Jesus - Gestalt und Gestaltungen: Rezeptionen des Galiläers in Wissenschaft, Kirche und Gesellschaft 9783666593628, 9783525593622, 9783647593623


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Jesus - Gestalt und Gestaltungen: Rezeptionen des Galiläers in Wissenschaft, Kirche und Gesellschaft
 9783666593628, 9783525593622, 9783647593623

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© 2013, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525593622 — ISBN E-Book: 9783647593623

Novum Testamentum et Orbis Antiquus / Studien zur Umwelt des Neuen Testaments In Verbindung mit der Stiftung „Bibel und Orient“ der Universität Fribourg/Schweiz herausgegeben von Max Küchler (Fribourg), Peter Lampe, Gerd Theißen (Heidelberg) und Jürgen Zangenberg (Leiden)

Band 100

Vandenhoeck & Ruprecht

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Jesus – Gestalt und Gestaltungen Rezeptionen des Galiläers in Wissenschaft, Kirche und Gesellschaft Festschrift für Gerd Theißen zum 70. Geburtstag

herausgegeben von Petra von Gemünden, David G. Horrell und Max Küchler unter Mitarbeit von Ralph Hochschild und Markus Lau

Vandenhoeck & Ruprecht

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Mit 19 Abbildungen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-59362-2 ISBN 978-3-647-59362-3 (E-Book) © 2013, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen/ Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Satz: Ralph Hochschild Druck und Bindung: Hubert & Co, Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

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Vorwort

Ausgesprochen groß ist das Interessenspektrum von Gerd Theißen. In seinen Lehrveranstaltungen und Publikationen hat er Studierende an diesem Teil haben lassen und auch seinen weiteren Leserinnen und Lesern einen weiten Horizont eröffnet. Im Austausch mit vielen anderen Disziplinen legt G. Theißen in kreativer, die theologische Forschung befruchtender Weise das Neue Testament aus (1) und überwindet kompetent und impulsgebend die Grenzen der neutestamentlichen Disziplin hin zur Praktischen Theologie (2) und zur Systematik (3). (1) Durch Aufnahme strukturalistischer und literatursoziologischer Verfahren hat G. Theißen die formgeschichtliche Beschreibung der Wundergeschichten und die Frage nach deren Sitz im Leben in seiner Habilitationsschrift differenzierend vertieft (Urchristliche Wundergeschichten. Ein Beitrag zur formgeschichtlichen Erforschung der synoptischen Evangelien, 1974.71998)1. Mit soziologischen bzw. sozialgeschichtlichen Fragestellungen hat er – in konsequenter Fortführung der Frage nach dem Sitz im Leben – die sozialgeschichtliche Exegese auch reflektiert und gegen viele anfängliche Widerstände erfolgreich etabliert. Er hat methodische Grundlagen gelegt, diese Grundlagen immer wieder bedacht und sozialgeschichtliche Exegese beispielgebend durchgeführt. Der Ertrag seiner sozialgeschichtlichen Forschungen lässt sich in drei Punkten zusammenfassen. Diese waren gewinnbringend: (a) für die Rekonstruktion der frühchristlichen Geschichte, so in seinen soziologischen Studien zur Jesusbewegung (Soziologie der Jesusbewegung. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des Urchristentums [1977.61991], eine grundlegend überarbeitete und erweiterte Fassung wurde unter dem Titel: Die Jesusbewegung. Sozialgeschichte einer Revolution der Werte, 2004, veröffentlicht) und zum paulinischen Christentum. Hier ragen seine Arbeiten zur sozialen Schichtung der korinthischen Gemeinde hervor

1 Ein ausführliches Schriftenverzeichnis von Gerd Theißen findet sich unter http:// www.theologie.uni-heidelberg.de/fakultaet/personen/theissen.html.

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Vorwort

(WUNT 19, 1979.31989), mit denen er bald auch über die Grenzen der neutestamentlichen Wissenschaft in Deutschland hinaus bekannt wurde. (b) für die Rekonstruktion der urchristlichen Literaturgeschichte. Bahnbrechend wurde hier sein Aufsatz über den Wanderradikalismus, in dem er die große Bedeutung der „Wandercharismatiker“ in der Jesusbewegung für die Überlieferung der Worte Jesu aufgezeigt hat (Wanderradikalismus. Literatursoziologische Aspekte der Überlieferung von Worten Jesu im Urchristentum, 1973). Nach diesen Jüngerüberlieferungen und den in seinen urchristlichen Wundergeschichten herausgearbeiteten Volksüberlieferungen richtete er schließlich sein Interesse auf Gemeindeüberlieferungen (Lokalkolorit und Zeitgeschichte in den Evangelien. Ein Beitrag zur Geschichte der synop­tischen Tradition [1989.21992]). Später fand die gesamte urchristliche Literatur (bis zur Kanonbildung) seine Aufmerksamkeit: Eine kompakte Übersicht bietet er in dem Büchlein: Das Neue Testament (2002.42010). Ein Vortrag vor der Heidelberger Aka­demie der Wissenschaften liegt seinem breit angelegten pragmatischen Grundriss zugrunde: Die Entstehung des Neuen Testaments als literaturgeschichtliches Problem (2007.22011). (c) für die Auslegung des Neuen Testaments. Exemplarisch genannt werden sollen seine Studien: Jünger als Gewalttäter (Mt 11,12f; Lk 16,16). Der Stürmerspruch als Selbststigmatisierung einer Minorität (1995); Die Witwe als Wohltäterin. Beobachtungen zum urchristlichen Sozialethos anhand von Mk 12,41–44 (2003), und erneut seine Studien zur korinthischen Gemeinde (WUNT 19). Gerd Theißen hat nicht nur die Fragestellungen und Theorien der seit den frühen sechziger Jahren in den Vordergrund tretenden Soziologie in die neutestamentliche Wissenschaft eingebracht, er hat auch die Einsichten der zweiten wissenschaftlichen Disziplin, die für seine Generation wichtig wurde, in der Exegese rezipiert: der Psychologie. Auch hier beobachten wir einen methodisch pluralen Zugang. So hat sich G. Theißen (lerntheoretische, psychodynamische und kognitive psychologische Ansätze aufnehmend) der religionspsychologischen Exegese zunächst anhand von paulinischen Texten zugewandt (Psychologische Aspekte paulinischer Theologie 1983.21993) und schließlich eine breit angelegte Psychologie des Urchristentums vorgelegt (Erleben und Verhalten der ersten Christen. Eine Psychologie des Urchristentums, 2007). Auf die Religionswissenschaft rekurriert er zur Beschreibung und Analyse der urchristlichen Religion mit dem Ziel, das Neue Testament und das Urchristentum allen – auch nicht kirchlich beheimateten Menschen – zugänglich zu machen. Damit möchte er die Theologie für den Dialog mit Außenstehenden öffnen und binnenkirchlich zu einer Selbstvergewisserung

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Vorwort

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einladen (Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des Urchristentums, 2000.32003. E-Book 42008). Mit der jüngeren Geschichte der Exegese und der der Phil.-hist. Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, als deren Sekretar er einige Jahre wirkte, setzt er sich anhand von zwei Fachkollegen und Mitgliedern der Akademie der Wissenschaften mutig auseinander. Er zeigt konträr begangene Wege in dunkler Zeit auf und leistet gleichzeitig einen Beitrag zur Aufarbeitung der Vergangenheit innerhalb der Wissenschaft und ihrer Organisationen (Neutestamentliche Wissenschaft vor und nach 1945: Karl Georg Kuhn und Günther Bornkamm, 2009). (2) Nicht „nur“ die Exegese, auch die Vermittlung der Bibel hinein in den Raum der Kirche und der Gesellschaft liegen Gerd Theißen am Herzen: Er predigt regelmäßig, vor allem in der Peterskirche in Heidelberg, wo er viele Jahre auch im Kapitel saß. Seine Predigten, Meditationen und Bibelarbeiten sind inzwischen in mehreren Bänden erschienen und zeugen von seiner Interpretations- und Gestaltungskraft (Die offene Tür. Biblische Variationen zu Predigttexten, 1990; Lichtspuren. Predigten und Bibelarbeiten, 1994; Lebenszeichen. Meditationen und Predigten, 1998; Erlösungsbilder. Predig­ten und Meditationen, 2002; Protestantische Akzente, 2008). Viele Pfarrer­innen und Pfarrer haben sich davon inspirieren lassen, viele „Laien“ gern darin gelesen. Genährt von seinen Predigterfahrungen publizierte er eine zunächst auf Französisch veröffentlichte Predigtlehre (Le défi homilétique. L’exégèse au service de la prédication, 1994/Zeichensprache des Glaubens. Chancen der Predigt heute, 1994.22001). Sie gründet auf biblischen Grundmotiven und deren vielfachen Variationen und will neu zur Predigt motivieren. Aber auch seine Erfahrungen als Gymnasial- und Hochschullehrer hat G. Theißen fruchtbar umgesetzt. Als erster Fachexeget hat er nicht nur eine Predigtlehre, sondern auch eine Bibeldidaktik veröffentlicht – anregend, ermutigend und ausgesprochen nötig angesichts des derzeitig unangemessen niedrigen Stellenwerts der Bibel in diversen Strömungen der Kirche und in Schule und Gesellschaft (Zur Bibel motivieren. Aufgaben, Inhalte und Methoden einer offenen Bibeldidaktik, 2003). (3) Von authentischer Auseinandersetzung mit der Religionskritik auf der Suche nach der „Wahrheit der Religion“ zeugen G. Theißens Argumente für einen kritischen Glauben oder: Was hält der Religionskritik stand? (1978.31988). In ihrer Ernsthaftigkeit haben sie so manchen Studierenden davon abgehalten, das Theologiestudium enttäuscht abzubrechen. In einem systematisch-theologisch ausgesprochen selbstständigen Ansatz unternimmt es G. Theißen ferner, den biblischen Glauben mit Hilfe

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Vorwort

evolutionstheoretischer Kategorien zu analysieren und zu interpretieren, so dass Wissen und Glauben aus dieser umfassenderen Perspektive Gemeinsamkeiten erkennen lassen und sich dadurch der zentrale Gehalt biblischen Glaubens neu erschließt (Biblischer Glaube in evolutionärer Sicht, 1984). Überaus groß ist also das Interessenspektrum von G. Theißen. Sollten wir uns deshalb auf eine Festschrift einigen, die das breite Spektrum seiner Arbeiten aufnimmt? Wir haben diesen Weg nicht beschritten: Die Festschrift sollte sich geschlossen einem Thema zuwenden. So wollten wir nur einen Faden, der sich durch den bunten Teppich der Veröffentlichungen von G. Theißen zieht, aufnehmen: Jesus – seine Gestalt und Gestaltungen. Generationen von Studierenden, Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern und Gemeindegliedern in vielen Ländern hat der „Schatten des Galiläers“ begeistert (Der Schatten des Galiläers. Historische Jesusforschung in erzählender Form, 1986.131993), der auch als Hörbuch erschienen ist (2007). Ein bewährtes und viel studiertes Lehrbuch wurde der zusammen mit A. Merz geschriebene „Historische Jesus“ (1996.42011). Viele wichtige – zum Teil recht verstreut publizierte – Forschungen Theißens fasst schließlich der Band „Jesus als historische Gestalt“ (2003) zusammen, den A. Merz zu dessen 60. Geburtstag herausgegeben hat. G. Theißen hat damals intensiv dafür arbeiten müssen, da er seine Beiträge überarbeitet und aktualisiert hat. Zu seinem 70. Geburtstag soll er nun ein Buch zu Jesus ohne Eigenarbeitsanteil bekommen: „Jesus – Gestalt und Gestaltungen“ ist es überschrieben und soll die „Rezeptionen des Galiläers in Wissenschaft, Kirche und Gesellschaft“ zum Thema haben. In den Aufsätzen spiegeln sich viele Forschungsinteressen G. Theißens: Ein erster Teil wendet sich Jesus und der Jesusbewegung im historischen Kontext zu, ein zweiter Jesus in den Evangelien und ein dritter den Gestaltungen Jesu in den neutestamentlichen Briefen. Ein vierter Teil behandelt Jesus und andere Heilsgestalten in der zeitgenössischen Ikonographie und Literatur. Ein fünfter Teil geht der Geschichte und Theologie in der Jesusforschung nach, ein sechster beinhaltet neue Perspektiven und Ansätze in der Jesusforschung. Der siebte und letzte Teil schließlich hat Gestaltungen Jesu in gegenwärtigen kirchlichen und gesellschaftlichen Kontexten zum Thema. Die Herausgeber dieses Bandes wurden von Sabine Fartash, Markus Lau und Ralph Hochschild tatkräftig unterstützt: S. Fartash hat die deutschsprachigen Beiträge formal korrigiert, M. Lau inhaltlich. Darüber hinaus hat er die vielfältigen Arbeitsschritte in enger Zusammenarbeit mit dem Verlag und den Herausgebern koordiniert. Vielen herzlichen Dank für die

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Vorwort

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aufwendige, zuverlässige Arbeit und das kontinuierliche Mitdenken! Dr. R. Hochschild hat maßgeblich bei der Erstellung des Manuskripts mitgewirkt, das Register erstellt und auch darüber hinaus seine Kompetenzen großzügig eingebracht. Dies war eine ausgesprochen große Hilfe für uns! Die redak­tionelle Betreuung der englischsprachigen Beiträge lag schließlich in den Händen von David Horrell. Für einen Druckkostenzuschuss haben wir dem Hochschulrat der Universität Freiburg/Schweiz, der badischen und bayerischen Landeskirche, den Landeskirchen von Hessen-Nassau und der Pfalz ganz, ganz herzlich zu danken! Die Studien erscheinen als hundertster Band in der Reihe Novum Testamentum et Orbis Antiquus, deren Mitherausgeber G. Theißen seit Beginn der Reihe im Jahr 1986 ist. Mit großem Interesse und viel Engagement hat er die Bände dieser Reihe begleitet – die Vielfalt der methodischen Zugänge (von der Sozialgeschichte bis zur Ikonographie) und das Anliegen, das Neue Testament im Rahmen der antiken Welt zu verstehen, kommen seinem Wissens- und Erkenntnisdurst entgegen. Die anderen Mitherausgeber der Reihe haben der Veröffentlichung gerne zugestimmt und der Verlag Vandenhoeck & Ruprecht hat das Projekt in Person von Herrn Jörg Persch und Herrn Christoph Spill freundlich und tatkräftig unterstützt. Vielen Dank auch an die ungenannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Verlag. Zu dieser Festschrift haben Schülerinnen und Schüler von Gerd Theißen, Humboldt-StipendiatInnen, die er betreut hat, und Kolleginnen und Kollegen Studien beigetragen. Die Beiträge sollen ein kleiner Ausdruck unseres Dankes sein für seine zahlreichen Anregungen, für interessierte und interessante, intensive Gespräche, für sein ernsthaftes, vielseitiges Engage­ ment und freundliches Da-Sein in Fairness und motivierender Zugewandtheit. Im Februar 2013 Petra von Gemünden David Horrell Max Küchler

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Inhalt

I. Jesus und die Jesusbewegung im historischen Kontext Bengt Holmberg Was Jesus Humble?  ����������������������������������������������������������������������������������  15 Wolfgang Stegemann Hat Jesus die Speisegesetze der Tora aufgehoben? Zur neuesten kontroversen Einschätzung der traditionellen Deutung des sog. „Reinheitslogions“ von Mk 7,15  ��������������������������������������������������������������  29 Peter Balla How Radical is Itinerant Radicalism? The Case of Luke 14:26  ��������������  51 Christian Grappe Jésus, l’irruption du Royaume et le rapport nouveau au Temple et à la pureté qu’elle induit  �����������������������������������������������������������������������  63 Catherine Hezser The Jesus Movement as a “Popular” Judaism for the Unlearned  ������������  79 Takashi Onuki Auch „die Toten“ haben Zukunft. Eine neue Lektüre von Mt 8,21f/Lk 9,59f  ���������������������������������������������  105

II. Jesus in den Evangelien Gudrun Guttenberger Ethnizität im Markusevangelium  �����������������������������������������������������������  125 David Álvarez Cineira The centurion’s statement (Mark 15:39): A restitutio memoriae  �����������  153 Ulrich Luz Die Geburtsgeschichten Jesu und die Geschichte  ����������������������������������  169

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Inhalt

Philip F. Esler Judean Ethnic Identity and the Matthean Jesus  �������������������������������������  193 Matthias Konradt Matthäus und Markus. Überlegungen zur matthäischen Stellung zum Markusevangelium  �������������������������������������������������������������������������  211 Hanna Roose Jenseits der Verlorenen – Mitglieder der Gemeinden. Sklavinnen und Sklaven im lukanischen Doppelwerk  ����������������������������������������������  237 Petra von Gemünden Affekte in den synoptischen Evangelien. Die Bedeutung der literarischen Gattung für die Darstellung von Zorn, Begierde, Furcht/Angst und Neid  ����������������������������������������������������������  255

III. Gestaltungen Jesu in den neutestamentlichen Briefen Harry O. Maier Jesus, the Great High Priest: A Political Reading of Hebrews’ Christology in the Ruins  ��������������������������������������������������������  285 David G. Horrell The Image of Jesus in 1 Peter and its Paradigmatic Significance: Sociological and Psychological Correlations  �����������������������������������������  299

IV. Jesus und andere Heilsgestalten in der zeitgenössischen Ikonographie und Literatur Max Küchler Jesus von Nazaret und Schime῾on ben Kosiba. Zwei „Könige der Juden“ und ihre Sterne in Texten und auf Münzen  �������������������������������������������������������������������������������������  317 Peter Lampe Jona in der Jesustradition des ersten Jahrhunderts auf der Grundlage literarischer und archäologischer Zeugnisse  ������������������������  347

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Inhalt

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V. Geschichte und Theologie in der Jesusforschung Matti Myllykoski Jesus, der Jude, in der Tübinger Schule. Ein Beitrag zur Vorgeschichte des liberalen Jesus-Bildes  ���������������������  373 Halvor Moxnes When did Jesus become a Galilean? Revisiting the Historical Jesus debate of the Nineteenth Century  ���������  391 Ralph Hochschild Eschatologischer Prophet oder „Non-Eschatological Jesus“? Wissenschaftssoziologische Überlegungen zur Rezeption von Johannes Weiß: „Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes“  �����������������  411 Daniel Marguerat Historical Jesus and Christ of faith: a relevant dichotomy?  ������������������  429 Robert Morgan “Jesus belongs to two religions”: the Jewish and Christian identities of “Jesus who is called the Messiah/Christ”  ��������������������������  449

VI. Neue Perspektiven und Ansätze in der Jesusforschung Martin Ebner Die Exorzismen Jesu als Testfall für die historische Rückfrage. Die Herausforderung des linguistic turn als Chance für die exegetische Wissenschaft  �����������������������������������������������������������������������  477 Samuel Byrskog Theißen, Form-Criticism and Social Memory: Ways to Reconfigure Jesus the Galilean  ������������������������������������������������  499 Tom Holmén “Jesus of Context”: Putting Perspective in Perspective  �������������������������  515 Christian Strecker Jesus als Schamane? Anmerkungen zur kulturanthropologischen Jesusforschung  �����������������  537

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Inhalt

István Czachesz Jesus’ Religious Experience in the Gospels: Toward a Cognitive Neuroscience Approach  �������������������������������������������������������������������������  569 Annette Merz Wie verändert die Genderforschung die Frage nach dem historischen Jesus?  ���������������������������������������������������������������������������������  597 Dagmar Winter Jesus, rural identity and community  ������������������������������������������������������  623 Vicky Balabanski The Prayer of Jesus as an inspiration and call to ecumenical unity: looking for “Jesuanic resonance” in John 17:20–21  ������������������������������  635 Bernhard Mutschler Jesus als Lehrer der Gerechtigkeit. Überlegungen zu Gestaltungen des Galiläers in der diakonischen, sozialen und pädagogischen Hochschullehre  �����������������������������������������  651 Hubert Meisinger Christologische Metaphern und Bilder in der modernen Welt. Der lange „Schatten des Galiläers“ in Naturwissenschaft, Poesie und Kunst  �����������������������������������������������������������������������������������  673 Stellenregister  ����������������������������������������������������������������������������������������  696 Autorinnen und Autoren  ������������������������������������������������������������������������  705

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Bengt Holmberg

Was Jesus Humble?

Why ask this question? Because one argument in the discussion about whether Jesus had a messianic self-understanding – a “Christology”, as it were – is that he was too humble to make so high claims for himself. According to the prevailing opinion in at least Western culture, Jesus was a man of noble character and therefore cannot have had a very high opinion of himself. “��������������������������������������������������������������������� Though saints and Spirit persons are a bit crazy, when judged by conventional standards, they typically do not think of themselves in grandiose terms. ������������������������������������������������������������������� I don’t think people like Jesus have an exalted perception of themselves,” says Marcus J. Borg.1 So, the thinking goes, the very character of Jesus speaks against the probability that he had a “messianic consciousness”, or in other words thought of himself as a uniquely insightful representative or spokesman for God, and ascribed to himself unparalleled revelatory and expiatory powers. The historical Jesus was a sensible and morally responsible person, and therefore must have had a humble, non-assertive and unexalted view of himself and his own importance – a low Christology, if any. A variant of this approach was recently given in the work of Matthias Kreplin, ������������������������������������������������������������������ who argues that although Jesus took himself to be God’s eschatological representative, his own moral teaching with its insistent demand to act humbly constrained him to denounce titles, decline honours, and say as little about himself as possible.2 One problem for his reconstruction is that Kreplin 1  In M.J. Borg/N.T. Wright, The Meaning of Jesus: Two Visions (San Francisco: Harper & Row, 1999), 146–7; quoted from D.C. Allison, “The Historian’s Jesus and the Church”, in B.R. Gaventa/R.B. Hays (ed.) Seeking the Identity of Jesus: A Pilgrimage (Grand Rapids and Cambridge: Eerdmans, 2008), 79–95, on p. 89. “What Jesus was like” operates here as a known fact before any evidence pro et contra is introduced into the discussion of what Jesus could have thought about himself. In his book Constructing Jesus: Memory, Imagination and History (Grand Rapids: Baker Books, 2010), 254–63, Allison characterises Borg’s statement as “ahistorical prejudice” and goes on to present and discuss numerous examples, especially from Jewish and Christian history, of people who had exalted perceptions of themselves, without being obviously foolish or mentally ill, but rather intelligent, well educated and personally considerate towards others. 2  M. Kreplin, Das Selbstverständnis Jesu. Hermeneutische und christologische Reflexion. Historisch-kritische Analyse (WUNT 2.141; Tübingen: Mohr Siebeck, 2001), which is summarized in his essay “The Self-Understanding of Jesus”, in T. Holmén/S.E. Porter (ed.), Handbook for the Study of the Historical Jesus. Vol. 3. The Historical Jesus (Leiden, Boston: Brill, 2011), 2473–516.

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Bengt Holmberg

comes to the conclusion that Jesus’ Yes to Caiaphas’ question in Mark 14:62 is authentic. Jesus’ acceptance of the title Messiah at this point is however, explains Kreplin, not a claim to high honour. It is given because a denial would amount to an attempt to save his own life, thus shirking the divinely ordained humiliation awaiting him.3 One could ask, of course, if we really know that Jesus did not have “serious psychological difficulties” (as John Knox put it) and was at least slightly insane.4 Why not test unflattering ideas about Jesus and see if they have explanatory value? According to Albert Schweitzer, Jesus was a man whose ideas about the world and himself were (proved) simply wrong and of course unusable for a present-day Christian theology and faith. Whether right or wrong in finding a thorough-going eschatology characteristic of Jesus, Schweitzer certainly did not let his 20th century theology determine the outcome of his historical reconstruction of 1st century Jesus. Schweitzer is, however, an exception. Many exegetes do think that a causally exclusive relation exists between a sane, unassuming humility on one side and a pretentious, “messianic” self-conception on the other. If humility is high, self-esteem and claims to importance must be low, but if someone has a very high opinion of himself, real humility is lacking. Applied to Jesus, this mutual exclusivity means that if Jesus was humble and sane, anything in the gospels indicating that he had a messianic consciousness can only reflect the Christological bias of his followers. So, the question has to be asked: Was Jesus humble?

Can we know whether Jesus was “humble”? Dictionary definitions of “humble” point to the two sides of this term: (a) the fact of having a low rank or position in society or in an organization (to belong to the humiliores in Roman society, for instance), and (b) the inner disposition of having a low opinion of oneself and a high opinion of others,

3  Kreplin, Selbstverständnis, 319–20, and “Self-Understanding”, 2515. C.H. Dodd once formulated a weighty argument against this expediency interpretation: “Yet a title which he would not deny to save his life cannot have been without significance for him. Messiah he was, in his own sense of the term”. C.H. Dodd, The Founder of Christianity (London: Collins, 1971), 111. 4  “Many have worried that if Jesus thought of himself as the Messiah or as destined to return on the clouds of heaven as ‘the Son of Man,’ then he probably had ‘serious psychological difficulties.’” Quoted by Allison, “Historian’s Jesus”, 89, from John Knox, The Death of Christ: The Cross in New Testament History and Faith (Nashville: Abingdon, 1958), 58, with 67 and 70–1.

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Was Jesus Humble?

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towards whom respect is shown.5 A humble person is unassuming, respectful towards others, willingly insignificant, the opposite of proud. Humble persons can deny themselves things that they actually own or have a right to, and accept being treated worse than they deserve. The opposite of being humble is to be self-assertive. A person who when among others takes a lot of social space, demands to be heard and respected, or even obeyed, and who ascribes great importance to his or her own person, action and program, demonstrates the opposite of humility, namely a high self-perception. Surrounding society can consider such self-esteem reasonable and adequate, or as being arrogant and proud in a bad sense. But the verdict on adequacy from onlookers does not in itself affect the fact of a person’s self-perception. But can anything of historical value can be said about the inner disposition and self-understanding of a person that lived two thousand years ago? The answer is yes. It is not a question of attempting a psycho-analysis of Jesus. As with all humans, the overall pattern of Jesus’ visible actions and the character of his relations with other people – researchable matters – are viable indicators of at least the contours of a self-understanding. To take just one example: Among visible patterns in the life of Jesus is that he took the role of teacher, called disciples to be with him, and taught publicly. In teaching, he did not avoid conflict and disagreement about important matters, but showed remarkable self-confidence and independence, thus revealing something important about what he thought about himself. 6 In his illuminating discussion of the question whether the sources we have are sufficient to know anything historical about Jesus, Dale Allison points out the fact that “almost all the material, is open to interminable debate, and precisely because our arguments and criteria are just too weak to resolve much of anything.”7 The alternative to simply giving up the attempt to know anything historical about Jesus is, according to Allison, to trust the traditions about Jesus as being generally reliable, and “generally” means in 5  Longman Dictionary of Contemporary English. New edition (Harlow, Essex: Longman Group UK, 1987), 511. Low social worth and low self-esteem were closely connected in antiquity, and calling someone humble (ταπεινός) was rarely meant as praise, as clearly shown by R. Leivestad in “Ταπεινός – ταπεινόφρων”, NovT 8 (1966) 36–47. 6  See, for some Nordic examples: S.-O. Back, Jesus of Nazareth and the Sabbath Commandment (Åbo: Åbo Akademi University Press, 1995); T. Kazen, Jesus and Purity Halakhah: Was Jesus Indifferent to Impurity? (ConBNTS 38; Stockholm: Almqvist & Wiksell, 2002; Winona Lake: Eisenbrauns, 2010); T. Hägerland, Jesus and the Forgiveness of Sins: An Aspect of his Prophetic Mission (SNTSMS 150; Cambridge: Cambridge University Press, 2012). 7 ��������������������������������������������������������������������������������������  D.C. Allison, “Historian’s Jesus”, 81. Page references in the following report of Allison’s argument are to this essay. Allison follows a line of reasoning that he used earlier in his book Jesus of Nazareth: Millenarian Prophet (Minneapolis: Fortress, 1998), esp. ch. 1, pp 1–77.

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Bengt Holmberg

its contours and broad features, “certain themes, motifs, and rhetorical strategies that are consistently attested over a wide range of material” (84). It is possible to present catalogues of gospel material that point to a common conviction about Jesus, such as the belief that Jesus’ ministry implemented the defeat of satanic forces or that Jesus had a disciple named Peter. “What counts is not the isolated units but the pattern they weave, or the larger images they form” (85). Allison labels the fact that there are many stories and sayings from various sources with a common overall image of Jesus “recurrent attestation” (87) – and there are many such patterns (on pp. 86–87 he lists nine). Concerning Jesus’ self-conception he catalogues sixteen text units, which together give the image of Jesus seeing himself as the eschatological redeemer of Israel (pp. 89–91). I am not contending (or denying) that Jesus formulated any of the sayings just cited or that any event or circumstance referred to must be deemed historical. I am rather displaying a pattern. Jesus’ starring role in the eschatological drama is all over the tradition, in words attributed to him and in words assigned to others, in stories as well as sayings.

How should we think about this? We have three options. First we may trust the sources and decide that Jesus believed himself to be the eschatological redeemer of Israel. Second, not knowing what to make of the sources, we may shrug our shoulders and confess ignorance: we just do not know what Jesus thought about himself. Third, we may distrust and even contradict the sources and assert that Jesus did not think himself to be Israel’s deliverer.8

Allison goes on to point out that the third option is not a historically viable position, as it operates in a fashion contrary to ordinary historical method by first disqualifying everything that the ancient sources say, then going on to “use” the same sources and their false memories so cleverly that we see through their obfuscation and discover what Jesus was really up to. In reality, the third option comes close to dispensing with the ancient sources altogether. But in this matter also the second alternative, “agnosticism[,] is not obligatory” (92). Labelling Jesus the Messiah (Christos), the divinely appointed end-time leader of Israel, is done already in pre-Pauline tradition; the Roman authorities are reported to have crucified him precisely on the charge that he pretended to be “King of the Jews” (Mark 15:26), and this squares with a long catalogue of gospel material of various sources and character witnessing to “Jesus’ starring role in the eschatological drama” (91). There is good reason, then, to choose the first alternative and see this as originating in the minds of Jesus and his disciples before Easter.

8

 Allison, “Historian’s Jesus”, 91.

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So Allison concludes that we really can choose the first alternative, to trust the sources. And the picture they give of Jesus’ identity is summarized as follows: Every piece of evidence we have indicates that from the beginning, Jesus, whatever appellation he did or did not bestow upon himself, was the leader, and everyone else a follower. He was the teacher while everyone else usually listened; he was the main actor while everyone else for the most part observed. There is no tradition in which Jesus is not front and center.9

Is such a person humble?

Did Jesus claim to be humble? Do we find an answer by looking at what Jesus himself said about his humility? According to the first gospel he did say: Take my yoke upon you, and learn from me; for I am gentle and humble in heart (ταπεινὸς τῇ καρδίᾳ), and you will find rest for your souls (Matt 11:29, NRSV).10

But, even granted that Jesus actually made this statement, here he is not commenting upon his character, his social behaviour or his type of relations to other people. Rather he intends to make clear that the reason why one should learn from him (“take my yoke upon you”) is that he knows more about and stands closer to the Father than anyone else, much like divine Wisdom says in Prov. 8:22–9:6 or in Sirach 6 and 51. And this Wisdom-like humility is humility in relation to God, to whom Jesus claims to be completely yielded and obedient. Read in its context, this saying signifies extraordinary closeness to God rather than a low self-perception in relation to other (human) teachers, and does not serve as evidence for humility in an ordinary sense of the word. There is another difficulty in using a person’s statements about one’s own humility as evidence for that humility, necessitating a short digression. A person who characterizes himself as “humble” exhibits a somewhat selfreversing logic.11 What is meant by self-reversal can be illustrated by 9  Allison, “Historian’s Jesus”, 92–3. 10  Leivestad points out that the addition of τῇ καρδίᾳ is not an intensification (“really, inwardly humble”) but a limitation of the area or aspect within which the said person is lowly, i.e., the heart or inner attitude. The bare ταπεινός is not a synonym to πραϋς, but in most cases retains the connotation of “low, base, miserable”, although in some late (mostly Christian) occurrences it has taken on a transferred, positive meaning; Leivestad, “Ταπεινός”, 44. 11  Ben F. Meyer gives a clear and illuminating discussion of self-reversals, especially in ch. 3, “Self-Reversals, Horizons, Dialectic” of his book Reality and Illusion in New

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someone saying: “I am the most intelligent person in the world because my mother says so.” As it is not a demonstration of high intelligence to build such an enormous claim simply on the verdict of one’s doting mother, the very act of making that statement proves that it is not true. It is a kind of contradictio in adjecto, abolishing or annulling what one says by saying it. The same self-reversal seems to apply to persons talking about their own humility. A former colleague in Lund, who became professor in Göttingen and then bishop in Skara, was known for his parting shot to a coffee-room conversation: “Well, friends, you can say whatever you like about your achievements, but nobody beats me in humility”. This is of course intentional and humorous self-reversal, because it is obvious that (a) for a truly humble person it would be psychologically impossible to bring himself or herself to say such a thing seriously. And (b) it is also logically impossible to brag about your humility without losing it. The examples above are extreme and obvious cases. But all self-praise is not self-contradictory. Every person reading this can truthfully say: “I am an intelligent person”, while it is more doubtful that every reader truthfully could say: “I am humble”. But – and here I have no reply – is it out of reach for any human being to do so? Could not a case, or better, a person, be imagined from whom such a statement would not be ridiculous, but actually both serious and truthful? Or are we compelled to make a distinction between visible and therefore morally admissible qualities we have like intelligence, physical strength and knowing how to write poetry in Urdu on one side, and on the other side “inner” qualities or virtues such as humility and sheer goodness, which will inevitably be soiled by admitting to have them? Is a good and humble person no longer good if s/he knows and thinks about the fact? This question has to be left unanswered, but in conclusion it might be wiser not to include Matt 11:29 in the evidence against an exalted selfperception of Jesus.

Did Jesus act humbly? There are elements in the gospel tradition that do evidence a humble attitude of Jesus: He never uses or advocates violence, except for one short episode in the temple where he forced a stop to the money-changing and sale of sacrificial animals. At all other times he refrains completely from playing in the same Testament Scholarship: A Primer in Critical Realist Hermeneutics (Collegeville: Michael Glazier, 1995).

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arena as the politically powerful, the arena of power and violence. He accepts what evil is done to him and does not defend himself against it, nor does he retaliate even verbally with threats or predictions of divine punishment to his tormentors. He lived his own rule: “If anyone strikes you on the right cheek, turn the other also” (Matt 5:39). Further, Jesus does not go to the rich, mighty, learned and influential people in his society, but to ordinary people, and especially to those marginalized and unimportant. He has a ministry to all of Israel, but he does not begin from above, but from below in the people, from the grassroots, out in the dirty margins. Jesus even programmatically chooses bad company, people who do not even pretend to care about the commandments of the Torah – toll collectors, prostitutes, “sinners”.12 This is notable, since a person who is not highly placed, rich or influential, can at least strive to be righteous in the eyes of God and to keep away from unrighteous and morally polluting people. The Psalms contain several examples of this pious attitude, and being fastidious in choosing one’s company was characteristic of devout Jews, such as the Pharisees. But Jesus freely accepts and seeks company with the unrighteous that a good person should shun, knowing very well that this throws a shadow of impurity and unrighteousness on him as well, thus compromising the God he speaks about and wants to represent. In line with this, Jesus can quote and in one sense agree with people’s negative characterizations of him, such as being “a glutton and a drunkard” (Q 7:34), which echoes the statute in Deut 21:20 that an adult son who recklessly disobeys his parents, shall be stoned to death. He could say (Q 12:53) that he has not come to bring peace on earth, but the opposite. He will divide families in a way that Micah 7:6 denounces as symptom of national sin before God.13 So, Jesus quotes Scripture against himself in a daringly self-ironical manner. This hardly expresses, however, any humble remorse for the social effects of his ministry, nor is it a proud rebellion against the judgment of the word of God. What Jesus is saying here is something like this: “I know and accept that I look bad, a destroyer of families, one who dissolves all good order. But the turbulence caused by my ministry is part of my sending from God. I have

12  J.P. Meier, A Marginal Jew, vol. 3: Companions and Competitors (Doubleday: New York, 2001) 528: “Nothing could be further from the spirit and the practice of Qumran than Jesus’ free-wheeling wining and dining with the social and religious ‘riffraff’ of Israel, the toll collectors and sinners.” 13  One of the good shocks in reading Gerd Theissen’s The Shadow of the Galilean (London: SCM, 1987), is the recognition (from pp. 70–3) that Jesus actually must have caused this kind of family disruption in a number of Galilean families – and thought it right to do so!

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not come to bring peace on earth; I have come to bring fire, the kingdom of God. That is more important than anything else!” Jesus uses a technique of self-stigmatization here, a technique of proclamation through provocation. He willingly plays a role that will draw the criticism of righteous people upon him. But self-stigmatization is a case of inverted logic: He acts as one worthy of contempt and repudiation, taking on a social role of sinner or rebel or norm-breaker. But this is done in the self-confident conviction that he will eventually be vindicated as good, righteous and true, probably by all good people, but definitely and most importantly by God.14 The ultimate self-stigmatization of Jesus is of course his death, clearly foreseen and deeply feared, but in the end willingly accepted. We will return to that. For now, we conclude that humility does appear in the actions of Jesus, but shot through with and somewhat undermined by self-stigmatization.

Humility in Jesus’ teaching Jesus programmatically taught humility and demanded humble praxis from his own circle. A typical statement is the one about the great reversal: “All who exalt themselves will be humbled (ταπεινωθήσεται), and those who humble themselves (ταπεινῶν ἑαυτὸν) will be exalted” (Luke 14:11; Matt 23:12). The saying is repeated as the conclusion to the parable of the Pharisee and the tax collector in the temple (Luke 18:14). In Luke 14 Jesus observes the usual status-seeking scramble for honourable placing at the table, and teaches the opposite: one should go for the humble places and actively not seek honour and status. And when inviting people to a festive meal, one should invite people who cannot return the honour. The disciples are told in Matt 23 to avoid titles of honour, as they are all equal brothers, under one Father and one Teacher. The direction is again: practice humility, oppose in action society’s “natural” order of rank and everything that upholds that system. More than once, Jesus’ direct and explicit teaching about this is caused by the eager discussion of his disciples of the question who is the greatest 14  On self-stigmatization see the important monograph of H. Mödritzer, Stigma und Charisma im Neuen Testament und seiner Umwelt: Zur Soziologie des Urchristentums (NTOA 28; Freiburg (Schweiz)/Göttingen: Universitätsverlag/Vandenhoeck & Ruprecht, 1994), which has been taken up by his Doktorvater Gerd Theißen, e.g., in his study on the self-characterization of the Jesus group as “violent” robbers as a case of self-stigmatization, “Jünger als Gewalttäter (Mt 11,12f; Lk 16,16). Der Stürmerspruch als Selbststigmatisierung einer Minorität”, in G. Theißen, Jesus als historische Gestalt. Beiträge zur Jesusforschung (FRLANT 202; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2003) 153–69.

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among them (when Jesus is king, who will be his prime minister?). In Luke 22:24–30 we meet again this upside-down teaching about high and low, where the placing at the table during the Last Supper with Jesus had led the disciples to take up a favourite discussion on rank. Jesus comments: The kings of the gentiles lord it over them; and those in authority over them are called benefactors. But not so with you; rather the greatest among you must become like the youngest, and the leader like one who serves. For who is greater, the one who is at the table or the one who serves? Is it not the one at the table? But I am among you as one who serves. You are those who have stood by me in my trials; and I confer on you, just as my Father has conferred on me, a kingdom [βασιλεία, here: kingship, royal power], so that you may eat and drink at my table in my kingdom, and you will sit on thrones judging the twelve tribes of Israel.

This grandiose vision of Israel’s future correlates with nothing in the actual life of the Jesus movement of the first century – and is therefore hardly a retrojection of any leadership or church structure; the Twelve do not appear as a group actually leading anything in the earliest church. So, most likely this unfulfilled saying emanates from Jesus himself, and tells much about the not very humble understanding he had of himself and his mission. This teaching is paradoxical, however, because (1) it enjoins a farreaching humility, with reference to Jesus’ extreme humbling of himself as the example to emulate, but (2) does so on the basis of a sovereign selfconception of being the future king – a highness that is also given to the disciples. Jesus is high but makes himself low. This lowliness is temporary, a passing phase that will turn into its opposite with eternal power and glory. This combination of highness and voluntary degradation, which we might term a sovereign humility, is not a humble, unassuming way to think about oneself.

Evidence of self-assertiveness and high claims It is not difficult to point to sayings, attitudes and actions from Jesus that strengthen the case for concluding that Jesus had a self-understanding that was not humble in the ordinary sense. A few examples will have to suffice. (a) As noted above, and denied by very few, Jesus was a teacher in public, and a quite independent and provocative one, too. That kind of public appearance tells any onlooker, also two thousand years later, that here is a man who claims to have very important things to say, because of special knowledge and a special task. As he talks to the people of God about what God is about to do for them and how they should react and change to prepare for it and receive it, we can safely conclude that this preacher-prophet

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thought himself in some way sent and authorized by God. He spoke with authority.15 (b) “Woe to you, Chorazin! Woe to you, Bethsaida? For if the deeds of power done in you had been done in Tyre and Sidon, they would have repented long ago in sackcloth and ashes.” (Matt 11:21). A man who says or in other ways transmits the message: “You disregard what I do and say at your own peril – as you will find out on Judgment Day”, attaches an enormous importance to his own person, words and acts, and cannot be characterized as a humble person in any ordinary meaning of the word. (c) Many scholars think that what Jesus said about the Baptist and himself in Matt 11:2–19 (par. Luke 7) originates with Jesus himself. There he sees himself as one in a pair, John and Jesus, who are both sent by God to Israel to proclaim the near arrival of God in his power to judge and redeem; both of them will meet deadly resistance because of this. John is the greatest man ever born, says Jesus, and yet he is only the forerunner. The kingdom itself is now trickling forth through what Jesus is doing. Even if his great mentor and near-martyr in prison is having doubts about the identity of Jesus, Jesus cannot swerve from his task but only hope that John will understand, with the help of Scripture (esp. Isaiah), who he really is. In the text where John from prison puts the question to Jesus: “Are you the one who is to come?” (Matt 11:3 with parallels), it is clear that Jesus’ answer is a veiled Yes. But he gives this answer in the form of showing and inviting John to see how his (Jesus’) miracles of healing are a fulfilment of the scriptural promises from God to liberate his people from all their sufferings. John had imagined that the One who is to come would act more like a cleansing judge against all evil, but Jesus posits his own model for this last-day representative of God: the healer, comforter, liberator and redeemer. (d) When asked by the Sanhedrin delegation by what authority he dared to disrupt the due process of the Temple (Mark 11:27–33, with parallels), Jesus answers with a reference to the Baptizer. This reply is not, as often understood, a diversionary move or a refusal to answer the question about his authority. It is an argument concerning his authority – and at the same time an attack on the authority of the Sanhedrin. The line of argument goes like this: John baptized on authority from heaven, as everybody knows but you dare not admit. Likewise, I act on authority from heaven, although you from Sanhedrin just admitted – quite truthfully – that you don’t know and cannot recognize such authority even when you see it. So why do you ask? 15  Leander Keck comments on Matt 7:28, “He taught them as one who had authority, and not as their scribes”: “Whoever teaches authoritatively is confident that what is taught is utterly true.” L.E. Keck, Who Is Jesus? History in Perfect Tense (Minneapolis: Fortress, 2001), 101.

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(e) The group of twelve close disciples around Jesus is today generally believed to have been historic reality. The remarkable thing about them is that their main function will come into being only in the future, “at the renewal of all things” (Matt 19:28). “I confer on you... royal power, so that you may eat and drink at my table in my kingdom, and you will sit on thrones judging the twelve tribes of Israel” (Luke 22:29–30). This conferral of royal power is understood by Theißen as sharing out the messianic task to the group nearest around Jesus, a “Gruppenmessianismus”. They will be rulers, each one of them a vassal king over one of the twelve tribes of Israel. It goes without saying that the great King of the restored, complete Israel will then be their master, Jesus.16 We should conclude, I think, that the obvious “humility” of Jesus in some regards was coupled with remarkable self-confidence, of a sometimes provocative nature. He was not a seeker of ordinary power, and seems to have chosen a marginal, sometimes self-stigmatizing, position in his society. But he also claimed extraordinary access to holy knowledge and closeness to the God of Israel. So his humility is a paradoxical mix of accepting lowly roles and claiming for the future the most glorious roles for himself and his followers.

God as the reference point for Jesus’ humility The paramount arena for testing the humility or self-assertiveness of Jesus is how and why he met his death as he did. As Albert Schweitzer said, Jesus went up to Jerusalem in order to die, but – we must add – not because he wanted to die (cf. the δεῖ-sayings, such as Mark 8:31). The Gethsemane narrative seems to be proof (because so very hard to imagine as an invention by the Christ-believing church) of the fact that Jesus objected to his coming end, right up to the end. The death he foresaw meant an utter humiliation in regard to human society, which he naturally wanted to avoid, but finally accepted as God’s will for him. He humbled himself, ἐταπείνωσεν ἑαυτὸν, as Paul says in Phil 2, he bowed his own will under the will of his Father in heaven, as he had taught his disciples to do, γενηθήτω τὸ θέλημὰ σου (Matt 6:10). I would also contend that his obedience was not blind obedience, obeying a cruel fate without having any idea at all why this was demanded of him. Jesus did not doubt that he was valuable in the eyes of the Almighty, which 16  G. Theißen, Von Jesus zur urchristlichen Zeichenwelt: “Neutestamentliche Grenz-. gänge” im Dialog (NTOA 78; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2011), 50.

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is why his death is meaningful and valuable too. It is suffered for the sake of others, as some kind of λύτρον or redeeming sacrifice (Mark 10:45, and cf. the interpretation of bread and wine at the last supper [Mark 14:22–24 and par.]). This acceptance of God’s will as the final reference point for deciding the outcome and the meaning of his life is evidence that the humility of Jesus was ultimately oriented towards God and not towards the surrounding society and its leaders. This, I conclude, was the root of Jesus’ robust self-confidence about the rightness of what he was doing. He was self-assertive because humble – before his divine Father.

Conclusion: No conflict between humility and self-confidence The opposition that is usually posited between humility and self-assertiveness is not a necessary one. To assert oneself and make demands of being met with respect must not mean that one has too high opinions of oneself. A teacher who comes into the classroom and demands silence in order to begin talking to the students is not thereby demonstrating haughtiness and a lack of humility. It is perfectly adequate for her to demand to be heard, because she is leading in learning, and learning requires (among other things) attention to the teacher without constant interruption. So, a person who has exactly so high opinions of her- or himself as is true and adequate in the situation may be self-assertive, but not therefore lacking in humility. He or she is simply self-confident. Personal humility must be combined with truth, if it is not to degenerate into unprincipled self-hate and servile submissiveness. A disciple of Jesus is required to deny him- or herself, or in other words to accept hardship and undeserved suffering, but to deny oneself can never be the same as denying the truth about who you really are and what that entails. Humility does not consist in maximum self-denigration; if someone tells me that I am wonderful and loved by her, real humility is to accept that love as true rather than proudly disbelieve and reject it. Humility and pride may be opposites, but humility and self-confidence are not necessarily so. Leander E. Keck has pointed to the fact that Jesus talks and acts with a strong self-confidence, as one conscious of knowing the Father’s will. A person without self-confidence would not be able to talk as if he himself were the mouth of God. Nor could he do what Jesus did publicly in Jerusalem in the week before his last Passover, starting with the messianic provocation of riding in as the king of peace, symbolically stop the temple sacrificial process, and so on.

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Jesus’ confidence is not limited to the sayings that begin with Amen but pervades his teachings and actions... He simply spoke as the mouth of God without claiming to do so. In addition, both his entry to Jerusalem and his act in the temple bring to a head the confidence manifest in Galilee. They were not the sort of actions that one given to selfdoubt or surges of hesitation would undertake during the Passover season. Such confidence is the symptom of deep conviction, not of sheer arrogance concealing insecurity; it is a mark of empowering trust that what one is about is true and will be vindicated by the One trusted.17

So, the question concerning humility is not simply a question of whether a person has high opinions of him/herself and his/her authority, but also a question about whom s/he feels accountable to and shows the greatest respect for. The question of Jesus’ humility is not decided by looking only at how he related to other people and the structures of society. What eventually decides the question is whether he is humble before God and yields to him. It is quite possible, and even probable, that these two humilities can stand in opposition to each other, as in Mark 6:18 or Acts 5:29, where humility before God forces people to take a very non-humble stand against human authority. In the case of Jesus he stands under an imperative demand from God to be faithful to his identity as “the son of God”, which was revealed and confirmed at his baptism in Jordan. In spite of all the criticism and lack of faith he meets from the majority of people, he cannot in the name of humility decide to give in to their opinion and let go of the truth about who he really is. His humility before God is what forces him to make such enormous claims for himself and to cling to his exalted self-perception. It is Jesus’ humility before the Father that makes him accept his identity as the Son. So, the humility of Jesus is not the opposite of but actually the root of his stupendous – some said blasphemous – self-understanding, his own Christology.

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 Keck, Who Is Jesus?, 102.

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Back, S.-O., Jesus of Nazareth and the Sabbath Commandment (Åbo: Åbo Akademi University Press, 1995). Borg, M.J./N.T. Wright, The Meaning of Jesus: Two Visions (San Francisco: Harper& Row, 1999). Dodd, C.H., The Founder of Christianity (London: Collins, 1971). Hägerland, T., Jesus and the Forgiveness of Sins: An Aspect of His Prophetic Mission (diss. Göteborg Univ., 2009. SNTSMS 150; Cambridge: Cambridge University Press, 2012). Kazen, T., Jesus and Purity Halakhah: Was Jesus Indifferent to Impurity? (diss. Uppsala Univ., 2002. ConBNTS 38; Stockholm: Almqvist & Wiksell, 2002. American ed. Winona Lake: Eisenbrauns, 2010). Keck, L.E., Who Is Jesus? History in Perfect Tense (Minneapolis: Fortress, 2001). Knox, J., The Death of Christ: The Cross in New Testament History and Faith (Nashville: Abingdon, 1958). Kreplin, M., Das Selbstverständnis Jesu. Hermeneutische und christologische Reflexion. Historisch-kritische Analyse (WUNT 2.141; Tübingen: Mohr Siebeck, 2001). –, “The Self-Understanding of Jesus”, in T. Holmén/S.E. Porter (ed.), Handbook for the Study of the Historical Jesus. Vol. 3. The Historical Jesus (Leiden, Boston: Brill, 2011) 2473–516. Leivestad, R., “Ταπεινός – ταπεινόφρων”, NovT 8 (1966), 36–47. Longman Dictionary of Contemporary English. New Edition (Harlow, Essex: Longman, 1987, sixth impression 1988). Meier, J.P., A Marginal Jew, vol. 3: Companions and Competitors (New York: Doubleday, 2001). Meyer, B.F., Reality and Illusion in New Testament Scholarship: A Primer in Critical Realist Hermeneutics (Collegeville: Michael Glazier, 1995). Mödritzer, H., Stigma und Charisma im Neuen Testament und seiner Umwelt: Zur Soziologie des Urchristentums (NTOA 28; Freiburg (Schweiz)/Göttingen: Universitätsverlag/Vandenhoeck & Ruprecht, 1994). Theissen, G., The Shadow of the Galilean (London: SCM, 1987). –, “Jünger als Gewalttäter (Mt 11,12f; Lk 16,16). Der Stürmerspruch als Selbststigmatisierung einer Minorität”, in G. Theißen, Jesus als historische Gestalt. Beiträge zur Jesusforschung (FRLANT 202; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2003), 153–69. –, Von Jesus zur urchristlichen Zeichenwelt: “Neutestamentliche Grenzgänge” im Dialog (NTOA 78; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2011).

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Wolfgang Stegemann

Hat Jesus die Speisegesetze der Tora aufgehoben? Zur neuesten kontroversen Einschätzung der traditionellen Deutung des sog. „Reinheitslogions“ von Mk 7,15

Einleitung Beginnen wir mit einer kurzen Erinnerung an den für unser Thema wichtig­ sten Vers des Neuen Testaments: οὐδέν ἐστιν ἔξωθεν τοῦ ἀνθρώπου εἰσπορευόμενον εἰς αὐτὸν ὃ δύναται κοινῶσαι αὐτόν, ἀλλὰ τὰ ἐκ τοῦ ἀνθρώπου ἐκπορευόμενά ἐστιν τὰ κοινοῦντα τὸν ἄνθρωπον. Da ist nichts, was von außerhalb des Menschen in ihn hineingeht, das ihn verunreinigen kann, sondern was aus dem Menschen herausgeht, das ist es, was den Menschen verunreinigt. (Mk 7,15)

In einer knappen und klaren Diskussion des sog. „Reinheitslogions“ von Mk 7,15 kommt das Lehrbuch zum historischen Jesus von Gerd Theißen und Annette Merz zu folgender abschließenden Stellungnahme: „Das Reinheitslogion ist ein radikal urteilendes Logion. Doch deswegen muß man es Jesus nicht absprechen. Jesus war und blieb ein Jude, wenn er solche Gedanken äußerte. Aber er war ein radikaler Jude.“1 In seinem neuesten Buch The Jewish Gospels vertritt demgegenüber Daniel Boyarin in der Diskussion desselben Textzusammenhangs eine diametral andere Einschätzung der Position Jesu innerhalb des Judentums seiner Zeit. Für ihn ist Jesus ein konservativer Jude: „Jesus’ Judaism was a conservative reaction against some radical innovations in the Law stemming from Pharisees and Scribes of Jerusalem.“2 Boyarin deutet die Kontroverse, die Jesus in Mk 7,1ff mit Pharisäern und einigen Schriftgelehrten aus Jerusalem führt, als Zurückweisung des pharisäischen Geltungsanspruchs für ihre παράδοσις τῶν πρεσβυτέρων (Mk 7,3; Überlieferung der Älteren), damit als Kritik an der jüdischen „Reformbewegung“ (reform movement) der Pharisäer, die ihre Hände vor den Mahlzeiten waschen. Jesus erscheine in dieser Perikope geradezu als ein konservativer 1  Theissen/Merz, Jesus, 327; Kursivierung von mir. 2  Boyarin, Gospels, 104.

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(man könnte hinzufügen: in diesem Fall eher die Position der Sadduzäer teilender) Jude, der allein die schriftliche Tora gelten lassen will und die pharisäischen Vorstellungen „angrily as an affront to the Torah and as sacrilege“ verurteilt. Soweit die kurze Begründung des Urteils von Boyarin, der Jesus aufgrund seiner Auslegung von Mk 7,15 als einen konservativen Juden einschätzt. Und das heißt für ihn gerade auch, wie schon aus der Überschrift seiner Ausführungen in diesem Kapitel seines Buches hervorgeht: „Jesus kept kosher“. Wie begründen Theißen/Merz ihre Einschätzung Jesu als radikalen Juden? Ihre Deutung hängt daran, dass Jesus nach ihrer Lektüre von Mk 7,15 nicht nur davon ausgehe, dass „äußere Dinge (den Menschen) faktisch nicht verunreinigen, sondern dass sie prinzipiell nicht verunreinigen können“. Sie halten es darum durchaus für „vorstellbar“, dass dieses Logion, zumal wenn man es im Kontext der „radikalen Nachfolge“ der Jesusbewegung interpretiert, sogar „Gesetzesbruch fordern kann“, und zwar im „Widerspruch zu den Reinheitsgeboten der Thora“. Und bei den „Reinheitsgeboten der Thora“ denken sie konkret an die Speisegesetze von Lev 11, wie aus der folgenden Formulierung deutlich hervorgeht: „Hätte Jesus eine klare Aussage zu den Reinheitsgeboten von Lev 11 gemacht, so wäre der nachösterliche Streit um die Reinheitsgebote unverständlich.“3 Freilich zeigt eine weitere, eher vorsichtige Formulierung, dass die Autoren sich nicht ganz sicher sind, ob Jesus in Mk 7,15 wirklich zum Bruch mit den Speisegesetzen von Lev 11 aufruft; denn auch sie schätzen Mk 7,15 als ein „Rätselwort“ ein (mit Verweis auf den Begriff παραβολή/parabole in Mk 7,17), rechnen also damit, dass dieser Vers keineswegs einfach zu deuten ist. Nun stehen Theißen/Merz mit ihrer Deutung von Mk 7,15 einerseits durchaus in einer breiten, nahezu einhelligen Auslegungstradition dieses Verses (bzw. auch des ganzen Zusammenhangs, besonders auch von Mk 7,18f), doch heben sie sich von dieser auch markant dadurch ab, dass sie Jesus trotz des für möglich gehaltenen „Bruchs“ „mit den Speisegesetzen von Lev 11“ nicht in einen Gegensatz zum Judentum bringen oder damit rechnen, dass er durch diese Positionierung das Judentum verlassen habe. Dem kann man nur zustimmen; und darin zeigt sich eine in den letzten Jahren hinzugewonnene Einsicht christlicher Exegese: Die Zugehörigkeit zum Judentum wird nicht einfach durch die Einhaltung der Toragebote konstituiert oder aufs Spiel gesetzt.4 Ob die Einschätzung Jesu als „radikaler“ oder „konservativer“ Jude wegen seiner Stellung zu den Speisegesetzen der Tora haltbar ist, soll hier nicht weiter diskutiert werden. Mich interessiert im Moment 3  Alle Zitate Theissen/Merz, Jesus, 327. Vgl. auch die Formulierung von Theissen, Religion, 241: „Damit setzt er (Jesus) außer Kraft, was Juden und Heiden trennt – u.a. die Speisegebote, wie der MkEvangelist ausdrücklich betont (Mk 7,15ff).“ 4  Zum komplexen Problem der jüdischen Identität s. nur Stegemann, Jesus, 180–199.

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nur: Wenn auch versehen mit einem gewissen caveat, so rechnen Theißen/ Merz mit einem „Bruch“ Jesu mit den Speisevorschriften der Tora. In dieser Hinsicht stehen sie – wie gesagt – grundsätzlich in einer nahezu einhelligen Auslegungstradition von Mk 7. Sie besteht, wie Yair Furstenberg in einem herausfordernden Aufsatz zu Mk 7,15 schreibt, darin, dass dieser Vers „���� presumably since the Markan redaction of the narrative as an all-encompassing rejection of ritual purity laws including the biblical dietary laws, thus ‚purifying all foods‘ (Mark 7.19)“ gedeutet worden ist.5 ������������������������ Boyarin fasst diesen Interpretationskonsens von Mk 7 und seine daraus resultierende grundsätzliche Bedeutung für die christliche Theologie so zusammen: In conventional readings of the Gospel of Mark, Jesus’ relationship to the Jewish dietary laws is taken as a watershed moment in religious history, when one set of fundamental beliefs is cast out in favor of a new worldview. For centuries, Christian preachers, scholars, and lay readers of Mark have read the Gospel as teaching us not only that Jesus did not kept kosher but also that he permitted all foods that the Torah had forbidden Jews to eat.6

Nicht selten wurde in diesem Zusammenhang das jüdische bzw. biblische Reinheitssystem als „primitiv“ und „verdinglicht“ verurteilt, während demgegenüber das neue, christliche, auf Jesus zurückgehende System eine Vergeistigung und Versittlichung (Ethisierung) des Reinheitsdenkens gebracht haben soll. So schreibt Friedrich Hauck in der Einleitung seines Anteils am Artikel καθαρός κτλ. im Theologischen Wörterbuch zum Neuen Testament: Es gehört zum Wesen der nt.lichen Religion, daß der alte rituelle Reinheitsgedanke hier nicht nur überwunden, sondern auch als nicht mehr bindend wirklich abgestoßen wird. Der Gedanke der dinglichen Verunreinigung fällt. Die sittlich-religiöse Reinheit tritt an die Stelle der kultisch-rituellen. Während das hellenistische Judentum beim Vordringen zu geistiger Fassung der Reinheit doch die alten Formen anerkennt und beibehält, tritt Jesus in Gegenstellung zu der alten Reinheitsfassung (vgl. die Propheten). Die vollen Konsequenzen der neuen Stellung werden im Lauf der apostolischen Zeit bes durch Paulus erkämpft.7

Das Klischee ist deutlich erkennbar: Jesus begründet die neue, sittliche Auffassung von Reinheit im Gegensatz zum Judentum, das nur eine äußerliche Konzeption vertritt, und schließt dabei an entsprechende Vorstellungen der Propheten an. Paulus stellt dann in Auseinandersetzung mit „Judenchristen“ innerhalb des frühen Christentums das neue, sittlich-religiöse Reinheitsdenken auf eine solide Basis und erhebt es ins Grundsätzliche. Zu diesem Zwecke wird zumal auf Röm 14,14.20 verwiesen. Die Apostelgeschichte und ihr neben Paulus zweiter Held in der Ausbreitung des Evangeliums, Petrus, bringen diesen „Fortschritt“ dann sozusagen narrativ auf den Punkt 5  Furstenberg, Defilement, 177 (Kursivierung von mir). 6  Boyarin, Gospels, 106. 7  Hauck, καθαρός, 427.

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(mit Verweis auf Apg 10f). Hauck schreibt dementsprechend (in dem schon zitierten Wörterbuchartikel) Paulus die Erkenntnis zu: „Kein Ding ist also von sich aus fähig, den Menschen von Gott zu trennen. Darum ist vom religiösen Gesichtspunkt des NT aus jede Speise für den Frommen genießbar.“ Und er schreibt weiter: Dieselbe Erkenntnis wird in der Ag [sc. Apostelgeschichte, W.S.] als Erlebnis des Petrus erzählt: Gott selbst erklärt die ehemals unreinen Tiere für rein (καθαρίζει deklarativ) und fordert zum Genuß derselben auf (Ag 10,15; 11,9). Darin liegt, daß Gott selbst in der neuen Heilszeit die alte Unterscheidung von rein und unrein aufhebt.8

Das Markusevangelium spielt in diesem Konzept eine besondere Rolle, wie auch hier wieder durch eine Formulierung von Hauck verdeutlicht werden soll. Auch diese Einschätzung, wenn auch mit vielen Differenzierungen versehen, ist nach wie vor – man möchte sagen: weltweit – Konsens: Vielleicht wird vom Evangelisten Mk – oder einem Glossator – in dem schwer deutbaren Satz Mk 7,19 (καθαρίζων πάντα τὰ βρώματα) dieser Fortschritt bereits in das Urteil Jesu selbst verlegt, der durch die im Text vorangehenden Worte alle Speisen grundsätzlich „rein gesprochen habe“.9

Boyarin, auf den ich jetzt wieder zurückkomme, interessiert sich in seiner Lektüre von Mk 7 demgemäß nicht nur für Jesu Verhältnis zu den Speisegeboten, sondern gerade auch für die Rolle des Markusevangeliums in der vermeintlichen Entstehung eines neuen, christlichen, ethisierten Reinheitssystems, das mit dem des Judentums bricht. Und er räumt natürlich ein, dass – wenn die Lektüre von Mk 7 in der Tat korrekt ist und darauf hinausläuft, dass Jesus nicht nur nicht selbst koscher gelebt hat, sondern sogar den Konsum der in der Tora verbotenen Speisen erlaubt hat – dieses ein bedeutender Einschnitt für das jüdische Selbstverständnis der Christusglaubenden bedeutet hätte. Doch wenn Markus missdeutet wurde? If Mark has been misread, however, and his Jesus did not abandon or abrogate such basic Jewish practices as keeping kosher, then our entire sense of where the Jesus movement stands in relation to the Judaism of its time is quite changed. In short, if the earliest Christians believed that Jesus kept kosher, than we have good reason to view that Christianity is another branch of Judaism.10

Diese Korrektur der Lektüre von Mk 7 hätte also auch enorme Bedeutung für das Markusevangelium. Markus würde dann seinerseits eine frühe christliche Gruppe repräsentieren, die sich noch innerhalb des Judentums verstanden hat, wenn auch mit spezifischen Besonderheiten. Boyarin ist geradezu von dem Gedanken fasziniert, dass eine andere Lektüre von Mk 7 auch und 8  Ebd., 428. 9  Ebd., 428. 10  Boyarin, Gospels, 106.

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gerade die Bedeutung dieses Textes als grundlegendes Dokument für das sog. Auseinandergehen der Wege von Judentum und Christentum in­frage stellt, denn: „As read by most commentators, Mark 7 establishes the beginning of the so-called parting of the ways between Judaism and Christianity.“11 Und er zitiert die Autoren repräsentativer amerikanischer Markuskommentare für diese traditionelle Sicht. Kurz: Eine Neuausrichtung der Lektüre von Mk 7 hätte nicht nur für die Einschätzung Jesu und seines Verhältnisses zum Judentum, sondern auch für die des Markusevangeliums und überhaupt des frühen Christentums große Bedeutung.

1. Müssen wir unsere traditionelle Auffassung von Mk 7,15 ändern? Zwei aktuelle Studien zu dem hier zur Debatte stehenden Thema legen eine fundamentale Neubesinnung, ja geradezu eine Umkehrung der bisherigen Deutungstendenz nahe. Da ist einmal der schon erwähnte Abschnitt in Boyarins Buch The Jewish Gospels, aber v.a. auch der genannte Aufsatz von Furstenberg, dem auch Boyarin grundlegende Einsichten verdankt. Furstenberg weist darauf hin, dass die umfassende Deutung von Mk 7,15 – die von Jesu Zurückweisung sowohl der levitischen Reinheitsgebote wie auch der Speisegebote ausgeht – schon im Blick auf den näheren Textzusammenhang und die in ihm diskutierte Problematik wenig überzeugend ist. Denn diskutiert wird ja eigentlich nur ein eher marginales Problem: das Händewaschen vor den Mahlzeiten.12 Die entsprechende Frage an Jesus, warum seine Jünger sich nicht vor den Mahlzeiten die Hände waschen, würde Jesus dann, wenn die traditionelle Deutung von 7,15 zutrifft, mit einer generellen Ablehnung der Reinheitsgebote insgesamt und der Speisegebote im Besonderen, also mit einem massiven Antinomismus beantworten. Furstenberg diskutiert verschiedene Versuche, diese Inkongruenz auszugleichen, kommt dann aber m.E. zu dem überzeugenden Ergebnis: Jesu Aussage in Mk 7,15 sollte zunächst und vor allem im Lichte der spezifischen, durch den Kontext insinuierten Umstände diskutiert werden, in denen sie geäußert wird. Er will Jesu Antwort als eine präzise Reaktion auf den Vorwurf der Pharisäer gegenüber den Jesusjüngern (sie waschen ihre Hände nicht vor den Mahlzeiten) herausarbeiten.13

11  Ebd., 107. 12  Furstenberg, Defilement, 177. 13  Ebd., 181.

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Furstenberg deutet die Kontroverse im damaligen historischen jüdischen Kontext und kommt zu dem Ergebnis, dass insbesondere der einzigartige Aspekt des Händewaschens für die Einschätzung der Auseinandersetzung zwischen Jesus und den Pharisäern entscheidend ist. Seine genaueren Untersuchungen zur Praxis des Händewaschens vor den Mahlzeiten zeigen einerseits, dass das von den Pharisäern (bzw. dann Rabbinen) ausgearbeitete Reinheitssystem nicht, wie häufig angenommen wird, als eine Ausdehnung (expansion) des priesterlichen Reinheitssystems auf den Alltag bzw. alle Juden zielt. Denn gerade die Praxis des Händewaschens, so kann Furstenberg zeigen, war keine Komponente des priesterlichen Reinheitssystems. „Hand washing cannot be seen as an adaptation into daily life of any biblical ruling concerning purity. On the contrary, the custom itself reshaped the nature and content of discourse relating to ritual purity.“14 Für die These, dass die Praxis des Händewaschens sich einer Neugestaltung des levitischen Reinheitssystems verdankt, spricht auch, dass dieses Ritual nicht nur nicht aus der Bibel stammt, sondern auf eine Adaption griechisch-römischer Etikette bei Gemeinschaftsmahlzeiten zurückgeht.15 Kurz: das umstrittene Ritual des Händewaschens vor Mahlzeiten ist nach Furstenbergs Analyse weder aus dem biblisch-levitischen Reinheitssystem hervorgegangen, noch lässt es sich auf den spezifischen Lebensstil der Mitglieder (haberim) der pharisäischen Gemeinschaften zurückführen. Die Pharisäer hätten vielmehr eine griechischrömische Praxis akzeptiert und in ihr neues Reinheitssystem integriert; eben diesem Prozess einer Neugestaltung des Reinheitssystems habe Jesus widersprochen, und zwar gerade unter Rückgriff auf das biblische kultische Reinheitssystem des Buches Leviticus. Furstenberg stellt darum für Jesus fest: […] nothing in Jesus’ words points to the possibility that he opposed the „expansion of purity“, per se. Jesus only confronted a law which focused on one specific conception of impurity: the kind that is concerned with „that which enters the body“. The hand-washing custom, together with the view that foods have the capacity continuously to transfer contamination to other objects and even to people, are the laws under attack in Jesus’ statement […] In Jesus’ view, the anthropology of the levitical purity laws places the self as a source of impurity rather than as a vulnerable potential object of contamination.16

Das Reinheitslogion Mk 7,15, so ließe sich die Argumentation von Furstenberg auf den Punkt bringen, wendet sich gerade nicht gegen einschlägige Toravorschriften, sondern stimmt mit ihnen überein. Nicht die Speise, die von außen in den Körper des Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen; vielmehr ist im Reinheitssystem der Tora der menschliche Körper selbst die Quelle der Unreinheit, und zwar wegen verschiedener Substanzen (z.B. Menstruationsblut, Samen u.a.), die aus ihm heraus14  Ebd., 199f. 15  Ebd., 192f. 16  Ebd., 200.

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kommen. Es ist mithin durchaus als eine Neuerung gegenüber der Tora zu werten, dass Speisen, die von außen in den Körper kommen, diesen unrein machen können. Boyarin stellt zunächst grundsätzlich fest, dass in der Tora das System der kultischen Reinheit und die Vorschriften hinsichtlich der erlaubten und verbotenen Speisen unterschieden werden: While in English they are sometimes confused, the system of purity and impurity laws and the system of dietary laws are two different systems within the Torah’s rules for eating, and Mark and Jesus knew the difference. One of the biggest obstacles to this understanding has been in the use of the English words „clean“ and „unclean“ to refer both to the laws of permitted and forbidden foods and to the laws of pollution or impurity und purity. These translate two entirely different sets of Hebrew words, muttar and tahor. It would be better to translate the first set by „permitted“ and „forbidden“ and use „clean“ and „unclean“, or „pure“ and „impure“, only for the latter.17

Diese Aussagen für den englischen Sprachraum gelten natürlich analog auch für den deutschen. Auch hier sollten wir in Bezug auf die Speisevorschriften von „erlaubten“ und „verbotenen“ Speisen sprechen, während das Reinheitsvokabular allein auf die Thematik der kultischen Reinheitsvorschriften angewendet werden sollte. Wichtiger noch: das levitische Reinheitssystem, auch darauf macht Boyarin aufmerksam, bezieht sich auf eine von den Speisegesetzen unterschiedene Lebenssphäre (sphere of life), insbesondere jene Weisungen der Tora, die die Berührung verschiedener Objekte betreffen, zum Beispiel tote Menschen oder solche Menschen, die Tote berührt haben und sich anschließend nicht den vorschriftsmäßigen Reinigungsritualen unterzogen haben. Zu diesem Bereich gehört auch der Umgang mit Hautkrankheiten und Körperflüssigkeiten (wie Menstruationsblut oder Samenflüssigkeit). Sie machen den betreffenden Menschen „unrein“, ohne ihn jedoch moralisch zu denunzieren.18 Boyarin betont immer wieder, dass die beiden genannten Systeme strikte auseinander zu halten sind. Auf diesem Hintergrund geht er davon aus, dass es in Mk 7 nicht um das Problem des Essens von verbotenen Speisen gehe. Vielmehr gehe es um „rules around defiled kosher food“, die insbesondere in der pharisäischen Tradition – verglichen mit den Reinheitsgesetzen der Tora – ausgeweitet worden seien. Diese (pharisäischen) Regeln sollen vermeiden, dass jemand durch das Essen unreiner (koscherer) Speisen, die durch den Kontakt mit einem unreinen Menschen nun ihrerseits unrein geworden sind, seinerseits kultisch unrein wird. Die Vorschrift des Händewaschens vor den Mahlzeiten solle genau diese „Übertragung“ menschlicher Unreinheit auf Nahrungsmittel (vor allem Brot!) vermeiden.19 17  Boyarin, Gospels, 113. 18  Ebd., 114. 19  Ebd., 115.

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Daraus zieht Boyarin für die Position Jesu in der Kontroverse von Mk 7 den Schluss: So really what the Gospel describes is a Jesus who rejects the pharisaic extension of these purity laws beyond their original specific biblical foundations. He is not rejecting the Torah’s rules and practices but upholding them.20

Bevor ich jetzt in einer kurzen Analyse des Markustextes die hier skizzierte Revision der traditionellen Deutung von Mk 7,15 meinerseits zu unterstützen versuche, möchte ich noch darauf hinweisen, dass Bernhard Weiss schon vor mehr als einem Jahrhundert in seinem Kommentar zum Markusevangelium eben diese aktuelle Interpretation vertreten hat. Paschen repräsentiert in seiner entsprechenden Bemerkung zu Weiss’ Deutung, der ich diesen Hinweis verdanke, zweifellos die Mehrheitsmeinung zu Mk 7,15, die sich offenbar in die Überzeugungen der Interpretinnen und Interpreten so eingebrannt hat, dass sie glauben, sich nicht mehr die Mühe machen zu müssen, einer anderslautenden Auffassung des Logions mit exegetischen oder inhaltlichen Gründen zu begegnen: Sicher verfehlt ist die einst von B. Weiss geäußerte Meinung, Jesus selbst habe sich in dem Reinheitslogion nur gegen die pharisäische Auffassung der levitischen Speisereinheit gewandt, bewege sich aber hinsichtlich der Reinheitsvorschriften ganz auf alttestamentlichem Boden.21

Weiss hatte in seinem Kommentar seinerseits auf Heinrich Julius Holtzmann verwiesen, der seine Deutung teilt, während er dann Adolf Jülicher dafür kritisiert, diesen Auslegungskonsens durch Einfügung der Speisen zu verlassen: Vergeblich sträubt sich Jül(icher) […] V. 15 als eigentliche Parabel gelten zu lassen, indem er den Gedanken an unreine Speisen einmischt, von denen hier garnicht [sic!] die Rede ist […]. Dass ein Essen gesetzlich verbotener Speisen etwas Anderes ist, als levitische Verunreinigung, wird dadurch nicht aufgehoben, dass der Sprachgebrauch auch darauf die Begriffe des κοινόν und κοινοῦν anwandte.22

H.J. Holtzmann, auf den sich Weiss bezieht, interpretiert in seinem Kommentar zum Markusevangelium das Reinheitslogion als eine „prinzipielle Entscheidung“ Jesu, in der er sich zum Abschluss seines Wirkens in Galiläa zur „Autorität der Gesetzeshüter“ äußert, die er durch seine Lehre und sein Verhalten offenbar infrage gestellt hat. Holtzmann fährt fort: Eine solche erfolgt hier, aber keineswegs etwa, wie vielfach angenommen wird, direct [sic!] gegen die levitische Speisegesetzgebung, also gegen den geschriebenen Gesetzes20  Ebd., 116. 21  Paschen, Rein, 178; die Deutung von Weiss findet sich u.a. in: Weiss, Markus, 113. 22  Ebd., 113.

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buchstaben; sondern es handelt sich zunächst nur darum, ob eine mit ungewaschenen Händen angerührte Speise zu verunreinigen, d.h. den Zustand der Gottgeweihtheit der theokratischen Volksgenossen aufzuheben vermöge.23

Die gegenteilige und Weiss bzw. Holtzmann kritisierende Position Jülichers muss ich hier nur kurz skizzieren, denn sie formuliert die noch bis in die Gegenwart vertretene Mehrheitsposition: Das gefährlichste Missverständnis unserer Perikope scheint mir aber bei B. Weiss […] vorzuliegen, der bei Mc auch die entfernteste Beziehung auf die mosaischen Speisegesetze leugnet, und Mc (7) 14–23 sogar zu dem Zweck gesprochen sein lässt, damit das Volk ersehe, wie ernst Jesus an der gesetzlichen Ordnung in Bezug auf rein und unrein festhalte. […] Weiss geht so weit, die Bestätigung der alttestamentlichen Reinig­ keitsordnung als Jesu Hauptabsicht anzunehmen.24

2. Es geht in Mk 7 nicht um einen Diskurs über die Speisegesetze, sondern um eine Kontroverse um ein neues Konzept von Reinheit und Unreinheit Die beiden hier kurz vorgestellten aktuellsten Interpretationen von Mk 7, die, wie ich hier nur andeuten konnte, schon vor einem Jahrhundert vertreten wurden, freilich danach einem gegenteiligen Auslegungskonsens weichen mussten, regen zu einer erneuten Lektüre dieses Markustextes an. Dabei stellt sich vor allem grundsätzlich die Frage, ob die Speisegebote der Tora überhaupt Gegenstand der Kontroverse zwischen Jesus und den Jerusalemer Pharisäern/Schriftgelehrten sind. Oder ist dieses Thema in den Text hineingelesen worden – vielleicht schon durch die nicht leicht zu deutende Formulierung in Mk 7,19: καθαρίζων πάντα τὰ βρώματα? Sowohl Furstenberg wie auch Boyarin kommen in dieser Hinsicht grundsätzlich zu einer klaren Antwort. Furstenberg schreibt: Both early rabbinic sources and Jesus’ statement seem to point towards the body and its protection – and not the priestly concern with food purity – as the focal point of these purity customs.25

Und Boyarin sagt in der für ihn typischen Deutlichkeit: In contrast to virtually all Christian commentators, I propose that whatever Jesus is portrayed as doing in the above text from Mark – including „and thus he purified all foods“

23  Holtzmann, Synoptiker, 82. 24  Jülicher, Gleichnisreden, 65f. 25  Furstenberg, Defilement, 190.

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– it is not permitting the eating of all foods, even if we accept every word of the passage as it is before us in the text.26

Ich will hier einige kleinere Beobachtungen zum Text beitragen, die m.E. in ihrer Summe zu demselben Ergebnis führen: dass die Speisegesetze selbst nicht Gegenstand der Kontroverse sind. Vielmehr geht es um ein neues Ritual, nämlich das Händewaschen vor der Gemeinschaftsmahlzeit, das eine neue Dimension des Konzepts von Reinheit und Unreinheit impliziert. Dieses neue Konzept geht über die den einschlägigen Vorschriften der Reinheitstora zugrundeliegenden Vorstellungen hinaus. Meine These lautet konkreter formuliert: Nirgendwo in Mk 7,1–21 äußert sich Jesus selbst zu den Speisegeboten des Mosegesetzes; ebenso wenig tun dies seine Gesprächspartner. Gegenstand der Kontroverse ist vielmehr das „Händewaschen“ vor den Mahlzeiten, damit eine Ergänzung (nicht unbedingt eine Korrektur) der von den biblischen Speisegeboten zu unterscheidenden (kultischen) Reinheitsvorschriften der Tora. Diese Neuerung wird auf die „Überlieferung der Älteren“ (παράδοσις τῶν πρεσβυτέρων) zurückgeführt. Speisen bzw. Speisematerien selbst sind nur insoweit Gegenstand des Diskurses, insofern sie wegen der „verunreinigten Hände“ kontaminiert werden und eine Bedrohung des Körpers der Essenden mit Unreinheit darstellen können. Doch genau darin zeigt sich ein Konzept von Reinheit, das über das der Tora hinausgeht und im Text selbst zu Recht auch nicht auf die Tora, sondern auf die „Überlieferung der Älteren“ zurückgeführt wird. Umgekehrt gilt: Der Text und seine beiden heftig streitenden Kombattanten setzen die Geltung der Speisevorschriften der Tora und ihre Unterscheidung zwischen erlaubten und verbotenen Speisen immer schon voraus. Ich gehe im Folgenden einige relevante Verse des Textes auf mögliche Anhaltspunkte für oder gegen meine Kernthese (keine Thematisierung der Speisegebote der Tora) durch:

2.1 Markus 7,1–5 Und es versammeln sich bei ihm die Pharisäer und einige der Schriftgelehrten, die von Jerusalem gekommen waren; 2und als sie einige seiner Jünger mit gemeinen Händen (κοιναῖς χερσίν), das ist ungewaschenen (ἀνίπτοις) Händen, Brot essen sahen – 3denn die Pharisäer und alle Judäer/Juden essen nicht, wenn sie sich nicht mit einer Faust (voll Wasser) die Hände gewaschen haben, indem sie die Überlieferung der Älteren festhalten; 4 und vom Markt (kommend), essen sie nicht, wenn sie sich nicht (im Tauchbad) gewaschen haben; und vieles andere gibt es, was sie zu halten übernommen haben: Waschungen der Becher und Krüge und Kupfergefäße – 5fragen ihn die Pharisäer und die 1

26  Boyarin, Gospels, 112.

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Schriftgelehrten: Warum leben (περιπατοῦσιν) deine Jünger nicht nach der Überlieferung der Älteren, sondern essen das Brot mit gemeinen Händen (κοιναῖς χερσίν)?

Jesus wird hier – wie in vielen anderen Konfliktgeschichten – mit einem Vorwurf gegen das vermeintliche Fehlverhalten seiner Jünger (!) konfrontiert; sein eigenes Verhalten steht nicht zur Debatte.27 Der Vorwurf betrifft dieses Mal auch nicht die (vermeintliche) Übertretung eines Toragebotes (wie z.B. des Gebotes der Sabbatheiligung in Mk 2,23–28). Vorgeworfen wird den Jüngern vielmehr, dass sie nicht – wie die Pharisäer und alle Judäer/Juden (Ioudaioi) – nach der sog. Überlieferung der Ältesten (παράδοσις τῶν πρεσβυτέρων) leben. Dieser Begriff verweist auf eine interpretierende Überlieferung im Zuge der Auslegung der Tora, nicht aber auf eine Vorschrift der Tora selbst. Auch das in diesem Zusammenhang verwendete Verbum (περιπατοῦσιν) bezeichnet kein affirmatives oder abweichendes Verhalten in Bezug auf eine Weisung der Tora, sondern verweist auf eine halachische Kontroverse.28 Während die Pharisäer und alle anderen Judäer/Juden vor dem Essen oder wenn sie vom Markt kommen, bestimmte spezifische Reinigungszeremonien praktizieren, tun dies die Jünger Jesu nicht. Diese Unterlassungen stehen zwar nicht im Widerspruch zur Tora, denn in ihr sind sie nicht verlangt, weichen aber von der Praxis der Mehrheitsgesellschaft ab. Der Vorwurf wird im Übrigen auch erst einmal nur in eine Frage gekleidet: Warum scheren deine Jünger aus der traditionellen, von allen Juden beachteten Reinigungspraxis aus? Sie sollten sich vielmehr – wie alle anderen auch – an den Ritus des Händewaschens vor den Mahlzeiten halten. Stattdessen – und dies ist der zentrale Vorwurf – essen sie das Brot mit „gemeinen Händen“ (κοιναῖς χερσίν). Der Begriff koinos ist hier keineswegs, wie etwa James Dunn zu meinen scheint, eine Art terminus technicus.29 Vielmehr bezeichnet er einen Zustand der Alltäglichkeit bzw. des Allgemeinen, eben nicht einen aus dem Alltag herausgehobenen Zustand. Das deutsche Wort „gemein“ gibt die Bandbreite 27  Das fällt auch darum auf, weil in Lk 11,38 gerade Jesus selbst, weil er sich vor dem Essen nicht die Hände wäscht, Erstaunen bei seinem pharisäischen Gastgeber hervorruft. 28  So schon Gnilka, Evangelium, 282: „Ihre vorwurfsvolle Frage geht auf die Halacha, die Vorschriften für den Lebenswandel.“ Diese Erkenntnis ändert freilich nichts an der weithin in der traditionellen Deutung verharrenden Kommentierung von Gnilka. 29  Dunn vertritt die Auffassung, dass Markus hier einen Bericht übernimmt, „which captures much authentic detail from the period: it speaks of hands as ‚defiled‘, where the word in Greek (koinos=‚common‘) reflects the uniquely sense of ‚profane, unclean, defiled‘“. Als Beleg für den „special sense“ von koinos dient ihm die LXX, in der dieser Begriff als Äquivalent der hebräischen Terme tame oder hol diene. Tatsächlich geben auch die genannten Belegstellen, etwa Lev 11,4–8, für diese These nichts her. Denn dort verwendet die LXX, wie meistens, gerade nicht das Wort koinos, sondern akathartos. Vgl. dazu Dunn, Jesus, 571. Zu Verwendung und Bedeu­tung der Wörter koinos und koinoun s. auch Paschen, Rein, 165–168; Tuor-Kurth, Unreinheit, passim.

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der Bedeutung am besten wieder, das heißt es handelt sich um eine allgemeine, durchaus auch im pejorativen Sinne zu verstehende Befindlichkeit. Der Text selbst gibt eine Erläuterung, worin das Allgemeine im Unterschied zum erwarteten Besonderen oder Herausgehobenen hier besteht: Die Hände der Jünger sind ungewaschen.30 Es handelt sich hier also um eine Art „neutralen“ Wortgebrauch zur Beschreibung des Verhaltens der Jünger. Die Hände der Jünger werden durch diesen Sprachgebrauch gerade nicht definitorisch als im kultischen Sinne „unrein“ bezeichnet, sondern als „gemein“, d.h. inhaltlich „ungewaschen“, nicht durch eine rituelle Waschhandlung aus dem Alltäglichen herausgehoben. Sie sind allerdings in einem Zustand, der aus der Sicht der Pharisäer/Schrift­ge­lehr­ten Unreinheit implizieren könnte (aber nicht zwangsläufig muss). Um eine mögliche Bedrohung durch ungewaschene Hände zu vermeiden, ist das Waschen der Hände vor der Mahlzeit Usus geworden. Doch diesem Ritual unterwerfen sich die Jesusjünger nicht.31 Auch aus Mk 7,4f geht nach meinem Verständnis deutlich hervor, dass von den Pharisäern nicht die Nahrungsmittel thematisiert werden, sondern eben die ungewaschenen Hände der Jesusjünger: Und vom Markt (kommend), essen sie nicht, wenn sie sich nicht (im Tauchbad) gewaschen haben; und vieles andere gibt es, was sie zu halten übernommen haben: Waschungen der Becher und Krüge und Kupfergefäße. (Mk 7,4) Fragen ihn die Pharisäer und die Schriftgelehrten: Warum leben deine Jünger nicht nach der Überlieferung der Älteren, sondern essen das Brot mit gemeinen Händen? (Mk 7,5)

Es wird nicht einmal erwogen, die vom Markt mitgebrachten Nahrungsmittel selbst zu reinigen. Damit ist deutlich, dass es hier nicht um ein Problem der Hygiene und Gesundheitsvorsorge geht, was im Übrigen nicht zu erwarten ist angesichts dessen, dass es Kenntnisse über die Existenz von mikroskopisch kleinen Krankheitserregern (wie Bakterien oder Viren) erst seit Erfindung des Mikroskops im 16. Jahrhundert gibt. Es geht um das Waschen der Hände und um die Reinigung der Gefäße, in denen sich die Nahrungsmittel befinden, nicht um diese selbst. Allerdings rechnen die 30  ���������������������������������������������������������������������������� Auch in dieser Hinsicht verkennt Dunn m.E. den Sinn des markinischen Wortgebrauchs. Er meint, die Erläuterung von koinos durch „ungewaschen“ würde ihm „the Jewish sense“ verleihen, ebenso die Ausweitung auf „alle Juden“ (ebd.). 31  Eine besondere Frage ist, ob durch die ungewaschenen Hände der Jünger andere Teilnehmer an einer Gemeinschaftsmahlzeit bedroht werden, weil die ungewaschenen Hände die Gefahr der Unreinheit bedeuten könnten, oder ob es um die prophylaktische Abwehr von Bedrohungen geht. Ich neige zur letzten Ansicht. Den Pharisäern ginge es dann nicht darum, dass sie selbst Angst vor Kontamination mit Unreinheit wegen jener Menschen haben, die bei einer gemeinsamen Mahlzeit mit ungewaschenen Händen Brot essen (wie die Jesusjünger). Es ginge ihnen vielmehr um eine Praxis, die auch diesen Menschen Schutz geben würde – jedenfalls nach ihrer Vorstellung von Reinheit.

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Pharisäer/Schriftgelehrten offenkundig mit deren Kontaminierung durch kultische Unreinheit und Übertragung auf den Menschen während der gemeinsamen Mahlzeiten. Hierbei spielen insbesondere Flüssigkeiten eine zentrale Rolle. Kurz: Dieser Textabschnitt thematisiert selbst nicht die Speisevorschriften von Lev 11. Der nächste Abschnitt (Mk 7,6–13) bestätigt m.E. diesen Eindruck.

2.2 Markus 7,6–1332 Er aber sprach zu ihnen: Treffend hat Jesaja über euch Heuchler geweissagt, wie geschrieben steht: Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von mir. 7Vergeblich aber verehren sie mich, indem sie als Lehren Menschengebote lehren. 8 Ihr gebt das Gebot Gottes preis und haltet die Überlieferung der Menschen fest. 9Und er sprach zu ihnen: Trefflich hebt ihr das Gebot Gottes auf, damit ihr eure Überlieferung haltet. 10Denn Mose hat gesagt: Ehre deinen Vater und deine Mutter! und: Wer Vater oder Mutter flucht, soll des Todes sterben. 11Ihr aber sagt: Wenn ein Mensch zum Vater oder zur Mutter spricht: Korban – das ist eine Opfergabe – sei das, was dir von mir zugute gekommen wäre, 12laßt ihr ihn nichts mehr für Vater oder Mutter tun, 13indem ihr das Wort Gottes ungültig macht durch eure Überlieferung, die ihr überliefert habt; und ähnliches dergleichen tut ihr viel. 6

Auf diesen Textabschnitt gehe ich nur kurz ein. Soviel sei herausgehoben: Der markinische Jesus kritisiert hier in ziemlich scharfer Form die paradosis der Pharisäer; im Falle des herangezogenen Beispiels des Elterngebots wirft er ihnen sogar vor, sie würden mit ihrer Hilfe Gottes Wort ungültig machen (Mk 7,13: ἀκυροῦντες τὸν λόγον τοῦ θεοῦ τῇ παραδόσει ὑμῶν). Mir scheint, dass man gerade auch aufgrund dieser Argumentation in diesem Textabschnitt Jesus kaum die Meinung zuschreiben kann, er würde die Speisegebote von Lev 11 abrogieren oder aufheben oder mit ihnen brechen (und also z.B. den Verzehr von Schweinefleisch erlauben). Denn seine scharfe Kritik an der paradosis der Pharisäer müsste man ja nun umgekehrt gerade auch auf Jesus selbst beziehen, wenn er im Reinheitslogion von Mk 7,15 die Speisevorschriften der Tora für obsolet erklären würde. Es ist mithin gerade auch der unmittelbar dem Reinheitslogion vorausgehende Kontext, der eigentlich die Deutung von Mk 7,15 im Sinne eines Bruchs Jesu mit der Tora zwingend ausschließt, konkreter: die Jesus unterstellte Aufhebung der levitischen Speisegebote. Diese antinomistische Deutung von Mk 7,15 lässt sich nur erwägen, wenn das Logion isoliert gedeutet und der Textzusammenhang literarkritisch ausgeschaltet wird. Auf entsprechende Versuche, die ich alle für nicht überzeugend halte, gehe ich nicht ein. 32  Die Übersetzung folgt der rev. Elberfelder Bibel.

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2.3 Markus 7,14f Und als er die Volksmenge erneut herbeigerufen hatte, sagte er zu ihnen: Hört mich alle und versteht! 15Da ist nichts, was von außerhalb des Menschen in ihn hineingeht, das ihn gemein machen kann, sondern was aus dem Menschen herausgeht, das ist es, was den Menschen gemein macht. 14

Ohne den bisher diskutierten Kontext zu berücksichtigen, kann man in der Tat auf die Idee kommen, dass Jesus im ersten Teil seines Logions – also durch seine prinzipielle Behauptung, dass nichts, was von außerhalb in den Körper des Menschen hineinkommt, ihn gemein (im spezifischen Sinne von kultisch unrein) machen kann, also die levitischen Speisegebote außer Kraft setzen würde. Dafür ließen sich aus der Tora allerdings prinzipiell nur zwei mögliche Belegstellen anführen: 1. L  ev 11,42. Hier wird der Genuss von allen Tieren die auf dem Bauch kriechen „und alles, was auf Vieren geht, bis zu allem Vielfüßigen von allem Kleingetier“ verboten. Der Genuss dieser Tiere mache unrein (ἀκάθαρτος)33. 2. Infrage kommt auch das Verbot des Essens von Aas und von zerrissenen Tieren in Lev 17,15f. Furstenberg schreibt in diesem Zusammenhang: If the gospels are read as a direct response to the OT […], then these verses become the most natural context in which to interpret Jesus’ statement in Mark 7.15. Jesus is then seen as annulling not only Pharisaic law and tradition, but also the commandments that appear in the Bible itself.34

Doch bei genauerer Betrachtung kommt nach seiner Analyse nur Lev 11,43f als einziges mögliches biblisches Beispiel infrage, das der grundsätzlichen Formulierung Jesu widersprechen könnte, wonach es nichts gibt, was von außerhalb in den Menschen hineingeht, das ihn unrein macht. Freilich auch in diesem Fall geht es nach Furstenberg nicht um Kontamination mit kultischer Unreinheit durch den Genuss eines bestimmten Nahrungsmittels (etwa von Schlangen als ein Beispiel für Tiere, die auf dem Bauch kriechen): It seems that the impurity attributed to them [also den in Lev 11,43f verbotenen Tieren, W.S.] is only an expression of the fact that they are considered abominable and that their consumption is prohibited. Furthermore there are no purification procedures that ameliorate the defilement. This leads to the conclusion that Lev 11,43–44 refers not to ritual 33  Man beachte: Hier steht der terminus technicus akathartos; bei Markus lesen wir wieder eine Form des Verbums koinoun. 34  Furstenberg, Defilement, 179.

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impurity with its principles of contamination and purification, but rather to a different kind of impurity which is caused by sin and which can be avoided by sanctification.35

Furstenberg kommt darum zu dem Schluss, dass tatsächlich kein biblischer Text mit der Möglichkeit der Kontamination mit kultischer Unreinheit (ritual impurity) im Vorgang der Nahrungsaufnahme (ingestion) rechnet. „In the Hebrew Bible, eating, unlike emission or discharge, is not a means of transferring defilement.“36 Erst im Zuge der späteren Reinheitsgesetze, die u.a. durch die pharisäische Praxis des Händewaschens beeinflusst wurden, komme diese Möglichkeit in den Blick. Kurz: Jesu Reinheitslogion könne bei genauerer Betrachtung – selbst ohne Rücksicht auf dessen heutigen literarischen Kontext – kaum als Aufhebung der Speise- oder Reinheitsvorschriften der Tora gedeutet werden. Denn wenn Mk 7,15 das Essen aller Speisen, auch der von der Tora verbotenen Speisen, für erlaubt erklärte, dann wäre dies die Erlaubnis zum Übertreten von Torageboten und somit etwa als „Sünde“ zu beurteilen, nicht aber als ein Vorgang, der zur rituellen Unreinheit des Essenden führte. D.h. im Sinne der Tora hätte weder das Essen von Schweinefleisch oder von Schlangen (um nur zwei Beispiele zu nennen) zur Folge, dass der Essende dadurch kultisch unrein wird. Umgekehrt gilt: Der Zusammenhang der Aufnahme einer Speise im Zuge des Essensvorgangs und der dadurch möglichen kultischen Verunreinigung ist eine konstitutive Voraussetzung für das Reinheitslogion. Das Logion setzt also – selbst ungeachtet des literarischen Kontextes – zwingend einen Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Lebensmitteln und der in diesem Prozess befürchteten Verursachung kultischer Unreinheit voraus. Da die Tora diesen Zusammenhang offenkundig nicht kennt, kann die Argumentation des markinischen Jesus auch nicht als antinomistisch (in welcher Hinsicht auch immer) beurteilt werden. Im Gegenteil – der markinische Jesus argumentiert in Übereinstimmung mit der Tora; er kritisiert freilich das Reinheitssystem seiner Gesprächspartner. Wenn man den Kontext berücksichtigt, so hält er die halachische Position der Pharisäer/Schriftgelehrten hinsichtlich der Notwendigkeit des Händewaschens vor dem Essen und der damit verbundenen Vermeidung kultischer Unreinheit nicht nur für einen Affront gegen das biblische Reinheitssystem. Er hält sie sogar, wie im Falle der Vermeidung der im Elterngebot geforderten Unterstützungsleistungen, für eine Außerkraftsetzung der Tora. Doch muss es sich dabei nicht um eine konservative Reaktion auf die pharisäische Reformbewegung handeln, wie Boyarin erwägt, an den meine Argumentation hier anknüpft. Vielmehr könnte man sich auch vorstellen, dass das im Sinne der Tora argumentierende Logion Jesu sich gegen die In35  Ebd., 195 (Kursivierung und Anmerkung von mir); dort auch weitere Literatur. 36  Ebd., 195.

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vention einer Praxis richtet, die den Alltag der einfachen Menschen verkompliziert und sich darauf verlässt, was die Heilige Schrift als Reinheitskonzept bereitstellt: Es gibt nichts, was von außen in den Menschen eindringt, das ihn unrein machen könnte. Die griechisch-römischen Tischsitten und die damit verbundene Reinheitskonzeption der Pharisäer sind eher etwas für Menschen, die in weichen Kleidern gehen, nicht mit ihren Händen arbeiten müssen und mit goldenen Löffeln essen. Ich will sagen: Theißen/ Merz haben m.E. einen wichtigen Aspekt angesprochen, wenn sie nicht nur den heutigen literarischen Kontext in Mk 7, sondern den vermutlichen historischen Kontext der Jesusbewegung für das Verständnis des Reinheitslogions heranziehen. Doch ist deutlich geworden: ich würde dieses Argument nicht gegen, sondern gerade für die Toratreue Jesu anführen.

2.4 Markus 7,17–23 Und als er von der Volksmenge weg in ein Haus eintrat, fragten ihn seine Jünger in Bezug auf die Parabel. 18Und er spricht zu ihnen: Seid auch ihr so unverständig? Begreift ihr nicht, dass alles, was von außen in den Menschen hineingeht, ihn nicht gemein machen kann? 19Denn es geht nicht in sein Herz hinein, sondern in den Bauch, und es geht heraus in den Abort, reinigend alle Speise (καθαρίζων πάντα τὰ βρώματα). 20Er sagte aber: Was aus dem Menschen herauskommt, das macht den Menschen gemein. 21Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken hervor: Unzucht, Dieberei, Mord, 22Ehebruch, Habsucht, Bosheit, Arglist, Ausschweifung, böser Blick, Lästerung, Hochmut, Torheit; 23alle diese bösen Dinge kommen von innen heraus und machen den Menschen gemein. 17

Wenn wir davon ausgehen, dass der markinische Jesus die biblische Ordnung der zum Verzehr erlaubten und verbotenen Tiere im bisherigen Kontext nicht infrage gestellt hat, so ist auch wenig plausibel, wenn er dies jetzt tun würde. Die Übersetzung und vor allem (!) auch die inhaltliche Bedeutung der auch syntaktisch schwierigen Formulierung καθαρίζων���������������� ��������������� πάντα���������� ��������� τὰ������� ������ βρώμα� τα in Mk 7,19 ist noch einmal zu prüfen. Gemeinhin wird diese Formulierung als kommentierende Bemerkung verstanden, nach der er (= Jesus) das Essen aller Speisen erlaube („damit erklärte er alle Speisen für rein“). Diese Deutung bezieht das Partizip καθα� ρίζων auf das Subjekt der einleitenden Formulierung καί λέγει αὐτοῖς in V. 18, also auf Jesus, zurück. Wenn man diese Lösung akzeptiert, so muss man zugleich voraussetzen, dass es sich um eine kommentierende Bemerkung handelt (von wem auch immer, vielleicht vom Markus­evan­ge­lis­ten), nicht um eine Äußerung Jesu selbst. Und sofern man den inhaltlichen Sinn dieses Kommentars so versteht, dass Jesus alle Speisen für rein erklärt und damit die Speisegebote des Mosegesetzes für obsolet erklärt, wäre dieser Kom-

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mentar als der Ursprung jener Deutungstradition zu verstehen, die sich genau durch diese Bemerkung dazu hat verleiten lassen, Jesu Aussage als Aufhebung der Speise- und Reinheitsgebote der Tora zu verstehen. Doch ließe sich – auf der Basis derselben Auffassung von der syntaktischen Stellung dieser Phrase und unter Berücksichtigung des Kontextes – diese Formulierung inhaltlich auch anders interpretieren. Voraussetzung ist: dass zwischen Jesus und den Pharisäern nicht die Unterscheidung zwischen erlaubten und verbotenen Speisen kontrovers ist, sondern die Frage, ob Speisen während der Mahlzeit kontaminiert werden und in den Körper eines Menschen eindringen und ihn kultisch unrein machen können. In diesem Fall liefe der Kommentar darauf hinaus, dass Jesus nicht das, was von außen in den Körper hineingeht, also die Speisematerie, für die Ursache der Kontaminierung mit Unreinheit hält, sondern das, was aus dem Menschen herauskommt; und eben damit folgt er der Konzeption des Mosegesetzes! Anders gesagt: ebenso wie die Tora sieht Jesus nicht die Speisematerie selbst als bedrohlich für die kultische Reinheit an, sondern den Menschen. Auch Boyarin scheint dies ähnlich einzuschätzen, wenn er schreibt: What I hope to have shown till know […] is that when Mark wrote the words καθαρίζων πάντα τὰ βρώματα „purifying all foods“, there is little reason to believe that it meant „thus he permitted all foods“, but rather, „thus he purified all foods“, meaning that he rejected the extra-stringent laws of defiled foods to which the Pharisees were so devoted – not the kosher rules.37

Der oben schon zitierte B. Weiss bietet nach meinem Dafürhalten eine interessante Deutung der Partizipialkonstruktion an: Mit feiner Ironie wird noch hervorgehoben, dass das Geschäft, den Organismus vor dem Unreinen zu bewahren, das etwa den Speisen anklebt, dieser [sc. der Organismus, W.S.] selbst besorgt, indem er alles, was von ihm nicht assimilirt [sic!] werden soll, an den Ort abführt, der, indem er alles Unreine in sich aufnimmt, nur das Reine zurückbleiben lässt und so die sämmtlichen [sic!] (genossenen) Speisen reinigt.38

Dieser Gedanke, wonach die Partizipialkonstruktion sich auf den Vorgang der Verdauung und Ausscheidung der genossenen Speisen bezieht, ist bestechend. Doch wie löst Weiss das syntaktische Problem? Die Antwort: Die anakoluthische Partizipialkonstruktion […], wonach das zu τὸν ἀφεδρῶνα gehörige καθαρίζων […] im Nominat(iv) steht, hat rhetorischen Grund, sofern es sich um die 37  Boyarin, Gospels, 121; vgl. auch die Übersetzung von Mk 7,19 in der King James Version: „Because it entereth not into his heart, but into the belly, and goeth out into the draught, purging all meats?“ Ähnlich die deutsche Version der Schlachter Übersetzung: „Denn es kommt nicht in sein Herz, sondern in den Bauch und wird auf dem natürlichen Weg, der alle Speisen reinigt, ausgeschieden.“ Auf das textkritische Problem, wonach in einigen Handschriften (frühesten aus dem 9. Jh.) καθαρίζον gelesen wird, gehe ich hier nicht ein. 38  Weiss, Markus, 114.

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Charakteristik des ἀφεδρ an sich handelt, und nicht dessen, in den die Speise abgeht, da ja das καθαρ erst dem ἐκτορεύεται folgt.39

Ich könnte mir vorstellen, dass hier – gleichsam unter Voraussetzung der Position der Pharisäer/Schriftgelehrten, wonach (koschere) Speise mit kultischer Unreinheit kontaminiert werden kann und so im Vorgang der Nahrungsaufnahme andere Essende mit Unreinheit in Berührung kommen können – der Prozess der Verdauung der Nahrungsmittel (Bauch bis hin zum Abtritt) als ein Prozess der Reinigung möglicher kontaminierter Speisen verstanden wird, in deren Verlauf das, was aus dem Körper des Menschen herauskommt (eben dies ist ja nach dem von Jesus vertretenen biblischen Konzept das möglicherweise allein unrein Machende und damit den Menschen Gefährdende), am rechten Ort (nämlich dem Abort) entsorgt wird; genau dort gehört es hin. Insofern könnte sich das Partizip auf den ganzen Prozess der Verdauung und Ausscheidung an den rechten Ort beziehen, so dass der Vorgang insgesamt als ein reinigender (katharizon) verstanden wird. Jesus erklärt also nicht alle möglichen (auch unerlaubte) Speisen für rein, sondern er versteht die Aufnahme und Verarbeitung bzw. Ausscheidung der Speisen als einen Vorgang, der selbst reinigende Wirkung hat. Doch wie immer man die syntaktisch schwierige Konstruktion in Mk 7,19 auflöst: Unter Beachtung des literarischen Kontextes (und welchen anderen sollte man in der Interpretation dieses Verses beachten als den literarischen? Denn alle anderen Kontextualisierungen dieses entscheiden­ den Verses sind ja gegenüber dem uns vorliegenden Text immer sekundär und darum auch weniger beweiskräftig als der textuelle Kontext selbst) werden grundsätzlich auch hier nicht die Speisegesetze der Tora für obsolet erklärt. Vielmehr geht es um die Problematik, ob Speisematerie, die im Vor­ gang des Essens in den Körper eines Menschen eindringt, diesen mit kultischer Unreinheit kontaminieren kann. Eben dieses ist nach der Meinung Jesu (in Übereinstimmung mit dem Mosegesetz, wie oben noch einmal kurz dargelegt worden ist), nicht möglich. Die Quelle der kultischen Unreinheit (wiederum in Übereinstimmung mit den relevanten Vorschriften der Tora!) ist allein der menschliche Körper selbst. Freilich geht Jesus hier nicht auf die in der Reinheitstora zunächst und vor allem thematisierte „materielle“ Verursachung kultischer Unreinheit ein (etwa durch Ausflüsse des Körpers), sondern auf jene aus dem Herzen, d.h. aus dem Bewusstseins- und Willensorgan des Menschen hervorgehenden (moralisch relevanten) Absichten oder Intentionen, die sich dann in einem spezifischen Verhalten manifestieren. Also: Aus dem Körper treten nicht nur unrein machende Flüssigkeiten heraus; er (oder genauer: das Herz) kann vielmehr der Ursprung negativer Performanzen sein, die zur Übertretung 39  Ebd., 114.

