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German Pages 274 Year 2017
Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Peter O. Mülbert, Uwe H. Schneider und Dirk A. Verse
Band 207
Kapitalerhaltung und aufsteigende Sicherheiten im reformierten Kapitalschutzrecht Von
Christoph Kramer
Duncker & Humblot · Berlin
CHRISTOPH KRAMER
Kapitalerhaltung und aufsteigende Sicherheiten im reformierten Kapitalschutzrecht
Un t e r s u c h u n g e n ü b e r d a s Spar-, Giro- und Kreditwes en Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von
Prof. Dr. Peter O. Mülbert, Prof. Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider, Prof. Dr. Dirk A. Verse
Band 207
Kapitalerhaltung und aufsteigende Sicherheiten im reformierten Kapitalschutzrecht Von
Christoph Kramer
Duncker & Humblot · Berlin
Der Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat diese Arbeit im Sommersemester 2016 als Dissertation angenommen.
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Für Margaretha
Geleitwort Werden Gegenstände aus dem Vermögen einer Kapitalgesellschaft zur Besicherung von Kreditverbindlichkeiten ihrer Gesellschafter eingesetzt, stellt sich die Frage, welche Grenzen der Grundsatz der Kapitalerhaltung solchen „aufsteigenden“ Sicherheiten zieht. Insbesondere im Zusammenhang mit fremdkapitalfinanzierten Unternehmenskäufen (leveraged buy-out) und im Rahmen der Konzernfinanzierung ist diese Frage von eminenter praktischer Bedeutung. Sie wird zwar seit langem diskutiert, präsentiert sich aber nach den Reformen, die das Kapitalschutzrecht im letzten Jahrzehnt durch das MoMiG und das ARUG erfahren hat, in neuem Licht. Die vorliegende Dissertation von Christoph Kramer unternimmt den Versuch, die zahlreichen Streitfragen rund um die aufsteigenden Sicherheiten zu entwirren und für das reformierte Kapitalschutzrecht neu zu durchdenken. Prägend für seine Arbeit ist der Grundgedanke, dass es sich bei der Bestellung aufsteigender Sicherheiten um nichts anderes als eine mittelbare Kreditgewährung an den Gesellschafter handelt und dass deshalb die rechtlichen Maßstäbe dieselben sein müssen wie im Fall der unmittelbaren Kreditgewährung. Diese in der Tat überzeugende Wertungsparallele ist im Schrifttum zwar schon früher aufgedeckt worden; sie wird vom Verf. aber – über den bisherigen Diskussionsstand hinausgehend – präzise entfaltet, gegen mögliche Einwände verteidigt und konsequent für die Lösung vielfältiger Einzelfragen nutzbar gemacht. In einer unlängst veröffentlichten Entscheidung, die der Verfasser nicht mehr berücksichtigen konnte, hat sich auch der BGH (II ZR 93/16, GmbHR 2017, 643) diese Wertungsparallele zu Eigen gemacht. Wer Antworten auf die vielen Fragen sucht, die in dieser Entscheidung noch offen bleiben, wird die vorliegende Schrift mit großem Gewinn zu Rate ziehen. Mainz, im August 2017
Prof. Dr. Dirk A. Verse
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2016 abgeschlossen und vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten im Wesentlichen bis Anfang Januar 2017 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Dirk A. Verse, für die hervorragende Betreuung sowie die hilfreichen und konstruktiven Gespräche während der Erstellung der Arbeit. Dank gebührt außerdem Herrn Prof. Dr. Peter O. Mülbert für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens und die darin enthaltenen Anregungen. Herzlich gedankt sei darüber hinaus dem Institut für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie der Wissenschaftsförderung der SparkassenFinanzgruppe e. V. für die Förderung des Promotionsvorhabens als Forschungsprojekt. Herzlich bedanken möchte ich mich auch für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe „Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen, Abt. B: Rechtswissenschaft“, zu deren Herausgebern neben den beiden Gutachern Herr Prof. Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider zählt. Danken möchte ich zudem Herrn Dr. Tobias Buddemeier sowie Herrn Thomas Scherer für die Durchsicht des Manuskripts und zahlreiche hilfreiche Anregungen. Vor allem aber und von ganzem Herzen gebührt mein Dank meiner Frau, Margaretha Kramer, die mich sowohl fachlich als auch persönlich in jeder Lage bei der Erstellung der Arbeit unterstützt hat, ihr ist diese Arbeit gewidmet. Hilden, im März 2017
Christoph Kramer
Inhaltsübersicht § 1 Gegenstand und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 § 2 Grundlagen und praktischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 A. Zunehmende Relevanz von Besicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 B. Praxisrelevante Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 § 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 33 A. Grundlagen des Kapitalerhaltungssystems der GmbH . . . . . . . . . . . . . 33 B. Relevanter Auszahlungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 C. Herbeiführung oder Vertiefung einer Unterbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 D. Übertragung auf die aktienrechtliche Vermögensbindung . . . . . . . . . . . 105 § 4 Das zivilrechtliche Verhältnis zwischen Gesellschaft und Sicherungsnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 A. Nichtigkeit und Unwirksamkeit von Sicherungsvertrag und Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 B. Limitation Language . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 § 5 Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . 135 A. Erstattungsanspruch gem. § 31 Abs. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 B. Anspruch gem. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 C. Existenzvernichtender Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 D. Freistellungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 § 6 Pflichten und Haftung der Geschäftsleitungsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . 167 A. Allgemeine Geschäftsleiterhaftung (§ 43 GmbHG) . . . . . . . . . . . . . . . . 168 B. Insolvenzverursachungshaftung (§ 64 S. 3 GmbHG) . . . . . . . . . . . . . . . 178 C. Haftung der Vorstandsmitglieder nach § 93 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 D. Haftung der Aufsichtsratsmitglieder nach §§ 116 S. 1, 93 AktG . . . . . 195 § 7 Konzernrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 A. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 B. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 § 8 Würdigung und Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 A. Recht der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 B. Im Recht der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 § 9 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen . . . . . . . . . . 236 A. Aufsteigende Sicherheiten als praktisches Problem . . . . . . . . . . . . . . . 236 B. Aufsteigende Sicherheiten und § 30 GmbHG, § 57 AktG . . . . . . . . . . 236 C. Das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Sicherungsnehmer . . . . . . . 239
8 Inhaltsübersicht D. E. F. G.
Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . 240 Pflichten und Haftung der Geschäftsleitungsorgane . . . . . . . . . . . . . . . 241 Konzernrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 Würdigung und Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Sachwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
Inhaltsverzeichnis § 1 Gegenstand und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 § 2 Grundlagen und praktischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 A. Zunehmende Relevanz von Besicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 B. Praxisrelevante Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Leveraged-Buy-Out (LBO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1. Begriff und exemplarischer Ablauf eines LBO . . . . . . . . . . . . 22 2. Ablauf und Bedeutung der Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . 24 3. Alternativen zur Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 II. Zentrales Cash-Management im Konzern (Cash-Pooling) . . . . . . 30 1. Zum Cash-Pooling im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Zur Sicherheitenbestellung im Besonderen . . . . . . . . . . . . . . . . 32 § 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 33 A. Grundlagen des Kapitalerhaltungssystems der GmbH . . . . . . . . . . . . . 33 I. Regelungsgegenstand und Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 II. Verletzung von § 30 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 III. Allgemeines zum Begriff der Auszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 B. Relevanter Auszahlungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 I. Einführung und Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 II. Analyse der in Betracht kommenden Zeitpunkte . . . . . . . . . . . . . 39 1. Bestellung der Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 a) (Fehlende) bilanzielle Auswirkung der Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 b) Vermögensgefährdung als Auszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . 43 aa) Einwand des mangelnden Vermögensabflusses . . . . . 43 bb) Differenzierung zwischen Personal- und Realsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 cc) Unabwendbarkeit der Inanspruchnahme aus der Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 (1) Keine Bindung von gesellschaftsexternen Dritten an § 30 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 (2) Limitation language keine taugliche Abwendungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 (3) Unerheblichkeit späterer Entwicklungen . . . . . . . 48 dd) Ableitungen aus dem Schutzzweck von § 30 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
10 Inhaltsverzeichnis c) Parallele zum Darlehen an Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . 50 aa) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 bb) Gesetzessystematische Argumente für die Gleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 (1) § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . 52 (2) § 44a InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 (3) § 71a AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 (4) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 cc) Unterschiedliche Zwecksetzung? . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 dd) Kündigungsrecht und Freistellungsanspruch . . . . . . . . 56 ee) Verbleibende Haftungsmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 d) Sicherheitenbestellung als „bilanzrechtliches U-Boot“ . . . . 58 e) Zwischenergebnis zur Sicherheitenbestellung als Auszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 f) Übertragung auf Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung . 59 aa) Besonderheit der 3-Personen-Konstellation . . . . . . . . 59 bb) Unumkehrbarer Vermögensverlust durch Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 2. Zeitpunkt der wahrscheinlichen Inanspruchnahme . . . . . . . . . . 61 a) Notwendigkeit eines Auszahlungsaktes der Gesellschaft . . 62 b) Fehlen eines Auszahlungsaktes im Zeitpunkt der wahrscheinlichen Inanspruchnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 c) Zeitliches Auseinanderfallen von Auszahlungsakt und bilanzieller Auswirkung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 3. Inanspruchnahme der Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 a) Auszahlungsbegriff nach Meyer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 b) Gleichstellung mit dem Ausfall des Gesellschafters als Darlehensschuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 4. Nichtgeltendmachung des Freistellungs- bzw.. . . . . . . . . . . . . . Rückgriffsanspruchs („Stehenlassen“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 a) Rechtslage beim aufsteigenden Darlehen . . . . . . . . . . . . . . 68 b) Übertragung auf aufsteigende Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . 70 5. Auszahlung an einen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 a) Beurteilungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 b) Drittvergleichskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 III. Zwischenergebnis zu B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 C. Herbeiführung oder Vertiefung einer Unterbilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 I. Bilanzielle Auswirkungen der Sicherheitenbestellung durch Bildung einer Rückstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 1. Grad der Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme . . . . . . . 76 2. Sorgfaltsmaßstab und gerichtliche Überprüfbarkeit . . . . . . . . . 79 3. Kein Einfluss des Vollwertigkeitserfordernisses auf die Wahrscheinlichkeitsprognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
Inhaltsverzeichnis11 II. Relevanz von Rückgriffsansprüchen gegen den Gesellschafter (§ 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 1. Entstehungsgeschichte des Ausnahmetatbestandes . . . . . . . . . . 83 a) Meinungsstand bis November 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 b) Das „Novemberurteil“ des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 c) Reform durch das MoMiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 2. Reichweite des Ausnahmetatbestandes bei Sicherheitenbestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 a) Rückgriffsanspruchsaktivierung nur bei Rückstellungsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 b) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 c) Lösungsansatz über Parallele zum aufsteigenden Darlehen . 88 3. Kriterien für die Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs bei der Bestellung aufsteigender Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . 89 a) Allgemeines zum Vollwertigkeitserfordernis . . . . . . . . . . . . 90 b) Bonität des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 c) Notwendigkeit einer Avalprovision . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 aa) Parallelproblematik: Verzinsung beim aufsteigenden Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 bb) Übertragung des Ergebnisses für den Fall der Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 d) Berücksichtigung von „Klumpenrisiken“ . . . . . . . . . . . . . . 98 e) Vollwertigkeit bei Besicherung in LBO-Konstellationen . . 100 4. „Teilweises“ Fehlen der Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 III. Zwischenergebnis zu C. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 D. Übertragung auf die aktienrechtliche Vermögensbindung . . . . . . . . . . . 105 I. Unterschiede zu § 30 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 II. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 III. Übertragung der Lösung zum GmbH-Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 1. Kein Drittvergleichskriterium in § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG 107 2. Vollwertigkeitsprüfung auch ohne Rückstellungsbildung . . . . . 108 § 4 Das zivilrechtliche Verhältnis zwischen Gesellschaft und Sicherungsnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 A. Nichtigkeit und Unwirksamkeit von Sicherungsvertrag und Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 I. Verbotsgesetz (§ 134 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1. § 30 GmbHG als Verbotsgesetz i. S. v. § 134 BGB . . . . . . . . . 110 2. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG als Verbotsgesetz i. S. v. § 134 BGB . . 113 II. Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 1. Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung wegen § 138 BGB im Recht der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 2. Übertragung auf das Recht der Aktiengesellschaft . . . . . . . . . 116
12 Inhaltsverzeichnis III. Fehlende Vertretungsmacht der Geschäftsleitung . . . . . . . . . . . . . 117 IV. Verbot von „Financial Assistance“ nach § 71a Abs. 1 AktG . . . . 118 1. Normentstehung – Ursprung im englischen Recht . . . . . . . . . . 118 2. Zweck der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3. Anwendbarkeit von § 71a Abs. 1 AktG im Unternehmensverbund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 4. Tatbestand von § 71a Abs. 1 AktG und die Gewährung aufsteigender Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 5. Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 71a Abs. 1 AktG durch die Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 B. Limitation Language . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 I. Begriff und praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 II. Notwendigkeit auf Basis der bisherigen Erkenntnisse . . . . . . . . . 131 III. Rechtsprechung zur Limitation Language im Insolvenzverfahren . 131 § 5 Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . 135 A. Erstattungsanspruch gem. § 31 Abs. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 II. Anspruchsumfang bei verbotswidriger Gewährung aufsteigender Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 1. Bestellung der Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 a) Rückgewähr von Sachleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 b) Grundsätzlich Rückgewähr der Sicherheit in natura . . . . . . 138 c) Rückgewähr bei „teilweise verbotener“ Besicherung . . . . 139 d) Zusammenfassung und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 2. Nichtgeltendmachung des Freistellungsanspruchs . . . . . . . . . . 141 3. Umfang bei Nichtgewährung einer Avalprovision . . . . . . . . . . 143 B. Anspruch gem. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 I. Unterschiede zu § 31 Abs. 1 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 II. Anspruchsumfang bei § 62 Abs. 1 S. 1 AktG – Übertragung der zur GmbH gefundenen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 C. Existenzvernichtender Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 I. Hintergrund und Rechtsprechungsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . 145 1. Ergänzungsbedürftigkeit des Kapitalerhaltungsrechts . . . . . . . . 145 2. Rechtsprechung zum qualifizierten faktischen Konzern . . . . . 146 3. Hinwendung zum existenzvernichtenden Eingriff . . . . . . . . . . 147 4. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 II. Haftungsvoraussetzungen bei Gewährung aufsteigender Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 1. Haftungsauslösende Handlung des Gesellschafters . . . . . . . . . 150 2. Zweckentfremdeter Entzug von Vermögenswerten . . . . . . . . . . 150 a) Entzug der Nutzungsmöglichkeit am Sicherungsgut . . . . . 151 b) Beeinträchtigung der Kreditfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
Inhaltsverzeichnis13 c) Verwertung der Sicherheit und Zeitpunkt für das Sittenwidrigkeitsurteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 3. Kompensationslosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) Kompensation bei Gewährung aufsteigender Sicherheiten . 158 b) Eigenständige Bedeutung des Merkmals? . . . . . . . . . . . . . . 159 4. Zum Erfordernis eines Gesellschaftervorteils . . . . . . . . . . . . . . 160 5. Insolvenzverursachung bzw. -vertiefung durch Vermögensentzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 6. Vorsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 7. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 III. Zusammenfassung der Haftung aus existenzvernichtendem Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 D. Freistellungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 I. Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 II. Inhalt und Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 III. Schwächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 § 6 Pflichten und Haftung der Geschäftsleitungsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . 167 A. Allgemeine Geschäftsleiterhaftung (§ 43 GmbHG) . . . . . . . . . . . . . . . . 168 I. Haftung gem. § 43 Abs. 3 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 1. Zahlung entgegen § 30 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 2. Sorgfaltswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 a) Keine Prüfung hypothetischer Inanspuchnahme bei Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 b) Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit maßgeblich . . . . . . . . 170 c) Nach Bestellung der Sicherheit: Überwachungspflicht des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 aa) Ausgangspunkt: Das „MPS“-Urteil des BGH . . . . . . 172 bb) Konkretisierung: Flexibler Überwachungsmaßstab . . . 173 d) Pflichtverletzung trotz Weisung der Gesellschafter . . . . . . 174 3. Rechtsfolgen und Umfang der Haftung aus § 43 Abs. 3 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 II. Haftung gem. § 43 Abs. 2 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 B. Insolvenzverursachungshaftung (§ 64 S. 3 GmbHG) . . . . . . . . . . . . . . . 178 I. Grundlagen und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 II. § 64 S. 3 GmbHG und aufsteigende Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . 179 1. Zahlung an einen Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 b) Bestellung der Sicherheit als Zahlung gem. § 64 S. 3 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 aa) Parallele zum Zahlungsbegriff von § 64 S. 1 GmbHG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 bb) Einfluss des Liquiditätsschutzes als Gesetzeszweck . 183
14 Inhaltsverzeichnis c) Verpflichtung zur Bestellung gegenüber dem Gesellschaftergläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 d) Inanspruchnahme der Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 e) Nichtgeltendmachung des Freistellungs- bzw. Rückgewähranspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 2. Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 3. Zurechnungszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 4. Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 III. Umfang der Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 IV. Zusammenfassung zu B. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 C. Haftung der Vorstandsmitglieder nach § 93 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 D. Haftung der Aufsichtsratsmitglieder nach §§ 116 S. 1, 93 AktG . . . . . 195 § 7 Konzernrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 A. Faktischer Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 I. Anwendung der kapitalerhaltungsrechtlichen Vorschriften im faktischen Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 II. Sicherheitengewährung als nachteiliges Rechtsgeschäft . . . . . . . . 199 B. Vertragskonzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 § 8 Würdigung und Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 A. Recht der GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 I. Gläubigerschutzlücke durch Sicherheitenbestellung als „bilanzielles U-Boot“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 II. Vergleich mit dem Recht der englischen Limited (Ltd.) . . . . . . . 208 1. Grundlagen des englischen Kapitalgesellschaftsrechts und Relevanz der Ltd. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 2. Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht der Ltd. . 210 a) Financial Assistance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 b) Aufsteigende Sicherheit als hidden profit distribution . . . . 213 aa) Allgemeines zum Recht der verdeckten Gewinnausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 bb) Aufsteigende Sicherheiten als verdeckte Gewinnausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 3. Einschränkung durch director’s duties . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 4. Wrongful Trading . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 5. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 III. Solvenztest als Alternative? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 IV. Zwingender Drittvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 V. Vorgeschriebene Limitation Language? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 VI. Sondertatbestand für Cash-Pool-Systeme? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 VII. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 B. Im Recht der AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 I. Liberalisierungsmöglichkeiten der reformierten Kapitalrichtlinie . 228
Inhaltsverzeichnis15 1. Formelle Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 2. Materielle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 a) Marktüblichkeitskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 b) Berücksichtigung nachträglicher bilanzieller Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 3. Ergebnis: Umsetzung nicht empfehlenswert . . . . . . . . . . . . . . . 232 II. Ausblick: Abschaffung der Restriktionen auf europäischer Ebene? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 § 9 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen . . . . . . . . . . 236 A. Aufsteigende Sicherheiten als praktisches Problem . . . . . . . . . . . . . . . 236 B. Aufsteigende Sicherheiten und § 30 GmbHG, § 57 AktG . . . . . . . . . . 236 C. Das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Sicherungsnehmer . . . . . . . 239 D. Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . 240 E. Pflichten und Haftung der Geschäftsleitungsorgane . . . . . . . . . . . . . . . 241 F. Konzernrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 G. Würdigung und Reformbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Sachwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
§ 1 Gegenstand und Gang der Untersuchung Unter dem Schlagwort „aufsteigende Sicherheiten“ (auch „Upstream-Security“) wird im deutschen Kapitalschutzrecht eine Vielzahl von Problemen diskutiert. Mit diesem Begriff sind Sicherheiten gemeint, welche die Gesellschaft zur Absicherung von Verbindlichkeiten eines Gesellschafters gegenüber einem Dritten (typischer- aber nicht notwendigerweise einem Kreditinstitut) gewährt. Hieraus ergeben sich für die vorliegende Arbeit im Wesentlichen zwei Problemkreise: Erstens wird durch die Bestellung der Sicherheit „nur“ ein Risiko abgesichert, sodass es möglicherweise nie zu einem tatsächlichen Mittelabfluss durch die Inanspruchnahme der Sicherheit kommt. Dies wirft die Frage auf, worin der „Ansatzpunkt“ für gesellschaftsrechtliche Verbots- und Haftungsnormen zu sehen ist. Muss bereits an den Bestellungszeitpunkt angeknüpft werden oder (alternativ oder kumulativ) an den Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Sicherheit? Zweitens wird eine aufsteigende Sicherheit gegenüber einem gesellschaftsexternen Dritten bestellt, kommt aber mittelbar auch dem Gesellschafter zugute. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Dritte nur aufgrund der Sicherheit bereit ist, dem Gesellschafter ein Darlehen zu gewähren oder aber die Darlehenskonditionen sich für den Gesellschafter aufgrund der Sicherheit verbessern. Für die vorliegende Arbeit wirft dies die Frage auf, inwieweit Dritte durch gesellschaftsinterne Verbotsnormen betroffen sein können. Die Problematik um die Gewährung von aufsteigenden Sicherheiten im Kapitalschutzrecht lässt sich nur vor dem Hintergrund der praktischen Bedeutung dieser Besicherungsform nachvollziehen. Deshalb ist zunächst unter § 2 auf die zunehmende Bedeutung von werthaltigen Sicherheiten aus Sicht der kreditgebenden Banken einzugehen. Danach soll die Bedeutung aufsteigender Sicherheiten im Rahmen von Leveraged-Buy-Out-Transaktionen (LBO) und des Cash-Pooling herausgearbeitet werden. Im Anschluss ist auf die Frage einzugehen, unter welchen Voraussetzungen durch die Gewährung einer aufsteigenden Sicherheit Kapitalschutzvorschriften (§ 30 GmbHG, § 57 AktG) verletzt werden können (§ 3). Vor allem die Frage nach dem relevanten Auszahlungsakt ist in diesem Zusammenhang zu beantworten, da sie in der Praxis mangels höchstrichterlicher Klärung zu Rechtsunsicherheit führt. Daneben wirft der durch das MoMiG geschaffene Ausnahmetatbestand in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG zahlreiche Fragen auf. Dieser bestimmt, dass Leistungen, die durch einen vollwertigen Gegen-
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§ 1 Gegenstand und Gang der Untersuchung
leistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind, nicht unter das kapitalerhaltungsrechtliche Ausschütttungsverbot des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbH fallen. Ungeklärt ist bislang, wie dieser Ausnahmetatbestand auf aufsteigende Sicherheiten übertragen werden kann und was genau unter dem Begriff der „Vollwertigkeit“ zu verstehen ist. Begonnen werden soll die Untersuchung mit dem Kapitalerhaltungsrecht der GmbH. Nach Klärung der Rechtslage dort ist zu analysieren, inwieweit das zur GmbH gefundene Ergebnis auf die aktienrechtliche Vermögensbindung übertragen werden kann. § 4 ist dem zivilrechtlichen Verhältnis zwischen Gesellschaft und Sicherungsnehmer gewidmet. Hier ist zu ermitteln, ob die Verletzung kapitalerhaltungsrechtlicher Verbotsvorschriften mittels zivilrechtlicher „Einfallstore“ wie §§ 134, 138 BGB Einfluss auf die Wirksamkeit der Besicherung hat. Für das Aktienrecht ist in diesem Zusammenhang darüber hinaus § 71a AktG zu beachten, dessen Normzweck, Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen im Fall der Gewährung aufsteigender Sicherheiten Gegenstand der Untersuchung sein sollen. Ebenfalls in diesen Kontext gehört die Beantwortung der Frage, inwieweit limitation-language-Klauseln aus kapitalerhaltungsrechtlicher Sicht notwendig sind. Das sind solche Klauseln, die die Befugnis des Sicherungsnehmers zur Inanspruchnahme einer aufsteigenden Sicherheit für den Fall beschränken, dass durch die Inanspruchnahme der Sicherheit eine Verletzung kapitalerhaltungsrechtlicher Verbotsvorschriften droht. Im Anschluss sind unter Bezugnahme auf die zu § 30 Abs. 1 GmbHG und § 57 AktG gefundenen Ergebnisse mögliche Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter wegen der Gewährung einer aufsteigenden Sicherheit zu prüfen (§ 5). Neben § 31 GmbHG und § 62 AktG ist dabei schwerpunktmäßig darauf einzugehen, unter welchen Voraussetzungen dem Gesellschafter aufgrund der Gewährung aufsteigender Sicherheiten eine Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs droht. § 6 behandelt die Pflichten und die Haftung der Geschäftsleitungsorgane. Hier bildet neben den Anforderungen an die Überwachungspflichten der Geschäftsleitung nach der Bestellung der Sicherheit die durch das MoMiG neu eingefügte und in Bezug auf aufsteigende Sicherheiten bislang wenig untersuchte Insolvenzverursachungshaftung in § 64 S. 3 GmbHG einen Themenschwerpunkt. Unter § 7 ist sodann auf konzernrechtliche Besonderheiten einzugehen und insbesondere die Frage zu klären, unter welchen Voraussetzungen die Gewährung einer aufsteigenden Sicherheit ein nachteiliges Rechtsgeschäft i. S. v. § 311 Abs. 1 AktG sein kann.
§ 1 Gegenstand und Gang der Untersuchung19
§ 8 dient der Auswertung der in der Arbeit gewonnenen Ergebnisse. Es soll geklärt werden, ob durch die Behandlung aufsteigender Sicherheiten eine Gläubigerschutzlücke im Kapitalschutzrecht besteht. Hierbei soll in komprimierter Form ein Vergleich mit der Rechtslage im Gesellschaftsrecht der englischen Ltd. vorgenommen und auf mögliche Erkenntnisse für das deutsche Recht untersucht werden. Sodann sollen die bislang diskutierten Reformvorschläge in der gebotenen Kürze erörtert werden. Die in der Arbeit gefundenen Ergebnisse werden abschließend in Thesenform zusammengefasst (§ 9).
§ 2 Grundlagen und praktischer Hintergrund A. Zunehmende Relevanz von Besicherungen Eine zunehmende Relevanz von Sicherheitenbestellungen ergibt sich mittelbar aus den Anforderungen nach dem Bankenregulierungspaket „Basel III“, welches im Zuge der Finanzkrise aufgedeckte Schwächen der Finanzindustrie beheben soll. Eine Maßnahme zur Absicherung des Bankensystems besteht darin, die Anforderungen an die Eigenkapitalquote von Kreditinstituten (sog. debt-equity-ratio) zu erhöhen.1 Die Eigenmittelanforderungen an ein Kreditinstitut bestimmen sich mittelbar nach der Bonität seiner Darlehensnehmer, die durch bestimmte Ratingverfahren beurteilt wird.2 Im Rahmen dieser Bewertungsverfahren sind Umfang und Verwertbarkeit der bestellten Sicherheiten von großer Relevanz.3 Insbesondere müssen die Anforderungen von Art. 194 Abs. 1 CRR4 gewahrt werden. Die gewährten Sicherheiten müssen demnach rechtwirksam und durchsetzbar sein, sowie zeitnah verwertet werden können.5 Die strengeren Eigenkapitalanforderungen sind einer der Gründe dafür, dass die Banken von Unternehmen in zunehmendem Maße werthaltige Sicherheiten bei der Gewährung von Darlehen fordern. Empirisch belegen lässt sich diese Tendenz durch eine Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) aus dem Jahr 2016. Dort gaben 62 % der befragten von Finanzierungsschwierigkeiten betroffenen Unternehmen an, fehlende Sicherheiten seien die Hauptursache für schlechte Finanzierungskonditionen.6 In der Vorstudie aus dem Jahre 2015 waren dies noch 59 %, Schmitt, BB 2011, 105 ff. BB 2012, 1039 (1039). 3 Orthmann / Weber, BB 2012, 1039 (1039). 4 Capital Requirements Regulation, Verordnung (EU) Nr. 575 / 2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646 / 2012. 5 Zu den Voraussetzungen dieser Vorschrift und deren Anwendung auf Kreditbesicherungen bei syndizierten Unternehmensfinanzierungen siehe Steinhauer, WM 2014, 1264. 6 DIHK-Umfrage „Finanzierungskonditionen“, Sommer 2016, S. 7. 1 Dazu
2 Orthmann / Weber,
B. Praxisrelevante Konstellationen21
während es im Jahr 2014 mit 57 % noch etwas weniger waren.7 Unternehmen sehen sich deshalb einem gestiegenen Druck ausgesetzt, das volle Potential ihrer Sicherheiten zu aktivieren.8 Besonders im Fokus der Praxis steht dabei die Heranziehung von Vermögen der Tochtergesellschaften zu Sicherungszwecken. Für diesen Zweck ist die Verpfändung der Gesellschafteranteile an den Tochtergesellschaften kaum geeignet, da diese nur mit hohem Aufwand verwertbar sind und zudem die Gläubiger der Tochtergesellschaft im Insolvenzfall vorrangig befriedigt werden müssen (sog. struktureller Nachrang).9 Darüber hinaus erfüllt die Verpfändung von Geschäftsanteilen nicht die Anforderungen von Art. 199 Abs. 6 CRR, soweit es sich nicht ausnahmsweise um Anteile an einer börsennotierten Aktiengesellschaft handelt.10 Zunehmend wird deshalb versucht, unmittelbar auf die Vermögenswerte von Tochtergesellschaften durch die Bestellung aufsteigender Sicherheiten zuzugreifen.
B. Praxisrelevante Konstellationen In der gesellschaftsrechtlichen Praxis lassen sich bestimmte Szenarien finden, in denen die Gewährung aufsteigender Sicherheiten besonders häufig anzutreffen ist.
I. Leveraged-Buy-Out (LBO) Einer der praxisrelevantesten Fälle der Bestellung von aufsteigenden Sicherheiten findet sich im Rahmen von LBO-Transaktionen. Die Grundzüge dieser Art der Akquisitionsfinanzierung sollen deshalb im Folgenden dargestellt werden.11 Deren Verständnis ist essentiell, um die praktische Relevanz der Problematik um aufsteigende Sicherheiten und die hieraus resultierenden Sachargumente richtig einordnen zu können.
7 Beide
Werte aus DIHK-Umfrage „Finanzierungszugang“, Sommer 2015, S. 7. BB 2012, 1039 (1039). 9 Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn. 9. 10 Steinhauer, WM 2014, 1264 (1265, Fn. 4). 11 Insbesondere werden steuerrechtliche Fragestellungen ausgeklammert, da diese für die hier behandelten gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen nur von mittelbarer Relevanz sind. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf Klumpp, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, § 15 Rn. 1 ff. 8 Orthmann / Weber,
22
§ 2 Grundlagen und praktischer Hintergrund
1. Begriff und exemplarischer Ablauf eines LBO Ein LBO ist ein überwiegend fremdfinanzierter Unternehmenskauf.12 Der Begriff „Leveraged-Buy-Out“ rührt daher, dass bei diesen Transaktionen der sog. „Leverage-Effekt“13 genutzt wird. Dieser Effekt beschreibt die durch die überwiegende Verwendung von Fremdkapital mögliche „hebelartige“ Steigerung der Eigenkapitalrendite. Voraussetzung dafür ist, dass die prozentuale Wertsteigerung der Anteile an der Zielgesellschaft über dem Zinssatz des zu Kaufzwecken aufgenommenen Darlehens liegt, sodass sich die Differenz zwischen Fremdkapitalzins und Gesellschaftswertsteigerung positiv auf die Eigenkapitalrendite auswirkt.14 Zur Verdeutlichung sei folgendes Beispiel gegeben: Gekauft wird eine Gesellschaft zu einem Kaufpreis von 110 Mio. €. Zur Finanzierung wird ein Darlehen i. H. v. 100 Mio. € zu einem Zinssatz von 7 % p. a. aufgenommen. 10 Mio. € werden aus von Investoren zur Verfügung gestelltem Eigenkapital finanziert. Nach einem Jahr wird die Gesellschaft für 120 Mio. € verkauft. Während 7 Mio. € Zinsen gezahlt werden mussten, konnten mit anfänglich 10 Mio. € Eigenkapital zusätzlich 3 Mio. € erwirtschaftet werden. Dies entspricht einer Eigenkapitalrendite von 30 %. Hieraus erklärt sich die Attraktivität dieses Finanzierungsmodells für Investoren.15 Der Ablauf eines LBO folgt regelmäßig einem standardisierten Ablauf für Unternehmenskäufe.16 Grundlegend unterschieden werden muss hierbei zwischen dem share-deal und dem asset-deal. Beim share-deal übernimmt der Käufer Anteile des Zielunternehmens, während beim asset-deal die wesent lichen Vermögensgegenstände der Zielgesellschaft erworben werden. Wichtig ist zu beachten, dass sich die Person des Verkäufers in beiden Fällen unterscheidet. Während beim share-deal die Gesellschafter der Zielgesellschaft ihre Anteile auf den Erwerber übertragen, ist beim asset-deal die Gesellschaft selbst Verkäuferin und somit Vertragspartnerin des Erwerbers. In der Praxis ist der share-deal die am weitesten verbreitete Vorgehensweise,17 weshalb in dieser Arbeit auch von diesem Kaufmodell ausgegangen wird. 12 Riegger,
13 Leverage
ZGR 2008, 233 (233 f.); Söhner, ZIP 2011, 2085 (2086). bedeutet in diesem Zusammenhang aus dem Englischen übersetzt
„Hebel“. 14 Näher zu diesem Effekt Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644 (655 ff.). 15 Bei dem gewählten Beispiel handelt es sich keineswegs um eine Übertreibung; laut Riegger, ZGR 2008, 233 (234) sind „Renditen von über 30 % auf das eingesetzte Eigenkapital […] keine Seltenheit“. 16 Meyer, Besicherung, S. 53; näher zu den wirtschaftlichen Gründen und zum Ablauf eines Unternehmenskaufs: Beisel, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, § 1 Rn. 1 ff. 17 Der Grund hierfür liegt in steuerrechtlichen Besonderheiten sowie in der einfacheren Transaktionsabwicklung beim share-deal. So müssen nicht wie beim asset-
B. Praxisrelevante Konstellationen23
Im Rahmen des Akquisitionsprozesses bekunden die potentiellen Kaufvertragsparteien zunächst ihr Transaktionsinteresse durch einen sog. „letter of intent“ (LoI). Im Anschluss daran folgt eine ausführliche Begutachtung des Unternehmens als Verkaufsgegenstand (due diligence). Diese dient dem Ausgleich von Informationsdefiziten auf Käuferseite, aber auch der Beweissicherung.18 Besteht das Kaufinteresse weiter fort, geben die Kaufinteressenten im Anschluss ein Angebot ab, was in der Folge zu Verhandlungen über die Finanzierung und die Höhe des Kaufpreises führt. Ist über die Details des Verkaufs Einigkeit erzielt worden, erfolgt der Abschluss des Kaufvertrags mit dessen Unterzeichnung (signing). Im Vertrag ist dann häufig ein Stichtag vereinbart, an dem die erstrebten Rechtswirkungen des Vertrages eintreten und das Unternehmen auf den Erwerber übergeht (clos ing). Entspricht insoweit der Ablauf eines LBO noch einer etablierten Praxis für alle Unternehmenskäufe, existieren doch einige Besonderheiten. Diese liegen in der Person des Erwerbers begründet. Typischerweise handelt es sich beim Erwerber im Rahmen einer LBO-Transaktion um eine überhaupt nur zu Akquisitionszwecken gegründete Kapitalgesellschaft. Der Grund hierfür liegt in der großen Flexibilität dieses Vorgehens. So können beispielsweise die Investoren entsprechend ihrem Investment an diesem „Akquisitionsvehikel“ beteiligt werden.19 Zudem bietet diese Rechtsform den Vorteil, dass durch die beschränkte Haftung (vgl. § 13 Abs. 2 GmbHG) das Haftungsrisiko der Gesellschafter reduziert wird, indem das Akquistionsvehikel als „Haftungsschild“ zwischen die Investoren und die Zielgesellschaft tritt.20 Sehr häufig fällt die Wahl wegen der im Gegensatz zur AG nicht vorhandenen Satzungsstrenge (§ 23 Abs. 5 AktG) auf die GmbH, seltener auf die GmbH & Co. KG.21 Typisch für LBO-Transaktionen ist es, dass die Erwerbsgesellschaft über wenig Eigenkapital verfügt, was den Fremdkapitalbedarf der Transaktion erhöht, aber im Fall einer positiven Entwicklung der Zielgesellschaft zum gewünschten „Leverage-Effekt“ führt. Dies erhöht im Gegenzug das Ausfallrisiko für die kreditgebenden Banken,22 die der Erwerbsgesellschaft das deal alle Vermögensgegenstände erfasst werden, um dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebot gerecht zu werden; näher dazu Meyer, Besicherung, S. 51 ff. 18 Näher zu den Funktionen der due diligence: Beisel, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, § 2 Rn. 4 ff. 19 Meyer, Besicherung, S. 57 f. m. w. N. 20 Meyer, Besicherung, S. 58 f. 21 Meyer, Besicherung, S. 58 f. 22 In der Praxis sind die akquisitionsfinanzierenden Banken aufgrund der hohen Kreditbeträge häufig in einem Konsortium organisiert. In dieser Arbeit wird aus
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§ 2 Grundlagen und praktischer Hintergrund
für den Erwerb benötigte Kapital zur Verfügung stellen, weshalb diese auf die Bestellung von Sicherheiten drängen werden. Diese Sicherheiten werden von der Zielgesellschaft zugunsten der Kreditgeber zur Absicherung der Verbindlichkeiten der erwerbenden Gesellschaft bestellt und sind häufig sehr umfassend. Als Sicherheiten der Zielgesellschaften kommen in Betracht: Die Verpfändung der Gesellschaftsanteile an den Tochtergesellschaften der Zielgesellschaft, Realsicherheiten (hauptsächlich Grundschulden), Globalzession aller Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, Verpfändung von Forderungen auf Auszahlung von Bankguthaben und die Sicherheitsabtretung von Marken-, Patent- und sonstigen Schutzrechten.23 2. Ablauf und Bedeutung der Sicherheitenbestellung Wie dargestellt kommt der Besicherung durch die Zielgesellschaft bei LBO-Transaktionen aufgrund der Tatsache, dass die erwerbende Gesellschaft nur ein „vermögensloses Erwerbsvehikel“ ist, eine zentrale Bedeutung zu. Im Folgenden soll daher eine für die Zwecke dieser Untersuchung ausreichende überblicksartige Darstellung eines typischen Besicherungsvorgangs erfolgen. Dabei bedarf der zeitliche Ablauf des Besicherungsvorgangs beim typischen LBO einer näheren Betrachtung. Es stellt sich nämlich folgendes praktisches Problem: Ohne werthaltige Sicherheit werden die Kreditgeber nicht die für den Erwerb benötigten Darlehensmittel an die Erwerbsgesellschaft auszahlen. Gleichzeitig macht der Verkäufer der Anteile an der Zielgesellschaft im Regelfall die Übertragung der Gesellschaftsanteile von der aufschiebenden Bedingung der Kaufpreiszahlung abhängig.24 Ohne die Gesellschafterstellung kann der Erwerber jedoch kein Weisungsrecht ausüben, um der Geschäftsführung der Zielgesellschaft aufzugeben, seine Verbindlichkeiten zu besichern. Das dadurch entstehende Problem lässt sich nicht dadurch lösen, dass die Zielgesellschaft vor der Übertragung der Anteile auf den Erwerber zur Absicherung von dessen Verbindlichkeiten Sicherheiten gewährt. Denn vor der Übertragung der Anteile ist der Erwerber ein außenstehender Dritter. Würde zu seinen Gunsten eine Sicherheit ohne Gegenleistung bestellt, verletzten die Geschäftsführer der Zielgesellschaft ihre Pflichten und es drohte ihnen eine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG.25 In der Praxis werden daher die Verträge über die Sicherheiten Gründen der Darstellung lediglich von kreditgebenden Banken gesprochen. Näheres zum Kreditkonsortium bei Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 31. 23 Aufzählung von Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 41 Rn. 6. 24 Meyer, Besicherung, S. 84 f.; vgl. auch das Kaufvertragsmuster bei Klumpp, in: Beisel / Klumpp, Der Unternehmenskauf, § 19 Rn. 90 ff. 25 Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn. 11; Meyer, Besicherung, S. 85.
B. Praxisrelevante Konstellationen25
zwischen Kreditgebern und Zielgesellschaft durch die Erteilung einer bindenden Weisung seitens des Erwerbers aufschiebend bedingt und gleichzeitig die Verpflichtung des Erwerbers zur Weisungserteilung im Kreditvertrag festgelegt.26 In diesem Zusammenhang sei noch darauf hingewiesen, dass ein Weisungsrecht nur besteht, wenn es sich bei der Zielgesellschaft um eine GmbH handelt. Bei der AG gibt es ein solches wegen § 76 Abs. 1 AktG nicht. In Betracht kommt in dem Fall, in dem die Zielgesellschaft eine AG ist, jedoch der Abschluss eines Beherrschungsvertrages oder die Umwandlung der AG in eine GmbH.27 Die dargestellte Lösung steht allerdings nur in dem Fall offen, in dem die Geschäftsleitung der Zielgesellschaft bereit ist, den Erwerb zu unterstützen. Steht die Geschäftsleitung einer Übernahme dagegen ablehnend gegenüber, so kommt der Abschluss der Verträge über die Sicherheiten durch die zukünftige Geschäftsleitung der Zielgesellschaft als Vertreter ohne Vertretungsmacht unter der aufschiebenden Bedingung des Anteilserwerbs durch den Erwerber in Betracht.28 Nach erfolgreicher Übernahme kann die Sicherheitenbestellung dann gem. §§ 177 Abs. 1, 182 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB genehmigt werden. In der Praxis hat die Bestellung von aufsteigenden Sicherheiten aufgrund sicherungsvertraglicher Abreden allerdings erheblich an Attraktivität verloren.29 Diese Abreden, typischerweise als limitation language bezeichnet, schränken die Befugnis des Sicherungsnehmers zur Inanspruchnahme der Sicherheit ein, soweit durch den Entzug des Sicherungsgutes (im Falle von Realsicherheiten) oder durch die Erfüllung einer aus einer Personalsicherheit stammenden Zahlungsverpflichtung eine Unterbilanz bei der sicherheitsgebenden Zielgesellschaft herbeigeführt oder vertieft würde. Der Hintergrund dieser praktisch wichtigen Einschränkung ist die ungeklärte Rechtslage zum relevanten Auszahlungszeitpunkt für einen Verstoß gegen § 30 GmbHG, § 57 AktG.30 Für den Fall, dass zukünftig die Inanspruchnahme der Sicherheit von der Rechtsprechung als relevanter Auszahlungszeitpunkt angesehen wird, bestehen die Geschäftsleiter der Zielgesellschaft in der Regel auf einer limitation language, um eine persönliche Haftung nach § 43 Abs. 3 GmbHG, § 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG auszuschließen. Diese Abreden können die Verwertbarkeit der Sicherheit für den Kreditgeber empfindlich einschränken. Denn die Zahlungsunfähigkeit der kredit26 Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn. 11; Meyer, Besicherung, S. 85; Steinbeck, WM 1999, 885 (886). 27 Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn. 15. 28 Meyer, Besicherung, S. 85. 29 Freitag, Der Konzern 2011, 330. 30 Siehe dazu im Detail § 3 B.
26
§ 2 Grundlagen und praktischer Hintergrund
nehmenden Erwerbsgesellschaft hängt unmittelbar mit der schlechten wirtschaftlichen Situation der Zielgesellschaft zusammen, da diese der Erwerbsgesellschaft nicht genügend Mittel für die Rückzahlung des Darlehens zur Verfügung stellen konnte. In dieser angespannten finanziellen Situation ist bei der Zielgesellschaft regelmäßig nicht ausreichend ungebundenes Kapital vorhanden, um den Kreditgeber aus der Sicherheit ohne Überschreiten der Unterbilanzschwelle des § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG zu befriedigen. Obwohl die Sicherheit genau für diesen Fall bestellt wurde, kann der Gläubiger sie dann nicht in Anspruch nehmen.31 Dieser erhebliche Nachteil für die kreditgebenden Banken schlägt sich in einem erhöhten Zinssatz nieder, welcher wiederum die Transaktionskosten erhöht und sich über den dadurch reduzierten Leverage-Effekt negativ auf die Eigenkapitalrendite der Investoren auswirkt. Entscheidend für die vorliegende Untersuchung ist eine eingehende Prüfung der Prämisse, die der Verwendung von limitation languages zugrunde liegt. Diese besteht darin, dass der maßgebliche Zeitpunkt für einen Verstoß gegen § 30 GmbHG derjenige der Inanspruchnahme der Sicherheit ist. Vor und nach Inkrafttreten des MoMiG wird der Frage nach dem relevanten Auszahlungsvorgang großes Gewicht beigemessen, weshalb es in diesem Zusammenhang gilt, Rechtsprechung und Schrifttum auszuwerten und systematisch Argumentationsstrukturen zu untersuchen und zu bewerten. Dass eine solche Klärung notwendig ist, bestätigt die Argumentation mancher Praktiker, dass eine limitation language schlicht deshalb erforderlich sei, weil die Rechtslage ungeklärt ist.32 3. Alternativen zur Sicherheitenbestellung Aufgrund der dargestellten Probleme und Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit der Bestellung von aufsteigenden Sicherheiten bei LBOTransaktionen lohnt ein kurzer Blick auf alternative Gestaltungsmöglichkeiten. Wie gesehen, ist der entscheidende Grund für die Bestellung von aufsteigenden Sicherheiten bei LBO-Transaktionen, dass die Erwerbsgesellschaft ein weitgehend vermögensloses Vehikel ist. Dies macht die ungesicherte Darlehensvergabe aus Sicht der kreditgebenden Banken wirtschaftlich unattraktiv. Allerdings muss beachtet werden, dass dies nicht mehr zutrifft, sobald der Erwerbsvorgang abgeschlossen ist. Ab diesem Moment 31 Tillmann, NZG 2008, 401 (405); Sutter / Masseli, WM 2010, 1064 (1064); Erleichterung für die Besicherungspraxis verspricht allerdings ein Urteil des OLG Frankfurt vom 8.11.2013, NZI 2014, 363; zur limitation language siehe § 4 B. 32 Kollmorgen / Santelmann / Weiß, BB 2009, 1818 (1819).
B. Praxisrelevante Konstellationen27
befinden sich potentiell sehr wertvolle Vermögensgegenstande bei der Erwerbsgesellschaft, nämlich die Anteile an der Zielgesellschaft. Denkbar wäre deshalb, dass die Erwerbsgesellschaft diese als Sicherheit nutzt, indem sie etwa ein Pfandrecht an den Gesellschaftsanteilen zugunsten der Kreditgeber bestellt. Eine solche Besicherung wird jedoch eine aufsteigende Sicherheit nicht ersetzen können, sondern kann allenfalls eine Ergänzung darstellen.33 Der Grund dafür liegt in der Besonderheit der LBOStruktur: Die Mittel, die die Erwerbsgesellschaft für die Rückzahlung des Akquisitionskredits aufbringen muss, stammen von der Zielgesellschaft. Kann die Erwerbsgesellschaft ihre Kreditverbindlichkeiten nicht mehr bedienen, liegt dies an der wirtschaftlichen Schieflage der Zielgesellschaft. In diesem Fall sind jedoch auch die Anteile an der Zielgesellschaft nicht mehr werthaltig. Verstärkt wird dieses Problem durch den strukturellen Nachrang der Gesellschafter:34 Im Fall der Insolvenz der Zielgesellschaft werden deren Gläubiger vor den Gesellschaftern befriedigt, sodass für Letztere in der Regel kein Vermögen übrig bleibt. Letztlich stellt die Verpfändung der Anteile an der Zielgesellschaft daher keine brauchbare Alternative zur Bestellung aufsteigender Sicherheiten dar. Häufig werden im Zusammenhang mit der Verpfändung der Anteile an der Zielgesellschaft auch die Gewährleistungsansprüche gegen den Verkäufer aus dem Unternehmenskaufvertrag sowie die Ansprüche gegen Dritte (wie etwa Wirtschaftsprüfungsgesellschaften) im Zusammenhang mit der Due Diligence-Prüfung abgetreten.35 Dass solche ggf. gar nicht bestehen, ist unschädlich, da auch künftige Forderungen abgetreten werden können.36 Ebenso wenig muss gewiss sein, dass die Forderung überhaupt zur Entstehung gelangt; vielmehr genügt es, dass die Entstehung der Forderung zur Zeit der Abtretung möglich erscheint und die Forderung jedenfalls bestimmbar ist.37 Allerdings kann die Abtretung von Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen kein adäquates Substitut für die Gewährung aufsteigender Sicherheiten sein, denn schließlich ist nicht sicher, dass solche Ansprüche überhaupt bestehen.38 Für den viel wahrscheinlicheren Fall, dass die Kreditrückzahlung unterbleibt, weil die wirtschaftliche Entwicklung der 33 Ekkenga,
in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 254. Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn. 9; Fridrich, Fremdfinanzierte Übernahme, S. 164; Link, ZIP 2007, 1397 (1398); Schrell / Kirchner, BB 2003, 1451 (1452); aus der angeblichen Umgehung dieses Rangverhältnisses leiten Kritiker der derzeitigen Besicherungspraxis ein Argument für die Sittenwidrigkeit aufsteigender Besicherungen in bestimmten Fällen ab. Siehe dazu § 4 A. II. 35 Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn. 8. 36 Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 398 Rn. 11 m. w. N. 37 Grundlegend dazu RGZ 134, 225 (227). 38 Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 6 Rn. 8. 34 Diem,
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§ 2 Grundlagen und praktischer Hintergrund
Zielgesellschaft hinter den Erwartungen zurückbleibt, bieten sie zudem keinerlei Absicherung. Eine echte Alternative zur Bestellung aufsteigender Sicherheiten stellt der Abschluss eines Unternehmensvertrags i. S. v. § 291 Abs. 1 AktG dar.39 Sowohl § 291 Abs. 3 AktG als auch § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG und § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 AktG stellen klar, dass kapitalerhaltungsrechtliche Verbotsvorschriften (§ 57 Abs. 1 AktG, § 30 Abs. 1 GmbHG) bei Bestehen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages keine Anwendung finden. Zu beachten ist allerdings, dass der Abschluss und die Änderung eines solchen Vertrages mit einem gewissen Aufwand verbunden sind. Aufgrund der Tatsache, dass es sich für eine beherrschte GmbH um eine Maßnahme mit satzungsänderndem Charakter handelt, muss bei dieser Rechtsform der mit drei Vierteln des bei Beschlussfassung vertretenen Kapitals bzw. einstimmig40 gefasste Zustimmungsbeschluss analog §§ 53, 54 GmbHG notariell beurkundet werden.41 Weiterhin ist auch bei der Erwerbsgesellschaft ein Zustimmungsbeschluss mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des vertretenen Kapitals erforderlich und letztlich müssen der Vertrag sowie die Zustimmungsbeschlüsse zum Handelsregister des Sitzes der jeweiligen Gesellschaft angemeldet und eingetragen werden. Auch befreit ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag nicht bedingungslos von der Kapitalbindung. Wie noch zu zeigen sein wird, muss der Verlustausgleichsanspruch aus § 302 AktG (analog) vollwertig sein.42 Ein weiterer gangbarer Weg, die kapitalerhaltungsrechtliche Problematik um aufsteigende Sicherheiten zu umgehen, ist die Verschmelzung von Erwerbs- und Zielgesellschaft.43 Für diese Alternative wird angeführt, dass sich Sicherungsgeber (Gesellschaft) und Schuldner der besicherten Forderung (Gesellschafter) in einer Person vereinigen, sodass für die Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften kein Raum mehr verbleibe.44 Die Gesellschaft besichert dann ihre eigene Schuld. Hierfür kann entweder die Zielgesellschaft auf die Erwerbsgesellschaft verschmolzen werden (upstream merger) oder aber die Erwerbsgesellschaft auf die Zielgesellschaft (downstream merger). Dieses Vorgehen kann jedoch mit erhöhten Transak39 Dampf, Der Konzern 2007, 157 (168); Tillmann, NZG 2008, 401 (405); Sutter / Masseli, WM 2010, 1064 (1064). 40 Die Anforderungen an die zu fordernde Mehrheit sind umstritten; zum Streitstand siehe Emmerich, in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 293 Rn. 43 ff. 41 BGHZ 105, 324 (338 ff.); Emmerich, in: Emmerich / Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR, § 293 Rn. 42; Meyer, Besicherung, S. 217 f. 42 Siehe dazu § 7 B. 43 Drygala, Der Konzern 2007, 396 (401). 44 Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 49 Rn. 2.
B. Praxisrelevante Konstellationen29
tionskosten und nicht unerheblichen Haftungsrisiken verbunden sein. Denkbar ist beispielsweise, dass Grunderwerbssteuer anfällt. Der Verschmelzung müssen zudem die Gesellschafterversammlungen von Ziel- und Erwerbsgesellschaft mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln zustimmen (§§ 13 Abs. 1, 50 Abs. 1 UmwG). Sind an der Zielgesellschaft Minderheitsgesellschafter beteiligt, können diese den Beschluss nach §§ 241 ff. AktG (analog45), § 14 UmwG anfechten, was einen weiteren nicht unerheblichen Nachteil dieser Alternative darstellt.46 Für eine Umwandlung ist zudem ein notariell beurkundeter Verschmelzungsvertrag erforderlich (§ 6 UmwG). Grundsätzlich müssen gem. §§ 8 ff., 48 UmwG ein Verschmelzungsbericht und ggf. ein Verschmelzungsprüfungsbericht erstellt werden, wofür zumeist mehrere Sachverständige nötig sind.47 Sofern die Gläubiger der Zielgesellschaft glaubhaft machen können, dass die Verschmelzung die Erfüllung ihrer Forderungen gefährdet (was bei Verschmelzung mit der hochverschuldeten Erwerbsgesellschaft nicht unwahrscheinlich ist), können sie gem. § 22 UmwG Sicherheitsleistung verlangen. Für den Fall des Downstream-Merger ist darüber hinaus ungeklärt, ob und unter welchen Bedingungen bei Entstehung eines Verschmelzungsverlusts eine Verletzung von § 30 GmbHG bzw. § 57 AktG vorliegt,48 sodass diese Variante mit einer nicht unerheblichen Rechtsunsicherheit verbunden ist. Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass es zwar alternative Gestaltungsmöglichkeiten gibt, diese allerdings mit erhöhten Transaktionskosten verbunden sind. Zudem lassen sich etwaige Rechtsunsicherheiten nicht vollständig beseitigen, sodass ein Haftungsrisiko verbleibt. Für die Klärung der Frage nach der Verletzung von Kapitalschutzvorschriften durch die Gewährung von aufsteigenden Sicherheiten bei LBO-Transaktionen besteht deshalb ein praktisches Bedürfnis.
45 Die aktienrechtlichen Anfechtungsvorschriften gelten nach allgemeiner Auffassung für die GmbH weitgehend analog; näher Hirte, KapGesR, Rn. 3.300 ff. 46 Diem, Akquisitionsfianzierungen, § 49 Rn. 6; Lutter / Wahlers, AG 1989, 1 (13); Meyer, Besicherung, S. 243. 47 Meyer, Besicherung, S. 242. 48 Die h. M. bejaht einen Verstoß gegen § 57 AktG wenn ein Verschmelzungsverlust entsteht, bzw. einen Verstoß gegen § 30 GmbHG wenn der Verschmelzungsverlust zu einem Absinken des Vermögens der Zielgesellschaft unter die Stammkapitalschwelle führt; ausführlich dazu jeweils m. w. N. Klein / Stephanblome, ZGR 2007, 351 (376 ff.); Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 49 Rn. 33; a. A. Meyer, Besicherung, S. 245 f. m. w. N.
30
§ 2 Grundlagen und praktischer Hintergrund
II. Zentrales Cash-Management im Konzern (Cash-Pooling) Auch im Konzern kommt der Bestellung von aufsteigenden Sicherheiten Bedeutung zu. Sie ist typischerweise anzutreffen bei zentralen Konzernfinanzierungen, bei denen eine Konzernmutter oder eine von ihr kontrollierte Betreibergesellschaft Fremdkapital aufnimmt, um damit den Finanzbedarf der verschiedenen Konzerngesellschaften zu decken.49 Für die Zwecke dieser Arbeit soll zunächst das Cash-Pooling in seinen Grundzügen dargestellt werden, bevor auf die Bedeutung der Sicherheitenbestellung in diesem Zusammenhang eingegangen wird.50 1. Zum Cash-Pooling im Allgemeinen Beim Cash-Pooling erfolgt die Verwaltung der konzernweiten Liquidität zentral. Hierfür ist bei einer Betreibergesellschaft ein zentrales Konto (sog. Zielkonto) eingerichtet. Betreibergesellschaft ist entweder die Konzernmuttergesellschaft oder eine eigens zu diesem Zweck gegründete Holding. Zu bestimmten Zeitpunkten, meist am Ende jedes Bankarbeitstages, werden sämtliche Überschüsse von den Konten der Konzernuntergesellschaften (sog. Unterkonten) zugunsten des Zentralkontos abgezogen und Unterdeckungen ausgeglichen (zero-balancing).51 Daneben gibt es Gestaltungen, bei denen im Falle eines positiven Unterkontosaldos ein bestimmter Betrag bei der teilnehmenden Gesellschaft belassen wird bzw. im Falle eines Negativsaldos durch die Betreibergesellschaft bis zu diesem Betrag „aufgefüllt“ wird (conditional- oder target-balancing).52 Rechtlich werden diese Vermögenstransfers nach ganz h. M. als Darlehen i. S. v. § 488 BGB eingeordnet.53 Aus ökonomischer Sicht bietet das Cash-Pooling viele Vorteile. Im Konzern wird insgesamt weniger Fremdkapital benötigt, da Gesellschaften mit Liquiditätsüberschuss liquiditätsbedürftigen Gesellschaften über den Cash49 Dampf,
Der Konzern 2007, 157 (157). Arbeit beschränkt sich dabei auf die Wiedergabe der wesentlichen Kernpunkte. Für eine umfassende Untersuchung sei auf einschlägige Werke verwiesen, siehe etwa Gärtner, Cash-Pooling; Hangebrauck, Cash-Pool-Systeme; J. Vetter, in: Lutter / Bayer, Holding-Handbuch, § 11. 51 Altmeppen, NZG 2010, 361 (361). 52 Ammelung / Kaeser, DStR 2003, 655 (657); Gärtner, Cash-Pooling, S. 54. 53 BGHZ 166, 8 (12 Rn. 12) („Cash-Pool I“); Altmeppen, NZG 2010, 361 (362); Bayer, in: FS Lutter, S. 1011 (1015); Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 94; Jansen, in: FS Hommelhoff, S. 495 (496); Schilmar, DB 2004, 1411 (1413 f.); J. Vetter, BB 2004, 1509 (1509); Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (444); a. A. K. Schmidt, DB 2009, 1971 (1974) (Treuhandverhältnis); Schäfer, GmbHR 2005, 133 (135 f.) (unregelmäßige Verwahrung). 50 Die
B. Praxisrelevante Konstellationen31
Pool Finanzmittel zur Verfügung stellen können.54 So wird verhindert, dass Gesellschaften mit Liquiditätsbedarf zu marktüblichen Sollzinsen bei Kreditinstituten Darlehen in Anspruch nehmen müssen, während andere Konzerngesellschaften Liquiditätsüberschüsse aufweisen.55 Zudem können durch die Bündelung der Fremdkapitalnachfrage bessere Konditionen bei kreditgebenden Banken erwirkt werden.56 Letztlich lassen sich auch die durch eine separate Finanzierung entstehenden Verwaltungskosten einsparen.57 Diesen Vorteilen stehen aber auch Risiken gegenüber. Das Ausfallrisiko der kreditgebenden Gesellschaften kann nicht so breit gestreut werden wie bei der Darlehensgewährung durch ein Kreditinstitut, sodass es zur Entstehung von „Klumpenrisiken“ kommt.58 Zudem kann die Krise einer teilnehmenden Konzerngesellschaft negative Auswirkungen auf andere Poolteilnehmer haben, sodass es zum sog. „Dominoeffekt“ kommen kann.59 Die Krise einzelner Poolteilnehmer kann so zu einem Liquiditätsengpass im gesamten Konzern führen. Zudem steigt das Überschuldungsrisiko der Betreibergesellschaft in zweifacher Hinsicht, da die Darlehensforderungen gegen schwächelnde Pool-Teilnehmer und der Wert der Anteile an diesen abgeschrieben werden müssen.60 Insgesamt überwiegen dennoch in der Praxis die genannten Vorteile, weshalb auch der Reformgesetzgeber im Rahmen des MoMiG als maßgeblichen Beweggrund für die Reform des Kapitalerhaltungsrechts anführt hat, das Cash-Pooling als „im Grundsatz ökonomisch sinnvolle“ Institution rechtlich absichern zu wollen.61 Dahinter steht letztlich wohl auch die Überlegung, deutsche Unternehmen am Markt nicht zu benachteiligen, da das CashPooling international üblich ist.62
54 Engert,
BB 2005, 1951 (1956); Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (443). BB 2005, 1951 (1956); Vetter / Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash-Pooling, Rn. 8. 56 Altmeppen, NZG 2010, 361 (361); Vetter / Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash-Pooling, Rn. 8. 57 Gärtner, Cash-Pooling, S. 55 m. w. N. 58 Altmeppen, NZG 2010, 361 (361); näher zu diesen Risiken unter § 3 C. II. 3. d). 59 Kocher, GmbHR 2012, 1221 (1221); Spliedt, ZIP 2009, 149 (150); Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (157). 60 Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (157). 61 RegE MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 41; näher zu den Motiven für die Reform unter § 3 C. II. 1. 62 Drygala / Kremer, ZIP 2007, 1289 (1289). 55 Engert,
32
§ 2 Grundlagen und praktischer Hintergrund
2. Zur Sicherheitenbestellung im Besonderen Die Bedeutung der Besicherung in zentralen Cash-Management-Systemen hat in den letzten Jahrzehnten entscheidend zugenommen. Während früher Konzernmuttergesellschaften als Betreibergesellschaften fungierten, die selbst über ausreichend Vermögen für die Besicherung des Konzernfinanzbedarfs verfügten, ging die Entwicklung hin zu Holding-Strukturen.63 Bei diesen verwalten weitgehend vermögenslose Holdinggesellschaften ohne operatives Geschäft das konzernweite Cash-Management-System. Regelmäßig wird im Konzern mehr Kapital benötigt, als durch die Untergesellschaften zur Verfügung gestellt werden kann.64 Die Betreibergesellschaft nimmt deshalb bei Kreditinstituten Darlehen in Anspruch. Letztere wiederum verlangen hierfür aufgrund der fehlenden Bonität der Betreibergesellschaft Sicherheiten. In der Cash-Pool-Abrede verpflichten sich deshalb die teilnehmenden Gesellschaften gegenüber dem konzernfinanzierenden Kreditinstitut für den Kontokorrentsaldo der Betreibergesellschaft zu haften, was die Gewährung einer persönlichen Sicherheit darstellt.65 Nicht selten ist auch die Gewährung dinglicher Sicherheiten zur Absicherung des Kontokorrentsaldos.66 Die Sicherheitengewährung ist vor allem deshalb problematisch, weil durch sie der geschilderte Domino-Effekt noch verstärkt wird.67 Durch die Krise anderer Konzernunternehmen ist nämlich nicht nur die Versorgung der einzelnen Gesellschaft mit Liquidität bedroht, sondern ihr droht gleichzeitig der Verlust wertvoller Vermögensgegenstände.
63 Schön,
ZHR 159 (1995), 351 (352). Cash Pooling, S. 440. 65 Altmeppen, in: MüKo, AktG, § 311 Rn. 259; Gärtner, Cash-Pooling, S. 440; Goette, in: Goette / Habersack, MoMiG, Rn. 9.30; Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (148). 66 Altmeppen, in: MüKo, AktG, § 311 Rn. 259; ders., ZIP 2009, 49 (52); Gärtner, Cash-Pooling, S. 440; Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (148). 67 Gärtner, Cash-Pooling, S. 56 f. 64 Gärtner,
§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht Dem GmbH-Recht kommt für die Problematik der aufsteigenden Sicherheiten in der Praxis im Vergleich zum Recht der AG die mit Abstand größte Bedeutung zu. Diese Praxisrelevanz ist darauf zurückzuführen, dass die Rechtsform der GmbH sich besonders gut als Objekt eines fremdfinanzierten Unternehmenskaufs eignet. Die Gesellschafter einer GmbH können der Geschäftsführung Weisungen erteilen, was insbesondere für die Besicherung beim LBO von zentraler Bedeutung ist.1 Darüber hinaus lässt sich eine GmbH leichter den individuellen Bedürfnissen einer Konzernstruktur anpassen, da im Gegensatz zur AG (§ 23 Abs. 5 AktG) keine Satzungsstrenge besteht. Schließlich besteht das Verbot der finanziellen Unterstützung des Erwerbs eigener Aktien (§ 71a AktG) im GmbH-Recht nicht. Für die vorliegende Untersuchung soll deshalb zunächst das Recht der GmbH betrachtet werden (A. bis C.). Unter D. soll im Anschluss überprüft werden, ob das zur GmbH gefundene Ergebnis unter Berücksichtigung der Besonderheiten der aktienrechtlichen Vermögensbindung auf die AG übertragen werden kann.
A. Grundlagen des Kapitalerhaltungssystems der GmbH Um die kapitalerhaltungsrechtlich relevanten Fragen, die sich aus der Bestellung aufsteigender Sicherheiten ergeben, einordnen zu können, ist zunächst eine Darstellung der Grundlagen des Kapitalerhaltungsrechts der GmbH erforderlich.
I. Regelungsgegenstand und Normzweck Den Ausgangspunkt der Problematik um die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit von aufsteigenden Sicherheiten bildet das Normverständnis von § 30 GmbHG. Die Vorschrift bestimmt, dass das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden darf und normiert damit den Grundsatz der Kapitalerhaltung. Dieser 1 Siehe
dazu bereits § 2 B. I. 2.
34
§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
ist als Verlängerung der Kapitalaufbringung zu verstehen.2 Die Regelung ist ein Ausgleich für die Haftungsprivilegierung in § 13 Abs. 2 GmbHG und dient dem Gläubigerschutz.3 Die Erhaltung des Mindestkapitals verfolgt dabei das Ziel des Gläubigerschutzes in mehrfacher Hinsicht. Zunächst dient das Mindestkapital als Haftungsstock für Krisenzeiten, indem unabhängig von „situativen Ausschüttungssperren“4 ein bestimmter rechnerischer Teil des Vermögens nicht an die Gesellschafter zurückfließen darf.5 Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Gesellschaft das eingezahlte Mindestkapital nicht etwa zurücklegen muss. Selbstverständlich darf es zur Deckung von Gesellschaftsverbindlichkeiten im Gange des Geschäftsbetriebes der Gesellschaft verwendet werden. Die Vorschriften über die Aufbringung und Erhaltung des Mindestkapitals können daher nicht mehr garantieren, als dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein solches Gesellschaftsvermögen bestand und dies auch nicht an die Gesellschafter zurückgeflossen ist.6 Dennoch kann nicht geleugnet werden, dass durch das Mindestkapital ein gewisser „Verlustpuffer“ für Krisenzeiten vorhanden ist, der die Insolvenzwahrscheinlichkeit verringert („Insolvenzprophylaxe“).7 Darüber hinaus soll die Aufbringung des Stammkapitals durch eine Risikobeteiligung das Interesse am Erfolg der Gesellschaft gewährleisten und so ein „Spekulieren auf Kosten der Gläubiger“ verhindern, denn die Bereitschaft, mit der Gesellschaft hohe Risiken einzugehen, sinkt, wenn für die Gesellschafter mehr Eigenkapital auf dem Spiel steht.8
II. Verletzung von § 30 GmbHG Für die Prüfung einer Verletzung von § 30 GmbHG ist zu klären, ob seitens der Gesellschaft eine „Auszahlung“, mithin ein Vermögensabfluss vorliegt. Sodann ist zu untersuchen, ob durch diese Auszahlung eine Unter2 Pentz, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 30 Rn. 2; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 1. 3 Dampf, Konzern 2007, 157 (158); Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 3. 4 Zum aus dem US-Recht bekannten Solvenztest und der Reformdebatte siehe § 8 A. III. 5 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 2; ähnlich Gehrlein, Der Konzern 2007, 771 (785). 6 Fastrich, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 1; Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (392 f.); Hirte, KapGesR, Rn. 5.23. 7 Engert, BB 2005, 1951 (1951 f.); Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 15; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 3; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 2. 8 Fastrich, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 1; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 2.
A. Grundlagen des Kapitalerhaltungssystems der GmbH35
bilanz hervorgerufen oder vertieft wurde oder eine Unterbilanz bereits unabhängig davon vorlag. Erforderlich ist hierfür eine Unterbilanzkontrollrechnung im Zeitpunkt der Auszahlung.9 Dazu ist das Stammkapital der Gesellschaft dem Nettoaktivvermögen der Gesellschaft gegenüberzustellen.10 Bis auf kleinere Modifikationen bestimmt sich das Nettoaktivvermögen nach handelsbilanziellen Grundsätzen, indem von den Aktiva die echten Passiva (Passiva ohne Eigenkapital) subtrahiert werden.11 Nur soweit das Nettoaktivvermögen der Gesellschaft das Stammkapital übersteigt, ist eine Auszahlung möglich. Zu trennen sind demnach die Frage nach dem Vermögensabfluss (der „Auszahlung“) und die Frage nach dem Vorliegen einer Unterbilanz. Demgegenüber steht eine im jüngeren Schrifttum entwickelte Auffassung auf dem Standpunkt, zunächst müsse nach bilanziellen Grundsätzen das ausschüttungsfähige Vermögen ermittelt werden und in einem zweiten Schritt sei zu überprüfen, ob die Auszahlung in Form der realen Vermögensminderung diesen Betrag übersteige.12 Konsequenz dieser Auffassung ist es, dass eine verbotswidrige Auszahlung auch ohne das Vorliegen einer Unterbilanz möglich ist.13 Verfügt die Gesellschaft beispielsweise über 2.000 € ausschüttungsfähiges Vermögen und verkauft ein Grundstück mit einem Verkehrswert von 6.000 € an den Gesellschafter zum Buchwert von 2.000 € (reale Vermögensminderung 4.000 €), so liegt auch nach dem Transaktionsvorgang keine Unterbilanz vor. Es wurde lediglich ein Aktivtausch (Barvermögen gegen Grundstück) vorgenommen. Dennoch soll der Gesellschafter nach dieser Ansicht in Höhe der Differenz zwischen ausschüttungsfähigem Vermögen und der Höhe der realen Vermögensminderung nach § 31 Abs. 1 GmbHG ersatzpflichtig sein, vorliegend folglich in Höhe von 2.000 €. Diese Auffassung vermag jedoch nicht zu überzeugen. Bereits der Wortlaut von § 30 GmbHG will den Kapitalschutz erst eingreifen lassen, wenn „das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen“ angetastet wird.14 Vor wie nach der Transaktion ist dieses Vermögen jedoch noch vorhanden. Ein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG setzt demnach das Vorliegen einer Unterbilanz voraus. 9 BGH NJW 2003, 3629 (3631); Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 88; Hennrichs, ZGR 2008, 361 (366); Fastrich, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 22; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 53. 10 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 53. 11 Sonnenhol / Groß, ZHR 159 (1995), 388 (396); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 53. 12 Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 578 f. 13 So ausdrücklich Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 579. 14 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 54a weist ebenfalls auf den klaren Verstoß gegen den Wortlaut hin.
36
§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
Zu beachten für die Prüfung sind weiterhin die durch das MoMiG neu aufgenommenen Ausnahmetatbestände in § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG, im vorliegenden Zusammenhang insbesondere die Vorschrift des § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG. Demnach liegt eine verbotene Auszahlung dann nicht vor, wenn die Leistung der Gesellschaft durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt ist.15
III. Allgemeines zum Begriff der Auszahlung Der Tatbestand von § 30 GmbHG verlangt zunächst die Klärung der Frage, ob durch einen Vorgang eine Auszahlung an einen Gesellschafter vorliegt („[…]darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden“). Was jedoch genau hierunter verstanden werden muss, ist im Schrifttum nicht endgültig geklärt. Die folgenden Grundlagen sind aber weitgehend unstreitig. Legt man ein betriebswirtschaftliches Wortverständnis zugrunde, so meint Auszahlung den Abfluss liquider Mittel aus dem Gesellschaftsvermögen.16 Beachtet man den Zweck der Norm, so ist dieses Verständnis zu eng. Ein effektiver Gläubigerschutz kann nur gewährleistet werden, wenn auch gegenständliche Zuwendungen wie beispielsweise die Übertragung von Sacheigentum erfasst werden können. Es ist daher allgemein anerkannt, dass dem Begriff der Auszahlung ein weites Begriffsverständnis zugrunde gelegt werden muss.17 Die ganz h. M. will jedoch nicht jede Minderung des Gesellschaftsvermögens durch § 30 GmbHG erfassen. Definiert wird die Auszahlung deshalb als Leistung jeder Art, der keine angemessene, einem Drittvergleich standhaltende Gegenleistung gegenübersteht.18 Stellt sich der Leistungsaustausch mit dem Gesellschafter wie ein Geschäft mit einem gesellschaftsfremden Dritten dar, soll deshalb keine Auszahlung vorliegen.19 Unerheblich für eine Auszahlung ist, dass der unmittelbare Vermögensabfluss nicht von der Gesellschaft zum Gesellschafter erfolgt. Es ist nach allgemeiner Auffassung ausreichend, dass dem Gesellschafter (z. B. durch Zahlung der Gesellschaft an den Gläubiger des Gesellschafters) ein mittelbarer Vorteil aus dem Gesellschaftsvermögen zugute kommt.20 Der Begriff 15 Näher
zu diesem Ausnahmetatbestand unter § 3 C. II. in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 127; der Schutz des liquididen Vermögens der Gesellschaft soll allerdings durch § 64 S. 3 GmbHG gewährleistet werden. Zu dieser durch das MoMiG eingeführten Norm siehe § 6 B. 17 Möller, Upstream Kreditsicherheiten, S. 96 m. w. N. 18 BGHZ 31, 258 (276); Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 30 Rn. 8. 19 Zum Drittvergleichskriterium siehe im Detail § 3 B. II. 5. b). 20 Vgl nur: Thiessen, in: Bork / Schäfer, GmbHG, § 30 Rn. 97; Fastrich, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 25; U. H. Schneider, in: FS Döllerer, S. 537 (545). 16 Ekkenga,
B. Relevanter Auszahlungsakt37
der Auszahlung beinhaltet darüber hinaus nach umstrittener, aber zutreffender Auffassung ein Handlungselement seitens der Gesellschaft.21 Es bedarf folglich der Vornahme einer Handlung durch die Geschäftsführung, die sich in einer Vermögensminderung auf Seiten der Gesellschaft niederschlägt.
B. Relevanter Auszahlungsakt I. Einführung und Meinungsstand Während sich bei Geldzahlungen oder der Übertragung des Eigentums an Sachen relativ unproblematisch Auszahlungsvorgang und Zeitpunkt bestimmen lassen, bereitet dies bei aufsteigenden Sicherheiten weit größere Schwierigkeiten. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass es sich bei der Sicherheitengewährung um einen zeitlich gestreckten Vorgang handelt, bei dem prima vista mehrere Zeitpunkte und Vorgänge eine Auszahlung darstellen könnten.22 Zum anderen ist zum Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit nicht klar, ob diese jemals in Anspruch genommen werden muss. Es handelt sich also um die Absicherung eines Risikos, welches in seiner Vermögensrelevanz schwerer zu erfassen ist. Ungeklärt und vieldiskutiert ist aus diesem Grund die Frage, in welchem Vorgang im Rahmen der Gewährung einer aufsteigenden Sicherheit eine Auszahlung i. S. v. § 30 GmbHG gesehen werden kann. Eine höchstrichterliche Klärung dieser Problematik durch den BGH ist bislang nicht erfolgt.23 Entgegen anderslautender Stimmen in der Literatur24 lässt sich insbesondere einem Urteil des BGH25 aus dem Jahr 2007 weder die Aussage entnehmen, jedenfalls bei aufsteigenden schuldrechtlichen Sicherheiten sei stets auf den Verwertungs- und nicht auf den Bestellungs zeitpunkt abzustellen,26 noch die Erkenntnis, die Verwertung sei stets eine Auszahlung27. Dem vom BGH behandelten Fall lag nämlich keine aufsteigende Sicherheit im hier behandelten Sinne zugrunde. Denn in dem vom BGH entschiedenen Fall war die Sicherheit zwar zur Sicherung einer Ver21 Wie hier Meyer, Besicherung, S. 123; zum Streitstand siehe im Detail unter § 3 B. II. 2. a). 22 Meyer, Besicherung, S. 99. 23 Mangels Entscheidungsrelevanz ausdrücklich offen gelassen in BGHZ 138, 291 (298). 24 Berkefeld, MBO, S. 132; J. Vetter, in: Goette / Habersack, MoMiG, Rn. 4.86; Winkler / Becker, ZIP 2009, 2361 (2363). 25 BGH NZG 2007, 704 (707). 26 Berkefeld, MBO, S. 132; Winkler / Becker, ZIP 2009, 2361 (2363). 27 J. Vetter, in: Goette / Habersack, MoMiG, Rn. 4.86.
38
§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
bindlichkeit eines Gesellschafters bestellt, allerdings bestand diese Verbindlichkeit gegenüber einem anderen Gesellschafter. Sicherungsnehmer war folglich ein Gesellschafter und gerade kein gesellschaftsexterner Dritter. Dies ändert aufgrund der Tatsache, dass gegenüber Gesellschaftern ggf. eine Einwendung gegen die Sicherheitenverwertung besteht, die rechtliche Bewertung28. Daneben befasst sich die Entscheidung mit der Rechtslage vor dem MoMiG.29 Die Problematik ist jedoch stets vor ihrem zeitlichen Hintergrund zu sehen. Erheblichen Einfluss auf die Debatte hatten die sog. November-Entscheidung des BGH im Jahr 200330 sowie die durch das MoMiG 2008 eingeführte Änderung in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG. Aus diesem Grund hat auch eine in diesem Zusammenhang häufiger zitierte Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1976 zur Einlagenrückgewähr an einen Kommanditisten, in der das Gericht für den Fall der Übertragung einer Eigentümergrundschuld zur Absicherung eines Gesellschaftergläubigers auf den Bestellungszeitpunkt abgestellt hat,31 für die vorliegende Bearbeitung nur sehr begrenzte Aussagekraft. Aufgrund der fehlenden höchstrichterlichen Klärung gestaltet sich das Meinungsbild in unterinstanzlicher Rechtsprechung und Literatur entsprechend vielfältig. Vertreten wird (ausschließlich oder kumulativ) ein Abstellen bereits auf den Zeitpunkt der Verpflichtung zur Bestellung der Sicherheit gegenüber einem Dritten32, die Sicherheitenbestellung,33 den Zeitpunkt der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der Sicherheit,34 und letztlich die Inanspruchnahme der Sicherheit35. 28 Siehe
dazu § 3 B. II. 1. b) cc). weist auch Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 103 zu Recht hin. 30 BGHZ 157, 72 („November-Urteil“); siehe dazu § 3 C. II. 1. b). 31 BGH NJW 1976, 751 (752). 32 Bayer / Lieder, ZGR 2005, 133 (146); Bender, BB 2005, 1492 (1493); Kleindiek, NZG 2000, 483 (485). 33 Berkefeld, MBO, S. 134 ff.; Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 31 ff.; Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 140 (für dingliche Sicherheiten); Fastrich, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 61; Gehrlein, Der Konzern 2007, 771 (785); Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 96; Henze, WM 2005, 717 (721 f.); Pentz, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 30 Rn. 40; Rieckers, in: MHdB GesR, AktR, § 16 Rn. 85; Schmolke, Kapitalerhaltung, § 30 GmbHG Rn. 104; Sonnenhol / Groß, ZHR 159 (1995), 388 (398 f.); Tasma, Gläubigerschutz, S. 224; Theusinger / Kapteina, NZG 2011, 881 (883 f.); Meister, WM 1980, 390 (394); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 97; Westermann, DZWiR 2008, 485 (494). 34 Möller, Upstream Kreditsicherheiten, S. 119; Schäfer, Die GmbH als Target einer fremdfinanzierten Akquisition, S. 186; Thiessen, in: Bork / Schäfer, GmbHG, § 30 Rn. 43; Steinbeck, WM 1999, 885 (887); Winkler / Becker, ZIP 2009, 2361 (2363); KG NZG 2000, 479 (481). 35 OLG München, GmbHR 1998, 986; Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 140 (für schuldrechtliche Sicherheiten); Früh, GmbHR 2000, 105 (108); Messer, 29 Hierauf
B. Relevanter Auszahlungsakt39
Die Entscheidung über den relevanten Auszahlungsvorgang ist von zentraler Bedeutung für die Frage des Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG. Denn die wirtschaftliche Situation des Gesellschafters kann sich zwischen Bestellung und Inanspruchnahme der Sicherheit erheblich ändern. Die Solvenz des Gesellschafters wiederum hat Einfluss auf die bilanzielle Erfassbarkeit der Sicherheit und die Vollwertigkeit von Freistellungs- und Rückgriffsansprüchen gegen den Gesellschafter im Rahmen der Prüfung von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG. Daneben kann es eine Verknüpfung der Vermögenssituation von Gesellschaft und Gesellschafter geben. Besonders deutlich zeigt sich dies am Beispiel von LBO-Transaktionen. Hier ist die wirtschaftliche Situation der Erwerbsgesellschaft ganz entscheidend von der Leistungsfähigkeit der sicherungsgebenden Zielgesellschaft abhängig. Würde man auf den Zeitpunkt der Sicherheitenverwertung abstellen, wird zum einen in der Regel bei der Zielgesellschaft eine Unterbilanz vorliegen oder durch die Verwertung herbeigeführt. Zum anderen wird in diesem Fall auch der Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter nicht vollwertig sein, da der Sicherungsfall regelmäßig durch dessen wirtschaftliches Unvermögen herbeigeführt wurde. Auch für eine in Betracht kommende Haftung des Geschäftsführers ist die Frage nach dem Auszahlungszeitpunkt von entscheidender Bedeutung.36 Dieser hat eine sorgfältige Prüfung der Vermögenslage der Gesellschaft vor einer „Auszahlung“ durchzuführen, um eine Haftung aus § 43 Abs. 3 GmbHG zu vermeiden. In diesem Zusammenhang wirkt sich die Diskussion über den Auszahlungsakt auf die Vertragsgestaltungspraxis aus, denn die Haftungsvermeidung ist der Grund für die Aufnahme von limitation-language-Klauseln in die Sicherheitenverträge. Letztlich ist die Frage des relevanten Auszahlungszeitpunktes auch relevant für den Verjährungsbeginn nach § 31 Abs. 5 GmbHG.37
II. Analyse der in Betracht kommenden Zeitpunkte Im Folgenden sollen die verschiedenen diskutierten in Betracht kommenden Anknüpfungspunkte im Zusammenhang mit der Bestellung aufsteigender Sicherheiten daraufhin untersucht werden, inwieweit sie eine „Auszahlung“ i. S. v. § 30 GmbHG darstellen können.
ZHR 159 (1995), 375 (376 f.); Meyer, Besicherung, S. 154; Oetker, KTS 1991, 521 (529 f.); Söhner, Gläubigerschutz, S. 91 f.; Tillmann, NZG 2008, 401 (404); Undritz / Degenhardt, NZI 2015, 348 (350); J. Vetter, in: Goette / Habersack, MoMiG, Rn. 4.79 ff. 36 Meyer, Besicherung, S. 111. 37 Vgl. BGH NZG 2007, 704 ff.
40
§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
1. Bestellung der Sicherheit Untersucht werden soll zunächst die Bestellung der Sicherheit, da es sich hierbei regelmäßig um den chronologisch frühesten Zeitpunkt handelt. a) (Fehlende) bilanzielle Auswirkung der Sicherheitenbestellung Eine Sicherheitenbestellung wirkt sich nur dann bilanziell aus, wenn bereits im Bestellungszeitpunkt eine Rückstellung wegen der drohenden Inanspruchnahme der Sicherheit gebildet werden muss.38 Bereits vor Inkrafttreten des MoMiG wurde deshalb gegen ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit geltend gemacht, dass eine Sicherheitenbestellung in vielen Fällen bilanziell nicht erfasst werde.39 Vermeintlich bestärkt wurde diese Auffassung durch die sog. „Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise“ nach Inkrafttreten des MoMiG.40 Der Einwand, dass eine Auszahlung immer nur dann vorliege, wenn sich der betreffende Vorgang bilanziell auswirkt, geht bei näherer Überlegung jedoch fehl. Für die Frage der „Auszahlung“ ist die bilanzielle Erfassbarkeit eines Transaktionsvorgangs nicht relevant.41 Bilanzielle Gesichtspunkte bestimmen zwar, ab welchem Zeitpunkt das Auszahlungsverbot eingreift, da eine Unterbilanz tatbestandliche Voraussetzung ist, allerdings geben sie für den Auszahlungsbegriff nichts her.42 Eine andere Betrachtung hätte zur Folge, dass die handelsbilanzielle Bewertung eines einem Gesellschafter gewährten Vermögensgegenstands darüber entscheiden würde, ob die Zuwendung verboten ist.43 Dies würde zur kapitalerhaltungsrechtlichen Zulässigkeit fragwürdiger Austauschgeschäfte 38 Andernfalls ist die Sicherheit lediglich gem. § 251 HGB unter der Bilanz zu vermerken. Zu den bilanzilen Auswirkungen einer Sicherheitenbestellung siehe § 3 C. I. 39 Dampf, Der Konzern 2007, 157 (168); Schrell / Kirchner, BB 2003, 1451 (1454). 40 Möller, Upstream Kreditsicherheiten, S. 100 ff.; Söhner, Gläubigerschutz, S. 91 f.; vgl. auch Sutter / Masseli, WM 2010, 1064 (1065): „Eine Handlung führt daher nur zu einer Auszahlung, wenn sie eine bilanzielle Vermögensminderung verursacht“; vgl. auch Undritz / Degenhardt, NZI 2015, 348 (349). 41 Ekkenga, in: MüKo, GmbHG § 30 Rn. 196; Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (399 f.); Freitag, Der Konzern 2011, 330 (335 f.); Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 49. 42 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 49; Pentz, in: Rowedder / SchmidtLeithoff, GmbHG, § 30 Rn. 11; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 18 m.w.N; a. A. Hommelhoff, ZGR 2012, 535 (547). 43 Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 335 (339).