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von Normen der Tora oder anderer moralischer Normen führen.40 Vielleicht kann man in der Tat von einer Art „Ethisierung“ der jüdischen Reinheitsvorstellungen sprechen. Doch ist dies keineswegs eine Neuerung, die durch Jesus in die jüdischen Reinheits-Diskurse eingeführt und gar gegen die jüdische Diskurstradition formuliert worden ist. So als ob man in der jüdischen Tradition nur auf äußerliche Reinheit Wert gelegt habe, Jesus dann das Konzept der wahren, sittlichen Reinheit gebracht habe. Diese immer noch gängige Interpretation bringt der oben schon erwähnte Artikel von F. Hauck markant auf den Punkt: Die vom Judentum gepflegte kultisch-rituelle Reinheit ist nach Jesu Urteil vollkommen ungenügend, da sie am äußerlich Dinghaften hängen bleibt […]. Die Reinheit der nt. lichen Gemeinde ist demgegenüber persönlicher, sittlich-religiöser Art.41

Gern stellt man darum auch der jüdischen „Reinheit der Hände“ mit Berufung auf Jesus die christliche „Reinheit der Herzen“ gegenüber.42 Freilich ist diese „Antithese“ – wie viele andere auch – einerseits schon darum nicht überzeugend, weil der Diskurs, auf den sie sich bezieht, ein innerjüdischer Diskurs ist. Jesus diskutiert in Mk 7 als Jude mit Juden. Die ganze Kontro­ verse um das Händewaschen macht gar keinen Sinn, wenn Jesus hier als der Vertreter einer nicht-jüdischen Position auftreten würde; denn welche Relevanz sollten die Argumente eines Nicht-Juden, für den die Vorschriften des Mosegesetzes a priori nicht gelten, in einem jüdischen Diskurs haben? Doch kann man positiv hinzufügen: Auch in anderen uns bekannten jüdischen Diskursen wird die Betonung „sittlicher“ Reinheit formuliert. Dafür wird immer wieder auf die Propheten verwiesen, doch zugleich werden (im Zuge der sog. „Prophetenanschlusstheorie“ [K. Koch]) diese innerjüdischen Parallelen zu Jesus (den man „natürlich“ nicht dem Judentum zurechnet) gegen das Judentum ausgespielt. Ein Paradebeispiel ist wiederum im zitierten Wörterbuchartikel von F. Hauck zu lesen: Während […] im Kultus der Gedanke der rituellen Reinheit stark ausgebildet wird, wird von den Propheten das ethisch-religiöse Urteil geschärft. Es kommt hier sogar gelegentlich zu einer Entgegenstellung der Werte, indem von den Propheten der ethisch gedachten Reinheit der Vorzug vor der bloß kultisch-rituell gedachten und betriebenen gegeben wird. So sind die Propheten die Wegbereiter der Religion Jesu.43

40  Der sog. Lasterkatalog in Mk 7,21f nennt als Übertretung der Weisungen der Tora: Unzucht, Diebstahl, Mord und Ehebruch, daneben als weitere moralische Normverletzungen: Habsucht, Bosheit, Arglist, Ausschweifung, bösen Blick, Lästerung, Hochmut und Torheit. 41  Hauck, καθαρός, 428. 42  In dieser Hinsicht ist auch eine Formulierung von Dunn, Jesus, 576, problematisch: Jesus sei in den christlichen Gemeinden erinnert worden „as speaking on the subject of purity and as insisting that the purity of the heart is more important than ritual purity“. 43  Hauck, καθαρός, 420.

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F. Hauck verweist auf Jes 1,15ff; Jer 33,8 und Ps 51,4; er sieht diese Tradition dann aber auch sich im hellenistischen Judentum fortsetzen, etwa bei Josephus (Bell VI 48; Ant IX 261f; u.a.).44 Theißen/Merz weisen ihrerseits u.a. auf eine Formulierung Pseudo-Phokylides hin: „Heilungen der Seele, nicht des Körpers sind die Reinigungen“ (Ps-Phok 228). Ebenso führen Sie Philo von Alexandrien an, der Unreinheit „in SpecLeg III, 208f […] in erster Linie als Ungerechtigkeit und Gottlosigkeit“ definiert. Doch, und darin sehen sie wohl einen Unterschied zu Jesus, insistiere er „gleichzeitig auf den äußeren Ritualgeboten.“45 Für mich war überraschend, dass neben dem zitierten F. Hauck ein zweiter Autor des Wörterbuch-Artikels katharos ktl., nämlich R. Meyer, in seinem Beitrag (zum Themenbereich rein und unrein im Judentum) zu deutlich anderen Aussagen kommt. Und eben dies in einer Zeit (1938), in der man eine dem Judentum gerecht werdende Sicht des hier diskutierten Logions eigentlich nicht erwarten würde. R. Meyer schreibt: Es gibt ein schiefes Bild, wollte man nicht auch den sittlichen Reinheitsbegriff des rabbinischen Judentums erwähnen; daß wir uns hier kürzer fassen können, darf nicht über die Breite des Gedankenstromes in der talmudisch-midraschischen Literatur hinwegtäuschen.46

Ich kann an dieser Stelle meine Beobachtungen abbrechen und ziehe ein Fazit.

Fazit Die Deutung des Reinheitslogions von Mk 7,15 als explizite Aufhebung der Speisegesetze und (mindestens implizite) Aufhebung der Reinheitsgebote der Mosetora wird in aktuellen Auslegungen radikal infrage gestellt. Die von zwei jüdischen Auslegern (Y. Furstenberg und D. Boyarin) engagiert und kenntnisreich vertretene These, wonach Jesus (oder der markinische Jesus) weder die Speisegesetze noch auch (!) die Reinheitsvorschriften der Tora infrage gestellt hat, sondern diese gerade positiv vertritt, wurde in der Geschichte der Auslegung schon vor mehr als hundert Jahren auch in der deutschen Exegese vertreten (etwa von B. Weiss und H.J. Holtzmann). Bei einer sorgfältigen Beachtung des markinischen literarischen Kontextes des Reinheitslogions und der biblischen bzw. historisch relevanten innerjüdischen Reinheitsdiskurse legt sich in der Tat nahe, dass der markinische Jesus fest 44  Ebd., 420. 45  Theissen/Merz, Jesus, 327. 46  Meyer, καθαρός, 426f. Einer seiner Belege ist ein Zitat von Rabbi Meir (bBer 17a): „Bewahre deinen Mund vor jeder Sünde, und reinige und heilige dich von jeder Schuld und Sünde; dann werde ich überall bei dir sein.“

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auf dem Boden der schriftlichen Tora steht, während er den Pharisäern/ Schriftgelehrten vorwirft, diesen verlassen zu haben. Das bedeutet einerseits: der markinische Jesus äußert sich nicht zur levitischen Unterscheidung der erlaubten und verbotenen Speisen, geschweige denn, dass er diese Vorschriften aufheben würde; andererseits bildet das levitische Reinheitskonzept, wonach der Mensch die Quelle möglicher kultischer/ritueller Verunreinigung ist, die Grundlage seiner Kritik an den Pharisäern/Schriftgelehrten. Ihnen wirft er vor, Weisungen des Mosegesetzes durch die sogenannte Überlieferung der Alten außer Kraft setzen zu wollen. Vorsichtig formuliert: Die Aufhebung der levitischen Unterscheidung zwischen erlaubten und verbotenen Speisen lässt sich kaum auf Jesus zurückführen. Dafür bietet jedenfalls der wichtigste Text (Mk 7,15) gerade auch in seinem heutigen Kontext keine solide Basis. Sinnvoller scheint mir daher, dass eine Änderung in der Frage der erlaubten und verbotenen Speisen bzw. auch der in diesem Zusammenhang üblichen Vorschriften in deren Behandlung (etwa Schlachtung und Zubereitung) sich erst im Zuge der Entstehung christusglaubender Gemeinden aus Juden und Nicht-Juden entwickelt hat. Ob das Markusevangelium diese Verschiebung der Problematik schon repräsentiert, muss ich hier offen lassen. Vieles spricht dafür, dass sie sich in einigen Paulusbriefen, im Römerbrief, im Galaterbrief, vielleicht auch im 1.  Korintherbrief und im Lukas­ evangelium bzw. der Apostelgeschichte abzeichnet. Doch das ist ein anderes Thema.

Literatur Boyarin, D., The Jewish Gospels. The Story of the Jewish Christ, New York 2012. Dunn, J.D.G., Jesus Remembered, Grand Rapids 2003. Furstenberg, Y., Defilement Penetrating the Body. A New Understanding of Contamination in Mark 7.15, NTS 54 (2008), 176–200. Gnilka, J., Das Evangelium nach Markus. Bd. 1: Mk 1–8,26 (EKK II/1), Zürich/ Neukirchen-Vluyn 1978. Hauck, F., Art. καθαρός κτλ. D: Rein und unrein im NT, ThWNT III (1938), 427–434. Holtzmann, H.J., Die Synoptiker (HC I/1), Tübingen 31901. Jülicher, A., Die Gleichnisreden Jesu. Bd. 2: Auslegung der Gleichnisreden der drei ersten Evangelien, Freiburg i.Br. 1899. Meyer, R., Art. καθαρός κτλ. C: Rein und unrein außerhalb des NT: Zweiter Teil: im Judentum, ThWNT II (1938), 421–427. Paschen, W., Rein und Unrein. Untersuchung zur biblischen Wortgeschichte, München 1970.

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Stegemann, W., Jesus und seine Zeit (Biblische Enzyklopädie 10), Stuttgart 2010. Theissen, G./Merz, A., Der historische Jesus. Ein Lehrbuch, Göttingen 32001. Theissen, G., Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des Urchristentums, Gütersloh 2000. Tuor-Kurth, Chr., Unreinheit und Gemeinschaft. Erwägungen zum neutestamentlichen Gebrauch von κοινός, ThZ 65 (2009), 229–245. Weiss, B., Die Evangelien des Markus und Lukas (KEK I/2), Göttingen 91901.

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Peter Balla

How Radical is Itinerant Radicalism? The Case of Luke 14:26

Introduction Among the numerous original contributions of Gerd Theißen to New Testament studies, “itinerant radicalism” (Wanderradikalismus) is one of his most influential theses related to the study of the historical Jesus.1 He coined this term in the early part of his long and fruitful scholarly career. His essay entitled “Wanderradikalismus. Literatursoziologische Aspekte der Überlieferung von Worten Jesu im Urchristentum” was published already in 1973 in the journal Zeitschrift für Theologie und Kirche.2 Theißen substantiated his thesis in another article in 1977,3 and in the same year in a book entitled Soziologie der Jesusbewegung: Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des Urchristentums.4 This work (only 111 pages, but full of excellent ideas and clear arguments) has become very influential in New Testament scholarship. Theißen has re-worked and enlarged it almost 30 years later, in a monograph entitled Die Jesusbewegung: Sozialgeschichte einer Revolution der Werte.5 In the thesis concerning itinerant radicalism, Theißen argues convincingly that in the life of the earliest followers of Jesus it was a necessary consequence of their itinerant, “wandering” life-style that they had to make radical decisions concerning leaving behind their families and properties. Theißen has convincingly shown that this radical life-style was not the only option in 1  I am pleased that among his many honours, Gerd Theißen received an honorary doctorate from my own university, the Károli Gáspár University of the Reformed Church in Hungary. I am also grateful for this opportunity to express my thanks for his support of my own work. 2  ������������������������������������������������������������������������������ G. Theißen, “Wanderradikalismus. Literatursoziologische ��������������������������������������������� Aspekte der Überlieferung von Worten Jesu im Urchristentum”, ZTK 70 (1973) 245–71. Repr. in G. Theißen, Studien zur Soziologie des Urchristentums (WUNT 19; Tübingen: Mohr Siebeck, 31989), 79–105. 3  ������������������������������������������������������������������������������� G. Theißen, “‘Wir haben alles verlassen’ (Mc. X 28): Nachfolge und soziale Entwurzelung in der jüdisch-palästinischen Gesellschaft des I. Jahrhunderts n. Ch.,” NovT 19 (1977) 161–96. Repr. in Theißen, Studien zur Soziologie, 106–41. 4  G. Theißen, Soziologie der Jesusbewegung: Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des Urchristentums (KT 35; Gütersloh: Chr. Kaiser/Gütersloher Verlagshaus, 71997 [1977]). 5  G. Theißen, Die Jesusbewegung: Sozialgeschichte einer Revolution der Werte (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2004).

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early Christianity: not every follower of Jesus could take up a “wandering” life-style – the majority had to live out their Christian faith in “settled communities”. The itinerant life-style was earlier, but the settled life-style presented a certain limit to it. These two main streams of early Christianity are behind most of our Jesus traditions, on occasion the latter contributing to re-interpretations of texts originating in the former circles. In this paper I should like to point to another limit that has to be taken into consideration when dealing with texts originating in the itinerant, radical stream of early Christianity. This “limit” is present in texts in which Jesus claims priority to himself even over against family members. I have discussed a number of such texts in a monograph that was prepared during my year in Heidelberg when Professor Gerd Theißen was my Gastgeberprofessor for a research project supported by the Alexander von Humboldt Foundation.6 In the following, I examine only one New Testament text in detail – perhaps (arguably) the most radical saying of Jesus in relation to itinerant radicalism. This verse is Luke 14:26: “If anyone comes to me and does not hate father and mother, wife and children, brothers and sisters—yes, even their own life—such a person cannot be my disciple.”7 In this verse, the verb “hate” is such a strong term that on a first reading one can only think of a real enmity within the family, if a son or a daughter “hates” his or her parents when following Jesus. Gerd Theißen has taken this verse in this radical sense, as can be seen in several of his writings. Theißen �������������������������������������������� writes in his 1973 essay on “Wanderradikalismus”: “Die Logien vertreten ferner ein afamiliäres Ethos. �������� Die Aufgabe der stabilitas loci schließt den Abbruch familiärer Beziehungen ein. Bedingung der Nachfolge ist der Haß von Vater und Mutter, Frau und Kindern, Bruder und Schwester (Lk 14,26).”8 In his Soziologie der Jesusbewegung, Theißen quotes Luke 14:26 under the heading “Familienlosigkeit” (“being without a family”).9 In his essay, “Wir haben alles verlassen”, he writes after a reference to a passage in Josephus as follows: “Das erinnert an den Haß von Familienangehörigen, der in der Jesusbewegung zur Bedingung 6  P. Balla, The Child-Parent Relationship in the New Testament and its Environment (WUNT 155; Tübingen: Mohr Siebeck, 2003; repr. Peabody: Hendrickson, 2005). This paper is based on this work, with some more detailed argumentation concerning Luke 14:26. (I discuss Luke 14:26 in the monograph at pp. 142–8; in this paper I use material from those pages, and I extend the discussion.) I thank the Alexander von Humboldt Foundation for a renewed scholarship, with the help of which I completed the present paper at the University of Heidelberg between 7 July and 5 August, 2012. 7  In this paper I quote the text of the Bible from the new edition of NIV: The Holy Bible, New International Version (Grand Rapids, Michigan: Zondervan, 2011, copyright: Biblica, Inc.). 8  Theißen, “Wanderradikalismus”, 249; Studien zur Soziologie, 83. 9  Theißen, Soziologie der Jesusbewegung, 17.

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der Nachfolge erhoben wurde (Lc. xiv 26).”10 From these examples we can see that Theißen takes the word “hate” in its strictest, first meaning, referring to a real emotional hatred. This hating involves a breach with the family; it is, indeed, seen as a condition of following Jesus. In Die Jesusbewegung, Theißen has re-stated his thesis concerning itinerant radicalism in such a way that he not only substantiates his thesis with more arguments, but does so in conversation with literature that has emerged in the decades after he had first formulated this thesis. Concerning the “afamilial” character of the itinerant charismatics of the early church, Theißen keeps the heading “Familienlosigkeit” under which he quotes Luke 14:26. He refers to some who have challenged this thesis, but he reaffirms it: “Dennoch möchte ich an dieser These mit Nachdruck festhalten.”11 Concerning the quotation of Luke 14:26 he writes: “Ja, der Hass gegenüber allen Angehörigen konnte zur Pflicht gemacht werden.”12 In this context, he rightly mentions that Matt 10:37 and Luke 14:26 are “variants of this tradition” (“Varianten dieser Überlieferung”), but calls Matt 10:37 only “a somewhat less shocking” (“etwas weniger anstößigen”) version of it.13 In this paper, I should like to show that Matt 10:37 is not only “somewhat less shocking”, but is a real paraphrase of the same idea that is expressed in Luke 14:26. To this end, I shall refer to some occurrences of the verb “to hate” in the New Testament, and show that the Greek verb μισέω not only means “I hate”, but in the Bible can be used to express preferences. Depending on the context, it may have the following meaning: if someone “hates A”, this may be the same as to say that he or she “loves A less” than he or she loves B; he or she “places A in second place” after B.

The main meanings of μισέω The Greek verb μισέω occurs forty times in the New Testament. The BauerAland Griechisch-deutsches Wörterbuch (sixth edn, 1988) gives the following main meanings to this verb: “hassen, m. Haß verfolgen, verabscheuen” (col. 1058). In this dictionary it is noted that if the verb is used with a person as its object, then the meaning is the opposite of “I love”, ἀγαπάω (col. 1058). It is to be acknowledged that in many cases a real enmity is involved, because the context demands this meaning. Such a context is, for example, persecution. This meaning is clear in passages like, for example, Matt 10:22: 10  Theißen, “Wir haben alles verlassen”, 185; Studien zur Soziologie, 130. 11  Theißen, Die Jesusbewegung, 67 n. 108. 12  Theißen, Die Jesusbewegung, 68. 13  Theißen, Die Jesusbewegung, 68.

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“You will be hated by everyone because of me, but the one who stands firm to the end will be saved.” Most occurrences of the verb in Luke refer to real “hating”, too. This has to be acknowledged; indeed, this is the primary, main meaning of the Greek verb. My question is, however: may we find texts where the context does not demand this meaning? Let us briefly survey the occurrences of the verb μισέω in Luke, keeping this question in mind.

The occurrences of μισέω in Luke In Luke 1:71 we read: “…salvation from our enemies and from the hand of all who hate us”. In this quotation from Zechariah’s Song there is a clear reference to enemies; and the expression “the hand of all who hate us” may be even understood as an exposition of the word “enemies”.14 In two sayings of Jesus, near each other, the context is again that of enmity. In Luke 6:22 we read: “Blessed are you when people hate you, when they exclude you and insult you and reject your name as evil, because of the Son of Man.”15 Luke 6:27–28 reads as follows: “But to you who are listening I say: Love your enemies, do good to those who hate you, bless those who curse you, pray for those who mistreat you.”16 In these examples “hatred” is the opposite of love; hatred is an expression of enmity. As ���������������� Bock rightly affirms: “For a disciple to align with Jesus was to take a public and potentially offensive stand that would produce reaction, even hatred.”17 In Luke 16:13 we read as a saying of Jesus: “No one can serve two masters. Either you will hate the one and love the other, or you will be devoted to the one and despise the other. You cannot serve both God and money.” Here, in the first part of the saying one might argue that “hate” refers to “placing second” one of the masters, and “love” refers to “preferring” the other, but the second part of the saying indicates that a real “either/or” is at stake here: just as one has to choose between “God” and “money”, so one 14  Bovon notes that in v. 71 the reference to salvation belongs to Lucan vocabulary, but “enemies” and “those who hate us” are expressions belonging to the conventional language of the Psalms; F. Bovon, Das Evangelium nach Lukas (EKK; 4 vol.; Zürich: Benziger Verlag, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1989–2009) 1.105. 15  Bovon discusses Luke 6:22–23 and Luke 6:26 together in his commentary, under the heading: Die Verfolgung (“Persecution”). Concerning these verses he writes: “Μισέω ist nicht nur das Gefühl des Hasses, sondern auch seine Ausdruckskraft und die Art, wie die Verfolgten ihn erleben” (Bovon, Lukas, 1.303). 16  Bovon discusses Luke 6:27–28 under the heading: Die Feindesliebe (“Love toward the enemy”; Bovon, Lukas, 1.312). 17  D.L. Bock, Luke (BECNT; 2 vol.; Grand Rapids: Baker, 1994, 1996) 1.578. Bock argues convincingly for the authenticity of this “beatitude” as a saying of Jesus (Bock, Luke, 1.577–8).

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has to choose between the two “masters”. Theißen – being consistent in his argument – interprets the term “hate” in this verse in the same way as he interprets it in Luke 14:26. In a context where he writes about the latter, he refers to Luke 16:13 (and its Matthaean parallel) when he affirms: “Whatever one understands by ‘hate’, it is the opposite of ‘love’ (cf. Matt. 6.24; Luke 16.13).”18 However, we have to keep in mind that if the saying were only about two masters in real life, it would be possible to take the expression of “hating” as a reference to “loving less” one master when compared to the love toward the other master. In Luke 19:14, in the Parable of the Ten Minas we read concerning the attitude of the “subjects” toward their lord: “But his subjects hated him and sent a delegation after him to say, ‘We don’t want this man to be our king.’”19 Here again we may see a strong “enmity” expressed by this term, but the position of the subjects (“slaves” in verse 13) does not allow them to show their hatred in other ways than to send a deputation with a message that they do not want their lord to become a king. Perhaps they were afraid of more power being held in the hands of their lord: he can exploit them, he can rule over them as a tyrant even more than before. I agree with Green, who affirms concerning this passage: “In this co-text, ‘to hate’ is not a description of personal affect, but a rejection of his claim to the throne; their ‘hate’ is realized in their petition that he not be allowed to have authority over them.”20 The story is brief, it does not give much detail; thus we cannot know with certainty what else “hatred” might have included in this case. Fitzmyer rightly translates the Greek text here as follows: “His fellow-citizens, however, who disliked him, sent a delegation after him…”21 In Luke 21:12–19, Jesus warns his disciples concerning persecution. In verse 12 even “prison” is mentioned. In verse 16 we read: “You will be betrayed even by parents, brothers and sisters, relatives and friends, and they will put some of you to death.” Thus we can say with certainty that in verse 17 the reference to hating is a strong term involving persecution: “Everyone will hate you because of me.” As Eckey has affirmed: “Die Jünger sollen sich darauf einstellen, daß ihre Bindung an Jesus sie zu Außenseitern der Ge-

18  G. Theißen, A Theory of Primitive Christian Religion (London: SCM, 1999), 67. 19  ������������������������������������������������������������������������������������ Nolland affirms: “There is little doubt that we have here an allusion to the delegation that sought to oppose the confirmation by Augustus of Archelaus as ruler of Judea (Josephus, Ant. 17.299–314). But we cannot be sure that Luke is aware of this”; J. Nolland, Luke (WBC; 3 vol.; Nashville: Thomas Nelson, 1989, 1993) 3.914. 20  J.B. Green, The Gospel of Luke (NICNT; Grand Rapids/Cambridge: Eerdmans, 1997), 678–9. 21  J.A. Fitzmyer, The Gospel According to Luke: Introduction, Translation, and Notes (AB; 2 vol.; New York/London: Doubleday, 1981, 1985) 2.1227.

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sellschaft und zu Feinden des Menschengeschlechts stempelt (17; vgl. 6,22a).”22 We note that out of the six occurrences of the term μισέω in Luke so far, only the first one (1:71, in Zechariah’s Song) does not appear in a saying of Jesus. The Greek verb μισέω occurs seven times in Luke; the seventh occurrence is the focus of our present essay: Luke 14:26. We look now at this verse in its context.

Luke 14:26 in its context In Luke 14:25–27 we read: “Large crowds were traveling with Jesus, and turning to them he said: ‘If anyone comes to me and does not hate father and mother, wife and children, brothers and sisters—yes, even their own life— such a person cannot be my disciple. And whoever does not carry their cross and follow me cannot be my disciple.’” The two sayings in verses 26 and 27 are about discipleship.23 In the first saying the contrast is between one’s relationship with his or her family members and one’s relationship with Jesus. In determining the meaning of μισεῖ in v. 26a, the context of the rest of the verse is of crucial significance. At the end of the list of those one has to “hate”, Jesus adds: “even their own life” (in the Greek in the singular form: “even his own life”, literally: “even his own soul”, τὴν ψυχὴν ἑαυτοῦ). In the Jesus tradition, Jesus is shown as reaffirming the validity of the love commandments, including that of Lev 19:18b: “love your neighbor as yourself” (see e.g. Matt 22:39; par. Mark 12:31, Luke 10:27). Thus in Luke 14:26b the reference to one’s own life requires a meaning of the verb μισεῖ something like: “places second”; because the person whom one has to follow has to have preference even to one’s own life. I agree with Bock who argues: “The call to ‘hate’ is not literal but rhetorical… Otherwise, Jesus’ command to love one’s 22  W. Eckey, Das Lukasevangelium: Unter Berücksichtigung seiner Parallelen (2 vol.; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2004) 2.860. 23  ����������������������������������������������������������������������������������� Although there are some scholars who doub������������������������������������������ t the authenticity of these sayings, I accept them as authentic sayings of Jesus. For a discussion of the authenticity of these sayings, see, e.g., Bock, Luke, 2.1281–2; Fitzmyer, Luke, 2.1060–1. For my purposes, the authenticity of the saying in v. 26 is more relevant. The authenticity (of at least parts) of this saying is widely agreed among scholars, see e.g. Eckey: “Die provozierende Formulierung von Lk 14,26 vom Haß der Familie macht es wahrscheinlich, daß dieser Ausspruch im Kern auf ihn [Jesus] selbst zurückgeht” (Lukasevangelium, 2.667, italics original); Green, Luke, 565; C.F. Evans, Saint Luke (London/ Philadelphia: SCM/ Trinity Press International, 1990),����������������� 576–8. The variants in the codices do not substantially change the meaning of these verses; I discuss them in my monograph, see Balla, Child-Parent Relationship, 142–3, and the more detailed commentaries, e.g., I.H. Marshall, The Gospel of Luke: A Commentary on the Greek Text (NIGTC; Exeter: Paternoster, 1978), 592–3.

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neighbor as oneself as a summation of what God desires makes no sense (Luke 10:25–37).”24 As the verb is only expressed once in verse 26, if it does not refer to real hatred in the case of “one’s own life”, then it is not likely that it refers to real hatred in the case of the family members that are listed before the reference to one’s own life.

The verb μισέω as a translation of Hebrew ‫ָשׂ ֵנא‬ Luke was familiar with the style and content of the Old Testament, as can be seen from his wide use of allusions to the Old Testament especially in the case of the infancy narratives.25 Thus we can expect that he knew the idiomatic use of the Hebrew verb ‫ָשׂ ֵנא‬. This verb does not only mean “to hate”, but in the case of family relationships it can refer to someone “less favoured” when compared to someone who is “loved”. This usage can be seen, for example, in Deut 21:15–17. In this passage we read: If a man has two wives, and he loves one but not the other, and both bear him sons but the firstborn is the son of the wife he does not love, when he wills his property to his sons, he must not give the rights of the firstborn to the son of the wife he loves in preference to his actual firstborn, the son of the wife he does not love. He must acknowledge the son of his unloved wife as the firstborn by giving him a double share of all he has. That son is the first sign of his father’s strength. The right of the firstborn belongs to him.

In the Hebrew text, the term translated above in the 2011 NIV text as the wife “he does not love” is a form of ‫( ָשׂ ֵנא‬qal feminine passive participle, literally: “who is not loved”, ‫)ְשׂנוּאָה‬. Meinhold notes that “in the realm of the family” (“im familiären Bereich”) the opposite terms “love” and “hate” may mean “prefer” (“bevorzugen”) and “place behind” (“hintansetzen”). In this context, Meinhold refers to the following passages: Gen 25:28; 29:30–31; Deut 21:15–17.26 I agree with those scholars who hold that the usage of these terms in Deut 21:15–17 serves as a background to understand the term “hate” in Luke 14:26. Malachi 1:2b–3 may be another text that has a similar usage. In the book of Malachi, according to the immediate context of these verses, the reference is to two nations, and in this case “hatred” does involve enmity.27 However, the story of the patriarchs that lies in the background of the passage in Malachi is about election, and in the context of election the terms may be understood as a reference to “preferring” and to “placing second” (or: 24  Bock, Luke, 2.1284. 25  See, e.g., Bock, Luke, 1.68. 26  A. Meinhold, Maleachi (BKAT; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2006), 43. 27  See, e.g., Meinhold, Maleachi, 43.

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“placing behind”). The passage in Malachi reads: “‘Was not Esau Jacob’s brother?’ declares the Lord. ‘Yet I have loved Jacob, but Esau I have hated, and I have turned his hill country into a wasteland and left his inheritance to the desert jackals.’” This text was understood by the apostle Paul as referring to election, as can be seen in Rom 9:10–13: “Not only that, but Rebekah’s children were conceived at the same time by our father Isaac. Yet, before the twins were born or had done anything good or bad —in order that God’s purpose in election might stand: not by works but by him who calls—she was told, ‘The older will serve the younger.’ Just as it is written: ‘Jacob I loved, but Esau I hated.’” I agree with Evans, who draws the following conclusion from the above mentioned examples for the meaning of μισέω in Luke 14:26: “If anyone… does not hate… This may be an example of the Semitic expression of preference by means of antithesis – ‘I love A and hate B’ meaning ‘I prefer A to B’ (cf. Gen. 29:30ff.; Deut. 21:15; Rom. 9:13) – which has been altered, but correctly interpreted, in the Matthaean form (Matt. 10:37).”28

Conclusion: Luke 14:26 is about the priority of Jesus As we have seen earlier, Gerd Theißen has pointed to the parallel passage of Luke 14:26, Matt 10:37, by referring to the latter as “a somewhat less shocking” version of the former.29 On the basis of the “Semitic expression” discussed above by Evans, I too argue that Matt 10:37 is not simply “a somewhat less shocking” version of Luke 14:26, but a version that does represent well the content of the idiom concerning “hating” in the latter. Matthew 10:37–38 reads: “Anyone who loves their father or mother more than me is not worthy of me; anyone who loves their son or daughter more than me is not worthy of me. Whoever does not take up their cross and follow me is not worthy of me.”��������������������������������������������������������������� For our purposes, it is of little significance whether the Lucan and Matthaean passages are taken from Q30 or are independent sayings.31 It is important to see that the expression “loves more” in Matt 10:37 refers to priority: someone is placed before Jesus in the disciple’s life. Jesus warns 28  Evans, Saint Luke, 577. 29  Theißen, Die Jesusbewegung, 68. 30  For a detailed argument of this thesis, including an attempt at reconstructing the original form of these sayings in Q, see H.T. Fleddermann, Q: A Reconstruction and Commentary (Biblical Tools and Studies 1; Leuven: Peeters, 2005), 745–55. 31  See e.g. Bock, Luke, 2.1281, who argues concerning the “double statement of discipleship involving the family and the cross in Luke 14:26–27” and Matt 10:37–38 that “it seems better to see two variations on a similar teaching than to see one teaching from one tradition.”

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against such a priority: the disciple must not love anyone more than he or she loves Jesus. Luke 14:26 has the same message. Thus, I agree with scholars who argue that the term “hates” in Luke 14:26 is about “a disavowal of primary allegiance to one’s kin”,32 a certain “ranking behind” (“Nachordnung”),33 “a willingness to put parents, family, relatives, even one’s own life, in subordination to discipleship”.34 In the disciple’s life, Jesus has to be given the first place; he has to be given priority before anybody else. In his 1977 article, Gerd Theißen concedes that from a religious point of view existence as a disciple (“Nachfolgeexistenz”) is a consequence of meeting the Holy One (“Begegnung mit dem Heiligen”), but his own main task is to show from a sociological perspective that this existence is a variant of social uprootedness (“eine Variante sozialer Entwurzelung”).35 We have to add that Theißen acknowledges that “orders are always more radical than actual behaviour” (“Gebote immer radikaler sind als wirkliches Verhalten”).36 In this context, he mentions that according to 1 Cor 9:4–5 some of the disciples of Jesus took their wives with them on their journeys.37 I agree with the overall thesis of Theißen concerning the itinerant radicalism of the early followers of Jesus. However, this “radicalism” was not as radical as Theißen has argued: it did not involve an “afamilial ethos”. It could lead to tensions in the family – when a disciple followed Jesus, and the disciple’s family regarded this with a certain enmity. However, the disciples of Jesus did not break the commandment concerning honouring one’s father and mother; they did not “hate” their parents. In this paper, I have argued on the basis of only one radical saying of Jesus that the priority of Jesus is a key to understanding the radical sayings concerning family relationships in the early Christian movement.38 This example may point to a “limit” in the radicalism of that movement. This “limit” is the priority of Jesus whom the disciples had to follow with all the 32  Green, Luke, 565. 33  G. Schneider, Das Evangelium nach Lukas (ÖTK; 2 vol.; Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, Würzburg: Echter Verlag, 1977) 2.321. 34  Fitzmyer, Luke, 2.1062. 35  Theißen, “Wir haben alles verlassen”, 161; Studien zur Soziologie, 106. Theißen repeats the expression “eine Variante sozialer Entwurzelung” in a recent work in which he summarizes his own major theses of his whole scientific career, in “dialogue” with many colleagues: G. Theißen, Von Jesus zur urchristlichen Zeichenwelt: “Neutestamentliche Grenzgänge” im Dialog (NTOA; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2011), 24. 36  ������������������������������������������������������������������������������� Theißen, G., “Die soziologische Auswertung religiöser Überlieferungen: Ihre methodologischen Probleme am Beispiel des Urchristentums”, Kairos 17 (1975) 284–99, on p. 290; repr. in Theißen, Studien zur Soziologie, 35–54, on p. 43. 37  Theißen, “Die soziologische Auswertung”, 290; Theißen, Studien zur Soziologie, 43. 38  I have discussed other sayings in the fourth chapter of my monograph: Balla, ChildParent Relationship, 113–56.

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consequences of that following. Luke 14:26 speaks about this priority. As Bock has rightly affirmed in his exposition of this verse: “Discipleship is fundamentally a call to allegiance. Jesus is to have first place over all, including family.”39 It would be exciting to ask the question: Who can claim such a priority? It may be argued that such a claim is a pointer to the self-understanding of Jesus: he expects this priority for his own person, because such a priority was due in one’s relationship to God in the environment of Jesus, and he regarded himself to be the Son of God.40 Jesus’ self-understanding is strongly connected to the itinerant radicalism of early Christianity, but it is a vast field worthy to be studied separately as well.

Bibliography Balla, P., The Child-Parent Relationship in the New Testament and its Environment (WUNT 155; Tübingen: Mohr Siebeck, 2003; repr. Peabody: Hendrickson, 2005). Bock, D.L., Luke (BECNT; 2 vol.; Grand Rapids: Baker, 1994, 1996). Bovon, F., Das Evangelium nach Lukas (EKK III/1–4; 4 vol.; Zürich: Benziger Verlag, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 1989–2009). Eckey, W., Das Lukasevangelium: Unter Berücksichtigung seiner Parallelen (2 vol.; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2004). Evans, C.F., Saint Luke (London/ Philadelphia: SCM/Trinity Press International, 1990). Fitzmyer, J.A., The Gospel According to Luke: Introduction, Translation, and Notes (AB 28–28A; 2 vol.; New York/London: Doubleday, 1981, 1985). Fleddermann, H.T., Q: A Reconstruction and Commentary (Biblical Tools and Studies 1; Leuven: Peeters, 2005). Green, J.B., The Gospel of Luke (NICNT; Grand Rapids/Cambridge: Eerdmans, 1997). Marshall, I.H., The Gospel of Luke: A Commentary on the Greek Text (NIGTC; Exeter: Paternoster, 1978). Meinhold, A., Maleachi (BKAT XIV/8; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag, 2006) Nolland, J., Luke 1–9:20, Luke 9:21–18:34, Luke 18:35–24:53 (WBC 35A–C; 3 vol.; Nashville: Thomas Nelson Publishers, 1989, 1993). 39  Bock, Luke, 2.1284. 40  ��������������������������������������������������������������������������������� On the views concerning the child-parent relationship in the “environment” of Jesus, especially on the priority of the “gods” or “God”, see the relevant sections of my monograph (chs 2 and 3): Balla, Child-Parent Relationship, 41–111.

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How Radical is Itinerant Radicalism?

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Schneider, G., Das Evangelium nach Lukas (ÖTK 3/1–2; 2 vol.; Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, Würzburg: Echter Verlag, 1977). Theißen, G., “Wanderradikalismus. Literatursoziologische Aspekte der Überlieferung von Worten Jesu im Urchristentum”, ZTK 70 (1973) 245–71. –, ������������������������������������������������������������������������� “Die soziologische Auswertung religiöser Überlieferungen: Ihre methodologischen Probleme am Beispiel des Urchristentums”, Kairos 17 (1975) 284– 99. –, “‘Wir haben alles verlassen’ (Mc. X 28): Nachfolge und soziale Entwurzelung in der jüdisch-palästinischen Gesellschaft des I. Jahrhunderts n. Ch.,” NovT 19 (1977) 161–96. –, Studien zur Soziologie des Urchristentums (WUNT 19; Tübingen: Mohr Siebeck, 31989 [1979]). –, Soziologie der Jesusbewegung: Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des Urchristentums (KT 35; Gütersloh: Chr. Kaiser/Gütersloher Verlagshaus, 7 1997 [1977]). –, A Theory of Primitive Christian Religion (London: SCM, 1999). –, Die Jesusbewegung: Sozialgeschichte einer Revolution der Werte (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2004). –, Von Jesus zur urchristlichen Zeichenwelt: “Neutestamentliche Grenzgänge” im Dialog (NTOA 78; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2011).

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Christian Grappe

Jésus, l’irruption du Royaume et le rapport nouveau au Temple et à la pureté qu’elle induit

Dans l’ouvrage qu’il a consacré, avec Annette Merz, au Jésus de l’histoire, Gerd Theißen s’est intéressé notamment à Jésus en tant que fondateur d’un culte1 et a proposé de comprendre la dernière cène dans le cadre du conflit qui a opposé le Nazaréen au Temple.2 Il a été amené, dans cette perspective, à considérer la purification du Temple comme une action symbolique fondamentalement critique envers le culte et à discerner, dans le fragment évangélique qui est conservé dans le Papyrus d’Oxyrhynque [POx] 840, un indice du fait que Jésus et ses disciples, tout en étant présents à Jérusalem une semaine avant le début de la fête de la Pâque comme cela était d’usage, ne se sont pas soumis pour autant aux rites de purification par l’eau qu’effectuaient les pèlerins avant la fête.3 Dans ce cadre, la portée critique de l’intervention de Jésus au sanctuaire ne se serait pas limitée à une volonté de réforme du Temple dans l’ordre présent des choses. Il se serait agi en fait d’une remise en question beaucoup plus fondamentale, radicale: ce qui était en vue n’aurait été rien moins que la disparition du sanctuaire en même temps que celle de ce monde, conçu lui aussi comme étant passager.4 Dès lors, l’autre action symbolique que représente l’institution de la Cène aurait constitué une réponse temporaire et provisoire à l’obsolescence du culte en offrant une préfiguration du repas qui serait célébré dans le Royaume de Dieu, promis à faire irruption bientôt.5 Stimulante, comme le sont toujours les hypothèses de Gerd Theißen parce qu’elles s’emploient à rapprocher différents épisodes pour leur donner sens en lien les uns avec les autres, cette lecture des événements nous semble pouvoir être complétée, en aval, par une prise en compte de la proclamation par Jésus de l’irruption du Royaume de Dieu et de ses conséquences. C’est ce que nous efforcerons de montrer dans ce modeste essai qui se veut d’abord 1  Theissen/Merz, Der historische Jesus, 359–386. Dans la mesure où il est indiqué, dans la préface (7), que les chapitres 1.4–5.7–16 ont été rédigés pour l’essentiel par G. Theißen, nous le considérerons, dans le développement qui suit, comme l’auteur effectif du chapitre (13) qui retiendra ici notre attention. 2  Ebd., 380–383. 3  Ebd., 380, renvoient ici plus particulièrement à Nb 19,19 et à Jn 11,55. 4  Ebd., 381. 5  Ebd., 382.

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Christian Grappe

un hommage et une expression de reconnaissance envers un maître auquel nous savons tout ce que nous devons et dont les intuitions ont l’immense vertu de donner à penser et d’ouvrir de nouveaux horizons. Reprenant un peu plus tôt dans son manuel une thèse de Klaus Berger,6 Theißen relève que l’une des caractéristiques de la prédication de Jésus réside dans le fait qu’il promeut une conception de la pureté non pas défensive, comme l’était celle des pharisiens, mais offensive, et que, avec lui, ce n’est pas l’impureté mais la pureté qui s’avère contagieuse.7 Il y a là un fait d’une extrême importance et dont la portée est trop souvent négligée.8 De fait, les exemples abondent dans les évangiles – et notamment dans celui de Marc – qui montrent Jésus ne pas hésiter à entrer en contact avec des personnes impures ou ne pas s’offusquer que des personnes impures le touchent. Exemplaire s’avère à cet égard l’épisode de la purification du lépreux (Mc 1,40–45 // Mt 8,1–4 et Lc 5,12–16) que Jésus n’hésite pas à toucher en lui signifiant sa volonté qu’il soit purifié (Mc 1,41 // Mt 8,3 et Lc 5,13).9 Les lépreux étaient considérés, en fonction des prescriptions de Lv 13–14, comme des personnes impures par excellence. Jésus enfreint ici règles et conventions en n’hésitant pas à entrer en contact avec l’impureté, sans pour autant la contracter mais en rétablissant au contraire la pureté là même où l’impureté était tenue jusque là pour être tout particulièrement contagieuse. En sens inverse, l’épisode de la femme hémoroïsse (Mc 5,25–34 // Mt 9,20– 22 et Lc 8,43–48), quelle que soit l’extension très variable qu’il connaît dans chacun des évangiles synoptiques, montre la femme atteinte d’une perte de sang toucher Jésus (Mc 5,27 // Mt 9,20 et Lc 8,44) et ce dernier faire preuve d’une réaction qui atteste une indifférence par rapport au risque de contamination qui était inhérent à toutes les affections sexuelles s’exprimant par des écoulements, ces dernières étant tenues elles aussi pour être vectrices d’une impureté contagieuse.10 On peut, au regard de telles traditions, s’en tenir à un constat selon lequel Jésus était apparemment indifférent à l’impureté,11 mais on peut aussi essayer de trouver une raison à cette indifférence, en se penchant vers ce qui se 6  Berger, Jesus. 7  Theissen/Merz, Der historische Jesus, 138. Dans un essai tout récent, Holmén, Jesus, parle quant à lui de stratégie inversée de la pureté et de l’impureté (inverse strategy of [im]purity). 8  Nous nous sommes expliqué sur ce point et l’avons développé dans Grappe, Jésus et l’impureté. 9  Kazen, Jesus, 89–127, accorde une attention toute particulière à ce passage, qu’il étudie en lien avec Papyrus Egerton 2 (120–126), tout en confirmant, en prenant en compte les sources juives en notre possession, que, à l’époque de Jésus, les lépreux étaient tenus pour porteurs d’une impureté particulièrement contagieuse. 10  On pourra se reporter là aussi au dossier rassemblé par ebd., 129–164. Voir également Evans, Jesus. 11  Telles est la conclusion provisoire à laquelle parvient Kazen, Jesus, 198.

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Jésus, l’irruption du Royaume et le rapport nouveau au Temple

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trouve au cœur même de la prédication de Jésus. Dans la monographie qu’il a consacrée à Jésus et l’impureté, Kazen est ainsi tenté de chercher du côté de la proclamation par Jésus du Royaume une clé de compréhension du phénomène, et cela en lien avec la pratique exorciste de Jésus, mais il renonce, quant à lui, à l’hypothèse d’un type contagieux de sainteté qui serait plus fort que l’impureté, au motif que pareille hypothèse manquerait d’appui dans la documentation en notre possession.12 Il nous semble que, en l’occurrence, il se montre par trop prudent et qu’il convient de faire intervenir au premier chef ici, pour comprendre ce qui est un jeu, le logion qui met en lien avènement du Royaume et pratique exorciste de Jésus: „Si c’est par l’Esprit de Dieu (Mt) / le doigt de Dieu (Lc) que j’expulse les démons, alors le Royaume de Dieu est parvenu jusqu’à vous“ (Mt 12,28 // Lc 11,20).13 Ce logion invite en effet à interpréter l’activité de Jésus sur un horizon eschatologique.14 Comme le souligne, avec d’autres, Theißen, l’arrière-plan en est éclairé par des passages qui, comme Testament de Moïse 10,1(–3),15 Testament de Dan 5,10–13,16 voire 1QM 6,5–6, établissent une correspondance entre manifestation du Royaume de Dieu et déroute du diable.17 Au sein du logion lui-même, il est vraisemblable que le doigt de Dieu soit plus primitif que l’Esprit de Dieu, que lui préfère Matthieu.18 Dans la mesure 12  Ebd., 346. 13  Pour une étude plus détaillée de ce logion, nous nous permettons à Grappe, Jésus exorciste. 14  Il est très largement admis que ce logion puisse remonter au Jésus de l’histoire. Ainsi, notamment, Kee, Terminology; Merklein, Botschaft, 63–65; Twelftree, Jesus, 170; Meier, Marginal Jew, 404–423; Theissen/Merz, Der historische Jesus, 236–237; Hengel, Finger; Schröter, Jesus, 149–151.155; Evans, Exorcisms (avec bibliographie complémentaire à la note 46). 15  Nous proposons de ce texte la traduction suivante: 1Et alors Il préparera Son Règne sur toute Sa création. Et alors le Diable connaîtra sa fin et la tristesse sera éconduite avec lui (Et tunc parebit regnum illius in omni creatura illius. Et tunc Zabulus finem habebit, et tristitia(m) cum eo adducetur). 2Alors seront remplies les mains de l’Envoyé, qui est établi dans les hauteurs, qui aussitôt les vengera de leurs ennemis. 3Car le Céleste [Se lè]vera de Son Trône royal, et il sortira de Son Habitation sainte, avec indignation et colère en faveur de Ses fils. 16  Nous proposons de ce texte la traduction suivante: 10Et se lèvera pour vous, de la tribu de Juda et de Lévi, le Salut du Seigneur et il fera lui-même la guerre à Béliar, et il tirera une vengeance victorieuse de vos ennemis. 11Et il prendra à Béliar ses captifs – les âmes des saints –, et il convertira les cœurs désobéissants au Seigneur, et il donnera à ceux qui l’invoquent une paix éternelle. 12Et les saints se reposeront en Éden, et, dans la Nouvelle Jérusalem, les justes se réjouiront, laquelle sera à jamais pour la glorification de Dieu. 13Et Jérusalem n’endurera plus la désolation, et Israël ne sera plus conduit en captivité, parce que le Seigneur sera au milieu d’elle, vivant parmi les hommes, et le Saint d’Israël régnera sur eux dans l’humilité et la pauvreté, et celui qui croit en lui régnera parmi les hommes en vérité. 17  Theissen/Merz, Der historische Jesus, 236–237. Dans le même sens, notamment, Schlosser, Règne, 135; Merklein, Jesus, 127–136. 18  Theissen/Merz, Der historische Jesus, 237. Voir aussi Grappe, Jésus exorciste.

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où Jésus compare ainsi son action à celle de Moïse et d’Aaron en Égypte (Ex 8,15) et rapproche les actes de puissance qu’il réalise des leurs, on peut trouver là un autre indice de la haute valeur symbolique que le Nazaréen a conférée à ses exorcismes. Il est intéressant et significatif, en effet, que, dans le judaïsme intertestamentaire, Ex 8,15 ait été interprété comme un passage illustrant le fait que la puissance divine était précisément à l’œuvre en Égypte. C’est ainsi que le Targum Neofiti introduit cette idée, dans la relecture qu’il effectue de ce verset, en attribuant aux magiciens égyptiens stupéfaits le commentaire suivant: „C’est là le doigt de la puissance de devant Yahvé“.19 Le livre des Jubilés fait valoir, quant à lui, que c’est le prince Mastéma en personne qui se dressait face à Moïse pour le faire tomber aux mains de Pharaon20 et l’Écrit de Damas comprend, dans une perspective résolument dualiste, qu’alors que Moïse et Aaron se manifestèrent à l’instigation du Prince des Lumières, Bélial s’opposa à eux en suscitant Jannès et son frère,21 appelé par ailleurs Jambrès.22 Le logion conservé en Lc 11,20 suggère ainsi qu’une puissance est à l’œuvre, qui s’était déjà manifestée lors de l’Exode, et cela dans le cadre d’un conflit qui oppose Dieu et Satan et qui a pour issue la déroute de ce dernier. Un rapprochement avec le logion préservé en Lc 10,18 s’impose encore.23 Quand Jésus affirme qu’il voyait Satan tomber du ciel comme l’éclair, il exprime qu’un renversement complet de situation s’est opéré, qui se traduit par la débâcle de Satan. Une débâcle qui signe sa chute et, avec elle, la déroute des démons. Depuis longtemps, des auteurs se demandent si cette parole, associée dans le troisième évangile au retour des soixante-dix, ne serait pas l’écho d’une expérience visionnaire, qui aurait eu une importance décisive, au seuil du ministère de Jésus.24 Pareille hypothèse nous semble pouvoir être prise en compte. Or, dès le début du ministère de Jésus, le diptyque que constituent les deux récits du baptême de Jésus (Mc 1,9–11 // Mt 3,13–17 et Lc 3,21–22) et de l’épreuve au désert (Mc 1,12–13 // Mt 4,1–11 et Lc 4,1–13���������������� ) associe réception par Jésus de l’Esprit Saint et victoire remportée sur Satan.25 De fait, à peine pourvu de l’Esprit Saint, Jésus est expulsé au désert pour y être mis à l’épreuve par Satan et le texte suggère que, dès à présent, il l’emporte, la 19  Les italiques signalent les ajouts de la paraphrase araméenne. 20  Jubilés 48,9. 21  CD 5,17–19. 22  Ainsi 2 Tm 3,8. 23  Il est effectué notamment par Theissen/Merz, Der historische Jesus, 236, mais aussi par Schlosser, Règne, 149 n. 66; Merklein, Jesus, 136–137. 24  Ainsi déjà Weiss, Predigt, 92–93. L’hypothèse a été développée notamment par Marcus, Vision; Schröter, Jesus, 142–144, est également enclin à s’y rallier. 25  Le rapprochement entre entre Lc 10,18 et Mc 1,9–13 était déjà effectué par Weiss, Predigt, 92.

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Jésus, l’irruption du Royaume et le rapport nouveau au Temple

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compagnie des bêtes sauvages en laquelle il se trouve venant signifier que l’harmonie primordiale se trouve rétablie.26 Il y a une profonde continuité entre cette victoire initiale et celles que Jésus remporte ensuite face aux démons,27 régulièrement appelés esprits impurs, et cela plus particulièrement chez Marc.28 Cette continuité est suggérée, dans son évangile, du fait que le vocabulaire employé invite à effectuer un lien entre possession par Jésus de l’Esprit Saint et capacité à mettre dès lors en fuite les esprits impurs, et à vaincre ainsi Satan et ses suppôts. Le récit laisse entendre que c’est parce que Jésus est investi de l’Esprit qu’il est en mesure de l’emporter face à Satan et aux esprits impurs et qu’il n’a plus rien à craindre de leur part. Il en résulte une profonde cohérence entre la présentation marcienne des faits et le logion de Mt 12,28 // Lc 11,20, dont nous avons souligné l’importance et qu’ont pour leur part conservé Matthieu et Luc. Ce logion établit, rappelons-le, un lien entre expulsion par Jésus des démons et avènement du Royaume. Marc propose quant à lui la séquence suivante: réception par Jésus de l’Esprit Saint (Mc 1,9–11) le mettant en position de repousser les assauts de Satan (Mc 1,12–13); proclamation de l’irruption du Royaume (Mc 1,14–15); enseignement avec autorité se concréti26  Nous nous sommes employé ailleurs, Grappe, Baptême, à montrer que les récits synoptiques du baptême de Jésus reposent sur une tradition qui mettait en œuvre une double typologie, adamique et messianique, et qu’ils contribuent à présenter Jésus à la fois comme le Nouvel Adam et comme le Messie-Roi, -Prêtre et -Prophète. De fait, en lien avec 4Q521, fr. 2, ii,6, la réception par Jésus de l’Esprit peut être lue comme une allusion au récit de la Création en Gn 1,1 (ainsi déjà Allison, Baptism). Par la suite, l’expulsion de Jésus au désert – par l’Esprit! – (Mc 1,12) gagne à être comprise en écho au récit de la chute, dans la mesure où le verbe employé (ἐκβάλλω) apparaît déjà en Gn 3,24 et, à diverses reprises, dans la Vie grecque d’Adam et Eve pour décrire l’expulsion d’Adam du paradis (27,1.4; 28,2; 29,1.3). Il est par ailleurs indiqué que Jésus a passé quarante jours au désert. Or c’est là l’intervalle de temps que, selon le livre des Jubilés, Adam a passé „sur la terre où il avait été créé“ avant que Dieu ne le fasse „entrer dans le jardin d’Eden afin qu’il le cultive et qu’il le garde“ (Jubilés 3,9). Quant à la soumission des bêtes sauvages, elle pourrait suggérer qu’est mis un terme à la malédication des origines dans la mesure où, dans la Vie grecque d’Adam et Eve, le premier homme s’entend intimer par Dieu, après la chute, la condamnation suivante: „Les animaux dont tu avais la maîtrise se dresseront, agités, contre toi, parce que tu n’as pas gardé mon commandement“ (24,4). Dès lors, l’itinéraire de Jésus du baptême à la Tentation peut apparaître comme le décalque, mais le décalque inversé, de celui d’Adam en Gn 1–3. Au terme de l’épreuve, tout suggère en effet que, nouvel Adam, Jésus retourne pour sa part au jardin d’Eden où, dans l’harmonie retrouvée avec les bêtes sauvages, il bénéficie même du service des anges (en ce sens, notamment, Volz, Eschatologie, 189–190; Fascher, Jesus; Goppelt, Typos, 117–118; Pokorny, Temptation, 120–122; Limbeck, Markus, 25–26; Guelich, Mark, 38–39; Marcus, Mark, 169; Focant, Marc, 74; Standaert, Marc, 118–119). 27  Comme l’écrit Focant, Marc, 72, „Au désert, Jésus a déjà lié Satan. Il pourra donc piller ses biens. Son action ultérieure aura l’allure d’une lutte contre Satan.“ Voir aussi, de manière plus affirmative encore, Marcus, Mark, 193, et, déjà, Proksch, ἅγιος, 102. 28  Mc 1,23 (// Lc 4,33); 1,26; 1,27 (// Lc 4,36); 3,11.30; Lc 6,18; Mc 5,2; 5,8 (// Lc 8,29); 5,13; 6,7 (// Mt 10,1); 7,25; 9,25 (// Lc 9,42); Mt 12,43 // Lc 11,24.

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sant dans la capacité à commander à un esprit impur (Mc 1,21–28).29 Si cet assemblage relève certainement de son initiative, il n’en demeure pas moins qu’il met en évidence quelque chose qui paraît bien avoir été central dans la prédication de Jésus: le lien entre possession de l’Esprit Saint, proclamation de l’avènement du Royaume et activité exorciste. La portée résolument eschatologique de l’activité exorciste de Jésus se trouve ainsi corroborée, une portée que peut éclairer un passage de la Règle de la Communauté qui évoque comment, à l’horizon eschatologique, sera définitivement éradiqué l’esprit de perversité: Alors la vérité paraîtra à jamais dans le monde; car il s’est vautré dans les voies de l’impiété sous l’empire de la perversité jusqu’ 20à l’échéance du Jugement décisif [ou décidé]. Et alors Dieu nettoiera par sa vérité toutes les œuvres de l’homme, et Il rendra pur pour Lui-même la bâtisse (du corps) de l’homme pour supprimer tout esprit de perversité des membres 21de sa chair et pour le purifier par l’Esprit de Sainteté de toutes les œuvres d’impiété; et Il déversera sur lui l’Esprit de vérité comme de l’eau lustrale (afin de le purifier) de toutes les abominations mensongères (où) il s’était vautré 22par l’Esprit de souillure, afin d’instruire les justes dans la Connaissance du Très-Haut, et de faire comprendre la Sagesse des Fils du ciel aux parfaits de voie. Car Dieu les a choisis pour l’Alliance éternelle, 23 et à eux appartiendra toute la gloire d’Adam.30

L’Esprit de Sainteté a bien vocation à jouer, là aussi, le rôle d’agent purificateur (l. 20), et cela dans la perspective d’un retour à l’harmonie des origines, ce qu’illustre le motif du rétablissement de la gloire d’Adam (l. 23). L’arrière-plan eschatologique du tableau brossé au début de l’Évangile selon Marc (Mc 1,7–28) se trouve ainsi à la fois éclairé et confirmé: dès lors que Jésus est en possession de l’Esprit, il peut entreprendre une action qui revêt une dimension dernière, même si elle demeure, dans les faits, avantdernière. L’authenticité hautement probable du logion relatif à l’expulsion des démons (Mt 12,28 // Lc 11,20) confirme de son côté que Jésus lui-même a accordé une signification toute particulière à son activité exorciste, alors qu’il a par ailleurs, nous l’avons souligné déjà, promu une conception nouvelle, contagieuse et non plus défensive, de la pureté. 29  Ainsi que le fait notamment valoir Marcus, Mark, 192–193, on peut considérer que ce n’est pas par hasard que, dans le récit d’exorcisme, il est indiqué que le possédé reconnaît en Jésus le Saint de Dieu (Mc 1,24). Le fait que le démoniaque s’adresse à Jésus à la première personne du pluriel fait de lui une figure corporative, porte-parole de l’ensemble des siens. Il exprime un effroi lié au fait qu’il a conscience que, en Jésus, fait irruption le temps eschatologique où l’Esprit Saint est à l’œuvre pour éradiquer toute forme d’esprit impur. 30  1QS 4,19–23. Ebd., 193, rapproche ce texte de Mc 1,23–26 précisément pour souligner la portée eschatologique de ce passage.

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Jésus, l’irruption du Royaume et le rapport nouveau au Temple

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Il se trouve que cette conception nouvelle de la pureté est envisagée ellemême par des passages de la Bible hébraïque qui ont en commun de se projeter aux derniers jours et d’attendre ainsi, eux aussi, un retournement eschatologique. Prenant sans doute appui sur la vocation de la gloire divine à venir à emplir la terre entière (Nb 14,21), ils attestent l’attente eschatologique d’une sanctification générale de la sphère profane.31 Cette espérance est illustrée notamment par Jr 31,31–40. À partir du constat d’échec relatif à la rupture, par le peuple, de l’alliance conclue au Sinaï, ce texte annonce l’établissement d’une nouvelle alliance au sein de laquelle l’initiative appartiendra exclusivement à Dieu. Après avoir octroyé le pardon aux siens (v. 34b), il s’assurera de leur obéissance (v. 33b). Il permettra ainsi l’instauration d’une communion véritable et durable, même la vallée des cadavres et des cendres étant promise à devenir espace de sainteté pour le Seigneur au sein de l’inviolable ville sainte des temps derniers (Jr 31,40). L’espérance d’une sanctification globale de la sphère profane est attestée aussi par Za 14,20–21,32 au terme d’un chapitre dans lequel le Jour du Seig­neur est décrit sous l’aspect de la fête des Tentes eschatologique à l’occasion de laquelle les nations affluent à Jérusalem (v. 16), qui se trouve tout entière sanctifiée. Toute réalité profane, des clochettes des chevaux à la marmite la plus ordinaire, se trouve désormais consacrée, et la sanctification de l’espace rend superflue la présence de personnages – les marchands en l’occurrence – qui avaient rempli jusque-là une fonction d’intermédiaires obligés en vue de la célébration du culte (Za 14,20–21). À l’horizon dernier est envisagée ainsi une sainteté contagieuse, mais qui n’a plus rien de dangereux, contrairement à celle qui émanait traditionnellement des sancta (Lv 10,1–5; 1 S 6,19; 2 S 6,6–7 …).33 Elle rend possible la communion la plus large en transcendant séparations et frontières.34 31  Ainsi déjà Goppelt, Theologie, 142, et aussi Paesler, Tempelwort, 247; Weyde, Festivals, 229–236. Holmén, Jesus, 2720–2725, fait valoir que le modèle traditionnel est illustré par Ag 2,11–13, mais il ne prend pas en compte les textes que nous produisons ici, ce qui l’empêche, de notre point de vue, d’évaluer pleinement la portée de ce qu’il appelle pourtant la vision eschatologique de la pureté de Jésus, une vision dont il reconnaît qu’elle permet dès à présent à ceux qui sont rituellement impurs de devenir partie intégrante du Royaume de Dieu (2743). 32  Weyde, Festivals, 231–233, mentionne ces deux textes (Jr 31,38–40 et Za 14,20– 21). 33  Milgrom, Sancta, s’est intéressé à ce phénomène de contagion des sancta et y a consacré une étude extrêmement fouillée. 34  Éz 36,17–36 envisage aussi une intervention eschatologique du Seigneur qui manifestera sa sainteté (v. 25) et la fera prévaloir en prenant l’initiative d’une purification (vv. 25.33) de tout le peuple. Eau pure, cœur neuf et esprit neuf sont les agents de cette purification qui permettra que soient enfin observées les lois et les coutumes du Seigneur. Sous cet aspect

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Le fait que Za 14 soit l’un des textes qui atteste la nouveauté eschatologique que représentera l’avènement d’une ère nouvelle où la sainteté sera omniprésente s’avère d’un intérêt tout particulier en vue d’une meilleure appréciation de l’intervention de Jésus au Temple (Mc 11,15–17 // Mt 21,12– 13 et Lc 19,45–46��������������������������������������������������������� ). Son coup de main, qui l’amène à s’en prendre plus particulièrement aux marchands dont Za 14,21 annonce que leur médiation deviendra inutile dès lors que la sainteté sera en mesure de se répandre partout, est à comprendre non pas comme un geste de protestation contre leur présence. C’est un geste d’attestation d’une autre présence, autrement fondamentale, celle du Royaume de Dieu dont l’irruption, eschatologique, rend désormais vaine la médiation sacrificielle. Il ne s’agit donc pas d’un acte de rupture, mais d’une action symbolique qui signe l’avènement d’un temps où la sainteté est promise à se communiquer à chacun et à imprégner tout lieu.35 Nous rejoignons ainsi Theißen pour considérer que la remise en question du sanctuaire que suppose l’intervention de Jésus au Temple ne se limite pas à quelque souci de réforme que ce soit et s’avère tout à fait fondamentale.36 Nous considérons, quant à nous, que, pour Jésus, le Temple a perdu sa signification en tant que lieu de médiation entre Dieu et les hommes, et cela précisément parce que Dieu a initié le temps eschatologique où l’Esprit a vocation à se répandre sans entrave ni limites. Le logion du jeûne impossible (Mc 2,19a // Mt 9,15a et Lc 5,34) peut constituer ici un parallèle tout à fait éclairant.37 Recourant à la métaphore du festin de noces, il manifeste que, durant le temps de la présence de l’Époux, le jeûne – et, à travers lui, toute médiation – s’avère une pratique tout à la fois vaine et superflue car tous sont invités à prendre part au festin, et cela sans préalable ni rite.38 La communion est offerte, sans que soit exigée quelque forme de réparation ou d’absolution que ce soit. Ce vers quoi tendait le culte au Temple, en l’occurrence la communion qui était vécue dans le cadre des repas qui constituaient l’aboutissement des rites sacrificiels, se trouve désormais réalisé indépendamment du sanctuaire, là où est proclamé eschatologique et conditionné par l’intervention du Seigneur, l’utopie d’Éz rejoint celle de Jr 31,31–34. 35  Voir plus particulièrement à ce sujet, Grappe, Temps. 36  Holmén, Jesus, 2735–2739.2744, envisage, mais sans le développer, que l’attitude de Jésus à l’endroit du sanctuaire soit influencée par le mécanisme même d’inversion qu’il distingue dans son attitude à l’endroit de la pureté. 37  Roloff, Kerygma, 226–229, nous paraît avoir produit une argumentation aussi cohérente que convaincante en faveur de l’authenticité de ce logion. En faveur de cette authenticité, voir aussi, plus récemment récemment, Kreplin, Self-Understanding, 2488 n. 61; 2499 n. 97. 38  Comme le note Marcus, Mark, 236, à travers cette parole „Jésus exprime sa conviction que l’ère messianique est arrivée et que, de ce fait, les pratiques pénitentielles ne sont plus ni nécessaires ni appropriées“. Roloff, Kerygma, 223–229, et Loader, Jesus’ Attitude, 519, interprètent également ce logion dans une perspective eschatologique. 

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l’avènement du Royaume et où il est célébré dans le cadre d’une commensalité résolument ouverte.39 En ce sens, le constat selon lequel „la pratique par Jésus de ses repas s’inscrit en rivale de l’autel“40 s’avère tout à fait pertinent. Le fragment évangélique conservé en POx 840 nous paraît s’inscrire dans la même perspective. Rappelons-en d’abord la teneur en en proposant une traduction qui reste aussi proche que possible de l’original grec:41 7 Les ayant pris à part, 8 il les fit entrer dans le parvis réservé aux purs lui-même et 9 il déambulait dans le Temple.

Et s’étant app[ro]10ché, un pharisien, prêtre en chef, Lé[vi] 11 était son nom, se joignit à eux et d[it] 12 au Sauveur: „Qui t’a permis de fou[ler] 13 ce parvis réservé aux purs et de porter-ton-regard-sur [ce14s] ustensiles sacrés sans t’être bai[g]n[é] et s[a]15ns même que tes disciples les p[ieds ne se soient l]16avés? En revanche, étant soui[llé]17, tu as foulé ce Temple, [lieu qui es]18t pur, que personne, [s’il ne] 19 s’est baigné et n’a chan[gé de vê]20tements, ne foule, pas plus que r[egarder il n’ose ces] 21 vases sacrés“. Et s’a[rrêtant aussitôt, le Sauveur, ]22 a[vec s]es disciple[s, répondit] 23: „Et toi, qui es ici dans le temple, es-tu24 pur?“ Il lui dit: „Je suis pur, car je me suis baig25né dans le bassin de David; et par l’u26n des escaliers étant descendu, par l’autre  27 je suis re[m]onté; des vêtements blancs j’ai re28vêtus, et purs; et (c’est seulement) alors (que) je suis venu 29 et (que) j’ai porté-mon-regard-sur ces vases 30 sacrés“. Le Sauveur, lui ré31[pon]dant, dit: „Malheur à vous, aveugles qui point ne vo32y[e]z! Toi, tu t’es baigné dans ces e[a]ux 33 d’égout dans lesquelles chiens et porcs se sont vautr34[és] nuit et jour et, t’étant lav35[é], tu as nettoyé cette peau du dehors que,36 , [elles auss]i, les courtisanes et les joueuses de flûte parfu37[m]e[nt e]t lavent et nettoient 38 [et e]mbellissent pour (susciter) la convoi39[tise d]es hommes, alors qu’el40les sont rem]plies de scorpions et 41 [de toute ini]quité. Mais, moi et 42 [mes disciples], que tu dis non43la[vés, nous nous sommes la]vés dans des eaux vi44[ves et pures qu]i viennent de [ 45 ma]is malheur à ceux […“

On trouve illustré ici le rapport, nouveau, de Jésus à la pureté, un rapport qui débouche sur une subversion des pratiques en vigueur dans le sanctuaire et qui en vient à le court-circuiter désormais en tant que lieu de médiation obligée.

39  On trouvera amplement développées les catégories de réparation et de commuion en lien respectivement avec le culte et au Temple et avec la prédication par Jésus de l’irruption dans Grappe, Royaume. 40  Chilton, Kingdom, 125. 41  Dans notre traduction, nous respectons autant que possible l’ordre des mots grecs; nous utilisons des traits d’union là où nous rendons un même terme par plusieurs; nous indiquons, par des nombres figurant en exposant, la numérotation des lignes dans le papyrus qui a été mis au jour; nous signalons enfin, par le recours à des crochets, les lacunes présentes dans l’original, lacunes dont le comblement ne crée pas de grosses difficultés.

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On a pu parler, à propos de ce court récit, de „perle d’art narratif évangélique“42 et faire valoir toute une série d’arguments en faveur de sa grande ancienneté, voire de son authenticité.43 Joachim Jeremias a encore souligné la profonde cohérence entre ce texte, qui met en tension bain d’eau de purification et immersion dans l’eau de la vie, et l’opposition entre baptême d’eau et d’Esprit Saint présente en Mc 1,8; Jn 1,33; Ac 1,5; 11,16.44 Il a également insisté sur le fait que Jésus „ne parle pas de sa propre purification, mais de sa participation à la pureté du monde acccompli en Dieu“.45 Convaincu par son argumentation, Theißen voit dans le passage une tradition indépendante, qui apparaît comme une variante des textes synoptiques correspondants, montre une familiarité avec le rituel du Temple de Jérusalem et peut remonter au 1er siècle.46 Comme cela est régulièrement de mise, un retour de balancier a eu lieu et l’ancienneté du texte a été remise en question.47 Il a été avancé que, quelle que soit la qualité des informations qu’il fournit sur le plan historique,48 le dialogue semble présupposer l’existence de plusieurs passages canoniques (Lc 11,37–52; Mt 23,1–39; Jn 7,1–52; Jn 13,10; Mc 7,1–23)49 et ne saurait donc être daté avant le deuxième quart, voire le milieu du deuxième siècle.50 Cela étant, si la parenté avec les passages cano42  Jeremias, Paroles, 53. 43  Ebd., 53–59, a notamment produit les suivants: l’appellation grand prêtre s’appliquait non seulement au grand prêtre en exercice mais aussi aux prêtres en chef (53–54); la présence des ustensiles sacrés n’était nullement limitée au Saint car beaucoup étaient entreposés dans diverses chambres entourant les cours du Temple (54); le cérémonial décrit dans les lignes 12–21 correspond au fait que les laïcs étaient astreints à se purifier par une série de rites, parmi lesquels un bain (54–57); la piscine de David pourrait désigner en fait celle de Béthesda (57–58). 44  Ebd., 59. 45  Ebd., 59. 46  Theissen/Merz, Der historische Jesus, 62.69. 47  Nous laisserons ici de côté la proposition de Bovon, Fragment, qui propose que le dialogue devienne plus clair si on cesse d’y entendre Jésus et un pharisien pour y écouter deux groupes chrétiens engagés dans une controverse. L’auteur du fragment serait en fait hostile à tout rite d’eau et le fragment relèverait soit de l’opposition gnostique à un mouvement baptiste judéo-chrétien (au deuxième siècle) soit de la polémique manichéenne contre les elkasaïtes (troisième siècle). Ainsi que le fait valoir justement Holmén, Jesus, 2719–2720 (n. 49), cette proposition ne tient pas compte de données du texte, dont il sera encore question plus loin, qui invitent à reconnaître son ancrage palestinien. Elle peut néanmoins s’accorder avec un usage qui aura été fait du passage dans un deuxième temps. 48  Dans la monographie qu’il a consacrée au passage, Kruger, Gospel, 94–144, reconnaît la validité des conclusions de Jeremias, dont il a été question à la n. 43. Il les modifie néanmoins sur un point. Pour lui, la piscine de David doit être plutôt rapprochée des nombreux miqwot présentant un double escalier qui ont été mis au jour au fil des campagnes de fouilles (116–126.143). 49  Kruger, Gospel, 145–205, dont les conclusions sont reprises par Nicklas, Traditions, 2094. 50  Ainsi, respectivement, Kruger, Gospel, 257, et Nicklas, Traditions, 2094. Tous deux s’accordent, par ailleurs, sur une origine en Syrie, dans un milieu judéo-chrétien.

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niques en question est évidente, la dépendance n’est nullement avérée et le fragment contient des informations spécifiques, comme la mention de l’escalier double permettant de bien distinguer la descente de l’individu en état d’impureté de sa remontée, une fois qu’il s’est purifié, détail dont les fouilles archéologiques51 et les sources littéraires nous confirment la validité. Il est par ailleurs intéressant que ce soit dans un évangile judéo-chrétien que l’on trouve cette tradition qui attribue à Jésus une remise en question des pre­ scriptions rituelles traditionnelles en fonction de l’avènement d’une ère nouvelle qui se caractérise par la présence d’une eau vive qui vient subvertir l’économie ancienne.52 Il nous paraît difficile de rattacher l’épisode à un moment précis de la vie de Jésus, encore que la suggestion de Theißen d’éclairer à sa lumière le fait que Jésus n’ait pas participé aux rites préparatoires de la célébration de la Pâque lors de sa dernière venue à Jérusalem53 soit aussi éclairante que judicieuse. Il est en fait révélateur d’une attitude générale de Jésus et peut donc être tenu pour une illustration de plus du rapport, nouveau, de Jésus à la pureté, ainsi que le reconnaissent nombre de critiques.54 En reprenant les termes de Joachim Jeremias, mais en espérant leur avoir donné davantage de force encore en comprenant l’attitude de Jésus en fonction de l’horizon déterminé par les prophéties de Jr 31,31–40 et de Za 14,20–21, on pourra dire que le fragment évangélique conservé dans le POx 840 illustre que „la véritable pureté n’est pas œuvre d’homme, mais un don de l’ère du salut“.55 C’est à un tableau cohérent que l’on parvient ainsi, nous semble-t-il, en étudiant comment la proclamation par Jésus de l’avènement du Royaume de Dieu induit un rapport nouveau au Temple et à la pureté. Nous voudrions pour conclure aborder nous aussi la Cène pour l’inscrire dans cet ensemble. On aura compris que l’hypothèse de Theißen selon laquelle elle aurait constitué une réponse temporaire et provisoire à l’obsolescence du culte en offrant une préfiguration du repas qui serait célébré dans le Royaume de Dieu, promis à faire irruption bientôt,56 présente à nos yeux l’avantage de ne pas la dissocier de la proclamation antérieure de Jésus et de l’interpréter à sa lumière. Il nous semble, cependant, possible de préciser quelque peu les choses dans la mesure où le dernier repas de Jésus s’inscrit pleinement dans la trajectoire que nous avons décrite. En instituant la Cène, Jésus pose en fait les fondements d’un rite qui permet de jeter un pont entre 51  Kruger, Gospel, 118, renvoie ici notamment à Reich, Archeological Evidence. 52  Dans le même sens, voir notamment, Kazen, Jesus, 260, et Holmén, Jesus, 2719. 53  Voir supra, n. 3. 54  Ainsi Jeremias, Paroles, 62; Theissen/Merz, Der historische Jesus, 380; Kazen, Jesus, 260, et Holmén, Jesus, 2719. 55  Jeremias, Paroles, 62. 56 �������������������  ������������������ Voir supra, ������ p. 63.

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le temps de sa présence parmi les siens et le plein accomplissement du Royaume (Mc 14,25 // Mt 26,29 et Lc 22,18).57 Il prononce à cette occasion, sur le pain et sur la coupe, des paroles qui les réfèrent à lui-même (parole sur le pain) tout en fixant l’horizon du plein accomplissement de la communion du Royaume (parole sur la coupe). Or le pain et le vin étaient, au sein du culte israélite, deux des formes majeures de l’offrande végétale qui était ellemême le rite qui établissait la communion la plus étroite entre les hommes et Dieu.58 Ils deviennent ici le lieu où sont à la fois assumés, récapitulés et subvertis tous les rites car ils sont rapportés par Jésus en même temps à son corps, qu’il donne, et à son sang, qui est répandu pour les siens.59 Ensemble, pain et vin permettent dès lors l’accès à sa personne, en laquelle se conjuguent octroi de la réparation et offre de la communion, réparation et communion qui constituaient elles-mêmes les deux pôles du sacrifice israélite60 mais qui ne sont plus envisagées dans le même ordre. De fait, si jusque là la réparation constituait le préalable indispensable à la communion, désormais la communion prend le pas sur la réparation et la court-circuite en quelque sorte.61 C’est que, dans la dynamique de l’avènement du Royaume, l’impureté n’est plus contagieuse ni menaçante et la pureté, désormais octroyée et englobante. Pain et vin sont ainsi les ingrédients d’un repas qui s’inscrit, d’un côté, dans la continuité de ceux que Jésus a partagés avec réprouvés et pécheurs pour les inviter à prendre part dès à présent, sans préalable ni rite, à la communion du Royaume, et qui, de l’autre, préfigure, la communion plénière, eschatologique. Ils deviennent le lieu de la rencontre avec celui qui fait don de sa vie au cœur de la dynamique du Royaume, là où le don se fait à la fois pardon et communion et où le premier et le dernier mot appartiennent à cette communion.

57  Il nous paraît essentiel ici de prendre en compte que le Royaume fait irruption avec la proclamation et l’action de Jésus, ce que manifeste Lc 11,28 // Mt 12,20. C’est pourquoi nous parlons de plein accomplissement plutôt que d’avènement prochain. 58  Nous nous permettons de renvoyer à ce sujet à la monographie fondamentale de Marx, Offrandes (voir notamment, 84). Cette communion plus particulière résultait du fait que, dans l’offrande végétale seule, à la différence de ce qui se produisait pour les sacrifices d’animaux, „Dieu et les prêtres partage[aie]nt la même nourriture, préparée de la même manière“ (82). 59  Ce faisant, ce n’est pas simplement l’offrande végétale qui se trouve subvertie, mais l’ensemble du système sacrificiel puisqu’allusion est faite ainsi aux sacrifices sanglants, qui se trouvent eux aussi à la fois récapitulés et subvertis. Sur tout cela, voir Grappe, Royaume, 218– 219 n. 75. 60  À ce propos, ebd., 25. 61  À ce sujet, Grappe, Jugement.

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Catherine Hezser

The Jesus Movement as a “Popular” Judaism for the Unlearned

Gerd Theißen has devoted a large amount of his scholarly career to the exploration of the “Jesus movement”, and his hypothesis of itinerant charismatics (“Wandercharismatiker”) as the earliest followers of Jesus has been a major scholarly breakthrough.1 On the basis of Theißen’s work we shall argue that Jesus and the early Jesus movement constituted a form of Judaism which popularized biblical beliefs and practices and reinterpreted them for the uneducated and largely illiterate masses, in contrast to the scholarly-oriented Pharisaic and rabbinic forms of Judaism which would have attracted a literate, educated, and mostly urban intellectual elite. Not much is known about “popular” Judaism, that is, the religious life of the mostly rural Jews of Roman Palestine in the first centuries CE, who were not Torah scholars and would have been categorized as “unlearned” by Pharisees, scribes, and rabbis. The gospels and Josephus give the impression that the religiosity propagated by Jesus and disseminated by the early itinerant preachers of his movement constituted one particular type of “popular” Judaism. Despite a certain overlap with other Jewish groups (e.g., the Essenes), Jesus and his followers’ behaviour and teachings would have been sufficiently different to distinguish them from other self-proclaimed Jewish religious authorities. Many books and articles have been written about the “Judaisms” of the late Second Temple period and the emergence of the rabbinic movement after 70 CE.2 While the Temple was still standing, the sacrificial service conducted by the Temple priests would have constituted the “official” 1  G. Theissen, The First Followers of Jesus: A Sociological Analysis of the Earliest Christianity (London: SCM, 1978); idem, Sociology of Early Palestinian Christianity (Augsburg: Fortress, 1978). 2  See, for example, L.H. Schiffman, Understanding Second Temple and Rabbinic Judaism (Jersey City, NJ: KTAV Publishing House, 2003), esp. 5: “‘Judaism’ is understood here as a broad term taking in a variety of ideologies and approaches that coexisted with and influenced one another”. The term “common Judaism” seems misleading because it suggests a certain homogeneity in beliefs and practices, even if this meaning is not intended by the editors, see W.O. McCready/A. Reinhartz (ed.), Common Judaism: Explorations in Second Temple Judaism (Minneapolis, MN: Augsburg Fortress, 2011).

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religion, which few Jews would have rejected entirely.3 Yet the Temple service would have rarely affected ordinary Jews’ daily lives. It would have formed the background for a variety of supplementary beliefs and practices, which brought Judaism closer to people’s homes, families, and everyday concerns. The Jesus movement seems to have been a form of popular Judaism which offered personal salvation to people irrespective of their scholarly proficiency. In the following we shall juxtapose Jesus’ “popular Judaism” with the scholastic model of Pharisees and rabbis and view both in the context of widespread illiteracy in ancient Judaism of the first centuries CE.

1. John the Baptist as a Model for Salvation without Torah Study The gospels associate Jesus with John the Baptist, whose popular preaching seems to have focused on the atonement of personal sins through immersion in water (cf. Mark 1:4–11 par.). The priestly Jerusalem- and Temple-based religion was community-oriented, that is, most sacrifices were brought on behalf of all Israel. Individual Jews must have been concerned about the personal “sins” and transgressions they committed in their daily lives. John would have recognised this problem and offered immersion as a way to allay such anxieties. Neither the gospels nor the book of Acts or Josephus provide information about his Torah knowledge, although he must have been familiar with at least some biblical figures and ideas.4 Mark describes his unusual attire, eating habits, and desert location instead. John is presented as a “holy man” who had distanced himself from ordinary life.5 John’s preaching in the desert and immersion in the Jordan must have offered something to his adherents that the Jerusalem Temple service lacked, namely, atonement and salvation on a personal scale. Catherine M. Murphy has recently described John the Baptist’s activities as a “purification

3  For attitudes towards the Temple see K.S. Han, Han, Jerusalem and the Early Jesus Movement: The Q Community’s Attitude Towards the Temple (London and New York: Sheffield Academic Press, 2002), 91: “Much of the literature written during the Second Temple period explicitly or implicitly underlines the significance of the Temple, showing that the temple [sic!] held the allegiance of the Jewish people”. 4  Josephus, Ant. 18.2.2 (117), says that John “urged the Jews to practice virtue and justice toward one another and piety toward God”, but he does not specify what this teaching was based on. Like the gospels, Josephus emphasizes John’s baptism practice as “pardon for some sins” and “purification of the body”. According to Acts 13:24, he “preached a baptism of repentance”. 5  On late antique “holy men” see P. Brown, “The Rise and Function of the Holy Man in Late Antiquity”, Journal of Roman Studies 61 (1971) 80–101.

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movement” amongst others in first-century Judaea.6 In contrast to the Qumran community and the Pharisees, however, his purification through baptism did not require prior study and knowledge of the Torah.7 In fact, the salvation he offered seems to have come without preconditions, except for repentance, that is, an awareness of one’s sins (towards other human beings and God) and the wish to rid oneself of them.8 According to the gospels, Jesus was attracted to John and visited him at the Jordan to subject himself to the immersion ritual. Whether he became his disciple and lived with him for some time remains unknown.9 We are not told what exactly he learned from John, but his own sojourn in the desert (Mark 1:12), if historically trustworthy, and his belief in the imminent onset of the end of times (Mark 1:15) may have been inspired by John. Unlike the upperclass youth Josephus, who seems to have received both a Jewish and Greek education,10 Jesus is not known to have made the rounds of the more conventional first-century “philosophies” of the Pharisees, Sadducees, and Essenes (cf. Josephus, Vita 10–12) but was attracted to a weird desert outlaw instead, whose strange clothes and behaviour must have evoked both criticism and fascination amongst the populace.

6  C.M. Murphy, John the Baptist: Prophet of Purity for a New Age (Collegeville, MN: Liturgical Press, 2003), 109–56. 7  As C.M. Robbins, The Testing of Jesus in Q (Studies in Biblical Literature 108, New York: Peter Lang, 2007), 30, points out: “Perhaps the fruits of repentance of which John speaks had little or no scribal basis in the Torah. There is certainly no evidence that he was a rabbi in the technical sense of that term”. The reference to the law of Moses in the speech attributed to John the Baptist in John 1:17 has no basis in the synoptic gospels and is almost certainly redactional. 8  The practice of immersion and purification through water had a long tradition in Judaism by the first century already, but we do not know whether and to what extent John’s “baptism” recapitulated earlier forms. On this issue see J.E. Taylor, The Immerser: John the Baptist Within Second Temple Judaism (Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1997), 77, who stresses that “there were numerous kinds of ablutions and immersions in Second Temple Judaism as a whole and among the Essenes in particular”. 9  See also D.S. Dapaah, The Relationship Between John the Baptist and Jesus of Nazareth: A Critical Study (Lanham, ML: University Press of America, 2005), 96. 10  We do not know the exact scope of Josephus’ education. S. Schwartz, Josephus and Judaean Politics (Leiden: Brill, 1990), 56–7 believes that despite his upper class origin and claim to be an expert in Jewish law (Vita 9) Josephus’ “education apparently did not include careful study of the biblical text”, which he undertook only after the publication of Bellum. The Greek education he had received in Jerusalem seems to have been inadequate as well, see ibid., 209. On Josephus’ education see also S.J.D. Cohen, Josephus in Galilee and Rome: His Vita and Development as a Historian (Leiden: Brill, 2002), 106 and 129.

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2. The Scholastic Model: Torah Knowledge as the Basis of Observance We do not know whether Pharisees (and Sadducees) actually visited John the Baptist and asked for his ritual ablution, as is claimed in Matt 3:7. In Luke 3:7 John’s speech is addressed to the people instead. While it is imaginable that individual members of the Pharisaic movement would have approached charismatics and “holy men” to underpin their aspirations for salvation, they adhered to an altogether different model of Jewish religiosity which was based on Torah study and observance.11 Josephus, who claims to have been a Pharisee himself (cf. Vita 12),12 expresses their basic view in a succinct way when saying that the Torah “orders that they [children] shall be taught letters, and shall learn both the laws and the deeds of the forefathers, in order that they may imitate the latter and, being grounded in the former, may neither transgress nor have any excuse for being ignorant of them” (C. Ap. 2.25, 204). Similarly, in the Testament of Levi Levi admonishes his sons: “Teach your children letters also, so that they might have understanding throughout all their lives as they ceaselessly read the Law of God” (13:2). What these texts emphasize is that Torah observance must be based on knowledge of the Torah, which can be acquired only through diligent Torah study. Therefore young (male) children should be taught to read the Torah in Hebrew, even if their everyday language was Aramaic or Greek.13 Even though we do not have first-hand knowledge about Pharisaic practices and beliefs in Second Temple times,14 what is certain is that Pharisees stressed the importance of Torah study, of familiarising oneself with Torah law, as a prerequisite for proper observance of precepts which they considered divinely inspired, that is, given by God to Moses at Sinai. They believed that one could live a God-pleasing life only if one knew God’s will in detail. To know how to please God through one’s behaviour in 11  See also Taylor, The Immerser, 199–201, who points to an additional reference in the Ps.-Clementines claiming that scribes and Pharisees were “baptized by John” (Recognitions 1.54). Nevertheless, “we do not need to assume that Pharisees in general felt that way”. 12  On Josephus’ claim that he was personally affiliated with the Pharisees see S. Mason, Flavius Josephus and the Pharisees: A Composition-Critical Study (Leiden: Brill, 2001), 309–41. 13  On Hebrew as the “holy” language of the Torah and Temple see S. Schwartz, “Language, Power and Identity in Ancient Palestine”, Past and Present 148 (1995), 3–47. 14  Post–70 rabbis were not the direct successors of the Pharisees and rabbinic views expressed in rabbinic documents cannot be taken as evidence of Pharisaic Judaism. See S.J.D. Cohen, “The Significance of Yavneh: Pharisees, Rabbis, and the End of Jewish Sectarianism”, Hebrew Union College Annual 55 (1984) 27–53; P. Schäfer, “Der vorrabbinische Pharisäismus” in M. Hengel (ed.), Paulus und das antike Judentum (Tübingen: Mohr Siebeck, 1991), 125–75.

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everyday life, a detailed knowledge and interpretation of His precepts was necessary. Baumgarten believes that members of the three Jewish “schools of thought” mentioned by Josephus stemmed from an educated intellectual elite: ... members of these groups [i.e., the Pharisees, Sadducees, and Essenes] were likelier to come from the economic, social and educational elite – the “middling sort” (to the extent that there was such a class in antiquity) and better – who could afford the “luxury” of indulgence in affairs of the spirit, and who had sufficient background to become sensitive to and interested in issues of a certain character, appropriate to their status.15

The Pharisees’ and Essenes’ emphasis on Torah study would have presupposed literacy, at least as far as the ability to read the Torah in Hebrew was concerned.16 Only those parents who were (a) reasonably well off and did not require their sons’ participation in agriculture or other types of work, and (b) pious, valuing Torah study above other, more worldly skills, would have sent their sons to elementary teachers to learn Torah reading.17 Only those young male Jews who had a good foundation in Torah reading would have been able to engage in more advanced Torah studies and in learned discussions of the text. At least the core members of the Pharisaic and Essene groups, that is, those who provided the ideological outlook and the behavioural parameters for these movements, must have been welleducated in the biblical tradition, that is, they must have been intellectuals. Since they upheld textual study as an ideal, the religiosity they proposed was mainly geared at literate urban circles. Even if they propagated Torah study amongst “ordinary” people and urged them to become more learned, their ideals were hard to follow and their practices would have been difficult for the uneducated masses to imitate, since they lacked the necessary leisure time and perhaps also the interest in acquiring Torah learning. Later rabbinic sources occasionally express scholars’ attitudes of superiority towards the “unlearned”, even if they were wealthy. For example, a story in Midrash Leviticus Rabbah relates that a wealthy householder invited R. Yannai to his house (Lev. R. 9:3). The rabbi began to examine his knowledge of Torah, rabbinic traditions, and prayer formulas during the meal. When he found the householder deficient in learning, he called him a “dog”. The host reacted by becoming angry with the rabbi, who allegedly 15  A.I. Baumgarten, The Flourishing of Jewish Sects in the Maccabean Era: An Interpretation (Leiden: Brill, 1997), 47. 16  See Baumgarten, Flourishing of Jewish Sects, 114–36. On the Essenes as a studying community see S.D. Fraade, “Interpretive Authority in the Studying Community at Qumran”, JJS 44 (1993) 46–69. 17  On this issue see C. Hezser, Jewish Literacy in Roman Palestine (TSAJ 81, Tübingen: Mohr Siebeck 2001), 40–89.

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claimed a monopoly on a religious heritage which belonged to all Israel and not to scholars only. When R. Yannai became aware of the householder’s good moral conduct, he eventually made peace with him. The story indicates that later rabbis were aware of the gulf of learning that divided them from the majority of their co-religionists, even if the latter had a high social status and standing within the local communities. Although they continued to uphold their scholarly ideals, they devised means to enable “ordinary” people to partake of their scholarship.18 It is likely that Pharisees maintained a similar attitude of superiority towards the unlearned. Such an attitude was also held by Hellenistic philosophers, who were keen to distinguish themselves from the unlearned masses, the so-called φαῦλοι, μωροί, or indocti.19 Like the Pharisees and later rabbis, Stoics, Cynics, and Epicureans held up a scholarly ideal in which the study and practice of wisdom became the most or even the only acceptable way of life. What is important is that just as in Josephus’ statement above, knowledge and practice were closely interlinked, with knowledge forming the basis of the “right” practice, as it was defined differently by each group.20 Those who did not subscribe to this ideal, irrespective of whether or not they had a high socio-economic status in society, were considered inferior to the intellectual elite. Palestinian Jewish sages of the first centuries CE need to be understood within this Hellenistic context of scholarly self-awareness and self-distinction from the “foolish” masses.21

3. Was Jesus Illiterate? Not much is known about Jesus’ educational background. What is certain, though, is that he was not a Pharisee and did not stress Torah study as a religious ideal. According to Mark, he went and gathered his own disciples immediately after John’s imprisonment (Mark 1:14–15); that is, the only religious “education” Mark mentions, before Jesus started his own preaching, was his association with John. Shortly afterwards, however, Mark claims that “they went to Capernaum; and when the Sabbath came, he entered the 18  For example, by providing hospitality to sages or by listening to their sermons. 19  See U. Wilckens/G. Fohrer, “σοφία, σοφός, σοφίζω”, TDNT 7 (1970), 465–526, esp. 472–3. E.g., Cicero, De nat. deor. 1.2.5 distinguishes between the unlearned (indocti) and educated men. 20  See, for example, Cicero, On Goals 3.24: “And we do not think that wisdom is like navigation or medicine, but rather like the craft of acting or dancing...; thus its goal, i.e. the [proper] execution of the craft, depends on it itself and is not sought outside itself”. 21  On this issue see also C. Hezser, The Social Structure of the Rabbinic Movement in Roman Palestine (Tübingen: Mohr Siebeck, 1997), 130–7.

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synagogue [or: congregation] and taught. They were astounded at his teaching, for he taught them as one having authority [ἐξουσία], and not as the scribes” (Mark 1:21–22). This passage is interesting in a number of respects. Firstly, we know very little about synagogues and their functions in the first century CE. Almost all buildings that can be identified as synagogues in Roman Palestine are nowadays dated to the fourth to sixth centuries CE.22 Earlier excavation sites that were identified as synagogues in the past (e.g., Gamla, Massada, Herodium) do not show any specific features that would indicate a religious use.23 They may rather have been gathering places for various functions, which could – but need not necessarily – have included Torah reading or other kinds of religious practices. The Palestinian synagogue as the central religious place of the local community is an early Byzantine phenomenon.24 This does not exclude the possibility that Torah reading, study, and interpretation as a communal ritual took place at various locales in earlier times already.25 Mark does not say that Jesus read from the Torah or that the Torah was read by others when he entered the “synagogue”.26 He merely states in a very general way that Jesus “taught”, without specifying the content of the teaching. What he emphasizes, though, is that he taught “as one having authority” and distinguished himself in this regard from “scribes”’ teaching practices. It is unlikely that Torah exegesis as it was practiced by Pharisees and Torah scholars is associated with Jesus here. That he taught with ἐξουσία probably refers to direct inspiration from God, like prophetic teaching, in contrast to teaching that was text-based. That Jesus had Torah learning or that his teaching consisted of his Torah interpretation in dispute with Jewish Torah scholars is not suggested here. On the contrary, Jesus’ “knowledge” is said to have been of an entirely different origin and nature than that of Torah sages. Matthew, who multiplies Jesus’ synagogue teaching activity (“Jesus went throughout Galilee, teaching in their synagogues”, 4:23) states that he proclaimed “the good news (εὐαγγέλιον) of the kingdom”, an idea which Mark already tells us he took over from John (cf. Mark 1:14). The content of 22  See D. Milson, Art and Architecture of the Synagogue in Late Antique Palestine (Leiden: Brill, 2007). 23  My former doctoral student, Lidia Matassa, has recently finished a Ph.D. thesis on this subject, which was submitted to Trinity College Dublin in 2010. 24  See especially S. Schwartz, Imperialism and Jewish Society, 200 B.C.E. to 640 C.E. (Princeton: Princeton University Press, 2004) 215–39. 25  The practice is mentioned by Philo and Josephus as well as in the so-called Theodotus inscription from first century CE Jerusalem. See Schwartz, Imperialism and Jewish Society, 221–5, for references. 26  The Torah is also not mentioned in Mark 6:2, where another occasion of teaching in a synagogue on the Sabbath is related.

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his initial teaching, as stated by Mark and Matthew, consisted in the proclamation of the nearness of the end of times and perhaps not much else, except for urging others to prepare themselves. The urgency of this eschatology would not have left much time for close textual study and discussion. The Pharisees and later rabbis, on the other hand, studied the Torah to provide guidance in the longue dureé of human existence, that is, to their contemporaries as well as later generations of Jews. Only one passage in Luke presents Jesus as opening a biblical scroll and perhaps also reading from it aloud.27 According to Luke 4:17, he was handed a scroll of Isaiah in the synagogue of Nazareth on the Sabbath. Passages from prophetic books would be read as part of the so-called Haftarah (additional readings from the prophets) after the main Torah reading.28 Jesus is said to have pointed to a messianic prophesy (Isa. 61:1), subsequently presenting his own interpretation by identifying himself with the text (Luke 4:21). The parallels in Mark and Matthew (cf. Mark 6:2 par. Matt 13:54) lack this reference to the scroll, however, and point to Jesus’ special powers and miracles instead. Luke seems to have been familiar with Jewish liturgical practices of his own time and place and associated them with Jesus. From the perspective of a literate person who lived in a Hellenistic milieu at the end of the first or beginning of the second century CE, Jesus is presented as a person with reading skills and knowledge in the prophetic books of the Bible here. The connection between prophesy and fulfillment (cf. v. 21) clearly points to a redactional construction of this unit. Scholars have already stressed that at least a large proportion of the gospels’ scriptural quotations and the connections drawn between Jesus’ teachings and the Hebrew Bible must be seen as indications of the gospel authors’ or editors’ own learning rather than that of Jesus and his early

27  For references to books and scrolls in the New Testament in general and the gospels in particular see H. Hearon, “The Interplay Between Written and Spoken Word in the Second Testament as Background to the Emergence of Written Gospels”, Oral Tradition 25 (2010), 57–74, on pp. 62–3. 28  It is uncertain when and where the practice of Haftarah originated. The passages in Luke 4:16–17 and Acts 13:15 (Paul in the synagogue of Antioch in Pisidia) constitute the earliest references to it. Perhaps the practice originated in Hellenistic Jewish communities of the Diaspora. Rabbis of the Mishnah seem to have known the ritual (cf. m. Meg. ch. 4). On the obscure origins of the Haftarah see M. Fishbane, “Haftarah”, in J. Blumenthal/J.L. Liss (ed.), Etz Hayim Study Companion (New York: The Rabbinical Assembly, 2005) 376–84, esp. 380; on traditional theories concerning the origins of Haftarah see S.N. Koenig, “Haftarah - Sidrah: Mirror Images”, in M.A. Shmidman (ed.), Turim: Studies in Jewish History and Literature, presented to Dr. Bernard Lander, vol. 1 (Jersey City, NJ: KTAV Publishing House and Touro College Press, 2007) 57–68, on pp. 57–62. In Jewish-Christian synagogues the prophetic reading may have replaced the Torah reading altogether.

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followers themselves.29 In Jesus’ and his early followers’ case, knowledge of Scripture may have been gained primarily or even exclusively through oral means of communication rather than through textual study, and it is likely to have been limited.30 Thus, James Dunn writes: “It is certainly quite likely that a disciple such as Matthew, the toll collector, could read and write. But the only other profession or trade that we hear of in connection with the other close disciples of Jesus was fishing. And if Jesus’ disciples were typical of the peasants, tradesmen and fishermen of Galilee, we can safely assume that the great majority of the disciples were functionally illiterate. We cannot exclude the possibility that Jesus himself was illiterate, or only semiliterate...”.31 Werner Kelber has correctly stressed the fundamental difference between the Essenes as a studying community and the early Jesus movement: “Qumran’s Teacher of Righteousness was presumably of Zadokite lineage and an accomplished student of Scripture, as was the core group of his original followers. By contrast, neither the founding figure of the Christian movement nor the nucleus of his early followers enjoyed the educational privileges” that the members of the Essene community possessed.32 The implications of mass illiteracy amongst Palestinian Jews of the first centuries CE and the oral cultural context of the early Jesus movement will be explored in the next section.

4. First-Century CE Judaism and Illiteracy The large majority, that is, more than ninety percent of Jewish men and almost all Jewish women who lived in Roman Palestine in the first centuries CE would have been illiterate, that is, unable to read and write. For various 29  R.N. Longenecker, Biblical Exegesis in the Apostolic Period (Grand Rapids, MI: Eerdmans Publishing, 1999) 41 points to divergent scholarly positions concerning quotations and scriptural allusions in the gospels: one might consider scriptural quotes attributed to Jesus as reflections of the scriptural interpretations of the writers’ respective communities (or of the writers/editors themselves); others might see the gospels as “credible reports of Jesus and his preaching” and the quotes as reflections of his own use of Scripture. Obviously, each passage needs close and detailed analysis to determine the use of Scripture at the redactional and preredactional levels. Even if a pre-redactional use can be determined, it does not necessarily reflect Jesus’ own scriptural knowledge. 30  For emphasis on the mnemonic nature of Scriptural knowledge in Mark and Paul see W.H. Kelber, The Oral and the Written Gospel: The Hermeneutics of Speaking and Writing in the Synoptic Tradition, Mark, Paul, and Q (Bloomington, IN: Indiana University Press, 2 1997), 12 and 197. 31  J.D.G. Dunn, Jesus, Paul, and the Gospels (Grand Rapids, MI: Eerdmans Publishing, 2011), 22. 32  Kelber, The Oral and the Written Gospel, 16.

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reasons, illiteracy would have been higher amongst the Jewish provincial population than amongst Romans, who had a much larger administrative system and a greater need for literacy skills.33 The large majority of Palestinian Jews worked in agriculture, which did not require such skills. In both Jewish and Graeco-Roman society writing was a technical skill accomplished by trained scribes. There is also no evidence that Hebrew reading skills were widespread in Jewish society. We do not have evidence of an organised elementary school system in Roman and early Byzantine Palestine.34 Josephus’ and Pharisees’ insistence that fathers should teach their sons Torah reading would have been heeded by the pious and economically well-off sectors of the population only. Torah reading, reciting, and memorisation required special training and had no economic benefits. In the early first century CE those few Jewish males who could recite the Torah in public probably belonged to the Pharisaic movement or were professional scribes who wrote Torah manuscripts. Such scribes are mentioned as elementary teachers in later rabbinic sources.35 Throughout the Roman and early Byzantine period the main responsibility to teach their children rested with parents, most of whom would not have considered Torah reading skills necessary, unless they were Pharisees or rabbis themselves. What does this widespread illiteracy mean with regard to Jewish religiosity? At the time when the Temple still existed, illiteracy would not have constituted a grave problem, since collective atonement was achieved through sacrifices brought by priests on behalf of all Israel. Few people would have felt the need to familiarise themselves with the Torah themselves in order to live a religious life. Whatever religious knowledge they had would have been transmitted orally and through practice within the family and local community. We do not know much about the “popular” Judaism of the first centuries CE. It is possible that it mainly consisted of the observance of the Sabbath, festivals, circumcision, food laws, and certain purity rituals,36 all of which would have been performed in accordance with family habits and local customs, that is, in rather diverse ways. Half a century ago Goodenough claimed that the use of images and symbols characterised the “popular” Judaism of the masses in contrast to the aniconic, text-oriented Judaism of 33  On this issue see Hezser, Jewish Literacy, 496–504. 34  On Jewish education in antiquity see C. Hezser, “Private and Public Education” in C. Hezser (ed.), The Oxford Handbook of Jewish Daily Life in Roman Palestine (Oxford: Oxford University Press, 2010), 465–81, esp. 469–71. 35  On scribes see Hezser, Jewish Literacy, 48, 118–26. 36  These are the practices which are most often mentioned by Greek and Roman authors on Jews and Judaism, see S.J.D. Cohen, “Respect for Judaism by Gentiles According to Josephus” in idem, The Significance of Yavneh and Other Essays in Hellenistic Judaism (Tübingen: Mohr Siebeck, 2010), 187–209, on pp. 206–7.

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the (Pharisees and) rabbis.37 He maintained that “the most fundamental beliefs of the Jews revolved around the ideas of mysticism and salvation”, issues which were also addressed by Greek and Roman religions.38 While Jewish art with its mixture of biblical and pagan images evolved in late antiquity only and the main Jewish mystical works were written in the Middle Ages, a “popular” Jewish interest in personal salvation and in the various charismatics, mystics, and healers who advertised it, seems entirely plausible.39 Such individuals would have filled the gap left by the rather distant and abstract Temple service on the one hand and the intellectual aspirations of scholars and sages on the other.40 In this context the early Jesus movement can be seen as a form of “popular” Judaism geared towards the unlearned, illiterate masses, especially the rural population of the Galilee.41 It offered them a way to gain personal salvation without Torah learning. It emphasised healing and explained basic moral ideas in an illustrative and easily understandable way. Whereas the Pharisees maintained that the Torah could be properly followed only after it had been carefully studied, interpreted, and applied to everyday life situations, Jesus and his followers claimed that the gist of the Jewish religious tradition was evident and understandable by everyone. They obviously emphasised whatever they considered most important, stressing morality, belief, and salvation, rather than aiming at comprehensiveness and complexity, as the later rabbis did. Throughout the gospels, Jesus is said to have preached orally to whoever was ready to listen.42 With the exception of one probably redactional text (Luke 4:17, see above), the gospels do not contain scenes in which he opens a Torah scroll and expounds a text passage. What he knew of the Hebrew Bible would have been heard, memorized, and readapted to his audience’s circumstances. According to John 7:15, when Jesus taught in the Temple, the audience said: “How does this man know letters, having never learned?” John obviously wanted to stress Jesus’ spiritual authority, similarly to the 37  See E.R. Goodenough’s seminal work, Jewish Symbols in the Greco-Roman Period (8 vol., Princeton: Princeton University Press,1953–68), referred to by L.I. Levine, Judaism and Hellenism in Antiquity: Conflict or Confluence? (Washington, DC: University of Washington Press, 1998), 8. 38  Levine, Judaism and Hellenism, 8. 39  On various “popular” movements in the first-century see R.A. Horsley/J.S. Hanson, Bandits, Prophets & Messiahs: Popular Movements in the Time of Jesus (Harrisburg, PA: Trinity Press, 1999), esp. the chapters on prophets and messianic pretenders. 40  As a third movement one might point to the zealots and rebels who were economically and politically motivated. There is not much reference to an anti-Roman political stance or protest in the gospels. 41  See also Horsley/Hansen, Bandits, Prophets, xxv and 92. 42  See C. Hezser, “Oral and Written Communication and Transmission of Knowledge in Ancient Judaism and Christianity”, Oral Tradition 25 (2010) 75–92, esp. 78.

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ἐξουσία accentuated by Mark. Yet this may also be a reminiscence of the lack of text study that was turned from a deficiency into an ideal by Jesus and his followers. His adherents probably had some “acquaintance with biblical stories and images”.43 The wandering charismatics of the early Jesus movement would have memorized and transmitted various versions of stories about Jesus and sayings attributed to him.

5. Popular versus Scholastic Literary Forms One of the greatest differences between post-70 rabbinic literature and the gospels is that the latter are written for lay people and contain “popular” literary forms whereas the former are scholarly works written for fellowscholars: even the smaller literary forms that are integrated in these documents are, for the most part, scholarly, transmitted by generations of rabbinical scholars and students. The thematic units of the Mishnah, Tosefta, and Palestinian Talmud consist of scholarly discussions of particular halakhic issues. With their allusions to biblical texts and concise formulation the halakhic statements, case stories, and disputes would have been understandable by fellow-scholars only. Even the exegetical and homiletical Midrash collections do not contain sermons that could be recited in synagogues. They are much too dense and allusive to have been useful to a general audience or readership. They may ultimately be based on public sermons, and scholars may have used them to construct public speeches, but they cannot be considered transcripts of the sermons themselves.44 A lot of embellishing, restructuring, and reformulation would have been necessary before certain parts of a Midrash could have been presented in front of a non-scholarly audience.

43  Horsley/Hansen, Bandits, Prophets, 92. 44  On the relationship between homiletical Midrash and sermons see especially D. Stern, Midrash and Theory: Ancient Jewish Exegesis and Contemporary Literary Studies (Evanston, IL: Northwestern University Press, 1998), 55–63. Stern argues that the chapters of a homiletical Midrash such as Lev. R. “possess literary coherence” based on shared exegetical strategies (see p. 57). Yet “we do not know what practical purposes or functions these collections served. If they were meant to be handbooks or sourcebooks for preachers, the redactor may have wished to give his professional readers a choice of petihtaot from which they could select one as the basis for their Saturday-morning sermon” (62). On the necessary distinction between Midrash and sermon see also J. Townsend, “The Significance of Midrash” in L.M. Teugels et al (ed.), Recent Developments in Midrash Research: Proceedings of the 2002 and 2003 SBL Consultation on Midrash (Piscataway, NJ: Gorgias Press, 2005) 17–52, on p. 17.

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As David Kraemer has argued with regard to the Babylonian Talmud, the intended reader is the fellow-scholar with a comprehensive knowledge of the Torah and an understanding of rabbinic traditions and argumentation. Only such a reader can make the necessary connections and fill in the blanks in order to ultimately continue the discussion: “The Bavli’s authorship fashioned a work that constantly demands the reader’s contribution to its final communication. The Talmud is replete with ellipses and other gaps, its arguments often based on unstated logical associations or contrasts...”.45 Therefore the intended reader “was clearly a member of a schooled elite who understood Scripture in its original language, committed much of Scripture to memory, and was able to apply certain specialized methods to its interpretation”.46 The intended audiences of the gospels, on the other hand, would have been the local (house) communities, lay people whose literate members would read out or perform the texts in front of their friends.47 Most of these lay people would have been familiar with some sayings and characters of both the “Old Testament” and the Jesus tradition, but they would not have studied the texts themselves.48 With regard to the smaller units integrated into the larger genres, the gospels contain more “popular” traditions in contrast to the mostly scholarly rabbinic traditions. The term “tradition” is used instead of “form” here, because we have to assume that these units were mostly transmitted orally. Rabbinic traditions were based on oral teaching sessions and discussions with colleagues, rabbinic practices observed in daily life, and oral advice given to lay people.49 In the case of Jesus and the early leaders of the Jesus 45  D. Kraemer, “The Intended Reader As a Key to Interpreting the Bavli”, Prooftexts 13 (1993), 125–40, on p. 127. 46  Kraemer, “Intended Reader”, 128. 47  On the New Testament as “performance literature” see D. Rhoads, “Biblical Performance Criticism”, Oral Tradition 25 (2010), 157–98. Rhoads stresses that the gospels would have been presented orally in front of assembled audiences, probably in their entirety in one “performance”. They may have been read aloud or recited from memory, perhaps with variations and different emphases, depending on the social composition of the audience. On this issue see also the articles in R.A. Horsley/J.A. Draper/ J.M. Foley (ed.), Performing the Gospel: Orality, Memory, and Mark (Minneapolis, MN: Augsburg Fortress, 2011). 48  For a reconstruction of the “intended reader” of the gospel of John see R.A. Culpepper, Anatomy of the Fourth Gospel: A Study in Literary Design (Philadelphia: Fortress, 1987), 224. 49  On this issue see M.S. Jaffee, “The Oral-Cultural Context of the Talmud Yerushalmi. Greco-Roman Rhetorical Paideia, Discipleship, and the Concept of Oral Torah” in P. Schäfer (ed.), The Talmud Yerushalmi and Graeco-Roman Culture, vol. 1 (TSAJ 71, Tübingen: Mohr Siebeck, 1998) 27–61. Jaffee argues for an “oral-written continuum” in which oral traditions were eventually committed to writing and then re-used and re-shaped orally (p. 45); he provides examples of rabbinic oral instruction underlying the amoraic texts (pp. 46–53). See also idem, “How Much ‘Orality’ in Oral Torah? New Perspectives on the Composition and Transmission of Early Rabbinic Tradition”, Shofar 10 (1992), 53–72.

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movement, they were based on the observation of healings and moral instruction and preaching to lay people. In the various oral contexts one and the same rhetorical “form” could have had quite different functions. Even if the later rabbis used forms that also appeared in “popular” contexts, such as parables and apophthegmata, they seem to have used them mainly for scholarly instruction and collegial discussion rather than for “popular” edification.50 Rabbinic documents mainly contain halakhic traditions, though, that is, legal rulings, case stories, and disputes, which would have interested and been understood by scholars only. These traditions would have been memorized and transmitted by rabbis’ own students, who would have used and adapted them in their own educational practice, in collegial discussions, and legal advice to “clients”. The traditions would have been transmitted from one generation of scholars to the next, a phenomenon which the attributions indicate, even if they cannot be considered historically reliable.51 While the gospels also contain traditions and speeches which may have been directed primarily at “professionals”, that is, the itinerant charismatics of the Jesus movement who lived a life of poverty and homelessness (cf., e.g., the speech to the apostles in Matt 10:5–41),52 most of the traditions seem to be directed at the general public. Jesus is repeatedly said to have taught before the people, to whoever came to listen to him (see, e.g., Mark 2:2, 2:13, 3:7, 3:20 etc.). Although the gospel editors would have constructed these bridging statements in order to connect individual traditions and collections of traditions and to give the impression that Jesus had a large 50  On the midrashic use of parables see D. Stern, Parables in Midrash: Narrative and Exegesis in Rabbinic Literature (Cambridge, Mass.: Harvard University Press, 21994) esp. 46–47 on the occasions in which parables may have been used. While these occasions may have included sermons and contacts with lay-people and non-Jews, the literary sources suggest that they were also widely used in scholarly contexts, whether eulogies for fellow-sages, exegetical illustrations for students, or reminiscences about certain practices. On the apophthegmata see C. Hezser, “Die Verwendung der Hellenistischen Gattung Chrie im frühen Christentum und Judentum”, Frankfurter Judaistische Beiträge 27 (1996), 371–439; eadem, “Apophthegmata Patrum and Apophthegmata of the Rabbis” in La Narrativa Cristiana Antica. Codici Narrativi, Strutture Formali, Schemi Retorici (Rome: Institutum Patristicum Augustinianum, 1996), 453–64. 51  On the (un)reliability of attributions see D. Kraemer, “On the Reliability of Attributions in the Babylonian Talmud”, Hebrew Union College Annual 60 (1989), 175–90; J. Neusner, “Why We Cannot Assume the Historical Reliability of Attributions: The Case of the Houses in Mishnah-Tosefta Makhshirin”, in A.J. Avery Peck/J. Neusner (ed.), The Mishnah in Contemporary Perspective, vol. 2 (Leiden: Brill, 2006), 190–212. 52  On the itinerant charismatics see G. Theißen, “‘Wir haben alles verlassen’ (Mc. X. 28). Nachfolge und soziale Entwurzelung in der jüdisch-palästinischen Gesellschaft des 1. Jahrhunderts n. Ch.” in idem, Studien zur Soziologie des Urchristentums (WUNT 19, Tübingen: Mohr Siebeck, 1983), 106–141. Theißen points out that these early followers of Jesus formed certain circles (“zusammenhängende Kreise”) of independent missionaries (p. 109).

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“popular” following, it is clear that Jesus and the leaders of the early Jesus movement mostly talked to “hoi polloi” rather than to a scholarly elite. Neither the wandering charismatics nor the audience to whom Jesus preached are presented as scholars. Therefore rhetorical forms and images are used which illustrate morals and ideas in an easily understandable, narrative and proverbial way, with examples from daily life and from the experiences of a mostly rural Galilean population. Gerd Theißen has already pointed out that the legend about John the Baptist’s death is not “the only popular tradition in the Gospels”; miracle stories contain “direct indications that they were widely told”, that is, transmitted by a wide range of people not limited to the early leaders and followers of the Jesus movement:53 “... the Markan community found traditions about Jesus circulating beyond its own circle, among all the people”.54 Rumours about Jesus would have spread amongst the general population and various versions of stories would have circulated. This transmission of miracle stories and other narratives about Jesus stands in contrast to the rabbinic transmission of rabbis’ (halakhic) practices. Rabbinic example stories address issues which would have interested rabbis’ students and colleagues only. Healing and miracle stories, on the other hand, are very rare in rabbinic documents.55 Stories about charismatics were subjected to an editorial process in which the supernatural powers of such individuals were suppressed, criticised, or ridiculed.56 Such traditions stood in conflict with the notion that rabbis’ authority was based on text study rather than on visions, prophecy, and healings, and that each rabbi was equally close to God. The parables of the gospels can be considered another rhetorical form that would have been transmitted orally and spoke directly to the unlearned, even if the present written form would have been the result of literary editing. As B.B. Scott has emphasised, “We have no parable of Jesus as he performed it. All extant parables ascribed to Jesus show the traces of performances by 53  See G. Theissen, The Gospels in Context. Social and Political History in the Synoptic Tradition (Minneapolis: Augsburg Fortress, 1991) 97. 54  Theissen, Gospels in Context, 102. 55  H.M. Zellentin, Rabbinic Parodies of Jewish and Christian Literature (TSAJ 139, Tübingen: Mohr Siebeck 2011), 216–225 discusses a long rabbinic passage in y. Moed Qatan 3:1, 81c–d which contains two miracles, of an uprooted carob tree and burning wheat, which he sees as rabbinic reactions to analogous Christian miracle stories used in “doctrinal arguments ... characteristic of late antique Christianity” (p. 219), that is, the stories may have been told as a “satirical parody” (p. 216) of the Christian (use of such) stories, for internal scholarly reasons. At an earlier stage, the stories about Eliezer’s miracles may have been transmitted by his students or were based on rumours that circulated more broadly. 56  On this process of “rabbinisation” see, e.g., B.M. Bokser, “Wonder-Working and Rabbinic Tradition: The Case of Hanina ben Dosa”, JSJ 16 (1985), 42–92.

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others”.57 A certain basic structure would have been retold in different forms and settings. The storytellers reshaped and adapted their narratives for each individual performance, probably using details from their environments.58 The meaning and function of the parables would have changed in accordance with the respective audiences.59 Parables use images and characters from daily life and are a part of folklore. They are concrete rather than theoretical, entertaining rather than scholarly. Yet a certain ambiguity remains: on the one hand, “parables, a primitive communicatory force, invoke elementary passions and short-circuit the path to understanding”; on the other hand, they “baffle the mind” with their allusive meanings.60 The other sphere remains mysterious and cannot be fully circumscribed by scenes based on thisworldly reality. While rabbinic parables “serve to explain the rabbinic understanding of the Torah”,61 the parables of the gospels are meant to reveal much more general theological and moral “truths”. In contrast to the “popular” forms of the miracle stories and parables, apophthegms may reflect discussions amongst leadership figures themselves. Rabbinic apophthegms can be considered part of “school” traditions in that they focus on a particular rabbi’s poignant saying or striking practice and would have been transmitted by rabbis’ students. The apophthegms of the gospels would have been transmitted by Jesus’ early followers and reflect their controversies with other self-declared authorities. Theißen has already pointed to the confrontational aspects of some of these narratives: they reflect a controversy between Jesus and Pharisees, scribes, and Sadducees.62 He assumes that they were “handed on ... by teachers, preachers, missionaries, and itinerant charismatics”, confirming (Jewish-)Christian group identity

57  B.B. Scott, Hear then the Parable: A Commentary on the Parables of Jesus (Minneapolis: Augsburg Fortress, 1990) 40. See also M.C. Moeser, The Anecdote in Mark, the Classical World and the Rabbis (London and New York: Sheffield Academic Press, 2002) 44. 58  See Scott, Hear then the Parable, 40–41. 59  A Jewish-Christian audience would have understood a parable differently than a gentile audience and readers of the later written gospels. See also G. Carey, “Luke and the Rhetorics of Discipleship: The ‘L’ Parables as Case Study”, in J.D. Hester/D. Hester (ed.), Rhetorics and Hermeneutics: Wilhelm Wuellner and His Influence (New York: T & T Clark International, 2004) 145–74, on p. 160. 60  G. Safran Naveh, Biblical Parables and Their Modern Re-Creations: from ‘Apples of Gold in Silver Settings’ to ‘Imperial Messages’ (Albany, NY: State University of New York Press, 2000) 7. See also ibid. 5 on the wide use of parables in the oral tradition of many different cultures. 61  C. Thoma, “Literary and Theological Aspects of the Rabbinic Parables”, in C. Thoma/M. Wyschogrod (ed.), Parable and Story in Judaism and Christianity (Mahwah, NJ: Paulist Press, 1989) 26–41, on p. 27. 62  Theissen, Gospels in Context, 114.

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within the various Jewish groups of the late first and early second centuries CE.63

6. The Role of Intermediaries The populace lacked an immediate access to the vestiges of the holy, whether it was found in a particular space, such as the Jerusalem Temple, in a traditional text, such as the Torah, or in particular human beings, such as charismatics or “holy men”. Priests, text scholars, and early Christian missionaries served as intermediaries who enabled their contemporaries’ access to the holy by, at the same time, claiming a monopoly on their function as “doorkeepers”. Before 70 CE the Jerusalem Temple was the official centre of the holy and the priests were its administrators. Except for those who outrightly rejected the Temple priests’ authority, other means of access to the Divine were supplementary. Neither the Pharisees nor Jesus and his early followers abrogated the validity of the Temple and sacrifices.64 Yet they claimed that there was another way to know and fulfill God’s will, namely through Torah study and observance (Pharisees) or through an ascetic life of healing and supporting others (Jesus and his early followers). In both cases, the requirements were so rigorous that they could only be practiced by a few individuals: only few wealthy and educated male Jews would have been able to read, memorize, and discuss the Torah; only a few (probably exclusively male)65 Jews would have voluntarily chosen a life of poverty, homelessness, and itinerancy.66 63  Theissen, Gospels in Context, 114–5. After their integration into the gospel of Mark they would have been used “to distinguish Christian groups from Judaism as a whole” (p. 116). 64  Criticism of Temple practices and the priesthood, attributed to Jesus in the gospels, does not necessarily imply rejection of the institution as such. For a detailed analysis of the respective passages see C.A. Evans, “Jesus’ Action in the Temple: Cleansing or Portent of Destruction?” in B. Chilton/C.A. Evans, Jesus in Context. Temple, Purity & Restoration (Leiden: Brill, 1997), 395–440. 65  Although some women may have been sympathisers of Jesus during his lifetime, they did not belong to his group of disciples and are unlikely to have led an itinerant lifestyle. 66  For associating asceticism with Jesus and the early Jesus movement see S.J. Patterson, “Askesis and the Early Jesus Tradition” in L.E. Vaage/V.L. Wimbush (ed.), Asceticism and the New Testament (New York and London: Routledge, 1999), 49–70. He suggests “that asceticism is an appropriate framework for understanding what the early Jesus movement was all about” (p. 50) and discusses Gerd Theißen’s work on Wanderradikalismus (pp. 52–56). An interpretation which combines asceticism with gender issues is presented by H. Moxnes, Putting Jesus in His Place: A Radical Vision of Household and Kingdom (Louisville, KY: Westminster John Knox Press, 2003), 73, who sees “the asceticism of Jesus, his call to leave male space, as a challenge of the standards of masculinity in antiquity”.

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Although only a few lived the ideal, others sympathised with them and sought their instruction and counsel. Pharisees (and later rabbis) gave advice on the basis of their Torah knowledge; the itinerant charismatics of the early Jesus movement told stories about Jesus, performed healings, and provided moral and theological instruction through parables, proverbs, and other forms of folklore wherever they went.67 Unlike the Pharisees, they did not ask their fellow-Jews to become Torah scholars themselves. All they required of them was belief in Jesus’ special power and a morally responsible lifestyle. In both cases the lay sympathizers were dependent on the self-proclaimed religious authorities to provide them with guidance on how to live their lives in “holiness”.

7. Was the Jesus Movement an Anti-Scholastic Form of Judaism? Obviously, scriptural study and adherence to charismatic individuals were not mutually exclusive practices in ancient Judaism, as the example of certain Diaspora Jews such as Paul (from Tarsus, Acts 9:1) and Apollos (from Alexandria, Acts 18:24–25) shows. These individuals came from a learned Hellenistic Jewish background which would have differed from the Palestine-centred Pharisaic (and later rabbinic) movements, even though Paul, like Josephus (Vita 12), claims to have sympathised with Pharisaism (Phil. 3:5: “as to the law, a Pharisee”). As Saldarini has already pointed out, Paul “is the only diaspora Jew identified as a Pharisee”.68 As in the case of Josephus, his self-identification with Pharisaism may serve rhetorical purposes, indicating his (pre-Christian) Torah observance here.69 Unlike Pharisees, he would have studied the Bible in Greek rather than in Hebrew and he would have been familiar with Hellenistic modes of interpretation. He came from an entirely different milieu than the itinerant charismatics of 67  I include here both the disciples of Jesus who followed him during his lifetime and itinerant charismatics who missionised on his behalf after his death and before 70 CE. For distinguishing between different groups of followers see E.W. Stegemann/W. Stegemann, The Jesus Movement: A Social History of Its First Century (Edinburgh: T & T Clark, 1999), 187. 68  A.J. Saldarini, Pharisees, Scribes and Sadducees in Palestinian Society: A Sociological Approach (Wilmington, DE: M. Glazier, 1988), 134–5. 69  The reference to Jesus being “born under the law” in Gal. 4:4 does not refer to his “upbringing in the Jewish Law”, as C.L. Blomberg, Jesus and the Gospels: An Introduction and Survey (Nashville, TN: B&H Publishing Group, 2009), 441 maintains. Paul rather emphasizes Jesus’ birth in a Palestinian Jewish society for which the Torah and Torah observance was important. He may merely refer to Jesus’ Jewish origin. The text (Gal 4:4–5) is complicated and has received many different interpretations which cannot be reviewed in detail here.

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the early Jesus movement, which explains the lack of references to miracle stories and parables in his letters to local Christian communities. Connections between Torah scholars and charismatics or messianic pretenders also occasionally appear in the later rabbinic texts, but they are generally judged negatively. In some traditions R. Aqiva may be presented as an adherent of Bar Kokhba.70 As Peter Schäfer has shown, however, rabbinic literature generally “reflects the negative attitude of the Rabbis towards both Bar Kokhba himself and his activities”.71 Similarly, a certain R. Eliezer is presented in a rabbinic story as a sympathiser of Jesus, but the storytellers clearly condemned Christian ideas as heresy.72 While there may have been a certain overlap between popular-charismatic and scholarly forms of Judaism in the first centuries CE, the respective emphases would have been different. As the later rabbinisation of charismatic figures such as Honi the circle drawer and Hanina b. Dosa indicates, sages were generally opposed to those who claimed direct inspiration independent of Torah study. Such individuals may have had a more or less large popular following, however, and rabbis therefore tried to integrate them into their own ranks by “domesticating” them.73 Jesus does not seem to have chosen his disciples on the basis of their learning and he preached before an indiscriminate group of people, that is, anyone who was willing to listen to him.74 Most of the traditional material, even in its later edited and reworked form, is geared towards a “popular” audience with people from different socio-economic strata (the rich were not necessarily more learned than the poor), rather than being specifically targeted at scholars. Reading skills and a large amount of Torah knowledge are not necessary to understand the sayings, stories, and parables transmitted in Jesus’ name.

70  We do not know whether R. Aqiva actually was a follower of Bar Kokhba. For a discussion of the relevant texts see P. Schäfer, “Bar Kokhba and the Rabbis” in P. Schäfer (ed.), The Bar Kokhba War Reconsidered: New Perspectives on the Second Jewish Revolt (TSAJ 100; Tübingen: Mohr Siebeck, 2003), 1–22. 71  Schäfer, “Bar Kokhba and the Rabbis”, 7. 72  On this story which is transmitted in T. Hul. 2:24 see Hezser, Social Structure, 76. Again, the historicity of the story is doubtful. On the later rabbinic debate with Christian ideas and practices see especially P. Schäfer, Jesus in the Talmud (Princeton: Princeton University Press, 2009). 73  On Hanina see S. Freyne, “Hanina Ben Dosa, A Galilean Charismatic” in idem, Galilee and Gospel: Collected Essays (WUNT 125; Tübingen: Mohr Siebeck, 2000), 132–59. On Honi see J.L. Rubenstein, “Honi the Circle-Drawer: The Holy Man and Rain” in idem, Rabbinic Stories (Mahwah, NJ: Paulist Press, 2002), 128–32. On both of them see also Stegemann/Stegemann, Jesus Movement, 164–5. 74  This is sometimes explicitly said, e.g. Luke 6:27: “But I say to you that listen”. Usually the audience remains an unanimous “crowd”, e.g. Mark 2:13, Matt 19:2, Luke 7:11 etc.

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In the early Jesus tradition a lot of emphasis is put on actions – healings, miracles, exorcisms – rather than words. These actions are supposed to show Jesus’ special powers and distinguish him from other teachers and “holy men”.75 Whether or not Jesus’ intention was to reach the illiterate and unlearned masses who could not fulfill Pharisaic standards of Torah learning and observance, it is likely that he gained most of his followers from those segments of society. The itinerant preachers of the early Jesus movement probably followed in his footsteps, telling miracle stories and parables and adapting them to their audiences’ particular interests and needs. According to Schwartz, this was “a movement in which the Torah was not ignored (it could not possibly have been) but was definitely of secondary importance”.76 The written gospels must be seen as reflections of a later stage, when local communities in Syria-Palestine and the Diaspora had solidified and were composed of unlearned and learned, poor and rich, Jewish and gentile individuals.77 The antitheses of the Sermon on the Mount (Matt 5:17–44), although based on earlier material, probably belonged to this stage.78 Some house communities would have engaged in the study of the Bible, whether in Hebrew or Greek.79 Perhaps literate hosts, who must have been rather welloff to accommodate even small groups of correligionists in their houses, read or recited the texts in front of their fellow-Christians. The structure of the gospels with biblical quotations, paraphrases, allusions, and interpretations would have been the outcome of this later stage in which Jesus’ teaching and activity was linked to the Jewish Bible and presented as the fulfillment of its prophesies. This connection served early Christians to define their own identity in continuation of and distinction from the Judaism Jesus came from. The ascetic miracle worker Jesus, who had believed in the closeness of the end of times and attracted a popular audience 75  Josephus (Ant. 18.3.3, 63–64) presents Jesus as a “doer of wonderful works” and a “teacher of truth”. He mentions him alongside other “holy men” such as John the Baptist (Ant. 18.5.2, 116–119), who taught virtue and righteousness, and Theudas (Ant. 20.5, 97–99). On these see Schwartz, Imperialism and Jewish Society, 89. 76  Schwartz, Imperialism and Jewish Society, 91. 77  See also Theissen, Gospels in Context, 282 and 289. 78  On this text see H.D. Betz, The Sermon on the Mount: A Commentary on the Sermon on the Mount, Including the Sermon on the Plain (Matthew 5:3–7:27 and Luke 6:20–49) (ed. A. Yarbro Collins; Hermeneia; Minneapolis: Fortress, 1995) ad loc.; H.W.M. Van der Sandt, Matthew and the Didache: Two Documents from the Same Jewish-Christian Milieu? (Assen: Van Gorcum, 2005) 100 calls the Sermon on the Mount in Matt 5–7 “the Matthean masterpiece of redaction”. Matthew seems to have combined Q material with material from other pre-redactional collections here to construct a speech which reflected his own community’s value system. The antitheses which juxtapose biblical verses with new interpretations would be based on the editor(s)’ own scriptural learning. 79  On Christian scriptural study from the mid-first c. CE onwards see A. Hilhorst, “Biblical Scholarship in the Early Church” in J. den Boeft/M.L. van Poll-van de Lisdonk (ed.), The Impact of Scripture in Early Christianity (Leiden: Brill, 1999), 1–19.

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with his folkloristic teachings, was turned into a Torah teacher who competed with Pharisees and scribes. The latter probably represented the rabbis of the post-70 CE gospel writers’ own times. A reflection of this development is also evident in the much later Babylonian Talmud, where there is an indirect reference to Jesus as a Torah teacher disputing halakhic issues with rabbis.80 Babylonian rabbis of late antiquity may have been aware of Christian attempts to project their own literacy and knowledge onto Jesus and the early church.

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Auch „die Toten“ haben Zukunft Eine neue Lektüre von Mt 8,21f/Lk 9,59f

Die lange Forschungskarriere unseres Jubilars ist ohne Zweifel durch den bereits zu Beginn seiner wissenschaftlichen Tätigkeit veröffentlichten Aufsatz über den urchristlichen Wanderradikalismus1 geprägt. Seitdem hat er sich wiederholt mit dem schwer verständlichen Wort Jesu in Mt 8,21f/Lk 9,59f befasst.2 Er hält es für eine Aufforderung zu einer Art prophetischer Symbolhandlung, mit der Jesus die „Loyalität“ zur Nachfolge getestet hat.3 Der folgende Aufsatz wurde durch Gerd Theißens Arbeit angeregt und versteht sich im Dialog mit dieser.

1. Ein kurzer Überblick über die Forschungslage und Erläuterung der Fragestellung 1.1 Im Hinblick auf die Frage, wie Matthäus und Lukas das Q-Wort Mt 8,21f/Lk 9,59f in den Kontext ihres jeweiligen Evangeliums eingearbeitet haben, besteht bereits ein weitgehender Konsens der redaktionsgeschichtlichen Analyse. Matthäus hat den näheren Kontext mit Absicht so angelegt, dass der Befehl Jesu an die Jünger in Mt 8,18b, „ans andere Ufer zu fahren“, durch Mt 8,23, „… er stieg in das Boot, und seine Jünger folgten ihm“, fortgesetzt wird. Dadurch wird die Bitte „eines anderen Jüngers“ an Jesus in Mt 8,21, „lass mich zuerst (πρῶτον) heimgehen und meinen Vater begraben“, gerahmt. Zudem wird so die Bitte als Ereignis in dem Augenblick inszeniert, in dem Jesus und seine Jünger im Begriff sind, ins Boot zu steigen. Das hat zur 1  Theissen, Wanderradikalismus. 2  Vgl. unter anderem: Ders., Soziologie; ders./Merz, Der historische Jesus, bes. 16.53; ders., Jesus; ders., Jünger; ders., Jesusbewegung. 3  Ders., Jesus, bes. 178f. mit Anm. 20.

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Folge, dass in Mt das ganze Geschehen auf „zuerst (πρῶτον)“ fokussiert wird. Matthäus möchte das ganze Wort Jesu Mt 8,21f im Sinne einer Jüngerlehre verstanden wissen und interessiert sich nicht für die Frage, wer die Toten sind. Außerdem lässt er Jesus erst am Ende von Mt 9 anfangen, „das Evangelium vom Reich“ zu verkünden. Daran schließen sich im ganzen Kapitel 10 Anweisungen Jesu für die Mission seiner Jünger an. Um diesen großen Kontext zu konstruieren, konnte er Jesus in Mt 8,21f noch keinen Missionsbefehl in den Mund legen, wie es Lk 9,60b entsprechen würde: „Du aber geh und verkündige das Reich Gottes“. Man hat insofern damit zu rechnen, dass Matthäus möglicherweise in seiner Q-Quelle auch eine Parallelaussage zu Lk 9,60b gefunden, aber bewusst ausgelassen hat. Bei Lk 9,59 zeigt sich das Geschehen dagegen nicht auf den Aspekt des „zuerst (πρῶτον)“ fokussiert, sondern auf „meinen Vater“. Das zeigt sich deutlich daran, dass Lukas in Lk 9,61 anschließend wieder „einen anderen“ Jesus bitten lässt: „Herr, zuvor aber lass mich von meiner Familie Abschied nehmen“. Er fasst beides in Lk 9,62 unter dem Ausdruck „nochmals zurückblicken“ zusammen. Im größeren Kontext betrachtet werden bei Lukas die „Zwölf“ schon in Lk 9,1–6 ausgesandt, um das Reich Gottes zu verkünden, während sie in Lk 9,59f erst vor kurzem zusammen mit Jesus ihre Reise nach Jerusalem angetreten haben (Lk 9,51). In Lk 10,1–12 sendet aber Jesus außer den „Zwölf“ noch 72 weitere zur gleichen Verkündigung aus. Dazwischen steht die Szene Lk 9,57–62, in der „ein Mann“ (Lk 9,57), „ein anderer“ (Lk 9,59) und „wieder ein anderer“ (Lk 9,61) nacheinander auftreten, um sich in die 72 einzugliedern. Es könnte daher sein, dass wir es im Halbvers Lk 9,60b, „Du aber geh und verkünde das Reich Gottes“, mit einem redaktionellen Zusatz des Lukas zu tun haben. Insofern lässt sich nicht mit Sicherheit ausmachen, ob der Halbvers Lk 9,60b ursprünglich zur Quelle Q gehörte. Aber während der langen Forschungsgeschichte wurde niemals bezweifelt, dass es sich in Mt 8,21f/Lk 9,59f um Worte des irdischen Jesus handeln dürfte. Doch in welcher Situation hat er diese gesprochen? In dieser Hinsicht tendiert die Forschung seit jeher zu der Ansicht, dass Lukas mit Lk 9,60b die ursprüngliche Situation doch besser als Matthäus widerspiegelt. Was hat Jesus dann mit diesem Wort gemeint?

1.2 Die älteste Forschungsliteratur, die mir hierfür zugänglich war, ist Evangelium Matthaei4 von T. Fritzsche, der aus der vorausgehenden For­ schung vier Interpretationsansätze unterscheidet: 4  Fritzsche, Evangelium.

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Auch „die Toten“ haben Zukunft

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1. Die erste Interpretation deutet die ersten „Toten“ (τοὺς νεκρούς) in Mt 8,22/Lk 9,60a als berufliche Totengräber und übersetzt den betreffenden Satz: „Lass die Totengräber ihre Toten begraben“ (sine, vespillones / viri mortuorum suos mortuos sepelire). 2. Die zweite Interpretationslinie nimmt einen ursprünglich aramäischen Satz an, dessen griechische Übersetzung eigentlich ἄφες τοὺς νεκροὺς τοῖς θάψασι τοὺς ἑαυτῶν νεκρούς: „Lass die Totengräber die Toten (mortuos vespillonibus) als ihre Toten begraben“ lauten müsste. Der uns jetzt vorliegende griechische Satz sei eine Fehlübersetzung. 3. Der dritte Deutungsansatz interpretiert die ersten „Toten“ im übertragenen Sinn: Sie seien diejenigen, die wegen ihrer Unmoral zum Hören der Lehre Jesu ungeeignet seien, während die zweiten „Toten“ (τοὺς����������� ἑ��������� αυτῶν���� νε� ��� κρούς) die leiblichen Toten seien. Der betreffende Satz werde wie folgt übersetzt: „Lass das Begraben der Toten denjenigen, die nicht geeignet sind, meine Lehre zu bekennen“ (relinque mortuorum sepeliendorum officium hominibus ad profidendam meam doctrinam non idoneis). 4. Der vierte Deutungsansatz hält den „Vater“ in Mt 8,21/Lk 9,59 für einen Mann, der gestorben ist, ohne an Jesus zu glauben. Die zweimal vorkommenden „Toten“ in Mt 8,22/Lk 9,60 seien jedoch diejenigen, die im Glauben an Jesus gestorben sind. Der ganze Satz wird übersetzt: „Lass die Toten, die im Glauben an Jesus gestorben sind, ihre nachkommenden Toten begraben“. Nach T. Fritzsche ist die dritte Interpretationsmöglichkeit diejenige, die von den meisten Exegeten als die wahrscheinlichste angesehen wird. Seine eigene Deutung beschreibt er folgendermaßen: Es scheint mir vielmehr, dass mit den „Toten“ beide Male die Toten im realen Sinne gemeint sind und sie von den aus dem Leben (in dieser Welt) Geschiedenen aufgenommen werden. Jesus wollte mit diesem paradoxen Wort streng ermahnen: Die Fürsorge für die Toten könnte wohl von jedem anderen richtig geleistet werden, sodass man sie nicht zum Grund machen darf, sich zu scheuen, ihm nachzufolgen. Lass die Toten sich unter einander selbst begraben. Man darf die Pflicht nicht den Lebenden zumuten.5

Überraschenderweise sind fast alle relevanten Positionen, die in der folgenden Forschung bis in die Gegenwart vertreten worden sind, schon hier vorhanden. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass sie keine neuen Ergebnisse vorzuweisen hätte. Überblickt man sie anhand ihrer wichtigen Meilen5  ��������������������������������������������������������������������������������� Deutsche Übersetzung von Onuki bis auf den Satz „Lass die Toten sich unter einander selbst begraben“. Der originale Text von Fritzsche lautet: Fritzsche, Evangelium, 323: „Mihi potius videtur τοὺς νεκρούς bis de vita defunctis sensu proprio accipi, ut non esse, quod ab itinere secum faciendo cura mortui, qui a quovis aeque recte efferi possit, absterreatur, hac paradoxa sententia graviter admonuerit: sine mortuos suos mortuos [= suae sortis homines] sepelire (Lass die Toten sich untereinander selbst begraben), nec refer hoc officium ad viventes.“

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Takashi Onuki

steine, wie z.B. H.L. Strack/P. Billerbeck,6 R. Bultmann,7 M. Hengel,8 W.D. Davies/D.C. Allison,9 E.P. Sanders,10 U. Luz11 und G. Theißen,12 so sind m.E. die folgenden zwei Punkte als neue opinio communis festzuhalten: 1. Der ursprüngliche „Sitz im Leben“ des in Mt 8,21f/Lk 9,59f zugrundeliegenden Ereignisses und Wortes Jesu liegt im Wanderleben, das Jesus mit den Jüngern führte, um das nahestehende Reich Gottes zu verkünden. 2. Das Wort Jesu, das von einem Mann verlangt, die Nachfolge Jesu selbst dem Begräbnis seines verstorbenen Vaters vorzuziehen, entspricht dem radikalen, afamiliären Ethos des Wanderlebens. Wir haben es hier mit einer prophetischen Gleichnis- oder Symbolhandlung zu tun, die zum Ausdruck bringen soll, dass angesichts des nahe gekommenen Gottesreiches kein Augenblick mehr zu verlieren ist. Als offen gelten dagegen noch die folgenden zwei Probleme: 1. Sind die „ersten Toten“ (τοὺς νεκρούς) in Mt 8,22/Lk 9,60 im übertragenen Sinn als „geistliche Tote“ (H.L. Strack/P. Billerbeck, R. Bultmann, M. Hengel13) oder genauso wie die „zweiten Toten“ (τοὺς ἑαυτῶν νεκρούς) als leiblich Tote (T. Fritzsche, U. Luz14) zu deuten? 2. Bedeutet das Wort Jesu in Mt 8,22/Lk 9,60, unterwegs bei der Verkündigung vom Reich Gottes gesprochen, dass dieses das mosaische Gesetz (v.a. Ex 20,12, das vierte Elterngebot des Dekalogs) relativiert (M. Dibelius15, M. Hengel16, J.P. Meier17) oder stellt es hier nur einen Ausnahmefall eines Gegensatzes zur Forderung der Tora dar (E.P. Sanders18)? Oder verfolgt es eine andere Absicht, indem es die Verbindlichkeit des mosaischen Gesetzes grundsätzlich voraussetzt (W.D. Davies/D.C. Allison19)?

6  Bill. I. 7  Bultmann, Geschichte, 28; ders., Jesus, 30.91. 8  Hengel, Nachfolge. 9  Davies/Allison, Matthew, 56–58. 10  Sanders, Jesus. 11  Luz, Matthäus, 26f. 12  Vgl. Anm. 1 und 2. 13  Hengel, Nachfolge, 8 (im Anschluss an A. Schlatter und R. Bultmann). 14  Im Anschluss an Luz jetzt auch Wolter, Lukasevangelium, 373. 15  Dibelius, Jesus, 95: „Aber jede innerweltliche Pflicht wird relativiert, durch die Nähe des Gottesreiches“. 16  Hengel, Nachfolge, 14 Anm. 36: Der Ruf Jesu hebt wirklich „die natürliche Bindung“ und „die Pflicht der Pietät“ für den konkreten Augenblick auf. 17  Meier, Marginal Jew, 68. 18  Sanders, Jesus, 336. Vgl. unten Anm. 23. 19  Davies/Allison, Matthew, 56–58.

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1.3 Welche Position vertritt nun G. Theißen in dieser Forschungslage? Er reiht sich in die Linie von M. Hengel, W.D. Davies/D.C. Allison und E.P. Sanders ein. Anstelle von „eschatologischer Charismatiker“, gleichwie M. Hengel, hat er jedoch bewusst die Begriffe „Wanderradikalismus“ und „Wandercharismatiker“ geprägt. Das Wort Jesu in Mt 8,21f/Lk 9,59f erklärt er eindeutig aus dem afamiliären Ethos des Wanderradikalismus: Der ethische Radikalismus der synoptischen Tradition war Wanderradikalismus, der sich nur unter extremen und marginalen Lebensbedingungen praktizieren ließ. Nur wer aus den alltäglichen Bindungen der Welt entlassen war, wer Haus und Hof, Frau und Kinder verlassen hatte, wer die Toten die Toten begraben ließ und die Lilien und Vögel zum Vorbild nahm, konnte dieses Ethos glaubwürdig praktizieren und tradieren.20 Nicht eindeutig bleibt jedoch hier und in weiteren Veröffentlichungen von G. Theißen, ob die ersten Toten im Halbsatz „wer die Toten die Toten begraben ließ“ im symbolischen oder im leiblichen Sinn gemeint sind. Deutlich ist jedoch, dass es nach Ansicht von G. Theißen bei den Sympathisanten der Jesusbewegung durchaus vorkommen konnte, auf das Begräbnis ihrer Familienangehörigen zu verzichten. G. Theißen spricht in diesem Zusammenhang von einem Loyalitätstest für die Jesusbewegung.21 Damit meint er zugleich, dass das Wort Jesu in Mt 8,21f/Lk 9,59f das mosaische Gesetz, v.a. das vierte Gebot des Dekalogs, gar nicht aufheben will, denn der Loyalitätstest in Mt 8,21f/Lk 9,59f ist erst unter der Voraussetzung der strikten Einhaltung sinnvoll: Es wäre anachronistisch, Jesu Konflikte im Judentum als Konflikte mit dem Judentum zu deuten. Jesus blieb der Tora treu. Zwar ist die Aufforderung: „Folge du mir, und lass die Toten ihre Toten begraben!“ (Mt 8,21f), ein klarer Bruch des Elterngebots. Aber hier wird eine prophetische Symbolhandlung gefordert, die keinesfalls das vierte Gebot aufheben will, sondern dessen Unverletzbarkeit voraussetzt: Der einmalige provokative Verstoß lässt die alles überbietende Wichtigkeit der Botschaft Jesu hervortreten. Selbst das Elterngebot tritt zurück.22 Damit erscheint Jesus bei G. Theißen der Tora treuer als bei E.P. Sanders, der Jesus in den von ihm so bezeichneten covenantal nomism eingereiht 20  Theissen, Jesusbewegung, 79 (kursiv von Onuki). 21  Ebd., 229 (Anm. 279). 258; ders., Jesus, bes. 178 mit Anm. 20. 22  Ders., Jesusbewegung 223f (kursiv im Original); ders., Jünger, bes. 166f, handelt außerdem von der „ungrundsätzlichen“ Thoramissachtung Jesu vom Aspekt des Reinheit- (Mk 7,15), Sabbats- (Mk 2,23–28; 3,1–6) und Fastengebots (Mk 2,18f): „ungrundsätzlich deshalb, weil diese Suspendierung von Thorageboten an seine Gegenwart und Sendung gebunden war und nur für seine Nachfolger galt.“

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hat.23 Nur angesichts der Unverletzbarkeit der Tora, v.a. des Elterngebots, funktioniert sein Wort in Mt 8,22/Lk 9,60 als demonstrative prophetische Symbolhandlung. Wir wollen im Folgenden die Tragweite dieser Ansicht G. Theißens kritisch prüfen.

2. Fragen an die Deutungen: Geistlich Tote und Prophetische Symbolhandlung 2.1 Wenn man die erstgenannten Toten in Mt 8,22/Lk 9,60 im übertragenen Sinn als geistliche Tote deutet, so sind damit in erster Linie die Familienangehörigen des Mannes, der Jesus soeben um Erlaubnis für das Begräbnis seines verstorbenen Vaters gebeten hat, gemeint, d.h. andere Hinterbliebene. In der Tat weiß die urchristliche Überlieferung von einem Toten im geistlichen Sinn zu sprechen: Das Gleichnis vom verlorenen Sohn ist dafür ein treffendes Beispiel. Darin wird dem älteren Sohn die Heimkehr des Bruders von seinem Vater so berichtet: „Aber jetzt müssen wir uns doch freuen und ein Fest feiern, denn dein Bruder war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden“ (Lk 15,32). Das metaphorische Tot-Sein des verlorenen Sohnes ist hier innerhalb des Gleichnisses selbst begründet und hat durchaus eine narratologische Notwendigkeit. Aber in Mt 8,22/Lk 9,60 haben wir es nach Mt und Lk mit einem Wort zu tun, das Jesus, wie bereits erwähnt, auf seinen Wanderungen angesichts einer konkreten Situation spontan im Hinblick auf die Verkündigung vom Reich Gottes gesprochen hat. Es gibt keinen Grund für die Annahme, dass Jesus die Familie des Mannes, der ihn um die Erlaubnis für das Begräbnis seines verstorbenen Vaters bat, kannte. Konnte er die Angehörigen trotzdem, wenn auch im metaphorischen Sinn, Tote nennen? Ist das historisch wahrscheinlich? Zumal Jesus die Unsicherheiten des Wanderlebens auf sich genommen hatte, um, wie von G. Theißen zutreffend gesagt, gerade die Am Haaretz, die er die „verlorenen Schafe des Hauses Israels“ (Mt 10,6) nannte, zu suchen.24 23  Sanders, Jesus, 336: „We can likewise see that Jesus accepted ,covenantal nomism‘ … The final proof that he accepted that law is the fact that there is only one instance in which following him required transgression of it (Matt. 8.21f and par.). If he had truly opposed the law, we would know it from the history of early Christianity. His eschatological expectation did lead him to think that the Mosaic law was neither absolute nor final. In the new age which was about to dawn, God would go beyond the law: he would admit the wicked. But, in general, it appears that Jesus lived a life of normal obedience.“ 24  Theissen, Jesusbewegung, 89.

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Dies steht im klaren Gegensatz zu den Essenern oder der Qumran-Gemeinde, die Menschen außerhalb ihrer Gruppe als „Kinder der Finsternis“ ansahen.25 Was für eine Notwendigkeit gab es überhaupt, Angehörige einer ihm bisher persönlich unbekannten Familie von vornherein als Tote zu bezeichnen? Eine narratologische Notwendigkeit, so wie im Gleichnis des verlorenen Sohnes, scheidet hierbei aus. Kann man mit der prophetischen Symbolhandlung ein solches Erfordernis nachweisen? Passt der Satz, „lass die Toten ihre Toten begraben“ (ἄφες τοὺς νεκρούς τοῖς θάψαι τοὺς ἑαυτῶν νεκρούς), in eine solche Erklärung hinein? Lässt sich dadurch vor allem der zweimal wiederholte Plural „die Toten“ erklären? Ergibt sich wirklich eine demonstrativ-prophetische Symbolhandlung Jesu, wenn man die ersten Toten (τοὺς νεκρούς) im metaphorischen Sinn als geistlich Tote deutet, die zweiten Toten (τοὺς ἑαυτῶν νεκρούς) jedoch als leibliche Tote? Diese Fragen sind von großer Bedeutung. Die demonstrativen Symbolhandlungen bei den alttestamentlichen Propheten, auf die man in diesem Zusammenhang immer wieder hingewiesen hat, sind meines Erachtens etwas anders konstruiert: Dort trägt immer eine bestimmte, zeitlich wie räumlich begrenzte, konkrete Einzelhandlung eines Propheten eine überindividuell-universale Botschaft. Die gerne herangezogenen Symbolhandlungen von Ezechiel (Ez 24,15–24), Jeremia (Jer 16,1–9) und Hosea (Hos 1) beruhen alle jeweils auf einem ganz individuellen, einmaligen Ereignis. Sollten wir es in Mt 8,21f/Lk 9,59f auch mit einer Symbolhandlung desselben Typs zu tun haben, müssten wir dann nicht erwarten, dass anstelle von τοὺς ἑαυτῶν νεκρούς (Plural) τον����������� ἑ��������� αυτῶν���� νε� ��� κρόν (Singular) steht? Man erwartet nämlich in etwa folgenden Satz: „Lass die Toten, [d.h. die Hinterbliebenen], den Toten, [d.h. den Vater], begraben, von dessen Tod der Mann jetzt Jesus berichtet. In dem uns vorliegenden Satz, „lass die Toten ihre Toten begraben“, stehen die Toten beide Male im Plural. Man sollte meines Erachtens den Sinn dieses Plurals ernst nehmen. Somit könnte der Satz über den Einzelfall, der im damaligen Geschehen vor sich ging, hinausweisen und meinen: Sooft es einen Toten gibt, dessen Begräbnis ebenso in Frage kommen wird, sollte man sich genauso verhalten. Das heißt: Wir können nicht verneinen, dass der zweimal wiederholte Plural von den Toten einen iterativen Sinn impliziert. Aber es stellt sich die Frage, ob dieser iterative Sinn dasselbe wie die allgemeine und zeitlose Gültigkeit eines Sprichwortes bedeutet?

25  1QM I,10.16; XIV,17; XVI,11. Vgl. auch 1QS III,21.24.

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2.2 Um dieser Frage nachzugehen, hilft uns ein Vergleich mit Mt 15,14/Lk 6,39, das zweifellos als ein Sprichwort klassifiziert werden kann, welches vom historischen Jesus gesprochen worden sein dürfte. Lasst sie, es sind blinde Blindenführer. bUnd wenn ein Blinder einen Blinden führt, werden beide in eine Grube fallen (ἄφετε αὐτούς· τυφοί εἰσιν ὁδηγοί τυφλῶν· τυφλὸς δὲ τυφλὸν ἐὰν ὁδηγῇ, ἀμφότεροι εἰς βόθυνον πεσοῦνται). (Mt 15,14)

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Auch ein Vergleich Jesu ist in diesem Kontext überliefert: Kann ein Blinder einen Blinden führen? Werden nicht beide in eine Grube fallen? (Εἶπεν δὲ καὶ παραβολὴν αὐτοῖς μήτι δύναται τυφλὸς τυφλὸν ὁδηγεῖν οὐχὶ ἀμφότεροι εἰς βόθυνον ἐμπεσοῦνται). (Lk 6,39)

In Röm 2,19 findet sich mit dem Ausdruck „Führer für Blinde“ (ὁδηγὸς τυφλῶν) eine ähnliche Wendung. Sie ist eine der Selbstbezeichnungen eines mosaischen gesetzeskundigen Juden, wobei die Blinden als Metapher für die unkundigen Sünder stehen. Offensichtlich benutzt Paulus hier eine bereits vor ihm sprichwortartig festgeprägte Wendung. Mit der Wendung „blinde Blindenführer“ in Mt 15,14a sind dagegen die pharisäischen Schriftgelehrten gemeint. Sie werden hier selbst als blind bezeichnet. Auch in Mt 23,16 werden die Pharisäer „blinde Führer“ (ὀδηγοὶ τυφλοί) genannt. Man hat es hier sehr wahrscheinlich mit einem von Matthäus neu geschaffenen Ausdruck zu tun. Auch die lukanische Parallele in Lk 6,39 stellt ein Sprichwort dar. Dort ist sogar der iterative Sinn viel deutlicher betont. Das zeigt sich an dem mit ἐάν ὁδηγῇ eingeleiteten Konditionalsatz (Iterativ für Gegenwart) eindeutig. Sollten wir auch das in Mt 8,22/Lk 9,60 implizierte iterative Sinnmoment im gleichen Sinne interpretieren? Wenn dies der Fall sein sollte, dann wäre der Satz „lass die Toten ihre Toten begraben“ ein Sprichwort, das entweder religiös oder philosophisch das Problem von Leben und Tod auf einer allgemeinen und abstrakten Ebene argumentativ behandelt.26 Gegen eine solch verallgemeinernde Interpretation haben aber bereits W.D. Davies und D.C. Allison deutlich eingewandt: „It would be unwise to base generalizations 26  Diese Ansicht wurde am deutlichsten vertreten von Ehrhardt, Toten, 128–164 (bes. 130). Der Verfasser weist als Parallele auf ein altes Scholion zu Euripides, „Andromache“, Z. 849 (die falsche Angabe Z. 894 bei Ehrhardt korrigiert nach Hengel, Nachfolge, 6 Anm. 17) hin: οἱ γὰρ νεκροὶ μέλλουσι τοῖς νεκροῖς ὡς οἱ ζῶντες τοῖς ζῶσι (Die Toten kümmern sich um die Toten, die Lebenden aber um die Lebenden). Nach Ehrhardt handelt es sich hierbei um ein Sprichwort mit dem Sinn, dass die Toten zu einer anderen, von den Lebenden abgesonderten Welt gehören. Die Aussage Jesu in Mt 8,22/Lk 9,60 ist sich eines damit vergleichbaren Sprichwortes in der hellenistischen Welt bewusst und will dessen verschiedene Anwendungen kritisieren. Aber das sehr weit hergeholte Argument des Verfassers erscheint kaum überzeugend.

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about Jesus’ attitude towards burial or his respect for the dead (or lack thereof) on an interpretation of 8.22“.27 Und auch diese Ansicht zählt m.E. zur opinio commmunis der gegenwärtigen Forschung.28

2.3 Auch wir schließen uns der opinio commmunis an. Es sei in diesem Zusammenhang speziell die Tatsache beachtet, dass die Toten in Mt 8,22/Lk 9,60 beide Male den bestimmten Artikel haben: τοὺς νεκρούς … τοὺς ἑαυτῶν νεκρούς. Was für eine Funktion haben diese bestimmten Artikel? Im Griechischen hat ein bestimmter Artikel, ebenso wie im Deutschen, nicht immer eine definierende Funktion. Diese kann verallgemeinert werden oder verloren gehen, so dass ein Sprichwort, das ein ganz zeitloses Erfahrungswissen zum Inhalt hat, manchmal einen bestimmten Artikel aufweisen kann.29 Aber man sollte gerade hier auch die andere opinio commmunis bedenken, dass der Befehl Jesu in Mt 8,22/Lk 9,60 nicht zeitlos, sondern anlässlich eines ganz konkreten Geschehnisses auf seinem Wanderleben zur Verkündigung des Reiches Gottes gesprochen wurde. In diesem Fall ist durchaus mit der Möglichkeit zu rechnen, dass die beiden bestimmten Artikel τοὺς νεκρούς … τοὺς ἑαυτῶν νεκρούς doch definierend gebraucht sind, um die Toten nicht als Sammelbegriff zu nennen, sondern auf ein bestimmtes, zeitliches wie auch räumliches Ereignis zu begrenzen. Als Beispiel für den Gebrauch des bestimmten Artikels im Plural lässt sich ebenfalls aus der Quelle Q ein weiteres Wort Jesu anführen. In Lk 7,24f/Mt 11,7f heißt es: Als die Boten des Johannes weggegangen waren, begann Jesus zu der Menge über Johannes zu reden; er sagte: Was habt ihr denn sehen wollen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid? Ein Schilfrohr, das im Wind schwankt? Oder was habt ihr sehen wollen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Mann in feiner Kleidung? Leute, die vornehm gekleidet sind und üppig leben, findet man in den Palästen der Könige (ἐν τοῖς βασιλείοις [nach Lk 7,25], ἐν τοῖς οἴκοις τῶν βασιλέων [nach Mt 11,8]).30

Der letzte Satz: „Leute, die vornehm gekleidet sind und üppig leben, findet man in den Palästen der Könige“, könnte, rein stilistisch und sinngemäß betrachtet, durchaus als zeitloses Sprichwort gelesen werden. Aber über diesen 27  Davies/Allison, Matthew, 57. 28  Das meint wohl auch Bultmann, Geschichte, 2, wenn er sagt, dass Mt 8,22/Lk 9,60 kaum „ein isoliertes Wort“ gewesen sein könne. Vgl. auch Sanders, Jesus, 254; Luz, Matthäus, 26. 29  Vgl. das oben in Anm. 26 zitierte Scholion zu Euripides, „Andromache“, Z. 849. 30  Hervorhebungen vom Autor.

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Satz und v.a. den Plural „den Palästen der Könige“ schreibt G. Theißen: „Wenn das Jesuswort zudem von Höfen im Plural spricht, müssen auch weitere Paläste gemeint sein – möglicherweise in Sepphoris oder in Machaira“. Diese Folgerungen zieht er aus seinem Nachweis, dass das schwankende Schilfrohr und „ein Mann in feiner Kleidung“ mit Herodes Antipas am Königshof in Tiberias identifiziert werden können.31 Es ist deshalb durchaus möglich und sogar notwendig, auch „die Toten“, die in Mt 8,22/Lk 9,60 zweimal mit bestimmtem Artikel vorkommen, auf derselben Sinnebene zu deuten. Es handelt sich nicht um ein zeitloses Sprichwort, sondern um eine Aussage über die Toten innerhalb einer zeitlichen wie räumlichen Grenze. Welche Toten hat aber Jesus dabei vor Augen: Die leiblichen Toten in der Geschichte Israels und des jüdischen Volkes bis zu seiner Gegenwart oder die geistlich Toten?

2.4 Bleiben wir zunächst weiter bei der Deutung, welche die ersten Toten (τοὺς νεκρούς) in Mt 8,22/Lk 9,60 für die geistlich Toten hält, die zurückgelassen werden sollen, wenn Menschen in der Nachfolge das Wanderleben mit Jesus teilen wollen. Auf der anderen Seite muss das in diesem Jesuswort implizierte iterative Sinnmoment, das wir bereits oben festgestellt haben, weiter beibehalten werden. Kombiniert man beides, so wäre der Befehl Jesu in Mt 8,22/Lk 9,60 etwa folgendermaßen zu paraphrasieren: Überlass(t) das Begräbnis der Toten, sooft es eines innerhalb des uns zeitlich wie räumlich zugänglichen Gebietes gibt, über den uns vorliegenden Einzelfall hinaus, den hinterbliebenen Familienangehörigen, also den geistlich Toten.

Wir fragen weiter, ob Jesu Tat an dieser Stelle eine prophetische Symbolhandlung“ zu nennen ist. Das ist allerdings unwahrscheinlich, da sich ein solch iterativer Befehl, wie gezeigt, nicht nach dem Modell der symbolischen Handlung der alttestamentlichen Propheten erklären lässt.32 Wie verändert sich das Problem, wenn man mit T. Fritzsche und U. Luz die erstgenannten Toten im Befehl Jesu nicht mehr als die geistlich Toten, sondern genauso wie die zweitgenannten Toten, die auf ihr Begräbnis warten, als leibliche Tote deutet? U. Luz schreibt in seinem Matthäuskommentar: Fragen bleiben allerdings auch gegenüber dem Jesuswort. Auch wenn deutlich ist, dass ein Oxymoron nicht eine allgemeine Wahrheit enthält, und wenn klar ist, dass es hier um 31  Theissen, Jesusbewegung, 176. 32  ����������������������������������������������������������������������������������� Für dieses Modell ist es, um es noch einmal zu wiederholen, nötig, dass ein konkreter Einzelfall eine allgemeingültige Botschaft impliziert. Dazu hätten wir statt „ihre Toten“ (τοὺς ἑαυτῶν νεκρούς) „ihren Toten“ (τὸν ἑαυτῶν νεκρόν) überliefert.

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eine Art prophetischer Zeichenhandlung geht, die mit dem besonderen Auftrag der Nachfolge verbunden ist, und nicht um ein verallgemeinerbares Verhalten – ein Unbehagen bleibt. Was ist das für ein Zeichen, das ausgesprochen dort gesetzt wird, wo der Mensch eigentlich zu Pietät und Liebe gerufen ist?33

Man kann aus dieser Aussage von U. Luz eine gewisse Zurückhaltung herauslesen, das Verhalten Jesu in Mt 8,21f/Lk 9,59f eindeutig als „prophetische Zeichenhandlung“ zu bezeichnen. Denselben Eindruck bekommt man auch angesichts des folgenden Satzes des Autors: Das Logion ist ein Oxymoron und kein metaphorisches Rätselwort. Es lädt nicht ein, einen verborgenen Sinn von „tot“ zu entdecken, sondern will schockieren und verfremden. Die „toten“ Totengräber sind vermutlich keine „geistlich“ Toten, sondern wirkliche Tote.34 Das von mir kursiv gesetzte „vermutlich“ zeigt, dass sich U. Luz hier mit seiner Deutung nicht ganz sicher ist. Die unumgängliche Frage bleibt unbeantwortet: Wie können leiblich Tote andere leiblich Tote begraben? Das ist unmöglich – ein Widerspruch in sich selbst. Wie können wir diesen lösen? Bevor wir uns dieser Frage zuwenden, soll zunächst das Ergebnis der Forschungslage zusammengefasst werden. Wir halten fest: Der zweimalige Plural der Toten in Mt 8,22/Lk 9,60 mit einem iterativen Sinnmoment passt nicht zur üblichen Deutung als prophetische Symbolhandlung. Daran ändert nichts, ob die erstgenannten Toten im realen Sinne oder im übertragenen und metaphorischen Sinne als geistlich Tote verstanden werden. Die bisherige Forschung hing meiner Meinung nach zu sehr an dieser Alternative.

3. Jesu eigene Sicht über den Tod und die Toten Um diesem Engpass zu entkommen, muss die Frage in einem größeren Kontext neu gestellt werden: Wie sah Jesus im Rahmen des Bildernetzwerks35, das er vom nahegekommenen Reich Gottes gehabt hat, den Tod des Menschen, die Toten der Vergangenheit sowie der Gegenwart und ihre Auferstehung? Diese Fragen wurden in der bisherigen Forschung zu jenem Thema kaum beachtet.

33  Luz, Matthäus, 27. 34  Ebd., 26 (kursiv von Onuki). 35  Für das Nähere dazu vgl. Onuki, Jesus, 6: Der Begriff will klarmachen/demonstrieren, wie alle mythologisch-protologischen Bilder über das Reich Gottes im Denken des historischen Jesus selbst miteinander verbunden waren, und wie sich daraus ein Sinn-Netzwerk gebildet hat. Das nenne ich „Bildernetzwerk“.

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Es gibt drei Texte, die für die Beantwortung dieser Fragen wichtig sind. Sie seien im Folgenden aus Platzgründen nur kurz analysiert. Für weitere Nachforschungen verweise ich auf mein Jesusbuch.36

3.1 Mk 12,18–27 (Mt 22,23–33/Lk 20,27–40) Diese Perikope handelt von der Auseinandersetzung Jesu mit den Sadduzäern über die Streitfrage der Auferstehung der Toten. Deren Schlussteil lautet wie folgt: Dass aber die Toten auferstehen, habt ihr das nicht im Buch des Moses gelesen, in der Geschichte vom Dornbusch, in der Gott zu Mose spricht: Ich bin der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs? 27Er ist doch nicht ein Gott von Toten, sondern von Lebenden. Ihr irrt euch sehr. 26

Für H.L. Strack und P. Billerbeck bedeutet der Schlusssatz in Mk 12,27, „er ist doch nicht ein Gott von Toten, sondern von Lebenden“, dass Gott zu den Verstorbenen in einem nahen Verhältnis steht, diese also für ihn nicht tot sind, sondern leben. Sie verweisen anschließend auf die rabbinische Parallelaussage u.a. in pBerakh 2,4d,1. Dort liest man ebenfalls ein Streitgespräch, und zwar über Koh 9,5: R. Jonathan erwiderte: Wissen sie (die Toten) denn etwas? Steht nicht also geschrieben Qoh 9,5: „Die Toten wissen von gar nichts“? Er [R. Chijja, T.O.] sprach zu ihm: Zu lesen (die Schrift) verstehst du, auszulegen verstehst du nicht. „Denn die Lebenden wissen, dass sie sterben werden“ Qoh 9,5, damit sind die Gerechten gemeint, die auch in ihrem Tode Lebende genannt werden. „Und die Toten wissen von gar nichts“, damit sind die Gottlosen gemeint, die auch während ihres Lebens Tote genannt werden. Woher, dass die Gottlosen auch während ihres Lebens Tote genannt werden? Siehe Ez 18,32: Ich habe nicht Gefallen am Tode des Toten. Wie, stirbt denn der Tote? Allein damit sind die Gottlosen gemeint, die auch während ihres Lebens Tote genannt werden. Und woher, dass die Gerechten auch in ihrem Tode Lebende genannt werden? Siehe Dt 34,4; Jahve sprach zu ihm: „Dies ist das Land, das ich Abraham, Isaak und Jakob zugeschworen habe, sagend.“37

Liest man Mk 12,27 in Analogie zu dieser rabbinischen Argumentation, so kann es im Jesuswort nicht um eine wirkliche Auferstehung der Toten, sondern nur um eine sozusagen spiritualisierte Auferstehung gehen. Es ist kein Zufall, dass H.L. Strack und P. Billerbeck auch für Mt 8,22/Lk 9,60 dieselbe rabbinische Aussage anführen, um die ersten Toten (τοὺς νεκρούς) als geistlich Tote im Gegensatz zu den zweiten als leibliche Tote zu deuten.38

36  Onuki, Jesus. 37  Bill. I, 892, sic. 38  Ebd., 487.

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Wir haben es hier mit einer Stelle zu tun, deren Auslegung in der Forschung lange Zeit äußerst umstritten war. Wir können trotzdem eine mehr oder weniger vergeistigende Tendenz feststellen. Für R. Bultmann zum Beispiel war unser Text ein guter Nachweis dafür, dass Gott für Jesus nicht erst jenseits, sondern schon diesseits dieser Welt mit den Lebenden ist.39 Dagegen halten wir an dem logischen Verhältnis zwischen Mk 12,26 und Mk 12,27 fest: Das Schriftzitat in Mk 12,26 bildet den Grund für Mk 12,27, wobei Mk 12,27 darauf logisch aufbaut. Mk 12,26 nimmt dabei zugleich Mk 12,18 und Mk 12,23 wieder auf und zeigt deutlich, dass es in diesem Streitgespräch nicht abstrakt um die Auferstehung der Toten als solche, sondern konkret um die bisher immer eschatologisch erwartete Auferstehung geht. Wenn Mk 12,27 Abraham, Isaak und Jakob als „Lebende“ bezeichnet, so setzt das logischerweise voraus, dass sie alle bereits gegenwärtig als vom Tod Auferstandene leben. Jesus denkt hier nicht an ihre erst noch kommende Auferstehung. Die drei Patriarchen aus der Urgeschichte Israels sind nach seiner Aussage bereits auferstanden und leben gegenwärtig bei Gott. Die eschatologische Erwartung ist also bei ihnen schon in Erfüllung gegangen. Wie überraschend dies uns auch vorkommen mag, so fügt es sich doch eindeutig ins Bildernetzwerk Jesu vom Reich Gottes ein. Das geht auch aus zwei weiteren, noch zu besprechenden Texten hervor. Es sei an dieser Stelle auf die Szene des himmlischen Festmahls in Lk 16,19–31 hingewiesen. Dort sitzt Abraham schon am Tisch und wartet darauf, dass der arme Lazarus von den Engeln von unten geholt wird. Auch im markinischen Gespräch ist von den Engeln die Rede: „Wenn nämlich die Menschen von den Toten auferstehen, werden sie nicht mehr heiraten, sondern sie werden sein wie die Engel im Himmel.“ (Mk 12,25)

3.2 Mt 11,2–6/Lk 7,18–23 In Mt 11,2–6/Lk 7,18–23, einer Stelle, die auf Q zurückgeht, antwortet Jesus auf die Frage der Jünger Johannes des Täufers, ob er derjenige sei, „der kommen soll“: Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder, und Lahme gehen; Aussätzige werden gereinigt, und Taube hören; Tote werden aufgeweckt, und den Armen wird das Evangelium verkündet. Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt.40 (Mt 11,4ff, Lk 7,22f)

39  Bultmann, Jesus, 37. 40  Hervorhebung des Autors.

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Für die Antwort Jesu an dieser Stelle (bes. Mt 11,5/Lk 7,22) gibt es bekanntlich eine deutliche Parallele im Fragment 4Q521 vom Toten Meer. Auch dort findet sich ein Kombinationszitat aus Jes 35,5f und Jes 61,1 und zwar ebenfalls im Rahmen einer Messianologie. Dabei ist deutlich von der Auferstehung der Toten die Rede. Es gibt aber einen wichtigen Unterschied: Bei 4Q521 ist der Herr, Gott, das handelnde Subjekt. Die gebrauchten Verben sind dementsprechend meistens aktiv, während in der Antwort Jesu alle Verben entweder intransitiv oder passiv vorkommen und es keine einzige aktive Form gibt. Das bedeutet, dass es Jesus primär nicht am Subjekt des Handelns, sondern daran gelegen ist, was sich gerade jetzt vor Augen ereignet. Dieser Schwerpunkt des Gegenwarts- und Sachbezugs ist u.a. auch von G. Theißen mehrmals konstatiert worden: „Jesus verweist auf Wunder, die in seiner Gegenwart geschehen, ohne deren Subjekt zu nennen.“41 Jesus setzt natürlich voraus, dass Gott das verborgene Subjekt aller Wunder ist. Wir haben es hier deshalb mit einem Passivum divinum zu tun. Es liegt Jesus aber fern, sich selbst, entgegen der Erwartungshaltung der Johannesjünger, als Wundertäter zu bezeichnen. Das eben muss der ursprüngliche Sinn seiner Antwort gewesen sein: „Selig ist, wer an mir42 keinen Anstoß nimmt“ (Mt 5,6/Lk 7,23). Jesus wollte allein auf die Sache selbst hinweisen, deren Verkündigung er sich völlig gewidmet hatte. Aus dem so betonten Gegenwartsbezug seiner Antwort kann man nur folgern: Jesus ist der Ansicht, dass die Auferstehung der „Toten“ hier und jetzt im Gang ist! Wie überraschend dies auch immer für unser Empfinden sein mag, so brauchen wir nicht vor dieser Interpretation von Jesu Aussage zurückzuschrecken. Denn die Toten der Vergangenheit, z.B. Abraham, Isaak und Jakob, sind aus ihrem Tod auferstanden und leben bei Gott im Himmel gegenwärtig, was bereits oben aus Mk 12,18–27 par hervorging und auch aus der nächsten Stelle erschließbar ist.

3.3 Lk 11,31f/Mt 12,41f Zuerst seien die Worte Jesu nach Lk 11,31f in unserer eigenen Übersetzung wiedergegeben: Die Königin des Südens wird beim Gericht zusammen mit den Männern dieser Generation auferweckt werden und sie verurteilen; denn sie kam vom Ende der Erde, um die Weisheit Salomos zu hören. Hier aber ist das, was mehr ist als Salomo. 32Die Männer von Ninive werden beim Gericht zusammen mit dieser Generation aufstehen und sie ver31

41  Theissen, Jesusbewegung, 274. Vgl. auch 42. 42  Hervorhebung des Autors.

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urteilen; denn sie haben sich nach der Predigt des Jona bekehrt. Hier aber ist das, was mehr ist als Jona.

Es ist üblich, den jeweils letzten Satz von V. 31 und V. 32 etwas anders zu übersetzen. Statt von „das, was mehr ist als Salomo/Jona“ wird nämlich normalerweise „einer, der mehr ist als Salomo/Jona“ gesetzt.43 Damit werden beide Verse zu Sätzen, mit denen Jesus auf sich selbst hinweist. Er bezeichnet sich als größer als Salomo und Jona. Das heißt, man operiert in diesem Fall mit einer höchst christologischen Interpretation. Diese Interpretation und Übersetzung sind nicht falsch. Denn sowohl Matthäus als auch Lukas sind derselben Ansicht. Aber der griechische Text lautet hier: καί ἰδοὺ πλεῖον Σολομῶνος / Ἰωνα ὧδε, wobei πλείον ein Neutrum ist. Für die christologische Interpretation wäre eigentlich ein Maskulinum πλείων zu erwarten. Nimmt man umgekehrt das Neutrum ernst, so eröffnet sich ein neuer Sinnhorizont. Der christologische Hinweis von Jesus auf sich selbst verschwindet dann. Er verweist auf etwas anderes als sich selbst, auf etwas, das mehr ist als er. Was ist das? G. Theißen interpretiert es an einer Stelle als „eine Weisheit, die größer ist als die des Königs Salomo“.44 Unsere These lautet jedoch, dass Jesus damit das Reich Gottes gemeint hat, das schon im Himmel als Festmahl begonnen hat und sich auch auf Erden mit dem Wirken Jesu immer weiter verbreitet. Im Bildernetzwerk vom Reich Gottes hängt das Jesuswort in Lk 11,31f/Mt 12,41f mit Mt 8,11f/Lk 13,28f eng zusammen. Ich sage euch: Viele werden von Osten und Westen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob im Himmelreich (Reich Gottes) zu Tisch sitzen: 12die aber, für die das Reich bestimmt war (wörtlich: die Söhne des Reiches), werden hinausgeworfen in die äußere Finsternis; dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen. (Mt 8,11f)

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28 Da werdet ihr heulen und mit den Zähnen knirschen, wenn ihr seht, dass Abraham, Isaak und Jakob und alle Propheten im Reich Gottes sind, ihr selbst aber ausgeschlossen seid. 29 Und man wird von Osten und Westen und von Norden und Süden kommen und im Reich Gottes zu Tisch sitzen. (Lk 13,28f)

In diesem Jesuswort stehen die „Vielen, die von Osten und Westen kommen (werden)“ (nach Matthäus) für die Heiden. Diejenigen, die aus dem Reich Gottes hinausgeworfen werden, sind dagegen die Juden, die die Heiden ausschließen wollen. Für uns ist es wichtig, einerseits die Gegenwärtigkeit des Gottesreiches, das schon im Himmel als Festmahl begonnen hat, und andererseits die nahe Zukunft, in der auch viele Heiden daran teilnehmen werden, voneinander zu unterscheiden. 43  So z.B. die Einheitsübersetzung, 62007. 44  Theissen, Jesusbewegung, 251.

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Über die Gegenwärtigkeit des Gottesreiches wurde schon einmal von C.H. Dodd gesagt: „But it is not said that the Kingdom in which the patriarchs feast is yet to come […] It may be that the patriarchs are thought of as living ‚������������������������������������������������������������������� �������������������������������������������������������������������� in the Kingdom of God,‘ in the world beyond this, where God’s Kingdom does ‚not come‘ but is eternally present.“45 In den Aussagen über die Heiden ist dagegen das Futur dominant: „Viele werden von Osten und Westen kommen“, „(werden) … zu Tisch sitzen“, „werden hinausgeworfen werden“ und „werden heulen und … mit den Zähnen knirschen“. Gerade an diesen futurischen Aussagen zeigt sich die Zusammengehörigkeit mit Lk 11,31f/Mt 12,41f. Hier ist von der „Königin des Südens“ und den „Männern von Ninive“ die Rede, die „zusammen mit den Männern dieser Generation“ bald auferweckt werden (oder aufstehen werden). Sie sind aber alle Tote der fernen Vergangenheit. So wird an diesem wiederholten Futur klar, dass es nach Jesus für die Toten der Vergangenheit eine zukünftige Auferstehung gibt.

4. Schlussbemerkungen Aus allem, was bisher gesagt worden ist, können wir schließen: Jesus hatte die eschatologische Vorstellung, dass auch die Toten der Vergangenheit im Reich Gottes ihre eigene Zukunft haben. Es gibt einerseits solche, die wie Abraham, Isaak und Jakob bereits aus dem Tode auferweckt worden sind und gegenwärtig beim himmlischen Festmahl des Reiches am Tisch sitzen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch solche, die wie Salomo, Jona und die Königin des Südens erst in der nahen Zukunft auferstehen und daran teilnehmen werden. Auch für die der Vergangenheit angehörenden Toten gibt es eine eigene Zukunft und Hoffnung. Es ist das Reich Gottes, das bereits im Himmel angefangen hat und jetzt auch auf der Erde im Begriff ist, sich mit dem Wirken Jesu zu realisieren. Gehen wir von dieser Interpretation aus, so lassen sich sowohl der Sinn als auch der Grund der Aussage Jesu in Mt 8,22/Lk 9,60, „Lass die Toten ihre Toten begraben“ (ἄφες τούς νεκροὺς τοῖς θάψαι τούς ἑαυτῶν νεκρούς) klar verstehen. So wird für mich bestätigt, was ich bereits im Jahr 2006 ausgeführt habe: Damit transzendiert Jesus nämlich den ihm vorliegenden Einzelfall, das Begraben des soeben verstorbenen Vaters eines bestimmten Mannes. Er bringt vielmehr etwas Allgemeineres zur Geltung: Das, was die Toten angeht, ist den Toten zu überlassen. Denn 45  Dodd, Parables, 44.

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auf sie wartet ihre eigene Zukunft. Du brauchst dich nicht darum zu kümmern. Du sollst vielmehr sofort hinausgehen und das Reich Gottes verkünden! „Die Toten“ meint Jesus also nicht symbolisch-bildhaft, sondern durchaus real. Es handelt sich um die wirklich Toten. Warum konnte aber Jesus so etwas meinen und sagen? Der Grund dafür liegt klar auf der Hand: Denn er sah, wie die Wurzelmetapher 146 zeigt, die toten Patriarchen schon auferstanden und am himmlischen Festmahl des „Reiches Gottes“ teilnehmen. Er war auch fest davon überzeugt, dass auch andere Tote bald zur Auferstehung kommen.47

Ich paraphrasiere hier etwas vage: „das, was die Toten angeht, ist den Toten zu überlassen“, ohne von „begraben“ zu sprechen. Das hat einen guten Grund. Denn wenn die im Befehl Jesu zweimal vorkommenden „Toten“ beide Male leibliche Tote meinen, ist daraus logischerweise nur der Schluss zu ziehen, dass der Infinitiv θάψαι metaphorisch gebraucht ist. Es ist freilich unmöglich, dass leiblich Tote andere leiblich Tote begraben. Hat Jesus dennoch dies befohlen, so muss er damit gemeint haben, „das, was die Toten angeht, ist den Toten zu überlassen“. Unter den deutschen Übersetzungen halte ich die von T. Fritzsche, „Lass die Toten sich unter einander selbst begraben“ für die beste.48 Es gibt nach Jesus auch für die leiblich Toten Zukunft und Hoffnung. Gerade deswegen hat er den Mann, der zuerst seinen verstorbenen Vater begraben wollte, ermahnt, ihm um der Verkündigung des Reich Gottes willen nachzufolgen, wie es das Ethos des Wanderradikalismus (G. Theißen) fordert. Er hat dadurch zwar die Dringlichkeit der Verkündigung vom Reich Gottes und sein afamiliäres Ethos spontan zum Ausdruck gebracht. Ob und wieweit er aber dabei seine Handlung als eine prophetische Symbolhandlung verstanden hat, ist fraglich. Jesus hat weder allein dem augenblicklich vor sich gehenden Einzelfall eine symbolische Bedeutung beigemessen, noch hat er die Toten d.h. die hinterbliebenen Angehörigen des Verstorbenen, wenn auch metaphorisch, als geistlich Tote verstanden. Er dachte vielmehr an die Toten in der Vergangenheit und Gegenwart der Geschichte Israels und ihre eschatologische Auferstehung. Der Befehl in Mt 8,22/Lk 9,60 sollte für Jesus nicht die Pietät für die Toten aufheben und damit eine Gesetzesübertretung empfehlen. Er muss deshalb bei der Zurückweisung der Bitte des Mannes nicht an die Relativierung des mosaischen Gesetzes (v.a. des vierten Dekaloggebots) gedacht haben. Es musste sich deswegen für ihn selbst insofern kein Widerspruch ergeben, als er bei einer anderen Gelegenheit im Hinblick auf die 46  Damit ist das himmlische Festmahl in Mt 8,11f/Lk 13,28f und Lk 16,19–31 gemeint. 47  Onuki, Jesus, 110 (kursiv vom Autor). 48  Vgl. auch Wolter, Lukasevangelium, 373: „Jesus sagt nichts anderes als: ‚Die Toten sollen sich selbst begraben!‘ […] Die Pointe besteht also darin, dass angesichts der Gottesherrschaft der Unterschied zwischen physischem Leben und physischem Tod aufgehoben wird.“

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Frage des Korban in Mk 7,9–13 auf dasselbe Dekaloggebot verweist und die Pietät für die Eltern einfordert. Der Befehl Jesu setzt vielmehr eine Solidarität mit den Toten insofern voraus, als auch die Toten Zukunft haben.

Literatur Bultmann, R., Die Geschichte der synoptischen Tradition (FRLANT 29), Göttingen 71967. –, Jesus, Tübingen 1926. Davies, W.D./Allison, D.C., The Gospel According to Saint Matthew. Bd. 2, (ICC), Edinburgh 1991. Dibelius, M., Jesus, Berlin 41966. Dodd, C.H., The Parables of the Kingdom, London 1935 (erweiterte Auflage 1961). Ehrhardt, A.T., Lass die Toten ihre Toten begraben, StTh 6 (1952), 128–164. Fritzsche, T.C.F.A., Evangelium, Quatuor Novi Testamenti Evangelia. Bd. 1, Leipzig 1826. Hengel, M., Nachfolge und Charisma. Eine exegetisch-religionsgeschichtliche Studie zu Mt 8, 21f und Jesu Ruf in die Nachfolge (BZNW 34), Berlin 1968. Luz, U., Das Evangelium nach Matthäus. Bd. 2: Mt 8-17 (EKK I/2), Düsseldorf/ Neukirchen-Vluyn 42007. Meier, J.P., A Marginal Jew. Bd. 3, New York 2001. Onuki, T., Jesus. Geschichte und Gegenwart (BThSt 82), Neukirchen-Vluyn 2006. Sanders, E.P., Jesus and Judaism, Philadelphia 1985. Strack, H.L./Billerbeck, P., Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch. Bd. 1, München 51969 [= Bill I]. Theissen, G., Soziologie der Jesusbewegung. Ein Beitrag zur Entstehungs­ geschichte des Urchristentums (TEH 194), München 1977. –, Wanderradikalismus. Literatursoziologische Aspekte der Überlieferung von Worten Jesu im Urchristentum, in: Ders., Studien zur Soziologie des Urchristentums (WUNT 19), Tübingen 21983, 81–104. –, Jünger als Gewalttäter (Mt 1,12f; Lk 16,16). Der Stürmerspruch als Selbststigmatisierung einer Minorität, in: Ders., Jesus als historische Gestalt. Beiträge zur Jesusforschung, hg. von A. Merz (FRLANT 202), Göttingen 2003, 153–168. –, Jesus und die symbolpolitischen Konflikte seiner Zeit. Sozialgeschichtliche Aspekte der Jesusforschung, in: Ders., Jesus als historische Gestalt. Beiträge zur Jesusforschung, hg. von A. Merz (FRLANT 202), Göttingen 2003, 169– 193. –, Die Jesusbewegung. Sozialgeschichte einer Revolution der Werte, Gütersloh 2004.

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Theissen, G./Merz, A., Der historische Jesus. Ein Lehrbuch, Göttingen 1996. Wolter, M., Das Lukasevangelium (HNT 5), Tübingen 2008.

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Ethnizität im Markusevangelium

In der Jesusforschung spielt seit einigen Jahren die Frage nach der ethnischen Identität Jesu eine zunehmend wichtige Rolle.1 Durch die Verwendung des Ethnizitätsbegriffs kann ein fundamentales Merkmal der Identität des historischen Jesus sowohl im Hinblick auf die Wahrnehmung durch seine Zeitgenossen als auch bezogen auf sein Selbstverständnis in einer Dimension beschrieben werden, die einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn verspricht, der über die Aussagemöglichkeiten hinausgeht, die mit der traditionellen Frage nach dem Verhältnis Jesu zum antiken Judentum verbunden sind. Bereits in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entstanden in der judaistischen und neutestamentlichen Forschung unter Aufnahme des in den Sozialwissenschaften seit den 80er Jahren zunehmend wichtigen Identitätsbegriffs die ersten Arbeiten zu Prozessen der Identitätskonstruktion innerhalb des antiken Judentums und des frühen Christentums.2 Dabei wurden Fragestellungen, die zuvor im Zusammenhang der Beschreibung der Trennungsprozesse von Judentum und Christentum sowie bei Untersuchungen zur juden- und heidenchristlichen Zugehörigkeit von Traditionen und Texten bearbeitet worden waren, neu akzentuiert und mit neuen Modellen und Kategorien untersucht. Die Komplexität dieses neuen Zugriffs auf alte Themen wächst exponentiell in dem Maß, in dem die sozial- und religionswissenschaftlichen Diskussionen zu den wichtigsten Referenzbegriffen der Identitätsforschung, Kultur, Klasse, Gender, Race, Ethnizität und Religion aufgenommen werden.3 Die Bandbreite der Identitätsforschung im Bereich judaistischer und neutestamentlicher Untersuchungen spiegelt den unterschiedlichen Grad und die Schwerpunkte solcher Rezeption: Von der gegenwärtigen Diskussion

1  Als wegweisend gilt der Beitrag von Elliott, Jesus; vgl. dazu Stegemann, Jesus, 191–198. 2 ������������������������������������������������������������������������������  Zur Interdependenz von gegenwärtigen Anliegen und historischer Identitätsforschung vgl. Levine, Identities, 2f.12–40; Brett, Ethnicity, 3–22; von Jesusforschung und Identitätskonstruktion der jeweiligen Trägergruppen vgl. Moxnes, Jesus, 83–103; zu gegenwärtigen Identitätsdiskursen vgl. Wasson, Identity politics/Relational politics, 2214f; zur Rezeption in der Jesusforschung vgl. Stegemann, Jesus, 180–189. 3  Vgl. Bös, Religion.

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unberührte essentialistische Ansätze finden sich auch in neueren Beiträgen ebenso wie postmoderne Zugriffe.4 Die Markusforschung ist bislang von diesen neueren Fragestellungen nur wenig berührt worden, obwohl das Markusevangelium an einem wichtigen Kreuzungspunkt steht: In dieser ersten verschriftlichten Erzählung über die Anfänge der eigenen Gruppenbildung und über Jesus als Urheber und Gegenstand der Evangelienverkündigung (Mk 1,1.14) wird zugleich die Identität der eigenen Gruppe (mit)konstruiert. Der vorliegende Beitrag untersucht einen fundamentalen Aspekt der kollektiven Identität der Gruppe der Jesusanhänger, wie er sich im Markusevangelium ausdrückt und wie er durch dieses (mit)konstituiert wird: die Frage nach der Ethnizität. Die Ethnizität als grundlegende Dimension der kollektiven Identität einer Gruppe wird dabei ins Verhältnis gesetzt zur erzählten ethnischen Identität des Protagonisten Jesus und seiner Anhänger, den Ahnen der „Wir-Gruppe“.6 Im ersten Teil werden Anknüpfungspunkte in der Markusforschung skizziert und ein knapper Einblick in wichtige Zugänge und Begriffe der Ethnizitätsforschung gegeben. Ein zweiter Teil ist drei ungefähr zeitgenössischen Konstruktionen von „jüdischer“ ethnischer Identität gewidmet, die dazu beitragen, das Profil des markinischen Konstrukts herauszuarbeiten, das im dritten Teil rekonstruiert wird: Zunächst wird anhand von Mk 7,3 nach der Verhältnisbestimmung zu den Ἰουδαῖοι gefragt, anschließend wird überprüft, ob die Bestimmung als Galiläer als alternative Größe für die Identitätsfindung herangezogen wird. Schließlich werden anhand von Mk 7,26 die Folgen der Verschiebung der Gruppengrenzen innerhalb der Gruppe der Jesusanhänger für die ethnische Identitätskonstruktion untersucht. 5

4

 Boyarin, Jew, bes. 4–12.136–157.201–206; ders., Abgrenzungen, 1–44; StegeJesus, 182f. 5  In dem ausdrücklich dem Ethnizitätsbegriff gewidmeten Sammelband von Brett, Ethnicity, fehlt ein Beitrag über das Markusevangelium. 6  Der Ausdruck Wir-Gruppe wird für die Gruppe der Jesusgläubigen, so wie sie im Markusevangelium vorausgesetzt und mitkonstituiert wird, und weder für eine lokale oder regionale Teilgruppe (Gemeinde des Markus), noch für die intendierte Leserschaft verwendet. Der Begriff geht auf Sumner, Folkways, 12f, zurück und impliziert dort eine ethnozentrische, nämlich andere ethnische Gruppen abwertende Haltung (vgl. Bös, Ethnizität, 64); eine solche ist hier nicht postuliert (vgl. ebd.). mann,

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1. Ethnizität und Markusforschung 1.1 Das Markusevangelium in der Geschichte des frühen Christentums und die Galiläaforschung Das Markusevangelium wird mehrheitlich mit Verweis vor allem auf die Öffnung der Wirksamkeit Jesu für Heiden, auf die Haltung zu Tora und Halacha sowie auf die Unvertrautheit mit palästinischen Gegebenheiten in einen heidenchristlichen Entstehungskontext eingeordnet.7 Skepsis gegenüber dieser Annahme wird mit verschiedenartigen Argumenten zunehmend häufig vertreten.8 Jüdische oder christliche Identitäten werden dabei vorwiegend als religiös-kulturelle Haltungen und Verhaltensweisen konzipiert. Relevanz hat die Zuordnung für die Rekonstruktion der Geschichte der Jesusbewegung: Wenn das Markusevangelium in einen heidenchristlichen Entstehungskontext gehört, belegt es eine vom Judentum bereits distinkte frühchristliche religiös-kulturelle Identität, für die das Thema Israel nicht einmal mehr Gegenstand der Auseinandersetzung ist. In der erzählten Welt des Markusevangeliums ist Galiläa ein prominenter Spielort. In der Galiläaforschung wiederum spielt die Frage nach der ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung nach der assyrischen Eroberung und der Entstehung einer so genannten Mischbevölkerung sowie vor allem nach den Veränderungen, die durch die hasmonäische Eroberung in Gang gesetzt wurden, eine wichtige Rolle. Zur Debatte steht, wie sich Heidentum und Judentum, Orientierung an Jerusalem und Judäa einerseits und Eigenständigkeit der Bevölkerung in Galiläa in politischer, religiöskultureller und ethnischer Hinsicht andererseits zueinander verhalten.9 Die Quellenlage ist schmal und vor allem auf die Interpretation von archäo7  Vgl. für den deutschsprachigen Raum, Schnelle, Einleitung, 243; z.B. auch Ebner, Markusevangelium, 15f; für den anglophonen Raum vgl. z.B. Telford, Theology, 11.150f. Die Begriffe Heiden, heidenchristlich und judenchristlich sind in ekklesiozentrischen und essentialistischen Denkmustern verankert. Deswegen sind sie für eine Untersuchung von Ethnizitätskonzepten an sich ungeeignet. Sie werden hier um der Komplexitätsreduktion willen dennoch weiterverwendet, auch wenn dadurch gedankliche Unschärfen in Kauf genommen werden müssen. 8  Vgl. Marxsen, Evangelist; Hengel, Evangelien, 125f.141–158; die neueren Kommentare votieren eher für größere Nähe zu jüdischen Lebenswelten; vgl. Marcus, Mark 1–8, 18–20; Collins, Mark, 6.96–101. 9  Vgl. den Überblick über die Forschungspositionen bei Böttrich, Nazareth, 297f, Freyne, Jesus, 8–13 (zu Theißens Beitrag ebd., 12f); Chancey/Porter, Archaeology, 203–206. Als Konsens bestimmt Chancey/Porter, Archaeology, 216: „One can now speak of a new consensus that has emerged among scholars specializing in Galilee, one that affirms Freyne’s long-standing contention the first-century region was mostly Jewish.“ ������������������������� Zur Galiläa-Interpretation im Rahmen der Markusforschung vgl. den ausführlichen Exkurs bei Collins, Mark, 658– 667. Zu berücksichtigen wären weiter das Theologumenon vom „Galiläa der Heiden“ und sei-

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logischen und epigraphischen Zeugnissen angewiesen. Der Rückschluss wiederum von archäologischen und epigraphischen Zeugnissen10 auf die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung ist methodisch schwierig, zumal vorwiegend essentialistische Konzepte Anwendung finden und zudem zwischen Kultur, Ethnie und Klasse als Zuordnungsgruppen häufig nicht unterschieden wird.11 Die galiläische Herkunft Jesu12 bzw. die galiläische Identität der Jesusanhänger13 kann dabei als Erklärungsmodell für im Markusevangelium zu konstatierende Distanzierungen von Judäern und Jerusalemern herangezogen werden.

1.2 Konzepte und Begriffe der Ethnizitätsforschung14 Ethnizität15 bezeichnet eine spezifische Eigenschaft von Gruppen, durch die sie sich von anderen Gruppen in ihrer Selbstdefinition und in der Fremdwahrnehmung unterscheiden. Diese spezifische Eigenschaft ist die Annahme einer gemeinsamen Herkunft.16 Klassisch ist die Definition Max Webers: Wir wollen solche Menschengruppen, welche auf Grund von Aehnlichkeiten des äußeren Habitus oder der Sitten oder beider oder von Erinnerungen an Kolonisation und Wanderung einen subjektiven Glauben an eine Abstammungsgemeinsamkeit hegen, derart, daß dieser für die Propagierung von Vergemeinschaftungen wichtig wird […] „ethnische“ Gruppen nennen, ganz einerlei, ob eine Blutsgemeinsamkeit objektiv vorliegt oder nicht.17

ne Rezeptionsgeschichte, auf das Markus jedoch nicht ausdrücklich rekurriert. Vgl. Karrer, Licht, 33–53. 10  Vgl. Williams, Meaning. 11  Zur Methodik vgl. Chancey/Porter, Archaeology, 207–216. Zur Begrifflichkeit und ihrer Verwendung vgl. Zangenberg, Region. 12  Vgl. Horsley, Hearing, z.B. 48f.160f, Myers, Binding, 128f. In neueren Entwürfen werden damit antijudaistische Positionen zurückgewiesen. Die Differenzierung ist in der deutschen Forschungsgeschichte jedoch auch verwendet worden, um antijudaistische und sogar antisemitische Positionen zu begründen, vgl. insbesondere Grundmann, Jesus; im Zusammenhang der Rede von der Verwerfung Israels noch ders., Markus, 16; vgl. dazu Böttrich, Nazareth, 304–306. Vor diesem Hintergrund ist die Zurückweisung einer Unterscheidung der Ethnizität von Galiläern und Judäern durch Stegemann, Jesus, 198f, verständlich und notwendig, gleichwohl ist die Behauptung, die Bezeichnung Galiläer sei eine ausschließlich „inner-judäische Differenzierung“ (ebd., 198) in solcher Eindeutigkeit nicht haltbar. 13  Vgl. bes. Lohmeyer, Galiläa, 16f.28, und seine Rede vom populus christianus sowie Kee, Galilee, 3–22. 14  Die folgende Darstellung orientiert sich an den Arbeiten von M. Bös, der mich über seine Veröffentlichungen hinaus beraten und angeleitet hat. 15  Zur Begriffsgeschichte vgl. Bös, Ethnizität, 56f. 16  Vgl. ebd., 55. 17  Weber, Wirtschaft, 237.

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Der Begriff Ethnizität wird in verschiedenen Kontexten und Funktionen verwendet; für antike Gesellschaften sind die beiden folgenden Funktionen relevant: Ethnizität ermöglicht erstens die Zugehörigkeit von Individuen zu Gruppen und wird als besonders fundamentales Identitätsmerkmal wahrgenommen.18 Ethnizität bringt zweitens soziale Ungleichheit hervor und begründet sie. 1. Aus der Perspektive der Mitglieder von ethnischen Gruppen wird die individuelle Zugehörigkeit (mit einem Begriff von Clifford Geertz) als primordiale Bindung erfahren und mit bestimmten Personen, Gewohnheiten und Verhaltensweisen verbunden, Ethnizität also als natürlich gegebene, Eigenschaft bewertet und häufig affektiv hoch besetzt. Frederic Barth hat offengelegt, dass aus der Beobachterperspektive die gemeinsame ethnische Identität tatsächlich nicht über cultural „contents“ aufrechterhalten wird, sondern durch in einem Aushandlungsprozess definierte und dem Wandel unterliegende boundary markers, also über die Grenzen, deren symbolische Repräsentation und deren Aufrechterhaltung: The critical focus of investigation from this point of view becomes the ethnic boundary that defines the group, not the cultural stuff that it encloses.19

Damit gewinnen die Behauptung individueller Zugehörigkeit und die Akzeptanz dieser Behauptung durch die ethnische Gruppe eine zentrale Bedeutung. Die Aufrechterhaltung der Gruppengrenzen, mithin die Bestimmung der boundary markers ist abhängig von der Situation, in der diese vorgenommen werden und den jeweils anderen ethnischen Gruppen, zu denen die Grenzziehung erfolgt. 2. Anschließend an das von Sumner entwickelte Konzept des Ethnozentrismus, wonach mit ethnischen Gruppenbildungen auch eine Bevorzugung der Eigengruppe einhergeht, wird in der Ethnizitätsforschung auch versucht, den Prozess der Ethnogense und Diversifizierung näher zu beschreiben. Ethnizität als Diversitäts- und Ungleichheitsdiskurs folgt zum einen schon aus der Kategorialen Gruppenzuordnung Taifels, geht aber oft einher mit der Unterstellung der Konkurrenz um Ressourcen und der versuchten Monopolisierung von Lebenschancen.20

18  „A categorical ascription is an ethnic ascription when it classifies a person in terms of his basic, most general identity, presumptively determined by his origin and background“ (Barth, Introduction, 13). 19  Ebd., 15. 20  Bobo, Prejudice.

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2. Konstruktionen von Ethnizität in zeitgenössischen Quellen Anhand von kurzen Skizzen der Konstruktionen jüdischer Ethnizität soll ein Vermessungsraster aufgespannt werden,21 in dem sich das markinische Konstrukt beschreiben lässt: Mit dem „Judenexkurs“ bei Tacitus werden sowohl die Umrisse einer Zuschreibung ethnischer Identität aus römischer Perspektive als auch die Gattung des ethnographischen Exkurses vorgestellt. Einzelne Aspekte der Konstruktion ethnischer Identität bei Josephus zeigen den Umgang mit Einheit und Vielfalt sowie der Variabilität ethnischer Konstrukte und Zuschreibungen in ihrer Abhängigkeit von literarischen und politischen Intentionen auf. Die Konstruktionen bei Philo tragen zur Relativierung binnenperspektivischer indicia ethnischer Identität (gemeinsame Herkunft, Siedlungsgebiet, gemeinsame Geschichte) bei. Weiterhin werden durch eine Neugewichtung der Zugehörigkeits- bzw. Ausschlusskategorien die Instrumente der Grenzziehung modifiziert.

2.1 Der Judenexkurs bei Tacitus Antike ethnographische Texte, die überwiegend als Exkurse in anderen Textgattungen begegnen und keine eigene Gattung gebildet haben,22 sind in ihrem jeweiligen Kontext zu lesen und dienen der Charakterisierung der handelnden Gruppen. Sie wollen Erstaunen und Befremden hervorrufen und geben Auskunft über das Konstrukt des Anderen.23 Der typische Aufbau ethnographischer Texte reiht Ausführungen über origo, mores, situs und historia aneinander. Tacitus gilt als derjenige antike Autor, von dem die umfangreichsten ethnographischen Texte, darunter mit der Germania die einzige monographische Darstellung, erhalten sind; als Exkurse in historische Texte eingefügt sind der Judenexkurs in die Historien und der Britannierexkurs in den Agricola. Tacitus orientiert sich in seinen Darstellungen an den Topoi und 24

21 22

 Einen Überblick über Entwürfe jüdischer Identität bietet Levine, Identities.  Vgl. Bloch, Vorstellungen, 177f. Zur griechisch-römischen Ethnographie vgl. Müller, Geschichte; Lund, Germanenbild; Hall, Identity; ders., Hellenicity, 1–55. 23  Zur Funktion des Vergleichs in ethnographischen Exkursen vgl. Lund, Germanenbild, 22f. 24  Zur Begründung der Bedeutung des Siedlungsraums aus der Annahme, Landschaft und Klima prägten das Wesen der Menschen, vgl. Lund, Germanenbild, 36–42; vgl. Tacitus, hist. V 6,2 zur Beschreibung des „Menschenschlags“ in enger Anlehnung an Sallusts Beschreibung der Afrikaner; dazu weiter Bloch, Vorstellungen, 98.

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dem typischen Aufbau ethnographischer Beschreibungen.25 In der Forschung ist der Judenexkurs wegen seiner deutlich antijudaistischen Eigenart seltener behandelt worden als insbesondere die Darstellung der Germanen.26 Zugleich steht der Judenexkurs im Kontext antijüdischer Topoi in der antiken Literatur sowie älterer ethnographischer Darstellungen der Juden und ist darüber hinaus mit identitätsstiftenden Texten römischer Literatur (vor allem Vergils Aeneis) eng verwoben.27 Tacitus beginnt gattungsgemäß mit dem Thema des Ursprungs des jüdischen Volkes und diskutiert sechs origo-Varianten (hist. V 2f), wobei die letzte, wonach die Juden im Zusammenhang einer Seuche aus Ägypten verstoßen worden seien, als besonders prominent hervorgehoben wird. Der zweite Teil ist den mores gewidmet (hist. V 4f), die im völligen Gegensatz zu „ceteri mortales“ (hist. V 4,1) konzipiert seien. Genannt werden die spezifische Opferpraxis, Speisegebote und Fasten, Sabbat und Sabbatjahr, Tempelsteuer, Verweigerung der Mahlgemeinschaft, Ehegesetze, Beschneidung, Bestattungssitten und Bildlosigkeit des Kultes. Dabei tritt ein eigenartiger Widerspruch zu einer Notiz aus dem ersten Abschnitt auf, die Juden verehrten einen eselgestaltigen Gott (hist. V 4,2). Bei der Beschreibung der mores hebt Tacitus besonders den hohen Kohäsionsgrad innerhalb des jüdischen Ethnos und die deutliche Abgrenzung nach außen hervor.28 Die Beschneidung wird ausdrücklich als intentionales Unterscheidungsmerkmal genannt (ut diversitate noscantur; hist. V 5,2). Der dritte Teil ist der Darstellung des Siedlungsgebiets gewidmet (hist. V 6–8,1): Die Schilderung be­ ginnt mit wenigen Worten im Norden und zielt auf die Beschreibung der Region am Toten Meer und Jerusalems. Sie ist im Vergleich zu anderen ethnographischen Texten, besonders der Germania, ungewöhnlich umfangreich. Der letzte Teil stellt die historia der Juden dar, beginnend mit der Eroberung durch die Assyrer. Bis zur Eroberung durch Pompeius bleibt die Darstellung sehr knapp (hist. V 8,2f). Ihren Zielpunkt findet sie in der ausführlichen Schilderung der Belagerung Jerusalems (hist. V 11–13).29 Tacitus partizipiert auch mit seinem Judenexkurs am kompilatorischen Charakter römischer Ethnographie und nimmt deswegen auch Ungereimt25  Zu Tacitus als Ethnograph vgl. Müller, Geschichte, 80–106; zum Judenexkurs 100–103. 26  Vgl. Bloch, Vorstellungen, 18–21; die Einführung in die antike Ethnographie durch Lund erfolgt anhand der Germania. 27 �����������������������������������������������������������������������������  Die Darstellungen bei Hekataios, Poseidonios und Pompeius Trogus sind untersucht von Bloch, Vorstellungen, 27–64. Zur Rezeption im Antisemitismus und bes. in der Zeit des Nationalsozialismus vgl. Cancik, Religionsgeschichtsschreibung, 63–68. Zu den Vergilismen vgl. Bloch, Vorstellungen, 80f.96. 28  Vgl. Bloch, Vorstellungen, 91–94. 29  Zur Disposition und Argumentation des Judenexkurses vgl. ebd., 82–119. ebd.,

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heiten und Spannungen hin.30 Daraus wird erkennbar, dass die Darstellung nicht vom Interesse am jüdischen Volk und einer Beschreibung seiner Eigenarten bestimmt ist, sondern mehr noch als in der griechischen Ethnographie vor allem literarischen und politischen Interessen dient.31 Tacitus schreibt Identität als Alterität zu und nutzt – gewissermaßen zur detaillierten Ausführung – ethnographische Topoi. Diese ordnet er übergreifenden Themen zu und nimmt dabei Spannungen und Widersprüche im Detail in Kauf. Ausdrücklich dient der Judenexkurs zur Einleitung der (verloren gegangenen) Darstellung des Sieges über die Juden (hist. V 2,1) und zur Entlastung dieser Schilderung.32 Bloch macht in seiner Analyse plausibel, dass der Exkurs der wertenden und erläuternden Kommentierung der Zerstörung Jerusalems und des Tempels zugeordnet sei: „Der Judenexkurs des Tacitus ist die Choreinlage zur Tragödie vom Fall Jerusalems“.33 Dieser Funktion sind einzelne Motive zugeordnet. Tacitus schildert die Juden mithilfe des Topos vom mundus inversus34 und inszeniert damit die Funktion der Identitätsfindung durch die Beschreibung von programmatischer Alterität. Sowohl die Beschreibung der Sitten als auch der Leere des Tempels und der Ödnis der Landschaft dienen diesem Topos. Dabei wird jede Vergleichbarkeit mit römischen Sitten vehement zurückgewiesen (hist. V 5,5).35 Die Juden fungieren als Repräsentanten des radikal Anderen, ohne dass dafür religiöse Interpretationsmuster (z.B. Dämonisierung) verwendet werden. Urheber dieser radikalen Alterität seien durch ihre Misanthropie und die Hervorhebung ihrer Unterschiedenheit die Juden selbst. Direkte Vergleiche zieht Tacitus hingegen zwischen Juden und Ägyptern. Nur über diese werden die Juden auf die Völkerwelt beziehbar. Die Darstellung der Juden spiegelt damit möglicherweise das verborgene Grauen der Sieger über den Jüdischen Krieg. Da uns römische Darstellungen dieses Krieges fehlen, sind wir über dessen Wahrnehmung aus römischer Perspektive auf wenige Indizien angewiesen. Dafür, dass dieser Krieg als bedrohlich auch für die Wohlfahrt Roms angesehen wurde, könnten die Re30  Vgl. ebd., 179–181f. 31  Ebd., 184f. 32  Vgl. ebd., 166. Die Annahme, aktuelle politische Anliegen oder ein tief verwurzelter Antijudaismus hätten den Exkurs veranlasst, wird in der neueren Forschung zurückgewiesen. Vgl. ebd., 167f. Zur literarischen Funktion von ethnographischen Exkursen überhaupt vgl. Lund, Germanenbild, 19. 33  Bloch, Vorstellungen, 169f. 34  Vgl. zum Topos vom mundus inversus und seiner Verbindung mit mirabilia: Lund, Germanenbild, 26f. Er wird von Herodot z.B. zur Beschreibung der ägyptischen Schrift, von Tacitus auch bei der Darstellung der „Gynäkratie“ der Sithonen eingesetzt. 35  Üblich sind Vergleiche sowie die interpretatio Graeca bzw. Romana insbesondere der mores. Vgl. Lund, Germanenbild, 23. In der Germania vergleicht Tacitus römische und germanische Sitten zuweilen direkt. Auch hier dient die Darstellung des Anderen zur Beschreibung des Eigenen.

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aktionen und Hinweise auf die Interpretation des Brandes des Kapitols im Jahr 69 angeführt werden. Auch affektive Distanz zu solcherlei möglicherweise sehr dunklen Motiven im Hintergrund der Darstellung schafft Tacitus durch Anspielungen an satirische Darstellungen der Juden bei Juvenal.36 Der Bericht über gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Galiläern, Samariern und Judäern in ann. XII 54 zeigt detaillierte Kenntnisse über die Binnenstruktur der Iudaei und beschreibt ihre Verhaltensweisen nicht ohne Arroganz, aber durchaus realistisch und frei von den Topoi des Judenexkurses.37

2.2 Josephus Als besonders ertragreich für die Untersuchung der Konstruktion jüdischer Identität gilt Contra Apionem. Daneben sind aber durchaus gleichgewichtig Aussagen aus den übrigen Schriften des Josephus zu berücksichtigen.38 Die Adressierung seiner Schriften an ein vorwiegend römisches Lesepublikum macht den Versuch plausibel, jüdische und römische Ethnie als vergleichbar und sogar als ähnlich darzustellen. Barclay39 hat die von Josephus konstruierten Ἰουδαῖοι als Judaei togati40 charakterisiert; Alterität konstruiere Josephus hingegen mittels der Darstellung der Griechen, die sich von den Römern in eben denselben Eigenarten wie die Ἰουδαῖοι unterschieden.41 Berthelot hat anhand derselben Schrift gezeigt, wie Josephus negative römische Stereotypen über die Ägypter aufnimmt, um Differenz zu markieren.42 36  Vgl. Bloch, Vorstellungen, 135.175. 37  Zur Interpretation und Differenz zu Josephus, Bell II 232–246 vgl. Mason, Josephus, 184.200. Zur Interpretation der Stelle vgl. Theissen, Lokalkolorit, 169. 38  Zur Relevanz der Textgattungen vgl. Gerber, Bild, 57–62.78–83. Dass die Darstellung in den Antiquitates einer prinzipiell anderen Intention diene, als den Fremdzuschreibungen die eigene Erinnerung entgegenzustellen, erscheint angesichts der Konstruktionselemente von Ethnizität nicht zwingend: Auch ohne dass es die erklärte Absicht ist, entstehen bei der Darstellung der Geschichte des Volkes Aussagen über dessen ethnische Identität; die Aussagen in den Antiquitates und dem Bellum sind deswegen von den Ausführungen in Contra Apionem oder der Vita nicht abzutrennen. Unberührt davon kann Contra Apionem als „the richest source for Judean ethnicity we have from the first century C.E.“ (Esler, Identity, 74) gelten. Zur �������� Verteilung der Belege Ἰουδαῖοs κτλ. s. Harvey, Israel, 47f. Zur Verwendung der Begriffe γένος und ἔθνος und zur Bedeutung bes. von γένος vgl. Esler, Identity, 78f, beachte bes. Josephus, Ant XI 211. 39  Barclay, Judaism, 231f. 40  Ebd., 232. 41  Ebd., 238–240. 42  Vgl. Berthelot, Use, 216.