B. Relevanter Auszahlungsakt41
führen. Die Gesellschaft könnte im Stadium der Unterbilanz ohne Weiteres Vermögensgegenstände an einen Gesellschafter übertragen, solange sie dafür eine Gegenleistung (etwa in Form eines Kaufpreises) erhält, die dem Buchwert entspricht, auch wenn dieser erheblich unter dem am Markt als Kaufpreis erzielbaren Verkehrswert liegt. In einem solchen Fall stellt sich die Transaktion bilanziell als bloßer Aktivtausch dar. Eine bilanzielle Auswirkung in Form der Verminderung des Aktivvermögens bliebe aus. Auch stille Reserven könnten bei bestehender Unterbilanz problemlos ohne Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbHG an den Gesellschafter ausgekehrt werden. Selbiges würde für die Übertragung immaterieller Wirtschaftsgüter gelten, für die gem. § 248 Abs. 2 S. 2 HGB ein Aktivierungsverbot besteht.44 Diese Ergebnisse entsprechen jedoch ersichtlich nicht dem Telos der Vorschrift.45 Ein effektiver Gläubigerschutz kann nur gewährleistet werden, wenn auch reale Vermögensabflüsse im Stadium der Unterbilanz als „Auszahlungen“ im Sinne von § 30 Abs. 1 GmbHG erfasst werden können. Auch die Änderungen durch das MoMiG stützen diese Auslegung von § 30 Abs. 1 GmbHG:46 Die durch die Reform neu eingeführten Sätze zwei und drei von § 30 Abs. 1 GmbHG sprechen von Leistungen, die durch einen vollwertigen Gegenleistungs- und Rückgewähranspruch „gedeckt“ sind. Durch diese Formulierung soll deutlich werden, dass die Gesellschaft gerade eine Gegenleistung in Höhe des Marktwertes und nicht nur in Höhe des Buchwertes erhalten soll.47 Es entspricht deshalb dem Willen des Gesetzgebers, die Fallkonstellation der realen Vermögensminderung im Stadium der Unterbilanz als Fallgruppe von § 30 GmbHG zu erfassen.48 Die hier vertretene Auffassung wird auch durch die Berücksichtigung bilanzieller Grundsätze gestützt. Vor allem das Vorsichtsprinzip ist in diesem Zusammenhang anzuführen.49 Dieses Prinzip ist ein dem Bilanzrecht (vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) zugrundeliegender Bewertungsgrundsatz. Eine Ausprägung dieses Prinzips liegt darin, dass ein Kaufmann bei der 44 Freitag,
Der Konzern 2011, 330 (335). Sinn und Zweck der Kapitalerhaltung siehe § 3 A. I. 46 Eusani, GmbHR 2009, 512 (513); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 18. 47 So zu Recht Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 18, der auf die amtliche Begründung zum MoMiG verweist, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 41: „Das Deckungsgebot bedeutet, dass bei einem Austauschvertrag der Zahlungsanspruch gegen den Gesellschafter nicht nur vollwertig sein muss, sondern auch wertmäßig nach Marktwerten und nicht nach Abschreibungswerten den geleisteten Gegenstand decken muss“. 48 Grundlegend Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 335 (339); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 18. 49 Freitag, Der Konzern 2011, 330 (336); näher zu diesem Prinzp Winkeljohann / Büsow, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 252 Rn. 29 ff. 45 Zum
42
§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
Aufstellung der Bilanz im Rahmen des ihm zustehenden Ermessensspielraumes Aktiva eher niedrig als hoch und Rückstellungen eher hoch als niedrig ausweisen soll.50 Der Zweck des Prinzips besteht ebenso wie der des § 30 GmbHG im Gläubigerschutz.51 Bestimmte Vermögensgegenstände haben aufgrund des Vorsichtsprinzips deshalb einen niedrigen Buchwert oder werden gar nicht erst in die Bilanz aufgenommen, um den Gläubigern kein „geschöntes“ sondern im Zweifel eher ein pessimistisches Bild von der Gesellschaft zu vermitteln. Diesem Zweck würde es widersprechen, für eine Auszahlung i. S. v. § 30 GmbHG eine bilanzielle Auswirkung zu verlangen. Das Vorsichtsprinzip würde so den Anwendungsbereich von § 30 GmbHG verkürzen, da die Differenz zwischen Buch- und Verkehrswert ohne Verstoß gegen § 30 GmbHG der Gesellschaft entzogen werden könnte. In Anbetracht der Tatsache, dass sowohl Vorsichtsprinzip als auch § 30 GmbHG mit dem Gläubigerschutz dasselbe Ziel verfolgen, ist dies widersprüchlich.52 Die hier vertretene Ansicht ist jedoch nicht frei von Kritik. So verweist etwa Dampf auf die Schwierigkeit, überzeugend darzulegen, warum der Schutzzweck des § 30 GmbHG im Stadium der Unterbilanz in der Erhaltung des realen Vermögens bestehen soll, während vor dem Eintritt dieses Stadiums lediglich ein Absinken des bilanziellen Werts des Gesellschaftsvermögens unter den Betrag der Stammkapitalziffer verhindert werden soll.53 Damit sei die Zulässigkeit einer Zuwendung aus dem Gesellschaftsvermögen vom zufälligen Vorliegen einer Unterbilanz abhängig. Entgegenhalten lässt sich dem jedoch, dass der Zeitpunkt des Eintritts einer Unterbilanz gerade kein zufälliger Zeitpunkt ist, sondern hier die Grenze dessen erreicht ist, was die Gesellschafter ohne Verstoß gegen kapitalerhaltungsrechtliche Vorschriften der Gesellschaft entziehen dürfen. Liegt eine Unterbilanz vor, ist der Anwendungsbereich von § 30 GmbHG eröffnet und es daher gerechtfertigt, den Schutz der Gesellschaft auch auf den Verlust von Realvermögen zu erweitern. Insofern muss auch der im Zuge der Diskussion um das MoMiG häufig inflationär gebrauchte Begriff der „Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise“ mit besonderer Vorsicht verwendet werden.54 In Bezug auf aufsteigende Sicherheiten bleibt festzuhalten, dass die fehlende bilanzielle Auswirkung einer Sicherheitenbestellung einer Erfassung dieses Vorgangs als Auszahlung gem. § 30 Abs. 1 GmbHG nicht entgegensteht. 50 Winkeljohann / Büsow, 51 Tiedchen,
in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 252 Rn. 33. in MüKo, BilanzR, § 252 HGB Rn. 47; Wirsch, Der Konzern 2009,
443 (446). 52 Freitag, Der Konzern 2011, 330 (336). 53 Dampf, Der Konzern 2007, 157 (162) zur Rechtslage vor dem MoMiG. 54 Hierauf weisen auch Habersack, ZGR 2009, 347 (352); Thole, ZInsO 2011, 1425 (1426) sowie Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 78 hin.
B. Relevanter Auszahlungsakt43
b) Vermögensgefährdung als Auszahlung Mit der Feststellung, dass die bilanzielle Erfassbarkeit eines Vorgangs für eine Auszahlung nicht notwendig ist, ist noch nicht geklärt, ob durch die Bestellung einer Sicherheit ein Vermögenstransfer von der Gesellschaft an den Gesellschafter erfolgt. Dies gilt es im Folgenden zu untersuchen. aa) Einwand des mangelnden Vermögensabflusses Unumstritten ist, dass eine Sicherheit einen Vermögenswert hat. Durch die Sicherheit „im Rücken“ ist es dem Gesellschafter möglich, günstigere Bedingungen für den Darlehensvertrag mit dem Sicherungsnehmer – wie etwa einen niedrigeren Zinssatz – auszuhandeln oder den Abschluss eines Darlehensvertrages überhaupt erst zu ermöglichen. Ein solches mittelbares Zugutekommen durch die Sicherheitenbestellung ist nach allgemeiner Ansicht für eine Auszahlung an den Gesellschafter ausreichend.55 Mit dieser Feststellung hat die Problematik aber nicht ihr Bewenden. Denn sie vermag nur zu erklären, dass auf Seiten des Gesellschafters ein Vermögensvorteil gegeben ist. Sie sagt nichts darüber aus, ob durch die Sicherheitenbestellung auch ein Vermögensabfluss auf Seiten der Gesellschaft stattgefunden hat. Auch dies ist jedoch Voraussetzung für eine Auszahlung i. S. v. § 30 GmbHG, da nur dann den Gläubigern der Gesellschaft ein Nachteil droht.56 Zweck des Auszahlungsverbotes ist schließlich der Gläubigerschutz durch die Erhaltung des Stammkapitals als Haftungsstock für die Gesellschaftsgläubiger.57 An dieser Stelle setzt der im Schrifttum vorgebrachte Einwand an, die Sicherheitenbestellung habe noch keinen Vermögensabfluss zur Folge.58 Es wird vorgebracht, § 30 Abs. 1 GmbHG erfasse seinem Zweck nach nur einen endgültigen Vermögensverlust, nicht hingegen eine bloße Vermögensgefährdung.59 Bei der bloßen Sicherheitenbestellung sei ein Vermögensabfluss zwar möglich, stehe aber nicht mit Sicherheit fest.60 Da auch die Möglich55 Vgl. nur Barth / Gelsen, DB 1981, 2265 (2265); Mülbert, ZGR 1995, 578 (580); Komo, GmbHR 2010, 230 (231); Sutter / Masseli, WM 2010, 1064 (1064). 56 Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 7; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 57. 57 Siehe dazu bereits § 3 A. I. 58 So Meister, WM 1980, 390 (392 f.) für schuldrechtliche Sicherheiten; auch nach Inkrafttreten des MoMiG Meyer, Besicherung, S. 142 f. 59 Meyer, Besicherung, S. 142 f. 60 Dampf, Der Konzern 2007, 157 (164); Meyer, Besicherung, S. 142 f.; Seidel, DStR 2004, 1130 (1135).
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
keit bestehe, dass die Sicherheit nicht in Anspruch genommen werde, sei die Bestellung nur eine bloße Vermögensgefährdung und deshalb keine Auszahlung.61 bb) Differenzierung zwischen Personal- und Realsicherheiten Von einem Teil des Schrifttums wird dieser Begründungsansatz nur für Personalsicherheiten herangezogen.62 Die Situation stelle sich anders dar, wenn es sich um eine dingliche Sicherheit – wie etwa eine Grundschuld – handele. Im Unterschied zur Personalsicherheit habe diese eine unmittelbare Verschlechterung der dinglichen Rechtsposition der Gesellschaft zur Folge.63 Denn die Realsicherheit gewähre ihrem Inhaber ein Vorrecht auf einen bestimmten Vermögensgegenstand, was die Position des Inhabers der Realsicherheit gegenüber anderen Gläubigern verbessere.64 Im Falle der Insolvenz der Gesellschaft habe der aus einer Realsicherheit Berechtigte aufgrund der Aussonderungsrechte in §§ 49 – 51 InsO eine bessere Position als der Gläubiger einer Personalsicherheit.65 Dahinter steckt letztlich die aus der Theorie der beschränkt dinglichen Rechte bekannte Überlegung, dass mit der Bestellung einer Realsicherheit bereits ein „Eigentumssplitter“, also ein abgetrennter Teil des Vollrechts, übertragen wird. Eine Personalsicherheit hingegen wirkt sich nur auf schuldrechtlicher Ebene aus, sodass es zu keinem Vermögensabfluss auf dinglicher Ebene kommt. Dieser Unterschied rechtfertige es dieser Auffassung zufolge, bei persönlichen Sicherheiten auf den Zeitpunkt der Inanspruchnahme abzustellen, während bei dinglichen Sicherheiten der Bestellungszeitpunkt maßgeblich sei. Auf den ersten Blick erscheint die Differenzierung zwischen Real- und Personalsicherheit deshalb einleuchtend. Ergänzen lässt sich noch die Überlegung, dass die Belastung eines Grundstücks mit einer Realsicherheit eine erhebliche Verminderung der Verkehrsfähigkeit des Grundstücks mit sich bringen kann, was mit einem Vermögensverlust für die Gesellschaft bereits im Bestellungszeitpunkt einhergeht. Denn das Grundstück sinkt aufgrund der dinglichen Belastung im Marktwert und für eine zukünftige Besicherung zugunsten anderer Gläubiger steht nur noch ein untergeordneter Rang zur Verfügung. 61 Sonnenhol / Stützle,
DB 1979, 925 (926). in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 140; Kerber, WM 1989, 473 (477); Rahmann, in: FS Lüer, S. 277 (289 f.); Reemann, MittRhNotK 1996, 113 (120); Schilmar, DB 2004, 1411 (1415); Wessels, ZIP 2004, 793 (797). 63 Reemann, MittRhNotK 1996, 113 (120); Schilmar, DB 2004, 1411 (1415). 64 Kerber, WM 1989, 473 (477). 65 Reemann, MittRhNotK 1996, 113 (120). 62 Ekkenga,
B. Relevanter Auszahlungsakt45
Einer näheren Überprüfung hält die dargestellte Differenzierung jedoch nicht stand. Ihr wird zu Recht im Schrifttum entgegengehalten, dass auch die Belastung des Gesellschaftsvermögens mit einem Anspruch aufgrund einer Personalsicherheit erhebliche Einschränkungen der wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit der Gesellschaft mit sich bringt.66 So kann etwa die Risikobewertung der Gesellschaft durch Kreditgeber durch das Bestehen einer Personalsicherheit zugunsten der Gläubiger des Gesellschafters massiv verschlechtert werden, selbst ohne dass eine Inanspruchnahme aus dieser droht.67 Auch im Fall der Insolvenz kann die Gewährung einer Personalsicherheit für andere Gläubiger von Nachteil sein. Denn durch sie vermindert sich die Insolvenzquote der übrigen Gläubiger unter Umständen erheblich. Zudem differenziert § 251 HGB bezüglich der Vermerkpflicht unter der Bilanz nicht nach Art der Sicherheit.68 Der Gesetzgeber behandelt Realund Personalsicherheiten hier deshalb einheitlich, weil die Gesellschaftsgläubiger in beiden Fällen ein Informationsinteresse daran haben, welchen Haftungsrisiken die Gesellschaft ausgesetzt ist. Auch das Argument, mit der Bestellung einer dinglichen Sicherheit werden dem Dritten Rechte am Aktivvermögen der Gesellschaft eingeräumt, was ein Zugriffshindernis auf den Vermögensgegenstand darstelle,69 vermag nicht zu überzeugen. Zum einen ist der Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen bei dinglichen wie bei schuldrechtlichen Verpflichtungen nicht uneingeschränkt möglich, sondern abhängig von der Abrede im Sicherheitsvertrag. Die Bestellung einer Realsicherheit steht gerade nicht der Übertragung des Vermögensgegenstands gleich.70 Darüber hinaus kann eine Personalsicherheit aus Gläubigersicht auch ein größeres Risiko in sich bergen: Denn während eine dingliche Sicherheit auf den belasteten Gegenstand beschränkt ist, der auch an Wert verlieren kann, haftet der Schuldner einer Personalsicherheit der Höhe nach im Grundsatz unbeschränkt. Eine Differenzierung zwischen Personal- und Realsicherheit ist folglich nicht zielführend. Geboten ist vielmehr eine aus kapitalerhaltungsrechtlicher Sicht einheitliche Betrachtung.
66 Berkefeld,
MBO, S. 136; Freitag, Der Konzern 2011, 330 (332). deshalb Steinbeck, WM 1999, 885 (887): „Bei schuldrechtlichen Sicherheiten dagegen spürt die Gesellschaft von dem Bestehen der Sicherheit bis zum Zeitpunkt der Verwertung nichts“. 68 Darauf weist Freitag, Der Konzern 2011, 330 (336) in diesem Zusammenhang zu Recht hin. 69 Reemann, MittRhNotK 1996, 113 (120). 70 Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 24. 67 Unzutreffend
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cc) Unabwendbarkeit der Inanspruchnahme aus der Sicherheit Trotz der Tatsache, dass eine Differenzierung zwischen Personal- und Realsicherheiten nicht geboten ist, bleibt der dargestellte Einwand bestehen, dass es sich bei der Bestellung einer Sicherheit lediglich um eine Vermögensgefährdung handele und diese nicht als Auszahlung tauge. Schließlich steht im Bestellungszeitpunkt noch nicht fest, ob die Sicherheit in Anspruch genommen wird. (1) Keine Bindung von gesellschaftsexternen Dritten an § 30 GmbHG Die gegen ein Abstellen auf den Bestellungszeitpunkt vorgebrachte Begründung weist dabei deutliche Parallelen zur Argumentation auf, mit der die h. M.71 zu Recht ablehnt, dass eine schuldrechtliche Verpflichtung gegenüber einem Gesellschafter eine Auszahlung darstellt. Auch in diesem Zusammenhang wird vorgebracht, dass durch eine bloße Verpflichtung noch kein Vermögensabfluss stattfinde.72 Entscheidend gegen eine „Auszahlung“ durch die Eingehung einer Verpflichtung gegenüber dem Gesellschafter spricht nach der auch hier vertretenen Ansicht allerdings, dass der Gesellschaft bis zur Erfüllung eine Einwendung zusteht, solange eine Unterbilanz besteht oder durch die Erfüllung herbeigeführt würde.73 Die Gesellschaft müsste nämlich ansonsten nach Erfüllung der Verbindlichkeit umgehend das übertragene zurückverlangen, da ihr dann ein Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG zusteht (dolo agit qui petit quod statim redditurus est).74 Die Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit erfolgt dagegen nicht gegenüber einem Gesellschafter, sondern gegenüber einem gesellschaftsfremden Dritten. Diesem kann die Gesellschaft die Verletzung von § 30 GmbHG grundsätzlich nicht entgegen halten.75 Daraus erschließt sich ein zentrales Argument für ein Abstellen auf den Bestellungszeitpunkt als maßgeblichem Auszahlungszeitpunkt für § 30 GmbHG: Die Gesellschaft muss vor Zuständen geschützt werden, die unumkehrbar einen Vermögensabfluss zur Folge 71 Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 131; Joost, ZHR 148 (1984), 27 (31 f.); Sieker, ZGR 1995, 250 (268 f.); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 21; a. A. Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 30 Rn. 8. 72 Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 131. 73 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 21. 74 Für die AG nun ausdrücklich BGHZ 196, 312 (316 Rn. 17). 75 Ganz h. M., vgl. Habersack, in: FS Schaumburg, S. 1291 (1302) m. w. N.; a. A. Meister, WM 1980, 390 (394 f.); ausführlich zur Frage, ob die Sicherheitenbestellung bei Verstoß gegen kapitalerhaltungsrechtliche Auszahlungsverbote wegen §§ 134, 138 BGB nichtig ist, siehe § 4 A. I. sowie II.
B. Relevanter Auszahlungsakt47
haben.76 Ein solcher Zustand würde eintreten, wenn die Gesellschaft nach der Bestellung der Sicherheit zugunsten eines Dritten keine Möglichkeit mehr hätte, eine Inanspruchnahme abzuwenden. Solchenfalls wäre bereits die Sicherheitenbestellung eine irreversible Verfügung über das Gesellschaftsvermögen. Dementsprechend ist zu fragen, ob der Gesellschaft außerhalb des Kapitalerhaltungsrechts gegenüber dem sicherungsnehmenden Dritten eine Möglichkeit zusteht, die Inanspruchnahme aus der Sicherheit abzuwenden. (2) Limitation language keine taugliche Abwendungsmöglichkeit Teilweise wird mit Blick auf die derzeitige Finanzierungspraxis in der Vereinbarung einer limitation language eine taugliche Abwendungsmöglichkeit gesehen.77 Dies vermag jedoch nicht zu überzeugen. Der Vereinbarung einer limitation language liegt nämlich die Prämisse zugrunde, dass in der Inanspruchnahme der Sicherheit78 – und nicht in der Bestellung – der verbotsrelevante Vorgang zu sehen ist. Es stellt daher eine petitio principii dar, eine derartige Vereinbarung zur Begründung der These heranzuziehen, dass auf den Verwertungszeitpunkt und nicht die Bestellung abzustellen ist. Denn dass rechtlich keine Möglichkeit der Gesellschaft gegeben ist, den Vermögensabfluss bei der Gesellschaft zu verhindern, ist gerade der Grund für die Vereinbarung einer entsprechenden beschränkenden Klausel. Für die Beurteilung des Auszahlungsbegriffs bei aufsteigenden Sicherheiten gibt die Vereinbarung einer limitation language folglich nichts her.79 Hiervon zu trennen ist jedoch die Rechtslage in dem Fall, in dem eine limitation language vereinbart wurde. Diese Frage bildet zwar nicht den Kern der vorliegenden Arbeit, da nach der hier vertretenen Ansicht eine limitation language de lege lata nicht erforderlich ist,80 festgehalten werden soll aber das Folgende: Bislang ist ungeklärt, ob in dem genannten Fall auch die Bestellung der Sicherheit eine Auszahlung darstellt. Folgt man dem in dieser Arbeit befürworteten Ansatz der Differenzierung zwischen den Tatbestandsmerkmalen „Auszahlung“ und „Unterbilanz“81, so ist zu 76 So bereits Schön, ZHR 159 (1995), 351 (359 ff.); Freitag, Der Konzern 2011, 330 (334). 77 Meyer, Besicherung, S. 144; Möller, Upstream Kreditsicherheiten, S. 113 ff.; Oetker, KTS 1991, 521 (529 f.); zu diesen Klauseln siehe § 4 B. 78 Zu der (zu verneinenden) Frage, ob die Inanspruchnahme der Sicherheit eine Auszahlung sein kann siehe § 3 B. II. 3. 79 Ähnlich Altmeppen, in: Roth / Altemppen, GmbHG, § 30 Rn. 149. 80 Siehe dazu § 4 B. II. 81 Siehe dazu § 3 A. III. und § 3 B. II. 1. a).
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
konstatieren, dass eine limitation language einen Mittelabfluss nur für den Fall der (drohenden) Unterbilanzherbeiführung verhindern kann. Liegt eine Unterbilanz im Inanspruchnahmezeitpunkt nicht vor bzw. wird eine solche nicht durch die Inanspruchnahme herbeigeführt, hat die Gesellschaft bereits im Bestellungszeitpunkt unumkehrbar einen Mittelabfluss eingeleitet. Dies spricht dafür, auch für den Fall der Vereinbarung einer limitation language auf den Bestellungszeitpunkt abzustellen. Dem ließe sich freilich entgegenhalten, dass für den Fall der (drohenden) Unterbilanzherbeiführung durch die Inanspruchnahme letztere ggf. sogar völlig abgewendet werden kann. Dies kann allerdings nicht dazu führen, dass die Inanspruchnahme der Sicherheit in diesem Fall die Auszahlung darstellt, da es insoweit an einem Handlungselement auf Seiten der Gesellschaft fehlt.82 Wird die Gesellschaft deshalb trotz der limitation language aus der Sicherheit in Anspruch genommen, kann eine Auszahlung allerdings jedenfalls in dem Unterlassen der Geltendmachung der limitation language durch die Gesellschaft gesehen werden.83 (3) Unerheblichkeit späterer Entwicklungen Sofern gegen das hier befürwortete Argument der Unabwendbarkeit vereinzelt geltend gemacht wird, dass nach der Bestellung der Sicherheit eine Erholung der Gesellschaft möglich sei oder die Gesellschafter durch den Nachschuss von Eigenkapital eine Verwertung abwenden könnten,84 geht dies fehl. Beide Faktoren liegen außerhalb der Kontrolle der Gesellschaft. Die vorliegende Frage ist gerade, ob die Gesellschaft selbst die Möglichkeit hat, die Verwertung der Sicherheit abzuwenden. Darüber hinaus müsste diese Argumentation auch auf die Gewährung von Gelddarlehen Anwendung finden, bei denen unstreitig auf den Zeitpunkt der Darlehensauszahlung abzustellen ist.85 Auch im Falle der Darlehensgewährung besteht die Möglichkeit, dass sich die Bonität des Gesellschafters oder die Vermögenssituation der Gesellschaft nach der Darlehensauszahlung unerwartet bessert. Zweifel am Abstellen auf den Zeitpunkt der Darlehensauszahlung ergeben sich hieraus allerdings nicht.86 82 Zu
diesem Erfordernis siehe unter § 3 B. II. 2. a) und 3. hierzu den ähnlich gelagerten Fall der Nichtgeltendmachung des Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs unter § 3 B. II. 4. 84 Dampf, Der Konzern 2007, 157 (166), allerdings zur Rechtslage vor dem MoMiG; Meyer, Besicherung, S. 144. 85 So zu Recht Freitag, Der Konzern 2011, 330 (334). 86 Zur Parallele zwischen Darlehensgewährung und Sicherheitenbestellung siehe unter § 3 B. II. 1. c). 83 Vgl.
B. Relevanter Auszahlungsakt49
Steht damit fest, dass die Gesellschaft nach der Bestellung der aufsteigenden Sicherheit keine Möglichkeit mehr hat, die Inanspruchnahme abzuwenden, so lassen sich möglicherweise aus dem Schutzzweck von § 30 GmbHG Argumente für ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung ableiten. dd) Ableitungen aus dem Schutzzweck von § 30 GmbHG Bei § 30 GmbHG handelt es sich primär um eine Ausschüttungssperre.87 Es soll präventiv bereits der Eintritt einer Unterbilanz verhindert werden. Gesetzessystematisch bestätigt wird dies dadurch, dass § 30 GmbHG ein selbstständiges Auszahlungsverbot darstellt und keine bloße tatbestandliche Voraussetzung von § 31 GmbHG ist.88 Die Geschäftsführung soll durch sie unter Androhung einer persönlichen Haftung (§ 43 Abs. 3 GmbHG) daran gehindert werden, Leistungen an Gesellschafter zu erbringen, durch die das stammkapitaldeckende Vermögen angetastet wird.89 Konsequente Folge dessen ist, dass für die Auszahlung der Zeitpunkt gewählt werden muss, in dem diese Präventionsfunktion (noch) Wirkung entfalten kann.90 Abzustellen ist deshalb auf den Zeitpunkt, in dem die Gesellschaft noch die Möglichkeit hat, den Vermögensverlust abzuwenden. Dies kann im Fall der aufsteigenden Sicherheiten nur der Bestellungszeitpunkt sein. Eine verwertbare Erkenntnis für die Frage des maßgeblichen Auszahlungszeitpunkts lässt sich auch aus einem anderen Zweck der Kapitalbindung gewinnen. Denn auch die Vermeidung der Spekulation zu Lasten der Gläubiger ist ein wichtiger Zweck der Kapitalerhaltungsvorschriften.91 Durch die Einzahlung des Mindestkapitals soll ein stärkeres Interesse der Gesellschafter für ihre Gesellschaft dadurch gefördert werden, dass im Falle des Misserfolgs der Gesellschaft jedenfalls ihre geleisteten Einlagen verloren sind. Die Gesellschafter „erkaufen“ sich so das Privileg der Haftungsbeschränkung gem. § 13 Abs. 2 GmbHG. Tasma weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass bereits mit der Bestellung der Sicherheit eine Verlagerung des Risikos auf die Gläubiger stattfindet.92 Die Gesellschaft – und damit mittelbar die Gläubiger – tragen ab dem Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung das volle Ausfallrisiko des Gesellschafters. Bereits die Bestellung der Sicherheit kann daher ein „Spekulieren auf Kosten 87 Tasma,
Gläubigerschutz, S. 204. Gläubigerschutz, S. 204. 89 Bayer, in: FS Lutter, S. 1011 (1021). 90 Tasma, Gläubigerschutz, S. 204. 91 Spindler, ZHR 171 (2007), 245 (253); siehe dazu bereits § 3 A. I. 92 Tasma, Gläubigerschutz, S. 196 f. 88 Tasma,
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
der Gläubiger“ darstellen, was dafür spricht, diesen Vorgang als Auszahlung gem. § 30 GmbHG zu erfassen. ee) Zwischenergebnis Festzuhalten bleibt, dass der Einwand, die Bestellung einer Sicherheit stelle eine als Auszahlung ungeeignete Vermögensgefährdung dar, weil im Bestellungszeitpunkt noch nicht klar ist, ob die Sicherheit in Anspruch genommen werden muss, kein zwingendes Argument gegen ein Abstellen auf die Sicherheitenbestellung als relevanter Auszahlungsakt i. S. v. § 30 GmbHG ist. Entgegenhalten lässt sich dieser Argumentation, dass die Gesellschaft nur im Bestellungszeitpunkt Einfluss darauf hat, ob es zur Inanspruchnahme der aufsteigenden Sicherheit kommt. Dem Sicherungsnehmer kann sie die Verletzung kapitalerhaltungsrechtlicher Vorschriften nicht wie dem Gesellschafter durch die dolo agit-Einwendung entgegenhalten. Untermauern lässt sich diese Argumentation durch den Schutzzweck von § 30 GmbHG als präventives Auszahlungsverbot sowie den Zweck, „Spekulationen zu Lasten der Gläubiger“ zu verhindern. c) Parallele zum Darlehen an Gesellschafter aa) Einführung Vor allem im jüngeren Schrifttum nach Inkrafttreten des MoMiG wird für ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung die Parallele zum Darlehen an den Gesellschafter gezogen.93 Die Sicherheitenbestellung sei dabei der Auszahlung eines Darlehens an den Gesellschafter vergleichbar. Dass diese eine Auszahlung i. S. v. § 30 GmbHG darstellen kann, ist allgemein anerkannt. Für den Fall der Darlehensgewährung an Gesellschafter ist durch den Reformgesetzgeber in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG klargestellt, dass die Darlehensgewährung keinen Verstoß gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG begründet, wenn der Gesellschaft ein vollwertiger Rückzahlungsanspruch gegen den Gesellschafter im Zeitpunkt der Darlehensauszahlung zusteht. Für den Fall der Sicherheitenbestellung könnte selbiges in Bezug auf den Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter aus dem Sicherheitsvertrag gelten. Anhaltspunkte dafür, dass eine solche Gleichstellung vom Reformgesetzgeber gewollt war, lassen sich der Gesetzesbegründung zum MoMiG nicht 93 Berkefeld, MBO, S. 138 f., 140 ff.; Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 33 ff.; Freitag, Der Konzern 2011, 330 (331 ff.); Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 98; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 99.
B. Relevanter Auszahlungsakt51
entnehmen. Obwohl sich zahlreiche Ausführungen zu aufsteigenden Darlehen finden, erwähnt die Gesetzesbegründung aufsteigende Sicherheiten mit keinem Wort. Die Gesetzesbegründung spricht folglich weder für noch gegen die Anwendung der Regeln über aufsteigende Darlehen auf aufsteigende Sicherheiten. Als Konsequenz ist es Rechtsprechung und Wissenschaft überlassen, diese Parallele herzustellen. Der Wortlaut der neu eingeführten Ausnahme in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG beschränkt sich nicht auf Darlehen und steht einer Anwendung auf aufsteigende Sicherheiten jedenfalls nicht entgegen. Zentrale Begründung der Befürworter einer Parallele zwischen aufsteigender Sicherheit und aufsteigendem Darlehen ist die Überlegung, dass die Bestellung einer Sicherheit die Gewährung eines Haftungskredits darstellt:94 Aus Sicht der Gläubiger mache es keinen Unterschied, ob die Gesellschaft dem Gesellschafter ein Darlehen gewährt oder für ihn eine Sicherheit bestellt. In beiden Fällen trage die Gesellschaft das Risiko der Insolvenz des Gesellschafters ab Darlehensauszahlung bzw. Sicherheitenbestellung.95 Dies lässt sich auf Basis der bisherigen Erkenntnisse dadurch absichern, dass der Gesellschaft keine Einwendung gegen die Inanspruchnahme aus der Sicherheit zusteht, sofern eine solche nicht vereinbart worden ist.96 Ebenso wie bei der Valutierung des Darlehens gibt die Gesellschaft im Moment der Sicherheitenbestellung „den Ball aus der Hand“, verliert also die Einflussmöglichkeit auf die Entwicklung der Sicherheit bzw. des Rückzahlungsanspruchs. bb) Gesetzessystematische Argumente für die Gleichbehandlung Bevor auf Unterschiede zwischen Besicherung und Darlehensgewährung eingegangen wird, sollen anhand einer Untersuchung verschiedener Normen Argumente für die Parallele zwischen Sicherheitenbestellung und Darlehensgewährung herausgearbeitet werden. Zu beginnen ist dabei mit dem durch das MoMiG eingefügten Ausnahmetatbestand in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG. Im Anschluss ist mit § 44a InsO und § 71a AktG auf Normen einzugehen, die eine Parallele zwischen Besicherung und Darlehensgewährung bereits herstellen.
94 Wessels, 95 Diem,
ZIP 2004, 793 (797); grundlegend Mülbert, ZGR 1995, 578 ff. Akquistionsfinanzierungen, § 43 Rn. 35; Verse, in: Scholz, GmbHG,
§ 30 Rn. 99. 96 Siehe oben unter § 3 B. II. 1. b) cc).
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
(1) § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG bestimmt, dass Leistungen der Gesellschaft an den Gesellschafter vom Auszahlungsverbot ausgenommen sind, sofern sie durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt sind. Die Norm ist Ausdruck der vom Gesetzgeber beabsichtigten „Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise“97. Hieraus werden im Schrifttum zum Teil auch Rückschlüsse auf den relevanten Auszahlungszeitpunkt gezogen. Denn als Auszahlungszeitpunkt komme nur ein Zeitpunkt in Betracht, in dem sich die Vermögensminderung bilanziell bemerkbar mache.98 Dies sei bei der Bestellung der Sicherheit jedoch nur dann der Fall, wenn bereits zum Bestellungszeitpunkt eine Rückstellung wegen der drohenden Inanspruchnahme der Sicherheit gebildet werden müsse.99 Deshalb sei, vom Fall der konkret drohenden Inanspruchnahme bereits im Bestellungszeitpunkt abgesehen, zumeist die Verwertung der Sicherheit tauglicher Anknüpfungspunkt für eine Auszahlung, da diese einen tatsächlichen Vermögensverlust und damit einen Abgang des betreffenden Vermögenspostens durch Ausbuchung aus der aufzustellenden Zwischenbilanz zur Folge habe.100 Dem ist nicht zu folgen. Dass eine bilanzielle Auswirkung der Zuwendung für die Frage der Auszahlung irrelevant ist, wurde bereits dargelegt.101 § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG lassen sich daher keine Erkenntnisse gegen eine Parallele zwischen Sicherheitenbestellung und Darlehensauszahlung entnehmen. Betrachtet man die Entstehungsgeschichte von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG und die dahinterstehende gesetzgeberische Intention, so lassen sich, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, vielmehr Erkenntnisse für die Gleichstellung von Darlehensauszahlung und Sicherheitenbestellung gewinnen. Gesetzgeberisches Ziel der Einführung von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG durch das MoMiG war die Abkehr von der sog. Novemberjudikatur des BGH.102 Dieser hatte zuvor die Gewährung eines Darlehens zu Lasten des gebundenen Vermögens unabhängig von der Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs im Grundsatz als Verstoß gegen § 30 GmbHG gewertet.103 Begründet hat das Gericht dies damit, dass durch die Darlehens97 Zu
diesem zweifelhaften Schlagwort siehe bereits oben unter § 3 B. II. 1. a). Besicherung, S. 132 f. 99 Näher § 3 C. I. 100 Meyer, Besicherung, S. 133. 101 Siehe oben unter § 3 B. II. 1. a). 102 RegE MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 41. 103 Näher zum sog. „Novemberurteil“ und der daraus resultierenden Debatte im Schrifttum unter § 3 C. II. 1. 98 Meyer,
B. Relevanter Auszahlungsakt53
gewährung gebundenes Vermögen gegen einen bloßen schuldrechtlichen Anspruch getauscht würde. Der Gesetzgeber weist in der Gesetzesbegründung im Rahmen der Einführung von § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG nunmehr explizit darauf hin, dass die Darlehensgewährung aus gebundenem Vermögen zulässig sein soll, solange der Rückgewähranspruch vollwertig ist.104 Damit wird das die Vollwertigkeit bestimmende Risiko des Zahlungsausfalls als für die Kapitalerhaltung relevant erachtet, nicht hingegen die Weggabe von Barvermögen und der damit verbundene „Tausch“ gegen einen bloßen schuldrechtlichen Anspruch. Dieses Ausfallrisiko ist bei der Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit ebenso wie bei der Darlehensvalutierung gegeben.105 Die Gesellschaft hat nach der Sicherheitenbestellung grundsätzlich keine Möglichkeit mehr, die Inanspruchnahme der einmal wirksam bestellten Sicherheit abzuwenden.106 Ebenso wenig hat die Gesellschaft bei der Darlehensgewährung Einfluss darauf, dass sich die Vermögenssituation des Gesellschafters nach der Darlehensvalutierung verschlechtert und in der Folge das Darlehen nicht zurück gezahlt werden kann. Eine Gleichstellung ist deshalb auch unter dem Gesichtspunkt des vom Gesetzgeber beabsichtigten Gläubigerschutzes konsequent: Entscheidend für den Gläubiger bei der Darlehensvergabe an Gesellschafter ist demnach nicht, dass die Gesellschaft Barmittel herausgibt, sondern dass die Gesellschaft das Insolvenzrisiko des Gesellschafters übernimmt. Dieses Risiko stellt für ihn die maßgebliche Gefahr dar. Auch bei der Sicherheitenbestellung trägt die Gesellschaft das Insolvenzrisiko des Gesellschafters für den Fall dessen wirtschaftlicher Schieflage. In beiden Fällen gefährdet eine unzureichende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gesellschafters die Vermögensinteressen des Gläubigers. Die Einführung von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG spricht folglich für eine Parallele zwischen Darlehensgewährung und Sicherheitenbestellung. (2) § 44a InsO Für die Begründung einer Parallele zwischen Darlehensgewährung und Sicherheitenbestellung wird im Schrifttum ferner § 44a InsO genannt.107 Dabei handelt es sich um eine Norm aus dem insolvenzrechtlichen Eigenkapitalersatzrecht, welche durch das MoMiG eingeführt wurde und § 32a GmbHG a. F. ersetzt. Sie betrifft den Fall, dass ein Gesellschafter eine Darlehensverbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber einem Dritten besi104 RegE
MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 41. ZHR 159 (1995), 351 (360); Freitag, Der Konzern 2011, 330 (331 f.). 106 Siehe dazu § 3 B. II. 1. b) cc). 107 Freitag, Der Konzern 2011, 330 (333). 105 Schön,
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
chert, mithin den umgekehrten Fall einer „absteigenden Sicherheit“. Der Dritte soll solchenfalls nur insoweit Befriedigung aus der Insolvenzmasse der Gesellschaft suchen können, wie er nicht vom Gesellschafter Befriedigung erlangen kann. Die Norm überträgt den Gedanken der Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) auf Sicherheitenbestellungen.108 Sie soll verhindern, dass der Gesellschafter die insolvenzrechtlichen Regelungen für Gesellschafterdarlehen dadurch umgeht, dass er die Aufnahme eines Drittdarlehens durch Stellung einer Sicherheit ermöglicht anstatt der Gesellschaft selbst ein Darlehen zu gewähren.109 Obwohl die Regelung den umgekehrten Fall erfasst (die Sicherheit wird zugunsten der Gesellschaft durch den Gesellschafter bestellt und nicht umgekehrt), kann ihr die Wertung entnommen werden, dass der Gesetzgeber Sicherheitenbestellung und Darlehensgewährung als wirtschaftlich gleichwertig ansieht.110 Die Norm spricht deshalb für eine Parallele zwischen aufsteigenden Darlehen und aufsteigenden Sicherheiten. (3) § 71a AktG In der Literatur wird eine systematische Vergleichbarkeit von Darlehen an Gesellschafter und der Bestellung aufsteigender Sicherheiten zudem auch aus § 71a AktG hergeleitet.111 Die Norm soll unter anderem durch ein Verbot von Umgehungsgeschäften das Verbot des Erwerbs eigener Aktien aus § 71 AktG absichern.112 Sie erklärt aus diesem Grund Darlehensverträge und Sicherheitenbestellungen gegenüber Dritten für nichtig, die dem Zweck dienen, den Erwerb eigener Aktien zu ermöglichen. Der Grund für die Gleichstellung beider Sachverhalte ist dabei die Übernahme des Insolvenzrisikos der Transaktion durch die Gesellschaft.113 Diese wird bei der Sicherheitenbestellung als gleichermaßen gläubigergefährdend eingestuft wie bei der Hergabe eines Darlehens durch die Gesellschaft. Auch § 71a AktG bietet deshalb einen Anhaltspunkt für eine systematische Gleichstellung von Sicherheitenbestellung und Darlehensgewährung.
108 Gehrlein,
BB 2008, 847 (852). in: MüKo, InsO, § 44a Rn. 1. 110 Freitag, Der Konzern 2011, 330 (333). 111 Freitag, Der Konzern 2011, 330 (333). 112 Näher zum Zweck dieser Norm unter § 4 A. IV. 2. 113 Fridrich, Fremdfinanzierte Übernahme, S. 223 f.; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt / Lutter, AktG, § 71a Rn. 9. 109 Bitter,
B. Relevanter Auszahlungsakt55
(4) Zwischenergebnis Es bleibt festzuhalten, dass sich aus § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG, § 44a InsO und § 71a AktG gesetzessystematische Parallelen zwischen Sicherheitenbestellung und Darlehensauszahlung herleiten lassen, die für eine kapitalerhaltungsrechtliche Gleichbehandlung beider Fälle sprechen. Es zeigt sich, dass eine Gleichbehandlung vor allem deshalb geboten ist, weil die Gesellschaft sowohl mit der Darlehensvalutierung als auch mit der Sicherheitenbestellung das Risiko der Insolvenz des Gesellschafters übernimmt. cc) Unterschiedliche Zwecksetzung? Bedenken gegen eine Wertungsparallele werden im Schrifttum dagegen aus Unterschieden zwischen Darlehensgewährung und Sicherheitenbestellung hergeleitet.114 Im Folgenden werden daher relevante Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausgearbeitet, um hieraus Schlüsse für eine Ungleichbzw. Gleichbehandlung beider Sachverhalte zu ziehen. Gegen eine Wertungsparallele wird zunächst angeführt, dass Darlehensgewährung und Sicherheitenbestellung sich hinsichtlich ihrer Zwecksetzung unterscheiden. Während der Zweck einer Darlehensgewährung in der Zurverfügungstellung von Kapital bestehe, werde eine Sicherheit immer nur für den Fall einer wesentlichen Bonitätsverschlechterung des Gesellschafters bestellt.115 Hieraus sei zu schließen, dass die Sicherheit nur im Fall ihrer Inanspruchnahme ihren Zweck erfülle und konsequenterweise auch auf diesen Zeitpunkt als maßgeblichen Auszahlungszeitpunkt gem. § 30 GmbHG abgestellt werden müsse.116 Die Prämisse dieser Schlussfolgerung trägt jedoch nicht. Eine Sicherheit wird nicht nur für den Fall einer späteren Inanspruchnahme bestellt. Zweck der Sicherheitenbestellung ist nämlich auch, einen Kreditvertrag zwischen Gesellschafter und Drittem überhaupt erst oder zu besseren Konditionen zu ermöglichen. Somit dient die Sicherheitenbestellung dem gleichen Zweck wie die Darlehensgewährung: Sie ermöglicht dem Gesellschafter die Nutzung von Kapital. Es kann dabei keinen Unterschied machen, ob das Kapital direkt von der Gesellschaft zur Verfügung gestellt wird oder von einem Dritten bei Besicherung durch die Gesellschaft. Die Zwecksetzung spricht folglich nicht gegen, sondern für eine Gleichbehandlung von Sicherheitenbestellung und Darlehensgewährung. 114 Dampf, Der Konzern 2007, 157 (164); Winkler / Becker, ZIP 2009, 2361 (2364 f.). 115 Winkler / Becker, ZIP 2009, 2361 (2363, 2365). 116 Winkler / Becker, ZIP 2009, 2361 (2363, 2365).
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
dd) Kündigungsrecht und Freistellungsanspruch Ein weiterer Unterschied, der eine Parallele von Darlehen und Besicherung verbiete, wird im gesetzlichen Kündigungsrecht bei aufsteigenden Darlehen gesehen.117 Bei aufsteigenden Darlehen steht der darlehensgebenden Gesellschaft gem. § 490 Abs. 1 BGB ein gesetzliches Kündigungsrecht für den Fall der wesentlichen Verschlechterung der Vermögenslage des darlehensnehmenden Gesellschafters zu. Damit korrespondiert die Pflicht des GmbH-Geschäftsführers, das Darlehen nach Ausreichung zu kündigen, sobald die Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs gefährdet ist.118 Für aufsteigende Sicherheiten steht der Gesellschaft für den Fall der wesentlichen Verschlechterung der Vermögenslage des Gesellschafters gegen diesen ein Freistellungsanspruch (analog) § 775 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu.119 Es wird im Schrifttum vereinzelt bestritten, dass dieser Freistellungsanspruch ein taugliches Äquivalent zum Kündigungsrecht beim Darlehen darstellt. Begründet wird dies damit, dass der Gesellschafter den Anspruch auf Freistellung nicht selbst erfüllen könne, sondern eine Mitwirkungshandlung des sicherungsnehmenden Dritten in Gestalt eines Verzichts auf die Inanspruchnahme erforderlich sei.120 Dieser Ansicht ist jedoch nicht zu folgen. Sie verkennt den Inhalt des Freistellungsanspruchs. Dem Schuldner steht im Rahmen der Erfüllung des Freistellungsanspruchs nämlich frei, wie er den Schuldner befriedigt. Er kann entweder den Gläubiger zum Verzicht auf die Sicherheit bewegen oder die besicherte Forderung selbst tilgen.121 Letzteres ist für den Vergleich zum Darlehen entscheidend. Es kann keinen Unterschied machen, ob der Gesellschafter den Darlehensrückzahlungsanspruch der Gesellschaft oder des Dritten erfüllt. In beiden Fällen droht der Gesellschaft im Falle der Nichtleistung ein Vermögensverlust. Der auf die Zahlung an den Dritten gerichtete Freistellungsanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter ist dabei regelmäßig nicht durchsetzbar. Schließlich hat die verschlechterte Vermögenssituation des Gesellschafters den Anspruch aus der Sicherheit erst ausgelöst. Dies spricht jedoch nicht gegen die Parallele zum aufsteigenden Darlehen.122 Der durch das Kündigungs117 Winkler / Becker, ZIP 2009, 2361 (2365); ähnlich auch Kollmorgen / Santelmann / Weiß, BB 2009, 1818 (1819); Sutter / Masseli, WM 2010, 1064 (1065). 118 BGHZ 179, 71 (72) („MPS“); näher zu den Überwachungspflichten des Geschäftsführers unter § 6 A. I. 2. c). 119 Näher zum Freistellungsanspruch unter § 5 D. 120 Winkler / Becker, ZIP 2009, 2361 (2365); ähnlich Grigoleit / Rieder, MoMiG, Rn. 217. 121 Habersack, in: MüKo, BGB, § 775 Rn. 11. 122 So jedoch Grigoleit / Rieder, MoMiG, Rn. 217.
B. Relevanter Auszahlungsakt57
recht aus § 490 Abs. 1 BGB entstandene Rückzahlungsanspruch beim Darlehen wird ebenfalls in den allermeisten Fällen aufgrund der wirtschaftlichen Schieflage des Gesellschafters nicht durchsetzbar sein.123 Denn auch hier war der Auslöser des Kündigungsrechts die prekäre Vermögenssituation des Gesellschafters. Im Ergebnis gibt es daher keine relevanten Unterschiede zwischen Kündigungsrecht und Freistellungsanspruch, sodass an der Parallele zwischen Darlehensgewährung und Sicherheitenbestellung festgehalten werden kann. ee) Verbleibende Haftungsmasse Neben dem Hinweis auf die Unterschiede zwischen Kündigungsrecht und Freistellungsanspruch wird von anderen gegen eine Wertungsparallele zwischen Darlehensgewährung und Sicherheitenbestellung angeführt, dass im Falle der Sicherheitenbestellung der Gesellschaft keine Haftungsmasse für den Fall der Verschlechterung der Vermögenssituation des Gesellschafters zur Verfügung stünde:124 Während bei aufsteigenden Darlehen bei der Muttergesellschaft wenigstens der Darlehensbetrag potentiell als Haftungsmasse verbleibe, bestehe eine durch die Sicherheitengewährung finanzierte Haftungsmasse typischerweise nicht. Das aufgrund der Sicherheitenbestellung vom Dritten erhaltene Darlehen könne in diesem Zusammenhang nicht gelten, da dieses jedenfalls bei LBO-Transaktionen sofort für den Erwerb der Anteile verbraucht werde. Dieses Argument vermag nicht zu überzeugen. Erneut gilt es, sich den Parallelfall der Darlehensgewährung vor Augen zu führen. Gewährt die Gesellschaft ein aufsteigendes Darlehen und verwendet der Gesellschafter die erhaltenen Mittel für den Erwerb der Anteile an der darlehensgebenden Gesellschaft, so steht der Darlehensbetrag ebenfalls nicht mehr als Haftungsmasse zur Verfügung. In beiden Fällen erwirbt der Gesellschafter mit den erhaltenen Mitteln Gesellschaftsanteile an der Zielgesellschaft, die als Substitut für das Darlehen in seinem Vermögen vorhanden sind. Ob dies zu einer für die Gesellschaft aus kapitalerhaltungsrechtlicher Sicht prekären Situation führt, ist aber keine Frage des Auszahlungszeitpunkts, sondern eine Frage der Vollwertigkeit des Rückzahlungs- bzw. Rückgriffsanspruchs.125
123 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 98; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 103. 124 Sutter / Masseli, WM 2010, 1064 (1065 f.). 125 Zur Vollwertigkeit bei LBO-Situationen siehe deshalb § 3 C. II. 3. e).
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
d) Sicherheitenbestellung als „bilanzrechtliches U-Boot“ Ein weiterer Einwand gegen ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung wird in der Überlegung gesehen, dass die Sicherheitenbestellung sich wie ein „bilanzrechtliches U-Boot“ verhalte.126 Dem liegt folgende Überlegung zugrunde: Im Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit wird es regelmäßig an einer bilanziellen Auswirkung der Sicherheitenbestellung fehlen, sodass keine Unterbilanz durch die Bestellung der Sicherheit entsteht. Nur im Fall der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der Sicherheit ist eine Rückstellung gem. § 249 HGB zu bilden. Andernfalls ist die Sicherheit lediglich gem. § 251 HGB unter der Bilanz zu vermerken. Auch der Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter wird im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung in vielen Fällen vollwertig sein. Die Bestellung der Sicherheit wird also nur in seltenen Fällen einen Verstoß gegen kapitalerhaltungsrechtliche Verbotsvorschriften zur Folge haben. Setzt man voraus, dass die (wahrscheinliche) Inanspruchnahme der Sicherheit keinen tauglichen Auszahlungsakt darstellt,127 so können aufsteigende Sicherheiten später ohne kapitalerhaltungsrechtliche Bedenken verwertet werden, solange nur im Bestellungszeitpunkt keine Verletzung von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG vorlag.128 Diese Argumentation hat unter Berücksichtigung des Gläubigerschutzes durchaus rechtspolitische Schlagkraft, da quasi „an § 30 GmbHG vorbei“ vollendete Tatsachen geschaffen werden.129 Allerdings unterscheidet sich die Situation nicht von derjenigen bei aufsteigenden Darlehen.130 Für diese hat der Gesetzgeber mit dem MoMiG in § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG ausdrücklich klargestellt, dass – solange im Zeitpunkt der Auszahlung der Darlehensvaluta ein vollwertiger Rückzahlungsanspruch besteht – keine verbotswidrige Auszahlung vorliegt. Eine spätere Verschlechterung der Solvenz des Gesellschafters verbunden mit einer bilanziellen Abwertung des Rückzahlungsanspruchs stellt insoweit trotz der nun nicht mehr gegebenen Vollwertigkeit keinen erneuten Auszahlungsakt dar.131 Insofern verhält sich 126 Vgl. Peltzer / Bell, ZIP 1993, 1757 (1760 f.); Meister, WM 1980, 390 (394) möch te der Gesellschaft aus diesem Grund ein Leistungsverweigerungsrecht im Verwertungsfall zuerkennen; ebenso Undritz / Degenhardt, NZI 2015, 348 (349); dieser Bergiff wurde maßgeblich von Schön, ZHR 159 (1995), 351 (358) geprägt. 127 Dazu unter § 3 B. II. 2. bzw. 3. 128 So auch Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 33. 129 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 98 spricht deshalb von einer „rechtspolitisch angreifbaren“ Konsequenz; zur Reformdebatte siehe § 8. 130 Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 34; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 98. 131 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 41; wohl aber kann die unzureichende Beobachtung der Vermögenssituation des Gesellschafters durch die Geschäftsführung haftungsrechtliche Konsequenzen haben, siehe dazu § 6 A. I. 2. c).
B. Relevanter Auszahlungsakt59
auch das Darlehen an einen Gesellschafter wie ein „bilanzrechtliches UBoot“. Es würde daher der gesetzgeberischen Wertung widersprechen, trotz der zahlreichen Parallelen zwischen Sicherheitenbestellung und Darlehensvalutierung für erstere anders zu entscheiden. e) Zwischenergebnis zur Sicherheitenbestellung als Auszahlung Als Zwischenergebnis der Untersuchung ist festzuhalten, dass die Bestellung der Sicherheit einen tauglichen Anknüpfungspunkt für eine Auszahlung i. S. v. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG darstellt. Die Tatsache, dass sich die Sicherheitenbestellung möglicherweise bilanziell nicht auswirkt, schließt dieses Ergebnis nicht aus. Die Bestellung der Sicherheit ist der für den Vermögensabfluss entscheidende Zeitpunkt, weshalb der Tatsache, dass die Inanspruchnahme im Bestellungszeitpunkt noch nicht feststeht, keine argumentative Schlagkraft zukommt. Denn der Gesellschaft steht gegenüber dem Sicherungsnehmer keine Einwendung gegen die Inanspruchnahme wegen der Verletzung kapitalerhaltungsrechtlicher Vorschriften zu. Letztlich entspricht die Sicherheitenbestellung der Gewährung eines Haftungskredites an den Gesellschafter. Aus diesem Grund ist sie strukturell mit der Valutierung eines Darlehens an den Gesellschafter vergleichbar. f) Übertragung auf Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung In der Praxis ist der erste Schritt einer aufsteigenden Besicherung zumeist die Bestellung der Sicherheit. Dennoch kommt es vor, dass sich die Gesellschaft schuldrechtlich zur Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit verpflichtet. Dies ist aufgrund des Erfordernisses eines separaten Verfügungsgeschäftes vor allem bei Realsicherheiten der Fall. Im Folgenden soll überprüft werden, ob die zur Bestellung der Sicherheit gefundenen Ergebnisse auf die Verpflichtung zur Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit übertragen werden können. aa) Besonderheit der 3-Personen-Konstellation Schuldrechtliche Verpflichtungen zu einer Leistung gegenüber dem Gesellschafter stellen keine Auszahlungen im Sinne von § 30 GmbHG dar.132 Ausschlaggebend ist dafür, dass der Gesellschaft bis zur Erfüllung der Verpflichtung eine Einwendung zusteht, solange eine Unterbilanz besteht 132 H. M., siehe Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 131; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 52; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 21; a. A. Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 30 Rn. 8.
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oder durch die Erfüllung herbeigeführt würde.133 Dementsprechend kann auch die Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter, eine Sicherheit zu bestellen, noch keine Auszahlung darstellen. Anders stellt sich die Situation freilich dar, wenn sich die Gesellschaft gegenüber einem Dritten zur Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit verpflichtet. Im Gegensatz zur Situation der Verpflichtung gegenüber dem Gesellschafter kann die Gesellschaft dem Dritten nicht die Einwendung entgegenhalten, dass durch die Erfüllung der Verbindlichkeit § 30 GmbHG verletzt werde.134 Hierin liegt auch ein Unterschied zum aufsteigenden Darlehen, welches sich definitionsgemäß nur im Verhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft abspielt. Die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung scheidet folglich nicht bereits deshalb als Auszahlung aus, weil durch die Sicherheitenbestellung eine verbotswidrige Auszahlung droht. Anders ist dies beim Abschluss eines Darlehensvertrages im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Der Abschluss eines aufsteigenden Darlehensvertrages ist deshalb der Verpflichtung zur Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit gegenüber dem Gesellschafter nicht vergleichbar.135 bb) Unumkehrbarer Vermögensverlust durch Verpflichtung Eine strukturelle Vergleichbarkeit der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung könnte sich aber – ebenso wie bei der Sicherheitenbestellung136 – mit der Darlehensvalutierung ergeben. Ausgangspunkt soll erneut die Wertungsparallele zwischen Darlehensvalutierung und Sicherheitenbestellung sein. Zentral für diese ist die Übernahme des Insolvenzrisikos durch die Gesellschaft im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung bzw. Darlehensvalutierung, da die Gesellschaft ab diesem Zeitpunkt den Vermögensabfluss nicht mehr einseitig verhindern kann. Deshalb ist auch im vorliegenden Kontext zu prüfen, ob die Gesellschaft schon durch die Eingehung der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung gegenüber dem Gesellschaftergläubiger unumkehrbar einen Vermögensverlust eingeleitet hat. Eine Abwendungsmöglichkeit für einen endgültigen Vermögensverlust ergibt sich nicht aus § 321 Abs. 1 BGB für den Fall, dass sich die Vermögenssituation des Gesellschafters nach Eingehung der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung verschlechtert. Die Norm berechtigt nur zur Leistungsverweigerung im Rahmen einer synallagmatischen Leistungsbeziehung. 133 Siehe
dazu bereits § 3 B. II. 1. b) cc) (1). Cash-Pooling, S. 457 f.; Tasma, Gläubigerschutz, S. 204 f. 135 Wie hier: Tasma, Gläubigerschutz, S. 205. 136 Siehe § 3 B. 1. c). 134 Gärtner,
B. Relevanter Auszahlungsakt61
Die Sicherheitenbestellung erfolgt gegenüber dem Gläubiger des Gesellschafters jedoch in der Regel unentgeltlich und steht deshalb nicht in einem Synallagma zu einer Leistung des Gläubigers. Auch insofern gelten deshalb die Besonderheiten des 3-Personen-Verhältnisses. Fraglich ist jedoch, ob sich die Gesellschaft aufgrund einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögenslage des Gesellschafters nach Eingehung der Verpflichtung von dieser lösen kann. Ein Lösungsrecht könnte sich aus dem Rechtsgedanken des § 490 Abs. 1 BGB ergeben. Die Norm gewährt dem Darlehensgeber ein Kündigungsrecht wegen Vermögensverschlechterung vor der Darlehensvalutierung „im Zweifel stets“ und nach der Darlehensvalutierung „in der Regel“. Grund für die Kündigungsmöglichkeit vor Darlehensvalutierung ist, dass dem Darlehensgeber nicht zugemutet werden kann „sehenden Auges“ einen Vertrag zu erfüllen, von dem er sich wegen der Bonität des Gegenübers lösen kann.137 Dieser Gedanke lässt sich allerdings nicht auf die Verpflichtung zur Bestellung einer Sicherheit gegenüber einem Dritten übertragen. Die Sicherheit soll aus Sicht des Dritten schließlich gerade deshalb bestellt werden, um das Insolvenzrisiko des Schuldners abzudecken. Ein Lösungsrecht der Gesellschaft in dieser Konstellation liefe deshalb dem Vereinbarungszweck zuwieder. Erneut greift insoweit die Besonderheit des 3-Personen-Verhältnisses. Eine Abwendungsmöglichkeit ergibt sich folglich auch nicht aus dem Rechtsgedanken des § 490 Abs. 1 BGB. Die Problematik bei der Verpflichtung zur Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit ist deshalb strukturell der Darlehensauszahlung vergleichbar und stellt sich aus diesem Grund genauso dar wie im Falle der Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit. Hat sich die Gesellschaft vor der Bestellung der Sicherheit schuldrechtlich gegenüber dem Gesellschaftergläubiger zur Sicherheitenbestellung verpflichtet, ist bereits diese Verpflichtung die für § 30 GmbHG relevante Auszahlung.138 Das Gleiche muss gelten, wenn sich die Gesellschaft zwar gegenüber dem Gesellschafter zur Sicherheitenbestellung verpflichtet, dem Dritten aber ein eigener Anspruch auf die Sicherheiten bestellung eingeräumt wird („echter“ Vertrag zugunsten Dritter, §§ 328 ff. BGB). 2. Zeitpunkt der wahrscheinlichen Inanspruchnahme Mit der Feststellung, dass die Bestellung der Sicherheit (bzw. die Verpflichtung hierzu gegenüber einem Dritten) tauglicher Anknüpfungspunkt für eine Auszahlung ist, steht allerdings noch nicht fest, dass die weiteren 137 Berger,
in: MüKo, BGB, § 490 Rn. 15. Cash-Pooling, S. 457; Tasma, Gläubigerschutz, S. 204 f.
138 Gärtner,
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
diskutierten Zeitpunkte und Vorgänge nicht ebenfalls als Auszahlungen in Betracht kommen, weshalb dies im Folgenden untersucht werden soll. Begonnen werden soll dabei mit der Frage, ob der Zeitpunkt der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der Sicherheit einen tauglichen Anknüpfungspunkt für eine Auszahlung i. S. v. § 30 GmbHG darstellt. Genauer gesagt ist damit der Zeitpunkt gemeint, in dem wegen einer drohenden Inanspruchnahme der Sicherheit eine Rückstellung gem. § 249 Abs. 1 HGB gebildet werden muss. Eine nicht unbeachtliche Auffassung im Schrifttum bejaht dies.139 a) Notwendigkeit eines Auszahlungsaktes der Gesellschaft Ein Argument, welches gegen das Abstellen auf den Zeitpunkt der wahrscheinlichen Inanspruchnahme vorgebracht wird, ist das Fehlen eines Auszahlungsaktes auf Seiten der Gesellschaft.140 Dem liegt die Prämisse zugrunde, dass für eine Auszahlung überhaupt ein der Gesellschaft zurechenbarer Akt erforderlich ist. Dies wird von einer Mindermeinung im Schrifttum mit der Begründung bestritten, dass ansonsten der Gesellschafter privilegiert würde, wenn er etwa die Gesellschaft bestiehlt:141 Die deliktischen Ansprüche gegen den Gesellschafter unterlägen nämlich der Regelverjährung nach §§ 195, 199 BGB und könnten daher schon vor dem Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG verjähren, für den gem. § 31 Abs. 5 GmbHG eine zehnjährige Verjährungsfrist ab dem Auszahlungszeitpunkt gilt. Dem ist jedoch mit der h. M. entgegenzutreten, die eine Veranlassung der Gesellschaft durch einen Auszahlungsakt verlangt.142 Bereits der Wortlaut („darf […] nicht ausgezahlt werden“) spricht für ein Handlungselement auf Seiten der Gesellschaft.143 Entscheidend ist darüber hinaus, dass ohne eine Handlung seitens der Gesellschaft kein Bezug zur causa societatis gegeben ist.144 Ohne Handlung der Gesellschaft erfolgt der Vermögenszuwachs gerade nicht aufgrund einer gesellschaftsrechtlichen Beziehung, sondern unabhängig von dieser. § 30 GmbHG knüpft jedoch genau an die besondere Beziehung 139 Eusani, GmbHR 2009, 795 (799); Heidinger, in: Michalski, GmbHG, § 30 Rn. 95, 207; vor dem MoMiG: Dampf, Der Konzern 2007, 157 (159 ff.). 140 Freitag, Der Konzern 2011, 330 (332). 141 Fastrich, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 64. 142 Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 142; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 56; Heidinger, in: Michalski, GmbHG, Rn. 63; Meyer, Besicherung, S. 123; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 24. 143 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 56; Meyer, Besicherung, S. 123; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 24. 144 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 24.
B. Relevanter Auszahlungsakt63
zwischen Gesellschaft und Gesellschafter an. Sehr fragwürdig ist zudem die Anwendung von § 31 Abs. 3 GmbHG, die Konsequenz der Mindermeinung wäre. Die Mithaftung der übrigen Gesellschafter aufgrund dieser Norm erscheint ohne Auszahlungsakt der Gesellschaft unbillig, da für die übrigen Gesellschafter kein Bezug zu ihrer Mitgliedschaft besteht.145 Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass ein Auszahlungsakt seitens der Gesellschaft erforderlich ist. b) Fehlen eines Auszahlungsaktes im Zeitpunkt der wahrscheinlichen Inanspruchnahme Ist somit die Erforderlichkeit eines Auszahlungsaktes seitens der Gesellschaft festgestellt, so ist fraglich, worin ein solcher bei Abstellen auf den Zeitpunkt der wahrscheinlichen Inanspruchnahme zu sehen sein könnte. Die Verschlechterung der Solvenz des Gesellschafters ist nicht mit einem zusätzlichen Akt der Vermögensübertragung verbunden und muss daher ausscheiden. Sie ist vielmehr ein außerhalb der Einflusssphäre der Gesellschaft liegender Prozess. Auch ist es verfehlt, das Aufnehmen einer Rückstellung für eine zukünftige Inanspruchnahme der Sicherheit in die Bilanz als tauglichen Anknüpfungspunkt für einen Auszahlungsakt der Gesellschaft heranzuziehen, da es offensichtlich an einer Vermögensminderung durch diese Handlung fehlt.146 Die Bilanz bildet lediglich einen bereits eingetretenen Vermögensverlust ab. Festzuhalten ist deshalb, dass für ein Abstellen auf den Zeitpunkt der wahrscheinlichen Inanspruchnahme kein Auszahlungsakt der Gesellschaft vorliegt.147 c) Zeitliches Auseinanderfallen von Auszahlungsakt und bilanzieller Auswirkung? Wohl aufgrund der Erkenntnis, dass es an einem Auszahlungsakt im Zeitpunkt der wahrscheinlichen Inanspruchnahme fehlt, findet sich im Schrifttum gelegentlich der Hinweis, bei der Gewährung aufsteigender Sicherheiten sei der Zeitpunkt für die Bewertung der Vollwertigkeit des Freistellungsbzw. Rückgriffsanspruchs der Gesellschaft umstritten.148 Dies wirft die 145 Verse,
in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 24. in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 243 (für den Parallelfall der Abwertung des Darlehensanspruchs); Meyer, Besicherung, S. 126; Mülbert, ZGR 1995, 578 (594); a. A. Möller, Upstream Kreditsicherheiten, S. 112 f. 147 Ebenso Freitag, Der Konzern 2011, 330 (332); J. Vetter, in: Goette / Habersack, MoMiG, Rn. 4.87. 148 So etwa Kollmorgen / Santelmann / Weiß, BB 2009, 1818 (1818). 146 Ekkenga,
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
Frage auf, ob nicht die Problematik um das Fehlen eines Auszahlungsakts dadurch umgangen werden könnte, dass Auszahlungsakt und Vollwertigkeitsprüfung zeitlich auseinander fallen. Für die Frage des Auszahlungsaktes könnte etwa an die Bestellung der Sicherheit angeknüpft werden, für die Frage der Vollwertigkeit des Freistellungsanspruchs hingegen auf den späteren Zeitpunkt der (wahrscheinlichen) Inanspruchnahme. Letztlich muss dies jedoch aufgrund der Wertungsparallele zum aufsteigenden Darlehen verneint werden. Für Darlehen besteht weitgehend Einigkeit dahingehend, dass für die Bewertung der Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruches ausschließlich auf den Zeitpunkt der Ausreichung des Darlehens abzustellen ist.149 Der Grund ist, dass die Gesellschaft bis zu diesem Zeitpunkt dem Gesellschafter noch die dolo-agit-Einwendung entgegenhalten kann, sofern durch die Ausreichung der Darlehensvaluta eine Unterbilanz herbeigeführt würde. Es liegt fern und wird dementsprechend auch nicht diskutiert, im Fall der Darlehensgewährung für die Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs auf einen späteren Zeitpunkt abzustellen, indem sich die Solvenz des Gesellschafters verschlechtert. Der Darlehensauszahlung steht die Bestellung der Sicherheit gleich. In diesem Zeitpunkt übernimmt die Gesellschaft das Insolvenzrisiko des Gesellschafters in Höhe der Sicherheit. Gleichzeitig steht ihr gegenüber dem Gläubiger des Gesellschafters als Drittem nicht die dolo-agit-Einwendung zu, sodass ab dem Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung keine Abwendungsmöglichkeit mehr besteht. Dementsprechend kann für den Zeitpunkt der Beurteilung der Vollwertigkeit nur der Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung in Betracht kommen. Ein zeitliches Auseinanderfallen von Auszahlungsakt und Beurteilungszeitpunkt für die Vollwertigkeit ist daher abzulehnen. 3. Inanspruchnahme der Sicherheit Vom OLG München150 sowie von einer nicht unerheblichen Auffassung im Schrifttum151 wird der für § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG relevante Zeitpunkt in der Inanspruchnahme der Sicherheit gesehen. Auf den ersten Blick drängt sich dieser Zeitpunkt auf, da sich erst in diesem Moment das von der Gesellschaft übernommene Haftungsrisiko realisiert und es unzweifelhaft zu einem Abfluss von Mitteln der Gesellschaft kommt. Allerdings bestehen Einwände gegen ein Abstellen auf diesen Zeitpunkt. 149 Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 241; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 88; a. A. Rothley / Weinberger, NZG 2010, 1001 (1003). 150 OLG München, GmbHR 1998 (986). 151 Früh, GmbHR 2000, 105 (108); Meyer, Besicherung, S. 154; Tillmann, NZG 2008, 401 (404); J. Vetter, in: Goette / Habersack, MoMiG, Rn. 4.79 ff.
B. Relevanter Auszahlungsakt65
a) Auszahlungsbegriff nach Meyer Diskussionsbedarf besteht für die Inanspruchnahme der Sicherheit zunächst hinsichtlich des Fehlens eines Hingabeakts seitens der Gesellschaft. Hier vertritt namentlich Meyer, dass es im Fall der Inanspruchnahme der Sicherheit (anders als im Zeitpunkt der wahrscheinlichen Inanspruchnahme) nicht an einem solchen fehle, da der Auszahlungsvorgang in der Nichtabwendung der Inanspruchnahme der Sicherheit bzw. in der Leistung auf die Sicherheit zu erblicken sei.152 Zu differenzieren sei in der Begründung zwischen Personal- und Realsicherheiten: Bei Personalsicherheiten leiste die Gesellschaft aufgrund einer bestehenden schuldrechtlichen Verpflichtung in Form der Barzahlung durch die Übertragung von Eigentum an Geld oder durch den Abschluss eines Überweisungsvertrags.153 Beides sei mit einer Willenserklärung der Gesellschaft verbunden, welche einen tauglichen Anknüpfungspunkt für einen Auszahlungsakt darstelle.154 Leistet die Gesellschaft nicht freiwillig, sondern wird sie im Wege der Zwangsvollstreckung in Anspruch genommen, fehle es zwar an einem Auszahlungsakt der Gesellschaft, die Vorschriften des Zwangsvollstreckungsrechts seien jedoch als Surrogat für die Erfüllung auch für § 30 GmbHG ausreichend.155 Im Fall von Realsicherheiten erfolge dagegen grundsätzlich kein Akt von Seiten des Sicherungsgebers, sondern ein von den Handlungen der Gesellschaft unabhängiger staatlicher Verwertungsakt.156 Hier sei aber das Handlungselement bei der Gesellschaft in einem Unterlassen zu sehen, nämlich in der Nichtabwendung der Verwertung durch Zahlen auf die Schuld des Gesellschafters oder die Sicherheit selbst.157 Die von Meyer aufgezeigte Begründung für einen Auszahlungsakt seitens der Gesellschaft im Falle der Inanspruchnahme aus einer Sicherheit begegnet jedoch schwerwiegenden Gegenargumenten: Am wenigsten überzeugend ist die Annahme eines Auszahlungsaktes im Falle von Realsicherheiten. Meyer setzt hier voraus, dass die Zahlung auf 152 Meyer, Besicherung, S. 126 ff.; ähnlich aber auch schon Meister, WM 1980, 390 (394), der in der Aufrechterhaltung der Sicherheit eine Auszahlung erblicken will. 153 Meyer, Besicherung, S. 127. 154 Meyer, Besicherung, S. 127. 155 Meyer, Besicherung, S. 127 f. 156 Meyer, Besicherung, S. 128 f.; für die Grundschuld, dem praktisch relevantesten Verwertungsrecht, ist dies beispielsweise die Zwangsversteigerung nach §§ 1147, 1192 BGB, §§ 866 Abs. 1, 869 ZPO i. V. m. dem ZVG. 157 Meyer, Besicherung, S. 129 f.
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
die Schuld des Gesellschafters zur Abwendung der Sicherheitenverwertung eine reale Handlungsalternative der Gesellschaft darstellt.158 In vielen Fällen wird die Besicherung allerdings so umfangreich sein, dass der Gesellschaft nicht ausreichend liquide Mittel zur Verfügung stehen, um die Verwertung abzuwenden. Damit würde letztlich die Verletzung des Auszahlungsverbotes von der Liquiditätssituation der Gesellschaft abhängig gemacht.159 Ist eine Auszahlung durch die Gesellschaft aber nur dann möglich, wenn ausreichend Liquidität für eine Verhinderung der Inanspruchnahme aus der Sicherheit zur Verfügung steht, wird § 30 GmbHG zweckwidrig in eine Liquiditätsschutzvorschrift umgedeutet. Letztlich lassen sich diese Überlegungen auch auf Personalsicherheiten übertragen. Wehrt die Gesellschaft eine Zwangsvollstreckung ab, indem sie freiwillig aufgrund der Verpflichtung aus der Personalsicherheit durch Barzahlung oder Überweisung zahlt, liegt zwar formal ein willensgetragener Auszahlungsakt vor. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Gesellschaft auch keine andere Wahl hat, als der Verpflichtung nachzukommen. Nach richtiger Ansicht steht ihr schließlich gegenüber dem Gläubiger des Gesellschafters als gesellschaftsfremdem Dritten keine dolo-agit-Einwendung wegen der durch die Zahlung drohenden Unterbilanzentstehung zu.160 Es gilt daher auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die Gesellschaft tatsächlich noch die Möglichkeit hat, der Inanspruchnahme aus der Sicherheit zu entgehen. Dies ist derjenige der Bestellung der Sicherheit. Kommt es zu einer Zwangsvollstreckung, kann die Situation nicht anders liegen. Im Gegenteil fehlt es hier sogar selbst an einem formalen Auszahlungsakt. Dass bestimmte prozessrechtliche Vorschriften wie etwa § 815 Abs. 3 ZPO die Zwangsvollstreckung einer Leistung des Schuldners gleichstellen,161 vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Denn derartige Vorschriften sind vor dem Hintergrund des Zwangsvollstreckungsverfahrens zu sehen. So dient § 815 Abs. 3 ZPO dem Zweck, die schuldrechtlichen Gefahrtragungsregeln eingreifen zu lassen, um den Schuldner vor Risiken des Verfahrensablaufs zu schützen, auf die er keinen Einfluss hat.162 Für die Auslegung des kapitalerhaltungsrechtlichen Auszahlungsbegriffes gibt die Vorschrift wenig her. Geht man zudem von der bereits erarbeiteten – und von Befürwortern des Abstellens auf den Zeitpunkt der Inanspruchnahme abgelehnten – Prämisse ausdrücklich Meyer, Besicherung, S. 130. Der Konzern 2011, 330 (332 f.). 160 Siehe dazu bereits § 3 B. II. 1. b) cc). 161 So das Argument von Meyer, Besicherung, S. 128. 162 Becker, in: Musielak / Voit, ZPO, § 815 Rn. 4. 158 So
159 Freitag,
B. Relevanter Auszahlungsakt67
aus, dass die Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit aufgrund der Parallele zur Darlehensvalutierung eine Auszahlung i. S. v. § 30 GmbHG darstellt,163 hätte die Anerkennung der Inanspruchnahme der Sicherheit als Auszahlung zudem die fragwürdige Konkurrenz, dass es ggf. zwei Auszahlungen und damit zwei Ansprüche der Gesellschaft aus § 31 GmbHG gäbe. Selbst wenn man in diesem Zusammenhang die Ansprüche der Gesellschaft insgesamt auf den Wert der in Anspruch genommenen Sicherheit beschränkt, um eine unbillige Bereicherung der Gesellschaft zu vermeiden, so bliebe jedenfalls unklar, wann die Ansprüche entstanden sind. Dies ist etwa im Hinblick auf die Verjährung in § 31 Abs. 5 GmbHG problematisch. Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, dass im Fall der Inanspruchnahme der Sicherheit kein Auszahlungsakt auf Seiten der Gesellschaft vorliegt, an den für einen Verstoß gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG angeknüpft werden könnte. b) Gleichstellung mit dem Ausfall des Gesellschafters als Darlehensschuldner Letztlich ist aufgrund der Parallele zum aufsteigenden Darlehen die Inanspruchnahme der Sicherheit nicht anders zu beurteilen als das Ausfallen des Gesellschafters als Darlehensschuldner. Für den Fall des aufsteigenden Darlehens findet sich in der Gesetzesbegründung zum MoMiG eindeutig der Hinweis, dass eine nachträgliche negative Entwicklung des Rückzahlungsanspruchs, auch wenn diese die bilanzielle Abwertung der Forderung zur Folge hat, keine (erneute) Auszahlung darstellen soll.164 Die Aussagekraft dieses Arguments wird nicht durch das sog. „MPS-Urteil“165 des BGH in Frage gestellt.166 In dieser Entscheidung führt der BGH zwar aus, dass sich der Geschäftsführer nicht nur auf eine stichprobenartige Überprüfung der Situation im Zeitpunkt der Darlehensgewährung beschränken darf, sondern ihn auch eine umfassende Kontroll- und Informationspflicht hinsichtlich der weiteren Entwicklung des Rückzahlungsanspruchs trifft.167 Im Falle einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögenssituation des Gesellschafters muss der Geschäftsführer deshalb das Darlehen gem. § 490 Abs. 1 BGB kündigen und rechtzeitig die Gesellschaftsmittel zurückverlangen.168 Allerdings sind diese Ausführungen im Zusammenhang mit der Haftung des 163 Siehe
dazu unter § 3 B. II. 1. MoMiG BT-Drucks. 16 / 6140, S. 41. 165 BGHZ 179, 71 („MPS“); siehe dazu § 6 A. 2. c) aa). 166 So aber Kollmorgen / Santelmann / Weiß, BB 2009, 1818 (1819). 167 BGHZ 179, 71 (71 f., 1. LS.) („MPS“). 168 BGHZ 179, 71 (72, 2. LS.) („MPS“). 164 RegE
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
Geschäftsführers zu sehen. Ihnen lässt sich kein Anhaltspunkt dahingehend entnehmen, dass die nachträgliche Verschlechterung der Vermögenssituation des Gesellschafters eine erneute Auszahlung darstellt. 4. Nichtgeltendmachung des Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs („Stehenlassen“) Für Sicherheiten ist anerkannt, dass bei wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners aus dem Sicherungsvertrag ein Freistellungsanspruch des Sicherungsgebers gegen den Schuldner gegeben ist.169 Es besteht folglich eine Eingriffsmöglichkeit seitens der Gesellschaft, einen drohenden Vermögensverlust abzuwenden bzw. abzumildern. Wie bereits herausgearbeitet wurde, ist für den Auszahlungsbegriff von § 30 GmbHG die Handlungsmöglichkeit der Gesellschaft ein zentrales Element.170 Dies spricht für ein Anknüpfen an die Nichtgeltendmachung des Freistellungsanspruchs als Auszahlung. Ebenso kommt auch die Nichtgeltendmachung des Rückgriffsanspruchs nach Inanspruchnahme der Sicherheit als Auszahlung in Betracht. Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage, ob die Nichtgeltendmachung des Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs eine Auszahlung gem. § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG darstellt, muss erneut die Parallele zum aufsteigenden Darlehen sein. a) Rechtslage beim aufsteigenden Darlehen Für aufsteigende Darlehen entspricht es der allgemeinen Meinung, dass die Verlängerung (Prolongation) des Kredites nach Ende der Laufzeit eine Auszahlung darstellen kann,171 sodass die Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs in diesem Zeitpunkt erneut zu prüfen ist. Kontrovers diskutiert wird hingegen der Fall, in dem der Geschäftsführer das Darlehen nach Ende der Laufzeit nicht zurückfordert oder ein der Gesellschaft zustehendes Kündigungsrecht nach § 490 Abs. 1 BGB wegen wesentlicher Verschlechterung der Vermögenssituation des Gesellschafters nicht ausübt. 169 Habersack, in: MüKo, BGB, § 775 Rn. 3; Schön, ZHR 159 (1995), 351 (355); für Bürgschaften ergibt sich dies aus § 775 Abs. 1 Nr. 1 BGB; nach zutreffender Ansicht ist ein solcher Anspruch aber auch für andere Sicherheiten anzuerkennen. Näher unter § 5 D. 170 Siehe dazu § 3 B. II. 2. a). 171 So etwa Fastrich, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 43; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 109; Hirte, ZinsO 2008, 689 (692); Heidinger, in: Michalski, GmbHG, § 30 Rn. 206; Wicke, GmbHG, § 30 Rn. 11.
B. Relevanter Auszahlungsakt69
Ein Teil des Schrifttums sieht im bloßen „Stehenlassen“ keine Auszahlung, sodass es auf die Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs in diesem Zeitpunkt nicht ankommt.172 Die Vertreter dieser Ansicht stützen sich auf die Gesetzesbegründung. Nach der Feststellung, dass spätere negative Entwicklungen der Forderung gegen den Gesellschafter und bilanzielle Abwertungen nicht (nachträglich) zu einer verbotenen Auszahlung führen, findet sich dort der Hinweis, dass „aber ein Sorgfaltspflichtverstoß des Geschäftsführers gegeben sein [kann], der diese Forderungen stehen ließ, obwohl er sie hätte einfordern können.“173 Dem könnte im Umkehrschluss entnommen werden, dass der Gesetzgeber in der Tat im bloßen „Stehenlassen“ keine verbotsrelevante Auszahlung erblickt. Überzeugender ist jedoch die Gegenansicht.174 Sie weist zutreffend darauf hin, dass nach der Rechtsprechung bereits vor dem Inkrafttreten des MoMiG die Nichtgeltendmachung von Ansprüchen eine verbotswidrige Auszahlung darstellen konnte.175 Diese Sichtweise widerspricht auch nicht zwingend der Intention des Reformgesetzgebers. Dieser wollte klarstellen, dass die nachträgliche bilanzielle Abwertung des Rückzahlungsanspruchs nicht zu einer verbotswidrigen Auszahlung durch die Auskehr der Darlehensvaluta führt. Die Nichtausübung des Kündigungsrechts bei Verschlechterung der Vermögenslage des Gesellschafters und die Nichtrückforderung des Darlehens nach Ende der Laufzeit stellen hingegen selbstständige Auszahlungen dar.176 Zudem ist schwerlich einzusehen, wieso kapitalerhaltungsrechtlich ein Unterschied zwischen der konkludenten Prolongation des Darlehens und der schlichten Nichtgeltendmachung des Rückzahlungsanspruchs bestehen soll.177 Es ist schließlich bereits dargelegt worden, dass ein Nichteinschreiten trotz realer Handlungsmöglichkeit eine der Gesellschaft zurechenbare Auszahlungshandlung begründen kann.178 Gegen die hier vertretene Ansicht spricht darüber hinaus nicht, dass andernfalls eine Pflicht des Gesellschafters zur bevorzugten Rückzahlung an die Gesellschaft entstünde, was wiederum einen Widerspruch zu insolvenz172 Engert, BB 2005, 1951 (1955); Fastrich, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 43; J. Vetter, in: Goette / Habersack, MoMiG, Rn. 4.57. 173 RegE MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 41. 174 Blasche / König, GmbHR 2009, 897 (900); Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 224; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 109; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 88; Wicke, GmbHG, § 30 Rn. 11; Wilhelmi, WM 2009, 1917 (1920). 175 Siehe etwa BGHZ 122, 333 (338): „In dieser zumindest tatsächlichen Aufgabe des Forderungsrechts liegt eine ‚Auszahlung‘ im Sinne des § 30 Abs. 1 GmbHG.“ 176 So zutreffend Wilhemi, WM 2009, 1917 (1920). 177 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 88. 178 Siehe unter § 3 B. II. 2. a).