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Im Hinblick auf die Wahrnehmung von ethnischer Homo- und Heterogenität der Bevölkerung im palästinischen Siedlungsgebiet ist der uneinheitliche und unsystematische Gebrauch der nomina gentilia besonders auffällig: Mit Ἰουδαῖοι bezeichnet Josephus zumeist die in Judäa lebende Ethnie. Er kann unter diese Bezeichnung aber auch Idumäer, Ituräer und Galiläer fassen, die er in anderen Zusammenhängen als eigenständige Ethnien konzipiert: Z.B. stellt Josephus die Idumäer als ethnisch differente, wenn auch nah verwandte Gruppe dar (Bell IV 271–282). Herodes, der aus einer idumäischen Familie stammte (Ant XIV 8; Bell I 123), interpretiert er jedoch als Ἰουδαῖος (Ant XV 311.385; XX 173; Bell II 266).43 Auch die Galiläer können als eigenes Ethnos gelten (Bell II 510; IV 105; vgl. Ant XIII 154). Das gilt sowohl, wenn im unmittelbaren Kontext Alterität über „Heiden“ (Bell II 510; IV 105; Ant XIII 154), als auch, wenn diese über die Bewohner Judäas (Bell II 570; vgl. das Bild der Galiläer in Vita)44 konstruiert wird. Zugleich können Γαλιλαῖοι aber auch als Ἰουδαῖοι bezeichnet werden (Ant XIV 91; Bell I 170; Vita 346–349; auch in der Wiedergabe der römischen Perspektive vgl. Bell VI 339). Eine entsprechende Ambiguität lässt sich im Hinblick auf die Beschreibung der Bevölkerungen Galiläas und Judäas beobachten: Zuweilen, jedoch nicht durchgängig differenziert Josephus die Bevölkerung der galiläischen Städte noch einmal von den Γαλιλαῖοι (Vita 243 u.ö.). Das Nebeneinander (und Durcheinander) wird in Ant XVII 254 eindrücklich sichtbar.45 Genannt werden nebeneinander mittels der nomina gentilia Galiläer und Idumäer. Anschließend nennt Josephus die Jerichoiten ebenfalls mit einem nomen gentile und damit die Einwohner einer zu Judäa zählenden Stadt. Weiterhin zählt er die Einwohner der transjordanischen Gebiete mittels der Nennung der Herkunftsregion auf, ohne diese weiter zu differenzieren. Schließlich werden zuletzt die Ἰουδαῖοι, ergänzt, womit hier exklusiv in Judäa lebende Personen bezeichnet werden. Die implizite Abgrenzung, durch die die Zusammengeströmten zu einer Gruppe werden und wodurch die uneinheitliche Klassifizierung überhaupt erst verständlich wird, sind die Römer, personifiziert in Sabinus. Solcherlei doppelte oder mehrfach wahrgenommene Zugehörigkeit macht Josephus explizit und gewissermaßen theoriefähig, wenn er die sozialen Identitäten und die doppelte Loyalität von Diasporajuden und 43  Vgl. Cohen, Beginnings, 16. Zu Ant XIV 403 vgl. Guttenberger, Herodeshaus. 44  Zur möglichen Gleichsetzung von „Galiläer“ und „Zelot“ in der Vita vgl. Freyne, Names, 130, und Böttrich, Nazareth, 313. 45  Zu analysieren wäre weiter, welche Rolle dem unmittelbaren Kontext zukommt: Josephus notiert, dass während der Unruhen die Mutter des Archelaos (und Antipas), Malthake, die zum Σαμαρέων ἔθνος (Ant XVII 20) gehörte, verstarb. Die ethnische Identität der Söhne wird wegen der patrilinearen Ordnung durch die Bemerkung nicht berührt; gleichwohl wird das Verhältnis zu den Samariern durch die Notiz aktualisiert.

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Proselyten thematisiert.46 Josephus kennt das Lexem Ἰουδαῖος auch in seiner Verwendung für die Übernahme eines Habitus, einer Religion oder Kultur (Ant XVIII 257; XX 17–96).47 Die Zugehörigkeit zu den Ἰουδαῖοι schließt damit andere (ethnische, soziale) Gruppenidentitäten nicht aus. Korrespondierend hebt Josephus hervor, dass Ἰουδαῖοι zugleich Antiochener, Epheser und vor allem Römer sein können, sofern ihnen das Bürgerrecht der entsprechenden Gemeinwesen verliehen worden ist (Ap II 33–78; bes. 38– 40). Insofern besonders in einigen griechischen Städten Ἰουδαῖοι bereits zu den Gründern zählten, wird deren Zugehörigkeit keineswegs nur als eine sekundär erworbene ausschließlich politisch konzipiert, sondern impliziert die gemeinsame Geschichte und damit ein indicium ethnischer Identitätskonstruktion.48 Am Beispiel der Konstruktion der Samarier/Samaritaner49 lässt sich zeigen, dass solche doppelte Loyalität auch ausdrücklich ausgeschlossen werden kann:50 Josephus beschäftigt sich in zwei kurzen ethnographischen Exkursen mit den Samariern/Samaritanern. Bei der origo-Darstellung in Ant IX 288–291 bezeichnet er sie als Chutäer und ordnet sie fünf verschiedenen Ethnien zu (Ant IX 288); anschließend schildert er mit Sympathie deren Übernahme der jüdischen Religion bzw. Kultur (Ant IX 290).51 Abschließend identifiziert er die Chutäer mit den Σαμαρεῖται und gibt deren ethnische 46  Zur doppelten Loyalität vgl. den Begriff der Hybridität (oder Zwittrigkeit) vgl. Boyarin, Abgrenzungen, 18–29, und weiter Stegemann, Jesus, 185. 47  Vgl. Cohen, Beginnings, 110–115; Schwartz, Judean, passim. 48  Vgl. Hall, Hellenicity, 222: „The Jews of Egypt represent an interesting case. In some respects they were barely distinguishable from Hellenes, especially in regard to language, and some Jews appear as ‚Hellenes‘ in third-century fiscal registers from the Arsinoite village of Trikomia.“ ������������������������������������������������������������������������ Innerhalb des Ethnizitätsdiskurses erschließt sich das beschriebene Phänomen als symbolische Ethnizität vgl. Bös, Ethnizität, 61f. 49  Zur Forschungsgeschichte vgl. Pummer, Samaritans, 48–55. Die von Kippenberg, Garizim, 34, erstmals vorgeschlagene Unterscheidung in Samarier für die Bewohner der Region unabhängig von ihrer Ethnizität und Samaritaner für die Angehörigen der Religionsgemeinschaft versucht die Ambiguität quellsprachlicher Bezeichnung (Josephus verwendet Σαμαρεῖται und Σαμαρεῖς promiscue) und der sich darin spiegelnden ethnischen Konstrukte zu vereindeutigen. Dabei werden ein essentialistischer Ethnos-Begriff sowie ein moderner Religionsbegriff verwendet. Zur Diskussion der Terminologie vgl. Pummer, Samaritans, 4–7. Zum Forschungsstand die ansässige Bevölkerung sowie deren ethnische, kulturelle und religiöse Prägung betreffend vgl. Hjelm, Garizim, 31–35. 50  Die Selbstbezeichnung der Mitglieder der gemeinten Gruppe, hier auf Delos (zur samaritanischen Diaspora vgl. Zangenberg, Samareia, 323f; Egger, Samaritaner, 59–71.230– 236), erfolgt bezogen auf den Kultort: „Israeliten auf Delos, die Opfer darbringen zum heiligen Agarizin“ (Bruneau, Israelites). 51  Zur Wiedergabe und Interpretation von 2Kön 17,24–41 vgl. Egger, Samaritaner, 176–179; Zangenberg, Samareia, 52–54; Pummer, Samaritans, 67–73. Zur Frage, ob sich Ant IX 288–291 auf die „Religionsgemeinschaft“ oder die Bevölkerung Samariens bezieht, und zum Verhältnis zu Ant XI 306–312.340 vgl. Egger, Josephus, 213; Pummer, Samaritans, 74–76.

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Selbstdefinition kritisch wieder: Verwandtschaft mit den Ἰουδαῖοι werde abhängig von politischen Zielen behauptet oder negiert. Der zweite Exkurs schließt sich in Ant XI 341–344 an die Schilderung der Gründung des Heiligtums auf dem Garizim durch Jerusalemer Priester an, die sich anlässlich eines Dissenses über die Grenzziehung der Ethnie (Ehegesetze), zur Gründung eines alternativen Heiligtums entschlossen hatten.52 Josephus berichtet von dem vergeblichen Versuch der Σαμαρεῖται, von Alexander diejenigen Privilegien zu erhalten, die dieser den Ἰουδαῖοι zugestanden hatte. Damit aktualisiert er die in Ant IX aufgestellte Behauptung von der opportunistischen ethnischen Selbstdefinition der Σαμαρεῖται. Zugleich charakterisiert er die Bewohner der samarischen Metropolis pejorativ als ἀποστάται τοῦ Ἰουδαίων ἔθνους. Nach Josephus können die Σαμαρεῖται – im Widerstreit zu seiner ethnographischen origo-Darstellung – behaupten, Nachfahren der Joseph-Stämme zu sein. Die Verwandtschaft mit den Ἰουδαῖοι wird dabei nach Ant IX 291 als οἰκειότης, die Negation von Verwandtschaft durch μέτοικος ἀλλοεθνής bezeichnet, wodurch nicht nur der Status im Hinblick auf das bewohnte Gemeinwesen vermindert, sondern auch ausdrücklich ein abweichender ethnischer Charakter vorgestellt wird. In Ant XI 341 wird die Distanzierung durch die Negation von συγγενής ausgedrückt, die Nähe durch die Behauptung, Ἰουδαῖοι zu sein. Indem Josephus explizit die variable und situationsorientierte ethnische Selbstdefinition der Σαμαρεῖται beschreibt, deckt er ethnische Identitätsbehauptungen als Konstrukt in seiner Abhängigkeit von der jeweiligen politischen Situation auf. Gleichzeitig hält Josephus daran fest, die ethnische Identität der Σαμαρεῖται objektiv definieren zu können. Die variable Grenzziehung samarischer ethnischer Identität kann er deswegen nur als Opportunismus interpretieren. Der kritisierten variablen Grenzziehung durch die Σαμαρεῖται korrespondiert eine ebenso flexible Grenzziehung durch Josephus selbst: Die Möglichkeiten, Herkunft valent werden zu lassen oder die Σαμαρεῖται mittels der geteilten Kultur/Religion (wie die Idumäer oder Galiläer) zu inkludieren, nutzt er nicht, obwohl er sie in seinen Berichten als Potential ausdrücklich anlegt: Die Chutäer werden als Proselyten dargestellt; als solche könnten sie wie die Idumäer oder Izates (Ant XX 17f) inkludiert und als den Ἰουδαῖοι zugehörig bestimmt werden. Diese in Ant IX 291 angelegte Möglichkeit wird nicht aktualisiert. In Ant XI 241 könnte Josephus den Anspruch der Zugehörigkeit zu den Ἰουδαῖοι im Hinblick auf die Jerusalemer Herkunft der Priester und Bewohner aufnehmen. Josephus aktualisiert – 52  Der Dissens betrifft die Legitimität der Ehe eines Mitglieds der hohepriesterlichen Familie mit der Tochter des samarischen Satrapen Samballat, die von Josephus als ἀλλόφυλος (Ant XI 302) beschrieben wird. Zur Interpretation des Abschnitts vgl. Zangenberg, Samareia, 60f; Pummer, Samaritans, 109–118.

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ganz vom Ziel der Exklusion her gedacht – jeweils das die Σαμαρεῖται als „anders“ und unzugehörig bestimmende Konstrukt jüdischer Identität. Die Unstimmigkeit seines Urteils wird vollends erkennbar, wenn die Darstellung des Verhältnisses zu den Spartanern verglichen wird: Die Behauptung ethnischer Zusammengehörigkeit von Ἰουδαῖοι und Spartanern, die ebenfalls nicht kontinuierlich aktualisiert wird, wird positiv gewertet. Die Spartaner werden als ἀδελφοί angesprochen (Ant XIII 166), und das Verhältnis wird als verwandtschaftlich bestimmt (συγγένεια, Ant XIII 167). Eigens wird die nur sporadische Aktualisierung des Verwandtschaftsverhältnisses begründet und legitimiert (Ant XIII 168f).53

2.3 Philo Positionen und Motive, die für die Darstellung der ethnischen Konstrukte bei Philo relevant sind, werden in der Philoforschung im Zusammenhang der Fragen nach Partikularismus und Universalismus und nach der jüdischen Identität Philos selbst verhandelt.54 Niehoff hat eine Untersuchung vorgelegt, in der mit sozialwissenschaftlichen Kategorien (darunter auch Barths Bestimmung von ethnischer Identität) nach dem Konstrukt von Judentum bei Philo gefragt wird. Sie arbeitet heraus, dass Philo Alterität nicht anhand des Konstrukts der Griechen und Römer, sondern mittels des theriomorphen Kultes der Ägypter konstruiert, die Ägypter mithin die identitätsstiftenden „Anderen“ werden.55 Dieses Alteritätskonstrukt entlastet nicht nur die politischen und kulturellen Beziehungen zu Griechen und Römern, sondern bereitet durch die Fokussierung auf ein „religiöses“ Kriterium auch eine Relativierung traditioneller indicia ethnischer Identitätskonstruktion vor. Dabei differenziert Philo zwischen den Ἰουδαῖοι, die den einen Gott verehren

53  Im Rahmen des Ethnizitätsdiskurses erschließt sich dieser Aspekt mittels der Rational Choice-Theorie, vgl. Bös, Ethnizität, 63f. Zur Verhältnisbestimmung von Galiläern, Samariern/Samaritanern und Judäern sowie der besonderen Feindseligkeit von Galiläern und Samariern/Samaritanern ist weiterhin Bell II 232–247; Ant XX 118–136 (vgl. Tacitus, ann. XII 54,37) zu berücksichtigen. Zur Interpretation und zur Abgrenzung von Horsleys Interpretation vgl. Freyne, Names, 114f.121.130. 54  Vgl. dazu Birnbaum, Place, 3–14; Leonhardt-Balzer, Worship, 30f. Eine „universalistische“ Lektüre z.B. bei Barclay, Diaspora, 170f. Zur Verteilung der nomina gentilia vgl. Harvey, Israel, 43–46, auf verschiedene literarische Gattungen vgl. Birnbaum, Place, 12f.221f. 55  Niehoff, Philo, 45–74, bes. 45–49. Zu beachten ist, dass in einem anderen kommunikativen Zusammenhang (SpecLeg I 2 – zur Verbreitung der Beschneidung) auch ein Zusammenschluss mit den Ägyptern zu einer Gruppe möglich ist; vgl. ebd., 206. Vgl. Berthelot, Use, 213f.

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und den Gesetzen gehorchen,56 mithin dem ἔθνος und seinen mores, und Israel, τὸ ὁρατικὸν γένος (Abr 56f; Migr 18; Fug 140; Som II 276),57 einer Menschengruppe, die Gott sieht.58 Die durch Israel und durch Ἰουδαῖοι bezeichneten Gruppen sind nicht deckungsgleich, aber in besonderer Weise aufeinander bezogen.59 Die Hervorhebung eines „religiösen“ Kriteriums für die Zugehörigkeit zur ethnischen Gruppe ermöglicht eine Relativierung ihrer Grenzen und erleichtert deren Überschreitung durch individuelle Wahl: Hagar kann als Beispiel für die potentielle Nähe selbst einer gebürtigen Ägypterin (dem γένος nach) durch ihre Wahl (προαίρεσις) zu den Hebräern60 genannt werden (Abr 251),61 diejenigen, die das Goldene Kalb verehrten, als Beispiel für die „Ägyptisierung“ von (gebürtigen) Angehörigen des τῶν Ἰουδαίων ἔθνος (VitMos II 161.169).62 Philo inszeniert die Identitätszuschreibung durch andere anlässlich der Interpretation von Num 22–24 (VitMos I 278); obwohl Bileam als profes­ sioneller Mantiker aus Mesopotamien eine Außenperspektive vertritt und kritisch dargestellt wird, ist er in seiner Prophetie (unfreiwillig) inspiriert (VitMos I 277), formuliert also die wahre Identität der Hebräer. Die Alteritätskonstruktion eines mesopotamischen Mantikers formuliert damit zutreffend das Identitätskonstrukt der Gruppe: Die Aussonderung der Hebräer, ihre Abgrenzung von anderen Ethnien (VitMos I 278), erfolge nicht durch die Zuweisung eines eigenen Landes (τόπος, χώρα), sondern durch die 56  Vgl. Birnbaum, Place, 162f.223f; Birnbaum nennt fünf Merkmale, die die Identität des Ethnos bestimmen: Verehrung des einen Gottes und Toragehorsam, priesterliche Aufgaben in der Völkergemeinschaft, Verständnis als Eigentumsvolk Gottes, als geliebtes und als der besonderen Fürsorge Gottes anvertrautes Volk (vgl. ebd., 163–192); Ἰουδαῖοι beschreibt also nicht einfach die empirische Größe, sondern gibt ein vor allem religiös konnotiertes Identitätskonstrukt wider. 57  Zur Differenz von ἔθνος und γένος in antiken Texten sowie in der Ethnizitätsforschung vgl. Hall, Hellenicity, 9–14.18; vgl. bes. Isocrates, panegyr. 50, ebd., 209; zur Verwendung bei Philo vgl. Birnbaum, Place, 223: „when he uses γένος to describe the Jews, he is evidently speaking about a race of people, who share common descent and who also constitute a political entity […] ἔθνος (nation) and λαός (people) – clearly designate them as a nation whether its members belong through birth or choice. Finally πολιτεία, or polity – a word Philo uses in connection with the Jews but not with ‚Israel‘ – denotes, among other things, a constitution of laws or a group of people living under such a constitution.“ 58  Vgl. Birnbaum, Place, 67–70.94.105–114. Zur Bestimmung der Gruppenmitglieder vgl. ebd., 115–117. Philo verbindet mit dem Ausdruck die umfangreichste mögliche Gotteserkenntnis und damit den Gipfel menschlicher Entwicklungsmöglichkeiten. 59  Zu den Differenzen, Birnbaum, Place, 211–215. Als Beleg für die Affinität des Ethnos und Israels wird bes. auf VitMos II 196 verwiesen. Vgl. ebd., 103f.105f. 60  Hebräer bezeichnet das historische Ethnos und gewinnt nur selten, auch an der genannten Stelle, eine symbolische Bedeutung. Vgl. Birnbaum, Place, 46. Niehoff, Philo, 31f, hat darauf hingewiesen, dass Frauen besonders häufig für solche „gewählte Zugehörigkeit“ stehen. 61  Niehoff, Philo, 25. Zur Zugehörigkeit von Proselyten vgl. Birnbaum, Place, 193–219. 62  Niehoff, Philo, 46f.

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Wahl ihrer Sitten (ἔθη). Ihre Besonderheit basiere weiterhin auf ihrem Ursprung (γένεσις): nur ihre Körper seien menschlichen Ursprungs (τὰ μὲν σώματ᾽ αὐτοῖς ἐξ ἀνθρωπίνων διεπλάσθη σπερμάτων; VitMos I 279), ihre Seelen seien hingegen aus dem Göttlichen erwachsen, weswegen sie als Gott verwandt zu gelten hätten (ἀγχίσποροι θεοῦ). Das indicium situs wird völlig zugunsten der mores außer Kraft gesetzt; die origo hingegen wird durch die Differenzierung in Körper und Seele neu akzentuiert: Relevant ist die origo der Seelen; auch der origo-Topos wird damit stark relativiert. Auf dem Hintergrund dieser Relativierung des situs ist die häufig zitierte positive Würdigung der Diasporaexistenz in Flacc 45f zu verstehen.63 Dass Ἰουδαῖοι in den meisten Gebieten Europas und Asiens wohnen, führt Philo auf ihre große Zahl zurück. Das Verhältnis zum Wohnort bestimmt er mittels des Begriffs πατρίς, wobei er ausdrücklich die Zugehörigkeit zu dieser πατρίς hervorhebt. Ἰουδαῖοι, die außerhalb Jerusalems und Judäas leben, sind deswegen in ihrer politischen Loyalität mehrfach gebunden: Sie gehören zur Gruppe der Ἰουδαῖοι als ἔθνος und zur Gruppe einer Stadt oder einer Gegend als δῆμος oder πολῖται. Jerusalem, hier als Standort des Tempels fokussiert, wird als Metropolis bezeichnet.64 Ähnlich bestimmt Philo in LegGai 281–283 Ἰουδαῖοι als Einwohner (οἰκήτωρ) von unzähligen (μυρίαι) Städten und jedes Gebiets der Oikumene (καθ᾽ ἕκαστον κλίμα τῆς οἰκουμένης). Jerusalem wird dabei als die Mutterstadt von Judäa und all diesen weltweit verbreiteten Kolonien bezeichnet: Zwischen dem Wohnort Judäa und einem anderswo gelegenen Wohnort ist damit kein wesentlicher Unterschied mehr festzumachen; mittels des Metropolis-Konzepts65 kann die ethnische Bestimmung Ἰουδαῖοι geographisch gebunden bleiben und zugleich von Judäa gelöst werden.66

2.4 In summa Die Vorstellung des Judenexkurses des Tacitus hat gezeigt, dass ethnographische Exkurse der Definition von Alterität den literarischen sowie politischen Intentionen des Textes dienstbar sind. Eine (ohnehin unmög63  Zum Profil der philonischen Konzeption der „Diaspora“ vgl. Unnick, Selbstverständnis, 128–137, bes. 136f; zu Flacc 45f; ebd., 135f. Zu den Adressaten sowie zu den Abfassungszwecken von Flacc und LegGai vgl. Niehoff, Philo, 39f. 64  Im Hintergrund steht als Interpretationsmuster die griechische Kolonisierung. Vgl. Philo, Conf. 78f. Auch Josephus, Bell VII 375 spricht in der Schlussreflexion in Erzählerrede von Jerusalem als der Metropolis τοῦ παντὸς Ἰουδαίων γένους. 65  Vgl. dazu Niehoff, Philo, 33–44. 66  Vgl. dazu die etwas einseitige Auslegung von Baker, Ethnicities, 86–91; vgl. weiter Hall, Hellenicity, 223.

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liche) „realistische Beschreibung“ des Ethnos tritt dahinter ganz zurück. Deswegen sind weder Ungereimtheiten oder sogar direkte Widersprüche überraschend, noch gibt der ethnographische Exkurs den tatsächlichen Kenntnisstand des Autors wieder. Die Konstruktion von Ethnizität in den vorgestellten Josephustexten hat darüber hinaus erkennbar gemacht, dass weder hinsichtlich der Begrifflichkeit noch hinsichtlich der Vorstellung von einer konsistenten und systematischen „ethnischen Landkarte“ ausgegangen werden kann, sondern variable und unsystematische Wahrnehmungs- und Beschreibungsmuster zu erwarten sind. Weiterhin hat Josephus Umgangsformen mit den Unzulänglichkeiten dichotomer Modelle und exklusiver Zugehörigkeitsansprüche entwickelt, indem er Möglichkeiten für doppelte oder mehrfache Loyalitäten vorstellt und verteidigt oder ausdrücklich verwehrt. Schließlich lässt sich beobachten, dass die Einsicht in den Konstruktionscharakter ethnischer Identität neben der Überzeugung ihres Gegebenenseins stehen kann, ohne dass die Spannung wahrgenommen wird. Der Einblick in philonische Texte trägt darüber hinaus dazu bei, Konstrukte von Ethnizität zu greifen, in denen die Zugehörigkeit zur Ethnie zunehmend zum Gegenstand der Wahl werden kann. Die Differenzierung in Israel und τῶν Ἰουδαίων ἔθνος sowie die Differenzierung des origo-Topos ermöglicht weiterhin vielfältigere Bestimmungen von Nähe und Distanz: Denkbar werden die Zugehörigkeit zu Israel ohne gleichzeitige Zugehörigkeit zu den Ἰουδαῖοι sowie eine Verwandtschaft der Seelen mit Gott unabhängig von der origo des Körpers.

3. Ethnizität im Markusevangelium Wie im Markusevangelium die (ethnische) Identität der Wir-Gruppe konstruiert wird, wird an keiner Stelle explizit. Aus der Verwendung des Lexems ἔθνη für Heiden (Mk 10,42; 13,10; 11,17) und der daraus erschließbaren Konstruktion von Alterität ist zunächst zu vermuten, dass sie den Ἰουδαῖοι zugerechnet wird. Zunächst soll anhand von Mk 3,7bf ein erster Einblick in die Art und Weise, durch die der Erzähler die sozialen Identitäten von Personengruppen sprachlich fasst, gegeben werden: Nomina gentilia werden gemieden, vorgezogen wird die Beschreibung mit ἀπό plus Genitiv der Herkunftsregion. Deswegen kann zwischen jüdischer und nicht-jüdischer Bevölkerung nicht unterschieden werden; das betrifft vor allem die Regionen von Tyros und Sidon mit ihrer vorwiegend nichtjüdischen Bevölkerung: Die Beschreibung macht mögliche ethnische Identitäten unsichtbar. Anzunehmen ist jedoch,

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dass Mitglieder des τῶν Ἰουδαίων ἔθνος benannt werden sollen. Der Differenzierungsgrad in Mk 3,6bf ist hoch und entspricht in etwa dem in Josephus, Ant XVII 254. Weiterhin unterscheidet der Erzähler Judäer im geographischen Sinn von Jerusalemern (vgl. auch Mk 1,5; 3,22; 7,1). Folgt man der Reihenfolge der Aufzählung, ist das Fehlen der Bewohner Samariens auffällig. Dass diese hier und im gesamten Markusevangelium übergangen werden, ist angesichts der Pilgerrouten (vgl. Josephus, Bell II 232–247) signifikant und ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zur lukanischen und johanneischen Tradition, in denen sich die Missionsgeschichte der Jesusbewegung spiegelt. Wenn auch nur e silentio lässt sich damit eine für eine Erzählung, die die Öffnung zu den Heiden ausdrücklich inszeniert, unerwartete Einschränkung beobachten.67

3.1 πάντες οἱ Ἰουδαῖοι (Mk 7,3): Ein ethnographischer Exkurs Der Erzähler zeigt eine eigenartige Distanz zum Lexem Ἰουδαῖοι. Es wird fast ausschließlich in der Figurenrede eingesetzt und gibt die Perspektive römischer Erzählfiguren auf den leidenden und sterbenden Jesus wieder (Mk 15,2.9.12.18.26), der damit ausdrücklich als Angehöriger des τῶν Ἰουδαίων ἔθνος bezeichnet wird. Die Erzählung leitet damit dazu an, die Bezeichnung Ἰουδαῖοι als Bestandteil der typischen Ausdrucksweise von römischen Figuren zu lesen und stellt sie zudem in einen Zusammenhang, der durch Konflikte, Gewalt und die römische Hegemonie bestimmt ist. Der Begriff fungiert als Zuschreibung und bezeichnet eine ethnische oder politischethnische Größe; die religiös-kulturelle Bedeutungsvariante wird nicht aktualisiert. In der Erzählerrede wird der Ausdruck Ἰουδαῖοι hingegen gemieden: Die in Judäa ansässige Bevölkerung wird durchgängig umschrieben (Mk 1,5; 6,55; 13,14). Möglicherweise lässt sich daraus ein Aspekt der historischen Situation erschließen, in der sich nach der Wahrnehmung des Verfassers die Wir-Gruppe befand: Aus römischer Perspektive wurde sie zu den Ἰουδαῖοι gezählt. Das deutlichste Indiz dafür, dass mit dem nomen gentile Ἰουδαῖος keine zur Identifikation einladende Größe verbunden wird, ist jedoch die Verwendung in Mk 7,3, einer möglicherweise antijudaistischen Passage.68 Die Kontroverse,69 die mittels der Formulierung πάντες οἱ Ἰουδαῖοι auf das gesamte Ethnos ausgedehnt wird, eröffnet und legitimiert den Teil der 67  Möglicherweise spiegelt sich hier die in Josephus, Bell II 232–247 bezeugte besondere Feindseligkeit zwischen Galiläern und Samariern. 68  Vgl. Telford, Theology, 234–241, bes. 240. 69  Zur Gattungsbestimmung vgl. Collins, Mark, 341f.

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Erzählung, in der die Wirksamkeit Jesu auf die Heidenwelt hin geöffnet wird. In Mk 7,3f wird das Ethnikon in einem Erzählerkommentar verwendet, mittels πάντες generalisiert und als zweites Glied parallel zu οἱ Φαρισαῖοι gestellt. Für die Interpretation sind die folgenden Einzelbeobachtungen weiterführend: 1. Nur hier hält der Erzähler einen erklärenden Kommentar für nötig. An anderen Stellen, die auf zugeschriebene typisch judäisch/jüdische Verhaltensweisen verweisen wie das Fasten (Mk 2,18f; vgl. Tacitus, hist. V 4,3), den Sabbat (Mk 2,1–12; 2,23–28; 3,1–6; vgl. Tacitus, hist. V 4,3), das ungesäuerte Brot (Mk 14,1.12; vgl. Mk 8,15; vgl. Tacitus, hist. V 4,3), setzt der Erzähler bei seinen Lesern und Leserinnen Bekanntheit voraus. 2. Bereits in Mk 7,2ba fügt der Erzähler einen kurzen Kommentar ein, durch den er den Ausdruck κοιναῖς χερσίν erklärt. Die Erzählung konstruiert damit an dieser Stelle plötzlich einen hohen Erklärungsbedarf. 3. Der Erklärungsgegenstand ist schwer bestimmbar. Den hohen Erklärungsaufwand konstruiert die Erzählung ausgerechnet anlässlich einer Verhaltensweise, die auch griechisch-römischen Lesern und Leserinnen vertraut war: Vor Opfern und Gebeten wurden ganz selbstverständlich mindestens die Hände gewaschen, auch vor Mählern war solches Waschen weit verbreitet.70 4. Der Erzählerkommentar trägt wenig zum Verständnis des anschließenden Konflikts bei. Bei welchen Gelegenheiten Reinigung notwendig sei und wie sie zu erfolgen habe, ist für das Folgende unerheblich und wird auch nicht mehr aufgenommen. 5. Der Erzählerkommentar ist so platziert, dass er die Wahrnehmung der Pharisäer und einiger Schriftgelehrter erläutert, nicht deren Frage (Mk 7,5). Der Kommentar hat damit nicht die Funktion, das Verständnis der (vermeintlich unkundigen) Lesenden zu erleichtern, sondern dient der Charakterisierung von πάντες οἱ Ἰουδαῖοι. Diese Beobachtungen machen die Annahme plausibel, dass der Erzählerkommentar Mk 7,3f als ethnographischer Exkurs zu interpretieren ist und dessen Funktionen innehat. Mit der Bestimmung als ethnographischer Exkurs verlieren zunächst die Erwägungen, ob denn tatsächlich πάντες οἱ Ἰουδαῖοι das rituelle Händewaschen praktizierten, an Dringlichkeit. Ein 70  Vgl. Parker, Miasma, 19f. Zur Verwendung des Ausdrucks in griechisch-römischer Literatur vgl. Collins, Mark, 344. Möglicherweise war der sprachliche Ausdruck schwer verständlich. κοινός kann seit hasmonäischer Zeit βέβηλος ersetzen. Im außerbiblischen Griechisch (und bei Philo) bezeichnet κοινός niemals den rituell unreinen Zustand; Josephus hingegen gebraucht den Ausdruck (Josephus, Ant XI 346; XII 329) ohne Erläuterung, so dass angenommen werden kann, dass er, wenn auch ungebräuchlich, doch nichtjüdischen Lesern nicht völlig unverständlich war. Vgl. Hauck, κοινός, 791.

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ethnographischer Exkurs dient nicht primär der Beschreibung tatsächlicher Eigenarten; Unstimmigkeiten sind zu erwarten.71 Er dient vielmehr der Identitätsbestimmung der eigenen Gruppe durch die Konstruktion von Alterität. Die Ἰουδαῖοι werden damit hier ausdrücklich als „anders“ bestimmt: Die Wir-Gruppe versteht sich eben nicht als Ἰουδαῖοι. Durch die parallele Nennung der Pharisäer leitet der Erzähler seine Leser und Leserinnen dazu an, diese als Repräsentanten der explizit generalisierten Gesamtgruppe zu interpretieren. Ein solch ausdrücklich generalisierter Ausdruck begegnet bei Philo und Josephus nur selten, trägt dort jeweils großes Gewicht und ist mit einer feierlichen, gehobenen Stimmung verbunden, wie sie sich im Rückblick auf große Ereignisse einstellt.72 Der generalisierte Ausdruck markiert damit möglicherweise die folgende Auseinandersetzung als einen Schlüsseltext und zeigt zugleich an, dass damit aus der Sicht des Erzählers im Rückblick Wesentliches erkennbar wird und die Gruppe der Pharisäer dabei eine Rolle spielt. Die Rekonstruktion des intendierten Grenzverlaufs zwischen der WirGruppe und den Ἰουδαῖοι ist diffizil: Sie zeigt sich aus der Perspektive des Erzählers nicht am Ritus des Händewaschens vor dem Essen: Mk 7,2 erzählt, dass die Jüngergruppe im Hinblick auf das fragliche Verhalten uneinheitlich agiert: Einige Jesusjünger waschen sich die Hände, andere nicht. Das wird so auch für die Wir-Gruppe gelten. Für den Erzähler ist – im Kontrast zu den konstruierten Ἰουδαῖοι – das Waschen der Hände kein boundary marker. Kohärenz innerhalb der folgenden Kontroverse entsteht vielmehr durch den Terminus παράδοσις τῶν πρεσβυτέρων (Mk 7,5.8f.13). In Opposition dazu steht die Tora. Thematisiert wird also der identitätsstiftende Referenzrahmen. An diesen wird aus der Sicht des Erzählers der Grenzverlauf zwischen beiden Gruppen gebunden: Die Wir-Gruppe reklamiert die Tora als Referenzrahmen für sich und spricht sie den Ἰουδαῖοι ab, indem sie die παράδοσις τῶν πρεσβυτέρων nicht als Explikation von Tora, sondern als Antinomie, als ihre Alternative definiert. Thematisiert werden mithin Kontroversen über die marker der Ἰουδαῖοι und der Wir-Gruppe. Ethnizität wird als individuelle Zugehörigkeit in ihrer Situationalität fokussiert. Der Erzähler bestimmt eine in anderen Situationen innerjüdische Differenzierungslinie, die ihrerseits auf die Pharisäer weist, als Außengrenze und macht aus zwei Teilgruppen eines Ethnos zwei Gruppen. 71 ����������������������������������������������������������������������������������  Ob das rituelle Händewaschen vor alltäglichen Mahlzeiten Bestandteil typisch pharisäischen Verhaltens war und ob es darüber hinaus tatsächlich weiter in der Bevölkerung verbreitet war, ist weiterhin Gegenstand kontroverser Diskussion. Vgl. z.B. Dunn, Jesus, 572; Collins, Mark, 345–347. 72  Vgl. Philo, LegGai 370: Philo reflektiert die Rolle der Mitglieder der Gesandtschaft und thematisiert die Folgen für das gesamte jüdische Volk; Josephus, Bell II 457 beschreibt die Folgen der Ermordung der jüdischen Einwohner Caesareas, Bell VII 329.359.375 gibt in Figurenrede die letzte Rede Eleazars vor der Eroberung Masadas wieder.

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Lässt sich über die Identität der Alterität repräsentierenden Gruppe und die Identität der Wir-Gruppe noch mehr sagen? Gegen die traditionelle Annahme, dass „die grundsätzliche Differenz zwischen Christen und Juden“73 herausgestellt werden soll, spricht, dass der halachische Charakter der Kontroverse in Mk 7,1–13 überlieferungsgeschichtlich erklärt werden muss und für die Rekonstruktion der Position des Erzählers nicht unmittelbar fruchtbar gemacht werden kann. Weiterhin muss angenommen werden, dass sich ein Selbstverständnis als Christen im Sinne einer Religionszugehörigkeit bereits deutlich vor der Entstehung des Markusevangeliums etabliert hat. Diskutiert werden kann, ob die Abgrenzung gegen die Ἰουδαῖοι als der Bevölkerung Judäas im geographischen Sinn im Gegenüber zu den Galiläern gemeint ist. Dafür wäre geltend zu machen, dass die Gegner ausdrücklich mit ihrer Jerusalemer Herkunft eingeführt werden (Mk 7,1). Dagegen sprechen die Generalisierung des Ausdrucks, die Sprachform in Mk 1,5 u.ö. und der Charakter des Erzählerkommentars als eines ethnographischen Exkurses. Am plausibelsten ist es anzunehmen, dass die Generalisierung von dem Schriftzitat in Mk 7,6bf ausgelöst worden ist. Dort richtet sich die prophetische Kritik gegen οὗτος ὁ λαός, und eben nicht gegen nur eine Teilgruppe.

3.2 Γαλιλαῖος εἶ (Mk 14,70): Ein populus christianus Lässt sich eine Annäherung an die Identität der Wir-Gruppe auf dem Hintergrund der Bedeutung Galiläas für das Evangelium über das nomen gentile Γαλιλαῖος vornehmen? Insgesamt ist die Befundlage unergiebig. Ganz überwiegend wird Galiläa als Landschaftsbezeichnung verwendet (Mk 1,9.14.28.39; 9,30; 14,28; 16,7); hinzu kommen die Bezeichnung des Sees von Gennesaret als „Meer Galiläas“ (Mk 1,16; 7,31). Als Bezeichnung von Personengruppen wird der Landschaftsname bzw. die politische Einheit in den Ausdrücken ἀπὸ τῆς Γαλιλαίας (Mk 3,7) sowie πρώτοις τῆς Γαλιλαίας (Mk 6,21) verwendet (vgl. auch Mk 15,41). Als Ethnikon wird in der Verleugnungsszene die Differenz zwischen der Einwohnerin Jerusalems und Judäerin einerseits und Petrus andererseits hervorgehoben: „Γαλιλαῖος εἶ“ (Mk 14,70). In der Figurenrede der Magd wird die ethnisch-geographische Herkunft dem Simon zugeschrieben. Wird damit das ethnische Selbstverständnis der Wir-Gruppe aufgenommen? Die Frage ist wegen der nicht auflösbaren Ambivalenz der Szene kaum zu beantworten: Als Magd des Hohepriesters gehört die Erzählfigur auf die Seite der Feinde; das Gespräch ist auch tatsächlich inquisitorisch, feindselig und 73

 Lührmann, Markusevangelium, 125.

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ähnelt einem Verhör; die Zuschreibung der Identität als Γαλιλαῖος zielt auf die Überführung des Simon als Übeltäter. Darin ähnelt sie dem gleichzeitigen Verhör Jesu vor dem Hohen Rat. Zugleich ist die Szene auf dem Hintergrund von Mk 14,27–30, bes. 29f, als Bewährungsprobe für Simon zu lesen, in der er versagt. Hierin steht die Szene im Kontrast zum Verhör Jesu (Mk 14,62). Die Verhaltensweise der Magd ist damit indirekt autorisiert und legitimiert, ihre Zuschreibung erfordert ein Bekenntnis durch Simon. In der Fragereihe (Mk 14,67.69.70) stehen die Zugehörigkeit zu Jesus, zum Kreis seiner Anhänger und zum galiläischen Ethnos parallel und bilden einen Zuschreibungskomplex, wobei die Reihenfolge antiklimaktisch ist: Die Zuschreibung erfolgt zu immer größeren und unspezifischeren Gruppen. Gleichwohl steht Γαλιλαῖος parallel zur Gruppe der Jesusnachfolger. Die galiläische Identität ist also zugleich als feindselige Fremdzuschreibung und als Gegenstand eines erwarteten, aber nicht abgelegten Bekenntnisses erzählt. Möglicherweise lässt sich daraus ein weiterer Aspekt der historischen Situation erschließen, in der sich nach der Wahrnehmung des Verfassers die Wir-Gruppe befand: Aus Jerusalemer Perspektive wurde sie zu den Γαλιλαῖοι gezählt. Dass sich die Wir-Gruppe diese Zuschreibung angeeignet hat, lässt sich jedoch allenfalls, wie oben skizziert, indirekt erschließen. Ethnizität wird in dieser Szene einerseits, gebunden an die Erzählfigur der Magd, in einen Kontext sozialer Ungleichheit und den damit verbundenen Themen des Machtgebrauchs und der Diskriminierung gestellt und andererseits, gebunden an die Erzählfigur des Petrus und die Erwartung des Bekenntnisses, in einen Kontext individueller Zugehörigkeit und Identitätsbildung.

3.3 Ἑλληνίς, Συροφοινίκισσα τῷ γένει (Mk 7,26): die Modifikation des Grenzverlaufs Sowohl Mk 11,17 als auch Mk 7,14f74 können als Hinweise darauf gelten, dass Heiden und Heidinnen, insofern sie jesusgläubig waren, in die WirGruppe aufgenommen werden konnten und deren Identität wesentlich mitbestimmten, ohne zugleich die kulturell-religiöse Identität der Ἰουδαῖοι anzunehmen. Der Erzähler thematisiert die Möglichkeit und die Bedingungen der Zugehörigkeit dieser Gruppe ausdrücklich in der Exorzismuserzählung in Mk 7,24–30.

74  Vgl. Marcus, Mark 8–16, 790–793; Gottesvorstellung, 156–161.

ders.,

Mark 1–8, 452–454; Guttenberger,

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In Mk 7,26 nimmt der Erzähler in einem kurzen Erzählerkommentar aus­ drücklich eine weitere ethnische Zuordnung vor:75 Die Handlung wird nach dem Auftritt der Stellvertreterin der Hilfsbedürftigen und vor der Formulierung der Hilfebitte angehalten: Hier schiebt der Erzähler den Kommentar über deren ethnische und kulturelle Identität ein. Die Erläuterung ist für den Fortgang der Erzählung unverzichtbar; die Antwort Jesu bliebe sonst unverständlich, zumal auf dem Hintergrund von Mk 3,8 zunächst anzunehmen wäre, dass die Bittstellerin zum jüdisch/judäischen Ethnos gehört. Gerd Theißen hat den Entstehungskontext der Wundererzählung einer umfassenden und wegweisenden sozio-ökonomischen Analyse unterzogen. Dabei hat er herausgearbeitet, dass diese Entstehungssituation vor allem durch horizontale und vertikale soziale Ungleichheit bestimmt ist und die in Mk 7,27 erfolgende rigide Exklusion der Bittstellerin auf diesem Hintergrund zu verstehen ist. Ethnizität wird in dieser Erzählung vor allem als Muster für soziale Ungleichheit, und zwar an der Schnittstelle horizontaler und vertikaler Differenzierung, verwendet: Soziale Über- und Unterordnung, Diskriminierung und Machtausübung werden somit thematisiert.76 Gerd Theißen hat bereits herausgestellt, dass die Bestimmung als Ἑλληνίς die kulturelle Identität der Frau, die Bestimmung als Συροφοινίκισσα ihre ethnische Identität betrifft.77 Der Erzähler geht davon aus, dass dergleichen doppelte Loyalitäten und Zugehörigkeiten seinen Leserinnen und Lesern vertraut sind. Zunächst ist festzuhalten, dass der Erzähler die Bittstellerin nicht ausdrücklich als Heidin bezeichnet. Im Vergleich zur Darstellung bei Matthäus (Χαναναία) wird die traditionelle Opposition Israel – Völker nicht in gleicher Deutlichkeit aufgerufen. Die Klassifizierung als Griechin erinnert vielmehr an das dichotome Modell, das bei Paulus häufig begegnet (1Kor 1,18–25 u.ö.) und auch vorpaulinisch belegt ist (Gal 3,28). Die Beschreibung der kollektiven Identität der Bittstellerin erfolgt somit nicht pejorativ und ist für Selbstbezeichnungen anschlussfähig. Die Konstruktion von Alterität erfolgt durch die doppelte Qualifizierung und durch die Anschlussfähigkeit für Selbstbezeichnungen zwar mittels eines unterstellten dichotomen Modells (sie ist Nichtjüdin und Nichtjudäerin), aber zugleich weniger deutlich ethnozentrisch. Die symbolische Repräsentierung dieser Gruppe mittels der 75  Einen Überblick über die Interpretationstypen bieten Theissen, Lokalkolorit, 63– 68; vgl. Feldmeier, Syrophönizierin, 215–217. Zur Interpretation der Episode im Rahmen markinischer Theologie vgl. Guttenberger, Gottesvorstellung, 270–275. Zum Verhältnis von Sprache und Ethnizität vgl. Bös, Religion, 11f. 76  Vgl. Bös, Ethnizität, 59.66. 77  Theissen, Lokalkolorit, 71–73. Zur kulturellen Identität als Griechin vgl. Hall, Hellenicity, bes. 224; zur Sprache als Zugehörigkeitskriterium bes. 36–47.113–115.155.224. Zur Bedeutung von Syrophoenix vgl. Theissen, Lokalkolorit, 256f.

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Metapher „Hunde“ (Mk 7,27) ist hingegen überdeutlich abwertend. Ent­ sprechend erfolgt die Repräsentanz der nicht ausdrücklich genannten oppositionellen Gruppe in der unterstellten dichotomen Struktur der Ἰουδαῖοι durch die Metapher „Kinder“. Die Differenz wird metaphorisch als diejenige zwischen Menschen und Tieren, zudem zwischen einer der besonderen Fürsorge anvertrauten Gruppe von Menschen und einer besonders verachteten Tiergattung gefasst. Damit ist ein dezidiert ethnozentrischer Standpunkt gewählt.78 Andererseits wird – wiederum im Unterschied zur Darstellung bei Matthäus (Ἰσραήλ) – die Wir-Gruppe, die durch die Metapher Kinder repräsentiert wird, nicht ausdrücklich benannt. Nur in dieser Metapher lässt sich die Selbstbeschreibung der Wir-Gruppe greifen. Dass diese unzweifelhaft judäisch-jüdisch ist und der Erzähler dies nicht ausdrücklich offenlegt, passt zu den bisherigen Beobachtungen. Die Inklusion der Griechin und Syrophönizierin als Vertreterin einer nichtjüdischen Kultur und Ethnie erfolgt nicht vollständig und nicht gleichberechtigt: Es entsteht keine, auch nur vorübergehende, Form der direkten Gemeinschaft wie mit den Sündern und Abgabenpächtern, deren Zugehörigkeit ebenfalls über das Motiv der Mahlgemeinschaft inszeniert wird (Mk 2,15f): Die Frau geht nach Hause (Mk 7,30). Die veränderte Grenzziehung ermöglicht der Griechin und Syrophönizierin zwar eine Form der Zugehörigkeit, verbindet diese aber mit einem niedrigen Status in der Gruppe, wie sich aus der in Mk 7,28 in der Figurenrede erfolgenden Modifikation erkennen lässt: Die Hunde erhalten zwar Zugang zu den Privilegien der Wir-Gruppe, bleiben aber ὑποκάτω τῆς τραπέζης (Mk 7,28). Auch wenn angenommen wird, dass die Zugehörigkeit der Nichtjüdin deswegen nur metaphorisch begriffen wird, weil der Erzähler die Öffnung für die Heiden durch die Wirksamkeit Jesu nur als vorbereitet, aber nicht als vollzogen darstellen will, bleibt die Zuweisung eines derart inferioren Platzes bemerkenswert; das gilt insbesondere auf dem Hintergrund der großen Bedeutung der Tischgemeinschaft von Juden- und Heidenchristen (Gal 2,11–14) im Prozess der Verschiebung der Gruppengrenzen durch die Jesusanhänger. Der Erzähler bereitet durch die Episode in Mk 7,24–30 eine Verwandlung der horizontalen Grenze zwischen ethnischen und religiös-kulturellen Gruppen in eine vertikale Grenze zwischen verschiedenen Statusgruppen innerhalb der WirGruppe vor, nicht jedoch die gleichberechtigte Zugehörigkeit von nichtjüdischen Personen. Die Annahme eines heidenchristlichen Selbstverständnisses der Wir-Gruppe ist deswegen nicht nahe liegend.

78  Vgl. Lund, Germanenbild, 5–7; mit Verweis auf Kafkas Verwandlung; Hund, Rassismus, 143; zum Begriff des Ethnozentrismus vgl. Bös, Ethnizität, 64f.

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3.4 In summa Ethnizität, das ethnische Selbstverständnis der Wir-Gruppe, die Markierung der Grenzen und die Konstruktion von Alterität, sind Themen des Markusevangeliums. Gleichwohl wird kein klares Bild gezeichnet. Die Skizze der Umrisse eines ethnischen Selbstverständnisses der Wir-Gruppe ist auf eine Berücksichtigung auch der Leerstellen, der Auslassungen angewiesen. Festhalten lässt sich: 1. Der Erzähler zeigt einerseits eine Distanz zu nomina gentilia, setzt sie andererseits jedoch gezielt und wirkungsvoll ein: „Juden“, „Griechen“ und „Galiläer“ sind an Stellen, an denen die Gruppenidentität zum Gegenstand wird, genannt.79 2. So deutlich traditionell jüdische, dichotome Modelle von Ethnizität mit der Rede von den ἔθνη übernommen werden und andere Indizien darauf hinweisen, dass das Evangelium innerhalb jüdischer Diskurse angesiedelt ist, so massiv erfolgt eine ausdrückliche Distanzierung von den Ἰουδαῖοι mittels eines ethnographischen Exkurses. Stellt man diesen Befund in den Entstehungskontext des Markusevangeliums, könnte diese Neubestimmung einer innerjüdischen Demarkierungslinie zwischen verschiedenen Richtungen als Außengrenze plausibel werden, als Schutzreaktion auf die Zuschreibung judäischer Identität in politischer Akzentuierung durch römisches Militär. Exklusionserfahrungen, wie sie sich in Mk 13,9.12f spiegeln, könnten eine solche Schutzreaktion zusätzlich verständlich machen. Auf eine solche Konstellation weisen auch die wenigen Ansätze einer Selbstbezeichnung der Wir-Gruppe, nämlich die durch den Terminus ἐκλεκτοί (Mk 13,20.22.27), durch den Exklusion positiv umgewertet wird. Daneben treten Indizien für ein ethnisches Selbstverständnis als Galiläer. 3. Weiterhin könnte die Differenzierung in Ἰουδαῖοι und Israel, wie sie als Interpretationsmuster bei Philo vorliegt, das Verständnis des markinischen Befunds erleichtern: Auf dem Hintergrund dieses Modells definierte der Erzähler in Mk 7,1–13 (bes. 3f.6f) – gewissermaßen performatorisch – mittels der Verwendung eines Schriftzitats, also des exklusiv reklamierten identitätsstiftenden Referenzrahmens – die Ἰουδαῖοι als anders, insofern sie sich nicht dem Willen Gottes gemäß verhalten. Die Grenzlinie ließe sich in diesem Fall als eine zwischen Istzustand und Sollzustand fassen; damit könnte sie als Weiterentwicklung des bei Philo belegten Vorgehens verstanden werden.80 79  Römer begegnen nur über römische Erzählfiguren, Pilatus, die Soldaten und den Centurio, jedoch ohne, dass sie ethnisch markiert würden. 80  Zu prüfen wäre, ob Israel zur Selbstbeschreibung der neuen Gruppe im Markus­ evangelium tauglich ist. Die Verwendung in Mk 12,29 deutet darauf hin; andererseits kann Israel auch in der Figurenrede gegnerischer Erzählfiguren verwendet werden (Mk 15,32).

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4. So wie im Verhältnis zu den Ἰουδαῖοι bestehende Nähe in behauptete Unterschiedenheit verwandelt wird, so verbleibt im Hinblick auf Nichtjuden, exemplifiziert an der syrophönizischen Griechin, trotz behaupteter Nähe eine doch bedeutende, vertikal akzentuierte Distanz: Die figurative Rede von den unter dem Tisch Abfälle fressenden Hunden kann die Tischgemeinschaft von „Juden“ und „Griechen“, wie sie in Antiochia bereits Jahrzehnte vor der Entstehung des Markusevangeliums (wenigstens zeitweilig) praktiziert wurde, in keiner Weise abbilden. 5. Als Gegenstand einer weiteren Untersuchung wäre die narrative Inszenierung der Ethnizität des Protagonisten der Erzählung, Jesus, wünschenswert. In einem nächsten Schritt wäre dann die erzählte ethnische Identität Jesu in den Rahmen der hier vorgelegten Beobachtungen einzuzeichnen und sowohl im Hinblick auf die erinnerten Anfänge als Faktor für die Identitätskonstruktion der Wir-Gruppe als auch im Hinblick auf die Wahrnehmung von Differenzen als Ausgangspunkt für die implizierte Konstruktion einer Geschichte dieser Wir-Gruppe auszuwerten.

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Gudrun Guttenberger

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David Álvarez Cineira

The centurion’s statement (Mark 15:39): A restitutio memoriae

Most exegetes agree that the account of the passion in Mark has incorporated various folk traditions of Jerusalemite origin. The language, the style and the narrative of the work exhibit many of the features that experts attribute to the oral cultural production. The story is construed as a liturgical performance, and the dynamism of oft repeated oral representations in interaction with the public constitutes a determining factor of its configuration.1 At the same time, the socio-cultural, political and religious context would have influenced not only its performances, but also its contents as well. Thus the passion story comprises recent items common to the community where it was performed, and to the writer. Their Sitz im Leben might explain the inclusion of some texts in the narrative, which otherwise would hardly make sense in the oldest stratum of the story. We shall focus on the centurion’s “confession” at the foot of the cross (Mark 15:39). The purpose of the present study is to show that the meaning of the statement should be understood in the context of its original listeners/readers against the background of their recent political and religious events.2 If these historical facts were decisive in the liturgical performances and composition of the text, then we should investigate the life-world of the audience as well as the political and religious circumstances surrounding those communities where it was represented ad intra and in which it was written. Consequently, it is necessary to determine its geographical and temporal location. This performed or written piece came from a subordinate social group, on the fringes of the official culture and the ruling class. The hero of the plot, a 1  K.R. Iverson, “A Centurion’s ‘Confession’: A Performance-Critical Analysis of Mark 15:39”, JBL 130 (2011) 329–50. 2  G. Theißen, Lokalkolorit und Zeitgeschichte in den Evangelien (NTOA 8; Freiburg (Schweiz)/Göttingen: Universitätsverlag/Vandenhoeck & Ruprecht, 1989), 246–303, has analyzed in detail the social context and the political history in the Markan Passion Story and the Jerusalem Community in the years 40–50 C.E., with the Caligula crisis as background. His suggestions, always intuitive and with scientific rigor, have been a stimulus and encouragement for many readers and students. This short paper is intended as an expression of my great gratitude to him for all he did during my stay in Heidelberg. His suggestions and dialogues always opened new horizons in my research. Thanks a lot. Hoc die natali septuagesimo omnia fausta tibi eveniant.

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popular Jewish leader with royal pretensions, was executed in Palestine by the Roman authorities with an ignominious death after being declared an enemy of the empire. The punishment inflicted was a damnatio memoriae. However, his followers produced a literary work from the popular subculture of resistance. It was for their own consumption, and also to rehabilitate his memory. The restitutio memoriae by a subordinate social group through the official declaration of a Roman military officer is an affront to and a veiled attack upon the reigning emperor and the political system. An open criticism of the system, however, was not feasible. Oral performances used the language more freely when the actors knew the audience well, but a written text preferred, for safety reasons, a veiled language.

I. The political context of the gospel of Mark All scholars recognize the difficulty regarding dating and locating the composition of the second gospel. Nevertheless, examination of Mark 13 has allowed a general consensus among scholars that the Gospel was written between 65 and 75 CE. Without attempting to make a detailed argument here, I believe, as many scholars have shown, that the written composition of the text should be placed after the destruction of the Jerusalem Temple in the early 70s CE. However, exegetes have argued much more about its geographical location.3 The reason for this unending debate is that the text does not provide direct indications on the place of composition, or about its addressees. The text in itself is susceptible to several reconstructions. For this reason, different regions have been proposed as places of its origin. Although there is no real consensus on the identity of the Markan audience, a majority of modern commentaries considers that the gospel could have been written in Syria or Rome. Of these two conjectures, the internal and external evidences provided by various exegetes persuade me to consider the capital of the empire, Rome, as the place of its composition.4 The years before the composition of the gospel were times of crisis and civil wars between various pretenders to the throne. In only one year, there

3  D.N. Peterson, The Origins of Mark: the Markan Community in Current Debate (Leiden: Brill, 2000). 4  B.J. Incigneri, The Gospel to the Romans: The Setting and Rhetoric of Mark’s Gospel (Biblical Interpretation 65; Leiden: Brill, 2003), 59–115; M. Hengel, Studies in the Gospel of Mark (Philadelphia: Fortress Press, 1985), 1–30; A. Winn, The Purpose of Mark’s Gospel: An Early Christian Response to Roman Imperial Propaganda (WUNT 2.245; Tübingen: Mohr Siebeck, 2008), 43–91.

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were four emperors.5 The first of them, Nero (54–68 CE), became a paradigm of the corrupt and tyrannical emperor. His autocratic power and his overriding interest in artistic pursuits worsened the relations between the emperor and the senatorial aristocracy, culminating in the persecution of prominent citizens. These arbitrary persecutions were due mostly to his temperamental mood or to the advice of some delatores. The mechanisms of dissimulatio and adulatio became prerequisites not only for political success, but also for physical survival.6 This poetaster emperor fostered Latin poetry and prose through his patronage, even with some Neronian extravagances, as with his pseudotriumphal ceremony with big paraphernalia in Rome (67 CE) after his athletic and artistic victories during the tour of Greece.7 Nevertheless, three of the prominent literary figures – Seneca, Lucan, and Petronius – perished because of his jealousy of their talent. It was not an easy job to be a dissident poet or an active satirist of the regime and to survive because of the arbitrariness and unpredictability of the censorship.8 Some poets preferred to become domesticated poetasters (Calp. Siculus, Ecl. 1.59–64; 69–73) and practise the art of the adulatio or the dissimulatio.9 Nero received cultic honours in his life throughout the empire, which underlined his divinity (Tacitus, Ann. 13.8.1). Throughout his reign, the senate gave increasing honours, raising him more and more to the divine sphere, and identified him with several gods: Sun, Apollo, Jupiter or Zeus (Cass. Dio, 62.20.5; Calp. Siculus, Ecl. 4.142–5; IG 7.2713). In the public 5  K. Wellesley, The Year of the Four Emperors (London/New York: Routledge, 2000); G. Morgan, 69 A.D.: The Year of Four Emperors (Oxford: Oxford University Press, 2006). 6  On Nero’s conflict with the aristocracy and their response to the princeps, see V.A. Rudich, Political Dissidence under Nero: The Price of Dissimulation (London/New York: Routledge, 1993), 125–195; idem, Dissidence and Literature under Nero: The Price of Rhetoricization (London: Routledge, 1997). 7  M. Beard, The Roman Triumph (Cambridge, Mass./London: The Belknap Press of Harvard University Press, 2007), 268–70. 8  J.P. Sullivan, Literature and Politics in the Age of Nero (Ithaca/London: Cornell University Press, 1985), 74–179. 9  S. Bartsch, Actors in the Audience: Theatricality and Doublespeak form Nero to Hadrian (Cambridge, MA: Harvard University Press, 1994), builds her model upon modern social theory as proposed by J.C. Scott, Domination and the Arts of Resistance: Hidden Transcripts (Hew Haven/London: Yale University Press, 1990). Bartsch explores two models that are adduced to shed light on the demise of sincerity, on the way in which language itself and personal conduct adjusted to the loss of freedom. The first of these models is “theatricality” (pp. 1–35), that is, to act out a script in dealings with each other. Political and literary life became a continuous theatre, where the emperor performed as a stage-actor, and the members of the audience found themselves compelled to “act” out their approval and appreciation of the emperor’s performance. The second model, the “doublespeak” (pp. 98–147), concerns the insincerity of the literary artist, and it is viewed as a natural response of the author to the lack of freedom. 3

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sphere, poets and orators praised or exalted the figure of Nero, emphasizing his divine force (Tacitus, Ann. 16.2.2). His image as a “golden” god appears in the theatre to celebrate games in honour of Tiridates (Cass. Dio, 62.6.2), who acclaims to Nero: “I have come to thee, my god, to worship thee as I do Mithras” (Cass. Dio, 62.5.2).10 Nevertheless, if Nero lived as a “god”, his death was that of a villain. In March 68 CE, G.J. Vindex, S.S. Galba and L.C. Macer revolted against the princeps, who was unable to control the situation. He committed suicide in June 9, 68 CE, and Galba succeeded him as the new emperor. Nero was cremated, but his ashes were not placed in the Mausoleum of Augustus. Nero’s exclusion from this Mausoleum was a posthumous revocation of his membership in the gens Julia and a denigration of his reputation. He was the first emperor to be officially declared a Roman hostis: “He had been pronounced a public enemy by the senate, and they were seeking him to punish him in the ancient fashion” (Suetonius, Nero 49.2) reserved for hostes, which mandated that the offender was stripped, held by a forked stick, and then beaten to death with rods. This declaration necessarily included posthumous sanctions against his monuments and inscriptions.11 Pliny the Elder also records that Nero’s “crimes” were condemned (Nat. 34.18.45). The historical sources and the surviving archaeological evidence confirm that the destruction of Nero’s portraits, monuments, inscriptions, and coins was aggressively carried out under Galba and Vespasian.12 Tacitus quotes Nero’s successor Galba as saying that there was no prior precedent 10  About Nero’s divine cult in life, see M. Clauss, Kaiser und Gott: Herrscherkult im römischen Reich (Stuttgart/Leipzig: B.G. Teubner 1999), 98–111. 11  E.R. Varner, Mutilation and Transformation: Damnatio Memoriae and Roman Imperial Portraiture (Leiden/Boston: Brill 2004), 46–84. Even his Colossus and the domus aurae suffered a transformation. The ruling elite (the senate or the emperor) in Rome sought to eradicate or obliterate the memory of the State’s enemies or even of their deceased opponents through a process known as damnatio memoriae. Its original purpose was to preserve the honour of the city; in a society that stressed the social appearance, respectability and the pride of being a true Roman, the damnatio memoriae was perhaps one of the worst punishments inflicted on Roman citizens. These formal and traditional practices included removing the person’s name and image from public monuments and inscriptions, making it illegal to speak of him, and forbidding funeral observances and mourning. Sometimes, the condemnation did not take the form of an official, legal pronouncement, but was rather enacted in practice, with erasure of the name, with mutilation or transformation of portraits, etc. Paradoxically, a later change of historical events could rehabilitate his memory. Cf. F. Vittinghoff, Der Staatsfeind in der römischen Kaiserzeit: Untersuchungen zur „damnatio memoriae“ (NdF 84; Berlin: Junker & Dünnhaupt, 1936); H.I. Flower, The Art of Forgetting: Disgrace and Oblivion in Roman Political Culture (Chapel Hill: The University of North Carolina Press, 2006), 197–232; S. Benoist (ed.), Mémoire et histoire: Les procédures de condamnation dans l’antiquité romaine (Metz: Centre Régional Universitaire Lorrain d’Histoire, 2007). 12  Suetonius, Galb. 15.1; Tacitus, Hist. 1.20; 1.78; Plutarch, Galb. 16.1–2, Otho 3.1; E.S. Ramage, “Denigration of Predecessor under Claudius, Galba, and Vespasian”, Historia 32 (1983), 210.

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for the condemnation of a princeps (Tacitus, Hist. 1.16). This defamation was his abolitio/damnatio memoriae, and the “god” Nero became again a human being, a parricide. A few months later, Otho attempted to rehabilitate Nero’s memory to please the plebs.13 Vitellius continued Otho’s policy of honouring Nero.14 Their purpose with this action was to extol and consolidate their power. However, Nero’s rehabilitation was for a short time, because Vespasian once again actively enforced his damnatio. Despite this damnatio, Nero’s posthumous popularity continued; he was esteemed by the plebs and impostors of him rose up, especially in the eastern part of the empire.15 As E.R. Varner says, Nero was not only the first princeps to be officially condemned, but also the first whose memory and images were subsequently rehabilitated, first under Otho and Vitellius, and much later in the mid third and the end of the fourth century. Nero’s rehabilitations, as well as the phenomenon of the “false Neros” … underscore his continued posthumous popularity and highlight the complexities of the condemnation process.16

Galba ruled the destinies of Rome for a few months. Otho successfully plotted Galba’s overthrow and the emperor was murdered in the Forum Romanum by members of the praetorians in January 15. His corpse was denigrated, his head cut off, and his body may have been further abused by being thrown into the Sessorium, a place of execution for condemned criminals.17 Otho was subsequently proclaimed emperor by the praetorians and ratified by the senate. Statues of Galba were re-erected (Tacitus, Hist. 3.7), and the senate also voted to restore his honours18 and even desired to erect a memorial to him where he was murdered in the Forum “as soon as it was lawful,” underscoring that official sanctions against Galba’s memory and portraits had been enacted after his assassination (Suetonius, Galb. 23). However, Vespasian may not have supported the rehabilitation of Galba’s memory, as “he annulled this decree, believing that Galba had sent assassins from Spain to Judea, to take his life” (Galb. 23). 13  Tacitus, Hist. 1.78; Suetonius, Otho 7.1; 10.2; Plutarch, Oth. 3. 14  Cass. Dio, 64.7.3; Suetonius, Vit. 11.2. 15  Suetonius, Nero 57.2; Tacitus, Hist. 2.8–9; Cass. Dio, 66.19.3. 16  Varner, Mutilation, 85. 17  Tacitus, Hist. 1.41; Plutarch, Galb. 28.2–3. Suetonius, Galb. 20.2, mentions that the head was cut off by a common soldier, placed on a spear and mocked, “crying out from time to time, ‘Galba, thou Cupid, exult in thy vigour!’”, but eventually buried together with the body. 18 ���������������������������������������������������������������������������������  Immediately after Otho’s death, the people of Rome carried round the temples images of Galba, ornamented with laurel leaves and flowers, and piled chaplets in the form of a sepulchral mound near the lake of Curtius, on the very spot which had been stained with the blood of the dying man (Tacitus, Hist. 2.55.1), which was a signal to the senate to enact the deification. According to Tacitus, Hist. 4.40, the restoration of Galba’s honours was proposed by Domitian and passed by the senate.

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Otho lost the empire at Vitellius’ hands after a battle, causing Otho to take his own life in April 16, 69 CE. His memory was condemned under his successor and his name eradicated from inscriptions. Even his birthday was a dies nefastus (Suetonius, Dom. 10.3). This emperor also suffered a kind of literary damnatio in Juvenal’s Satires, where his memory and reputation are denigrated.19 Some of his portraits were destroyed, others were thrown in the sewer in a vehement gesture of punishment post mortem and denigration of memory. Vitellius’ entry into the city of Rome in 69 made use of the traditions of the Roman triumph to establish his claim to imperial power. However, troops stationed in the East refused to recognize Vitellius as the legitimate princeps and instead declared themselves in favour of Vespasian. While Vespasian was at Caesarea, he was proclaimed emperor (July 1, 69), first by the army in Egypt and then by his troops in Judea. His army defeated Vitellius’s forces at Cremona (Tacitus, Hist. 3.13). In December 20, 69, Vitellius was dragged to the Forum and forced to suffer the indignities of a common criminal: he was insulted by the populace, forced to watch his statues overturned, pelted with dung, and finally tortured to death at the Gemonian steps. “One speech was heard from him shewing a spirit not utterly degraded, when to the insults of a tribune he answered, ‘Yet I was your Emperor.’ Then he fell under a shower of blows, and the mob reviled the dead man with the same heartlessness with which they had flattered him when he was alive” (Tacitus, Hist. 3.85). His corpse was mutilated and then dragged by a hook and thrown into the Tiber, a fate reserved for the bodies of traitors, capital offenders and victims of the arena (Suetonius, Vit. 17.2). Vitellius is the first Roman emperor whose corpse was publicly desecrated in this way and it must have been a fairly shocking act of denigration intended to assert loyalty to his victorious rival, Vespasian. Accounts of emperor worship during the year 69 for the four emperors are scarce. But even Galba followed the established ritual. A golden statue was in the podium of the Praetorian camp, so we can assume that there was also a divine image of the reigning emperor erected shortly after his accession to the throne.20 Vespasian got the news of his rival’s defeat at Alexandria, and was declared emperor by the senate while he was in Egypt in December 69. Not far from there, in Judea, his son, Titus, captured Jerusalem and destroyed the Jewish temple in 70. Vespasian returned to Rome as emperor in 70 (Cass. Dio, 66.10.2; Suetonius, Vesp. 8.5.). As he drew near the city, the people of Rome came out to line the streets to greet him, and as he passed they hailed 19 20

 Ramage, “Denigration”, 679–80.  Clauss, Kaiser, 112.

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him “benefactor”, “saviour”. Josephus described the city filled with garlands and incense, like a temple (BJ 7.70–3). The new emperor received divine honours from the local communities (Philostratus, Vit. Apoll. 5.35). A similar welcome was dedicated to Titus probably in June 71 CE, when he returned from Palestine and Egypt. The triumph of Vespasian and Titus over the Jewish rebellion was celebrated in the urbe with a big triumphal procession (BJ 7.121–62). During this ritual and military parade the Jewish temple treasures were displayed (BJ 7.148–52), and the captured Jewish leaders of the revolt condemned to die. The display of the temple treasures transmitted a clear message of the defeat of the Jews in all aspects – military, political, cultural, and religious.21 This visual imagery articulated the imperial ideology/theology of peace and security that the gods had established in and through Rome (pax deorum), the divine justice, which the emperor personified. The parade was a real “public transcript” or official discourse. This propaganda was intended to shape the consciousness of the subjects, who were invited to respond with gratitude, fear and loyalty to the emperor. If the gospel of Mark was performed and composed in the capital of the Roman empire, all of these persuasive situations would undoubtedly impact the collective memory of the Christian community, and especially when they read the story of Jesus’ passion, for several details of the narrative could have evoked the fate of the previous emperors. Several scholars have already noticed this possibility. B.J. Incigneri has shown in his detailed monograph numerous “allusions” in Mark’s gospel to issues specific to Rome between 69 and 71.22 While admitting that some may seem coincidental, he argues that the number of connections make the setting of the gospel in Rome more likely. The “devastating sacrilege” (Mark 13:14) is Titus’s presence in the temple; Mark’s gospel was written late in 71, after the triumph of Vespasian and Titus in Rome made the news of the destruction graphically known there. In a similar way, A. Winn concludes that the Roman propaganda announcing the emperor Vespasian as the fulfilment of Jewish messianic prophecy drives Mark’s shaping of his account. Writing to the church in Rome, Mark counters this propaganda by stressing Jesus’ identity and superiority as Messiah, Son of God, and true sovereign. Two secondary objectives that Mark pursues are to encourage the Roman church to remain faithful in the face of persecution and to ease their eschatological anxiety. 21  I. Östenberg, Staging the World: Spoils, Captives, and Representations in the Roman Triumphal Procession (Oxford: Oxford University Press 2009), 111–16; Beard, The Roman Triumph, 93–106. The arch of Titus in Rome depicts this triumph. 22  Incigneri, The Gospel, 156–207. In a similar way, Winn, The Purpose, 153–77, reaches the conclusion that Roman propaganda announcing the emperor Vespasian as the fulfilment of Jewish messianic prophecy drives Mark’s shaping of his account.

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I do believe that the reading of the passion in the Roman Christian community would have evoked the recent political events. These Christians have witnessed in a few years the coming and disappearance of several pretenders to the throne, different emperors, some of whom had divine pretensions, and their fate was the damnatio memoriae. Obviously, some kind of parallelism would resonate in the ears of the Roman Christian gentiles with the story of Jesus, who pretended to be king of the Jews, and ended up with an ignominious death on the cross. The statement of the centurion at the foot of the cross should be read with this background in mind, and it must have served the Markan community in a definitive way.

II. The centurion at the foot of the cross The Roman authorities knew well how to eradicate the memory of the enemies of the Empire, especially of those who attempted to revolt against the omnipotent domination of Rome. To reach this goal, they had one of the cruellest and most heinous of practices, the crucifixion. This was a public affair. Naked and affixed to a cross, the victim was subjected to savage ridicule by passers-by; it was humiliation for him and his family. Generally, crucifixion was a penalty reserved for those of lower status (servile supplicium), dangerous criminals, slaves and the populace of foreign provinces.23 In Judea, it served as a means of asserting Roman authority, maintaining law and as a deterrent against Jewish nationalism, that is, as military and political punishment. Even for the Jewish people, it had a religious meaning, as a divine stigma: “Anyone who is hung on a tree is under the curse of God” (Deut 21:23). Around forty years before those events narrated in the previous section, the Roman authorities carried out the crucifixion of Jesus by the sentence of the procurator Pontius Pilate. According to the inscription on the cross, Jesus had pretended to be a political king of the Jews: this notice would have marked Jesus as a messianic pretender to the throne, like others before him. Pilate’s soldiers mocked Jesus as soldiers were prone to do with imperial pretenders.24 On the other side, the Jewish leaders mocked Jesus on the cross as an act of derision because his shameful death was a clear sign that God was not with him. Jesus’ execution on the cross should have been the eradication of his public memory for the Jewish aristocracy, as well as for 23  M. Hengel, Crucifixion: In the ancient world and the folly of the message of the cross (Philadelphia: Fortress Press, 21978). For the several meanings of the crucifixion, see his summary, pp. 86–90. 24  See how the troops loyal to Vespasian mocked Vitellius (Cass. Dio, 64.20–1).

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The centurion’s statement (Mark 15:39)

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Romans. Even some of his friends saw the events as the “end” of the story and returned home (Luke 24:21). His followers needed to interpret this scandal and legitimize their faith. In that way, the crucifixion accounts are interpreted events. Some information was included to explain this kind of death and surpass the scandal of the cross, as in the case of Mark 15:39. Mark 15:16–24 mentions the presence of Roman soldiers in the execution of Jesus, but it is not until 15:39 that one appears, where the narrative records the presence of an officer with the rank of centurion, who thereupon will be Pilate’s informant for the confirmation of Jesus’ death (Mark 15:44–45). Surprisingly, this Roman military officer made a very high Christological assessment of Jesus. Scholars have analyzed every single word and its possible content. Special attention was given to the predicate of the sentence, “son of God” without the article and to the possible match to the “the son of God”, with article.25 Various explanations have been proposed at the grammatical level, trying to emphasize that the use of the predicate without the definite article is interchangeable with the predicate with the article.26 Apart from this grammatical discussion, the interpretation of the content continues to be debated.27 On one side, some interpretations support the traditional point of view: the words of the centurion constitute a true confessional statement; it could even be the kernel of Markan Christology as an interpretation for the messianic secret. The Roman centurion has seen this man and has identified him as the son of God. Mark presents this military officer as a faithful model of gentile Christianity, which saw the significance of Jesus as son of God revealed par excellence in the drama of the cross.28 What had the centurion seen as unusual in the death of this prisoner to make such a Christian statement? R. Brown believes that the statement is linked to the vision of the rending of the veil of the temple (Mark 15:38), interpreted as a divine response: the torn veil was a demonstration that God had not abandoned Jesus. This signal was given to explain that Jesus was not only

25  E.S. Johnson, “Is Mark 15.39 the Key to Mark’s Christology?”, JSNT 31 (1987) 3–22. 26  About the question of the anarthrous υἱὸς θεοῦ and the difficulty of the meaning, see T.H. Kim, “The Anarthrous υἱὸς θεοῦ in Mark 15,39 and the Roman Imperial Cult”, Biblica 79 (1998) 221–5. 27  According to W.Τ. Shiner, “The ambiguous Pronouncement of the Centurion and the Shrouding of Meaning in Mark”, JSNT 78 (2000) 3–22, the pronouncement is intentionally ambiguous and is used by Mark to allow his audience to hear a deeper meaning while leaving the veil of secrecy intact. 28  C.U. Manus, “The Centurion’s Confession of Faith (Mk 15,39)”, BThA 7 (1985) 261–78, on p. 264. Against this kind of interpretation, however, there are no clues which indicate that the centurion has been converted, because the mere recognition of Jesus’ divine sonship does not necessarily entail conversion. Demons and unclean spirits have done the same.

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innocent, but also that he was closely associated with the divinity.29 This interpretation assumes that the outer veil of the temple could be seen from Golgotha. However, this possibility has been questioned, arguing geographical improbabilities: the outer veil could be seen from the Mount of Olives, but not from the northern part of the city, nor from the Golgotha. On the other side, other research utilizing grammatical, textual and historical evidences contends that the words before the cross cannot be taken as a crux interpretum for Markan theology. The examination of the Roman background of the centurion’s exclamation continues to demonstrate that his statement cannot be understood as a full confession of Jesus as the son of God in Mark’s gospel. E.S. Johnson, one of the most important authors who has challenged the traditional interpretation, has raised questions regarding the historicity of the confession on the lips of the nameless Roman soldier with the rank of a centurion. It is important to understand what experiences Mark’s readers might have had with Roman soldiers of a centurion’s rank, what their general expectations of a centurion might have been, and the way they might have expected a centurion to act at an execution. A pagan Roman soldier would not have had this kind of religious knowledge to confess that Jesus is the only begotten of the true God. He could have considered Jesus as a divine hero, worthy of worship, but not beyond. Johnson argues that it is unlikely that Mark’s readers would find it believable that a professional soldier would risk his career in order to worship a crucified man, because it would be inconsistent with the image of a Roman centurion that the Markan readers probably had: Soldiers ... took religious oaths to the Emperor, praising him as a god or a Son of God... A Roman soldier’s allegiance to the Emperor was expected to be absolute and it is unlikely that Mark’s readers would find it believable that a professional soldier would risk his career in order to worship a crucified man, especially if by such a confession he might be risking his own death for treason. A Roman soldier of a centurion’s rank and experience would be too sophisticated and would have been exposed to too many gods to make that kind of quick judgment at an execution, and Mark’s readers would have known it.30

According to Johnson, the authenticity of the confession does not conform to the historical data. It is highly unlikely that a Roman centurion would make such a bold and public profession while serving in Caesar’s army; and, given the soldier’s frame of reference, it is doubtful that such a confession was even possible. While it is difficult to determine with precision how Mark intends the centurion’s statement to be understood since it could have had such a wide range of meanings to Mark’s readers, it is likely that in the 29  R.E. Brown, The Death of the Messiah: From Gethsemane to the Grave (New York: Doubleday, 1994) 1150–2; D.M. Gurtner, “The Rending of the Veil and Markan Christology: ‘Unveiling’ the ‘ΥΙΟΣ ΘΕΟΥ (Mark 15:38–39)”, BibInt 5 (2007) 292–306. 30  Johnson, “Is Mark 15.39”, 12–13.

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The centurion’s statement (Mark 15:39)

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context of the passion narrative it stands along with other ironic statements at the foot of the cross about who Jesus is. Although the information regarding the Roman soldiers is useful and provides an enriching backdrop, Johnson’s exegesis of Mark 15:39 is influenced, if not determined, by this historical information. That is why other exegetes have taken into consideration other backgrounds, for example, the intersection between Jesus’ crucifixion and the martyrological literature. John Pobee, for instance, has demonstrated that Mark 15 is imbued with martyrological proof-texts from the biblical tradition, including the Psalms and Isaiah.31 An important motif in several of these texts, besides the stock elements of persecution, ridicule, and the miraculous, which all resonate with Mark’s crucifixion scene, is the vindication of the martyr by those responsible for the martyrdom. Typical of these accounts is the conversion of the executioner or authority figure(s), or the absolution of the persecuted by those directly responsible for the hostile acts. Other lines of research have inserted the history of the passion of Mark within the political context. This would constitute a critique of the ideological politics of the empire, and even a parody of the triumphal parades of Nero or Vespasian.32 For T.E. Schmidt, the sacrifice at the cross represents the culmination of Mark’s parable of triumph: Mark is presenting an anti-triumph in reaction to the contemporary offensive selfdivinization efforts of Gaius and especially Nero. In other words, he intends to portray Jesus parabolically to a Roman gentile audience as the true epiphanic triumphator.33

Mark would select and arrange some details of the emperor’s cult to hint at a correspondence between the seeming mockery of Jesus and the futile adoration of the emperor. “The common element is the soldiery, who start out intending to mock but are in the end, in the person of the centurion, compelled to recognize the true Son of God.”34 The subtlety and opacity of this critique is due to the contemporary political climate. In this line of interpretation and based on the work of Incigneri, A. Winn proposes the following interpretation of the statement of the centurion in the 31  J. Pobee, “The Cry of the Centurion – A Cry of Defeat”, in E. Bammel (ed.), The Trial of Jesus: Cambridge Studies in Honour of C.F.D. Moule (SBT 2/13; London: SCM, 1970) 91–102. 32 ���������������������������������������������������������������������������������  On the Markan passion narrative as a parody of the Roman imperial policy see Incigneri, The Gospel. 33  T.E. Schmidt, “Mark 15.16–22: The Crucifixion Narrative and the Roman Triumphal Procession”, NTS 41 (1995) 1–18, on p. 8. For the Jesus’ entry into Jerusalem and its parallelism to the triumphal entries in the ancient world and the significance of the sacrifice offered by the conqueror in the temple of the local god cf. P.B. Duff, “The March of the Divine Warrior and the Advent of the Greco-Roman King: Mark’s Account of Jesus’ Entry into Jerusalem”, JBL 111 (1992) 55–71, on pp. 58–62. 34  Schmidt, “Mark 15.16–22”, 18.

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Roman community, after the triumphal procession of the emperor Vespasian and Titus. The title “son of god” was commonly adopted especially by Roman emperors of the Julio-Claudian dynasty.35 Given the situation of Mark’s community in Rome and the close association between Roman emperors and the title son of God, Mark’s readers see the parallel that the evangelist has created between Jesus and the emperor. With this title, Jesus is placed in the same category as the Roman rulers. This identity of Jesus “directly opposes both Vespasian’s propagandistic claims and his imperial identity. Mark presents Jesus as Messiah, rejecting the Flavian propaganda that Vespasian was the fulfilment of Jewish messianic prophecy.”36 Jesus also usurps Vespasian’s claim that he is the ruler of the world. However, some members of the Roman Christian community would have doubted these Christological claims. For this reason, Mark had to offer two stories in which a divine voice confirms Jesus’ identity (Mark 1:11; 9:7). The divine appointment of Vespasian to the Principate (through the oracle on Mt. Carmel and the vision in the temple of Serapis) was relevant to Flavian propaganda. Against this political message, Jesus had direct divine confirmation of his identity. To sway his readers and re-establish Jesus’ legitimacy, Mark demonstrates that Jesus’ power surpasses Vespasian’s, and presents Jesus as a powerful exorcist, healer, prophet, benefactor, with power over nature. Mark’s readers have to make a choice. They could follow the current emperor or they could follow the true ruler, who is now in heaven and would soon return. I find Winn’s proposal suggestive. However, before taking into consideration the figure of Jesus as a counter-propaganda against Vespasian, the evangelist needed to rehabilitate Jesus’ memory. That was the first purpose of the centurion’s statement.

III. The restitutio memoriae At the historical level, as Johnson has underlined, it is not possible to consider that a pagan centurion could have made such a statement only as a result of the previously recounted events, such as the darkness, the cry of the defendant, his breathing out or because the centurion could have witnessed the tearing of the Temple’s veil, which geographically would be highly 35 ���������������������������������������������������������������������������������  Kim, “The Anarthrous”, 125, argues that the title “son of god” was unique to Augustus: “The name ‘son of god’ was reserved only for Augustus because it was a personal name, not a mere title”. 36  Winn, The Purpose, 181; see further pp. 180–94. On the parody and mockery of the cross, cf. J. Marcus, “Crucifixion as Parodic Exaltation”, JBL 125 (2006) 73–87.

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unlikely. Nor could such a theological statement be inferred from his report submitted to Pilate about the death of the condemned (vv. 44–45). I, therefore, consider that the verse is a redactional work of the evangelist. As R. Bultmann had verified, the account of Jesus’s death is heavily distorted by the legend: the powerful signs at the death of Jesus and their profound impact on the pagan viewer are legendary developments.37 The objective of introducing this verse, apart from creating a theological statement, where Jesus is recognized as son of God at the beginning (1:1; 1:11) and at the conclusion (15:39), could be sought in the political context of the readers and the author. By Mark’s day, the Roman emperor had gained a supreme position in the empire during his life and after death. The accession of a new emperor was not only a decisive political event in Rome, but also the cardinal moment around which clustered the elements of the imperial propaganda and ritual. Ruler worship became part of the social, political and religious life of the Romans, which evoked a picture of the relationship between the emperor and the gods. This happens officially after his death through the apotheosis. But the citizens, wanting to express their loyalty to the princeps, applied divine attributes to the still living emperor. That was what the Roman citizens did in the years before Mark’s composition. Nevertheless, they have seen that none of the last four rulers had become divi filii. They committed suicide or were killed by their own people (soldiers) and they were denigrated in different ways. Four emperors suffered in a year the damnatio memoriae. The emperors try to eradicate the public memory of their predecessors and they were not rehabilitated with public honours.38 The proclamation of a new age of ideal government under the ideal ruler was far away in the horizon. In this context, the Roman Christian readers could interpret the death of Jesus on the cross as the eradication of his memory. It would be difficult to explain to a Jewish or gentile Christian that God’s son could have ended his life in this way. For a gentile Christian, the manner of Jesus’ death would probably debar him from receiving the apotheosis. Those who died violently, such as those crucified, were not even guaranteed a restful death or a burial. Thus, a later tradition, or Mark, added to the story of the passion the statement of a Roman officer as rehabilitation of his memory, a fact that did not happen to the emperors in the years 68–70. For the readers of Mark, God has already re-vindicated and re-confirmed Jesus as son of God. Now, the same military authority who had executed him recognizes his divinity. Despite the kind of 37  R. Bultmann, Die Geschichte der synoptischen Tradition (FRLANT 29; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 91979), 296. 38  Cf. the Roman legal process for the abolitio memoriae and its restitutio, F. Amarelli, Itinera ad Principatum: Vicende del potere degli imperatori romani (Napoli: Lezioni Jovene Editore, 2010), 127–74.

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death that Jesus bore, this representative of Rome declared of him: “Truly, THIS man was son of God”, and not the other men who were emperors but never the “sons of god”; instead, everyone became hostis publicus and usurper of the empire. The Roman centurion confesses of Jesus what he should confess of the Roman emperor. The facts however showed that they were not worthy of being sons of god. The emperors are not the sons of god; Jesus, the crucified messiah, is. The officer ascribes to Jesus what he should ascribe to the emperors: truly, those men were not divi filii. Instead, Jesus is really son of God. That is what Mark’s early readers would have associated with the statement of the soldier. Mark’s use of the title υἱὸς θεοῦ must have had a great impact upon the readers, because not only did the name echo the language of the Roman emperor worship but also directly challenged the most revered figure of the cult in contrast to the dismal reality of the time. It is ironic that one of the officers of the same troops who acclaimed Vespasian a few months before in Palestine as emperor after the bitter civil wars, now, in the Markan account, declared in Judea that the true son of God is on a cross. This is the ironic discourse of dominated groups, who, unable to express openly their resistance, develop strategies of ironic and “hidden transcripts” to criticize the dominant authority outside the public arena and that go unnoticed by those in power. However, the main purpose of the text was not criticism for criticism’s sake, but to confirm the belief of the group: “Truly this man was son of God.”

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Ulrich Luz

Die Geburtsgeschichten Jesu und die Geschichte

Zu diesem Thema einen Aufsatz schreiben zu wollen, mag fast absurd scheinen. Was haben denn die in den Evangelien überlieferten Geburtsgeschichten Jesu mit Geschichte zu tun? Die Geburtsgeschichten Jesu in Mt 1,18–2,23 und Lk 1,5–2,40 sind unabhängig voneinander entstanden – so urteilen heute fast alle Forscher mit Recht. Ihre historische Basis ist allein deshalb sehr dünn und brüchig. Gilt dies schon für die kanonischen Evangelien, so umso mehr für die relativ wenigen apokryphen Evangelien aus dem zweiten oder dritten Jahrhundert, welche eine Geburtsgeschichte enthalten. Das Protevangelium des Jakobus setzt die Kindheitsgeschichten des Matthäus- und des Lukasevangeliums voraus. Die Kindheitsgeschichten des Thomas füllen den durch Lk 2,40 überbrückten Zwischenraum und enden mit einer Variation der Erzählung vom Zwölfjährigen im Tempel (EvInfThom 19 = Lk 2,41–52). Das von den Ebioniten gebrauchte „Matthäusevangelium“ enthielt keine Kindheitsgeschichten: Epiphanius berichtet, ihr Evangelium beginne mit dem Auftreten Johannes des Täufers, der „in den Tagen des Herodes, des Königs von Judäa, unter dem Hohenpriester Kajaphas“ am Jordan zu taufen begonnen habe (haer. XXX 14,3; vgl. XXX 13,6).1 Diese Information passt zum Wissensstand des Irenäus: Nach ihm haben die Ebioniten ein Matthäusevangelium benutzt (haer. I 26,2; III 11,7), aber die Jungfrauengeburt abgelehnt (haer. III 21,1; V 1,3). Die jüngst von Brent Landau unter dem Titel „Offenbarung der Magier“ neu bekannt gemachte Chronik von Zuqnin, ein Text, der in seinem Kern ins 2. Jh. zurückgehen könnte, enthält eine theologisch hoch interessante Variation des Magierstoffs von Mt 2; sie ist gegenüber Mt 2 aber klar sekundär.2 Der einzige mir bekannte Text, der vielleicht von den matthäischen Geburtsgeschichten unabhängige Traditionen enthält3, ist die am Schluss der jüdisch-christlichen Ascensio Jesaiae eingefügte 1  Texte bei Schneemelcher, Apokryphen, 119.140f. Die Texte enthalten eindeutige Reminiszenzen an Lk 3,2f und setzen die Geburtsgeschichte des Johannes nach Lk 1 voraus. 2  Vgl. Landau, Revelation (englische Übersetzung und kurze Einführung). Eine ausführliche wissenschaftliche Untersuchung des Textes vom selben Verfasser wird unter dem Titel: „The Sages and the Star-Child. ��������������������������������������������������� An Introduction to the Revelation of the Magi“ demnächst publiziert werden. 3  Norelli, Traditions, 47–50. Nach Norelli basieren der Text von Mt 1f und der Text von AscJes 11 auf einer gemeinsamen Quelle.

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Vision des Jesaia. Sie entspricht in ihrem ersten Teil der matthäischen Geburtsgeschichte Mt 1,18–25; 2,23, weiß aber nichts von den Magiern, dem Kindermord und einer Flucht nach Ägypten. Dafür enthält sie die bei Matthäus fehlende Schilderung der Geburt Jesu (AscJes 11,2–15). Kurz: Fragen wir nach dem, was die Geburtsgeschichten an historischen Informationen enthalten könnten, so müssen wir uns an die kanonischen Evangelien halten. Es empfiehlt sich, entsprechend dem Kriterium der Mehrfachbezeugung nach der Historizität derjenigen Informationen zu fragen, die in beiden Evangelien gleich überliefert sind. Es sind nicht ganz wenige,4 aber es fällt auf, dass die „Mehrfachbezeugung“ in der Regel nur eine Zweifachbezeugung ist, die sich auf die beiden Geburtsgeschichten beschränkt. Innerhalb des Neuen Testaments bleiben die Geburtsgeschichten isoliert; was sie erzählen, findet in anderen Texten kaum einen Niederschlag.5 An historischen Informationen gehört dazu: 1. Die Geburt Jesu unter Herodes dem Großen (Mt 2,1; vgl. Lk 1,5 [anders Lk 2,1f]); 2. Die Geburt Jesu in Betlehem (Mt 2,5f; Lk 2,4.15) und die Übersiedlung/ Rückkehr an den (neuen) Wohnort Nazaret (Mt 2,22f; Lk 2,39); 3. Josef ist Davidide (Mt 1,6.16; Lk 1,27; 2,4; 3,23.32); 4. Die Jungfrauengeburt als Wirkung des Heiligen Geistes (Mt 1,18–25; Lk 1,26–38); 5. Maria ist mit Josef verlobt (Mt 1,18–20; Lk 1,27; 2,5). Darüber hinaus sind beiden Geburtsgeschichten eine ganze Reihe von Erzählzügen gemeinsam: Dazu gehören Angelophanien (mit vielen gemeinsamen Epiphanie-Motiven), Geburtsanzeigen mit Namensgebung und die beiden Genealogien. Sehr ähnlich ist auch der christologische Skopus der beiden Geburtsgeschichten: in beiden wird Jesus als künftiger davidischmessianischer König eingeführt. In beiden ist er „Retter“ seines Volkes von dessen Sünden (Mt 1,21; Lk 1,77; vgl. 2,11.30) und Sohn Gottes. Beide kennen eine universalistische Perspektive: Jesus wird den Heiden den Zugang zum Gott Israels öffnen. Natürlich ist beiden Geburtsgeschichten auch der Rückbezug auf die Bibel gemeinsam, auch wenn die in ihnen zitierten oder evozierten Texte, Gestalten und Motive ziemlich verschieden sind. Alle 4  Übersichtliche Listen der Gemeinsamkeiten finden sich z.B. bei Brown, Birth, 34f; Fitzmyer, Gospel, 307; am ausführlichsten bei Corley, Perspectives, 200f. 5  Schweizer, Evangelium, 11, weist darauf hin, dass sogar in den Zusammenfassungen der Geschichte Jesu in der Apostelgeschichte die lukanischen Geburtsgeschichten keine Rolle spielen.

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Die Geburtsgeschichten Jesu und die Geschichte

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diese Übereinstimmungen sind bemerkenswert: Sie zeigen ein hohes Maß an christlichen „common beliefs“ und weisen auf die prägende Kraft der Bibel Israels hin, ohne welche die Geburtsgeschichten gar nicht hätten erzählt werden können. Die Aufgabe, welche ich mir im Folgenden stelle, ist eine doppelte: Einerseits möchte ich nochmals die Frage stellen, was die Geburtsgeschichten an historischen Informationen enthalten. Dabei werde ich vom zum Klassiker gewordenen Lehrbuch von Gerd Theißen und Annette Merz ausgehen und fragen, ob sich über das hinaus, was sie dazu gesagt haben, irgendetwas sagen lässt (Abschnitt I). Wichtiger ist mir aber eine zweite, viel seltener gestellte Frage: Haben die Evangelisten selbst die Geschichten, die sie über die Geburt Jesu erzählten, für wirklich geschehen gehalten? Wenn ja, in welcher Weise und wodurch waren diese für sie Geschichte? Damit ist die Frage nach dem Geschichts- und Wirklichkeitsverständnis der Evangelien gestellt, das sich von unserem eigenen wesentlich unterscheidet (Abschnitt II).

1. Beruhen die Geburtsgeschichten auf historischen Fakten? Theißen/Merz kommen fast nur in drei Zusammenhängen auf die Geburtsgeschichten zu reden. (1) Der erste betrifft das Geburtsjahr Jesu. Ihr vorsichtiges Fazit lautet: „Das Geburtsjahr Jesu lässt sich nicht ermitteln, eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht für die letzten Regierungsjahre Herodes des Großen.“6 Ihre Argumente möchte ich nur kurz andeuten: Eine vorsichtige Auswertung der übereinstimmenden Aussagen von Mt 2,1ff und Lk 1,5, eine ebenso vorsichtige Auswertung der astronomischen Überlegungen zum „Stern“ von Mt 2,2ff, Skepsis gegenüber dem lukanischen reichsweiten Zensus (Lk 2,1f), der so wie ihn Lukas beschreibt – zur Zeit, als Quirinius Legat in Syrien war (wahrscheinlich 6/7 n. Chr.) – nicht stattgefunden hat. Kommt man hier weiter? Michael Wolter hat versucht, den zeitlichen Abstand zwischen der Geburt des Johannes und derjenigen Jesu zu verlängern und den Widerspruch zwischen Lk 1,5 und 2,1f möglicherweise sogar aufzuheben: Er weist – mit Recht – darauf hin, dass ἐν ταῖς ἡμέραις ἐκείναις (Lk 2,1) auf den in Lk 1,80 genannten längeren Zeitraum des Heranwachsens des Täufers zurückverweise und kaum auf die weit zurückliegende Zeitangabe von Lk 1,5 (in den Tagen des Herodes). Weniger einleuchtend scheint mir seine These, dass die allgemeine Aussage der Elisabeth εὐλογημένος ὁ καρπὸς τῆς κοιλίας σου (Lk 1,42) keineswegs voraussetze, dass Maria bereits

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 Theissen/Merz, Jesus, 151.

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schwanger sei.7 Denn sowohl der der Leibesfrucht Marias in 1,42 direkt zugesprochene Segen als auch die Anrede Marias als „Mutter meines Herrn“ in 1,43 veranlasst m.E. die Leserinnen und Leser, die im Text bestehende Leerstelle so aufzufüllen, dass sie bereits schwanger ist. Außerdem müsste Wolter die Zeit der Verlobung Marias, die bereits Lk 1,27 erwähnt ist, auf mehrere, im Falle einer völligen Harmonisierung der Zeitangaben auf mehr als zehn Jahre verlängern, was doch wohl undenkbar ist.8 Ich bleibe also bei der traditionellen Interpretation und damit bei einem unaufhebbaren, von Lukas nicht bemerkten Widerspruch zwischen den Zeitangaben von Lk 1,5 und 2,1f. Damit bleibe ich auch beim vorsichtigen Urteil von Theißen/Merz: Jesus wurde wahrscheinlich in den letzten Regierungsjahren von Herodes dem Großen geboren. (2) Die zweite von Theißen/Merz anhand der Geburtsgeschichten erörterte Frage betrifft den Geburtsort Jesu. Matthäus und Lukas stimmen darin überein, dass Jesus in Betlehem geboren wurde. Damit hört die Übereinstimmung aber bereits auf: Mt 2 setzt voraus, dass der Davidide Josef dort wohnt und vermutlich sogar ein Haus hat (Mt 2,11). Nur wenn die Familie in Betlehem wohnt, macht es Sinn, dass Herodes alle Kinder aus Betlehem und Umgebung bis zum Alter von zwei Jahren töten lässt. Die Übersiedlung der Familie nach Nazaret in Mt 2,22f ist also nicht, wie bei Lukas, eine Rückkehr; vielmehr zieht die Familie Jesu erstmals dahin. Bei Lukas hingegen ist Nazaret Wohnort der Maria (Lk 1,26) und vermutlich auch ihres Bräutigams Josef. Von dort zieht sie ins Bergland von Juda, um ihre Verwandte Elisabeth zu besuchen (Lk 1,39). Von dort zieht dann auch der Davidide Josef in „seine Stadt“, um sich mit seiner Braut einschätzen zu lassen (Lk 2,3ff). Nach ihrer Reinigung im Tempel kehren sie mit dem Jesuskindlein an ihren Wohnort Nazaret zurück (Lk 2,39). Theißen/Merz folgen dem Johannesevangelium und dem Markusevangelium, die voraussetzen, dass Jesus aus Nazaret stammt und die von einer Geburt in Betlehem nicht nur nichts wissen (Mk 6,1; Joh 1,45f), sondern sie – so Joh 7,41f – ausdrücklich verwerfen: Als Messias müsste Jesus ja aus Betlehem kommen. Er ist aber Galiläer, also nicht der Messias. Das Fazit von Theißen/Merz ist eindeutig: „Jesus stammt aus Nazareth. Die Verlagerung des Geburtsortes nach Bethlehem ist ein Ergebnis religiöser Phantasie.“9 Auch dem ist nichts beizufügen. (3) Dass Josef Davidide war, wird nicht nur durch die beiden Geburtsgeschichten direkt bezeugt. Vielmehr ist die Überzeugung, dass Jesus „nach 7  Wolter, Maria, 410–416; vgl. ders., Lukasevangelium, 98.121. 8 ������������������������������������������������������������������������������������  In jüdischen Texten ist zwar nicht die Zeitdauer der Verlobung, wohl aber die Zeitdauer von der Aufforderung zur Heirat bis zur Hochzeit auf maximal zwölf Monate begrenzt (mKet 5,2). 9  Theissen/Merz, Jesus, 158.

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dem Fleisch aus dem Samen Davids stammt“ (Röm 1,3), im frühen Christentum weit verbreitet (vgl. Mk 10,47f; 2Tim 2,8) und wird auch durch die auf Hegesipp zurückgehende Überlieferung, dass Großneffen Jesu in der domitianischen Verfolgung deswegen verhört worden seien (Eusebius, h.e. III 20,1–6), gestützt. Allerdings scheint auch Jesu davidische Abstammung schon früh von jüdischer Seite bestritten worden zu sein (Joh 7,42). Auffällig ist, dass sie sowohl im alten Bekenntnis Röm 1,3f als auch in den Geburtsgeschichten (Mt 1,18–25; Lk 1,32f.35) in verschiedener Weise durch die Gottessohnschaft überhöht worden ist. Ein selbständiges und übergeordnetes christologisches Interesse haftete also an der Davidssohnschaft Jesu nicht. Gerade deshalb muss man wie Theißen/Merz „mit der Möglichkeit rechnen, daß sich die Familie Jesu tatsächlich davidische Abstammung zuschrieb“.10 (4./5) Über die Historizität der Jungfrauengeburt, die in beiden Geburtsgeschichten auf das Wirken des Heiligen Geistes zurückgeführt wird (Lk 1,35; Mt 1,18.20), und – damit zusammenhängend – über die Verlobung Marias mit Josef schweigen Theißen/Merz, obwohl gerade das Nebeneinander beider Informationen großes historisches Interesse geweckt hat: Jesus wurde offensichtlich vor der Hochzeit des Josef und der Maria gezeugt. Zu den Informationen in den Geburtsgeschichten treten zwei auffällige und heiß diskutierte Bibelstellen: In der textkritisch umstrittenen11 Stelle Mk 6,3 sagen die Nazarener: „Ist dieser nicht der Zimmermann, der Sohn Marias und Bruder des Jakobus, des Joses, des Juda und des Simon?“ Warum wird der Vater Josef hier – im Gegensatz zur üblichen Patronymie – nicht genannt? Es gibt hierzu viele Erklärungsversuche: Der wahrscheinlichste ist nach wie vor der traditionelle, dass Josef damals nicht mehr lebte. Die andere, hier oft angeführte Stelle ist die Aussage der Juden in Joh 8,41: „Wir sind nicht aus Unzucht hervorgegangen; wir haben einen einzigen Vater, Gott!“ Auch hier liegt wahrscheinlich kein Hinweis auf eine uneheliche Geburt Jesu vor, sondern biblische Sprache (vgl. Hos 1,2; 2,6 etc.). Trotzdem bleibt die Verbindung der Jungfrauengeburt mit dem Wissen darum, dass Maria mit Josef (nur!) verlobt war, auffällig. Jüdische Polemik hat sich dieses Wissen bekanntlich zunutze gemacht und es auf ihre Weise interpretiert: Es taucht in der Christenpolemik des Celsus auf, der sich auf einen jüdischen Gewährsmann beruft: Jesus sei der Sohn einer einfachen Spinnerin gewesen, die von ihrem Verlobten, einem Zimmermann, wegen 10  Ebd., 184. 11  Ein Teil der textlichen Überlieferung, vielleicht schon P45, passt an Mt 13,55 an und liest: TOΥ TEKTONOΣ ΥΙΟΣ. Was auch immer die Gründe für diese matthäische Textänderung gewesen sein mögen: Es ging dem Evangelisten Matthäus, der die Jungfrauengeburt kannte und bejahte, sicher nicht darum, sie abzulehnen, und auch nicht darum, anzudeuten, dass eben die ungläubigen Nazarener Jesus für den Sohn des Zimmermanns Josef hielten (eine solche versteckte Ironie liegt auch in Mt 13,55b und Mt 13,56 nicht vor).

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Ehebruchs mit einem Soldaten namens Panthera verstoßen worden sei (Origenes, Cels. I 32; vgl. I 28). Die Jungfrauengeburt wird in Cels. I 28 als von Jesus selbst in die Welt gesetzter Betrug erklärt, mit dem er seine illegitime Geburt verschleiern wollte. Diese Angabe wird in Cels. I 28 mit der Ägypten-Tradition verbunden; es ist also deutlich die Abfolge von Mt 1,18–2,21 vorausgesetzt. Eine ähnliche Erklärung der Geburt Jesu taucht später im babylonischen Talmud auf.12 Auch in moderner wissenschaftlicher Literatur sind solche Erklärungen nicht ausgestorben: Nach Morton Smith hat sich Jesus wahrscheinlich in Ägypten als Magier ausbilden lassen.13 Nach Bruce Chilton war er ein mamzer, ein Bastard, genauer: ein vorehelich gezeugtes Kind.14 Jane Schabert vermutet, Maria könnte vergewaltigt worden sein: Wenn Matthäus und Lukas beide betonten, Jesu Zeugung sei ein Werk des Heiligen Geistes, so höben sie bewusst den Makel auf, der durch ein außereheliches Kind an Maria haftete. Ihre These von der Geistzeugung ist dann gleichsam eine Protestinterpretation.15 Die jüdische Tradition, die Celsus in seiner Polemik aufnimmt, setzt m.E. den Erzählungsfaden von Mt 1f eindeutig voraus, auch die Jungfrauengeburt. Sie ist also eine Reaktion auf die Jungfrauengeburt, nicht umgekehrt. Aber dennoch bleibt die Verbindung der Jungfrauengeburt mit dem Traditionswissen, dass Maria die Verlobte und noch nicht die Ehefrau Josefs war, auffällig. Hellenistische Parallelen, etwa die Geburtslegenden über Plato oder Alexander den Großen, aber auch die mit Mt 1 viele Berührungen aufweisende jüdische Überlieferung von der „Jungfrauengeburt“ des Melchisedek durch die schon alte, bisher kinderlose Ehefrau des Nir, Sopanima, in 2Hen 71 zeigen, dass Geburten durch göttliche Einwirkung auch von verheirateten Frauen erzählt werden konnten. Dass Maria mit Josef erst verlobt war, ist also kein typisches Begleitmotiv einer übernatürlichen Geburt, sondern muss erklärt werden. Aber wie? War Jesus vielleicht doch ein außereheliches Kind, evtl. ein voreheliches Kind von Maria und Josef? Ich weiß es nicht.

12  Vgl. bSan 67a; bShab 104b. Zur Interpretation Schäfer, Jesus, 29–49. 13  Smith, Jesus, 86–88. 14  Chilton, Rabbi Jesus, 6–13. 15  Schaberg, Illegitimacy, 74–77.138–143.151–153. Sie findet in Lk 1,27.48 stehen gebliebene Anspielungen auf Dtn 22,23–27.

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2. Hielten die Evangelisten die Geburtsgeschichten für „wirkliche“ Geschehnisse? Im zweiten Teil dieses Aufsatzes frage ich nach den Evangelisten. Waren die Evangelisten selbst der Meinung, dass das, was sie in den Geburtsgeschichten erzählten, „wirklich geschehen“16 ist? Oder haben sie die Geburtsgeschichten bewusst fingiert, etwa nach der Art einer frei erfundenen Haggadah oder einer im weitesten Sinn midraschartigen Erzählung? Ich gehe in mehreren Schritten vor. In einem ersten Abschnitt (2.1) stelle ich die Vorfrage nach den Quellen, welche die Evangelisten benutzten. Haben sie Quellen benutzt, so waren es mindestens nicht sie, sondern frühere Erzähler, welche die Geschichten fingiert haben; für sie waren sie dann bereits Teil der Tradition (welche sie natürlich auf unterschiedliche Weise verstehen konnten). In einem zweiten Abschnitt (2.2) möchte ich mithilfe eines kurzen Rundblicks in die Umwelt die Frage stellen, welche Möglichkeiten es damals überhaupt gab, einen narrativen Text als Fiktion zu erkennen. Ein dritter Abschnitt (2.3) gibt einen kurzen Forschungsüberblick. Ein vierter und fünfter Abschnitt schließlich wendet sich den matthäischen (2.4) bzw. den lukanischen Geburtsgeschichten (2.5) zu.