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rechtlichen Regelungen zur Folge hätte.179 Zu trennen ist nämlich zwischen dem Rückforderungsverlangen der Gesellschaft und der Rückzahlung des Gesellschafters. Die Tatsache, dass der Gesellschafter im Zeitpunkt der Darlehenskündigung und des Rückzahlungsverlangens möglicherweise materiell insolvent ist und nicht mehr an die Gesellschaft leisten darf, hat Auswirkungen auf den Umfang der Erstattungspflicht,180 dieser Sonderfall kann aber nichts daran ändern, dass grundsätzlich eine Auszahlung durch ein „Stehenlassen“ denkbar ist. Schließlich muss die das Kündigungsrecht auslösende Verschlechterung der Vermögenssituation des Gesellschafters nicht zwingend die Insolvenz des Gesellschafters zur Folge haben. Festzuhalten ist deshalb im Ergebnis, dass das „Stehenlassen“ des Darlehensrückzahlungsanspruchs eine Auszahlung i. S. v. § 30 GmbHG darstellt. b) Übertragung auf aufsteigende Sicherheiten Das zum aufsteigenden Darlehen gefundene Ergebnis lässt sich aufgrund der Wertungsparallele zwischen Darlehen und Sicherheit auch auf letztere übertragen. Eine Auszahlung liegt deshalb vor, wenn die Gesellschaft den ihr gegen den Gesellschafter zustehenden Freistellungsanspruch nicht geltend macht.181 Denn wie bereits herausgearbeitet wurde, ist die Geltendmachung des Freistellungsanspruchs der Ausübung des Kündigungsrechts beim aufsteigenden Darlehen vergleichbar.182 Beide Institute sollen eine Absicherung im Falle der wesentlichen Verschlechterung der Vermögenssituation des Darlehensnehmers bzw. Schuldners des besicherten Anspruchs ermög lichen. Daneben kann auch die Nichtgeltendmachung des Rückgriffsanspruchs nach erfolgter Inanspruchnahme durch den Dritten eine Auszahlung sein. Der Freistellungsanspruch hat sich in diesem Fall lediglich in einen Zahlungsanspruch gegen den Gesellschafter gewandelt. Eine Auszahlung liegt auch dann vor, wenn die Gesellschaft nach Ablauf einer ggf. vereinbarten Sicherungsdauer nicht die Rückübertragung bzw. Freigabe von Sicherungsgegenständen verlangt. Dies ist dem „Stehenlassen“ durch die Nichtrückforderung des Darlehens am Ende der Laufzeit gleichzustellen. Dieser Fall dürfte in der Praxis jedoch selten sein, da Sicherheiten regelmäßig (aufgrund ihrer Akzessorietät oder aufgrund der Sicherungsabre179 So aber J. Vetter, in: Goette / Habersack, MoMiG, Rn. 4.57, der darauf verweist, dass die Rückzahlung des Gesellschafters regelmäßig nach §§ 129 ff. InsO anfechtbar wäre. 180 Siehe dazu § 5. II. 2. 181 Ebenso Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 101. 182 Siehe dazu § 3 B. II. 1. c) dd).
B. Relevanter Auszahlungsakt71
de) an die gesicherte Forderung gebunden sind und keine spezifische Laufzeit für die Sicherheit vereinbart wird. 5. Auszahlung an einen Gesellschafter § 30 Abs. 1 GmbHG untersagt grundsätzlich nur Auszahlungen an einen Gesellschafter. Nur diesem gegenüber besteht eine verbandsrechtliche Sonderbeziehung, die das spezielle Verbot aus § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG rechtfertigt.183 Es ist jedoch nicht immer einfach zu bestimmen, wann ein bestimmter Vermögenstransfer eine Leistung an einen Gesellschafter darstellt. a) Beurteilungszeitpunkt In Rechtsprechung und Schrifttum besteht grundsätzlich Einigkeit dahingehend, dass die Gesellschaftereigenschaft im Zeitpunkt der schuldrechtlichen Verpflichtung zur Leistung der Gesellschaft vorliegen muss, nicht aber im Zeitpunkt der Erfüllung.184 Ebenfalls ist anerkannt, dass auch Leistungen an künftige Gesellschafter vom Verbot erfasst werden können.185 Hierfür muss die Leistung im Hinblick auf das künftige Gesellschaftsverhältnis gewährt worden sein.186 Dies soll nach Ansicht des BGH der Fall sein, wenn ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen Zahlungsversprechen und künftiger Gesellschaftereigenschaft besteht.187 Als Gesellschafter zu erfassen ist deshalb unproblematisch der Erwerber im Rahmen einer LBO-Transaktion, dessen zu Erwerbszwecken eingegangene Verbindlichkeit gegenüber einem Kreditgeber bereits vor Anteilserwerb durch die Gesellschaft besichert wird.188 Nach allgemeiner Meinung ist darüber hinaus unerheblich, dass die aufsteigende Sicherheit gegenüber einem Dritten bestellt wird und der Gesellschafter lediglich einen mittelbaren 183 Habersack,
in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 58. 133, 393 (395); BGHZ 13, 49 (54); BGHZ 81, 252 (258); Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 68; Meister, WM 1980, 390 (391 f.); Reemann, Mitt RhNotK 1996, 113 (130); Meyer, Besicherung, S. 158; Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 25. 185 BGH NZG 2008, 106 (für die AG); Canaris, in: FS R. Fischer, S. 31 (32 f.); Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 69; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 33. 186 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 69; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 33; Wicke, GmbHG, § 30 Rn. 15. 187 BGH NZG 2008, 106 (für die AG). Nach der Gegenauffassung kommt diesen Kriterien lediglich Indizwirkung zu, siehe Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 33. 188 Meyer, Besicherung, S. 158; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 33. 184 RGZ
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Vorteil erhält.189 Der Auszahlungsbegriff ist in diesem Zusammenhang extensiv auszulegen, da die Sicherheitenbestellung im Interesse des Gesellschafters erfolgt und zugleich eine Zuwendung an diesen beinhaltet. b) Drittvergleichskriterium Bereits das Reichsgericht hat herausgestellt, dass nur solche Leistungen an Gesellschafter § 30 Abs. 1 GmbHG unterfallen, die „in seiner Eigenschaft als solcher“ wurzeln.190 Von der heute überwiegend vertretenen Ansicht wird dieses Merkmal so interpretiert, dass die Zuwendung nur unter § 30 Abs. 1 GmbHG fällt, wenn sie ihre Grundlage im Gesellschaftsverhältnis hat, also „causa societatis“ erfolgt.191 Negativ gewendet soll eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis immer dann nicht gegeben sein, wenn der Gesellschafter wie ein gesellschaftsfremder Dritter auftritt.192 Zu fragen sei demnach, „ob ein gewissenhafter, nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer unter sonst gleichen Umständen zu gleichen Bedingungen mit einem gesellschaftsfremden Dritten das Geschäft abgeschlossen hätte“.193 Entscheidend sei bei dieser Bewertung eine objektive Betrachtungsweise; subjektive Erwägungen, die dazu führen, dass die Geschäftsführung das Geschäft für ausgeglichen hält, sollen außer Betracht bleiben.194 Ein solches Drittgeschäft könne regelmäßig angenommen werden, wenn für die Zahlung der Gesellschaft eine marktangemessene Gegenleistung erbracht wird.195 Diese sog. Drittvergleichsausnahme wurde jedoch bereits vor Inkrafttreten des MoMiG kritisiert. So wurde angeführt, dass es für das Kriterium der Gesellschaftsbezogenheit keine gesetzliche Grundlage gäbe.196 Außerdem sei aus dem Schutzzweck von § 30 Abs. 1 GmbHG zu schließen, dass die 189 BGHZ 149, 276 (278 f.); KG NZG 2000, 479 (479, 480); Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 30; Berkefeld, MBO, S. 124 f.; Fastrich, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 25; Sonnenhol / Groß, ZHR 159 (1995), 388 (401); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 36. 190 RG, Recht 1908, Nr. 2248; ähnlich RG LZ 1919, 109 (110). 191 Ekkenga, in: MüKo, GmbHG § 30 Rn. 146; Fastrich, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 29; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 58; Meister, WM 1980, 390 (390 f.); Schmolke, Kapitalerhaltung, § 30 GmbHG Rn. 146; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 30. 192 OLG Düsseldorf, NZG 2012, 103 f.; Meister, WM 1980, 390. 193 BGH NJW 1987, 1194 (1194). 194 BGH NJW 1987, 1194 (1195). 195 Tasma, Gläubigerschutz, S. 161. 196 Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (400), Reemann, MittRhNotK 1996, 113 (125).
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Gesellschafter keine Geschäfte mit „ihrer“ GmbH vornehmen sollen, solange die Gesellschaft diese mit Dritten ausführen könnte.197 Gerade das letztgenannte Argument offenbart jedoch ein Missverständnis des Schutzzwecks von § 30 GmbHG. Anliegen der Norm ist es nicht, Geschäfte zwischen GmbH und Gesellschafter zu verbieten, um den Gläubigern der Gesellschaft Geschäftschancen mit der GmbH zu ermöglichen, sondern das Stammkapital als Haftungsfonds für die Gesellschaftsgläubiger zu erhalten. § 30 Abs. 1 GmbHG darf daher nicht so verstanden werden, dass wirtschaftlich sinnvolle Geschäfte mit Gesellschaftern unterbunden werden. Nach Inkrafttreten des MoMiG kommt der Drittvergleichsausnahme allerdings nur noch ein stark eingeschränkter eigener Anwendungsbereich zu.198 Der Grund hierfür ist in dem durch das MoMiG eingeführten § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG zu sehen. Hier hat der Gesetzgeber bewusst keinen Drittvergleich normiert, sondern die Zulässigkeit der Gesellschaftsleistung an das Vorliegen einer Deckung durch einen vollwertigen Gegenleistungsoder Rückgewähranspruch geknüpft.199 Zwar wird im Rahmen des Deckungsgebotes auf eine marktgerechte Gegenleistung abgestellt,200 was einen Vergleich mit anderen (dritten) Marktteilnehmern voraussetzt, allerdings handelt es sich dabei lediglich um einen Drittvergleich hinsichtlich der Bedingungen des Austauschgeschäftes und nicht hinsichtlich der Frage, ob das Geschäft mit einem Dritten überhaupt abgeschlossen worden wäre. In dieser Hinsicht ist der Ausnahmetatbestand in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 AktG daher großzügiger als die Drittvergleichsausnahme. Für die Drittvergleichsausnahme ist nach Einführung des MoMiG allerdings dann noch Raum, wenn die Gegenleistung des Gesellschafters nicht bilanzierbar ist, wie etwa im Fall von Geschäftsführerdiensten.201 Darüber hinaus ist der praktisch freilich seltene Fall zu beachten, in dem es trotz eines unausgewogenen Austauschgeschäfts an einem Bezug zur Mitgliedschaft fehlt, etwa weil der Geschäftsführer die gleichen unausgewogenen Geschäfte (sorgfaltswidrig) auch mit Dritten abschließt.202 In diesem Fall greift die Drittvergleichsausnahme mangels causa societatis ein, obwohl die 197 Reemann,
MittRhNotK 1996, 113 (125). in: Beck OK GmbHG, § 30 Rn. 42; Tasma, Gläubigerschutz, S. 161; ähnlich Winter, DStR 2007, 1484 (1487). 199 Winter, DStR 2007, 1484 (1487). 200 Vgl. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 41: „Das Deckungsgebot bedeutet, dass bei einem Austauschvertrag der Zahlungsanspruch gegen den Gesellschafter nicht nur vollwertig sein muss, sondern auch wertmäßig nach Marktwerten und nicht nach Abschreibungswerten den geleisteten Gegenstand decken muss.“ 201 Tasma, Gläubigerschutz, S. 161; Winter, DStR 2007, 1484 (1487); dazu auch Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 8a. 202 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 31. 198 Heidinger,
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Leistung der Gesellschaft nicht durch einen vollwertigen Gegenleistungsanspruch i. S. v. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG gedeckt ist. Ist das Drittvergleichskriterium somit im Ergebnis anzuerkennen und verbleibt ihm auch trotz des MoMiG noch ein eingeschränkter Anwendungsbereich, so ist dennoch zweifelhaft, ob die Bestellung aufsteigender Sicherheiten von dieser Ausnahme erfasst werden kann. Den Regelfall stellt es vielmehr dar, dass die GmbH die Sicherheit gerade mit Rücksicht auf das Gesellschafterverhältnis bestellt.203 Deutlich wird dies am Beispiel einer aufsteigenden Sicherheit im Rahmen einer LBO-Transaktion. Der kreditnehmende Gesellschafter ist typischerweise eine Zweckgesellschaft ohne operatives Geschäft. Für die Kreditrückzahlung ist sie allein auf Ausschüttungen der sicherungsgebenden Zielgesellschaft angewiesen. Vor diesem Hintergrund würde kein außenstehender Dritter dem Gesellschafter für eine solche Finanzierung eine Sicherheit bestellen.204 Die Gesellschaft ist zudem regelmäßig kein Kreditinstitut, das im Rahmen ihres üblichen Betriebsablaufs Sicherheiten gewährt. Die Gewährung von Sicherheiten für die Verbindlichkeiten nur einer Person (des Gesellschafters) ist für sie daher mangels Risikodiversifikation mit einem erheblichen „Klumpenrisiko“205 verbunden. Aus den gleichen Gründen gilt die Drittvergleichsausnahme nicht bei aufsteigenden Sicherheiten im Rahmen von Cash-Pool-Systemen. Hier haftet die Gesellschaft für sämtliche Verbindlichkeiten der Betreibergesellschaft. Auch die Vollwertigkeit eines Rückgriffsanspruchs und die Zahlung einer angemessenen Avalprovision führen nicht zum Entfallen des Bezuges zur Gesellschafterstellung.206 Nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung soll die Drittvergleichsausnahme allerdings bei Geschäften mit einer hohen Risikokonzentration eingreifen, wenn nur so eine Insolvenz abgewendet werden könne und die Bedingungen eines „rettenden“ Investors den Vermögenstransfer vorsehen.207 Dahinter steckt wohl die Überlegung, dass die Gesellschaft in der Krise auf die potentielle Rettung von (jedem) Dritten angewiesen ist. Diese Auffassung 203 Peltzer, GmbHR 1995, 15 (17); Oetker, KTS 1991, 521 (528); Riegger, in: ZGR 2008, 234 (237). 204 Berkefeld, MBO, S. 125 m. w. N.; Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 9. 205 Zur Berücksichtigung von „Klumpenrisiken“ bei der Prüfung der Vollwertigkeit gem. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG siehe § 3 C. II. 3. d). 206 Peltzer, GmbHR 1995, 15 (17); ähnlich Reemann, MittRhNotK 1996, 113 (125), der allerdings den Rückgriffsanspruch ohne Besicherung nicht als vollwertig ansieht. Dies ist mit dem heutigen Verständnis des Vollwertigkeitsbegriffes nicht vereinbar, siehe dazu § 3 C. II. 3. 207 So Söhner, Gläubigerschutz, S. 87 f. konkret im Zusammenhang mit ungesicherten aufsteigenden Darlehensgewährungen.
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ist bedenklich. Zum einen ist bereits die dogmatische Anknüpfung an die Drittvergleichsausnahme fragwürdig. Denn es lässt sich nicht begründen, wieso die Gesellschaft ein solches Geschäft auch mit jemandem geschlossen hätte, der nicht Gesellschafter ist oder werden soll. Denn ein potentieller Investor will gerade mit Blick auf den Erwerb seiner Beteiligung auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen. Ein Bezug zur causa societatis ist deshalb in jedem Fall gegeben. Zum anderen birgt gerade das Eingehen von Risiken in Insolvenznähe die Gefahr des „Spekulierens zu Lasten der Gläubiger“, welche gerade von § 30 Abs. 1 GmbHG unterbunden werden soll.208 Es ist daher kein Grund ersichtlich, Akquisitionsfinanzierungen in Insolvenznähe vom Maßstab des § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG auszunehmen. Allenfalls in Ausnahmefällen kann deshalb von einem Drittgeschäft ausgegangen werden. Zu denken ist hier beispielsweise an den Fall, in dem der Gesellschaft eine attraktive Avalprovision gewährt wird und zudem der Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter durch eine werthaltige Sicherheit besichert ist. Darüber hinaus wird man ebenfalls verlangen müssen, dass die Sicherheitenbestellung ihrem Umfang nach potentiell nicht existenzgefährdend für die Gesellschaft ist. Unter diesen Umständen hätte die Gesellschaft wohl auch die Verbindlichkeit eines Dritten besichert. In einem solchen Fall läge deshalb wegen des Eingreifens der Drittvergleichsausnahme keine „Auszahlung“ im Sinne von § 30 GmbHG vor. In der Praxis dürfte diese Konstellation allerdings kaum anzutreffen sein. Es bleibt deshalb festzuhalten, dass der Drittvergleichsausnahme keine nennenswerte Bedeutung für aufsteigende Sicherheiten zukommt.
III. Zwischenergebnis zu B. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass die Bestellung der Sicherheit grundsätzlich der für § 30 Abs. 1 GmbHG relevante Auszahlungsakt ist. Zu diesem Zeitpunkt hat die Gesellschaft letztmalig Einfluss auf den aus der Sicherheitengewährung resultierenden möglichen späteren Vermögensabfluss. Sofern eine Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung erfolgt und ein Dritter dadurch einen Anspruch auf die Bestellung der Sicherheit erlangt, kann auch in der Verpflichtung eine Auszahlung liegen. Der Zeitpunkt der wahrscheinlichen Inanspruchnahme und die Inanspruchnahme der Sicherheit stellen hingegen mangels Auszahlungsakts seitens der Gesellschaft keine tauglichen Anknüpfungspunkte für § 30 Abs. 1 GmbHG dar. Die Nichtgeltendmachung des Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs kann hingegen eine Auszahlung darstellen. 208 Siehe
dazu bereits § 3 A. I.
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Der sog. „Drittvergleichsausnahme“ kommt bei der Bestellung aufsteigender Sicherheiten allenfalls eine geringe Bedeutung zu, da aufsteigende Sicherheiten regelmäßig mit Rücksicht auf das Gesellschafterverhältnis bestellt werden.
C. Herbeiführung oder Vertiefung einer Unterbilanz Durch die Feststellung der tauglichen Auszahlungsakte ist noch nicht gesagt, unter welchen Voraussetzungen diese Vorgänge auch eine Verletzung des Auszahlungsverbotes zur Folge haben. Vielmehr ist anhand des zu Beginn der Arbeit dargestellten Prüfungsschemas fortzufahren.209 Die Feststellung, dass eine Auszahlung und damit eine Vermögensminderung vorliegt, ist dabei nur der erste Schritt. In einem zweiten Schritt ist zu fragen, ob die Auszahlung auch eine Unterbilanz herbeiführt, eine solche vertieft oder im Stadium der Unterbilanz erfolgt. Zudem ist zu prüfen, ob die Auszahlung unter den Ausnahmetatbestand in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG fällt und deshalb ggf. das Auszahlungsverbot nicht verletzt wird.
I. Bilanzielle Auswirkungen der Sicherheitenbestellung durch Bildung einer Rückstellung Maßgeblich für die Frage der Unterbilanzherbeiführung oder -vertiefung ist die bilanzrechtliche Relevanz der Sicherheitenbestellung, die im Folgenden näher untersucht werden soll. 1. Grad der Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme Die Bestellung einer Sicherheit wirkt sich in der Bilanz aus, wenn eine Rückstellung zu bilden ist. § 251 HGB normiert, dass „Verbindlichkeiten aus der Begebung und Übertragung von Wechseln, aus Bürgschaften, Wechsel- und Scheckbürgschaften und aus Gewährleistungsverträgen sowie Haftungsverhältnisse aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten“ unter der Bilanz zu vermerken sind, „sofern sie nicht auf der Passivseite auszuweisen sind“. Nach § 249 Abs. 1 HGB sind Rückstellungen für „ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften“ zu passivieren. Setzt man diese Norm in Beziehung zur hier behandelten Problematik, so muss untersucht werden, ab welchem Zeitpunkt der zugunsten des Gläubigers bestehende Anspruch aus der Si209 Siehe
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C. Herbeiführung oder Vertiefung einer Unterbilanz77
cherheit eine ungewisse Verbindlichkeit210 darstellt, sodass eine Rückstellung gebildet werden muss. Eine Verbindlichkeit ist ungewiss, „wenn sie in Grund (Existenz) oder Höhe oder in Bezug auf den Zeitpunkt ihres Entstehens nicht feststeht, einerlei ob aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen“211. Unter Zugrundelegung dieser sehr weiten Definition käme prima vista zunächst ohne die Prüfung weiterer Umstände der Anspruch aus der Sicherheit in Betracht. Allerdings besteht Einigkeit dahingehend, dass ein bestimmter Wahrscheinlichkeitsgrad für das Bestehen und die Inanspruchnahme aus einer Verpflichtung gegeben sein muss. Nicht geklärt sind in diesem Zusammenhang die Anforderungen an die vorzunehmende Wahrscheinlichkeitsprognose.212 Wenig gedient ist der Problematik um die Konkretisierung des Wahrscheinlichkeitskriteriums mit Begriffen wie „hinreichend wahrscheinlich“213 oder der Aussage, die Gesellschaft müsse mit der Inanspruchnahme aus der Verbindlichkeit „ernsthaft“214 rechnen. Diese Maßstäbe sind zu unbestimmt und verlagern die Problematik nur in die Konkretisierung dieser unbestimmten Rechtsbegriffe. Allerdings darf der (in der Sache zutreffende) Hinweis, dass sich eine mathematisch korrekte Wahrscheinlichkeit im Einzelfall aufgrund der notwendigen Subjektivität der Prognose nicht quantifizieren lässt,215 nicht dazu führen, sich mit diesen unbestimmten Begriffen zu begnügen und einen konkreteren Wahrscheinlichkeitsmaßstab gar nicht erst zu erarbeiten216. Das Ziel muss stattdessen sein, einen objektiven Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu ermitteln, den der bilanzierende Kaufmann seiner Prognose gewissermaßen als „Kontrollfrage“ zugrunde legen kann. Nur durch einen derart objektivierten Maßstab kann eine einheitliche Rechtsanwendung gewährleistet werden. 210 „Drohende Verluste“ sind ein Unterfall der Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und deshalb hier nicht gesondert genannt, siehe Merkt, in: Baumbach / Hopt, HGB, § 249 Rn. 1. 211 Merkt, in: Baumbach / Hopt, HGB, § 249 Rn. 2. 212 Überraschend angesichts der Vielzahl von Veröffentlichungen zum maßgeb lichen Auszahlungszeitpunkt bei der Gewährung aufsteigender Sicherheiten ist die Zurückhaltung, mit der dieser nicht minder wichtigen Frage im gesellschaftsrecht lichen Schrifttum begegnet wird; ebenfalls zu Recht kritisch Berkefeld, MBO, S. 142, Fn. 628. 213 Ballwieser, in: MüKo, HGB, § 249 Rn. 13; Oetker, KTS 1991, 521 (526). 214 Hommel, in: Baetge / Kirsch / Thiele, BilanzR, § 249 HGB Rn. 43 unter Bezug auf BFH BStBl II 1981, 669; Schubert, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 249 HGB Rn. 43; Theusinger / Kapteina, NZG 2011, 881 (882). 215 Ballwieser, in: MüKo, HGB, § 249 Rn. 13; Rothoeft, Rückstellungen, S. 93 f., 99 f. 216 So aber wohl der Hinweis von Scheffler, in: Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung, B 233 Rn. 124.
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
Einen Anhaltspunkt für diesen konkreten Maßstab bietet die Rechtsprechung des BFH. Demnach ist eine Rückstellung wegen einer Verbindlichkeit nur dann zu passivieren, wenn „mehr Gründe für als gegen“ das Be- und Entstehen einer Verbindlichkeit und eine künftige Inanspruchnahme sprechen.217 Einigkeit dürfte hinsichtlich der Auslegung dieser Formel insoweit bestehen, dass nicht lediglich die Anzahl der Gründe für und gegen eine Inanspruchnahme verglichen und allein auf quantitativer Basis die Entscheidung über die Bildung der Rückstellung gefällt werden soll.218 Vielmehr ist nach allgemeiner Ansicht die Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit anhand qualitativer Bewertungsmaßstäbe zu bestimmen. Die Ansicht des BFH dürfte daher so zu interpretieren sein, dass die Inanspruchnahme der Verbindlichkeit überwiegend wahrscheinlich sein muss.219 Der bilanzierende Kaufmann hätte sich demnach zu fragen: Ist es wahrscheinlicher, dass die Sicherheit in Anspruch genommen wird, als dass sie nicht in Anspruch genommen wird? Ist diese Frage zu bejahen, so muss eine Rückstellung gebildet werden. Die Ansicht des BFH ist allerdings nicht frei von Kritik. Gegen sie wird vorgebracht, dass der Maßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit dem Vorsichtsprinzip nicht ausreichend Rechnung trage.220 Deshalb sei zu verlangen, dass die Wahrscheinlichkeit für wie gegen eine Inanspruchnahme mindestens gleich hoch sein müsse.221 Anderen Autoren zufolge ist eine Rückstellung bereits zu bilden, wenn die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme mathematisch unter 50 % liege.222 Statt nach der überwiegenden Wahrscheinlichkeit sei deshalb zu fragen, ob ein gedachter Erwerber des Unternehmens die Verbindlichkeit bei der Kalkulation des Kaufpreises berücksichtigen würde.223 Diese Auffassungen sind nach der hier vertretenen Ansicht jedoch zu weitgehend. Ein gedachter Erwerber des Unternehmens würde eine gewährte Kreditsicherheit ab einer gewissen Höhe unabhängig von der konkreten Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit stets in die Preiskalkulation einfließen 217 BFHE
142, 226 (229); 185, 160 (162); 192, 64 (67); 197, 530 (532). in: MüKo, HGB, § 249 Rn. 13. 219 Hommel, in: Baetge / Kirsch / Thiele, BilanzR, § 249 HGB Rn. 44; Moxter, BB 1998, 2464 (2464); Tasma, Gläubigerschutz, S. 227 ff.; Walz, in: Heymann, HGB, § 249 Rn. 16, der allerdings ungenau von einer 51 %-igen Wahrscheinlichkeit spricht. 220 Berkefeld, MBO, S. 144 ff.; Großfeld / Luttermann, BilanzR, Rn. 765; Hommel, in: Baetge / Kirsch / Thiele, BilanzR, § 249 HGB Rn. 45.1. 221 Großfeld / Luttermann, BilanzR, Rn. 765. 222 Berkefeld, MBO, S. 144; Hommel, in: Baetge / Kirsch / Thiele, BilanzR, § 249 HGB Rn. 46; Schubert, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 249 HGB Rn. 26. 223 Berkefeld, MBO, S. 144; Schubert, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 249 HGB Rn. 26; dieser Vergleich geht zurück auf Moxter, in: FS Forster, S. 427 (430). 218 Ballwieser,
C. Herbeiführung oder Vertiefung einer Unterbilanz79
lassen, da sie jedenfalls das allgemeine Kreditrisiko des Schuldners der besicherten Forderung auf die Gesellschaft verlagert. Dies hätte eine Rückstellungsbildung für jegliche Kreditsicherheit größeren Ausmaßes zur Folge. Damit liefe jedoch die Vorschrift des § 251 HGB leer, nach der gewährte Sicherheiten, sofern sie nicht auf der Passivseite auszuweisen sind, unter der Bilanz zu vermerken sind. Auch der Verweis auf das Vorsichtsprinzip überzeugt in diesem Zusammenhang nicht. Richtigerweise ist das Vorsichtsprinzip nämlich nicht im Rahmen der Bestimmung des Wahrscheinlichkeitserfordernisses (der „Kontrollfrage“) zu berücksichtigen, sondern es bestimmt den an den Bilanzierenden zu stellenden Sorgfaltsmaßstab.224 Festzuhalten bleibt deshalb, dass eine Rückstellung zu bilden ist, sobald die Inanspruchnahme der Sicherheit überwiegend wahrscheinlich ist. 2. Sorgfaltsmaßstab und gerichtliche Überprüfbarkeit Der Bilanzierende hat bei der Rückstellungsbildung eine vernünftige kaufmännische Beurteilung vorzunehmen.225 Da jedoch die Frage nach der überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme notwendigerweise eine Prognoseentscheidung ist, gilt es objektive Maßstäbe für die Bewertung der subjektiven Wahrscheinlichkeitsprognose zugrunde zu legen. Deshalb muss auf die Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmannes in der Bewertungssituation abgestellt werden.226 Dieser hat die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gesellschafters einzuschätzen und ggf. Auskünfte über dessen Solvenz einzuholen. Auf Basis dessen, was ein objektiver, gewissenhafter Kaufmann getan hätte, ist dann die tatsächlich erfolgte Prognose zu messen. Dabei ist es in Grenzfällen möglich, dass mehrere Entscheidungen mit dem Prüfmaßstab vereinbar sind. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass ein gewissenhaft bilanzierender Kaufmann in der Bewertungssituation das Vorsichtsprinzip zu beachten hat. Kann der Bilanzierende die Frage nach der überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme nicht eindeutig beantworten, so hat er im Zweifel eine Rückstellung zu bilden. Die Entscheidung des Bilanzierenden ist gerichtlich voll überprüfbar. Demgegenüber will Tasma die richterliche Kontrolle der Prognoseentscheidung mittels einer Übertragung der Grundsätze zur Überprüfbarkeit unbestimmter Rechtsbegriffe aus dem öffentlichen Recht nur eingeschränkt zulassen.227 Der Rückgriff auf dieses Rechtsinstitut ist jedoch nicht erforderlich 224 Dazu
sogleich unter § 3 C. I. 2. in: Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung, B 233 Rn. 124. 226 Kleindieck, in: Staub HGB, § 249 Rn. 37. 227 Tasma, Gläubigerschutz, S. 230 ff. 225 Scheffler,
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und zudem dogmatisch wenig überzeugend. Auch im öffentlichen Recht sind unbestimmte Rechtsbegriffe grundsätzlich voll überprüfbar.228 Eine Ausnahme soll nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts dann gemacht werden, wenn sich dies ausdrücklich aus dem Gesetz ergibt oder durch Auslegung hinreichend deutlich ermitteln lässt.229 Entsprechende Anhaltspunkte im Gesetz fehlen vorliegend. Im Gegenteil bringt die Anerkennung der sog. „business judgement-rule“ in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber einen modifizierten Maßstab für die Frage der Haftung der Geschäftsleitung anerkennen wollte. Die Einschränkung der richterlichen Kontrolldichte bei § 30 GmbHG hätte hingegen auch Auswirkungen auf den Erstattungsanspruch aus § 31 GmbHG. Würde man die Wahrscheinlichkeitsprognose als nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ansehen, entfiele deshalb die Möglichkeit, zwischen der Haftung aus § 43 GmbHG und dem Anspruch aus § 31 GmbHG zu differenzieren.230 Die besseren Gründe sprechen folglich dafür, die richterliche Kontrolle hinsichtlich der Wahrscheinlichkeitsprognose nicht einzuschränken. In Bezug auf die hier behandelte Problematik ist aus alldem zu schließen, dass den Geschäftsführer der Gesellschaft bei Bestellung der Sicherheit eine Untersuchungspflicht hinsichtlich der Solvenz des Gesellschafters trifft, bei der dieser die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes anzuwenden hat. Hierbei ist eine Rückstellung zu bilden, wenn aus der Sicht eines ordentlichen Kaufmanns mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer Inanspruchnahme der Sicherheit auszugehen ist. Die auf Basis der ermittelten Informationen erstellte Wahrscheinlichkeitsprognose ist gerichtlich voll überprüfbar. 3. Kein Einfluss des Vollwertigkeitserfordernisses auf die Wahrscheinlichkeitsprognose Im Schrifttum wird teilweise vorgeschlagen, dass für die Frage der Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme aus einer aufsteigenden Sicherheit im Rahmen der Rückstellungsbildung die Grundsätze zur Bewertung der Vollwertigkeit aus § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG herangezogen werden sollten.231 Demnach müsse ein die Vollwertigkeit hinderndes „konkretes Ausfallrisiko“ auch dazu führen, dass die Inanspruchnahme im bilanzrechtlichen 129, 1 (21); Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, § 40 Rn. 147. 129, 1 (22). 230 Für die Beurteilung der Vollwertigkeit im Rahmen von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG ebenso Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 115. 231 Theusinger / Kapteina, NZG 2011, 881 (882); ähnlich auch Grigoleit / Rieder, MoMiG, Rn. 217. 228 BVerfGE 229 BVerfGE
C. Herbeiführung oder Vertiefung einer Unterbilanz81
Sinne so wahrscheinlich sei, dass eine Rückstellung gebildet werden müsse.232 Dahinter steckt folgende Überlegung: Muss mangels Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit keine Rückstellung gebildet werden und liegt nicht bereits eine Unterbilanz vor, so liegt aufgrund fehlender Unterbilanzherbeiführung oder -vertiefung kein Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbHG vor.233 In diesem Fall erfolgt dann auch keine Prüfung des Rückgriffsanspruchs am Vollwertigkeitsmaßstab des § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG.234 Deshalb müssten die Anforderungen an die Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs bereits bei der Rückstellungsbildung berücksichtigt werden. Die dargestellte Auffassung basiert auf zwei Prämissen. Die erste Prämisse ist, dass der Maßstab für die Bildung von Rückstellungen bei aufsteigenden Sicherheiten von demjenigen Maßstab für die Bewertung der Vollwertigkeit i. S. v. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG abweicht und es folglich Fälle geben kann, in denen die Inanspruchnahme der Sicherheit nicht überwiegend wahrscheinlich ist, gleichzeitig aber ein Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter nicht vollwertig ist. Die zweite Prämisse lautet, dass das Kapitalerhaltungsrecht es gebietet, den Vollwertigkeitsmaßstab von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG auf die handelsbilanziellen Vorschriften zur Rückstellungsbildung (§ 249 HGB) zu übertragen. Was die erste Prämisse angeht, so ist diese zutreffend. Um dies nachzuweisen, muss nicht einmal der mühsame Versuch unternommen werden, die Begriffe der „überwiegenden Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit“ und der „Vollwertigkeit“ auf ihre Unterschiede hinsichtlich der Anforderungen an die Bonität des Gesellschafters zu untersuchen. Vielmehr ergibt sich die Lösung bereits daraus, dass Sicherungsnehmer und Gesellschafter personenverschieden sind. So ist es denkbar, dass dem Gläubiger des Gesellschafters weitere Sicherheiten gegen solventere Sicherungsgeber zustehen, die er vorrangig in Anspruch nehmen wird. In einem solchen Fall ist die Inanspruchnahme der gegen die Gesellschaft gerichteten Sicherheit nicht überwiegend wahrscheinlich. Dennoch kann ein potentieller Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter nach Vollwertigkeitsmaßstäben wertlos sein. Darüber hinaus kennt die Rückstellungsbildung für ungewisse Verbindlichkeiten nur eine „Alles- oder Nichts“-Lösung: Ist die Inanspruchnahme der Sicherheit überwiegend wahrscheinlich, muss auch eine Rückstellung in voller Höhe der Sicherheit gebildet werden, da Rückstellungen gem. § 253 Abs. 1 S. 2 HGB in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung not232 Theusinger / Kapteina,
NZG 2011, 881 (882). Vorliegen einer Unterbilanz ist nach hier vertretener Ansicht Voraussetzung für eine Verletzung von § 30 GmbHG, siehe zur neuerdings vertretenen Gegenansicht bereits § 3 A. II. 234 Siehe zu dieser Problematik auch unter § 3 C. II. 2. 233 Das
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wendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen sind.235 Liegt die Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit unter dieser Schwelle, muss keine Rückstellung gebildet werden. Bei Rückzahlungsansprüchen ist es dagegen möglich, diese bei zweifelhafter Werthaltigkeit mit einem abgezinsten Betrag in der Bilanz anzusetzen.236 Abzulehnen ist hingegen die zweite Prämisse. Sie setzt voraus, dass bilanzrechtliche Bewertungsmaßstäbe für die Rückstellungsbildung durch das Vollwertigkeitserfordernis aus § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG modifiziert werden können. Eine derartige Reichweite wird dem Kapitalerhaltungsrecht aber nicht beigemessen werden können. Vielmehr gilt für die Bildung von Rückstellungen der gleiche Maßstab unabhängig davon, ob die Rückstellung wegen einer Verbindlichkeit zugunsten eines Gesellschafters oder eines Dritten gebildet werden muss. Eine Modifikation der bilanzrechtlichen Regeln über die Rückstellungsbildung durch Vollwertigkeitsanforderungen ist nicht geboten und widerspräche auch der Intention des Gesetzgebers. Durch das MoMiG wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass für die kapitalerhaltungsrechtliche Bewertung von Rückzahlungsansprüchen die bilanzrechtlichen Maßstäbe der Forderungsbewertung gelten. Das Bilanzrecht sollte gerade das Kapitalerhaltungsrecht prägen. Durch eine Übertragung des Vollwertigkeitsmaßstabs auf die Anforderungen zur Rückstellungsbildung würde gerade das Gegenteil eintreten: Das Kapitalerhaltungsrecht würde das Bilanzrecht beeinflussen. Das Vollwertigkeitsgebot in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG hat demnach keinen Einfluss auf den Maßstab für die Rückstellungsbildung wegen der drohenden Inanspruchnahme einer aufsteigenden Sicherheit.
II. Relevanz von Rückgriffsansprüchen gegen den Gesellschafter (§ 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG) Nachdem erläutert worden ist, wie sich die Sicherheitenbestellung bilanziell auswirkt, ist in einem nächsten Schritt zu fragen, unter welchen Voraussetzungen bei der Bestellung der Sicherheit der Ausnahmetatbestand in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG erfüllt sein kann. Um die Kontroverse um aufsteigende Sicherheiten nachvollziehen zu können, muss die Rechtsprechungsentwicklung zu aufsteigenden Darlehen und die Reaktion des Gesetzgebers hierauf dargestellt werden. 235 Dies gilt auch für Rückstellungen wegen ungewisser Verbindlichkeiten insgesamt, vgl. Scheffler, in: Beck’sches Handbuch der Rechnungslegung, B 233 Rn. 128. 236 Zu Berücksichtigung „teilweise“ vollwertiger Ansprüche im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung nach § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG siehe § 3 C. II. 4.
C. Herbeiführung oder Vertiefung einer Unterbilanz83
1. Entstehungsgeschichte des Ausnahmetatbestandes a) Meinungsstand bis November 2003 In Bezug auf aufsteigende Darlehen vertrat die herrschende Meinung bis November 2003, dass die Auszahlung eines aufsteigenden Darlehens mit § 30 Abs. 1 GmbHG vereinbar sei, sofern ein vollwertiger (und ggf. besicherter) Rückzahlungsanspruch gegen den Gesellschafter besteht.237 Begründet wurde dies mit einer bilanziellen Betrachtungsweise für die Frage, wann eine Auszahlung das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angreift. Bilanziell betrachtet stelle die Auszahlung eines Darlehns nämlich einen Aktivtausch dar. Die Gegenansicht238 wollte lediglich die Auszahlung der Darlehensvaluta für die Frage einer verbotsrelevanten Auszahlung berücksichtigen und den Rückzahlungsanspruch für die Prüfung von § 30 GmbHG vollständig ausklammern oder nur außerhalb der Unterbilanz berücksichtigen. Zur Begründung wurde von einigen Autoren angeführt, dass die Gesellschaft bei der Darlehensvergabe liquide Mittel in Form von Geld gegen einen Rückgriffsanspruch tausche; mit diesem Geld könne die Gesellschaft wirtschaften, mit dem Anspruch hingegen nicht.239 b) Das „Novemberurteil“ des BGH Für Wissenschaft und Praxis überraschend ist der BGH in seinem sog. „Novemberurteil“ der herrschenden Auffassung nicht gefolgt.240 Der BGH stellte in diesem Urteil klar, dass § 30 Abs. 1 GmbHG auch Kreditgewährungen an Gesellschafter verbieten kann, denen ein vollwertiger Rückzahlungsanspruch gegenübersteht. Begründet hat der BGH dies mit einer teleologischen Auslegung von § 30 GmbHG. Zweck der Norm sei der Gläubigerschutz durch die Erhaltung eines „Haftungsstocks“. Mit diesem Ziel sei es unvereinbar, wenn die Gesellschaft gebundenes Gesellschaftsvermögen durch einen zeitlich hinausgeschobenen schuldrechtlichen Rückzahlungsanspruch ersetzen könnte.241 Maßgeblich sei daher nicht der rein bilanzielle Wert des Gesellschaftsvermögens, sondern dessen reale Substanz.242 Dies 237 Jula / Breitbarth, AG 1997, 256 (263 f.); Koppensteiner, ZHR 155 (1991), 97 (104); U. H. Schneider, in: FS Döllerer, S. 537 (543 f.); vgl. auch die Nachweise bei Fuhrmann, NZG 2004, 552 (553 f., Fn. 9). 238 Grundlegend Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 335 (346 ff.); Bayer, in: FS Lutter, S. 1011 (1019 ff.); Joost, ZHR 148 (1984), 27 (33, Fn. 23). 239 Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 335 (349 f.). 240 BGHZ 157, 72 ff. („Novemberurteil“). 241 BGHZ 157, 72 (75 f.) („Novemberurteil“). 242 BGHZ 157, 72 (76) („Novemberurteil“).
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zeige die Überlegung, dass ansonsten der strenge Rückzahlungsanspruch des § 31 GmbHG durch einen bloßen schuldrechtlichen Rückzahlungsanspruch ersetzt würde.243 Damit griff der BGH in der Sache die Argumentation von Stimpel auf, auf dessen grundlegenden Beitrag244 der BGH in seinem Urteil verweist. Eine Ausnahme wollte der BGH nur in engen Ausnahmefällen zulassen, wenn die Darlehensvergabe im Interesse der Gesellschaft liegt, die Darlehensbedingungen einem Drittvergleich standhalten und die Kreditwürdigkeit des Gesellschafters selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe außerhalb jedes vernünftigen Zweifels steht oder die Rückzahlung des Darlehens durch werthaltige Sicherheiten voll gewährleistet ist.245 Im Rahmen der Interpretation des Urteils bestand Einigkeit dahingehend, dass die bilanzielle Betrachtungsweise, wie sie von der bis dato h. M. vertreten wurde, nicht mehr gelten solle.246 Befindet sich die GmbH bereits im Stadium der Unterbilanz, sollte demnach eine Darlehensvergabe nur unter den strengen Anforderungen der genannten Ausnahme möglich sein. Ebenso klar war, dass die Gesellschaft ein Darlehen aus ungebundenem Vermögen ohne Verstoß gegen § 30 GmbHG gewähren darf. Zweifelhaft und problematisch war jedoch, ob die bilanzielle Betrachtung auch dann nicht gelten sollte, wenn es um die Frage der Unterbilanzherbeiführung geht. Das folgende Beispiel soll diesen Fall verdeutlichen:247 Die Gesellschaft hat ausschüttungsfähiges Vermögen von 1000 € und gewährt ihrem zweifellos solventen Gesellschafter ein Darlehen i. H. v. 1200 €. Nur wenn man in diesem Szenario den Rückzahlungsanspruch für die Unterbilanzberechnung bilanziell ausklammert, kommt man zu einer Unterbilanz i. H. v. 200 €. Tut man dies nicht, besteht sowohl vor als auch nach der Darlehensauszahlung keine Unterbilanz, da der Darlehensrückzahlungsanspruch aktiviert wird und so ein bloßer Aktivtausch vorliegt. Die h. M. im Schrifttum plädierte gegen ein Ausklammern des Rückzahlungsanspruchs bei der Unterbilanzberechnung.248 In der Tat kann man dem BGH im „Novemberurteil“ eine Nichtberücksichtigung des Rückzahlungsanspruchs in diesem Fall wohl 243 BGHZ
157, 72 (76) („Novemberurteil“). in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 335 (352); gut verdeutlicht durch folgende Metapher: „Der Spatz in der Hand ist zwar besser als die Taube auf dem Dach. Aber die GmbH soll eben ihre Taube gar nicht erst aufs Dach fliegen lassen und nur mit dem Spatz in der Hand darauf warten dürfen, bis die Taube (hoffentlich) zurückgeflogen kommt.“ 245 BGHZ 157, 72 (77) („Novemberurteil“). 246 Vgl. J. Vetter, BB 2004, 1509 (1511). 247 Beispiel nach J. Vetter, BB 2004, 1509 (1512). 248 Altmeppen, ZIP 2006, 1025 (1030 f.); Habersack / Schürnbrand, BB 2006, 288 (289); J. Vetter, BB 2004, 1509 (1514 f.); Wessels, ZIP 2006, 1701 (1703 f.); a. A. Bayer, in: FS Lutter, S. 1011 (1019 ff.). 244 Stimpel,
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nicht unterstellen.249 Dies ergibt sich zum einen aus Formulierungen im Urteil, die an das Bestehen einer Unterbilanz anknüpfen,250 zum anderen aus dem Verweis des BGH auf Stimpel, der sehr deutlich zwischen Unterbilanzberechnung und Auszahlung differenziert251. Auch der damalige Vorsitzende des im Novemberurteil erkennenden II. Zivilsenats wies im Nachgang der Entscheidung darauf hin, dass das Urteil „durch das Bestehen einer Unterbilanz gekennzeichnet war“.252 Diese Problematik soll an dieser Stelle nicht vertieft werden, da sie sich durch die Reform des MoMiG-Gesetzgebers erledigt hat (dazu sogleich). Festgehalten werden soll jedoch, dass die aus der Unklarheit über diese Frage resultierende Rechtsunsicherheit von der Praxis als misslich wahrgenommen wurde. Insbesondere befürchtete man eine erhebliche Einschränkung der Konzernfinanzierungsmöglichkeiten, insbesondere des Cash-Pooling, durch die Nichtberücksichtigung von Rückzahlungsansprüchen bei der Unterbilanzberechnung, da aufsteigende Darlehen solchenfalls nur noch aus freiem Vermögen hätten gewährt werden können.253 c) Reform durch das MoMiG Die große Sorge der Praxis, zukünftig keine effiziente Konzernfinanzierung mehr ermöglichen zu können, rief schließlich den Gesetzgeber auf den Plan. Mit dem MoMiG fügte dieser § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG ein, wonach u. a. dann keine verbotene Auszahlung vorliegt, wenn die Leistung der Gesellschaft durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt ist. Der Gesetzgeber beabsichtigte damit, der restriktiven 249 Irritierend ist jedoch der Leitsatz: „Kreditgewährungen […] zu Lasten des gebundenen Vermögens“. 250 BGHZ 157, 72 (76) („Novemberurteil“): „Bei Unterbilanz der Gesellschaft ist deshalb gegenüber den Gesellschaftern nicht nur der bilanzielle Wert des Gesellschaftsvermögens zu wahren, sondern auch dessen reale Substanz zusammenzuhalten und vor einer Aufspaltung in schuldrechtliche Ansprüche gegen die Gesellschafter zu schützen“. 251 Stimpel, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 335 (352): „Kapitalsicherungsrecht will bei Unterbilanz [Herf. durch Verf.] nicht nur den realen Wert des restlichen Gesellschaftsvermögens bewahren, sondern gegenüber den Gesellschaftern auch dessen Substanz zusammenhalten und dessen Auflösung in nur schuldrechtliche Anprüche gegen den Gesellschafter verhindern“. 252 Goette, DStR 2006, 767 (768). 253 Vgl. etwa die Ausführungen zum Urteil von Bender, BB 2005, 1492 ff.; Cahn, Der Konzern 2004, 235 ff.; Fuhrmann, NZG 2004, 552 (553); Habersack / Schürnbrand, NZG 2004, 689 ff.; Helmreich, GmbHR 2004, 457 ff.; Noack, DB 2006, 1475 (1481 f.); Schilmar, DB 2004, 1411 ff.; J. Vetter, BB 2004, 1509 (1516); Wessels, ZIP 2004, 793; befürwortend hingegen Kerber, ZGR 2005, 437 ff.
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Sichtweise des Novemberurteils entgegen zu wirken. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu:254 „Eine besondere Unsicherheit war durch den Streit darüber entstanden, ob und wann bei einem Synallagma der Gegenanspruch und bei einer Auszahlung mit Kreditcharakter der Rückerstattungsanspruch gegen den Gesellschafter nicht in Ansatz gebracht werden darf. In allen Fällen nämlich, in denen die vertragliche Leistung an den Gesellschafter durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückerstattungsanspruch gegen diesen gedeckt wird, kann es zur Annahme einer verbotenen Auszahlung nur kommen, wenn man den Anspruch auf Gegenleistung oder Rückerstattung geistig ausblendet, also Abschied nimmt von der bilanziellen Betrachtungsweise. Dies würde aber zugleich den Schutz des § 30 von einem Vermögensschutz zu einem gegenständlichen Schutz erweitern. In § 30 Abs. 1 Satz 1 heißt es jedoch, dass das ‚erforderliche Vermögen‘ nicht ausgezahlt werden darf. Das ist auch in der Sache zutreffend. Das Stammkapital ist eine bilanzielle Ausschüttungssperre. Der Entwurf kehrt daher eindeutig zum bilanziellen Denken zurück. Für die Berechnung gelten die allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze. Bei einer Leistung, die durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückerstattungsanspruch gedeckt wird, wird danach ein Aktivtausch vorgenommen.“ Im MPS-Urteil255 gab schließlich auch der BGH die sog. Novemberrechtsprechung auf. Allerdings sind durch die Reform nicht alle Probleme der Finanzierungspraxis gelöst. Insbesondere an den Begriff der „Vollwertigkeit“ knüpfen sich viele Probleme, die in diesem Teil der Arbeit behandelt werden sollen. Die Bearbeitung konzentriert sich dabei auf diejenigen Probleme, die sich primär im Zusammenhang mit aufsteigenden Sicherheiten stellen. 2. Reichweite des Ausnahmetatbestandes bei Sicherheitenbestellungen a) Rückgriffsanspruchsaktivierung nur bei Rückstellungsbildung Wie bereits dargestellt ist die Bestellung einer Sicherheit in vielen Fällen nicht bilanzwirksam, sondern, solange nicht wegen einer drohenden Inanspruchnahme eine Rückstellung gem. § 249 Abs. 1 HGB zu bilden ist, lediglich „unter der Bilanz“ zu vermerken (§ 251 HGB).256 Eine Unterbilanz254 RegE
MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 41. 171, 71 („MPS“). 256 Siehe dazu bereits § 3 C. I. 255 BGHZ
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herbeiführung oder -vertiefung durch die Bestellung einer Sicherheit kommt also nur in Betracht, wenn bereits im Zeitpunkt der Bestellung eine Rückstellung zu bilden ist. In diesem Moment ist allerdings auch der Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter zu aktivieren. Hieraus schließt eine Ansicht im Schrifttum, dass eine Vollwertigkeitsprüfung i. S. v. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG nur dann durchzuführen ist, wenn wegen der drohenden Inanspruchnahme der Sicherheit eine Rückstellung zu bilden ist.257 Konsequenz dessen ist allerdings, dass der Prüfungsmaßstab bei aufsteigenden Sicherheiten von demjenigen bei aufsteigenden Darlehen abweicht. Bei aufsteigenden Darlehen wirkt sich die Darlehensauszahlung immer auf der Aktivseite der Bilanz aus, sodass stets die Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs i. S. v. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG zu prüfen ist. Bei der Bestellung aufsteigender Sicherheiten kommt es zu einer Bilanzerheblichkeit durch Rückstellungsbildung nur dann, wenn im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung bereits mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die Sicherheit auch in Anspruch genommen wird. Dies richtet sich nach den bilanziellen Maßstäben für die Bildung von Rückstellungen. Diese Maßstäbe unterscheiden sich jedoch schon aufgrund der Personenverschiedenheit von Gesellschafter und Sicherungsnehmer von denjenigen für die Bewertung der Vollwertigkeit von Ansprüchen.258 Im Schrifttum wird in diesem Zusammenhang darüber hinaus angeführt, dass ein die Vollwertigkeit hinderndes „konkretes Ausfallrisiko“ schon dann gegeben sein könne, wenn der Eintritt des Sicherungsfalls noch nicht so wahrscheinlich ist, dass eine Rückstellung zu bilden sei.259 b) Meinungsstand Nach der hier vertretenen Ansicht ist ein unterschiedlicher Prüfungsmaßstab für Darlehen und Sicherheiten aufgrund der Parallele zwischen aufsteigenden Sicherheiten und aufsteigenden Darlehen260 nicht begrüßenswert. Auch im Schrifttum wird die Verschiedenheit dieser Prüfungsmaßstäbe vielfach als korrekturbedürftig wahrgenommen, weshalb diverse Lösungsansätze diskutiert werden. 257 Berkefeld, MBO, S. 142 f.; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 97; Kiefer / Theusinger, NZG 2008, 801 (804 f.); Rieckers, in: MHdB GesR, AktR, § 16 Rn. 85 (für § 57 AktG); bereits zur Rechtslage vor dem MoMiG Sonnenhol / Groß, ZHR 159 (1995), 388 (400). 258 Siehe dazu bereits § 3 C. I. 3. 259 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 99, vgl. auch Grigoleit / Rieder, MoMiG, Rn. 217; für Gleichlauf hinsichtlich des Prognosemaßstabs hingegen Tasma, Gläubigerschutz, S. 244 f. 260 Siehe dazu § 3 B. II. 1. c).
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Vor allem in der aktienrechtlichen Literatur wird ganz überwiegend verlangt, dass eine Prüfung der Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs auch dann vorgenommen werden müsse, wenn die Inanspruchnahme der Sicherheit im Zeitpunkt der Bestellung nicht so wahrscheinlich ist, dass eine Rückstellung gebildet werden muss.261 Begründet wird dies mit einem Verweis auf das Deckungsgebot.262 Auch für das GmbH-Recht wird vertreten, dass bei Sicherheitenbestellungen nicht allein die bilanzielle Sicht maßgebend sei, sondern eine Vollwertigkeitsprüfung auch dann vorzunehmen sei, wenn mit der Inanspruchnahme der Sicherheit noch nicht zu rechnen ist.263 Noch strenger wird vereinzelt vertreten, dass der Ausnahmetatbestand des § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG auf aufsteigende Sicherheiten keine Anwendung finde.264 Deshalb sei im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung zu fingieren, dass die Sicherheit in Anspruch genommen werde und ein etwaiger Rückgriffsanspuch gegen den Gesellschafter sei aus Vorsichtsgründen mit “0“ anzusetzen. Konsequenz dessen wäre, dass die Gesellschaft eine Sicherheit nur bestellen dürfte, wenn sie der Verpflichtung aus der Sicherheit im Bestellungszeitpunkt vollständig aus freiem Vermögen nachkommen könnte.265 c) Lösungsansatz über Parallele zum aufsteigenden Darlehen Ausgangspunkt eines Lösungsansatzes muss die aufgezeigte Parallele zwischen Sicherheitenbestellung und Darlehensauskehr sein. Anhand dieser zeigt sich bereits, dass die letztgenannte Ansicht mit der nach dem MoMiG geltenden Rechtslage nicht zu vereinbaren ist.266 Es kann nicht angehen, dass die Gesellschaft ein Darlehen aus gebundenem Vermögen auskehren kann, solange der Rückgewähranspruch im Auszahlungszeitpunkt vollwertig ist, aber keine Bürgschaftsverpflichtung für die Schuld des Gesellschafters übernehmen kann, obwohl ein nach den gleichen Maßstäben bewerteter Rückgriffsanspruch im Bestellungszeitpunkt vollwertig wäre. Die strukturelle Vergleichbarkeit von Darlehen und Sicherheit könnte es streng genommen jedoch auch verlangen, dass die Vollwertigkeit des Rück261 Laubert, in: Hölters, AktG, § 57 Rn. 23; Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (152); a. A. Fridrich, Fremdfinanzierte Übernahme, S. 169 f. 262 Laubert, in: Hölters, AktG, § 57 Rn. 23; Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (152). 263 Gärtner, Cash Pooling, S. 454; Fastrich, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 62; Schmolke, Kapitalerhaltung, § 30 GmbHG Rn. 105. 264 Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 30 Rn. 36. 265 So konsequent Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 30 Rn. 36. 266 So auch Berkefeld, MBO, S. 138.
C. Herbeiführung oder Vertiefung einer Unterbilanz89
griffsanspruchs im Falle der Sicherheitenbestellung immer überprüft werden muss. In vielen Fällen wäre diese Prüfung allerdings für die Feststellung eines Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 GmbHG ohne jegliche Relevanz, da es an einer Unterbilanzherbeiführung oder -vertiefung durch die Sicherheitenbestellung fehlt, wenn keine Rückstellung gebildet werden muss. Das Bilanzrecht differenziert hier nicht zwischen aufsteigenden Besicherungen zugunsten eines Gesellschafters und solchen Besicherungen ohne Gesellschafterbezug. Das Vorliegen einer Unterbilanz ist jedoch konstitutives Tatbestandsmerkmal von § 30 GmbHG.267 Es verbleibt deshalb nur ein Anwendungsfall für die Vollwertigkeitsprüfung trotz fehlender Rückstellung: Einzig im Stadium der Unterbilanz ist zu prüfen, ob der Rückgriffsanspruch vollwertig ist, obwohl eine Rückstellung mangels überwiegender Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit nicht gebildet werden muss. Ist die Vollwertigkeit in diesem Fall zu verneinen (was eine Ausnahme darstellen dürfte), so liegt eine reale Vermögensminderung im Stadium der Unterbilanz vor. Eine weitergehende vereinzelt vertretene Ansicht, die im Stadium der Unterbilanz selbst bei Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs eine reale Vermögensminderung annehmen will,268 überzeugt hingegen nicht. Auch sie verkennt die Wertungsparallele zwischen Sicherheitenbestellung und Darlehensgewährung.269 Für letztere hat der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt, dass auch im Stadium der Unterbilanz eine Darlehensgewährung möglich sein soll, solange ein vollwertiger Rückzahlungsanspruch besteht. Letztlich ist auch die Sicherheitenbestellung die Gewährung eines (Haftungs-)Kredits.270 Solange folglich der Rückgriffsanspruch vollwertig ist, ist auch die Sicherheitenbestellung im Stadium der Unterbilanz zulässig. 3. Kriterien für die Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs bei der Bestellung aufsteigender Sicherheiten Ist durch den Gesetzgeber klargestellt, dass die Gewährung aufsteigender Darlehen keinen Verstoß gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG zur Folge hat, sofern der Darlehensrückzahlungsanspruch vollwertig ist, so stellt sich die Frage, wie dies auf die Bestellung aufsteigender Sicherheiten zu übertragen ist. Als Äquivalent des Rückzahlungsanspruchs kann es im Fall der Sicher267 Ob dieses Merkmal für einen Verstoß gegen § 30 GmbHG vorliegen muss, ist umstritten. Siehe dazu bereits § 3 A. II. 268 J. Vetter, in: Goette / Habersack, MoMiG, Rn. 4.76; Westermann, DZWiR 2008, 485 (494). 269 So zu Recht Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 98; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 99. 270 Siehe dazu im Detail § 3 B. II. 1. c).
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heitenbestellung nur auf die Vollwertigkeit des Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs der Gesellschaft ankommen.271 Im Folgenden sind zunächst allgemeine Grundsätze zum Vollwertigkeitserfordernis zu erarbeiten, bevor auf spezielle Fragestellungen eingegangen werden soll, die sich im Zusammenhang mit der Gewährung aufsteigender Sicherheiten stellen. a) Allgemeines zum Vollwertigkeitserfordernis In der Gesetzesbegründung verweist der Reformgesetzgeber bezüglich der Vollwertigkeit auf bilanzielle Grundsätze.272 Entscheidend ist demnach, ob der Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruch zu 100 % in der Bilanz angesetzt werden könnte. Unerheblich ist, dass ein tatsächliches Ansetzen in der Bilanz nicht erfolgt, wenn keine Rückstellung wegen drohender Inanspruchnahme zu bilden ist. Im Stadium der Unterbilanz hat eine Vollwertigkeitsprüfung trotzdem zu erfolgen.273 Vorweggeschickt sei, dass im Rahmen der Vollwertigkeitsprüfung das Vorsichtsprinzip zu beachten ist, wonach bei Prognoseentscheidungen alle wertbeeinflussenden Risikofaktoren möglichst kritisch beim Wertansatz zu berücksichtigen sind und im Zweifel ein ungünstiger Verlauf der Dinge zugrunde zu legen ist.274 Das Aufstellen von konkreten Prüfungsmaßstäben für die Vollwertigkeit gestaltet sich schwierig. Die Rechtsprechung und der überwiegende Teil des Schrifttums nähern sich dem Begriff der Vollwertigkeit deshalb zunächst im Wege einer negativen Abgrenzung. Einigkeit besteht dahingehend, dass das allgemeine Kreditrisiko, das jedem Austauschgeschäft innewohnt, die Annahme der Vollwertigkeit nicht ausschließt, mit anderen Worten eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Anspruchsrealisierung nicht erforderlich ist.275 Besteht hingegen, wie es der BGH in der MPS-Entscheidung formuliert hat,276 ein „konkretes Ausfallrisiko“ basierend auf begründeten Zweifeln an der Einbringlichkeit der Forderung, die nicht durch werthaltige Sicherheiten ausgeräumt werden können, ist die Forderung bilanziell abzuwerten. In diesem Fall wäre nicht mehr von Vollwertigkeit 271 Winter,
DStR 2007, 1484 (1488). MoMiG BT-Drucks. 16 / 6140, S. 41. 273 Siehe zuvor unter § 3 C. II. 2. c). 274 Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (152); Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (446). 275 BGHZ 179, 71 (78) („MPS“); Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 104 f.; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 85. 276 BGHZ 179, 71 (78) („MPS“). 272 RegE
C. Herbeiführung oder Vertiefung einer Unterbilanz91
auszugehen.277 Damit dürfte der Vollwertigkeitsbegriff aber nur grob umrissen sein. Die Details des Vollwertigkeitsbegriffes sind, insbesondere im Zusammenhang mit aufsteigenden Sicherheiten, noch nicht geklärt. Worauf stützt sich die Prognose hinsichtlich des Ausfallrisikos? Nach welchen Maßstäben bestimmt sich die Bonität des Schuldners? Ist für die Vollwertigkeit eine Verzinsung resp. Avalprovision erforderlich? Können bei LBO-Transaktionen die Erträge der Zielgesellschaft berücksichtigt werden? Wie ist mit der fehlenden Risikodiversifikation („Klumpenrisken“) umzugehen? Diese Fragen gilt es im Folgenden zu klären. b) Bonität des Schuldners Ein maßgebliches Kriterium für die bilanzielle Bewertung eines Anspruchs ist die Bonität des Schuldners.278 Für die Bonitätsbewertung ist von der Fortführung des Unternehmens des Gesellschafters auszugehen und es sind keine Zerschlagungswerte zugrunde zu legen.279 Denn auch wenn die Sicherheit für den Fall der wirtschaftlichen Schieflage des Gesellschafters bestellt ist, so darf dies nicht als Regelfall unterstellt werden. Zudem ist die Inanspruchnahme der Sicherheit nicht automatisch gleichbedeutend mit der Insolvenz des Gesellschafters.280 Auch sonst stellen Fortführungswerte den Maßstab der handelsbilanziellen Forderungsbewertung dar.281 Eine Anspruchsabwertung aufgrund der Bonität des Schuldners wegen einer längeren Dauer der Besicherung ist (analog zur Darlehensgewährung) aus der maßgeblichen bilanziellen Sicht nur geboten, wenn innerhalb der Laufzeit der Besicherung mit einer Bonitätsverschlechterung gerechnet werden muss.282 Negativ auf die Bonität des Gesellschafters wirken sich das Ausschöpfen von Kreditlinien, eine hohe Verschuldung oder absehbare Einnahmenrückgänge aus.283 Entsprechende Informationen muss sich die Gesellschaft vor Bestellung der Sicherheit beschaffen. Hierfür kann sie entweder auf öffent277 Allg. M., siehe BGHZ 179, 71 (78) („MPS“); Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 244; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 105; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 85; Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (446 f.). 278 Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (446 f.). 279 Kiefer / Theusinger, NZG 2008, 801 (805); Rieckers, in: MHdB GesR, AktR, § 16 Rn. 85; a. A. Spindler, ZHR 171 (2007), 246 (256) zur Rechtslage vor dem MoMiG. 280 Kiefer / Theusinger, NZG 2008, 801 (805). 281 Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (394) m. w. N. 282 Vgl. Wilhelmi, WM 2009, 1917 (1919). 283 Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (447).
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lich zugängliche Informationen (Jahresabschluss, Lage- und Prüfungsbericht) zugreifen284 oder einen ihr zustehenden Auskunftsanspruch aus der vertikalen Treuepflicht geltend machen285. Ein deutliches Indiz, aber kein zwingendes Erfordernis für eine gute Bonität stellen, sofern vorhanden, entsprechende Bewertungen von Rating-Agenturen dar.286 Obwohl es sich bei der Einschätzung hinsichtlich der Ausfallwahrscheinlichkeit um eine Prognose, also eine zukunftsgerichtete Entscheidung handelt, fließt auch das bisherige Verhalten des Schuldners in die Bewertung ein.287 Sind in der Vergangenheit bereits Zahlungen ausgeblieben oder nur verspätet erfolgt, so muss dies berücksichtigt werden.288 c) Notwendigkeit einer Avalprovision Unklar ist, ob für die Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs die Zahlung einer Avalprovision durch den Gesellschafter erforderlich ist. Dieser Streit entspricht demjenigen über die Notwendigkeit einer angemessenen Verzinsung beim Darlehen. Eine strukturelle Vergleichbarkeit von Darlehensgewährung und Sicherheitenbestellung wurde bereits herausgearbeitet.289 Im Folgenden soll deshalb zunächst eine Lösung für die Verzinsung bei aufsteigenden Darlehen gefunden werden. Im Anschluss soll untersucht werden, inwieweit sich die gefundene Lösung auf aufsteigende Sicherheiten übertragen lässt. aa) Parallelproblematik: Verzinsung beim aufsteigenden Darlehen Für die Notwendigkeit einer Verzinsung bei aufsteigenden Darlehen im Hinblick auf die Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs ergibt der Blick auf das Schrifttum ein gespaltenes Bild. Teilweise wird stets eine angemessene Verzinsung verlangt.290 Die Gegenansicht steht auf dem Standpunkt, dass für die Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs nur auf die Bewertung des Anspruchs hinsichtlich der Darlehensvaluta und nicht der Zinsen 284 Wirsch,
Der Konzern 2009, 443 (447). dieser Anspruch anzuerkennen ist, ist umstritten; siehe dazu die Nachweise unter § 6 A. I. 2. c) bb). 286 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 86; ausführlich Cahn, Der Konzern 2009, 67 (74). 287 Schubert / Röscher, Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 253 HGB Rn. 588. 288 Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (447). 289 Siehe dazu § 3 B. II. 1. c). 290 Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 246; Hirte, ZinsO 2008, 689 (692); Söhner, Gläubigerschutz, S. 86 f.; Spliedt, ZIP 2009, 149 (150); Wicke, GmbHG, § 30 Rn. 10. 285 Ob
C. Herbeiführung oder Vertiefung einer Unterbilanz93
abzustellen sei.291 Hieraus wird dann entweder der Schluss gezogen, dass auf eine Verzinsung vollständig verzichtet werden könne292 oder eine fehlende Verzinsung stets eine eigenständige Auszahlung darstelle, die von der Frage der Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs zu trennen sei293. Eine weitere, vermittelnde Ansicht will eine Verzinsung nur verlangen, sofern die Darlehenslaufzeit mehr als ein Jahr beträgt.294 Die Kontroverse rührt aus der Unklarheit über die Frage, wie streng der Gesetzgeber die bilanzielle Betrachtungsweise auf das Vollwertigkeitsgebot in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG angewendet wissen will. Eine Lösung des Problems kann daher nur erarbeitet werden, wenn zunächst die bilanzrechtlichen Folgen einer (fehlenden) Verzinsung dargestellt und diese sodann in einen systematischen Zusammenhang mit § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG gebracht werden. Betrachtet man die bilanziellen Auswirkungen einer fehlenden Verzinsung, so ist festzustellen, dass erst bei einer Kreditlaufzeit von mehr als einem Jahr die Rückzahlungsforderung in der Bilanz niedriger als mit dem Nominalwert anzusetzen ist, also diskontiert werden muss.295 Nur bei einer längeren Laufzeit als ein Jahr liegt folglich trotz fehlender Verzinsung kein bilanzneutraler Aktivtausch mehr vor, sondern Darlehensvalutierung und Rückzahlungsanspruch stehen sich unausgeglichen gegenüber. Als Grund für die Jahresgrenze wird die Vereinfachung der Bilanzaufstellung in der Praxis angeführt.296 Mit dieser bilanziellen Praxis argumentiert die oben dargestellte Ansicht, die sich bei Darlehen mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr gegen eine Verzinsungspflicht ausspricht. Würde man dieser Ansicht folgen, hätte dies zur Konsequenz, dass aufsteigende Darlehen mit kurzer Laufzeit, wie sie etwa in Cash-Pool-Systemen üblich sind, auch im Stadium der Unterbilanz ohne Verzinsung vergeben werden könnten, ohne dass es zu einem Verstoß gegen das Auszahlungsverbot käme.297 291 Fastrich, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 56; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 106; Rhode / Schmidt, NWB 2008, 3783 (3790 f.), widerspr. dann aber das Fazit auf S. 3792; Rothley / Weinberger, NZG 2010, 1001 (1005); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 93 ff. 292 Rothley / Weinberger, NZG 2010, 1001 (1005). 293 Fastrich, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 56; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 106; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 94. 294 Kiefer / Theusinger, NZG 2008, 801 (804); Drygala / Kremer, ZIP 2007, 1289 (1293); Gehrlein, Der Konzern 2007, 771 (785); Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (152). 295 Schubert / Roscher, in: Beck’scher Bilanzkommentar, § 253 Rn. 592. 296 Schubert / Roscher, in: Beck’scher Bilanzkommentar, § 253 Rn. 592. 297 So Drygala / Kremer, ZIP 2007, 1289 (1293).
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Eine derartige Auslegung von § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG hätte jedoch fragwürdige Konsequenzen: Sie würde letztlich zu einer Privilegierung der Darlehensvergabe im Vergleich zu anderen unausgeglichenen Austauschgeschäften führen.298 Dies widerspricht der Intention des MoMiG-Gesetzgebers. Dieser wollte der November-Judikatur des BGH entgegentreten.299 Maßgeblicher Kritikpunkt des BGH an der bisherigen Praxis der Darlehensvergabe an Gesellschafter vor dem „Novemberurteil“ war der „Austausch“ von Stammkapital gegen einen schuldrechtlichen Rückzahlungsanspruch, da ersteres einer strengeren Bindung unterliegt.300 Dieser Judikatur trat der Gesetzgeber entgegen, indem die Vollwertigkeit des Stammkapitalsubstituts (des Rückgewähranspruchs) als ausreichende Kompensation für die „Weggabe des Stammkapitals“ angesehen werden soll. Das Stammkapitalsubstitut ist dabei konkret in dem Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta zu sehen. Daraus lässt sich schließen, dass mit „Vollwertigkeit“ in diesem Zusammenhang nur die Einbringlichkeit der Forderung hinsichtlich der Darlehensvaluta gemeint sein kann.301 Diese stellt das (zulässige) Substitut für das Stammkapital dar. Es wäre jedoch verfehlt, hieraus abzuleiten, dass eine Verzinsung vollständig unterbleiben kann.302 Dem Gesetzgeber ging es darum, wirtschaftlich sinnvolle Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter zuzulassen und insbesondere für das in der Praxis wichtige (und ökonomisch sinnvolle) Cash-Pooling eine sichere rechtliche Grundlage zu schaffen.303 Es war nicht das Ziel der Reform, unausgeglichene Austauschgeschäfte für den Fall der Darlehensgewährung vom Verbot auszunehmen.304 Die Frage der Gegenleistung des Gesellschafters in Form der Verzinsung ist deshalb von der Frage der Vollwertigkeit des Anspruchs auf Rückzahlung der Darlehensvaluta strikt zu trennen:305 Während die Darlehensvergabe im Falle eines vollwertigen Rückzahlungsanspruchs hinsichtlich der Darlehensvaluta auch im Stadium der Unterbilanz keinen Verstoß gegen das Auszahlungsverbot begründen kann, da insofern § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG greift, gilt dies nicht für die fehlende Verzinsung. Wird das Darlehen nicht verzinst, ist in der mangelnden Kompensa 298 Verse,
in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 94. dazu oben unter § 3 C. II. 1. c). 300 BGHZ 157, 72 (76) („Novemberurteil“). 301 Rothley / Weinberger, NZG 2010, 1001 (1005); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 94. 302 So aber Rothley / Weinberger, NZG 2010, 1001 (1005). 303 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 94. 304 So aber Rothley / Weinberger, NZG 2010, 1001 (1005 f.). 305 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 106; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 94; vgl. auch BGHZ 179, 71 (80) („MPS“). 299 Siehe
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tion für die Nutzungsmöglichkeit des Kapitals ein realer Vermögensabfluss und folglich eine Auszahlung zu sehen. Dieser wird beim Cash-Pooling auch nicht durch die „vage Chance“ aufgewogen, möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt selbst ein Darlehen gewährt zu bekommen.306 Eine reale Vermögensminderung ist im Stadium der Unterbilanz stets verboten,307 kann aber, soweit der Rückzahlungsanspruch wegen der fehlenden Verzinsung bilanziell abzuwerten ist, auch eine Unterbilanz herbeiführen bzw. vertiefen. Hiergegen könnte nun eingewendet werden, dass der vom Gesetzgeber geforderten „Rückkehr zur bilanziellen Betrachtungsweise“308 nicht ausreichend Rechnung getragen werde.309 In der Tat stellt der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zum MoMiG klar, dass er die Vollwertigkeit im Rahmen von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG grundsätzlich bilanziell verstanden wissen will.310 Allerdings war der Gesetzgeber sich der Schwächen der bilanziellen Bewertung bewusst, weshalb mit dem sog. „Deckungsgebot“ ein Korrektiv in den Ausnahmetatbestand aufgenommen worden ist.311 In § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG heißt es deshalb, dass die Leistung der Gesellschaft durch den Rückgewähranspruch „gedeckt“ sein muss. Dies bedeutet, dass bei einem Austauschvertrag der Zahlungsanspruch gegen den Gesellschafter nicht nur bilanziell betrachtet vollwertig sein muss, sondern den geleisteten Gegenstand auch wertmäßig nach Marktwerten und nicht nur nach Abschreibungswerten „decken“ muss.312 Daher können etwa stille Reserven der Gesellschaft im Stadium der Unterbilanz nicht zum Buchwert an den Gesellschafter übertragen werden. Vielmehr soll in diesem Fall eine wirtschaftliche Betrachtung entscheidend sein. In der Sache erfährt folglich das durch die bilanzielle Betrachtung erzielte Ergebnis eine Korrektur. Nicht anders kann der Fall für die fehlende Verzinsung des Darlehens liegen. Mit dem Nutzungswert der Darlehensvaluta geht ein Vermögensvorteil auf den Gesellschafter über, der in der Bilanz im Fall von Darlehen mit einer Laufzeit von unter einem Jahr nicht abgebildet wird. Eine Korrektur ist hier ebenso geboten wie im Fall der Auszahlung stiller Reserven. Aber nicht nur wegen der Nichtabbildung der fehlenden Verzinsung in der Bilanz ist eine Korrektur geboten. Auch das Gegenteil, eine Überkompensation durch die 306 Zutreffend Spliedt, ZIP 2009, 149 (150); a. A. Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 119; Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (157) (für den Nachteilsbegriff gem. § 311 AktG). 307 Siehe dazu bereits § 3 B. II. 1. a). 308 Zu diesem wenig hilfreichen Schlagwort siehe bereits § 3 B. II. 1. a). 309 So ist wohl der Einwand von Rothley / Weinberger, NZG 2010, 1001 (1005) zu verstehen. 310 RegE MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 41. 311 Mülbert / Leuschner, NZG 2009, 281 (283). 312 RegE MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 41.
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Verzinsung in der Bilanz, kann eintreten:313 Würde man Verzinsung und Anspruch auf die Darlehensvaluta vermengen, so hätte dies die fragwürdige Konsequenz, dass ein erhöhter Zinssatz ein erhöhtes Ausfallrisiko kompensieren könnte, was ersichtlich nicht der gesetzgeberischen Konzeption entspricht.314 Ließe man zinsfreie Darlehen mit einer Laufzeit unter einem Jahr kapitalerhaltungsrechtlich zu, könnte dies darüber hinaus durch entsprechende Finanzierungsgestaltungen ausgenutzt werden, indem die Darlehenslaufzeit jeweils auf ein Jahr beschränkt wird.315 Zusammenfassend ist deshalb festzuhalten, dass eine Verzinsung des aufsteigenden Darlehens für die Vollwertigkeit des Rückzahlungsanspruchs hinsichtlich der Darlehensvaluta nicht erforderlich ist. Allerdings kann eine fehlende Verzinsung selbst eine verbotsrelevante Auszahlung darstellen, weshalb auch bei Darlehen mit einer Laufzeit von weniger als einem Jahr eine Verzinsung zu fordern ist. Die Höhe der Zinsen bestimmt sich dabei anhand eines Drittvergleichs.316 Der Verzicht auf eine Verzinsung ist im Stadium der Unterbilanz stets untersagt, da aufgrund eines unausgeglichenen Austauschgeschäfts (unabhängig von der für die bilanzielle Bewertung maßgeblichen Jahresfrist) eine reale Vermögensminderung vorliegt. Besteht noch keine Unterbilanz, so ist zu fragen, ob eine solche durch die Nichtverzinsung des Darlehens herbeigeführt wird. Erst in diesem Zusammenhang ist die bilanzielle Abwertung des Rückzahlungsanspruchs aufgrund der fehlenden oder unzureichenden Verzinsung zu berücksichtigen. bb) Übertragung des Ergebnisses für den Fall der Sicherheitenbestellung Ist für aufsteigende Darlehen somit klargestellt, dass eine Verzinsung des Darlehens erforderlich ist, so ist zu untersuchen, ob dies auch für die Avalprovision im Fall der Bestellung aufsteigender Sicherheiten gilt. Grundsätzlich lässt sich aufgrund der Wertungsparallele zwischen aufsteigender Sicherheit und aufsteigendem Darlehen eine Gleichbehandlung von Verzinsung und Avalprovision befürworten.317 Zwar stellt die Verzinsung eine Kompensation für die fehlende Nutzungsmöglichkeit des überlassenen Kapitals dar, während bei den meisten Formen der Besicherung die Nutzungsmöglichkeit 313 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 106; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 94. 314 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 106; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 94. 315 Söhner, Gläubigerschutz, S. 87. 316 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 106. 317 So auch Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 100.
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des Sicherungsguts der Gesellschaft erhalten bleibt, allerdings ist die Verzinsung immer auch eine Kompensation für die Übernahme des Insolvenzrisikos. Diesen Zweck erfüllt eine Avalprovision ebenfalls, da auch bei der Gewährung aufsteigender Sicherheiten das Insolvenzrisiko übernommen wird.318 Dennoch könnte die bilanzielle Behandlung von aufsteigenden Sicherheiten ein anderes Ergebnis rechtfertigen. Ist im Moment der Sicherheitenbestellung die Kreditwürdigkeit des Gesellschafters nicht zweifelhaft, so ist eine Inanspruchnahme aus der Sicherheit nicht überwiegend wahrscheinlich und keine Rückstellung zu bilden. Deshalb hat die Sicherheit grundsätzlich keine bilanziellen Auswirkungen, sondern ist lediglich unter der Bilanz zu vermerken (§ 251 HGB).319 Ferner ist auch ein Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter nicht zu aktivieren. Aus diesem Grund kann sich auch das Fehlen einer eventuell zu gewährenden Avalprovision in der Bilanz nicht mindernd auf diesen Anspruch auswirken. Die dargestellte Problematik um die bilanzielle Abzinsung des Rückzahlungsanspruchs beim Darlehen stellt sich deshalb für die Avalprovision jedenfalls solange nicht, bis eine Rückstellung für die Inanspruchnahme der Sicherheit gebildet werden muss. Aber auch im Fall der Rückstellungsbildung ist zweifelhaft, ob die fehlende Avalprovision bilanzrechtlich zu einer Abzinsung des Freistellungsanspruchs führen kann.320 Denn der Darlehensrückzahlungsanspruch wird abgezinst, weil die Darlehensmittel der Gesellschaft erst in Zukunft zur Verfügung stehen. Bei Realsicherheiten steht dem Sicherungsgeber der Sicherungsgegenstand dagegen regelmäßig während der Dauer der Besicherung zur Verfügung. Bei schuldrechtlichen Sicherheiten besteht nur die Verpflichtung zum zukünftigen Mittelabfluss. Wahrscheinlicher erscheint deshalb, dass eine fehlende Avalprovision bilanziell praktisch nicht erfassbar ist. Dies ändert aber nichts daran, dass durch das Fehlen der Avalprovision ein realer Vermögensabfluss von der Gesellschaft zum Gesellschafter vorliegt. Schließlich ist eine Avalprovision ebenso wie die Verzinsung ein Ausgleich für die Übernahme eines Insolvenzrisikos, das mit kompensationsbedürftigen Nachteilen bei der Gesellschaft verbunden ist. Besonders deutlich wird dies am Beispiel von dinglichen Sicherheiten. Hier ist die Veräußerbarkeit des belasteten Gegenstandes wegen der Risikobelastung unter Umständen erheblich eingeschränkt. Zudem kann zugunsten der Gläubiger der Gesellschaft nur noch eine nachrangige Sicherheit bestellt werden. Engert, BB 2005, 1951 (1953). dazu im Detail unter § 3 C. I. 320 Die bilanzrechtliche Literatur geht auf die Erfassung einer fehlenden Avalprovision soweit ersichtlich nicht ein. 318 Vgl.
319 Siehe
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Aber auch Personalsicherheiten haben Nachteile, für welche die Avalprovision eine Kompensation darstellt. So besteht etwa die Gefahr, dass die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft von potentiellen Geschäftspartnern schlechter bewertet wird. Da aber die Nichtgewährung einer Avalprovision keine bilanziellen Auswirkungen hat, kann durch sie keine Unterbilanz hervorgerufen oder vertieft werden. Nur sofern sich die Gesellschaft im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung im Stadium der Unterbilanz befindet, muss folglich aus kapitalerhaltungsrechtlicher Sicht eine Avalprovision für die Sicherheitenbestellung verlangt werden. Ableiten lässt sich dies aus dem Deckungsgebot. Hierin liegt demnach ein Unterschied zur fehlenden Verzinsung beim aufsteigenden Darlehen. Die Höhe der zu verlangenden Avalprovision sollte sich ebenso wie die Höhe des Zinssatzes an einem Drittvergleich orientieren. Dabei ist jedoch zu beachten, dass etwaige Klumpenrisiken in diesem Zusammenhang außer Betracht bleiben müssen (dazu sogleich). d) Berücksichtigung von „Klumpenrisiken“ Umstritten ist, inwieweit bei der Prüfung der Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs ein sog. „Klumpenrisiko“ zu berücksichtigen ist. Damit ist das Risiko gemeint, dass sich unabhängig von der Vermögenssituation des Gesellschafters daraus ergibt, dass die Gesellschaft (im Gegensatz etwa zu einem Kreditinstitut) das Ausfallrisiko nicht auf mehrere Schuldner verteilen kann.321 Die Gesellschaft legt bildlich gesprochen „alle Eier in einen Korb“322. Diese Problematik entfaltet besondere Relevanz bei der aufsteigenden Besicherung im Rahmen von Cash-Pool-Systemen. Bei diesen kann die Besicherung einen großen Umfang annehmen und erfolgt üblicherweise nur zugunsten der Betreibergesellschaft (entweder der Konzernmutter oder einer zwischengeschalteten Holding), eine Risikodiversifikation durch Portfoliobildung findet nicht statt. Bei LBO-Transaktionen sind Klumpenrisiken schwieriger zu identifizieren. Bei diesen besichert die Gesellschaft den Akquisitionskredit des Gesellschafters häufig in einem so großen Umfang, dass wegen der fehlenden Risikodiversifikation durchaus von einem Klumpenrisiko gesprochen werden kann. Allerdings ist dieses Risiko mittelbar an die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft geknüpft, da die Erwerbsgesellschaft die Kreditrückzahlung mit Mitteln erbringt, die ihr von der Zielgesellschaft ausgeschüttet worden sind. Gerät die Kreditrückzahlung ins Stocken, so droht die Inan321 Verse,
in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 86. NJW 2009, 814 (815).
322 Kropff,
C. Herbeiführung oder Vertiefung einer Unterbilanz99
spruchnahme der Sicherheit. Es könnte deshalb argumentiert werden, dass die Gesellschaft mittelbar ihr eigenes Unternehmensrisiko trage, welches nicht als „Klumpenrisiko“ einzustufen wäre. Allerdings ist zu beachten, dass es für das Auslösen des Sicherungsfalls bereits ausreichend ist, dass die erwartete Unternehmensentwicklung (auf der die Kreditrückzahlungsvereinbarung basiert) hinter der tatsächlichen zurückbleibt. Die Gesellschaft trägt beim LBO also nicht nur ihr eigenes Unternehmensrisiko, sondern auch noch das Investitionsrisiko der erwerbenden Gesellschaft. Aus diesem Grund stellt sich die Problematik um Klumpenrisiken auch bei LBO-Transaktionen.323 Teilweise wird vorgeschlagen, das Klumpenrisiko durch eine bilanzielle Korrektur in Form einer Pauschalwertberichtigung auf den Rückgriffsanspruch abzubilden.324 Diese Ansicht ist in der Literatur jedoch zu Recht auf Ablehnung gestoßen.325 Maßgeblich entgegenhalten lässt sich ihr, dass es an einem bilanzrechtlichen Bewertungsmaßstab für Klumpenrisiken fehlt.326 Zudem wollte der Gesetzgeber durch die Berufung auf bilanzielle Maßstäbe für die Vollwertigkeit gerade das „im Grundsatz ökonomisch sinnvolle“ Cash-Pooling auf eine rechtliche Grundlage stellen, bei dem „Klumpenrisiken“ typisch sind.327 Aus dieser gesetzgeberischen Intention folgert nun ein anderer Teil des Schrifttums, dass etwaige Klumpenrisiken nur in Cash-Pool-Situationen unberücksichtigt bleiben sollen; bei sonstigen aufsteigenden Sicherheiten und Darlehen müsse hingegen anhand einer „wertenden Gesamtschau im Einzelfall“ überprüft werden, ob eine geschäftspolitisch nicht mehr zu verantwortende Risikokonzentration vorliegt.328 Folgte man dieser Ansicht, so müssten Klumpenrisiken bei typischen LBO-Besicherungen regelmäßig zu einem Bewertungsabschlag führen. Vorzugswürdig erscheint jedoch eine für das Kapitalerhaltungsrecht einheitliche Lösung dahingehend, etwaige Klumpenrisiken bei der Vollwertigkeitsprüfung nicht zu berücksichtigen. Hierfür 323 Ebenso U. H. Schneider, in: FS Döllerer, S. 537 (543); Söhner, ZIP 2011, 2085 (2088); ders., Gläubigerschutz, S. 88. 324 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 105; Hentzen, ZGR 2005, 480 (504 f.); Kropff, NJW 2009, 814 (815 Fn. 3); U. H. Schneider, in: FS Döllerer, S. 537 (543). 325 Drygala, in: KöKo, AktG, § 57 Rn. 70 (für die AG); Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 244; Fleischer / Schmolke, ZHR 173 (2009), 649 (684); Thole, ZinSO 2011, 1425 (1426); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 86. 326 Fleischer / Schmolke, ZHR 173 (2009), 649 (684); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 86; J. Vetter, in: Goette / Habersack, MoMiG, Rn. 4.46. 327 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 86. 328 Fleischer / Schmolke, ZHR 173 (2009), 649 (685); zustimmend Söhner, ZIP 2011, 2085 (2088); ders., Gläubigerschutz, S. 88.