2.1 Die Quellen der Geburtsgeschichten Für Mt 1,18–2,21 ist die Sachlage verhältnismäßig einfach. Viele Forscher sind sich darin einig, dass Mt 1,18–2,21 nach dem Modell eines weit verbreiteten Erzählungskranzes von der Geburt, der Verfolgung und der Rettung eines königlichen Kindes erzählt ist, den es z.B. bei Abraham, Mose, Zarathustra, Kypselos, Kyros, Mithridates, Romulus und Remus, Gilgames, Krischna und anderen gibt. Am nächsten sind die Parallelen zu den Geburtsgeschichten des Mose, welche den ersten Erzählern von Mt 1,18–2,21 sicher bekannt waren. Man rechnet also mit einem traditionellen Erzählungskranz, der vermutlich vom Evangelisten Matthäus erstmals verschriftlicht wurde.17 Matthäus ist auch für die Einfügung der Erfüllungszitate verantwortlich, die zwar manchmal schon mit entsprechenden Erzählstoffen verbunden gewesen sein könnten, aber von Matthäus ausgewählt, mit seiner Erfüllungsformel eingeleitet und seinem christologischen und heilsgeschichtlich-geo16  Ich setze dies in Anführungszeichen, um anzudeuten, dass die Frage nach der Faktizität eines Geschehens eine moderne Frage ist, welche die Evangelisten so vielleicht gar nicht stellen konnten. 17  Deshalb gibt es in Mt 1,18–2,21 überdurchschnittlich viel matthäisches Vorzugsvokabular.

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graphischen Programm dienstbar gemacht wurden. Hierüber besteht ein relativ breiter Konsens.18 Weniger wahrscheinlich ist m.E., dass Mt 1,18–25 und Mt 2,1–21 in der Tradition voneinander ganz unabhängig waren.19 Nicht durchsetzen konnten sich auch weitergehende und detailliertere traditionsgeschichtliche Schichtungsvorschläge für einzelne Textabschnitte, wie sie z.B. R. Brown für Mt 1,18–25 und Davies/Allison für den ganzen Textabschnitt vorgeschlagen haben.20 Die durchgehende matthäische Bearbeitung des mündlich überlieferten Erzählkranzes erlaubt m.E. solche Thesen nicht. Sie sind für uns auch gar nicht wichtig. Wichtig ist allein die Feststellung, dass der Evangelist einen in der Gemeinde bekannten Erzählkranz verschriftlicht, akzentuiert und durch seine Erfüllungszitate mit dem Ganzen seiner Jesuserzählung verbunden hat: Sie setzen wichtige christologische Akzente, die durch den Fortgang der Erzählung vertieft werden.21 Ihre geographischen Angaben präludieren den Weg Jesu und seiner Jünger von Israel zu den Völkern.22 Matthäus erzählt also in Kapitel 1f seinen Leserinnen und Lesern bzw. Hörerinnen und Hörern vermutlich bekannte Geschichten vom Jesuskind. Dass sie bekannt waren, zeigt sich an diversen Leerstellen, welche sie aus ihrem Traditionswissen auffüllen können: Die wichtigste dieser Leerstellen ist die nicht erzählte Geburt Jesu (zwischen Mt 1,25 und 2,1). Auffällig ist auch, dass in Mt 1,18 Maria und Josef nicht eingeführt werden. Auch über die Geistzeugung Jesu wissen die Leser Bescheid: Der Engel braucht ihnen in Mt 1,18 nicht zu erklären, was er in Mt 1,20 dem Josef erklären wird. Sowohl Mt 1,18–22 als auch Mt 2,13–21 sind ausgesprochen knapp erzählt: Diese Episoden sind eher Erzählgerippe mit den wichtigsten Informationen als ausgeführte Erzählungen. Heutige Leser füllen die Leerstellen und diese Erzählgerippe selbstverständlich auf, z.B. durch bibelkundliches und anderes Wissen oder durch die Erfahrungsperspektive der Maria, die sie aus dem Lukasevangelium kennen. Hatten die Erstrezipientinnen und -rezipienten von Mt 1f vergleichbare Möglichkeiten? Der Evangelist Matthäus hat also Mt 1,18–2,21 nicht „ex nihilo“ erfunden. Die Frage lautet also: Wie hat er die ihm überlieferten Traditionen verstanden? Als Berichte über Geschehnisse oder als fromme Haggadah? Die allfälligen „Erfinder“ unserer Geschichten sind uns unbekannte Erzähler in den vormatthäischen Gemeinden. 18  Z.B. Davies/Allison, Gospel, 190–195; Gnilka, Matthäusevangelium, 15f.33– 35.47–49; Keener, Matthew, 81–83; Luz, Evangelium, 125.190–193. 19  So z.B. Hagner, Matthew, 23. 20  Brown, Birth, 155–159; Davies/Allison, Gospel, 194f. 21  Gottessohn (Mt 1,23; 2,15): Vgl. Mt 3,13–4,11; Immanuel (Mt 1,23). 22  Betlehem (Mt 2,6); Ägypten (Mt 2,15); Rama (Mt 2,18); Nazaret (Mt 2,23); am Ende des bis Mt 4,16 reichenden Prologs: Galiläa der Heiden (Mt 4,15).

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Komplexer und umstrittener sind die Quellenfragen bei Lk 1f. Adolf Harnack schrieb im Jahre 1906, dass Lukas die ersten beiden Kapitel seines Evangeliums verfasst habe, weil ihr „Wortschatz, Sprachcharakter und Stil […] total lukanisch“ sei.23 In seinem etwas mehr als hundert Jahre später geschriebenen glänzenden Lukaskommentar kommt Michael Wolter grosso modo zum selben Ergebnis: Fast überall stellt er fest, dass man „Lukas […] für den ersten Erzähler auch dieser Episode zu halten habe“, auch wenn er durchaus auf christologische oder biographische Einzeltraditionen zurückgegriffen haben könne.24 Zu möglichen vorlukanischen Quellen des Magnifikats stellt er beispielsweise fest, dass „die jeweiligen Entscheidungen“ der Forscher „sich durchweg außerhalb eines objektivierbaren methodischen Plausibilitätssystems bewegen“.25 Ein hartes, aber m.E. im Wesentlichen zutreffendes Urteil! Die Quellenforschung an den lukanischen Geburtsgeschichten wurde wesentlich angestoßen durch die Beobachtung von Martin Dibelius, dass eine wie auch immer geartete „Unterlegenheit des Täufers“ gegenüber Jesus „in der Geburtsgeschichte des Täufers überhaupt nicht hervortrete“, dass diese also täuferischer Herkunft sein müsse.26 Diese Beobachtung ist zwar richtig, die daraus gezogene Schlussfolgerung aber nicht zwingend, denn in den lukanischen Geburtsgeschichten lässt sich fast ausnahmslos alles ungezwungen lukanisch deuten, auch die hohe Würde des Täufers: Joseph Verheyden hat jüngst gezeigt, dass nicht die Abwertung, sondern die Überbietung des Täufers lukanisch ist: Der Täufer ist groß, Jesus ist noch größer: „The greater the first, the greater still the second.“27 Ist die Geschichte der Versuche, Quellen von Lk 1f zu isolieren, die Geschichte eines Holzweges? Ich denke: Zum größeren Teil ja. Sie führte fast nur dann zu übereinstimmenden Resultaten, wenn die Thesen vage, allgemein und unscharf blieben.28 Man kann zwar postulieren, dass Lukas traditionelle Legenden neu erzählt,29 aber es ist schwer zu sagen, wie sie vor Lukas ausgesehen haben, da im heutigen Text alles, die Gestaltung im 23  Harnack, Beiträge, 69. 24  Wolter, Lukasevangelium, 85 (zu Lk 1,26–38). 25  Ebd., 99 26  Dibelius, Jungfrauensohn, 3. 27  Verheyden, Difference, 160. 28  Beispiele für ins Detail gehende Vorschläge für Quellenscheidung, die sich nicht durchgesetzt haben: Schweizer, Evangelium, 10f, nimmt an, dass Lk 1,5–24a.46– 48a.49–55.57–66.68–75 aus Täuferkreisen stammen und wahrscheinlich bereits vor Lukas durch Jesustraditionen ergänzt wurden. Lk 2,8–20 sei eine Einzeltradition; auch Lk 2,3–7.22– 38.42–51a sei wohl eine vorlukanische Tradition. Nach Radl, Lukas, 44.57f.75–77.87– 89.107–109.124f, sind wahrscheinlich lukanisch: Lk 1,5a.10.13c.15c.21.20a.21.23ab; ein Großteil von Lk 1,26–38; 1,39–41a.(43–45).48b.55a (ursprünglich sei eine Angelophanie vor Elisabeth erzählt worden; das traditionelle Magnifikat sei ein Hymnus der Elisabeth). 65– 67.69f.80; 2,(1–7).(15).19.21.(22–24).(28–33).37b.39b.40. 29  So z.B. Bovon, Lukas, 47f.; Klein, Lukasevangelium, 46.

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Einzelnen, das Vokabular, der Stil und die Komposition, lukanisch ist. Der Text von Lk 1f ist sprachlich voller Semitismen, aber diese Semitismen sind alle als Septuagintismen verstehbar.30 Lukas beherrscht die Kunst der Stilvariation meisterhaft, so dass die Tatsache, dass in Lk 1f die Dichte der Septuagintismen viel höher ist als in anderen Teilen seines Evangeliums, ebenso gut auf seinen Gestaltungswillen zurückgehen kann wie auf von der LXX geprägte Quellen.31 Auf der anderen Seite gibt es auch in Lk 1f eine beachtliche Zahl von Gräzismen,32 die zeigen, dass es ein griechischsprachiger Schriftsteller ist, der hier biblisches Sprachkolorit schafft oder übernimmt. Es ist ferner unbestreitbar, dass die Geburtsgeschichten, vor allem diejenigen von Lk 1, in ganz hohem Maße von alttestamentlichen Vorbildgeschichten geprägt sind – vor allem Simson (Ri 13), Sarah (Gen 18) und Hannah (1Sam 1f) sind wichtig. Aber das kann sowohl auf Lukas, wie auch auf eine Quelle, wie auch auf die Harmonie beider weisen. Spannungen und Brüche, die wirklich deutlich auf das Vorhandensein von Quellen weisen, gibt es kaum. So bleibt es bei der Feststellung: Ein ausgezeichneter griechischer Stilist, der in der Sprache und in der Motivwelt der griechischen Bibel völlig zu Hause ist, erzählt die Geburt des Johannes und Jesu in biblischem Stil und als Teil der Geschichte Israels. Bedenke ich, was von der ganzen Quellenforschung an Lk 1f übrig bleibt, so ist es wenig: 1. Es ist ganz unwahrscheinlich, dass Lukas, nachdem er in Lk 1,1–4 von Vorgängern gesprochen und seine Absicht bekundet hat, selber alles, was sich ereignet hat, „von Anfang an“, „genau“ und „der Reihe nach“ aufzuschreiben, um so „Sicherheit“ (ἀσφάλεια) für Theophilos zu schaffen, von V. 5 an einfach freihändig, ohne direkten Anhalt an Überlieferungen, „drauflos fabuliert“. 2. Es ist denkbar, dass manches aus Lk 1,5–25.57–79 auf täuferische Kreise zurückgeht.33 3. Die chronologischen Angaben (Lk 1,5a; 2,1f) und die einzelne Episoden verbindenden und Zeitabstände überbrückenden Summarien und Zeitangaben (Lk 1,24.26a.56.80; 2,[3f].[39].40.52) sind mit hoher Wahrscheinlichkeit lukanisch. Daraus folgt, dass eine vorlukanische Verbindung 30  Jung, Language, 210: Es gibt in Lk 1f keine „hard core semitisms“. d.h. keine Semitismen, die nur vom hebräischen Text, nicht aber von der LXX her erklärbar sind. 31  Ebd., 215, bejaht den Gebrauch von schriftlichen „Greek source or sources for the infancy narrative, at least for some parts of it, and the source(s) was (were) composed in imitation of the LXX“. 32  Radl, Lukas, 38f, stellt eine eindrückliche Liste zusammen. 33  Das stärkste Indiz dafür scheint mir Lk 1,17 zu sein, wo der Täufer als Vorläufer Gottes, nicht Jesu, erscheint. Das ist mir als lukanische Theologie – pace Wolter, Lukasevangelium, 81 – nur schwer verständlich.

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der Geburtsgeschichten des Johannes und Jesu eher unwahrscheinlich, jedenfalls aber unbeweisbar ist. 4. Von den Hymnen könnte das nicht direkt auf den Kontext bezogene Magnifikat weitgehend vorlukanisch sein. Ähnliches mag für den ersten Teil des Benedictus (Lk 1,68–75) gelten. 5. Für die Interpretation gilt der methodische Grundsatz, dass alles, was sprachlich oder inhaltlich als lukanisch interpretiert werden kann, nicht ohne zwingende Gründe auf einen nur zu postulierenden und uns unbekannten Verfasser einer Quelle abgeschoben werden darf. Mit diesen Feststellungen bewege ich mich in etwa auf den Bahnen, die J.A. Fitzmyer in seinem Lukaskommentar vorgespurt hat.34

2.2 Ein Seitenblick auf die antike Literatur In der griechisch-lateinischen Literatur hat es klare Bestimmungen des Unterschieds zwischen Fakten und Fiktionen gegeben. Sie gehen zurück auf die Poetik des Aristoteles,35 der den Unterschied zwischen Geschichtsschreibung und Poesie folgendermaßen begründete: Erstere beschäftigt sich mit Geschehenem (τὰ γενόμενα), also mit Einmaligem. Die Fabel eines Dramas aber muss sich mit etwas allgemein Gültigem, also mit Wahrscheinlichem, was geschehen könnte (οἷα ἂν γένοιτο), beschäftigen, um von den Zuschauern auf das eigene Leben bezogen werden zu können. Diese Unterscheidung war nicht nur für die Beschreibung von Literaturgattungen wichtig, sondern vor allem für die rhetorische Theorie der narratio. Die Rhetorik unterschied drei Arten von narratio: die fabula (τὸ μυθικόν, τὸ ψευδές), das argumentum (τὸ πλασματικόν, τὸ ὡς ἀληθές) und die historia (τὸ ἱστορικόν, τὸ ἀληθές).36 „Geschichte“ wird also den Fakten und in diesem Sinn der „Wahrheit“ zugeordnet. Das entspricht der klassisch gewordenen Auffassung eines Thukydides oder eines Polybius.37 Fiktionen sind nach Lukian abzulehnen; sie sind entweder Absurditäten, also Poesie, oder Übertreibungen, die für Lobreden passen.38 Die Mehrzahl der hellenistischen Historiker ist allerdings mit diesen Grundsätzen eher locker umgegangen. Zum Ideal der Wahrheit traten das der ästhetischen Gefälligkeit, der dramatischen Gestaltung, das Interesse am Außerordentlichen, Fremden und Exotischen, das patriotische 34 35 36 37 38

 Vgl. Fitzmyer, Gospel, bes. 309.  Aristoteles, poet. 9 (1451b).  Nach Cicero, inv. I 27; vgl. Quintilian, inst. or. II 4,2; Rhet. ad Her. I 12f.  Thukydides I 22,4; Polybius II 56,11; XII 12,7.  Lukian, Quomodo 7.

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Interesse für Lokales und für die eigene Geschichte bis hin zur zur Verherrlichung der eigenen Herrscher.39 Der erzieherische Gesichtspunkt, dass Historie nützlich sein müsse, hält sich von Thukydides bis Diodorus Siculus durch.40 Die Autoren hellenistischer Romane situieren ihre Erzählungen gerne „historisch“, um ihre historisch interessierten Leser zu packen, sie in eine sie interessierende fremde Welt zu entführen und um ihren Erzählungen die Aura „wahrer Geschichten“ zu verleihen.41 Während für die einen also der Übergang von der Historie zur Novelle und zum Roman offensichtlich fließend ist, sind die beiden Gattungen für andere diametral verschieden.42 Nun ist natürlich die Frage, wer im frühen Christentum solche Unterscheidungen gekannt hat und in der Lage und willens war, „Erfindungen“ von „wahren“ Berichten zu unterscheiden. Lukas, der eine Gymnasialbildung hatte, könnte man solche Kenntnisse an sich zutrauen, aber sein Werk verrät sie nirgendwo. Ein hochgebildeter Christ wie Origenes ist überzeugt, dass viele Geschichten der Bibel, vor allem des Alten Testaments, nur einen geistlichen Sinn haben und „sarkisch“, also historisch, nicht geschehen sind. Aufmerken lässt aber, dass dies bei solchen Geschichten, die wir als von der Aufklärung geprägte moderne Bibelleser gerne mit der Etikette „unhistorisch“ versehen, oft nicht der Fall ist. Ereignisse wie die Jungfrauengeburt oder der Stern von Betlehem sind für Origenes wirklich geschehen.43 Offen bleibt aber, wer unter Christinnen und Christen, die nicht der höchsten Bildungsschicht angehörten, solche Unterscheidungen überhaupt machen konnte. Im Judentum ist die Bibel selbstverständlich eine historische Quelle ersten Ranges. Das macht z.B. Josephus deutlich, für den die Bibel frei von Inkonsistenzen, Widersprüchen und Zufügungen ist.44 Seine „Antiquitates“ versteht er als eine „Übersetzung“ der heiligen Schriften.45 Nur Apostaten verstehen die Torah als Mythos.46 Das heißt allerdings nicht, dass jüdische Schriftsteller – Josephus eingeschlossen – nicht die biblische Geschichte sehr kreativ interpretiert hätten. Isaak Heinemann, dem ich hier folge, unterscheidet drei Arten von 39  Josephus gibt im Vorwort zu seinen Antiquitates eine hübsche Übersicht über die unterschiedlichsten Interessen von Geschichtsschreibern, von denen er dann seine eigenen positiv abhebt (Ant I 1–5). 40  Diodorus, bibl. I 2,7 (Der Historiker muss positive Beispiele berichten). 41  Chariton aus Aphrodisias’ Roman „Chaireas und Kallirhoë“, der vermutlich noch aus späthellenistischer Zeit stammt, ist dafür ein gutes Beispiel. 42  Z.B. für Lukian, der in seinem Vorwort zu den Ἀληθὰ διηγήματα Historiker aufs Korn nimmt, die nichts als Lügen erzählen. Er nennt leider nur Ktesias (Verae hist. I 1–5). 43  Origenes, Cels. I 40–48.58–60; III 25; In Mt fr. 11–13 II; umfassender und grundsätzlicher in Joh X 2–4; Princ. IV 2,9. 44  Ap 37–43.57–59. 45  Ap 54: ἐκ τῶν ἱερῶν γραμμάτων μεθερμνήνευκα. 46  Vgl. Philo, Conf 2f.

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Haggadah.47 Die erste ist die der auf die biblische Geschichte bezogenen Haggadah. Heinemann charakterisiert sie als „kreative Interpretation“. Dazu gehört, dass sie die Bibel nicht nur interpretiert: „It also expands and elaborates the biblical narrative.“48 Solche Erweiterungen füllen manchmal „Leerstellen“ in den biblischen Erzählungen; manchmal erweitern und verändern sie das Bild eines Ereignisses oder einer Person, um den Bedürfnissen einer neuen, veränderten Situation gerecht zu werden. Literarisch sind die auf biblische Geschichten bezogenen Haggadot verschiedenen genres zuzuordnen: Targumim, parabiblischen Schriften, Neuentwürfen biblischer Geschichte, Biographien, haggadischen Midraschim etc. Die Erweiterungen haben – für uns – klar fiktiven Charakter. Ich nenne z.B. aus dem Bereich der besonders für Mt 1f wichtigen Geburts- und Jugendgeschichten des Mose die Heilszusage Gottes (nicht eines Engels!) an Amram mit „Geburtsanzeige“ (PsPhilo, ant. 9,1–8) oder den – für eine Biographie typischen – Bericht Philos über den Bildungsgang und die Tugenden des Mose (VitMos I 8–31). Sind das auch für die antiken Autoren Fiktionen? Für Philo sicher nicht; er selber verweist auf „Mitteilungen älterer Leute seines Volkes“ (VitMos I 4), und wir können auf Artapanus verweisen, der vor Philo schon Ähnliches schrieb.49 Was ursprünglich also einmal „Erfindung“ gewesen sein mag, wurde später sehr rasch zum Teil der traditionellen, altehrwürdigen Überlieferung, welche die Bibel ergänzt. Etwas anders steht es mit denjenigen Haggadot zu biblischen Geschichten, die in einem Kommentar zum Bibeltext enthalten sind und zum Teil unter dem Namen einzelner Rabbinen überliefert werden. Ich wähle als Beispiel aus den Geburtsgeschichten des Mose den Abschnitt bSota 11a–13a: Manche der hier erzählten Haggadot sind innovative Geschichten, die von Rabbinen z.B. durch einen Analogieschluss (gezerah sawah) erschlossen werden. Dazu gehört z.B. die schöne Geschichte, dass die hebräischen Frauen, wenn sie Wasser geschöpft hätten, in ihren Krügen viele Fische gefunden hätten, mit denen sie ihre arbeitenden und vom Pharao ausgebeuteten Männer nährten. Die schwangeren Frauen seien, wenn die Ägypter sie suchten, von der Erde verschluckt worden und nach dem Pflügen der Erde wie das Kraut des Feldes wieder zum Vorschein gekommen (bSota 11b). Ob die damaligen Menschen solche nicht-traditionellen Geschichten für wirklich geschehen oder für erbauliche Erfindungen eines Rabbi hielten, ist schwer zu sagen. Letzteres ist durchaus möglich, denn sie mussten ja durch Bibelstellen begründet werden und wurden unter dem Namen bestimmter Rabbinen überliefert, manchmal auch anderen Auslegungen gegenübergestellt. Solche „kreativen Auslegungen“ hatten natürlich die Tendenz, im Laufe der Zeit wieder zu 47 48 49

 Heinemann, Nature, 43.  Ebd., 45.  Artapanus, fr. 3,3–6 = JSHRZ I 131f.

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traditionellen, altehrwürdigen Geschichten zu werden, die man nicht mehr bezweifelte. Die zweite Gruppe Heinemanns sind die „‚historical‘ aggadot which tell of post-biblical personalities and events“.50 Es geht hier um biblische und außerbiblische Erzählungen, die oft (nicht immer!) von nach der Urzeit Israels lebenden Personen handeln, also um Texte wie Tobit, Esther, Daniel 1–6, 2. und 3. Makkabäer, Judit, den Aristeasbrief, Josef und Aseneth etc. Sie werden in der Forschung meistens als „Fiktionen“ bezeichnet und sind es nach unseren heutigen Kriterien wohl auch.51 Manche von ihnen gehören deutlich hervortretenden Subgattungen an, wie z.B. die „höfischen Erzählungen“, die entweder einen „höfischen Konflikt“ oder einen „höfischen Wettstreit“ schildern.52 Schon das weist daraufhin, dass es sich hier um Traditionsliteratur handelt, die oft eine lange Überlieferungsgeschichte hat. Die Erzählungen des Danielbuches sind später durch eine einleitende historische Fiktion (Dan 1,1–7) als solche gekennzeichnet worden. Solche historische (fiktive!) Situierungen gibt es relativ oft, z.B. bei Esther (Est 1,1–3), Judith (Jdt 1,1–6), Tobit (Tob 1,1f); im 3. Makkabäerbuch (3Makk 1,1–5), im Aristeasbrief53 und in Josef und Aseneth (JosAs 1,1f).54 In der Regel werden die Leser solche haggadische Traditionsliteratur als solche akzeptiert und ihre Fiktionalität nicht empfunden haben; die letzten beiden Beispiele zeigen aber, dass man im Einzelfall differenziert urteilen muss. Schließlich noch ein Wort zu Heinemanns dritter Gruppe, den „ethischdidaktischen“ Haggadoth55. Dazu gehören sowohl Geschichten über Rabbinen, als auch ihre Bibelauslegungen, soweit sie erzählenden Charakter haben oder biblische Erzählungen betreffen. Für Chaim Milikowsky ist ihr fiktiver Charakter unbestreitbar.56 Woran ist er erkennbar? Milikowsky spricht insbesondere von denjenigen „midrashic stories“, die nicht als alt50  Heinemann, Nature, 43. 51  Vgl. die Aufsätze zu Ezechiel dem Tragiker, Dan 1–6 und 3Makk im Sammelband von Brant/Hedrick/Shea, Fiction. 52  Collins, Daniel, 42–47. Zu den ersteren gehören z.B. Dan 3.6 und Esther, aber auch schon die biblische Josefsgeschichte, zu den letzteren Dan 2.4.5 und Ahikar. 53  Der Aristeasbrief muss als Fälschung bezeichnet werden: Sein Verfasser befürchtet, dass seine Fiktion von den Lesern durchschaut wird und schützt sich, z.B. durch fingierte Urkunden, vor der „Enttarnung“. 54  Josef und Aseneth wird von den meisten Forschern als „Roman“ oder „Novelle“ bezeichnet, der – wie viele hellenistische Romane – unter der Gestalt eines Liebesromans eine religiöse Tiefendimension enthält. Burchard, Joseph, 591, möchte es offenlassen, „ob der Verfasser Dichtung oder Wahrheit zu schreiben meinte und ob er selber zeichnete oder den Eindruck eines alten Buches erwecken wollte“. 55  Heinemann, Nature, 43. 56  Milikowsky, Midrash. Er spricht allerdings von „Midrasch“ und nicht von Haggadah.

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überlieferte Traditionen erzählt, sondern als Resultat einer kreativen Aktivität von Rabbinen präsentiert werden.57 Dale Allison fügt als weiteres Erkennungsmerkmal den humoristischen Charakter mancher Überlieferungen hinzu.58 Ich würde als drittes noch hinzufügen: Wenn ein geschichtlicher Tatbestand von einem Rabbi ausdrücklich exegetisch begründet wird, kann er u.U. als Fiktion erkannt werden.59

2.3 Zur Forschungslage In der neueren Forschungsgeschichte wurden die Geburtsgeschichten beider Evangelien in Analogie zur Haggadah als Fiktionen verstanden. Für das Matthäusevangelium hat Roger David Aus diese These am konsequentesten vertreten. In seiner Studie „Matthew 1–2 and the Virginal Conception“ meint er: Ebenso wenig wie die Rabbinen daran geglaubt hätten, dass Moses beschnitten geboren worden sei,60 habe Matthäus die Jungfrauengeburt für ein „Faktum“ angesehen. „As ���������������������������������������������������� a typically Jewish Christian haggadic embellishment […] it conveys a ‚religious truth‘, that Jesus already at his birth was the Son of God“. Die Geburtsgeschichten Jesu seien bei Matthäus nach dem Modell der Moselegenden erzählt; das Bild Marias sei nach dem Modell der Mutter des Mose, Jochebed, gestaltet, die Gott in ihrem hohen Alter „restored to her youth, including virginity“.61 Er steht nicht allein mit solchen Thesen. Schon Richard Gundry rückte Matthäus mit seiner „mixture of the historical and unhistorical“ in die Nähe eines jüdischen Haggadisten.62 Und ������������� auch William D. Davies und Dale C. Allison fragen in ihren zusammenfassenden Überlegungen zu Mt 1,18–25: „Whether Matthew was persuaded that his infancy traditions, with their many parallels in the haggadic traditions about Moses, were more poetry than prose, how could one decide?“63 57  Ebd., 119. 58  Allison, Jesus, 446–449. Seinem sechsten Kapitel, überschrieben mit „Memory and Invention“, verdanke ich viel. 59  Beispiel: BTaan 5b: Rabbi Jizhaq sagt, dass der Patriarch Jakob nicht gestorben sei und begründet das mit Jer 30,10. Er erfährt prompt Widerspruch. Andere solche Beispiele sind die Geschichten aus bSota 11 (vgl. oben). 60  BSota 12a und ExR 1,20 als Auslegung von Ex 2,2. Diese Auslegung ist aber schon traditionell. Bereits PsPhilo, ant. 9,13 setzt voraus, dass Mose beschnitten geboren wurde. 61  Aus, Matthew, 84.71. Allerdings stammen die jüdischen Belege dafür, dass Jochebed Mose erst in ihrem hohen Alter geboren habe, erst aus talmudischer Zeit (vgl. ebd., 51–53). Im Übrigen impliziert die wunderbare Wiederherstellung der Geburtsfähigkeit einer alten Frau nicht die Wiederherstellung ihrer Jungfräulichkeit, wie die Beispiele Elisabeths (Lk 1) und Sopanimas (2Hen 71; vgl. oben [I 4]). zeigen. 62  Gundry, Matthew, 633; zu den Geburtsgeschichten 32.37.40f. 63  Davies/Allison, Gospel, 221.

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Auch für die lukanischen Geburtsgeschichten gibt es entsprechende Thesen. Michael Goulder vertritt in seinem großen Lukasbuch64 die These, dass Markus und Matthäus die einzigen Quellen des Lukas gewesen seien. Für Lk 1f heißt das: Lukas waren die Eckpfeiler des markinischen Verständnisses von Johannes dem Täufer als Vorläufer Jesu vorgegeben, dazu die matthäischen Geburtsgeschichten. Mit ihnen ging er sehr frei um: So hat er, der liberale und für Frauen offene Hellenist, Maria statt Josef in den Mittelpunkt gestellt, andere „Mütter“ für seine Geburtsgeschichte anstelle der vier im matthäischen Stammbaum genannten Frauen gesucht, nämlich vor allem Sarah und Hannah, die Hirten anstelle der ihm verdächtigen Magier Jesus anbeten lassen usw. Lukas ist für ihn nicht ein Midraschist im üblichen Sinn des Wortes, sondern ein sehr begabter, gebildeter, stilsicherer und sich im Judentum – mit gewissen Einschränkungen – gut auskennender frommer Erzähler. Die Frage, worin denn nun die ἀσφάλεια dieser so kunstvoll erzählten Geschichten bestehe, beantwortet er auf seine Weise: Lukas wollte seine beiden Quellen Markus und Matthäus miteinander verbinden „to reassure Theophilus that the apparently dissonant Gospel tradition is trustworthy“.65 Die beiden Extremthesen von Aus und Goulder halte ich nicht für wahrscheinlich. Ohne sie jetzt im Einzelnen diskutieren zu können, stelle ich fest: Beide haben nicht versucht, sie wirklich umfassend in der antiken und jüdischen Literatur zu verankern.

2.4 Die matthäischen Kindheitsgeschichten Ich denke nicht, dass Matthäus seine Kindheitsgeschichten insgesamt als Midrasch oder als haggadische Fiktionen verstanden wissen wollte. Seine Absicht war es, für seine Gemeinden ein „Buch der Genesis Jesu Christi“ (1,1), also ein neues Buch Genesis mit bibelähnlicher Autorität zu schreiben.66 In ihm erzählt er eine neue, für seine Gemeinde konstitutive Grundgeschichte, die von Jesus Christus, dem Davidssohn und Abrahamssohn handelt. Diese neue Grundgeschichte ist in ganz intensiver und vielgestaltiger Weise auf die Grundtexte Israels, die Bibel, bezogen, durch Erfüllungs- und andere Zitate, Anspielungen, Denkmodelle, Motive, Typen. Aber die Bibel ist nicht selbst Grundtext dieser neuen Grundgeschichte, sondern ihr grundlegender Bezugs-

64  Goulder, Luke, 205–269. 65  Ebd., 200. 66  Zur Deutung des Titels vgl. Davies/Allison, Gospel, 149–155; Mayordomo, Anfang, 208–213; Luz, Evangelium, 117–119.

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text, in deren Licht er sie deutet.67 Die matthäischen Geburtsgeschichten können also nicht als „Midrasch“ gedeutet werden, insofern ein Midrasch auf die biblischen Texte bezogen ist und für sie eine neue Bedeutung schafft.68 Eher könnte man das ganze Matthäusevangelium als eine „midraschartige“ haggadische Aktualisierung des Markusevangeliums bezeichnen. Ich möchte aber den Ausdruck „Midrasch“ nicht auf andere Grundtexte als die Bibel Israels beziehen. Die matthäische Geburtsgeschichte ist also nicht eine Neuerzählung oder Aktualisierung der Geburts- und Kindheitsgeschichten des Mose, sondern sie ist eine eigenständige Geschichte, die in vielfältiger Weise an die Mosegeschichten erinnern will, indem sie Züge aus ihnen wiederholt, variiert oder auf den Kopf stellt. Sie ist für Matthäus als solche eine überlieferte, ehrwürdige, und – ähnlich wie die Geschichten der Bibel – grundsätzlich „geschehene“ und von Gott gewirkte Geschichte. Das wird am deutlichsten an den Erfüllungszitaten, die der Evangelist selbst in sie einfügt. Manche von ihnen belegen geographische Etappen des Weges des Jesuskindes. Sie wären sinnlos, wenn der Evangelist nicht überzeugt gewesen wäre, dass Jesus wirklich in Betlehem geboren, nach Ägypten geflohen und von dort zurückgekehrt, und dann nach Nazaret und ins „Galiläa der Heiden“ gezogen wäre. Nur dann, wenn dies wirklich so geschehen ist, wird ein Prophetenwort durch eine Episode der Geschichte Jesu „erfüllt“. In diesem Sinn belegt das Jesajazitat Mt 1,23a auch die Jungfrauengeburt; sie ist für Matthäus kein „haggadic embellishment“.69 Am deutlichsten belegt Mt 21,5, das Reiten Jesu auf zwei Reittieren beim Einzug nach Jerusalem, das Interesse des Evangelisten an der faktischen Erfüllung der prophetischen Weissagungen in der Geschichte Jesu. Auch wenn natürlich die Auswahl der Erfüllungszitate durch den Makrotext der Jesusgeschichte bestimmt ist – Matthäus will in seinem Prolog den Weg des Messias Israels zu den heidnischen Völkern präludieren –, schließt das nicht aus, sondern ein, dass für ihn die Geschichte grundsätzlich so geschehen ist, wie er sie schildert. Allerdings: Diese grundsätzliche Feststellung schließt nicht aus, sondern ein, dass Matthäus einzelne Episoden fingiert. In den Geburtsgeschichten rechne ich damit in zwei Fällen: Die Übersiedlung nach Nazaret Mt 2,22f mit dem Erfüllungszitat „er wird Nazoräer heißen“ (dessen genaue Herkunft Matthäus selbst nicht kennt70) halte ich mit vielen für eine redaktionelle Zufügung des Evangelisten.71 Matthäus musste in irgendeiner Weise seine Geburtsgeschichten, welche Betlehem als Wohnort der Familie Jesu voraus67 68 69 70 71

 Vgl. Luz, Intertexts, 119–137.  Vgl. Gruenwald, Midrash, 9. Ähnlich z.B. Brown, Birth, 557–562.  Vgl. Aus (s. oben Anm. 61).  Vgl. Luz, Evangelium, 186ff.  Ebd., 181; Davies/Allison, Gospel, 191f.; Gnilka, Matthäusevangelium, 49.

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setzen, mit dem Erzählungsfaden seiner Hauptquelle, Markus, verbinden. Die andere Stelle, wo ich damit rechne, dass Matthäus eine neue Szene geschaffen haben könnte, ist Mt 2,3–6: Matthäus wollte das Prophetenzitat Mi 5,1; 2Sam 5,2, das von der Geburt Jesu in Betlehem spricht, einfügen, da es für seinen Erzählungsfaden grundlegend wichtig ist. Er hat es den jüdischen Hohepriestern und Schriftgelehrten in den Mund gelegt und seine Einführungsformel entsprechend modifiziert. Das bedeutet wohl, dass er es war, der im Prolog die einheitliche und historisch groteske Ablehnungsfront präludiert hat: „Ganz Jerusalem“ ist sich mit „allen Hohepriestern und Schriftgelehrten des Volkes“ und mit dem bösen König Herodes einig in der Ablehnung Jesu. Ganz ähnlich wird es später in Mt 27,15–25 sich wiederholen. Matthäus hat diese Episode „fingiert“, aber er hat in seinem Text kein Signal eingefügt, durch das seine Leserinnen und Leser seine Fiktion hätten erkennen können. Was er schreibt, soll als „Geschichte“ gelesen werden. Sind diese Vermutungen richtig, so passen sie gut zum Gesamtbefund im Matthäusevangelium:72 Matthäus ist im Ganzen ein traditionsorientierter Autor. Er kann aber bewusst historische Fiktionen schaffen. Meistens geschieht dies durch eine neue Anordnung seiner Stoffe, die er vornahm, um die Richtung und das Profil seines eigenen, gegenüber dem Markusevangelium neuakzentuierten Erzählungsfadens zu verdeutlichen.73 Seltener geschieht es, dass Matthäus neue, von ihm erstmals formulierte Einzelepisoden in seinen Erzählungsfaden einfügt. Teilweise sind dies zusammenfassende Summarien,74 teilweise Episoden oder Zufügungen, die meist mit dem Erzählungsfaden der ganzen Geschichte eng verwoben und darum für Matthäus sehr wichtig sind.75 Gerade in diesen Fällen ist es sehr schwer, zu entscheiden, ob Matthäus völlig frei „erfindet“ oder ob er mündliche Traditionen aufnimmt.

72  Vgl. dazu Luz, Fiktivität, 155–162; ders., Matthäusevangelium, 55–66. 73  Das wichtigste Beispiel ist die neue Abfolge in Mt 8f, aber auch die Komposition von Mt 11f und von Mt 23 gehören hierher. 74  Z.B. Mt 9,35; 15,29–31; 21,14–16. Auch die Verdoppelung der Blindenheilung Mk 10,46–52 verbunden mit der Verdoppelung der Zahl der geheilten Blinden dürfte so zu verstehen sein: Dass Jesus Blinde heilt, soll als „typisch“ gelten. 75  Auffällig ist dies vor allem in der Passionsgeschichte: Mt 27,3–10.19.24f.51– 53.62–66; 28,11–15.16–20. Dass die „mythische“ Zufügung von Mt 27,51–53 als Bericht über etwas Geschehenes verstanden wurde, zeigt klar das merkwürdige, die Chronologie sprengende μετὰ τὴν ἔγερσιν αὐτοῦ in V. 53.

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2.5 Die lukanischen Geburtsgeschichten Hat Lukas seine Geburtsgeschichten für „wahr“, im Sinne von „faktisch geschehen“ gehalten? Auch bei ihm möchte ich diese Frage mit der Einschränkung bejahen, dass für Lukas „Wahrheit“ und Faktizität im Sinne neuzeitlicher Historiographie nicht einfach identisch sind. Ἀσφάλεια in Lk 1,4 bedeutet nicht einfach „Wahrheit“ im Sinne von Faktizität, sondern „Sicherheit“ z.B. im Sinne der Bonität eines Bankpapiers oder der „Sicherheit“ einer Bürgschaft oder eines Beweises.76 Dazu gehört auch die historische Zuverlässigkeit. Nachdem Lukas sich in Lk 1,2f auf Augenzeugen beruft und seinen Lesern Genauigkeit und Vollständigkeit seiner Erzählung versprochen hat, wird er kaum schon vom übernächsten Vers an seine Erzählung frei erfinden, wie dies z.B. Michael Goulder denkt. Die von Aristoteles begründete und für die Rhetorik wichtige Unterscheidung zwischen Faktum und Fiktion scheint er nicht zu kennen.77 Er berührt sich mit vielen griechischen und hellenistischen Historikern darin, dass für ihn nicht nur die Faktentreue, sondern auch die gegenwartsbezogene, erzieherische und identitätsstärkende Aufgabe des Historikers wichtig ist. Seine Verwandten unter den zeitgenössischen Historikern sind weniger Thukydides und Polybius, als Theopomp von Chios, Duris von Samos, Josephus oder Sallust.78 Worin gründet für Theophilus die ἀσφάλεια, die Lukas ihm vermitteln will? Wenn wir diese Frage von Lk 1f her beantworten wollen, so müssen wir von der unauflösbaren Einheit von Traditionen/Quellen und lukanischer Interpretation, also vom „lukanischen“ Charakter aller Traditionen ausgehen, welche denen, die nach den Quellen des Lukas fragen, so viel Mühe macht. Dazu einige knappe Überlegungen: 1. Wir haben vorher festgestellt, dass die chronologischen Angaben (Lk 1,5a; 2,1f; vgl. 3,1f) und die für den Geschehensablauf wichtigen relativen Zeitangaben (1,26a.56.80; 2,8a.39f) am ehesten rein lukanisch sind. Mit ihrer Hilfe „fixiert“ Lukas die von ihm erzählte Zeit im äußeren, „historischen“ Zeitablauf. Zugespitzt gesagt: Mit Hilfe seiner chronologischen Fiktionen interpretiert er seine Erzählungen als „historische Fakten“. Er macht das auf für seine Leser plausible Art und Weise; die kleinen Erinnerungsfehler, die ihm dabei, z.B. in Lk 2,1f, unterlaufen, fallen seinen Lesern kaum auf. 2. Er erzählt den Anfang seiner Geschichte, die Geburtsgeschichten, als „Bestandteil der Geschichte Israels“79, also gleichsam als „biblische 76  Vgl. Moulton/Milligan, Vocabulary, s.v. 77 ������������������  Vgl. oben S. 179. 78  Backhaus, Lukas, 41, spricht von der „rhetorisch-mimetisch-paideutischen Funktionseinheit der hellenistisch-frühreichsrömischen Geschichtsschreibung“. 79  Wolter, Maria, 419.

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Geschichte“. Er tut dies mit großer Meisterschaft, indem er erstens bewusst in biblischer Sprache erzählt, indem er zweitens von seinen Protagonistinnen und Protagonisten erzählt, was schon Sarah, Hannah, Simson etc. widerfahren ist, und indem er drittens sie die Gebote der Torah halten lässt. Er lässt sie nicht, wie griechische Historiker, Reden halten, auch nicht Predigten, wie später die Apostel, sondern er lässt sie mit biblischen Worten in biblischer Weise Gott lobpreisen und danken. Er lässt also seine Leser ganz bewusst in die Welt Israels und der Bibel eintauchen; die relativ wenigen Gräzismen und die kleinen Fehlerchen in seiner Schilderung jüdischen Torahgehorsams, die ihm, der kein palästinischer Jude ist, unterlaufen,80 fallen nicht auf. So erreicht er, dass seine Geburtsgeschichten auch an der besonderen Würde und Dignität der biblischen Geschichten partizipieren:81 Biblische Geschichte ist altehrwürdige Geschichte; die Bibel ist auch als Geschichtsquelle über alle Zweifel erhaben. Die ἀσφάλεια der Geburtsgeschichten wird dadurch erhöht. 3. Die Geburtsgeschichten machen deutlich, dass Gott die Geschichte lenkt. In seinen ersten beiden Kapiteln lässt Lukas, der Engel überhaupt liebt, diese besonders häufig auftreten. Sie lenken und deuten die Geschichte. Was sie ankündigen, geschieht. Was geschieht, ist wunderbar: die Greisin und die Jungfrau, die schwanger werden; das Verstummen und Sprechen des Zacharias, der himmlische Lichtglanz, der die Hirten umleuchtet. Die lukanischen Geburtsgeschichten spielen in einem Raum, der zum Himmel offen ist. Dass Gott die Geschichte lenkt, ist für Lukas nicht eine „Interpretation“ von „Fakten“, die auch anders gedeutet werden könnten, sondern ist Teil dieser Fakten und macht ihre Bedeutung – im Fall von Lk 2,1ff sogar ihre weltgeschichtliche Bedeutung – umso größer. Auch manche hellenistische Historiker können von der göttlichen Lenkung der Geschichte sprechen;82 Lukas ist hier kein Sonderfall. Dass Gott in die Geschichte eingreift und sie lenkt, macht sie bedeutsam und erhöht für Theophilus die ἀσφάλεια des Berichteten.83 4. Die lukanischen Geburtsgeschichten sind voller Zeugnisse für die Bedeutung des Johannes (Lk 1,15–17.76f) und Jesus (Lk 1,32f.35.69–75; 80 ������������������������������������������������������������  Zu den Gräzismen vgl. oben S. 178. Kleine Fehlerchen sind: Lk 1,9ff: kein Priester tut allein Dienst im Tempel; Lk 2,22–24: der Reinigungsritus (nur der Frau!) und die Auslösung der Erstgeburt werden nicht richtig unterschieden. 81 �������������������  Vgl. oben S. 178 Backhaus, Lukas, 54f, spricht m.E. ungeschickt von „Sakralisierung des Geschichtsbildes“. Es geht m.E. nicht um den sakralen, sondern um den biblischen Charakter der Vorgeschichte. 82  Luz, Geschichte, 204, weist auf Herodot, Xenophon, Diodorus Siculus, Appian und Josephus hin; Backhaus, Lukas, 53, außerdem auf Dionys von Halikarnass. 83  Rothschild, Luke-Acts, 142–211, weist darauf hin, dass Weissagung und Geschichtslenkung durch Gott auch eine rhetorische Funktion haben: Sie verstärken die Glaubwürdigkeit.

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2,10f.30–32.34f). Diese Zeugnisse haben literarisch die Gestalt von Engelsankündigungen oder menschlichen Lobpreisen. Sie knüpfen – implizit – an prophetische Weissagungen an und weisen hin auf das, was Lukas – nach den Vorgeschichten – später erzählen wird. Sie verklammern also literarisch die Vorgeschichten mit dem Gesamtwerk des Lukas und zwar ausdrücklich – in Lk 2,32.34f – mit seinen beiden Büchern. Sie haben damit eine ähnliche Funktion wie die Erfüllungszitate in Mt 1f. Die Leserinnen und Leser werden durch diese Zeugnisse nicht nur direkt und indirekt auf die Hauptperson Jesus und ihre Bedeutung aufmerksam gemacht, sondern sie erkennen wieder, dass die Geschichte, die Lukas erzählt, von Gott geplant ist. Hier liegt der letzte Grund ihrer ἀσφάλεια. 5. Die lukanischen Geburtsgeschichten bieten ihren Lesern Modelle an. Am wichtigsten ist hier Maria, die für die Leser zum Modell des Glaubens wird. Sie ist die „Sklavin des Herrn“ (Lk 1,38), die annimmt, was Gott an ihr tut. Ihr darauf folgender – zutiefst biblisch-jüdischer – Lobpreis, das Magnifikat, ist gerade deshalb für Lukas auch ein zutiefst christlicher Lobpreis. Ein negatives (erzählerisch nicht ebenso plausibles!) Gegenmodell zu ihr ist der zweifelnde Zacharias. Modellcharakter haben vielleicht auch der gläubig wartende Simeon und die Asketin Hanna. Dieses Angebot von Modellen verankert die Vorgeschichten in der Lebenswirklichkeit der Leser. Erst in ihr werden sie „wirklich“. So nimmt Lukas die „paideutische“ Aufgabe der Geschichtsschreibung wahr. Ich fasse zusammen: Lukas erfindet nicht Geschichte, sondern er gestaltet Geschichte.84 Er erzählt nicht einfach Fakten, sondern er erzählt sie neu. „Wirklichkeit“ ist für ihn mehr als bloßes Faktum. Hätten aber seine Fiktionen bzw. genauer: seine Neugestaltung der ihm überlieferten Geschichte den Charakter von bloßen „Erfindungen“, so hätten seine Leser sie leicht falsifizieren können. Die Akzeptanz für seine Neugestaltungen ist ein Kriterium, das den Historiker und Erzähler Lukas zweifellos geleitet hat.

Literatur Allison, D.C., Constructing Jesus. Memory, Imagination, and History, Grand Rapids 2010. Aus, R.D., Matthew 1–2 and the Virginal Conception. In Light of Palestinian and Hellenistic Judaic Traditions on the Birth of Israel’s First Redeemer, Moses (Studies in Judaism), Lanham 2004. 84  Backhaus, Lukas, 59, spricht von „kreativer Rekonstruktion“. Ebd., 65 formuliert er: Seine historiographische Kunst liegt „in der Ausarbeitung des vorgegebenen Stoffs, nicht aber in der Stoffschöpfung ex nihilo“.

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Backhaus, K., Lukas der Maler. Die Apostelgeschichte als intentionale Geschichte der christlichen Erstepoche, in: Ders./G. Häfner, Historiographie und fiktionales Erzählen. Zur Konstruktivität in Geschichtstheorie und Exegese (BThSt 86), Neukirchen-Vluyn 2007, 30–66. Bovon, F., Das Evangelium nach Lukas (Lk 1,1–9,50) (EKK III/1), Zürich/ Neukirchen-Vluyn 1989. Brant, J.-A./Hedrick, C.W./Shea, C. (Hg.), Ancient Fiction. The Matrix of Early Christian and Jewish Narrative (JBL.SS 32), Atlanta 2005. Brown, R., The Birth of the Messiah. A Commentary on the Infancy Narratives in the Gospels of Matthew and Luke, New York 1977. Burchard, C., Joseph und Aseneth (JSHRZ II/5), Gütersloh 1983, 577–736. Chilton, B., Rabbi Jesus. An Intimate Biography, New York 2000. Collins, J., Daniel (Hermeneia), Minneapolis 1993. Corley, J., New Perspectives on the Nativity, London 2009. Davies, W.D./Allison, D.C., A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew. Bd. 1: Introduction and Commentary on Matthew 1–7 (ICC), Edinburgh 1988. Dibelius, M. Jungfrauensohn und Krippenkind (1932), in: Ders., Botschaft und Geschichte. Bd. 1, Tübingen 1953, 1–78. Fitzmyer, J, The Gospel according to Luke I–IX (AncB 28), Garden City 1981. Gnilka, J., Das Matthäusevangelium. Bd. 1 (HThK I/1), Freiburg i.Br. 1986. Goulder, M., Luke. A New Paradigm (JSNT.S 20), Sheffield 1989. Gruenwald, I., Midrash and the ‚Midrashic Condition‘, in: M. Fishbane (Hg.), The Midrashic Imagination. Jewish Exegesis, Thought, and History, Albany 1993, 6–22. Gundry, R.H., Matthew. A Commentary on His Literary and Theological Art, Grand Rapids 1982. Hagner, D.A., Matthew 1–13 (WBC 33A), Dallas 1993. Harnack, A., Beiträge zur Einleitung in das Neue Testament. Bd. 1: Lukas der Arzt, der Verfasser des dritten Evangeliums und der Apostelgeschichte, Leipzig 1906. Heinemann, I., The Nature of the Aggadah, in: G. Hartman/S. Budick (Hg.), Midrash and Literature, New Haven 1986, 41–55. Jung, C.W., The Original Language of the Lukan Infancy Narrative (JSNT.S 267), London 2004. Keener, C., A Commentary on the Gospel of Matthew, Grand Rapids 1999. Klein, H., Das Lukasevangelium (KEK I/3), Göttingen 2006. Landau, B.C., Revelation of the Magi. The Lost Tale of the Three Wise Men’s Journey to Bethlehem, New York 2010. Luz, U., Das Evangelium nach Matthäus (Mt 1–7) (EKK I/1), NeukirchenVluyn/Düsseldorf 52002. –, Das Matthäusevangelium – eine neue oder eine neu redigierte Jesusgeschichte?,

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Philip F. Esler

Judean Ethnic Identity and the Matthean Jesus

In October 1981 I arrived in Oxford from Sydney, Australia to begin postgraduate theological studies. On advice from the Oxford Faculty of Theology I soon changed my initial plans and focused on the New Testament, completing a doctorate on Luke-Acts using a social-scientific approach in 1984. When I left Sydney I had only brought one work of New Testament criticism with me (unread at that stage): Gerd Theißen’s The First Followers of Jesus (1978). This was one of the earliest works I read when I began thinking about my doctoral topic and it had a major formative impact on me, as did another work by Professor Theißen, The Social Setting of Pauline Christianity, appearing in 1982. During the years that have followed, I have read many more works by Professor Theißen and have got to know him personally. Accordingly, it is now a great privilege for me to be able to contribute this essay to his Festschrift, in recognition not only of his seminal and sustained contributions to New Testament interpretation for over forty years, but also as a small token of thanks both for the way in which his work has helped me in my own development and also for the personal kindnesses he has shown me, not least in Heidelberg, along the way.

Current Discussion on “Jews” and “Christians” in Matthew One of the most agitated questions in Matthean scholarship is the context in which the evangelist was writing, especially regarding the relationship of his addressees to “Judaism,” of the “church” to the “synagogue.” The fundamental distinction in recent scholarship is well expressed by David Sim when he proposes that the context for Matthew’s Gospel is one of conflict between two parties and the question is “Was this a conflict between two Jewish groups, or was it a dispute between a Christian community and those who belonged to Judaism?”.1 This is sometimes expressed by asking if the Gospel was composed before or after “the parting of the ways.” Writing 1  D.C. Sim, The Gospel of Matthew and Christian Judaism: The Historical and Social Setting of the Matthean Community (Edinburgh: T & T Clark, 1998), 2 (emphases original).

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within this broad framework but with somewhat more specificity, Graham Stanton has conveniently set out four common interpretative options, namely, that Matthew wrote: (a) before 70 CE for “Jewish Christians in Palestine;” (b) after 70 CE for readers he still regarded as intra muros, still within diverse “Judaism;” (c) after “a recent painful parting from Judaism;” and (d) Matthew was himself a “Gentile Christian” writing for “Gentiles” for whom the relationship of “church” and “synagogue” was not a primary concern since he considered that Israel’s final rejection by God was a fait accompli in consequence of her rejection of “Christian” claims about Jesus.2 Option (a) is the view of many Patristic writers and persisted till the eighteenth century. Option (b) is represented in the work of scholars such as Günther Bornkamm, J. A. Overman, A. J. Saldarini and David Sim, the latter three of whom also regard the Matthean audience as a sect of “Judaism.”3 Option (c) is preferred by commentators such as K. Stendahl, E. Schweizer and Stanton himself.4 Option (d) is broadly the view of scholars such as S. Van Tilborg, G. Strecker and W. Trilling.5 The intensity of the debate on this matter is matched by the abundance of evidence in Matthew that has been summoned to support each of these views. In this essay, my aim, inspired by Professor Theißen’s practice of taking innovative interpretative steps, is to outline a fresh approach to this whole issue. This will involve my first proposing a new hypothesis that runs orthogonally to the whole line of current discussion and then, within the necessarily brief compass of this essay, trialing that hypothesis against certain data in the text. My argument will focus on the distinctive identity of the Christ-followers to and for whom Matthew was writing vis-à-vis that of the dominant Judean ethnic group. A central feature of my case will be the claim that the Matthean Jesus himself both embodies the storm over group identities in which the evangelist composed this Gospel and also provides its resolution. 2  G.N. Stanton, A Gospel for a New People: Studies in Matthew (Edinburgh: T & T Clark, 1992), 113–4. 3  See G. Bornkamm, “End-Expectation and Church in Matthew,” in G. Bornkamm/ G. Barth/H. J. Held, Tradition and Interpretation in Matthew (London: Westminster, 1963), 15–51; J.A. Overman, Matthew’s Gospel and Formative Judaism: The Social World of the Matthean Community (Minneapolis: Fortress, 1990); and A.J. Saldarini, Matthew’s Christian Jewish Community (Chicago and London: The University of Chicago Press, 1994). 4  K. Stendahl, The School of Matthew and Its Use of the Old Testament, second edition (Lund and Copenhagen: C. W. K. Gleerup, 1968, [1954]), E. Schweizer, Matthäus und seine Gemeinde (SBS71; Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 1974) and Stanton, Gospel, 124. 5  S. van Tilborg, The Jewish Leaders in Matthew (Leiden: Brill, 1972); G. Strecker, Der Weg der Gerechtigkeit: Untersuchung zur Theologie des Matthäus (FRLANT 82; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 31971); and W. Trilling, Das wahre Israel: Studien zur Theologie des Matthäusevangeliums (ETS 7; Munich: Kösel, 31964).

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Asymmetric Identities: Judeans and Christ-Followers in the First Century This essay presupposes my general views on Judean ethnic identity and Christ-followers in the first century expressed elsewhere and its compass will only allow a brief summary.6 My central proposition is that the prevailing paradigm in scholarship—that the context of the Matthean audience should be understood in terms of the relations between two identities that are symmetrical in that they are two instances of the same category, “religion,” namely: “Judaism” and “Christianity,” “Jews and Christians”—is seriously wrong and misleading. Equally misleading is the closely related notion that one can deploy in relation to these two entities the metaphor of the “parting of the ways” with its image of two figures of the same type sadly bidding farewell to one another. Instead, the real contrast is between two identities that are asymmetrical in nature. On the one hand we have the ethnic identity of first century Judeans and on the other—chalk to its cheese—there is the “socio-religious” identity of the members of the Christ-movement, which is non- or trans-ethnic as soon as any community contains both Judean and non-Judean members. I have quotes around “socio-religious” because no single epithet readily captures the distinctive identity of the early Christmovement, with its small house-based groups of people, Judean and in some cases non-Judean, who believed in Jesus as their Christ and Lord. The best ancient text for gaining a good sense of the ethnic identity of first century Judeans is the Contra Apionem of Josephus. The author is defending his people (οἱ Ἰουδαῖοι) from Apion’s criticisms. His strategy entails accepting that they fall within the same broad category as the fifty or so peoples mentioned in the text, nearly all of whom are named with respect to their land of origin: thus they are Judeans, like Romans, Phoenicians, Syrians and Egyptians and so on. His point is to argue that his people are a distinctive and, in many respects, superior example of this group category. These peoples are nearly all named with respect to their ethnic homeland, 6  P.F. Esler, Conflict and Identity in Romans: The Social Setting of Paul’s Letter (Minneapolis: Fortress, 2003), 10–13, 40–74; “Paul’s Contestation of Israel’s (Ethnic) Memory of Abraham in Galatians 3,” BTB 36 (2006) 23–34; “From Ioudaioi to Children of God: The Development of a Non-Ethnic Group Identity in the Gospel of John” in A.C. Hagedorn, Z.A. Crook/E. Stewart (ed.), In Other Words: Essays on Social Science Methods and the New Testament in Honor of Jerome H. Neyrey (Sheffield: Sheffield Phoenix Press, 2007), 106–37; “Judean Ethnic Identity in Josephus’ Against Apion” in Z. Rodgers, with M. Daly-Denton/A. Fitzpatrick McKinley (ed.), A Wandering Galilean: Essays in Honour of Sean Freyne (Leiden: Brill. 2009), 73–91 and “Judean Ethnic Identity and the Purpose of Hebrews” in A.B. McGowan/K.H. Richards (ed.), Method & Meaning: Essays on New Testament Interpretation in Honor of Harold A. Attridge (Atlanta, GA: Society of Biblical Literature, 2011), 469–89.

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which is why Ioudaios should be translated as “Judean” and not “Jew” or “Jewish.” While the emic words used for peoples in this text include γένος, ἔθνος, and λαός, the most apt etic framework is that of ethnicity or ethnic group. In 1969 the Norwegian anthropologist Fredrik Barth published an essay that has stimulated a lively debate on ethnicity.7 Barth rejected the “primordial” approach that defined ethnic groups by reference to their possession of a set of cultural features, arguing instead that their sense of themselves as a group, interacting with other groups, came first and that specific cultural indicators (which frequently changed over time) were selected, as a boundary, to express that group identity. On this view, ethnicity constituted a field of ascription and identification that certain groups deployed to organize their relationships with other groups.8 But, if so, what differentiated ethnic groups from other groups? Barth himself suggested that an ascription of someone to a social category was ethnic in character “when it classifies a person in terms of his basic, most general identity, presumptively determined by his origin and background.” 9 Since this is a very general description and applies as much to families as ethnic groups, we need a limited repertoire of features that must be diagnostic and not constitutive of ethnic identity if they are to be in accord with Barth’s ascriptive and interactive approach. In 1996 John Hutchinson and Anthony Smith provided such a repertoire: (a) a common proper name to identify the group; (b) a myth of common ancestry; (c) a shared history or shared memories of a common past, including heroes, events and their commemoration; (d) a common culture, embracing such things as customs, language and religion; (e) a link with a homeland, either through actual occupation or by symbolic attachment to the ancestral land, as with diaspora peoples; and (f) a sense of communal solidarity.10 It is important to note that religion is a narrower category than ethnicity and here forms but one of three elements in one of six broad indicators of ethnicity. In contemporary Northern Ireland, for example, the fundamental 7  F. Barth, “Introduction,” in Ethnic Groups and Boundaries: The Social Organization of Culture Difference (ed. Fredrik Barth: London: George Allen and Unwin, 1969), 9–38. For current discussion on the subject of ethnicity, see A. Phoenix, “Ethnicities,” in M. Weatherell/C. Talpade Mohanty (ed.), The Sage Handbook of Identities (Los Angeles: Sage, 2010), 297–320. 8  See my application of this approach to Romans in Esler, Conflict and Identity. 9  Barth, “Introduction,” 13 (emphasis added). 10  J. Hutchinson/A. Smith (ed.) Ethnicity (Oxford: Oxford University Press, 1996), 3–14, on pp. 6–7.

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social division lies between two ethnic groups, Unionists and Nationalists, which include Roman Catholic and Protestant dimensions respectively. It is sometimes said, indeed, that in Northern Ireland religion functions merely “as a badge of ethnic difference.”11 The indicators isolated by Smith and Hutchinson are frequently evident in relation to the ethnic groups mentioned in the Contra Apionem,12 where, as in Northern Ireland, ethnicity is a much broader category than “religion” (though even using that word of first century CE phenomena is anachronistic).13 This is not to say that the religious dimension of an ethnic identity cannot at times become salient, as sometimes happens in Northern Ireland, and assume prominence as a feature of the total ethnic identity.14 This reflects the fact that these features frequently change over time and as the context changes, so a process-oriented approach is needed to understand what is happening.15 Nevertheless, the two identities are still distinct and ethnicity is the broader and more inclusive one of the two. It is interesting to consider the picture of Judean ethnicity that occurs in the infancy narratives in Matt 1:18–2:23, since here virtually all of the six features identified by Hutchinson and Smith as ethnic markers are to be found, just as they are in Josephus’ descriptions of the various ethnic groups in the Contra Apionem, including the Judeans.

Hypothesis My broad hypothesis is that Matthew is writing for a group or groups of Christ-followers having a very distinctive identity (whose members cannot simply be categorised as belonging to a religion, “Christianity”). Such people had accepted that the Christ-movement embraced people of non-Judean ethnicity but had to deal with the fact that Jesus himself had focused on Israelites/Judeans. The Evangelist’s solution to this problem is to depict Jesus himself as moving from Judean ethno-centrism to a realisation that his Gospel is for people of all ethnicities, as seen most graphically in the closing two verses of the Gospel where the evangelist has Jesus link openness to all

11  C. Mitchell, “Behind the Ethnic Marker: Religion and Social Identification in Northern Ireland,” Sociology of Religion 66 (2005) 3–21, on p. 3. 12  See Esler, “Josephus’ Against Apion.” 13  W. C. Smith, The Meaning and End of Religion (Minneapolis: Fortress, 1991 [1962]), discussed by Esler, Conflict, 7–8. 14  Mitchell, “Behind the Ethnic Marker,” 3. 15  J.S. Phinney/A.D. Ong, “Conceptualization and Measurement of Ethnic Identity: Current Status and Future Directions,” Journal of Counseling Psychology 54 (2007) 271–281, on p. 279.

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ethnic groups with the characteristic Matthean theme of the continuing presence of Jesus with and among his believers (Matt 28:19–20).

Applying this Hypothesis to Matthew As I will argue that the Matthean Jesus is forced to confront his own Judean ethno-centric attitudes to non-Judeans, it is worth noting that Matthew provides a foretaste of a looming reversal of ethnic understanding in Matt 3:9 (a Q passage). Here, when John the Baptist rebukes the Pharisees and the Sadducees, they reply, “We have Abraham as our father.” Whereas this is a typical example of Judean ethnic pride, John’s reply is an early intimation of ethnic relativisation: “For I tell you God is able from these stones to raise up children for Abraham.” Not only does this signal the irrelevance of physical descent, a key feature of most ethnic identities, it does so in relation to Abraham himself, whose importance for Judean identity was made clear in Matt 1:1 and in the genealogy that follows.

An ethno-centric Jesus: the use of the word ethnikoi One of the striking features of Matthew’s Gospel is that the most ethnocentric statements come from Jesus himself. The word ethnikos, “foreigner,” in this context meaning, “a non-Judean,” occurs three times in this Gospel, at Matt 5:47, 6:7 and 18:17, all of which instances fall from the lips of Jesus. I will deal with the first and second instances here and the third one, which is an intensely illuminating example, later in this essay. The presence of this word is usually included among the data that seem to indicate a dimension of “anti-Gentile” sentiment in the overall position of Matthew. One of the strongest expressions of this view comes from David Sim.16 Although Sim’s view has attracted criticism,17 my approach allows a different angle on this debate by abandoning the notion that the identity we are interested in is a religion, “Judaism,” and postulates instead an ethnic group, “Judeans.” My proposal is that these statements indicate a Judean ethno-centric position that 16  D. Sim, Gospel, 226–31; idem, “The Gospel of Matthew and the Gentiles,” JSNT 57 (1995), 19–48, especially pp. 25–30; and “Matthew and the Gentiles: A Response to Brendan Byrne,” ABR 50 (2002) 74–79. 17  For example, from D. Senior, “Between Two Worlds: Gentiles and Jewish Christians in Matthew’s Gospel,” CBQ 61 (1999) 1–23, on pp. 8–11 and R.T. France, The Gospel of Matthew (NICNT; Grand Rapids, MI and Cambridge: Eerdmans, 2007), 16–17.

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Matthew wants his readers to understand that Jesus first ascribed to but then moved away from. Let us consider the first instance, at 5:47: And if you salute only your brethren, what more are you doing than others? Do not even the ethnikoi do the same? (RSV, but replacing “Gentiles” with ethnikoi).

Jesus is referring to the members of non-Judean ethnic groups (ἔθνη), so that ethnikos is best translated as “foreigner.” “Gentile” is an unhelpful translation because it is now stamped with a peculiarly non-Judean dimension and lives more comfortably in the discourse of religion than ethnicity.18 Jesus is trading on a negative stereotype of other ethnic groups current among Judeans to make a point to his audience. The second instance is at 6:7–8: And in praying, do not heap up empty phrases (βατταλογήσητε) as the ethnikoi do; for they think that they will be heard for their many words (πολυλογίᾳ). Do not be like them for your Father knows what you need before you ask him (RSV but replacing “Gentiles” with ethnikoi).

Again, Jesus refers to ethnikoi, to members of other, non-Judean ethnic groups, not to members of other “religions” (so “foreigners” not “Gentiles”) and disparages practices of addressing gods in which they engaged. Attempts to determine the meaning of βατταλογεῖν have been indecisive.19 It could be related to the Greek word βατ(τ) used for stuttering. Perhaps it refers to the formulaic repetition of intelligible or unintelligible words “in order to multiply effectiveness with the gods.”20 Jesus says nothing specifically about πο� λυλογία, a word conveying “garrulousness,” which may mean he is being critical of an attitude toward prayer among foreigners as “a means of pressuring God into giving us what we think we need.”21 Nevertheless, whatever the precise connotations of these two words, they are clearly viewed in a negative way. Jesus is here asserting the superiority of prayer in which his audience is engaged over that of foreigners in an ethno-centric fashion. Jesus also deploys foreigners as a negative comparator group, in relation to their striving after material wants, at 6:32, although this time with the word ἔθνη and not ἐθνικός. These two instances of Jesus using the derogative expression ethnikos fit in well with his initial position toward his ministry as embedded in and representing the ethnic identity of Judeans. It is of a piece with this incident: Jesus sent these twelve off saying, “Do not go off onto the road of the ἔθνη 18 ��������������������������������������������������������������������������������  See C.D. Stanley, “Neither Jew Nor Greek: Ethnic Conflict in Graeco-Roman Society,” JSNT 64 (1996) 101–24. 19  See J. Nolland, The Gospel of Matthew (NIGTC; Grand Rapids, MI and Cambridge: Eerdmans, 2005), 284–5. 20  Nolland, Matthew, 284. 21  Nolland, Matthew, 285.

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nor enter a city of the Samaritans; go rather to the lost sheep of the house of Israel” (Matt 10:5).22 And 15:24 “I was not sent except to the lost sheep of the House of Israel.”

The Matthean Jesus’ Final Position But by the end we have a totally different picture. An intimation of his changing view comes at 21:43: “On account of this I say to you that the Kingdom of God will be taken away from you and will be given to an ἔθνος bearing its fruit.” Here we have a singular ἔθνος rather than plural ἔθνη but the replacement of the Judean ethnic group with some other group seems unmistakeable. What might be the nature of this ἔθνος? The critical feature is that it will contain non-Judeans. There are a number of signs of this. We learn in Matt 24:14 that the Kingdom of Heaven will be proclaimed throughout the whole world as a witness to foreign nations, and then the end will come. There is also Matt 25:32: “There will gather before him all the ἔθνη and he will separate them from one another, just as a shepherd separates the sheep from the goats.” Christ-followers will be able to come from any ethnic group. Then in 28:19–20, where Jesus, in directing his disciples to make disciples of all ethnic groups, accepts the presence of non-Judeans. Evidence to the same effect but very different in nature comes from Matt 28:15: “And this tale (i.e. that Jesus’ disciples came during the night and stole his body away) has been spread among the Ioudaioi until the present day.” This is a highly revealing indication of Matthew’s own position and of the distance his audience had travelled from Judean ethnicity. The Ioudaioi are now understood in stark simplicity as an outgroup. Jesus may have been born king of the Ioudaioi (Matt 2:2) but by the end of this Gospel they are no longer his people. This sense of separation is reinforced by the expression “their synagogue(s)” that occurs five times in this Gospel.23 This evidence forms part of the case against the possibility that the non-Judeans who had joined the Christ-movement of Matthew’s day became ethnic Judeans.

22 occur. 23

 Note that this is the only use of Samaritan in this Gospel and “Samaria” does not  Matt 4:23; 9:35; 10:17; 12:9 and 13:54.

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Jesus’ Transition to a Trans-Ethnic Understanding of the Community The truly remarkable feature of the Matthean presentation is that the Evangelist actually depicts, in two prominent passages, how Jesus moved from an ethnocentric position of Judean ethnic priority in relation to those destined for salvation to one that is trans-ethnic in its scope. The first of these comes in 8:5–13.

The centurion of Caphernaum (8:5–13) We begin the discussion of Matt 8:5–13 with the immediate context of this passage. The Sermon on the Mount occupies Matthew 5–7. Whereas Matt 5:1 begins the Sermon with the words “Seeing the crowds, he went up on the mountain,” Matt 8:1 expressly brings it to an end by stating, “When he came down from the mountain, great crowds followed him.” In the very next verse we are told that a leper came to Jesus saying, “Lord, if you will, you can make me clean” (8:2). Jesus does heal him and tells him to show himself to the priest and make the offering Moses commanded (8:4), a reference to the provisions of Lev 14:1–32 relating to the cleansing of lepers. The leper is thus a Judean. Then comes Matt 8:5–13, when a centurion approaches Jesus as he enters Caphernaum with another request for a healing (8:5). Sensitivity to the flow of the Matthean narrative requires that we register the shock generated by this passage. Up to this point Jesus has located himself firmly within Judean ethnic identity. On two occasions (5:47 and 6:47) he has referred to ethnikoi, non-Judeans, in a highly disparaging way that reflects a Judean ethno-centric disdain for other ethnic groups. He has also evoked the superiority of Judeans over non-Judeans (ἔθνη) at 6:32. Now we find him for the first time encountering a non-Judean, a representative of a despised ethnic out-group, the centurion, an officer in the Roman army, based in Caphernaum. Going on the ethnic stereotypes to which he has previously given voice, Jesus will no doubt be expecting him to be someone who behaves little better than a tax-collector (5:46–47), a by-word for avarice and extortion, who worries about life issues in a manner inconsistent with faith in God (6:32) and who addresses his gods in a derisory babble of imprecations (6:7). But what does the centurion do? He beseeches Jesus and says, “Lord, my servant is lying paralysed at home and in terrible distress” (8:6). This is a moment of high drama in the Matthean Gospel, when the rubber of ethnic exclusivity hits the road of human need. How will Jesus react? In

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spite of the attitudes towards non-Judeans Jesus has previously revealed, he does not reject the approach of the centurion. Instead, assuming that the man is requesting a cure for his servant, Jesus responds to him, although it is not clear from the Greek (8:7) whether he asks “Will I come and cure him?” or states “I myself will come and cure him.” Not a great deal turns on which option is correct. If a question, which is probably more likely given the way the passage develops, and the structure of the Greek,24 Jesus is revealing an ethno-centric doubt about engaging with non-Judeans, or he may be indicating his conviction (which appears a little later in the Gospel) that his mission is only to Judeans. If a statement, he puts aside such considerations and reveals the same concern to offer immediate help that he has just displayed in cleansing a Judean of his leprosy. But the man is not done: “Lord, I am not worthy to have you come under my roof; but only say the word and my servant will be healed” (8:8). He then adds that just as his word of command as an army officer produces any necessary result (8:9), so, he implies, will the word of Jesus. Why does the centurion believe he is not “worthy” (ἱκανός) for Jesus to enter his house? This is not, as R. T. France suggests, a question of his awareness of “Jewish religious sensibilities.”25 “Religion,” “Jewish” or otherwise, is the wrong framework to invoke. The answer lies within the region of ethnicity. In particular, the centurion imagines himself as affected by the same context of sharp ethnic division between Judeans on the one hand and other peoples on the other to which Jesus himself has already borne witness. He is imagining how he appears in Judean eyes, as a negatively regarded foreigner with whom Judeans would refrain from social intercourse, just as Peter says to the centurion Cornelius and his household in Acts 10:28, “You yourselves know how unlawful (ἀθέμιτον) it is for a Judean (Ἰουδαῖος) to associate with or to visit a foreigner (ἀλλοφύλῳ).” Jesus’ next statement reminds us just how deeply this exchange is embedded in the realm of inter-ethnic relationships. Astonished (ἐθαύμασεν) by what he has heard (and this is the only time in the Gospel that the word θαυ� μάζω is attributed to Jesus),26 no doubt because the centurion has revealed an extraordinary understanding of his role and power, Jesus says to his followers (8:10): “Truly I tell you, among no one (παρ’ οὐδενί) in Israel have I found such faith (πίστις).” This is the first of five occasions on which Jesus uses the name “Israel” in this Gospel and the first of eight occasions he em24  France (Matthew, 312–13) is probably right in insisting that the Greek word order requires a question, because of the pronoun ἐγώ with which Jesus begins. 25  France, Matthew, 314. 26  Elsewhere in Matthew, as France notes (Matthew, 315), θαυμάζω is used in relation to people’s reaction to Jesus (8:27; 9:33; 15:31; 21:20; 22:22; 27:14).

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ploys πίστις.27 Given his views on non-Judeans, one can well understand the cause of his astonishment. Not only was he encountering faith of this remarkable kind for the first time, but it was being manifested not by an Israelite but by a foreigner. Matthew’s Jesus could at this point have proceeded directly to the cure he announces in v. 13 (“Go, and let it be done for you as you have had faith”). Instead, he pauses to make a statement about the future that falls into two, sharply contrasting parts (8:11–12). First, he says, “I tell you, many will come from east and west and sit down at table with Abraham, Isaac and Jacob in the kingdom of heaven.” Then he adds, “But the sons of the kingdom will be cast into the outer darkness, where there will be weeping and gnashing of teeth.” Since the Lucan version of these statements is not found in the parallel place in Luke (7:9), but appears elsewhere, in Luke 13:28–29, it is probable that this is a floating statement in Q that Matthew has added to the story of the centurion.28 The Matthean version provides additional support for the ethnic intensity of the First Gospel as further consideration will show. At the outset we note that here Jesus again directs his hearers’ attention to a future beyond their current lifetimes, as he has already done in the Sermon on the Mount (Matt 5:12 especially). This is a Gospel in which Jesus repeatedly differentiates between the time of his own ministry and of his audience and that of the future consummation, the time when the Kingdom of God will be realised, the period of ultimate salvation. We will later find Jesus indicating that he himself was sent “to the lost sheep of the House of Israel” (Matt 15:24), while yet recognising that in the future beyond his lifetime what he has begun will extend to non-Judeans. That theme begins with the centurion. Although doubted by some, the logic of the narrative demands that those who will come from east and west and dine with the three patriarchs are nonJudeans, since these people belong to the same broad ethnic category as the centurion.29 While most commentators take this view, and also reasonably see in the meal a reference to the banquet of Isa 25:6, which begins, “On this mountain the Lord will make for all peoples (ἔθνη) a feast of fat things …,” a perspective sensitive to issues of ethnicity in the text allows us to offer a 27  There are seven other instances of “Israel” and one of πίστις in Matthew. 28  It is highly unlikely that Luke would have used a source that combined the account of the meal in the Kingdom with the story of the centurion since that combination would have fitted so well with the Lucan theme of table-fellowship between Judeans and non-Judeans (see P.F. Esler, Community and Gospel in Luke-Acts: The Political and Social Motivations of Lucan Theology [SNTSMS 57; Cambridge: Cambridge University Press, 1987], passim); it is inconceivable Luke would have broken up such a connection. 29  It is surprising to find W.D. Davies/D.C. Allison (A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to St. Matthew. Volume II: Matthew VII–XVII [���������� ICC; ����� Edinburgh: T. & T. Clark, 1991], 28) arguing that those from east and west are “unprivileged Jews.”

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fuller interpretation, one that pays closer attention to what Matthew is saying and less to the reception history of Isa 25:6.30 These non-Judeans will be dining with Abraham, Isaac and Jacob. These were the first three figures mentioned in the genealogy in Matt 1:2, the progenitors of the Judean people, of the Judean ethnic group. We recall that for Fredrik Barth a social category is to be regarded as ethnic “when it classifies a person in terms of his basic, most general identity, presumptively determined by his origin and background.”31 The genealogy, beginning with Abraham, serves, inter alia, to describe and legitimate a core element of the Judeans’ origin and background. A little later in the Gospel we get a glimpse of the ethnic pride Judeans felt in having Abraham as an ancestor when John the Baptist attributes to the Pharisees and the Sadducees the sentiment, “We have Abraham as our father” (Matt 3:9). Abraham appears here in Matt 8:10 for a third time. He will re-appear on one more occasion, in Matt 22:32, again in the company of his son and grandson, when Jesus loosely quotes Exod 3:6, saying, “I am … the God of Abraham and the God of Jacob and the God of Isaac,” in support of his argument for their still being alive (an argument nicely consonant with the dining scene in 8:11). The most extraordinary feature of Matt 8:11 is that it is precisely with these primary figures in the origin and continuance of Judean identityAbraham, Isaac and Jacobthat Matthew describes non-Judeans sitting down to dine in the kingdom of heaven. This is not a feature, after all, of the parallel passage in Luke 13:28–29, where, although Abraham, Isaac and Jacob (and the prophets) are present in the kingdom of God, the people from the east and west and, indeed, the north and south, do sit at table there, but not specifically with them. The result is that Matthew paints a most provocative vignette of table-fellowship in the kingdom of heaven, not only between Judeans and non-Judeans of a sort prohibited to first century Judeans,32 but also involving the very founders of Judean identity. While in one sense this echoes the inclusion of four non-Judeans in the genealogy in Matthew 1, the shared meal goes far beyond this in embodying a new form of social reality and group identity that entirely transcends the boundaries of ethnicity. This is Jesus’ vision for the future, however much he may be focusing upon ethnic Israel. Several times later in this Gospel there are passages to similar effect. Yet there is a further sting to Jesus’ remarks, namely, that while nonJudeans dine with Abraham, Isaac and Jacob, 30  Note the comment of France (Matthew, 317) that whereas in Isaiah we have a feast for “all peoples,” “Jewish tradition” made it a blessing specifically for Israel. 31  Barth, “Introduction,” 13 (emphasis added). 32  P.F. Esler, Galatians (London and New York: Routledge, 1998), 93–116.

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the sons of the kingdom will be cast into the outer darkness; there will be weeping and gnashing of teeth (8:12).

Who are these sons? The expression recurs at Matt 13:38 as the explanation for the good seed that the Son of Man sows, in contrast to the weeds sown by the devil who are the sons of the evil one. While the sons of the kingdom are almost certainly Judeans, it remains for determination in view of later evidence in the Gospel as to which Judeans are so excluded. Matthew cannot have meant to include all Judeans at this point, because Abraham, Isaac and Jacob are the progenitors of the Judean group. Presumably, however, he does have in mind Judean leaders who come in for sustained criticism (Matt 22– 23 especially).

The Canaanite woman (15:21–28) This is the second incident in the First Gospel where Jesus has to struggle between his announced restriction of his Gospel to Israelites and the exigencies of his mission. The passage derives from Mark 7:24–30, where the same tension is present although, as we will soon see, in a less developed form. Current scholarship largely misses the significance of this passage.33 Reasons of space preclude a detailed redactional analysis here, so I will focus on some essential features. Set on a road, not in a house as in Mark, the Matthean version adds the feature that the woman cries out to Jesus as he is walking along with his disciples, using titles, one of them ethnic-specific, as she does so: “Have pity on me, Lord, son of David; my daughter is terribly possessed” (v. 22). Unlike the Marcan Jesus, here he ignores her: “He did not answer her a word.” Then the disciples ask him to send her away to stop her coming along behind them shouting (v. 23). It is unclear if the disciples want Jesus to do what she asks to be rid of her,34 or, probably more likely (cf. Matt 14:15), just want him to dismiss her tout court. Matthew then develops his Marcan source with the specific statement: “I was not sent except to the lost sheep of the house of Israel” (v. 24). This addition rings loud in the narrative, since Jesus is obviously ruminating on what he should do. His initial instinct is not to help her, on the basis that the 33  France (Matthew, 590) at least comes close by suggesting that here Jesus changes his mind, whereas Nolland wrongly thinks he does not (Matthew, 636). Davies and Allison (Matthew II, 543–5) minimize the significance of this passage in the evolving theme of Judean and non-Judean in Matthew by arguing that only with 28:16–20 does the status of the “Gentiles” become clear. 34  So France, Matthew, 593.

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woman belongs to a non-Judean ethnic group. His reply seems to be directed to the disciples not to the woman; they want him to dismiss her because she is a nuisance and Jesus offers a different reason for not helping her (and probably for acceding to his disciples’ request to get rid of her). These last elements produce a much more deliberative dimension to the Matthean version. In this Gospel Jesus is quite torn by what to do. It is a tougher decision for him than in Mark. Only at this point does she come to Jesus. She does not throw herself at his feet (as in Mark) but reverentially “prostrates” (προσεκύνει) herself before him with a distinctive salutation: “Lord, help me” (v. 25). At this point Matthew drops Mark’s “let the children first be fed,” which may offer some hope for the dogs afterwards, and has Jesus say, bluntly: “It is not right to take the food of the children and to throw it to the dogs” (v. 26). Note that Jesus expresses the extraordinary Judean ethno-centricity and outgroup stereotyping of his time: the members of other ethnic groups are “dogs.” If the woman had said nothing more this is where the exchange would have ended, with a non-Judean who needed help having been rebuffed by Jesus after he gave her request careful consideration. But she is persistent: “Yes, Lord, for even the dogs eat from the scraps that fall from the table of their masters.” Since Mark has: “Yes, Lord, even the dogs under the table eat the children’s crumbs,” Matthew has enhanced the ethnic dimension; by replacing “children” with “masters” he has the woman acknowledge an increased social distance between Judean and non-Judean. Whereas in Mark 7:29 Jesus appears to respond to the cleverness or insight of what she has said, the reaction of the Matthean Jesus is different: “Oh woman, great is your faith; let it be done as you wish…” This parallels his earlier recognition of the faith of the centurion at Caphernaum (Matt 8:10). Although Jesus has earlier expressed in relation to that centurion a recognition of non-Judeans being included in the future, this pericope shows him learning by experience that he will have to be open to non-Judeans, in the present case because of the nature of a Canaanite woman’s faith.

The third ethnikos saying (Matt 18:17) Before bringing the strands of my argument together, we must consider Jesus’ third saying about ethnikoi, non-Judeans. Matthew 18 provides guidance on how disciples should relate to one another in the new group based on Jesus’ ministry. It fills out many details of this new and distinctive identity. While some have suggested that Matthew 18 relates to the followers of Jesus

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during his lifetime,35 the far more likely view is that it refers to Christ-followers contemporaneous with the Evangelist. Such a context is suggested especially by the use of ἐκκλησία in Matt 18:17, the reference to Jesus’ continuing presence in Matt 18:20 and by the elaboration of issues in this chapter. This means, however, that the community should be one in which the inclusion of non-Judeans in the post-Resurrection period foretold in Matt 21:43, 25:32 and especially 28:19–20 has already been achieved. In Matt 18:15–17 Jesus explains what to do if “your brother sins against you.” You must speak to him yourself first. If he does not listen, you must speak to him again in the presence of two or three witnesses. If he still refuses, get the whole community (ἐκκλησία) to speak to him, and if even that fails, “let him be to you as a non-Judean (ethnikos) and a tax-collector” (v. 17). The challenge posed to my argument by this statement is this: since this passage probably relates to the post-Resurrection period when non-Judeans have entered the community, why does Matthew let his Jesus express an apparently Judean ethno-centric attitude in relation to someone after he has progressively come to understand, through the course of his ministry, the need to disregard the boundaries between Judean and non-Judean. Is this passage actually evidence against the inclusion of Judean and nonJudeans in the Matthean Christ-following group? In fact, it is evidence precisely for a community of Judeans and nonJudean Christ-followers at the time of the Evangelist. Presumably the likeliest source of tension in the post-Easter community is that between Judean and non-Judean Christ-followers. Jesus is explaining how things are to be in the new community. He is saying that if people in the group will not behave properly—meaning, inter alia, that old ethnic boundaries separating one another have been abolished as far as their membership of the Christgroup is concerned—then treat them as if they had never become members! To do this means that they will revert precisely to their previous status as once-despised outsiders, tax-collectors and foreigners (ethnikoi) respectively. This passage also provides further evidence that the non-Judean Christfollowers in the community or communities to whom Matthew is writing do not become Judeans. For if they were to be expelled, they would find themselves treated in a way commensurate with their non-Judean identity that had merely been disregarded, not erased, while they were members of the community and sharing in a new superordinate group identity as Christfollowers. On this view, the pericope, rather than being evidence for the absence of non-Judean Christ-followers in the post-Easter community Matthew has in view, is evidence for their presence.

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 For example, France, Matthew, 673.

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Conclusion Here then is my proposal for the broad social context of the First Gospel. Matthew is writing for a group or groups of Christ-followers that embrace Judean and non-Judean members sharing a new, trans-ethnic, superordinate group identity in-Christ. This identity is quite distinct from that of the Judean ethnic group, who are now viewed in sharply defined terms as an outgroup, “the Judeans” (28:15). They meet in a community setting (the ἐκκλησία) that is quite distinct from the synagogues of the Judeans (“their synagogues”). Yet this new identity has its fragilities; expulsion of a member (18:17) is a reminder of the boundaries they have had to disregard in building this new community. And they remember Jesus as having initially understood his ministry as being restricted to Israel but learning during its course that the human needs of non-Judeans trumped this attitude and programme and that in the period beyond his death and resurrection they too would be included in the community. In moving along this path to understanding, it is highly likely that Jesus functioned as prototypical of Judean Christ-followers of Matthew’s time (probably himself included) who had themselves learned by experience to receive non-Judeans.

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Philip F. Esler

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Matthias Konradt

Matthäus und Markus Überlegungen zur matthäischen Stellung zum Markusevangelium

Der Konflikt mit dem zeitgenössischen, im matthäischen Umfeld unter pharisäische Dominanz geratenen Judentum ist in einem breiten Strom der neueren Matthäusforschung mit Recht als zentrales Moment der Situation der matthäischen Gemeinde(n) und damit korrelierend als wesentlicher Faktor, der die matthäische Neufassung der Jesusgeschichte beeinflusst hat, herausgearbeitet worden. Trotz des kaum zu überschätzenden Gewichts dieser Auseinandersetzungen für die Analyse des Entstehungskontextes des ersten Evangeliums ist freilich zugleich die Frage nicht zu vernachlässigen, inwiefern Matthäus mit seiner Art und Weise, die Jesusgeschichte neu zu erzählen, zugleich mit anderen frühchristlichen Strömungen interagiert und wie der Trägerkreis in das frühchristliche Spektrum einzuordnen ist. Zwei durch Aufsatzbände dokumentierte Tagungen an der Universität Tilburg haben die These diskutiert, dass das Matthäusevangelium gemeinsam mit der Didache und dem Jakobusbrief ein judenchristliches Milieu bezeugt, das als ein dritter markanter Traditionsstrang des entstehenden Christentums neben Paulus und Johannes zu gelten habe.1 Beachtung verdienen daneben Berührungen mit dem 1. Petrusbrief (vgl. 1Petr 2,12 mit Mt 5,16 und 1Petr 3,14 mit Mt 5,10), die entweder auf literarische Benutzung des Matthäusevangeliums durch Pseudo-Petrus hindeuten,2 so dass der 1. Petrusbrief der früheste Zeuge für die Benutzung des Matthäusevangeliums wäre, oder aber Hinweise auf eine engere traditionsgeschichtliche Beziehung geben, sofern beide unabhängig voneinander auf dieselben Traditionen zurückgreifen. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang, dass in der neueren Forschung auf der einen Seite der vermeintliche „Paulinismus“ des 1. Petrusbriefs kritisch hinterfragt und zuweilen, m.E. in der Tendenz mit Recht, in Abrede gestellt wurde.3 und zugleich auf der anderen Seite die engen Berührungen zwischen dem 1. Petrusbrief und dem Jakobusbrief, der, wie angeführt, dem Matthäusevangelium theologisch wie traditionsgeschichtlich nahe steht, neu gewürdigt wurden. Die nähere Untersuchung des sich hier andeutenden Beziehungsgeflechts zwischen Matthäus, dem 1. Petrusbrief und dem Jakobusbrief stellt ein dringendes Forschungsdesiderat zur Erhellung der theologiegeschichtlichen Entwicklungen des entstehenden Christentums dar. 1  S. zum einen van de Sandt, Matthew, zum anderen ders./Zangenberg, Matthew. Zur Beziehung zwischen dem Jakobusbrief und dem Matthäusevangelium s. ferner Konradt, Jakobusbrief, 190–207, bes. 205ff. 2  S. dazu die Untersuchung von Metzner, Rezeption, sowie Luz, Evangelium I, 103f. 3  Von Gewicht ist hier insbesondere die Monographie von Herzer, Studien.

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Zu verhandeln wäre in einem solchen Rahmen ferner auch die These einer antipaulinischen Ausrichtung von Matthäus, die in der neuesten Matthäusforschung in einer Reihe von Aufsätzen von David Sim, zuletzt aber auch von Gerd Theißen vorgebracht wurde.4 Das grundlegende Problem dieser These ist, dass sie sich nicht an hinreichend engen bzw. auffälligen Konvergenzen im Wortlaut oder gar eindeutigen (antithetischen) Bezugnahmen auf Paulusbriefe festmachen lässt. Um im Matthäusevangelium begegnende Positionen als gegen Paulus gerichtet lesen zu können, muss man vielmehr bereits vorab davon überzeugt sein, dass Paulusbriefe bzw. paulinische Positionen im Umfeld des Evangelisten bekannt waren und Einfluss ausübten. Man muss also davon ausgehen, dass Paulus in Syrien um das Jahr 80 herum eine theologisch relevante Größe darstellte. Aber kann man dies ohne weiteres voraussetzen? Gegenüber einer Art „Panpaulinismus“, der geradezu (fast) alle frühchristlichen Strömungen mit Paulus in Beziehung setzt, indem sie entweder an den Völkerapostel anknüpfen oder sich kritisch gegen ihn wenden, dürfte vielmehr grundsätzlich darauf hinzuweisen sein, dass das Gewicht von Paulus im neutestamentlichen Kanon kaum ein historisch im Ganzen zutreffendes Abbild seines Gewichts im entstehenden Christentum in den ersten fünfzig Jahren bietet.5 Dafür, dass Paulus in Syrien um das Jahr 80 einflussreich war, gibt es keine überzeugenden Belege oder auch nur Indizien. Die meisten Matthäusexegeten halten Matthäus daher, m.E. mit Recht, für unpaulinisch6 – auch wenn man dies mit dem Zusatz versehen kann, dass der Evangelist, hätte er Paulusbriefe gekannt, sicher nicht mit allem einverstanden gewesen wäre.7

Auf historisch sichererem Boden bewegt man sich, wenn man im Blick auf die Frage nach der Interaktion von Matthäus mit frühchristlichen Strömungen bei seinem Verhältnis zum Markusevangelium einsetzt. Es geht hier dabei nicht um Fragen der sprachlichen Verbesserung, auch nicht um Einzelfragen wie etwa Tendenzen bei der Bearbeitung der Wundergeschichten durch 4  Sim, Gospel, 188–211; ders., Anti-Paulinism; ders., Matthew; Theissen, Kritik. Harrington, Matthew, 24f, bezieht keine klare Position. 5  Selbst über das (nachösterliche) Wirken von so einflussreichen Gestalten wie Jakobus, Barnabas oder auch Petrus bieten die erhaltenen Quellen kaum Informationen. 6  S. z.B. Luz, Jesusgeschichte, 163f; Foster, Paul, 86.114. – In früheren Veröffentlichungen habe ich dafür votiert, dass auch der Jakobusbrief unpaulinisch ist (s. Konradt, Existenz, 241–246, und vor allem ders., Jakobusbrief, 172–190). Ich halte an dieser Einschätzung nach wie vor fest. Abhängigkeitsthesen tendieren m.E. dazu, die erhaltenen literarischen Zeugnisse, in denen sich kaum mehr als ein Ausschnitt der frühchristlichen Traditionsbildungsprozesse manifestiert, für das Ganze zu nehmen und damit deren Komplexität zu reduzieren. In diesem Sinne ist etwa für Jak 2,14–26 darauf zu verweisen, dass für den Fall, dass man die verbalen Berührungen mit den paulinischen Rechtfertigungsaussagen als zu auffällig erachtet, um Jak 2,21–23 suffizient als von Paulus unabhängige frühchristliche Fortschreibung jüdischer Abrahamtradition erklären zu können, die Option in Rechnung zu stellen ist, dass Jakobus eine frühjüdische Überlieferung fortschreibende judenchristliche Abrahamtradition aufnimmt, die sprachlich durch die paulinischen Kontroversen der 50er Jahre, d.h. durch die Replik auf Paulus in judenchristlichen Kreisen mitgeprägt ist, doch liegen diese Kontroversen für den Verfasser des Jakobusbriefs schon lange zurück und haben im Blick auf die Adressatensituation keine aktuelle Bedeutung. 7  Luz, Jesusgeschichte, 166, sieht gar „zwischen Matthäus und Paulus eine tiefe sachliche Spannung, um nicht zu sagen: einen Abgrund“. Ein harmonischeres Bild zeichnet Meier, Antioch, 62f, s. ferner Willitts, Friendship. Ausführlich zu den jeweiligen ethischen Perspektiven Mohrlang, Matthew.

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Matthäus. Es geht vielmehr um die grundlegende Diskussion der Gründe, warum Matthäus bzw. der Kreis um den ersten Evangelisten nicht einfach das Markusevangelium weitertradierte, sondern sich der Mühe unterwarf, ausgehend von Markus die Jesusgeschichte selbst niederzuschreiben. Und bei der Diskussion der Gründe liegt das Augenmerk auf der Frage nach dem theologischen Verhältnis von Matthäus zu Markus. Das Spektrum möglicher Optionen sei holzschnittartig exponiert: 1 . Matthäus stimmt dem Markusevangelium im Großen und Ganzen zu. Er will die markinische Fassung der Jesusgeschichte weiterführen, etwa indem er sie stofflich ergänzt und einzelne theologische Akzente deutlicher herausarbeitet bzw. aus der Situation seiner Adressaten resultierende Anliegen berücksichtigt. 2. Matthäus ist markuskritisch, wenn nicht antimarkinisch. Als dem Evangelisten und seinem Kreis das Markusevangelium bekannt wird, halten diese Markus in substantiellen Punkten für theologisch korrekturbedürftig. Matthäus hält das Markusevangelium daher für ungeeignet, um in seiner Gemeinde benutzt zu werden. Er wird durch das Markusevangelium nicht einfach zu einer Weiterführung der Idee, die Jesusgeschichte zusammenhängend niederzuschrieben, inspiriert, son­ dern er will Markus verdrängen.8 Ich gehe im Folgenden zunächst auf die erste Option ein, um dann in einem zweiten Teil die Bedeutung einiger theologischer Differenzen zu diskutieren.

8  In diesem Sinn zuletzt Sim, Use, und Svartvik, Matthew, ablehnend dagegen Luz, Matthäusevangelium, 76. – Bei Sim und Svartvik ist die These einer gegenüber Markus kritischen Haltung des ersten Evangelisten mit der Annahme verbunden, dass das Markusevangelium von paulinischer Theologie beeinflusst sei (vgl. exemplarisch Marcus, Mark 1–8, 73–75; Telford, Theology, 164–169). Da Sim für Matthäus zugleich eine antipaulinische Stoßrichtung postuliert (s.o. Anm. 4), erscheint seine These zur matthäischen Kritik an Markus zugleich als Fortsetzung seiner Annahme zum Antipaulinismus des ersten Evangelisten. Ich klammere im Folgenden bei der Analyse des Verhältnisses von Matthäus zum Markusevangelium die Frage der jeweiligen Stellung zu Paulus aus. Meine Skepsis gegenüber der These einer antipaulinischen Polemik im Matthäusevangelium ist oben bereits angeklungen. Zudem steht Markus m.E. keineswegs in unmittelbarer „Schülerschaft“ von Paulus. Kenntnis des Völkerapostels und damit auch ein gewisser paulinischer Einfluss ist dann plausibel, wenn das Markusevangelium in Rom entstanden sein sollte (vgl. Anm. 36). Aber auch dann wäre das Markusevangelium nicht einfach als ein paulinisches Evangelium zu klassifizieren, doch ist dies hier nicht weiter zu entfalten.

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1. Zur These einer grundsätzlichen Zustimmung von Matthäus zum Markusevangelium Die einschlägige Kommentarliteratur beschränkt die Frage nach dem Verhältnis von Matthäus und Markus häufig auf den literarkritischen Aspekt, dass (oder ob) das Markusevangelium (oder eine Markusrezension) Matthäus als Vorlage diente, ohne näher auf das theologische Verhältnis einzugehen. Dort, wo Letzteres doch geschieht, wird das Faktum, dass Matthäus das Markusevangelium als Grundlage seiner Jesusgeschichte benutzt hat, zuweilen als Indiz einer grundsätzlichen Wertschätzung genommen. Die makrostrukturelle Anlehnung an den markinischen Erzählfaden (jedenfalls von Mt 12,1 an) und die damit gegebene weitgehende Übernahme des markinischen Erzählstoffes impliziere, dass Matthäus mit dem Markusevan­ ge­lium auch theologisch im Grundsatz konform ging.9 Zuletzt hat Andrew Doole in seiner Marburger Dissertation diesen Ansatz ausführlich zu begründen versucht:10 „That Mark’s gospel is for Matthew the accepted record of Jesus’ life is shown in his general adherence to its order and content“.11 Die von Matthäus vorgenommenen Änderungen reflektieren seines Erachtens nicht „theological dissatisfaction“;12 vielmehr gelte: „Matthew […] succeeds Mark and confirms it as the central text in the Christian movement“.13 Mehr noch: Doole nimmt die These von John P. Meier auf, „that Mark became the written gospel used in the liturgy, catechesis, apologetics, and polemics of Matthew’s church“,14 und geht davon aus, dass das Markusevangelium in der matthäischen Gemeinde fest verankert war15 und die matthäische Bearbeitung des Markusevangeliums einen Fortschreibungsprozess innerhalb der Gemeinde reflektiere.16 Letzteres trifft sich mit der Annahme von Ulrich Luz, dass das Markusevangelium vor der 9  S. z.B. Hagner, Matthew 1–13, lx („Since Matthew takes over so much of Mark, we may expect that he shares Mark’s theology“; die matthäische Bearbeitung der Vorlage wird dieser Basisannahme im Sinne der matthäischen Entfaltung seiner spezifischen theologischen Interessen zugeordnet); Luz, Matthäusevangelium, 70 (Matthäus habe „die ihm vorgegebene Jesusgeschichte des Markus so ernst genommen …, dass er kaum etwas daraus weggelassen hat.“); Beaton, Matthew, 120f, ferner auch Riches, Mythologies, 305. 10  Doole, Mark (ich danke Andrew Doole für die Zusendung der noch unveröffentlichten Dissertationsfassung). Auf dieser Linie auch O’Leary, Judaization (s. zu O’Leary unten Anm. 40). 11  Doole, Mark, 13. Vgl. ebd., 27: „That Mark’s Gospel is the primary source text for Matthew is seen in the fact that it is almost wholly reproduced, rarely neglected, constantly improved and consistently followed.“ 12  Ebd., 13. 13  Ebd., 13. 14  Meier, Antioch, 52. 15  Doole, Mark, 46. 16  Ebd., 40f.

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Niederschrift des Matthäusevangeliums von christlichen Schriftgelehrten bearbeitet worden sei.17 Luz sieht allerdings in der Logienquelle die angestammte Tradition des matthäischen Kreises, während das Markusevan­ gelium später von außen in die matthäische Gemeinde hineingekommen sei.18 Doole zufolge verhält es sich dagegen genau anders herum: Das Markus­evangelium bilde die angestammte Tradition; Q sei später von außen hinzugekommen.19 Bei näherem Hinsehen sind allerdings beide Hauptsäulen der These, dass Matthäus dem Markusevangelium eine hohe Wertschätzung entgegenge­ bracht habe, nämlich 1. das Argument der makrostrukturellen Korrespondenz und 2. das der weitgehenden Übernahme des Markusstoffes, nicht tragfähig.

1.1 Das Argument der makrostrukturellen Korrespondenz Das Argument, dass das Markusevangelium die narrative Anlage des Matthäusevangeliums im Ganzen bestimme, ist nicht sinnvoll zu bestreiten. Des Näheren zeigt schon ein oberflächlicher Blick in die Synopse, dass Matthäus der Perikopenreihenfolge ab Mt 12,1 relativ eng folgt. Aber was genau besagt dies? Das Markusevangelium ist, soweit erkennbar, Matthäus’ einzige Quelle, die einen narrativen Gesamtfaden bot. Der Verweis darauf, dass Matthäus Q in Markus einarbeitete und nicht umgekehrt, ist schon insofern im Blick auf das theologische Verhältnis von Matthäus zu Markus nicht belastbar, als Markus gar nicht in Q hätte eingearbeitet werden können.20 Matthäus hatte, was die narrative Gesamtanlage betrifft, nur die Alternative, entweder dem Markusfaden im Großen und Ganzen zu folgen oder (begrenzt durch die vorgegebenen Daten der Vita Jesu) einen ganz eigenen Aufriss zu kreieren. Letzteres lag Matthäus offenkundig fern, doch steht der engen Anlehnung an den Markusfaden ab Mt 12,1 immerhin zur Seite, dass sich der erste Evangelist bekanntlich in den vorangehenden Kapiteln größere kompositorische Freiheiten genommen hat.21 Zudem werden in Mt 1–11 wichtige inhaltliche Weichen gestellt, so dass mit Luz darauf hinzuweisen 17  Luz, Evangelium I, 83f.86. 18  Ebd., 89–91. S. zu dieser These auch Robinson, Trajectory, 123–130. 19  Doole, Mark, 57–100. – Immerhin rechnet aber auch Luz Markus zu den „theologischen ,Väter[n]‘“ von Matthäus (Luz, Evangelium I, 79). 20  Hingegen postuliert Robinson, Trajectory, 123–126, dass in Mt 3–11 Markus in Q eingearbeitet sei. Allerdings ist auch hier die makrostrukturelle Basis von Markus sichtbar. Die Bergpredigt etwa ist von Matthäus genau an der Stelle eingefügt, an der im Markusfaden erstmals von der (synagogalen) Lehre Jesu die Rede ist (Mk 1,21). Entsprechend nimmt Matthäus am Ende der Bergpredigt in 7,28f den Markusfaden in Mk 1,22 wieder auf. 21  Das Lukasevangelium weist insgesamt weniger Perikopenumstellungen auf!

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ist, dass „erst auf der Basis von Kap. 1–11 […] das [von Matthäus] neu erzählte Mk-Evangelium ‚matthäisch‘ gelesen werden“22 kann.23 Gewichtiger als der Sachverhalt, dass Matthäus dort, wo es ihm sachlich angezeigt erschien, keine Scheu hatte, kompositorisch eigene Wege zu gehen, ist allerdings, dass die Übernahme von Markusstoff in der bei Markus vorliegenden Akolouthie in keiner Weise ausschließt, dass Matthäus die theologische Ausrichtung seiner Vorlage signifikant geändert hat. Ein gutes Beispiel dafür bietet die matthäische Bearbeitung von Mk 7,1–8,9. Im Markusevangelium vollzieht sich in Mk 7,1–8,9 ein Umbruch, mit dem Menschen aus den Völkern in das Heilshandeln Jesu einbezogen werden.24 Mit der Aufhebung der Speisegebote in Mk 7,1–23 fällt ein zentrales Instrument der Abgrenzung Israels von den Völkern dahin. Die sich anschließende Heilung der Tochter der Syrophönizierin (Mk 7,24–30) bildet dann, nachdem Jesu anfängliche Ablehnung überwunden ist (Mk 7,27–30), den Auftakt zu einem größeren, „Heiden“ zumindest einschließenden Wirken Jesu, denn Markus lässt Jesus in Mk 7,31–8,9 in vornehmlich „heidnischen“ Gebieten wirken: Jesus zieht durch Sidon und begibt sich schließlich in die Dekapolis (Mk 7,31), wo man sich neben der Heilung des Taubstummen (Mk 7,31–37) offenbar auch die sich in Mk 8,1–9 anschließende Speisung der 4000 zu denken hat.25 Den markinischen Erzählduktus kann man daher als narrative Umsetzung des πρῶτον in Jesu Wort an die Syrophönizierin in Mk 7,27 verstehen: Erst sind die Kinder Israels satt geworden; danach ist 22  Luz, Evangelium I, 35. 23  Matthäus folgt hier deutlich seiner eigenen makrostrukturellen Konzeption: Eingefasst durch die beiden Summarien in Mt 4,23(–25) und Mt 9,35 bietet er in Mt 5,1–9,34 eine exemplarische Präsentation der vollmächtigen Lehre und des vollmächtigen Wirkens Jesu, die durch zwei aufeinander bezogene Jüngertexte, nämlich die Berufung der ersten Jünger (zu Menschenfischern [s. Mt 4,19]!) und die Aussendung der Zwölf, gerahmt und durch Mt 4,17 programmatisch eingeführt ist. Mit der aus Q stammenden Anfrage des Täufers in Mt 11,2–6 schließt dann ein weiterer Hauptteil an, in dem die Frage nach der Identität Jesu und die unterschiedlichen Reaktionen auf sein Wirken bei den Autoritäten, den Volksmengen und den Jüngern in den Vordergrund rücken; durch das Petrusbekenntnis in Mt 16,13–20 findet die Täuferfrage ihre Antwort. Dabei hat Matthäus zugunsten seiner eigenen makrostrukturellen Konzeption in Mt 4,17–11,1 + 11,2–16,20 zum Beispiel Mk 2,1–3,6 dekomponiert, weil er für den in Mk 2,1–22 gebotenen Stoff im Rahmen seiner Komposition in Mt 8,1–9,34 Verwendung fand (9,1–17), während die Sabbatperikopen (Mt 12,1–14 par Mk 2,23–3,6) im Rahmen von Mt 11,2–16,20 dazu dienen, den Konflikt mit den Autoritäten auszuarbeiten (s. dazu Konradt, Israel, 118–130). Dem steht natürlich zur Seite, dass Matthäus anderorts die makrostrukturellen Vorgaben von Markus unverändert seinen eigenen kompositorischen Intentionen einfügen konnte bzw. durch Markus auch Anregungen zur kompositionellen Gestaltung erhalten hat – Mt 16,21–20,34 mit der dreifachen Abfolge von Leidens- und Auferweckungsankündigung und anschließender Jüngerbelehrung bietet dafür ein eindrückliches Beispiel. 24  Vgl. zum Folgenden z.B. Kato, Völkermission, 81–100; Feldtkeller, Identitätssuche, 28–30. 25  Jedenfalls folgt erst in Mk 8,10 wieder eine neue Ortsangabe.

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auch den „Heiden“ das Heil zuteil geworden. Die Einbeziehung der Völker in das Heil findet also schon während des irdischen Wirkens Jesu statt. Matthäus folgt hier der markinischen Perikopenfolge; dennoch hat er der Komposition eine von Markus grundlegend abweichende Ausrichtung gegeben. Erstens bearbeitet Matthäus Mk 7,1–23 in einer Weise, dass von einer Abrogation der Speisegebote keine Rede sein kann (ich komme darauf zurück). Zweitens wird Mk 7,24–30 einer grundlegenden Revision unterzogen.26 Dass Jesus im Anschluss an die Auseinandersetzung mit den Schriftgelehrten und Pharisäern sich in das (oder in Richtung des) Gebiet(s) von Tyros und Sidon begibt, verfolgt nicht das Ziel, dort zu wirken, sondern dient, wie das in diesem Zusammenhang „technisch“ gebrauchte Verb ἀναχωρεῖν anzeigt,27 dazu, sich vor den feindseligen Autoritäten in Sicherheit zu bringen. Entsprechend kehrt der matthäische Jesus auch nicht wie in Mk 7,24 in ein Haus ein. Zur Begegnung mit der Kanaanäerin kommt es, während Jesus mit seinen Jüngern, ohne die Frau zunächst zu beachten, seines Weges zieht. Die Ablehnung ihrer Bitte wird nicht nur breiter entfaltet, sondern auch grundsätzlicher begründet: An die Stelle des markinischen πρῶτον tritt das exklusive Sendungslogion in Mt 15,24: οὐκ ἀπεστάλην εἰ μὴ εἰς τὰ πρόβατα τὰ ἀπολωλότα οἴκου Ἰσραήλ. Drittens aber und vor allem lässt Matthäus Jesus nach der am Ende aufgrund des Arguments der Kanaanäerin (V. 27) doch noch gewährten Heilung nicht durch Sidon und in die Dekapolis weiterziehen, sondern in Galiläa weiterwirken.28 Der matthäische Jesus wirkt also mit seinen Heilungen in Mt 15,29–31 weiter unter den „verlorenen Schafen des Hauses Israels“, und entsprechend ist dann auch die Speisung der 4000 in Mt 15,32–39 bei Matthäus wieder als eine Speisung jüdischer Volksmengen zu lesen. Damit ergibt sich in der matthäischen Sequenz eine gegenüber Mk 7,1–8,9 grundlegend veränderte Stoßrichtung: Matthäus erzählt nicht die Öffnung der Heilszuwendung auf die Völker hin, sondern stellt, wie schon Holtzmann, treffend notiert hat, im Sinne von Mt 15,24.26 heraus, dass „Jesus in der That fortfuhr, das Brod nur den Kin­dern zu reichen“.29 Die Öffnung der Heilszuwendung auf die Völker hin erfolgt bei Matthäus erst nach und auf der Basis von Tod und Auferstehung Jesu. Damit geht einher, dass dem Thema der Zuwendung Jesu zu Israel bei Matthäus eine gegenüber Markus wesentlich größere Bedeutung zukommt. 26  Zu Details s. Konradt, Israel, 63–70. 27  S. neben Mt 15,21 noch 12,15; 14,13 sowie auch 2,12.13.14.22; 4,12. 28  Mit παρὰ τὴν θάλασσαν τῆς Γαλιλαίας in Mt 15,29 kann in Analogie zu den beiden weiteren Vorkommen der Wendung im Matthäusevangelium (4,18; 13,1 [hier ohne τῆς Γαλιλαίας]), wo jeweils eindeutig die galiläische Seite des Sees Genezareth gemeint ist, und angesichts der Streichung der „heidnischen“ Gebiete aus Mk 7,31 zweifelsohne nur gemeint sein, dass Jesus unmittelbar nach Galiläa zurückkehrt. 29  Holtzmann, Evangelium, 255.

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Dieses Beispiel zeigt, dass die Anlehnung an den markinischen Erzählfaden nicht eo ipso bedeutet, dass Matthäus sich die theologischen Perspektiven von Markus zu eigen gemacht hat. Matthäus prägt der Komposition vielmehr seinen eigenen Willen auf, und dieser kann, wie gezeigt, von Markus bedeutsam divergieren.

1.2 Das Argument der Übernahme des markinischen Stoffes und dessen vorredaktioneller Fortschreibung Inwiefern kommt aber in der weitgehenden Übernahme des von Markus gebotenen Stoffes zum Ausdruck, dass Matthäus seiner Markusvorlage mit hoher Wertschätzung gegenübergetreten ist? Im Grundsatz gilt hier dasselbe wie zur makrostrukturellen Korrespondenz: Mit der Übernahme des Stoffes ist nicht eo ipso verbunden, dass Matthäus theologisch mit Markus konform geht. Entscheidend ist, in welchem Verhältnis die matthäischen Versionen des gemeinsamen Stoffes zu den markinischen stehen, und hier zeigt sich, dass sich zwar auf der einen Seite eine Reihe von Themen identifizieren lässt, bei denen eine elementare Übereinstimmung zwischen Matthäus und Markus zu diagnostizieren ist – die passionstheologische Ausrichtung von Markus etwa gilt mutatis mutandis auch für Matthäus, und christologisch ist nicht nur für Markus, sondern auch für Matthäus die Gottessohnschaft ein Leitmotiv,30 auch wenn zugleich zu konstatieren ist, dass Matthäus in der konzeptionellen Ausgestaltung eigene Akzente setzt.31 Auf der anderen Seite kann man aber beobachten, dass Matthäus keineswegs nur seiner Vorlage folgt oder sie interpretiert, sondern sie auch bedeutsam korrigiert bzw. theologisch so substantiell umarbeitet, dass dies nicht als Weiterführung von Markus klassifiziert werden kann. Ich werde dies unten an für Matthäus zentralen Themen exemplarisch aufweisen. Zuvor ist aber in diesem Zusammenhang auf die Frage einzugehen, inwiefern die bei Matthäus innerhalb von Markusperikopen anzutreffenden Stoffergänzungen – wie z.B. im Falle von Mt 12,5–7.11f; 14,28–31 – einen inner- und vormatthäischen Fortschreibungsprozess zu dokumentieren vermögen, der auf eine Verankerung des Markusevangeliums in der matthäischen Gemeinde verweist. Die Indizien sind m.E. in keiner Weise hinreichend belastbar. Denn selbst dann, wenn es so sein sollte, dass etwa die oben genannten Einfügungen 30  S. exemplarisch zum einen Breytenbach, Grundzüge, zum anderen Luz, Skizze, 231–234. 31  Dies gilt zum einen für die Betonung des Gehorsamsmotivs (dazu ebd., 231f), aber auch für das Gewicht des Motivs, dass Jesus als Gottessohn an göttlicher Vollmacht partizipiert (dazu Konradt, Taufe, 267–270).

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nicht suffizient der matthäischen Redaktion zugeschrieben werden können (was im Einzelfall zu prüfen ist), bedeutete es eine problematische Reduktion der Komplexität der Überlieferungsprozesse, wenn man als Alternative allein eine vorredaktionelle Fortschreibung des Markusevangeliums in den Blick nimmt. In der jüngeren Synoptikerforschung ist verschiedentlich und mit Recht auf das Gewicht mündlicher Überlieferung für die hinter den Evangelien stehenden Prozesse hingewiesen worden.32 Die Annahme geprägter mündlicher Tradition bietet zwar keinen hinreichenden Ansatz für eine umfassende Erklärung der Entstehung der Synoptiker und damit keine Alternative zur Zwei-Quellen-Theorie, der als Grundlage der Lösung des synoptischen Problems m.E. weiterhin zu folgen ist. Aber ebenso wenig lassen sich die Entstehungsprozesse als rein literarische begreifen. Mit der Abfassung des Markusevangeliums ein abruptes Abbrechen der mündlichen Überlieferung zu verbinden (und zwar nicht nur im markinischen Kontext, sondern auch anderorts), wäre zweifelsohne eine absurde Annahme.33 Damit aber ist die Frage nach dem Einfluss vor- bzw. nebenmarkinischer mündlicher Überlieferung auf Matthäus und seinen Kreis aufgeworfen. Für die These, dass das Markusevangelium in Syrien abgefasst wurde, wird unter anderem die breite Zugänglichkeit von Jesustradition als Indiz vorgebracht.34 Für das Matthäusevangelium, über dessen Entstehung im syrischen Raum ein magnus consensus besteht, müsste man diese Zugänglichkeit in gleicher Weise gelten lassen.35 Ist das Markusevangelium in Rom entstanden,36 müsste man einen breiten Strom an Jesustradition sogar für den Westen des Reiches voraussetzen – und damit erst recht für den syrischen Raum von Matthäus. So oder so folgt aus dieser Überlegung, dass prinzipiell damit zu rechnen ist, dass der von Markus gebotene Stoff oder zumindest ein Großteil davon dem ersten Evangelisten und seiner Gemeinde längst vertraut war, bevor sie Bekanntschaft mit der markinischen Jesusgeschichte machten.37 Vom Markusevangelium geht dann der Impuls aus, eine eigene 32  S. exemplarisch Dunn, Setting. 33  Vgl. ebd., 171. – Die Frage, inwiefern mit sekundärer Oralität zu rechnen ist (s. dazu Byrskog, Story, 107–144), kann hier offen bleiben. 34  S. z.B. Theissen, Testament, 64f; Broer/Weidemann, Einleitung, 93f. 35  Diese Überlegung gilt in gleicher Weise, wenn das Matthäusevangelium, wie in der neueren Matthäusforschung als Alternative zu Syrien verschiedentlich erwogen wurde (s. die in Konradt, Israel, 388 Anm. 46, Genannten sowie zuletzt Kraus, Ekklesiologie, 238f), in Galiläa entstanden sein sollte. 36  So z.B. Ebner, Markusevangelium, 171f. 37  Vgl. wiederum Dunn, Setting, 171: „when Matthew received Mark’s Gospel, are we to assume that this was the first time Matthew or his church(es) had come across this tradition? Of course not.“ S. auch ebd., 172. – Die Konsequenz dieser Überlegungen für die Frage nach dem historischen Jesus ist offenkundig, kann hier aber nur angedeutet werden: Wenn Matthäus zumindest mit einem Großteil der von Markus gebotenen Jesustradition schon vertraut war, bevor das Markusevangelium in seinem Umfeld bekannt wurde, besteht grundsätz-

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Darstellung der Jesusgeschichte anzugehen. Ist dies im Ansatz richtig, dann bieten Texte wie Mt 12,5–7 oder Mt 14,28–31, sofern es sich hier um vorredaktionelle Passagen handelt, in keiner Weise ein zwingendes Indiz für eine längere Geschichte der Beheimatung des Markusevangeliums in der matthäischen Gemeinde. Mindestens ebenso gut kann es sich um zum Markusevangelium parallele Traditionsentwicklungen handeln, die dann beim literarischen Prozess der Redaktion des Markusevangeliums eingeflossen sind. Man muss aber nun noch einen entscheidenden Schritt weitergehen und auf dem Hintergrund der vorangehenden Ausführungen der Frage nachgehen, warum Matthäus nicht einfach die Verbreitung des Markusevangeliums in seinem Umfeld unterstützt hat, sondern sich der Aufgabe unterzog, eine eigene Darstellung zu verfassen. Vergleicht man die theologischen Positionen der beiden Evangelien miteinander, drängt sich m.E. als Antwort auf, dass er keineswegs nur das Markusevangelium um den ihm darüber hinaus zur Verfügung stehenden Überlieferungsstoff ergänzen sowie auf die Bedürfnisse seiner Adressaten zuspitzen (und in diesem Zuge hier und da verbessern) wollte. Vielmehr zeigt sich die matthäische Neufassung der Jesuserzählung in mehreren thematischen Bereichen als eine deutliche Kritik an der markinischen Darstellung. Dabei handelt es sich nicht um theologische Adiaphora, sondern um Aspekte, die für Matthäus Kernthemen darstellen. Ich möchte dies im Folgenden an einem Spektrum von drei Hauptthemen skizzieren, nämlich 1. dem Gesetzesverständnis, 2. der Christologie und 3. dem Jüngerverständnis und damit der Darstellung des Zwölferkreises. Im Blick auf das im Folgenden zugrunde gelegte Verständnis des Matthäusevangeliums greife ich verschiedene frühere Studien auf, auf die zugleich für ausführliche exegetische Begründungen verwiesen sei.38 Mir geht es hier darum, die in diesen entwickelte Interpretation auf die Frage des theologischen Verhältnisses des ersten Evangelisten zum Markusevangelium zu beziehen.

lich die Möglichkeit, dass die in seinem Umfeld zirkulierenden Versionen der mündlichen Traditionen ein historisch authentischeres Bild vermitteln als das Markusevangelium. Es geht dabei, um Missverständnissen vorzubeugen, nicht um den Wortlaut von Perikopen (die Flexibilität mündlicher Darbietungen des Überlieferungsgutes lässt eine Fixierung auf Wortlautfragen grundsätzlich fragwürdig erscheinen), sondern um das übergreifende Gesamtbild des Wirkens Jesu. Dabei ist grundlegend zu beachten, dass Matthäus dem jüdischen Milieu Jesu näher steht als Markus. In diesem Sinne ist z.B. zu fragen, ob Mt 15,1–20 dem historischen Jesus nicht näher steht als die markinische Fassung in Mk 7,1–23, die heidenchristliche Identitätsbelange bedient. 38  S. die Literaturnachweise im Folgenden.

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2. Matthäus’ Korrektur markinischer Positionen 2.1 Bedeutung und Verständnis der Tora Fragt man nach der Bedeutung der Tora im Markusevangelium, so ist bekanntlich ein Fehlbestand zu notieren. Das Wort νόμος kommt bei Markus nicht vor. Gleichwohl gibt es einschlägige Texte zur Gesetzesthematik. Dabei zeigt sich, kurz gesagt, eine doppelte Relativierung der Toragebote, die zugleich verständlich werden lässt, warum sich Markus nie auf die Tora als eine übergeordnete Gesamtgröße bezieht. Zum einen ist eine grundsätzliche Außerkraftsetzung der Speisegebote zu notieren (Mk 7,19), mit der ein zentrales Instrument des Judentums zur Abgrenzung von der paganen Welt (s. exemplarisch EpArist 139–142; Jub 22,16) aufgehoben ist. Die in Mk 2,23–3,6 zutage tretende Wertung des Sabbats ergänzt diesen Befund: Das rituelle Zeichensystem des Judentums ist für Markus nicht mehr von Gewicht. Zum anderen wird aber auch die Bedeutung der den zwischenmenschlichen Bereich betreffenden Gebote relativiert: Die sozialen Gebote der Tora wie die zweite Tafel des Dekalogs und das Nächstenliebegebot formulieren (nicht mehr als) eine ethische Basisstufe. Ihre Befolgung ist notwendig, aber nicht ausreichend, wie Mk 10,17–22 und Mk 12,28–34 gleichermaßen deutlich machen. In Mk 10,17–22 reagiert Jesus auf die Frage des Reichen nach der Bedingung für den Eintritt ins ewige Leben zunächst damit, dass er den Reichen auf seine Kenntnis der Gebote verweist, für die er exemplarisch einige Dekaloggebote anführt. Auf die Antwort des Reichen, diese von Jugend auf gehalten zu haben, konstatiert der markinische Jesus jedoch, dass dem Reichen eines noch fehle. Die Erfüllung der Dekaloggebote erscheint damit bei Markus lediglich als eine zwar notwendige, aber nicht hinreichende Basisstufe, die für den Eingang in das ewige Leben um die Erfüllung der Forderung Jesu, alle Habe zugunsten der Armen zu verkaufen und in die Nachfolge einzutreten, ergänzt werden muss.39 Mk 12,28–34 bestätigt diese Deutung: Zwischen Jesus und dem Schriftgelehrten besteht ein freundliches Einvernehmen darüber, dass den Geboten der Gottes- und der Nächstenliebe der Vorrang vor allen anderen Geboten gebührt. Aber für den Schriftgelehrten bedeutet diese Einsicht nicht mehr als das, dass er nicht fern vom Reich Gottes ist. Um nicht nur nicht fern zu sein, sondern hineinzugelangen, bedarf es, wie Mk 10,17– 22 zeigt, eines weiteren Schrittes: des Eintritts in die Nachfolge Jesu.

Festzuhalten ist also: Bedeutung haben für Markus nur noch soziale Gebote der Tora, aber auch ihre Relevanz ist eingeschränkt, denn ihre Befolgung ist soteriologisch zwar notwendig, aber nicht suffizient. Die Distanz, die Markus insgesamt zur Tora hat, kommt exemplarisch in Mk 10,3 zum Ausdruck, wo Jesus auf die Frage der Pharisäer nach der Ehescheidung antwortet: „Was hat Mose euch geboten?“ Die Tora erscheint – zumindest vorranging – als Buch 39

 Vgl. Löhr, Jesus, 346; Repschinski, Gesetz, 192f.

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der Gegner Jesu. Ihnen hat Mose wegen ihrer Herzenshärte die Ehescheidung erlaubt. Der eigentliche Gotteswille ist das Gebot des Mose nach Jesus in diesem Fall nicht. Matthäus hat beide Säulen der markinischen Relativierung der Tora als grundlegend falsch angesehen.40 Mk 7,1–23 ist einer grundlegenden Bearbeitung unterzogen worden. Anders als Markus zieht Matthäus die Kontroverse um das Händewaschen vor dem Essen nicht zu einer prinzipiellen Abrogation der Speisegebote aus, die im matthäischen Kontext im Widerspruch zu Mt 5,18 stehen würde. Matthäus weiß, dass das von den Pharisäern praktizierte Waschen der Hände vor dem Essen kein Gebot der Tora ist. Es ist für ihn auch nicht, wie Markus es aus seiner Außenperspektive darstellt, ein von allen Juden praktizierter Brauch (Mk 7,3), denn er selbst würde (wie wohl die Mehrzahl der Gemeindeglieder in seinem Umfeld) kaum unterschreiben, kein Jude zu sein. Für Matthäus handelt es sich vielmehr um eine Sonderlehre der pharisäischen Überlieferung.41 Charakteristisch für Matthäus ist nun, dass er Jesus den Vorwurf der Schriftgelehrten und Pharisäer, Jesu Jünger würden die Überlieferung der Alten übertreten (Mt 15,2), sogleich mit einer Gegenfrage bzw. einem Gegenvorwurf kontern lässt: „Warum übertretet auch ihr [, nämlich] das Gebot Gottes um eurer Überlieferung willen?“ (Mt 15,3).42 Matthäus stellt damit gleich zu Beginn pointiert die halachische Überlieferung der Pharisäer (15,2, vgl. Josephus, Ant XIII 297), die durch das in V. 7–9 angeführte Jesajazitat (Jes 29,13) als Menschensatzung abgewertet wird (V. 9), und das Gebot Gottes einander gegenüber.43 Matthäus hat sodann den markinischen Kommentar, Jesus habe 40  Zum Toraverständnis als zentralem Dissenspunkt zwischen Markus und Matthäus (allerdings mit einer Konzentration allein auf den „rituellen“ Bereich) s. auch Sim, Use, 180f.185f, und Svartvik, Matthew, 36–41. O’Leary, Judaization, 136–171, hingegen verhandelt unter den Leitwörtern „Judaization“ und „Torahizing“ allein das Faktum, dass Matthäus Schriftbezüge gegenüber Markus signifikant verstärkt hat. Dass Matthäus zur Geltung und Bedeutung der Tora als Ausdruck des Willens Gottes und ethischen Orientierungspunkts eine deutlich andere Position bezieht als Markus, kommt hier überhaupt nicht in den Blick. 41  Repschinski, Gesetz, 178, vermerkt zu Mk 7 mit Recht, dass „die markinische Behauptung, die Handwaschung werde von allen Juden gepflegt, in ihrer Generalisierung falsch“ ist. 42  Matthäus’ rhetorische Gestaltung birgt hier die Gefahr des Missverständnisses, in dem καί in V. 3 impliziert zu sehen, dass auch die Jünger Gottes Gebot übertreten. Matthäus kommt es aber darauf an, die Übertretung der Überlieferung der Väter auf der einen Seite und die Übertretung des Gebots Gottes um der Überlieferung der Väter willen auf der anderen Seite einander gegenüberzustellen. Das καί ist also allein darauf zu beziehen, dass auch die Schriftgelehrten und Pharisäer „Übertreter“ sind, aber – im Unterschied zu den Jüngern – des Gebots Gottes. Sachlich ist also in V. 3 nach παραβαίνετε eine Zäsur zu setzen, die in der obigen Übersetzung durch die Einfügung von „nämlich“ verdeutlicht ist. 43 ��������������������������������������������������������������������������������  Die nachfolgende Illustration des Gegenvorwurfs durch den Verweis auf den (möglichen) Konflikt zwischen Gelübden und dem bei Matthäus mit ὁ … θεὸς εἶπεν (Mt 15,4, vgl.

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alle Speisen für rein erklärt (Mk 7,19c), übergangen; stattdessen lässt er Jesus zum Abschluss seiner Belehrung als Bezugspunkt der Bestreitung der Verunreinigung ausdrücklich das Eingangsthema, das Essen mit ungewaschenen Händen, aufnehmen (Mt 15,20b). Für V. 11a legt dies nahe, dass Matthäus entweder auch diese Aussage allein auf den in V. 2 aufgeworfenen Fall bezieht und bezogen wissen möchte oder aber differenziert, dass Speisen nicht den Menschen als Ganzen, sondern nur seinen Bauch verunreinigen.44 Deshalb konnte er die kategorische und pauschale Formulierung von Mk 7,15a (οὐδέν ἐστιν ἔξωθεν τοῦ ἀνθρώπου εἰσπορευόμενον εἰς αὐτὸν ὃ δύναται κοινῶσαι αὐτόν) nicht übernehmen. Dem korrespondiert, dass Matthäus auch in Mt 15,17 gegenüber Mk 7,18f die kategorische Aussage, dass alles, was von außen in den Menschen hineingeht, ihn nicht zu verunreinigen vermag, gestrichen und nur die Bemerkung aufgenommen hat, dass alles, was in den Mund hineingeht, weiter in den Bauch geht und in den Abort ausgeworfen wird. Ulrich Luz hat zu diesem Befund mit Recht angemerkt, dass Matthäus’ Kürzungen des markinischen Textes „inhaltlich zu einheitlich [sind], als daß sie als bloße Straffungen erklärt werden könnten“.45 Mt 15,1–20 bezeugt also zwar eine klare Überordnung der sozialen Gebote (V. 18–20) über Reinheitsfragen in der matthäischen Gesetzeshermeneutik, die für diese insgesamt charakteristisch ist,46 aber der erste Evangelist vertritt gerade nicht eine prinzipielle Abrogation der Reinheitstora.47 Ein dazu analoger Befund zeigt sich bei der Bearbeitung der markinischen Sabbatperikopen in Mt 12,1–14 par Mk 2,23–3,6. Es genügt hier darauf hinzuweisen, dass Matthäus nicht nur durch die Erwähnung des Hungers der Jünger anzeigt, dass die Jünger nicht mutwillig, sondern begründet den Sabbat gebrochen haben, sondern durch die Einfügung von Mt 12,5–7 die Legitimität dieser Übertretung aus der Schrift selbst begründet. Denn wenn schon der Opferkult dem Sabbat übergeordnet ist (V. 5), dann gilt dies umso mehr von der Barmherzigkeit, der nach dem Prophetenwort aus Hos 6,6 ein dezidierter Vorrang vor dem Kult gebührt. Wenn aber die Barmherzigkeit, wie dies von der Schrift selbst ausgewiesen wird, das zentrale OrientierungsMk 7,10: Μωϋσῆς … εἶπεν) eingeleiteten Gebot der Elternehre nimmt dies auf. Vgl. zu weiteren Details Konradt, Rezeption, 156. 44  So Luz, Evangelium II, 425. 45  Luz, Evangelium II, 426. – Allerdings ist umgekehrt aus Mt 15 m.E. nicht, wie Sim, Gospel, 132, postuliert, herauszulesen, „that Matthew’s group strictly kept the dietary and purity laws of Judaism“ (Hervorhebung von mir). Schon gar nicht ist Mt 15,1–20 zu entnehmen, dass Matthäus die halachische Bestimmung des Händewaschens als verpflichtend ansieht (gegen Gielen, Konflikt, 165f). 46  Vgl. dazu Konradt, Erfüllung, 132f.142–149. 47  Vgl. das Fazit von Svartvik, Matthew, 41: „It is not Biblical food laws, but Pharisaic traditions and interpretations, which are called into question. In short, Markan antinomianism has been transformed into Matthean anti-Pharisaism“ (Hervorhebung im Original).

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kriterium darstellt, sind die Jünger, da sie Hunger hatten, völlig unschuldig. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass auch die Einfügung des Sabbats in Mt 24,20 (par Mk 13,18) am ehesten dadurch verständlich wird, dass das Halten des Sabbats in der matthäischen Gemeinde zur selbstverständlichen religiösen Praxis gehört. Noch gewichtiger als dies ist jedoch, dass Matthäus auch die zweite Säule der markinischen Relativierung der Tora revidiert. Das Halten der Gebote ist für Matthäus nicht bloß die soteriologische Basisstufe, die durch den Eintritt in die Nachfolge ergänzt werden muss, sondern es ist auf der Basis der Gebotsauslegung Jesu, wie sie in der Antithesenreihe in Mt 5,21–48 exemplarisch entfaltet wird,48 suffizientes Kriterium für den Zugang zum Himmelreich. Die matthäischen Korrekturen an Mk 10,17–22 machen dies modellhaft deutlich. Die Frage nach der Bedingung für den Zutritt zum ewigen Leben findet bei Matthäus in der ersten Replik Jesu bereits eine klare Antwort: Das Kriterium ist das Halten der Gebote (Mt 19,17), und zwar, wie der nachfolgende Dialog präzisiert, das Halten der den sozialen Bereich betreffenden Dekaloggebote (vgl. 15,19) und des Nächstenliebegebots. Jesu Forderung an den Reichen, seine Habe zugunsten der Armen zu verkaufen und in die Nachfolge einzutreten, bildet bei Matthäus im Lichte der klaren Antwort Jesu in Mt 19,17 keine zweite Stufe nach der Gebotserfüllung, sondern die Forderung des Besitzverzichts legt im Kontext betrachtet aus, was eine vollkommene Befolgung des Nächstenliebegebots für den Reichen in seiner konkreten Situation bedeutet.49 Anders gesagt: Das Nächstenliebegebot (V. 19) ist von Matthäus im Vorblick auf V. 21 an die Dekaloggebote angefügt worden, um die in der Markusfassung (Mk 10,21) vorgegebene Forderung Jesu an die Tora anbinden zu können. Für Matthäus basiert der vollmundige Anspruch des Jünglings, die Gebote alle gehalten zu haben, auf einem insuffizienten Verständnis der Gebote,50 wie es in Mt 5,20–48 analog dazu den Schriftgelehrten und Pharisäern angelastet wird, während die von den Jüngern erwartete „bessere“ Gerechtigkeit, ohne die das Himmelreich versperrt bleibt (Mt 5,20), durch die in V. 21–48 folgende Gebotsauslegung Jesu umrissen wird. Programmatisch zur Geltung gebracht hat Matthäus seine Stellung zur Tora an dem kompositorisch zentralen Ort der Einleitung zum Korpus der Bergpredigt in Mt 5,17–20. Matthäus lässt Jesus explizit die Annahme 48 ������������������������������������������������������������������������������  Die Antithesen stellen nicht Jesu Weisung gegen Toragebote, sondern Jesu Auslegung der Gebote gegen deren (polemisch postuliertes) Verständnis bei den Schriftgelehrten und Pharisäern. Zur Begründung dieses Interpretationsansatzes s. Burchard, Versuch, 40–44; Konradt, Erfüllung, 134–141. 49  Auch in Mt 5,48 steht die Vollkommenheitsforderung bekanntlich im Zusammenhang der Auslegung des Nächstenliebegebots (5,43f). 50  Ausführlicher zu Mt 19,16–22 Konradt, Rezeption, 151–154.

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zurückweisen, er sei gekommen, um das Gesetz oder die Propheten aufzulösen, und bekräftigt ausdrücklich die Gültigkeit aller Gebote, führt aber zugleich mit der Rede von den „kleinsten Geboten“ den sein Verständnis von Tora und Propheten im Ganzen prägenden Gedanken einer Gebotshierarchie ein (vgl. v.a. Mt 23,23 und die zweimalige Zitation von Hos 6,6 in Mt 9,13 und Mt 12,7). Angesichts der sonst im Matthäusevangelium zutage tretenden Konfliktlinien liegt die Annahme nahe, dass die Gemeinde sich gegen einen von pharisäischer Seite erhobenen Vorwurf zur Wehr setzen musste, dass Jesus sich gegen die Tora gestellt hätte.51 Dies schließt aber nicht aus, dass hier zugleich eine innerchristliche Abgrenzung vollzogen wird und die Position des Markusevangeliums mit im Blick ist. Beides kann man vielmehr ohne Weiteres miteinander verbinden: Kreise, in denen das Markus­ evangelium als Identität stiftende story in Geltung stand, konnten im jüdi­ schen Umfeld den Vorwurf evozieren, Jesus sei gekommen, um Tora oder Propheten aufzulösen; Matthäus sieht sich mit einem solchen Vorwurf konfrontiert, weist diesen begründet zurück und grenzt sich damit zugleich gegen die von Markus vertretene Position ab, deren Einfluss er mit seiner Darstellung zu wehren sucht. Festzuhalten ist: Die Frage nach der Geltung und dem Verständnis der Tora ist für das entstehende Christentum insgesamt alles andere als eine theologische Marginalie. Für Matthäus steht die Tora dem Grundsatz nach vollumfänglich in Geltung; die Weisungen Jesu erscheinen bei Matthäus als Auslegung des in Tora und Propheten zum Ausdruck kommenden Gotteswillens. Das Markusevangelium ist für Matthäus nicht nur insofern insuffizient, als es der ethischen Unterweisung Jesu keinen hinreichenden Raum gibt; es ist vielmehr sogar inakzeptabel, weil es eine doppelte Relativierung der Tora vertritt und damit diejenigen, die es als Identität stiftende story des Christentums annehmen, soteriologisch gefährdet. Denn das Kriterium für den Eintritt in das Himmelreich ist für Matthäus die Befolgung der Tora (Mt 5,19; 19,17) in deren vollmächtiger Auslegung durch Jesus als den einen Lehrer (Mt 23,10).

2.2 Die davidische Messianität Jesu Es ist nicht zu bestreiten, dass in der Christologie zwischen Matthäus und Markus signifikante Konvergenzpunkte zu verzeichnen sind. Gleichwohl lässt der synoptische Vergleich auch im Blick auf die Christologie an einem für Matthäus zentralen Punkt einen derart signifikanten Dissens zutage 51  Vgl. Gielen, Konflikt, 78f.284; Konradt, Erfüllung, 145, sowie Luomanen, Kingdom, 90f.

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treten, dass sich die Folgerung nahelegt, dass die markinische Christologie für Matthäus nicht nur insuffizient, sondern inakzeptabel war: Während Markus die davidische Messianität Jesu als geradezu irrelevant erklärt, kommt ihr bei Matthäus die Bedeutung eines christologischen Leitaspektes zu. Die Verwendung des Titels „Sohn Davids“ ist im Markusevangelium auf zwei Textsegmente beschränkt, die Heilung des blinden Bartimäus (Mk 10,47f) und die Frage nach der Davidssohnschaft des Messias (Mk 12,35.37). Es kann im hier verfolgten Zusammenhang offen bleiben, ob hinter der Anrufung Jesu als Sohn Davids durch einen Blinden in Mk 10,47f die Tradition vom Davidssohn Salomo als Heiler und Exorzisten steht52 oder die Anrufung als Sohn Davids im Vorblick auf den Akklamationsruf in der Einzugserzählung, in dem Jesus zwar nicht als Sohn Davids begrüßt wird, aber vom Kommen des Reiches unseres Vaters David die Rede ist (11,10), eingefügt wurde.53 Es genügt hier vielmehr, die Abwertung in den Blick zu nehmen, die das Christologoumenon der Davidssohnschaft des Messias in Mk 12,35– 37 erfährt. Der markinische Jesus stellt hier der Position der Schriftgelehrten, die den Messias als Sohn Davids erwarten, entgegen, dass David selbst den Messias ausweislich Ps 110,1 als κύριος bezeichnet hat. Auch dann, wenn die abschließende Frage πόθεν αὐτοῦ ἐστιν υἱός; nicht so zu verstehen sein sollte, dass die davidische Herkunft des Messias überhaupt in Frage gestellt wird und die Antinomie zwischen der davidischen Herkunft des Messias und seinem Status bzw. seiner Inthronisation als κύριος so aufzulösen ist, dass die beiden Aussagen auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt sind bzw. sich auf unterschiedliche Phasen beziehen,54 wird hier die Relevanz der davidischen Messianität Jesu zumindest deutlich marginalisiert. Der Davidssohntitel eignet sich für Markus nicht, um die messianische Identität Jesu adäquat zum Ausdruck zu bringen.55 Dem Matthäusevangelium liegt eine deutlich andere christologische Konzeption zugrunde. Zwar umschreibt auch für Matthäus „Sohn Davids“ für sich genommen nicht umfänglich die messianische Identität Jesu, doch bildet die Davidssohnschaft hier neben der Gottessohnschaft ein wesentliches Explikat seiner Messianität. Da ich das Zusammenspiel von Gottesund Davidssohnschaft als Nukleus der narrativen christologischen Kon­ zeption des ersten Evangelisten anderorts ausführlich dargelegt habe,56 kann ich mich hier auf wenige Anmerkungen beschränken. Der Bedeutungs52  In diesem Sinne z.B. Charlesworth, Solomon. 53  So Burger, Jesus, 62f. 54  Vgl. Gnilka, Evangelium, 170f; Dschulnigg, Markusevangelium, 327f. 55  Andere gehen in ihrem Urteil noch weiter. So sieht z.B. Telford, Theology, 36– 38.41, im Markusevangelium eine Zurückweisung judenchristlicher Davidssohn-Christologie. 56  S. Konradt, Israel, 17–81.93f.303–334.

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zuwachs, den die davidische Messianität Jesu im Vergleich zum Markusevangelium durch Matthäus erfahren hat, lässt sich schon statistisch deutlich machen. Neben den vier aus Markus übernommenen Belegen (Mt 20,30.31; 22,42.45 par Mk 10,47.48; 12,35.37) hat Matthäus den Titel an weiteren sechs Stellen eingefügt. Resultiert der Beleg in 9,27 aus der Duplizierung von Mk 10,46–52 und hat die Verwendung des Titels in Mt 21,9 in der Vorlage Mk 11,10 („… gelobt sei das Reich unseres Vaters David, das da kommt“) zumindest einen gewissen Anhalt, so sind die sonstigen vier Belege (Mt 1,1; 12,23; 15,22; 21,15) sowie auch die Bezeichnung Josephs als υἱὸς Δαυίδ (Mt 1,20) dem Matthäusevangelium eigen. Wichtiger als dieser quantitative Aspekt ist allerdings, dass sich in der Rede von der Davidssohnschaft Jesu ein zentraler Aspekt der matthäischen Erzählkonzeption titularisch verdichtet, nämlich die messianische Zuwendung zu Israel, mit der sich die Israel gegebenen Heilsverheißungen erfüllen. Die Leitfunktion dieser Thematik wird bereits durch den Eingangsvers in Mt 1,1 deutlich, wo „Jesus Christus“ durch die doppelte Apposition „Sohn Davids, Sohn Abrahams“ näherbestimmt wird, denn damit werden gleich zu Beginn die beiden heilsgeschichtlichen Horizonte der matthäischen Jesusgeschichte exponiert: die Zuwendung zu Israel in dem davidischmessianischen Hirten (vgl. Mt 2,6; 15,24) und die Einbeziehung der Völker in die Heilszuwendung in Erfüllung des Abraham gegebenen Völkersegens (Gen 12,3 u.ö.). Zu dieser Konzeption gehört ferner, dass Jesus anhand seines heilenden Handelns als davidischer Messias erkannt werden kann und von den Volksmengen in einem dreistufigen Prozess sukzessiv auch tatsächlich als solcher erkannt wird (Mt 9,33; 12,23; 21,9,57 s. auch 21,14f). Es wäre dabei verfehlt, aus der vornehmlichen Verbindung der Rede von Jesus als Davidssohn mit seinem heilenden Handeln zu schließen, dass die Bedeutung dieses Christologoumenons in diesem thematischen Kontext aufgeht. Vielmehr steht dieser exemplarisch für die Heilszuwendung, die Israel in seinem davidisch-messianischen Hirten zuteil geworden ist. Dass der Titel des Näheren auffällig auf Blindenheilungen konzentriert ist (Mt 9,27–31; 12,22f; 20,29–34; 21,14f),58 bringt metaphorische Aspekte ins Spiel: Israel wird durch Jesus von seiner Blindheit gegenüber dem Gotteswillen geheilt, die durch die bisherigen Autoritäten als blinde Führer (Mt 15,1459) verursacht ist. Die einzige Ausnahme von der Situierung der Anrufung Jesu als Davidssohn im Kontext von Blindenheilungen, die Heilung der Tochter der Kanaanäerin (Mt 15,22), hebt die Konsequenz des matthäischen Gestaltungswillens an dieser Stelle nicht auf, sondern bestätigt ihn vielmehr, denn hier handelt es sich um eine „Heidin“. Der Ton liegt hier im Vorblick auf das 57 58 59

 S. dazu ebd., 101–105.  Vgl. Luz, Skizze, 224f.  Vgl. Mt 23,16.17.19.24.26.

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Bildwort in V. 26f darauf, dass die „Heiden“ Heil vom Messias Israels erwarten.60 Diese Skizze mag hier genügen, um die Relevanz des Davidssohntitels in der narrativen Christologie des ersten Evangelisten anzudeuten. Entsprechend hat Matthäus auch Mk 12,35–37 so umgearbeitet, dass von einer Marginalisierung der Davidssohnschaft des Messias, wie sie Markus vorgebracht hat, nicht mehr die Rede sein kann. Der markinische Monolog ist zu einem Dialog mit den Pharisäern umgestaltet worden. Jesus zitiert nicht die Meinung der Schriftgelehrten, um diese dann zu problematisieren, sondern adressiert an die Pharisäer die Frage, wessen Sohn der Messias sei. Die Pharisäer wissen dabei nur die Antwort: Sohn Davids. Diese ist für Matthäus keineswegs falsch, sie ist aber unvollständig. Denn im Zentrum seiner christologischen Konzeption steht, wie angedeutet, die doppelte Bestimmung der Sohnschaft des Messias: Er ist Sohn Gottes und zugleich Sohn Davids, und beide Bestimmungen bilden für Matthäus einen unlöslichen Zusammenhang. Der matthäische Jesus problematisiert daher mit den beiden πῶςFragen in Mt 22,43.45 die Eingliedrigkeit der Antwort der Pharisäer. Die erste πῶς-Frage geht von der von den Pharisäern vorgebrachten Davidssohnschaft aus und führt über diese hinaus: David nennt, wie das Psalmzitat illustriert, den Messias seinen Herrn, weil der Messias Sohn Gottes und damit David übergeordnet ist. In der zweiten πῶς-Frage hingegen geht es umgekehrt darum, wie bzw. in welchem Sinn der von David als „Herr“ bezeichnete Gottessohn sein Sohn ist. Mit der Antwort sind die Leser bereits seit Mt 1,18–25 vertraut: Matthäus hat dort durch das Motiv der Zeugung durch den Heiligen Geist das Motiv der Gottessohnschaft Jesu eingeführt.61 Sohn Davids aber wird er dadurch, dass Joseph, ein Sohn Davids (Mt 1,20), den Gottessohn Jesus als seinen Sohn angenommen hat. Festzuhalten ist: Matthäus hat nicht bloß die markinische Sohn-GottesChristologie durch das Zusammenspiel von Gottessohnschaft und Davidssohnschaft modifiziert bzw. nicht allein das Christologoumenon der Davidssohnschaft Jesu gegenüber dessen mangelndem Stellenwert bei Markus an die diesem seines Erachtens gebührende Stelle gerückt – dies ließe sich cum grano salis noch als ausdeutende Fortschreibung verstehen –, sondern er hat damit die markinische Abwertung der davidischen Messianität Jesu korrigiert.62 Damit geht einher, dass Matthäus, wie oben angedeutet, der Zu60  Näheres dazu in Konradt, Israel, 63–70.294.399. 61  Zur Begründung dieser Interpretation s. exemplarisch Pesch, Gottessohn, 410f.416– 419; Brown, Birth, 133–137. 62  Zu erwägen ist, ob im markinischen Kontext auch im Petrustadel in Mk 8,33 die Zurückweisung einer Davidssohnchristologie mitschwingt (vgl. Telford, Theology, 37). Bei Matthäus hingegen lässt sich der Petrustadel (Mt 16,23) nicht mehr darauf beziehen, dass Petrus bei seinem Christusbekenntnis den Messias in den Farben eines davidisch-königlichen Befreiers gedacht haben könnte. Denn zum einen ist die Davidssohnschaft Jesu bei Matthäus

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wendung Jesu zum Gottesvolk Israel konzeptionell ein ganz anderes Gewicht zukommen lässt, als dies im heidenchristliche Identitätsbelange dokumentierenden Markusevangelium der Fall ist. Dem steht ferner zur Seite, dass die oben analysierte grundlegend veränderte Sicht der Rolle und Bedeutung der Tora insofern auch die Christologie affiziert, als Jesus von Matthäus als derjenige dargestellt wird, der den Willen Gottes, wie er in Tora und Propheten niedergelegt ist, in vollgültiger Weise ans Licht gestellt hat und der damit als der autoritative Lehrer der Tora präsentiert wird – und nicht als derjenige, der alle Speisen für rein erklärt hat und für den die Befolgung sozialer Toragebote nur die ethische Basisstufe beschreibt.

2.3 Das Jüngerverständnis Auf einen weiteren Bereich ist nur noch kurz einzugehen: die Darstellung der Jünger. Zwar kann man auch hier elementare Konvergenzen aufweisen wie die, dass nicht erst bei Matthäus, sondern schon bei Markus Petrus als zentrale Gestalt des Jüngerkreises hervortritt, doch kann dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Konvergenz durch signifikant unterschiedliche Charakterisierungen überlagert ist. Ein zentraler Differenzpunkt zeigt sich in der konsequenten Korrektur der markinischen Tendenz, die Jünger als unverständig, ja verstockt darzustellen. So wird im Rahmen der markinischen Gleichnisrede zwar konzediert, dass ihnen das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben ist (Mk 4,11), zugleich erfahren sie aber in der Einleitung der Deutung des Gleichnisses vom Sämann einen Tadel wegen ihres mangelnden Verstehens (Mk 4,13). Matthäus hat nicht nur Mk 4,13 übergangen, sondern in der Ausgestaltung der Parabeltheorie der die Volksmengen betreffenden Verstockungsaussage auch eine Seligpreisung der Jünger ob ihrer sehenden Augen und hörenden Ohren gegenübergestellt (Mt 13,16f); zudem ist in der Gleichnisdeutung bei der vierten Gruppe, die den sehenden und hörenden Jüngern korrespondiert, vom Hören und Verstehen des Wortes die Rede (Mt 13,23). An Konturen gewinnt diese Differenz, wenn man Mk 8,14–21 par Mt 16,5–12 hinzuzieht. schon zuvor durch Jesu heilende Zuwendung zu seinem Volk bestimmt worden, durch welche dieses Jesus als solchen auch zu erkennen beginnt (Mt 12,23). Zum anderen wird Petrus’ Christusbekenntnis in Mt 16,16 durch das Christologoumenon der Gottessohnschaft des Messias profiliert, das im Erzählduktus für die Jünger wesentlich durch die ihnen in Mt 14,22– 33 zuteil gewordene Erfahrung bestimmt, also durch den Gedanken der Teilhabe Jesu an der rettenden und den Elementen gebietenden Macht Gottes gefüllt ist. Im matthäischen Kontext geht es daher in und ab Mt 16,21–23 darum, das Gottessohnverständnis adäquat, d.h. nicht nur einseitig an dem Aspekt der Partizipation des Gottessohnes an göttlicher Macht auszurichten.

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Während die markinischen Jünger in der Belehrung über den Sauerteig der Pharisäer in Mk 8,14–21 nicht nur in V. 17f mit einer Reihe von vorwurfsvollen Fragen, die sogar die Verstockung einschließen, konfrontiert werden, sondern die Belehrung in V. 21 auch mit einer solchen Frage schließt (οὔπω συνίετε;), hat Matthäus nicht nur Mk 9,17b.18 gestrichen und damit insbesondere das Verstockungsmotiv übergangen, das bei ihm in direktem Widerspruch zum Makarismus in Mt 13,16f stehen würde, sondern auch den markinischen Schlusspunkt in sein Gegenteil verkehrt, indem er in Mt 16,12 ausdrücklich konstatiert: „Da verstanden sie (τότε συνῆκαν) …“. Die matthäischen Jünger sind im Gegensatz zur markinischen Vorlage entweder Verstehende oder sie werden, sofern sie einmal noch unverständig sind (Mt 16,9), von Jesus zum Verstehen geführt (Mt 16,12, vgl. 13,51; 17,13).63 Die hier zutage tretende Differenz in der Darstellung der Jünger kommt noch schärfer in der Seewandelperikope zum Vorschein. Während diese in Mk 6,52 mit dem Kommentar endet, dass die Jünger „durch die Brote nicht verständig geworden waren, sondern ihr Herz verhärtet war“, lässt Matthäus die Jünger vor Jesus niederfallen und bekennen: „Wahrlich, Gottes Sohn bist Du“ (Mt 14,33). Dies hat zugleich zur Folge, dass anders als im markinischen Erzählkonzept nicht erst der „heidnische“ Hauptmann unter dem Kreuz Jesus als Gottessohn bekennt, sondern dies lange zuvor bereits durch die Jünger geschieht (s. auch die entsprechende Erweiterung des Petrusbekenntnisses in Mt 16,16 gegenüber Mk 8,29).64 Dem steht zur Seite, dass Matthäus die markinische Rede vom Unglauben der Jünger (Mk 4,40; 11,22) durch sein Konzept des Kleinglaubens ersetzt und damit abgemildert hat (Mt 8,26 u.ö.). Vor allem aber ist anzumerken, dass die negativen Züge im Jüngerbild bei Markus anders als bei Matthäus nicht durch Texte wie die Petrusverheißung in Mt 16,18f oder die nachösterliche Beauftragung des um Judas dezimierten Zwölferkreises (Mt 28,16–20) ausbalanciert werden. Sucht man die negative Zeichnung der mit Jesus umherziehenden Jünger und damit des Zwölferkreises bei Markus zu deuten, so genügt es schon angesichts der Schwere der Vorwürfe m.E. nicht, dieser eine bloß dienende 63  Zum „Verstehen“ als Charakteristikum der Jünger im Matthäusevangelium vgl. Barth, Gesetzesverständnis, 99–104. 64  Die Textbeispiele lassen sich vermehren. So hat Matthäus nach der zweiten Leidensankündigung die markinische Notiz, dass die Jünger das Wort nicht verstanden (Mk 9,32a), ebenso übergangen wie die Unterredung der Jünger darüber, was denn die Auferstehung der Toten sein soll (Mk 9,10), oder den Verweis auf den Unwillen Jesu über die Jünger in Mk 10,14. Vgl. ferner die Bearbeitung von Mk 9,33f in Mt 18,1, durch die die negative markinische Zeichnung der Jünger wiederum abgemildert wird. Ob ferner die Ersetzung der Zebedaiden als Fragesteller (Mk 10,35) durch deren Mutter (Mt 20,20) dazu dient, die beiden Jünger zu entlasten, ist insofern fraglich, als Matthäus diese Differenzierung nicht durchhält (s. Mt 20,22: οὐκ οἴδατε τί αἰτεῖσθε).

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Funktion im Rahmen der christologischen Erzählkonzeption des Markusevangelisten zuzuweisen oder sie in pastoral-pädagogischer Absicht darin aufgehen zu lassen, den Adressaten in deren Situation angesichts von eigenem Scheitern und eigenem Unverständnis wohlmeinend Identifikationsfiguren anzubieten. Man wird hier vielmehr eine polemische Absicht65 zumindest mithören und die negativen Charakterisierungen der Jünger auch als eine „kirchenpolitische“ Stellungnahme lesen müssen, die Distanz zu dem Judenchristentum anzeigt, das von Jerusalem aus die Anfänge der christusgläubigen Bewegung maßgeblich mitbestimmte.66 Diese These wird dadurch erhärtet, dass Markus die Familienangehörigen Jesu in Mk 3,21 eine dezidiert negative Meinung über Jesus äußern lässt. Mit Jakobus avancierte ein leiblicher Bruder Jesu, der in Mk 3,21 kaum als nicht mitgemeint auszuschließen ist, zu einer, wenn nicht allmählich der Leitgestalt der Jerusalemer Gemeinde. Mk 3,21 wirft einen langen Schatten auf diese Führungsfigur der Jerusalemer.67 Matthäus hat Mk 3,20f nicht übernommen. Er hat, wie gesehen, zugleich an der markinischen Darstellung des Jüngerkreises, den Matthäus vorösterlich programmatisch auf die Zwölf beschränkt (vgl. Mt 28,16),68 gewichtige Korrekturen vorgenommen, ohne die Jünger als ideale Figuren zu zeichnen. Der Beseitigung einiger negativer Züge der markinischen Darstellung steht dabei zur Seite, dass er die Jünger auch gegenüber den Volksmengen stärker profiliert hat. Nicht wie bei Markus die Menschen, die ringsum um Jesus herumsaßen, bilden die familia Dei (Mk 3,34f), sondern konkret seine Jünger (Mt 12,49f); und speziell diesen gilt die Unterweisung in Mt 16,24–28 – und nicht auch den Volksmengen (Mk 8,34–38). Vor allem aber gehen für Matthäus von den Zwölfen mit Petrus an der Spitze (und unter Abziehung von Judas) die frühchristliche Mission und damit der Bau der ecclesia aus (Mt 28,16–20). Petrus wird als Fels der sich durch die nachösterliche Mission bildenden ecclesia präsentiert (Mt 16,18) und als mit den Schlüsseln der Basileia betraut (Mt 16,19) erscheint er als Garant der in der Gemeinde tradierten, auf Jesus als den einen und wahren Lehrer (vgl. Mt 23,8) zurückgehenden vollmächtigen Auslegung der Tora. Damit drängt sich auch im Blick auf die Darstellung der (zwölf) Jünger (und der Familie Jesu) das Urteil auf, dass Matthäus die Darstellung des Markusevangeliums als inakzeptabel ansah. Man wird auch kaum fehlgehen, dass Matthäus die im Markusevangelium begegnende Distanzierung von der Jerusalemer Gemeinde und dem durch diese repräsentierten Judenchristen65  Vgl. dazu Telford, Theology, 132.135–137, sowie 149–151 zum Fehlen einer Erscheinungsgeschichte in Mk 16. 66  In diesem Sinne auch Sim, Gospel, 192–194. 67  Vgl. wiederum Sim, Gospel, 188–190. 68  S. dazu Konradt, Israel, 371.

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tum registriert hat. Kurzum: Die dargelegten Differenzen zu Markus in der Stellung zur Tora und in der Christologie gehen damit einher, dass über die unterschiedlichen Darstellungen der Jünger verschiedene Positionen zu der von den Leitfiguren der Jerusalemer Gemeinde bestimmten Gestalt des „Christentums“ bezogen werden.

3. Fazit Überblickt man den im Voranstehenden skizzierten Befund, kommt man m.E. um das Urteil nicht herum, dass die Differenzen zwischen den theologischen Perspektiven von Matthäus und Markus so erheblich sind, dass das Verhältnis des Matthäus zu seiner Markusvorlage – entgegen einem seit dem Aufkommen der Redaktionsgeschichte geläufigen Ansatz – nicht allein mit dem Rollenmodell des Exegeten bzw. Interpreten erfasst werden kann. Matthäus hat die markinische Jesusgeschichte vielmehr an für ihn zentralen Stellen theologisch als inakzeptabel betrachtet. Seine Bearbeitung des Markusevangeliums ist entsprechend nicht nur als ein Unterfangen zu sehen, die Jesusgeschichte im Blick auf die Anforderungen bzw. Bedürfnisse des eigenen Adressatenkreises adäquat neu zu erzählen, sondern auch als Versuch, innerhalb der frühchristlichen Bewegung einer bestimmten Theologie Geltung zu verschaffen – und den Einfluss der markinischen Jesusgeschichte zu unterbinden.

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Jenseits der Verlorenen – Mitglieder der Gemeinden Sklavinnen und Sklaven im lukanischen Doppelwerk

Einleitung Unter den vielen einflussreichen Thesen, die G. Theißen1 in die neutestamentliche Wissenschaft eingebracht hat, sind seine Überlegungen zu Wanderradikalismus und Liebespatriarchalismus unter den prominentesten. Demnach ist die jesuanische Wortüberlieferung in der synoptischen Tradition geformt von den Wandercharismatikern.Sie behält – trotz Modifikationen und Anpassungen [im Tradierungsprozess] ihre radikale Strenge. Sie bringt keine realitätsorientierte Ethik für das Leben in Galiläa oder in der römischen Gesellschaft. Aber sie ist eben deshalb nicht an ihren historischen Kontext gebunden. Ihre ethische Radikalität ist zeitloser als pragmatische Pro­gramme.2 Das wanderradikale Ethos zeichnet sich durch Heimatlosigkeit, Besitzund Gewaltverzicht sowie eine afamiliäre Einstellung aus.3 Tradiert und redigiert wird die Wortüberlieferung in den sesshaften Ortsgemeinden.4 Hier entstehen die synoptischen Evangelien. Sie tradieren also das radikale Ethos Jesu und seiner umherziehenden Anhänger unter völlig veränderten Bedingungen. In den Ortsgemeinden entstand „ein gemäßigter Liebespatri­ archalismus, der sich an den Bedürfnissen sozialer Interaktion im christlichen Haus orientierte: an den Problemen des Zusammenlebens von Herren und Sklaven, Männern und Frauen, Eltern und Kindern“.5 Im familialen Liebespatriarchalismus werden „die sozialen Unterschiede erhalten, entschärft und gemildert […]. Charakteristisch für dies Ethos sind die urchristlichen Haustafeln“6, wie sie uns im paulinischen und deuteropau­linischen 1  Ich danke Herrn Theißen ganz herzlich für die engagierte Unterstützung im Rahmen meiner Habilitation. 2  Theissen, Lokalkolorit, 301f. 3  Ders., Wanderradikalismus, 83–86; ders., Gewaltverzicht; ders., Jesusbewegung, 65–76. 4  Ders., Lokalkolorit, 306. 5  Ders., Soziologie der Jesusbewegung, 107. 6  Ders., Wanderradikalismus, 102f.

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Bereich begegnen. Theißen bewertet den Liebespatriarchalismus durchaus positiv: „Dem christlichen Liebespatriarchalismus aber verdanken wir die überdauernden Institutionen der Kirche. Mit Erfolg und nicht ohne Weisheit hat er den urchristlichen Radikalismus so weit temperiert, dass der christliche Glaube zu einer kollektiv praktikablen Lebensform wurde.“7 Die radikale Wortüberlieferung behält jedoch insofern eine wichtige Funktion, als aus ihr „immer wieder … der Ruf zur Umkehr laut“8 wird. Dem lukanischen Doppelwerk attestiert Theißen dabei eine besonders ausgeprägte Sensibilität für die Anforderungen der Tradierung unter veränderten Bedingungen: Zwischen der ursprünglichen sozialen Welt der Jesustradition und der seiner Adressaten empfindet er [Lk] eine so große Spannung, dass er zum Evangelium hinzu noch eine Apostelgeschichte schreibt, in der er zeigt, wie das Christentum von Galiläa (oder genauer: von der bekannten Stadt Jerusalem) bis in die großen hellenistischen Städte gedrungen ist. Deutlicher noch als die anderen Evangelien hebt er die Periode des Lebens Jesu als eine besondere Zeit hervor, in der andere ethische Regeln als sonst galten.9 Wie ordnet sich vor diesem Hintergrund die Rede von Sklavinnen und Sklaven im lukanischen Doppelwerk ein? Sie begegnet prominent in Gleichnissen, die der lukanische Jesus erzählt, weniger prominent außerhalb der Gleichnisse in Evangelium und Apostelgeschichte. Sklavinnen und Sklaven sind im Haus verortet. Die Sklavengleichnisse verwenden also ein Bildfeld, das nicht dem wanderradikalen Milieu, sondern sesshaften Hausgemeinschaften entstammt. Wie verortet sich die Rede von Sklavinnen und Sklaven im Rahmen der radikalen Wortverkündigung des lukanischen Jesus? Und wie verhält sie sich zum Liebespatriarchalismus, der das lukanische Doppelwerk so stark prägt?

1. Sklavinnen und Sklaven in den lukanischen Gleichnissen als Spiegel der Sklaverei im Römischen Reich Der Blick auf die Sklaverei in der Antike unterliegt in der Forschung einem – durchaus kontroversen – Veränderungsprozess. „Bis vor kurzem stellte deutsche, britische und amerikanische altphilologische Gelehrsamkeit die Sklaverei in antiken griechischen Städten und im Römischen Imperium als eine relativ milde Angelegenheit für die Versklavten dar; sie habe Möglich7  Ebd., 105. 8  Ebd., 105. 9  Ebd., 104.

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keiten für den sozialen Aufstieg geboten und glänzende Aussichten auf eine Freilassung mit dreißig Jahren. […] Erst nach der scharfen Kritik durch den Altphilologen M.I. Finley und die monumentale, vergleichende Geschichtsstudie von O. Patterson in den frühen 1980er Jahren untersuchten klassische Historiker die Komplexitäten und Widersprüche eines der repressivsten, entmenschlichendsten, gewalttätigsten und ausbeuterischsten Gefüge der Geschichte auf kritischere Weise.“10 Die neutestamentlichen Gleichnisse spiegeln dieses hochproblematische Gefüge. Auch die lukanischen Sklavengleichnisse schildern „schonungslos die Realität des Sklavenlebens, oft sogar die Ideologie der Sklavenbesitzer“11. Insbesondere vier Aspekte sind es, die das Leben von Sklavinnen und Sklaven im Römischen Reich prägen und die uns auch in den lukanischen Sklavengleichnissen begegnen: die Verpflichtung zu unbedingtem Gehorsam, die Verfügungsmacht des Herrn auch über den Körper der Sklavinnen und Sklaven, der Zwang zu ständiger Verfügbarkeit und die völlige Abhängigkeit selbst einflussreicher Sklaven von ihren Herren. Im Lukasevangelium ist in sieben Gleichnissen von Sklavinnen und Sklaven die Rede (Lk 12,36–38.42–48; 14,16–24; 15,11–32; 17,7–10; 19,12–27; 20,9–19):12 Lk 12,36–38, das Gleichnis vom treuen und schlechten Knecht, setzt die ständige Verfügbarkeit von Sklavinnen und Sklaven voraus. „[…] the parable itself relies on the recognition that slaves are expected to be available to their owners not only by day but also by night.“13 Im Gleichnis vom guten und treuen Knecht (Lk 12,42–48) darf „der Besitzer unbedingten Gehorsam fordern, belohnt nicht mittels Geld, sondern Statuserhöhung und beansprucht zur Strafe das Tötungsrecht“14. Die angekündigte Strafe („in Stücke hauen lassen“) ist grausam und unterstreicht das Ausmaß des Verfügungsrechts, das der Herr über seinen Sklaven beansprucht. In diesem Gleichnis begegnet uns eine Hierarchie von Sklaven. Sobald der Herr aus dem Haus ist, beginnt der Aufseher seine Mitsklavinnen und -sklaven zu schlagen. Offensichtlich besitzt er ihnen gegenüber das Recht auf körperliche Züchtigung. Die Verse 47–48a unterstreichen die körperlichen Ge10  Martin, Blick, 251f. 11  Schottroff, Gleichnisse, 232. 12  Für Lk 16,1–8 ist das umstritten. Während M.A. Beavis den Haushalter für einen Sklaven hält (Baevis, Slavery, 43–53), argumentiert Glancy dagegen: „A slave whose master believed that he had wasted household property would more likely fear corporal punishment, imprisonment, demotion within the household to menial tasks, or sale into a harsher slavery or away from loved ones.“ (Glancy, Slavery, 109). Gerade mit Blick auf Mt 18,23–35 überzeugt mich diese Argumentation (Roose, Aufleben). 13  Glancy, Slavery, 109. Vgl. Schottroff, Gleichnisse, 228: „Die Sklaven und Sklavinnen müssen wach bleiben, um zu zeigen, dass sie die Sklaven sind. Nur durch Gewalt und permanente Drohung mit Gewalt ist solch ein Verhalten von Menschen zu erzwingen.“ 14  Gerber, Zeit, 164f.

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fahren, denen Sklavinnen und Sklaven rechtlos ausgesetzt waren. Glancy bemerkt zu diesen Versen: „What seems inevitable is that the body of the slave will be battered.“15 Lk 17,7–10 stellt einen Sklaven vor, der nach einem harten Arbeitstag auf dem Feld noch Essen bereiten und seinen Herrn bedienen muss, bevor er selber essen darf. Dafür gebührt dem Sklaven kein Dank (Lk 17,9). Sklavenarbeit in der Landwirtschaft war aufgrund der harten Arbeit und der langen Arbeitstage gefürchtet.16 Im Gleichnis vom anvertrauten Geld (Lk 19,12–27) ist umstritten, ob es sich bei den Personen, denen der König Geld anvertraut, um Sklaven handelt. Herzog sieht in ihnen „retainer“, die als mächtige Bürokraten eigenen Wohlstand erwirtschaften konnten.17 Das Gleichnis setzt jedoch voraus, dass das Kapital und der Gewinn Eigentum des Herrn bleiben. Die Sklaven müssen sich der Abrechnung durch den Herrn stellen und sind seinem Urteil ausgeliefert. Insofern bleiben auch einflussreiche Sklaven vollständig abhängig von ihrem Herrn. Die lukanischen Sklavengleichnisse spiegeln damit die Verhältnisse der römischen Sklaverei in ihrer ganzen Härte. In den Gleichnissen begegnen uns Sklavinnen und Sklaven als rechtlose Figuren, die zu jeder Zeit verfügbar sind, die gehorchen müssen und bei Ungehorsam körperliche Strafen bis hin zum Tod riskieren. Das gilt auch für hochgestellte und einflussreiche Sklaven. Damit spiegelt die Welt der Gleichnisse die gesellschaftliche Stellung von Sklavinnen und Sklaven zur Zeit Jesu sowie ihre Lebensbedingungen. Immer wieder kommt in ihnen – auch im Lukasevangelium, insbesondere in Lk 12,42–48 – die körperliche Verletzbarkeit der Sklavinnen und Sklaven als eine für damalige Augen unanstößige Selbstverständlichkeit in den Blick. Insofern erscheint es unangemessen, das Verhältnis von Herr und Sklave unter demjenigen von Herrn und Knecht („patron–client“) zu subsumieren.18 Malina weist im Rahmen des „patron–client“ – Verhältnisses, wie es seiner Meinung nach zwischen Herren und Sklaven bestehen könnte, auf die Möglichkeit hin, dass der Sklave vom Schutz des Herren profitiert.19 Aber für die Sklavengleichnisse gilt: Sie beschreiben slaves who are vulnerable to physical abuse und murder; they do not depict slaves who enjoy protection from such treatment. […] Perhaps some slaves in the first century 15  Glancy, Slavery, 111. 16  Shelton, Romans, 166–171. 17  Herzog, Subversive Speech, 157f. 18  So u.a. Scott, Parable. Dagegen Glancy, Slavery, 125: „Despite certain similarities, including the asymmetry of power relations, a slave was not a client, and an owner was not a patron. By collapsing master-slave relations into the patron-client paradigm, Scott and other New Testament scholars distort the parabolic representation of slavery.“ 19  „Thus the slave might be protected against the risks of being sold, killed or beaten, while the slave holder obtains the trust and commitment of the slave in question.“ Malina, Social World, 146.

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understood themselves as clients, although that is a case that remains to be argued. However, even if there were such slaves, we do not encounter them in the Gospels or, more narrowly, in Jesus’ sayings.20 Es ist das Verdienst insbesondere von M.A. Beavis21, J. Glancy und L. Schottroff, die Härte des Sklavenlebens, wie sie die Gleichnisse spiegeln, ungeschönt herausgestellt zu haben. Der geschilderte Befund ist verstörend22 und wirft die Frage auf, ob die Gleichnisse selbst in irgendeiner Form kritisch Stellung beziehen. Insbesondere zu Lk 12,35–37 und Lk 17,7–10 wird das diskutiert. In Lk 12,35–37 nimmt der Herr überraschend die Rolle des Sklaven ein.23 In Lk 17,7–10 spricht das Gleichnis Sklavenbesitzer an, die sich am Ende in die Rolle des Sklaven begeben sollen (Lk 17,10). Kommt hier die kritische Sicht von Sklavinnen und Sklaven zum Zuge? W. Munro hat in dieser Richtung argumentiert.24 Sie liest Lk 17,7–10 als implizite Vision der Umkehrung der Erniedrigung von Sklavinnen und Sklaven.25 Aber die uneingeschränkte Verfügungsgewalt des Herren über seine Sklaven wird auch in diesen Gleichnissen an keiner Stelle durchbrochen. Sie können mit ihren Sklaven machen, was sie wollen – „sogar für kurze Zeit die Rollen tauschen“.26

2. Die lukanischen Sklavengleichnisse im Kontext der Botschaft des lukanischen Jesus Wie nun fügen sich die Sklavengleichnisse in die Botschaft des lukanischen Jesus? Zunächst fällt die Diskrepanz zu den von G. Theißen beschriebenen Elementen eines wanderradikalen Ethos auf. Der lukanische Jesus predigt (zunächst) den Gewaltverzicht (Lk 10,3f; 9,3; vgl. 22,35f), nimmt aber in 20  Glancy, Slavery, 126. 21  Beavis, Slavery. 22  „Es ist immer wieder kritisch über Paulus’ Umgang mit Sklaverei diskutiert worden. Die Sklavengleichnisse blieben von dieser Kritik weitgehend ausgespart.“ Schottroff, Gleichnisse, 230. 23  „Hier in Lk 12,37 gibt ein Sklavenbesitzer symbolisch und für begrenzte Zeit seine Herrschaft auf. Er erniedrigt sich, begibt sich an den sozialen Platz eines Sklaven.“ Ebd., 229. 24  Munro, Jesus, 355. 25  Glancy grenzt sich – m.E. zu Recht – von dieser Deutung ab: „The reason that I am ultimately unconvinced that the parables reflect what Munro calls a ‚slave’s eye view‘ is that they uncritically accept the liability of the slave’s body to violation by slaveholders, by other slaves, and even by outsiders to the household […] If this is a slave’s eye view, it is a perspective that has been subordinated to the dominant viewpoint of the slaveholding society to the extent that we can make no meaningful assertions about the distinguishing marks of a slave’s perspective.“ Glancy, Slavery, 128. 26  Schottroff, Gleichnisse, 229.

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seinen Gleichniserzählungen an der extremen Gewalt, die Sklavinnen und Sklaven angedroht wird, keinen erkennbaren Anstoß. Den Jüngern ist Gewaltverzicht möglich, weil sie keinen Besitz und keinen sozialen Status zu verteidigen haben. Das ist bei den Sklavenbesitzern anders, wie Lk 12,42–46 eindrücklich verdeutlicht. Die Besitzlosigkeit bis hin zum Verzicht auf Schuhe (Lk 10,4) kontrastiert auffällig mit der Szene im Gleichnis vom verlorenen Sohn, in der die Sklaven den Auftrag erhalten, dem heimgekehrten Sohn Schuhe an die Füße zu ziehen (Lk 15,22). Einige Sklavenhalter, die in den lukanischen Sklavengleichnissen begegnen, sind extrem wohlhabend (Lk 19,12–27; 20,9–19). Die Wortüberlieferung des lukanischen Jesus, die das wanderradikale Ethos formuliert, steht damit merkwürdig unverbunden neben seinen Sklavengleichnissen. Eine Kritik an den Verhältnissen, unter denen Sklavinnen und Sklaven leben, scheint nicht impliziert zu sein. Die Sklavengleichnisse werden durch wanderradikale Werte nicht erkennbar korrigiert oder auch nur relativiert. Gibt es im Lukasevangelium andere Texte, die im Blick auf die Sklavengleichnisse eine kritische Leseanleitung formulieren? Diese Frage lenkt den Blick zunächst auf die „Antrittspredigt“ Jesu in Lk 4,16–30. In Lk 4,18f ist ein Text zitiert, den der lukanische Jesus aus dem Buch Jesaja vorliest. Das Zitat ist von Lukas (bewusst) nach Jes 61,1f und Jes 58,6 gestaltet und gegenüber der alttestamentlichen Vorlage verändert.27 In vier finalen Infinitivsätzen umreißt der lukanische Jesus programmatisch sein zukünftiges Wirken. Welche Rolle spielen Sklavinnen und Sklaven in diesem Programm? Zunächst ist von den Armen (εὐαγγελίσασθαι πτωχοῖς) die Rede. Die Hinwendung Jesu zu den Armen und die damit verbundene scharfe Kritik an den Reichen sind bekanntlich ein Charakteristikum des Lukasevangeliums.28 Im zweiten Infinitivsatz spricht der lukanische Jesus davon, „den Gefangenen zu predigen, dass sie frei sein sollen“ (κηρύξαι αἰχμαλώτοις ἄφεσιν). Die Interpretation dieser Stelle ist umstritten. Schwierig ist m.E. eine Deutung auf physisch Gefangene, die Jesus befreit.29 Denn davon ist im Evangelium keine Rede.30 R.C. Tannehill denkt an die Befreiung von Menschen aus ökonomischer Unterdrückung31, also Arme, insbesondere Schuldsklaven. L. Schottroff macht die Stelle mit einer ähnlichen Deutung explizit für die Sklaventhematik fruchtbar: „Im Lukasevangelium hören wir 27  Vgl. Albertz, „Antrittspredigt“; Rusam, Testament, 175–201. 28  „Gott ist den Armen nahe (Lk 2,7.24; 16,19–31) und den Reichen fern (Lk 6,20–26; 16,19–31).“ Schnelle, Theologie, 444f. 29  So votiert z.B. R.B. Sloan in Sloan, Favorable Year, 38f, für „prisoners of war“. 30  Allenfalls könnte man hier an die Befreiung der Apostel in Apg 5 und die Befreiung des Petrus in Apg 12 denken. Aber diese Befreiungen verdanken sich dem „Engel des Herrn“. Die Apostel sind mittlerweile selbst in die Rolle der Verkündiger eingerückt. 31  Tannehill, Mission, 51–75.

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von Beginn an die große Verheißung Gottes auch für Sklavinnen und Sklaven: Gott hat seinen Gesalbten gesandt, ‚den Gefangenen die Freilassung zu verkünden‘ (Lk 4,18). Das kann sich auf Kriegsgefangene, Schuldsklaven, aber auch auf andere versklavte Menschen beziehen.“32 Im Evangelium wird allerdings nur die Armut, nicht die Befreiung aus der Sklaverei, thematisiert. Nirgendwo ist davon die Rede, dass Jesus einen Sklaven befreit. Das Wort ἄφεσιν in Lk 4,18 weist daher eher auf eine Verbindung mit der Sündenvergebung.33 Zacharias kündigt die Vergebung der Sünden durch Jesus in Lk 1,77 mit diesem Wort an. In Lk 5,17–26; 7,36–50; 11,4; 17,1–4; 3,3; 24,47 wird die Vergebungsthematik durchgeführt. Die programmatische Aussage in Lk 24,47 stellt mit dem μετάνοιαν εἰς ἄφεσιν ἁμαρτιῶν eine weitere Verbindung zu Lk 4,18 her. Im dritten Infinitivsatz (κηρύξαι τυφλοῖς ἀνάβλεψιν) ist von den Blinden die Rede, die sehen sollen. Am einfachsten ist diese Aussage als Hinweis auf real Blinde zu verstehen. Hier klingen Blindenheilungen an, die der lukanische Jesus vollzieht (Lk 7,21; 18,35–43). Möglicherweise schwingt ein metaphorisches Verständnis im Sinne eines Sehens im Glauben mit. Zacharias besingt direkt nach der Sündenvergebung (Lk 1,77) das „aufstrahlende Licht aus der Höhe“, das denen erscheint, „die in Finsternis und im Schatten des Todes sitzen“ (Lk 1,78f).34 Ein weiterer Aspekt könnte anklingen:35 In Jes 42,6f ist vom „Licht der Heiden“ die Rede, das die Augen der Blinden öffnet und die Gefangenen aus dem Gefängnis führt. Die Befreiung der Gefangenen aus Lk 4,18 erhielte so neben der Sündenvergebung mit der Blindenheilung als der Befreiung der Heiden aus dem Nicht-Glauben eine weitere Bedeutungskomponente. Der vierte Infinitivsatz (ἀποστεῖλαι τεθραυσμένους ἐν ἀφέσει) stammt nicht aus Jes 61,1f LXX, sondern ist aus Jes 58,6 ergänzt. R. Albertz interpretiert den Vers vor seinem alttestamentlichen Hintergrund und deutet ihn – auch auf lukanischer Ebene – auf die Entlassung aus der Schuldsklaverei.36 Die Deutung nähert sich damit inhaltlich derjenigen von Tannehill und Schottroff zum zweiten Infinitivsatz an. Die Schwierigkeit ist wiederum dieselbe: Jesus befreit im Lukasevangelium an keiner Stelle einen Sklaven (aus der Schuldsklaverei).37 In Anlehnung an die Interpretation zum zweiten Infinitivsatz könnte dann auch hier auf die Befreiung von der Sünde, also die Sündenvergebung, abgehoben sein. Die Differenzen im Wortlaut sprechen aber eher für eine gesonderte Auslegung: „Die Differenz zwischen dem ein32  Schottroff, Gleichnisse, 233. 33  Mit Rusam, Testament, 185. 34  Mit ebd., 186. 35  Paul, Deutero-Isaiah, 180–186. 36  Albertz, „Antrittspredigt“, 193f. 37  Rusam, Testament, 190.

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gefügten Halbsatz aus Jesu [sic!] (ἀποστεῖλαι τεθραυσμένους ἐν ἀφέσει) und dem bereits zitierten Halbsatz κηρύξαι αἰχμαλώτοις ἄφεσιν, der – wie gezeigt – auf die Sündenvergebung durch Jesus abzielt, besteht – neben der unterschiedlichen Bezeichnung der Objekte – v.a. im Verbum: Während der zweite Infinitivsatz von ‚Verkündigung‘ (κηρύξαι) spricht, geht es im vierten um eine Handlung des Sprechenden, das ‚Entsenden‘ (ἀποστεῖλαι). Es ist also zu vermuten, dass es hier wie dort um zwei unterschiedliche Arten von Befreiung geht.“38 Welche Art von Befreiung könnte dann gemeint sein? Rusam geht von einer Uminterpretation der alttestamentlichen Worte durch Lukas aus und deutet die Aussage in Lk 4,18 – m.E. durchaus überzeugend – auf „die Befreiung der Menschen aus der Hand des Satans und seiner Dämonen, d.h. es geht um die Krankenheilungen Jesu (und seiner Jünger bzw. Apostel)“39. Diese Thematik durchzieht das Lukasevangelium: Der Antrittspredigt geht die Erzählung von der Versuchung Jesu durch den Satan voraus, die mit dem Sieg Jesu über den Satan endet (Lk 4,13). Auf die Antrittspredigt folgen zwei Dämonenaustreibungen (Lk 4,33–37.38f).40 Die gekrümmte Frau bezeichnet Lukas als „gefesselt“, ihre Heilung als „Lösung“ der Fessel (λυθῆναι ἀπὸ τοῦ δεσμοῦ τούτου Lk 13,16). Das heißt: In Lk 4,18f ist von Armen, Sündern, Blinden und Kranken die Rede; von Sklavinnen und Sklaven m.E. nicht. Die Antrittspredigt deutet die Befreiung aus der Gefangenschaft nicht auf die Sklaverei, sondern auf die Sündenvergebung und die Dämonenaustreibung. Von beidem ist im Evangelium – anders als von Sklavenbefreiung – ausgiebig die Rede. Die Antrittspredigt erteilt damit (leider) keine kritische Leseanweisung für die Sklavengleichnisse. Diese These wird durch die Parabeln vom großen Gastmahl und vom verlorenen Sohn entscheidend untermauert. In diesen beiden Gleichnissen, die etwa in der Mitte des Evangeliums positioniert sind, begegnen uns in weiten Teilen dieselben Personengruppen, von denen in der Antrittspredigt die Rede ist. Nachdem die Erstgeladenen die Einladung ausgeschlagen haben, sollen „die Armen, die Krüppel, die Blinden und die Lahmen“ (Lk 14,21) hereingeführt werden. Sie werden zu Geladenen, zu 38  Rusam, Testament, 190. Jes 58,6 wäre dann ein bewusster, inhaltsrelevanter Zusatz und nicht nur ein der Haphtara-Technik und der Verbindung gleicher Vokabeln (ἄφεσιν ἀφέσει) geschuldetes Versehen (vgl. Bovon, Lukas, 212). 39  Rusam, Testament, 190. Die Auslassung des Infinitivsatzes ἰάσαθαι���������������� τοὺς����������� ��������������� συντετριμ� ���������� μένους τῇ καρδίᾳ ist also nicht dahingehend zu deuten, dass Lukas Heilungen nicht wichtig gewesen seien (vgl. zur Diskussion Albertz, „Antrittspredigt“, 183.191; Rusam, Testament, 182ff). 40  Vgl. zum Verhältnis von Besessenheit (Gefangenschaft) und Krankheit bei Lukas Weissenrieder, Images of Illness, 307: „Therefore, on one hand in the Gospel of Luke we encounter the phenomenon of differentiated observation that classifies possession under the heading of illness, and on the other, the stereotypical classification of possession as a physical phenomenon different from illness. From this we can assume that the author of the Gospel of Luke conceived of possession in two completely distinct ways.“

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Gästen.41 Der verlorene Sohn bezeichnet sich als einen, der gesündigt hat (Lk 15,21). Wir begegnen in den beiden Parabeln also Armen, einem Sünder, Blinden und Kranken (Krüppel und Lahme).42 Wir begegnen auch Sklaven – aber bezeichnenderweise in einer ganz eigenen Rolle. Das Gleichnis vom großen Gastmahl (Lk 14,15–35) erzählt eindrücklich davon, wie sich „ein Mensch“ (ἄνθρωπός τις Lk 14,16) von den Besitzenden ab- und den Marginalisierten zuwendet. Nach der Absage durch die Ersteingeladenen befiehlt der Hausherr seinen Sklaven, „die Armen, Verkrüppelten, Blinden und Lahmen“ einzuladen (Lk 14,21). Die Sklaven selbst bleiben jedoch von der Einladung ausgeschlossen. Ihr Status ist und bleibt geringer als derjenige der (frei geborenen) Armen, der Krüppel, der Blinden und der Lahmen (Lk 14,21).43 Der Gedanke, dass auch die Sklaven eingeladen werden könnten, liegt völlig außerhalb der Perspektive des Gleichnisses, obwohl die Pointe darauf abzielt, dass zum Schluss auch diejenigen, die ganz am unteren Ende der sozialen Skala anzusiedeln sind, eingeladen werden. Die Sklaven bleiben außen vor, verharren selbstverständlich jenseits der Dramatik der Erzählung in ihrem Sklavendasein. Im Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lk 15,11–32) will der Heimkehrende seinen Vater darum bitten, als Tagelöhner arbeiten zu dürfen (Lk 15,19). Auch auf dem absoluten Tiefpunkt seines Lebens kommt ein mögliches Schicksal als Sklave für ihn nicht in Betracht. Bevor er diesen Wunsch jedoch auch nur äußern kann, befiehlt der Vater seinen Sklaven, das beste Gewand zu bringen und dem Sohn einen Ring an den Finger und Schuhe an die Füße zu ziehen (Lk 15,22). Die Sklaven dienen dazu, den wieder erworbenen Status des Sohnes zu unterstreichen, während sie selbst in ihrem Sklavendasein verharren. Bei der Dramatik um Ehre und Scham bleiben sie außen vor:

41  Rusam weist ebenfalls auf diese Übereinstimmung zwischen der Antrittspredigt und dem Gleichnis vom großen Gastmahl hin und wertet sie im Blick auf die Frage der Heidenmission im lukanischen Doppelwerk aus: „Hier [im Gleichnis vom großen Gastmahl] wird die allegorische Doppelbödigkeit des Begriffs πτωχός, der noch in Lk 14,13 ganz im Sinn von ‚bettelarm‘ verwendet wird, sichtbar, und der implizite heidenchristliche Leser wird ihn automatisch auf sich selbst gedeutet haben. Damit dürfte sich gezeigt haben, dass auch in Lk 4,18 nicht automatisch die Bettelarmen (πτωχοί) als vorrangige Adressaten der Verkündigung Jesu intendiert sind, da das Gleichnis vom großen Gastmahl die Möglichkeit andeutet, bereits in dem Halbsatz von Lk 4,18 εὐαγγελίσασθαι πτωχοῖς die Öffnung zur Heidenmission zu sehen.“ (Rusam, Testament, 182) Die Frage der Sklavinnen und Sklaven berührt Rusam nicht. 42  Die Kranken werden an dieser Stelle allerdings nicht als von Dämonen besessen charakterisiert. 43  „When the first guests decline the invitation, the master asks his slaves to deliver invitations to the poor, the disabled, and the shabby folks in roads and lanes. Still, the master does not ask the slaves to join the party, reinforcing the status division between slaves and even the most destitute of freeborn persons.“ Glancy, Slavery, 110.

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[…] the parable ultimately returns the prodigal son to a position of respect within the family: honorably garbed and honorably shod. The presence of the family’s slaves reinforces the dignity and uniqueness of the position of the son. The slaves, kneeling at the son’s feet to fasten his sandals, are represented as bodies outside the game of honor.44

Wiederum bleiben die Sklaven außerhalb der Dramatik der Erzählung, die im Schicksal des jüngeren Sohnes doch den äußersten Tiefpunkt menschlicher Existenz einfangen will. Bezogen auf die Botschaft des lukanischen Jesus heißt das: In Lk 19,10 erhebt der Evangelist die Zuwendung zu den Verlorenen explizit zum christologischen Programm: „Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.“ Die Zuwendung zu den Verlorenen gilt im Laufe des Evangeliums den Armen (Lk 6,20), den Kranken (Lk 7,1– 10; 8,26–39.40–56; 9,37–43; 13,10–17 u.ö.), den Frauen (Lk 7,36–50; 8,1– 3.43–48; 9,37–43; 10,38–42; 13,10–17), den Zöllnern (Lk 19,1–10). Die Sklavinnen und Sklaven bleiben außen vor, sie befinden sich jenseits der Verlorenen.45

3. Sklavinnen und Sklaven im lukanischen Doppelwerk als Mitglieder der Gemeinde Die Parabeln vom großen Gastmahl und vom verlorenen Sohn machen deutlich: Sklavinnen und Sklaven gehören nicht dazu, sie bleiben – mit erschreckender Selbstverständlichkeit – außen vor, obwohl beide Gleichnisse pointiert die Zuwendung zu den Marginalisierten, den Verlorenen thematisieren. Damit fügen sich die Parabeln nahtlos in die lukanische Schilderung des Wirkens Jesu, der sich den Armen, den Blinden, den Kranken, den Frauen und den Zöllnern zuwendet, nicht aber den Sklavinnen und Sklaven. Diesem höchst irritierenden Befund aus dem Lukasevangelium steht nun aber die Aussage in Apg 2,18 gegenüber, nach der Gott seinen Geist explizit auch über die Sklavinnen und Sklaven ausgießt und sie zu Propheten macht. Das ist insbesondere im Vergleich mit den Aussagen im Lukasevangelium auffällig: Während der Geist „vor Jesus nur in den Propheten wirkte (Lk 3,22; 4,18ff), [wirkt er] seit Pfingsten […] in allen, auch in Sklaven und Sklavinnen (Apg 2,17f = Joel 3,1ff).“46 In der Gemeinde gehören sie dazu. Das entspricht insofern der sozialgeschichtlichen Wirk44  Ebd., 110. 45  In diesem Zusammenhang ist die Charakterisierung von Sklaverei durch Patterson als „social death“ passend: „Because the slave had no socially recognized existence outside of his master, he became a social nonperson.“ Patterson, Death, 5. 46  Theissen, Testament, 79.

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lichkeit der ersten Gemeinden, als diese als Hausgemeinden auch Sklavinnen und Sklaven umfassten. „Da sich das Christentum als Hauskirchenbewegung ausgebreitet hat, dürfte es von Anfang an keine Gemeinde ohne versklavte Mitglieder gegeben haben.“47 Wenn aber Sklavinnen und Sklaven am Glauben teilhatten, wie wurde diese Teilhabe praktisch umgesetzt? Welche sozial greifbaren Konsequenzen konnte bzw. sollte sie haben? Einige neutestamentliche Texte lassen noch erahnen, dass es im Urchristentum zu diesen Fragen unterschiedliche Auffassungen gab. Die berühmte Taufformel aus Gal 3,28 klassifiziert Sklavinnen und Sklaven als vollwertige Mitglieder der Gemeinde.48 Diese Spitzenaussage findet sich inhaltlich vergleichbar dann in Apg 2,18. Dass damit aber über den Umgang mit Sklavinnen und Sklaven, über ihre gesellschaftliche Stellung etc. noch nicht viel gesagt war, belegen spätere neutestamentliche Texte: 1Tim 6,2 ermahnt die Sklavinnen und Sklaven dazu, ihre Besitzer nicht deswegen weniger zu ehren, weil sie (im Glauben) Brüder sind. Im Gegenteil: Sie sollen ihnen noch eifriger dienen. Warum wird diese Ermahnung notwendig? Es ist gut denkbar, dass Sklavinnen und Sklaven aus der vollen Teilhabe am Glauben ein neues Selbstbewusstsein schöpften und Veränderungen für ihre Position einforderten. Diesen Forderungen erteilt 1Tim 6,2 eine klare Absage. Ignatius schreibt in seinem Brief an Polykarp (IgnPol 4,3): Sklaven und Sklavinnen behandle nicht von oben herab. Auch sie sollen nicht hochmütig sein, sondern zur Ehre Gottes noch mehr Sklavendienst leisten, damit sie eine bessere Freiheit von Gott erlangen. Sie sollen nicht darauf brennen, auf Gemeindekosten frei zu werden, damit sie nicht als Sklaven der Begierde erfunden werden.49

Diese Ermahnung lässt darauf schließen, dass es zu Freikäufen von christlichen Sklavinnen und Sklaven durch freie Glaubensgeschwister gekommen ist. Ignatius lehnt diese Praxis entschieden ab. Wo ordnet sich das lukanische Doppelwerk hier ein? Zunächst finden wir innerhalb der Schriften ein und desselben Verfassers Belege für das selbstverständliche Nicht-Dazugehören der Sklavinnen und Sklaven in Botschaft 47  Schottroff, Gleichnisse, 233. 48  ����������������������������������������������������������������������������� „Während in der römischen Gesellschaft die Herkunft und die Standeszugehörigkeit über den Status eines Menschen entschied, gelten in den christlichen Gemeinden die antiken Fundamentalunterscheidungen von Herkunft, Geschlecht und Rasse nicht mehr (vgl. 1Kor 12,13; Gal 3,26–28; Röm 1,14). Alle sind ‚Kinder Gottes‘ und ‚einer in Christus‘ (Gal 3,26.28), so dass eine völlig neue Offenheit in der Wahrnehmung und im Umgang von Menschen entstand, die ein wichtiger Grund für den Erfolg der frühchristlichen Mission war.“ Schnelle, Theologie, 305. Schnelle charakterisiert hier allerdings eher einen Ideal- als einen Realzustand. 49  Übersetzung nach Paulsen, Briefe, z.St.

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und Wirken des lukanischen Jesus einerseits und ihr Dazugehören in der Gemeinde nach der Apostelgeschichte andererseits. (Wie) passt hier beides zusammen? Wenn wir danach fragen, wie Lukas die Behandlung von Sklavinnen und Sklaven in urchristlichen Gemeinden schildert, stoßen wir zunächst auf die Erzählung von der Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis (Apg 12,3–19). In Apg 12,13–17 wird erzählt, dass die Sklavin Rhode an einer Gemeindeversammlung im Haus ihrer Besitzerin Maria teilnimmt. Es klopft an der Tür und Rhode hat die Aufgabe, die Tür zu öffnen. Sie geht zur Tür, gehorcht dann aber nicht, weil sie die Stimme Petri erkennt und „vor Freude“ (ἀπὸ τῆς χαρᾶς Apg 12,14) unfähig ist, die Tür zu öffnen. Sie läuft zu den anderen und berichtet, dass Petrus vor dem Tor steht. Die anderen glauben ihr nicht und zweifeln an ihrem Verstand (μαίνῃ Apg 12,15). Rhode beharrt auf ihrer Meinung, bis die anderen öffnen und die Wahrnehmung der Sklavin bestätigt finden. Wie ist der Umgang mit der Sklavin hier zu bewerten? Ein Vergleich mit Lk 12,45–48 zeigt zunächst einen wohltuenden Kontrast: Rhode hat nicht gehorcht, sie hat die Tür nicht geöffnet, sie hat außerdem vor anderen widersprochen – und trotzdem wird sie nicht geschlagen. Das ist bemerkenswert – umso mehr, als sich dieser Einzelbefund im Blick auf das lukanische Doppelwerk ausweiten lässt: An keiner Stelle im Lukasevangelium oder in der Apostelgeschichte wird erzählt, dass eine Sklavin oder ein Sklave von Nachfolgern Jesu (oder von Jesus selbst) geschlagen würde. Zeigt sich darin eine besondere Wertschätzung der Sklavinnen und Sklaven in urchristlichen Gemeinden (so wie Lukas sie schildert)? In der Exegese votieren einige Stimmen in diese Richtung. L. Schottroff weist auf die fehlende körperliche Bestrafung der Sklavin hin und ergänzt: „Sie aber ist ein respektiertes Glied der christlichen Gemeinde, die ihre Tat bewundert und überliefert hat.“50 Stimmt das? Immerhin ist es weiterhin selbstverständlich die Sklavin, die die Tür öffnen muss. Rhode ist und bleibt Sklavin und hat als solche ihre Aufgaben zu erfüllen – auch während einer Gemeindeversammlung, bei der sie Mitglied ist. Die erste Reaktion der Anwesenden auf ihren Ausruf, dass Petrus vor der Tür stehe, zeugt nicht eben von Respekt. Aber Lukas setzt die Sklavin ins Recht, und andere öffnen schließlich die Tür.51 Ich meine: Der Text spielt mit dem zeitgenössischen Rollenverständnis einer Sklavin, ohne es jedoch grundsätzlich in Frage zu stellen. Das ungewöhnliche Verhalten der Rhode unterstreicht die Ausnahmesituation der wunderhaften Befreiung, 50  Schottroff, Gleichnisse, 232. 51  Dormeyer sieht hierin ein Indiz für die Befugnisse der Türhüterin: „Die ‚Sklavin‘ Rhode kommt als Türhüterin, öffnet aber nicht, sondern organisiert einen feierlichen Empfangszug. Wann und wie Hausbesitzerin oder Gast empfangen werden, regelt die Türhüterin.“ Dormeyer, Seid wachsam, 377.

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wir hören aber nichts davon, dass die Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis mit einer Befreiung der Rhode aus der Sklaverei einhergehen würde. Das erhärtet die oben diskutierte Auslegung zu Lk 4,18, wo Befreiung nicht auf die Befreiung aus der Sklaverei bezogen wurde. Rhode wird auch weiterhin diejenige sein, die die Tür öffnen muss – auch während einer Gemeindeversammlung. Wir begegnen im lukanischen Doppelwerk also einem menschlicheren Umgang mit Sklavinnen und Sklaven; gleichzeitig schreibt Lukas die Rollenverteilung zwischen Herr und Sklave selbstverständlich fort. Im Unterschied zu den zitierten Ermahnungen aus dem ersten Timotheusbrief und dem Brief des Ignatius an Polykarp lässt das lukanische Doppelwerk keinen Konflikt in dieser Frage erkennen. Statt expliziter Ermahnungen stoßen wir hier auf beiläufige Selbstverständlichkeit, mit der Sklavinnen und Sklaven in ihrer Rolle behaftet werden. Hinsichtlich der Frage der körperlichen Züchtigung gibt es eine auffällige Differenz zwischen den Sklavengleichnissen und der Rede von Sklavinnen und Sklaven außerhalb der Gleichnisse: Während der lukanische Jesus insbesondere in Lk 12 die körperliche Bestrafung bis hin zum Tod als Möglichkeit unkritisch voraussetzt, beschreibt Lukas in Apg 12 eine menschlichere Behandlung der Sklavin. Diese Differenz wird jedoch nicht erkennbar problematisiert, sie lässt sich m.E. – ähnlich wie die wanderradikale Wortüberlieferung – kaum im Sinne einer kritischen Leseanleitung für die Sklavengleichnisse auswerten. Diese Beobachtung bestätigt sich in der Erzählung von der Fernheilung eines Sklaven durch Jesus (Lk 7,1–10). Hier befinden wir uns nicht im Binnenraum der urchristlichen Gemeinden bzw. der Nachfolgenden Jesu, sondern es geht um einen römischen Hauptmann. Wir erfahren, dass der Hauptmann einen Sklaven hat, den er sehr schätzt (ὃς ἦν αὐτῷ ἔντιμος Lk 7,2). Der Hauptmann selbst charakterisiert ihn dadurch, dass er tue, was er ihm sage (ποίησον τοῦτο, καὶ ποιεῖ Lk 7,8). Diese Verlässlichkeit entspricht der Treue des Bürgers oder des Soldaten. Die Jünger sprechen sich dafür aus, dass Jesus der Bitte des Hauptmanns entsprechen solle. Warum? Sie sagen zu Jesus: „Er verdient es, dass du ihm seine Bitte erfüllst. Denn er liebt unser Volk und hat das Gemeindehaus (τὴν συναγωγήν) für uns erbauen lassen.“ (Lk 7,5). Das heißt: Die Jünger argumentieren nicht mit dem Wert des Sklaven, sondern mit dem Wert des Hauptmanns. Während sich der Wert des Hauptmanns daraus ergibt, was er freiwillig für Juden getan hat, ergibt sich der Wert des Sklaven daraus, dass er tut, was man ihm sagt.52 52  Auf diese Szene passt die Charakterisierung des Verhältnisses von Herr und Sklave im Sinne von „patron – client“ (s.o. Anm. 18). Der Hauptmann gewährt seinem Sklaven Schutz, er kümmert sich um ihn und verlässt sich auf seine Treue und seinen absoluten Gehorsam.

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Die Darstellungen des Umgangs mit Sklaven in Lk 7 und Apg 12 fügen sich nahtlos in die Beschreibung Theißens vom Liebespatriarchalismus, in dem „die sozialen Unterschiede erhalten, entschärft und gemildert [werden]“53. Allerdings entwirft Lukas in Apg 2,42–47; 3,6a; 4,32–37 das Idealbild einer egalitären urchristlichen Sozialgemeinschaft. Weist das nicht doch darauf hin, dass die Gemeinschaft im Glauben (auch für Sklavinnen und Sklaven) sozial greifbare Konsequenzen hatte? Die Gütergemeinschaft der Jerusalemer Urgemeinde wird jedoch nach der Erzählung der Apostelgeschichte in anderen Gemeinden nicht verwirklicht.54 Friesen wertet das als Zeichen dafür, dass die egalitäre Gemeindeform für Lukas überholt und nicht erstrebenswert ist. Das zeige der Fortgang der Erzählung: Die gebotenen Zusammenfassungen dieser Praxis [Apg 2,42–45; 4,32–37] sind eher idealisiert als pragmatisch, und der Verfasser schließt die Erörterung dieser Praxis mit einer Geschichte ab, die das utopische Ethos untergräbt: Zwei Heilige – Hananias und Saphira – missbrauchen diese Praxis und werden erschlagen (Apg 5,1–11). Ein zweites Beispiel ist die Fürsorge für die Witwen in den Jerusalemer Versammlungen (Apg 6,1–7), die die subtile Kritik des Autors an gemeinschaftlichem Eigentum steigert. Der Autor zeichnet Beschwerden auf, die innerhalb der Gruppe entstanden und wirtschaftliche Ungleichheit innerhalb der Gruppe auf ethnische oder kulturelle Vetternwirtschaft zurückführten. Wiederum befasst sich der Autor nicht mit den Grundursachen, sondern behandelt die Angelegenheit wie ein Verwaltungsproblem, das durch die Ernennung weiterer Verwalter gelöst werden kann.55

Statt einer egalitären Lebensform präferiere Lukas das Almosengeben und die Barmherzigkeit.56 Dieser Befund fügt sich nahtlos an die bisherigen Beobachtungen zur Darstellung von Sklavinnen und Sklaven: Wiederum geht es um eine bessere Behandlung unter Beibehaltung der sozialen Rollenverteilungen.57 53  Theissen, Wanderradikalismus, 102f. 54  Ähnlich Tuckett, Luke, 100: „The economic set-up of the primitive Jerusalem church is not replicated in other communities founded by the Christian mission; the Christians themselves do not give up all their possessions“. 55  Friesen, Ungerechtigkeit, 283. 56  Ebd., 282f.287. 57  �������������������������������������������������������������������������� Etwas anders urteilen Klauck und Tiwald. Zwar „ersetzt das Konzept vom geschwisterlichen Teilen (50 Prozent des Besitzes [präfiguriert in Lk 3,11; 19,8; dann Apg 9,36; 10,2; 12,12; 20,35b]) den 100-prozentigen Besitzverzicht, der von den ersten Jüngern Jesu noch praktiziert wurde [Lk 5,11.28; 14,33; 21,1–4]“ (Tiwald, Wanderradikalismus, 197). Aber „vielleicht hat Lk auch um die wirkliche Existenz wanderradikaler Missionare zu seiner Zeit gewusst […] In diesem Fall hätte Lk mit seinem jesuanischen Armutsideal nicht nur ein Idealbild der Vergangenheit als Korrektiv für reiche Gemeindemitglieder gezeichnet, sondern sich damit auch bewusst ‚zum Anwalt eines gewissen Pluralismus‘ in der Armutsfrage gemacht. Beide Möglichkeiten, völliger Besitzverzicht und geschwisterlicher Umgang mit dem Reichtum, wären damit vom dritten Evangelisten sanktioniert (Tiwald, Wanderradikalismus, 197f, mit Bezug auf Klauck, Armut, 192). Für die Frage des Umgangs mit Sklaverei ist allerdings festzuhalten, dass der lukanische Jesus anders als in den Fragen des Besitzes – und das ist entscheidend – keine radikalen Maßstäbe setzt.

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Einen letzten Text gilt es in diesem Zusammenhang zu prüfen: Im Magnifikat besingt Maria die Umkehr der Machtverhältnisse: Gott „hat auf die Erniedrigung seiner Sklavin geschaut“ (Lk 1,48). Er „hat Mächtige von den Thronen gestürzt und Erniedrigte erhöht“ (Lk 1,52). Maria besingt in einem revolutionären Lied die Umkehr der Machtverhältnisse. Fordert Lukas damit implizit die Befreiung der Sklavinnen und Sklaven? Wohl kaum. Theißen hat wahrscheinlich gemacht, dass die Rede vom Sturz eines Herrschers durchaus mit der Oberschichtperspektive vereinbar ist, die uns auch sonst bei Lukas begegnet:58 Am ehesten konnte er mit solchen Tönen nach dem Sturz des [sic!] Domitians 96 n. Chr. Resonanz finden, als die römische Aristokratie aufatmete, weil dieser Tyrann ein Ende gefunden hatte. Domitian hatte sich selbst als Gott (als dominus et deus) anreden lassen. Er verfiel der damnatio memoriae. Die Ablehnung der Selbstapotheose von Herrschern und ihr Sturz, den Lk am Beispiel eines jüdischen Klientelfürsten darstellt (Apg 12), konnte damals auch in der Oberschicht mit Zustimmung rechnen.59

In der Selbstbezeichnung der Maria als Sklavin (Lk 1,38.48) zeigt sich ein metaphorischer Gebrauch, der das Sklavendasein positiv besetzt. Der Philipperhymnus (Phil 2,6–11) interpretiert die Menschwerdung Christi positiv als Verzicht auf göttliche Freiheit und als Entscheidung für das Leben eines Sklaven. In dieser Tradition kann die bewusste Übernahme der Sklavenrolle vor Gott (Statusverzicht, Übernahme von dienenden Funk­ tionen) ebenfalls positiv bewertet werden (Lk 1,38.48; Apg 2,18; 4,29; 16,17; vgl. 1Petr 2,16). Im Kontext des Liebespatriarchalismus konnte diese Übernahme von den Freien im Sinne einer Stabilisierung bestehender Verhältnisse genutzt werden. So liefern die Haustafeln im Kolosser- und Epheserbrief (Kol 3,22; Eph 6,5f) eine christologische Begründung für das diensteifrige Erfüllen der Sklavenrolle: Es gilt hier als Christusdienst („wie ihr auch Christus gehorsam seid“). Diese Anweisungen aus der zweiten oder dritten urchristlichen Generation (vgl. 1Tim 6,2 und IgnPol 4,3) spiegeln die Interessen der Freien und legitimieren sie mit dem Glauben an Jesus Christus. „Das Ideal der Aufhebung aller Unterschiede zwischen Sklaven und Freien, Juden und Griechen sowie Mann und Frau, das sich in der von Paulus 58  Lukas richtet sich mit seinem Doppelwerk an „die römische Oberschicht“ (Theissen, Testament, 76). „Er [der Autor des lukanischen Doppelwerks] legt auf das Eindringen des Christentums in gehobene Schichten Wert.“ Theissen, Testament, 79. Diese These wird von den Befunden Friesens gestützt, nach denen die urchristlichen Versammlungen nach der Darstellung der Apostelgeschichte „reicher als das Bild [erscheinen], das man aus den unumstrittenen Briefen des Paulus gewinnen kann. […] Der Autor der Apostelgeschichte [stellt] Paulus nicht einfach als armen Mann dar, sondern als Mann mit den höchsten sozialen Kompetenzen, der einigen der reichsten und mächtigsten römischen Imperialisten Respekt abverlangt.“ Friesen, Ungerechtigkeit, 285.287. 59  Theissen, Testament, 76.

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zitierten Taufformel findet, scheint einfach ignoriert worden zu sein.“60 Das lukanische Doppelwerk fügt sich hier nahtlos ein. Einheit im Glauben brachte letztlich keine egalitären urchristlichen Sozialgemeinschaften hervor. Im Gegenteil: Die positive Konnotierung des Metaphernfeldes „Sklaverei“ im Blick auf Jesus Christus konnten freie Christen und Christinnen dahingehend funktionalisieren, dass die Untergebenheit der (christlichen) Sklavinnen und Sklaven auch christologisch festgeschrieben wurde.

Fazit L. Schottroff kritisiert den Liebespatriarchalismus als „eine besonders wirksame Rechtfertigung der Sklaverei“61. Ich halte ihn – zunächst unabhängig von der Frage seiner hermeneutischen Bewertung – für eine zutreffende Beschreibung urchristlicher Tradierungsprozesse, die durch den Blick auf die Frage, wie das lukanische Doppelwerk von Sklavinnen und Sklaven redet, bestätigt wird: Während die Sklavengleichnisse die gemeinantiken sozialgeschichtlichen Verhältnisse in großer Bandbreite spiegeln, lassen die Schilderungen vom Umgang mit Sklavinnen und Sklaven außerhalb der Gleichnisrede vorsichtig auf einen menschlicheren Umgang mit ihnen bei gleichzeitiger Rollenfortschreibung schließen. Ein Vergleich zwischen der Grausamkeit, die Sklavinnen und Sklaven in den Gleichnissen angedroht wird und widerfährt, mit der relativen Milde und Fürsorge, die ihnen z.B. in der Gemeinde zuteil wird, rechtfertigt durchaus eine positive Bewertung des Liebespatriarchalismus, wie Theißen sie vornimmt. Das darf uns aber nicht den kritischen Blick verstellen – weder auf die Unmenschlichkeit der römischen Sklaverei, die ungebrochen in den Sklavengleichnissen zum Tragen kommt, noch auf die Tatsache, dass die Teilhabe am Glauben für Sklavinnen und Sklaven in der Regel offensichtlich nicht mit einer neuen gesellschaftlichen Rolle einherging. Die Sklaventhematik erhält gegenüber anderen Themen – wie etwa dem Umgang mit Besitz – dadurch besondere Brisanz, dass dem Liebespatriarchalismus an diesem Punkt keine wanderradikale Überlieferung gegenübersteht, die korrigierend wirken könnte. Der lukanische Jesus spricht nicht davon, dass Sklaven befreit oder auch nur besser behandelt werden sollten. Das wanderradikale Ethos hat hier einen blinden Fleck, der sozialgeschichtlich daraus erklärbar ist, dass Sklavinnen und Sklaven sesshafte Verhältnisse voraussetzen. Die Sklavenerzählungen des lukanischen Jesus spiegeln mit einer verstörenden Selbstverständlichkeit 60  Martin, Blick, 268. 61  Schottroff, Gleichnisse, 236.