100
§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
spricht der vom Gesetzgeber allgemein gehaltene Wortlaut der Ausnahme in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG, dem sich keine Einschränkung auf CashPool-Situationen entnehmen lässt. Auch beschränkt sich die Gesetzesbegründung nicht auf den Cash-Pool, sondern führt diesen lediglich als praxisrelevanten Fall an.329 Darüber hinaus wäre die rechtliche Situation außerhalb von Cash-Pool-Situationen erheblicher Rechtsunsicherheit ausgesetzt, da es an einheitlichen Maßstäben für eine einzelfallbezogene Bewertung von Klumpenrisiken fehlt.330 Letztlich liegt eine einheitliche Behandlung auch auf der Linie der bisherigen BGH-Rechtsprechung. Dieser hat im Zusammenhang mit der Kapitalaufbringung betont, dass ein „Sonderrecht“ für Cash-Pool-Systeme nicht anzuerkennen sei.331 Für die Kapitalerhaltung kann in diesem Kontext nichts Anderes gelten.332 Die besseren Argumente sprechen daher dafür, Klumpenrisiken bei der Bestimmung der Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG nicht zu berücksichtigen. e) Vollwertigkeit bei Besicherung in LBO-Konstellationen Insbesondere für LBO-Transaktionen wird die Vollwertigkeit von Rückgriffsansprüchen verstärkt diskutiert. Ausgangspunkt für die Kontroverse ist dabei eine Formulierung in der Gesetzesbegründung zum MoMiG. Diese nennt als Beispiel für eine regelmäßig nicht vollwertige Forderung einen Anspruch gegen eine „mit geringen Mitteln ausgestattete Erwerbs gesellschaft“333. Dies ist im Schrifttum vielfach zum Anlass genommen worden, die Besicherung und die Darlehensgewährung in typischen LBOKonstellationen, in denen die Erwerbsgesellschaft ein bloßes „Erwerbsvehi329 Vgl. RegE MoMiG BT-Drucks. 16 / 6140 S. 41: „Die Ergänzung des § 30 Abs. 1 durch einen zweiten Satz (und parallel die Änderung des § 57 AktG) erfolgt vor dem Hintergrund der Unsicherheit über die Zulässigkeit von Darlehen und anderen Leistungen mit Kreditcharakter durch die GmbH an Gesellschafter (upstreamloans) im Allgemeinen und der in Konzernen sehr verbreiteten Praxis des sog. CashPooling im Besonderen.“; a. A. Söhner, ZIP 2011, 2085 (2088), der in der Gesetzesbegründung einen Anhaltspunkt für die Differenzierung erblickt. 330 Mülbert / Leuschner, NZG 2009, 281 (282 f.) sprechen gar von einer „Unmöglichkeit, das dem einzelnen Darlehen anhaftende unsystematische Ausfallrisiko durch einen Risiko(zins)aufschlag zu kompensieren“. 331 BGHZ 166, 8 (1. LS.) („Cash-Pool I“): „Die in ein Cash-Pool-System einbezogenen Gesellschaften mit beschränkter Haftung unterliegen – ohne dass ein ‚Sonderrrecht‘ für diese Art der Finanzierung anerkannt werden könnte – bei der Gründung und der Kapitalerhöhung den Kapitalaufbringungsvorschriften des GmbHG und den dazu von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen.“ 332 Vgl. Bayer / Lieder, GmbHR 2006, 1121 (1121). 333 RegE MoMiG BT-Drucks. 16 / 6140 S. 41.
C. Herbeiführung oder Vertiefung einer Unterbilanz101
kel“ ist,334 als im Hinblick auf das Vollwertigkeitsgebot grundsätzlich problematisch einzustufen.335 Allerdings lassen sich diese Zweifel nicht verallgemeinern.336 Auch für LBO-Transaktionen gilt es, den bilanziellen Vollwertigkeitsmaßstab anzuwenden. Deshalb muss die Vermögenssituation des Gesellschafters, also der Erwerbsgesellschaft, bewertet werden. Nun könnte argumentiert werden, dass diese wegen der geringen Eigenkapitalausstattung über kein nennenswertes Vermögen verfügt, sodass der Rückgriffsanspruch der Gesellschaft nicht als vollwertig angesehen werden kann.337 Damit bliebe aber ein erheblicher Vermögensgegenstand bei der Erwerbsgesellschaft unberücksichtigt. Im Regelfall hält diese alle Anteile an der Zielgesellschaft. Befindet sich letztere in einer wirtschaftlich guten Situation und genügt der durch sie generierte Cashflow, um die vom Gesellschafter aufgenommenen Darlehen zurückzuzahlen, so stellen die Anteile an der Zielgesellschaft einen sehr wertvollen Vermögensgegenstand dar. Im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung, als dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Bewertung der Vollwertigkeit des Freistellungsanspruchs, wird die Vermögenssituation der Zielgesellschaft deshalb regelmäßig entsprechend gut sein. Auch werden die kreditgebenden Banken nur auf Basis einer umfangreichen Due Diligence-Prüfung das Kapital zur Verfügung stellen, sodass sogar eine externe Beurteilung in die Vollwertigkeitsprognose einfließen kann.338 Für die Vollwertigkeit förderlich ist es zudem, wenn, wie häufig, ein „Wertpuffer“ zwischen erwartetem Ertrag und dem Ertrag, der zur Rückzahlung des Darlehens benötigt wird, in die Akquisitionsplanung aufgenommen wird.339 Dass sich möglicherweise die Zielgesellschaft schlechter entwickelt als nach gewissenhafter kaufmännischer Betrachtung erwartet, ist dann für die Beurteilung der Vollwertigkeit nicht relevant, da nur auf den Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung abgestellt werden muss.340 Spätere Entwicklungen sollen nach dem Willen des Gesetzesgebers gerade unberücksichtigt bleiben, was auch der BGH in seiner MPS-Entscheidung bestätigt hat.341
334 Gerade die geringe Eigenkapitalausstattung der Erwerbsgesellschaft ermöglicht den gewünschten „Leverage-Effekt“, siehe dazu § 2 B. I. 1. 335 Berkefeld, MBO, S. 150 ff.; Fastrich, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 42; Riegger, ZGR 2008, 233 (238 f.); Söhner, ZIP 2011, 2085 (2087); Tillmann, NZG 2008, 401 (404 f.). 336 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 87. 337 Vgl. die Nachweise in Fn. 335. 338 Meyer, Besicherung, S. 155. 339 Käpplinger, NZG 2010, 1411 (1413); dies dürfte den Regelfall darstellen. 340 Käpplinger, NZG 2010, 1411 (1413). 341 Siehe dazu § 3 C. II. 1. c).
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
Eingegangen werden muss jedoch auf den in diesem Zusammenhang im Schrifttum vorgebrachten Einwand, dass die Berücksichtigung der Anteile an der Zielgesellschaft für die Vollwertigkeitsprüfung „wirtschaftlich auf einen Rückgriff der operierenden Gesellschaft auf ihre eigenen Vermögenswerte“ hinausliefe.342 Anlass zur Sorge gibt hier letztlich die hinter dem Verbot von financial assistance im Aktienrecht343 stehende Überlegung, dass die Gesellschaft ihre eigenen Vermögenswerte nicht zur Finanzierung des Erwerbs eigener Anteile verwenden dürfe. Ein derartiges Verbot von financial assistance wird man dem Vollwertigkeitsgebot von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG aber wohl nicht beimessen können. Vielmehr entspricht es der gesetzgeberischen Konzeption, die Anteile und Ertragserwartungen der Zielgesellschaft in die Vollwertigkeitsprognose einzubeziehen.344 Für die Vollwertigkeitsentscheidung relevant ist nur die bilanzielle Bewertung des Rückgriffsanspruchs auf Basis der Vermögenssituation des Gesellschafters und gerade nicht, woher dieser sein Vermögen bezieht. Die Richtigkeit dieser Überlegung lässt sich durch einen Vergleich mit dem Fall verdeutlichen, in dem der Gesellschafter nur wenige Anteile an der sicherungsgebenden Gesellschaft hält, dafür aber alleiniger Gesellschafter einer anderen, dritten Gesellschaft ist, deren Ausschüttungen seine einzige Einnahmequelle darstellen. Unzweifelhaft müssten in diesem Szenario Wert und Ertrag dieser Gesellschaft berücksichtigt werden und bei entsprechender Höhe zum Vorliegen eines vollwertigen Rückgriffsanspruchs führen. Selbiges muss dann auch für die Beteiligung an der Zielgesellschaft gelten. Aus Sicht der Gläubiger der sicherungsgebenden Gesellschaft kann die beim LBO vorliegende Identität von sicherungsgebender Gesellschaft und Zielgesellschaft sogar vorzugswürdig sein, da die sicherungsgebende Gesellschaft ihre eigene wirtschaftliche Situation besser beurteilen kann, als diejenige einer dritten Gesellschaft. Im Ergebnis ist deshalb festzuhalten, dass bei LBO-Transaktionen die Vollwertigkeit für die einzelne Transaktion geprüft werden muss und in vielen Fällen die Vollwertigkeit des Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs im bilanzrechtlichen Sinne im Bestellungszeitpunkt zu bejahen sein wird.345 4. „Teilweises“ Fehlen der Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs Im Schrifttum umstritten und ungeklärt ist die Frage, ob die Vollwertigkeit des Rückgewähranspruchs „teilweise“ fehlen darf. Anlass für die KonTillmann, NZG 2008, 401 (405); zustimmend Berkefeld, MBO, S. 151 f. § 71a AktG siehe unter § 4 A. IV. 344 Ebenso Tasma, Gläubigerschutz, S. 249; Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (157). 345 In diesem Sinne auch Meyer, Besicherung, S. 155 f. 342 So
343 Zu
C. Herbeiführung oder Vertiefung einer Unterbilanz103
troverse ist die Konstellation, in der ein Rückgewähranspruch nicht mit dem vollen Nennwert, sondern wegen schlechter Bonität des Gesellschafters nur mit einem Abschlag in der Bilanz angesetzt werden kann. Zur Verdeutlichung in Bezug auf Sicherheitenbestellungen dient das folgende Beispiel: Die Gesellschaft hat 2 Mio. € ungebundenes Kapital und besichert einen Darlehensrückzahlungsanspruch eines Dritten gegen den Gesellschafter i. H. v. 10 Mio. € mittels einer Bürgschaft. Die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft ist bei Bestellung der Sicherheit überwiegend wahrscheinlich, sodass eine Rückstellung in der Bilanz in gleicher Höhe gebildet werden muss.346 Ein Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter kann nur mit 8 Mio. € in der Bilanz angesetzt werden. Berücksichtigt man den nur mit einem Abschlagswert angesetzten Rückgriffsanspruch, so läge keine Beeinträchtigung des Stammkapitals vor: Die 2 Mio. € Differenz zwischen Rückstellung und Rückgriffsanspruch würden das Stammkapital noch nicht angreifen. Einer verbreiteten Auffassung im Schrifttum zufolge liegt in dieser Situation deshalb keine verbotene Auszahlung i. S. v. § 30 Abs. 1 GmbHG vor.347 Für die ebenso verbreitete Gegenauffassung ist ein nur teilweise werthaltiger Anspruch dagegen mit Null anzusetzen,348 sodass im Beispiel eine Auszahlung in Höhe von 8 Mio. € vorläge. Für eine derartige „Alles oder Nichts“-Lösung wird die Parallele zu § 19 Abs. 5 S. 1 GmbHG angeführt.349 Im Rahmen der in dieser Norm behandelten kapitalaufbringungsrechtlichen Problematik des „Hin- und Herzahlens“ hat sich der Gesetzgeber eindeutig für diese Lösung entschieden.350 Demnach könne für die Kapitalerhaltung nichts Anderes gelten als für die Kapitalaufbringung.351 Dennoch sprechen die überzeugenderen Argumente für die erstgenannte Ansicht und damit für die Berücksichtigung „teilweise“ vollwertiger An346 Zu
den Anforderungen an die Rückstellungsbildung siehe unter § 3 C. I. in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 242; Greitemann / Diers, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 30 Rn. 100; Mülbert / Leuschner, NZG 2009, 281 (284); J. Vetter, in: Goette / Habersack, MoMiG, Rn. 4.51; J. Flume, GmbHR 2011, 1258 (1264); Habersack, in: Ulmer, § 30 Rn. 18; Hirte, ZInsO 2008, 689 (691); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 92; Wilhelmi, WM 2009, 1917 (1922); Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (444). 348 Altmeppen, ZIP 2009, 49 (53); ders., NZG 2010, 401 (406); ders., in: Roth / Altmeppen, GmbHG § 30 Rn. 113; Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 30 Rn. 27; Fastrich, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 30 Rn. 55. 349 Altmeppen, ZIP 2009, 49 (53). 350 Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 76; Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (444); kritisch zur Neuregelung aus rechtspolitischer Sicht Bormann, GmbHR 2007, 897 (902 f.). 351 Altmeppen, ZIP 2009, 49 (53). 347 Ekkenga,
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
sprüche. Zunächst gebietet der unterschiedliche Wortlaut von § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG und § 19 Abs. 5 S. 1 GmbHG nicht zwingend eine Gleichbehandlung.352 So findet sich für das Erfordernis, dass der Rückzahlungsanspruch jederzeit fällig sein muss oder durch fristlose Kündigung durch die Gesellschaft fällig werden kann in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG keine Entsprechung. Für die Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG ist deshalb nach h. M. im Gegensatz zu § 19 Abs. 5 GmbHG nicht erforderlich, dass der Rückzahlungsanspruch jederzeit fällig gestellt werden kann.353 Zudem unterscheiden sich Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung auch in anderen Punkten, wie etwa bei der Sacheinlage oder der Publizität.354 Schließlich ist zu berücksichtigen, dass Ansprüche gegen den Gesellschafter auch sonst in der Bilanz bei zweifelhafter Bonität nicht mit Null, sondern mit ihrem handelsbilanziellen Wert anzusetzen sind.355 Es ist kein Grund ersichtlich, wieso dies bei Rückgewähransprüchen i. S. v. § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG anders sein sollte. Der Schutz des Kapitalerhaltungsrechts beginnt erst ab der Unterbilanzgrenze, die nach dem Bilanzrecht zu bestimmen ist. Eine Modifikation des Bilanzrechts durch das Kapitalerhaltungsrecht widerspräche der gesetzgeberischen Konzeption. Letztlich ließe sich der von der Gegenauffassung angestrebte Schutz leicht durch den Abschluss mehrerer Geschäfte hintereinander umgehen.356 Im Ergebnis ist festzuhalten, dass auch ein nur „teilweise“ vollwertiger Rückgewähranspruch im Rahmen von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG berücksichtigt werden muss.
III. Zwischenergebnis zu C. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass eine Rückstellung wegen der drohenden Inanspruchnahme einer Sicherheit gebildet werden muss, wenn nach dem Maßstab eines gewissenhaften Kaufmanns die Inanspruchnahme überwiegend wahrscheinlich ist. Die getroffene Entscheidung für oder ge352 J.
Vetter, in: Goette / Habersack, MoMiG, Rn. 4.51. in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 120; Bormann / Urlichs, in: GmbHR-Sonderheft MoMiG, 2008, 37 (48); Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 105; ders., in: ZGR 2009, 347 (354); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 84; a. A. Joost, in: FS Hüffer, S. 405 (412 f.); Spliedt, ZIP 2009, 149 (152). 354 Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (444), der allerdings die rechtspolitische Frage aufwirft, ob die Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt ist, und diese verneint. 355 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 92. 356 J. Flume, GmbHR 2011, 1258 (1264); ähnlich auch Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (444). 353 Altmeppen,
D. Übertragung auf die aktienrechtliche Vermögensbindung 105
gen eine Rückstellungsbildung ist gerichtlich voll überprüfbar. Das Vollwertigkeitserfordernis in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG hat dabei keinen Einfluss auf die Entscheidung über die Rückstellungsbildung. Im Falle der Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit ist die Gewährung einer Avalprovision keine Voraussetzung für die Vollwertigkeit des Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs nach § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG. Das Fehlen einer Avalprovision kann jedoch selbst eine Auszahlung sein, die allerdings mangels bilanzieller Erfassbarkeit nur durch die Fallgruppe der realen Vermögensminderung im Stadium der Unterbilanz erfasst werden kann. Etwaige „Klumpenrisiken“ sind bei der Beurteilung der Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG nicht zu berücksichtigen. Die Vollwertigkeit bei Besicherungen im Rahmen von LBO-Finanzierungen ist unter anderem deshalb nicht grundsätzlich problematisch, sondern bedarf einer Prüfung im Einzelfall, die nach dem Maßstab der herausgearbeiteten Vollwertigkeitskriterien durchaus auch positiv ausfallen kann. Denn auch Wert und Ertragsaussichten der Zielgesellschaft müssen für die Vollwertigkeit berücksichtigt werden. Daneben können auch „teilweise“ vollwertige Ansprüche im Rahmen § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG berücksichtigt werden.
D. Übertragung auf die aktienrechtliche Vermögensbindung Im Folgenden soll untersucht werden, inwieweit die zum Kapitalerhaltungsrecht der GmbH gefundenen Ergebnisse auf die aktienrechtliche Vermögensbindung übertragen werden können.
I. Unterschiede zu § 30 GmbHG Bevor auf die Problematik der aufsteigenden Sicherheiten im Aktienrecht eingegangen wird, sollen zunächst die wesentlichen Unterschiede zwischen der aktenrechtlichen Vermögensbindung und dem Kapitalerhaltungsrecht der GmbH aufgezeigt werden. Die maßgebliche Vorschrift für das Kapitalerhaltungsrecht bei der Aktiengesellschaft ist § 57 Abs. 1 S. 1 AktG. Die Norm besagt, dass „Einlagen“ den Aktionären nicht „zurückgewährt“ werden dürfen. Der Wortlaut lässt den Anwendungsbereich der Vorschrift dabei enger erscheinen, als er tatsächlich ist. Das Verbot ist nicht beschränkt auf die gegenständliche Rückgewähr der Einlage, sondern verbietet vielmehr jegliche Leistungen an Aktionäre causa societatis, sofern die Leistung nicht ausnahmsweise zugelassen ist oder in der Verteilung des Bilanzgewinnes
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
besteht.357 Hieran zeigt sich auch der Unterschied zum Kapitalerhaltungsrecht der GmbH. Während bei dieser das Vermögen der Gesellschaft nur ab der Stammkapitalgrenze dem Zugriff der Gesellschafter entzogen ist, verbietet § 57 Abs. 1 S. 1 AktG jegliche wertmäßige Beeinträchtigung des Gesellschaftsvermögens.358 Der Vermögensschutz der Aktiengesellschaft ist dadurch weiter als derjenige der GmbH. Dies zeichnet den Untersuchungsmaßstab vor: Die zur GmbH gefundenen Ergebnisse sind daraufhin zu untersuchen, ob aufgrund der erweiterten Vermögensbindung bei der AG für diese etwas Anderes gelten muss.
II. Meinungsstand Vor Inkrafttreten des MoMiG entsprach es der h. M., dass die Bestellung (und nicht erst die Inanspruchnahme) aufsteigender Sicherheiten eine verbotene Einlagenrückgewähr i. S. v. § 57 AktG darstellt.359 Hieran sollte auch das Vorliegen eines (nach heutigen Maßstäben) vollwertigen Freistellungs- bzw. Rückgewähranspruchs nichts ändern.360 Austauschgeschäfte zwischen der AG und dem Aktionär waren nach § 57 Abs. 1 AktG nur zulässig, sofern diese dem Maßstab eines „neutralen Drittgeschäftes“ standhielten.361 Ebenso wie im GmbH-Recht war dieser Maßstab nur gewahrt, wenn ein gewissenhafter nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsleiter das Rechtsgeschäft zu gleichen Bedingungen und unter sonst gleichen Umständen auch mit einem Nicht-Aktionär abgeschlossen hätte.362 Die Bestellung der Sicherheit konnte nach damals h. M. grundsätzlich kein „neutrales Drittgeschäft“ sein, da ein gewissenhafter Geschäftsleiter die Sicherheitenbestellung regelmäßig nicht gegenüber einem Dritten vorgenommen hätte.363 Demnach konnte selbst die Gewährung einer Avalprovision nicht dazu führen, dass ein neutrales Drittgeschäft vorlag, da die Gesellschaft ein „Klumpenrisi357 Allg. M., siehe nur RGZ 107, 161 (168); BGH NJW 1992, 2821 (2821); KG NZG 1999, 161; Drinhausen, in: Heidel, AktG, § 57 Rn. 4. 358 Drinhausen, in: Heidel, AktG, § 57 Rn. 2. 359 Bayer, in: FS Lutter, S. 1011 (1024); Henze, in: Großkomm AktG, § 57 Rn. 51; ders., WM 2005, 717 (722); OLG Düsseldorf, AG 1980, 273 (273 f.); OLG Koblenz, AG 1977, 231 (231 f.); OLG München, AG 1980, 272 (272 f.); Schön, ZHR 159 (1995), 351 (369 ff.). 360 Vgl. Bayer, in: FS Lutter, S. 1011 (1024 f.), der sogar die Vollwertigkeit im Fall der Bestellung aufsteigender Sicherheiten grundsätzlich verneinen will. 361 Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (150); OLG Koblenz, AG 1977, 231 (231 f.); zu diesem Maßstab siehe bereits § 3 B. II. 5. b). 362 Definition nach BGH NJW 1996, 589 (590); siehe auch Laubert, in: Hölters, AktG, § 57 Rn. 7 und Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (150), jeweils m. w. N. 363 Henze, WM 2005, 717 (722); ähnlich OLG Hamburg, AG 1980, 275 (279).
D. Übertragung auf die aktienrechtliche Vermögensbindung 107
ko“ übernehme. Mit der Einführung der Ausnahmetatbestände in § 57 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 AktG durch das MoMiG hat sich das Meinungsbild zur Zulässigkeit aufsteigender Sicherheiten jedoch grundlegend geändert. Die überwiegende Ansicht hält die Bestellung aufsteigender Sicherheiten für vereinbar mit § 57 Abs. 1 AktG, sofern mit der Inanspruchnahme der Sicherheit bei ihrer Bestellung nicht zu rechnen und der Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter gem. § 57 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 AktG vollwertig ist.364
III. Übertragung der Lösung zum GmbH-Recht 1. Kein Drittvergleichskriterium in § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG Vor Inkrafttreten des MoMiG konnte noch argumentiert werden, dass das Aktienrecht im Gegensatz zum GmbH-Recht einen umfänglicheren Vermögensschutz biete, sodass die Bestellung der Sicherheit wegen der damit verbundenen Übernahme des Insolvenzrisikos durch die Gesellschaft grundsätzlich verboten sei. Denn es ist nur in Ausnahmefällen denkbar, dass die Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit jemals den strengen Kriterien der h. M. an ein „neutrales Drittgeschäft“ genügen konnte.365 Allerdings hat der Gesetzgeber durch die Einführung von § 57 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 AktG einen Ausnahmetatbestand geschaffen, der wortgleich ist mit demjenigen des § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG. Es liegt schon deshalb nahe, beide Ausnahmevorschriften gleich auszulegen. Dies gilt insbesondere für die Anforderungen an das Vollwertigkeitserfordernis. Auch für das Aktienrecht soll für dieses nach der Vorstellung des Gesetzgebers ein bilanzieller Maßstab ausschlaggebend sein.366 Wie bereits für das Recht der GmbH gezeigt wurde, lassen sich etwaige „Klumpenrisiken“ nicht mit dem bilanziellen Vollwertigkeitsmaßstab abbilden. Demnach sind sie auch im Recht der AG für die Vollwertigkeit nicht zu berücksichtigen. Deshalb kommt dem Drittvergleichsmaßstab nur noch Bedeutung im Rahmen des Deckungsgebots von § 57 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 AktG zu.367 Maßgeblich ist demnach auch für § 57 Abs. 1 AktG grundsätzlich die Bestellung der Sicherheit. Ebenso wie bei der GmbH greift das Argument 364 Habersack, ZGR 2009, 347 (353); Kiefer / Theusinger, NZG 2008, 801 (804 f.); Laubert, in: Hölters, AktG, § 57 Rn. 17. 365 Siehe dazu § 3 B. II. 5. b). 366 In der Gesetzesbegründung werden die Ergänzungen von § 57 Abs. 1 und § 30 Abs. 1 gemeinsam erläutert, vgl. Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 41 (Klammerzusatz bei „Zu Nummer 20“). 367 Fleischer, in: K. Schmidt / Lutter, AktG, § 57 Rn. 44; Kiefer / Theusinger, NZG 2008, 801 (806); vgl. auch Cahn, Der Konzern 2009, 7 (9).
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§ 3 Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht
der fehlenden Verhinderungsmöglichkeit.368 Ist die Sicherheit erst einmal wirksam bestellt, so steht auch der AG keine Möglichkeit mehr zu, die Inanspruchnahme abzuwehren. Dem Gläubiger des Gesellschafters als gesellschaftsfremden Dritten kann das Kapitalerhaltungsrecht als Binnenrecht gerade nicht entgegengehalten werden. Darüber hinaus verlangt auch eine Einlagenrückzahlung i. S. v. § 57 AktG eine Auszahlungshandlung seitens der Gesellschaft, an der es bei Abstellen auf den Zeitpunkt der (wahrscheinlichen) Inanspruchnahme fehlt.369 Letztlich ist die Sicherheitenbestellung der Darlehensvalutierung strukturell vergleichbar.370 Diese Argumente verlieren aufgrund der fehlenden Stammkapitalbindung des aktienrechtlichen Kapitalschutzes nichts von ihrer Schlagkraft, sodass auch für die AG auf den Bestellungszeitpunkt abgestellt werden muss. 2. Vollwertigkeitsprüfung auch ohne Rückstellungsbildung Besonderheiten bei der Übertragung der zur Rechtslage bei der GmbH gewonnenen Erkenntnisse ergeben sich allerdings daraus, dass der Kapitalschutz bei der AG keine Unterbilanz voraussetzt. Für die GmbH ist herausgearbeitet worden, dass die Wertungsparallele zu aufsteigenden Darlehen es gebietet, bei Unterbilanz im Bestellungszeitpunkt eine Prüfung der Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs auch dann vorzunehmen, wenn eine Rückstellung wegen drohender Inanspruchnahme nicht gebildet werden muss.371 Fehlt die Vollwertigkeit in dieser Situation, so liegt eine reale Vermögensminderung im Stadium der Unterbilanz vor. Für die AG entfällt die Bindung an das Unterbilanzerfordernis, sodass eine Vollwertigkeitsprüfung stets vorgenommen werden muss.372 Die Situation bei der AG ist deshalb vergleichbar mit derjenigen einer GmbH im Stadium der Unterbilanz.
368 Siehe
dazu § 3 B. II. 1. b) cc). dazu § 3 B. II. 2. 370 Siehe dazu § 3 B. II. 1. c). 371 Siehe dazu § 3 C. II. 2. 372 Dies entspricht für die AG soweit ersichtlich der allgemeinen Meinung zum Aktienrecht, vgl. nur Laubert, in: Hölters, AktG, § 57 Rn. 23; Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (152). 369 Siehe
§ 4 Das zivilrechtliche Verhältnis zwischen Gesellschaft und Sicherungsnehmer Im folgenden Teil der Arbeit soll auf die Frage eingegangen werden, inwieweit durch die Gewährung aufsteigender Sicherheiten das zivilrechtliche Verhältnis zwischen Sicherungsnehmer und Gesellschaft beeinflusst wird.
A. Nichtigkeit und Unwirksamkeit von Sicherungsvertrag und Sicherheitenbestellung Ein vieldiskutiertes Thema im Zusammenhang mit aufsteigenden Sicherheiten ist die Frage, inwieweit die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung bzw. die Bestellung der Sicherheit aufgrund eines Verstoßes gegen kapital erhaltungsrechtliche Verbotsvorschriften nichtig bzw. unwirksam sein kann. Gerade für die Gläubiger der sicherheitsgebenden Gesellschaft ist dies von besonderer Relevanz. Ist nämlich die Bestellung der Sicherheit unwirksam oder nichtig und hat der sicherungsnehmende Gläubiger des Gesellschafters bereits eine Leistung aus der Sicherheit erhalten, so sieht sich dieser Ansprüchen der Gesellschaft aus §§ 812 ff., 985 BGB ausgesetzt. Insbesondere wenn es sich (wie typischerweise) um ein Kreditinstitut handelt, steht den Gläubigern der Gesellschaft so ein „lohnenswertes Haftungsziel“ zur Verfügung.1 Deshalb war die Rechtsprechung vor allem im Zusammenhang mit Klagen von Insolvenzverwaltern mit der im Folgenden behandelten Frage beschäftigt.2
I. Verbotsgesetz (§ 134 BGB) Zunächst soll die Frage behandelt werden, inwieweit die Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung bzw. die Sicherheitenbestellung selbst wegen § 134 BGB nichtig sein können.
1 Tasma, 2 Siehe
Gläubigerschutz, S. 257. etwa zuletzt BGHZ 196, 312.
110
§ 4 Zivilrechtliches Verhältnis – Gesellschaft und Sicherungsnehmer
1. § 30 GmbHG als Verbotsgesetz i. S. v. § 134 BGB Im GmbH-Recht wird heute nicht mehr die Ansicht vertreten, dass bereits die schuldrechtliche Verpflichtung gegenüber dem Gesellschafter zu einem Geschäft, welches gegen kapitalerhaltungsrechtliche Vorschriften verstößt, wegen § 134 BGB nichtig sei.3 Dies vermag schon deshalb zu überzeugen, weil für einen Verstoß gegen § 30 GmbHG auf den Auszahlungszeitpunkt abgestellt werden muss. Im Zeitpunkt des Abschlusses des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäftes mit dem Gesellschafter steht jedoch noch gar nicht fest, ob die Erfüllung dieses Geschäfts einen Verstoß gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG zur Folge hat.4 Diese Argumentation greift auch, wenn es sich bei der Auszahlung um ein Geschäft gegenüber einem Dritten handelt, wie bei der Gewährung einer aufsteigenden Sicherheit. Im Zeitpunkt der Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung gegenüber dem Gesellschafter (die noch keinen relevanten Auszahlungszeitpunkt darstellt5) lässt sich nicht sagen, ob durch die Bestellung der Sicherheit eine Verletzung kapitalerhaltungsrechtlicher Vorschriften vorliegt. Stellt sich später die Sicherheitenbestellung als verbotswidrig heraus, so ist es wenig überzeugend, gewissermaßen rückwirkend das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft als nichtig anzusehen.6 Diese Argumentation greift jedoch nicht für die Verpflichtung zur Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit gegenüber einem Dritten. Hier stellt die Verpflichtung bereits die verbotsrelevante Auszahlung dar.7 Die Frage, nach der Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts gegenüber einem Dritten ist daher mit derjenigen nach der Wirksamkeit des Erfüllungsgeschäfts vergleichbar. In Bezug auf das gegen § 30 GmbHG verstoßende Erfüllungsgeschäft wird die Diskussion um § 134 BGB kontroverser geführt. Einer älteren Auffassung in der Literatur zufolge ist im Fall des Verstoßes gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG das Erfüllungsgeschäft gem. § 134 BGB nichtig.8 Ihre Vertreter stützen sich dabei neben dem Wortlaut von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG („darf nicht […] ausgezahlt werden“) auf den umfassenden Schutz der Gesellschaft. Im Fall der Weiterveräußerung eines verbotswidrig erlang3 So noch Röhrkasten, GmbHR 1974, 36 (37): Nichtigkeit, wenn Verpflichtungsgeschäft zwangsläufig zu verbotswidrigem Erfüllungsgeschäft führt. 4 So bereits RGZ 113, 241 (244); 142, 286 (290); Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 120; Oetker, KTS 1991, 521 (531); Pentz, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 30 Rn. 49; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 120. 5 Siehe § 3 B. II. 1. f). 6 Canaris, in: FS R. Fischer, S. 31 (55). 7 Siehe dazu § 3 B. II. 1. f) bb). 8 Canaris, in: FS R. Fischer, S. 31 (56); Müller, ZIP 1996, 941 (944 f.); Röhrkasten, GmbHR 1974, 36 (37).
A. Sicherungsvertrag und Sicherheitenbestellung111
ten Gegenstandes an einen bösgläubigen Dritten verfüge der Gesellschafter andernfalls als Berechtigter, wodurch ein bösgläubiger Dritter Eigentum erwerben könne.9 Die h. M. hält dieser Ansicht für das Verhältnis Gesellschaft-Gesellschafter zutreffend entgegen, dass durch die Nichtigkeit des Erfüllungsgeschäfts gegenüber dem Gesellschafter die von § 31 Abs. 2 GmbHG normierte Privilegierung des Zuwendungsempfängers durch das gleichzeitige Bestehen von Ansprüchen aus §§ 812 ff., 985 BGB unterlaufen würde.10 Zudem entstehen Konkurrenzprobleme in Bezug auf den Entreicherungseinwand (§ 818 Abs. 3 BGB), die Haftungsverschärfung nach §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB und die Verjährungsvorschriften (§§ 195, 199 BGB).11 Mit § 31 GmbHG gibt es eine gesellschaftsrechtliche Sonderregelung, die auch kein Bedürfnis für die Nichtigkeitsfolge von § 134 BGB entstehen lässt.12 Der Gesetzgeber hat insofern mit der spezialgesetzlichen Regelung des § 31 GmbHG „ein anderes“ i. S. v. § 134 BGB geregelt.13 Allerdings lässt sich diese Argumentation nicht auf das 3-Personen-Verhältnis übertragen. Bei der hier in Rede stehenden Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit handelt es sich um ein Rechtsgeschäft mit einem Dritten. Diesem gegenüber kann der Anspruch aus § 31 GmbHG grundsätzlich nicht geltend gemacht werden,14 sodass die Privilegierung in § 31 Abs. 2 GmbHG auch nicht unterlaufen werden kann. Zwar spricht § 31 Abs. 2 GmbHG vom „Empfänger“ der Leistung und nicht vom Gesellschafter, allerdings sprechen der Standort der Vorschrift unmittelbar hinter § 30 GmbHG und im 2. Abschnitt des GmbHG, der die Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter regelt, eindeutig für dieses Ergebnis.15 Die angesprochenen Konkurrenzprobleme kann es deshalb nicht geben. Dennoch kann für Geschäfte gegenüber einem Dritten nichts Anderes gelten als gegenüber dem Gesellschafter. Ließe man die Nichtigkeitsfolge nach § 134 BGB eingreifen, wenn die Auszahlung durch ein Geschäft gegenüber einem Dritten erfolgt, würde der Dritte nach den allgemeinen Regeln und damit wegen der nicht gegebenen Einschränkung aus § 31 Abs. 2 9 Canaris,
in: FS R. Fischer, S. 31 (56). Besicherung, S. 192; Tasma, Gläubigerschutz, S. 257; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 120. 11 Für die parallele Problematik bei der AG: BGHZ 196, 312 (316). 12 BGHZ 136, 125 (129 f.); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 120. 13 Meyer, Besicherung, S. 191. 14 Barth / Gelsen, DB 1981, 2265 (2265); Schön, ZHR 159 (1995), 351 (364 f.); Sonnenhol / Groß, ZHR 159 (1995), 388 (403 f.). 15 So richtigerweise Barth / Gelsen, DB 1981, 2265 (2265), die zutreffend auch auf die Entstehungsgeschichte des GmbHG verweisen. 10 Meyer,
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§ 4 Zivilrechtliches Verhältnis – Gesellschaft und Sicherungsnehmer
GmbHG strenger haften als der Gesellschafter, was ersichtlich systemwidrig ist. Namentlich von Canaris wurde in diesem Zusammenhang dagegen vertreten, kapitalerhaltungsrechtliche Verbotsvorschriften analog auf Dritte anzuwenden, wenn andernfalls eine rechtsmissbräuchliche Umgehung eintrete.16 Habe der Dritte bösgläubig analog § 932 Abs. 2 BGB an der Umgehung mitgewirkt, seien auch ihm gegenüber kapitalerhaltungsrechtliche Verbotsvorschriften analog anwendbar, die in der Folge zur Nichtigkeit nach § 134 BGB führten.17 Dieser Ansicht ist zugutezuhalten, dass bei Bösgläubigkeit des Dritten dieser auch nicht schutzbedürftig ist, sodass § 31 Abs. 2 GmbHG ohnehin nicht eingreifen würde.18 Dennoch hat sie sich zu Recht nicht durchsetzen können.19 Beim Kapitalerhaltungsrecht handelt es sich um rein verbandsrechtliche Regelungen, die grundsätzlich nicht auf gesellschaftsexterne Dritte angewendet werden dürfen.20 Allein die Gesellschafter sind für die Kapitalerhaltung verantwortlich.21 Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur in engen Grenzen anerkannt, nämlich dann, wenn die Beziehung zwischen Drittem und Gesellschafter durch ein Näheverhältnis geprägt ist.22 Zu diesem Personenkreis gehört das darlehensgebende Kreditinstitut als Sicherungsnehmer im Regelfall gerade nicht.23 Aus den genannten Gründen hat sich auch die Rechtsprechung, die früher noch eine Ausnahme zuließ, sofern es sich um einen bewussten Verstoß gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG handelte,24 der nunmehr ganz h. M. im Schrifttum angeschlossen und sieht das gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG verstoßende Erfüllungsgeschäft auch bei bewusstem Verstoß als wirksam an.25 Darüber hinaus wäre die Anwendung von § 134 BGB auf das gesamte Erfüllungsgeschäft zu weitgehend, wenn die Auszahlung nur teilweise aus
16 Canaris,
in: FS R. Fischer, S. 31 (51). ebenda. 18 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 123, im Zusammenhang mit der Parallelproblematik der fehlenden Vertretungsmacht, dazu sogleich. 19 Ausdrücklich ablehnend BGHZ 138, 291 (298). 20 Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (406 f.); Hüffer / Koch, AktG, § 57 Rn. 32; Schön, ZHR 159 (1995), 351 (364 f.); OLG Düsseldorf, AG 1980, 273 (273 f., für die AG). 21 Fleck, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 391 (406 f.); Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 121. 22 BGH NJW 1976, 751 (752); näher Altmeppen, in: FS Kropff, S. 641 ff. 23 Für LBO-Finanzierungen zutreffend ebenso Sonnenhol / Groß, ZHR 159 (1995), 388 (406 f.). 24 RGZ 113, 241 (244); 168, 292 (302); BGHZ 69, 274 (280); 81, 365 (367 f.); 95, 188 (192). 25 BGHZ 136, 125 (129 f.); 138, 291 (298 ff.). 17 Canaris,
A. Sicherungsvertrag und Sicherheitenbestellung113
gebundenem Vermögen erfolgt.26 Auch ist es nicht Sinn und Zweck des Kapitalerhaltungsrechts, der Gesellschaft ein Aussonderungsrecht hinsichtlich bestimmter Vermögensgegenstände im Fall der Insolvenz des Gesellschafters oder eines Dritten zu verschaffen.27 Insgesamt bleibt festzuhalten, dass für die Sicherheitenbestellung gegenüber einem Dritten zur Absicherung einer Gesellschafterverbindlichkeit die Nichtigkeitsfolge nach § 134 BGB i. V. m. § 30 GmbHG nicht eingreift. 2. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG als Verbotsgesetz i. S. v. § 134 BGB Im Gegensatz zum Recht der GmbH war im Aktienrecht lange Zeit die traditionelle Auffassung herrschend, dass bei Verstoß gegen § 57 Abs. 1 S. 1 AktG sowohl das schuldrechtliche Verpflichtungs- als auch das Erfüllungsgeschäft nach § 134 BGB nichtig seien.28 Ein Teil der Literatur will zwischen offener und verdeckter Einlagenrückgewähr unterscheiden.29 Bei ersterer sollen Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäft nichtig sein, bei letzterer nur das Verpflichtungsgeschäft. Seit der oben erwähnten Entscheidung des BGH,30 in der sich das Gericht für die GmbH gegen die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB ausgesprochen hat, ist jedoch die überwiegende Ansicht im Schrifttum auch für die AG diejenige, dass sowohl Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft wirksam sind.31 In einer neueren Entscheidung hat sich der BGH für die Aktiengesellschaft nun auch dieser Auffassung angeschlossen.32 Dem BGH und dem herrschenden Schrifttum ist zuzustimmen. Zur Begründung sind die zur Rechtslage bei der GmbH herangezogenen Überlegungen heranzuziehen, die insofern auch auf das Aktienrecht übertragbar 26 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 120; Goerdeler / Müller, in: Hachenburg, GmbHG, § 30 Rn. 78; Meister, WM 1980, 390 (397 f.); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 120. 27 Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 151; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 120; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 120. 28 Canaris, in: FS R. Fischer, S. 31 (33); Horn, ZIP 1987, 1225 (1227); Wiedemann, GesR I, § 8 III 1a, S. 442. 29 Geßler, in: FS R. Fischer, S. 131 (144); Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (149). 30 BGHZ 138, 291 (298); zustimmend Bayer / Scholz, AG 2013, 426 ff. 31 Bayer, in: MüKo, AktG, § 57 Rn. 227 ff.; Bayer / Scholz, AG 2013, 426; Bitter, ZHR 168 (2004), 302 (342 ff.); Cahn / v. Spannenberg, in: Spindler / Stilz, AktG, § 57 Rn. 86 ff., 98; Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 276 f.; Hüffer / Koch, AktG, § 57 Rn. 32 (anders noch Hüffer, AktG, 10. Auflage, § 57 Rn. 23); Fleischer, in: K. Schmidt / Lutter, AktG, § 57 Rn. 74. 32 BGHZ 196, 312 (316).
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§ 4 Zivilrechtliches Verhältnis – Gesellschaft und Sicherungsnehmer
sind.33 Die Unterschiede im Kapitalerhaltungsrecht von GmbH und AG sind nicht ausreichend, um ein für die AG abweichendes Ergebnis zu rechtfertigen. Im Gegensatz zur GmbH, bei der nur Auszahlungen, die das Stammkapital angreifen, kapitalerhaltungsrechtlich relevant sind, ist bei der AG jegliche Zuwendung an den Aktionär, die eine Rückgewähr der Einlagen darstellt, untersagt. Vordergründig könnte man annehmen, dies entkräfte den Einwand, die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB habe für Auszahlungen, die das Stammkapital nur teilweise angreifen, überschießenden Charakter (s. o.). Eine solche Auszahlung kann es bei der AG mangels Stammkapitalanknüpfung nicht geben. Allerdings ist im Rahmen der Untersuchung des kapitalerhaltungsrechtlichen Vollwertigkeitserfordernisses herausgearbeitet worden, dass bei der Prüfung der Vollwertigkeit auch Rückgriffsansprüche berücksichtigt werden können, die nur „teilweise“ vollwertig sind und deshalb mit einem abschlägigen Betrag berücksichtigt werden müssen.34 Dies kann dazu führen, dass die verbotene Zuwendung an den Gesellschafter geringer ausfällt als der Wert der bestellten und nach § 62 Abs. 1 AktG zurückzugewährenden Sicherheit.35 Auch in einem solchen Fall hätte die Nichtigkeit nach § 134 BGB deshalb überschießenden Charakter. Auch die Einführung von § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG durch das MoMiG spricht für eine Gleichbehandlung von GmbH und AG in dieser Frage: Konnte zuvor noch argumentiert werden, dass das Aktienrecht jegliche Vermögensübertragung an den Aktionär verbietet, so ist nun klargestellt, dass für § 57 AktG nicht der Leistungsaustausch als solcher missbilligt ist, sondern dessen unangemessene Bedingungen.36
II. Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) Neben der Diskussion über die Anerkennung von kapitalerhaltungsrechtlichen Auszahlungsverboten als gesetzliches Verbot i. S. v. § 134 BGB wird die Sittenwidrigkeit einer verbotswidrig erfolgten Auszahlung bzw. der Verpflichtung hierzu in Schrifttum und Rechtsprechung diskutiert.
33 Auch BGHZ 196, 312 (318 Rn. 20) zieht die rechtliche Situation bei der GmbH heran und sieht in den unterschiedlichen Voraussetzungen von § 30 GmbHG und § 57 AktG keinen Grund für eine abweichende rechtliche Bewertung der Problematik; ebenso Bitter, ZHR 168 (2004), 302 (342). 34 Siehe dazu unter § 3 C. II. 4. für den insoweit mit § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG wortgleichen § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG. 35 Zum Anspruch aus § 62 AktG siehe § 5 B. 36 BGHZ 196, 312 (316 Rn. 19).
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1. Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung wegen § 138 BGB im Recht der GmbH Im GmbH-Recht wird die Sittenwidrigkeit einer verbotswidrigen Auszahlung maßgeblich durch das bereits im Rahmen der Diskussion um § 134 BGB erwähnte Urteil des BGH vom 19.3.1998 bestimmt.37 Der BGH hat dabei in diesem Fall, der gerade aufsteigende Sicherheiten zum Gegenstand hatte, hohe Anforderungen an die Sittenwidrigkeit von verbotswidrigen Auszahlungen gestellt. Demnach genügt es für die Sittenwidrigkeit der Bestellung einer Sicherheit nicht, dass ein bloßer Verstoß gegen § 30 GmbHG vorliegt.38 Ferner reiche es nicht aus, dass die Gesellschaft ihr gesamtes freies Vermögen zur Sicherung übertragen habe, sodass die übrigen Gläubiger nur geringe Chancen auf die Realisierung ihrer Forderung haben.39 Auch wenn die Beteiligten bezüglich der Verbotswidrigkeit der Auszahlung leichtfertig in Unkenntnis waren oder von dieser sogar wussten, soll dies für die Annahme der Sittenwidrigkeit nicht ausreichen.40 Für die Anwendung von § 138 BGB sei vielmehr erst dann Raum, wenn Sicherungsnehmer und Gesellschafter bewusst zum Nachteil der Gesellschaft oder der Gläubiger zusammenwirken.41 Demgegenüber steht eine Gegenansicht im Schrifttum auf dem Standpunkt, dass, sofern dem Sicherungsnehmer die Beziehung des Gesellschafters zur sicherungsgebenden Gesellschaft bekannt ist und er sich mindestens leichtfertig der Kenntnis über die Verletzung des Auszahlungsverbots verschließt, ein eigenständiger unter § 138 BGB fallender Tatbestand der Gläubigergefährdung erfüllt sei.42 Andere wollen die Sittenwidrigkeit nur dann annehmen, wenn positive Kenntnis der Verletzung von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG bzw. § 57 Abs. 1 S. 1 AktG auf Seiten des Sicherungsnehmers vorliegt.43 Hierfür wird das Bedürfnis angeführt, in derartigen Fällen die „strukturelle Nachrangigkeit“ der Forderung des Gesellschaftergläubigers wiederherzustellen.44 Dahinter steckt die Überlegung, dass sich der Gläubiger des Gesellschafters Befriedigung aus dem Vermögen der Gesellschaft primär über die Verwertung des Gesellschaftsanteils verschaffen soll. Das 37 BGHZ
138, 291 ff. 138, 291 (1. LS, 299). 39 BGHZ 138, 291 (300) mit Verweis auf BGHZ 20, 43 (49). 40 BGHZ 138, 291 (299). 41 BGHZ 138, 291 (298 f.). 42 Schön, ZHR 159 (1995), 351 (366 f.); Seibt, ZHR 171 (2007), 282 (310); aufgeschlossen auch Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644 (664). 43 Bender, BB 2005, 1492 (1495); Messer, ZHR 159 (1995), 375 (377). 44 Schön, ZHR 159 (1995), 351 (366). 38 BGHZ
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Vermögen der Gesellschaft stehe dagegen primär den Gläubigern der Gesellschaft zu.45 Letztlich ist das vom BGH gefundene Ergebnis jedoch überzeugend. Ließe man bereits den (wenn auch bewussten oder fahrlässig unbewussten) Verstoß gegen eine Verbotsnorm für die Sittenwidrigkeit genügen, liefe § 134 BGB leer.46 Für § 134 BGB ist allgemein anerkannt, dass der Gesetzgeber spezialgesetzliche Regelungen für Verbotsgesetze schaffen kann, wenn die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB aus seiner Sicht unbillige Konsequenzen hat. Er kann insofern „ein anderes“ i. S. d. Norm regeln. Die so getroffene Wertung darf nicht durch eine weitergehende Anwendung von § 138 BGB umgangen werden.47 Genauso läge der Fall allerdings, ließe man die Anwendung von § 138 BGB auf verbotswidrige Auszahlungen zu. Denn hier hat der Gesetzgeber die Wertung getroffen, kapitalerhaltungsrechtliche Auszahlungsverbote zwar als Verbotsgesetze i. S. v. § 134 BGB zu erfassen, die Folgen ihrer Verletzung jedoch durch gesellschaftsrechtliche Rückabwicklungsvorschriften zu regeln. Hieran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit gegenüber einem Dritten erfolgt. Denn auch die Beschränkung des Kapitalerhaltungsrechts auf eine Rückabwicklung im Verhältnis Gesellschafter zu Gesellschaft ist als gesetzgeberische Entscheidung zu respektieren. Auch die Schaffung eines selbstständigen Tatbestandes der Gläubigergefährdung lehnt der BGH überzeugend ab. Für eine derartige Konstruktion besteht neben den gläubigerschützenden Sondervorschriften der Insolvenz- bzw. Gläubigeranfechtung kein Bedarf.48 Letztlich ändert dieses Ergebnis auch nicht die angeführte strukturelle Nachrangigkeit des Gesellschaftergläubigers gegenüber dem Gesellschaftsgläubiger. Denn durch die Besicherung der Verbindlichkeit des Gesellschafters wird der Gesellschaftergläubiger selbst zum Gesellschaftsgläubiger aus eigenem Recht. Dass die Sicherheitenbestellung gleichzeitig eine Leistung an den Gesellschafter ist, die an § 30 GmbHG zu messen ist, ändert hieran nichts. Vielmehr zeigt dies, dass der Gläubigerschutz durch das Kapitalerhaltungsrecht gewährleistet werden soll, sodass es eines speziellen Tatbestandes der Gläubigergefährdung nicht bedarf. 2. Übertragung auf das Recht der Aktiengesellschaft Das in Bezug auf § 138 BGB für die GmbH gefundene Ergebnis ist auch auf die AG übertragbar. Denn zwischen dem Kapitalerhaltungsrecht von 45 Schön,
ZHR 159 (1995), 351 (352 f.). 138, 291 (299); Meyer, Besicherung, S. 193. 47 Armbrüster, in: MüKo, BGB, § 138 Rn. 4. 48 BGHZ 138, 291 (299); zustimmend Meyer, Besicherung, S. 193. 46 BGHZ
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GmbH und AG bestehen keine Unterschiede, die eine Ungleichbehandlung beider Gesellschaftsformen hinsichtlich der Anwendung von § 138 BGB rechtfertigen würden.49
III. Fehlende Vertretungsmacht der Geschäftsleitung Letztlich wird diskutiert, ob bei Verstoß gegen kapitalerhaltungsrechtliche Verbotsvorschriften die Vertretungsmacht der Geschäftsleitung beschränkt wird, was zur (schwebenden) Unwirksamkeit der durch sie abgeschlossenen Verträge führen würde. Allerdings greifen in diesem Zusammenhang sowohl für AG und GmbH die oben genannten Gründe, die gegen die Anwendung von §§ 134, 138 BGB sprechen. Die Rückabwicklung über gesellschaftsrechtliche Spezialvorschriften droht unterlaufen zu werden. Die wohl h. M. beschränkt daher die Vertretungsmacht der Geschäftsleitung trotz eines Verstoßes gegen § 30 GmbHG bzw. § 57 AktG weder für das Verpflichtungs- noch für das Erfüllungsgeschäft.50 Von anderen wird hingegen vorgeschlagen, die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht51 auf die Geschäftsleitung anzuwenden.52 Dies hätte zur Folge, dass die Pflichtverletzung aus § 43 Abs. 3 GmbHG in Fällen der Evidenz und Kollusion ausnahmsweise auf das Außenverhältnis „durchschlägt“, mit der Folge, dass Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäft analog § 177 BGB unwirksam wären. Für diese Ansicht lässt sich immerhin anführen, dass dort, wo die Grenzen von Evidenz und Kollusion erreicht sind, das Unterlaufen der Privilegierung aus § 31 Abs. 2 GmbHG gerade nicht als Argument herangezogen werden kann.53 In derartigen Konstellationen fehlt es an der von der Norm verlangten Gutgläubigkeit des Leistungsempfängers. Die übrigen gegen die Anwendung der allgemeinen Rückabwicklungsvorschriften vorgebrachten Argumente haben jedoch weiterhin Bestand, sodass eine Andersbewertung nicht gerechtfertigt ist. Insgesamt ist daher mit der wohl h. M. auch für Fälle des Missbrauchs der Vertretungsmacht keine Unwirksamkeit der Sicherheitenbestellung zu begründen. 49 Auch BGHZ 196, 312 (318 Rn. 20) scheint von einer umfänglichen Gleichbehandlung auch im Fall von § 138 BGB auszugehen. 50 Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 278; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 122; Tasma, Gläubigerschutz, S. 259 f.; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 122. 51 Allgemein zu diesem Rechtsinstitut Schubert, in: MüKo, BGB, § 164 Rn. 210 ff. 52 Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 30 Rn. 43; Hager, ZGR 1989, 71 (101 ff.); Pentz, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 30 Rn. 57; Steinbeck, WM 1999, 885 (889 ff.). 53 So Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 123.
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IV. Verbot von „Financial Assistance“ nach § 71a Abs. 1 AktG § 71a Abs. 1 AktG erklärt ein Rechtsgeschäft für nichtig, das die Gewährung eines Vorschusses, eines Darlehens oder die Sicherheitsleistung durch eine AG an einen anderen zum Zwecke des Erwerbs eigener Aktien zum Gegenstand hat. Die Vorschrift verbietet somit explizit die Sicherheitenbestellung zu Akquisitionszwecken, womit insbesondere die Bestellung von aufsteigenden Sicherheiten bei LBO-Transaktionen erfasst ist. Sie stellt aus diesem Grund eine nicht unerhebliche Einschränkung für die Bestellung von aufsteigenden Sicherheiten in der Praxis dar und bedarf deshalb einer näheren Untersuchung. § 71a AktG beruht auf unionsrechtlichen Vorgaben, weshalb ein Blick auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift unerlässlich ist, um ihre Bedeutung im System der aktienrechtlichen Vermögensbindung einzuordnen. Im Anschluss sollen die durch § 71a AktG gezogenen Grenzen für die Gewährung aufsteigender Sicherheiten mittels einer Untersuchung der tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Norm aufgezeigt werden. 1. Normentstehung – Ursprung im englischen Recht Eingeführt wurde § 71a AktG im Jahre 1978 zur Umsetzung von Art. 23 Abs. 1 der Kapitalschutzrichtlinie54 von 1976.55 Eine Implementierung war also unionsrechtlich vorgegeben. Ihren Weg in die Richtlinie fand die Vorschrift auf Dringen der britischen Delegation.56 Im englischen Recht hat das Verbot der financial assistance eine lange Tradition. Es geht zurück auf Missbrauchserfahrungen in England, vor allem in der Zeit zwischen 1919 und 1921.57 Aufgrund des starken Wirtschaftswachstums in England in der Zeit von 1919 bis 1920 kam es bei vielen Gesellschaften zu großen Liquiditätsansammlungen, da diese ihre nach Kriegsende deutlich gestiegenen Einnahmen mangels Möglichkeit nicht für Investitionen oder Produktionssteige54 Zweite Richtlinie 77 / 91 / EWG des Rates in Bezug auf die Gründung von Aktiengesellschaften und die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vom 13. Dezember 1976, ABl. Nr. L 26 / 1; zum unionsrechtlichen Hintergrund siehe Habersack / Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 6 Rn. 64 ff. 55 Gesetz zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 13.12.1978, BGBl. 1978, Teil 1, S. 1959. 56 Lutter / Bayer / Schmidt, Europ. Unternehmens- und KapitalmarktR, § 20 Rn. 135; Habersack, in: FS Hopt, S. 725; Oechsler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 1; ders., ZHR 170 (2006), 72 (83); Wymeersch, in: FS Drobnig, S. 725 (730 f.). 57 Eingehend dazu: Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 23 ff.
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rungen verwendeten, sondern für die Verbesserung ihrer Kapitalausstattung.58 Diesen Umstand machten sich Spekulanten zunutze, die in großem Umfang Gesellschaftsanteile kauften und dabei das Gesellschaftsvermögen auf verschiedenen Wegen zum Erwerb der Anteile nutzten (sog. „Takeover-Boom“).59 In der dann folgenden Depression ab 1921 führte diese Praxis vermehrt zu spektakulären Zusammenbrüchen von Gesellschaften.60 Unter anderem aufgrund dieser Entwicklung kam es zur Einsetzung der Greene-Kommission durch das Board of Trade im Jahre 1925. Die Kommission identifizierte neben anderen Gründen die dargestellte Finanzierungspraxis als Ursache für die Krise und empfahl „ein Verbot für Gesellschaften, in direkter oder indirekter Weise finanzielle Unterstützung im Zusammenhang mit dem Erwerb ihrer Anteile durch Dritte zu gewähren; ungeachtet, ob diese Unterstützung in der Form eines Darlehens, einer Bürgschaft, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise erfolgt“.61 Dieser Vorschlag wurde in den Companies Act 1929 aufgenommen und gilt in ähnlicher Form noch bis heute fort.62 Zwischenzeitlich haben sich jedoch die unionsrechtlichen Vorgaben für das Verbot geändert. Die derzeit geltende Richtlinie 2012 / 30 / EU vom 14.11.2012 bestimmt in Art. 25 Abs. 1, dass Mitgliedstaaten ihren Gesellschaften „gestatten [können], im Hinblick auf einen Erwerb eigener Aktien durch einen Dritten unmittelbar oder mittelbar Vorschüsse zu zahlen, Darlehen zu gewähren oder Sicherheiten zu leisten“.63 Die Richtlinie macht diese optionale Erlaubnis der Mitgliedstaaten allerdings von zahlreichen Einschränkungen abhängig. Die Finanzierungshilfe muss etwa zu marktüblichen Konditionen gewährt, die Kreditwürdigkeit des Begünstigten muss in angemessener Weise überprüft und letztlich muss die Hauptversammlung der Gesellschaft umfassend informiert werden und der Finanzierungshilfe mit einer qualifizierten Mehrheit zustimmen. Der deutsche Gesetzgeber hat sich im Rahmen der Reformdebatte um das ARUG64 mit einer Lockerung des Verbotes beschäftigt, sich aber bewusst für eine Fortgeltung von § 71a Abs. 1 AktG in seiner bisherigen Form entschieden.65 58 Schroeder,
Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 24. Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 24. 60 Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 25. 61 Bericht des Company Law Amendment Committee (1926), Nr. 31, zitiert nach und Übersetzung von Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 26. 62 Companies Act 2006, section 678 Abs. 1. 63 Eingeführt wurde die Liberalisierung bereits durch die Richtlinie 2006 / 68 / EG vom 6.9.2006. 64 Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) vom 30.7.2009, BGBl. 2009, Teil 1, S. 2479. 65 Bericht BT-Rechtsausschuss zum RegE für das ARUG, BT-Drucks 16 / 13098 v. 20.5.2009, S. 38; vgl. auch Seibert / Florstedt, ZIP 2008, 2145 (2149); zu den 59 Schroeder,
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2. Zweck der Vorschrift Im Schrifttum wird der Zweck von § 71a Abs. 1 AktG kontrovers diskutiert, da dieser maßgeblich die Auslegung der Tatbestandsmerkmale beeinflusst. Der Streit erschließt sich nur vor dem Hintergrund der dargestellten Entstehungsgeschichte der Norm: Der deutsche Gesetzgeber sah die Vorschrift bei Einführung im Jahr 1979 primär im Zusammenhang mit dem Verbot des Erwerbs eigener Aktien (§ 71 AktG). Dieses Verbot soll nicht durch die in § 71a Abs. 1 AktG genannten Gestaltungen umgangen werden. Die gesetzgeberische Intention wird durch die amtliche Überschrift („Umgehungsgeschäfte“) sowie den Standort der Vorschrift im Gesetz zum Ausdruck gebracht.66 Dieser Interpretation des Schutzzwecks haben sich zunächst die traditionelle Ansicht im Schrifttum67 sowie das LG Göttingen68 angeschlossen. Die Gegenansicht sieht die Vorschrift des § 71a AktG vor dem Hintergrund ihres Ursprungs im englischen Recht. Das Verbot von financial assistance diene dort maßgeblich dem Zweck, zu verhindern, dass Dritte Anteile an der Gesellschaft ohne eigene ausreichende Liquiditätsreserve erwerben und aufgrund der so erlangten Kontrolle die Gesellschaft veranlassen, ihr Vermögen für diesen Erwerb einzusetzen.69 Ein Bezug zum Verbot des Erwerbs eigener Anteile werde im englischen Recht nicht hergestellt.70 Deshalb sei auch der primäre Schutzzweck von § 71a AktG im Schutz des Gesellschaftsvermögens für bestimmte gefährliche Situationen zu sehen, während der Beschränkung des Erwerbs eigener Aktien nur Bedeutung als untergeordneter Schutzzweck zukomme.71 Die Norm könne deshalb auch als abstrakter Gefährdungstatbestand bezeichnet werden.72 Zutreffend ist es, mit der wohl herrschenden Ansicht beide Aspekte der Norm für die Erschließung des Schutzzweckes gleichermaßen heranzuziehen.73 Zur Begründung ist zunächst festzustellen, dass viele der hinter dem Möglichkeiten der Richtlinie und einer möglichen Umsetzung in das deutsche Recht siehe § 8 B. I. 66 Habersack, in: FS Hopt, S. 725 (732); Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 10 ff. 67 Lutter, in: KöKo, AktG (2. Auflage), § 71a Rn. 3. 68 LG Göttingen, WM 1992, 1373 (1375). 69 Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 111 f. 70 Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 99. 71 Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 113. 72 T. Bezzenberger, K. Schmidt / Lutter, AktG, § 71a Rn. 8; Oechsler, MüKo, AktG, § 71a Rn. 38. 73 So auch Hüffer / Koch, AktG, § 71a Rn. 1; Laubert, in: Hölters, AktG, § 71a Rn. 1; Oechsler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 3 ff.
A. Sicherungsvertrag und Sicherheitenbestellung121
Verbot des Erwerbs eigener Aktien stehenden Erwägungen auch im Falle des § 71a AktG zum Tragen kommen. Dies gilt etwa für die Verhinderung der Einflussnahme der Gesellschaft auf ihre Aktionärsstruktur: Durch die Entscheidung über die Finanzierungshilfe trifft die Gesellschaft ebenfalls eine Entscheidung darüber, wer Aktionär werden darf und wer nicht.74 Ebenso ist die Gesellschaft durch die Finanzierungshilfe dem für den Erwerb eigener Aktien charakteristischen „Doppelschaden“ ausgesetzt.75 Beim unmittelbaren Erwerb eigener Aktien entsteht dieser dadurch, dass die Gesellschaft mit der eigenen Aktie einen Vermögensgegenstand erwirbt, der den Wert der Gesellschaft abbildet. Fährt die Gesellschaft nun Verluste ein, so spiegeln sich diese im Vermögen der Gesellschaft doppelt wieder, zum einen in den Verlusten selbst und zum anderen im Wertverlust der eigenen Aktie.76 Im Fall des § 71a Abs. 1 AktG erwirbt die Gesellschaft zwar keine eigene Aktie, dennoch ist auch in dieser Konstellation der Aktienwert mit dem Finanzierungsgeschäft verknüpft:77 Ist nämlich der Aktienerwerber nicht in der Lage, das zu Akquisitionszwecken aufgenommene Darlehen zurückzuzahlen, wirkt sich dies negativ auf die Vermögenssituation der Gesellschaft aus, da der Darlehensrückzahlungsanspruch der Gesellschaft bilanziell abgewertet werden muss oder die Inanspruchnahme aus einer Sicherheit durch einen Dritten droht. Dies wiederum verringert den Wert der Aktie und damit die Vermögenssituation des Aktionärs, was im Gegenzug einen zwangsweisen Zugriff der Gesellschaft auf das Aktionärsvermögen weniger erfolgversprechend macht.78 Kein Zweifel besteht deshalb am Zweck von § 71a Abs. 1 AktG, Umgehungen von § 71 AktG zu unterbinden. Nicht geleugnet werden kann aber auch die über § 71 AktG hinausgehende Bedeutung von § 71a AktG als eigenständiger Vermögensgefährdungstatbestand. Dies zeigt sich deutlich an der dargestellten Entstehungsgeschichte der Norm. Diesem gesetzeshistorischen Argument lässt sich insbesondere nicht entgegenhalten, dass das Verbot von financial assistance im englischen Recht liberalisiert worden ist79 oder sich die unionsrecht lichen Vorgaben geändert haben80. Maßgeblich ist nämlich der Wille des 74 Oechsler,
in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 4. in: FS Hopt, S. 725 (732); Oechsler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 4; a. A. Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 107. 76 Habersack, in: FS Röhricht, S. 155 (159). 77 Ebenso Oechsler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 4. 78 Habersack, in: FS Röhricht, S. 155 (159 f.); Oechsler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 4. 79 Für die private company limited by shares (Ltd.) ist das Verbot der financial assistance vollständig abgeschafft worden (siehe dazu § 8 A. II. 2. a)). 80 So aber Drygala, Der Konzern 2007, 396 (399 ff.); zur Liberalisierung der unionsrechtlichen Vorgaben siehe § 8 B. I. 75 Habersack,
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§ 4 Zivilrechtliches Verhältnis – Gesellschaft und Sicherungsnehmer
Gesetzgebers bei Entstehung der Norm.81 Zudem ist der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht auf Fälle beschränkt, in denen der Erwerb eigener Aktien unzulässig wäre, was eine Beschränkung des Schutzzwecks auf ein bloßes Umgehungsverbot verfehlt erscheinen lässt.82 Richtigerweise hat § 71a AktG demnach einen doppelten Schutzzweck. Zum einen ergänzt die Regelung das Verbot des Erwerbs eigener Aktien durch die Erfassung von Umgehungskonstruktionen. Zum anderen stellt die Norm einen eigenständigen, vermögenschützenden, abstrakten Gefährdungstatbestand für bestimmte Finanzierungsmodelle dar, bei denen die Gesellschaft das wirtschaftliche Risiko des Anteilserwerbs trägt. Aus diesem Grund kann die Norm spätestens seit Inkrafttreten des MoMiG als Ergänzung des Schutzes aus § 57 AktG gesehen werden.83 Für die in § 71a Abs. 1 AktG genannten Finanzierungshilfen ist der Kapitalschutz der Gesellschaft verstärkt.84 Denn die in § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG genannte Ausnahme gilt nicht für Finanzierungshilfen im Sinne von § 71a Abs. 1 AktG. Eine Finanzierungshilfe ist deshalb auch dann verboten, wenn ihr ein vollwertiger Rückgewähranspruch gegen den Aktionär gegenübersteht. Im Gegensatz zu einer vor Einführung des MoMiG vertretenen Auffassung85 kommt § 71a AktG neben § 57 AktG schon deshalb nach geltender Rechtslage ein eigenständiger Anwendungsbereich zu. Darüber hinaus ermöglicht die angeordnete Nichtigkeitsfolge einen Zugriff direkt auf das Vermögen des Sicherungsnehmers. Bei Verletzungen von § 57 AktG bleibt hingegen im Regelfall nur die Rückabwicklung nach § 62 AktG im Verhältnis Gesellschaft zu Gesellschafter.86 3. Anwendbarkeit von § 71a Abs. 1 AktG im Unternehmensverbund Der Gesetzgeber hat durch das MoMiG in § 71a Abs. 1 S. 3 AktG angeordnet, dass bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags das Verbot finanzieller Unterstützung nicht eingreifen soll. Damit ist der zuvor im Schrifttum vertretenen Auffassung,87 § 71a Abs. 1 AktG müs81 Tasma,
Gläubigerschutz, S. 301. in: Heidel, AktG, § 71a Rn. 1; Hüffer / Koch, AktG, § 71a Rn. 1; Oechsler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 39. 83 Lutter / Drygala, in: KöKo, AktG, § 71a Rn. 20; Tasma, Gläubigerschutz, S. 302 ff. 84 Tasma, Gläubigerschutz, S. 303. 85 Habersack, in: FS Röhricht, S. 155 (159 ff.); zustimmend Freitag, AG 2007, 157 (163). 86 Siehe dazu bereits unter § 4 A. 87 Lutter / Wahlers, AG 1989, 1 (9). 82 Block,
A. Sicherungsvertrag und Sicherheitenbestellung123
se auch im Vertragskonzern Anwendung finden, durch den Gesetzgeber die Grundlage entzogen worden. Mit der Einführung der Ausnahme für Unternehmensverträge in § 71a Abs. 1 S. 3 AktG beabsichtigte der Gesetzgeber, einen Gleichlauf mit § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 AktG herzustellen.88 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das Rückgewährverbot aus § 57 Abs. 1 S. 1 AktG wiederauflebt, wenn der Verlustausgleichsanspruch nach § 302 Abs. 1 AktG (analog) nicht vollwertig ist.89 Gleiches muss auch für das Verbot in § 71a Abs. 1 AktG gelten.90 Umstritten ist auch nach Inkrafttreten des MoMiG, ob § 71a Abs. 1 AktG auch in Situationen des faktischen Konzerns gilt. Ein Teil des Schrifttums misst § 71a AktG lediglich eine Ergänzungsfunktion zu § 57 AktG bei. Da § 57 AktG durch §§ 311 ff. AktG verdrängt werde,91 könne für § 71a AktG nichts Anderes gelten.92 Selbst wenn man jedoch von einer Verdrängung des § 57 AktG durch §§ 311 ff. AktG ausgeht, so sollte für § 71a Abs. 1 AktG anders entschieden werden. Sowohl § 57 AktG als auch §§ 311, 317 AktG betreffen den Ausgleich konkreter Nachteile, welche die Gesellschaft erleidet. Auf einen solchen konkreten Nachteil kommt es bei § 71a AktG allerdings gar nicht an, denn die Norm ist ein abstrakter Gefährdungstatbestand und verbietet bestimmte Unterstützungshandlungen schlechthin.93 Namentlich Cahn weist zudem darauf hin, dass nach dem Aktienerwerb häufig eine faktische Abhängigkeit besteht.94 Würde man in dieser Situation die nachträgliche Besicherung95 oder Darlehensgewährung durch die Gesellschaft wegen des Vorranges der §§ 311 ff. AktG vom Verbot des § 71a Abs. 1 AktG ausnehmen, so würde man die Vorschrift gerade in Übernahmefällen funktionslos machen.96 Wie die Geschichte der Norm zeigt, sind jedoch gerade diese der 88 Cahn,
in: Spindler / Stilz, AktG, § 71a Rn. 18. dazu § 7 B. 90 Zur Rechtslage vor dem MoMiG Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 290 f. (Aufleben von § 71a AktG bei sich abzeichnender Leistungsunfähigkeit der Obergesellschaft); ebenso Fleischer, AG 1996, 494 (506). 91 Siehe dazu § 7 A. I. 92 Tasma, Gläubigerschutz, S. 303; ähnlich Habersack, in: FS Hopt, S. 725 (742). 93 T. Bezzenberger, in: K. Schmidt / Lutter, AktG, § 71a Rn. 18. 94 Cahn, in: Spindler / Stilz, AktG, § 71a Rn. 22; ebenfalls Söhner, ZIP 2011, 2085 (2091). 95 Der Tatbestand von § 71a Abs. 1 AktG erfasst nach zutreffender ganz h. M. auch Unterstützungsgeschäfte nach Aktienerwerb, siehe dazu sogleich unter § 4 A. IV. 4. 96 Cahn, in: Spindler / Stilz, AktG, § 71a Rn. 22; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt / Lutter, AktG, § 71a Rn. 18; Söhner, ZIP 2011, 2085 (2091). 89 Siehe
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§ 4 Zivilrechtliches Verhältnis – Gesellschaft und Sicherungsnehmer
Auslöser für das Verbot der financial assistance gewesen. Im Ergebnis ist deshalb festzuhalten, dass § 71a Abs. 1 AktG auch in Situationen des faktischen Konzerns Anwendung findet. 4. Tatbestand von § 71a Abs. 1 AktG und die Gewährung aufsteigender Sicherheiten § 71a Abs. 1 AktG erfasst Rechtsgeschäfte, welche die Gewährung eines Vorschusses, eines Darlehens oder die Leistung einer Sicherheit durch die Gesellschaft an einen anderen zum Zweck des Erwerbs von Aktien dieser Gesellschaft zum Gegenstand haben. Hinsichtlich der erfassten Art von Rechtsgeschäft ist der Wortlaut nicht abschließend, sondern es handelt es sich um einen „offenen Tatbestand“.97 Für den Fall der Sicherheitsleistung ist jede Art von Sicherheit erfasst, solange ein Dritter dem Erwerber Kredit gewährt und die AG das Risiko des Dritten durch Einsatz ihrer Mittel vollständig übernimmt oder abschwächt.98 Irrelevant ist deshalb, ob es sich um eine Personal- oder Realsicherheit handelt oder ob die Inanspruchnahme zum Zeitpunkt der Bestellung wahrscheinlich ist. Dies entspricht dem Charakter der Norm als abstraktem Gefährdungstatbestand. Entscheidendes Kriterium für die Erfassung einer aufsteigenden Sicherheit durch § 71a AktG ist das der Zweckbindung. Die Sicherheit muss gerade zu dem Zweck bestellt sein, den Aktienerwerb zu ermöglichen oder zu erleichtern. Diese Zweckbindung zeichnet die „Trennlinie“ zwischen erlaubtem Finanzierungsgeschäft und verbotener finanzieller Unterstützung beim Aktienerwerb.99 Dies bedeutet, dass die Sicherheit objektiv dem Zweck des Aktienerwerbs dienen muss und subjektiv ein auf den Erwerb gerichteter Wille der Parteien vorhanden sein muss.100 Eine restriktivere Auffassung verlangt zusätzlich, dass der Erwerbszweck in das Rechtsgeschäft über die Finanzierungsleistung aufgenommen werden muss.101 Die Gegenauffassung will dagegen auch solche Fälle erfassen, bei denen es einer Partei auf den Erwerbszweck ankam und dies von der Gegenpartei nicht beanstandet wurde oder beiden Parteien die Vorstellung zugrundelag, dass die Leistung der 97 Block, in: Heidel, AktG, § 71a Rn. 7; Hüffer / Koch, AktG, § 71a Rn. 2; Lutter / Bayer / Schmidt, Europ. Unternehmens- und KapitalmarktR, § 20 Rn. 137; Oechsler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 19; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Ak tienerwerbs, S. 174; a. A. Habersack, in: FS Röhricht, S. 155 (169 f.), ders., in: FS Hopt, S. 725 (727 f., 743 f.). 98 Hüffer / Koch, AktG, § 71a Rn. 2. 99 Lutter / Drygala, in: KöKo, AktG, § 71a Rn. 20. 100 Oechsler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 35. 101 Block, in: Heidel, AktG, § 71a Rn. 9; Lutter / Drygala, in: KöKo, AktG, § 71a Rn. 39.
A. Sicherungsvertrag und Sicherheitenbestellung125
AG wirtschaftlich zur Unterstützung des Aktienkaufs bestimmt ist.102 Letztlich ist mit Blick auf den Schutzzweck die letztgenannte Ansicht vorzugswürdig. Zudem lässt sich dem Wortlaut eine Einschränkung auf eine rechtsgeschäftliche Abrede nicht entnehmen.103 Nur in wenigen Fällen dürfte sich diese Meinungsdivergenz indes in praktisch relevanter Weise auswirken, da bei Vorliegen eines objektiven Finanzierungszwecks, der beiden Parteien bekannt ist, die Annahme einer zumindest konkludenten rechtsgeschäftlichen Abrede naheliegt.104 Typischerweise wird eine zu Akquisitionszwecken gewährte Sicherheit bestellt, um die Verbindlichkeit des Erwerbers gegenüber dem Aktienverkäufer oder einem finanzierenden Dritten abzusichern. Dies ist jedoch nicht zwingend erforderlich. § 71a AktG erfasst auch Fälle, in denen etwa die Gesellschaft eine alte Verbindlichkeit des Gesellschafters besichert, damit dieser so eigene Sicherungsmittel freisetzen und für die Besicherung der zu Akquisitionszwecken eingegangenen Verbindlichkeit verwenden kann.105 Entscheidend für die Norm ist nur der auf den Aktienerwerb gerichtete Zweck der Sicherheitenbestellung.106 Umstritten ist, ob § 71a Abs. 1 S. 1 AktG auch den Fall erfasst, in dem die Gesellschaft die Finanzierungshilfe erst nach dem Erwerb der Aktien gewährt. Der Wortlaut legt nahe, Finanzierungshilfen nach Erwerb vom Anwendungsbereich der Vorschrift auszunehmen. So wird argumentiert, dem „Zweck des Erwerbs von Aktien“ könne ein Rechtsgeschäft nur dienen, wenn der Erwerb nicht bereits vor dem Rechtsgeschäft abgeschlossen und der Zweck somit erreicht worden sei.107 Es wurde jedoch bereits herausgearbeitet, dass der Zweck von § 71a Abs. 1 AktG unter anderem darin besteht, Finanzierungsgestaltungen zu unterbinden, bei denen das Gesellschaftsvermögen selbst für den Erwerbszweck verwendet wird.108 Insbesondere für die damit angesprochenen LBO-Transaktionen ist es typisch, dass der Erwerber sich die für den Erwerb benötigten Mittel von einem Dritten 102 Oechsler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 35; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 203. 103 Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 203. 104 Lutter / Drygala, in: KöKo, AktG, § 71a Rn. 39 schlagen in diesem Zusammenhang vor, dass (ähnlich der Situation bei der verdeckten Sacheinlage) eine Abrede vermutet werden könne, sofern die durch das Finanzierungsgeschäft zur Verfügung gestellten Mitel tatsächlich zum Aktienerwerb verwendet worden sind und beide Vorgänge zeitlich nah beieinander liegen. 105 Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 160. 106 Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 160. 107 Otto, DB 1989, 1389 (1395); Habersack, in: FS Hopt, S. 725 (740); a. A. Riegger, ZGR 2008, 234 (237). 108 Siehe oben unter § 4 A. IV. 2.
126
§ 4 Zivilrechtliches Verhältnis – Gesellschaft und Sicherungsnehmer
durch ein Darlehen verschafft und nach Abschluss des Erwerbs seinen gewonnenen Einfluss auf die Gesellschaft nutzt, um diese zur Besicherung seiner Verbindlichkeiten zu veranlassen.109 Ebenso ist es denkbar, dass der Erwerber zunächst einen Kredit bei einem Dritten zur Zwischenfinanzierung des Aktienerwerbs aufnimmt und diesen Kredit nach erfolgreicher Übernahme durch Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen ablöst.110 Es ist kein Grund ersichtlich, wieso diese Erwerbsgestaltungen von der Vorschrift ausgenommen werden sollten. Auch in diesen Fällen trägt die Gesellschaft wirtschaftlich das Erwerbsrisiko. Gestützt wird diese Auffassung durch eine richtlinien konforme Auslegung:111 In der deutschen Fassung von Art. 23 der ursprünglichen Kapitalrichtlinie heißt es, die Finanzierungshilfe dürfe nicht „im Hinblick auf den Erwerb“ gewährt werden,112 was aufgrund der weitergehenden Formulierung die Erfassung nachträglicher Finanzierungshilfen nahelegt. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass der Tatbestand von § 71a AktG sehr weitreichend ist. Aufgrund der Erfassung auch nach Aktienerwerb erfolgender Besicherungen und der Anwendung der Vorschrift auch in Situationen des „faktischen“ Konzerns können aufsteigende Sicherheiten bei LBO-Akquisitionen nur gewährt werden, wenn ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag zwischen Zielgesellschaft und Erwerbsgesellschaft geschlossen wird oder beide Gesellschaften miteinander verschmolzen werden. Beide Varianten sind jedoch mit einem nicht unerheblichen Aufwand und Risiken verbunden.113 5. Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 71a Abs. 1 AktG durch die Sicherheitenbestellung Gemäß § 71a Abs. 1 S. 1 AktG ist ein Rechtsgeschäft, das eine Finanzierungshilfe „zum Gegenstand hat“ nichtig. Im Schrifttum ungeklärt und umstritten ist jedoch, welche Rechtsgeschäfte hiermit gemeint sind. Wie zu zeigen sein wird, entfaltet diese Problematik große Relevanz in Bezug auf aufsteigende Sicherheiten.
109 Genauer
zum Ablauf siehe unter § 2 B. I. 2. Der Konzern 2008, 385 (390); Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (158). 111 Fleischer, AG 1996, 494 (500); Lutter / Wahlers, AG 1989, 1 (9); Oechsler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 36; Tasma, Gläubigeschutz, S. 295. 112 Richtlinie 77 / 91 / EWG; auch in der derzeit gültigen Kapitalrichtlinie 2012 / 30 / EU wurde diese Formulierung in Art. 25 Abs. 1 beibehalten. 113 Siehe dazu § 2 B. I. 3. 110 Nodoushani,
A. Sicherungsvertrag und Sicherheitenbestellung127
Einvernehmen herrscht zunächst hinsichtlich der Tatsache, dass angesichts des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift auch Rechtsgeschäfte mit Dritten, die keine Aktionäre sind und auch nicht werden sollen, von der Vorschrift erfasst sind.114 Dies ist besonders relevant für die aufsteigenden Sicherheiten, die typischerweise einem solchen Dritten gewährt werden. Hierin liegt der wichtigste Unterschied zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 57 AktG. Wie bereits herausgearbeitet wurde, führt ein Verstoß gegen § 57 AktG grundsätzlich nicht zur Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung oder des zugrundeliegenden Kausalgeschäfts, da eine Rückabwicklung primär über die gesellschaftsrechtliche Spezialvorschrift des § 62 Abs. 1 S. 1 AktG im Verhältnis Gesellschaft zu Gesellschafter erfolgen soll.115 Daneben besteht Einigkeit dahingehend, dass wegen § 71a Abs. 1 AktG das dem Finanzierungsgeschäft zugrundeliegende Kausalgeschäft nichtig ist.116 Liegt also der Sicherheitenbestellung eine entsprechende Vereinbarung zugrunde, so ist diese bei Vorliegen eines entsprechenden Akquisitionszwecks nichtig. Unwirksam sind deshalb jedenfalls Sicherungsübereignungen beweglicher Sachen, da es aufgrund der nichtigen Sicherheitsabrede an einem wirksamen Besitzmittlungsverhältnis (§§ 930, 868 BGB) fehlt.117 Die Gesellschaft bleibt in diesem Fall Eigentümer der Sache. Ein Teil des Schrifttums will darüber hinaus auch das Verfügungsgeschäft bei Verstoß gegen § 71a Abs. 1 AktG als nichtig ansehen.118 Vertreter der wohl überwiegenden Gegenansicht nehmen hingegen nur die Nichtigkeit eines ggf. bestehenden schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts an.119 Die Lösung dieser Streitfrage ist besonders relevant im Falle der Bestellung aufsteigender Sicherheiten: Die (wegen § 71a Abs. 1 AktG nichtige) schuldrechtliche causa für die Sicherheitenbestellung besteht vor allem bei akzessorischen Sicherheiten (Bürgschaft, Pfandrecht oder Hypothek) regelmäßig nur in einer Sicherungsabrede zwischen dem Gesellschafter und dessen Gläubiger.120 Fehlt deshalb ein schuldrechtliches Geschäft in Form eines 114 Fridrich,
Fremdfinanzierte Übernahme, S. 270. dazu unter § 4 A. 116 Fridrich, Fremdfinanzierte Übernahme, S. 263; Oechsler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 40. 117 Fridrich, Fremdfinanzierte Übernahme, S. 272; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt / Lutter, AktG, § 71a Rn. 16. 118 Cahn, in: Spindler / Stilz, AktG, § 71a Rn. 50; T. Bezzenberger, in: K. Schmidt / Lutter, AktG, § 71a Rn. 17. 119 Fridrich, Fremdfinanzierte Übernahme, S. 263; Laubert, in: Hölters, AktG, § 71a Rn. 6; Lutter / Wahlers, AG 1989, 1 (10); Hüffer / Koch, AktG, § 71a Rn. 4; Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (159). 120 Oechseler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 32; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 164. 115 Siehe
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§ 4 Zivilrechtliches Verhältnis – Gesellschaft und Sicherungsnehmer
Sicherungsvertrags zwischen AG und dem Gläubiger des Erwerbers, so gibt es in diesem Verhältnis kein Kausalgeschäft, das nichtig sein könnte.121 Es besteht deshalb auch keine Leistungsbeziehung, die über § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB rückabgewickelt werden könnte. Die hierdurch entstehende Schutzlücke wird von der Auffassung, die sich für die Nichtigkeit nur des Verpflichtungsgeschäfts ausspricht, dadurch zu lösen versucht, dass ausnahmsweise eine Durchgriffskondiktion der Gesellschaft gestattet wird.122 Insoweit solle der bereicherungsrechtliche Vertrauensschutz durch den Vorrang der Leistungsbeziehung nicht eingreifen.123 Einen dem Zweck der Norm entsprechenden Schutz der Gesellschaft vermag die Lösung über die Durchgriffskondiktion allerdings nicht zu bieten. Namentlich Cahn hält dieser Lösung zutreffend entgegen, dass die für eine Durchgriffskondiktion erforderliche Nichtigkeit des Kausalgeschäftes zwischen Aktienerwerber und Sicherungsnehmer häufig fehlen wird.124 In LBO-Konstellationen verpflichtet sich der Erwerber regelmäßig nur dazu, für den aufgenommenen Kredit Sicherheit zu leisten, ohne dass in der Vereinbarung vorgesehen ist, dass diese Sicherheitsleistung durch die Gesellschaft erfolgt.125 Die Sicherheitenbestellung erfolgt dann aufgrund des faktischen Drucks, den die Erwerbsgesellschaft auf die Leitungsorgane der Zielgesellschaft ausübt.126 Es fehlt dann am Funktionszusammenhang zwischen Sicherheitenbestellung und Aktienerwerb, sodass § 71a Abs. 1 AktG bezüglich der Vereinbarung nicht eingreift. Wegen dieser Schwächen der Kondiktionslösung geht die Gegenansicht von der Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung selbst aus.127 Dies wird mit Verweis auf § 71 Abs. 4 S. 1 AktG jedoch als zu weitgehend kritisiert.128 Die Norm bestimmt, dass ein Verstoß gegen das Verbot des Erwerbs eigener Aktien den Erwerb der Aktien nicht unwirksam macht. Ihr Zweck ist es, die Gesellschaft zu schützen, indem diese in die Situation versetzt wird, die verbotswidrig erworbenen Aktien wieder zu veräußern (§ 71c Abs. 1 AktG).129 Eine vergleichbare ratio gibt es bei § 71a Abs. 1 AktG jedoch 121 Cahn, in: Spindler / Stilz, AktG, § 71a Rn. 54; Oechseler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 32. 122 Oechseler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 32. 123 Oechseler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 32. 124 Cahn, in: Spindler / Stilz, AktG, § 71a Rn. 54. 125 Cahn, in: Spindler / Stilz, AktG, § 71a Rn. 54. 126 Freitag, AG 2007, 157 (158, Fn. 7). 127 T. Bezzenberger, in: K. Schmidt / Lutter, AktG, § 71a Rn. 17; Cahn, in: Spindler / Stilz, AktG, § 71a Rn. 54; Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 165 f. 128 Oechseler, in: MüKo, AktG, § 71a Rn. 32. 129 T. Bezzenberger, in: K. Schmidt / Lutter, AktG, § 71a Rn. 17, 71.
B. Limitation Language129
nicht, weswegen dem Verweis auf § 71 Abs. 4 AktG für die vorliegende Problematik wenig argumentative Schlagkraft zukommt.130 Auch spricht der Wortlaut von § 71a Abs. 1 AktG nicht gegen die Nichtigkeit nur des Kausalgeschäfts. Auch die Sicherheitenbestellung als Erfüllungsgeschäft hat eine verbotene Unterstützungshandlung „zum Gegenstand“.131 Darüber hinaus lässt sich die Entstehungsgeschichte der Norm als Argument für eine Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung selbst anführen. Im englischen Recht gibt es keine Entsprechung zum deutschen Trennungs- und Abstraktionsprinzip. Hier ist bei einem Verstoß gegen das Verbot von financial assistance auch die Sicherheitenbestellung gegenüber einem Dritten nichtig.132 Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass es der Richtlinie ebenfalls auf die Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung ankommt, auch wenn diese explizit keine Rechtsfolge ausspricht.133 Das Trennungs- und das Abstraktionsprinzip als Besonderheiten des deutschen Rechts sollten jedenfalls nicht zu einer Abschwächung des unionsrechtlich gebotenen Schutzniveaus führen. Im Ergebnis ist deshalb festzuhalten: Verstößt eine Sicherheitenbestellung gegen § 71a Abs. 1 AktG, so ist sie nichtig. Der Sicherungsnehmer kann deshalb nicht aus der Sicherheit gegen die AG vorgehen.
B. Limitation Language I. Begriff und praktische Bedeutung Aufgrund der Unklarheit in Bezug auf den für das Kapitalerhaltungsrecht relevanten Auszahlungszeitpunkt hat sich in der Praxis die Aufnahme von sog. limitation-language-Klauseln in Sicherungsverträge etabliert. Zweck dieser Abreden ist die Vermeidung der Haftung der Geschäftsführer der sicherungsgebenden Gesellschaft.134 Sieht man die Inanspruchnahme der Sicherheit bzw. den Zeitpunkt der wahrscheinlichen Inanspruchnahme als den maßgeblichen Zeitpunkt für eine Auszahlung i. S. d. kapitalerhaltungsrechtlichen Verbotsvorschriften, so droht eine Haftung nach §§ 43 GmbHG bzw. 93 AktG. Da die Inanspruchnahme der aufsteigenden Sicherheit nach ihrer Bestellung nicht mehr einseitig von der Gesellschaft abgewendet werden kann,135 droht unter dieser Prämisse eine Haftung der Geschäftsleitung 130 T.
Bezzenberger, in: K. Schmidt / Lutter, AktG, § 71a Rn. 17. Bezzenberger, in: K. Schmidt / Lutter, AktG, § 71a Rn. 17. 132 Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 165. 133 Schroeder, Finanzielle Unterstützung des Aktienerwerbs, S. 165 f. 134 LG Darmstadt, NZI 2014, 367 (368); Jansen, in: FS Hommelhoff, S. 496 (501). 135 Siehe dazu § 3 B. II. b) cc). 131 T.
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§ 4 Zivilrechtliches Verhältnis – Gesellschaft und Sicherungsnehmer
wegen der Verletzung des Auszahlungsverbotes. Um diese zu vermeiden, sehen Sicherheitenverträge mit einer GmbH in der Regel vor, dass eine Inanspruchnahme der Sicherheit nicht erfolgen darf, wenn hierdurch gegen kapitalerhaltungsrechtliche Vorgaben verstoßen wird. Um zu verhindern, dass die limitation language zur ungerechtfertigten Haftungsvermeidung genutzt wird, indem ihre Voraussetzungen absichtlich herbeigeführt werden, enthält die Klausel darüber hinaus meistens eine Beschränkung dahingehend, dass bestimmte Bilanzposten bei der Berechnung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens nicht einbezogen werden.136 Ausgeschlossen werden etwa Beträge aus vorweggenommenen Kapitalerhöhungen oder Verbindlichkeiten, die unter Verstoß gegen Auflagen aus dem Kreditvertrag (sog. covenants) gewährt werden. Daneben sollen regelmäßig solche Verbindlichkeiten nicht mitgerechnet werden, durch die die Gesellschaft bei wirtschaftlicher Betrachtung ihre eigene Verbindlichkeit absichert. Trotz dieser detailreichen Anpassungen verliert die Sicherheit durch derartige Klauseln für den Sicherungsnehmer (in der Regel die kreditgebende Bank) massiv an wirtschaftlichem Wert. Im Fall von LBO-Transaktionen ergibt sich dies bereits daraus, dass die Rückzahlung des Darlehens durch die erwerbende NewCo auf die wirtschaftliche Schieflage der die Sicherheit gebenden Zielgesellschaft zurückzuführen ist. Aber auch wenn keine wirtschaftliche Abhängigkeit zwischen Gesellschafter und Gesellschaft besteht, so ist der wirtschaftliche Wert der Sicherheit durch einen weiteren Risikofaktor, nämlich der Bilanzsituation der die Sicherheit gebenden GmbH, bedingt. Darüber hinaus sind Verwertungsbeschränkungen im beschriebenen Sinne noch aus einem weitere Grund für die sicherungsnehmenden Kreditinstitute mit negativen Folgen verbunden. Denn nur in der Höhe, in der die limitation language eine Verwertung der Sicherheit erlaubt, ist eine das Kreditrisiko mindernde Anerkennung im Rahmen der CRR137 möglich,138 was wiederum Auswirkungen auf die Eigenkapitalanforderungen des Kreditinstituts hat.139
Winkler / Becker, ZIP 2009, 2361 (2362). Requirements Regulation (CRR), Verordnung (EU) Nr. 575 / 2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646 / 2012. 138 Steinhauer, WM 2014, 1264 (1269). 139 Zum Zusammenhang zwischen den Eigenkapitalanforderungen an Banken nach „Basel III“ und der Gewährung aufsteigender Sicherheiten siehe bereits § 2 A. 136 Näher
137 Capital
B. Limitation Language131
II. Notwendigkeit auf Basis der bisherigen Erkenntnisse Im Rahmen des ersten Teils der Untersuchung wurde gezeigt, dass aufgrund der Parallele zwischen Darlehensvertrag und Sicherheitenbestellung der entscheidende Zeitpunkt für eine Auszahlung im Sinne des Kapitalerhaltungsrechts derjenige der Bestellung der Sicherheit (bzw. der Verpflichtung hierzu gegenüber einem Dritten) ist.140 Hieraus ergibt sich, dass eine limitation language, die eine Inanspruchnahme der Sicherheit für den Fall untersagt, dass hierdurch eine Unterbilanz entsteht oder vertieft wird, nicht notwendig ist. Ebenso wenig wie die Verschlechterung der Solvenz des Gesellschafters im Fall des aufsteigenden Darlehens eine (erneute) Auszahlung darstellt, ist auch die Inanspruchnahme der Sicherheit kapitalerhaltungsrechtlich irrelevant. Einer limitation language bedarf es demnach de lege lata nicht.141 In der Praxis wird jedoch bis zur höchstrichterlichen Klärung der Frage, auf welchen Auszahlungszeitpunkt es ankommt, allein aus Gründen der Haftungsvermeidung weiterhin mit der Verwendung von limitation-language-Klauseln zu rechnen sein.142
III. Rechtsprechung zur Limitation Language im Insolvenzverfahren Aufgrund der fehlenden höchstrichterlichen Klärung der Frage, auf welchen Auszahlungszeitpunkt es für kapitalerhaltungsrechtliche Verbotsvorschriften ankommt, lebt die Praxis mit einer erheblichen Rechtsunsicherheit, die wegen der verbreiteten Verwendung von limitation-language-Klauseln teilweise sogar als „faktische Außenwirkung des Kapitalerhaltungsrechts“ bezeichnet worden ist.143 Die Tatsache, dass die Verwertung von Sicherheiten durch limitation-language-Klauseln eingeschränkt ist, hat deshalb zu zwei gerichtlichen Entscheidungen geführt, auf die im Folgenden eingegangen werden soll. Zu nennen sind hier das Urteil des LG Darmstadt vom 25.4.2013144 und das nächstinstanzliche Urteil des OLG Frankfurt vom 8.11.2013145 im EganaGoldpfeil-Insolvenzverfahren. 140 Siehe
§ 3 B. II. 1. Freitag, Der Konzern 2011, 330 (336); Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 98; einschränkend Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 95. 142 Kollmorgen / Santelmann / Weiß, BB 2009, 1818 (1819). 143 Friese, NZI 2014, 365 (366). 144 LG Darmstadt, NZI 2014, 367. 145 OLG Frankfurt, NZI 2014, 363. 141 Ebenso:
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Dem Sachverhalt lag eine typische Besicherungskonstruktion, wie sie im ersten Teil der Arbeit146 dargestellt wurde, zu Grunde: Die sicherungsgebende Gesellschaft war in ein zentrales Cash-Pool-System eingebunden, welches von der Konzernmuttergesellschaft verwaltet wurde. Zur Absicherung einer Darlehensverbindlichkeit ihrer Muttergesellschaft gegenüber einem Kreditinstitut hatte sie eine Garantieerklärung abgegeben, welche jedoch durch eine limitation language beschränkt war. Diese sah vor, dass „die Inanspruchnahme aus dieser Garantie […] soweit beschränkt ist, als zur Zufriedenheit der Darlehensgeber nachgewiesen wird, dass das Nettovermögen der betreffenden deutschen Garantiegeberin bei voller Inanspruchnahme aus dieser Garantie deren Stammkapital unter Verstoß gegen §§ 30, 31 des deutschen GmbH-Gesetzes unterschreiten würde“. Hierbei oblag es der Gesellschaft nachzuweisen, dass die Voraussetzungen der limitation language vorliegen. Gleichzeitig sah die Vereinbarung vor, dass „die Verpflichtungen jeder Garantiegeberin aus dieser Garantie […] durch die Handlungen, Unterlassungen, Angelegenheiten oder Dinge, die sie bei Fehlen dieser Klausel von ihren Verpflichtungen aus dieser Garantie entbinden oder diese verringern oder beeinträchtigen würden, nicht tangiert [werden] […], einschließlich: f) eines Insolvenz- oder vergleichbaren Verfahrens.“ Der Insolvenzverwalter der Gesellschaft weigerte sich, die Forderung des sicherungsnehmenden Kreditinstituts zur Insolvenztabelle festzustellen. Hiergegen wandte sich dieses mit einer Teilfeststellungsklage, der erstinstanzlich vom LG Darmstadt stattgegeben wurde. Die Berufung der Gegenseite vor dem OLG Frankfurt blieb erfolglos. Für dieses Ergebnis führen beide Gerichte verschiedene Gründe an. Am eindeutigsten ist sicherlich der Grund, dass zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen wurde, dessen Bestehen nach § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG einen Verstoß gegen § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG ausschließt und damit die limitation language schon gar nicht eingreifen lässt.147 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass das OLG Frankfurt und das LG Darmstadt hinsichtlich der Frage, ob der Ausgleichsanspruch nach § 302 Abs. 1 AktG vollwertig ist,148 auf den Zeitpunkt der Garantievereinbarung abstellen und nicht etwa auf den Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Garantie.149 Dies war im 146 Siehe
§ 2 B. II. Frankfurt, NZI 2014 363 (365); LG Darmstadt, NZI 2014, 367 (368); die Gerichte hatten hierbei auch über die umstrittene Frage zu entscheiden, inwieweit die durch das MoMiG eingeführte Ausnahme für Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG auch für Altfälle gilt. Richtigerweise folgten sie der Ansicht, die die Ausnahme auch in diesen Fällen anerkennt. Siehe dazu: Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 84 ff. 148 Dies wird von der h. M. verlangt, siehe dazu § 7 B. 147 OLG
B. Limitation Language133
vorliegenden Fall besonders relevant, da auch die Konzernmuttergesellschaft insolvent war. Diese Ausführungen legen nahe, dass die Gerichte der in dieser Arbeit bevorzugten Ansicht folgen, nach der für die Frage eines Verstoßes gegen kapitalerhaltungsrechtliche Vorschriften allein auf den Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung bzw. der Verpflichtung hierzu gegenüber einem Dritten abzustellen ist, wenngleich in den Urteilen keine weiteren Ausführungen zu diesem Problem gemacht werden. In beiden Entscheidungen finden sich zudem Ausführungen über den Sinn und Zweck von limitation-language-Klauseln, die das Gericht als Argument dafür heranzieht, die Ausschlussklausel in diesem Fall nicht anzuwenden. Demnach bestehe der Zweck der limitation language in der Erhaltung des Stammkapitals und in der Vermeidung von Haftungsrisiken für die Geschäftsführer der sicherungsgebenden Gesellschaft.150 Befindet sich die Gesellschaft in einem Insolvenzverfahren, könnten diese Zwecke durch die Klausel nicht mehr erreicht werden, da das Stammkapital bereits aufgezehrt sei und der Insolvenzverwalter, der an die Stelle der Geschäftsführer trete, nicht dem gesellschaftsrechtlichen Haftungsregime unterliege.151 Aus diesem Grund greife eine limitation language im Insolvenzverfahren selbst dann nicht ein, wenn es an einer (wie in diesem Fall wohl gegebenen, wenn auch nur schwer verständlichen152) Ausnahme für die Insolvenz fehle.153 Das OLG Frankfurt hat die Revision zum BGH nicht zugelassen. Der BGH hat eine Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 9.12.2014 ohne Stellungahme zum Problem der limitation language zurückgewiesen.154 Dennoch dürfte vom Urteil des OLG Frankfurt der Impuls für die Praxis ausgehen, dass die Inanspruchnahme von aufsteigenden Sicherheiten im Fall der Insolvenz der sicherheitsgebenden Gesellschaft nun erleichtert möglich ist. Dies nimmt den in der Praxis etablierten limitation-language-Klauseln zumindest in diesem Fall ihre einschneidende Folge. Dies gilt insbesondere im Fall von LBO-Transaktionen. Hier ist die Zahlungsfähigkeit der kreditgebenden Konzernmutter besonders abhängig von der wirtschaftlichen Situation der sicherungsgebenden Tochter. Gerät die Kreditrückzahlung ins Stocken, liegt dies regelmäßig an der mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Tochter, bei der dann auch eine Insolvenz nicht unwahr149 OLG
Frankfurt, NZI 2014, 363 (365); LG Darmstadt, NZI 2014, 367 (369). Darmstadt, NZI 2014, 367 (368 f.). 151 LG Darmstadt, NZI 2014, 367 (369). 152 Das OLG Frankfurt, NZI 2014, 363 (365) bezeichnet die Klausel zu Recht als „nahezu unverständlich“. 153 LG Darmstadt, NZI 2014, 367 (369); zustimmend OLG Frankfurt, NZI 2014 363 (365). 154 BGH, Beschluss vom 9.12.2014, Az.: XI ZR 440 / 13. 150 LG
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scheinlich ist. Aus Sicht der Finanzierungspraxis sind die Entscheidungen daher zu begrüßen.155 Dennoch ist eine höchstrichterliche Klärung der Frage, auf welchen Beurteilungszeitpunkt es für die Verletzung kapitalerhaltungsrechtlicher Vorschriften ankommt, wünschenswert. Diese sollte dabei dahingehend beantwortet werden, dass aufgrund der Parallele zwischen aufsteigender Sicherheit und aufsteigendem Darlehen allein auf den Bestellungszeitpunkt bzw. den Zeitpunkt der Verpflichtung zur Bestellung gegenüber einem Dritten abzustellen ist.156 Durch diese Sichtweise erübrigt sich die Vereinbarung von limitation-language-Klauseln in der derzeitigen Gestalt vollständig, was auch im Sinne der Rechtssicherheit zu begrüßen ist.
155 So auch Friese, NZI 2014, 365 (366); Lange, GWR 2014, 376; kritisch dagegen Undritz / Degenhardt, NZI 2015, 348 (353 f.). 156 Siehe dazu § 3 B. II. 1.
§ 5 Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter Der folgende Teil der Arbeit widmet sich der Beziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Begonnen werden soll mit dem Anspruch der Gesellschaft aus § 31 GmbHG wegen Verletzung des Auszahlungsverbots aus § 30 GmbHG. Dabei ist insbesondere der Haftungsumfang bei der verbotswidrigen Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit näher zu untersuchen. Im Anschluss ist auf die Haftung nach den Grundsätzen der sog. Existenzvernichtungshaftung durch die Gewährung aufsteigender Sicherheiten einzugehen, die der BGH seit der „Trihotel“-Entscheidung als Fall der vorsätzlichen, sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB) einordnet.1 Letztlich ist auf den der Gesellschaft aus dem Auftragsverhältnis zustehenden Freistellungsanspruch für den Fall der wesentlichen Verschlechterung der Vermögenslage des Gesellschafters einzugehen.
A. Erstattungsanspruch gem. § 31 Abs. 1 GmbHG Es ist gezeigt worden, dass im Zusammenhang mit der Gewährung aufsteigender Sicherheiten durch verschiedene Auszahlungsakte eine Verletzung von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG möglich ist. An diese Auszahlungen knüpft das Gesetz den Erstattungsanspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG.
I. Grundlagen § 31 Abs. 1 GmbHG bestimmt, dass Zahlungen, die den Verboten in § 30 GmbHG zuwider geleistet wurden, der Gesellschaft erstattet werden müssen, und zwar unabhängig davon, ob auf Seiten des Zahlungsempfängers oder des Geschäftsführers ein Verschulden vorliegt. § 31 Abs. 2 GmbHG beschränkt den Anspruch der Gesellschaft dabei auf das zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger Erforderliche, falls der Empfänger in gutem Glauben war. In § 31 Abs. 3 GmbHG ist eine pro rata Ausfallhaftung der Mitgesellschafter geregelt. Diese können wiederum unter den Voraussetzungen von § 31 Abs. 6 GmbHG die Geschäftsführer in Regress nehmen. § 31 GmbHG bezweckt die „Wiederauffüllung“ des durch § 30 GmbH geschütz1 BGHZ
173, 246 („Trihotel“).
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§ 5 Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter
ten Haftungsfonds und dient wie § 30 GmbHG dem Gläubigerschutz.2 Daher erklärt sich auch, dass der Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG dem Gesellschafter nicht erlassen werden kann (§ 31 Abs. 4 GmbHG). Der Erstattungsanspruch aus § 31 GmbHG wird allgemein als spezifisch gesellschaftsrechtlicher Erstattungsanspruch eingeordnet, bei dem sich eine Einteilung nach Bürgerlichem Recht in Bereicherungs- oder Schadensersatzansprüche nicht vornehmen lässt.3
II. Anspruchsumfang bei verbotswidriger Gewährung aufsteigender Sicherheiten 1. Bestellung der Sicherheit Es ist herausgearbeitet worden, dass die Bestellung der Sicherheit und die Verpflichtung hierzu gegenüber einem Dritten Auszahlungen im Sinne von § 30 GmbHG sein können. Wichtig ist deshalb die Klärung der Frage, worin der Inhalt des Anspruchs aus § 31 Abs. 1 GmbHG besteht, wenn durch die Bestellung der Sicherheit § 30 Abs. 1 GmbHG verletzt wird. a) Rückgewähr von Sachleistungen Wird eine Sicherheit unter Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbHG bestellt, so stellt sich die Frage, was genau der Gesellschafter nach § 31 Abs. 1 GmbHG zu erstatten hat. Worin genau besteht die zu ersetzende „Zahlung“? Diese Frage ist vor allem deshalb schwierig zu beantworten, weil es sich bei der Sicherheitenbestellung um die Übertragung eines Rechts und somit um die Leistung eines Sachgegenstands handelt.4 Ein entsprechendes Problem stellt sich für den Parallelfall der Darlehensgewährung nicht, da die Auszahlung hier in der Darlehensvalutierung und damit in der Übertragung von Geldmitteln zu sehen ist. Ein Vergleich mit der Rechtslage beim aufsteigenden Darlehen bringt deshalb für diese Problematik keinen Erkenntnisgewinn. Der überwiegende Teil des Schrifttums unter Einschluss der Rechtsprechung vertritt, dass der Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG bei verbotswid2 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 31 Rn. 2; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 2. 3 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 5. 4 Meyer, Besicherung, S. 165, der die Frage jedoch offenlässt, da für ihn die Inanspruchnahme der Sicherheit der für § 30 GmbHG maßgebliche Auszahlungsakt ist.
A. Erstattungsanspruch gem. § 31 Abs. 1 GmbHG137
riger Zuwendung von Sachgegenständen soweit möglich auf gegenständliche Rückgewähr gerichtet ist.5 Die Gegenansicht steht auf dem Standpunkt, dass der Anspruch solchenfalls stets auf Wertausgleich gerichtet sei.6 Eine vermittelnde Ansicht will dem Gesellschafter ein Wahlrecht einräumen, entweder den verbotswidrig erlangten Gegenstand zurück zu gewähren oder Wertersatz zu leisten. Dabei ist innerhalb dieser Ansicht wiederum umstritten, ob primär eine Rückgewähr in natura geschuldet sei und der Gesellschafter lediglich auf Wertersatz ausweichen könne7 oder umgekehrt der Gesellschafter grundsätzlich Wertersatz schulde und stattdessen auf gegenständliche Rückgewähr ausweichen dürfe8. Verlangt man mit der erstgenannten Ansicht grundsätzlich eine Rückerstattung in natura, so ist der Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG im Fall der verbotswidrigen Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit auf die Befreiung der Gesellschaft von der Sicherheit gerichtet.9 Folgt man der Gegenansicht, so ist der Wert der Sicherheit zu ersetzen.10 Besonders relevant wird der Unterschied zwischen den verschiedenen Betrachtungsweisen bei dinglichen Sicherheiten. Bei diesen ist es denkbar, dass sich der Wert des besicherten Gegenstandes nach der Bestellung der Sicherheit erhöht. Verlangt man mit der herrschenden Ansicht eine gegenständliche Rückabwicklung, so muss der Gesellschafter zunächst versuchen, den Dritten zur Rückübertragung des Sicherungsgegenstands zu bewegen. Die Wertsteigerung kommt dann der Gesellschaft zugute. Die Gegenansicht stellt zum Teil auf den Wert des Gegenstandes im Auszahlungszeitpunkt, also dem Zeitpunkt der Bestellung, ab.11 Von der Wertsteigerung profitiert dann nicht die Gesellschaft, sondern der Dritte.
5 BGHZ 176, 62 (64 f. Rn. 9); Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 31 Rn. 23; Kort, ZGR 2001, 615 (626); Thiessen, in: Bork / Schäfer, GmbHG, § 31 Rn. 31; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 16 ff. 6 Joost, ZHR 148 (1984), 27 (53 f.); Tries, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 43; Wilhelmi, Grundsatz der Kapitalerhaltung, S. 197 ff. 7 Ulmer, in: FS 100 Jahre GmbHG, S. 363 (376 ff., insb. 379 f.); Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 31 Rn. 6; Fastrich, in: Baumbach / Hueck, § 31 Rn. 16; Pentz, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, § 31 Rn. 15 f. 8 Grigoleit, Gesellschafterhaftung, S. 97 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 37 III 2 a, S. 1138; ders., JZ 2008, 735 (736); Thole, Gläubigerschutz, S. 580 ff., 582. 9 Diem, Akquisitionsfinazierungen, § 43 Rn. 64; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 31 Rn. 23; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 16; zum Befreiungsanspruch siehe unter § 5 D. 10 Reemann, MittRhNotK 1996, 113 (128 f.). 11 K. Schmidt, JZ 2008, 735 (737).
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§ 5 Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter
b) Grundsätzlich Rückgewähr der Sicherheit in natura Erste Anhaltspunkte für die Lösung der Streitfrage bieten der Wortlaut und die systematische Stellung von § 31 GmbHG. Die Norm bestimmt, dass „Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 GmbHG zuwider geleistet sind“, der Gesellschaft „erstattet“ werden müssen. Auffällig ist hierbei die direkte Bezugnahme auf den Zahlungsbegriff des § 30 GmbHG und die Formulierung „erstattet“. Beides deutet auf eine Rückgewähr exakt dessen hin, was der Gesellschaft verbotswidrig entzogen wurde, da weder von einem Wertersatz die Rede ist, noch von einer Rückzahlung. Keine eindeutige Aussage lässt sich dem Schutzzweck des Kapitalerhaltungsrechts entnehmen. Für eine Wertersatzpflicht wird zwar vielfach angeführt, dass § 30 GmbHG das Vermögen der Gesellschaft nicht in seiner gegenständlichen Zusammensetzung schütze, sondern nur seinem Wert nach.12 Dies ist unbestritten zutreffend; zwingend ist dieses Argument jedoch für die Lösung des vorliegenden Problems nicht. Ebenso gut kann argumentiert werden, dass sich die Erstattungspflicht mit der Auszahlung auf den übertragenen Gegenstand konkretisiert.13 Zudem führt auch die gegenständliche Rückgewähr einen Wertausgleich herbei.14 Würde man den Gesellschafter stets zum Wertersatz verpflichten, hätte dies darüber hinaus zur Konsequenz, dass der Gesellschafter zum Erwerb eines Gegenstands zu Konditionen verpflichtet ist, denen er nie zugestimmt hat.15 Gegen eine pauschale Wertersatzpflicht spricht auch, dass die Gesellschaft als Anspruchsinhaberin den Wert des Vermögensgegenstandes genau nachweisen müsste, was in vielen Fällen schwierig ist.16 Daneben wird für eine Wertersatzpflicht angeführt, die Gesellschaft werde durch eine Rückgewähr in natura nicht ausreichend geschützt. Habe der Gesellschafter den Untergang oder die Verschlechterung des Gegenstandes nicht zu vertreten, so bestehe aufgrund von § 275 Abs. 1 BGB keine Herausgabeverpflichtung mehr, ohne dass ein Schadensersatzanspruch nach §§ 280, 283 BGB entstünde.17 Dieser Argumentation ist insofern zuzustimmen, als die Gesellschaft für den Fall eines unverschuldeten Untergangs 12 Greitemann / Diers, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 31 Rn. 10; Joost, ZHR 148 (1984), 27 (54); K. Schmidt, JZ 2008, 735 (737); ders., Gesellschaftsrecht, § 37 III 2 a, S. 1138; Tries, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 43; Wilhelmi, Grundsatz der Kapitalerhaltung, S. 197. 13 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 31 Rn. 23; Ulmer, in: FS 100 Jahre GmbH, S. 363 (378). 14 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 17. 15 Ulmer, in: FS 100 Jahre GmbH, S. 363 (378). 16 BGHZ 176, 62 (64 f. Rn. 9); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 17. 17 Joost, ZHR 148 (1984), 27 (53).
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nicht schutzlos gestellt werden darf. Allerdings kann deshalb nicht auf eine pauschale Wertersatzpflicht geschlossen werden. Vielmehr besteht eine Ausgleichspflicht in natura nur soweit, wie der Gegenstand noch vorhanden ist und herausgegeben werden kann. Für den Differenzbetrag bei Verschlechterung wandelt sich der Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG hingegen in einen verschuldensunabhängigen Wertersatzanspruch.18 Bei vollständigem Untergang der Sache ist deren Wert voll zu ersetzen, ohne dass es auf ein Verschulden des Gesellschafters ankäme.19 Die Schutzbedürftigkeit der Gesellschaft spricht somit nicht dagegen, grundsätzlich eine Rückgewähr in natura zu verlangen. Zu folgen ist deshalb der herrschenden Meinung, sodass grundsätzlich eine Rückgewähr des verbotswidrig empfangenen Gegenstands in natura geschuldet ist. Im Fall der verbotswidrigen Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit schuldet der Gesellschafter deshalb grundsätzlich die Freistellung von der Sicherheit. c) Rückgewähr bei „teilweise verbotener“ Besicherung Anzuerkennen sind jedoch wichtige Ausnahmen von diesem Grundsatz. Die erste Ausnahme betrifft den Fall, dass die Leistung der Gesellschaft nur zum Teil aus gebundenem Vermögen erfolgt ist.20 Verlangte man in diesem Fall eine Rückabwicklung in natura, so würde das Gesellschaftskapital über das von § 30 GmbHG geschützte Maß aufgefüllt, sodass stattdessen seitens der Gesellschaft lediglich der Differenzbetrag in Geld bis zur Stammkapitalgrenze verlangt werden kann.21 Diese Ausnahme kann Relevanz im Fall einer verbotswidrigen Auszahlung durch eine Sicherheitenbestellung erlangen. Zur Verdeutlichung sei das folgende Beispiel gegeben: Die Gesellschaft hat ungebundenes Vermögen in Höhe von 2.000 € und verbürgt sich für eine Forderung eines Dritten gegen den Gesellschafter in Höhe von 4.000 €. Die Inanspruchnahme der Sicherheit ist im Bestellungszeitpunkt überwiegend wahrscheinlich, sodass eine Rückstellung in Höhe von 4.000 € gebildet werden muss. Ein Rückgriffsanspruch kann mangels Vollwertigkeit nicht aktiviert werden. Eine Rückabwicklung in natura durch Auflösung des Bürgschaftsvertrags würde das Gesellschaftsvermögen um 4.000 € erhöhen, obwohl 2.000 € zur Wiederauffüllung des Stammkapitals ausreichen. In einem solchen Fall muss dem Gesellschafter gestattet werden, den Differenzbetrag in Geld (hier 2.000 €) 18 Ekkenga,
in: MüKo, GmbHG, § 31 Rn. 11. in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 19. 20 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 31 Rn. 25; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 18. 21 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 18. 19 Verse,
140
§ 5 Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter
zu leisten, um den Anspruch der Gesellschaft aus § 31 Abs. 1 GmbHG zu erfüllen. Der Gesellschaft sollte im Einzelfall jedoch aufgrund der mitgliedschaftlichen Treuepflicht das Recht eingeräumt werden, auf eine Rückgewähr in natura zu bestehen, etwa wenn der übertragene Gegenstand für die Fortführung der Geschäfte benötigt wird und entsprechender Ersatz nicht schnell genug beschafft werden kann.22 Der dargestellten Ausnahme für teilweise verbotswidrige Besicherungen ist die folgende Ausnahme artverwandt: Sofern der Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter mit einem abgezinsten Betrag in der Bilanz angesetzt werden kann,23 kann die Höhe der verbotenen Auszahlung hinter dem Wert der aufsteigenden Sicherheit zurückbleiben. Auch in diesem Fall sollte der Anspruch auf § 31 Abs. 1 GmbHG auf Wertersatz gerichtet sein. Eine weitere Ausnahme betrifft die bereits angesprochene Konstellation, dass der verbotswidrig übertragene Gegenstand nach der Auszahlung eine Wertminderung erfahren hat oder untergegangen ist.24 Eine bloße Rückgewähr des wertgeminderten Gegenstandes in natura würde die Gesellschaft benachteiligen, sodass für den Wertverlust vom Gesellschafter verschuldensunabhängig ein Ersatz in Geld verlangt werden kann.25 Eine Wertersatzpflicht aufgrund dieser Ausnahme dürfte im Fall der verbotswidrigen Bestellung von Realsicherheiten anzutreffen sein, etwa wenn die Gesellschaft ein Pfandrecht an einer Sache bestellt, die nach der Übergabe beschädigt oder zerstört wird. Die Gesellschaft soll durch den Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG aber nicht bessergestellt werden als sie ohne die Auszahlung stünde. Dem Gesellschafter ist deshalb die Verteidigung mit der Einwendung zu gestatten, der Wertverlust oder der Untergang des Gegenstandes wären ohne die Auszahlung ebenso bei der Gesellschaft eingetreten.26 Dies entspricht auch dem Rechtsgedanken des § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB.27 Bestellt die Gesellschaft beispielsweise zu Sicherungszwecken ein Pfandrecht an Gesellschaftsanteilen einer Tochtergesellschaft und verlieren die Anteile aufgrund einer schlechten Auftragslage bei der Tochtergesellschaft an Wert, so ist dies kein Risiko, was der Gesellschafter auszuglei22 So Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 31 Rn. 25; für vorbehaltlose Ersetzungsbefugnis hingegen Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 18. 23 Zur Berücksichtigung „teilweise“ vollwertiger Ansprüche siehe bereits § 3 C. II. 4. 24 BGHZ 176, 62 (65 Rn. 10); Schmolke, Kapitalerhaltung, § 31 GmbHG Rn. 33; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 19. 25 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 19. 26 BGHZ 176, 62 (65 Rn. 11); Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 31 Rn. 12; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 31 Rn. 24; Schmolke, Kapitalerhaltung, § 31 GmbHG Rn. 33; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 19. 27 Podewils, GmbHR 2008, 657 (658); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 19.
A. Erstattungsanspruch gem. § 31 Abs. 1 GmbHG141
chen hat, wenn die Wertminderung auch ohne die Pfandrechtsbestellung eingetreten wäre. d) Zusammenfassung und Ergebnis Liegt die Auszahlung in der verbotswidrigen Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit, so steht der Gesellschaft aus § 31 Abs. 1 GmbHG grundsätzlich ein Anspruch auf Befreiung von der Sicherheit zu. Der Gesellschafter ist deshalb zunächst verpflichtet, den Sicherungsnehmer zur Freigabe von der Sicherheit zu bewegen. Hierfür ist beispielsweise die Rückzahlung des Kredites anzubieten, sodass die Notwendigkeit für die Besicherung entfällt. Erfolgt keine Freigabe, hat der Gesellschafter Wertersatz zu leisten. Die gleiche Pflicht trifft ihn, wenn es sich bei der verbotswidrig bestellten Sicherheit um eine Realsicherheit handelt und soweit sich der besicherte Gegenstand nach der Bestellung der Sicherheit verschlechtert hat oder untergegangen ist, es sei denn, er weist nach, dass der Wertverlust oder der Untergang auch bei der Gesellschaft eingetreten wäre. Der Gesellschafter hat ebenfalls Wertersatz zu leisten, wenn die Sicherheitenbestellung nur teilweise aus gebundenem Vermögen erfolgt ist oder durch einen mit einem Abschlagswert angesetzten Rückgriffsanspruch teilweise kompensiert werden konnte. 2. Nichtgeltendmachung des Freistellungsanspruchs Es ist bereits dargelegt worden, dass eine verbotswidrige Auszahlung auch in der Nichtgeltendmachung eines der Gesellschaft zustehenden Freistellungsanspruchs liegen kann.28 Der Freistellungsanspruch verpflichtet den Gesellschafter nach seiner Wahl die Inanspruchnahme der Sicherheit dadurch zu verhindern, dass er seinen Gläubiger zur Freigabe der Sicherheit bewegt oder die gesicherte Forderung erfüllt. Im Folgenden soll geklärt werden, welchen Umfang der Anspruch der Gesellschaft aus § 31 Abs. 1 GmbHG in diesem Fall hat. Die Nichtgeltendmachung des Freistellungsanspruchs ist keine erneute Sicherheitenbestellung. Eine andere Betrachtung29 würde verkennen, dass dem Dritten die Sicherheit bereits bestellt wurde und die Geltendmachung des Freistellungsanspruchs nicht mit einer Rückübertragung und Neubegründung der Sicherheit gleichzusetzen ist. Zielführend ist es, die bilanziel28 Siehe
dazu § 3 B. II. 4. eine Gleichsetzung von Nichtgeltendmachung des Rückzahlungsanspruchs und erneuter Darlehensgewährung beim Paralellfall des aufsteigenden Darlehens dagegen Kocher, GmbHR 2012, 1221 (1226). 29 Für
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§ 5 Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter
le „Ist“-Situation mit derjenigen zu vergleichen, die bestünde, hätte der Geschäftsführer rechtzeitig den Freistellungsanspruch geltend gemacht. Ergibt sich hieraus eine Differenz, ist diese vom Gesellschafter im Rahmen des Anspruchs aus § 31 Abs. 1 GmbHG bis zur Stammkapitalgrenze zu erstatten. Das folgende Beispiel soll diese Situation illustrieren: Die Gesellschaft hat anfänglich freies Vermögen in Höhe von 2.000 €. Die Vermögenssituation des Gesellschafters verschlechtert sich wesentlich, sodass wegen der drohenden Inanspruchnahme aus einer aufsteigenden Bürgschaft eine Rückstellung in Höhe von 4.000 € zu bilden ist. Gleichzeitig ist der Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter nicht mehr vollwertig, sodass er bilanziell nur noch mit 1.000 € angesetzt werden kann. Es besteht folglich eine Unterbilanz in Höhe von 1.000 €.30 In dieser Situation unterlässt es der Geschäftsführer, den Freistellungsanspruch gegen den Gesellschafter gelten zu machen. Wäre es (was in der Praxis unwahrscheinlich ist) durch die Geltendmachung des Freistellungsanspruchs gelungen, die Gesellschaft vollständig von der Sicherheit zu befreien, so entfielen in der Bilanz Rückstellung und Rückgriffsanspruch, sodass wieder freies Vermögen in Höhe von 2.000 € vorläge. Der Gesellschafter hat aber nur bis zur Unterbilanzgrenze zu leisten, sodass eine Erstattungspflicht in Höhe von 1.000 € besteht. Schwieriger gestaltet sich der Fall, in dem feststeht, dass der Gesellschafter eine vollständige Befreiung von der Sicherheit nicht hätte leisten können. In dieser Situation muss die Gesellschaft nachweisen, dass der Gesellschafter aufgrund des Freistellungsanspruchs zumindest einen Teilbetrag an den Gläubiger geleistet hätte, um die Belastung der Gesellschaft aus der Sicherheit zu reduzieren. Steht im Fall des obigen Beispiels etwa fest, dass die Gesellschaft bei Geltendmachung des Freistellungsanspruchs nur noch in Höhe von 3.000 € aus dem Bürgschaftsvertrag verpflichtet gewesen wäre, weil der Gesellschafter noch 1.000 € an den Gläubiger hätte leisten können, so sind diese 1.000 € vom Gesellschafter im Rahmen des Anspruchs aus § 31 Abs. 1 GmbHG zu ersetzen. Dieser Nachweis wird der Gesellschaft allerdings in der Praxis nur schwer gelingen. Zu berücksichtigen ist zudem, dass die Erfüllung des Freistellungsanspruchs durch Leistung an den Gläubiger den Gesellschafter weniger kreditwürdig macht, was wiederum mit einer bilanziellen Abwertung des Rückgriffsanspruchs verbunden ist. Gelingt es dem Gesellschafter im obigen Beispiel beispielsweise 1.000 € an den Gläubiger zu leisten, was die Belastung der Gesellschaft aus der Bürgschaft reduziert, so ist möglicherweise der Rückgriffsanspruch danach wegen der weiter verschlechterten Solvenz des Gesellschafters mit 0 € anzu30 Zur Berücksichtigung nur „teilweise vollwertiger“ Rückgriffsansprüche siehe bereits § 3 C. II. 4.
B. Anspruch gem. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG143
setzen, sodass sich bilanziell im Ergebnis nichts ändert und die Nichtgeltendmachung des Freistellungsanspruchs keine Erstattungspflicht nach § 31 Abs. 1 GmbHG zur Folge hat. 3. Umfang bei Nichtgewährung einer Avalprovision Im Stadium der Unterbilanz kann wie gesehen auch die Nichtgewährung einer Avalprovision eine verbotene Auszahlung darstellen.31 Die Auszahlung besteht dann in Höhe der nicht erhaltenen Avalprovision und ist voll vom Gesellschafter nach § 31 Abs. 1 GmbHG zu ersetzen.32 Die Höhe bemisst sich anhand eines Drittvergleichs. Bei der Durchführung des Drittvergleichs sind konsequenterweise etwaige Klumpenrisiken nicht zu berücksichtigen.33 Denn die Nichtvornahme eines Bewertungsabschlags beim Rückzahlungsanspruch wegen etwaiger Klumpenrisiken darf nicht dadurch umgangen werden, dass ein „Bewertungsaufschlag“ bei der Berechnung von Avalprovision und Verzinsung erfolgt.
B. Anspruch gem. § 62 Abs. 1 S. 1 AktG Im Folgenden soll auf den Erstattungsanspruch aus § 62 Abs. 1 S. 1 AktG im Aktienrecht eingegangen werden. Hierbei sollen zunächst die Unterschiede zum Recht der GmbH aufgezeigt werden. Sodann ist zu fragen, inwieweit sich die zur GmbH gefundenen Ergebnisse auf die AG übertragen lassen.
I. Unterschiede zu § 31 Abs. 1 GmbHG § 62 AktG ist das aktienrechtliche Gegenstück zu § 31 GmbHG. Ebenso wie § 57 AktG dient § 62 AktG dem Gläubigerschutz und ordnet die Rückgewähr der entgegen § 57 AktG empfangenen Leistung an. Die Haftung aus § 31 GmbHG ist dabei strenger als diejenige aus § 62 AktG.34 § 62 Abs. 1 S. 2 AktG ordnet an, dass bei verbotswidrigen Gewinnausschüttungen eine Rückzahlungsverpflichtung nur besteht, wenn dem Empfänger bewusst oder aus grober Fahrlässigkeit unbewusst war, dass er zum Bezug 31 Siehe
dazu § 3 C. II. 3. c). für die fehlende Verzinsung beim aufsteigenden Darlehen: Gehrlein, Der Konzern 2007, 771 (785); Winter, DStR 2007, 1484 (1487). 33 Zu „Klumpenrisiken“ im Rahmen von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG siehe bereits § 3 C. II. 3. d). 34 Vgl. dazu Verse, in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 2. 32 Ebenso
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§ 5 Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter
nicht berechtigt war. § 31 GmbHG sieht keine derartige Privilegierung für Dividendenzahlungen vor. § 31 Abs. 2 GmbHG lässt sich für den Fall der Gutgläubigkeit des Zahlungsempfängers (allerdings nicht beschränkt auf Dividendenzahlungen) lediglich eine Beschränkung auf dasjenige entnehmen, was zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich ist. Darüber hinaus findet sich bei § 62 AktG keine Entsprechung für die Ausfallhaftung der Mitgesellschafter nach § 31 Abs. 3 GmbHG. Der Grund für die im Vergleich zu § 62 AktG schärfere Haftung aus § 31 GmbHG ist, dass die Ausschüttungssperre im GmbH-Recht weniger weit reicht als bei der AG.35 Durch die fehlende Ausfallhaftung der Mitgesellschafter im Aktienrecht wird zudem der weniger personalistisch geprägten Rechtsnatur der AG Rechnung getragen.
II. Anspruchsumfang bei § 62 Abs. 1 S. 1 AktG – Übertragung der zur GmbH gefundenen Ergebnisse Hinsichtlich des Anspruchsumfangs im Zusammenhang mit der verbotswidrigen Gewährung aufsteigender Sicherheiten lassen sich die zu § 31 GmbHG gefundenen Ergebnisse im Wesentlichen übertragen. Auch für § 62 Abs. 1 AktG wird mit ähnlichen Argumenten diskutiert, ob der Anspruch primär auf gegenständliche Rückgewähr oder auf einen Ausgleich durch Wertersatz gerichtet ist.36 Deshalb ist im Sinne einer für beide Rechtsformen einheitlichen Lösung auch für die AG so zu entscheiden, dass der Anspruch aus § 62 Abs. 1 S. 1 AktG primär auf eine Rückgewähr in natura gerichtet ist. Die geschilderten Unterschiede zwischen beiden Normen rechtfertigen in diesem Zusammenhang keine andere Betrachtung. Im Falle der verbotswidrigen Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit ist auch der Anspruch aus § 62 Abs. 1 S. 1 AktG deshalb grundsätzlich auf Freistellung gerichtet. Ist diese nicht möglich, so wandelt sich der Anspruch in einen Wertersatzanspruch. Keiner Bedeutung kommt im Aktienrecht der Konstellation zu, in der die Auszahlung nur teilweise das Stammkapital angreift. Das Kapitalerhaltungsrecht der AG ist nicht an das Unterschreiten einer Kapitalgrenze gebunden.
35 Verse, 36 Zum
in: Scholz, GmbHG, § 31 Rn. 2. Meinungsstand siehe etwa Bayer, in: MüKo, AktG § 62 Rn. 46 ff.
C. Existenzvernichtender Eingriff145
C. Existenzvernichtender Eingriff Als Ergänzung und Erweiterung des auf das Stammkapital begrenzten Schutzes der GmbH37 hat die Rechtsprechung die Figur des sog. existenzvernichtenden Eingriffs entwickelt. Gemeint ist hiermit die Haftung für missbräuchliche Eingriffe des Gesellschafters in das Gesellschaftsvermögen ohne die gebotene Rücksicht, durch die der Gesellschaft das betriebsnotwendige Vermögen entzogen und dadurch ihre Insolvenz herbeigeführt wird.38 Zunächst ist auf die Ergänzungsbedürftigkeit des Kapitalerhaltungsrechts durch weitere Institute einzugehen. Sodann wird die Entwicklung in der Rechtsprechung, die letztlich zur Figur des existenzvernichtenden Eingriffs geführt hat, in der gebotenen Kürze dargestellt. Aufgrund des Umfanges der Problematik kann jedoch nur eine überblicksartige Darstellung erfolgen, die als Grundlage für die im Anschluss folgende Untersuchung der Existenzvernichtungshaftung wegen der Gewährung aufsteigender Sicherheiten dienen soll.
I. Hintergrund und Rechtsprechungsentwicklung 1. Ergänzungsbedürftigkeit des Kapitalerhaltungsrechts Die Notwendigkeit für einen Gläubigerschutz über § 30 GmbHG hinaus ergibt sich im Wesentlichen aus zwei entscheidenden Defiziten des Kapitalerhaltungsrechts: Zum einen ist es möglich, dass der Gesellschaft überlebensnotwendige Produktionsmittel, Liquidität oder Geschäftschancen entzogen werden, ohne dass die Stammkapitalschwelle erreicht wird.39 Dies ergibt sich daraus, dass die Stammkapitalschwelle entweder sehr niedrig angesetzt ist40 oder 37 Die vorliegende Untersuchung betrachtet im Rahmen der Existenzvernichtungshaftung nur die Rechtslage bei der GmbH. Es ist ungeklärt, ob die Regeln der Existenzvernichtungshaftung auch auf die AG Anwendung finden. Da mit der fehlenden Stammkapitalbindung des aktienrechtlichen Vermögensschutzes und der Weisunungsunabhänigkeit des Vorstands einige der unter § 5 C. I. 1. genannten Gründe für die Entwicklung der Exitenzvernichtungshaftung bei der AG nicht vorliegen, ist eine Übertragung nicht unproblematisch. Zu dieser Frage sei auf einschlägige Werke verwiesen, siehe z. B. Calise, Übertragung der Existenzvernichtungshaftung auf andere juristische Personen, S. 67 ff. 38 BGHZ 150, 61 (67). 39 Röhricht, in: FS 50 Jahre BGH, S. 83 (93); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 4; ders., in: Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 44. 40 Das Mindestkapital der GmbH ist mit 25.000 € für eine unternehmerische Betätigung bereits sehr niedrig angesetzt; seit Einführung der UG (haftungsbe-
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§ 5 Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter
aber der Vermögensabfluss keine Unterbilanz herbeiführt oder vertieft, weil bestimmte Vermögensgegenstände, wie etwa Geschäftschancen, bilanziell nicht erfasst werden können.41 Darüber hinaus ist die Rückgewährpflicht aus § 31 GmbHG auf den verbotswidrig erlangten Gegenstand beschränkt und erfasst demnach (im Gegensatz zu einem Schadensersatzanspruch) insbesondere keine Folgeschäden, die durch den Entzug eine Vermögensgegenstandes entstehen können (sog. Kollateral- oder Dominoschäden).42 Aufgrund dieser Defizite liegt die Notwendigkeit für eine Haftungserweiterung auf der Hand.43 Damit ist jedoch nur das „Ob“ der Haftungserweiterung angesprochen, deutlich kontroverser wird jedoch das „Wie“ der Haftungserweiterung diskutiert. Die Debatte befindet sich dabei in einem Spannungsfeld. Es darf dem Gesellschafter einerseits nicht die legitime Möglichkeit genommen werden, die Gesellschaft zur haftungsrechtlichen Risikobegrenzung einzusetzen, indem ein umfassender Existenzschutz gewährleistet wird.44 Es besteht sonst die Gefahr, dass durch eine großzügige Gesellschafterhaftung das Haftungsprivileg aus § 13 Abs. 2 GmbHG unterlaufen wird.45 Dies hätte wiederum eine Beschränkung des rechtspolitisch gewollten Motivationseffektes hinsichtlich unternehmerischer Tätigkeit zur Folge. Andererseits muss die Gesellschaft auch davor bewahrt werden, durch Ausbeutung und Missbrauch in die Insolvenz getrieben zu werden. Denn sonst wird der durch das Angebot einer Rechtsform mit beschränkter Haftung erhoffte positive wirtschaftliche Effekt durch die Schädigung anderer Marktteilnehmer, insbesondere der Gesellschaftsgläubiger, „in sein Gegenteil verkehrt“.46 2. Rechtsprechung zum qualifizierten faktischen Konzern Der Vorläufer der heute als Existenzvernichtungshaftung bekannten Rechtsfigur war die Rechtsprechung zum qualifizierten faktischen Konzern. schränkt) durch das MoMiG kann es für diese neue Rechtsform sogar lediglich einen Euro betragen (§§ 5a Abs. 1, 5 Abs. 2 GmbHG). 41 Röhricht, in: FS 50 Jahre BGH, S. 83 (93); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 4., ders., Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 44. 42 Röhricht, in: FS 50 Jahre BGH, S. 83 (94); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 4. 43 Siehe auch BGHZ 173, 246 (254) („Trihotel“): Es bestehen „keine Zweifel“ an „Anlass und Notwendigkeit einer Haftungssanktionierung der rechtsmissbräuchlichen ‚Ausplünderung‘ des Gesellschaftsvermögens“. 44 Röhricht, in: FS 50 Jahre BGH, S. 83 (98). 45 Röhricht, in: FS 50 Jahre BGH, S. 83 (98). 46 Röhricht, in: FS 50 Jahre BGH, S. 83 (99).
C. Existenzvernichtender Eingriff147
Beginnend mit der „Autokran“-Entscheidung sah der BGH den insolvenzverursachenden Eingriff in das Gesellschaftsvermögen zunächst als konzernrechtliches Problem an.47 Ausgangspunkt war die Überlegung, dass bestimmte faktische Konzernverhältnisse aufgrund der extensiven Einflussnahme des herrschenden Unternehmens durch das Instrumentarium der §§ 311 ff. AktG nicht mehr bewältigt werden können, da sich einzelne Weisungen und deren Auswirkungen aufgrund der „Breite und Dichte der Einflussnahme“ nicht mehr isolieren lassen.48 Aus diesem Grund wurden vom BGH Vorschriften aus dem Vertragskonzernrecht analog angewandt. Demnach haftete bei Vermögenslosigkeit einer abhängigen GmbH das herrschende Unternehmen analog §§ 302, 303 AktG, wenn dieses die Geschäfte der GmbH dauernd und umfassend selbst geführt hatte und nicht darlegen konnte, dass ein pflichtgemäß handelnder Gesellschafter derselben GmbH genauso gehandelt hätte.49 3. Hinwendung zum existenzvernichtenden Eingriff Im Jahr 2001 änderte der BGH mit der Entscheidung „Bremer Vulkan“ seine Rechtsprechung maßgeblich.50 Der BGH wandte sich in diesem Urteil vom konzernrechtlichen Haftungssystem ab, was wohl auf die Erkenntnis zurückzuführen ist, dass eine Haftung auch zulasten von Gesellschaftern möglich sein muss, die keine Unternehmen im konzernrechtlichen Sinne sind.51 Nach Ansicht des BGH in diesem Urteil erstrecke sich der Schutz der GmbH auf die Erhaltung ihres Stammkapitals und die Gewährleistung ihres Bestands, welche wiederum eine Rücksichtnahme seitens des Gesellschafters erfordere.52 An dieser Rücksichtnahme fehle es, wenn die GmbH ihren Verbindlichkeiten aufgrund von Eingriffen ihres Alleingesellschafters nicht mehr nachkommen könne. In der kurze Zeit später ergangenen „KBV“Entscheidung konkretisierte der BGH diese Rechtsprechung und stellte klar, 47 BGHZ
95, 330 („Autokran“). in: Scholz, GmbHG, 10. Aufl., Anh. § 13 Rn. 92, 97; siehe auch Drygala / Staake / Szalai, KapGesR, § 31 Rn. 50, S. 668. 49 BGHZ 95, 330; im Rahmen der vieldiskutierten „Video“-Entscheidung erweiterte der BGH diese Haftung auch auf Einmann-Gesellschaften und stellte klar, dass sich aus den Grundsätzen des qualifizierten faktischen Konzerns ein unmittelbarer Anspruch der Gläubiger gegen den Gesellschafter ergeben kann, BGHZ 115, 187 („Video“). 50 BGHZ 149, 10 („Bremer Vulkan“). 51 Benecke, BB 2003, 1190 (1193); Hoffmann, NZG 2002, 68 (71); kritisch zur Heranziehung von § 302 AktG analog ebenfalls Mülbert, DStR 2001, 1937 (1946 f.). 52 BGHZ 149, 10 („Bremer Vulkan“). 48 Emmerich,
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§ 5 Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter
dass die Existenzvernichtungshaftung als Durchgriffshaftung, d. h. als unmittelbare und persönliche Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern, zu verstehen sei.53 Eine erneute Wendung nahm die Rechtsprechung mit dem „Trihotel“Urteil im Jahre 2007, in dem der BGH das Institut der Existenzvernichtungshaftung nicht mehr als Fall der Durchgriffshaftung ansah, sondern als reine Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft.54 Als Anspruchsgrundlage für die Existenzvernichtungshaftung nannte der BGH die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung nach § 826 BGB.55 Darüber hinaus sollte der Anspruch wegen Existenzvernichtung nicht mehr subsidiär zum Anspruch aus § 31 GmbHG sein, sondern Anspruchskonkurrenz bestehen.56 Im anschließenden Urteil „GAMMA“ bestätigte der BGH diese Auffassung und stellte zudem klar, dass der geforderte „kompensationslose Eingriff“ in das Gesellschaftsvermögen nicht in einer unzureichenden Kapitalausstattung der GmbH gesehen werden kann.57 Der im Schrifttum teilweise geforderten Haftung wegen „materieller Unterkapitalisierung“58 wurde damit seitens des BGH eine Absage erteilt. In der letzten höchstrichterlichen Entscheidung zum existenzvernichtenden Eingriff „Sanitary“ erkannte der BGH schließlich auch eine Existenzvernichtungshaftung im Liquidationsstadium an.59 4. Bewertung Die Beschränkung der Existenzvernichtungshaftung auf das Innenverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter ist zu begrüßen. Am Innenhaftungsmodell wird zwar kritisiert, dass in Fällen, in denen mangels Masse kein Insolvenzverfahren eröffnet wird, kein Insolvenzverwalter vorhanden ist, der den Anspruch durchsetzt.60 Allerdings können die Gläubiger der Gesellschaft den Anspruch der Gesellschaft pfänden und sich überweisen lassen gem. §§ 829 ff., 835 ZPO. Daneben hat die Aufgabe des Konzepts der Durchgriffshaftung zugunsten einer Innenhaftung den Vorteil, dass ein „Wettrennen der Gläubiger“ im Fall der Insolvenz der Gesellschaft unter53 BGHZ
151, 181 (187 f.) („KBV“). 173, 246 („Trihotel“). 55 BGHZ 173, 246 (251 Rn. 15) („Trihotel“). 56 BGHZ 173, 246 (247) („Trihotel“). 57 BGHZ 176, 204 („GAMMA“). 58 Liebscher, GmbH-Konzernrecht, Rn. 518 m. w. N. 59 BGHZ 179, 344 ff. („Sanitary“). 60 Bitter, in: Scholz, GmbHG, § 13 Rn. 159; Habersack, ZGR 2008, 533 (548); Thole, ZIP 2007, 1590 (1593); Gehrlein, WM 2008, 761 (766). 54 BGHZ
C. Existenzvernichtender Eingriff149
bunden wird.61 Ist die Gesellschaft selbst aktivlegitimiert, ist im Fall ihrer Insolvenz der Insolvenzverwalter in der Pflicht, den nunmehr aus § 826 BGB stammenden Anspruch zugunsten aller Gläubiger durchzusetzen. Der Insolvenzverwalter ist hierfür auch rein tatsächlich in einer viel besseren Position als es die Gläubiger wären, da ihm alle Geschäftsunterlagen der Gesellschaft zur Verfügung stehen. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH zur Zuzugsfreiheit von EU-Gesellschaften ist die Verortung im Deliktsrecht zu begrüßen. Diese ermöglicht über Art. 40 EGBGB bzw. Art. 4 Rom II-VO eine Anwendung auch auf EU-Auslandsgesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland.62 Auch auf der Rechtsfolgenseite erweist sich die Einordnung der Problematik in das Deliktsrecht als der vorzugswürdige Weg, da die durch § 31 GmbHG nicht erfassten sog. „Kollateralschäden“ vom Regime der §§ 249 ff. BGB erfasst werden können.63 Zusammenfassend ist aus diesen Gründen festzuhalten, dass der BGH mit der Erhöhung der Anforderungen an die Existenzvernichtungshaftung und der dogmatischen Verortung der Problematik im Deliktsrecht als reine Innenhaftung nach § 826 BGB eine vielfach angemessene Lösung gefunden hat. Dogmatisch kann zwar durchaus bezweifelt werden, ob die Einordnung in das Deliktsrecht der mitgliedschaftlichen Sonderverbindung ausreichend Rechnung trägt,64 für die folgende Untersuchung soll dennoch das für die Praxis maßgebliche Konzept der Existenzvernichtungshaftung zugrunde gelegt werden. Deshalb sind die einzelnen Voraussetzungen der Existenzvernichtungshaftung herauszuarbeiten um zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen im Fall der Gewährung aufsteigender Sicherheiten eine Haftung möglich ist. Der Tatbestand von § 826 BGB gliedert sich dabei nach allgemeiner Ansicht in einen objektiven Tatbestand des „Sittenverstoßes“ und die Prüfung einer vorsätzlichen Schadenszufügung.65 In der Prüfung des Sittenverstoßes möchte der BGH die vor der „Trihotel“-Entscheidung entwickelten Grundsätze zum existenzvernichtenden Eingriff verorten, die auch weiterhin Gültigkeit haben sollen.66 61 Habersack,
ZGR 2008, 533 (547); Meyer, Besicherung, S. 275. Weller, in: MüKo, GmbHG, Einl. Rn. 415 ff., 418, 421 f.; die deliktsrechtliche Einordnung der Existenzvernichtungshaftung ist nicht unstreitig; zur Gegenansicht vgl. Osterloh-Konrad, ZHR 172 (2008), 274 (300 ff.). 63 BGHZ 173, 246 (260) („Trihotel“). 64 Verse, in: Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 50; J. Vetter, BB 2007, 1965 (1965). 65 Vgl. Hönn, in: Soergel, BGB, § 826 Rn. 1. 66 BGHZ 173, 246 („Trihotel“). 62 Näher:
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§ 5 Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter
II. Haftungsvoraussetzungen bei Gewährung aufsteigender Sicherheiten 1. Haftungsauslösende Handlung des Gesellschafters Zunächst ist zu klären, welcher Anknüpfungspunkt für eine Haftung des Gesellschafters wegen der Gewährung von aufsteigenden Sicherheiten zu wählen ist. Wie bei § 823 Abs. 1 BGB muss auch im Rahmen der Existenzvernichtungshaftung eine Handlung des Schädigers den Ausgangspunkt bilden.67 Fraglich ist, ob das Auslösen des Sicherungsfalls durch die Nichtrückzahlung des besicherten Darlehens einen tauglichen Anknüpfungspunkt für eine tatbestandsrelevante Handlung darstellt. Dies muss grundsätzlich verneint werden. Um an dieses Unterlassen anknüpfen zu können, müsste es für den Gesellschafter die reale Handlungsmöglichkeit der Zahlung auf das Darlehen geben, an der es mangels Liquidität regelmäßig fehlen wird. Richtigerweise kann daher in den meisten Fällen nur die Weisung des Gesellschafters an den Geschäftsführer der sicherungsgebenden Gesellschaft, die Sicherheit zu bestellen, die haftungsauslösende Handlung sein.68 Besteht zwischen Gesellschafter und Geschäftsführer Personenidentität, wird es an einer Weisung fehlen, sodass in diesem Fall auf die Bestellung der Sicherheit abgestellt werden muss. Bei aufsteigenden Besicherungen im Rahmen von Cash-Pool-Systemen oder LBO-Finanzierungen ist diese Situation jedoch nicht anzutreffen, da der Gesellschafter hier selbst eine Kapitalgesellschaft ist, die gem. § 6 Abs. 2 GmbHG kein Geschäftsführer sein kann. 2. Zweckentfremdeter Entzug von Vermögenswerten Die erste Voraussetzung, die für einen objektiven Sittenverstoß zu prüfen ist, ist der zweckentfremdete Entzug von Vermögenswerten durch den Gesellschafter. Der BGH hat in seinen Urteilen zum existenzvernichtenden Eingriff stets betont, dass der entscheidende Grund für die Haftung die Missachtung der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens ist.69 Dieses muss als Haftungsstock der Gläubiger respektiert werden, was gerade nicht der Fall ist, wenn eine angemessene Rücksichtnahme des Gesellschafters auf die Erhaltung der Fähigkeit der Gesellschaft, ihre Verbindlichkeiten selbst zu erfüllen, fehlt.70 Haftungsbegründend wirkt folglich, dass die in67 Sprau,
in: Palandt, BGB, § 826 Rn. 4. Akquisitionsfinanzierungen, § 47 Rn. 53; Meyer, Besicherung, S. 280. 69 BGHZ 151, 181 („KBV“); BGHZ 173, 246 („Trihotel“); BGHZ 176, 204 („GAMMA“). 70 BGHZ 151, 181 (186) („KBV“). 68 Diem,
C. Existenzvernichtender Eingriff151
solvenzverursachende Vermögensentnahme vorrangig dem Gesellschafter und nicht der Gesellschaft dient und aus diesem Grund als „Selbstbedienung“ des Gesellschafters gekennzeichnet werden kann.71 Der erfasste Vermögensentzug ist auch nicht auf bilanziell erfassbare Vermögenstransfers beschränkt, sodass etwa auch der Entzug von Geschäftschancen erfasst werden kann.72 Fraglich ist, ob die Gewährung der aufsteigenden Sicherheit einen solchen zweckentfremdeten Entzug von Vermögenswerten darstellt. Richtigerweise sollte hierzu hinsichtlich der Auswirkungen der Sicherheitengewährung differenziert werden. a) Entzug der Nutzungsmöglichkeit am Sicherungsgut Den ersten Anknüpfungspunkt für einen haftungsauslösenden Vermögenstransfer stellt die Übertragung des Sicherungsguts zu Sicherungszwecken dar, sofern dieses nach der Sicherheitenbestellung der Gesellschaft nicht mehr zur Verfügung steht.73 Bestellt die Gesellschaft etwa ein Pfandrecht an einer beweglichen Sache, welche für die Fortführung ihrer Geschäfte von elementarer Bedeutung ist, so kann bereits im Verlust der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit an dieser Sache ein haftungsbegründender Vermögenstransfer liegen. In der Praxis dürfte diese Konstellation allerdings selten anzutreffen sein. Insbesondere bei LBO-Transaktionen entspricht die Weiterbenutzung des Sicherungsguts durch die Gesellschaft gängiger Praxis, da die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschaft für die Rückzahlung des Akquisitionskredits von entscheidender Bedeutung ist.74 Auch in Cash-PoolSystemen ist der Verlust der Nutzungsmöglichkeit von Vermögensgegenständen durch die Besicherung so gut wie nie anzutreffen. Hier werden überwiegend Garantien, gelegentlich aber auch Grundpfandrechte eingesetzt.75 b) Beeinträchtigung der Kreditfähigkeit Den nächsten Anknüpfungspunkt für einen haftungsrelevanten Vermögens transfer stellt die Beeinträchtigung der Kreditfähigkeit der Gesellschaft dar.76 Insbesondere bei Besicherungen in großem Umfang, wie sie bei 71 BGHZ
173, 246 (258) („Trihotel“). BB 2005, 232 (233) („Autovertragshändler“). Dies entspricht der allg. M., siehe nur Verse, in: Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 53 m. w. N. 73 BGHZ 173, 246 (265) („Trihotel“). 74 Meyer, Besicherung, S. 282. 75 Zur Besicherung beim Cash-Pooling siehe § 2 B. II. 2. 76 BGHZ 173, 246 (265) („Trihotel“). 72 BGH
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§ 5 Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter
LBO-Transaktionen üblich sind, verbleibt der Gesellschaft regelmäßig kaum freies Vermögen, das sie zur Besicherung eigener Verbindlichkeiten einsetzen kann.77 Potentielle Kreditgeber der Gesellschaft sehen sich demnach einem gestiegenen Risiko ausgesetzt, was im Gegenzug die Kreditfähigkeit der Gesellschaft empfindlich beeinträchtigen kann. Diesbezüglich ist jedoch dem „Trihotel“-Urteil des BGH zu entnehmen, dass es auf eine reduzierte Kreditwürdigkeit der Gesellschaft nur dann ankommt, wenn auch tatsächlich ein Bedürfnis der Gesellschaft zur Kreditaufnahme besteht.78 Der BGH geht sogar weiter und will selbst im Falle einer kreditbedürftigen Gesellschaft einen haftungsbegründenden Eingriff ablehnen, wenn die Gesellschaft durch den Gesellschafter mit ausreichender Liquidität versorgt werden kann.79 Eine Haftung droht dem Gesellschafter also unter diesem Gesichtspunkt so lange nicht, wie er selbst den Liquiditätsbedarf der Gesellschaft sicherstellen kann.80 Ist die Gesellschaft an ein konzerninternes Cash-PoolSystem angeschlossen, dürfte dieser Gesichtspunkt haftungsrechtlich deshalb regelmäßig unproblematisch sein, solange der Gesellschaft über dieses ausreichend Liquidität im Bedarfsfall zur Verfügung gestellt werden kann. c) Verwertung der Sicherheit und Zeitpunkt für das Sittenwidrigkeitsurteil Letztlich stellt sich die Frage, ob eine Haftung für die Gewährung von aufsteigenden Sicherheiten auch aufgrund der Inanspruchnahme der Sicherheit gegeben sein kann. Der BGH hat diese Problematik im „Trihotel“-Urteil nicht angesprochen. Dies ist wohl zum einen darauf zurückzuführen, dass dem Sachverhalt im „Trihotel“-Urteil keine aufsteigende Sicherheit im hier behandelten Sinne zugrunde lag, sondern die Gesellschaft ihre eigene Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter besichert hatte. Zum anderen fehlte es an der Ursächlichkeit der Inanspruchnahme der Sicherheit für die Existenzvernichtung. Der Gesellschafter war im vom BGH behandelten Sachverhalt durch Sicherungsübereignung Eigentümer von Hotelinventar geworden, welches er im Insolvenzfall verwerten konnte. Allerdings war die Weiternutzung des Inventars durch die Gesellschaft nach der Sicherheitenbestellung gewährleistet, weshalb die Inanspruchnahme der Sicherheit durch 77 Meyer,
I. 1.
78 BGHZ
Besicherung, S. 283; zum Ablauf einer LBO-Transaktion siehe § 2 B.
173, 246 (265 f.) („Trihotel“). BGHZ 173, 246 (266) („Trihotel“) verweist der BGH darauf, dass seitens der Gesellschaft Kredite aufgenommen wurden, die durch den Gesellschafter besichert wurden. 80 Vgl. J. Vetter, BB 2007, 1965 (1967). 79 In
C. Existenzvernichtender Eingriff153
Entzug der Nutzungsmöglichkeit am Hotelinventar erst nach Insolvenzreife erfolgte und deshalb nicht insolvenzursächlich sein konnte. Aufsteigende Sicherheiten im hier behandelten Sinne werden in der Praxis häufig in großem Umfang bestellt. Gerade bei LBO-Transaktionen wird regelmäßig das gesamte freie Vermögen der Gesellschaft zu Sicherungszwecken herangezogen. Wird die Gesellschaft durch die finanzierenden Banken aus den Sicherheiten in Anspruch genommen, hat dies nicht selten die Insolvenz der Gesellschaft zur Folge. Dass die insolvenzverursachende Inanspruchnahme der Sicherheit unter Umständen erst deutlich nach der Weisung des Gesellschafters eintritt, stellt für die Haftungsbegründung im Rahmen der Existenzvernichtungshaftung kein Problem dar, da der im Rahmen von § 826 BGB geforderte Zurechnungszusammenhang unproblematisch gegeben ist. Die Inanspruchnahme der Sicherheit ist adäquat-kausale Folge der Anweisung des Gesellschafters. Fraglich ist, ob bereits die auf der Weisung des Gesellschafters basierende insolvenzverursachende Inanspruchnahme der Sicherheit zugunsten des Gesellschafters als sittenwidrig einzustufen ist und folglich den objektiven Tatbestand des § 826 BGB erfüllt, oder ob die Prüfung um weitere Voraussetzungen ergänzt werden muss. Mit Blick auf die Gewährung aufsteigender Sicherheiten wird als zusätzliches Kriterium für die Sittenwidrigkeit vornehmlich das Vorliegen eines gewissen objektiven Wahrscheinlichkeitsgrads der Inanspruchnahme bereits im Zeitpunkt der Weisung vorgeschlagen. Im Schrifttum ist hier die Rede von einem „deutlich oberhalb des Maßes der überwiegenden Insolvenzwahrscheinlichkeit“ liegenden81 bzw. „unverhältnismäßig“ hohem Risiko82, einer „deutlich erkennbare[n] Gefahr“83 oder einer starken Gefährdung bzw. Unmöglichmachung der Gläubigerbefriedigung84. Andere Autoren wollen eine Einschränkung im objektiven Tatbestand dahingehend vornehmen, dass eine umfangreiche Besicherung dann nicht sittenwidrig ist, wenn sie das Ergebnis einer „sorgfältigen, vernünftigen und nachvollziehbaren kaufmännischen Planung des künftigen Geschäftsganges darstellt, die auch Reserven für besondere Stress-Szenarien vorsieht“.85 Allgemein gewendet spiegelt sich in dieser Kontroverse das Problem wider, ob bereits aus dem „Erfolg“ der Insolvenzverursachung auf die Sit81 Tasma, Gläubigerschutz, S. 396; ähnlich Kölbl, BB 2009, 1194 (1196), der Ver mögensverlust müsse „unausweichlich“ erscheinen. 82 Schulz / Israel, NZG 2005, 329 (332). 83 Eidenmüller / Engert, FS K. Schmidt, S. 305 (316 f.). 84 Esters, GmbHR 2004, 105 (109). 85 Meyer, Besicherung, S. 285; ähnlich Diem, ZIP 2003, 1285 (1286).
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tenwidrigkeit des Gesellschafterhandelns geschlossen werden kann86 oder ob zusätzliche Wertungskriterien hinzutreten müssen, um die Sittenwidrigkeit eines Vermögenstransfers positiv festzustellen87. Gegen ein zusätzliches Kriterium wird vorgebracht, dass gerade der insolvenzauslösende Entzug von Gesellschaftsvermögen ohne Kompensation die „Selbstbedienung“ bzw. das geforderte illoyale Verhalten darstelle, welches das Sittenwidrigkeitsurteil auslöse, sodass es einer weiteren Prüfung nicht bedürfe.88 Gerade der Fall der Gewährung aufsteigender Sicherheiten zeigt jedoch, dass diese Ansicht nicht zutreffend ist. Für § 826 BGB ist anerkannt, dass für die sittliche Beurteilung eines Verhaltens der Tatzeitpunkt, also der Zeitpunkt des Täterhandelns, entscheidend ist.89 Im Zeitpunkt der Weisung des Gesellschafters steht häufig noch gar nicht fest, ob es jemals zum insolvenzverursachenden Vermögensabfluss kommt. Es wäre systemwidrig, das Sittenwidrigkeitsverdikt des Täterhandelns von einer unter Umständen viel später eingetretenen Folge desselben abhängig zu machen, die der Täter zudem nicht kontrollieren kann. Diese Systemwidrigkeit lässt sich nur dadurch „überspielen“, dass man jegliche Transaktion zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, die auch nur mit dem minimalen Risiko der Insolvenz der Gesellschaft belastet ist, als per se sittenwidrig einstuft.90 Die Reform durch das MoMiG stützt darüber hinaus die Auffassung, dass zusätzliche Faktoren bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit im Rahmen des existenzvernichtenden Eingriffs zu berücksichtigen sind. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG erklärt Leistungen an Gesellschafter, die durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt sind, für kapitalerhaltungsrechtlich zulässig. Eine Beschränkung dahingehend, dass die Transaktion nicht einen solchen Umfang annehmen darf, dass bei späterer Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des Gesellschafters die fehlende Rückzahlung die Insolvenz der Gesellschaft zur Folge hat, lässt sich der Norm nicht entnehmen. Im Gegenteil besteht sogar Einigkeit, dass das allgemeine Kreditrisiko, das jedem Austauschgeschäft innewohnt, die 86 So Dauner-Lieb, ZGR 2008, 34 (46); Funke, in: Michalski, GmbHG, § 13 Rn. 411; Bayer, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 13 Rn. 39. 87 Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 13 Rn. 90; Weller, ZIP 2007, 1681 (1685). 88 Dauner-Lieb, ZGR 2008, 34 (46). 89 Hönn, in: Soergel, BGB § 826 Rn. 30; Oechsler, in: Staudinger, BGB, § 826 Rn. 59. 90 In diese Richtung argumentiert Weitnauer, ZIP 2005, 790 (794 f.), der bereits das Bestehen des abstrakten Insolvenzrisikos als entscheidendes Kriterium für die Existenzvernichtungshaftung ansieht (allerdings zur Rechtslage vor „Trihotel“).
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Vollwertigkeit nicht hindert, folglich eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Rückzahlung nicht erforderlich ist.91 § 64 S. 3 GmbHG, der vom Gesetzgeber als partielle Normierung der Existenzvernichtungshaftung angesehen wird92, statuiert eine Geschäftsführerhaftung für Zahlungen der Gesellschaft, die zur Insolvenz führen mussten. Für die Haftung aus dieser Norm heißt es in der Gesetzesbegründung: „Weiter soll der Geschäftsführer keineswegs verpflichtet werden, jegliche Zahlungen an Gesellschafter zu ersetzen, die in irgendeiner Weise kausal für eine – möglicherweise erst mit erheblichem zeitlichem Abstand eintretende – Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft geworden sind. Vielmehr muss die Zahlung ohne Hinzutreten weiterer Kausalbeiträge zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen.“93 Es genügt demnach gerade nicht, dass die Zahlungsunfähigkeit lediglich condicio-sine-qua-non des Täterhandelns ist. Aus alldem lässt sich schließen, dass das bloße abstrakte Insolvenzrisiko, das jeder Transaktion mit dem Gesellschafter ab einem gewissen Ausmaß innewohnt, für sich genommen noch nicht ausreichend ist, um eine Sittenwidrigkeit für einen Anspruch wegen Existenzvernichtungshaftung aus § 826 BGB zu begründen.94 Da bereits im Zeitpunkt der Weisung des Gesellschafters das Sittenwidrigkeitsurteil gefällt werden muss, wird man zu diesem Zeitpunkt weitere Voraussetzungen verlangen müssen, um von einer Sittenwidrigkeit ausgehen zu können. Zu klären ist, wie diese weiteren Voraussetzungen für den Fall der Gewährung aufsteigender Sicherheiten ausgestaltet werden können. In diesem Zusammenhang bietet sich in der Tat das Vorliegen einer gewissen Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit als ein taugliches Kriterium an. Zur Präzisierung des Wahrscheinlichkeitskriteriums kann nicht pauschal auf den bilanziellen Maßstab der Kapitalerhaltung zurückgegriffen werden,95 sodass die zur Bildung einer Rückstellung wegen drohender Inanspruchnahme gemachten Ausführungen im Zusammenhang mit der Existenzvernichtungshaftung nicht fruchtbar gemacht werden können. Dies ergibt sich daraus, dass die Regeln zur Existenzvernichtungshaftung das Kapitalschutzsys91 BGHZ 179, 71 (78 Rn. 13) („MPS“); Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 104; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 85. 92 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 46; näher zur Haftung des Geschäftsführers nach dieser Norm unter § 6 B. 93 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 46. 94 Ebenso Schrell / Kirchner, BB 2003, 1451 (1455 f.); Tasma, Gläubigerschutz, S. 392 f. 95 Altmeppen, ZIP 2008, 1201 (1203); Tasma, Gläubigerschutz, S. 395.
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tem des § 30 GmbHG gerade ergänzen sollen, weshalb es widersprüchlich wäre, sie zur Präzisierung derselben heranzuziehen.96 Ausgangspunkt sollten vielmehr die Ausführungen des BGH sein, da es sich bei der Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs um eine stark richterrechtlich geprägte Rechtsfigur handelt. Wie bereits eingangs dargestellt, ist das zentrale Kriterium des BGH für die Begründung einer Haftung nach § 826 BGB der zweckentfremdete, d. h. planmäßige Entzug von Gesellschaftsvermögen. Um als sittenwidrig zu gelten, muss folglich ein Gesellschafterverhalten einen solchen Vermögensentzug darstellen. Für die Gewährung aufsteigender Sicherheiten bedeutet dies nach der hier vertretenen Ansicht, dass bereits im Zeitpunkt der Weisung an die Gesellschaft bzw. der Bestellung der Sicherheit, der Vermögensentzug mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen muss. Ist aus ex ante Sicht die Inanspruchnahme der Sicherheit überwiegend wahrscheinlich, stellt der Gesellschafter bei der Abwägung seine eigenen Interessen über die der Gesellschaft. Gerade dies stellt das geforderte illoyale Verhalten gegenüber der Gesellschaft dar. Der Maßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit überzeugt auch mit Blick auf § 64 S. 3 GmbHG, den der Gesetzgeber als Teilkodifizierung des existenzvernichtenden Eingriffs verstanden wissen will.97 Die Haftung soll bei § 64 S. 3 GmbHG erst eingreifen, wenn die Zahlung zur Insolvenz führen „musste“, also gewissermaßen eine „Weichenstellung ins Aus“ darstellt.98 Dafür verlangt die h. M. zu Recht einen hohen Wahrscheinlichkeitsgrad, der erst erreicht sein soll, wenn ein objektiver Beobachter den Verlust der Zahlungsfähigkeit ex ante mit „überwiegender Wahrscheinlichkeit“99 vorhersagen konnte. Um einen Gleichlauf mit der Haftung aus § 64 S. 3 GmbHG zu gewährleisten, sollte dieser Maßstab auch für die Existenzvernichtungshaftung gelten. Naturgemäß handelt es sich bei der Beurteilung der Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit durch den Gesellschafter um eine Prognoseentscheidung. Die Qualität dieser Prognoseentscheidung ist der für die Haftungsbegründung entscheidende Faktor.100 Der Gesellschafter sollte deshalb eingehend 96 Altmeppen,
ZIP 2008, 1201 (1203); Tasma, Gläubigerschutz, S. 395. überzeugenden Vergleich führt auch Meyer, Besicherung, S. 284 f. an. 98 Greulich / Rau, NZG 2008, 284 (288); Müller, in: MüKo, GmbHG, § 64 Rn. 193. 99 Haas, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 64 Rn. 135; Kleindiek, in: FS K. Schmidt, S. 893 (906 f.); ders., in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 64 Rn. 63; Tasma, Gläubigerschutz, S. 397; teilweise wird weitergehend eine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit gefordert“, siehe etwa Müller, in: MüKo, GmbHG, § 64 Rn. 193. 100 Meyer, Besicherung, S. 284; Roth, NZG 2003, 1081 (1082 f.); Schulz / Israel, NZG 2005, 329 (332). 97 Diesen
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prüfen, ob konkrete Anhaltspunkte die Inanspruchnahme der Sicherheit bereits im Bestellungszeitpunkt überwiegend wahrscheinlich machen. Der Maßstab für die Wahrscheinlichkeitsprognose sollte für den Gesellschafter derjenige des ordentlichen Geschäftsmannes sein. Dieser Maßstab gilt nach § 64 S. 2, 3 GmbHG für den Geschäftsführer, kann aber im Falle von Sicherheitenbestellungen, die mit dem Risiko der Insolvenz der Gesellschaft verbunden sind, auch dem Gesellschafter zugemutet werden. Bestehen Zweifel seitens des Gesellschafters, sollte dieser sich von einem unabhängigen Experten bestätigen lassen, dass eine Inanspruchnahme im Zeitpunkt der Bestellung nicht überwiegend unwahrscheinlich ist.101 Auf Basis dieses Haftungsmaßstabs besteht für die Besicherungspraxis beim LBO regelmäßig kein Risiko einer Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs.102 Investoren und Finanzierungspartner nehmen die Besicherung hier nur nach eingehender Prüfung vor, wenn sie von einer hohen Erfolgswahrscheinlichkeit ausgehen.103 Eine Investition erfolgt nur, wenn das Ergebnis der Due Diligence und der durchgeführten Liquiditäts- und Finanzplanung verspricht, dass die Erträge der Gesellschaft ausreichend sind, um den von der Muttergesellschaft aufgenommenen Kredit zurück zu zahlen. Wurde auf Basis einer ordnungsgemäßen Prognoseentscheidung das Nichtbestehen einer überwiegenden Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit im Bestellungszeitpunkt festgestellt und kommt es später zu einer Verwertung der Sicherheit, realisiert sich hiermit nur das allgemeine Geschäftsrisiko und es ist kein Raum für den Vorwurf der Sittenwidrigkeit. Dies deckt sich mit der Rechtsprechung des BGH, der betont hat, dass unternehmerische Fehleinschätzungen nicht zu einer Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs führen sollen.104
101 So auch Verse, in: Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 61 und Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 47 Rn. 55, die dieses Kriterium jedoch bei der Frage des Vorsatzes berücksichtigen wollen. 102 Ganz h. M. Meyer, Besicherung, S. 285 f.; Schulz / Israel, NZG 2005, 329 (332); Schrell / Kirchner, BB 2003, 1451 (1455 f.); Verse, in: Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 61; Weller, ZIP 2007, 1681 (1986); a. A. wohl Weitnauer, ZIP 2005, 790 (794). 103 Vgl auch Schrell / Kirchner, BB 2003, 1451 (1454): „Im Kontext der Finanzierung einer Unternehmensübernahme hat der Fall, dass bereits bei Bestellung der Sicherheiten deren Verwertung wahrscheinlich ist, keine praktische Relevanz, da Banken Finanzierungsmittel nicht bereitstellen werden, wenn das Scheitern der Finanzierung bereits absehbar ist.“ 104 BGH BB 2005, 286 (287).