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Jenseits der Verlorenen – Mitglieder der Gemeinden

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die Abgründe der römischen Sklaverei. Sklavinnen und Sklaven bleiben außen vor – auch und sogar bei der Botschaft des lukanischen Jesus, die sich doch insbesondere an die Verlorenen richtet. Der kritische Blick ist damit eine dringliche Aufgabe heutiger Leserinnen und Leser.

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Affekte in den synoptischen Evangelien Die Bedeutung der literarischen Gattung für die Darstellung von Zorn, Begierde, Furcht/Angst und Neid

Negative Affekte werden im Allgemeinen negativ bewertet – sie haben destruktive Kraft, können unser selbstbestimmtes Leben und unsere zwischenmenschlichen Beziehungen bedrohen, ja zerstören. Sie können eine Person und auch eine Gemeinschaft zugrunde richten. Deshalb, so eine in vielen Variationen in der Antike wiederkehrende, den Diskurs mehrheitlich prägende Mahnung, soll man sich vor den negativen Affekten hüten, ihnen entfliehen: Am besten soll der Mensch sie gar nicht haben. Und doch gehören negative Affekte zu unserer Lebensrealität. Ganz selbstverständlich werden sie vorausgesetzt. Bei der Beschreibung und Deutung von Welt wird natürlich mit ihnen und ihren (oft desaströsen) Effekten gerechnet. Bei Seneca können wir beide Seiten gut beobachten: Der Seneca der philosophischen Schriften zeigt sich vom stoischen Ideal der Affektbeherrschung, ja der Affekteradikation erfüllt – der Dramenschreiber Seneca dagegen schwelgt in (oft negativen) Affekten.1 Das lässt nach der Gattung fragen. Nun hat sich Gerd Theißen schon früh Gattungsfragen zugewandt, als er das Ergänzungsheft zu R. Bultmanns „Geschichte der synoptischen Tradition“ verfasste (und in der Folge weiter überarbeitete)2 und natürlich auch, als er die formgeschichtliche Forschung in seiner Habilitationsschrift zu den Wundergeschichten systematisch und differenzierend weiter voranbrachte.3 1995 hat G. Theißen in einem selbständigen Beitrag zu R. Bultmanns „Geschichte der synoptischen Tradition“ die Weiterentwicklung der formgeschichtlichen Diskussion seit R. Bultmann in dichter, informierter Weise dargestellt.4 Großes Interesse hat er stets auch psychologischen Fragen entgegengebracht – ich verweise nur auf sein 1983 erschienenes Buch „Psychologische Aspekte paulinischer Theologie“5 und auf sein breit angelegtes Werk 1 2 3 4 5

 Vgl. Seneca, Schriften, ders., Tragödien 1, und ders., Tragödien 2.  Bultmann, Ergänzungsheft.  Theissen, Wundergeschichten.  Ders., Erforschung.  Ders., Aspekte.

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„Erleben und Verhalten der ersten Christen“ von 2007.6 Beide Aspekte: Gattungsfragen und Affekte als Teilgebiet der Psychologie sollen im vorliegenden Beitrag zusammengebracht werden. Von (überwiegend negativ gewerteten) Affekten lesen wir in den Evangelien sowohl in paränetischen als auch in narrativen Kontexten. Der synoptische Jesus thematisiert in seiner Lehre (oft an prominenter Stelle) den Umgang mit Affekten. Er wird aber auch in narrativen Kontexten (wie seine JüngerInnen und seine Gegner) als eine Gestalt mit Affekten dargestellt. Das lässt fragen: Wie wird in paränetischen und narrativen Kontexten jeweils von einzelnen Affekten gehandelt?7 Lassen sich Unterschiede zwischen paränetischen und narrativen Kontexten ausmachen?8 Diesen Fragen soll im Folgenden anhand der synoptischen Evangelien9 an den Affekten des Zorns, der Begierde, der Furcht/Angst und des Neids nachgegangen werden.

1. Zorn 1.1 Das sechste Gebot: „Du sollst nicht töten“ mit dem Verweis auf die alttestamentliche Strafe für Mord: „Wer aber tötet, soll dem Gericht verfallen“,10 wird in der ersten „Antithese“ in Mt 5,22 deutlich verschärft: 6  Ders., Erleben. 7 ����������������������������������������������������������������������������  Antikem Sprachgebrauch entsprechend verwende ich in diesem Beitrag den Begriff „Affekt(e)“ und nicht den modernen Begriff „Emotion(en)“. Zur Terminologie vgl. Inselmann, Freude, 14. 8 �������������������������������������������������������������������������������  Obwohl R. Bultmann Apophthegmata (a) und Gleichnisse (b) der Worttradition zugeordnet hat, werden sie im Folgenden gleichwohl aus inhaltlichen Gründen und um die Darstellung nicht zu zerreißen unter „narrativen Kontexten“ behandelt. Apophthegmata (a) laufen zwar auf ein entscheidendes Jesuswort zu, aufgrund ihrer narrativen Struktur könnte man jedoch „versucht sein“, so schreibt schon Bultmann, Tradition, 8, sie „zu den Geschichten zu zählen“ (vgl. Theissen, Erforschung, 433, der betont: „alle Apophthegmen [haben] einen erzählerischen Rahmen“). D. Dormeyer hat die Apophthegmen der Erzählüberlieferung zugeordnet (Dormeyer, Literaturgeschichte, 159–166). Gleichnisse (b) gehören zwar als Worte Jesu in die Worttradition, sind aber in sich wieder kleine Erzählungen. Da sich hinsichtlich der untersuchten Affekte keine Unterschiede im Gebrauch zwischen Texten ergeben haben, die R. Bultmann der Wort- und Erzählungstradition zugeordnet hat, soll im vorliegenden Beitrag nur zwischen Zorn, Begierde, Furcht/Angst und Neid in paränetischen und narrativen Kontexten unterschieden werden. Eine genauere Differenzierung nach Untergattungen kann im vorliegenden Artikel nur ansatzweise geleistet werden. Hier liegt noch eine Aufgabe für die Zukunft. Ebenso was die Unterschiede zwischen den verschiedenen Evangelien anbelangt. 9 �������������������������������������������������������������������������������  Nur gelegentlich kann dabei ein Blick auf das Johannesevangelium geworfen werden. 10  Vgl. Ex 21,12; Lev 24,17 und weiter Num 35,16–18: Auf Mord steht die Todesstrafe. Venetz, Bergpredigt, 62, schlägt deshalb als sinngemäße Übersetzung vor: „Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll vor Gericht gestellt und zum Tod verurteilt werden.“

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Jeder, der seinem Bruder zürnt, soll dem Gericht verfallen. Wer aber zu seinem Bruder sagt: ‚Raka!‘ (ῥακά), soll dem Synhedrium verfallen. Wer aber sagt: ‚Dummkopf‘ (μωρέ), soll der Feuergehenna verfallen.11

Die erste „Antithese“ setzt also Zorn mit Mord gleich. Nicht nur verbale Zornesäußerungen, auch schon der Zorn im Inneren stehen ausnahmslos unter dem verurteilenden Gericht:12 Die ungemeine Radikalität dieser Verschärfung wird schon in der Textüberlieferung greifbar: Dort fügen die meisten Handschriften in das Verbot zu Zürnen ein „ohne Grund“ (εἰκῇ) ein, so dass die Gerichtsdrohung „nur“ dem grundlosen Zorn gilt. Das bedeutet eine Abmilderung der radikalen Aussage. Die textkritisch ursprüngliche Fassung der ersten Antithese verwirft jedoch apodiktisch den Zorn.13 Im Unterschied zu dieser dezidierten Verurteilung des Zorns in Mt 5,22 setzen die beiden Konkretionen in Mt 5,23f.25f vom Zorn geprägte Situationen voraus: Mt 5,23f thematisiert das Verhalten gegen den Bruder, der „etwas gegen dich hat“, d.h. der Angesprochene soll auf den Zorn des anderen (genauer: des Bruders) gegen ihn reagieren und sich mit ihm versöhnen. In Mt 5,25f, wo die Situation als deutlich bedrohlicher gezeichnet ist, geht es um das Verhalten gegenüber einem Widersacher auf dem Weg zum Richter.14 Beide Konkretionen kommen dem erzählenden Modus nahe. Ihnen kommt im Rahmen von Mt 5,21–26 eine argumentativ-begründende Funktion zu. Radikales Ziel ist, wie die übergeordnete „Antithese“ zeigt, die Zornlosigkeit.

1.2 In narrativen Zusammenhängen wird zorniges Verhalten jedoch auch von Jesus, seinen Jüngern und – wenig erstaunlich – auch von seinen Gegnern erzählt.

11  Übersetzt in Anlehnung an Luz, EKK I/1, 334. In seiner Rede gegen Pharisäer und Schriftgelehrte dagegen tituliert der matthäische Jesus in einem Weheruf die Schriftgelehrten und Pharisäer als „Dummköpfe (μωροί) und Blinde“ (Mt 23,17) – verwendet also das Schimpfwort μωρός, das nach der ersten Antithese in die Feuergehenna führt. Eine Spannung zu Mt 5,22 scheint Matthäus nicht empfunden zu haben – weil die innertextuellen Adressaten der Rede, die Pharisäer und Schriftgelehrten, nicht zu den „Brüdern“ zählten? So Luz, EKK I/3, 328 Anm. 64. 12  Eine climax ascendens ist hier nicht anzunehmen: Ein wesentlicher Bedeutungsunterschied zwischen „Raka“ und „More“ (Hohlkopf, Dummkopf) lässt sich nicht ausmachen, die beiden Begriffe werden später promiscue gebraucht (Gnilka, Matthäusevangelium, 155 mit Anm. 22), die Nennung der Feuergehenna am Ende von Mt 5,22 ist als Verweis auf das göttliche Gericht zu verstehen, das über allen drei angesprochenen Fällen aufscheint (vgl. von Gemünden, Zorn, 176). 13  So auch Theissen, Aggression, 35. 14  Vgl. von Gemünden, Zorn, 177ff.

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Von Jesu Zorn ist explizit im westlichen Text von Mk 1,41, in Mk 3,5 und Mk 10,14, implizit in Mk 11,12ff.15ff die Rede.15 Textkritisch unsicher ist das ὀργισθείς bzw. iratus in der Therapie in Mk 1,40–45. Nach dem Codex Bezae Cantabrigiensis (D 05), sowie nach a ff2 rl* wird Jesus als Reaktion auf die Bitte des Aussätzigen, ihn rein zu machen, zornig: „… voll Zorn streckte er seine Hand aus, berührte (ihn) und sagte ihm: Ich will, sei rein!“16 Diese Lesart ist nur im westlichen Text und damit schwach bezeugt, aber lectio difficilior gegenüber dem σπλαγχισθείς: „… er hatte Mitleid“ kann besser als erleichternde Korrektur des anstößigen ὀργισθείς interpretiert werden als umgekehrt ὀργισθείς als Korrektur von σπλαγχισθείς.17 Zudem passt ὀργισθείς zu ἐμβριμησάμενος18 in Mk 1,43: „… und er schnaubte ihn an“19 und wird darüber hinaus von den Seitenreferenten nicht übernommen, was am besten einleuchtet, wenn Matthäus und Lukas ὀργισθείς in Markus 1,41 gelesen hätten.20 Die altkirchliche Bezeugung21 kann für beide Lesarten angeführt werden und ermöglicht folglich keine eindeutige Entscheidung. Aufgrund innerer Kriterien ist ὀργισθείς als ursprüngliche Lesart gleichwohl nicht unwahrscheinlich.22 Dazu passt auch das ἐκβάλλω in Mk 1, das gewöhnlich in Zusammenhang mit aggressiven Taten begegnet.23 Umstritten ist, wie ὀργισθείς an dieser Stelle zu verstehen ist:24 Bezeichnet es die pneumatische Erregung des Wundertäters?25 Oder Jesu 15  Vgl. weiter Mk 9,19.23. 16  Gnilka, Evangelium, 89, vgl. Lohmeyer, Evangelium, 44. 17  Zimmermann, Methodenlehre, 68; Pesch, HThK II/1, 141, Cranfield, Mark, 92; Kazen, Jesus, 100 Anm. 52 und 103, anders: Trocmé, Saint Marc, 59: „[…] que des copistes habitués aux assauts des mendiants aient attribué au Maître […] de la colère.“ 18  ἐμβριμησάμενος hat in der LXX die Bedeutung „to be angry“ (Rawlinson, Gospel, 21). Zum Zusammenhang zwischen Zorn und Nase vgl. Schroer/Staubli, Emotionswelten, 46, und dies., Körpersymbolik, 105f. 19  Zimmermann, Methodenlehre, 69; Pesch, HThK II/1, 141 Anm. c; ders., Taten, 53. Diese Feststellung kann man aber auch umgekehrt als Argument für den sekundären Charakter von ὀργισθείς werten: ἐμβριμησάμενος evozierte die Lesart ὀργισθείς, so erwägend: Metzger, Commentary, 77. 20  Zimmermann, Methodenlehre, 69; Ehrman, Leper, 123–126. Weitere Argumente für ὀργισθείς als ursprüngliche Lesart bietet Pesch, Taten, 56. 21  Nach dem Kommentar von Ephraem dem Syrer zu Tatians Diatessaron 12,22 (letzteres ist im 2. Jh. zu datieren, ist also älter als die uns bekannten Markushandschriften zur Stelle) wurde Jesus zornig, die syrischen Übersetzungen dagegen lesen offensichtlich σπλαγχνισθείς. 22  Für ὀργισθείς als ursprüngliche Lesart sprechen sich u.a. aus: Pesch, HThK II/1, Zimmermann, Methodenlehre, 68f; Vaganay, Marc, 247ff, und auch Ehrman, Leper. Dagegen: Williams, Examination. 23  Ehrman, Leper, 133f. 24  Zum Folgenden vgl. genauer mit weiteren Verweisen: Pesch, Taten, 64f; Cranfield, Mark, 92. 25  Dafür könnte die kontextuelle und semantische Nähe von ὀργισθείς (Mk 1,41) zu ἐμβριμησάμενος (Mk 1,43) sprechen, vgl. Pesch, Taten, 66, ähnlich: Bonner, Traces, 171–181,

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Affekte in den synoptischen Evangelien

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Zorn? Wenn letzteres zutrifft, wie ist dann sein Zorn motiviert? Wurde Jesus zornig angesichts des (impliziten) Zweifels des Aussätzigen, ob er ihn heilen werde?26 Oder angesichts der „Schrecklichkeit der Krankheitsnot“,27 oder angesichts der Macht der Sünde28 oder des Bösen29 bzw. des Satans, der Gottes Kreatur entstellt?30 Oder wurde er zornig, weil der Aussätzige sich ihm entgegen der Reinheitsbestimmungen der Tora (Lev 13,44f) genähert hat?31 Weil er Jesus durch seine Annäherung „unangenehmen Bedingungen ausgesetzt“ und seine „Ich-Identität“ bedroht hat?32 Im narrativen Kontext eines Normenwunders stößt Jesus auf eine Mauer des Schweigens, als er seine Gegner am Sabbat angesichts des Menschen mit der dürren Hand fragt, ob es am Sabbat erlaubt sei, Gutes zu tun oder Böses zu tun, Leben zu retten oder zu töten (Mk 3,4). Auf das Schweigen seiner Gegner33 reagiert Jesus nonverbal: „… er sah sie an voll Zorn (μετ’ ὀργῆς) und Trauer (συλλυπούμενος) über ihr verstocktes Herz“ (Mk 3,5)34 und heilt den Kranken. Trauer(n) kann im paganen Griechisch und auch in der Septuaginta eng mit Zorn konnotiert werden, die Begriffe λύπη/λυπεῖν können sogar einen zornigen Affekt ausdrücken,35 eine Konnotation, die dem deutschen Wort „Trauer(n)“ fernliegt, auch wenn wir darum wissen (aber offensichtlich sprachlich nicht so stark ins Bewusstsein heben), dass Trauer voll Zorn und Aggression sein kann. Der Zorn und die Trauer Jesu auf der einen und das verstockte Herz seiner Gegner auf der anderen Seite markieren auf der Ebene des Markusevangeliums einen scharfen Gegensatz, der, wie Marder jedoch (180f) ὀργισθείς in D (05) als Rückübersetzung von iratus deutet, das selbst ungenaue Übersetzung von ἐμβριμησάμενος sei, das ursprünglich im westlichen Text von Mk 1,41 gestanden habe. Belege für die semantische Nähe von ὀργισθείς und ἐμβριμησάμενος bei Pesch, Taten, 66. 26  Das legt Ephraem der Syrer im Diatessaronkommentar 12,22 nahe: „Denn, dass du dazu (sc. mich rein [zu] machen) in der Lage bist, weiß ich; ob du es aber auch tun willst, davon bin ich nicht überzeugt […] er (sc. Christus) erzürnte über das Wort: „Wenn du es willst […]“ (Übers. Lange, FC 54/2, 388f). 27  Schweizer, Evangelium, 27. 28  Best, Temptation, 106f („leprosy was sometimes a punishment for sin“). 29  Schnackenburg, Evangelium, 58. 30  Cranfield, Mark, 92. G. Theißen warnt unter Verweis auf Joh 11,33 davor, dem ἐμβριμησάμενος in Mk 1,43 (und damit implizit auch Mk 1,41) einen exorzistischen Charakter zuzuweisen, vgl. Theissen, Wundergeschichten, 95. 31  Rawlinson, Gospel, 21f; Burkill, Revelation, 39; Vaganay, Marc, 41.251. Zum Problem der Ansteckung durch Aussätzige und dem Versuch, sich davor zu schützen, vgl. Kazen, Jesus, 107–116. 32  So Kazen, Emotionen, 293. 33  Das „sie“ von Mk 3,2 verweist auf Mk 2 zurück. Folglich sind hier wie dort die (Schriftgelehrten der) Pharisäer und die Anhänger der herodianischen Herrschaft vorzustellen, die zu Lebzeiten Jesu sicher keine einheitliche Gegnerfront gegen Jesus gebildet haben, vgl. Ebner, Markusevangelium, 38f. 34  Zorn und Trauer Jesu fehlen bei Matthäus und Lukas. 35  Von Gemünden, Affekt, 19; Bultmann, λύπη, 314.

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kus schon in 3,6 andeutet, Jesu Tod zur Folge haben wird. Die Erwähnung von Jesu Zorn und seine Trauer in der Erzählung thematisiert bei Markus nicht „nur“ Jesu Gefühlsregungen,36 sondern spiegelt darüber hinaus die tiefe kognitive Ablehnung37 des von Jesus verkündeten Evangeliums von der Gottesherrschaft (Mk 1,14f), das in Jesu Worten und Taten zum Ausdruck kommt und zu Spaltungen führt (Mk 4,11f). Auch hier in Mk 3,5 ist – wie im westlichen Text von Mk 1,41 – im narrativen Kontext ganz selbstverständlich von Jesu Zorn die Rede. Zorn – wenn auch in gegenüber ὀργή/ὀργίζεσθαι schwächerer Form – drückt auch ἀγανακτέω aus. Unwillig (ἀγανακτέω) wird Jesus nach Mk 10,1438 explizit auf die Jünger: Er zürnt ihnen, weil sie diejenigen anherrschen, die Kinder zu ihm bringen, dass er sie berühre – die Kinder sind aber nach Jesu Überzeugung anzunehmen wie die βασιλεία τοῦ θεοῦ. Die Erzählung von Jesu Zürnen hat die Funktion, direkt auf das zentrale Logion Mk 10,14f innerhalb des Apophthegmas überzuleiten.39 Implizit wird von ausgeprägtem Zorn Jesu bei der Verfluchung des Feigenbaums (Mk 11,12–14/Mt 21,18f) und Jesu Tempelaktion (Mk 11,15–19 par; Joh 2,14ff) erzählt.40 Die beiden Perikopen zeichnen das Bild eines aggressiven Jesus. Er verflucht einen Feigenbaum, der keine Feigen trägt – „es war“, so heißt es erstaunlicherweise, „nämlich nicht Zeit der Feigen“ (Mk 11,14).41 Das Eintreffen des Fluchs wird in Mk 11,20f nach Jesu Tempelaktion konstatiert: Der Feigenbaum ist von den Wurzeln an verdorrt. Die Zeichenhandlung Jesu zielt in Mk 11 am ehesten auf Herrschaftskreise, die eng mit dem Tempel verbunden sind:42 Mk 11,18 spricht von Hohenpriestern und Schriftgelehrten.43 Jesu eifernder Zorn bestimmt nach Mk 11,15f par deutlich seine Aktion auf dem Tempelareal. Er begann dort, so erzählen Markus, Matthäus und z.T. auch Lukas, die Verkäufer und Käufer zu vertreiben, die 36  So richtig Schnackenburg, Evangelium, 77. 37  Das Herz ist nicht nur Sitz der Affekte, es ist auch Sitz der Kognition, vgl. Behm, καρδία, 614f. 38  Das ἠγανάκτησεν wird von den Seitenreferenten gemieden. Zum Begriff vgl. noch Mt 21,15; 26,8; Mt 20,24. Die Rede von Jesu Zorn in Mk 1,41 (cf. D 05 a ff2 rl*); Mk 3,5 und Mk 10,14 wird also von Matthäus und Lukas jeweils nicht übernommen. 39 Von Bultmann, Tradition, 59, wird Mk 10,13–16 als ideales Apophthegma eingeordnet. 40  Mk 11,15ff ist ein Apophthegma. Jedoch liegt hier im Unterschied zum typischen Stil der Apophthegmata das Schwergewicht auf der Handlung (und damit der Erzählung), „der gegenüber das Wort eine Erläuterung ist“ (Bultmann, Tradition, 36). 41  Hier dürfte die „Sachebene“ auf die Bildebene eingewirkt haben: Die „Früchte“ (bezeichnenderweise ist nicht von „Feigen“ die Rede) stehen für gute Taten, die natürlich nicht nur saisonal erwartet werden (vgl. bEr 54a), von Gemünden, Verfluchung, 41f. 42  Vgl. genauer: ebd., 47–49. 43 ��������������������������������������������������������������������������������  Nur manche Exegeten vermuten hinter der Verfluchungsgeschichte ein (echtes) Jesuslogion, vgl. dazu: ebd., 39 mit Anm. 3.

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Tische der Geldwechsler und die Sitze der Taubenhändler umzustoßen44 und verhinderte nach Mk 11,16 zudem den Transport von Geräten durch das Heiligtum. Markus interpretiert Jesu Verhalten in Mk 11,1745 mit Verweis auf Jes 56,7.46 Im Johannesevangelium (Joh 2,14ff) ist Jesu Verhalten noch aggressiver als in den Synoptikern gezeichnet: Jesus macht sich eine Peitsche (bzw. Geißel) aus Stricken, vertreibt damit die Tiere47 und schüttet auch noch das Geld der Wechsler aus (Joh 2,15). Weiter stößt er nicht einfach die Sitze der Taubenhändler um,48 sondern herrscht sie an, ihre Sachen fort zu tragen und erklärt: „Macht nicht meines Vaters Haus zum Kaufhaus“.49 Das interpretierende Psalmzitat in Joh 2,17b50 motiviert Jesu Verhalten mit dessen ζῆλος.51 ἀγανακτέω ist auch von den Jüngern und Gegnern Jesu ausgesagt: Die zehn Jünger reagieren nach Mk 10,41/Mt 20,24 „unwillig“ auf die Zebedaiden Jakobus und Johannes, die Jesus gebeten hatten, zur Rechten und zur Linken Jesu in dessen Herrlichkeit sitzen zu dürfen. Die Reaktion der Jünger leitet über zu einer Gemeinderegel und hat die Funktion, Redenstoff in den Erzählstoff zu integrieren.52 Auch angesichts der Salbung Jesu mit kostbarem Salböl durch eine Frau wurden einige Jünger (Mk 14,4) bzw. die Jünger (Mt 26,8)53 unwillig (ἀγανακτέω) (und sagten) zueinander: „Wozu diese Verschwendung?“ Die Jünger machten also „ihrem Unwillen“ (gegen die Frau) „einander gegenüber Luft“.54 Dadurch treiben sie die Szene auf das korrigierend-klarstellende Wort Jesu zu. Das biographische Apophthegma wird durch Mk 14,8f zur biographischen Legende.55 44  Bei Lukas fehlen die Geldwechsler; Johannes erwähnt zusätzlich auch Verkäufer von Ochsen und Schafen. 45  Mk 11,17 ist der markinischen Redaktion zuzuschreiben, vgl. schon: Bultmann, Tradition, 36. Zur Stelle vgl. auch: Theissen, Tempelprophetie, 188. 46 ����������������������������������������������������������������������������������  „Steht nicht geschrieben: ‚Mein Haus wird ein Haus des Gebets für alle Völker genannt werden‘? Ihr aber habt es zu einer Räuberhöhle gemacht.“ Bei Johannes fehlt dieser Verweis auf Jer 7,11. 47  Das πάντας bezieht sich nach Thyen, Johannesevangelium, 173, nicht auf Menschen. 48  So Mk 11,15/Mt 21,12. 49  Vgl. Stegemann, Tempelreinigung, 508. 50  Ps 69,10: „Der Eifer um dein Haus wird mich fressen“. 51  ὁ ζῆλος τοῦ οἴκου σου καταφάγεταί με. Zum „Eifer“ für die Reinheit des Heiligtums, vgl. Hengel, Zeloten, bes. 214ff. 52  Vgl. Bultmann, Tradition, 357. 53  Nicht in Joh 12,1–8 und Lk 7,36–50. 54  Aland/Aland, Wörterbuch, 7. 55  Bultmann, Tradition, 283. „Unwillig“ reagieren die Gegner Jesu – die Hohenpriester und Schriftgelehrten: Sie sind zornig auf seine Heilungswunder an Blinden und Lahmen und auf seine Admiration durch die „Kinder“ (Mt 21,15f). Letztere sind wohl identisch mit den νήπιοι (vgl. Mt 11,25–27), die ein Identifikationsangebot für die matthäischen LeserInnen darstellen, vgl. Luz, EKK I/3, 188.

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Auch in Gleichnissen, die zwar der Wortüberlieferung angehören, in sich aber kleine Erzählungen sind, werden Zornesreaktionen ganz selbst­ verständlich erzählt: So reagiert der Hausherr (οἰκοδεσπότης) nach Lk 14,21 zornig auf die Absagen der Eingeladenen zum großen Festmahl in der gleichnamigen Parabel.56 In der Variante Mt 22,2ff wurde der König auf die Zurückweisung seiner Einladung zum Hochzeitsmahl seines Sohnes und der Aggression gegenüber den einladenden Knechten zornig (Mt 22,7).57 Die zornige Einladung von „Ersatzgästen“ von der Straße (Mt 22,9; Lk 14,21) bzw. von den „Wegen und Zäunen“ der Stadt (Lk 14,23) zeigt sich von einer schweren Kränkung bestimmt:58 Für die zuerst Eingeladenen soll definitiv kein Platz mehr sein. Nach dem der matthäischen Redaktion zuzuschreibenden Vers Mt 22,7b führt der Zorn des Königs sogar – alle Maße sprengend – zu Krieg und Zerstörung: „Er schickte seine Heere aus, vernichtete jene Mörder und verbrannte ihre Stadt.“ Hier spielt Matthäus auf den Fall Jerusalems an.59 In der Parabel vom verlorenen Sohn wird der ältere Bruder zornig (ὠργίσθη), als er von dem Fest für seinen zurückgekommenen jüngeren Bruder erfährt (Lk 15,28). Er will nicht zum Fest gehen60 und klagt, dass der Vater ihm, der ihm viele Jahre diente und nie sein Gebot übertreten habe, nie (nur) einen Ziegenbock geschenkt habe, damit er mit seinen Freunden feiern könne. Der ältere Sohn, der über Lk 15,1f auf die Pharisäer und Schriftgelehrten hin transparent ist, fühlt sich ungerecht behandelt und ist neidisch.61 Seinem Zorn wird die Reaktionsalternative der Fröhlichkeit (εὐφροσύνη) und Freude (χαρά) durch den Vater argumentativ entgegengestellt.62 Die erste Antithese verurteilt den Zorn in paränetischem Kontext also radikal durch seine Gleichsetzung mit Mord. Trotz dieser Normverschärfung lesen wir in narrativen Zusammenhängen Zornesaussagen, sowohl von Jesus selbst als auch (in der schwächeren Form des ἀγανακτέω) von dessen Jün56  ὀργισθεὶς ὁ οἰκοδεσπότης. 57  Matthäus akzentuiert den Zornesausbruch des Königs durch das finite ὠργίσθη: ὁ δὲ βασιλεὺς ὠργίσθη. Im Thomasevangelium (EvThom 64) wird kein Zornausbruch des Gastgebers erwähnt, was wegen des gnostischen Vorstellungshintergrunds verständlich ist, vgl. Vögtle, Gäste, 19 mit Anm. 17. 58  Zur Zornesreaktion als Ausdruck einer Kränkung vgl. Schottroff, Schwierigkeit, 595. Schon dass der Hausherr in Lk 14 sozial Marginalisierte einlädt, fällt auf: Es „geht über das hinaus, was die Leser auf Grund ihrer kulturellen Enzyklopädie erwarten können.“ (Wolter, Lukasevangelium, 512). Bei Matthäus handelt es sich um mehr als eine Kränkung: Die aggressive Behandlung der Knechte durch einige der Eingeladenen (Mt 22,6) kommt einer Rebellion gegen den König gleich (Vögtle, Gäste, 51). 59  Vögtle, Gäste, 53f mit Anm. 72. 60  Vgl. das οὐκ ἤθελον ἐλθεῖν der Eingeladenen in der Parabel Mt 22,3. 61  Zur paraphrasierenden Darstellung des Neides vgl. Inselmann, Affektdarstellung. 62  Lk 15,24.32. Freude ist hier als empathische Mitfreude zu verstehen, „sie ist das Gegenteil von zorniger Eifersucht“ (ebd., 283).

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gern.63 Der Unwille der Jünger steht (als schwächere Form des Zorns) im Zusammenhang mit einem falschen Verständnis und daraus folgendem falschen Verhalten, das in der narratio thematisiert und korrigiert wird (Mk 10,41ff par; Mk 14,3f). Mit der Figur der Jünger werden (auch) Gemeindeprobleme angesprochen und bearbeitet. Dabei kommt dem ἀγανακτέω der Jünger die Funktion zu, unterschiedliche Positionen und daraus resultierende Spannungen anzuzeigen und zu einem klärenden Wort Jesu hinzuführen.64 Kommen wir zu den Zornesaussagen in Bezug auf Jesus: Sie finden sich (a) im Rahmen eines Apophthegmas (Mk 10,14) und drücken dort Jesu Unwillen (ἀγανακτέω) gegen das Verhalten der Jünger aus, welche diejenigen anherrschen, die Kinder zu Jesus bringen (Mk 10,14). Hier kommt dem ἀγανακτέω – wie bei dem ἀγανακτέω der Jünger in Mk 10,41ff par; Mk 14,3f – die Funktion zu, auf das zentrale Jesuslogion überzuleiten. Zornesaussagen finden sich weiter (b) explizit in Wundergeschichten: in einer Therapie (Mk 1,40ff), einem Normenwunder (Mk 3,1ff) und (implizit) in der Passionsgeschichte in einem Strafwunder (Mk 11,12ff par), weiter (c) in der Zeichenhandlung der Tempelaktion (Mk 11,15ff par). Jesu Zorn gegen den Aussätzigen in Mk 1,41 (D [05] a ff2 r1*) wirft das größte Verständnisproblem auf: Dieser Zorn ist hier nicht eindeutig zu erklären – vielleicht ist er darin motiviert, dass sich Jesus durch die Annäherung des Aussätzigen bedroht sah und diese unangenehme Situation offensiv durch dessen Heilung wendete. In Mk 3,1ff und Mk 11 richtet sich Jesu Zorn gegen seine Gegner – gegen „Schriftgelehrte der Pharisäer und Anhänger des Herodes“ (Mk 3,6), gegen den Tempel bzw. gegen Herrschaftskreise, die eng mit dem Tempel verbunden sind. Die Erzählung von Jesu Zorn bzw. seinem zornigen Verhalten hat jeweils die Funktion, einen Dissens zwischen Jesus und (anderen) jüdischen Repräsentanten deutlich zu machen und Jesu Weg in die Passion vorzubereiten. Durch diese Abgrenzung betont die christliche Bezugsgruppe dieser Texte ihre eigene Identität. Die Erzählung von der Tempelaktion hat weiter sicher eine Zeichenhandlung des historischen Jesus zum Hintergrund.65 Anders als in der ersten Antithese gefordert, wird Jesus also hier im narrativen Kontext als zornig gezeichnet. Ist das darin begründet, dass Jesus auf redaktioneller Ebene schon mehr auf Gottes als auf menschlicher Seite eingeordnet wird? Die Berechtigung von Gottes Zorn wird ja auch im Neuen Testament nicht weiter bestritten. Gleichwohl wissen die Evangelien, selbst das Johannesevangelium, zwischen Jesus und Gott zu unterscheiden, deshalb 63  In Bezug auf Jesu Gegner (Mt 21,15f, vgl. auch die Reaktion des – auf die Pharisäer und Schriftgelehrten hin transparenten – älteren Sohnes in der Parabel vom verlorenen Sohn in Lk 15) verwundern Zornesaussagen ja nicht weiter. 64  Mk 10,42f; Mk 14,6ff. 65  Theissen/Merz, Jesus, 407; Mödritzer, Stigma, 146ff.

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scheint es ratsam, mit einer solchen Erklärung zurückhaltend zu sein, auch wenn das ζῆλος-Motiv in Joh 2,17 an die aggressive jüdische ζῆλος-Tradition und ihre positive Konnotation denken lässt. Schließlich lesen wir vom Zorn des Hausherrn in der Parabel in Lk 14,15ff und in dessen Variante in Mt 22,2ff vom Zorn des Königs, dessen aggressives Verhalten erzählerisch auch weiter konkretisiert wird. Auch hier kann man fragen, ob der Zorn des Protagonisten hier deshalb als selbstverständlich und legitim erscheint, weil hinter dem Protagonisten Gott (bzw. ein Vertreter Gottes) steht. Ersteres erscheint für Matthäus naheliegend, etwas schwieriger zu beurteilen ist Lk 14,15ff. Auf jeden Fall werden Zorn und zorniges Verhalten im narrativen Kontext durchaus erzählt und nicht notwendigerweise negativ bewertet.

2. Begierde 2.1 Die zweite „Antithese“ warnt vor dem begehrlichen Blick. Das sechste Gebot, das den Ehebruch verbietet (Ex 20,14 LXX/Dtn 5,18 LXX),66 wird in Mt 5,28 deutlich verschärft: Ihr habt gehört, dass gesagt ist: ‚Du sollst nicht ehebrechen (οὐ μοιχεύσεις).‘ Ich aber sage euch: Jeder, der eine Frau ansieht, um sie zu begehren (πρὸς τὸ ἐπιθυμῆσαι αὐτὴν), hat schon die Ehe in seinem Herzen mit ihr gebrochen (Mt 5,27f).67

Der begehrliche Blick wird hier mit aktiv vollzogenem Ehebruch gleichgesetzt. Die Formulierung zeigt sich von Ex 20,17 LXX („du sollst nicht begehren [οὐκ ἐπιθυμήσεις] die Frau deines Nächsten“) beeinflusst und verurteilt schon das innere Begehren,68 das in Mt 5,28 in dem matthäischen „in seinem Herzen“ ausgedrückt wird.69 Die Radikalität dieser Gebotsverschärfung bedeutet faktisch eine Überforderung des Menschen, wie G. Theißen betont hat: „Erotisches Angesprochensein durch eine Frau stellt sich unwillkürlich ein – auch ohne Kontrolle durch unser Ich. Insofern wären alle Män66  In der Septuaginta ist das Verbot des Ehebruchs (Ex 20,13 LXX; Dtn 5,17 LXX) – anders als im MT – dem Verbot des Tötens (Ex 20,15 LXX; Dtn 5,18 LXX) vorgeordnet. 67  Alternativ kann man Mt 5,28 auch übersetzen: „Jeder, der eine Frau mit Begierde ansieht …“, vgl. H.-J. Venetz, Bergpredigt, 67. Mt 5,27f ist bei Lukas nicht überliefert. 68  So schon Ex 20,17 LXX im Unterschied zum masoretischen ḥamad, das ein aktives „Nehmen und Ansichreißen“ impliziert, vgl. von Rad, Mose, 43, und ihm folgend Gnilka, Matthäusevangelium, 161. 69  Das ἐν τῇ καρδία ist sehr wahrscheinlich der matthäischen Redaktion zuzurechnen.

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ner (und wohl auch alle Menschen) Ehebrecher.“70 Die Radikalität der Verschärfung unterstreicht weiter das Logion von der Verführung in Mt 5,29f, das mittels Stichwortverbindung („ansehen“ – „Auge“) mit der zweiten Antithese verbunden ist: Wenn dich dein rechtes Auge verführt, reiß es aus und wirf es von dir … Und wenn dich deine rechte Hand verführt, hau sie ab und wirf sie von dir…71

Die drastisch-hyperbolische Formulierung72 hat die Funktion, Aufmerksamkeit zu evozieren. Mit dem „Auge“ und der „Hand“ rekurriert sie auf die „am höchsten gewerteten Glieder des menschlichen Leibes“.73 Trotz deren ungemeiner Bedeutung soll man sich vom Auge bzw. der Hand trennen, wenn sie einen zur Sünde verführen. Es ist besser, „dass eines deiner Glieder zugrunde geht und nicht dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird“ bzw. „in die Hölle fährt“ (Mt 5,29.30). Die Radikalität der (Schuld-)Feststellung in Mt 5,2774 wird also in keiner Weise abgemildert, sondern durch den Zusatz des Doppelbildworts vom Auge und von der Hand noch betont.

70  Theissen, Frauen, 101, ganz ähnlich Venetz, Bergpredigt, 67f. Die Verbindung von Begehren – Blick (bzw. Gedanke) und Ehebruch findet sich auch sonst in der Antike, bes. in hellenistisch-jüdischer Tradition, vgl. TestIss 7,2, weitere Belege bei Luz, EKK I/1, 351f; Talbert, Sermon on the Mount, 75f. 71  Mt 5,29f haben Parallelen in Mk 9,43.45.47/Mt 18,8f (dort jeweils in einem Kontext, der vom Ärgernis handelt). Mt 5,29f ist als Zusatz zu werten, wobei der Spruch über das Auge aufgrund des Stichworts βλέπων in Mt 5,28 an erster Stelle zu stehen kommt. Möglicherweise stammen die Sprüche aus Q oder QMt, so Luz, EKK I/1, 347 mit Anm. 5. 72  Eine reale Deutung ist zwar möglich – im Ersten Testament und jüdischen Schriften ist das Ausstechen von Augen und das Abhacken von Händen durchaus belegt, letzteres bisweilen im Zusammenhang mit sexuellen Vergehen (vgl. Davies/Allison, Matthew I, 524; Luz, EKK I/1, 354) – aber doch unwahrscheinlich: „Jesus and the NT writers knew well enough that amputation would scarcely curb the passions since the problem is not with the body itself but, as Paul put it, with ‚sin that dwells in me‘ (Rom 7.17, 20; cf. Sextus, Sent. 12–13)“ Davies/ Allison, Matthew I, 524, und schon Ephraem der Syrer, Kommentar zum Diatessaron 6,7: „Wie nämlich hätte unser Herr anordnen können, die Glieder des Körpers abzutrennen, wenn der Körper durch ihr Abtrennen Schaden nähme und die Neigung zum Bösen nicht mit dem abgetrennten Körperglied ausgelöscht würde? Denn es ist nicht der Sinn der Sache, dass die guten Glieder, die die Gottheit geschaffen hat, abgeschnitten werden, sondern die schlechten Gedanken, die der (freie) Wille schafft“ (Übers. Lange, FC 54/1, 248). Nach Weder, Rede der Reden, 116, spricht für das symbolische Verständnis von Mt 5,29f, dass „es Jesus ja keineswegs um eine gesetzliche Regelung des Ehebruchs ging.“ 73  Wiefel, Matthäus, 110. 74  Das Verbot des Ehebruchs wird – wie das Verbot des Tötens in der ersten Antithese – nicht als Imperativ, sondern als „Schuldfeststellung“ formuliert, vgl. Theissen/Merz, Jesus, 323.

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2.2 Im narrativem Kontext wird Jesus dagegen in seinem Verhalten gegenüber „Sündern“ deutlich weniger rigoros dargestellt: In der Erzählung von der „großen Sünderin“ in Lk 7,36–50 lässt Jesus eine Frau ganz nah an sich heran, wobei der gastgebende Pharisäer der Erzählung bei sich denkt: „Wäre dieser wirklich ein Prophet, wüsste er, wer und was sie für eine Frau ist, die ihn anfasst; sie ist nämlich eine Sünderin“ (Lk 7,39).75 Zum Entsetzen seiner Umgebung lässt Jesus zu, dass diese bei Lukas namenlose Frau seine Füße mit ihren Tränen wäscht, mit ihrem Haar trocknet, sie küsst und salbt (Lk 7,38) – alles Handlungen, die wegen ihrer hohen erotischen Konnotation76 als erotische Akte (miss)verstanden werden können.77 Häufig wird die Frau als Prostituierte78 oder Hetäre79 interpretiert, die Formulierung des Lukas ist jedoch offener: Er qualifiziert die Frau als ἁμαρτωλός, der Jesus nach Lk 7,48 „ihre Sünden“ vergibt. Die Charakterisierung der γυνή als Sünderin passt z.B. auch für eine Frau mit vorehelichen oder außerehelichen „unerlaubte[n] Beziehungen zu anderen Männern als ihrem rechtmäßigen Gatten“,80 ja, sie kann noch allgemeiner gefasst werden.81 Jesus verurteilt sie nicht, sondern spricht ihr die Vergebung ihrer vielen Sünden zu, da sie „viel geliebt“ habe.82 Jesus stößt die Sünderin also nicht von sich. Im Gegenteil: Er kontrastiert ihr Verhalten mit dem des gastgebenden Pharisäers (Lk 7,44– 46), spricht ihr explizit die Vergebung ihrer Sünden zu (Lk 7,48), dann entlässt er sie mit den Worten: „Dein Glaube hat dich gerettet! Gehe hin in Frieden!“ (Lk 7,50). Auch in der Erzählung von der Ehebrecherin, die – auf frischer Tat ertappt – gesteinigt werden soll (Joh 7,53–8,11), verurteilt Jesus die Frau nicht, indem er ihre Steinigung fordert. Vielmehr sagt er denen, die von ihm eine Entscheidung im Sinne von Lev 20,10 und Dtn 22,22–24 fordern: „Wer un75  Übers. Wolter, Lukasevangelium, 289. 76  Vgl. von Bendemann, Liebe, 168–171; Melzer-Keller, Frauen, 220f; Wagener, Ordnung, 195 mit Anm. 152. 77  Auch das Alabastergefäß mit dem Duftöl wird gern hier eingeordnet (vgl. von Bendemann, Liebe, 169; Melzer-Keller, Frauen, 221), obwohl in der markinischen und johanneischen Salbungserzählung (in Mk 14,3) ebenfalls von einem Alabastergefäß und (in Joh 12,3) von einer kostbaren Nardensalbe die Rede ist. Die Handlungen der Frau können jeweils auch nicht-erotisch interpretiert werden. 78  So z.B. Theissen/Merz, Jesus, 205; von Bendemann, Liebe, 167. 79  Melzer-Keller, Frauen, 220ff: Hetäre oder eine gutsituierte Frau der upper class, deren Leben „sich nicht von dem einer Hetäre unterschied“ (227). 80  So Zahn, Lucas, 320f; Oberlinner, Begegnungen, 270 mit Anm. 67. 81  Reid, Choosing, bes. 115ff, und dies., Woman, bes. 42ff, weist darauf hin, dass die Frau auch wegen einer Krankheit, einer Behinderung oder ihres berufsbedingt häufigen Kontakts zu Heiden (z.B. als Geburtshelferin oder/und Färberin) als Sünderin gelten konnte, vgl. auch Oberlinner, Begegnungen, 270. Vgl. noch weiter unten. 82  So Lk 7,47a. Die Aussage steht in Spannung zu Lk 7,41ff.47b, wo die Liebe als Folge erlassener Schulden erscheint, vgl. dazu Wolter, Lukasevangelium, 296.

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ter euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein!“ Und als daraufhin einer nach dem anderen weggeht, ohne die Frau zu verurteilen, und Jesus mit der Frau allein zurückbleibt, sagt er zu ihr: „Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr“ (Joh 8,11). Die Verschärfung des Ehebruchverbots in der zweiten Antithese vom begehrlichen Blick steht in Spannung zu den Erzählungen in Lk 7,36–50 und Joh 7,53–8,11, die von einer Normentschärfung zeugen. Die zweite Antithese mit ihrer verschärften Sexualmoral hat eindeutig Männer im Blick („… wer eine Frau ansieht, sie zu begehren …“), die „toleranteren“ Perikopen von der „großen Sünderin“ in Lk 7,36–50 und der Ehebrecherin in Joh 7,53–8,11 erzählen dagegen von Frauen. Gerd Theißen schließt aus dieser Beobachtung: Die rigoristischen Gebote wenden sich an Männer. […] Von ihnen fordert Jesus eine größere Kontrolle der Sexualität. Die Überlieferungen mit sexualtoleranter Einstellung beziehen sich dagegen auf Frauen. Sie werden durch Jesus geschützt und gegenüber ihrer Umwelt verteidigt. […] Denn es wird auch damals so gewesen sein wie heute: Männliche Sexualität hat Kontrolle nötiger als weibliche Sexualität.83

Daneben könnte hier im Kontext der Evangelien nach unserer Meinung noch ein weiterer Faktor zum Tragen kommen: die Gattung. Vielleicht ist es kein Zufall, dass die ethische Verschärfung, ja Schuldfeststellung, in paränetischem Kontext erfolgt, die Normentschärfung jedoch im Kontext einer Erzählung. Betrachtet man den weiteren Kompositionszusammenhang, so scheint Lukas mit seiner allgemeinen Qualifizierung der Frau als „Sünderin“ über das weibliche Geschlecht hinauszuweisen und alle Menschen im Blick zu haben. Die sehr allgemeine Qualifizierung der Frau als „Sünderin“ in Lk 7,36–50 hat Lukas sicher gezielt gesetzt: Die Erzählung in Lk 7,36–50 stellt nämlich den Abschluss eines narrativen Zusammenhangs dar, der mit Lk 5,1ff einsetzt, wo Simon Petrus bekennt: ἀνὴρ ἁμαρτωλός εἰμι, κύριε (Lk 5,8). Das Stichwort ἁμαρτωλός ist im lukanischen Kontext also sowohl auf einen Mann als auch auf eine Frau bezogen und damit auf beide Geschlechter. Die allgemeine Bezeichnung der Frau als ἁμαρτωλός in Lk 7 verwehrt es folglich sowohl der Leserin als auch dem Leser, sich in Distanz zu ihr zu situieren, denn „wer kann schon von sich behaupten, er/sie sei kein Sünder, keine Sünderin?“84

83  Theissen, Frauen, 103. Anders von Bendemann, Liebe, 181 Anm. 73, der vom historischen Jesus her argumentiert: Aufgrund der synoptischen Tradition bezweifelt von Bendemann unter Verweis auf Mt 5,28f, dass sich der „historische Jesus […] primär als ‚Freund‘ und Anwalt der Dirnen besonders engagiert habe.“ 84  Oberlinner, Begegnungen, 277.

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3. Furcht/Angst 3.1 Die Mahnung, sich nicht vor irdischen Verfolgern zu fürchten (φοβέομαι), findet sich in Mt 10,28–31/Lk 12,4–7. Begründet wird sie damit, dass Menschen ja nur den Leib töten können (Mt 10,28/Lk 12,4), nicht aber (so nur Mt 10,28b) die Seele.85 Nicht Menschen sind also zu fürchten, sondern allein Gott, denn Gott kann Leib und Seele verderben in der Gehenna (Mt 10,28). Lukas betont die Gottesfurcht besonders durch die Einleitung und den Schluss von Lk 12,5:86 „Ich will euch aber zeigen, wen ihr fürchten sollt (τίνα φοβηθῆτε): Fürchtet (φοβήθητε) den, der nach dem Töten die Macht hat, in die Hölle zu werfen. Ja, ich sage euch, den fürchtet (τοῦτον φοβήθητε)!“ (Lk 12,5). In der Mahnung, nicht Menschen, sondern allein Gott zu fürchten, wird die alt- und zwischentestamentliche Unterscheidung zwischen negativ konnotierter Furcht vor Menschen87 und positiv konnotierter Gottesfurcht aufgegriffen:88 Gottesfurcht ist legitim, ja geboten, Furcht vor Menschen dagegen nicht – und handelte es sich gar um grausame Verfolger. Die Mahnung steht in der Tradition frühjüdischer Martyriumsparänese (2Hen 92–104; 2Makk; 4Makk).89 Begründet wird das Mahnwort durch zwei Exempla, die ebenfalls in der Martyriumsparänese ihren Ort haben und Gottes umfassende 85  Lukas meidet hier und im Folgenden offensichtlich die Rede von der „Seele“ (ψυχή), da Lukas, so Bovon, das Wort „nicht in semitischem Sinn von ‚Leben‘ auffasst, sondern in christlichem von ‚Seele‘, das heißt im Sinne einer geschöpflichen Existenz, die über unser leibliches Leben hinausgeht.“ (Bovon, Lukas, 255). 86  Er lässt wieder die Rede von der Seele aus, vgl. dazu Schulz, Spruchquelle, 160. 87  Ausgenommen sind hier biblische Figuren, die in einem besonders engen Verhältnis zu Gott stehen, wie z.B. Mose (Ex 34,40) oder Josua (Jos 4,14; 12,8), vgl. Wanke, φόβος, 197. 88  Vgl. nur Jes 8,11–13; Mundle, Furcht, 673–675. 89  Nach 4Makk 13,13–15 bestärken sich die sieben Brüder angesichts ihres Entschlusses zur Gesetzestreue und damit zum Martyrium mit den Worten: „Wir wollen uns selbst von ganzem Herzen dem Gott weihen, der uns die Seelen (τὰς ψυχάς) gab … Fürchten wir den nicht, der sich einbildet, er könne töten (μὴ φοβηθῶμεν τὸν δοκοῦντα ἀποκτέννειν). Denen, die das Gesetz übertreten, steht ein gewaltiger und gefährlicher Seelenkampf in der ewigen Qual hervor.“ In 2Makk 6,30 spricht der sterbende Eleasar: „Dem Herrn, der die heilige Erkenntnis hat, ist bekannt, daß ich, der ich dem Tode hätte entgehen können, harte körperliche Pein (κατὰ τὸ σῶμα) unter der Geißel ertrage, sie jedoch aus Gottesfurcht (διὰ τὸν αὐτοῦ φόβον) in meiner Seele (κατὰ ψυχήν) gerne erdulde“ (Übers. Habicht, Makkabäerbuch, 232), vgl. auch 4Makk 9,7. Hier wird die Gottesfurcht explizit thematisiert. Da Eleasar als „Beispiel des Edelmuts (ὑπόδειγμα γενναιότητος)“ und „denkwürdiges Zeichen von Mannestugend (μνημόσυνον ἀρετῆς)“ gezeichnet ist (2Makk 6,31; vgl. 2Makk 6,27f), ist natürlich von seiner Furcht vor dem König nicht die Rede. Vgl. auch Zeller, Mahnsprüche, 96–100. Den Gedanken, dass der Herrscher einen Menschen zwar töten kann, aber auch nicht mehr, finden wir auch im philosophischen Kontext, vgl. das auf Platon, Apol 18 (30c–d) basierende Wort: „Anytos und Meletos können mich zwar töten, doch schaden können sie mir nicht“ (Plutarch, mor 475e; Epiktet Diss. I 29,18; II 2,15; u.ö.) – und wird von dort auch im jüdischen und christlichen Kontext aufgegriffen, vgl. Baumeister, Anytos.

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Macht und Fürsorge demonstrieren:90 Er kümmert sich sogar um Spatzen91 und hat die Haare auf dem Kopf der Menschen alle gezählt (Mt 10,29f/Lk 4,6f). Mittels eines Schlusses a minore ad maius wird den Adressaten schließlich deutlich gemacht, dass sie sich nicht zu fürchten brauchen – sind sie doch so viel mehr wert als Spatzen. Dadurch wird die klare Mahnung, sich nicht vor Verfolgern zu fürchten, getragen und ihr Ermöglichungsgrund aufgezeigt. Der Leitaffekt der „Furcht“ bestimmt das Logion.92 Die Mahnung: μὴ φοβεῖσθε bzw. μὴ φοβηθῆτε93 – einmal ist der durative bzw. iterative Aspekt betont, einmal der punktuelle Aspekt94 – unterstreicht: Vor menschlichen Verfolgern ist Furcht ganz und gar nicht angemessen. Soweit im Logienkontext.

3.2 Im Erzählzusammenhang wird jedoch selbst Jesus von den Synoptikern nicht als frei von Angst vor Verhaftung und Tod gezeichnet. In der Getsemaneerzählung (Mk 14,32–42 par) lesen wir: Jesus fing an „zu zittern und sich zu ängstigen (ἐκθαμβεῖσθαι καὶ ἀδημονεῖν)“95 und sprach unter Rekurs auf Ps 41,6.12; 42,5 LXX: „Meine Seele ist zu Tode traurig (περίλυπός ἐστιν ἡ ψυχή μου ἕως θανάτου)“ (Mk 14,33f). Hier und in der weiteren Erzählung fungiert Jesus für seine AnhängerInnen dann u.a. als Modell der Angstbewältigung im Wachen und in vertrauensvoller Hinwendung zu Gott: „Abba, mein Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir: doch nicht was ich will, sondern was du willst!“ (Mk 14,36). In seiner Ausrichtung auf den Willen Gottes im Gebet bewältigt Jesus die Angst und fungiert gleichzeitig als positives Gegenmodell zu den Jüngern, die schlafend der Realität entfliehen und 90  Wolter, Lukasevangelium, 443, sieht hier den komplementären Affekt der „Hoffnung (spes)“ zum „rhetorischen Leitaffekt der Furcht (metus) mobilisiert“ (vgl. Lausberg, Handbuch, §§ 229.437). 91  Nach Mt 10,29 wird kein Spatz ohne den Willen „eures Vaters“ auf die Erde fallen. Lukas dagegen betont, dass Gott keinen einzigen Spatzen vergessen wird und benutzt hier das theologisch gefüllte „nicht vergessen“, das schon im Alten Testament Gottes heilvolle Fürsorge bezeichnet (Wolter, Lukasevangelium, 443). 92  Matthäus und Lukas haben das Logion Lk 12,4–7/Mt 10,28–31 in Q vorgefunden. Es ist (bis auf Lk 12,7a/Mt 10,30a) wahrscheinlich ursprünglicher bei Matthäus erhalten, vgl. Schulz, Spruchquelle, 159*; Luz, EKK I/2, 122f; Schlosser, Logion, 224. 93  Matthäus bietet in 10,28.31 drei Mal den Imperativ Präsens (μὴ) φοβεῖσθε, Lukas nur in Lk 12,7b. In Lk 12,4f bietet Lukas zwei Mal den Aorist Konjunktiv μὴ φοβηθῆτε, (einen prohibitiven Konjunktiv), zwei Mal den Imperativ φοβήθητε. Lk 12,4 lesen P45 und die Minuskel 700 (μὴ) πτοηθῆτε (lasst euch nicht erschrecken). 94  Bovon, Lukas, 255 Anm. 59. 95  Nach Mt 26,37 fing Jesus an, „traurig zu werden und sich zu ängstigen (λυπεῖσθαι καὶ ἀδημονεῖν).“ Zum antiken Verständnis von ἀδημονέω (Mk 14,33/Mt 26,37) vgl. Ps 61,3 und Luz, EKK I/4, 134 Anm. 22. In Joh 12,27 lesen wir: „Jetzt ist meine Seele erschüttert (τετάρακται)“.

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sich der zwischenmenschlichen Kommunikation und der solidarischen Gemeinschaft entziehen.96 Auch Jesu Entschluss, bewusst seiner Inhaftierung entgegenzugehen (Mk 14,41f), zeugt von der Möglichkeit der Angstbewältigung durch aktives, selbstbestimmtes Handeln.97 Trotz aller Unterschiede artikuliert Jesus auch im Johannesevangelium betend seine Angst unter Rekurs auf die Sprache der Psalmen. Er formuliert seine Angst mit den Worten von Ps 6,4f: ἡ ψυχή μου τετάρακται. Anders als in Mk 14,36 bittet der johanneische Jesus Gott jedoch nicht darum, „diesen Kelch“ von ihm zu nehmen, sondern – ganz im Sinne johanneischer Christologie: „verherrliche deinen Namen!“ (Joh 12,28).98 In Joh 14,31 überwindet er seine Angst, indem er aktiv der gefürchteten Situation entgegengeht (Joh 14,31).99 Nicht nur Jesus, erst recht seine Jünger hatten Angst. Sie schrecken vor dem Weg ins Leiden zurück. Nach der zweiten Leidensweissagung erzählt Markus, dass sich die Jünger fürchteten, Jesus zu fragen (Mk 9,32), und vor der dritten Leidensweissagung, dass die, die Jesus nachfolgten, sich fürchteten (ἐφοβοῦντο, Mk 10,32).100 Und im Zusammenhang der Erzählung von der Verhaftung Jesu lesen wir die Notiz, dass ihn alle Jünger verließen und flohen (Mk 14,50; Mt 26,56).101 Markus erzählt darüber hinaus noch die aufregen­de Episode von dem jungen Mann, der – mit einem Leinentuch bekleidet – Jesus folgte, ergriffen wurde und sich nur retten konnte, indem er

96  Vgl. Theissen, Furcht, 136. 97  Vgl. ebd., 136; von Gemünden, Angst, 296f mit Anm. 91. 98  Jesu Passion und Tod sind ja im Johannesevangelium engstens mit der Vorstellung der Verherrlichung verbunden. 99  Vgl. dazu von Gemünden, Angst, 296f mit Anm. 90f. 100  Weder ἐφοβοῦντο noch das voraufgehende ἐθαμβοῦντο werden von Matthäus und Lukas übernommen. 101  In der Erzählung von der Stillung des Sturms mag auf redaktioneller Ebene auch die Angst vor Bedrohungen und Verfolgungen der Gemeinde bearbeitet sein. Die Furcht der Jünger wird in Mk 4,40 als fehlender Glaube, in Mt 8,26 als Kleinglaube getadelt. Die Furcht in Mk 4,41 kann dagegen als „Reaktion auf die Epiphanie Gottes in Jesu Handeln“ gewertet werden (so Dschulnigg, Markusevangelium, 150). Bei zweiter, vertiefter Lektüre im größeren markinischen Kontext scheinen jedoch nicht nur Mk 4,40, sondern auch Mk 4,41 negativ konnotiert (Fritzen, Gott, 287): Das der Furcht entgegengesetzte Gottvertrauen, das in der Figur des schlafenden Jesus vor Augen gestellt wird, ist bei der ersten Lektüre zunächst einmal als Vertrauen in Gottes Rettung aus dem Sturm zu verstehen. Bei weiterer Lektüre des Markusevangeliums wird jedoch immer deutlicher: Jesus wird zugrunde gehen (ἀπόλλυμι Mk 11,18, vgl. schon Mk 3,6) – sein Geschick ist das, wovor sich die Jünger in der Sturmstillungserzählung fürchten: διδάσκαλε, οὐ μέλει σοι ὅτι ἀπολλύμεθα. Nachfolge Jesu, so betont Mk 8,35, impliziert die Möglichkeit, sein Leben zu verlieren: „Jüngersein heißt Jesus auch im Scheitern und in den Tod folgen“ (Klauck, Allegorie, 347). Daher erschließt sich der LeserIn des Markusevangeliums ein tieferes Verständnis des Gottvertrauens: Es ist die „Bereitschaft, unterzugehen bzw. umzukommen und von Gott nicht vor dem Tod, sondern durch den Tod hindurch gerettet zu werden“ (Fritzen, Gott, 286).

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das Leinentuch hinter sich ließ und nackt floh (Mk 14,51f).102 Auch er, so legt die Darstellung nahe, hatte Angst und suchte sich seiner Ergreifung zu entziehen. Petrus, so lesen wir anschließend weiter in der Passionserzählung, folgte zwar Jesus „von weitem“ in den Hof des Hohenpriesters (Mk 14,54 par) Doch als er angesprochen wird, zieht er sich vom Hof in den Vorhof zurück. Im Gegensatz zu seiner Beteuerung beim letzten Mahl (Mk 14,29ff) verleugnet er Jesus dreifach, das dritte Mal flucht und schwört er sogar, Jesus nicht zu kennen (Mk 14,71/Mt 26,74).103 Auch das zeugt von der Angst des Jüngers um sein Leben.104 Sein Verrat wird Petrus erst mit dem zweiten Hahnenschrei und der Erinnerung an Jesu Vorhersage bewusst. Mit Weinen (κλαίειν) reagiert er darauf (Mk 14,72 par). Bei Jesu Kreuzigung fehlen die Jünger, Mk 15,40f erzählt jedoch von Frauen, „die von Ferne zuschauten.“105 Die Abwesenheit der Jünger und auch die räumliche Distanz der Frauen106 war wohl durch die Angst motiviert, selbst verhaftet zu werden. Zwar haben die Frauen nach dem Markusevangelium länger als die Männer in Jesu Nähe ausgeharrt.107 Am Ende des Markusevangeliums zeigen aber auch sie eine massive Angstreaktion: Fliehend verlassen sie das offene Grab und sagen – im Gegensatz zum Auftrag, den sie durch den „jungen Mann“ (Mk 16,5) erhalten haben – niemandem etwas: „Sie fürchteten sich nämlich“.108 Die Furcht, von der hier die Rede ist, 102 ��������������������������������������������������������������������������������  Die Identität des jungen Mannes wird nicht deutlich. Auch bleibt bei Markus unklar, ob es sich um einen Anhänger Jesu handelt oder gar um einen Jünger aus dem engeren Jüngerkreis. Wahrscheinlich handelt es sich um eine „Schutzanonymität“, die den jungen Mann (und die Gemeinde) vor Gefährdung bewahren sollte, vgl. Theissen, Lokalkolorit, 198. 103  Ebner, Markusevangelium, 155, überlegt, ob sich im Petrusverhör von Mk 14,68– 71 Christenverhöre spiegeln, da „Petrus nicht nur leugnet, Jesus zu kennen, sondern“ – auffälligerweise – „sogar einen Fluch auf Jesus (?) ausspricht.“ Das entspricht Plinius, Ep X 96,5. 104  Sein (Bei-)Name Πέτρος – der Fels – erweist sich als Ironie und erinnert an die Menschen in der Deutung des Gleichnisses vom vierfachen Acker, bei denen das Wort auf felsigen (πετρώδης) Boden gesät ist: Sie nehmen das Wort mit Freuden auf, doch bei Bedrängnis und Verfolgung kommen sie zu Fall (Mk 4,16), vgl. Fritzen, Gott, 178. Ganz anders ist Πέτρος in Mt 16,18 konnotiert. 105  In den Seitenreferenten kommt es zu einer „Vermehrung“: Nach Mt 27,55 waren viele Frauen dort, nach Lk 23,49 „standen alle, die ihm bekannt waren, weit entfernt, auch die Frauen, die ihn von Galiläa her begleitet hatten.“ 106  Wer unter dem Kreuz emotionale Reaktionen wie Klagen und Weinen zeigt, machte sich schnell verdächtig, ein dem Verurteilten Nahestehender zu sein und dessen aufrührerische Überzeugung(en) zu teilen und zu unterstützen. Folglich lief er bzw. sie Gefahr, selbst ergriffen und hingerichtet zu werden, vgl. Tacitus, ann. VI 19,3; Philo, Flacc 72; Josephus, Bell II 252f und Ebner, Jesus, 210. 107  Das hat evtl. darin seinen Grund, dass „Frauen weniger Gefahr [liefen], von den Römern als Mitverschwörer betrachtet zu werden“ (Merz, Genderforschung). 108  ἐφοβοῦντο γάρ ist von Lukas nicht übernommen. Matthäus bietet in 28,8 „mit Furcht und großer Freude (μετὰ φόβου καὶ χαρᾶς μεγάλης)“ – „eine für das matthäische Jüngerbild kennzeichnende Ambivalenz von Gefühlen“, die Matthäus nicht positiv, sondern als

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kann – gerade im Hinblick auf das τρόμος καὶ ἔκστασις in Mk 16,8a – als numinose Furcht (also als Reaktion auf die Erfahrung des tremendum) verstanden werden.109 Im markinischen Zusammenhang begründet das „denn sie fürchteten sich“ jedoch eher ein Versagen der Frauen:110 Sie fliehen wie die Jünger und der nackt fliehende νεανίσκος.111 Hatten sie auch Angst vor den gefährlichen Konsequenzen der Botschaft, die sie übermitteln sollten und die wohl nicht bei den Jüngern stehenbleiben würde und dann gegen sie „zurückschlagen“ könnte? Sollte es den Gegnern Jesu nicht Angst machen, wenn die Botschaft sich verbreitet, dass es ihnen nicht gelungen ist, Jesus und seinen Einfluss tot zu kriegen?112 Numinose Furcht und das Versagen der Frauen müssen sich in Mk 16 nicht ausschließen:113 „Die Angst verschließt den Frauen den Mund.“114 Im Vergleich zu Jesus dringen dessen Jünger und zuletzt auch dessen Jüngerinnen bei Markus nur partiell zu einer Angstbewältigung vor und versagen schließlich. Die Jünger und (da nach Ostern!) noch mehr die Jüngerinnen115 halten den Leserinnen und Lesern einen Spiegel vor:116 Letztere sollen in diesen versagenden Figuren ihre Fluchten, ihr Schweigen und ihre Furcht erkennen.117 Kleinglaube wertet, vgl. Luz, EKK I/4, 406 mit Anm. 69. εἶχεν γὰρ αὐτὰς τρόμος καὶ ἔκστασις (Mk 16,8) fehlt sowohl bei Matthäus als auch bei Lukas. 109  So Pesch, HThK II/2, 535f; Lane, Mark, 590; Collins, Mark, 799f; dagegen spricht sich aus: Tagawa, Miracles, 112f Anm. 5. 110  Danove, Characterization, 390ff; Fritzen, Gott, 124. 111  Ist in Mk 16,8 die numinose Furcht einer älteren Form der Erzählung erhalten geblieben und erscheint diese nun durch den markinischen Einschub von Mk 16,7 negativ als „Ungehorsam“ und damit als Versagen der Frauen (Klostermann, Markusevangelium, 172)? Oder handelt es sich um eine bewusste Gestaltung des Markus, worauf das Motiv der Flucht (Mk 14,50.52) wie auch die das Markusevangelium durchziehende „promise – failure juxtaposition“ (so Lincoln, Promise, 295 und passim) hinweisen? 112 ������������������������������������������������������������������������������  Zwar reagieren die Frauen im Matthäusevangelium – anders als im Markusevangelium – ambivalent, doch zeugt die Erzählung von der Einsetzung und Bestechung der Grabwächter in Mt 27,62ff; Mt 28,11ff von der Furcht der Hohenpriester (und Pharisäer), also der lokalen Elite, dass der Glaube an die Auferstehung Jesu beim Volk Anhänger finden, ja sich durchsetzen könnte (vgl. Luz, EKK I/4, 393.422). Furcht könnte auch hinter der Reaktion des Herodes in Mk 6,16 stehen: Als er hörte, dass die Leute sagten „Johannes der Täufer ist von den Toten auferstanden“ (Mk 16,14), sagte er nach Mk 6,16: „Es ist Johannes, den ich enthauptet habe, der ist auferstanden.“ 113  So auch Eckey, Markusevangelium, 405. 114  Ebd., 405. Hier können sich Gemeindeerfahrungen niederschlagen, vgl. die Rede von „Bedrängnis und Verfolgung um des Wortes willen“ (Mk 4,17) sowie Mk 13,9ff (bes. Mk 13,19). 115  Letztere sind durch die Stellung am Ende des Evangeliums besonders betont und durch die Stellung innerhalb der erzählten Welt: Die Jüngerinnen versagen sogar nach Ostern. Sie schweigen selbst noch in einer Zeit, in der das Neue angebrochen und das Reden geboten ist (Mk 9,9). 116  Fritzen, Gott, 129. 117  Vgl. Ebd., 129: „Auch in ihr [sc. der nachösterlichen Gemeinde] scheint die Verkündigung der Botschaft mit Furcht (oder allgemeiner großen Schwierigkeiten) verbunden ge-

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Die dezidierte Mahnung in Mt 10,28–31 par, sich nicht vor irdischen Verfolgern zu fürchten, steht also in Spannung zur Erzählung von Jesu Angst vor Verhaftung und Tod in der Getsemaneerzählung und der Angst der Jünger und Jüngerinnen Jesu: Die Angst lässt die Jünger fliehen und Jesus verleugnen und lässt die flüchtenden Jüngerinnen schweigen, obwohl sie den Auftrag haben zu reden. Auf narrativer Ebene wird den LeserInnen des (Markus-)Evangeliums in den Figuren der JüngerInnen ein Spiegel vorgehalten, der ihnen ihr evasives, verleugnendes oder die Auferstehungsbotschaft verschweigendes Verhalten bewusst machen soll. Auch in der Figur Jesu können sie sich wieder finden, wobei Jesus als überwindendes Modell fungiert, das konkret zeigt, wie man die Angst vor irdischen Verfolgern überwinden kann. Wird in der Getsemaneerzählung die Artikulation der Angst im Gebet und die aktive Ausrichtung auf den Willen Gottes vor Augen gestellt, so verweist Mt 10,28–31 par auf den Richter.

4. Neid 4.1 Der Neid erscheint im paränetischen Kontext – im Lasterkatalog von Mk 7,21f – als „böses Auge“ (ὀφθαλμὸς πονηρός).118 Wie zwölf andere Laster wesen zu sein, so dass Flucht und Schweigen als die größten Gefahren für die christliche Existenz wahrgenommen werden“, vgl. auch Paulsen, Mk XVI 1–8, 171f. Auch die Gegner Jesu verspüren Angst (Mk 11,18 [das ἐφοβοῦντο fehlt in den Seitenreferenten]; Mk 11,32 par). Die Hohenpriester und Schriftgelehrten wollen Jesus vernichten (Mk 11,18). Auf die Tempelaktion Jesu reagieren sie ausgesprochen aversiv: Sie suchen Jesus zu verderben (vgl. Mk 3,6), denn sie fürchten sich vor ihm, da er mit seiner Lehre die Volksmassen begeistert, vgl. Mk 11,32 (implizit); Mt 21,26 (explizit) und Mk 12,12 (implizit), Lk 20,19 (explizit), sowie Pesch, HThK II/2, 199; Eckey, Markusevangelium, 291. Die Erwähnung der Furcht der Hohenpriester und Schriftgelehrten „erklärt“ nicht nur ihr hasserfülltes Vorgehen gegen Jesus – sie zeigt auch: Im Grunde sind diese Mächtigen schwach wie auch die Furcht des Pilatus „vor den Juden“ in Joh 19,8 zeigen mag (zu letzterer vgl. von Gemünden, Angst, 292 Anm. 67). Ähnliches gilt für die Zeichnung des Herodes, der nach Mt 14,5 Johannes den Täufer nur deshalb nicht tötet, weil er das Volk fürchtete. Anders jedoch in Mk 6,19f, wo Herodes Johannes den Täufer töten will, Herodes aber Johannes fürchtet, da er „wusste, dass er ein frommer und heiliger Mann war.“ Vgl. weiter Mt 21,26. 118  In dem sehr viel kürzeren Lasterkatalog Mt 15,19 fehlt ὀφθαλμὸς πονηρός. Lukas bietet keinen entsprechenden Lasterkatalog. Zur engen Assoziation des „bösen Auges“ mit dem Neid in der Antike vgl. Walcot, Envy, 77–90; Dunbabin/Dickie, Invidia, 10ff; Rakoczy, Böser Blick; Malina, World, 120ff. Zum Begriff ὀφθαλμὸς πονηρός vgl. nur Sir 14,10: „Das böse Auge (ὀφθαλμὸς πονηρός) (ist) neidisch (φθονερός) auf Brot …“, Sir 31(34),13: „erinnere dich, dass ein boshaftes Auge ein Übel ist (ὅτι κακὸν ὀφθαλμὸς πονηρός)“, Sir 14,8: „Böse (πονηρός) (ist) der, der mit dem Auge neidet (βασκαίνων ὀφθαλμῷ)“ und die verbale Formulierung in Dtn 15,9: „Habe acht auf dich, … dass dein Auge nicht schlecht handelt (πονηρεύσηται ὁ ὀφταλμός σου)“. Hinter der Rede vom „bösen Auge“ steht die Vorstellung vom „bösen Blick“

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auch, kommt das „böse Auge“ von innen, aus dem Herzen der Menschen heraus, und verunreinigt ihn.119 Der Ausdruck ὀφθαλμὸς πονηρός begegnet auch in dem Logion Mt 6,22f/Lk 11,34–36,120 das eine ethische Ausrichtung hat:121 Mt 6,22f

Ὁ λύχνος τοῦ σώματός ἐστιν ὁ ὀφθαλμός. ἐὰν οὖν ᾖ ὁ ὀφθαλμός σου ἁπλοῦς, ὅλον τὸ σῶμά σου φωτεινὸν ἔσται· 23 ἐὰν δὲ ὁ ὀφθαλμός σου πονηρὸς ᾖ, ὅλον τὸ σῶμά σου σκοτεινὸν ἔσται. εἰ οὖν τὸ φῶς τὸ ἐν σοὶ σκότος ἐστιν, τὸ σκότος πόσον. 22

Lk 11,34ff

Ὁ λύχνος τοῦ σώματός ἐστιν ὁ ὀφθαλμός σου. ὅταν ὁ ὀφθαλμός σου ἁπλοῦς ᾖ, καὶ ὅλον τὸ σῶμά σου φωτεινόν ἐστιν· ἐπὰν δὲ πονηρὸς ᾖ, καὶ τὸ σῶμά σου σκοτεινόν. 35 σκόπει οὖν μὴ τὸ φῶς τὸ ἐν σοὶ σκότος ἐστίν. 36 εἰ οὖν τὸ σῶμά σου ὅλον φωτεινόν, μὴ ἔχον μέρος τι σκοτεινόν, ἔσται φωτεινὸν ὅλον ὡς ὅταν ὁ λύχνος τῇ ἀστραπῇ φωτίζῃ σε. 34

Das „lautere, neidlose Auge“ (ὀφθαλμὸς ἁπλοῦς)122 steht dem „bösen Auge“ (ὀφθαλμὸς πονηρός) gegenüber. Ersteres erfüllt den Leib mit Licht, letzteres mit Finsternis. Die Oppositionen ὀφθαλμὸς … ἁπλοῦς – ὀφθαλμὸς πονηρός, φωτεινόν – σκοτεινόν bestimmen in ihrem strikten Entweder – Oder (ohne irgendein „Dazwischen“) die Paränese. Sie „verlangt“ eine „innere Freiheit gegenüber [… dem] Neid“123 – verurteilt also klar diesen Affekt.

(s.u.). Der Begriff φθόνος begegnet explizit in den Lasterkatalogen der Briefliteratur, vgl. Röm 1,29; Gal 5,21; 1Tim 6,4; Tit 3,3; 1Petr 2,1, sowie Phil 1,15. 119  Im Unterschied zur verbreiteten mesopotamischen und griechischen Vorstellung eines Dämons des bösen Blicks bzw. des Neids (βάσκανος δαίμων), der einen Menschen befällt, wird hier wie auch sonst im Neuen Testament der böse Blick dem Menschen selbst zugeschrieben. Der Fokus liegt auf der Möglichkeit des eigenen bösen Blicks, nicht auf dem bösen Blick, den andere auf uns werfen (können), vgl. Elliott, Jesus, 165. 120  Es geht auf die Logienquelle zurück. Bei Lukas ist das Wort deutlich erweitert, vgl. Bultmann, Tradition, 91. 121  Das Logion ist bei Matthäus und Lukas in verschiedene Kontexte eingebunden, vgl. Elliott, Parable, 55. 122  In TestIss 3,4 stehen ἁπλότης ὀφθαλμῶν im Gegenüber zu Neid und Verleumdung. Zur Bedeutung von ἁπλοῦς vgl. Luz, EKK I/1, 466f mit Anm. 32, und detaillierter: Elliott, Parable, 68–80; Edlund, Auge, 51–78. Im klassischen Hebräisch ist das schöne bzw. gute Auge ebenfalls ethisch konnotiert, vgl. Turan, Parallel, 87 mit Anm. 21. 123  Theissen, Aggression, 32.

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4.2 In der Parabel von den Arbeitern im Weinberg, die zwar der Wortüberlieferung zuzurechnen, in sich aber auch eine kleine Erzählung ist, sagt der Gutsherr zu einem der unzufrieden schimpfenden Arbeiter: „… ich tue dir nicht unrecht! Hast du nicht einen Denar mit mir vereinbart? … Darf ich etwa nicht mit meinem Besitz tun, was ich will? Oder ist dein Auge böse (ὁ ὀφθαλμὸς σου πονηρός ἐστιν), weil ich gut bin?“ (Mt 20,13–15). Im Hintergrund steht die in der Antike verbreitete magische Vorstellung des „bösen Blicks“. Sie ist auch sonst im biblischen und jüdischen Kontext nachzuweisen.124 Der Gutsherr des Gleichnisses rekurriert auf diese Vorstellung und setzt sie bei dem Unzufriedenen als selbstverständlich voraus. Rhetorischfragend hält er sie diesem vor. Aufgrund der Opposition „gut“ und „böse“ gewinnt seine Frage ihre Schlagkraft: „… ist dein Auge böse, weil ich gut bin?“125 Mit diesem offenen Schluss endet rhetorisch effektiv das Gleichnis126 und wendet die Frage nicht nur gegen den Sprecher der Arbeiter der ersten Stunde, sondern auch gegen diese Angestellten selbst und im matthäischen Kontext wohl auch an die Jünger, die sich eine Sonderbehandlung (Mt 20,21: Ehrenplätze) wünschen.127 Über diese hinaus wendet der offene Schluss die Frage an die HörerInnen bzw. LeserInnen der Parabel. Im erzählenden Kontext wird hier also das „böse Auge“, d.h. der Neid, als naheliegender Grund der Unzufriedenheit betrachtet und kritisch bewusst gemacht. In der Passionsgeschichte, in Mk 15,10/Mt 27,18,128 lesen wir schließlich den Erzählerkommentar, dass Pilatus erkannt hätte, dass die Hohenpriester (und Ältesten, Mt 27,18) Jesus „aus Neid (διὰ φθόνον)“ ausgeliefert hatten.129 Das „singuläre Neidmotiv“ (so J. Ernst)130 ist zwar vom Begriff her nur hier zu finden, A.C. Hagedorn und J.H. Neyrey haben jedoch gezeigt, dass sich im Markusevangelium die Komponenten der „Anatomie des Neides“ ausmachen lassen.131 Die kleine Bemerkung über den Neid in Mk 15,10 vergleichen sie mit dem Fund eines Knochens durch Forscher: When researchers find a bone, they know that it implies a complete skeleton, […] Moreover, skeletons belong to animals who live in specific social environments, have certain 124  Elliott, Parable, 55f; ders., Evil Eye, 62ff; Milobenski, Neid; Walcot, Envy, passim, vgl. Philo, Flacc 29. 125  Schenke, Interpretation, 263, paraphrasiert die Frage so: „Ist es möglich, daß meine Güte gegen die Kurzarbeiter ‚dein Auge böse‘ macht, so dass du Güte nicht mehr als solche erleben und bejahen kannst, sondern sie als etwas Unrechtes, Böses ansiehst?“ 126  Mt 20,16 bietet eine (sekundäre) Anwendung der Parabel. 127  Avemarie, Jedem das Seine, 468. 128  Lukas übergeht die Bemerkung, im Johannesevangelium fehlt sie ebenso. 129  Zur negativen Wertung des Neides vgl. Sap 2,24; TestSim 3f; Philo, SpecLeg III 3; Spicq, Lexique 1576–1578. 130  Ernst, Markus, 456. 131  Hagedorn/Neyrey, Envy.

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kinds of locomotion, eat a particular diet, behave in predictable social ways, and so forth. One bone invites reconstruction not only of a skeleton, but of a social world. Similarly, the presence of „envy“ in Mk 15.10 signals that it is an important bone which implies a skeleton of elements or, as [sc. the anthropologist] Foster has called it, an „anatomy of envy“.132

Ein Knochen – die kleine Bemerkung bezüglich des Neides – verweist nach ihrer Meinung auf ein ganzes Skelett sozialer Werte und Interaktionen, nach denen es zu suchen gilt.133 Angeregt durch G.M. Fosters Verständnis des Neides als einer Form symbolischen Verhaltens fragen sie nach dessen Verständnis in antiken Quellen unter Berücksichtigung seiner Einbettung in das antike Wertesystem und in die die Gesellschaft bestimmenden komplexen sozialen Bezüge.134 Davon ausgehend stellen sie im Blick auf das Markusevangelium fest, dass dort bis auf Mk 15,10 zwar nicht explizit der Begriff „Neid“ fällt, sich jedoch die Elemente des Neids, „which form a large and comprehensive ‚anatomy of envy‘“135, finden lassen.136 Die sich im Verlauf des Markusevangeliums immer weiter steigernde Feindseligkeit gegenüber Jesus, die schließlich in dessen Passion und Tod ihren Höhepunkt erreicht, erscheint daher im Affekt des Neids begründet. Die große Bedeutung der „Ehre“ im damaligen sozialen Kontext und ihr Verständnis als „begrenztes Gut“ in einer agonistisch geprägten Gesellschaft implizieren, dass Erfolg – am stärksten der Erfolg von Gleichgestellten137 – Neid evoziert.138 So geht Jesu zunehmender Erfolg und seine wachsende Reputation bei Markus mit zunehmenden Angriffen auf Jesus einher.139 Sein Einzug in Jerusalem, der durch das „Hosianna!“ der Festpilger begleitet wird (Mk 11,9), seine Aktion im Tempel und die ihr folgenden Streitgespräche (Mk 11,15ff) machen deut132  Ebd., 39. Sie beziehen sich auf Foster, Anatomy. 133  Hagedorn/Neyrey, Envy, 55. 134 ������������������������������������������������������������������������������������  Dabei rekurrieren sie auf pagane Autoren (wie z.B. Aristoteles, Plutarch oder Xenophon), biblisch-jüdische Schriften (neben der Bibel v.a. auf Josephus) und frühchristliche Schriften (v.a. auf Cyprian und Basilius von Caesarea). 135  Hagedorn/Neyrey, Envy, 42. 136  Als solche haben sie im Markusevangelium inventarisiert: „(1) growing fame and reputation; (2) growing attacks on Jesus; (3) envy begins at home; (4) envy of a rival exorcist; (5) envy among the disciples themseves; (6) shunning honor and avoiding envy; (7) secrecy and avoiding envy; (8) refusing compliments; and (9) the evil eye“, vgl. ebd., 42ff. Die Angriffe auf Jesus beginnen schon in Mk 3,6 – als Reaktion auf die Heilung des Mannes mit der dürren Hand, die Jesu Vollmacht demonstriert und als Streitgespräch zu charakterisieren ist. 137  Ebd., 27f. 138  Zur Verbindung von „Neid“ und „Erfolg“ vgl. nur Aristoteles, Rhet II 10,1; Josephus, Vita 122; Plutarch, De fraterno amore 486B; Cyprian, De zelo et liuore 5 (Cyprien de Carthage, Jalousie). Auch Mt 27,17f scheint es Jesu Erfolg beim Volk zu sein (Mt 9,33f; 12,23f; 21,15f), der den Neid der Hohenpriester und Ältesten auslöst. 139  Vgl. Hagedorn/Neyrey, Envy, 41. Neid äußert sich auch in übler Nachrede und Verleumdung – hierher gehört die Behauptung der Schriftgelehrten in Mk 3,22, Jesus sei vom Beelzebul besessen und er werfe im Herrscher der Dämonen die Dämonen hinaus.

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lich: Jesus kommen Autorität und Ehre zu – damit macht er aber – im Rahmen der Auffassung der Ehre als „limited good“ den Jerusalemer Autoritäten „Ehre“ streitig.140 So kulminieren in der Passionsgeschichte sowohl Ruhm und Hochschätzung Jesu („Ehre“) als auch die Feindschaft gegen ihn. In seinem Verhör erscheint Jesus bei Markus auf derselben Höhe wie seine Gegner: Als Gleichrangiger konkurriert er um die öffentliche Ehre und stimuliert ganz besonders den Neid seiner Gegner, der in der Folge auf den machtgestützten „Lösungsmechanismus“ der öffentlichen Demütigung und der gewaltsamen Beseitigung des Beneideten rekurriert.141 Auch wenn der Begriff „Neid“ im Markusevangelium explizit nur in Mk 15,10 begegnet, so durchzieht doch der Affekt des Neides die Erzählung des Evangeliums und erweist sich als ein selbstverständliches, das Geschehen zielstrebig vorantreibendes handlungsrelevantes Moment. Es erhöht Jesus in seinem Status142 und „erklärt“ das Ende Jesu. Der Neid wird in paränetischem Kontext in der Rede vom bösen Auge (im Gegensatz zum ὀφθαλμὸς ἁπλοῦς) dezidiert verurteilt. Im narrativen Kontext wird das feindliche Vorgehen der Gegner Jesu im Markusevangelium ganz selbstverständlich mit deren Neid motiviert. Der Neid wird also in engem Zusammenhang mit Jesu Ende gebracht. Neid wird aber auch im Jüngerkreis vorausgesetzt und im Spiegel eines Gleichnisses in seiner Unangemessenheit kritisch zu Bewusstsein gebracht (Mt 20).

5. Fazit Kommen wir zum Schluss. Wir konnten beobachten, dass Affekte in paränetischem Kontext von Jesus in den synoptischen Evangelien scharf verurteilt werden: Zorn wird dem Mord gleichgestellt, schon der begehrliche Blick wird als Ehebruch gewertet, vor irdischen Verfolgern soll man sich nicht fürchten, dem Neid, der nur Finsternis bringt, wird kompromisslos das neidlose Auge entgegengesetzt, das allein den Leib mit Licht erfüllt. Hier werden hohe ethische Standards gesetzt, die auf eine Affekteradikation zulaufen. Solchen 140  Böttrich, Anatomie des Neides, 64. 141 �����������������������������������������������������������������������������  Physische Gewalt und Mord stellen extreme Neidreaktionen dar. Nach dem Zeugnis von Basilius dem Großen und Cyprian sind sie jedoch „genuine ways of envying a rival in antiquity“ (Hagedorn/Neyrey, Envy, 47). Neidreaktionen und politisches Kalkül müssen keine Gegensätze sein. 142  Dem Neid der Hohenpriester auf Jesus kommt hier (auch) die Funktion zu, den Wanderprediger Jesus, der den Hohenpriestern statusmäßig de facto deutlich unterlegen ist, in der Erzählung bis auf Augenhöhe zu ihnen zu erhöhen (für den Hinweis danke ich C. Hezser).

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strengen Ansprüchen kann der Mensch de facto kaum gerecht werden, deswegen sind die erste und zweite Antithese wohl auch nicht imperativisch, sondern als Schuldfeststellungen formuliert.143 In narrativen Zusammenhängen werden Affekte (wie der Neid) vorausgesetzt, oder es wird recht selbstverständlich von Affekten und Affektäußerungen – dem Zorn, der Begierde, der Furcht – und ihren Folgen erzählt. Das hat offensichtlich (auch) mit der Gattung der „Erzählung“ zu tun. Hier wird an der menschlichen Realität angesetzt. Die Erzählung von Affekten erfüllt vier Funktionen: Sie hat erstens zur Aufgabe, diese menschliche Realität negativer Affekte ganz konkret in die Erzählung aufzunehmen und so wahrzunehmen: Sie werden artikuliert und nicht verdrängt. Dabei kann differenziert werden, so dass es zu einer abweichenden Wertung in der narratio im Vergleich zur Paränese kommt: Im Modus der Erzählung wird im Hinblick auf die Begierde die Situation der Frau(en) berücksichtigt, während die zweite Antithese Männer im Blick hat. Die Erzählung von Affekten dient zweitens der Erklärung des feindseligen Verhaltens gegen Jesus (Neid; Zorn und Furcht der Gegner Jesu). Drittens hat die Erzählung von Affekten die Funktion, in der Distanz der narratio der Leserin und dem Leser einen Spiegel vorzuhalten, die eigenen Affekte und das daraus erwachsende Verhalten bewusst zu machen und eine Reflexion, Neubewertung und Verhaltensänderung zu ermöglichen (Neid, Furcht, Begierde, Zorn). Den Affekten der JüngerInnen und ihrem Versagen kommt hier eine wichtige Rolle zu. In den Figuren der JüngerInnen werden Probleme angesprochen und korrigierend neu ins Licht gerückt. Als überwindendes Modell fungiert Jesus: Er fürchtet sich, überwindet aber in Getsemane seine Angst. Damit ermöglicht die Figur Jesu ein Lernen am Modell. Wie die Psychologie gezeigt hat, ist das Lernen am überwindenden Modell effektiver, als das Exempel eines „vollkommenen“ (hier: eines absolut furchtlosen) Menschen.

Viertens kommt der Erzählung von Affekten Jesu bzw. des Protagonisten einer Parabel möglicherweise auch eine christologische bzw. theologische Funktion zu: Hinter Jesu Zorn – so kann man im Hinblick auf die Verfluchung des Feigenbaums und Tempelaktion annehmen – steht der (legitime) Zorn Gottes. Der Zorn des Königs in Mt 22 verweist auf den Zorn des göttlichen Richters. Sowohl die Thematisierung von Affekten in paränetischen Kontexten als auch die in narrativen Kontexten sind hilfreich: Erstere formulieren das ethische Ziel. Letztere nehmen die mühsame Realität auf und helfen ganz konkret, in der Nachfolge dessen zu leben, der nach Matthäus auf dem Berg sein: „Ich aber sage Euch“ formuliert hat.

143  Theissen/Merz, Jesus, 323.

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Harry O. Maier

Jesus, the Great High Priest: A Political Reading of Hebrews’ Christology in the Ruins

In a recent essay, Ellen Bradshaw Aitken has offered a reading of Hebrews’ christology with a view to its imperial setting.1 This essay complements her reading by taking up further imperial aspects of Hebrews, specifically in its representation of Jesus’ sacrifice. It does so in celebration of Gerd Theißen’s pioneering contributions to the social study of early Christianity, especially to the social roles and communicative functions of beliefs about rituals connected with Jesus by his early followers. Aitken locates Hebrews’ addressees in Flavian Rome. She reads Hebrews’ christological claims, as well as its representation of Jesus’ death as triumph and exaltation, as a direct engagement with the Triumph celebrated by Vespasian and Titus in 71 CE to acclaim the conclusion of the Jewish War, and more particularly with the consecration of Titus in the Triumph to presage his apotheosis upon his death in 81 CE. Aitken offers a compelling argument that Hebrews’ christology of the divine enthronement of Jesus as Son of God, with its affirmation that Jesus has thereby made God’s enemies a footstool for his feet, as well as its appropriation of a repertoire of political Davidic Psalms of adoption, exaltation, and enthronement (Heb 1:3–4, 5, 8, 13; 2:9; 3:3; 4:14; 5:5, 9; 6:20; 7:15–17, 26; 8:1; 12:2; see Ps 2:7; 8:6; 44:7; 45:6; 110:1,4) should be understood against a backdrop of Flavian political and theological celebration of military victory, as well as a civic imperial theology of apotheosis.2 Even as the Flavian Triumph concluded with the Triumphator making sacrifice to Jupiter Capitolinus, so Jesus offers himself in his triumphal death to God the Father (Heb 5:7, 10; 9:11–14, 26, 28; 10:1–18; 13:12) and reveals himself, like the emperor, as elected by God to be both Son and Priest. As in Hebrews,

1  E. B. Aitken, “Portraying the Temple in Stone and Text: The Arch of Titus and the Epistle to the Hebrews” in G. Gelardini (ed.), Hebrews: Contemporary Methods, New Insights (Leiden: Brill, 2005) 131–48; E.B. Aitken, “Reading Hebrews in Flavian Rome”, Union Seminary Quarterly Review 59 (2005) 82–85. 2 ����������������������������������������������������������������������������������  For adoptionist Christology in Hebrews and its antecedents in royal Psalms of enthronement, see C. Tuckett, Christology and the New Testament: Jesus and His Followers (Louisville: Westminster/ John Knox, 2001), 92–100.

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so in the Vespasianic theology of victory, apotheosis is a confirmation, a divinely orchestrated and rewarded achievement.3 While several scholars have noticed in passing the links between Roman imperial ideas and Hebrews, apart from Aitkin’s essay, there are very few studies dedicated to a focused consideration of the treatise in its Roman context.4 Like Aitken and others, I situate Hebrews’ christology in Flavian Rome, specifically with reference to its affirmations of the achievements of Jesus’ self-sacrifice, and its descriptions of an eternal and abiding city to come.5 More particularly, I seek to relate imperial sacrificial ideas to Hebrews in order to uncover more fully the imperial location of Hebrews and its ideals, and the ways in which it finds a place within the broader imperial situation of the Flavian dynasty and its priestly functions. Apotheosis and triumph describe significant elements that Hebrews shares with that imperial situation; imperial sacrifice and its role in the creation/renewal/preservation of the civic order express two others. Even as Vespasian and his sons promoted their dynasty as a recovery of an Augustan order through sacrifice, the renovation and repair of temples, and the representation of themselves iconographically as faithful practitioner of traditional Roman rites, so Hebrews invites its audience to renew its religious devotion by a refurbished commitment to communal worship, in celebration of the one who offered right sacrifice and demonstrated supreme piety. And just as first Vespasian rebuilt Rome from the ruins of civil war, and then Domitian engaged in ambitious building projects after the fire of 80 CE, so Hebrews expresses the hope for inhabiting an enduring city built on Jesus’ sacrifice and the ideals of 3  For Flavian apotheosis see K. Scott, The Imperial Cult under the Flavians (Stuttgart/Berlin: Kohlhammer, 1936), especially 25–36 for apotheosis iconography on the imperial coinage; J. R. Fears, PRINCIPS A DIIS ELECTUS: The Divine Election of the Emperor as a Political Concept at Rome (Rome: American Academy at Rome, 1977), 121–52 for a more general backdrop, but also with specific reference to the Flavians. 4  J. Rüpke, “Starting Sacrifice in the Beyond: Flavian Innovations in the Concept of Priesthood and their Repercussions in the treatise ‘To the Hebrews’”, Revue de l’histoire des religions 229 (2012) 5–30; C. R. Koester, Hebrews: A New Translation with Introduction and Commentary (AB 36; New York: Doubleday, 2001) 64–77; S. Muir, “The Anti-imperial Rhetoric of Heb. 1.3: χαρακτήρ as a ‘Double-Edged Sword’” in R. Bauckham/T. Hart, et. al. (ed.), A Crowd of Witnesses: The Theology of Hebrews in its Ancient Context (New York: Continuum, 2008) 170–86; H. Braun, An die Hebräer (HNT 14; Tübingen: Mohr Siebeck, 1984), 469–70; K. K. Wengst, Pax Romana and the Peace of Jesus Christ (Philadelphia: Fortress, 1987), 140– 43; J. H. Punt, “The Letter to the Hebrews” in F.F. Segovia/R.S. Sugirtharajah (ed.), Postcolonial Commentary on the New Testament Writings (New York: Continuum, 2007), 338–68. D. A. deSilva, Perseverance in Gratitude: A Socio-Rhetorical Commentary on the Epistle “to the Hebrews” (Grand Rapids: Eerdmans, 2000); R. Jewett, Letter to Pilgrims: A Commentary on the Epistle to the Hebrews (New York: Pilgrim Press, 1981), 13–17. 5 ����������������������������������������������������������������������������  Arguments for a Roman provenance and a dating between 70 and 96 CE are circumstantial but compelling: see H.W. Attridge, Hebrews: A Commentary on the Epistle to the Hebrews (Hermeneia; Philadelphia: Fortress, 1989), 60–100; Koester, Hebrews, 45–50.

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Christian love, solidarity and religious devotion. Placing Hebrews’ christological affirmations in the context of Flavian Rome helps to identify, to borrow an apt phrase from Adela Yarbro Collins, “the imperial situation” of Hebrews, and the ways in which its christological ideas replicated and at the same time expressed discontinuity with its imperial location.6

“There is nothing more wonderful in all the earth”7 The more or less instant creation of a new imperial dynasty, coming on the heels of the excesses of his predecessor, Vitellius, and before him Nero, offered Vespasian the occasion to model his regime as a return to the good government and ideals of his predecessor Augustus, and his more accomplished successors.8 The new emperor was careful to represent himself not as a new imperial contender, but rather a ruler in the line of his predecessors: at Brixia and Olympia, for example, statues of Vespasian and Titus were added to those of Augustus and his successors rather than replacing them.9 At home in Rome, the new emperor was quick to get to work. Nero’s fire had left ten of the fourteen districts of Rome either completely destroyed or significantly damaged. Further, the civil war with Vitellius caused significant damage to the Capitol; most significantly, the Temple of Jupiter Capitolinus was burned to the ground. The destruction of the city presented a victorious Vespasian with an unparalleled opportunity to celebrate his victory over Vitellius as a renovation of the political order and the remaking of Rome itself. Similarly the success of his son, Titus, in bringing to conclusion the war in Judea became a central plank in the shaping of public opinion of his dynastic rule as a restoration of Rome and the revival of an Augustan era almost extinguished by the conflicts of 69 CE. As well as repairing the temple of Jupiter Optimus Maximus Capitolinus, Vespasian built the Temple of Jupiter Custos, restored the Temple of Honos and Virtus, 6  A. Y. Collins, “The Worship of Jesus and the Imperial Cult” in C. C. Newman/J. H. Davila/G. S. Lewis (ed.), The Jewish Roots of Christological Monotheism: Papers From the St. Andrews Conference on the Historical Origins of the Worship of Jesus (JSJSup 63; Leiden: Brill, 1999), 243–57, on pp. 241–2. 7  “nil magis mirandum fuisse in toto orbe terrarium.” Pliny the Elder, Nat. hist 36.121 commenting on Flavian water works. 8  For Vespasianic associations with Claudius, see R.M. Kousser, Hellenistic and Roman Ideal Sculpture: The Allure of the Classical (Cambridge: Cambridge University Press, 2008), 66–69; also, B. Levick, Vespasian (London/New York: Routledge, 1999), 73–4. 9  For Flavian statues alongside Julio-Claudian ones at Brexia (Brescia), see Levick, Vespasian, 73; at Olympia: C.C. Vermeule, Roman Imperial Art in Greece and Asia Minor (Cambridge: Belknap, 1978), 231.

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conspicuously completed the Temple to the Deified Claudius, restored Augustan monuments like the Theatre of Marcellus damaged by the civil war, erected three triumphal arches, built new aqueducts and rebuilt bridges and roads.10 A later fire in 80 CE, which also destroyed significant portions of the city, including Vespasian’s restored Temple of Jupiter Capitolinus, presented a second opportunity – this time for Domitian – for an even more dramatic Flavian rebuilding of Rome.11 By the end of the century, Rome had undergone a massive rebuilding and renovation completely transforming the Julio-Claudian city Vespasian and his sons had inherited into a Flavian monument. This created what A.J. Boyle aptly calls a Flavian semiotic disturbance to the monumental text of a pre-existing city. 12 It is what inspired Pliny the Elder to offer by way of ekphrasis an extended encomium to the architectural wonders of Rome (Nat 36:101–25; urbis nostrae miracula, at 101) and so create in the imaginations of his readers a vision of a worldwide Roman imperium. “For if you were to gather all the buildings of Rome and place them in one great heap”, he hymns, “the grandeur which towered above would be no less than if another world were described in the one place.” (Nat 36.101) Pliny the Elder captures the tone of Vespasian’s reign in likening him to Augustus, in his dedication to sobriety and modesty, as proponent of moral and physical regeneration; both emperors erect architectural miracula and mirabilia, in contrast to the luxus and luxuria, insania, and maior insania of Nero and before him Caligula and Mark Antony.13 In all of this, Vespasian and his sons were consciously seeking to give expression to the revival of Rome as an eternal city. Flavian propaganda 10  For Vespasian’s renovation of Rome and Italy, see Levick, Vespasian, 124–34; M. E. Blake, Roman Construction in Italy from Tiberius through the Flavians (Washington, DC: Carnegie Institution of Washington, 1959), 87–165 furnishes a catalogue of Flavian building projects at Rome and throughout Italy. For Vespasian’s arches, F.S. Kleiner, “The Arches of Vespasian in Rome” Mitteilungen des deutschen archäologischen Instituts. Römische Abteilung 97 (1990) 127–36. 11  For Domitian’s ambitious building projects, see E. D’Ambra, Private Lives, Imperial Virtues: The Frieze of the Forum Transitorium in Rome (Princeton: Princeton University Press, 1993), 33–46; D.M. Robathan, “Domitian’s ‘Midas Touch”, Transactions and Proceedings of the American Philological Association 73 (1942) 130–44; Blake, Roman Construction, 99–124. 12  A.J. Boyle, “Introduction: Reading Flavian Rome” in A.J. Boyle/W.J. Domink (ed.), Flavian Rome: Culture, Image, Text (Leiden/Boston: Brill, 2003), 1–68, on pp. 29–35 furnishes an excellent discussion of the Flavian “remonumentalising” of Rome. For “semiotic disturbance,” 32. 13  For Pliny’s association of the Flavian transformation of Rome with Augustus and their contrast with Nero and predecessors, see J. Isager, Pliny on Art and Society: The Elder Pliny’s Chapters on the History of Art (London/New York: Routledge, 1991), 208–9, 223–30; for links between Vespasian and Augustus in Pliny’s representation of the monuments of Rome, S. Carey, Pliny’s Catalogue of Culture: Art and Empire in the Natural History (Oxford: OUP, 2007), 68–74.

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announced this achievement across the Empire. Vespasian like Augustus before him used a carefully orchestrated programme of iconographical representation to publish his achievements and shape public opinion of his reign. Chief amongst the media for communicating the Flavian picture language of transformation and renewal was imperial coinage.14 Within the first year of his victory over the Vitellians, Vespasian’s mints were striking coins hailing the emperor as Augustus and representing him raising up a kneeling Roma, with the inscription, ROMA RESURGENS.15 Alongside an image of Rome being raised from her knees, in the same year as his accession and in several issues thereafter, imperial mints struck coins with Roma seated, helmeted in military dress, with the inscription, ROMA PERPETUA.16 In 71 CE the Roman mint issued a coin celebrating Vespasian’s achievement in winning peace and security by representing the emperor receiving from Victory the Palladium – the wooden statue of Pallas brought to Rome by Aeneas, kept at the Temple of Vesta, and symbolizing the safety of the city, and hence eternal Rome.17 Elsewhere were published coins with Roma seated, helmeted, and in military dress amongst the seven hills of Rome. Accompanying these images were inscriptions on new and refurbished monuments celebrating the emperor as restorer and conserver of public rites.18 These were iconographical themes that accompanied the Flavians through the two and a half decades of their reign, and expressed the imperial message that they had been appointed by the gods to rescue the city and Empire from ruin and to restore it for posterity. By the middle of the decade, images of a rebuilt Temple of Jupiter appeared on Vespasian’s coins.19 Titus magnified Flavian achievement by having his mints represent the coliseum.20 It is against this backdrop that we should place Hebrews’ christology, specifically of Jesus a Melchizedek who is “king of Salem, that is, king of Peace” (Heb 7:2), and its representations of Jesus as priest (ἱερεύς – 5:6; 7:1,3,11,15–17,21; 8:1,3; 9:7; 9:11,25; 13:11) as high priest (ἀρχιερεύς – 5:1; 5:5,10; 6:20; 7:26; 8:1), great priest (ἱερέα μέγαν – 10:21), and, most significant for our purposes here, as great high priest (4:14 – ἀρχιερέα μέγαν). It is 14  For the uses of coinage and iconographical propaganda under the Flavians, see J.E. Blamberg, The Public Image Projected by the Roman Emperors (A.D. 69–117) as Reflected in Contemporary Imperial Coinage (PhD. Diss., Indiana University, 1976; Ann Arbor: UMI, 1981), 198–232. 15  For example, H. Mattingly, Coins of the Roman Empire in the British Musuem. Volume 2. Vespasian to Domitian (London: Trustees of the British Museum, 1966), nos. 425, 565. 16  For example, Mattingly, Coins, 2.424. 17  For example, Mattingly, Coins, 2.586. 18  For example, ILS 252: conservatori caerimoniarum publicarum et restitutori aedium sacrarum; 250: templum Matris deum terrae motu conlapsum restituit. 19  For example, Mattingly, Coins, 2.614. 20  For example, Mattingly, Coins, 2.190.

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here also that we should locate its depiction of Jesus, who like Flavian coinage bears the “stamp” (χαρακτήρ) of the divine image (Heb 1:3). It is with a view to this rebuilt city that Hebrews significantly places Jesus as crucified outside the gates of that other “eternal” city, Jerusalem.21 Whatever motivation occasioned these descriptions, at least at the level of reception it is more than possible that a Roman audience already primed by the ambitious imperial building projects all around them would have been invited to view their context with a different point of view than the one promoted by their imperial masters. And if the Flavian world was in a process of transformation, so the writer of Hebrews encouraged his audience to live out their own transformation, inviting them to conceive of themselves as strangers and exiles (ξένοι καὶ παρεπίδημοι) on earth, imitating the endurance of Jesus the author and perfecter of their faith (Heb 12:2), seeking an everlasting “fatherland [πατρίδα]” (Heb 11:14), which is in fact a city (πόλις, v. 16). On this reading, we can see that the letter of the Hebrews’ christology both belongs to and resists Flavian ideals: it plays in the contact zone of a celebrated civic transformation, while at the same time marking itself away from and in distinction to its pagan political environment. In living out its own celebration of an anticipated moral transformation it is recognizable in Flavian Rome, even in its opposition to it. This is the immediate imperial backdrop to the civically oriented language and metaphors of the Epistle to the Hebrews.