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3. Kompensationslosigkeit Als weiteres Kriterium für die Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs fordert der BGH, dass der Eingriff „kompensationslos“ erfolgen müsse.105 Der BGH verlangt in diesem Zusammenhang im „Trihotel“-Urteil zur Haftungsvermeidung eine der Gesellschaft zufließende Gegenleistung, die nicht derart unvertretbar niedrig sein darf, dass eine Insolvenz der Gesellschaft „praktisch unausweichlich“ ist.106 Im Schrifttum wird unter Hinweis auf § 30 GmbHG versucht, das Merkmal durch bilanzielle Maßstäbe zu konkretisieren. Im Falle des Cash-Poolings soll eine ausreichende Kompensation deshalb dann gegeben sein, solange der Gesellschaft ein vollwertiger Rückzahlungs- oder Rückgriffsanspruch zusteht.107 In Anbetracht der Tatsache, dass die Existenzvernichtungshaftung gerade diejenigen Schutzlücken schließen soll, die durch eine bilanzielle Betrachtung entstehen,108 wird von anderen eine liquiditätsorientierte Betrachtungsweise befürwortet.109 Vorgeschlagen wird deshalb zum Beispiel eine Orientierung an einer „marktgerechten Gegenleistung“.110 Diese Maßstäbe haben vielfach richtige Ergebnisse zur Folge, können jedoch mit Blick auf die Kollateralwirkungen von bestimmten Eingriffen nicht als allgemeine Definition der „Kompensationslosigkeit“ überzeugen. Erhält die Gesellschaft etwa für die Weggabe einer wichtigen Produktionsmaschine eine marktgerechte Gegenleistung, die auch bilanziell zu einer vollen Kompensation des Vermögenstransfers führt, treibt das Fehlen dieses Gegenstandes die Gesellschaft aber in die Insolvenz, weil aufgrund des fehlenden Vermögensgegenstandes die Einnahmen wegfallen, so muss dies trotzdem als haftungsbegründender Eingriff erfasst werden können.111 a) Kompensation bei Gewährung aufsteigender Sicherheiten Es ist herausgearbeitet worden, dass ein zweckentfremdender Eingriff in das Gesellschaftsvermögen vorliegt, wenn die Gesellschaft eine aufsteigen105 BGHZ 173, 246 (1. LS.) („Trihotel“); bestätigt in BGHZ 176, 204 ff. („GAMMA“) und BGHZ 179, 344 ff. („Sanitary“). 106 BGHZ 173, 246 (266 Rn. 50) („Trihotel“). 107 Theiselmann, GmbHR 2007, 904 (905 f.); Verse, in: Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 55. 108 Siehe zur Ergänzungsbedürftigkeit des Kapitalerhaltungsrechts unter § 5 C. I. 1. 109 Diem, ZIP 2003, 1283 (1285 ff.); Meyer, Besicherung, S. 288. 110 Weller, in: Bork / Schäfer, § 13 Rn. 48. 111 Röck, DZWiR 2012, 97 (100).
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de Sicherheit bestellt, obwohl die Inanspruchnahme der Sicherheit überwiegend wahrscheinlich ist. Wird durch die Inanspruchnahme der Sicherheit die Insolvenz der Gesellschaft verursacht, so stellt sich die Frage, worin überhaupt eine Kompensation für diesen Eingriff gesehen werden kann. Ausscheiden muss sicherlich die Überlassung eines etwaigen Nutzungsrechts an den besicherten Gegenständen.112 Dieses ist kein Ausgleich dafür, dass die Gesellschaft den Sicherungsgegenstand aufgrund der Verwertung endgültig verlieren wird.113 In Betracht kommt allenfalls ein vollwertiger Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter. Dabei ist es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass ein Rückgriffsanspruch trotz überwiegender Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit jemals vollwertig sein wird. Schließlich löst die wirtschaftliche Schieflage des Gesellschafters die Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit erst aus. In dem Ausnahmefall allerdings, in dem Vollwertigkeit gegeben sein sollte, muss eine Haftung nach den Grundsätzen des existenzvernichtenden Eingriffs ausscheiden. Es ist jedoch fraglich, ob es in diesem Fall überhaupt des Merkmals der „Kompensationslosigkeit“ bedarf. b) Eigenständige Bedeutung des Merkmals? Vor diesem Hintergrund ist die von Röck entwickelte Auffassung zu sehen, dass dem Merkmal der Kompensationslosigkeit neben der Voraussetzung der Insolvenzverursachung keine eigenständige Bedeutung zukomme.114 Erfolgt im Zusammenhang mit einem Eingriff auch ein hinreichender Vermögenszufluss an die Gesellschaft und kompensiert dieser den Vermögensabfluss in einer Weise, welche die Solvenz der Gesellschaft unberührt lässt, so fehle es bereits an einer Insolvenzverursachung durch den Eingriff, was das Merkmal der Kompensationslosigkeit überflüssig mache.115 Dem ist zuzustimmen. Die Richtigkeit dieser Auffassung lässt sich gut am Beispiel der Sicherheitenbestellung verdeutlichen. Besteht trotz überwiegender Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit ein vollwertiger Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter, so kann der durch die Inanspruchnahme der Sicherheit verursachte Vermögensabfluss nur dann ursächlich für die Insolvenz sein, wenn das Fehlen des besicherten Gegenstandes im Gesellschaftsvermögen „Kollateralschäden“ zur Folge hat, etwa, weil es sich um einen wichtigen Produktionsgegenstand gehandelt hat. In diesem Fall wird man allerdings nicht davon ausgehen können, dass der Rückgriffsanspruch eine ausreichende Kompensation für die Sicherheitengewäh112 Meyer,
Besicherung, Besicherung, 114 Röck, DZWiR 2012, 115 Röck, DZWiR 2012, 113 Meyer,
S. 289; a. A. Weller, ZIP 2007, 1681 (1685). S. 289. 97 (100 f.). 97 (100).
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rung darstellt. Dem Merkmal der „Kompensationslosigkeit“ kommt deshalb jedenfalls im Fall der Sicherheitenbestellung keine eigenständige Bedeutung zu. 4. Zum Erfordernis eines Gesellschaftervorteils Ein weiteres umstrittenes Erfordernis für die hier behandelte Haftung des Gesellschafters aus § 826 BGB ist, dass der Eingriff zum Vorteil des Gesellschafters erfolgen müsse. Teilweise wird dies mit Blick auf die vom BGH geforderte „Selbstbedienung“ des Gesellschafters verlangt.116 Die Gegenansicht weist darauf hin, dass der BGH in der „Trihotel“-Entscheidung zu erkennen gegeben hat, dass auch das Handeln zum Vorteil „eines Dritten“117 genügen solle.118 Mit Blick auf die Tatsache, dass der BGH die Existenzvernichtungshaftung nunmehr auf § 826 BGB stützt, der als deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch gerade keine Bereicherung auf Seiten des Schädigers verlangt, scheint die zweitgenannte Ansicht überzeugender. Letztlich muss dieser Streit für die hier behandelten aufsteigenden Sicherheiten jedoch nicht entschieden werden. Wird seitens der Gesellschaft eine Sicherheit zur Absicherung einer Verbindlichkeit eines Dritten gegen den Gesellschafter bestellt, so erwächst dem Gesellschafter hieraus jedenfalls ein mittelbarer Vorteil, der auch nach der erstgenannten Ansicht ausreichend ist.119 5. Insolvenzverursachung bzw. -vertiefung durch Vermögensentzug Für eine Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs müsste weiterhin durch den Vermögensentzug bei der Gesellschaft eine Insolvenzverursachung oder -vertiefung eingetreten. Insolvenz meint in diesem Zusammenhang Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO). Da die Haftung auch für den Fall der Insolvenzvertiefung eintritt, greift sie auch ein, wenn die Insolvenz ohne den Vermögensentzug eingetreten wäre.120 Erforderlich ist jedoch, dass der dem Gesellschafter zurechenbare Vermögensentzug kausal zur Insolvenzverursachung oder -vertiefung geführt hat.121 Dieses 116 Weller, ZIP 2007, 1681 (1685): „Das Selbstbedienungskriterium fungiert […] als Filter“. 117 BGHZ 173, 246 (259 Rn. 30) („Trihotel“). 118 Verse, in: Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 57. 119 Meyer, Besicherung, S. 287. 120 Verse, in: Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 56. 121 Verse, in: Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 56.
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Merkmal dürfte im Fall der Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit regelmäßig unproblematisch sein. 6. Vorsatz Das Vorsatzerfordernis im Rahmen der Existenzvernichtungshaftung folgt den allgemeinen Grundsätzen für § 826 BGB. Dies bedeutet, dass Vorsatz bezüglich des Eintritts eines Schadens, der Kausalität des eigenen Verhaltens und der die Sittenwidrigkeit des Verhaltens begründenden Umstände erforderlich ist.122 Konkret für die hier in Rede stehende Haftung verlangt der BGH im „Trihotel“-Urteil dass „die faktische dauerhafte Beeinträchtigung der Erfüllung der Verbindlichkeiten die voraussehbare Folge des Eingriffs [sein muss] und der Gesellschafter diese Rechtsfolge in Erkenntnis ihres möglichen Eintritts billigend in Kauf genommen [haben muss].“123 Die (innere) Tatsache, dass der Gesellschafter die mit dem Eingriff verbundene Folge billigend in Kauf genommen hat, ist dem Beweis nur schwer zugänglich, weshalb in den meisten Fällen nur die Möglichkeit verbleibt, von objektiven Sorgfaltspflichtverletzungen auf die billigende Inkaufnahme des Schadenseintritts zu schließen.124 Für die Gewährung von aufsteigenden Sicherheiten bietet sich als Anknüpfungspunkt für diese Sorgfaltspflichtverletzung regelmäßig die im Rahmen des Eingriffs bereits problematisierte Wahrscheinlichkeitsprognose an. Ist eine solche nach den oben dargestellten Maßstäben fehlerhaft vorgenommen worden oder ganz unterblieben, stellt dies einen deutlichen Hinweis auf das Vorliegen von Eventualvorsatz dar. Dies entspricht der strafrechtlichen Rechtsprechung zum Eventualvorsatz, nach der von der besonderen Gefährlichkeit eines Handelns auf das Billigungselement des dolus eventualis geschlossen werden kann.125 In der Praxis werden derartige Extremfälle allerdings selten sein. Wurde eine ordnungsgemäße Wahrscheinlichkeitsprognose hingegen mit negativem Ergebnis entsprechend der oben dargestellten Maßstäbe durchgeführt, fehlt es schon an einem tatbestandlichen Eingriff, sodass es auf die Frage des Vorsatzes nicht mehr ankommt.126
122 Wagner,
in: MüKo, BGB, § 826 Rn. 24. 173, 246 (259 Rn. 30) („Trihotel“). 124 Vgl. Verse, in: Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 61. 125 Siehe etwa BGH NStZ 2000, 583: „Hält der Täter aber den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges für möglich und setzt er sein Handeln dennoch fort, liegt es bei äußerst gefährlichem Tun nahe, dass er den Eintritt des Erfolges billigend in Kauf nimmt.“ Näher dazu: Joecks, in: MüKo, StGB, § 16 Rn. 52 ff. 126 Vgl. auch Röck, DZWiR 2012, 97 (99). 123 BGHZ
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Folgt man dagegen der Auffassung, die bereits im bloßen Bestellen einer potentiell insolvenzverursachenden aufsteigenden Sicherheit einen sittenwidrigen Eingriff erblickt (s. o.), bekommt der Vorsatz eine entscheidende, haftungsbeschränkende Rolle.127 Da auch der Vorsatz bezüglich des Schadens eintritts erforderlich ist,128 wird der subjektive Tatbestand regelmäßig zu verneinen sein, wenn der Gesellschafter im Zeitpunkt der Weisung darauf vertraut, dass es nicht zur Verwertung der Sicherheit kommen wird.129 Aufgrund der Schwierigkeit, diese innere Einstellung zu bestimmen, behilft sich auch diese Auffassung damit, von objektiven Umständen wie dem Vorliegen eines konkreten Inanspruchnahmerisikos auf das Billigungselement zu schließen.130 Letztlich wird der Nachweis des Vorsatzes deshalb nur in evidenten Fällen möglich sein, in denen konkrete Anhaltspunkte für eine fehlende Solvenz des Gesellschafters vorlagen und eine deshalb notwendig werdende Verwertung der Sicherheit nahelag.131 Dies beschränkt auch nach dieser Ansicht die Haftung auf diejenigen Fälle, bei denen bereits im Zeitpunkt der Weisung des Gesellschafters bzw. im Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit, die Inanspruchnahme der Sicherheit überwiegend wahrscheinlich war. Im praktischen Ergebnis werden sich die beiden Ansätze deshalb kaum unterscheiden. 7. Rechtsfolgen Wie bereits dargestellt, ist der Anspruch wegen Existenzvernichtung seit dem „Trihotel“-Urteil des BGH als reine Innenhaftung ausgestaltet.132 Dies bedeutet, dass zunächst der Insolvenzverwalter für die Verfolgung der Ansprüche der Gesellschaft zuständig ist. Wird die Insolvenz mangels Masse nicht eröffnet (§ 26 InsO) oder entscheidet sich der Insolvenzverwalter gegen die Verfolgung des Anspruchs, weil er die Erfolgsaussichten als zu gering eischätzt, bleibt den Gläubigern hingegen nur, den Anspruch pfänden und sich überweisen zu lassen (§§ 829 ff., 835 ZPO). Hinsichtlich der Schadenshöhe greifen die allgemeinen Regeln der §§ 249 ff. BGB ein.133 Dementsprechend ist die Differenzhypothese anzu127 Berkefeld, MBO, S. 176; a. A. Tasma, Gläubigerschutz, S. 392 f., der dabei allerdings übersieht, dass auch der Vorsatz hinsichtlich des Schadenseintritts erforderlich ist. 128 Wagner, in: MüKo, BGB, § 826 Rn. 24. 129 Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 47 Rn. 54; Verse, in: Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 61. 130 Verse, in: Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 60. 131 Verse, in: Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 61. 132 BGHZ 173, 246 („Trihotel“). 133 Verse, in: Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 66.
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wenden und zu fragen, wie der Geschädigte ohne den schädigenden Eingriff stünde.134 Daraus ergibt sich, dass durch den Eingriff entstandene Folgeschäden ersetzt werden müssen.135 Hier liegt ein wesentlicher Unterschied zum Anspruch aus § 31 GmbHG und dem der Gesellschaft regelmäßig zustehenden Rückgriffsanspruch. Wird etwa durch die Inanspruchnahme aus einer Grundschuld der Gesellschaft ein Betriebsgrundstück entzogen, wäre die Haftung auf § 31 GmbHG auf den Wert des Grundstücks begrenzt. Die Existenzvernichtungshaftung ermöglicht jedoch auch Folgepositionen, wie etwa den durch Produktionsausfall bedingten Einnahmenrückgang als entgangenen Gewinn (§ 252 BGB) schadensrechtlich zu erfassen. Der Schaden soll nach Ansicht des BGH allerdings auf den zur Befriedigung der Gläubiger erforderlichen Betrag begrenzt sein.136 Einschränkend wirkt weiterhin, dass der Schaden nur ersetzt werden muss, sofern er durch den Eingriff hervorgerufen wurde, also mit diesem in einem Kausalitätszusammenhang steht. Steht fest, dass der Eingriff die Insolvenz der Gesellschaft nur beschleunigt oder vertieft hat, so wären die Gläubiger mit ihrer Forderung ohnehin ausgefallen. Zu ersetzen ist in diesem Fall nur die Differenz zwischen der Summe, welche die Gläubiger ohne Berücksichtigung des Eingriffs erhalten hätten, und der nach dem Eingriff für die Gläubiger verfügbaren Insolvenzmasse.137
III. Zusammenfassung der Haftung aus existenzvernichtendem Eingriff Wie gesehen, sind die Haftungsvoraussetzungen für einen Anspruch aus existenzvernichtendem Eingriff hoch. Bereits im Zeitpunkt der Anweisung zur Sicherheitenbestellung bzw. im Fall von Gesellschafter-Geschäftsführern im Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit, muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen, dass es zu einer Verwertung der Sicherheit kommt, um den Vorwurf der Sittenwidrigkeit des Gesellschafterhandelns zu begründen. Folgt man der Gegenauffassung und sieht bereits die Begründung einer abstrakten Insolvenzgefahr als sittenwidrig an, stellt sich das Vorsatzerfordernis als entscheidende Haftungsbeschränkung dar. Um dem Gesellschafter den geforderten Eventualvorsatz nachzuweisen, wird man regelmäßig nur bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für eine Inanspruchnahme auf das 134 Zur Differenzhypothese siehe eingehend Oetker, in: MüKo, BGB, § 249 Rn. 16 ff. 135 BGHZ 173, 246 (260) („Trihotel“). 136 BGHZ 173, 246 (260) („Trihotel“). 137 Strohn, ZinsO 2008, 706 (710); Verse, in: Henssler / Strohn, GesR, § 13 GmbHG Rn. 66.
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geforderte Billigungselement schließen können. Aufgrund dieser hohen Anforderungen kann zu Recht gesagt werden, dass die Existenzvernichtungshaftung kein umfassendes Gläubigerschutzinstrument, sondern nur ein Ventil für Extremfälle darstellt.138
D. Freistellungsanspruch Das Verhältnis zwischen Sicherungsgeber (Gesellschaft) und Schuldner (Gesellschafter) lässt sich zivilrechtlich als Auftrag (§ 662 BGB), bzw. bei Zahlung einer Avalprovision als entgeltliche Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB), erfassen.139 Aus diesem Verhältnis resultiert ein Freistellungsanspruch der Gesellschaft, auf den im Rahmen der Untersuchung bereits Bezug genommen wurde. Im Folgenden sollen Voraussetzungen und Umfang dieses Anspruchs näher betrachtet werden.
I. Entstehung Im Auftragsrecht ist allgemein anerkannt, dass der Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB erst mit der Ausführung des Auftrags bzw. der Geschäftsbesorgung oder im Falle einer sonstigen Beendigung des Vertragsverhältnisses durch Kündigung entsteht.140 Nach ganz h. M. können auch die Eingehung einer Verbindlichkeit durch die Bestellung einer Personalsicherheit sowie die Bestellung von Realsicherheiten ersatzfähige Aufwendungen darstellen.141 Gemäß § 257 BGB ist der Aufwendungsanspruch in diesem Fall auf Befreiung von der Verbindlichkeit gerichtet. Hieraus ergibt sich zunächst die Frage, worin die Ausführung des Auftrags bei der Gewährung einer Sicherheit gesehen werden kann. Wenig zielführend ist es, bereits in der Bestellung der Sicherheit die Auftragsausführung zu erblicken. Es widerspräche dem Zweck der Besicherung, wenn der Sicherungsgeber sofort nach der Bestellung der Sicherheit und ohne das Vorliegen weiterer Voraussetzungen die Freistellung verlangen könnte. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber für den Fall der Bürgschaft in § 775 BGB die Voraussetzungen des Freistellungsanspruchs näher ausdifferenziert.142 Nach richtiger und herrschender Ansicht findet die Vorschrift aller138 Tasma, Gläubigerschutz, S. 398 bezeichnet die Existenzvernichtungshaftung deshalb zu Recht als „ultima ratio“ des Gläubigerschutzes. 139 Mülbert, ZGR 1995, 578 (582); Schön, ZHR 159 (1995), 351 (354 f.). 140 Mülbert, ZGR 1995, 578 (583). 141 Seiler, in: MüKo, BGB, § 670 Rn. 6 m. w. N. 142 Habersack, in: MüKo, BGB, § 775 Rn. 1; Schön, ZHR 159 (1995), 351 (355).
D. Freistellungsanspruch165
dings auch auf andere Sicherungsrechte Anwendung, insbesondere auf Grundpfandrechte, Schuldbeitritte und Garantien.143 Die Gegenansicht spricht sich zwar gegen eine analoge Anwendung der Vorschrift aus, will dem Sicherungsgeber aber unter den Voraussetzungen von § 775 BGB ein Kündigungsrecht nach § 671 Abs. 1 BGB gewähren, sodass es zur Beendigung des Auftragsverhältnisses und dem Entstehen des Aufwendungsersatzanspruches aus §§ 670, 257 BGB kommt.144 Für die Voraussetzungen des Freistellungsanspruchs ist demnach in jedem Fall § 775 Abs. 1 BGB maßgebend. Das bedeutsamste Tatbestandsmerkmal in Bezug auf aufsteigende Sicherheiten ist dabei das der wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Schuldners. Es liegt vor, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Schuldners nach Übernahme der Bürgschaft in einem solchen Ausmaß verschlechtern, dass der Rückgriff des Bürgen gefährdet ist.145 Regelmäßig dürfte dies der Fall sein, wenn die Inanspruchnahme aus der Sicherheit durch den Gläubiger wahrscheinlich wird, da in diesem Fall dem Gesellschafter die Mittel fehlen, um seinen laufenden Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag mit dem Dritten nachzukommen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass den Geschäftsführer eine Überwachungspflicht hinsichtlich der Vermögenssituation des Gesellschafters trifft.146
II. Inhalt und Umfang Der Anspruch ist auf die Befreiung des Sicherungsgebers von der Sicherheit gerichtet. Grundsätzlich steht dem Schuldner dabei ein Wahlrecht zu, wie er die Befreiung herbeiführt.147 Er kann entweder den Sicherungsnehmer zur Freigabe der Sicherheit bewegen oder die Schuld begleichen und so die Notwendigkeit für die Besicherung entfallen lassen.148 Geschuldet ist nur, dass der Sicherungsgeber am Ende von der Belastung durch die Sicherheit befreit ist. Hieran zeigt sich, dass der Befreiungsanspruch nicht auf 143 Brödermann, in: Prütting / Wegen / Weinreich, BGB, § 775 Rn. 3 (der allerdings eine Ausnahme für die Schuldmitübernahme machen will); Habersack, in: MüKo, BGB, § 775 Rn. 3; Schön, ZHR 159 (1995), 351 (355); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 101; Wolff / Raiser, SachenR, § 159 III, S. 668; a. A. Horn, in: Staudinger, BGB, § 775 Rn. 7. 144 Mülbert, ZGR 1995, 578 (584 f.). 145 Habersack, in: MüKo, BGB, § 775 Rn. 6 m. w. N. 146 Dazu näher unter § 6 A. I. 2. c). 147 Habersack, in: MüKo, BGB, § 775 Rn. 11; Horn, in: Staudinger, BGB, § 775 Rn. 4; Krüger, in: MüKo, BGB, § 257 Rn. 4. 148 Habersack, in: MüKo, BGB, § 775 Rn. 11; Horn, in: Staudinger, BGB, § 775 Rn. 4.
166
§ 5 Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter
Zahlung an den Sicherungsgeber selbst gerichtet sein kann, da hierdurch nicht die Befreiung gegenüber dem Sicherungsnehmer eintritt.149 Einen Anspruch auf Zahlung an sich selbst hat der Sicherungsgeber erst, nachdem er aus der Sicherheit in Anspruch genommen wurde bzw. geleistet hat.150 Dies ergibt sich daraus, dass die getätigten Aufwendungen dann nicht mehr in der Eingehung einer Verbindlichkeit zu sehen sind, sondern in der Leistung an den Dritten.151 Der Umkehrschluss aus § 775 Abs. 1 Nr. 4 BGB (analog) zeigt darüber hinaus, dass der Sicherungsgeber selbst dann keine Leistung an sich verlangen kann, wenn die Inanspruchnahme aus der Sicherheit wegen der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners feststeht und der Gläubiger den Sicherungsgeber bereits in Anspruch nimmt.152
III. Schwächen Der Freistellungsanspruch bietet der Gesellschaft keinen weitreichenden Schutz vor der (drohenden) Inanspruchnahme der Sicherheit. Zum einen ist es möglich, vertraglich auf diesen Anspruch zu verzichten.153 Zum anderen – dies dürfte der entscheidende Punkt sein – ist es bei Entstehung des Freistellungsanspruchs häufig bereits zu spät für eine effektive Anspruchsdurchsetzung. Verschlechtern sich die Vermögensverhältnisse des Gesellschafters wesentlich, so erhöht sich das Ausfallrisiko des Gesellschaftergläubigers. In dieser Situation ist es unwahrscheinlich, dass der Gesellschafter den Gläubiger zur Freigabe der Sicherheit bewegen können wird. Ebenso wird es dem Gesellschafter nur in seltenen Fällen möglich sein, durch Zahlung an den Gläubiger eine Inanspruchnahme der Sicherheit abzuwenden. Der Freistellungsanspruch bietet daher nur einen geringen Schutz nach Bestellung der Sicherheit, was wiederum die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung der Inanspruchnahme der Sicherheit im Vorfeld der Bestellung unterstreicht.
149 Krüger,
in: MüKo, BGB, § 257 Rn. 4. den Bürgschaftsvertrag Habersack, in: MüKo, BGB, § 775 Rn. 11. 151 Krüger, in: MüKo, BGB, § 257 Rn. 5. 152 Dies entspricht der herrschenden Meinung für die Bürgschaft, vgl. BGHZ 140, 270 (273 ff.); Habersack, in: MüKo, BGB, § 775 Rn. 11; Sprau, in: Palandt, BGB, § 775 Rn. 1; leitet man den Freistellungsanspruch allerdings aus §§ 670, 257 BGB her, dürfte anders zu entscheiden sein. Steht die Inanspruchnahme fest, ist für § 257 BGB anerkannt, dass der Ersatzberechtigte Zahlung an sich verlangen kann, vgl. Krüger, in: MüKo, BGB, § 257 Rn. 5; Bittner, in: Staudinger, BGB, § 257 Rn. 8; jeweils m. w. N. 153 Schön, ZHR 159 (1995), 351 (355); in diesem Fall wäre allerdings eine Haftung des Geschäftsführers nach § 43 Abs. 2 GmbHG zu prüfen. 150 Für
§ 6 Pflichten und Haftung der Geschäftsleitungsorgane Der folgende Teil der Arbeit widmet sich den Pflichten und der Haftung der Geschäftsleitungsorgane im Zusammenhang mit der Gewährung aufsteigender Sicherheiten. In den vergangenen Jahren gab es angestoßen durch das MoMiG und die Rechtsprechung im Bereich der Geschäftsleiterhaftung zahlreiche neue Entwicklungen, die es für die vorliegende Untersuchung zu berücksichtigen gilt. Insgesamt ist dabei festzustellen, dass der Gesetzgeber und in der Konsequenz auch die Rechtsprechung zur Kompensation gelockerter Vorgaben im Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsrecht verstärkt auf die Haftung der Geschäftsleitungsorgane setzen.1 Ausdrücklich weist der Gesetzgeber in der Regierungsbegründung zum MoMiG beispielsweise darauf hin, dass die Absenkung des Mindestkapitals durch die Einführung der UG (haftungsbeschränkt) ein Grund für die Einführung der Insolvenzverursachungshaftung nach § 64 S. 3 GmbHG ist.2 Der BGH reagierte auf die durch das MoMiG im Vergleich zur „November-Rechtsprechung“ gelockerte Rechtslage bei aufsteigenden Darlehen in seinem „MPS“-Urteil mit der Etablierung einer Überwachungspflicht für Geschäftsleitungsorgane.3 Aufgrund der wachsenden Haftungsrisiken für Geschäftsleiter lohnt deshalb eine Untersuchung insbesondere mit Blick auf die Gewährung aufsteigender Sicherheiten. Dies vor allem deshalb, weil die Besicherung in der Praxis regelmäßig sehr umfangreich ist und eine Inanspruchnahme in vielen Fällen erhebliche Auswirkungen auf die Solvenz der Gesellschaft hat. So wird bei LBO-Transaktionen grundsätzlich das gesamte freie Vermögen der Zielgesellschaft zu Sicherungszwecken herangezogen. Auch beim CashPooling kann bei Verschlechterung der Finanzsituation im Konzern die Sicherheitengewährung sehr umfangreich sein. Ist die Konzernobergesellschaft zwecks Fortführung des Cash-Pools auf Liquidität von Dritten angewiesen, so werden ihre Kredite häufig von Tochtergesellschaften besichert. Der Ausfall der Konzernmuttergesellschaft als Darlehensschuldnerin hat dann aufgrund der Sicherheiten auch die Insolvenz der beteiligten Tochtergesellschaften zur Folge. K. Schmidt, GmbHR 2008, 449 ff. RegE MoMiG BT-Drucks. 16 / 6140, S. 46. 3 BGHZ 179, 71 ff. („MPS“); siehe dazu § 6 A. I. 2. c). 1 Dazu
2 Begr.
168
§ 6 Pflichten und Haftung der Geschäftsleitungsorgane
A. Allgemeine Geschäftsleiterhaftung (§ 43 GmbHG) § 43 Abs. 2 GmbHG bildet die zentrale Haftungsnorm für Ansprüche der Gesellschaft gegen ihren Geschäftsführer im Recht der GmbH. Die Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG ist grundsätzlich nicht dispositiv, da sie dem Gläubigerschutz dient, indem durch den Anspruch das Gesellschaftsvermögen aufgestockt wird.4 Denkbar ist allerdings eine Modifikation des Haftungsmaßstabs.5 Ebenfalls unterfällt der Geschäftsführer wegen seiner Organstellung nicht den besonderen Regeln der Arbeitnehmerhaftung.6 Der Sorgfaltsmaßstab in § 43 Abs. 1 GmbHG ist objektiv, individuelle Defizite (Alter, mangelnde Erfahrung) sind demnach nicht zu berücksichtigen.7 Eine weitere Präzisierung erfolgt in der Norm allerdings nicht; der vom Gesetz bewusst allgemein gehaltene Maßstab wird jedoch konkretisiert durch die individuelle Situation der Gesellschaft sowie die Bedeutung der Geschäftsmaßnahme für sie.8 Insbesondere Faktoren wie Größe und Art des Unternehmens sowie dessen wirtschaftliche Situation sind in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen.9 Allerdings darf mit Blick auf die Vielfalt der Handlungsmöglichkeiten im Geschäftsverkehr nicht jede Geschäftsentscheidung, die sich ex post als nachteilig erweist, eine Haftung nach § 43 GmbHG auslösen; vielmehr ist dem Geschäftsführer für Prognoseentscheidungen ein Ermessensspielraum zuzubilligen.10 Dieser Grundsatz ist für die AG in § 93 Abs. 1 S. 2 AktG geregelt, gilt aber für die GmbH entsprechend.11
I. Haftung gem. § 43 Abs. 3 GmbHG Begonnen werden soll die Untersuchung einer Haftung wegen der Gewährung aufsteigender Sicherheiten mit § 43 Abs. 3 GmbHG. Die Norm 4 Oetker,
in: Henssler / Strohn, GesR, § 43 GmbHG Rn. 10. Einzelnen ist hier vieles ungeklärt, siehe dazu Oetker, in: Henssler / Strohn, GesR, § 43 GmbHG Rn. 10. 6 Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 43 Rn. 39. 7 Hirte, KapGesR, Rn. 3.83; Koppensteiner / Gruber, in: Rowedder / SchmidtLeithoff, GmbHG § 43 Rn. 8. 8 Koppensteiner / Gruber, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG § 43 Rn. 7; Oetker, in: Henssler / Strohn, GesR, § 43 GmbHG Rn. 15. 9 Koppensteiner / Gruber, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG § 43 Rn. 7; Oetker, in: Henssler / Strohn, GesR, § 43 GmbHG Rn. 15. 10 Oetker, in: Henssler / Strohn, GesR, § 43 GmbHG Rn. 22. m. w. N. 11 BGHZ 152, 280 ff.; BGH NJW 2008, 3361 f.; Hirte, KapGesR, Rn. 3.83; Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 43 Rn. 23 m. w. N.; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 22 m. w. N. 5 Im
A. Allgemeine Geschäftsleiterhaftung (§ 43 GmbHG)169
stellt im Vergleich zu § 43 Abs. 2 GmbHG die speziellere Anspruchsgrundlage für den Fall der Verletzung von § 30 GmbHG dar. 1. Zahlung entgegen § 30 GmbHG Die erste Voraussetzung einer Haftung nach § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG ist eine Zahlung entgegen § 30 GmbHG. Hier können die Ergebnisse aus dem ersten Teil der Arbeit herangezogen werden. Als Zahlungen kommen deshalb primär die Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit und die Verpflichtung hierzu gegenüber einem Dritten in Betracht.12 Ist bereits im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung die Inanspruchnahme der Sicherheit überwiegend wahrscheinlich, sodass eine Rückstellung nach § 249 HGB gebildet werden muss, und ist ein Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter nicht vollwertig, so kann es zu einem Verstoß gegen § 30 GmbHG kommen, sofern die daraus resultierende Bilanzverkürzung eine Unterbilanz hervorruft oder vertieft. Besteht bereits eine Unterbilanz, so kann trotz fehlender Rückstellungsbildung bei mangelnder Vollwertigkeit des Rückgriffsanspruchs eine Auszahlung vorliegen.13 Nach der hier vertretenen Ansicht kommt als haftungsauslösende Zahlung darüber hinaus die Nichtgeltendmachung des Freistellungsanspruchs in Betracht.14 Ein solcher steht der Gesellschaft aus dem der Sicherheitenbestellung zugrundeliegenden Auftrag bzw. Geschäftsbesorgungsvertrag im Fall der wesentlichen Verschlechterung der Vermögenssituation des Gesellschafters zu.15 2. Sorgfaltswidrigkeit § 43 Abs. 3 GmbHG begründet keine Garantiehaftung, sondern verlangt ebenso wie die Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG sorgfaltswidriges, schuldhaftes Handeln des Geschäftsführers.16 Was hierunter speziell bei der Gewährung aufsteigender Sicherheiten zu verstehen ist, soll im Folgenden geklärt werden.
12 Siehe
dazu § 3 B. II. 1. dazu § 3 C. II. 2. 14 Zur Frage der Verletzung von § 30 GmbHG durch die Nichtgeltendmachung des Freistellungsanspruchs siehe § 3 B. II. 4. 15 Siehe dazu § 5 D. 16 Oetker, in: Henssler / Strohn, GesR, § 43 GmbHG Rn. 60; Meyer, Besicherung, S. 186 f.; Zoeller / Noack, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 48. 13 Siehe
170
§ 6 Pflichten und Haftung der Geschäftsleitungsorgane
a) Keine Prüfung hypothetischer Inanspuchnahme bei Bestellung In diesem Zusammenhang wird vertreten, dass der Geschäftsführer eine Sicherheit zugunsten des Gläubigers eines Gesellschafters nur dann bestellen dürfe, wenn bei hypothetischer Inanspruchnahme der Sicherheit bereits im Bestellungszeitpunkt keine Unterbilanz eintrete.17 Sei dies hingegen der Fall, so habe der Geschäftsführer durch die Vereinbarung einer Verwertungsbeschränkung (limitation language)18 den Schutz des Stammkapitals im Verwertungsfall sicherzustellen. Verzichte er hierauf, so handle er sorgfaltswidrig. Diese Auffassung ist abzulehnen.19 § 43 Abs. 3 GmbHG knüpft die Haftung an die Vornahme einer verbotenen Auszahlung durch den Geschäftsführer. Die bisherige Untersuchung hat ergeben, dass im Zusammenhang mit der Gewährung aufsteigender Sicherheiten die Sicherheitenbestellung bzw. die Verpflichtung hierzu gegenüber einem Dritten die maßgeblichen Auszahlungen darstellen.20 Die spätere Inanspruchnahme der Sicherheit ist ebenso wie der Ausfall des Gesellschafters als Darlehensschuldner im Falle der Gewährung eines aufsteigenden Darlehens kapitalerhaltungsrechtlich irrelevant. Ebenso wenig wie nach Einführung der Ausnahmetatbestände in § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG der Geschäftsführer vor der Auskehr der Darlehensvaluta an den Gesellschafter überprüfen muss, ob bei Ausfall des Gesellschafters als Darlehensschuldner eine Unterbilanz vorläge, muss er bei der Bestellung der Sicherheit überprüfen, ob durch deren Inanspruchnahme eine Unterbilanz vorläge. b) Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit maßgeblich Für die Frage der Pflichtwidrigkeit im Falle der Bestellung einer Sicherheit ist stattdessen zu fragen, ob ein ordentlicher, gewissenhafter Kaufmann in der Situation des Geschäftsführers die Sicherheit ebenfalls bestellt hätte. Dies ist zu verneinen, wenn mit der Inanspruchnahme der Sicherheit bereits objektiv zu rechnen war.21 Objektiv zu rechnen ist mit einer Inanspruchnahme, wenn sie wahrscheinlich ist. Uneinigkeit besteht im Schrifttum erneut über den Grad der Wahrscheinlichkeit, der in diesem Zusammenhang zu
17 Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 30 Rn. 36; Steinbeck, WM 1999, 885 (888 f.). 18 Zu diesen Klauseln näher unter § 4 B. 19 Ebenso Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 77. 20 Siehe dazu § 3 B. II. 1. 21 So auch Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 78.
A. Allgemeine Geschäftsleiterhaftung (§ 43 GmbHG)171
verlangen ist. Vertreten wird eine „hohe“22 oder eine „überwiegende“23 Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme im Zeitpunkt der Bestellung bzw. Erteilung einer entsprechenden Weisung. Letztlich wird noch vertreten, dass eine Insolvenz der Gesellschaft „greifbar naheliegend“24 sein müsse. Letztlich wird in diesem Zusammenhang ein Gleichlauf mit dem Bilanzrecht zu befürworten sein. Wie bereits dargestellt, ist eine Rückstellung zu bilden, wenn die Inanspruchnahme aus der Sicherheit nach der Beurteilung eines ordentlichen, gewissenhaft handelnden Kaufmanns überwiegend wahrscheinlich ist.25 Dieser Maßstab lässt sich auch für die Pflicht des Geschäftsführers im Rahmen der Haftung nach § 43 Abs. 3 GmbHG heranziehen, da diese an eine Verletzung von § 30 GmbHG anknüpft. Dass dies zutrifft zeigt bereits die Überlegung, dass bei weniger als überwiegender Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit keine Rückstellung zu bilden ist. Dementsprechend wirkt sich auch die Sicherheit nicht bilanziell aus, sodass ein haftungsbegründender Verstoß gegen § 30 GmbHG nicht gegeben sein kann. Etwas Anderes gilt nur, wenn sich die GmbH im Stadium der Unterbilanz befindet. In diesem Zusammenhang hat der Geschäftsführer auch die Vollwertigkeit eines Rückgriffsanspruchs zu prüfen, da in diesem Fall eine reale Vermögensminderung im Stadium der Unterbilanz vorliegen kann.26 Um den Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen Kaufmanns zu wahren, kann vom Geschäftsführer erwartet werden, dass er sich vor der Sicherheitenbestellung mit der wirtschaftlichen Situation des Gesellschafters befasst und Informationen von diesem einholt. Kommt der Geschäftsführer auf Basis der eingeholten Informationen zu dem Ergebnis, dass die Inanspruchnahme der Sicherheit überwiegend wahrscheinlich ist, so hat er in einem nächsten Schritt gem. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbH zu prüfen, ob ein vollwertiger Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter besteht, der die wegen der drohenden Inanspruchnahme zu bildende Rückstellung bilanziell zumindest insoweit kompensiert, dass keine Unterbilanz mehr vorliegt. Ist auch dies zu verneinen, was bei überwiegender Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit regelmäßig der Fall sein dürfte, so verletzt er durch die Bestellung der Sicherheit seine Pflicht aus § 43 Abs. 3 GmbHG. Die Frage nach der überwiegenden Inanspruchnahmewahrscheinlichkeit hängt naturgemäß mit einer
22 Schneider / Schneider,
in: Scholz, GmbHG, § 37 Rn. 61. in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 37 Rn. 18. 24 OLG Frankfurt, ZIP 1997, 450 (452) im Zusammenhang mit den Grenzen des Weisungsrechts der Gesellschafter. 25 Siehe dazu § 3 C. I. 26 Siehe dazu § 3 C. II. 2. 23 Kleindiek,
172
§ 6 Pflichten und Haftung der Geschäftsleitungsorgane
Prognoseentscheidung zusammen, bei welcher dem Geschäftsführer ein Ermessensspielraum zuzubilligen ist.27 c) Nach Bestellung der Sicherheit: Überwachungspflicht des Geschäftsführers Es wurde bereits gezeigt, dass auch die Nichtgeltendmachung des Freistellungsanspruchs der Gesellschaft gegen den Gesellschafter eine Auszahlung im Sinne von § 30 Abs. 1 GmbHG sein kann.28 Hieraus folgt, dass sich die Haftung des Geschäftsführers auch in diesem Fall nach § 43 Abs. 3 GmbHG richtet. Auch diese Haftung setzt jedoch sorgfaltswidriges Verhalten voraus. Ein sorgfaltswidriges Unterlassen kann nur gegeben sein, wenn der Geschäftsführer eine Überwachungspflicht verletzt. So ist denn auch unstreitig, dass der Geschäftsführer die Vermögenssituation des Gesellschafters nach der Sicherheitenbestellung überwachen muss. Die genauen Anforderungen an diese Pflicht gilt es im Folgenden herauszuarbeiten. aa) Ausgangspunkt: Das „MPS“-Urteil des BGH In seinem Urteil vom 1.12.2008 nutzte der BGH erstmalig nach Inkrafttreten des MoMiG die Gelegenheit, die Überwachungspflichten der Geschäftsleitung im Falle der Gewährung von aufsteigenden Darlehen näher zu präzisieren.29 Obwohl der Fall eine AG und primär die Haftung aus § 311 AktG betraf, so machte der BGH in diesem wichtigen Urteil Ausführungen, die sich generell auf die Pflichten von Geschäftsleitern bei der Darlehensvergabe von GmbH und AG übertragen lassen.30 Ein vergleichbarer Maßstab muss aufgrund der Wertungsparallele zum aufsteigenden Darlehen auch für aufsteigende Sicherheiten gelten. Zunächst stellte der BGH heraus, dass eine Darlehensgewährung an einen Gesellschafter nicht per se ein nachteiliges Rechtsgeschäft i. S. v. § 311 AktG ist, wenn die Rückzahlungsforderung im Zeitpunkt der Darlehensausreichung vollwertig ist.31 Ebenso wenig liege in einem solchen Fall ein Verstoß gegen § 57 AktG vor, wie sich aus der durch das MoMiG eingefügten Vorschrift § 57 Abs. 1 S. 3 AktG ergebe.32 Hieraus sei allerdings nicht zu schließen, dass die Verwaltungsorgane der Gesellschaft im Anschluss an 27 Zöllner / Noack,
in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 49a m. w. N. dazu § 3 B. II. 4. 29 BGHZ 179, 71 („MPS“). 30 Allg. M., siehe nur Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 243. 31 BGHZ 179, 71 (1. LS.) („MPS“). 32 BGHZ 179, 71 (1. LS.) („MPS“). 28 Siehe
A. Allgemeine Geschäftsleiterhaftung (§ 43 GmbHG)173
eine nach diesem Maßstab nicht nachteilige Darlehensgewährung keinerlei Überwachungspflichten träfen.33 Vielmehr seien sie verpflichtet, laufend etwaige Änderungen des Kreditrisikos zu prüfen und auf eine sich nach der Darlehensausreichung andeutende Bonitätsverschlechterung mit einer Kreditkündigung oder der Anforderung von Sicherheiten zu reagieren.34 Dies mache insbesondere bei längerfristigen Kreditgewährungen oder bei einem konzerninternen Cash-Management-System die Einrichtung eines „Frühwarnsystems“ erforderlich.35 bb) Konkretisierung: Flexibler Überwachungsmaßstab Das Urteil ist im Grundsatz aus Gründen der Rechtssicherheit zu begrüßen, da es die bestehende Konzernfinanzierungspraxis entsprechend dem Willen des MoMiG-Gesetzgebers weiter rechtlich absichert. Allerdings ist der BGH auf die Fragen, wie genau die Überwachungspflicht ausgestaltet werden muss und was unter der Einrichtung des geforderten „Frühwarnsystems“ zu verstehen sei, nicht weiter eingegangen. Ein Anhaltspunkt für eine Konkretisierung lässt sich aus den Ausführungen des BGH gewinnen: Im MPS-Urteil führt das Gericht an, dass ein „Frühwarnsystem“ gerade im Zusammenhang mit längerfristigen Darlehensgewährungen und Cash-Pool-Beteiligungen zu verlangen sei. Daraus ist zu Recht geschlossen worden, dass nicht jede Darlehensgewährung bzw. Sicherheitenbestellung mit einem solchen „Frühwarnsystem“ überwacht werden muss; vielmehr ist ein flexibler, verhältnismäßiger Ansatz gefordert.36 Die Anforderungen an die Überwachung des Gesellschafters nehmen deshalb zu, wenn das Ausfallrisiko der Gesellschaft steigt und sind am strengsten, wenn das Risiko für die Gesellschaft existenzbedrohliche Ausmaße annimmt.37 Letzteres ist insbesondere bei LBO-Transaktionen der Fall. Bei diesen wird in der Regel das gesamte freie Vermögen der Zielgesellschaft zu Sicherungszwecken herangezogen, sodass bei Ausfall des Gesellschafters als Darlehensschuldner in vielen Fällen auch die Zielgesellschaft Ansprüchen der kreditgebenden Banken in existenzvernichtendem Ausmaß ausgesetzt ist. Auch bei Cash-Pool-Systemen kann die umfängliche Besicherung der Darlehensbelastung der Konzernmutter schnell für die Gesellschaft existenzbedrohlich werden, selbst wenn die Vermögenssituation der Gesellschaft isoliert betrachtet gut ist. 33 BGHZ
179, 71 (79 Rn. 14) („MPS“). 179, 71 (79 Rn. 14) („MPS“). 35 BGHZ 179, 71 (79 Rn. 14) („MPS“). 36 Habersack, ZGR 2009, 347 (362); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 90. 37 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 112. 34 BGHZ
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§ 6 Pflichten und Haftung der Geschäftsleitungsorgane
Um nach diesem flexiblen Maßstab die Vermögenssituation des Gesellschafters beurteilen zu können, muss der Geschäftsführer jedoch über die für die Kreditüberwachung erforderlichen Informationen verfügen. Unproblematisch gestaltet sich dies, wenn es sich bei dem Gesellschafter um eine börsennotierte Gesellschaft handelt. In diesem Fall steht dem Geschäftsführer bereits aufgrund der kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten hinreichend Informationsmaterial zur Verfügung.38 Handelt es sich bei dem Gesellschafter nicht um eine börsennotierte Gesellschaft, so ist aus der vertikalen Treuepflicht des Gesellschafters ein Informationsanspruch der Gesellschaft abzuleiten, der bei Verweigerung freiwilliger Informationserteilung vom Geschäftsführer geltend zu machen ist.39 Sicherheitshalber sollte ein solcher Anspruch dennoch ausdrücklich vertraglich mit dem Gesellschafter vereinbart werden.40 Auf Basis der so erlangten Informationen hat der Geschäftsführer in regelmäßigen Abständen die Vermögenssituation des Gesellschafters zu prüfen und bei Anhaltspunkten für eine erhebliche Verschlechterung ggf. nähere Informationen einzuholen. Ein pauschales Prüfungsintervall lässt sich jedoch nicht festlegen, vielmehr ist der Pflichtenmaßstab hier von zahlreichen Faktoren, wie beispielsweise dem Umfang der Besicherung und dem Ergebnis der letzten Überprüfung, abhängig. Im Rahmen von Cash-Pool-Systemen wird man hingegen aufgrund des sich täglich ändernden Umfangs der Besicherung eine tägliche Prüfung verlangen müssen.41 Der Geschäftsführer sollte deshalb täglich die konzernweite Liquiditätssituation bei der Betreibergesellschaft überwachen, indem er den Kontostand des Zentralkontos überprüft. Es empfiehlt sich für den Geschäftsführer zudem die Bonitätsüberwachung zu dokumentieren.42 Kommt der Geschäftsführer nach pflichtgemäßer Prüfung zu dem Ergebnis, dass eine wesentliche Verschlechterung der Vermögenssituation des Gesellschafters vorliegt, so hat er unverzüglich mit der Geltendmachung des Freistellungsanspruchs zu reagieren. d) Pflichtverletzung trotz Weisung der Gesellschafter Regelmäßig liegt der Bestellung aufsteigender Sicherheiten keine autonome Entscheidung der Geschäftsführer zugrunde.43 Fast immer erfolgt die 38 Habersack,
ZGR 2009, 347 (362). GmbHR 2009, 1177 (1184); a. A. Habersack, ZGR 2009, 347 (362). 40 Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 90. 41 Ebenso: Hommelhoff, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 30 Rn. 45; Wirsch, Der Konzern 2009, 443 (447). 42 Falkenhausen / Kocher, BB 2009, 121 (122). 43 Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 79. 39 Lieder,
A. Allgemeine Geschäftsleiterhaftung (§ 43 GmbHG)175
Sicherheitenbestellung aufgrund einer entsprechenden Weisung der Gesellschafter. Daher ist zu klären, wie sich eine solche auf die Pflichten des Geschäftsführers auswirkt. Grundsätzlich gilt, dass der Geschäftsführer den Weisungen der Gesellschafter Folge zu leisten hat, und zwar auch dann, wenn diese für das Gesellschaftsvermögen nachteilig sind.44 Folgt der Geschäftsführer einer bindenden Weisung, so ist dieses Verhalten nicht pflichtwidrig.45 Dies lässt sich aus der Überlegung schließen, dass der Wille der Gesellschaft durch die Gesellschafter gebildet wird und ein entsprechend diesem Willen erfolgtes Verhalten keine Pflichtwidrigkeit gegenüber der Gesellschaft begründen kann.46 Ihre Grenze findet die Folgepflicht allerdings dann, wenn die Weisung zwingenden gesetzlichen, insbesondere gläubigerschützenden Bestimmungen wiederspricht.47 So liegt der Fall bei einer Haftung wegen einer Auszahlung unter Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbHG. Hier ordnet das Gesetz ein Verbot an, sodass die Weisung, eine Auszahlung unter Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbHG vorzunehmen, nicht bindend ist.48 Ein entsprechender Weisungsbeschluss ist analog § 241 Nr. 3 AktG nichtig.49 Das Gleiche gilt für die Weisung, trotz wesentlicher Verschlechterung der Vermögenssituation des Gesellschafters, den der Gesellschaft zustehenden Freistellungsanspruch nicht geltend zu machen.50 Dementsprechend ist eine dennoch vorgenommene Auszahlung durch den Geschäftsführer pflichtwidrig und begründet eine Haftung aus § 43 Abs. 3 GmbHG. Ist der Geschäftsführer der Ansicht, die Sicherheitenbestellung führe zu einer verbotenen Auszahlung, so hat er sich der Weisung zu widersetzen. Freilich erhöht sich hierdurch das Haftungsrisiko des Geschäftsführers, der sich der Weisung zur Sicherheitenbestellung auch im Stadium der Unterbilanz nur mit dem Verweis auf die fehlende Solvenz des Gesellschafters wiedersetzen kann,51 was jedoch eine vom Reformgesetzgeber bewusst in Kauf genommene Konsequenz ist.
44 Allg. M., statt aller: Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 33. 45 BGH NJW 2010, 64 (64); Oetker, in: Henssler / Strohn, GesR, § 43 GmbHG Rn. 29; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 33. 46 Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 33. 47 Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 80. 48 U. H. Schneider, in: Scholz, GmbHG, § 43 Rn. 124. 49 Haas / Ziemons, in: Michalski, GmbHG, § 43 Rn. 220. 50 Für den Parallelfall der Kündigung des Darlehens ebenso Altmeppen, ZIP 2009, 49 (54). 51 K. Schmidt, GmbHR 2008, 449 (453); Kindler, NJW 2008, 3249 (3253).
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§ 6 Pflichten und Haftung der Geschäftsleitungsorgane
3. Rechtsfolgen und Umfang der Haftung aus § 43 Abs. 3 GmbHG Steht fest, dass der Geschäftsführer eine Sicherheit trotz überwiegender Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme und des Nichtbestehens eines vollwertigen Rückgewähranspruchs bestellt hat und hat dies zur Entstehung oder Vertiefung einer Unterbilanz geführt, so begründet dies eine Haftung nach § 43 Abs. 3 GmbHG. Grundsätzlich handelt es sich bei § 43 Abs. 3 GmbHG um einen Schadensersatzanspruch, allerdings kommt wegen der Prägung durch den Normzweck der Kapitalerhaltung ein eigenständiger Schadensbegriff zur Anwendung.52 Dies zeigt sich daran, dass Ersatzansprüche gegen die Gesellschafter nach § 31 GmbHG für die Schadensberechnung außer Betracht bleiben.53 Nur soweit auf den Anspruch aus § 31 GmbHG tatsächlich Leistungen in das Gesellschaftsvermögen erbracht wurden, wird die Ersatzpflicht verringert.54 Die Haftung nach § 43 Abs. 3 GmbHG beschränkt sich nach ihrem Wortlaut auf den Ersatz der geleisteten Zahlung. Hieraus ergibt sich, dass ein Ersatz nicht nur bis zur Stammkapitalgrenze erfolgen muss, sondern im vollen Umfang der geleisteten Zahlung.55 Allerdings kommt dem Geschäftsführer für die Haftung aus § 43 Abs. 3 S. 1 GmbHG in diesem Zusammenhang die hier befürwortete Anerkennung von „teilweise“ vollwertigen Rückgriffsansprüchen im Rahmen des Ausnahmetatbestandes aus § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG zugute.56 Eine Ersatzpflicht nach Abs. 3 trifft den Geschäftsführer deshalb bei verbotswidriger Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit nur in Höhe der Differenz zwischen zu bildender Rückstellung und Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter. Nur in dieser Höhe liegt eine Auszahlung vor. Besteht die verbotene Auszahlung in der Nichtgeltendmachung des der Gesellschaft wegen wesentlicher Verschlechterung der Vermögenssituation des Gesellschafters zustehenden Freistellungsanspruchs aus § 775 Abs. 1 BGB (analog), so gilt das zu § 31 Abs. 1 GmbHG Gesagte entsprechend57. Zu vergleichen ist also die aktuelle bilanzielle Situation mit derjenigen, die bestünde, wäre der Freistellungsanspruch vom Geschäftsführer geltend gemacht worden. In diesem Zusammenhang ist allerdings auch zu beachten, dass die Haftung aus § 43 Abs. 3 GmbHG im Unterschied zum Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG auf den vollständigen Ersatz der Zahlung gerichtet 52 Paefgen,
in: Ulmer, GmbHG, § 43 Rn. 269. in: Ulmer, GmbHG, § 43 Rn. 269. 54 Haas / Ziemons, in: Michalski, GmbHG, § 43 Rn. 219. 55 Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 49. 56 Siehe dazu § 3 C. II. 4. 57 Siehe § 5 A. II. 2. 53 Paefgen,
A. Allgemeine Geschäftsleiterhaftung (§ 43 GmbHG)177
ist und nicht durch die Stammkapitalgrenze beschränkt ist. Ein über die Zahlung hinausgehender Schaden kann nur nach § 43 Abs. 2 GmbHG geltend gemacht werden (dazu sogleich).58
II. Haftung gem. § 43 Abs. 2 GmbHG Für eine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG wegen Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit verbleibt Raum insoweit, als der über den sog. „Auszahlungsschaden“59 hinausgehende Schaden von dem Anspruch aus Abs. 2 erfasst werden kann.60 Dies wird insbesondere dann relevant, wenn sich die Vermögenssituation des Gesellschafters zwischen pflichtwidriger Bestellung und Inanspruchnahme der Sicherheit verschlechtert. So ist es denkbar, dass der Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter im Bestellungszeitpunkt noch mit einem Abschlagswert angesetzt werden konnte, sodass sich dies mildernd auf die Höhe der Auszahlung auswirkt. Ist der Rückgriffsanspruch im Zeitpunkt der Inanspruchnahme nicht mehr werthaltig, so kann der entstandene Differenzbetrag von § 43 Abs. 2 GmbHG erfasst werden, da er eine adäquat-kausale Folge des pflichtwidrigen Verhaltens (der Sicherheitenbestellung) ist. Zu beachten ist allerdings, dass eine Haftung wegen § 43 Abs. 2 GmbHG nicht gegeben ist, sofern die Bestellung der Sicherheit aufgrund einer rechtmäßigen Weisung der Gesellschafter erfolgt ist. Sofern die Geschäftsführerhandlung im Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit noch keine verbotene Auszahlung darstellt, liegt in diesem Fall keine Haftung des Geschäftsführers vor. Dies mag auf den ersten Blick fragwürdig anmuten, ist aber konsequente Folge der gesetzgeberischen Entscheidung, aufsteigende Darlehen (und damit auch aufsteigende Sicherheiten) zu privilegieren. Denn ein Schutz vor Weisungen des Gesellschafters steht den Gläubigern nur bei Verletzungen der §§ 30, 33 GmbHG zu.61 Die Weisung, eine verbotswidrige Auszahlung vorzunehmen, ist allerdings vollständig unwirksam und nicht nur hinsichtlich der Höhe der Auszahlung. Das bedeutet, dass der auf der Auszahlung beruhende „Kollateralschaden“ der Gesellschaft auch dann vom Geschäftsführer ersetzt werden muss, wenn seinem Handeln eine Weisung zugrunde lag.
58 Paefgen, in: Ulmer, GmbHG, § 43 Rn. 272; Zöllner / Noack, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 43 Rn. 49. 59 So die Formulierung in BGH NZG 2008, 908 (910). 60 Paefgen, in: Ulmer, GmbHG, § 43 Rn. 272. 61 Kritisch dazu Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 691 f.
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§ 6 Pflichten und Haftung der Geschäftsleitungsorgane
B. Insolvenzverursachungshaftung (§ 64 S. 3 GmbHG) I. Grundlagen und Zweck Zur Erweiterung des auf das Stammkapital begrenzten Schutzes nach §§ 30 Abs. 1, 43 Abs. 3 GmbHG schuf der Gesetzgeber mit dem MoMiG den Tatbestand des § 64 S. 3 GmbHG.62 Durch die Implementierung der in der Norm verankerten Insolvenzverursachungshaftung soll gleichzeitig die im Vergleich zur vorherigen Rechtslage gelockerte Kapitalbindung durch § 30 GmbHG kompensiert werden.63 § 64 S. 3 GmbHG geht in seinem sachlichen Anwendungsbereich über § 30 Abs. 1 GmbHG hinaus. Während § 30 Abs. 1 GmbHG nur solche Zahlungen verbietet, die das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft beeinträchtigen, erfasst § 64 S. 3 GmbHG jeglichen Vermögensabfluss zugunsten eines Gesellschafters, sofern dieser zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen musste. Neben dem bilanziell orientierten Vermögensschutz des § 30 Abs. 1 GmbHG tritt somit auch ein Schutz der lebensnotwendigen Liquidität der Gesellschaft. Der Schutzzweck von § 64 S. 3 GmbHG besteht deshalb im Liquiditätsschutz.64 Aus diesem Grund ist für eine Zahlung im Sinne von § 64 S. 3 GmbHG auch keine Leistung „causa societatis“ erforderlich.65 Der im Falle der Gewährung aufsteigender Sicherheiten regelmäßig ohnehin nicht zur Anwendung gelangenden66 Drittvergleichsausnahme kommt daher im Rahmen von § 64 S. 3 GmbHG kein Anwendungsbereich zu.67 Durch die vom Geschäftsführer vorzunehmende Prognose hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft hat das bei der Neugestaltung von § 30 GmbHG verschmähte Prinzip des Solvenztests in § 64 S. 3 GmbHG „Asyl gefunden“.68 Zudem soll nach dem Willen des Gesetzgebers mit § 64 S. 3 62 Begr.
RegE MoMiG BT-Drucks. 16 / 6140, S. 46. WM 2007, 1203 (1205). 64 Chr. Schmidt-Leithoff / Baumert, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 64 Rn. 63. 65 Chr. Schmidt-Leithoff / Baumert, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 64 Rn. 62; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 91; a. A. wohl Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, GmbHG, § 64 Rn. 83, der nur „offene und verdeckte Ausschüttungen“ unter § 64 S. 3 GmbHG subsumieren will. 66 Siehe dazu § 3 B. II. 5. 67 Zutreffend deshalb: Chr. Schmidt-Leithoff / Baumert, in: Rowedder / SchmidtLeithoff, GmbHG, § 64 Rn. 62, die Austauschgeschäfte mit dem Gesellschafter erfassen wollen „seien diese nun fremdüblich oder nicht“. 68 K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 79; vgl. auch RegE MoMiG BTDrucks. 16 / 6140, S. 46: „Es finden sich in dieser Bestimmung überdies Parallelen zum sog. solvency test“. 63 Böcker / Poertzgen,
B. Insolvenzverursachungshaftung (§ 64 S. 3 GmbHG)179
GmbHG ein Teilbereich der Fälle des existenzvernichtenden Eingriffs geregelt werden.69 Während sich die Haftung wegen Existenzvernichtung jedoch gegen den Gesellschafter richtet, verpflichtet § 64 S. 3 GmbHG dagegen den Geschäftsführer. Die Norm ist damit Ausdruck der insgesamt durch das MoMiG verstärkten Geschäftsführerverantwortung.70
II. § 64 S. 3 GmbHG und aufsteigende Sicherheiten Die Einführung von § 64 S. 3 GmbHG wirft viele Fragen hinsichtlich der Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale der Norm im Fall der Gewährung aufsteigender Sicherheiten auf.71 § 64 S. 3 GmbHG gibt dabei das Prüfungsschema vor, an dem sich die Untersuchung orientieren muss: Erforderlich ist zunächst eine (1.) Zahlung an einen Gesellschafter, sodann (2.) die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft, (3.) ein Zurechnungszusammenhang zwischen Zahlung und Zahlungsunfähigkeit und letztlich (4.) die fehlende Exkulpation des Geschäftsführers nach § 64 S. 4 GmbHG. 1. Zahlung an einen Gesellschafter Zunächst behandelt werden soll die Frage, wann im Fall der Gewährung einer aufsteigenden Sicherheit eine Zahlung im Sinne von § 64 S. 3 GmbHG vorliegt. a) Meinungsstand Ebenso wie im Rahmen von § 30 Abs. 1 GmbHG ist auch für § 64 S. 3 GmbHG umstritten, in welchem Vorgang bei der Sicherheitengewährung eine Zahlung gesehen werden kann. Die wohl h. M. stellt in diesem Zusammenhang auf die Sicherheitenbestellung ab.72 Andere wollen eine Zahlung mit der Sicherheitenbestellung nur bejahen, wenn die Inanspruchnahme der Sicherheit zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich sei und kein liquider Rück69 Begr. RegE MoMiG BT-Drucks. 16 / 6140, S. 46; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 79. 70 K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 85; ders., GmbHR 2008, 449 (453 f.); S. Meyer, BB 2008, 1742 (1742 f., 1745). 71 Einen Überblick zur Problematik und zum Meinungsstand bietet Brand, ZIP 2012, 1010 ff. 72 Cahn, Der Konzern 2009, 7 (9 f.) für § 92 Abs. 2 AktG; Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 43 Rn. 87; Gehrlein, Der Konzern 2007, 771 (795); Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 64 Rn. 51; Mahler, GmbHR 2012, 504 (504 f.); Chr. Schmidt-Leithoff / Baumert, in: Rowedder / Schmidt-Leithoff, GmbHG, § 64 Rn. 65.
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§ 6 Pflichten und Haftung der Geschäftsleitungsorgane
gewähranspruch bestehe.73 Einer weiteren Auffassung zufolge sei nur die Bestellung von Realsicherheiten der Weggabe von Liquidität gleichzusetzen, während bei Personalsicherheiten auf den Inanspruchnahmezeitpunkt abzustellen sei.74 Letztlich wird vertreten, stets jedenfalls auch auf die Inanspruchnahme abzustellen.75 Auffällig sind mit Blick auf diesen Meinungsstand die Parallelen zum Meinungsspektrum im Rahmen der Diskussion um den kapitalerhaltungsrechtlich relevanten Auszahlungszeitpunkt. Eine Parallele zwischen beiden Zahlungsbegriffen dürfte jedenfalls insoweit bestehen, als der nur mittelbare Vorteil des Gesellschafters durch die Sicherheitengewährung zugunsten eines Dritten dem Vorliegen einer Zahlung an den Gesellschafter nicht entgegensteht.76 Dennoch kann das zu § 30 GmbHG gefundene Ergebnis nicht einfach auf § 64 S. 3 GmbHG übertragen werden.77 Dies ergibt sich aus dem Zweck von § 64 S. 3 GmbHG, der gerade in der Ergänzung des bilanziell ausgerichteten Stammkapitalschutzes von § 30 GmbHG besteht. Aus der bilanziellen Ausgewogenheit einer Transaktion lassen sich keine Erkenntnisse über die für § 64 S. 3 GmbHG allein entscheidende Beeinträchtigung der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft gewinnen.78 Vielmehr ist unter Berücksichtigung der Schutzrichtung von § 64 S. 3 GmbHG für diese Norm ein eigenständiger Zahlungsbegriff zu entwickeln.79 Wie zu zeigen sein wird, gilt es zudem, § 64 S. 3 GmbHG in einen systematischen Zusammenhang mit § 64 S. 1 GmbHG zu stellen. b) Bestellung der Sicherheit als Zahlung gem. § 64 S. 3 GmbHG Will man die Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit als Zahlung im Sinne von § 64 S. 3 GmbHG erfassen, so stellt sich zunächst die Frage, ob für eine Zahlung die Weggabe von Aktivvermögen seitens der Gesellschaft erforderlich ist. Bejaht man diese Frage mit der h. M., so kann die Begründung einer Verbindlichkeit keine solche Zahlung sein.80 Dies hätte zur 73 Greulich / Bunnemann,
NZG 2006, 681 (684); Sikora, NWB 2009, 936 (938). GmbHR 2013, 169 (174); K. Schmidt, in: Scholz,
74 Nolting-Hauff / Greulich,
GmbHG, § 64 Rn. 88. 75 So wohl Kollmorgen / Santelmann / Weiß, BB 2009, 1818 (1820). 76 Tasma, Gläubigerschutz, S. 316. 77 Für §§ 57 Abs. 1 S. 3, 93 Abs. 2 S. 3 AktG ebenso Cahn, Der Konzern 2009, 7 (9). 78 Cahn, Der Konzern 2009, S. 7 (9) in Bezug auf § 93 Abs. 2 S. 3 AktG. 79 Ähnlich Brand, ZIP 2012, 1010 (1011). 80 Böcker, DZWiR 2013, 403 (407 f.); Bunnemann, in: Bunnemann / Zirngibl, GmbH in der Praxis, § 3 Rn. 211; Primozic / Brugugnone, NJW 2013, 1709 (1710);
B. Insolvenzverursachungshaftung (§ 64 S. 3 GmbHG)181
Folge, dass die Bestellung von Personalsicherheiten wie Bürgschaften oder Garantien von vornherein als Zahlung ausscheidet.81 aa) Parallele zum Zahlungsbegriff von § 64 S. 1 GmbHG? Für das Erfordernis der Minderung des Aktivvermögens und somit gegen die Einbeziehung der Begründung von Verbindlichkeiten in den Zahlungsbegriff von § 64 S. 3 GmbHG könnte zunächst die Parallele zum Zahlungsbegriff von § 64 S. 1 GmbHG angeführt werden. Für S. 1 entspricht es in der Tat der Auffassung der Rechtsprechung und der h.A. in der Literatur, dass die Begründung von Verbindlichkeiten keine „Zahlung“ darstellt.82 Schließt der Geschäftsführer nach Eintritt der materiellen Insolvenz beispielsweise einen Kaufvertrag ab und verpflichtet die Gesellschaft zur Kaufpreiszahlung, stellt dies keine tatbestandsrelevante Zahlung i. S. v. § 64 S. 1 GmbHG dar. Der Grund hierfür wird im Zweck von § 64 S. 1 GmbHG gesehen. Dieser bestehe darin, „die verteilungsfähige Vermögensmasse der insolvenzreifen Gesellschaft im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger zu erhalten und eine zu ihrem Nachteil gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern“83. Die Begründung einer Verbindlichkeit schmälere die Masse jedoch nicht, weshalb eine solche auch keine taugliche Zahlung i. S. v. § 64 S. 1 darstelle.84 Der BGH ordnete deshalb den durch die Begründung von Verbindlichkeiten nach materieller Insolvenz entstehenden Schaden nicht der Gesellschaft, sondern den einzelnen Gläubigern zu.85 Sowohl Alt- als auch Neugläubiger müssen deshalb wegen der Begründung von Verbindlichkeiten nach materieller Insolvenz den Geschäftsführer nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a InsO in Anspruch nehmen. Diese Lösung Knof, DStR 2007, 1536 (1538); Wicke, GmbHG, § 64 Rn. 27: a. A. Haas, GmbHR 2010, 1 (6); Kohlmann, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 64 Rn. 90a. 81 So ausdrücklich Nolte-Hauff / Greulich, GmbHR 2013, 169 (174); K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 88. 82 BGHZ 138, 211 (216 f.); OLG Hamburg, GmbHR 2005, 1497 (1501); Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, § 64 Rn. 12; Arnold, in: Henssler / Stohn, GesR, § 64 GmbHG Rn. 18; Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 64 Rn. 30; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 33, Wicke, GmbHG, § 64 Rn. 20; a. A. mit guten Gründen Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 706 ff.; unklar: OLG München, NZI 2013, 317 (Vereinbarung einer „Cross-Pledge“ 7 Jahre vor Insolvenzreife kann Zahlung i. S. v. § 64 S. 1 GmbHG sein, wenn sie zu einem Vermögensabfluss nach Insolvezreife führt). 83 BGH NZG 2011, 624 (626). 84 Altmeppen, in: Roth / Altmeppen, § 64 Rn. 12. 85 BGHZ 138, 211 (216): „Die Quotenminderung als solche betrifft nicht die Gesellschaft, sondern die Gläubiger“; zustimmend Habersack / Foerster, ZHR 178 (2014), 387 (391).
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bietet den Vorteil, dass hinsichtlich der Schadensberechnung zwischen Altund Neugläubigern differenziert werden kann. Neugläubiger haben demnach einen Anspruch auf das negative Interesse, also den Vertrauens- und nicht den Erfüllungsschaden.86 Altgläubiger hingegen haben nur einen Anspruch auf den entstandenen „Quotenschaden“, also die Differenz zwischen derjenigen Befriedigungsquote, die sie bei rechtzeitiger Antragstellung erlangt hätten, und derjenigen, die infolge der Insolvenzverschleppung tatsächlich erlangt wurde.87 Die Gegenansicht88 will hingegen eine Zahlung i. S. v. § 64 S. 1 GmbHG auch im Falle der Begründung einer Verbindlichkeit annehmen. Ihre Vertreter verweisen darauf, dass durch die Neubegründung einer Forderung die Altgläubiger ebenso benachteiligt würden, wie durch die Weggabe eines Vermögensgegenstandes, der nicht mehr zur Verfügung steht.89 Auch die gebotene Differenzierung zwischen Alt- und Neugläubigern könne gewährleistet werden, indem im Falle der Eingehung von Verbindlichkeiten ein „einheitlicher Quotenschaden“ von Alt- und Neugläubigern über § 64 S. 1 GmbHG durch die Gesellschaft geltend zu machen und Neugläubiger (nur) hinsichtlich eines darüber hinausgehenden Schadens auf eine eigene Anspruchsverfolgung zu verweisen seien.90 Selbst wenn man jedoch der Argumentation der h. M. für § 64 S. 1 GmbHG folgt, so ist sehr zweifelhaft, ob dieser Zahlungsbegriff im Hinblick auf die Begründung von Verbindlichkeiten auf § 64 S. 3 GmbHG übertragen werden kann. Im Gegensatz zu S. 1 besteht in der Situation von 86 BGH
NJW 2005, 3137. GmbHG, § 64 Rn. 15a. 88 OLG Hamm, ZIP 1980, 280 (281); Flume, ZIP 1994, 337 (341); Poertzgen, GmbHR 2007, 1258 (1262); Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 706 ff. 89 Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 707. 90 Poertzgen, GmbHR 2007, 1258 (1262, Fn. 46 m. w. N.); die hier behandelte Problematik, ob die Begründung von Verbindlichkeiten als Zahlung i. S. v. § 64 S. 1 GmbHG angesehen werden kann, ist deshalb eng verbunden mit der ebenfalls umstrittenen Frage nach den Rechtsfolgen der Haftung aus § 64 S. 1 GmbHG. Verlangt man mit der Rechtsprechung eine ungekürzte Erstattungspflicht (BGH GmbHR 2001, 190 (194) m. w. N.), so muss im Falle der Begründung einer Verbindlichkeit der volle Forderungsbetrag an die Gesellschaft geleistet werden. Dies führt zu einem ungerechtfertigten „windfall profit“ der Altgläubiger in Höhe der Differenz zwischen dem Nennbetrag der pflichtwidrig begründeten Forderung und der durch sie entstehenden Quotenminderung (Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 707). Nur die Ansicht, die in § 64 S. 1 GmbHG einen Schadens ersatzanspruch mit der Folge des Ersatzes des Gesamtgläubigerschadens sieht (K. Schmidt, ZGR 1996, 209 (213 f.); ders., in: Scholz, GmbhG, § 64 Rn. 61 ff.), kann daher im Falle der Begründung neuer Verbindlichkeiten als Zahlung sachgerechte Ergebnisse erzielen. 87 Wicke,
B. Insolvenzverursachungshaftung (§ 64 S. 3 GmbHG)183
S. 3 gerade noch keine Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt der Zahlung.91 Wird durch Eingehung einer Verbindlichkeit die Zahlungsunfähigkeit herbeigeführt, entsteht mangels eingreifender Insolvenzantragspflicht im Verpflichtungszeitpunkt kein Anspruch der Gläubiger aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a InsO. Mangels materieller Insolvenz besteht auch nicht die Notwendigkeit zwischen Alt- und Neugläubigern zu differenzieren. Eine identische Interpretation der Zahlungsbegriffe in S. 1 und S. 3 scheint deshalb nicht zwingend geboten. Auch die gesetzgeberische Intention spricht nicht zwingend für einen einheitlichen Zahlungsbegriff in § 64 GmbHG. In der Regierungsbegründung zum MoMiG heißt es: „Der Begriff der Zahlungen ist wie in Satz 1 nicht auf reine Geldleistungen beschränkt, sondern erfasst auch sonstige vergleichbare Leistungen zu Lasten des Gesellschaftsvermögens, durch die der Gesellschaft im Ergebnis Liquidität entzogen wird. Indem der Entwurf auch im neuen Satz 3 von Zahlungen spricht, ist jedenfalls keine Einschränkung [Hervorh. durch Verf.] des bisherigen Begriffsverständnisses – auch hinsichtlich der Berücksichtigung von Gegenleistungen – bezweckt.“ Der Gesetzgeber geht hier nicht von zwingender Parallelität der Zahlungsbegriffe aus. Vielmehr sollte sichergestellt werden, dass der Zahlungsbegriff von S. 1 nicht durch S. 3 eingeschränkt wird. Vorliegend geht es jedoch darum, den Zahlungsbegriff von S. 3 entsprechend dem Zweck der Norm zu erweitern.92 Im Ergebnis überwiegen die Argumente gegen eine zwingend einheitliche Interpretation der Zahlungsbegriffe von § 64 S. 1 und S. 3 GmbHG. bb) Einfluss des Liquiditätsschutzes als Gesetzeszweck Ist aus den genannten Gründen die Parallelität der Zahlungsbegriffe von § 64 S. 1 und S. 3 GmbHG nicht zwingend, so ist der Weg frei für einen eigenen am Zweck von § 64 S. 3 GmbHG orientierten Zahlungsbegriff. Dieser Zweck besteht im Erhalt der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft, also dem Schutz liquiden Gesellschaftsvermögens. In diesem Zusammenhang wird vorgebracht, dass die Bestellung einer Personalsicherheit keine Zahlung sein könne, da es dadurch noch nicht zu einem Abfluss von Liquidität komme.93 Andere Stimmen im Schrifttum wollen zwar die Begründung von Verbindlichkeiten gegenüber dem Gesellschafter nicht als Zahlungen 91 Knof,
DStR 2007, 1536 (1538). gegen das Heranziehen der Gesetzesbegründung als Argument für die h. M.: Brand, ZIP 2012, 1010 (1013). 93 Müller, in: MüKo, GmbHG, § 64 Rn. 182; Nolting-Hauff / Greulich, GmbHR 2013, 169 (174); K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 88. 92 Ebenfalls
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erfassen, die Bestellung von Personalsicherheiten gegenüber Dritten hingegen soll ausnahmsweise unter den Begriff fallen, da sich die Gesellschaft der Inanspruchnahme der Sicherheit nicht durch den Verweis der Verletzung von § 64 S. 3 GmbHG entziehen könne.94 Der letztgenannten Ansicht ist zuzugestehen, dass § 64 S. 3 GmbHG kein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber Dritten begründet.95 Zwar steht eine höchstrichterliche Klärung dieser Frage noch aus, denn in seinem wichtigen Urteil vom 9.10.2012 stellte der BGH lediglich zutreffend fest, dass § 64 S. 3 GmbHG ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Gesellschafter begründet.96 Die besseren Gründe sprechen aber gegen ein solches Recht gegenüber Dritten. Dies ergibt sich aus dem Zweck von § 64 S. 3 GmbHG als Gläubigerschutzvorschrift. Diesem würde es widersprechen, könnte die Gesellschaft den Gläubigern ein Leistungsverweigerungsrecht entgegengehalten. Die Norm, die den Gläubiger schützen soll, würde dessen Rechte solchenfalls gerade einschränken. Eine Differenzierung zwischen Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern und gegenüber Dritten ist allerdings aus einem anderen Grund zweifelhaft. Folgt man der Ansicht des BGH und berücksichtigt richtigerweise Ansprüche gegen den Gesellschafter in der für die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit maßgeblichen Liquiditätsbilanz, so kann die Erfüllung der Verbindlichkeit in den meisten Fällen nicht die Zahlungsunfähigkeit im Sinne der Norm herbeiführen, da diese bereits vor Erfüllung vorliegt.97 Deshalb kommt dem Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Gesellschafter nur in Ausnahmefällen eine eigenständige98 Bedeutung zu. Anzu94 Cahn, Der Konzern 2009, 7 (8 f.) für die Parallelvorschrift in § 92 Abs. 2 S. 3 AktG; Knof, DStR 2007, 1536 (1538); Wicke, GmbHG, § 64 Rn. 27. 95 Cahn, Der Konzern 2009, 7 (9) für die Parallelvorschrift in § 92 Abs. 2 S. 3 AktG; Knof, DStR 2007, 1536 (1538); Orthmann / Weber, BB 2012, 1039 (1042); Tasma, Gläubigerschutz, S. 317; a. A.: Brand, ZIP 2012, 1010 (1012); ders., NZG 2012, 1374 (1376); Nolting-Hauff / Greulich, GmbHR 2013, 169 (175); K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 106. 96 BGH NZG 2012, 1379; diese Sichtweise war im Schrifttum bereits vor diesem Urteil herrschend und ist es auch derzeit, vgl. nur jeweils m. w. N. Poertzgen / Meyer, ZInSo 2012, S. 249 (253 f.); K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 106; Seulen / Osterloh, ZInsO 2010, 881 (887 f.); a. A. noch OLG München Urt. v. 6.5.2010 – 23 U 1564 / 10, BeckRS 2010, 11595. 97 BGH NZG 2012, 1379; siehe dazu im Detail unter § 6 B. II. 2. 98 BGH NZG 2012, 1379 (1381) nennt als Anwendungsfall von § 64 S. 3 GmbHG ebenfalls die Leistung auf eine noch nicht fällige Gesellschafterforderung. In diesem Zusammenhang kommt aber dem Leistungsverweigerungsrecht aus § 64 S. 3 GmbHG keine eigenständige Bedeutung zu, da die Gesellschaft die Leistung auch unter Verweis auf die fehlende Fälligkeit verweigern könnte; ebenso Knolle / Lojowsky, NZI 2013, 171 (172).
B. Insolvenzverursachungshaftung (§ 64 S. 3 GmbHG)185
führen ist hier der (praktisch seltene) Sonderfall, in dem aus einer unwesentlichen eine wesentliche Deckungslücke wird.99 Daneben nennt der BGH die Konstellation der Zahlung auf eine Gesellschafterforderung, deren Befriedigung isoliert betrachtet nicht zur Zahlungsunfähigkeit führt, „von deren Belassen aber Kreditgeber außerhalb des Gesellschafterkreises den Fortbestand, die Verlängerung oder die Gewährung ihrer Kredite abhängig gemacht haben und deren Begleichung sie ihrerseits zum Anlass für eine Kreditrückführung nehmen“.100 Von diesen Ausnahmefällen abgesehen, ist die Gesellschaft auch bei der Begründung von Verbindlichkeiten gegenüber dem Gesellschafter schutzbedürftig. Deshalb muss sowohl in der Begründung von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten als auch gegenüber dem Gesellschafter eine Zahlung erblickt werden können.101 Der Liquiditätsschutz als Gesetzeszweck spricht nicht gegen, sondern für eine derartige Auslegung des Zahlungsbegriffs. Wie dargestellt geht es bei § 64 S. 3 GmbHG nicht wie bei § 64 S. 1 GmbHG um den Erhalt der Masse, sondern um den Erhalt der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft. Gerade aufgrund dieser Präventivfunktion erblickt der Gesetzgeber in § 64 S. 3 GmbHG eine Teilregelung der Existenzvernichtungshaftung.102 Diesem Schutzzweck entspricht es, auch Leistungen der Gesellschaft unter den Zahlungsbegriff von S. 3 zu fassen, die nicht unmittelbar zu einem Abfluss von Liquidität führen, sondern mittelbar die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft herbei führen können.103 Dies ist Rahmen der Existenzvernichtungshaftung anerkannt: Speziell im Zusammenhang mit einer Sicherheitenbestellung führt der BGH in der „Trihotel“-Entscheidung aus, dass die mit einer Sicherheitenbestellung verbundene Beeinträchtigung der Kreditfähigkeit der Gesellschaft einen existenzvernichtenden Eingriff darstellen kann.104 In einem solchen Fall wird die Zahlungsunfähigkeit jedoch nicht unmittelbar durch die Bestellung der Sicherheit herbeigeführt, es fließen nicht einmal direkt liquide Mittel der Gesellschaft an den Gesellschafter oder einen Dritten. Erst durch die Entscheidung Dritter, der Gesellschaft wegen der Besicherung keinen weiteren Kredit mehr zu gewähren, tritt der Liquiditätsmangel bei der Gesellschaft ein. Der Liquiditätsverlust erfolgt mittelbar, was jedoch richtigerweise das Vorliegen eines existenzvernichtenden Eingriffs nicht hindern kann. Gleiches muss für das Vorliegen einer Zahlung im Sin99 Näher
dazu unter § 6 B. II. 2. NZG 2012, 1379 (1381). 101 So zutreffend Haas, GmbHR 2010, 1 (6). 102 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 46. 103 Ähnlich Greulich / Bunnemann, NZG 2006, 681 (684). 104 BGHZ 173, 246 (265 f.) („Trihotel“). 100 BGH
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ne von § 64 S. 3 GmbHG gelten. Auch der BGH führt in seinem Urteil zu § 64 S. 3 GmbHG vom 9.10.2012 die Zahlung auf eine Gesellschafterforderung, von deren Bestehen Dritte die Kreditgewährung abhängig gemacht haben, als Anwendungsfall an. Entscheidend für den Zahlungsbegriff ist folglich nicht der unmittelbare Abfluss von Liquidität, sondern die potentielle Eignung einer Handlung, die Zahlungsunfähigkeit herbeizuführen. Gegen dieses Verständnis des Zahlungsbegriffs spricht auch nicht der Einwand, der Gesetzgeber sei von einem eingeschränkten Anwendungsbereich des § 64 S. 3 GmbHG ausgegangen.105 Denn die bloße Begründung einer Verbindlichkeit und eine durch sie verursachte Zahlungsunfähigkeit genügen für eine Haftung noch nicht, weshalb eine ausufernde Haftung nach § 64 S. 3 GmbHG nicht zu befürchten ist. Vielmehr kommt dem Kriterium des Zurechnungszusammenhangs zwischen Zahlung und Zahlungsunfähigkeit eine wichtige tatbestandsbeschränkende Funktion zu.106 Festzuhalten ist deshalb, dass die Bestellung einer Personalsicherheit als tauglicher Anknüpfungspunkt für eine Haftung des Geschäftsführers nach § 64 S. 3 GmbHG grundsätzlich in Betracht kommt. Dies muss erst Recht für die Bestellung einer Realsicherheit gelten, da durch diese sogar Aktiva belastet werden.107 c) Verpflichtung zur Bestellung gegenüber dem Gesellschaftergläubiger Der Bestellung der Sicherheit ist die Verpflichtung zur Bestellung der aufsteigenden Sicherheit gegenüber dem Gesellschaftergläubiger gleichzustellen.108 Denn bereits in diesem Zeitpunkt ist die Kausalkette für den späteren Liquiditätsabfluss unaufhaltbar in Gang gesetzt. Ebenso wenig wie der Inanspruchnahme aus der Sicherheit ein Leistungsverweigerungsrecht aus § 64 S. 3 GmbHG entgegengehalten werden kann (s. o.), besteht eine Abwendungsmöglichkeit für eine Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung. In diesem Punkt entspricht die Rechtlage derjenigen bei § 30 GmbHG. Allerdings muss auch bei Anknüpfung an diesen zeitlich möglicherweise sehr weit vorgelagerten Zahlungszeitpunkt eine Einschränkung durch den Zurechnungszusammenhang erfolgen.
105 BGH NZG 2012, S. 1379 (1381) unter Verweis auf Begr. RegE MoMiG, BTDrucks. 16 / 6140, S. 47. 106 Siehe dazu unter § 6 B. II. 3. 107 Ganz h. M., vgl. nur jeweils m. w. N. Müller, in: MüKo, GmbHG, § 64 Rn. 182; Nolting-Hauff / Greulich, GmbHR 2013, 169 (174); K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 88. 108 Ebenso Tasma, Gläubigerschutz, S. 319.
B. Insolvenzverursachungshaftung (§ 64 S. 3 GmbHG)187
d) Inanspruchnahme der Sicherheit Die Inanspruchnahme der Sicherheit stellt grundsätzlich keinen tauglichen Anknüpfungspunkt für eine Zahlung im Sinne von § 64 S. 3 GmbHG dar. Dies wird zwar teilweise mit dem Argument anders gesehen, die Gesellschaft habe gegenüber dem Dritten ein Leistungsverweigerungsrecht.109 Hieraus ergebe sich, dass der Geschäftsführer die Möglichkeit habe, die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden, was es erlaube, an die Inanspruchnahme der Sicherheit als Zahlung anzuknüpfen.110 Ein solches Leistungsverweigerungsrecht der Gesellschaft gegenüber dem sicherungsnehmenden Gesellschaftergläubiger ist jedoch (wie bereits dargelegt) nicht anzuerkennen. Wenig Überzeugungskraft hat zudem der in diesem Zusammenhang vorgebrachte Einwand, der Geschäftsführer befinde sich in einer „Zwickmühle“ und man dürfe ihn nicht zum Rechtsbruch durch die Inanspruchnahme zwingen.111 Diesem Argument liegt ein Zirkelschluss zugrunde. Es basiert auf der Prämisse, dass die Inanspruchnahme der Sicherheit durch den Dritten gegen § 64 S. 3 GmbHG verstoße. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn die Verwertung eine für § 64 S. 3 GmbHG relevante Zahlung darstellt, was jedoch gerade davon abhängt, ob ein Leistungsverweigerungsrecht und damit eine Abwendungsmöglichkeit besteht. Festzuhalten bleibt deshalb, dass ein Leistungsverweigerungsrecht der Gesellschaft gegenüber dem Sicherungsnehmer nicht besteht. Ohne ein derartiges Leistungsverweigerungsrecht hat die Gesellschaft keine Möglichkeit mehr, die Inanspruchnahme nach der Bestellung abzuwenden. Daraus ist zu schließen, dass die Inanspruchnahme der Sicherheit grundsätzlich als Zahlung ausscheidet. Denn nur wenn der Gesellschaft eine Abwehrmöglichkeit zusteht, verbleibt der Exkulpationsmöglichkeit für den Geschäftsführer nach § 64 S. 3 a. E. GmbHG noch ein sinnvoller Anwendungsbereich.112 Nur in diesem Fall ist nämlich eine Prognose hinsichtlich der Wirkung einer Zahlung auf die Zahlungsfähigkeit der GmbH nach dem Maßstab eines ordentlichen Geschäftsmanns sinnvoll.113 Auf Basis des Vorstehenden ist allerdings eine Situation denkbar, in der die Inanspruchnahme der Sicherheit eine Zahlung i. S. v. § 64 S. 3 GmbHG sein kann. Nur im Fall der vorzeitigen Leistung auf eine noch nicht fällige 109 Brandt, ZIP 2012, 1010 (1012); Nolting-Hauff / Greulich, GmbHR 2013, 169 (174 f.). 110 Brandt, ZIP 2012, 1010 (1012); wohl auch Nolting-Hauff / Greulich, GmbHR 2013, 169 (175). 111 So Brandt, NZG 2012, 1374 (1376); vgl. auch Brand, ZIP 2012, 1010 (1012). 112 Tasma, Gläubigerschutz, S. 317 f. 113 Tasma, Gläubigerschutz, S. 317 f.
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Verpflichtung aus einer Sicherheit ist eine Zahlung durch die Inanspruchnahme denkbar, da das genannte Argument nicht mehr eingreift: Dem Geschäftsführer steht mit der rechtmäßigen Verweigerung der Erfüllung unter Berufung auf die fehlende Fälligkeit eine Abwendungsmöglichkeit zu. e) Nichtgeltendmachung des Freistellungs- bzw. Rückgewähranspruchs Fraglich ist, ob auch die Nichtgeltendmachung eines Freistellungs- bzw. Rückgewähranspruchs eine Zahlung i. S. v. § 64 S. 3 GmbHG sein kann. Abhängig ist dies von der Frage, ob auch Unterlassungen tatbestandsmäßig sein können. Dies wird im Schrifttum ganz überwiegend bejaht,114 vereinzelt jedoch mit dem Hinweis auf den Zahlungsbegriff von § 64 S. 1 GmbHG abgelehnt115. Für den Zahlungsbegriff von S. 1 entspricht es der h. M., dass das Unterlassen der Geltendmachung von Forderungen nicht unter den Zahlungsbegriff fällt, da es hierdurch nicht zu einer Masseschmälerung komme.116 Es ist bereits dargestellt worden, dass der unterschiedliche Schutzzweck von § 64 S. 1 und S. 3 GmbHG nicht zwingend eine Gleichbehandlung der Zahlungsbegriffe in beiden Normen gebietet. Für die Insolvenzverursachungshaftung kommen deshalb auch solche Handlungen in Betracht, die zwar nicht unmittelbar zu einer Masseverringerung, aber dennoch im Ergebnis zu einer Zahlungsunfähigkeit führen können. Dies kann bei der Nichtgeltendmachung des Freistellungs- oder Rückgriffsanspruchs der Gesellschaft im Rahmen der Gewährung aufsteigender Sicherheiten der Fall sein. Unterlassungen können deshalb als Zahlungen im Sinne von § 64 S. 3 GmbHG erfasst werden. 2. Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft Für eine Haftung aus § 64 S. 3 GmbHG muss Zahlungsunfähigkeit eingetreten sein. Zwar setzt das Zahlungsverbot zeitlich vorher an; die Ersatzpflicht tritt jedoch erst ein, wenn auch tatsächlich Zahlungsunfähigkeit vorliegt.117 Nach der Legaldefinition in § 17 Abs. 2 S. 1 InsO liegt Zahlungsunfähigkeit vor, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, die 114 Arnold, in: Henssler / Strohn, GesR, § 64 GmbHG Rn. 52; Greulich / Bunnemann, NZG 2006, 681 (684); Greulich / Rau, NZG 2008, 284 (287); Haas, in: Baumbach / Hueck, GmbHG, § 64 Rn. 128; Kohlmann, in: Saenger / Inhester, GmbHG, § 64 Rn. 80; Sikora, NWB 2009, 936 (938). 115 Müller, in: MüKo, GmbHG, § 64 Rn. 182. 116 Bork, in: Bork / Schäfer, GmbHG, § 64 Rn. 15; Müller, in: MüKo, GmbHG, § 64 Rn. 147; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 32; Wicke, GmbHG, § 64 Rn. 20. 117 K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 96.
B. Insolvenzverursachungshaftung (§ 64 S. 3 GmbHG)189
fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Sie wird festgestellt durch eine Gegenüberstellung der aktuell fälligen Verbindlichkeiten und der liquiden Mittel des Schuldners in einer sog. Liquiditätsbilanz.118 Nach der Rechtsprechung ist von Zahlungsunfähigkeit regelmäßig auszugehen, wenn (i) eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke von wenigstens 10 % besteht und (ii.) nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und gleichzeitig den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist.119 Sehr umstritten ist im Rahmen von § 64 S. 3 GmbHG, ob für die Liquiditätsbilanz fällige Ansprüche des Gesellschafters berücksichtigt werden können. Dies wird von einer nicht unbeachtlichen Anzahl von Autoren mit dem Argument verneint, der Anwendungsbereich von § 64 S. 3 GmbHG werde zu stark eingeschränkt.120 Dem liegt folgende Überlegung zugrunde: § 64 S. 3 GmbHG sieht eine Haftung vor für Zahlungen, „soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten“. Denknotwendig ist deshalb eine Haftung ausgeschlossen, wenn die Gesellschaft bereits vor der Zahlung zahlungsunfähig war. Wird der fällige Anspruch eines Gesellschafters in der Liquiditätsbilanz berücksichtigt und besteht dadurch eine Deckungslücke von mehr als 10 %, so ist die Gesellschaft schon deshalb zahlungsunfähig. Wird die Forderung des Gesellschafters erfüllt und betrachtet man sodann die aufzustellende Liquiditätsbilanz, so haben sich lediglich liquide Mittel und Verbindlichkeiten im gleichen Maße reduziert. In einem solchen Fall kann die Erfüllung der Verbindlichkeit die Zahlungsunfähigkeit nicht mehr herbeiführen, weshalb es an einem Zurechnungszusammenhang zwischen Zahlung und Zahlungsunfähigkeit fehlt. Durch die Erfüllung einer fälligen Gesellschafterverbindlichkeit könne demnach die Zahlungsunfähigkeit in seltenen Sonderfällen herbeigeführt werden: Denkbar ist beispielsweise, dass vor Erfüllung die 10 %-Grenze noch nicht erreicht ist, deren Überschreiten die unwesentliche zur wesentlichen Deckungslücke macht.121 Zur Verdeutlichung folgendes Beispiel:122 Vor der Erfüllung hat die Gesellschaft 91 Rechnungseinheiten liquide Mittel Leithaus, in: Andres / Leithaus, InsO, § 17 Rn. 2. NJW 2005, 3062; NZG 2012, 1379 (1380); Leithaus, in: Andres / Leithaus, InsO, § 17 Rn. 2 m. w. N.; Noltig-Hauff / Greulich, GmbHR 2013, 169 (170). 120 Dahl / Schmitz, NZG 2009, 567 (569 f.); Görg, in: FS Streck, S. 823 (827 f.); Spliedt, ZIP 2009, 149 (159 f.). 121 Brandt, ZIP 2012, 1010 (1012); BGH NZG 2012, 1379 (1380). 122 Beispiel nach Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 64 Rn. 56; ähnlich auch Desch, BB 2010, 2586 (2586). 118 Vgl.
119 BGH
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zur Verfügung, denen 100 Einheiten Verbindlichkeiten gegenüber stehen. 10 Einheiten der Verbindlichkeiten resultieren aus der Forderung des Gesellschafters. In dieser Situation beträgt die Liquiditätslücke 9 %. Wird die Forderung des Gesellschafters erfüllt, stehen sich liquide Mittel und Verbindlichkeiten im Verhältnis 81 zu 90 gegenüber, wodurch die Liquiditätslücke auf 10 % ansteigt und die Gesellschaft zahlungsunfähig wird. Von diesem – praktisch sehr seltenen – Anwendungsfall einmal abgesehen, sei § 64 S. 3 GmbH auf die Erfüllung von fälligen Gesellschafterverbindlichkeiten deshalb nicht anwendbar, wenn man fällige Gesellschafterforderungen in der Liquiditätsbilanz berücksichtigt. Deshalb sei die Gesellschafterforderung für die Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit i. S. v. § 64 S. 3 GmbHG auszublenden.123 Dieser Ansicht ist jedoch mit dem BGH und der h. L. nicht zu folgen, die den Zahlungsunfähigkeitsbegriff nicht derart modifizieren möchten.124 Gegen eine Modifikation des Begriffs der Zahlungsunfähigkeit in S. 3 sprechen zunächst systematische Argumente: Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber den Begriff der Zahlungsunfähigkeit in § 64 S. 3 GmbHG anders interpretiert wissen wollte als in S. 1. Würde man nun zwecks einer einheitlichen Gesetzesauslegung auch für den Zahlungsunfähigkeitsbegriff von S. 1 fällige Gesellschafterforderungen unberücksichtigt lassen, hätte dies die mehr als fragwürdige Konsequenz, dass die Insolvenzantragspflicht nach § 15a Abs. 1 InsO hinausgezögert wird.125 Aufgrund des Eingreifens von S. 1 besteht auch keine Schutzlücke, die durch eine gespaltene Auslegung des Begriffs der Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden müsste: Der Geschäftsführer hat nämlich im Fall der Zahlungsunfähigkeit nicht die Forderung des Gesellschafters zu erfüllen, sondern einen Insolvenzantrag zu stellen.126 Erfolgt dennoch eine Zahlung, so sind die Gläubiger nicht auf den Schutz von S. 3 angewiesen, da in diesem Fall die insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln (§§ 129 ff. InsO) eingreifen.127 Darüber hinaus kann nach der hier vertretenen Ansicht auch die Begründung von Verbindlichkeiten eine Zahlung i. S. v. § 64 S. 3 GmbHG darstellen, sodass auch aus diesem Grund kein Bedürfnis für eine Modifikation des Begriffs der Zahlungsunfähigkeit gegeben ist. 123 Dahl / Schmitz, NZG 2009, 567 (569 f.); Görg, in: FS Streck, S. 823 (827 f.); Spliedt, ZIP 2009, 149 (159 f.). 124 BGH NZG 2012, 1379 (1380); Arnold, in: Henssler / Strohn, GesR, § 64 GmbHG Rn. 57; Knolle / Lojowsky, NZI 2013, 171 (172); Schult, GWR 2012, 549 (551); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 29 Rn. 93; Winstel / Skauradszun, GmbHR 2011, 185 (186). 125 Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 64 Rn. 58. 126 BGH NZG 2012, 1379 (1380). 127 BGH NZG 2012, 1379 (1380).
B. Insolvenzverursachungshaftung (§ 64 S. 3 GmbHG)191
Im Ergebnis ist aus diesen Gründen festzuhalten, dass der Zahlungsunfähigkeitsbegriff in § 64 S. 3 GmbHG genauso auszulegen ist wie in § 17 Abs. 2 InsO. 3. Zurechnungszusammenhang Ist festgestellt, dass mit einer Handlung des Geschäftsführers eine „Zahlung“ vorliegt und steht ebenfalls fest, dass die Gesellschaft im Sinne des § 17 Abs. 2 InsO zahlungsunfähig ist, so bleibt die Frage zu beantworten, welche Anforderungen an den Zurechnungszusammenhang zwischen diesen beiden Merkmalen zu stellen ist; wann folglich die Zahlung des Geschäftsführers zur Zahlungsunfähigkeit „führen musste“. Als Mindestvoraussetzung muss die Zahlung ursächlich für die Zahlungsunfähigkeit im Sinne einer „conditio sine qua non“ geworden sein.128 Dies allein genügt aber für einen haftungsbegründenden Zurechnungszusammenhang noch nicht. Hierzu heißt es in der Gesetzesbegründung: „Weiter soll der Geschäftsführer keineswegs verpflichtet werden, jegliche Zahlungen an Gesellschafter zu ersetzen, die in irgendeiner Weise kausal für eine – möglicherweise erst mit erheblichem zeitlichem Abstand eintretende – Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft geworden sind. Vielmehr muss die Zahlung ohne Hinzutreten weiterer Kausalbeiträge zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen. Das bedeutet nicht, dass im Moment der Leistung die Zahlungsunfähigkeit eintreten muss, es muss sich in diesem Moment aber klar abzeichnen, dass die Gesellschaft unter normalem Verlauf der Dinge ihre Verbindlichkeiten nicht mehr wird erfüllen können.“129 Aus der gesetzgeberischen Intention lassen sich zwei relevante Schlüsse für die Anforderungen an den Zurechnungszusammenhang ziehen: Zum einen steht mit dem Erfordernis, dass sich die Zahlungsunfähigkeit im Zahlungszeitpunkt „klar abzeichnen“ muss, fest, dass eine ex ante Betrachtung vorzunehmen ist.130 Zum anderen muss zu diesem Zeitpunkt mit einem gewissen Wahrscheinlichkeitsgrad feststehen, dass die Gesellschaft aufgrund der Zahlung zahlungsunfähig wird. Daraus ist zu schließen, dass der Geschäftsführer im Zeitpunkt der Zahlung eine Solvenzprognose vorzunehmen hat.131 Im Schrifttum hat sich hierzu die h. M. herausgebildet, dass die Zahlungsunfähigkeit im Leistungszeitpunkt „überwiegend wahrscheinlich“ 128 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 46; Böcker / Poertzgen WM 2007, 1203 (1207). 129 Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 46 f. 130 Böcker, DZWiR 2013, 403 (404). 131 Arnold, in: Henssler / Strohn, GesR, § 64 GmbHG Rn. 59.
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sein muss.132 Dem ist auch im Zusammenhang mit der Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit zuzustimmen. Das Erfordernis einer Prognoseentscheidung durch den Geschäftsführer ist bereits im Rahmen von § 30 GmbHG, § 57 AktG und der Existenzvernichtungshaftung erörtert worden. Auch dort hat sich der Maßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als zutreffend erwiesen.133 Es ist daher nur konsequent, den gleichen Maßstab auch im Rahmen von § 64 S. 3 GmbHG zu verlangen.134 Der Geschäftsführer hat daher auf Basis einer vernünftigen kaufmännischen Betrachtung zu untersuchen, ob die Inanspruchnahme der Sicherheit im Bestellungszeitpunkt bereits überwiegend wahrscheinlich ist. Hinzu kommt für § 64 S. 3 GmbHG die Prüfung der Frage, ob die Inanspruchnahme der Sicherheit auch ein solches Maß annimmt, dass sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zu Folge hat. Besondere haftungsbeschränkende Bedeutung dürfte dem Zurechnungszusammenhang im Fall der Nichtgeltendmachung von Forderungen zukommen. Um einen Zurechnungszusammenhang zu bejahen, muss im Umkehrschluss nachgewiesen werden, dass die Geltendmachung der Forderung die Zahlungsunfähigkeit aus ex ante Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit verhindert hätte. Dies wird im Zusammenhang mit aufsteigenden Sicherheiten durch das Unterlassen der Geltendmachung des Freistellungsbzw. Rückgriffsanspruchs nur in seltenen Ausnahmefällen der Fall sein, da die unzureichende Solvenz des Gesellschafters gerade die (drohende) Inanspruchnahme der Sicherheit erst herbeigeführt hat. Es ist deshalb aus ex ante Sicht regelmäßig unwahrscheinlich, dass die Geltendmachung des Freistellungs- bzw. Rückgewähranspruchs die Zahlungsunfähigkeit verhindern kann. Die praktische Relevanz der Haftung wegen Nichtgeltendmachung des Freistellungsanspruchs wird zusätzlich durch die Beweislastverteilung eingeschränkt. Denn bei der Frage nach der Insolvenzursächlichkeit handelt es sich um einen von der Gesellschaft zu beweisenden Umstand, wie ein Umkehrschluss aus § 64 S. 2 GmbHG zeigt.135 132 Arnold, in: Henssler / Strohn, GesR, § 64 GmbHG Rn. 59; Bork, in: Bork / Schäfer, GmbHG, § 64 Rn. 55; Greulich / Bunnemann, NZG 2006, 681 (685); Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 64 Rn. 63; Knof, DStR 2007, 1536 (1539 f.); K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 101; ausführlich Tasma, Gläubigerschutz, S. 322 ff. 133 Zur Bilanzwirksamkeit der Sicherheitenbestellung wegen Rückstellungsbildung siehe § 3 C. I.; zur Existenzvernichtungshaftung siehe § 5 C. 134 Ebenso Tasma, Gläubigerschutz, S. 326. 135 Vgl. K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 102, der zu Recht darauf hinweist, dass die Grenze zwischen der (objektiv bestimmten) Insolvenzverursachung und dem subjektiven Maßstab von § 64 S. 2 GmbHG schwierig zu ziehen ist, was angesichts der ungleichen Beweislastverteilung problematisch ist.
B. Insolvenzverursachungshaftung (§ 64 S. 3 GmbHG)193
4. Verschulden Ein Erstattungsanspruch gegen den Geschäftsführer nach § 64 S. 3 GmbHG setzt dessen Verschulden gem. § 64 S. 2 GmbHG voraus, wobei Fahrlässigkeit ausreichend ist.136 Das Verschulden wird aufgrund der Gesetzesformulierung in § 64 S. 3 GmbHG widerleglich vermutet („dies gilt nicht“). Der Geschäftsführer kann sich jedoch insbesondere mit dem Einwand exkulpieren, dass er die Zahlungsunfähigkeit aufgrund besonderer Umstände nicht erkennen konnte.137 Da jedoch der Zurechnungszusammenhang bereits eine fehlerhafte Solvenzprognose verlangt, die am Maßstab einer vernünftigen kaufmännischen Betrachtung gemessen wird, dürfte dieser Exkulpationsmöglichkeit nur eine geringe Bedeutung zukommen.138 Zu beachten ist, dass auch eine Weisung der Gesellschafter, die Zahlung vorzunehmen, keinen Exkulpationsgrund darstellt, da das Weisungsrecht durch zwingende gesetzliche Vorgaben, zu denen § 64 S. 3 GmbHG gehört, begrenzt wird.139
III. Umfang der Haftung Wird durch den Geschäftsführer eine aufsteigende Sicherheit bestellt, obwohl bereits im Bestellungszeitpunkt die Inanspruchnahme der Sicherheit überwiegend wahrscheinlich ist und führt er durch die Inanspruchnahme die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft schuldhaft herbei, so stellt sich die Frage nach dem Umfang der Haftung des Geschäftsführers. § 64 S. 3 i. V. m. S. 1 GmbHG ordnet den „Ersatz von Zahlungen“ an, „soweit“ diese zur Zahlungsunfähigkeit führen mussten. Die h. M. leitet hieraus ab, dass es sich bei der Haftung nach § 64 S. 3 GmbHG um einen Ersatzanspruch „eigener Art“ und keinen Schadensersatzanspruch handele.140 Dies bedeutet, dass nur die Zahlung selbst und nicht etwaige Kollateralschäden zu ersetzen sind. Im Umkehrschluss muss daraus allerdings auch geschlossen werden, dass der Geschäftsführer sich nicht mit dem Einwand 136 Kleindiek,
in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 64 Rn. 65. in: Henssler / Strohn, GesR, § 64 GmbHG Rn. 61. 138 Ebenso Arnold, in: Henssler / Strohn, GesR, § 64 GmbHG Rn. 61; Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, GmbHG, § 64 Rn. 65; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 102. 139 Böcker, DZWiR 2013, 403 (409); siehe dazu bereits § 6 A. I. 2. d). 140 Kleindiek, in: Lutter / Hommelhoff, § 64 Rn. 47; Knof, DStR 2007, 1580 (1584); Wicke, GmbHG, § 64 Rn. 26; für eine schadensersatzrechtliche Einordnung (ohne Unterschied im Ergebnis) hingegen K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 64 Rn. 109. 137 Arnold,
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verteidigen kann, der Insolvenzverursachungsschaden sei insgesamt geringer als die Zahlung.141 Liegt die zurechenbare Zahlung in der Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit, so hat der Geschäftsführer den durch die Inanspruchnahme der Sicherheit entstandenen Vermögensabfluss wieder aufzufüllen. Im Falle einer Realsicherheit ist dies der Wert des besicherten Sachgegenstandes, bei Personalsicherheiten die aufgrund der Verpflichtung ausgezahlten Geldmittel. Im Falle der Nichtgeltendmachung einer Forderung (wie dem Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruch) ist vom Geschäftsführer nicht zwingend der Nennbetrag der Forderung zu erstatten. Vielmehr ist zu ermitteln, in welcher Höhe der Gesellschafter tatsächlich an die Gesellschaft hätte leisten können. Nur dieser Betrag kann auch vom Geschäftsführer im Rahmen von § 64 S. 3 GmbHG erlangt werden.
IV. Zusammenfassung zu B. Als Ergebnis zu § 64 S. 3 GmbHG ist festzuhalten, dass die Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit eine „Zahlung“ i. S. d. Norm sein kann. Entgegen der h. M. zählen hierzu auch Personalsicherheiten, obwohl durch deren Bestellung kein liquides Vermögen abfließt. Die Parallele zum Zahlungsbegriff zu § 64 S. 1 ist insoweit nicht zwingend. Daneben kann auch die Nichtgeltendmachung des Freistellungsanspruchs eine Haftung nach § 64 S. 3 GmbHG auslösen. Keine Zahlung stellt hingegen regelmäßig die Inanspruchnahme einer aufsteigenden Sicherheit dar, da der Gesellschaft gegenüber Dritten kein Leistungsverweigerungsrecht aus § 64 S. 3 GmbHG zusteht. Ein Zurechnungszusammenhang zwischen Sicherheitenbestellung und Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn bereits im Bestellungszeitpunkt die Inanspruchnahme und damit die Insolvenz der Gesellschaft überwiegend wahrscheinlich sind. Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit in § 64 S. 3 ist dagegen im Gegensatz zur im Schrifttum vertretenen Ansicht mit dem BGH und der Gegenauffassung wie in § 64 S. 1 zu verstehen.
C. Haftung der Vorstandsmitglieder nach § 93 AktG Für den Vorstand der AG entspricht die Rechtslage in Bezug auf die Haftungsrisiken im Zusammenhang mit der Gewährung aufsteigender Si141 Ebenso Knof, DStR 2007, 1580 (1584), der zutreffend darauf hinweist, dass hierin ein Unterschied zur Existenzvernichtungshaftung liegt.
D. Haftung der Aufsichtsratsmitglieder nach §§ 116 S. 1, 93 AktG195
cherheit weitgehend derjenigen für die Geschäftsführer einer GmbH. Der Vorstand einer AG hat deshalb vor der Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit die Vollwertigkeit des Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs gegen den Gesellschafter zu prüfen.142 Der Unterschied zwischen aktienrechtlicher Vermögensbindung und dem Kapitalerhaltungsrecht der GmbH hat zur Konsequenz, dass eine Vollwertigkeitsprüfung sogar stets erfolgen muss, da es auf die Bildung einer Rückstellung wegen des Deckungsgebotes in § 57 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 AktG bei der AG nicht ankommt.143 Für die Überwachung der Bonität des Aktionärs und der rechtszeitigen Geltendmachung des Freistellungsanspruchs gilt das zur GmbH gesagte entsprechend.
D. Haftung der Aufsichtsratsmitglieder nach §§ 116 S. 1, 93 AktG Aufsichtsratsmitglieder, die nicht mit der erforderlichen Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Aufsichtsratsmitglieds handeln, sind der Gesellschaft bei schuldhaftem Handeln nach §§ 116 S. 1, 93 AktG verantwortlich. Dass es sich bei der Inanspruchnahme von Aufsichtsratsmitgliedern im Zusammenhang mit aufsteigenden Darlehen nicht nur um ein rein theoretisches Szenario handelt, zeigt deutlich der dem MPS-Urteil zugrundeliegende Sachverhalt. In diesem Fall warf der Insolvenzverwalter den Aufsichtsratsmitgliedern vor, sie hätten ihre Aufsichts- und Prüfpflicht dadurch verletzt, dass sie nicht für eine Besicherung der aufsteigenden Darlehen gesorgt hätten.144 Auch im Zusammenhang mit der Gewährung aufsteigender Sicherheiten kann das Aufsichtsratsmitglied eine Haftung treffen, wenn es seiner Überwachungspflicht nicht nachkommt. Aus der Überwachungspflicht folgt, dass der Aufsichtsrat im Vorfeld von Sicherheitenbestellungen kontrollieren muss, ob dem Vorstand die zur Bewertung der Vollwertigkeitskriterien erforderlichen Informationen zugeflossen sind. Ebenso hat er sich zu vergewissern und ggf. darauf zu drängen, dass der Vorstand kontinuierlich über die aktuelle Bonitätssituation des Gesellschafters informiert ist,145 damit ein aus der Bonitätsverschlechterung resultierender Freistellungsanspruch frühzeitig geltend gemacht werden kann.
142 Für
die Darlehensgewährung ebenso BGHZ 179, 71 (78 Rn. 13) („MPS“). dazu § 3 D. III. 2. 144 BGHZ 179, 71 (72 ff.) („MPS“). 145 Für die Darlehensgewährung ebenso BGHZ 179, 71 (82 Rn. 21) („MPS“); zust. Habersack, ZGR 2009, 347 (363). 143 Siehe
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Allerdings wird man vom Aufsichtsrat weder vor der Sicherheitenbestellung noch danach erwarten können, die Bonität des Gesellschafters oder andere Kriterien für die Vollwertigkeit selbst zu überprüfen.146 Insoweit gilt es die Vorgaben der Organisationsverfassung der AG zu beachten. Die Beurteilung der Vollwertigkeit ist eine Geschäftsführungsmaßnahme, die dem Aufsichtsrat nach § 111 Abs. 4 S. 1 AktG nicht zusteht.147 Allerdings können nach § 111 Abs. 4 S. 2 AktG die Satzung oder der Aufsichtsrat bestimmen, dass ausgewählte Geschäfte einem Zustimmungsvorbehalt unterworfen werden. Um die Kompetenzordnung der Gesellschaft zu wahren, muss hierfür jedoch verlangt werden, dass die unter den Vorbehalt gestellte Entscheidung nach Art, Volumen und Risiko für die Gesellschaft bedeutsam ist.148 Bei aufsteigenden Sicherheiten dürfte dieses Kriterium regelmäßig erfüllt sein, da die Besicherung zugunsten eines Gesellschafters erfolgt (besondere Art), oftmals einen großen Umfang hat und mit dem Insolvenzrisiko des Gesellschafters verbunden ist. Ist ein Zustimmungsvorbehalt gegeben, so muss auch der Aufsichtsrat die Vollwertigkeitskriterien vor der Sicherheitenbestellung selbst ermitteln.149 Allerdings wird man hinsichtlich des Umfangs der Prüfung an den Aufsichtsrat geringere Anforderungen stellen müssen als an den Vorstand. Der Aufsichtsrat darf sich deshalb grundsätzlich sein Urteil auf Grundlage der durch den Vorstand überlassenen Informationen bilden, sofern keine Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit bestehen.150 Er ist nicht verpflichtet, alle denkbaren Informationen beizuziehen.151
146 Für die Darlehensgewährung ebenso Habersack, ZGR 2009, 347 (363 f.); dies hat der BGH im MPS-Urteil noch offengelassen. 147 Habersack, ZGR 2009, 347 (364). 148 Allg. M., vgl. nur Henssler, in: Henssler / Strohn, GesR, § 111 AktG Rn. 20 m. w. N. 149 Für die Darlehensgewährung ebenso Habersack, ZGR 2009, 347 (364); Thümmel / Burckhardt, AG 2009, 885 (890). 150 Cahn, WM 2013, 1293 (1297 ff.); Lutter / Krieger / Verse, Aufsichtsrat, § 13 Rn. 989; Habersack, ZGR 2009, 347 (364). 151 Cahn, WM 2013, 1293 (1297); Lutter / Krieger / Verse, Aufsichtsrat, § 13 Rn. 989.
§ 7 Konzernrechtliche Aspekte Wie zu Beginn der Arbeit dargestellt, spielen aufsteigende Sicherheiten auch im Rahmen zentraler Konzernfinanzierungen eine Rolle. Vielfach sind die am Cash-Pool beteiligten Gesellschaften als Vertragskonzern organisiert, sodass insbesondere dem Anspruch aus § 302 AktG Bedeutung zukommt. In LBO-Konstellationen spielen hingegen insbesondere die §§ 311 ff. AktG eine Rolle. Nach Abschluss des Akquisitionsvorgangs durch einen share deal besteht in vielen Fällen das von § 17 AktG geforderte Abhängigkeitsverhältnis, welches von §§ 17 Abs. 2 i. V. m. 16 AktG aufgrund der Mehrheitsbeteiligung vermutet wird.1
A. Faktischer Konzern I. Anwendung der kapitalerhaltungsrechtlichen Vorschriften im faktischen Konzern Auch nach Inkrafttreten des MoMiG ist umstritten, inwieweit sich Vermögenstransfers im faktischen Konzern am Maßstab des § 57 Abs. 1 AktG messen lassen müssen. Die h. M. unter Einschluss des BGH geht davon aus, dass die §§ 311 ff. AktG den §§ 57, 62, 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG grundsätzlich als Spezialregelungen vorgehen.2 Maßnahmen, die eigentlich unter § 57 AktG fallen würden, lösen demnach keinen sofortigen Rückgewähranspruch aus § 62 AktG aus, sondern § 311 AktG lässt in diesem Fall einen zeitlich nach hinten verlagerten Ausgleich in der Weise zu, dass der Nachteil bis zum Ende des Geschäftsjahres ausgeglichen werden oder ein dahingehender Anspruch eingeräumt werden muss.3 Eine Ausnahme mit der Folge des Wiederauflebens von § 57 AktG soll nur dann gelten, wenn der Ausgleich nicht bis zum Ende des Geschäftsjahres erbracht ist bzw. der Ausgleichsan1 Söhner,
ZIP 2011, 2085 (2090). 179, 71 (77 Rn. 11) („MPS“); OLG München, NZG 2005, 181 (183); OLG Stuttgart, AG 1994, 411 (411, 412); Goette, DStR 2009, 2602 (2604); Habersack, ZGR 2009, 347 (356); Kiefer / Theusinger, NZG 2008, 801 (802); Mülbert / Leuschner, NZG 2009, 281 (286); Thümmel / Burckhardt, AG 2009, 885 (893); Ulmer, in: FS Hüffer, S. 999 (1006 ff.); Wand / Tillmann / Heckenthaler, AG 2009, 148 (155 f.). 3 BGHZ 179, 71 (77 Rn. 11) („MPS“). 2 BGHZ
198
§ 7 Konzernrechtliche Aspekte
spruch nicht eingeräumt wurde.4 Die vereinzelt vertretene Gegenansicht will hingegen § 57 AktG auch im faktischen Konzern anwenden.5 Ihre Vertreter weisen darauf hin, dass das herrschende Unternehmen nach der h. M. für Zuwendungen, die es nicht i. S. v. § 311 Abs. 1 AktG veranlasst hat, der strengeren Haftung nach §§ 57, 62 AktG unterliege.6 Auch komme es zu Inkonsistenzen bei mehrstufigen Konzernverhältnissen.7 Allerdings wird dieser Ansicht zu Recht entgegengehalten, dass sie den Anwendungsbereich von § 311 AktG auf nicht-finanzielle Zuwendungen beschränkt, was zu weitreichend wäre.8 Daneben wird man aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber mit dem MoMiG keine ausdrückliche Regelung wie für den Vertragskonzern in § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 AktG geschaffen hat, nicht schließen können, dass für diese § 57 AktG uneingeschränkt zur Anwendung kommt,9 sondern vielmehr, dass der Gesetzgeber es bei der bisher durch die ganz h. M. unter Einschluss des BGH geprägten Rechtslage belassen wollte.10 De lege lata ist deshalb von der Nichtanwendung von § 57 AktG für die abhängige AktG auszugehen. Für die GmbH im faktischen Konzern ergeben sich keine Abweichungen zu den erarbeiteten kapitalerhaltungsrechtlichen Vorgaben. § 30 GmbHG findet auf die abhängige bzw. faktisch konzernierte GmbH uneingeschränkt Anwendung.11 Dies ergibt sich daraus, dass es für eine analoge Anwendung von § 311 AktG, welche § 30 GmbHG als Spezialvorschrift verdrängen würde, an einer vergleichbaren Interessenlage fehlt:12 Zum einen ist der GmbH-Geschäftsführer im Gegensatz zum AG-Vorstand weisungsgebunden und zum anderen fehlt es an einem obligatorischen Aufsichtsrat, der zur Prüfung des Abhängigkeitsberichts (§ 314 AktG) berufen sein könnte.13
4 OLG Frankfurt, AG 1996, 324 (327); Koch, in: Hüffer / Koch, AktG, § 311 Rn. 49 m. w. N. 5 Cahn / v. Spannenberg, in: Spindler / Stilz, AktG, § 57 Rn. 137. 6 Cahn / v. Spannenberg, in: Spindler / Stilz, AktG, § 57 Rn. 137. 7 Näher Cahn / v. Spannenberg, in: Spindler / Stilz, AktG, § 57 Rn. 137. 8 Drygala, in: KöKo, AktG, § 57 Rn. 107. 9 So aber Cahn / v. Spannenberg, in: Spindler / Stilz, AktG, § 57 Rn. 137. 10 Drygala, in: KöKo, AktG, § 57 Rn. 107; Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 5; Hüffer / Koch, AktG, § 311 Rn. 49; Ulmer, in: FS Hüffer, S. 999 (1007). 11 Allg. M.; vgl. nur BGHZ 95, 330 (340); Blasche / König, GmbHR 2009, 897 (898); Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 46 Rn. 5; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 91; Söhner, ZIP 2011, 2085 (2090); Wilhelmi, WM 2009, 1917 (1922). 12 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 91. 13 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 91.
A. Faktischer Konzern199
II. Sicherheitengewährung als nachteiliges Rechtsgeschäft § 311 AktG bestimmt, dass ein herrschendes Unternehmen ohne Bestehen eines Beherrschungsvertrages seinen Einfluss nicht dazu nutzen darf, die abhängige AG (oder KGaA) zur Vornahme eines für sie nachteiligen Rechtsgeschäftes zu veranlassen, es sei denn, die Nachteile werden ausgeglichen. Erfolgt ein Nachteilsausgleich nicht, droht eine Haftung des herrschenden Unternehmens nach § 317 Abs. 1 AktG sowie eine Haftung der gesetzlichen Vertreter des herrschenden Unternehmens nach § 317 Abs. 3 AktG. Entscheidende und meistdiskutierte Voraussetzung für die Haftung ist das Vorliegen eines „nachteiligen Rechtsgeschäfts“ i. S. v. § 311 AktG. Zu klären ist deshalb, wann die Gewährung einer aufsteigenden Sicherheit ein solches nachteiliges Rechtsgeschäft sein kann. Im MPS-Urteil hat sich der BGH im Zusammenhang mit aufsteigenden Darlehen für einen Gleichlauf von § 57 AktG und § 311 ff. AktG ausgesprochen, indem er feststellte, dass die „Gewährung eines unbesicherten, kurzfristig rückforderbaren ‚upstream-Darlehens‘ durch eine abhängige Aktiengesellschaft an ihre Mehrheitsaktionärin […] kein per se nachteiliges Rechtsgeschäft i. S. von § 311 AktG“ darstellt, „wenn die Rückzahlungsforderung im Zeitpunkt der Darlehensausreichung vollwertig ist.“14 Unter den gleichen Voraussetzungen läge nämlich wegen § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG auch kein Verstoß gegen § 57 AktG vor.15 Seien diese Voraussetzungen gewahrt, dann werde die Darlehensgewährung auch nicht dadurch nachteilig i. S. d. § 311 AktG, „wenn es später wider Erwarten doch zu einem Forderungsausfall kommt“.16 Überträgt man diese Wertung auf aufsteigende Sicherheiten, so müssten für §§ 311 ff. AktG dieselben Kriterien gelten wie für § 57 AktG im Rahmen des Kapitalerhaltungsrechts. Demnach dürfte die Bestellung der Sicherheit kein nachteiliges Rechtsgeschäft i. S. v. § 311 AktG darstellen, wenn der Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter im Bestellungszeitpunkt vollwertig ist. Ganz so einfach liegt die Situation bei §§ 311 ff. AktG jedoch nicht. Eine pauschale Übertragung der Maßstäbe des Kapitalerhaltungsrechts verbietet sich schon deshalb, weil die §§ 311 ff. AktG nicht nur der Erhaltung eines Haftungsfonds zugunsten der Gesellschaftsgläubiger dienen, sondern dane-
14 BGHZ
179, 71 („MPS“). 179, 71 („MPS“). 16 BGHZ 179, 71 (78 Rn. 13) („MPS“). 15 BGHZ
200
§ 7 Konzernrechtliche Aspekte
ben mindestens gleichwertig auch dem Schutz der Minderheitsaktionäre.17 Der BGH darf deshalb nicht so verstanden werden, dass er die „bilanzielle Betrachtungsweise“ vollumfänglich auf §§ 311 ff. AktG angewendet wissen will.18 Denn der Nachteilsbegriff der §§ 311 ff. AktG ist weiter als derjenige der Einlagenrückgewähr in § 57 AktG. Ein Nachteil kann insbesondere auch dann vorliegen, wenn sich das Vermögen der beherrschten Gesellschaft gar nicht verringert.19 Als Beispiele aus der Rechtsprechung werden in diesem Zusammenhang der Einfluss auf die Personalpolitik der abhängigen Gesellschaft durch die „Abordnung“ von Vorstandsmitgliedern20 oder der Entzug von Geschäftschancen21 genannt.22 Erst recht ist nicht erforderlich, dass sich der Nachteil bilanziell niederschlagen muss.23 Das richtige Verständnis der beiden Regime erschließt sich, wenn man nach den aus einer Maßnahme konkret resultierenden Nachteilen differenziert:24 Sofern es um die mit der Darlehensausreichung bzw. Sicherheitenbestellung verbundene Übernahme des Insolvenzrisikos geht, so stellt diese im Falle eines vollwertigen Rückzahlungs- bzw. Rückgriffsanspruchs keinen Nachteil dar. Die Richtigkeit dieser Überlegung ergibt sich zum einen daraus, dass die AG, würde man die Darlehensausreichung als Nachteil ansehen, ohnehin nur einen (zeitlich gestreckten) Nachteilsausgleich (bzw. einen dahingehenden Anspruch) nach § 311 Abs. 2 AktG erhalten würde.25 Wenn das Gesetz die Gewährung eines (mit dem Insolvenzrisiko des herrschenden Unternehmens belasteten) Anspruchs als Nachteils17 Kropff, NJW 2009, 814 (815); Wilhelmi, WM 2009, 1917 (1918); vgl. auch Koch, in: Hüffer / Koch, AktG, § 311 Rn. 1. 18 Kropff, NJW 2009, 815 (815); vgl. auch Wilhelmi, WM 2009, 1917 (1918); a. A. Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 46 Rn. 19. 19 Habersack, in: Emmerich / Habersack, KonzernR, § 311 AktG Rn. 51. 20 OLG Stuttgart, AG 1979, 200 (200, 202). 21 OLG Köln, ZIP 2009, 1469 (1472). 22 Weitere Beispiele bei Habersack, in: Emmerich / Habersack, KonzernR, § 311 AktG Rn. 51. 23 Dies ist allerdings aufgrund des in § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG normierten „Deckungsgebotes“ auch für § 57 AktG nicht erforderlich; unzutreffend deshalb Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 46 Rn. 19: „[…] ein nachteiliges Rechtsgeschäft [ist] grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn es eine negative bilanzielle Auswirkung hat“. 24 Diese Differenzierung nimmt auch der BGH hinsichtlich der Verzinsung vor, indem er feststellt, dass ein durch eine fehlende Verzinsung entstehender Nachteil „ein anderer [ist] als derjenige eines die gesamte Darlehenssumme ergreifenden, nicht ausgleichsfähigen Kreditrisikos“, BGHZ 179, 71 (80 Rn. 17) („MPS“); zust. Habersack, ZGR 2009, 347 (359 f.); ablehnend Wackerbarth, Der Konzern 2010, 337 (343). 25 BGHZ 179, 71 (77) („MPS“) unter Verweis auf Habersack / Schürnbrand, NZG 2004, 689 (693); zustimmend Habersack, ZGR 2009, 347 (357 f.).
A. Faktischer Konzern201
ausgleich ansieht, so kann die Begründung eines solchen kein Nachteil i. S. v. § 311 AktG sein.26 Daneben ist die Übernahme des Insolvenzrisikos auch genau das von § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG erfasste und unter Wahrung des Vollwertigkeitsgebots erlaubte Risiko, sodass es widersprüchlich wäre, wenn eine nach § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG zulässige Sicherheitenbestellung bzw. Darlehensgewährung einen Nachteil nach § 311 ff. AktG darstellen würde.27 Aus der Parallele zu § 57 AktG ergibt sich gleichzeitig, dass auch die spätere Inanspruchnahme der Sicherheit keinen Nachteil begründen kann, sofern der Rückgriffsanspruch zum Bestellungszeitpunkt vollwertig war. Insofern ist auch hier die Parallele zum Ausfall des Gesellschafters als Darlehensschuldner zu ziehen. Dazu hat der BGH im MPSUrteil festgestellt: „Erscheint dagegen aus der hier allein maßgeblichen ex-ante-Perspektive die Forderung als vollwertig bzw. ein Forderungsausfall unwahrscheinlich, handelt es sich um ein in dieser Hinsicht nicht nachteiliges Rechtsgeschäft auch dann, wenn es später wider Erwarten doch zu einem Forderungsausfall kommt“28. Demnach macht bei Vorliegen eines vollwertigen Rückgriffsanspruchs auch die Inanspruchnahme der Sicherheit die Sicherheitengewährung nicht nachteilig. Daneben kann es aber noch weitere Nachteile geben, die im Falle der Sicherheitenbestellung auftreten können. Nach einer verbreiteten Ansicht soll ein Nachteil vorliegen, wenn die Gesellschaft den besicherten Gegenstand nicht mehr oder nur noch nachrangig als Sicherheit für ihre eigenen Verbindlichkeiten verwenden kann.29 Sofern das herrschende Unternehmen eine angemessene Avalprovision zahlt, soll dieser Nachteil jedoch kompensiert werden können.30 Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Letztlich unterscheidet sich diese Situation nicht von derjenigen beim aufsteigenden Darlehen, da auch die Zinszahlung eine Kompensation für die fehlende Nutzungsmöglichkeit des überlassenen Kapitals darstellt und ihr fehlen einen Nachteil begründen kann. Auch in Bezug auf diesen Nachteil weichen die Anforderungen von § 311 AktG nicht von denjenigen des § 57 AktG ab, da eine fehlende Avalprovision bzw. Darlehensverzinsung eine verbotene Einlagenrückgewähr darstellt.31 Wackerbarth, Der Konzern 2010, 337 (342). 179, 71 (77) („MPS“). 28 BGHZ 179, 71 (78 Rn. 13) („MPS“). 29 Habersack, in: Emmerich / Habersack, KonzernR, § 311 AktG Rn. 47c; Leuering / Goertz, in: Hölters, AktG, § 311 Rn. 63. 30 Leuering / Goertz, in: Hölters, AktG, § 311 Rn. 64. 31 Dies gilt insbesondere auch für Darlehen von weniger als einem Jahr, die aus Vereinfachungsgründen bilanziell nicht abgezinst werden, siehe dazu § 3 C. II. 3 c). 26 A. A.
27 BGHZ
202
§ 7 Konzernrechtliche Aspekte
Allerdings kann eine Avalprovision nicht immer die fehlende Nutzungsmöglichkeit des Sicherungsgutes kompensieren. Zu denken ist hier insbesondere an Konstellationen, die aus dem Bereich der Existenzvernichtungshaftung bekannt sind.32 Etwa der Fall, dass die Gesellschaft durch die Sicherheitenbestellung die Nutzungsmöglichkeit am Sicherungsgut verliert, dieses jedoch für ihren Geschäftsbetrieb benötigt und deshalb Einnahmenausfälle erleidet. Daneben ist an den Fall zu denken, dass Dritte aufgrund der durch die Sicherheitenbestellung bedingten Bonitätsverschlechterung der Gesellschaft keinen Kredit mehr gewähren. Diese Konstellationen lassen sich nicht von § 57 AktG erfassen, stellen jedoch einen Nachteil i. S. v. § 311 AktG dar, der ausgeglichen werden muss. Festzuhalten bleibt deshalb, dass der Schutz vor den Auswirkungen einer Sicherheitenbestellung bei § 311 AktG weiter ist als bei § 57 AktG.
B. Vertragskonzern Vor Inkrafttreten des MoMiG war lange Zeit umstritten, ob die Kapitalerhaltungsvorschrift des § 30 Abs. 1 GmbHG im Vertragskonzern Anwendung findet. Während der BGH und mit ihm der überwiegende Teil des Schrifttums § 30 Abs. 1 GmbHG in dieser Situation für unanwendbar hielten, da über die Verlustausgleichspflicht aus § 302 AktG analog bereits ein ausreichender Schutz bestünde und Gläubigerinteressen zudem durch die Publizität des Beherrschungsvertrags im Handelsregister geschützt würden,33 hat die Gegenauffassung angeführt, der Schutz durch § 302 AktG analog müsse durch § 30 GmbHG ergänzt werden.34 Dieser Streit wurde mit der Einführung von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG durch den Gesetzgeber eindeutig zu Gunsten der bislang h. M. entschieden. Die Vorschrift erklärt nunmehr ausdrücklich, dass § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG nicht gilt, „bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktiengesetzes) erfolgen“. Durch diese Formulierung geht der Gesetzgeber sogar über die Rechtslage nach Ansicht der h. M. vor dem MoMiG hinaus.35 Die Norm verlangt ausweislich ihres Wortlauts („bei Bestehen“) nämlich nicht, dass die Leistung auf einer ausdrücklichen vertraglichen Weisung beruht, was zuvor aufgrund der analogen Anwendung von § 291 Abs. 3 AktG a. F. verlangt wurde.36 Zudem werden nach dem eindeutigen 32 Siehe
dazu bereits § 5 C. 103, 1 (10); Henze, WM 2005, 717 (722); Bayer / Lieder, ZGR 2005, 133 (152 f.); Habersack / Schürnbrand, NZG 2004, 689 (691); Fischer / Gasteyer, NZG 2003, 517 (520); Liebscher, GmbH-Konzernrecht, Rn. 735. 34 Dampf, Der Konzern 2007, 157 (169 f.); Peltzer, GmbHR 1995, 15 (17). 35 Diem, Akquisitionsfinanzierungen, § 46 Rn. 9. 33 BGHZ
B. Vertragskonzern203
Wortlaut auch bei Bestehen eines isolierten Gewinnabführungsvertrages alle Leistungen und nicht nur die Abführung von Gewinn von einer Prüfung am Maßstab des § 30 Abs. 1 GmbHG ausgenommen.37 Nach Einführung des MoMiG umstritten ist allerdings das Verhältnis von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 und Alt. 2 GmbHG. Dreh- und Angelpunkt der Problematik ist die Frage, ob das Vollwertigkeitserfordernis aus Alt. 2 auch auf den Verlustausgleichanspruch aus § 302 AktG angewendet werden muss. Die wohl h. M. spricht sich dafür aus.38 Das Vollwertigkeitserfordernis aus § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG sei mittels teleologischer Reduktion in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG hineinzulesen.39 Die Konsequenz dessen wäre, dass die Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit im Vertragskonzern nur möglich wäre, wenn der Verlustausgleichsanspruch gegen den Gesellschafter vollwertig ist. Ist er es nicht, so griffe § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG nicht ein, sodass die Bestellung bei Herbeiführung oder Bestehen einer Unterbilanz einen Verstoß gegen den („wiederauflebenden“) § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG zur Folge hätte. Die Gegenauffassung40 hält dieses Ergebnis für verfehlt und führt an, dass bei einer derartigen teleologischen Reduktion von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG der dort geregelten Ausnahme so gut wie kein eigener Anwendungsbereich zukäme.41 Hätte der Reformgesetzgeber die Vollwertigkeit des Verlustausgleichs verlangt, hätte dies ohne weiteres klargestellt werden können; stattdessen habe er lediglich das Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages gefordert.42 Vor Inkrafttreten des MoMiG wurde der Wortlaut von § 291 Abs. 3 AktG a. F. für das Erfordernis der Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs angeführt. Die Norm nahm Leistungen vom Maßstab des § 57 AktG aus, sofern sie „aufgrund eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages erfolgten“. Dies sollte gerade nicht der Fall sein, wenn der Leistung eine verbotswidrige Weisung zugrunde lag, wobei die Verbotswidrigkeit der 36 § 291 Abs. 3 AktG nahm bis 1.11.2008 Leistungen „auf Grund eines Beherrschungs- oder eines Gewinnabführungsvertrages“ von § 57 AktG aus. Siehe dazu Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 86. 37 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 88; zum praktischen Hintergrund vor Inkrafttreten des MoMiG Drygala / Kremer, ZIP 2007, 1289 (1295). 38 Altmeppen, ZIP 2009, 49 (55 f.); ders., NZG 2010, 361 (364); Blasche / König, GmbHR 2009, 897 (902); Undritz / Degenhardt, NZI 2015, 348 (352); Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 75. 39 Tasma, Gläubigerschutz, S. 268; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 75. 40 Ekkenga, in: MüKo, GmbHG, § 30 Rn. 270; Greitemann / Diers, in: Saenger / Imhester, GmbHG, § 30 Rn. 101; Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 89; Winkler / Becker, ZIP 2009, 2361 (2366). 41 Winkler / Becker, ZIP 2009, 2361 (2366). 42 Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 89.
204
§ 7 Konzernrechtliche Aspekte
Weisung sich aus der mangelnden Ausgleichsfähigkeit des herrschenden Unternehmens ableiten lassen sollte.43 Diese Argumentation lässt sich aufgrund des geänderten Wortlauts von § 291 Abs. 3 AktG nicht mehr aufrechterhalten.44 § 291 Abs. 3 AktG verlangt nunmehr ebenso wie § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG und § 57 Abs. 3 Alt. 1 AktG lediglich das „Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages“. Allerdings wird man dem Gesetzgeber wohl nicht unterstellen können, durch die Neuregelung die GmbH im Vertragskonzern schlechter stellen zu wollen als vor dem MoMiG. Zu folgen ist deshalb der Auffassung, die für das Eingreifen von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruchs verlangt. Hierfür spricht zunächst, dass es bereits vor Inkrafttreten des MoMiG der h. M. entsprach, auf eine Anwendung von § 30 Abs. 1 GmbHG im Vertragskonzern nur zu verzichten, sofern der Verlustausgleichanspruch aus § 302 AktG analog vollwertig ist.45 Eine eindeutige Abkehr von dieser Auffassung lässt sich weder den Gesetzesmaterialien noch dem jetzigen Gesetzeswortlaut entnehmen. Letztlich ging es dem Gesetzgeber bei der Einführung der Ausnahmetatbestände für Unternehmensverträge primär darum, isolierte Gewinnabführungsverträge vom Verbot auszunehmen, da diese nach vorheriger Rechtslage nur hinsichtlich des abgeführten Gewinns vom Maßstab des Kapitalerhaltungsrechts ausgenommen waren.46 All dies deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber für den Vertragskonzern lediglich eine klarstellende Regelung treffen wollte, ohne an dem von der h. M. Meinung anerkannten Vollwertigkeitserfordernis etwas zu ändern. Zudem spricht auch der Telos des Vertragskonzernprivilegs für das Vollwertigkeitserfordernis. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbH normiert die Nichtanwendung von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbH nur aufgrund der Tatsache, dass mit § 302 AktG analog ein zeitlich gestreckter Ausgleich erfolgt. Es ist deshalb nur konsequent, zu verlangen, dass dieser Ausgleich auch vollwertig sein muss, da die Gesellschaft ansonsten schutzlos stünde und die Kompensation, die die Nichtanwendung von § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG rechtfertigt, der Gesellschaft gerade nicht zufließen wird.47 Die Ratio, dass ein zeitlich gestreckter Ausgleich nur bei Vollwertigkeit eines entsprechenden Anspruchs zulässig ist, liegt schließlich auch § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbH zugrunde.48 die AG: Koppensteiner, in: KöKo, AktG, § 291 Rn. 107 m. w. N. Gläubigerschutz, S. 267 f. 45 Lutter, ZGR 1986 (Sonderheft 6), 192 (200); Oetker, KTS 1991, 521 (539), Habersack / Schürnbrand, NZG 2004, 689 (691). 46 Drygala / Kremer, ZIP 2007, 1289 (1295 f.). 47 Vgl. Tasma, Gläubigerschutz, S. 269 f. 48 Tasma, Gläubigerschutz, S. 270 f. 43 Für
44 Tasma,
B. Vertragskonzern205
Daneben trifft das Argument der Gegenauffassung, § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG verbliebe kein eigener Anwendungsbereich, nicht zu. Zutreffend weist Tasma darauf hin, dass dem Ausnahmetatbestand in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG durchaus der folgende eigene Anwendungsbereich verbleibt:49 Führt die voraussichtliche Nichtrückzahlung eines Darlehens oder die wahrscheinliche Inanspruchnahme aus einer aufsteigenden Sicherheit nicht zu einem Jahresfehlbetrag bei der beherrschten Gesellschaft, so entsteht kein Verlustausgleichsanspruch, der nach § 302 AktG zu erstatten wäre. Ist dies bereits im Zeitpunkt des in Rede stehenden Austauschgeschäftes zwischen Gesellschaft und Gesellschafter abzusehen, muss auch die Vollwertigkeit des Verlustausgleichsanspruches nicht geprüft werden. Ein solcher besteht ja gerade nicht. In diesem Fall muss sich die Darlehensgewährung bzw. Sicherheitenbestellung wegen § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GmbHG folglich nicht an § 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG messen lassen, auch wenn Sie im Stadium der Unterbilanz erfolgt oder eine solche herbeiführt. Aus diesen Gründen ist auch nach Inkrafttreten des MoMiG weiterhin die Vollwertigkeit des Verlustausgleichanspruchs im Zeitpunkt der Darlehnsvalutierung bzw. Sicherheitenbestellung zu fordern. Die Vollwertigkeit richtet sich dabei nach dem Maßstab von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG.50
49 Tasma, 50 Tasma,
Gläubigerschutz, S. 272. Gläubigerschutz, S. 270; Verse, in: Scholz, GmbHG, § 30 Rn. 75.
§ 8 Würdigung und Reformbedarf A. Recht der GmbH I. Gläubigerschutzlücke durch Sicherheitenbestellung als „bilanzielles U-Boot“ Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Gewährung einer aufsteigenden Sicherheit immer dann aus kapitalschutzrechtlicher Sicht unproblematisch ist, wenn der Gesellschafter im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung wirtschaftlich leistungsfähig ist. Dann ist die Inanspruchnahme aus der Sicherheit im Bestellungszeitpunkt nicht überwiegend wahrscheinlich oder es kann ein vollwertiger Rückgriffsanspruch die zu bildende Rückstellung kompensieren. Die Bestellung der Sicherheit stellt solchenfalls weder eine verbotene Auszahlung im Sinne von § 30 GmbHG dar1 noch lässt sich der Gesellschafter nach den Grundsätzen über die Existenzvernichtungshaftung in Anspruch nehmen,2 wenn es später zu einer Inanspruchnahme kommt. Auch eine Haftung des Geschäftsführers3 nach § 64 S. 3 GmbHG oder § 43 Abs. 2 und Abs. 3 GmbHG lässt sich unter Anknüpfung an die Sicherheitenbestellung in diesem Fall nicht begründen. Im Bestellungszeitpunkt geht jedoch das Insolvenzrisiko des Gesellschafters auf die Gesellschaft über. Die Gesellschaft hat (von Ausnahmefällen abgesehen4) keine Möglichkeit mehr, die Inanspruchnahme der Sicherheit abzuwenden, wenn sich die Solvenz des Gesellschafters verschlechtert. Das geltende Recht setzt für den Gläubigerschutz nach der Bestellung ausschließlich auf die nachträgliche Überwachung durch den Geschäftsführer. Dieser hat die Vermögenssituation des Gesellschafters zu beobachten, Informationen von diesem einzuholen und ggf. den der Gesellschaft zustehenden Freistellungsanspruch geltend zu machen. Allerdings ist dieser Schutz unter Präventionsgesichtspunkten nicht effektiv. Selbst ein pflichtgemäß handelnder Geschäftsführer wird in vielen Fällen die Folgen einer Inanspruchnahme 1 Siehe
dazu § 3 B. II. 1. und § 3 C. dazu § 5 C. 3 Siehe dazu § 6 A. und B. 4 Sofern die hohen Anforderungen des BGH an die Sittenwidrigkeit erfüllt sind, kommt eine Nichtigkeit der Sicherheitenbestellung nach § 138 BGB in Betracht, siehe dazu § 4 A II. 1. 2 Siehe
A. Recht der GmbH207
der Sicherheit allenfalls minimal abschwächen können, ohne an der Insolvenzfolge etwas ändern zu können. Dies ergibt sich daraus, dass die wirtschaftliche Schieflage des Gesellschafters die Situation einer (drohenden) Inanspruchnahme erst herbeigeführt hat. Deshalb wird auch ein vom Geschäftsführer geltend zu machender Freistellungsanspruch kaum Abhilfe schaffen können.5 Ebenso wie bei der Sicherheitenbestellung übernimmt die Gesellschaft bei der Auskehr eines Darlehens das Insolvenzrisiko des Gesellschafters. Der einzige Unterschied besteht darin, dass sich das Insolvenzrisiko beim Darlehen dadurch realisiert, dass der Rückzahlungsanspruch wertlos wird, während bei aufsteigenden Sicherheiten die Inanspruchnahme aus der Sicherheit erfolgt. Letzteres erscheint zunächst aufgrund des damit verbundenen unmittelbaren Eingriffs in das Vermögen der Gesellschaft intensiver, bei näherem Hinsehen jedoch können beide Situationen für die Gesellschaft verheerende Folgen haben. Es kann keinen Unterschied machen, ob die Gesellschaft einen wertvollen Aktivposten (den Darlehensrückzahlungsanspruch) verliert oder eine neue Verbindlichkeit (etwa der Anspruch des Gesellschaftergläubigers aus einer aufsteigenden Bürgschaft) passiviert werden muss. Der Gesetzgeber hat diese Konsequenzen beim Darlehen ausdrücklich und nach der hier vertretenen Ansicht mittelbar auch bei der Sicherheitenbestellung zugunsten der Lösung in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG hingenommen.6 Dennoch kann eine Gläubigerschutzlücke durch das bestehende System nicht geleugnet werden.7 Der Gesellschaft wird das Insolvenzrisiko des Gesellschafters aufgebürdet, das nur zum Bestellungs- bzw. Auszahlungszeitpunkt effektiv (weil präventiv) punktuell überprüft werden kann.8 Hiergegen lässt sich auch nicht anführen, dass sich eine Verbindlichkeit gegenüber einem Gesellschafter nicht von derjenigen gegenüber einem Dritten unterscheidet und die Gläubiger insofern nicht schutzbedürftig sind.9 Entscheidend ist nämlich, dass die Gesellschaft das Insolvenzrisiko des Gesell5 Siehe
dazu bereits § 5 D. III. verweist der Gesetzgeber darauf, dass die spätere Verschlechterung der Vermögenssituation des Gesellschafters mit der damit verbundenen bilanziellen Abwertung des Rückzahlungsanspruchs keine (erneute) Auszahlung zur Folge haben soll, siehe Begr. RegE MoMiG, BT-Drucks. 16 / 6140, S. 41. 7 Kritisch auch Bayer, in: MüKo, AktG, 3. Aufl. 2008, § 57 Rn. 111; Bayer / Lieder, GmbHR 2006, 1121 (1123 ff.). 8 Ebenso Bayer / Lieder, GmbHR 2006, 1121 (1123 ff.), die zutreffend von einer Verlagerung des „Prognoserisikos“ sprechen. 9 In diese Richtung Drygala, ZGR 2006, 587 (628). 6 Insbesondere
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schafters gerade mit Rücksicht auf die bestehende Gesellschafterstellung übernommen hat.10 Gerade die Umstände der Anspruchsentstehung und nicht der Anspruch selbst unterscheiden sich deshalb von denen eines „normalen“ Gläubigergeschäfts. Gerade diese „Sonderbehandlung“ des Gesellschafters klammert das bestehende Kapitalschutzsystem jedoch aus. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass im Rahmen des Vollwertigkeitserfordernisses von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG etwaige „Klumpenrisiken“ nicht berücksichtigt werden.11 Mit der Bestellung der aufsteigenden Sicherheit „reserviert“ sich der Gesellschafter mittelbar einen Teil des Gesellschaftsvermögens, ohne dass dies – seine Solvenz im Bestellungszeitpunkt vorausgesetzt – kapitalerhaltungsrechtlich erfasst werden könnte. Der folgende Teil der Arbeit untersucht Lösungsmöglichkeiten für die identifizierte Gläubigerschutzlücke bei der Übernahme des Gesellschafterinsolvenzrisikos durch die Gesellschaft. Begonnen werden soll mit einem Vergleich mit dem Recht der englischen Limited, bevor in der gebotenen Kürze verschiedene diskutierte Reformvorschläge untersucht werden. Eine umfängliche Analyse verschiedener Kapitalschutzsysteme würde freilich den Rahmen dieser Arbeit sprengen, weshalb insofern auf einschlägige Untersuchungen verwiesen sei.12
II. Vergleich mit dem Recht der englischen Limited (Ltd.) Die Rechtsform der private company limited by shares (Ltd.) hat in den vergangenen Jahren in Deutschland vermehrt Aufmerksamkeit erfahren. Dies ist vor allem auf die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit zurückzuführen.13 Nach Einführung der UG (haftungsbeschränkt) durch das MoMiG steht nun auch eine Gesellschaftsform ohne erhebliches Mindestkapital nach deutschem Recht zur Verfügung, wodurch die Debatte um die Ltd. in Deutschland merklich „an Fahrt verloren“ hat.14 Ein Rechtsvergleich ist für die vorliegende Arbeit dennoch aus zwei Gesichtspunkten heraus potentiell erfolgversprechend. Zum einen könnten die Regelungen des englischen Gesellschaftsrechts, sofern sie das Problem der Insolvenzrisikoübernahme aus Gläubigersicht besser lösen, Modellcharakter für das deutsche Gesellschaftsrecht haben. Zum anderen stellt die Ltd. auf10 Bayer,
in: FS Lutter, S. 1011 (1021). dazu § 3 C. II. 3. d). 12 Z. B.: Krapf / Schürmann, Solvenzest; Marx, Solventest; Janssen, Bilanzorientierte Kapitalerhaltung oder Solvenztest. 13 Siehe dazu Habersack / Verse, Europ. Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 11 ff. 14 Just, Limited, Rn. 2. 11 Siehe
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grund der Rechtsprechung des EuGH eine echte Alternative für deutsche Unternehmen dar. Sollte sich durch die Untersuchung herausstellen, dass das englische Gesellschaftsrecht die Problematik der Insolvenzrisikoübernahme ähnlich handhabt wie das deutsche Recht, müsste im Zuge der Reformdebatte die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Gesellschaftsrechts beachtet werden. 1. Grundlagen des englischen Kapitalgesellschaftsrechts und Relevanz der Ltd. Das englische Gesellschaftsrecht entspringt dem common law und war dementsprechend ursprünglich stark durch Richterrecht geprägt.15 Schon seit längerem ist das Gesellschaftsrecht jedoch eines der Teilgebiete des englischen Rechts, dessen Rechtsquelle primär das kodifizierte Recht ist.16 Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass die Umsetzung europäischer Richtlinien eine Kodifikation erfordert, zum anderen ist der englische Gesetzgeber aus Gründen der Rechtssicherheit und Vereinheitlichung dazu übergegangen, ursprünglich dem common law entspringende richterrechtliche Regeln in das geschriebene Recht aufzunehmen.17 Primäre Rechtsquelle des englischen Gesellschaftsrechts ist der Companies Act 2006. Der regulatorische Ansatz dieses Gesetzes unterscheidet sich dabei von dem des deutschen Kapitalgesellschaftsrechts. Während in Deutschland mit dem AktG und dem GmbHG jeweils separate Gesetzbücher für die wichtigsten Gesellschaftsformen geschaffen wurden, geht der Companies Act 2006 von einer einheitlichen Gesellschaftsform aus.18 Jedoch differenziert das Gesetz zwischen private company und public company sowie zwischen der Art der Haftungsbeschränkung. Letztere kann entweder durch Anteile (shares) erfolgen oder durch eine Garantiesumme (guarantee).19 Während companies limited by guarantee vor allem Bedeutung für Gesellschaften zukommt, die nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind, ist die Haftungsbeschränkung durch shares in der Praxis sehr bedeutsam.20 Besonders sticht die private company limited by shares (Ltd.) hervor, da diese Rechtsform 92,7 % der im Vereinigten Königreich insgesamt 15 Just,
Limited, Rn. 15. GmbHR 2007, 254. 17 Ein gutes Beispiel stellen die Geschäftsleiterpflichten (director’s duties) dar, die nun in Sections 170 et seq. CA 2006 geregelt sind. 18 Just, Limited, Rn. 11. 19 Weiterhin regelt der CA 2006 die in der Praxis wenig bedeutsame unlimited company, für die keine Haftungsbeschränkung gilt. 20 Just, Limited, Rn. 12. 16 Tal,
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registrierten Gesellschaften ausmacht.21 Nicht zuletzt aufgrund der enormen Verbreitung dieser Rechtsform lohnt sich also ein Blick in das Recht der Ltd. 2. Aufsteigende Sicherheiten im Kapitalerhaltungsrecht der Ltd. Im Gegensatz zur GmbH gibt es bei der Ltd. keine Vorgaben zum Mindestkapital.22 Auch die Kapitalaufbringung unterliegt deutlich geringeren Anforderungen als im deutschen Recht. So können unproblematisch Dienstleistungen als Sacheinlage erbracht werden.23 Dem Kapitalschutzrecht kommt insgesamt eine deutlich geringere Bedeutung zu als im deutschen Recht. Erreicht werden soll der Gläubigerschutz im englischen Recht primär durch insolvenzrechtliche Haftungstatbestände für Geschäftsleiter, wie beispielsweise die Haftung wegen wrongful trading. Nichtsdestotrotz gilt auch im englischen Gesellschaftsrecht seit der grundlegenden Entscheidung Trevor v Whitworth der Grundsatz der Kapitalerhaltung (capital maintenance).24 In dieser Entscheidung stellte das House of Lords fest, das englische Gesellschaftsrecht verbiete „every transaction between a company and a shareholder, by means of which the money already paid to the company in respect of his shares is returned to him, unless the Court has authorized the transaction.“ Das Prinzip der Kapitalerhaltung hat sich seit dieser Entscheidung allerdings in mehrere verwandte, aber in der Literatur separat diskutierte Teilbereiche aufgespalten: Verboten ist zunächst grundsätzlich der Erwerb eigener Aktien (share buy-back), da ansonsten die Vorschriften über die Kapitalherabsetzung umgangen würden.25 Daneben zählt zur Kapitalerhaltung ebenfalls das Verbot von financial assistance und die Wahrung der Vorschriften über die Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen (distributions to shareholders). Während share buy-backs für die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit aufsteigender Sicherheiten von untergeordneter Bedeutung sind, müssen die Regeln über financial assistance und die Vorschriften über Ausschüttungen näher untersucht werden. 21 Im August 2016 waren ca. 3,5 Millionen der insgesamt registrierten ca. 3,8 Millionen Gesellschaften private companies limited by shares (Quelle: Companies House Website). 22 Heinz / Hartung, Limited, 9. Kapitel, Rn. 1. 23 Heinz / Hartung, Limited, 9. Kapitel, Rn. 22; näher zur Kapitalaufbringung bei der Limited siehe Heinz / Hartung, Limited, 9 Kapitel, Rn. 22 ff. 24 [1887] 12 App Cas 409, HL, 423-4. 25 Sec. 658 CA 2006; für die limited Company ist dieses Verbot allerdings deutlich weniger streng, siehe Sec. 690 ff. CA 2006.
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a) Financial Assistance Die Debatte um aufsteigende Sicherheiten im englischen Recht wurde zunächst dominiert durch das Verbot von financial assistance und das Interesse der Praxis an LBO-Transaktionen.26 Bis zur Reform durch die Einführung des Companies Act 2006 galt auch für limited companies ein umfassendes Verbot der financial assistance,27 das im Folgenden kurz umrissen werden soll. Vom Verbot waren sowohl direkte Unterstützungshandlungen zugunsten des Erwerbers als auch indirekte Unterstützungshandlungen zugunsten von dessen Tochtergesellschaften erfasst. Financial assistance ist dabei sehr weit definiert und beinhaltet Schenkungen, Garantien oder sonstige Sicherheiten und Haftungsfreistellungen, Darlehen oder darlehensähnliche Abreden sowie jegliche Unterstützung durch eine vermögenslose Gesellschaft („company [that] has no net assets“) oder eine Gesellschaft, deren Vermögen durch die Unterstützung in erheblicher Weise („to a material extend“) gemindert wird.28 Allerdings gab es bestimmte, eng begrenzte Ausnahmetatbestände, bei deren Vorliegen financial assistance als rechtmäßig angesehen werden konnte. Hierzu zählten beispielsweise die Auszahlung von Dividenden und Auszahlungen im Rahmen der Liquidation,29 nach ordnungsgemäßer Herabsetzung des Gesellschaftskapitals30 sowie in Form der Ausgabe von Gratisaktien31. Eine verbotene Unterstützungshandlung sollte auch dann nicht vorliegen, wenn die Handlung nicht die Unterstützung als Hauptzweck (principal purpose) hatte oder der Anteilserwerb nur nebensächlicher Teil eines größeren Zwecks (larger purpose) wie einer Unternehmensrestrukturierung war.32 Für diese Ausnahmen musste die Unterstützungshandlung zudem in gutem Glauben (good faith) erfolgen und im Interesse der Gesellschaft (interest of the company) liegen.33
26 Zur historischen Entwicklung dieses Verbots im englischen Recht siehe bereits § 4 IV. 1. 27 Vormals sec. 151 CA 1985; jetzt sec. 678 (1) CA 2006; zur Rechtslage vor dem CA 2006 siehe Tal, GmbHR 2007, 254 (255 f.). 28 Vormals sec. 152 (1) CA 1985; jetzt sec. 677 (1) CA 2006. 29 Vormals sec. 153 (3a) CA 1985; jetzt sec. 681 (2a) CA 2006. 30 Vormals sec. 153 (3), 137 CA 1985; jetzt sec. 681 (2a) CA 2006. 31 Vormals sec. 153 (3b) CA 1985; jetzt sec. 681 (2b) CA 2006. 32 Vormals sec. 153 (1, 2) CA 1985; jetzt sec. 678 (2, 4) CA 2006; diese Ausnahme wurde jedoch von den Gerichten sehr eng interpretiert, vgl. Brady v Brady [1988] 2 All ER 617. 33 Vormals sec. 153 (1b).
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Daneben kam in der Praxis der sog. whitewash-procedure große Bedeutung zu.34 Nach diesem aufwändigen, nur für die Ltd. verfügbaren Verfahren war die Unterstützung zulässig, sofern das Vermögen (net assets) der Gesellschaft entweder überhaupt nicht oder nur um den verteilungsfähigen Gewinn (distributable profits) gemindert wurde. Daneben war eine Zustimmung der Gesellschafter mit qualifizierter Mehrheit (special resolution) erforderlich. Zudem mussten die directors der Gesellschaft eine umfangreiche, von den Gesellschaftsprüfern bestätigte Erklärung abgeben, die neben einer detaillierten Beschreibung der financial assistance unter anderem die Versicherung beinhaltete, dass die Gesellschaft nach Vornahme der Unterstützungshandlung mindestens ein Jahr in der Lage sein werde, ihre fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen („[…]will be able to pay its debts as they fall due during the year immediately following […]“). Sofern die directors eine solche Erklärung ohne vernünftige Gründe (reasonable grounds) abgaben, drohte ihnen sogar eine Strafbarkeit.35 Aufgrund des mit der whitewash-procedure verbundenen Verwaltungsaufwands sowie der großen Haftungsrisiken für directors, waren die Transaktionskosten für financial assistance bei der Ltd. enorm hoch, was insbesondere dem Private-Equity-Sektor missfiel.36 Unter anderem deshalb wurde im Rahmen der Reform des Gesellschaftsrechts durch den Companies Act 2006 das Verbot von financial assistance für die Ltd. vollständig aufgehoben.37 Die Initiative für diese Liberalisierung geht zurück auf ein Konsultationspapier der Company Law Review Steering Group.38 In ihrem Bericht bezweifelt die Steering Group, dass ein derart weitreichendes Verbot von financial assistance zum Schutz der Gesellschaft nötig ist, und stellt heraus, dass ein Schutz der Gesellschaft vor derartigen Maßnahmen vor allem in Krisen- und Insolvenzzeiten geboten ist. Allerdings würden in diesen Phasen bereits verschärfte Geschäftsführerpflichten (director’s duties) sowie die Vorschriften zur Insolvenzverschleppungshaftung greifen (fraudulent and wrongful trading). Dieser Reformvorschlag konnte sich schließlich durchsetzen und führte zur vollständigen Aufhebung des Verbotes von financial assistance für pri34 Vormals sec. 155–158 CA 1985; siehe dazu auch Tal, GmbHR 2007, 254 (256). 35 Vormals sec. 156 (7) CA 2006. 36 Tal, GmbHR 2007, 254 (256). 37 Eine komplette Aufhebung des Verbots auch für die public company ist aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben nicht möglich. 38 Company Law Review Steering Group, Deveoping the Framework, 7.18–7.25; bereits Anfang der 90er Jahre wurden Stimmen laut, das Verbot von financial assistance zu lockern, konnten sich jedoch nicht durchsetzen, da eine umfassende Reform des Gesellschaftsrechts beschlossen wurde (Just, BKR 2004, 3 (3)).
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vate companies. Lediglich für den Fall, dass die private company eine Tochtergesellschaft einer public company ist und den Erwerb von Anteilen an dieser unterstützt, gilt das Verbot noch.39 Allgemein wird deshalb davon ausgegangen, dass die Gewährung aufsteigender Sicherheiten durch eine Ltd. im Rahmen von LBO-Transaktionen nach der Reform unter erleichterten Bedingungen möglich ist.40 Allerdings ist die Aufhebung des Verbotes von financial assistance für die Ltd. nicht gleichzusetzen mit einem „Freifahrtschein“ für die Gewährung von aufsteigenden Sicherheiten in LBO-Situationen. Vielmehr gilt es, die rechtlichen Grenzen für Ausschüttungen an Gesellschafter und die Haftung der directors zu untersuchen, die außerhalb von Akquisitionssachverhalten bereits vor der Reform durch den Companies Act 2006 den recht lichen Rahmen für die Gewährung von aufsteigenden Sicherheiten dominierten. b) Aufsteigende Sicherheit als hidden profit distribution Rechtliche Grenzen für die Gewährung aufsteigender Sicherheiten durch eine Ltd. setzen die Vorschriften über Ausschüttungen (distributions), geregelt in Sec. 829 bis 853 CA 2006. aa) Allgemeines zum Recht der verdeckten Gewinnausschüttung Nach Sec. 829 CA 2006 darf eine Gesellschaft Ausschüttungen lediglich aus für diesen Zweck zur Verfügung stehenden Gewinnen machen (profits available for the purpose). Dieser berechnet sich aus dem realisierten Gewinn (realised profit) abzüglich der realisierten Verluste (realised losses).41 Berechnungsgrundlage hierfür ist (ebenso wie im GmbH-Recht) die Bilanz der Gesellschaft.42 Ausgeschüttet werden darf somit nur der Bilanzgewinn, wodurch die Norm eine Parallele zu § 57 Abs. 3 AktG aufweist.43 39 Sec. 678 (1) CA 2006; Fallbeispiele bei Heinz / Hartung, Limited, 9. Kapitel, Rn. 79. 40 Just, BKR 2004, 3 (10): „[…] erhebliches Maß mehr an Flexibilität ermöglicht als bei der Heranziehung einer deutschen GmbH als Zielgesellschaft“; Tal, GmbHR, 2007, 254 (257): „Insbesondere die Buy Out Praxis wird hiervon profititieren können“. 41 Näher zur Berechnung des ausschüttungsfähigen Gewinns Ferran / Ho, Corporate Finance, S. 215. 42 Sec 836 (1) CA 2006: „Whether a distribution may be made by a company without contravening this Part is determined by reference to the following items as stated in the relevant accounts [Herv. durch Verf.]“. 43 Gräfe, Gläubigerschutz bei der Ltd., S. 88.
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Hat eine Gesellschaft keinen ausschüttungsfähigen Gewinn, dürfen keine Zuwendungen an Gesellschafter erfolgen. Ebenso wie im deutschen Recht sind Zuwendungen dabei nicht auf Geldleistungen beschränkt.44 Die Rechtsprechung hat zudem Regeln für verdeckte Gewinnausschüttungen entwickelt. Die wohl wichtigste Entscheidung ist in diesem Zusammenhang Aveling Barford Ltd. v Perion Ltd.45 In diesem Fall übertrug eine Gesellschaft, die über keinen ausschüttungsfähigen Gewinn verfügte, einen Vermögensgegenstand zum weit unter dem Marktwert liegenden Buchwert an eine Schwestergesellschaft. Das Gericht wertete diesen Vorgang als verbotene Ausschüttung zugunsten des Alleingesellschafters beider Gesellschaften. Die Entscheidung rief große Unsicherheit in der Praxis hervor. Als problematisch wurde insbesondere die Unklarheit in Bezug auf die Frage angesehen, ob die aufgestellte Regel auch dann gelten soll, wenn die Gesellschaft zwar über ausschüttungsfähigen Gewinn verfügt, dieser allerdings nicht die Differenz zwischen Buch- und Marktwert deckt.46 Die Problematik erinnert an die von Thole entwickelte Auffassung zu § 30 GmbHG, nach der eine verbotene Auszahlung bereits dann vorliegt, wenn der durch die Auszahlung entstandene reale Vermögensabfluss nicht von der Stammkapitalziffer gedeckt ist.47 Der englische Gesetzgeber sah sich aufgrund der entstandenen Unsicherheit veranlasst, die bis dahin richterrechtliche Reglung über unausgeglichene Austauschgeschäfte einer Normierung in Sec. 845 Abs. 2 CA 2006 zuzuführen. Diese Vorschrift stellt nun klar, dass die Höhe der Ausschüttung an den Gesellschafter „null“ beträgt, sofern die Gesellschaft über ausschüttungsfähiges Vermögen verfügt und eine Gegenleistung wenigstens in Höhe des Buchwertes erbracht wurde. Ebenso wie im deutschen Recht hat sich auch im englischen Gesellschaftsrecht in diesem Punkt eine „bilanzielle Betrachtungsweise“ durchgesetzt. Erfolgt eine verbotene Ausschüttung, so knüpft das Gesetz hieran einen Rückgewähranspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter, sofern dieser wusste oder hätte wissen müssen (has reasonable grounds for believing), dass die Ausschüttung verbotswidrig erfolgt ist.48 Im Gegensatz zum deut44 Sec.
845 ff. CA 2006. Barford Ltd. v Perion Ltd [1989] BCLC 626. 46 Bicker, grenzüberschr. Konzergesellschaft, S. 94; Ferran / Ho, Corporate Finance, S. 228. 47 Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 578; siehe dazu bereits § 3 A. II. 48 Vgl. Sec. 847 CA 2006; neben der Haftung nach dem CA ist auch eine Haftung des Gesellschafters nach equity möglich, wofür allerdings ebenfalls Kenntnis oder Kennenmüssen erforderlich ist, siehe dazu Ferran / Ho, Corporate Finance, 45 Aveling
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schen GmbH-Recht (§ 31 Abs. 2 GmbHG) schließt die Gutgläubigkeit eine Haftung folglich vollständig aus. Allerdings ist es für die Bösgläubigkeit ausreichend, dass der Gesellschafter die Umstände kannte oder hätte erkennen können, die die Ausschüttung verbotswidrig machen, eine Kenntnis der rechtlichen Grenzen ist nicht erforderlich.49 Weniger eindeutig lässt sich die Frage nach der Haftung der directors beantworten. Grundsätzlich gilt im common law, dass directors für das Gesellschaftsvermögen eine Quasi-Treuhänderstellung (trustee-like obiga tion) innehaben und sie deshalb eine Haftung trifft, wenn sie gebundenes Vermögen der Gesellschafter ausschütten.50 Umstritten sind jedoch die genauen Anforderungen an diese Haftung. Insbesondere ist in der Rechtsprechung ungeklärt, ob die Geschäftsleiter eine Garantiehaftung trifft51, oder ob der berechtigte Glaube (honest and reasonable belief) an die Zulässigkeit der Ausschüttung eine Haftung ausschließt52. Wenn man eine Garantiehaftung annimmt, kann sich der director allenfalls auf Sec. 1157 CA 2006 berufen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht eine (auch teilweise) Haftungsbefreiung aussprechen (grant relief), sofern der director unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles redlich und vernünftig (hon estly and reasonably) gehandelt hat. Allerdings handelt es sich um eine Ausnahmebestimmung, der mehr die Funktion eines „Sicherheitsventils“ („safety valve“) zukommt und die vollständig im Ermessen des Gerichts steht.53 bb) Aufsteigende Sicherheiten als verdeckte Gewinnausschüttung Wenig diskutiert und von der englischen Rechtsprechung soweit ersichtlich noch nicht problematisiert ist die Frage, ob auch die Gewährung einer aufsteigenden Sicherheit eine verdeckte Ausschüttung sein kann. Dies S. 225 sowie in deutscher Sprache von Rummel, Gläubigerschutz im Recht der kleinen Kapitalgesellschaft, S. 34 ff. 49 It’s a Wrap (UK) Ltd. v Gula [2006] BCC 626. 50 Ferran / Ho, Corporate Finance, S. 223; diese Regel geht zurück auf Re Exchange Banking Co, Flitcroft’s Case [1882] 21 Ch D 519. 51 In diesem Sinne Lindley LJ, in: Re Re Sharpe [1882] 1 Ch 154, CA 165-6: „as soon as the conclusion is arrived at that the company’s money has been applied by the directors for purposes which the company cannot sanction it follows that the directors are liable to repay the money, however honestly they may have acted“[Herv. durch Verf]. 52 In diesem Sinne Dovey v Cory [1901] AC 477, HL, wobei das Gericht in diesem Fall darauf hinweist, dass den director die Beweislast für die Exkulpation trifft. 53 Ferran / Ho, Corporate Finance, S. 224.
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scheint nicht ausgeschlossen.54 Dies gilt insbesondere, da die englischen Gerichte, wie die Entscheidung Aveling Barford Ltd. v Perion Ltd zeigt, auch Leistungen an Dritte, die wirtschaftlich dem Gesellschafter zugutekommen, nicht vom Auszahlungsverbot ausnehmen. Um allerdings als unausgeglichenes Austauschgeschäft in diesem Sinne zu gelten, wird es nicht genügen, dass die Gesellschaft das abstrakte Risiko der Gesellschafterinsolvenz übernimmt. Denn eine verbotene Ausschüttung durch eine Sicherheitenbestellung wird im englischen Recht nur angenommen, wenn sich die Sicherheitenbestellung bilanziell auswirkt, also eine Rückstellung (provision) gebildet werden muss.55 Ebenso wie im deutschen Recht ist hierfür erforderlich, dass die Inanspruchnahme der Sicherheit wahrscheinlich ist.56 Nicht diskutiert wird soweit ersichtlich die Frage, ob die Inanspruchnahme der Sicherheit eine verdeckte Gewinnausschüttung zugunsten des Gesellschafters sein kann. Es gibt jedoch in der Rechtsprechung Anhaltspunkte dafür, dass die Gerichte bei kapitalerhaltungsrechtlicher Zulässigkeit der Sicherheitenbestellung deren Inanspruchnahme nicht als verbotene Kapitalausschüttung werten würden. Denn es wurde entschieden, dass sofern Geschäfte mit Gesellschaftern zu marktüblichen Bedingungen geschlossen wurden („at arm’s length“), sie auch dann nicht gegen Kapitalerhaltungsrecht verstoßen, wenn sie sich später als nachteilig für die Gesellschaft herausstellen.57 Freilich ist diese Sichtweise davon abhängig, ob die Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit als Transaktion „at arm’s length“ angesehen werden kann. Dies wiederum dürfte davon abhängen, ob die Marktüblichkeit nur hinsichtlich der Finanzierungsbedingungen vorausgesetzt ist, oder auch hinsichtlich der Frage, ob die Gesellschaft das Geschäft überhaupt mit einem Dritten abgeschlossen hätte. In diesem Punkt steht eine richterliche Klärung soweit ersichtlich noch aus.
54 Sowohl Weir / Hartigan, PLC 2008, 43 (48) als auch Ferran, ECGI Law Working Paper No. 84 / 2007, S. 22 weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass financial assistance als rechtswidrige Ausschüttung gewertet werden kann. 55 Meloni, in: Practical Law, Multi-Jurisdictional Guide 2012 UK, S. 7; Söhner, Gläubigerschutz, S. 194. 56 Meloni, in: Practical Law, Multi-Jurisdictional Guide 2012 UK, S. 7. 57 Lord Walker, in: Progress Property Co Ltd. v Moore and another [2011] 1 WLR 1, SC: „[…] if the court concluded that there was a genuine arm’s length transaction, then it would stand even if it might appear with hindsight to have been a bad bargain for the company but, if it was an improper attempt to extract value by the pretence of an arm’s length sale, it would be held to be unlawful; that either conclusion depended on a realistic assessment of all the relevant facts and not simply a retrospective valuation exercise in isolation from all other inquiries.“
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3. Einschränkung durch director’s duties Primär diskutiert werden aufsteigende Sicherheiten nach Abschaffung des Verbots von financial assistance im Recht der Ltd. im Zusammenhang mit Geschäftsleiterpflichten (director’s duties). Seit Inkrafttreten des Companies Act 2006 sind die Geschäftsleiterpflichten teilweise in Sec. 171 bis 177 CA 2006 kodifiziert. Gem. Sec. 170 Abs. 3 CA 2006 ersetzen die kodifizierten Pflichten ihre im case law entwickelten Parallelpflichten. Die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sollen allerdings Anwendung und Interpretation der nunmehr gesetzlich verankerten Pflichten prägen (Sec. 170 Abs. 4 CA 2006).58 Daneben behalten die nicht kodifizierten richterrechtlich entwickelten Sorgfaltspflichten, wie etwa die dargestellte treuhänderische Pflicht, keine verbotswidrigen Ausschüttungen von Gesellschaftsvermögen an Gesellschafter vorzunehmen (s. o.), weiterhin Gültigkeit.59 In Bezug auf die Gewährung aufsteigender Sicherheiten ist vor allem die nunmehr in Sec. 172 CA 2006 geregelte Pflicht, den Erfolg der Gesellschaft zu fördern (duty to promote the success of the company) relevant.60 Die Pflicht wird in Sec. 172 Abs. 1 CA 2006 konkretisiert auf die Förderung des Erfolges der Gesellschaft zugunsten der Gesellschafter als Ganzes (for the benefit of the memebers as a whole). Hieran wird deutlich, dass die directors nach dem englischen Gesellschaftsrecht grundsätzlich ihr Handeln am erwerbswirtschaftlichen Zweck der Gesellschaft ausrichten müssen, wie ihn die Gesellschafter festlegen (shareholder value approach).61 Allerdings haben die directors auch die in Sec. 172 Abs. 1 (a)– (f) CA genannten Faktoren zu berücksichtigen, u. a. die Interessen von Arbeitnehmern, Zulieferern und Kunden, also stakeholdern. Auch haben die directors die langfristigen Wirkungen ihrer Handlungen auf das Wohl der Gesellschaft zu beachten. Die Pflicht, im Interesse der Gesellschaft zu handeln, hat die Rechtsprechung bereits im Zusammenhang mit Sicherheitenbestellungen beschäftigt. In Charterbridge Corp v Lloyds Bank62 hat eine Gesellschaft Sicherheiten zugunsten einer Bank zur Absicherung von Verbindlichkeiten einer Schwestergesellschaft bestellt. Das Gericht hat zunächst herausgestellt, dass die directors sich bei Entscheidungen grundsätzlich von den Interessen der eigenen Gesellschaft leiten lassen müssen und diese nicht den Interessen der Gruppe dazu Ladiges / Pegel, DStR 2007, 2069 (2071 ff.). Corporate Finance, S. 224. 60 Meloni, in: Practical Law, Multi-Jurisdictional Guide 2012 UK, S. 6; Weir / Hartigan, PLC 2008, 43 (48). 61 Thole, RIW 2008, 606 (607). 62 Charterbridge Corp Ltd. v Lloyds Bank Ltd. and another [1970] Ch 62. 58 Näher
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unterordnen müssen.63 Allerdings sei die Tatsache, dass sich die directors der Gesellschaft ausschließlich vom Gruppeninteresse haben leiten lassen, für sich genommen keine Pflichtverletzung, solange ein vernünftiger Kaufmann in der Situation des directors annehmen konnte, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln.64 Im konkreten Fall wurde dies vom Gericht bejaht, da die Schwestergesellschaft Beratungsleistungen und Geschäftskontakte zur Verfügung gestellt hatte. Mit ähnlichen Erwägungen wird man deshalb wohl auch Sicherheitenbestellungen einer Ltd. in einem Cash-Pool-System nicht als pflichtwidrig einstufen können, da der Gesellschaft durch die Partizipation am Cash-Pool-System auch günstig Liquidität zur Verfügung gestellt werden kann. Schwieriger gestaltet sich die Situation jedoch in LBO-Konstellationen, da hier mit Ausnahme einer ggf. gezahlten Avalprovision kein Vorteil für die Gesellschaft gegeben ist. Im Schrifttum wird eine Sicherheitenbestellung bei LBO-Transaktionen dennoch nicht als grundsätzlich pflichtwidrig angesehen. Eine Pflichtverletzung könne allerdings bejaht werden, wenn die Gesellschaft durch die Sicherheitenbestellung wahrscheinlich insolvent wird.65 Dies deckt sich mit ergänzenden Ausführungen des Gerichts in der Charterbridge-Entscheidung, die darauf abstellen, dass nur ein geringes Ausfallrisiko im konkreten Fall bestand, obwohl die Inanspruchnahme der Sicherheit ruinöse Folgen für die Gesellschaft gehabt hätte.66 Man wird deshalb davon ausgehen können, dass die Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit nicht per se pflichtwidrig ist. Von einer Pflichtverletzung kann, vergleichbar der Situation im deutschen Recht, allerdings ausgegangen werden, wenn die Inanspruchnahme der Sicherheit im Bestellungszeitpunkt bereits wahrscheinlich ist und dies die Solvenz der Gesellschaft gefährdet. 63 Charterbridge Corp Ltd. v Lloyds Bank Ltd. and another [1970] Ch 62 (74): „Each company in the group is a separate legal entity and the directors of a particular company are not entitled to sacrifice the interest of that company. This becomes apparent when one considers the case where the particular company has separate creditors.“ 64 Charterbridge Corp Ltd. v Lloyds Bank Ltd. and another [1970] Ch 62 (74): „The proper test, I think, in: the absence of actual separate consideration, must be whether an intelligent and honest man in the position of a director of the company concerned, could, in: the whole of the existing circumstances, have reasonably believed that the transactions were for the benefit of the company.“ 65 So Weir / Hartigan, PLC 2008, 43 (48) allgemein für die Gewährung von financial assistance: „Directors must be satisfied that the company is not insolvent at the time of the assistance being given, nor that the giving of the assistance in itself would be likely to cause the company to become insolvent.“ 66 Charterbridge Corp Ltd. v Lloyds Bank Ltd. and another [1970] Ch 62 (74 f.): „This being the position, the collapse of Pomeroy would have been a disaster for Castleford. […] It is important to bear in mind that the transaction was by way of a guarantee and, although the guarantee was for a large amount, if all went well with the group, the liability would never have materialised.“
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Rechtsfolge einer Pflichtverletzung der directors ist eine Haftung nach Sec. 178 CA 2006. Demnach haften sie genauso, als wenn die zuvor geltende common law- oder equity-Regel eingreifen würde. Im Wesentlichen ergibt sich daraus eine Schadensersatzhaftung, nach der die Gesellschaft so zu stellen ist, als sei die Pflichtverletzung nicht eingetreten.67 Für die Haftung wegen der pflichtwidrigen Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit ergibt sich daraus, dass der director auch die aus der Inanspruchnahme resultierenden Folgeschäden tragen muss. Das englische Recht sieht in Sec. 239 CA 2006 eine Ratifizierungsmöglichkeit durch einen Gesellschafterbeschluss vor. Grundsätzlich kann danach eine Pflichtverletzung der Geschäftsleitung durch einen Gesellschafterbeschluss ausgeschlossen werden. Allerdings ist die Möglichkeit der Haftungsbefreiung durch Gesellschafterbeschluss nicht gegeben bei pflichtwidrigen Transaktionen, die gegen kapitalerhaltungsrechtliche oder andere zwingende gesetzliche Vorgaben verstoßen.68 Falls der betreffende director auch Gesellschafter ist, darf er nicht am Beschluss mitwirken (Sec. 239 Abs. 4 CA 2006). In der englischen Rechtspraxis scheint trotz der Liberalisierung des Verbotes von financial assistance eine gewisse Skepsis gegenüber der neugewonnenen „Freiheit“ in Bezug auf Sicherheitenbestellungen im Rahmen von LBO-Transaktionen zu bestehen. So wird empfohlen, die Erwägungen der directors in Bezug auf die Wahrung der Interessen der Gesellschaft bei der Sicherheitenbestellung in die Protokolle (minutes) der Geschäftsleitungssitzungen (board meetings) aufzunehmen.69 Daneben verlangen die sicherungsnehmenden Banken häufig einen Gesellschafterbeschluss, der die Entscheidung der directors bestätigt.70 Durch diese Ratifizierung wird versucht eine Pflichtverletzung der directors auszuschließen (Sec. 239 CA 2006). Ebenso wie der Geschäftsführer einer GmbH muss der director einer Ltd. eine Prognoseentscheidung über die Wirkung der Sicherheitenbestellung auf die Gesellschaft treffen. Vergleichbar der Situation im GmbH-Recht lässt sich den Geschäftsleiterpflichten keine Einschränkung dahingehend entnehmen, dass Geschäfte, die mit dem Insolvenzrisiko des Gesellschafters belastet sind, generell nicht vorgenommen werden dürfen.
67 Servatius,
in: Henssler / Strohn, GesR, Internat. GesR Rn. 161. UK Company Law (Erstauflage), S. 392 unter Verweis auf den bereits dargestellten Fall Aveling Barford Ltd. v Perion Ltd [1989] BCLC 626. 69 Meloni, in: Practical Law, Multi-Jurisdictional Guide 2012 UK, S. 6. 70 Meloni, in: Practical Law, Multi-Jurisdictional Guide 2012 UK, S. 6. 68 Grier,
220
§ 8 Würdigung und Reformbedarf
4. Wrongful Trading Letztlich ist eine Haftung der directors nach Sec. 214 Insolcency Act (IA) 1986 wegen wrongful trading zu untersuchen. Tatbestandlich setzt diese voraus, dass die Gesellschaft insolvent wurde (vgl. Sec. 214 Abs. 2 (a) IA 1986). Der haftungsbegründende Tatbestand setzt allerdings früher an. Für diesen wird verlangt, dass der director trotz Kenntnis oder Kennenmüssen einer sehr wahrscheinlichen insolvenzbedingten Liquidation (no reasonable prospect that the company would avoid going into insolvent liquidation), Maßnahmen zum Nachteil der Gläubiger durchführt71 oder unterlässt.72 Die Vorschrift greift folglich bereits ein, bevor ein materieller Insolvenzgrund vorliegt,73 weshalb insoweit eine Parallele zu § 64 S. 3 GmbHG besteht. Eine Paralelle ist auch darin zu sehen, dass der Geschäftsleiter eine Prognose bezüglich der künftigen Solvenz der Gesellschaft vornehmen muss. Allerdings muss bei der Haftung wegen wrongful trading im Gegensatz zu § 64 S. 3 GmbHG eine negative Prognose auch ohne Berücksichtigung der Handlung des Geschäftsleiters vorliegen. Bei § 64 S. 3 muss dagegen gerade die haftungsauslösende „Zahlung“ mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zur Insolvenz führen.74 Insofern ist es missverständlich, wenn im deutschen Schrifttum § 64 S. 3 GmbHG als „wrongful tradingrule“75 bezeichnet wird. Den von § 64 S. 3 GmbHG beabsichtigten Schutz vor Insolvenzverursachung bietet die englische Vorschrift gerade nicht.76 Will man schon eine Parallele im deutschen Recht finden, so bietet sich allenfalls § 64 S. 1 GmbHG an.77
71 Zur Rechtsnatur des wrongful trading als Verhaltenshaftung Steffek, Gläubigerschutz, S. 453 f., auch mit Nachweisen zur Gegenansicht. 72 Näher zu den Tatbestandsvoraussetzungen Habersack / Verse, ZHR 168 (2004), 174 (182 ff.); Steffek, NZI 2010, 589 ff.; ders., Gläubigerschutz, S. 348 ff. 73 Die Anknüpfung an einen Insolvenzgrund wurde im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich abgelehnt; zur Entstehungsgeschichte Habersack / Verse, ZHR 168 (2004), 174 (177 ff.). 74 Siehe dazu bereits § 6 B. II. 3. 75 So Haarmeyer / Wutzke / Förster, Handbuch der vorläufigen Insolvenzverwaltung, § 13 Rn. 111; unzutreffend deshalb auch Heinz / Hartung, Limited, 7. Kapitel, Rn. 59: „Wrongful trading entspricht im Wesentlichen der deutschen Insolvenzverursachungshaftung gemäß § 64 S. 3 GmbHG, mit dem entscheidenden Unterschied, dass das englische Recht keine Pflicht und damit keine Fristen zur Antragstellung kennt.“ 76 Laut Steffek, Gläubigerschutz, S. 308 f. fehlt eine § 64 S. 3 GmbHG vergleichbare Regel dem englischen Recht vollständig. 77 Ein umfassender Vergleich zwischen Sec. 214 IA 1986 und § 64 S. 1 GmbHG findet sich bei Steffek, Gläubigerschutz, S. 440 ff.
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Aus dem genannten Grund kann die Vorschrift keinen Schutz bei Sicherheitenbestellungen bieten, wenn der Gesellschaft im Bestellungszeitpunkt (unabhängig von der Sicherheitenbestellung!) keine entsprechend negative Prognose konstatiert werden kann. Den gesuchten präventiven Schutz vor den negativen Auswirkungen der Sicherheitenbestellung aufgrund der Insolvenzrisikoverlagerung auf die Gesellschaft kann dieser Tatbestand daher nicht bieten. 5. Schlussfolgerungen Der kurze Überblick über die Rechtslage zu aufsteigenden Sicherheiten im Recht der englischen Ltd. hat gezeigt, dass auch im englischen Gesellschaftsrecht nach Abschaffung des Verbots von financial assistance eine Prognoseentscheidung hinsichtlich der Solvenz des Gesellschafters das für die Zulässigkeit von aufsteigenden Sicherheiten entscheidende Kriterium ist. Eine Begrenzung dahingehend, dass aufsteigende Sicherheiten von vorneherein unzulässig sind oder besonderen kapitalerhaltungsrechtlichen Regeln unterfallen, ist nicht gegeben. Sofern bei Bestellung der Sicherheit nicht abzusehen ist, dass die Sicherheit auch in Anspruch genommen werden muss, sprechen die überwiegenden Gründe dafür, auch in der Inanspruchnahme der Sicherheit keine verbotene Kapitalausschüttung zu sehen. Die Verlagerung des Risikos der Gesellschafterinsolvenz auf die Gesellschaft lässt sich folglich auch im englischen Kapitalerhaltungsrecht nicht erfassen.78 Ebenfalls scheidet eine Pflichtverletzung der directors aus, wenn die Inanspruchnahme der Sicherheit im Bestellungszeitpunkt nicht wahrscheinlich ist. Der deutsche Gesetzgeber hat sich mit der Liberalisierung der kapitalerhaltungsrechtlichen Beschränkungen für aufsteigende Sicherheiten in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG daher der Rechtslage bei der Ltd. angenähert.79 Ganz auf der Linie der Rechtslage bei der Ltd. liegt ebenfalls die Tendenz im deutschen Recht, die Problematik um die Übernahme des Risikos der Gesellschaftersolvenz in den Bereich der Geschäftsleiterhaftung zu verlagern. Deutlich wird dies durch die Einführung von § 64 S. 3 GmbHG80 und die im MPS-Urteil statuierte Pflicht, die Solvenz des Gesellschafters auch nach Darlehensgewährung bzw. Sicherheitenbestellung zu überwachen81. Auch für die Abschaffung des Verbots von financial assistance im Recht
auch Söhner, Gläubigerschutz, S. 195. Gläubigerschutz, S. 195. 80 Siehe dazu § 6 B. 81 Siehe dazu § 6 A. I. 2. c). 78 So
79 Söhner,
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der Ltd. bestand das maßgebliche Argument darin, dass die Geschäftsleiterhaftung ein ausreichendes Gläubigerschutzinstrument darstelle.82 Aus rechtsvergleichender Sicht spricht deshalb vieles dafür, im GmbHRecht keine Verschärfung der kapitalerhaltungsrechtlichen Anforderungen für die Gewährung aufsteigender Sicherheiten vorzunehmen. Denn zum einen scheint die Übernahme des Gesellschafterinsolvenzrisikos durch die Gesellschaft im englischen Recht (außerhalb von Situationen der financial assistance) nicht als problematisch wahrgenommen zu werden, solange die Gesellschaft im Bestellungszeitpunkt solvent ist, was sich bereits daran zeigt, dass es (im Gegensatz zur Situation in Deutschland) nur wenig Literatur zu dieser Problematik gibt. Zum anderen ist zu beachten, dass sich das deutsche Gesellschaftsrecht einem wachsenden Konkurrenzdruck ausgesetzt sieht und deutsche Unternehmen aufgrund der Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit auch auf andere Rechtsformen wie die Ltd. zurückgreifen können.
III. Solvenztest als Alternative? Sowohl auf nationaler Ebene als auch im Zuge der Debatte um die Reform der Kapitalrichtlinie auf europäischer Ebene ist in den vergangenen Jahren die Forderung erhoben geworden, das System des festen, nach bilanziellen Kriterien ermittelten Mindestkapitals durch einen Solvenztest nach US-amerikanischem Modell zu ersetzen.83 Neben den bereits dargestellten Schwächen des bestehenden Kapitalerhaltungsrechts84 wird an diesem aus ökonomischer Sicht kritisiert, dass das bilanzorientierte Mindestkapitalsystem unnötig Kapital an die Gesellschaft binde, welches nicht an Gesellschafter ausgeschüttet werden könne.85 Auch sei das Mindestkapitalsystem wegen der erforderlichen Bewertung im Rahmen der Kapitalaufbringung mit zu hohen Transaktionskosten verbunden. Darüber hinaus sei ein Bilanztest untauglich, da er vergangenheitsorientiert sei.86 Denn während durch einen „nach vorn“ gerichteten Solvenztest der Gläubigerschutz genau der Situation der Gesellschaft angepasst werden könne, betrachte
82 Siehe
oben unter § 8 A. II. 2. a). EBOR 7 (2006), 135 (166 f.); für das deutsche Recht kritisch Mülbert, Der Konzern 2004, 151 (160 f.). 84 Siehe dazu § 5 C. I. 1. 85 Ferran / Ho, Corporate Finance, S. 157. 86 Rickford, EBOR 7 (2006), 135 (166): „[Solvency] is a matter for the future not the past. An accounting snapshot, which is history as soon as it is taken, can never be more than a very imperfect indicator of some aspects of solvency“. 83 Rickford,
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das System des bilanziell ermittelten Mindestkapitals zu starr die derzeitige Situation.87 Auf unionsrechtlicher Ebene konnte sich die Forderung nach einem Solvenztest bislang nicht durchsetzen. Zurückzuführen sein dürfte dies auf eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene und von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG durchgeführte Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2008.88 Diese hatte zum Ergebnis, dass das Mindestkapitalsystem der Kapitalrichtlinie keine signifikanten praktischen Probleme verursacht, sodass die Kommission von diskutierten Reformbemühungen wieder Abstand nahm.89 Auch der deutsche Reformgesetzgeber verwarf die Idee der Einführung eines Solvenztests als Substitut des bilanzorientierten Mindestkapitals und beschränkte sich auf die Flankierung des geltenden Rechts durch § 64 S. 3 GmbHG im Rahmen des MoMiG. Mit Blick auf die Situation bei aufsteigenden Sicherheiten lässt sich jedenfalls das Argument der Befürworter des Solvenztests entkräften, das bilanz orientierte Mindestkapitalsystem sei lediglich vergangenheitsbezogen. Denn die bilanzielle Relevanz einer Sicherheitenbestellung lässt sich nur durch die Vornahme einer (denknotwendig zukunftsgerichteten) Prognoseentscheidung beurteilen. Nur wenn die Inanspruchnahme der Sicherheit im Bestellungszeitpunkt überwiegend wahrscheinlich ist, muss eine Rückstellung gem. § 249 HGB gebildet werden. Auch die Vollwertigkeit von Rückgriffs- oder Rückzahlungsansprüchen der Gesellschaft beurteilt sich danach, ob der Gesellschafter in Zukunft in der Lage sein wird, an die Gesellschaft zu leisten. Letztlich finden sich deshalb im bisherigen System bereits zahlreiche zukunftsorientierte Faktoren.90 Hieraus muss aber gleichzeitig geschlossen werden, dass die dargestellte Problematik um die Erfassung des Insolvenzrisikoüberganges ab der Sicherheitenbestellung auch nicht durch einen Solvenztest behoben werden kann. Selbst wenn der Geschäftsführer im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung, anstatt eine Prüfung am Maßstab des § 30 GmbHG durchzuführen, eine Solvenzprognose abgeben müsste, so kann er nur eine 87 Vgl. Ferran / Ho, Corporate Finance, S. 157: „flexible ex post rules are inherently preferable to rigid ex ante rules“. 88 KPMG Feasibility Study (2008). 89 European Commission, Results of the External Study on the Feasibility of an Alternative to the Capital Maintenace Regime of the Second Company Law Directive and the Impact of the Adoption of IFRS on Profit Distribution (2008), S. 2: „In the light of the conclusions of the external study, the view of DG Internal Market and Services is that the current capital maintenance regime under the Second Company Law Directive does not seem to cause significant operational problems for companies. Therefore, no follow-up measures or changes to the Second Company law Directive are foreseen in the immediate future“. 90 Hennrichs, ZGR 2008, 361 (366 f.); Tasma, Gläubigerschutz, S. 421.
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Prognose auf Basis der finanziellen Situation des Gesellschafters in diesem Zeitpunkt vornehmen. Gleichzeitig bliebe das Problem, dass die Gesellschaft nach der Sicherheitenbestellung keine Möglichkeit mehr hat, den endgültigen Vermögensverlust durch die Inanspruchnahme der Sicherheit abzuwenden. Ein erneuter Solvenztest mit negativem Ergebnis zu diesem Zeitpunkt könnte den Vermögensverlust nicht mehr verhindern. Aufgrund dieser Schwäche des Solvenztestsystems, zukünftige Risiken adäquat zu erfassen, wurde im Schrifttum verschiedentlich versucht, die Anforderungen an einen Solvenztest insbesondere mit Blick auf LBO-Finanzierungsmodelle auszudifferenzieren. Hier lässt sich beispielsweise ein von Tasma entwickeltes Modell verorten.91 Er schlägt einen zweistufigen bipolaren Solvenztest vor. Auf der ersten Stufe soll demnach zunächst ermittelt werden, ob durch eine Finanzierungshilfe (z. B. eine aufsteigende Sicherheit) überhaupt die Möglichkeit einer Insolvenz der Gesellschaft besteht. Um das stets gegebene abstrakte Insolvenzrisiko an dieser Stelle auszuschließen, soll ein Wahrscheinlichkeitswert von 0,05 überschritten werden müssen. Den zweiten Schritt seines Modells stellt eine Rentabilitätsprognose dar, bei der zu ermitteln ist, ob die Gesellschaft trotz Vornahme der Unterstützungshandlung weiterhin gewinnorientiert wirtschaften wird. Hierzu müssen „(1.) die möglichen Geschäftsverläufe identifiziert werden, für die sodann (2.) Eintrittswahrscheinlichkeiten festzulegen sind. Dann sind (3.) für jeden Geschäftsverlauf Ergebnisse zu prognostizieren. Auf dieser Grundlage ist (4.) für jedes Szenario ein erwartetes Ergebnis zu ermitteln. Schließlich sind (5.) die erwarteten Ergebnisse zu saldieren.“92 Ist das so zu ermittelnde Ergebnis negativ, darf die Unterstützungshandlung nicht vorgenommen werden. Dieser Ansatz hat den Vorteil, dass er dem Geschäftsleiter vor der Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit einen bestimmten Maßstab an die Hand gibt, um die Zulässigkeit der Sicherheitenbestellung zu überprüfen. Allerdings ist fraglich, ob eine derart präzise, mathematisch genaue Zukunftsprognose überhaupt ohne außerverhältnismäßig hohe Transaktionskosten vorgenommen werden kann.93 Letztlich hilft aber auch ein Solvenztest mit konkreten Prognosemaßstäben nicht über die Übernahme des Insolvenzrisikos des Gesellschafters durch die Gesellschaft hinweg. Festzuhalten bleibt deshalb, dass die Einführung eines Solvenztests die aus dem Übergang des Insolvenzrisikos im Bestellungszeitpunkt resultierende Gläubigerschutzlücke nicht schließen kann. 91 Tasma,
Gläubigerschutz, S. 426 ff. Gläubigerschutz, S. 431. 93 Diesen Schwachpunkt räumt auch Tasma ein, sieht ihn aber nicht als durchgreifendes Gegenargument an, siehe Tasma, Gläubigerschutz, S. 432 ff. 92 Tasma,
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IV. Zwingender Drittvergleich Zu erwägen ist, ob nicht die Einführung eines zwingenden Drittvergleichs die dargestellte Problematik um die Gewährung aufsteigender Sicherheiten beheben kann. Im Vergleich zum derzeit bestehenden System könnten so „Klumpenrisiken“ kapitalerhaltungsrechtlich erfasst werden. Wie dargestellt wurde, sind diese im Rahmen der Vollwertigkeitsbeurteilung bei § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG nicht zu berücksichtigen.94 Durch das Drittvergleichskriterium wäre dagegen zu prüfen, ob ein gewissenhafter, nach kaufmännischen Grundsätzen handelnder Geschäftsführer unter sonst gleichen Umständen zu gleichen Bedingungen mit einem gesellschaftsfremden Dritten das Geschäft abgeschlossen hätte.95 Nach diesem Maßstab wird man bei der Bestellung aufsteigender Sicherheiten im Regelfall zu dem Ergebnis kommen, dass die Gesellschaft auch bei Zahlung einer Avalprovision die Schuld eines Dritten aufgrund der fehlenden Risikodiversifikation nicht besichert hätte. Darüber hinaus nehmen aufsteigende Besicherungen häufig ein solches Ausmaß an, dass im Falle ihrer Inanspruchnahme die Existenz der Gesellschaft bedroht ist. Ein derartiges Risiko würde die Gesellschaft gegenüber einem außenstehenden Dritten grundsätzlich nicht eingehen.96 Allerdings müsste selbiges vielfach auch für die Gewährung von aufsteigenden Darlehen gelten. Denn es kann keinen Unterschied machen, ob die Gesellschaft das Darlehen eines Dritten an den Gesellschafter besichert oder diesem selbst ein Darlehen gewährt.97 Misst man aber auch aufsteigende Darlehen am Drittvergleichsmaßstab, würde dies evident der Intention des Reformgesetzgebers zuwiderlaufen, die Konzernfinanzierung durch aufsteigende Darlehen (vor allem im Rahmen von Cash-Pool-Systemen) rechtlich abzusichern. Die Etablierung eines Cash-Pool-Systems hält einem Drittvergleichsmaßstab nicht stand, da die Gesellschaft eine solche Vereinbarung nicht mit einem Dritten eingehen würde.98 Die ökonomischen Vorteile von Cash-Pool-Systemen99 blieben den Gesellschaften dann verwehrt. Auch wäre zu befürchten, dass deutsche Unternehmen in diesem Fall aufgrund der Rechtsprechung des EuGH zur Freizügigkeit von Gesellschaften100 auf 94 Siehe
§ 3 C. II. 3. d). NJW 1987, 1194 (1194, 1195). 96 Vgl. Engert, BB 2005, 1951 (1956). 97 Zur Wertungsparallele zwischen aufsteigendem Darlehen und aufsteigender Sicherheit siehe ausführlich § 3 B. II. 1. c). 98 Engert, BB 2005, 1951 (1956); Vetter / Stadler, Haftungsrisiken beim konzernweiten Cash-Pooling, Rn. 67. 99 Siehe dazu § 2 B. II. 100 Nach den EuGH-Urteilen in Sachen „Centros“, „Überseering“, „Inspire Art“ und „Sevic“ ist im Ergebnis anerkannt, dass EU-Auslandsgesellschaften im Zuzugs95 BGH
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andere europäische Gesellschaftsformen ausweichen, bei denen das Kapitalerhaltungsrecht dann mangels Drittvergleichs weniger streng ist.101 Ein zwingender Drittvergleich würde folglich erhebliche ökonomische Nachteile für die Unternehmen mit sich bringen und erscheint deshalb nicht vorzugswürdig.
V. Vorgeschriebene Limitation Language? Denkbar ist ferner, eine Pflicht zur Aufnahme von beschränkenden Klauseln in den Sicherungsvertrag zwischen Gesellschaft und Sicherungsnehmer gesetzlich zu verankern. Eine Inanspruchnahme der Sicherheit dürfte dann insoweit nicht erfolgen, wie dadurch eine Unterbilanz herbeigeführt oder vertieft würde. Hierdurch ließe sich das dargestellte Problem für aufsteigende Sicherheiten lösen, da ein Vermögensverlust insoweit nicht erfolgt, wie das geschützte Vermögen betroffen ist. Allerdings ergäbe sich die fragwürdige Situation, dass die Gesellschaft ein Darlehen an den Gesellschafter auszahlen dürfte, ohne dass der Ausfall des Gesellschafters als Darlehensschuldner kapitalerhaltungsrechtlich erfasst werden könnte, während eine Sicherheitenverwertung in der gleichen Situation aufgrund der limitationlanguage-Klausel nicht möglich wäre. Dies erscheint auf Basis der herausgearbeiteten Wertungsparallele zwischen aufsteigendem Darlehen und aufsteigender Sicherheit nicht überzeugend. Die umgekehrte Lösung, eine Art „limitation language“ auch für den Fall der Darlehensgewährung zu implementieren, lässt sich hingegen nicht umsetzen, da die Gesellschaft keinen Einfluss auf die Verschlechterung der Vermögenssituation des Gesellschafters hat.102
VI. Sondertatbestand für Cash-Pool-Systeme? Will man die Übernahme des Insolvenzrisikos durch die Gesellschaft kapitalerhaltungsrechtlich erfassen und gleichzeitig der Intention des Reformgesetzgebers und den Forderungen aus der Finanzierungspraxis nach der rechtlichen Ermöglichung und Absicherung des Cash-Poolings gerecht staat als Rechtspersönlichkeiten unter Wahrung ihres Gesellschaftsrechtsstatuts anerkannt werden müssen, auch wenn die Gesellschaft keine Tätigkeit im Herkunftsland ausübt; siehe dazu ausführlich Habersack / Verse, Europäisches Gesellschaftsrecht, § 3 Rn. 11 ff. 101 Zur Rechtslage bei der Ltd. siehe § 8 A. II. 102 Besonders deutlich zeigt sich dies am (gescheiterten) Versuch des europäischen Gesetzgebers, die nachträgliche bilanzielle Abwertung des Darlehensrückzahlungsanspruchs vom Verbot der finanziellen Unterstützung zu erfassen, siehe dazu § 8 B. II. 2. b).
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werden, so bietet sich ein „Sondertatbestand“ für Cash-Pool-Systeme an. Dies wurde namentlich von Engert im Zuge der Debatte nach dem „Novemberurteil“ des BGH vorgeschlagen.103 Demnach sei eine Ausnahme vom Kapitalerhaltungsgebot aufgrund der ökonomischen Vorteile des Cash-Poolings für die kreditgebende Gesellschaft zuzulassen, wenn „sowohl die Tochtergesellschaft als auch der übrige Konzern erhebliche spezifische Investitionen getätigt haben, die auch realwirtschaftlich eine wechselseitige Abhängigkeit zur Folge haben. Zum anderen [dürfe] der Konzern nicht kreditunwürdig in dem Sinne sein, dass er von einem Dritten keinen ungesicherten Kredit mehr erhalten hätte.“104 Die Idee eines Ausnahmetatbestandes für Cash-Pool-Systeme dürfte jedoch abzulehnen sein. Schwierig ist zum einen die rechtliche Umsetzung einer solchen Ausnahme. Wie sollte ein solcher Ausnahmetatbestand rechtssicher und handhabbar formuliert sein? Kriterien für die Messung einer durch „spezifische Investitionen“ begründeten wirtschaftlichen Abhängigkeit müssten herausgearbeitet werden, um Transaktionskosten überschaubar zu halten. Darüber hinaus, hierauf weist Wackerbarth zutreffend hin, ist eine derart faktisch von der Konzernmutter abhängige GmbH besonders schutzbedürftig, weshalb es widersprüchlich ist, durch das Nichteingreifen der Kapitalschutzregelungen diese gerade weiter zu benachteiligen.105 Dies gilt umso mehr, da die analoge Anwendung der §§ 311 ff. AktG auf die abhängige GmbH von der ganz h. M. abgelehnt wird.106
VII. Ergebnis Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die bestehende Regelung nicht geändert werden sollte. Die identifizierte Gläubigerschutzlücke stellt sich im Vergleich zu den diskutierten Lösungsmöglichkeiten als weniger bedenklich dar. Unterwirft man die Übernahme des Risikos der Gesellschafterinsolvenz strengeren Anforderungen (etwa durch die Einführung eines zwingenden Drittvergleichs), so werden ökonomisch sinnvolle und von der Praxis geforderte Austauschgeschäfte zwischen Gesellschaft und Gesellschafter erschwert. Insbesondere gilt dies für die zentrale Konzernfinanzierung in Form des Cash-Poolings. Das deutsche Gesellschaftsrecht sollte diese Art der Finanzierung jedoch ermöglichen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Nicht zuletzt der Vergleich mit der englischen Ltd. hat gezeigt, dass 103 Engert,
BB 2005, 1951, (1957 f.). BB 2005, 1951, (1958). 105 Wackerbarth, in: FS Eisenhardt, S. 531 (537 f.) 106 BGHZ 95, 330 (340); BGHZ 149, 10 (16); Habersack, in: Ulmer, GmbHG, § 30 Rn. 91; zu den Gründen siehe § 7 A. I. 104 Engert,
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andere Rechtsordnungen in Bezug auf aufsteigende Sicherheiten ebenfalls Liberalisierungen vorgenommen haben. Die identifizierte Gläubigerschutzlücke stellt sich deshalb im Vergleich zu ihren Alternativen nicht als schwerwiegend genug heraus, um eine Änderung zu rechtfertigen.
B. Im Recht der AG Die Rechtslage im Kapitalerhaltungsrecht bei der Gewährung aufsteigender Sicherheiten bei der AG entspricht weitgehend derjenigen einer GmbH im Stadium der Unterbilanz. Deshalb kann im Zusammenhang mit den diskutierten Reformvorschlägen auf die zur GmbH gefundenen Ergebnisse im vorangehenden Abschnitt verwiesen werden. Allerdings gilt für die AG in § 71a AktG das Verbot von financial assistance, welches in der Praxis die Gewährung aufsteigender Sicherheiten in LBO-Konstellationen erheblich einschränkt. § 71a AktG basiert auf der zweiten Kapitalrichtlinie. Mittlerweile haben sich die unionsrechtlichen Vorgaben für financial assistance jedoch geändert.
I. Liberalisierungsmöglichkeiten der reformierten Kapitalrichtlinie Bereits seit der Änderungsrichtlinie 2006 / 86 / EG sieht das europäische Recht Erleichterungen des Verbots von financial assistance vor. Der europäische Gesetzgeber stellt es den Mitgliedstaaten dabei frei, ob sie es beim vollständigen Verbot von financial assistance belassen, oder die von der Richtlinie vorgegebenen Erleichterungen in nationales Recht umsetzen. Im Folgenden sollen die Voraussetzungen für eine zulässige finanzielle Unterstützung nach europäischem Recht dargestellt und daraufhin untersucht werden, ob dem deutschen Gesetzgeber eine Übertragung in das deutsche Recht zu empfehlen ist. 1. Formelle Voraussetzungen Für die Gewährung finanzieller Unterstützung stellt Art. 25 der Richtlinie 2012 / 30 / EU zunächst zahlreiche formelle Voraussetzungen auf. Zunächst muss die Geschäftsleitung der Gesellschaft einen schriftlichen Bericht erstellen, der Gründe, Risiken und Konditionen des Unterstützungsgeschäfts enthält (Art. 25 Abs. 3 RL 2012 / 30 / EU). Dieser Bericht ist sodann beim Register einzureichen und der Hauptversammlung vorzulegen, die das Geschäft mit einer Mehrheit von zwei Dritteln des vertretenen Kapitals genehmigen muss (Art. 25 Abs. 3, 44 RL 2012 / 30 / EU).
B. Im Recht der AG229
Die dargestellten Anforderungen wurden im Schrifttum als zu weitgehend kritisiert.107 In der Tat sind die formellen Voraussetzungen nicht gering. Da bei LBO-Akquisitionen häufig eine schnelle Abwicklung erforderlich ist, stellt insbesondere die Voraussetzung, für jede einzelne Unterstützungshandlung im Vorfeld die Zustimmung der Hauptversammlung einzuholen zu müssen, eine sehr hohe Hürde dar.108 Im Ergebnis dürfte sie sogar dazu führen, dass börsennotierte Gesellschaften, die einen breit gestreuten Aktionärskreis haben, die Ausnahme praktisch nicht nutzen können.109 Die hohen Anforderungen waren dem europäischen Gesetzgeber jedoch bewusst. Ein Alternativvorschlag der High Level Group, der die Normierung einer Ermächtigung zur Vornahme von Unterstützungshandlungen durch die Hauptversammlung für einen bestimmten Zeitraum (z. B. 5 Jahre) vorsah,110 wurde nicht in die Richtlinie übernommen. Daneben ist zu beachten, dass die Erstellung des Berichts über die Unterstützungshandlung mit erheblichen Transaktionskosten verbunden sein dürfte. Dies gilt nicht zuletzt, weil die Geschäftsleitung durch die Berichtserstellung einem gesteigerten Haftungsrisiko ausgesetzt ist.111 2. Materielle Anforderungen a) Marktüblichkeitskriterium Hoch sind ebenfalls die materiellen Anforderungen, welche die Richtlinie an die Unterstützungshandlung stellt. Art. 25 Abs. 2 2012 / 30 / EU sieht vor, dass die Finanzierungshilfe zu „fairen, marktüblichen Konditionen abgewickelt werden [muss], insbesondere in Bezug auf die der Gesellschaft gezahlten Zinsen und die Sicherheiten, die ihr für die in Absatz 1 genannten Darlehen oder Vorschüsse geleistet werden.“ Zudem muss „[d]ie Kreditwürdigkeit des Dritten oder – im Falle von Geschäften mit einer Vielzahl von Parteien – jeder dieser Parteien muss in angemessener Weise überprüft worden sein.“ Mit dem „Marktüblichkeitskriterium“ ist sichergestellt, dass die Gesellschaft für die Unterstützungshandlung eine Zinszahlung bzw. Avalprovision 107 Ferran,
EBOR 6 (2005), 93 (96 f.). EBOR 6 (2005), 93 (96 f.). 109 Ferran, EBOR 6 (2005), 93 (96). 110 Bericht der hochrangigen Gruppe von Experten auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts über moderne gesellschaftsrechtliche Rahmenbedingungen in Europa v. 4.11.2002, S. 92; abrufbar unter: http: / / ec.europa.eu / internal_market / company / docs / modern / report_de.pdf. 111 Hartung, Financial Assistance, S. 48. 108 Ferran,
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erhält. Der im Tatbestand enthaltene Drittvergleich ist dabei auf die Bedingungen der Unterstützungshandlung, also das „Wie“ beschränkt. Er erstreckt sich nicht auf die regelmäßig zu verneinende Frage, „ob“ die Gesellschaft das Geschäft unter gleichen Bedingungen auch mit einem Dritten abgeschlossen hätte. Neben dem Wortlaut, der lediglich von den „Konditionen“ des Geschäfts spricht, ergibt sich dies aus der Überlegung, dass eine Unterstützungshandlung bei Erweiterung des Drittvergleichskriteriums auf das „Ob“ regelmäßig an diesem Kriterium scheitern würde, was den Ausnahmetatbestand weitgehend überflüssig machen würde. Mit der Beschränkung des Drittvergleichs auf das „Wie“ der Unterstützungshandlung geht die Richtlinie deshalb nicht über das hinaus, was von § 57 AktG nach der hier vertretenen Ansicht in seiner derzeitigen Form ohnehin verlangt wird. Denn die Nichtgewährung einer marktüblichen Avalprovision bzw. Verzinsung stellt eine verbotene Einlagenrückgewähr dar.112 Keine Abweichung gibt es ebenfalls hinsichtlich der normierten Pflicht zur Prüfung der Kreditwürdigkeit des Gesellschafters. Die Richtlinie verlangt im Fall der Sicherheitenbestellung ebenfalls, dass der Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruch im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung werthaltig sein muss.113 Hierfür dürften ähnliche Maßstäbe gelten wie für das Vollwertigkeitskriterium in § 57 Abs. 1 S. 3 Alt. 2 AktG. b) Berücksichtigung nachträglicher bilanzieller Auswirkungen Die Richtlinie beschränkt sich nicht auf diese Schutzmechanismen im Vorfeld der Unterstützungshandlung. Daneben hat die Gesellschaft auf der Passivseite der Bilanz eine nicht ausschüttbare Rücklage in Höhe des Betrags der insgesamt gewährten finanziellen Unterstützung zu bilden (Art. 25 Abs. 4 RL 2012 / 30 / EU). Sicherzustellen ist darüber hinaus, dass die Unterstützungshandlung zu keinem Zeitpunkt zu einem Absinken des Nettoaktivvermögens der Gesellschaft unter die Summe aus gezeichnetem Kapital und gesetzlicher Rücklage führt (Art. 25 Abs. 4, 17 Abs. 1, 2 RL 2012 / 30 / EU). Diese tatbestandliche Voraussetzung erinnert nicht unbeabsichtigt an die in der GmbH-Praxis üblichen limitation-language-Klauseln.114 Während diese Klauseln jedoch dort im Zusammenhang mit der Gewährung von aufsteigenden Sicherheiten verwendet werden, erstreckt sich die Formulierung der Richtlinie auch auf alle anderen Unterstützungshandlungen. Dies 112 Siehe
dazu § 3 C. II. 3. c) und § 3 D. AG 2007, 157 (160). 114 Freitag, AG 2007, 157 (161). 113 Freitag,
B. Im Recht der AG231
führt insbesondere bei aufsteigenden Darlehen zu Anwendungsproblemen. Zu differenzieren ist dabei zwischen zwei Konstellationen. Zum einen ist es denkbar, dass das Nettoaktivvermögen der Gesellschaft wegen der auf der Passivseite gebildeten Rücklage trotz werthaltigen Rückzahlungsanspruchs unter die geforderte Grenze sinkt. Die Rücklage hätte ohne die Unterstützungshandlung nicht gebildet werden müssen, sodass der geforderte Kausalzusammenhang zwischen Unterstützungshandlung und Unterbilanz gegeben ist.115 Es erscheint dennoch wenig überzeugend, in einem solchen Fall einen Verstoß gegen das Verbot finanzieller Unterstützung anzunehmen. Schließlich steht die Verschlechterung der Bilanzsituation nur aufgrund der obligatorisch zu bildenden Rücklage überhaupt mit der Unterstützungshandlung in Zusammenhang. Vorgeschlagen wird deshalb, die Norm in derartigen Konstellationen dahingehend teleologisch zu reduzieren, die wegen der finanziellen Unterstützung zu bildende Rücklage für die Unterbilanzberechnung auszuklammern.116 Zwingend ist diese Sichtweise jedoch nicht, da der europäische Gesetzgeber einen umfassenden Schutz der Gesellschaftsgläubiger über die gesamte Dauer der Darlehensvergabe gewährleisten wollte.117 Selbst bei Aufnahme eines entsprechenden Ausnahmetatbestandes in das deutsche Aktienrecht verbliebe deshalb eine gewisse Rechtsunsicherheit hinsichtlich der Europarechtskonformität einer solchen Regelung. Ebenfalls heikel ist die zweite der diskutierten Konstellationen: Auch wenn sich die Vermögenssituation des Gesellschafters verschlechtert, sodass der gegen ihn gerichtete Darlehensrückzahlungsanspruch bilanziell abgewertet werden muss,118 kann das Nettoaktivvermögen unter die geforderte Grenze sinken.119 Die Darlehensgewährung würde ab dem Moment der Unterbilanz zur verbotenen Unterstützungshandlung. Es ist im Schrifttum allerdings umstritten, ob die Verschlechterung der Vermögenssituation des Gesellschafters von Art. 25 Abs. 4 RL 2012 / 30 / EU erfasst ist. Teilweise wird argumentiert, durch die von der Richtlinie ebenfalls geforderte Rückstellungsbildung sei bereits ein Totalausfall der Forderung fingiert, weshalb der Rückzahlungsanspruch nicht „wertloser als wertlos“120 werden könne. 115 Brosius, Finanzielle Unterstützung, S. 271; Fridrich, Fremdfinanzierte Übernahme, S. 244 f.; Freitag, AG 2007, 157 (161). 116 Freitag, AG 2007, 157 (161). 117 Brosius, Finanzielle Unterstützung, S. 271; Drygala, Der Konzern 2007, 396 (402); Fridrich, Fremdfinanzierte Übernahme, S. 245. 118 Es entspricht der allgemeinen Ansicht, dass der Rückzahlungsanspruch gegen den Gesellschafter in der Bilanz aktiviert werden darf, statt aller: Hartung, Financial Assistance, S. 55. 119 Freitag, AG 2007, 157 (161). 120 Drygala, Der Konzern 2007, 396 (402).
232
§ 8 Würdigung und Reformbedarf
Sofern der Rückzahlungsanspruch bilanziell abgewertet werden müsse, sei dehalb die Rücklage entsprechend aufzulösen.121 Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden. Schließlich hat sich mit der Verschlechterung der Bonität des Gesellschafters gerade die dem LBO innewohnende Gefahr verwirklicht, weshalb die Auflösung der Rücklage in diesem Fall dem Schutzzweck zuwiderlaufen würde. Es erscheint wahrscheinlicher, das dem europäischen Gesetzgeber an einem „doppelten“ Schutz der Gesellschaft gelegen war. Sieht man folglich die Bonitätsverschlechterung des Gesellschafters als von der Norm erfasst an, so ist sehr fraglich, wie die Gesellschaft den Eintritt einer solchen Situation verhindern soll. Denkbar wäre zunächst, dass die Gesellschaft im Vorfeld der Darlehensgewährung auf die Stellung von werthaltigen Sicherheiten drängt. Allerdings steht dies im Widerspruch zum „Marktüblichkeitskriterium“ in Art. 25 Abs. 2 RL 2012 / 30 / EU, da auch am Kapitalmarkt nicht jedes Darlehen mit zu 100 % werthaltigen Sicherheiten besichert wird.122 Darüber hinaus würden derart strenge Anforderungen an die Besicherung von aufsteigenden Darlehen den Zweck der Ausnahme, finanzielle Unterstützung zu erleichtern, nicht unerheblich konterkarieren. Auf ein Kündigungsrecht (analog) § 490 BGB oder einen Rückforderungsanspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage kann nicht verwiesen werden.123 Denn die Werthaltigkeit des resultierenden Rückgewähranspruchs dürfte regelmäßig zweifelhaft sein, da die Erwerbsgesellschaft die erhaltenen Darlehensmittel an den Verkäufer weitergeleitet hat. 3. Ergebnis: Umsetzung nicht empfehlenswert Die Rechtslage nach der Richtlinie kann nach alledem nicht als befriedigend gelten, weshalb der deutsche Gesetzgeber gut daran getan hat, die Ausnahmevorschriften nicht umzusetzen, und dies auch in Zukunft nicht tun sollte. Der europäische Gesetzgeber hat versucht, eine Lösung für das Problem der Insolvenzrisikoübernahme zu erschaffen, indem er die Prüfung der Vermögenssituation des Gesellschafters vor der Gewährung der finanziellen Unterstützung verlangt und darüber hinaus nachträgliche bilanzielle Entwicklungen als verbotsrelevant ansieht. Letzteres ist Konsequenz des Ver121 Drygala, Der Konzern 2007, 396 (402); zustimmend: Brosius, Finanzielle Unterstützung, S. 271 f.; a. A. wohl Westermann, ZHR 172 (2008), 144 (164). 122 Freitag, AG 2007, 157 (162); a. A. Brosius, Finanzielle Unterstützung, S. 268, der unter Verweis auf den Wortlaut der RL stets eine vollumfängliche Besicherung des Rückzahlungsanspruchs verlangt. Der Wortlaut gebietet jedoch keine zwingende Besicherung von Darlehensrückzahlungsansprüchen, sondern verlangt lediglich die Marktüblichkeit von Besicherung und Verzinsung. 123 Kritisch auch Westermann, ZHR 172 (2008), 144 (164).
B. Im Recht der AG233
suchs, den Gedanken der für aufsteigende Sicherheiten üblichen limitation language auf Darlehen zu übertragen. Dahinter steckt die richtige Erkenntnis, dass Sicherheitenbestellung und Darlehensgewährung strukturell vergleichbar sind. Dennoch ist dieser Versuch zum Scheitern verurteilt. Denn während bei Sicherheitenbestellungen durch die Vereinbarung einer limitation language ein „Sicherheitsventil“ für den späteren Verwertungszeitpunkt eingebaut werden kann und der Gesellschaft künstlich eine Eingriffsmöglichkeit geschaffen werden kann, gibt es keine Möglichkeit, der Gesellschaft im Falle der Darlehensgewährung Einfluss auf die spätere Vermögenssituation des Gesellschafters zu geben.
II. Ausblick: Abschaffung der Restriktionen auf europäischer Ebene? Betrachtet man die wenig befriedigende Kompromisslösung der Richtlinie und vergegenwärtigt man sich, dass in anderen europäischen Ländern eine Liberalisierung des Verbots der financial assistance für nicht vom Unionsrecht betroffene Kapitalgesellschaftsformen zu beobachten ist,124 so stellt sich die Frage, ob das grundsätzliche Verbot von financial assistance noch zeitgemäß ist und nicht vielleicht grundsätzlich abgeschafft werden sollte. Es lassen sich denn auch Autoren finden, die genau dafür eintreten.125 Von diesen wird angeführt, das Verbot lasse sich durch kostspielige Umgehungstaktiken ohnehin vermeiden und könne deshalb abgeschafft werden.126 Dieser Einwand vermag nicht zu überzeugen. Gibt es eine sachliche Legitimation für das Verbot, so gibt die Existenz von Umgehungsmöglichkeiten eher Anlass für eine restriktivere Gesetzgebung als für die Abschaffung des Verbotes. Diskussionswürdig erscheint hingegen ein zweiter Einwand. Für die Abschaffung des Verbots wird weiterhin vorgebracht, dass die Restriktionen für financial assistance nicht mehr zu den modernen Konzepten und Techniken der Akquisitionsfinanzierung passen und dadurch ökonomisch sinnvolle Transaktionen verhindert würden.127 Dies wirft die Frage auf, ob LBO-Trans124 Neben der dargestellten Liberalisierung für die limited company (siehe § 8 A. II. 2. a)) gilt das Verbot in den Niederlanden nicht mehr für die Besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid (B.V.), näher dazu Vietor / Schut, IFLR 25 (2006), 28 f.; näher zur Entwicklung in anderen Mitgliedstaaten Brosius, Finanzielle Unterstützung, S. 255 ff. 125 So Ferran, EBOR 6 (2005), 93 ff.; Wymeersch, in: FS Drobnig, S. 725 (741 ff.). 126 Ferran, EBOR 6 (2005), 93 (94). 127 Ferran, EBOR 6 (2005), 93, 94: „not only is the ban unnecessary, it positively harmful because it is liable to obstruct economically worthwhile transactions“; ähnlich Wymeersch, in: FS Drobnig, S. 725 (746 f.).
234
§ 8 Würdigung und Reformbedarf
aktionen wirklich so gefährlich sind, dass eine weitgehende Restriktion gerechtfertigt ist. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass das Verbot von financial assistance die Übernahme des Risikos der Gesellschafterinsolvenz durch die Gesellschaft nicht schlechthin erfasst, sondern nur im Zusammenhang mit dem Anteilserwerb. Die Gesellschaft soll nicht das Risiko ihrer eigenen Übernahme tragen.128 Zu fragen ist deshalb, ob gerade die Erwerbssituation beim LBO zu besonderen Gefahren führt, die nur durch ein weitgehendes Verbot von financial assistance verhindert werden können. Betrachtet man die Interessenlage beim LBO, so sprechen in der Tat gute Gründe dafür, das Verbot aufrecht zu erhalten. Es besteht beim LBO das nicht unerhebliche Risiko, dass sich der neue Gesellschafter überschätzt und die Kalkulation zu optimistisch vornimmt.129 So können etwa nach Erwerb erhoffte Synergieeffekte hinter den Erwartungen zurückbleiben. Dieser möglicherweise übertriebene Optimismus wird in Private-Equity-Konstellationen noch verstärkt durch das reduzierte Risiko, dem die Investoren in Bezug auf die Entwicklung der einzelnen Gesellschaft ausgesetzt sind. Bleibt die wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft hinter den Erwartungen zurück, so verliert der Investor „nur“ den in eine Gesellschaft (von vielen) investierten Eigenkapitalanteil, während die Inanspruchnahme von aufsteigenden Sicherheiten oder der Ausfall des Gesellschafters (der Zweckgesellschaft) verheerende Folgen für die Zielgesellschaft hat. Im Gegensatz zur Gesellschaft kann der Investor nämlich seine Investitionsrisiken diversifizieren. Vor allem in Insolvenznähe mag der Investor daher geneigt sein, die Gesellschaft zu risikoreichen Investitionen zu veranlassen.130 Unter der Insolvenz der Gesellschaft leiden dann primär diejenigen Gläubiger, die sich aufgrund ihrer strukturellen Unterlegenheit der Buy-Out-Situation nicht durch Sicherheiten oder Zinsen anpassen konnten,131 insbesondere Arbeitnehmer. Daneben wird auch vor der Gefahr des sog. asset-striping gewarnt.132 Damit sind Fälle gemeint, in denen der Erwerber nach dem Erwerb die wertvollsten Vermögensgegenstände der Gesellschaft veräußert, um aus dem Veräußerungsgewinn die aufgenommenen Kredite zurück zu bezahlen. Diesen nicht unerheblichen Risiken stehen auch positive Aspekte von LBO-Transaktionen gegenüber. So stellt ein LBO ein passendes Finanzierungsmodell dar, wenn in einem Unternehmen fortführungswillige Familienmitglieder oder kompetente Führungskräfte vorhanden sind, die selbst aber nicht über das nötige Eigenkapital verfügen (sog. Management Buy128 Zum
Zweck von § 71a AktG siehe bereits § 4 IV. 2. Bezzenberger, in: K. Schmidt / Lutter, AktG, § 71a Rn. 10. 130 Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644 (656) m. w. N. 131 Eidenmüller, ZHR 171 (2007), 644 (656 f.). 132 Becker, DStR 1998, 1429 (1430); Schmolke, WM 2005, 1828 (1829). 129 T.
B. Im Recht der AG235
Out).133 Die hohe Fremdkapitalquote löst darüber hinaus typische principalagent-Probleme.134 Denn zum einen ist der hohe Anteil an Fremdkapital ein Garant dafür, dass die Investoren ein starkes Interesse an der positiven Entwicklung der Gesellschaft haben und Fehlentwicklungen durch die Wahrnehmung von Gesellschafterrechten entgegenwirken.135 Zum anderen hat die Geschäftsleitung der Zielgesellschaft durch die typischerweise gewährte Beteiligung an der Erwerbsgesellschaft und der damit verbundenen Partizipation am Leverage-Effekt einen Anreiz, die Gesellschaft effizient zu führen.136 Eine Vielzahl von Studien belegt zudem, dass der Einfluss von Finanzinvestoren nicht wie befürchtet zu zahlreichen Gesellschaftszusammenbrüchen geführt hat.137 In der vom Ausschuss Wirtschaft und Finanzen des Europäischen Parlaments in Auftrag gegebenen Studie von Gottschalg aus dem Jahr 2007 wurden Datensätze der größten Private-Equity-Datenbank HEC-INSEAD ausgewertet, die damals Datensätze zu über 5500 LBOTransaktionen beinhaltete.138 Anhand dieser Daten konnte beispielsweise ermittelt werden, dass LBO-Finanzierungsstrukturen keine negativen Auswirkungen auf das Wachstum oder die Wettbewerbsfähigkeit der übernommenen Gesellschaft haben. Im Gegenteil, es konnte sogar festgestellt werden, dass die betroffenen Unternehmen eine bessere Entwicklung aufweisen als vergleichbare Konkurrenzunternehmen.139 Diesen Aspekt betont auch eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC aus dem Jahr 2013, die Börsengänge von Gesellschaften untersucht hat, die zuvor mittels LBO übernommen wurden.140 Demnach wiesen Gesellschaften mit LBO-Hintergrund in Europa im Durchschnitt ein Jahr nach Börsengang eine deutlich bessere Wertentwicklung im Verhältnis zum Angebotspreis auf (+ 17 %), als Unternehmen ohne LBO-Hintergrund (+4,2 %).141 Diese Ergebnisse sollten als Impuls gesehen werden, die Debatte um die weitere Liberalisierung des Verbotes von financial assistance auf unionsrechtlicher Ebene neu aufzunehmen und dabei auch die vollständige Abschaffung des Verbots für Publikumsgesellschaften zu erwägen. 133 Becker,
DStR 1998, 1429 (1430). den ökonomischen Funktionen von LBO-Finanzierungen siehe Kaser / Achleitner / v. Einem / Schiereck, Private Equity in Dtl., S. 19 ff. 135 Kaser / Achleitner / v. Einem / Schiereck, Private Equity in Dtl., S. 21 f. 136 Wruck, JACF 2008, 8 (11 f.) mit Beispielen aus dem amerikanischen BuyOut-Markt. 137 Ein Überblick über zahlreiche Studien findet sich bei Hartung, Financial Assistance, S. 213 ff. 138 Gottschalg, Private Equity und Leveraged Buyouts, 2007. 139 Gottschalg, Private Equity und Leveraged Buyouts, 2007, S. 17. 140 PWC Studie „Sind Private-Equity-IPOs erfolgreicher?“. 141 PWC Studie „Sind Private-Equity-IPOs erfolgreicher“, S. 9. 134 Zu
§ 9 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Gewährung aufsteigender Sicherheiten mit vielfältigen gesellschaftsrechtlichen Problemen behaftet ist. Die hierzu gefundenen wesentlichen Lösungsergebnisse sollen im Folgenden in Thesenform zusammengefasst werden.
A. Aufsteigende Sicherheiten als praktisches Problem Aufgrund der gestiegenen Eigenkapitalanforderungen an Banken haben diese die Anforderungen an werthaltige Sicherheiten bei der Darlehensvergabe erhöht. Da die Verpfändung der Gesellschaftsanteile keine ausreichende Sicherheit bietet, greifen Gesellschafter hierfür auf das Vermögen ihrer Gesellschaften zu.1 Das damit entstehende Problem der aufsteigenden Sicherheiten findet sich in der Praxis insbesondere in zwei Konstellationen, zum einen beim fremdfinanzierten Unternehmenskauf (LBO), zum anderen im Bereich des Cash-Poolings.
B. Aufsteigende Sicherheiten und § 30 GmbHG, § 57 AktG 1. Bei der Frage nach dem für das Kapitalerhaltungsrecht relevanten Auszahlungsakt steht einer Anknüpfung an die Bestellung der Sicherheit nicht entgegen, dass sich eine Sicherheitenbestellung nicht bilanziell auswirkt, solange keine Rückstellung gebildet werden muss. Eine bilanzielle Auswirkung ist für eine Auszahlung i. S. v. § 30 GmbHG nicht erforderlich.2 2. Für die Frage nach dem kapitalerhaltungsrechtlich relevanten Transaktionsvorgang ist nicht zwischen Personal- und Realsicherheit zu differenzieren.3 3. Für ein Abstellen auf den Bestellungsvorgang als dem aus kapitalerhaltungsrechtlicher Sicht maßgeblichen Zeitpunkt spricht, dass die Gesellschaft 1 § 2
A. B. II. 1. a). 3 § 3 B. II. 1. b) bb). 2 § 3
B. Aufsteigende Sicherheiten und § 30 GmbHG, § 57 AktG237
nach Bestellung der Sicherheit rechtlich keine Möglichkeit mehr hat, die Inanspruchnahme abzuwenden.4 Aus diesem Grund spricht auch der Schutzzweck von § 30 GmbHG dafür, diesen Zeitpunkt als maßgeblich zu erachten.5 4. Absichern lässt sich die These, dass für die Prüfung von § 30 GmbHG grundsätzlich auf den Bestellungszeitpunkt abzustellen ist, mit der Parallele zum Darlehen an Gesellschafter.6 Für diese Parallele sprechen systematische Argumente (§ 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG, § 44a InsO, § 71a AktG) sowie die Überlegung, dass die Gesellschaft durch die Sicherheitenbestellung ebenso wie durch die Darlehensvalutierung das Insolvenzrisiko des Gesellschafters übernimmt. Unterschiede zwischen Darlehensgewährung und Sicherheitenbestellung rechtfertigen keine andere Behandlung.7 5. Erfolgt eine Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung gegenüber einem Dritten, der nicht an das gesellschaftsinterne Kapitalerhaltungsrecht gebunden ist, so stellt schon diese Verpflichtung einen Auszahlungsakt i. S. v. § 30 GmbHG dar.8 6. Verschlechtert sich nach Sicherheitenbestellung die Vermögenssituation des Gesellschafters, sodass eine Rückstellungsbildung gem. § 249 HGB erforderlich wird, stellt dies keinen kapitalerhaltungsrechtlich relevanten Auszahlungsakt dar.9 Durch die Rückstellungsbildung in der Bilanz kommt es zu keinem Vermögensabfluss. Zudem fehlt es am erforderlichen Handlungselement auf Seiten der Gesellschaft. 7. Auch die Inanspruchnahme der Sicherheit stellt keinen kapitalerhaltungsrechtlich relevanten Auszahlungsakt dar.10 In der Nichtabwendung der Inanspruchnahme bzw. der Duldung eines staatlichen Vollstreckungsaktes kann kein Auszahlungsakt der Gesellschaft gesehen werden. Es fehlt hier an einer realen Handlungsalternative der Gesellschaft. Die Inanspruchnahme der Sicherheit ist deshalb strukturell mit dem Ausfall des Gesellschafters als Darlehensschuldner beim aufsteigenden Darlehen vergleichbar. 8. In der Nichtgeltendmachung des aus der Sicherheitengewährung resultierenden Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs kann eine Auszahlung nach § 30 GmbHG liegen.11 4 § 3
B. II. 1. b) cc). B. II. 1. b) dd). 6 § 3 B. II. 1. c). 7 § 3 B. II. 1. c) cc) – ee). 8 § 3 B. II. 1. f). 9 § 3 B. II. 2. 10 § 3 B. II. 3. 11 § 3 B. II. 4. 5 § 3
238
§ 9 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen
9. Eine Sicherheitenbestellung wirkt sich bilanziell aus, wenn eine Rückstellung gebildet werden muss. Hierfür muss aus Sicht eines ordentlichen, gewissenhaften Kaufmanns im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung die Inanspruchnahme der Sicherheit überwiegend wahrscheinlich sein.12 Hierbei ist es in Grenzfällen möglich, dass mehrere Ergebnisse diesem Maßstab entsprechen. Die Entscheidung über die Rückstellungsbildung ist gerichtlich voll überprüfbar. 10. Das Vollwertigkeitserfordernis gem. § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG hat keinen Einfluss auf den Maßstab für die Rückstellungsbildung.13 11. Der Parallele zum aufsteigenden Darlehen ist dadurch Rechnung zu tragen, dass auch in dem Fall, in dem eine Rückstellung wegen der drohenden Inanspruchnahme der Sicherheit nicht gebildet werden muss, die Vollwertigkeit des Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs zu prüfen ist.14 Stellt sich dabei heraus, dass der Anspruch nicht vollwertig ist, so liegt im Stadium der Unterbilanz eine verbotswidrige Auszahlung vor. 12. Die Frage nach der Vollwertigkeit des Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs ist von derjenigen nach der Avalprovision zu trennen.15 Fehlt es an einer Avalprovision, kann dies jedoch eine selbstständige Auszahlung gem. § 30 GmbHG sein. Dies gilt auch für kurzfristige Besicherungen von weniger als einem Jahr. Da sich die fehlende Avalprovision aber bilanziell nicht auswirkt, kommt nur eine reale Vermögensminderung im Stadium der Unterbilanz in Betracht. 13. Die fehlende Risikodiversifikation („Klumpenrisiko“) ist bei der Beurteilung der Vollwertigkeit nach § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG nicht zu berücksichtigen.16 14. Bei aufsteigenden Sicherheiten im Rahmen von LBO-Finanzierungen ist die Vollwertigkeit nicht zwangsläufig problematisch.17 Für die Beurteilung müssen Wert und Ertragsaussichten der Zielgesellschaft im Bestellungszeitpunkt berücksichtigt werden. 15. Auch „teilweise“ vollwertige Ansprüche müssen im Rahmen von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG berücksichtigt werden.18
12 § 3 13 § 3 14 § 3 15 § 3 16 § 3 17 § 3 18 § 3
C. C. C. C. C. C. C.
I. I. 3. II. 2. II. 3. c). II. 3. d). II. 3. e). II. 4.
C. Das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Sicherungsnehmer239
16. Die zu § 30 GmbHG gefundenen Ergebnisse können auf § 57 AktG übertragen werden.19 Die Unterschiede im Kapitalerhaltungsrecht von GmbH und AG rechtfertigen spätestens seit Inkrafttreten des MoMiG kein anderes Ergebnis. Die Situation bei der AG ist vergleichbar mit derjenigen einer GmbH im Stadium der Unterbilanz. Insbesondere muss deshalb stets trotz fehlender Rückstellungsbildung die Vollwertigkeit des Freistellungsbzw. Rückgriffsanspruchs gegeben sein.
C. Das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Sicherungsnehmer 1. Die Bestellung der Sicherheit und das zugrundeliegende schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft sind bei Verstoß gegen kapitalerhaltungsrechtliche Verbotsvorschriften nicht wegen § 134 BGB nichtig.20 2. Ausnahmsweise kommt nach der Rechtsprechung des BGH eine Nichtigkeit nach § 138 BGB in Betracht, wenn Sicherungsnehmer und Gesellschafter bewusst zum Nachteil der Gesellschaft oder der Gläubiger zusammenwirken.21 3. Die Bestellung von aufsteigenden Sicherheiten durch eine AG ist im Rahmen von LBO-Finanzierungen erheblich durch § 71a AktG eingeschränkt. Die Norm hat aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte einen doppelten Schutzzweck:22 Sie ergänzt zum einen das Verbot des Erwerbs eigener Aktien durch die Erfassung von Umgehungskonstruktionen. Zum anderen stellt sie einen eigenständigen, vermögenschützenden und abstrakten Gefährdungstatbestand für bestimmte Finanzierungsmodelle dar, bei denen die Gesellschaft das wirtschaftliche Risiko des Anteilserwerbs trägt. § 71a AktG erfasst auch Sicherheitenbestellungen nach Abschluss des Erwerbs23 und ist im faktischen Konzern anwendbar24. Verletzt die Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit § 71a AktG, ist die Nichtigkeit nicht nur des Verpflichtungsgeschäfts, sondern der Sicherheitenbestellung selbst die Rechtsfolge.25
19 § 3
D. A. I. 21 BGHZ 138, 291 (298 f.); siehe dazu § 4 A. II. 22 § 4 A. IV. 2. 23 § 4 A. IV. 4. 24 § 4 A. IV. 3. 25 § 4 A. IV. 5. 20 § 4
240
§ 9 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen
4. Eine limitation language, wie sie derzeit in der Praxis üblich ist, ist aus kapitalschutzrechtlicher Sicht wegen der Parallele zum aufsteigenden Darlehen nicht erforderlich.26
D. Ansprüche der Gesellschaft gegen den Gesellschafter 1. Verstößt die Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit gegen § 30 GmbHG, ist der Anspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG grundsätzlich auf Freistellung von der Sicherheit gerichtet.27 Dies ergibt sich daraus, dass der Anspruch aus § 31 GmbHG grundsätzlich auf Rückgewähr in natura gerichtet ist. Kann der Gesellschafter keine Freistellung bewirken, so hat er Wert ersatz zu leisten. Wertersatz ist außerdem zu leisten, wenn die verbotswidrige Bestellung der Sicherheit nur teilweise aus gebundenem Vermögen erfolgt. Handelt es sich um eine Realsicherheit und geht der Sicherungsgegenstand beim Sicherungsnehmer unter oder verschlechtert er sich, so hat der Gesellschafter ebenfalls Wertersatz zu leisten (Gedanke des § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB). Er kann sich allerdings mit dem Einwand verteidigen, Untergang oder Verschlechterung wären auch bei der Gesellschaft eingetreten. Die für § 31 GmbHG gefundenen Ergebnisse lassen sich auf § 62 AktG übertragen.28 2. Die Gewährung einer aufsteigenden Sicherheit kann einen existenzvernichtenden Eingriff nach § 826 BGB darstellen.29 Dies ist zunächst denkbar durch den Entzug des Sicherungsguts im Rahmen der Sicherheitenbestellung sowie dadurch, dass die Gesellschaft aufgrund ihrer durch die Sicherheitenbestellung verschlechterten Kreditwürdigkeit keine Liquidität mehr von Dritten zur Verfügung gestellt bekommt. Daneben ist eine Haftung denkbar, wenn es durch die Inanspruchnahme der Sicherheit zur Insolvenz der Gesellschaft kommt. Da für die Haftung die Sittenwidrigkeit bereits zum Zeitpunkt des Täterhandelns feststehen muss, ist allerdings zu verlangen, dass bereits bei der Sicherheitenbestellung (bzw. zum Zeitpunkt der Erteilung einer entsprechenden Weisung) die Inanspruchnahme und die daraus resultierende Insolvenz der Gesellschaft überwiegend wahrscheinlich war.30 3. Verschlechtert sich die Vermögenssituation des Gesellschafters wesentlich, so steht der Gesellschaft ein Freistellungsanspruch aus § 775 Abs. 1 26 § 4
B. A. 28 § 5 B. 29 § 5 C. 30 § 5 C. 27 § 5
II. II. II. II. 2. c).
E. Pflichten und Haftung der Geschäftsleitungsorgane241
BGB (analog) zu.31 Dieser schützt die Gesellschaft aber nur unzureichend, da gerade in dieser Situation der Sicherungsnehmer nicht bereit sein wird, die Sicherheit freizugeben.
E. Pflichten und Haftung der Geschäftsleitungsorgane 1. Vor Bestellung einer Sicherheit hat der Geschäftsführer die Vermögenssituation des Gesellschafters zu prüfen.32 Hierzu hat er sich Informationen vom Gesellschafter zu beschaffen. Um eine Haftung nach § 43 Abs. 3 GmbHG zu vermeiden, darf er eine Sicherheit nur bestellen, wenn die Inanspruchnahme nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Befindet sich die GmbH im Stadium der Unterbilanz, hat er zudem zu prüfen, ob der Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter nach dem Maßstab des § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG vollwertig ist. Nach der Bestellung der Sicherheit hat der Geschäftsführer nach den vom BGH im MPS-Urteil aufgestellten Maßstäben die Vermögenssituation des Gesellschafters zu überwachen und ggf. den Freistellungsanspruch geltend zu machen. Dabei gilt ein flexibler Maßstab. Die Anforderungen an die Überwachungspflicht erhöhen sich, je größer der Umfang der Besicherung ist und je schlechter sich die Vermögenssituation des Gesellschafters entwickelt.33 2. Die Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit kann eine Haftung nach § 64 S. 3 GmbHG auslösen. Dies gilt sowohl für Personal- als auch für Realsicherheiten. Dass durch die Bestellung einer Personalsicherheit kein Abfluss von Aktiva erfolgt, ist unbeachtlich, da die Zahlungsbegriffe von § 64 S. 1 und S. 3 GmbHG unterschiedlich ausgelegt werden müssen.34 Die Inanspruchnahme der Sicherheit stellt mangels Abwendungsmöglichkeit seitens der Gesellschaft grundsätzlich keine Zahlung nach § 64 S. 3 GmbHG dar. Das Unterlassen der Geltendmachung des Freistellungs- bzw. Rückgriffsanspruchs kann hingegen eine Zahlung darstellen. Hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der Zahlungsunfähigkeit ist dem BGH dahingehend zuzustimmen, dass Ansprüche des Gesellschafters in der Liquiditätsbilanz berücksichtigt werden müssen.35 Liegt die Zahlung in der Bestellung einer Sicherheit und wurde die Zahlungsunfähigkeit durch die Inanspruchnahme der Sicherheit verursacht, so wird eine Haftung nach § 64 S. 3 GmbHG nur begründet, wenn die Inanspruchnahme bereits im Bestellungszeitpunkt über31 § 5
D. A. 33 § 6 A. 34 § 6 B. 35 § 6 B. 32 § 6
I. 2. I. 2. c) bb). II. 1. a). II. 2.
242
§ 9 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen
wiegend wahrscheinlich war.36 Nur in diesem Fall liegt der geforderte Zurechnungszusammenhang zwischen Zahlung und Zahlungsunfähigkeit vor.
F. Konzernrechtliche Aspekte 1. Hinsichtlich der Frage, wann eine Sicherheitenbestellung ein „nachteiliges Rechtsgeschäft“ i. S. v. § 311 AktG ist, liegt trotz der das Gegenteil andeutenden Formulierung des BGH im MPS-Urteil nicht immer ein Gleichlauf mit § 57 AktG vor.37 Ein nachteiliges Rechtsgeschäft kann deshalb in der Bestellung einer aufsteigenden Sicherheit trotz vollwertigen Rückgriffsanspruchs vorliegen, wenn Dritte der Gesellschaft wegen der Sicherheitenbestellung keinen Kredit mehr gewähren. 2. Der Ausnahmetatbestand in § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 AktG muss teleologisch reduziert werden, wenn der Verlustausgleichsanspruch (analog) § 302 AktG nicht vollwertig ist.38
G. Würdigung und Reformbedarf 1. Durch die kapitalerhaltungsrechtliche Behandlung aufsteigender Sicherheiten und Darlehen entsteht eine Gläubigerschutzlücke.39 Die Sicherheit verhält sich wie ein „bilanzielles U-Boot“, d. h., sofern die Vermögenssituation des Gesellschafters im Moment der Sicherheitenbestellung gut ist, kann die spätere Inanspruchnahme der Sicherheit kapitalerhaltungsrechtlich nicht mehr erfasst werden. Die Geltendmachung des Freistellungsanspruchs und der Rückgriffsanspruch bieten nur unzureichenden Schutz. Diese Schutzlücke besteht auch bei aufsteigenden Darlehen, wenn der Rückzahlungsanspruch nach Darlehensvalutierung abgewertet werden muss. 2. Im Recht der englischen Ltd. sind die kapitalerhaltungsrechtlichen Grenzen für die Verlagerung des Risikos der Gesellschafterinsolvenz auf die Gesellschaft ebenfalls liberalisiert worden.40 Das Verbot von financial assistance wurde abgeschafft. Das allgemeine Kapitalerhaltungsrecht der Ltd. gestattet ebenfalls die Verlagerung des Insolvenzrisikos durch die Sicherheitenbestellung, solange die Inanspruchnahme der Sicherheit nicht bereits im Bestellungszeitpunkt wahrscheinlich ist. Ebenso wie das deutsche Recht (§ 64 S. 3 GmbHG) setzt das englische Recht auf eine Geschäftslei36 § 6
B. A. 38 § 7 B. 39 § 8 A. 40 § 8 A. 37 § 7
II. 3. II. I. 2.
G. Würdigung und Reformbedarf243
terhaftung in diesen Fällen. Allerdings greift auch die Haftung der directors bei der Ltd. nicht ein, wenn nicht bereits im Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit deren Inanspruchnahme absehbar war. 3. Die Schutzlücke durch die Entstehung „bilanzieller U-Boote“ lässt sich durch die bisher diskutierten Vorschläge zur Reform des Kapitalerhaltungsrechts (insbesondere das Solvenztestsystem) nicht schließen,41 will man nicht ausschließlich Transaktionen erlauben, die einem strengen Drittvergleich standhalten, bei dem zu fragen ist, ob die Gesellschaft das Geschäft zu ansonsten gleichen Bedingungen auch mit einem Dritten abgeschlossen hätte. Damit wäre allerdings die kapitalerhaltungsrechtliche Zulässigkeit des Cash-Poolings gefährdet, was wiederum der Intention des Reformgesetzgebers evident widerspräche. Ein Sondertatbestand für das Cash-Pooling ist Definitionsschwierigkeiten ausgesetzt. 4. Aufgrund der Tatsache, dass englische Gesellschaftsformen durch die Rechtsprechung des EuGH zur Niederlassungsfreiheit eine Alternative für deutsche Unternehmen darstellen und das Cash-Pooling eindeutige ökonomische Vorteile aufweist, sollte das geltende GmbH-Recht nicht geändert werden.42 5. Für die AG ist dem deutschen Gesetzgeber eine Umsetzung der unionsrechtlichen Möglichkeiten zur Liberalisierung von financial assistance nicht zu empfehlen.43 Der Richtlinie misslingt der Versuch, den Gedanken der Haftungsbeschränkung mittels einer limitation language auf aufsteigende Darlehen zu übertragen. Aufgrund empirischer Untersuchungen in den letzten Jahren zu LBO-Transaktionen sollte die Debatte über die Abschaffung des Verbotes von financial assistance auf Unionsebene neu aufgenommen werden.
41 § 8
A. III.–VI. A. VII. 43 § 8 B. I. 42 § 8
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Sachwortregister Abzinsung – des Darlehensrückzahlungsanspruchs 93 ff. – des Freistellungsanspruchs 96 ff. Aktivtausch 35, 41, 83 ff., 93 Arm’s Length Transaction 216 ARUG – Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie 119 Auskunftsanspruch der Gesellschaft 92 Auszahlungsbegriff – Grundsätze 36 f. – nach Meyer 65 Autokran-Entscheidung 147 Avalprovision – Erforderlichkeit für Vollwertigkeit 92 ff. – Umfang des Ersatzanspruchs bei Fehlen 143 Aveling Barford Ltd. v Perion LtdEntscheidung 214 ff. Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag 28, 122, 202 ff. Bilanzielle Auswirkung (der Sicher heitenbestellung) 76 ff. Bilanzielle Betrachtungsweise 42, 52, 83, 84, 86, 93, 95, 158, 200, 214 Bonität des Gesellschafters 91 f. Bremer Vulkan-Entscheidung 147 Buchwert 35, 41, 42, 95, 214 Business-Judgement-Rule 80 Capital Requirements Regulation (CRR) 20 f., 130 Cash-Pooling 30 ff., 74, 85, 93 ff., 98 ff., 132, 150 ff., 158, 167, 173 f., 197, 218, 225 ff.
Causa Societatis siehe Drittvergleichskriterium Darlehenslaufzeit 68 ff., 92 ff. Darlehensvalutierung 51, 53, 55, 59 ff., 67, 93, 108, 136 Deckungsgebot 73, 88, 95, 98, 107, 195, 200 Director’s Duties 209, 212, 217 ff. Dolo-Agit-Einwand 46, 50, 64, 66 „Doppelschaden“ 121 Drittvergleichskriterium – als alternatives Kapitalschutzmodell 225 f. – bei § 57 AktG 107 f. – bei § 64 S. 3 GmbHG 178 – Berücksichtigung bei Auszahlungen 72 ff. – Berücksichtigung bei Zinsen / Aval provision 96, 98, 143 – in der November-Entscheidung 84 Due Diligence 23, 27, 101, 157 Eigenkapitalquote 20 Erstattungsanspruch der Gesellschaft – Grundlagen 135 f. – Umfang bei aufsteigenden Sicher heiten 136 ff. Existenzvernichtender Eingriff 145 ff. Faktischer Konzern 197 ff. Financial Assistance (71a Abs. 1 AktG) – bei aufsteigenden Sicherheiten 124 ff. – Entstehungsgeschichte 118 f. – im englischen Recht 211 ff. – Zweck 120 ff. Freistellungsanspruch 164 ff.
268 Sachwortregister – Nichtgeltendmachung siehe dort – Parallele zum Kündigungsrecht 56 f. – Schwächen 166 GAMMA-Entscheidung 148 Hidden Profit Distribution 213 ff. „Hin- und Herzahlen“ 103 Inanspruchnahme einer Sicherheit als Auszahlung 64 ff. Insolvenzverursachungshaftung – Zahlungsbegriff 179 ff. – Zahlungsunfähigkeitsbegriff 188 ff. – Zurechnungszusammenhang 191 ff. Jahresabschluss 92, 98 ff. Kapitalrichtlinie 126, 222, 228 ff. Kollateralschäden 146, 149, 159, 177 Kompensationslosigkeit 158 ff. Kreditwürdigkeit siehe Bonität des Gesellschafters Leveraged-Buy-Out (LBO) – Begriff und Ablauf 22 f. – Vollwertigkeit beim LBO 100 ff. Limitation Language – Begriff und praktische Bedeutung 129 ff. – Berücksichtigung bei Bestimmung des Auszahlungsaktes 47 ff. – im Insolvenzverfahren 131 ff. – Notwendigkeit 131 Limited (Ltd.) 208 ff. MoMiG – Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen 31, 40, 51 ff., 72 ff., 85 ff., 100 ff. 178 f. MPS-Entscheidung 172 f. Nachteiliges Rechtsgeschäft (i. S. v. § 311 AktG) 199 f. Nichtgeltendmachung
– des Freistellungsanspruchs 70 f., 141 ff., 176 f., 188, 192 – des Rückzahlungsanspruchs 68 ff. Nichtigkeit und Unwirksamkeit 109 ff. November-Entscheidung 83 ff. Pauschalwertberichtigung 99 f. Personalsicherheiten 44 f., 65 ff., 180 ff. Private Company Limited by Shares siehe Limited (Ltd). Rating 92 Reale Vermögensminderung (im Stadium der Unterbilanz) 41 f., 89 ff., 108, 143, 175 Realsicherheiten 24 f., 44 f., 59, 65 ff., 140, 164, 180 ff. Rückgriffsanspruch – im Rahmen von § 30 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GmbHG 86 ff. – Nichtgeltendmachung als Auszahlung 68 ff. – Vollwertigkeit 89 ff. Rückstellung – Bildung bei aufsteigenden Sicher heiten 76 ff. – Sorgfaltsmaßstab und gerichtliche Überprüfbarkeit 79 f. Sanitary-Entscheidung 148 Schutzlücke (für Gläubiger) 206 ff. Share Buy-Back 210 Sittenwidrigkeit der Sicherheiten bestellung 114 ff. Solvenztest 222 ff. Sondertatbestand (für Cash-PoolSysteme) 226 f. „Stehenlassen“ siehe Nichtgeltend machung Stille Reserve 41, 95 Strukturelle Nachrangigkeit 27, 116 „teilweise“ Vollwertigkeit 102 ff.
Sachwortregister269 Treuepflicht, vertikale 92, 174 Trevor v Whitworth-Entscheidung 210 Trihotel-Entscheidung 148 ff. Unterbilanz – Definition 35 – Herbeiführung durch Sicherheiten bestellung 76 ff. Verlustausgleichsanspruch 202 ff. Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung 59 ff., 186 Vertrag zugunsten Dritter 61 Vertretungsmacht – beim Leveraged-Buy-Out 25 – Fehlen bei Sicherheitenbestellung 117 Video-Entscheidung 147 Vollwertigkeit
– allgemeine Kriterien 90 f. – beim Leveraged-Buy-Out 100 ff. – Berücksichtigung von „Klumpen risiken“ 98 ff. Vorsatz (bei Existenzvernichtung) 161 f. Vorsichtsprinzip 41 f., 78 f., 90 Wahrscheinlichkeit (der Inanspruch nahme der Sicherheit) – als Auszahlung 61 ff. – bei Existenzvernichtungshaftung 152 ff. – bei § 64 S. 3 GmbHG 191 f. – für Rückstellungsbildung 76 ff. Wrongul Trading 220 f. Zinsen 92 ff. Zwangsvollstreckung 65 f.