“conservers of the public rites…”22 Vespasian and his successors were not only builders, they were priests in the official rites dedicated to the promotion and preservation of a sacral civic order. Indeed, they promoted in the public visual media available to them the belief that the security and prosperity of Rome depended upon the correct and regular offerings of traditional civic cults. Even as Aeneas established the foundation of a new people on Latin soil by a ritual sacrifice of sow (Aen. 8:36–89), so their city and its eternal reign was preserved through repeated ritual enactments that at once recalled founding rituals and made them 21  For a numismatic comparison between the divine image on coinage and Hebrews’ representation, see S. Muir, “Anti-imperial Rhetoric”. An excellent example of the image of the emperors as divi is coinage with the head of the emperor with a radiate crown. For the sacred image of the emperor as sign of divine presence, S.R.F. Price, Rituals and Power: The Roman Imperial Cult in Asia Minor (Cambridge: Cambridge University Press, 1998), 191– 206; also, T. Pekary, Das römische Kaiserbildnis in Staat, Kult, und Gesellschaft (Berlin: Mann, 1985), 42–65. 22  “conservatori caerimoniarum publicarum…” ILS 252 (see n. 18).

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present and active in contemporary sacrifice.23 They represented their reigns as sacred and they dedicated themselves – or at least made sure that they were perceived to dedicate themselves – to a daily round of ritual designed to make manifest the sacral foundation of their statecraft, and to promote the idea that their power came to them by divine appointment.24 The Flavians placed special emphasis on the emperor’s role as pontifex maximus. Under Augustus the title was largely honorific. First under Titus and then Domitian, however, the office gained new religious focus to identify the emperor’s religious devotion and dedication to purity. Thus Suetonius states that Titus accepted the title “for the purpose of keeping his hands unstained” and that true to his promise, “after that he neither caused nor connived at the death of anyone.” (Suetonius, Tit. 9:1) As Rüpke has argued, the oath to keep oneself pure represents a surprising innovation of the role of the priesthood, since ritual purity was associated with priestly objects or animals, or, more rarely, with the Vestal Virgins, but not with the emperor in his role as pontifex maximus.25 Such a view did, however, build on earlier emphases of the sacred function of the emperor in assuring the security and victory of the imperial order. From the Augustan period onward, representation of the pietas of the emperor was an important element of the propaganda that the imperial rule was appointed by the gods and that the emperor preserved the Roman Empire through a harmonious relationship with the gods.26 Like Augustus before him, Vespasian was careful to represent himself as dedicated to the exercise of the civic religious duties of his office. We can expect that as in instances of Augustan iconography, so in Flavian Rome, monuments and iconography served similarly to fashion viewers who would consider themselves active participants in the renovation and renewal of Rome. Again, the most direct iconographical representations of the sacrificial foundation of Flavian rule are from the imperial coinage. Most notable is the representation of Vespasian as pontifex maximus. A denarius minted in 73 and 74 CE depicts Vespasian togate, seated on a curule chair, with the legend

23  For discussion of myth, place, and sacrifice in marking and preserving Rome as sacred site, and the re-enactment of ancient drama through civic ritual, see Beard/North/Price, Religions, 167–210; Elsner, “Cult.” 24  For the ideological and political notions of ritual and power in imperial Rome, see R. Gordon, “The Veil of Power: Emperors, Sacrificers and Benefactors” in M. Beard/J. North (ed.), Pagan Priests: Religion and Power in the Ancient World (Ithaca: Cornell University Press, 1990), 199–232. 25  Rüpke, “Starting Sacrifice”, 12–13. 26  For discussion of the representation of the pietas of the emperor, see P. Zanker, The Power of Images in the Age of Augustus (Ann Arbor, Mich: University of Michigan Press, 1990), 120–36.

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PONTIF MAXIM.27 Another minted in 70–71 and then successively bears the priestly symbols of the office of augur (whose office was responsible for divining the will of the gods) – sprinkler, jug, lituus and simplum – with the inscription AUGUR above and PONMAX below.28 The eruption of Mt Vesuvius, together with a fire reminiscent of the Great Fire of 64 CE, as well as plague, resulted in special services voted by the senate of prayer and expiatory sacrifice led and conducted by Titus.29 The mints recorded this in so-called pulvinar issues.30 Pulvinaria or sacred couches of the gods were set out with attributes or emblems associated with deities when disaster signaled the need to make peace with heaven.31 These images together formed an image of the imperial state as resting on divine favour and the emperor’s role in preserving it through the dutiful exercise of priesthood and sacrifice. The picture language of Roman imperial coinage helped to keep sacrifice and ritual a leading component of imperial discourse. It sought to assure Rome’s inhabitants that they were the beneficiaries of a state upheld through the emperor’s right conducting of the religious affairs of state, and that he was the chief intermediary between Rome and the gods.32

“Thou art diseased; thy mania is to build…”33 The representation of Jesus in Hebrews has most usually been situated in relation to Judaism and specifically the sacrificial cult of the Temple. Jesus in Hebrews offers a once for all and perfect sacrifice in distinction from the Temple priesthood who must continually offer sacrifices and more importantly conduct rites of self-purification (Heb 5:1–5; 7:11; 9:7–9, 11– 22). Unusual, however, is the title used to describe Jesus as “high priest (ἀρχιερέα μέγαν)” (4:14,15). In the LXX the high priest is designated ἱερεὺς μέγας (for example, Lev 21:10; Num 35: 25, 28, 32; 1 Kgs 2:22; 2 Kgs 22:8; Jdt 4:6; Sir 50:1). It is significant from an imperial perspective that here Jesus is named both ἀρχιερέα μέγαν and τὸν υἱὸν τοῦ θεοῦ, both of which are 27  Mattingly, Coins, 2.98 28  Mattingly, Coins, 2. 48. 29  For disasters under Titus’ reign, see Suetonius, Divus Titus 8; Dio Cassius 66.24.2. 30  Mattingly, Coins, 2.49, 57, 61, 64, 71, 77, 82. 31  For discussion of these issues as well as their symbols see Mattingly, Coins, 2.lxii– lxxiii. 32  Beard/North/Price, Religions, 252–63 offer excellent discussion of the role of the emperor as intermediary, public festivals, and the place of lower orders in the daily round of religio-civic duties. 33  Plutarch, Publ. 15.5, on Domitian: “Thou art diseased; thy mania is to build; like the famous Midas thou desirest everything become gold and stone at thy touch.”

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at home in the representation of the Roman emperor. Here, therefore, the question arises, why Hebrews deploys a term at home in the imperial cultus when he writes a treatise claiming the superiority of Jesus’ sacrifice over those of the levitical priesthood? Some people in Flavian Rome, according to Suetonius took a direct route of critique of the Flavian enterprise. Suetonius records that Domitian erected so many gateways and arches (arci) that someone punned on one of them in Greek, “That’s enough (ἀρκεῖ).” (Suetonius, Dom. 13.2–3) Others took more indirect means of criticism. Postcolonial study shows how amongst the repertoire of means available to subjugated groups seeking to express dissent from political domination is that of fantasy and extended counter or double narratives.34 Christians we may imagine expressed their dissent through such fantasy. They preached sermons, sang hymns and invoked Psalms uncannily reminiscent of imperial Triumphus and apotheosis, and celebrated their once and for all, perfect sacrifice of their great high priest (ἀρχιερέα μέγαν), pontifex maximus, as the establishment of an unending city, that better country (11:16) they hoped for as foreigners and resident aliens (11:13) amidst the squalor and urban poverty of an imperial capital with the signs of their domination displayed everywhere around them – on their buildings, their neighbourhood crossroads, even on the smallest currency of their daily commerce. What if we imagined Hebrews as a double narrative of the sort Homi Bhabha invokes when he describes émigrés meeting on foreign territory, nevertheless deploying their own foreign tongues? I have lived that moment of the scattering of the people that in other times and other places, in the nations of others, becomes a time of gathering. Gatherings of exiles and émigrés and refugees; gathering on the edge of “foreign” cultures; gathering at the frontiers; gatherings in the ghettoes of cafes or city centres; gathering in the half-life, half-light of foreign tongues, or in the uncanny fluency of another’s language; gathering the signs of approval and acceptance, degrees, discourses, disciplines; gathering the memories of underdevelopment, of other worlds lived retroactively; gathering the past in a ritual revival; gathering the present.35

Bhabha urges a reading of the colonial subject alive “to the metaphoricity of the peoples of imagined communities – migrant or metropolitan” that requires a kind of “doubleness” when writing and speaking of themselves. On such a reading, Hebrews is no abstract metaphysical, or Platonizing, sermon laying out the full and perfect sacrifice of Jesus for the sins of the

34  See J.C. Scott, Domination and the Arts of Resistance: Hidden Transcripts (New Haven: Yale University Press, 1990), 17–44, who aptly writes of “a politics of disguise and anonymity that takes place in public view but is designed to have a double meaning…” (19). 35  H. Bhabha, The Location of Culture (London/ New York: Routledge, 1994), 139.

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world.36 Certainly, as Peter Lampe has demonstrated through a careful sifting of Roman epigraphy, it is precisely amidst the “half-light” of foreign tongues, in the city of Rome’s slums and ghettoes that the Christian community in Rome at the end of the first century had taken root, even if our author of the Hebrews crafted his text “in the uncanny fluency of another’s tongue.”37 On this account, Hebrews’ invitation to its listeners to imagine the holy mountain of God with angels in festal garments (12:22–24) takes on a striking counter-imperial valence, assaulting an imperial order with the nonviolence of a striking counter-narration of enthronement and forgiveness, of welcome of strangers, and mercy and succour of prisoners (13:2–3). The christology of Hebrews invites its listeners to consider a visual grammar of Flavian civic glory through the christological celebration of a pilgrim people (11:1–12.2) longing for a better city brought about through a superior and once for all sacrifice. A political reading of Hebrews’ christology offers a means of locating our text amidst the vast repertoire of imperial sacrifices and imperial monuments affirming the divinely appointed role of the Flavians as builders and restorers of public, especially religious, monuments. Once interpreted in this light, the Davidic Psalms of enthronement cited near the start of our discussion take on a striking new valence. Not only are these then provocative dissenting voices for a community that has suffered the recent political harassments listed in Hebrews 10:32–39; as they look to the crucified one as a pointedly alternative path toward apotheosis, they take their place in the monumental and religious culture of a renovated Flavian city. From a Flavian political perspective it is significant that in Hebrews Jesus suffers outside the gate of the city, and that his messianic priesthood reflects a cultus dwelling in tents (8:2, 5; 9:2, 6–9, 11; see 13:11–13), along a journey of Exodus exile. Hebrews takes its listeners on a vivid journey toward an alternative polis and expresses a civility that is to contrast that of the present (and passing) political order (Heb 13:1–6). The wilderness traditions that also, it could be argued, form the backdrop for counter-imperial christological developments elsewhere in the New Testament, furnish Hebrews’ listeners with a means of embracing an alternative sacrificiary to the one on offer in the Empire’s capital. Here Jesus the Great High Priest after the order of Melchizedek, offering his perfect sacrifice in the heavenly tent, offers listeners a model that is an alternative to the round of imperial sacrifice as the means of securing, promoting, and preserving a common good. Unlike 36  As K.L. Schenck suggests in Cosmology and Eschatology in Hebrews: The Settings of Sacrifice (SNTSMS 143; Cambridge: CUP, 2007), 115–43. 37  P. Lampe, From Paul to Valentinus: Christians at Rome in the First Two Centuries (Minneapolis: Fortress, 2003), 19–99.

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imperial sacrifices in the innumerable temples “made by hand” (hence, 9:11, 24), the heavenly tent of meeting offers listeners a counter-civic imaginary. Hebrews is, in other words, the means of a community marked by the Flavian enterprise and with living memory of imprisonment and suffering to say, in as many words, “That’s enough.” It does so, however, by speaking the language of insufficiency, by way of a lampooning of the traditional hierarchy of priests and the need for a repeating round of sacrifices to maintain a prior social order. This allows for a potent, if veiled, political cross-examination of the existing civil order that rests on a whole repertoire of priestly offices and sacrifices as means of continuing mediation between the gods and the emperor’s subjects. This suggests that Hebrews’ representation of Jesus as mediator (8:6 ; 9:15; 12:24 – μεσίτῃ) while of course presented in relation to Jewish sacred tradition, points toward a broader political critique. Jesus’ great high priesthood, unlike the honour bestowed upon the imperial pontifex maximus, is no political appointment motivated by the imperial desire for honour; rather he is enthroned and wins priesthood by a path of imperial humiliation (Heb 5:5, 8–10). We might say that on this account, where Hebrews appears to be most supercessionist, is where it also expresses itself most anti-imperially.38 What such an imperial treatment of Hebrews teaches us, especially in attending to imperial pictorial representation of sacrifice, is that in representing Jesus as (great) high priest whose sacrifice wins an enduring city, the treatise speaks a language in a modality entirely recognizable to an imperially situated audience. It is not sacrifice per se that is the problem, it is the right kind of sacrifice, by the right person, at issue in this text. For such a right sacrifice makes for an alternative citizenship of strangers and exiles. It asks the contemporary reader: what it might mean amongst our own signs of imperial presence, the gleaming edifices of contemporary commerce which in these latter weeks are showing their age, tarnished and worn and as fragile as those that once graced another imperial capital, to follow the suffering and enduring One in solidarity with the suffering of the world outside the gates of our cities of God with their fully realized eschatologies of capital and

38 �������������������������������������������������������������������������������������  Such modes of translation find postcolonial theorisation in the notion of “transculturation” as developed by Fernando Ortiz. Ortiz defines “transculturation” as the “complex transmutation of culture” from one form of spatial, linguistic, and cultural formation to another. Here we can see both Jewish and Roman imperial notions of priesthood and sacrifice being relocated in a new configuration of a religion without a temple, centred on Jesus’ sacrifice in crucifixion, and oriented toward the formation of church groups. See F. Ortez, Cuban Counterpoint: Tobacco and Sugar (trans. H. De Onís; Durham/London: Duke University Press, 1995 [1940]), 98–103, definition on p. 98.

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growth, to long for, and in our longing express, an alternative πόλις of sacrifice and love.39

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Jesus, the Great High Priest: A Political Reading

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The Image of Jesus in 1 Peter and its Paradigmatic Significance: Sociological and Psychological Correlations

In the early 1970s, interest in the social history of early Christianity began to be renewed, informed by perspectives and theories from the social sciences.1 There were groups in the USA devoted to exploring “the social world of early Christianity” – involving scholars such as Wayne Meeks, John Gager, and Jonathan Smith – but Gerd Theißen exerted an exceptional influence with his ground-breaking essays on both the Jesus movement and the Pauline communities, essays which have been the subject of extensive discussion ever since their publication.2 As Robin Scroggs commented in an early review of the field, “[s]urely the most prolific and provocative sociologist of the New Testament is Gerd Theissen”.3 Theißen’s innovative and interdisciplinary explorations have ranged, of course, well beyond the 1 ������������������������������������������������������������������������������������  For Gerd Theißen’s own reflections on the historical context of this renewal of interest, see G. Theissen, Social Reality and the Early Christians: Theology, Ethics, and the World of the New Testament (Edinburgh: T&T Clark, 1993)����������������������������������� , 1–29. See also D.G. ������������������ Horrell, “Social Sciences Studying Formative Christian Phenomena: A Creative Movement”, in A.J. Blasi, J. Duhaime/P.-A. Turcotte (ed.), Handbook of Early Christianity: Social Science Approaches (Walnut Creek, CA: Alta Mira Press, 2002), 3–28���������������������������������������������� ; and for an extensive exploration of the earlier history of scholarship, R. Hochschild, Sozialgeschichtliche Exegese. Entwicklung, Geschichte und Methodik einer neutestamentlichen Forschungsrichtung (NTOA 42; Freiburg (Schweiz)/Göttingen: Universitätsverlag/Vandenhoeck & Ruprecht, 1999). 2  These essays are collected in G. Theißen, Studien zur Soziologie des Urchristentums (WUNT 19; Tübingen: Mohr Siebeck, 1979 [31988]) and in two English translations: G. Theissen, The Social Setting of Pauline Christianity: Essays on Corinth (Edinburgh: T&T Clark, 1982) and Theissen, Social Reality. Also hugely influential was the briefer presentation on the Jesus movement in G. Theißen, Soziologie der Jesusbewegung: Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte des Urchristentums (Munich: Kaiser, 1977); ET G. Theissen, Sociology of Early Palestinian Christianity (Philadelphia: Fortress, 1977 [UK: The First Followers of Jesus, London: SCM, 1978]). A heavily revised new edition has now appeared: G. Theißen, Die Jesusbewegung: Sozialgeschichte einer Revolution der Werte (Gütersloh: Gütersloher, 2004). Since my doctoral research was primarily stimulated by Theißen’s work on the Pauline communities I am especially grateful for this opportunity to honour him and express my thanks to him. From the time when I first met him briefly as a doctoral student to the time when he served as my Gastgeber during a year of study in Heidelberg (and since), he has been a generous, gracious, and unpretentious host, whose support I have greatly appreciated. 3  R. Scroggs, “The Sociological Interpretation of the New Testament: The Present State of Research”, NTS 26 (1980) 164–79, on p. 174.

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“sociological”, or “social-scientific”, approaches. Among other areas he has also drawn extensively on perspectives from modern psychology – an area where the professional expertise of Christa Theißen has also been significant4 – in seeking to understand the religious experience and behaviour of the early Christians.5 Theißen has always been well aware of suspicion regarding these approaches, particularly in the form of a theologically-rooted concern that they will be reductionist, explaining (away) religious ideas and experiences on the basis of social or psychological causes. But he has insisted that such reductionism is by no means inherent in the use of these perspectives, and is clear that he rejects any such crudely causal explanations in his own work. For example, in exploring Pauline Christology from the perspective of the sociology of knowledge, Theißen explains the initial assumption as follows: “religious convictions become plausible only in the context of particular social structures”. A sociology of knowledge approach explores the “plausibility basis” of such convictions, by considering “all the social conditions and factors which allow a conviction to seem obviously tenable”.6 This, he insists, is by no means reductionist, quoting (from Klaus Berger’s work) L.L. Schücking’s “apt dictum on reductionism: ‘the mud does not produce the eel, as Aristotle thought, but the view that where there is no mud there is no eel either, comes closer to the truth’”.7 In the case of psychological perspectives, Theißen opens his Psychological Aspects of Pauline Theology with an explicit indication of the likely objections to this approach: “Every exegete has learned that psychological exegesis is poor exegesis. It interpolates between the lines things that no one can know. It inserts modern categories into ancient texts… The lengthy catalogue of the sins of psychological exegesis is imposing.”8 Yet, he argues, since the “ancient Christian faith” quite clearly “elicited changes in human behavior and experience”, the aim of understanding and “describing these changes will scarcely meet with rejection”.9 Theißen’s response to these potential objections, and the manner in which he pursues both sociological and psychological exegesis, suggests an approach in which we look not so much for what might be seen as the causes 4  Note the comments in G. Theissen, Psychological Aspects of Pauline Theology (Edinburgh: T&T Clark, 1987), xii; G. Theißen, Erleben und Verhalten der ersten Christen. Eine Psychologie des Urchristentums (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2007), 12–13. 5  See esp. Theissen, Psychological Aspects; Theißen, Erleben und Verhalten. 6  Theissen, Social Reality, 187. 7  Theissen, Social Reality, 187 n. 1; cf. K. Berger, Exegese des Neuen Testaments: Neue Wege vom Text zur Auslegung (Uni-Taschenbücher 658; Heidelberg: Quelle und Meyer, 2 1984), 218. 8  Theissen, Psychological Aspects, 1. 9  Theissen, Psychological Aspects, 2; cf. Theißen, Erleben und Verhalten, 1.

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of early Christian faith and practice, but rather for the correlations between social circumstances and religious convictions and for the ways in which these religious convictions help believers to make sense of the psychological challenges thrown up by their everyday lives. This is also the approach adopted by Meeks, in another classic sociological study which is heavily indebted to Theißen’s work at many points. Meeks is interested to see “whether we can discover correlations between stated beliefs and social forms” and explicitly aims to avoid any assumption “that the one causes the other”.10 Meeks has since noted that in using the term “correlations” he “was paraphrasing Max Weber’s key notion of Wahlverwandtschaften, which Talcott Parsons translated as ‘elective affinities’”, and chose this notion precisely to avoid any sense “that social structures cause structures of belief (or the reverse, for that matter)…”.11 We may perhaps think best in terms of some kind of dialectical and ongoing relationship between social circumstances and religious beliefs: one does not cause the other, but each is shaped – or at least, its perception is shaped – by the other in an ongoing way.12 Following this approach of looking for correlations and affinities rather than causes, and in order to illustrate how these might appear in specific cases, I would like to explore some of the sociological and psychological aspects of the depiction of Jesus in 1 Peter.

Jesus in 1 Peter Recent studies of the historical Jesus have shown something of a tendency to move away from the form-critical focus on establishing the authenticity and 10  W.A. Meeks, The First Urban Christians: The Social World of the Apostle Paul (New Haven and London: Yale University Press, 1983)����������������������������������������� , 164. For further reflections on the approach regarding correlations, see D.B. ����������������������������������������������������������� Martin, “Patterns of Belief and Patterns of Life: Correlations in The First Urban Christians and Since”, in T.D. Still/D.G. Horrell (ed.), After the First Urban Christians: The Social-Scientific Study of Pauline Christianity Twenty-Five Years Later (London & New York: T&T Clark, 2009), 116–33. 11  W.A. Meeks, “Taking Stock and Moving On”, in T.D. Still/D.G. Horrell (ed.), After the First Urban Christians: The Social-Scientific Study of Pauline Christianity Twenty-Five Years Later (London & New York: T&T Clark, 2009), 134–46, on p. 137. 12 ���������������������������������������������������������������������������������  My thinking here is influenced by Anthony Giddens’ attempts to express the relationship between social structure and human agency in his theory of structuration. Giddens speaks of the duality of structure, suggesting that social structure, rather like the rules of language, is both the basis and the outcome of each agential act and is thus both produced and reproduced in human action. See esp. A. Giddens, Profiles and Critiques in Social Theory (London and Basingstoke: Macmillan, 1982), 28–39; further A. Giddens, The Constitution of Society: Outline of the Theory of Structuration (Cambridge: Polity, 1984); A. Giddens, Central Problems in Social Theory (London and Basingstoke: Macmillan, 1979).

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form of specific sayings and traditions, focusing instead on the broader outlines of the “remembered” Jesus.13 This work draws in various ways on studies of social memory and oral testimony, and thus insists that what we have in our sources, from the very earliest times, are records of the impact Jesus made, the ways in which he was remembered. These “memories” will have been selective and partial, shaped by evolving and communal perceptions of who Jesus was, what was and was not important about him. In short, we have a constructed Jesus, constructed through the lens of individual and community memory. This perspective on the historical Jesus and the early Jesus traditions somewhat blurs the distinction between studies of the historical Jesus and studies of early Christology, since all preserved traditions about Jesus will inevitably be infused to some extent with convictions about his identity. Indeed, these convictions establish parameters within which memories are selected, shaped, and constructed. In studies of both the Gospels and the Epistles, then, we may ask about the kind of portrait of Jesus that is presented, recognising that this portrait may contain both genuine historical connections with the person of Jesus and at the same time christological convictions. In the first letter of Peter, which I take to be a pseudonymous composition of the last quarter of the first century, there is (of course) a range of material about Jesus (generally referred to as Ἰησοῦς Χριστός, or simply Χριστός). The main themes of this material, organised along the lines of a kind of narrative Christology, may be summarised in the following way:14 Pre-existence and incarnation (1:11; 1:20) Sufferings and sacrificial death (1:2; 1:11; 1:19; 2:21–24; 3:18; 4:1; 4:13; 5:1 [cf. also 2:4–815]) Resurrection and glorification (1:3; 1:21; 3:21–22 [cf. also 2:4–8]) 13  Among a wide range of recent work, see, e.g., S. Byrskog, Story as History – History as Story: The Gospel Tradition in the Context of Ancient Oral History (WUNT 123; Tübingen: Mohr Siebeck, 2000); R.J. Bauckham, Jesus and the Eyewitnesses: The Gospels as Eyewitness Testimony (Grand Rapids, MI: Eerdmans, 2006); J.D.G. Dunn, Jesus Remembered (Grand Rapids, MI: Eerdmans, 2003); D.C. Allison, Constructing Jesus: Memory, Imagination, and History (Grand Rapids, MI/London: Baker/SPCK, 2010). 14 ���������������������������������������������������������������������������������  Cf. more broadly the narrative analysis presented by ��������������������������� M.E. Boring, “Narrative Dynamics in First Peter: The Function of Narrative World”, in R.L. Webb/B. Bauman-Martin (ed.), Reading 1 Peter with New Eyes: Methodological Reassessments of the Letter of First Peter (LNTS 364; London and New York: T&T Clark, 2007), 7–40, esp. pp. 24–33. 15 ������������������������������������������������������������������������������������  The important passage in 2:4–8 draws on a range of scriptural texts to speak of Jesus as the “stone” who was rejected but has become the crucial foundation for faith. This speaks in a specific way about Jesus’ rejection and death, and his subsequent vindication. On this text, see in particular J.H. Elliott, The Elect and the Holy: An Exegetical Examination of 1 Peter 2:4–10 and the Phrase basileion hierateuma (NovTSup 12; Leiden: Brill, 1966).

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Journey(s) between, or after, death and resurrection (3:19–20; 4:6 [?]16) Final revelation/appearance (1:7; 1:13; 5:4). On the basis of this brief summary, we may make a number of observations about the focus and character of this material. (1) The depiction of Jesus in 1 Peter broadly follows an established early Christian credal focus on death and resurrection (1 Thess 4:14; 1 Cor 15:3– 8) – or, as it develops more fully, on aspects of the cosmic story of Christ such as pre-existence and role in creation, incarnation, death, resurrection and glorification (cf. Col 1:15–20; 1 Tim 3:16). The main elements of the story of Christ are displayed here, along with some unique and enigmatic references to parts of this story seldom depicted in the NT (such as the journey to proclaim to the imprisoned spirits [3:19–20], which has led to much speculation and scholarly discussion).17 It is the suffering and death of Christ, however, that receives the most extended and repeated attention, and this is significant in terms of its relevance to the situation of the recipients of the letter. (2) There are three passages which are particularly dense and significant in terms of the letter’s depiction of Jesus: 1:18–21, 2:21–25, and 3:18–22. These were identified long ago by Hans Windisch as Christuslieder and classically subjected to form-critical analysis by Rudolf Bultmann, who argued that a single christological credal confession (Bekenntnis) underlay 1:20 and 3:18–19, 22, while a separate hymn (Lied) was adapted in 2:21– 24.18 Bultmann’s efforts to distinguish fragments of tradition from the author’s own contributions are, as he partly acknowledges, somewhat speculative, relying on distinctions between what is poetic and prosaic, and on assumptions as to how symmetrical and rhythmic an original creed or song would be. Nonetheless, the observation that these passages contain traditional material seems well-founded, and they constitute important 16 ������������������������������������������������������������������������������������  Both of these texts are enigmatic and much debated, not least with regard to whether Christ’s proclamation was made between death and resurrection – during the so-called triduum mortis – or after his resurrection, on his ascent to glory (see n. 17 below). 4:6 is disputed as to whether or not it refers to a post mortem proclamation made by Christ. See further D.G. Horrell, “Who are ‘the Dead’ and When was the Gospel Preached to Them? The Interpretation of 1 Peter 4.6”, NTS 49 (2003) 70–89. 17  See esp. W.J. Dalton, Christ’s Proclamation to the Spirits: A Study of 1 Peter 3:18– 4:6 (AnBib 23; Rome: Pontifical Biblical Institute, 21989 [1965]), who argues that this was an announcement of Christ’s victory made during his post-resurrection journey – i.e., an ascent rather than a descent. 18  H. Windisch, Die Katholischen Briefe (HNT 15; Tübingen: Mohr Siebeck, 21930 [1911]), 65; R. Bultmann, “Bekenntnis- und Liedfragmente im ersten Petrusbrief”, Exegetica: Aufsätze zur Erforschung des Neuen Testaments (Tübingen: Mohr, 1967 [1947]), 285–97 (orig. in Coniectanea Neotestamentica 11, in honorem Antonii Fridrichsen, Lund: Gleerup, 1–14).

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sources to indicate the author’s (and his predecessors’ and contemporaries’) convictions about the identity and character of Jesus. It is also interesting that these three passages, taken in the order in which they appear in the letter, focus (to some degree) sequentially on the incarnation (1:20), death (2:21– 24), and resurrection (3:21–22).19 (3) It is only in 2:21–25, the extended passage focused on the sufferings and death of Christ, that we get any significant information relating to the earthly life of Jesus. In other words, it is only in this passage that we are presented with any substantial depiction of the character and actions of Jesus the person.20 These verses are therefore crucial and central to the image of Jesus constructed in the epistle. Indeed, they may be seen as central to 1 Peter’s theology as a whole – “der theologische Kern des Briefes” – focused as they are on the idea of doing good and bearing unjust suffering (2:20), following in the footsteps of Christ:21 For to this you have been called, because Christ also suffered for you, leaving you an example, so that you might follow in his steps. He committed no sin, neither was deceit found in his mouth. When he was reviled, he did not revile in return; when he suffered, he did not threaten, but continued entrusting himself to him who judges justly. He himself bore our sins in his body on the tree, that we might die to sin and live to righteousness. By his wounds you have been healed. For you were straying like sheep, but have now returned to the Shepherd and Overseer of your souls (1 Pet 2:21–25, ESV).

Given the uniqueness and importance of 2:21–25 as a depiction of Jesus’ character and actions, and its significance for the theology and ethics of the letter as a whole, it warrants particularly detailed attention. In the following section, I shall focus upon this passage, considering in particular the correlations between this depiction of Jesus and the social experience of the communities – or at least, of some within the communities – to which 1 Peter was addressed.

19  This sequential presentation cannot, however, be overpressed: the resurrection and glorification is also mentioned in 1:21. It is notable, though, that 2:21–25 contains no reference to resurrection, focusing only on the sufferings and death. 20  Some points of contact with the Gospel traditions depicting Jesus as shepherd, and also as one who does not “lord it over” his flock, are also evident in 5:2–4. Particularly notable is the use of κατακυριεύω in 5:3 and in Mark 10:42. 21 �������������������������������������������������������������������������������  ������������������������������������������������������������������������������ E. Reinmuth, “Das Neue Testament und die Zukunft des Politischen”, in E. Reinmuth (ed.), Neues Testament und Politische Theorie: Interdisziplinäre Beiträge zur Zukunft des Politischen (Religionskulturen 9; Stuttgart: Kohlhammer, 2011), 9–24, on p. 24.

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Sociological correlations: suffering Christ and suffering slaves (2:18–25) It is clear that 1 Pet 2:21–25 draws heavily from Isaiah 53; indeed, many recent scholars have seen this passage essentially as some form of midrashic or pesher-like exegesis.22 It has also long been seen as a section of traditional christological material, indicated by the repeated use of the relative ὅς, though some recent commentators have been more sceptical about the “traditional” character of the passage.23 Scholars have also noted the points of contact with the synoptic Passion Narratives, some suggesting that eyewitness testimony is evident in the recollection of the scene of the crucifixion.24 While there is little reason to see specifically eyewitness testimony directly reported here, it is certainly convincing to insist that the passage cannot be solely an example of scriptural exegesis, but must be scriptural exegesis shaped by knowledge of traditions concerning the Passion of Jesus – something I have elsewhere described, using a term drawn from Mark Goodacre’s work, as a “scripturalisation” of the Passion Narrative.25 But alongside scripture and Passion Narrative traditions one other feature is significant for understanding the form and content of this passage, and that is its setting in the context of an admonition to οἰκέται. The “scripturalised” depiction of Jesus in 2:21–25 forms part of the extended section of “household code” instruction (2:18–3:7), which opens with the injunction to household slaves to be submissive to their masters.26 More specifically, the author’s instruction is that these slaves should be submissive even to masters who are wicked and cruel, and even when they are made to suffer. They should endure such unjust punishment, and continue to do good (2:18–20). 22  E.g., W.L. Schutter, Hermeneutic and Composition in 1 Peter (WUNT 2.30; Tübingen: Mohr Siebeck, 1989), 143 (see pp. 138–44); J.R. Michaels, 1 Peter (WBC 49; Waco, TX: Word Books, 1988), 137. 23  E.g., P.J. Achtemeier, 1 Peter (Hermeneia; Philadelphia: Fortress Press, 1996), 192–93; J.H. Elliott, 1 Peter: A New Translation with Introduction and Commentary (AB37B; New York: Doubleday, 2000), 548–50; R. Feldmeier, Der erste Brief des Petrus (THNT 15/1; Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2005), 112. 24  E.g., E.G. Selwyn, The First Epistle of St. Peter (London & Basingstoke: Macmillan, 21947 [1946]), 180; C.E.B. Cranfield, The First Epistle of Peter (London: SCM, 1950), 67; R. H. Gundry, “‘Verba Christi’ in 1 Peter: Their Implication concerning the authorship of 1 Peter and the Authenticity of the Gospel Tradition”, NTS 13 (1967) 336–50, on p. 347. 25  D.G. Horrell, “Jesus Remembered in 1 Peter? Early Jesus Traditions, Isaiah 53, and 1 Pet 2.21–25”, paper presented at the SBL Annual Meeting, November 2011, publication forthcoming. M. Goodacre, “Scripturalization in Mark’s Crucifixion Narrative”, in G. van Oyen/T. Shepherd (ed.), The Trial and Death of Jesus: Essays on the Passion Narrative in Mark (Leuven: Peeters, 2006), 33–47. 26  On this section of the letter and its background, see esp. D.L. Balch, Let Wives Be Submissive: The Domestic Code in 1 Peter (SBLMS 26; Atlanta, GA: Scholars Press, 1981).

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It is to these suffering slaves in particular that Christ is held up as a ὑπογραμμός (v. 21), a pattern to be copied, like the copy over which children traced when learning to form their letters, or an outline sketch which others could fill in.27 It is interesting, therefore, to notice how the depiction of Christ in vv. 21–25 is shaped not only by scripture and Passion traditions, but also by its orientation to the social experience of slaves and the author’s convictions as to how they should behave. Specifically relevant features are as follows: the aim to be a person who does no wrong, and does not use deceitful speech (v. 22); the likelihood of bearing insults and verbal abuse, and the imperative not to respond in like manner (v. 23a); the likelihood of being made to suffer, and the instruction not to retaliate (v. 23b); the experience of being beaten (v. 24). All of these social experiences could of course have been shared by any member of the communities addressed by the letter, particularly given the social prejudice they faced as Χριστιανοί.28 Yet such a catalogue is most likely to have been the everyday lot of the slave. The reference to a beating or whipping is particularly significant: the word μώλωψ is used only here in the NT and is clearly derived from Isa 53:5 (as also in 1 Clem 16.5; Barn. 5.2). It refers generally to a wound, welt, swelling, or bruise caused by blows (e.g., Gen 4:23; Psa 37:6; Isa 1:6) and is used specifically of the welt produced by a whip (Sir 28:17: πληγὴ μάστιγος ποιεῖ μώλωπα).29 It is particularly appropriate in this context for two reasons: it recalls the specific punishments inflicted on Jesus, whose whipping is recorded in the Passion narratives (Mark 15:15 and par.; John 19:1; cf. Matt 20:19//Luke 18:33); and it was a kind of wound likely to be experienced by household slaves, for whom beatings 27  See LSJ, 1877; Selwyn, First Epistle, 92, 179. This verse emphasises one aspect of early Christology (Christ as exemplum) but does not mention the other aspect which stresses the uniqueness of his sacrifice, thus raising certain difficulties in the context of the Pelagian controversy. On these issues, and the Patristic interpretation of 2:21 more generally, see A. Merkt, “Checks and Balances: Is Christ’s Passion an Exemplum Only? Patristic Interpretation of 1 Peter 2:21”, in T. Nicklas,/A. Merkt/J. Verheyden (ed.), Gelitten – Gestorben – Auferstanden. Passions- und Ostertraditionen im antiken Christentum (Tübingen: Mohr Siebeck, 2010), 239–45. 28 ������������������������������������������������������������������������������������  For the application of a “social prejudice” perspective to 1 Peter, see ����������� P.A. Holloway, Coping with Prejudice: 1 Peter in Social-Psychological Perspective (WUNT 244; Tübingen: Mohr Siebeck, 2009). 29  Cf. also Pausanius, Attic. Z. 5; Lucian, Philops. 20.25. See further BDAG, 663.

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were common.30 Sir 23:10 records the common knowledge than an οἰκέτης under constant scrutiny will not lack a μώλωψ (ὥσπερ γὰρ οἰκέτης ἐξεταζόμενος ἐνδελεχῶς ἀπὸ μώλωπος οὐκ ἐλαττωθήσεται). Some commentators deny these specific resonances, claiming that the language here is unlikely to refer specifically to the wounds of slaves.31 There is admittedly unlikely to be any direct allusion to Sir 23.10 here, as Paul Achtemeier points out;32 but that does not make its indication that beatings and its resulting wounds were a common slaves’ experience any less relevant to the interpretation of this passage. More generally, it is clear from the ancient sources that slaves frequently endured verbal and physical abuse, and that such treatment was regarded as particularly, even uniquely, appropriate to slaves. We should not assume that slaves were always ill-treated, nor that their material conditions were in every case worse than those of non-slaves,33 but slaves in particular were regularly subjected to physical, sexual, and verbal mistreatment.34 The experiences depicted as those of Christ are therefore also those most commonly the lot of slaves. The shape and content of 2:21–25, therefore, is shaped not only by scripture and by Passion traditions, but also by its correlation with the social experience of domestic slaves. There is a dialectical interplay here: slaves’ experiences most closely correspond to those of Christ, and his suffering is redescribed in terms that correlate with their everyday experiences. Christ is thus explicitly presented as a paradigm for the attitude and behaviour of such Christian slaves. However, as John Elliott has pointed out, this depiction of Christ is intended more generally as a model for all the letter’s addressees, such that the slaves themselves become paradigmatic for the vocation and experience of the community as a whole.35 The social experience of slaves in 30  Cf. Selwyn, First Epistle, 181, who briefly notes both these points; Elliott, 1 Peter, 536. 31  L. Goppelt, A Commentary on I Peter (Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1993), 214; Michaels, 1 Peter, 150. 32  Achtemeier, 1 Peter, 202 n. 198. 33  Cf. D.B. Martin, Slavery As Salvation: The Metaphor of Slavery in Pauline Christianity (London and New Haven: Yale University Press, 1990), 1–49; K. Bradley, Slavery and Society at Rome (Cambridge: CUP, 1994), 89–92. 34  On slaves as the sexual property of their owners, see J.A. Glancy, “Obstacles to Slaves’ Participation in the Corinthian Church”, JBL 117 (1998) 481–501 and more broadly J. A. Glancy, Slavery in Early Christianity (Oxford and New York: OUP, 2002). Regulations dealing with slaves indicate that cruel treatment – such as abandoning sick slaves (Suetonius, Claud. 25.2), or cutting out their tongues (Justinian, Dig. 21.1.8 [Ulpian]), beatings and torture – was not uncommon. Quintilian, for example, indicates that beatings were seen as a punishment most applicable to slaves (Inst. 1.3.14) and Seneca’s comments on restraining anger show how common was this practice (De ira 3.12.5–7; 3.19.2; 3.32.1–2). On the use of torture, especially at trials, see Bradley, Slavery and Society, 165–73. 35  Cf. J.H. Elliott, A Home for the Homeless: A Social-Scientific Criticism of 1 Peter, Its Situation and Strategy (Minneapolis, MN: Fortress, 21990 [1981]), 206; Elliott, 1 Peter, 523.

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particular forms the social basis for the depiction of Jesus’ suffering, and this suffering is described in terms that make the correlation close, so that the conduct of Jesus can function as a paradigm, both in consolatory and ethical terms.36

Psychological correlations: everyday and extreme forms of suffering The depiction of Jesus in 2:21–25 already indicates a response to the experience of suffering. It is clear that suffering is one of the letter’s central themes, as an experience that seems to characterise those Christians addressed by the letter, and indeed Christians more generally (5:9). The author’s task is not only to instruct people how to behave in the face of such suffering but also to address the psychological problem raised by these experiences: How can suffering be made meaningful and thus existentially bearable? The author is clear that suffering should not come as a surprise (4:12) but is part of what “must be” in the time before the final appearance of Christ (1:6–7). More specifically, it is to be understood as a sharing in the sufferings of Christ (1:11; 4:13), interpreted by Mark Dubis as reflecting the idea of the “messianic woes” that would characterise the end-times.37 In 2:21–25 in particular, the sufferings of Christ are depicted, as we have seen, in a way that correlates them with the experiences of members of the communities, particularly slaves, and thus gives meaning to their suffering by presenting it as a necessary imitation of the paradigm, Christ. In suffering, they are walking in the footsteps of Christ. As Theißen has shown in his recent “psychology of earliest Christianity” various aspects of early Christian religious experience and practice can be understood as occurring in both “everyday” and “extreme” forms.38 The same goes for suffering, which can range from the “moderate” or everyday experiences of hostility and negativity to the more extreme forms of torture, imprisonment, and death. What forms of suffering are evident in 1 Peter? Recent scholarship on the letter, particularly in English, has tended to the view that the suffering envisaged in the letter should be located at the “everyday” end of the spectrum. For example, in an overview of research on the letter, Robert Webb suggests that “the social situation that these Christians are facing is not official Roman persecution, but rather slander and verbal 36  On 1 Peter as consolatory, see Holloway, Coping with Prejudice. 37  M. Dubis, Messianic Woes in First Peter: Suffering and Eschatology in 1 Peter 4:12–19 (Studies in Biblical Literature 33; New York and Oxford: Peter Lang, 2002). 38  Theißen, Erleben und Verhalten.

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abuse intended to discredit them”.39 This consensus has been based in part on the view that the description of trials and persecution found in Pliny’s famous letter (Ep. 10.96) – in Elliott’s forceful words – “bears no substantive resemblance to the situation portrayed in 1 Peter”.40 However, in my view, this recent consensus is mistaken.41 True, there was no systematic or inquisitorial Roman persecution of Christians at this stage, but from Nero onwards the Christians were regarded as potential criminals, who could face negative judgment if and when they were brought to trial through the accusations of fellow citizens. Thus, the spectrum of possible forms of suffering – from everyday insults to possible execution – should not be taken as offering alternative possibilities for the situation of 1 Peter (either informal hostility or judicial persecution) but rather as a continuum in which informal and everyday expressions of hostility could, on occasion, lead to legal process and potentially fatal consequences. Informal hostility and official censure could combine in the accusatorial process to bring about physical suffering and death. A better way to grasp the nature of this stance towards the Christians has recently been proposed by Paul Holloway, who regards it as a form of social prejudice, that is, “a negative social attitude toward members of an identifiable social group based simply on their group membership”.42 This prejudice could find expression in both everyday and extreme (judicial) settings, and while it was not always or consistently enacted in practice, it lay everywhere as a latent threat. Alternatively put, the label Christian was a form of stigma, something that defined in a negative way the whole identity of a person who bore this mark.43 The author’s response to these varied experiences of suffering can be illuminated from a social-psychological perspective. In broad terms, he urges his readers to quietly do what is good, to be submissive and unobtrusive within the social structures they inhabit, in the hope that such quiet conduct will minimise hostility and consequent suffering. “For who will harm you if you are eager to do what is good?” (3:13; cf. 2:12). They are to reverence 39  R.L. Webb, “The Petrine Epistles: Recent Developments and Trends”, in S. McKnight/G. R. Osborne (ed.), The Face of New Testament Studies: A Survey of Recent Research (Grand Rapids, MI: Baker, 2004), 373–90, at p. 383. Cf. also M. Dubis, “Research on 1 Peter: A Survey of Scholarly Literature Since 1985”, CBR 4 (2006) 199–239����������������� , at p. 203. German scholarship has been less inclined to draw this conclusion; see, e.g., Feldmeier, Brief des Petrus, 1–9; Goppelt, I Peter, 41–45. 40  Elliott, 1 Peter, 792. 41  See further D.G. Horrell, “The Label Χριστιανός: 1 Pet 4.16 and the Formation of Christian Identity”, JBL 126 (2007) 361–81, at pp. 370–76; D.G. Horrell, 1 Peter, (NTG; London and New York: T & T Clark, 2008), 53–58. For an overview of research in this area, see T. B. Williams, “Suffering from a Critical Oversight: The Persecutions of 1 Peter within Modern Scholarship”, CBR 10 (2012) 271–88. 42  Holloway, Coping with Prejudice, 21. 43  Cf. Horrell, “Χριστιανός”, 376–77.

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Christ in their hearts, ready to make their defence if asked (3:15), but to do so with meekness and fear (3:16). Also evident in the broad strategy of the letter is an attempt – expressed in terms drawn from social identity theory – to engender a positive sense of group identity, compensating for, and in a sense displacing, the negative verdict expressed by those outside the group. The readers may be alienated from the world (cf. 1:1; 2:11) but they are truly “a chosen race, a royal priesthood, a holy nation, God’s special possession” (2:9). A particular situation of a more extreme kind is probably in view in 4:15– 16, where the list of crimes and the specific label “Christian” – a Latinism likely first coined by Romans – suggest a legal context like that described by Pliny.44 Here, the decision to accept or deny the label “Christian”, the nomen ipsum, is the decisive point, on which the accused’s fate hangs. Here the author presses for a bold acceptance of the name “Christian”, as a means by which God is glorified. In one sense this may be seen as a call to self-stigmatisation: the accused boldly and proudly acclaims their identity, in precisely the terms that imply societal censure, as when Polycarp declares, μετὰ����� ���� παρ� 45 ρησίας ἄκουε· Χριστιανός εἰμι (Mart. Pol. 10.1). The author’s strategy may also be seen as a form of what social psychologists call “social creativity”, that is, where group members “seek positive distinctiveness for the in-group by redefining or altering the elements of the comparative situation”.46 The label Christian is redefined, and claimed as a badge that insiders can proudly wear. There is one specific and distinctive aspect of the author’s portrayal of Jesus that further enables the correlation between the sufferings of Christ and the sufferings of the readers to be closely drawn. Distinctive to 1 Peter is the frequent use of πάσχω to describe the sufferings and death of Christ. The established credal formula Χριστός ἀπέθανεν ὑπερ ὑμῶν/ἡμῶν47 – using a 44  See further Holloway, Coping with Prejudice, 66–72; J.G. Cook, Roman Attitudes Toward the Christians: From Claudius to Hadrian (WUNT 261; Tübingen: Mohr Siebeck, 2010), 240–43. 45  See further D.G. Horrell, “Leiden als Diskriminerung und Martyrium: (Selbst-) Stigmatisierung und Soziale Identität am Beispiel des ersten Petrusbriefes”, in G. Theißen/ P. von Gemünden (ed.), Erkennen und Erleben: Beiträge zur psychologischen Enforschung des frühen Christentums (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2007), 119–32. 46  H. Tajfel/J. Turner, “An Integrative Theory of Intergroup Conflict”, in M.A. Hogg/ D. Abrams (ed.), Intergroup Relations: Essential Readings (Philadelphia: Psychology Press, 2001 [1979]), 94–109, at p. 104 (originally published in W.G. Austin/S. Worchel, ed., The Social Psychology of Intergroup Relations [Monterey, CA: Brooks/Cole, 1979] 33–47). 47  There is frequently variation in the MS tradition between ὑμῶν and ἡμῶν, not least in 1 Peter. While ἡμῶν is characteristic of the Pauline formulations (e.g., 1 Thess 5:10; 1 Cor 15:3), ὑμῶν (etc.) is more typical in 1 Peter, part of what Elliott has called the “for-you-ness” of the letter’s style (Elliott, 1 Peter, 336). Cf. also 1:10, 13, 20, 25; 2:7, 9; 3:18; 4:14; 5:10.

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verb which appears nowhere in 1 Peter48 – becomes Χριστός ἔπαθεν ὑπερ ὑμῶν (2:21). πάσχω cannot derive here from Isaiah 53, since it does not occur there, and, indeed, is rare in the LXX as a whole.49 But it is clearly a favourite of the author of 1 Peter, appearing some twelve times in the letter.50 We cannot be certain about the reasons why the author favoured this verb, but it may plausibly be explained by the dialectical interplay between traditions about Jesus on the one hand (e.g., Mark 8:31 and par) and its relevance to the experience of the addressees on the other. Its use has at least two significant consequences in terms of the correlations drawn between Christ and the recipients of the letter. First, it enables a close link to be drawn between the experiences of Jesus and of the Christians, since the experience of suffering (of various kinds) unites them in common. Second, more specifically, it enables this correlation with the experience of Jesus to apply both to those who suffer in an “everyday” way, through insults and hostility, and to those who suffer in an “extreme” way, up to the point of martyrdom. Unless one were, like Paul, to take Jesus’ dying in a more ritual or symbolic way, allowing living Christians already to participate in it (Rom 6:1–11; cf. 1 Pet 2:24), a direct correlation with Jesus’ dying could only apply to a small number of the community – the martyrs – who were, by definition, no longer among them. But to present Jesus’ suffering as the paradigm to follow enables a psychologically powerful correlation with the experience of all those who suffer difficulties and hardships, however moderate or extreme. “Following in his steps” can thus be meaningfully undertaken by all who experience forms of suffering, and can provide a general pattern for discipleship. Nonetheless, the closest correlations in the depiction presented in 2:21–25 are with the experiences of slaves, whose social experience both shapes and is in turn shaped by the retelling of the story of Jesus’ suffering. Overall, it is evident, then, that the depiction of Jesus in 1 Peter is shaped not only by scripture and by early traditions about Jesus but also by the social and psychological experiences of those to whom the letter is addressed. These experiences do not determine the content of 1 Peter’s depiction of Jesus, nor is a pre-determined Christology simply applied to the situation of the readers. Rather, there is a dialectical relationship in which the depiction 48 ���������������������������������������������������������������������������������������  It does appear in textual variants both here and in 3:18, but is unlikely to be original. See Metzger, TCGNT, 619–20, 622–23; Michaels, 1 Peter, 134 n. f. 49  It appears mostly in (later) writings composed in Greek (2 Macc; 4 Macc; Wisd). Other uses are in Esth 9:26; Amos 6:6; Zech 11:5; Ezek 16:5; Sir 38.16; Ep Jer 1.33. See further W. Michaelis, “πάσχω”, TDNT 5.907–909. 50  At 2:19, 20, 21, 23; 3:14, 17, 18; 4:1 (bis), 15, 19; 5:10. It appears elsewhere in the NT to describe the sufferings of Jesus (e.g., in Mark 8:31 and par; Luke 24:26; Acts 1:3; Heb 2:18; 5:8) but there is a higher concentration in 1 Peter than anywhere else (12/42 of the NT occurrences appear in 1 Peter).

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of Jesus in the letter is both shaped by, and at the same time shapes, the experiences of those who are called to “follow in his steps”.

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The Image of Jesus in 1 Peter and its Paradigmatic Significance

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Max Küchler

Jesus von Nazaret und Schime῾on ben Kosiba Zwei „Könige der Juden“ und ihre Sterne in Texten und auf Münzen

In diesem Beitrag geht es um jene zwei jüdischen Gestalten der römischen Zeit, die sich selbst zwar nie „Könige der Juden“ genannt haben, deren Sterne jedoch gewollt oder ungewollt einen allen erkennbaren königlichen Glanz auf sie warfen: Jesus von Nazaret, dessen Stern im Morgenland aufscheint und Magier veranlasst, den „neugeborenen König der Juden“ in Jerusalem zu suchen, und Schime῾on ben Kosiba, der seinen Stern auf den Revolutionsmünzen des zweiten Jüdischen Krieges anbringen ließ und seinen Partisanen nahe legte, ihn mit dem „Stern aus Jakob“ zu verbinden. In diesem metaphorischen Gebrauch des Sterns bedienten sich die Anhänger von Jesus und von Schime῾on einer hellenistisch-römischen und frühjüdischen Königstradition, die in Wort und Bild verbreitet war und bei ihren Zeitgenossen einen hohen Evidenz- und Überzeugungswert hatte. Aus der Analyse und dem Vergleich des gesamten literarischen und numismatischen Materials soll deutlich gemacht werden, wie ähnlich und unterschiedlich bei Jesus und Schime῾on Angebot und Ablehnung, Transformation und Übernahme königlicher Würden geschahen.

1. Jesus von Nazaret – Ein rebellisches Leben zwischen Königsstern und Kreuzesthron Jesus von Nazaret lebte sein Leben in einer rebellischen Zeit, in welcher es grundsätzlich unmöglich war, unpolitisch von einer „Königsherrschaft“ (βασιλεία) zu sprechen. Dies trifft besonders auf die Zeit nach dem Tod Herodes des Großen (4 v. Chr.) zu, in welcher nach Josephus viele nach der „Königsherrschaft strebten“ und – wie die Hünen Simon und Athrongaios – sich selbst das königliche „Diadem“ aufsetzten, bis der syrische Legat Quinctilius Varus dem gefährlichen Versuch, eine jüdische Königsherrschaft zu errichten, mit der Kreuzigung der 2000 „Hauptschuldigen“ ein schreck-

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liches Ende bereitete (Josephus, Bell II 55–75). Der Grundsatz, dass jeder, der „sich selbst zum König macht, dem Kaiser widerspricht“ (Joh 19,12), formuliert treffend die Rechtfertigung für das todbringende Verhalten der Vertreter der römischen Macht in Palästina gegenüber allen jüdischen Königsprätendenten. Die Herodier und die Prokuratoren machten dabei keinen Unterschied zwischen militärischen Widerstandsgruppen oder messianisch motivierten Aufbruchsbewegungen. Von beiden kennen wir durch die Evangelien und durch Flavius Josephus für das 1. Jh. n. Chr. eine ganze Reihe.1 Stets wurden diese Widerstands- und Aufbruchsbewegungen auf die gleiche Weise erledigt: Ein kurzer Ausritt von Truppen brachte die Zerschlagung der Gruppe und mit der Hinrichtung des Anführers auch das Ende des theokratischen Spuks. Die Jesusgeschichten der Evangelien erzählen, dass auch Jesus dieses Schicksal geteilt hat, dass sich aber in seinem Todesgeschick eine völlig andere Art von Königsherrschaft manifestierte, die auch vom Tod am Kreuz nicht beendet werden konnte. Von den Anhängern Schime῾ons, soweit sie überhaupt überlebten, ist so etwas nicht bekannt.

1.1 Am Anfang der Königsstern In der wunderschönen Geburtslegende Jesu bei Matthäus (2,1–12) erkundigen sich Magier aus dem Morgenland in Jerusalem nach dem „neugeborenen König der Juden“, dessen Stern sie „im Aufgehen“ gesehen hätten. Die Legende braucht – ebenso wie wir späte Leser – nicht zu erklären, aufgrund welcher Sternkonstellation die Magier einen neuen jüdischen König erschließen konnten. Die Legende benötigt dieses himmlische Zeichen im Morgenland offensichtlich, um die Magier in Bewegung zu bringen, damit sie am Königshof des Herodes die erzähldramatisch wichtige, zugleich auch naive Frage nach dem „neu geborenen König der Juden“ stellen können und so die zwei ungleichen Könige miteinander in Reaktion bringen: den real existierenden König Herodes den Großen, der in seinem großartigen Königsschloss in Jerusalem (Josephus, Bell V 176–181)2 residiert, und das neugeborene, unbekannte Königskind, 1  Vgl. Theissen, Jesusbewegung, bes. Kapitel III; ders./Merz, Jesus, 137–146; Liste in Keel/Küchler, Orte, 412–414. 2  Vgl. Küchler, Jerusalem, 496–503.513–517. Ich habe das Jerusalem-Buch Gerd Theißen gewidmet, weil ich es in jener gleichen langen Zeit verfasst habe, in welcher ich seit 1986 mit ihm zusammen die Reihe Novum Testamentum et Orbis Antiquus (NTOA) herausgeben konnte, und benutze diese Fußnote, um ihm an seinem 70. Geburtstag meine Dankbarkeit für die Jahre der Zusammenarbeit und meine wissenschaftliche Verbundenheit und Bewunderung auszudrücken.

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dessen Geburtsort Betlehem die Schriftgelehrten erst aus Mi 5,1 eruieren müssen. Der Stern hat in dieser Geburtslegende eine dreifach hinweisende Funktion, wie der V. 9 in sprachlicher Dichte zusammenfasst:3 Der Stern, den sie beim Aufscheinen gesehen (εἶδον) hatten, führte sie voran (προῆγεν), bis er – gehend (ἐλθῶν) – hingestellt wurde (ἐστάθη) über der Stelle, wo war das Kind.

Der Stern scheint auf und wird sichtbar: Er signalisiert im Orient als aufscheinender Stern eine neue königliche Heilsgestalt und setzt die Suche nach ihr in Bewegung. Der Stern geht und führt voran: Er wird (in Jerusalem) zum Wanderstern und weist den Suchenden den Weg zur Heilsgestalt. Schließlich „wird er (von Gott) hingestellt“ und identifiziert als Fixstern den Heilsbringer. So ergibt sich in literarischer Metaphorik die Bildkonstellation eines Sterns über einem Kind, die besagt: Hier ist der neugeborene König, den ihr sucht, mit allen Verheißungen, die ihr braucht! Dass dieses Kind die bestehenden Machtverhältnisse zu destabilisieren im Stande ist, weist die Metapher von der erdbebenhaften „Erschütterung“ auf, die nach Mt 2,3 den „König Herodes und ganz Jerusalem mit ihm“ ergriff, und die Legende vom anschließenden Kindermord, mit welchem der Despot Herodes seine Herrschaft radikal zu sichern meinte (Mt 2,16–18). Diese bedrohlichen Rahmeninszenierungen verschärfen die erste Aussage noch: Hier ist der ganz andere König, der alle sich absolut gebenden Machtstrukturen in Frage stellt und deren Machtinhaber als Agenten des Todes entlarvt.

1.2 Am Ende die Königsinschrift Am tragischen Ende der Jesusgeschichte wird in den Passionserzählungen aller vier Evangelien die königliche Dimension Jesu auf vielfache Weise in jene grausame Gegenwelt der Räuber und Sklaven eingewoben, die mit der Kreuzigung als dem „schmählichsten Tod“ der Antike bezeichnet ist. Da ist der Auftakt beim Einzug in Jerusalem. Wenn bei Markus noch verhalten gerufen wird: „Gesegnet das kommende Königtum unseres Vaters David!“ (11,10) und Matthäus die prophetische Zeichenhandlung des Reitens auf einer Eselin und deren Füllen mit Sach 9,9 verdeutlicht: „Siehe (Tochter Sion), dein König kommt zu dir“ (Mt 21,5), sprechen Lukas und Johannes es 3

 Vgl. ders., Stern, 179.

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geradewegs aus: „Gesegnet der Kommende, der König, im Namen des Herrn!“ (Lk 19,38) und „Gesegnet der Kommende im Namen des Herrn, der König Israels!“ (Joh 12,13). – Da ist die Anklage der Juden, Jesus habe, indem er die Steuerzahlung verhinderte, „sich selbst einen gesalbten König (χριστὸν βασιλέα) genannt“ (Lk 23,2) und sich dadurch zum Widerpart des Kaisers erklärt (vgl. Joh 19,12b). – Da ist das Verhör des Pilatus, in welchem Jesus als „König der Juden“ befragt wird und dieser mit einem nicht verneinenden „Du sagst es“ (Mk 15,2 par) antwortet, wobei Johannes sofort einen Verweis auf das ganz andere Königtum Jesu, das „nicht aus dieser Welt ist“, einfügt (Joh 18,36). – Da ist der Handel mit dem Aufrührer Barabbas, der anstelle dessen, „den ihr den König der Juden nennt“ (Mk 15,12), freigelassen wird, und das ironisch-zynische Wortduell zwischen Pilatus und den Anklägern Jesu mit der Gipfelfrage: „Euren König soll ich kreuzigen?“ und der schändlichen Antwort: „Wir haben keinen anderen König als den Kaiser“ (Joh 19,15). – Da ist die qualvolle Huldigung der Soldateska vor dem Spottkönig im Purpurmantel und mit Dornenkrone, bei Matthäus noch mit einem Stecken als Zepter (Mt 27,29). – Da ist die Verhöhnung des Gekreuzigten als „des Gesalbten und Königs“, der sich nicht einmal selbst retten kann (Mk 15,32 par). – Da ist schließlich – am abschließenden Höhe- oder Tiefpunkt – die Inschrift am Kreuz,4 die auf provokative Weise den Grund für die Hinrichtung Jesu am Kreuz angibt: „Der König der Juden“ (Mk 15,26 par), nach Joh 19,19f „auf hebräisch, römisch und griechisch“ für jedermann, nicht nur für Juden, verständlich und von Pilatus selbst geschrieben und angebracht. Wenn dann im Johannesevangelium die Hohepriester eine neue (falsche) Aufschrift mit dem Text „Jener sagte: Ich bin der König der Juden“, verlangen, wollen sie richtig gestellt haben, dass Jesus nur ein selbst erkorener Königsprätendent und kein wirklicher König der Juden war. So geben zu Beginn ein Stern über einem Haus, am Ende eine Inschrift am Kreuz den Ort an, wo jener radikal andere König der Juden zu finden ist, der den beiden real existierenden Herrschern über die Juden gegenüber steht: zu Beginn als unbekanntes Kind dem Herodes, am Ende als bekannt gemachter Gekreuzigter dem Kaiser. Beide Male wird er als Rivale wahrgenommen oder proklamiert und tödlich verfolgt. Und beide, die matthäische Kindheitsgeschichte mit dem Stern und die Passionsgeschichte aller Evangelien mit dem Titulus crucis sprechen von einer ganz andersartigen 4  Wie die Aufnahme dieser „Aufschrift“ (Mk 15,26 par Lk 23,38: ἐπιγραφή) oder dieser „Tafel“ (Joh 19,19f: τίτλος) in Cotton/Segni/Eck, CIIP I/1, 62, Nr. 15, zeigt, ist die Historizität einer solchen ostentativen Schulderklärung, tabula albata genannt, höchst plausibel.

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königlichen Dimension Jesu von Nazaret, die im Kind das gerade Gegenteil von Macht und mit dem Kreuz das gerade Gegenteil von Herrlichkeit ist.

1.3 Dazwischen die Zeit der Versuchung zur Königsherrlichkeit Dass sich darin eine Grundentscheidung Jesu von Nazaret und eine Grundverfassung seiner Bewegung manifestiert, machen die Erzählungen von der Versuchung Jesu in der Wüste deutlich, die programmatisch die Zeit zwischen dem königlichen Stern und der königlichen Kreuzesinschrift abdecken. Die kurze Notiz in Mk 1,12f, dass Jesus „in der Einöde vierzig Tage lang von Satan versucht wurde“, wird von Matthäus und Lukas erzählerisch in drei Grundversuchungen Jesu und seiner Bewegung entfaltet: Während die beiden Versuchungen, aus Steinen Brot zu machen und von der Zinne des Tempels von Jerusalem unversehrt herabzuschweben, die Gefahr für die Jesusbewegung aufzeigen, zu einer Sozialinstitution oder einem Mirakelverein zu werden, beschreibt die Versuchung auf dem „sehr hohen Berg“ (nach Mt 4,8–10) genau das Macht- und Herrschaftsproblem, das Stern und Kreuzesinschrift signalisieren: „Erneut nimmt ihn der Teufel beiseite auf einen sehr hohen Berg und zeigt ihm alle Königreiche (βασιλείαι) der Welt und deren Herrlichkeit (δόξα)“. Es geht hier um die Versuchung, der Jesusbewegung eine Machtstruktur zu geben, wie sie die autokratischen Herrscher mit ihrer Prachtentfaltung darstellten. Im Versprechen, „das alles werde ich dir geben, wenn du niederfällst und mir huldigst“ (Mt 4,9), „kann der Satan geradezu als theologische Chiffre für einen Herrscher gelesen werden, der […] sich die freie Verfügung über die Königtümer dieser Welt anmaßt“5, womit am Horizont die römische Kaisermacht und -herrlichkeit aufleuchtet. Dieser Macht und Herrlichkeit versagte sich Jesus radikal, wenn er dem Versucher mit dem Verweis auf Dtn 6,13 entgegen hält: „Dem Herrn deinem Gott sollst du huldigen und ihm allein dienen!“ Diese Antwort ist ein radikales Nein zur eigenen Macht und Herrlichkeit und ein radikales Ja zur alleinigen Entscheidungsmacht Gottes. Sie umschreibt den Sachverhalt, dass Jesus von Nazaret der Versuchung zum weltlichen Königtum widerstanden hat und in seinem Denken und Tun nur eine ganz radikal neu gedachte Königsherrschaft, nämlich jene seines Gottes, einen Platz finden konnte. Dadurch wurde der Jesusbewegung für alle Zeiten verwehrt, sich in dynastische Königs- und Herrlichkeitsvorstellungen zu verlieren, was unabsehbare Folgen für alle und alles hat, was sich theologisch, ethisch und strukturell auf diesen alternativen König beziehen will, und bis heute als 5

 Kügler, König, 25.

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kritischer Maßstab für alle sich christlich nennende Machtausübung zu gelten hat.

2. Schime῾on ben Kosiba – Ein rebellisches Leben unter dem Königsstern Bei Schime῾on ben Kosiba6 befinden wir uns ca. 100 Jahre später, in den Jahren 132 und 133 n. Chr. im judäischen Hinterland, von wo aus der zweite Krieg der Juden gegen die Römer ausgelöst wurde. Die seit der Zerstörung Jerusalems im Lande herrschenden Befehlshaber der Legio Decima Fretensis, die ihr Standlager im zerstörten Jerusalem hatte,7 wurden von der Wucht des Aufstandes überrascht und überfordert. Bis das Imperium die Lage realisierte, die unfähigen Befehlshaber ersetzte und neue Truppen zusammengezogen hatte, erlebte Schime῾on ben Kosiba den Triumph der ersten beiden Jahre. Entsprechend ließ er wie ein selbständiger Herrscher Silbermünzen prägen,8 wobei er jedoch mangels eigenen Silbers für sein Revolutionsgeld schon vorhandene Tetradrachmen und Denare als Prägematerial benutzte und darauf in Bildern und Aufschriften sein neues revolutionäres Programm anbrachte.9 6  Der zivile Name Schime῾on ben/bar Kosibah᾿ (mit Samech oder Sin) ist durch die autographischen Dokumente aus der Wüste Juda und offizielle Bleigewichte (s.u. Anm. 38f) belegt, wobei Kosiba wohl ein Patronym ist. Kein authentisches Dokument Schime῾ons weist den hebräischen Beinamen ben ha-Kochav oder aramäisch bar Kochbah, „Sohn des Sterns“, auf (dazu unten bei Kapitel 4). Der Beiname ben Koziba (mit Zajin), „Sohn der Lüge“, ist stets in den rabbinischen Texten gebraucht und impliziert rückwärts blickend das Scheitern des Krieges (vgl. Schäfer, Aufstand, 51–55). 7  Mildenberg hat sich eindeutig gegen eine Inbesitznahme Jerusalems durch Schime῾on ausgesprochen, weil dessen Münzen sich zwar an vielen Orten Judäas, aber nicht in Jerusalem finden ließen (Mildenberg, Coinage, 85f, map 3; vgl. ders., Bar Kochba). Die insgesamt drei bis heute im Stadtgebiet gefundenen Schime῾on-Münzen (Ariel, Survey, 293) vermögen diesen numismatischen Beweis nicht zu erschüttern (vgl. Zissu/Eshel, Distribution, 160, mit Parallelen). 8  Auch die Aufständischen des ersten Jüdischen Krieges (66–70 n. Chr.) haben auf diese Weise ihre politische Unabhängigkeit demonstriert, nicht aber die ihren griechischen oder römischen Oberherren Respekt erweisenden Hasmonäer und Herodes der Große, die nur Bronzemünzen prägten. 9  Dass die Münzen mit ihren Bildern und Aufschriften Botschaften an die Menschen, die sie brauchten, richteten, zeigt schon die kleine Jerusalemer Episode von Mk 12,13–17 par mit dem Steuerdenar. Der Gebrauch von Münzen als Massenkommunikationsmittel in der Antike für die Propaganda der Prägeherren ist in neuerer Zeit vielfach herausgearbeitet worden, vgl. nur Brin, Message; Hardetert, Propaganda; Fischer, Ideologie; Kenner, ProgrammMünzen; Kreitzer, Images; Trillmich, Münzpropaganda; Eckhardt/Martin, Geld; Schwentzel, L’image officielle.

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Abb. 1 ist ein beredtes Beispiel für das, was eine Revolutionsmünze ist: Diese Silbermünze aus dem zweiten Jahr des Krieges10 zeigt den Feststrauß und die Zitronatsfrucht (Lulav und Ethrog), die man am Laubhüttenfest als Zeichen des Dankes und der Freude über die herbstliche Ernte mit sich trug. Für Schime῾on ben Kosiba waren diese Kultgegenstände so wichtig, dass er – mitten im Krieg – in zwei Briefen, die in den Grotten der Wüste Juda erhalten blieben, seine Mitkämpfer unter Einhaltung der Zehntenvorschrift auffordert, ihm für die Feier des Laubhüttenfestes lulavim und ethrogim zu schicken.11 Schime῾on betont also mit diesem Bild auf der Münze die Festzeiten der Juden als wichtiges Element seines Aufstandes, dessen Endziel die Wiederherstellung des Jerusalemer Tempels und somit die Wiederbelebung des Tempelkultes war. Diese religiösen jüdischen Sehnsuchtsmotive sind im dominanten Vordergrund-Bild des Geldstücks gut zu erkennen. Das ist die primäre Propagandaabsicht des Schime῾on. Im Hintergrund ist jedoch – von der einstigen syrischen Tetradrachme stammend – noch der Kopf Vespasians (69–79 n. Chr.) samt den Zotteln des Diadems zu erkennen. Links oben hat sogar ein Fragment der lateinischen herrscherlichen Aufschrift AUTO[KRATOR] überlebt. Da wurde also die neue revolutionäre Symbolik mit Wucht auf das Haupt jenes Kaisers geschlagen, unter dem im Jahre 70 n. Chr. Jerusalem und der Tempel zerstört wurden. Diese Überprägung des römischen Kaiserporträts mit einem religiösen jüdischen Motiv demonstriert das politische und zugleich hoch theologische Programm des Anführers des zweiten Krieges der Juden gegen das allmächtige Imperium Romanum: Nieder mit dem Kaiser! Für religiöse und politische Freiheit des jüdischen Volkes!12 Mit der folgenden Analyse der großen Silberprägungen von Schime῾on ben Kosiba meine ich aufzeigen zu können, welches Schime῾ons ursprüngliches Revolutionsprogramm war (2.1) und wie er dieses im Lauf der ersten zwei erfolgreichen Jahre seines Krieges so umgestaltet hat (2.2), dass er sich selbst immer stärker ins Zentrum seiner eschatologisch zu nennenden Kriegsanstrengung setzte. Diesen Aufweis ermöglichen nicht nur die Jahresangaben auf der Rückseite der Münzen, sondern vielmehr und präziser, nämlich innerhalb des gleichen Jahres, die Beobachtung der so genannten Stempelverbindungen. Weil die Prägestempel für die beiden Seiten einer Münze aus technischen Gründen ungleich stark beansprucht werden und 10  Die (schwer leserliche) Umschrift der vorliegenden Münze lautet entsprechend: sche(nat) B [le-cher(ut) Jisr]a᾿el, „Jahr 2 der Freiheit Israels“. 11  Yadin/Greenfield/Yardeni/Levine, Documents, 326 (Pap. Yadin 57); vgl. Yadin, Bar Kochba, 128f (aramäischer Brief); 130ff (griechischer Brief). 12  Dass der kaiserliche Feind dabei auf dieser zerschlagenen Münze im Hintergrund sichtbar blieb und sich sogar mit Diadem und als „Auto(krator)“ als nicht ausrottbare dominante Entscheidungsmacht behauptet, ist ein numismatisch-ironisches Zeugnis der damaligen Erfolglosigkeit eines solchen politisch-militärischen Widerstands!

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deshalb nicht zum gleichen Zeitpunkt zerbrechen und ersetzt werden müssen, kann aus der Überlappung der Stempelabdrücke der Vorder- und der Rückseite auf die Abfolge der Münzprägungen geschlossen werden. Die Stempelverbindungen dokumentieren somit – unabhängig von der Jahresangabe – die Übergänge von einem Prägetyp zum anderen und lassen die Veränderungen in den Text- und Bildelementen, also auch der Propagandaabsichten, in ihrer chronologischen Abfolge erkennen.13

2.1 Das Programm des ersten Stempels der großen Silbermünzen (erstes und zweites Kriegsjahr): Der Jerusalemer Tempel! Auf der Vorderseite dieser Prägung ist stets ein Viersäulentempel abgebildet, zwischen dessen innerem Säulenpaar sich eine längliche Truhe mit rundem Deckel, kurzen Füßen und zwei Knöpfen auf der Schmalseite befindet (Abb. 2.a). Sie stellt am Ort, wo auf den griechischen und römischen Münzen jeweils die Statue des Gottes oder der Göttin dieses Tempels abgebildet ist,14 die unabbildbare Präsenz des Gottes Israels anhand des Toraschreins oder der Bundeslade dar. Dass mit dieser Tempelfront der einstige Tempel von Jerusalem angesprochen ist, bezeugt auf den ersten fünf Stempeln deutlich die dreiteilige paläohebräische Umschrift JeR | USCHa | LeM, die den Tempel umfasst.15 Architektonisch ist dieser auch am flachen oberen Abschluss zu erkennen, der für den salomonisch-herodischen Tempel typisch war.16 Der Vergleich mit den Tempeldarstellungen auf Münzen der römischen Zeit macht klar, dass nur Altäre, Schreine, Tore und Stadtmauern einen flachen oberen Abschluss haben, Tempel jedoch stets einen Giebel. Diese beiden speziellen Motive zeigen ganz deutlich, das Schime῾on ben Kosiba von Anfang an als Hauptprojekt seines Aufstandes die Wiedererrichtung des Tempels von Jerusalem propagierte, und zwar wie er einst war, bevor er im Jahre 70 n. Chr. von Vespasian und Titus zerstört wurde.

13  Dies ermöglicht das exemplarisch aufbereitete Corpus der Münzen des zweiten Jüdischen Krieges von Mildenberg, Coinage; die plate illustrations N–R (im nicht paginierten Tafelteil) bringen treffendes Anschauungsmaterial. – Kaufman, Additions, führt die Arbeit Mildenbergs materialiter etwas weiter, verändert aber das Gefüge der Stempelverbindungen des Mildenberg-Corpus, soweit ich zu sehen vermag, nicht. 14  Die Aelia Capitolina-Münzen bilden dazu die exakte römische Variante, die nach dem Krieg reichsweit verbreitet wurde; vgl. Meshorer, Coinage. 15  Mildenberg, Coinage, Nr. 1–26. 16  Vgl. z.B. Keel, Geschichte, 288, Abb. 168 (Tempel Salomos); Ben-Dov, Atlas, 106 (Tempel des Herodes).

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2.2 Die Umgestaltungen in den Bildmotiven und Aufschriften ab dem zweiten Kriegsjahr: Der Sternensohn und sein Tempel! Die anfängliche Motiv-/Bildkonstellation erfährt ab dem zweiten Jahr des Krieges sechs bezeichnende Veränderungen, in welchen sich dank der Stempelverbindungen sozusagen in slow motion die Verschiebungen in der Ideologie und Propaganda und damit die schrittweise Neuformulierung des Bildprogramms durch den Prägeherrn Schime῾on beobachten lassen. Erste Beobachtung: Zusätzliche Abschrankung des Tempels Im zweiten Jahr des Krieges, bei der ersten Auswechslung des Prägestempels der Vorderseite, also ab dem zweiten Stempel dieser Prägung (Abb. 3.a; vgl. 6.a),17 wird unter der Tempelfront die anhin durch einen starken Strich gekennzeichnete Plattform durch eine Abschrankung ersetzt, wie diese in Variationen auch bei Tempelabbildungen auf Münzen von Rom, Zela, Selge, Antiochien in Pisidia und näherhin Samaria zu sehen ist.18 Dies hält sich dann, mit ganz kleinen Änderungen in der Gestaltung der vertikalen Striche, bis zum Ende der großen Silberprägungen durch. Der doch sehr nüchterne Leo Mildenberg vermutet hinter dieser architektonischen Veränderung eine „hitzige Debatte“ bei den Alten unter Schime῾ons Kriegern, die sich noch an den durch die Römer im Jahr 70 zerstörten Tempel erinnern konnten. Diese hätten verlangt, dass der Jerusalemer Tempel auf den Münzen nicht als allein stehendes Gebäude abgebildet werde, sondern wie er einst war, „umringt von Höfen mit Mauern und Balustraden“. Diesem Wunsch nach stärkerer Angleichung des Münzbildes an den ehemaligen Zweiten Tempel sei Schime῾on „ohne Zweifel zur großen Befriedigung der Old-timer“19 nachgekommen, sobald der erste Stempel zerbrochen war. Ob eine solche Auseinandersetzung je stattgefunden hat, sei dahingestellt. Dass aber vom zweiten Stempel der Vorderseite an das Münzbild dem ehemaligen Zweiten Tempel noch stärker glich, ist unbezweifelbar. Zusammen mit dem Toraschrein im Zentrum und mit dem typischen flachen Tempeldach verstärkte sich so die Erinnerungsfunktion des Bildes und proportional dazu natürlich auch die Intensität des Aufrufs zur Wiederherstellung des ehemaligen herodischen (= salomonischen) Tempels. Dass die Erinnerung an den ehemaligen Tempel die Kräfte zur resoluten Verwirklichung eines neuen Tempels wachrufen sollte, war offensichtlich ein zentrales Element der intensiven Werbe- und Motivationskampagne Schime῾ons. 17  Mildenberg, Coinage, Nr. 10–12. 18  Price/Trell, Coins, Fig. 262 (Selge); 264 (Rom); 265 (Antiochien in Pisidia); 302f (Samaria); 330 (Zela). 19  Mildenberg, Coinage, 42.

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Zweite Beobachtung: Einfügung einer Kreuzrosette in die Umschrift Den gleichen zweiten Stempel des zweiten Jahres benutzte Schime῾on für eine weitere Veränderung: Er ließ oberhalb des flachen Tempeldachs, zwischen dem Wav und Schin der Umschrift eine Kreuzrosette mit vier Blättern einfügen, so dass sich die neue Umschrift JeR | U*SCHa | LeM ergab (vgl. Abb. 3.a). Dieses neue, in die Umschrift eingefügte, ja fast eingezwängte Motiv kann sich auf den Stempeln drei bis fünf durchhalten.20 Mildenberg sah den Grund für diesen Eingriff im Architektonischen: Die Kreuzrosette sei eine florale Verzierung, wie sie in den Giebeln auf einem damals eben publizierten Steinfragment von Nabratein (Abb. 4) und auf römischen Münzen mit Tempelmotiven, z.B. des Divus Iulius-Tempels in Rom (unter Octavianus) und mehrerer Stadttempel aus Pontus, Bithynien und Kilikien (Abb. 5) zu finden seien. Diese Deutung scheint mir nicht zutreffend zu sein. Auf den römischen Münzen ist der Stern oder die Rosette immer in den Giebel eingezeichnet oder fest mit ihm als Teil der Architektur (wie die Akrotere) verbunden. Dagegen gibt es bei keiner Prägung von Schime῾on ben Kosiba die geringste Andeutung eines Giebels oder einer architektonischen Verbindung der Kreuzrosette mit dem flachen Architrav. Eher ist, wie gleich gezeigt wird, die gegenteilige Tendenz der stärkeren Isolierung dieser Kreuzrosette zu beobachten. Deshalb ist seine Kreuzrosette über dem Tempel kein Teil der Architektur, sondern ein Teil der Umschrift, in die hinein sie ja gezeichnet wurde.21 Dritte Beobachtung: Isolation der Kreuzrosette durch zweiteilige Inschrift Auffällig ist, dass auf dem dritten Stempel des zweiten Jahres und dann bei allen weiteren Stempeln die dreiteilige, die Tempelfassade umfassende Inschrift JeR | USCHa | LeM zu einer zweiteiligen Inschrift JeRU | SCHaLeM umgestaltet wird, deren beide Teile rechts und links des Tempels angeordnet sind (Abb. 6.a). Dadurch wird die an ihrem hohen Ort verharrende Kreuzrosette isoliert und prangt somit allein über der flachen Tempelfassade: JeRU | * | SCHaLeM. Vorher in der Umschrift fast verborgen oder mindestens diskret untergebracht, hat die Kreuzrosette sich jetzt zu einem Signalzeichen über dem Tempel verwandelt, das – der Fassadenarchitektur entzogen – nicht etwas zur Architektur des Jerusalemer Tempels, sondern zu dessen Bedeutung aussagt, wie Rosetten oder Sterne über oder neben Tieren, menschlichen Köpfen und Gebäuden dies auf vielen Münzen der Antike tun. 20  Ebd., Nr. 13–26. 21  Die Fassade des Tempels, wie sie bei Josephus (Bell II 207–214) und in der Mischna Middot (3,4–4,2) beschrieben ist, mit dem Bild auf den Münzen Schime῾ons architektonisch in Einklang zu bringen, führt bei Hendin, Biblical Coins, 378, Fig. 10.3 (Zeichnung von J.-Ph. Fontanille), zum bemühten Versuch, einen Stern als Symbol für die glänzende Menora in den flachen Architrav oberhalb der Girlande eines Rebzweiges einzufügen.

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Vierte Beobachtung: Mutation der Kreuzrosette zur Sternrosette Vom dritten bis zum fünften Stempel lässt Schime῾on verschiedene Veränderungen an der Kreuzrosette vornehmen. Ihre Blätter, die wie „dicke Punkte“ aussehen, werden durch dünne Linien ersetzt, sodass nicht mehr von einer Rosettenform gesprochen werden kann. Es ist schlichtweg ein vierarmiges Kreuzzeichen oder, wie Mildenberg jüdisch besser formuliert, ein kreuzförmiges Ornament. Diese Veränderungen am Motiv verstärken die dritte Beobachtung, dass es hier nicht um ein ornamentales, florales Architekturelement, sondern um ein Signalzeichen geht. Eine Parallele dazu kann man in den verschieden ausgerichteten Kreuzen in den Diadem-Serien des Herodes sehen, die offensichtlich eine Variation der Stern/Diadem-Serie Jehonatans/Alexander Jannais darstellen, bei welcher ein Stern im Innern des Diadems abgebildet ist (dazu s.u. Kapitel 4.2; Abb. 8.10b). Ab dem sechsten Stempel ist dann definitiv eine prächtige sternförmige Rosette oder ein rosettenförmiger Stern über den flach bedachten Tempel gesetzt (Abb. 7.a). Dieses Stern/Rosetten-Motiv hält sich dann mehr oder weniger schön geprägt bei allen großen Silberprägungen durch, so dass es statistisch überdicht vorkommt und deshalb den nachhaltigsten Gesamteindruck machte und noch macht. Fünfte Beobachtung: Mutation von „Jerusalem“ zu „Schime῾on“ Ab dem sechsten Stempel geschieht gleichzeitig noch eine ganz andere und viel tiefer greifende Veränderung: Der bisherige zweigeteilte Stadtname JeRU | SCHaLeM beidseitig des Tempels wird ab dem sechsten Stempel durch den zweigeteilten Personennamen SCHiMe | ῾ON ersetzt (Abb. 7.a). Auch dies wird bis ans Ende der großen Silberprägungen durchgehalten. Der Ortsname „Jerusalem“ musste somit dem Namen des Prägeherrn Schime῾on weichen! Um die Bedeutung dieses Wechsels auf der Vorderseite richtig ermessen zu können, sind die drei Kategorien von Aufschriften zu beachten, die nach Mildenberg auf den Münzen Schime῾ons zu finden sind:22 Namen und Titel:

Eleazar der Priester, Schime῾on Fürst (nasi᾿) von Israel, Schime῾on oder Schim



Jahr und Ära: Jahr 1 der Erlösung Israels, Jahr 2 der Freiheit Israels



Propagandaparolen: 22

Jerusalem, Für die Freiheit Jerusalems.

 Mildenberg, Coinage, 29.

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Mildenberg hat dabei aber übersehen, dass „Schime῾on“ an die Stelle der Propagandaparole „Jerusalem“ gesetzt und damit selbst zur Propagandaparole wurde. Der Prägeherr wurde dadurch selbst zum Inhalt seiner Botschaft, womit Schime῾on die gleiche Eigenpropaganda betreibt, wie dies auf den außerjüdischen Münzen der Normalfall ist, nur – typisch jüdisch – ohne Porträt des Herrschers. Sechste Beobachtung: Mutation von der „Erlösung“ zur „Freiheit“ Auf der Rückseite der gleichen Münzen wird in diesem erfolgreichen zweiten Jahr des Krieges die Aufschrift bezeichnend verändert: Im ersten Jahr stand auf der Rückseite stets schenat ᾿achat le-ge᾿ullat Jisra᾿el, „Jahr eins der Erlösung Israels“ (Abb. 2.b), wobei das Wort ge᾿ullah, „Erlösung“, eine starke religiöse Komponente im Sinne der Auslösung oder Befreiung durch Gott beinhaltet und in frühjüdischer Zeit mit messianischen Erwartungen verknüpft ist. So kennzeichnet zum Beispiel in Lk 2,38 dessen griechisches Äquivalent λύτρωσις die Erwartung einer Gruppe um die Prophetin Hanna im Tempel.23 Ab der ersten Münze des zweiten Jahres steht auf der Rückseite der Münzen (ab dem 5. Stempel) jedoch die neue Umschrift: schenat B lecherut Jisra᾿el, „Jahr zwei der Freiheit Israels“ (Abb. 3.b.6.b). In jenem zweiten Jahr, in welchem auf der Vorderseite Schime῾on und die Sternrosette zur Propagandaparole gemacht werden, wird – und zwar auf allen Silberund Bronzemünzen in allen Denominationen24 – das religiös-sehnsüchtige Wort „Erlösung“ durch das politisch-profane Wort cherut, „Freiheit“, ersetzt. Damit ist die beobachtbare schrittweise Umgestaltung der Botschaft Schime῾ons zu ihrem Abschluss gekommen. Die Umgestaltung lässt sich einerseits als Politisierung und Personalisierung (Kapitel 3) und andererseits als Neudimensionierung (Kapitel 4) beschreiben.

23  Dies scheint mir trotz Schäfer, Geschichte, 182 (u.ö.), der die Bedeutungsunterschiede zwischen den beiden Wörtern mindert, bei den meisten Stellen der Fall zu sein. Die Wörterbücher von Levy (Wörterbuch; Chaldäisches Wörterbuch) zu den Talmudim, Midraschim und Targumim bestätigen dies sub vocibus für die rabbinische Zeit durchwegs. Dass im ersten Jüdischen Krieg zuerst cherut und erst ab dem zweiten Jahr ge᾿ullah gebraucht wird, widerspricht dem nicht, sondern ist bezeichnend für die unterschiedliche Erwartungshaltung der Anführer zu Beginn der beiden Aufstände. 24  Vgl. die tabellarische Übersicht in Mildenberg, Coinage, 365–386.

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3. Die Politisierung und Personalisierung von Schime῾ons Programm Der Überblick über die Bilder und Aufschriften der ersten beiden Kriegsjahre lässt gewichtige Verschiebungen in der Programmatik Schime῾ons erkennen. Es geschah als Erstes eine schrittweise Politisierung des Programms: Erster Schritt: Zu Beginn des Krieges umfasst auf der Vorderseite der großen Revolutionsmünzen die althebräische, dreiteilige Aufschrift Jer | uscha | lem den Jerusalemer Tempel und bezeichnet diesen klar als Ziel des Aufstandes. Zweiter Schritt: Im zweiten Jahr, sobald der erste Stempel der Vorderseite verbraucht ist, fügt der Prägeherr Schime῾on ein rosetten-, kreuz- oder sternförmiges Motiv in den mittleren Textteil der Umschrift ein: Jer | u*scha | lem, und macht dieses Motiv somit zu einem Teil der Propaganda für Jerusalem. Dritter Schritt: Durch die Zweiteilung der Umschrift zu Jeru | * | schalem wird das rosetten-, kreuz- oder sternförmige Motiv so isoliert, dass es schließlich als Sternrosette wie ein Signalzeichen über dem Tempel steht, der auf der Münze stets stärker dem Bild des ehemaligen Tempels angeglichen wird. Vierter Schritt: Durch den Wechsel der Umschrift von Jeru | * | schalem zu Schime | * | ῾on wird Schime῾on anstelle Jerusalems zum zentralen Propagandaslogan seiner Münzen. Gleichzeitig ersetzt Schime῾on auf der Rückseite die einst herbeigesehnte ge᾿ullah, „Erlösung“, durch das politische Propagandawort cherut, „Freiheit“. Das ergibt als Erstes: Die messianisch gefärbte Ära „Erlösung“ des ersten Kriegsjahres hat einen neuen revolutionär-politischen Namen bekommen. Im zweiten Jahr des Krieges brach bei Schime῾on die Ära „Freiheit“ an! Die Idee der von Gott gewirkten Erlösung Israels war der Idee der vom Prägeund Kriegsherrn geschaffenen politischen Freiheit Israels gewichen! Damit verbunden ist ein Zweites: Indem Schime῾on seinen eigenen Namen in das Propagandafeld auf der Vorderseite stellt, wird eine Personalisierung des Programms auf Schime῾on erreicht. Aus diesen beiden Veränderungen an den Aufschriften ergibt sich eine deutliche Umgestaltung der gesamten Botschaft. Hieß die Botschaft im ersten Jahr: Jerusalem und sein Tempel sind das Erlösungsprojekt Gottes, so lautete sie jetzt: Der Tempel, wie er einst war, und Schime῾on sind die Freiheitsprojekte des mit Gott geführten Krieges.

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4. Die Neudimensionierung von Schime῾ons Programm: Der Stern Als Drittes geschieht seit dem zweiten Veränderungsschritt eine Neudimensionierung des Programms durch das neue, hinweisende Motiv des Sterns oder der Rosette. Doch was bringt dieses Motiv eigentlich Neues? Welches Licht wirft dieser Stern auf den Tempel von Jerusalem, über dem er beim zweiten und dritten Schritt aufleuchtet, und auf Schime῾on, für den er im vierten Schritt seine personenbezogene Propagandaparole verstärkt? Der Sinn des Sternmotivs auf der Schime῾on-Münze wird in der Literatur oft mit einigen rabbinischen Texten verbunden, nach denen Bileams Weissagung von Num 24,17: „Ein Stern (kochav) tritt hervor aus Jakob, ein Zepter erhebt sich in Israel“ sich in Schime῾on ben Kosiba, dem „Sohn von Kosiba“, erfüllt habe und er als bar Kochba, „Sohne des Sterns“, zu verstehen und zu begrüßen sei. Diese Applikation des Bileam-Sterns auf Schime῾on findet sich als Aussage des Rabbi Aqiba ben Joseph, des Rabbi Jochanan ben Torta, beides Zeitgenossen des Schime῾on, und des Rabbi Schime῾on ben Jochai (eine Generation später) in drei rabbinischen Texten, deren ältester im Traktat Ta῾anit 4,8 des palästinischen Talmuds (redigiert im 4./5. Jh.) vorliegt:25 „R. Schime῾on ben Jochai lehrte: ‚Aqiba, mein Meister, legte aus: Ein Stern tritt hervor aus Jakob – Kozeba tritt hervor aus Jakob‘. R. Aqiba sagte [nämlich], als er den Bar Kozebah sah: ‚Dieser ist der messianische König‘. Da sagte R. Jochanan ben Torta: ‚Aqiba, Gras wird aus deinen Kinnbacken sprießen und der Sohn Davids wird immer noch nicht erschienen sein‘.“ 26

Leo Mildenberg hat die messianische Interpretation des Sterns auf den Schime῾on-Münzen als „fatale Fehlinterpretation“ bezeichnet, der die meisten jüdischen Geschichtsschreiber (seit H. Graetz, 1853) und Numismatiker erlegen seien.27 Durch den Beizug der rabbinischen Texte werde methodisch unerlaubt anhand von Texten, die erst Generationen später entstanden sind, der Stern aus Num 24,17 auf ein Einzelmotiv der Schime῾onMünzen appliziert und Schime῾on so zu einer messianischen Gestalt gemacht. Die Münzen als Primärquelle des frühen 2. Jh. n. Chr. dürften nach ihm nicht durch viel später formulierte Aussagen messianisch überformt werden. 25  Die Midraschtexte zu Klgl 2,2 (in Echa Rabba 2,4 und Echa Rabba Buber) sind noch bedeutend später anzusetzen. Sie kolportieren Teilaspekte des Talmudtextes oder bauen den Krieg, die Belagerung von Betar, das Scheitern Schime῾ons und die Vernichtung des palästinischen Judentums erzählerisch bis ins Unerträgliche aus (vgl. Schäfer, R. Aqiva, 86– 90). 26  Krotoshin-Ausgabe 1866 (ND Jerusalem 1969 u.ö.), fol. 68, col. d; vgl. die deutsche Übersetzung von Lehnardt, Ta῾aniyot, 144; vgl. Schäfer, Bar Kokhba War, 2–7. 27  Mildenberg, Coinage, 44f.

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Dieser methodologisch bedingte Verzicht Mildenbergs kann nur aufrechterhalten werden, solange man die späten rabbinischen Texte als isolierte literarische Zeugen betrachtet, die traditionsgeschichtlich als Argument eindeutig zu spät kommen. Es gibt nun aber literarische Befunde (4.1), die dem Verdikt der chronologischen Nachträglichkeit nicht unterworfen sind, sondern aus der Zeit vor Schime῾on stammen und deshalb zum Motivfundus gehören, der Schime῾on längst zur Verfügung stand. Wenn zudem das Motiv des Sterns auch im Gesamt der Motive der antiken jüdischen Numismatik betrachtet und im Dialog mit der griechisch-römischen Ikonographie situiert und interpretiert wird (4.2), kann meines Erachtens eine klare Deutung des Sterns auf den Schime῾on-Münzen vorgenommen werden, die von der methodologischen Kritik Mildenbergs nicht betroffen ist.

4.1 Motivkonstellationen mit Stern in frühjüdischen Texten Wie P. Schäfer mit einer Reihe von Belegen deutlich gemacht hat, kann aufgrund spätbiblischer und frühjüdischer Texte zum Bileam-Stern, „kein Zweifel daran bestehen, dass mit dem Bar-Kokhba-Aufstand und seinem Führer messianische Implikationen verbunden waren“.28 Dass damit auch königliche Vorstellungen verbunden waren, zeigt die LXX-Deutung von Num 24,17 auf einen zukünftigen „Menschen, der aus Israel erstehen wird“, und ergibt sich aus der aramäischen Übersetzung des Verses im Targum Onkelos mit „Wenn aufsteht der König aus Jakob und mächtig wird der Messias aus Israel“. In der frühjüdischen Testamentenliteratur wird Num 24,17 frei auf einen König, Messias, Herrscher und Erlöser hin interpretiert (TestJud 24,5f; TestLev 18,3). Besonders frappant ist die Auslegung des Bileam-Sterns auf „den Gesetzeslehrer, der nach Damaskus kommt“ und des Zepters auf „den Fürst der ganzen Gemeinde“ in der Damaskusschrift (CD 7,18–21). Hier wird der Text nicht einfach auf eine zukünftige und ersehnte Gestalt projiziert, sondern auf die historische, wenn auch geheimnisvolle Person des „Lehrers der Gerechtigkeit“ angewandt. Flavius Josephus sieht einen Grund für den ersten Jüdischen Krieg gerade darin, dass die Juden die Bileam-Weissagung, diesen „zweideutigen Orakelspruch“, „auf einen aus ihrem Volk bezogen“ und dahin gedeutet hätten, „dass einer aus ihrem Land über die bewohnte Erde herrschen werde“ (Josephus, Bell VI 312f), was seines Erachtens eine evidente Fehleinschätzung der Weltlage darstellte (s.u.). 28  Schäfer, Aufstand, 55; vgl. ders., Geschichte, 178: „eine messianische Kom­ ponente“ ist bei Schime῾on „nicht auszuschließen“.

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In die Linie der literarischen Zeugen gehört nun auch die zu Beginn erwähnte Erzählung des Matthäus vom Stern des „neugeborenen Königs der Juden“ (Mt 2,1–12), der nach V. 9 in Betlehem „(von Gott) über der Stelle hingestellt wurde, wo das Kind war“ und damit dieses Kind als Heilsgestalt identifiziert. Der direkte ikonographische Kontext ist für Matthäus jedoch nicht der Bileam-Stern aus Num 24,17, dessen Eigenart es ja ist, aus Jakob hervorzugehen; dieser ist vielmehr dort zu suchen, wo ein Stern über einer Person angehalten und fixiert wird. Diese Variante findet sich in der hellenistisch-römisch numismatischen Tradition mit ihren Ablegern bei Jehonatan/Alexander Jannai und Herodes, wie sich durch einen Blick in die hellenistische und römische Numismatik aufweisen lässt.29

4.2 Motivkonstellationen mit Stern auf jüdischen Münzen und im hellenistisch-römischen Kontext30 In hellenistischer Zeit: Sowohl die Seleukiden als auch die Ptolemäer versahen sich auf ihren Münzen oder Bullen mit einem Stern direkt über ihrer Stirn und einem um das Haupt gelegten Banddiadem mit Zotteln. Der Stern ist dabei eine Übernahme aus der Symbolik der beiden Dioskuren Castor und Pollux, deren Abbild oft den Porträts der Seleukiden oder Ptolemäer zum Verwechseln ähnlich ist. Die heilsame Präsenz der Dioskuren, dieser nahen Götter und Nothelfer, wird damit an die irdischen Herrscher als Garanten des Heils und der Ordnung gebunden.31 Im jüdischen Bereich dieser Zeit treffen wir bei Jehonatan/Alexander Jannai, dem wohl größten und hellenistischsten König der frühjüdischen Dynastie der Hasmonäer, auf die beiden gleichen herrscherlichen Symbole, Stern und Diadem. Diese werden jedoch in ihrer typisch jüdischen, diskreten Variante dargestellt, d.h. ohne Porträt des Herrschers, und (nur) mit dem in die Strahlen des Sterns eingeschriebenen und vom Diadem mit den Zotteln umfassten Namen und Titel ha-melek Jehonatan, „der König Jehonatan“ (Abb. 8).32 29  Mt 2 erweist sich dabei als der beste Paralleltext für den Stern, der auf den Schime῾on-Münzen über dem Tempel und als Teil der personbezogenen Propagandaparole Schime῾ons angebracht ist. Er kann zudem deutlich machen, dass ein Stern in frühjüdischer Zeit nicht einfach ein Ornament ist, sondern königliche Aspirationen birgt, ja auch messianische Färbungen an die mit ihm bezeichnete Person oder Szene abgibt. 30  Ich benütze und aktualisiere dazu meine frühere Arbeit, Küchler, Stern, deren Zitationsnachweise ich hier nicht alle wiederhole. 31  Kyrieleis, Θεοὶ ὁρατοί, 55–72. Die Bildmaterialien sind zusammengestellt in LIMC III/1, 567–635; III/2, Pl. 456–503. 32  Meshorer, AJC I, Typen C; ders., TJC, Group K und L. – Ein winziges fünfstrahliges Sternchen hat Fontanille neulich zudem auf einer Münze Hyrkans I. zwischen dem axialsymmetrischen Doppelfüllhorn und über einem Granatapfel entdeckt (Fontanille,

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In römischer Zeit: Die gleiche Konstellation vom Stern über einer Person in Texten und Münzen hat bei den Römern von Cäsar an ihren klarsten Ausdruck bekommen: Cäsar war der erste Römer, für den ein Stern zum eigenen Symbol wurde, nämlich das oft gepriesene Caesaris astrum oder sidus Iulium, das auf Münzen, Gemmen und Standbildern Cäsars erscheint.33 Dahinter steht die altrömische Tradition des Sterns der Venus, von dem in der römischen Legende seit der Mitte des 1. Jh. v. Chr. bezeugt ist, dass er den Aeneas von Troja nach Rom geleitet habe. Da Venus die legendarische Ahnfrau Cäsars ist und Cäsar selbst im Jahr 48 v. Chr. die ersten Münzen prägen ließ, die Venus mit einem Stern im Haar zeigen, war die Entwicklung vorauszusehen. In Verbindung mit dem während sieben Tagen am nördlichen Himmel Roms „hell und allen Ländern sichtbaren“ Kometen (Plinius, nat. hist. II 93f) kurz nach dem Tod Cäsars (44 v. Chr.), wird der Stern zu einem raffinierten Programm zuerst für Cäsar, dann aber auch für Augustus und für das julische Kaiserhaus verwendet. Augustus ließ über der Cäsarbüste auf dem Forum Romanum einen Stern anbringen, worauf nach Sueton alle Cäsarstatuen einen solchen Stern „über dem Scheitel“ fixiert bekommen hätten (Sueton, Caes. 88). In unserem Kontext besonders treffend ist ein Denar (Rom; 12 v. Chr.), auf dem Augustus einer Statue des vergöttlichten Cäsar dessen Stern, das sidus Iulium, über dem Haupt fixiert (Abb. 9).34 Damit war der Stern zum bleibenden Symbol für Cäsars Dignität und in den Händen der Völker des römischen Reiches zum Wahrzeichen für dessen Vergöttlichung geworden. In der weiteren Entwicklung der kaiserlichen Theologie und Selbstrepräsentation steht dieser Stern als sidus Iulium dann über dem ganzen Zeitalter des Augustus und seiner kaiserlichen Nachfolger, womit die volle ikonographische Verfestigung des Sterns als Symbol für das julische Kaiserhaus und das von ihm heraufgeführte Goldene Zeitalter erreicht war. Im jüdischen Bereich dieser Zeit prägt Herodes der Große etwa zeitgleich seine großen Bronzemünzen mit dem Helm (oder der Dioskurenmütze?) und zwei Siegespalmetten, zwischen denen ein Stern, sein Stern, erscheint (Abb. 10.a).35 Mit dieser auf 31 Prägungen erhaltenen Motivkonstellation glorifiziert er seinen mit dem Schwert im Jahre 37 v. Chr. errungenen Sieg über die jüdische Dynastie der Hasmonäer und die Begründung seiner Unrecorded, 89–91). Dieses erstmalige Erscheinen eines Sternmotivs auf jüdischen Münzen ist offensichtlich schon damals unbemerkt geblieben, weil es völlig vereinzelt vorkam und sehr diskret eingebracht war. 33  Texte und Bilder bei Weinstock, Divus Iulius, 370–384; Pl. 25–28; Pesce, Sidus Iulium, 402–415. 34  Materialien bei Abaecherli Boyce, Augustean Aureus, 1–11; Pl. I; zum propa­ gandistischen Nutzen: Ebner, Stadt als Lebensraum, 138–140; Abb. 19. 35  Meshorer, AJC II, 235, Typ 1: Pl. 1; ders., TJC, 320f, Nr. 48–54; Pl. 44f; Ariel/ Fontanille, Coins, Pl. 1–28 (31 Prägungen).

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eigenen Königsherrschaft. Auf weniger eindrückliche Weise, aber auf insgesamt 50 Prägungen, weisen seine Jerusalemer „Diadem-Serien“36 die gleiche hellenistische Motivkonstellation auf, die schon Jehonatan/Alexander Jannai judaisiert verwendet hat, wobei das herrscherliche Diadem als einfache Schleife mit Zotteln und der Heil verheißende Stern als kleines Kreuz dargestellt werden (Abb. 10.b) und beide vom griechischen Königstitel ΗΡ[ΩΔΟ]Υ ΒΑΣΙΛΕΩΣ, „des Königs Herodes“, umfasst sind. Aus diesem numismatischen Befund kann man ersehen, dass an den beiden Höhepunkten des frühjüdischen Königtums, bei Jehonatan/Alexander Jannai in hellenistischer Zeit und bei Herodes dem Großen in römischer Zeit, der gleiche Sachverhalt festzustellen ist: Die beiden versehen sich mit dem Stern und dem Diadem als dem alten hellenistischen und römischen Symbol heilsamer Präsenz göttlicher Macht. Auch wenn sie Stern und Diadem so in ihre jüdische Bildwelt inkulturieren, dass diese keinen Anstoß erregen – oder in ihrer Anstößigkeit nicht erkannt werden –, meldet sich darin der gleiche Anspruch an wie bei den Münzbildern der hellenistischen und römischen Despoten, nämlich die von Gott her legitimierte und heilvolle Entscheidungsmacht auf Erden zu sein.

4.3 Schime῾ons Stern in seinem hellenistisch-römischen und jüdischen Kontext Setzt man nun die Münzen Schime῾ons aus dem zweiten Kriegsjahr mit dem Namen Schime῾on und dem prächtigen Rosettenstern in diesen längst vorgegebenen und den Leuten bekannten numismatischen Kontext, so stehen Schime῾on und sein Stern in einem klaren traditions- und motivgeschichtlichen Verbund mit den beiden anderen königlichen Sternträgern seiner Zeit. Auch Schime῾on hat sich ikonographisch mit jenem Stern versehen, den schon seine großen königlichen Vorgänger in hasmonäischer und herodischer Zeit, Jehonatan/Alexander Jannai und Herodes der Große, auf ihren Münzen für sich aufleuchten ließen. Mit dem Stern auf seinen Münzen gab Schime῾on seinen Partisanen zu erkennen, dass in ihm ein königlicher Nachfolger zu sehen sei, der wie Jehonatan/Alexander Jannai – dies zeigt auch die Benutzung der paläohebräischen Schriftzeichen – in der großen Linie der davidischen Königsdynastie steht.

36  Meshorer, AJC II, 236, Typen 7–13; Pl. 1f; ders., TJC 222, Nr. 48–54; Pl. 44f; Ariel/Fontanille, Coins, Pl. 34–53 (50 Prägungen); ohne Kreuz: Pl. 54–57. Die Austauschbarkeit der beiden Motive Stern und Kreuz, die wir auch bei Schime῾on ben Kosiba antreffen, wird dadurch bestätigt.

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Dass dabei aber auch die typisch jüdische, literarische Tradition aus Num 24,17 vom „Stern, der hervorgeht aus Jakob“ mitklingt, liegt sehr nahe. Vielleicht kann dazu auch der Sachverhalt beigezogen werden, dass Schime῾on sich seit dem ersten Jahr des Aufstands auf den mittleren Bronzemünzen,37 auf drei offiziellen Bleigewichten38 und in handgeschriebenen Dokumenten39 Nasi᾿ Jisra᾿el, „Fürst Israels“, zu nennen pflegte. Dieser Titel ist seit Ez 37,24ff für den eschatologischen, davidischen König gebraucht und spielt besonders in Qumrantexten eine wichtige Rolle. In der Damaskusschrift ist zum Beispiel das „Zepter“ von Num 24,17 „der Nasi᾿ der ganzen Gemeinde“, der alle Söhne Seths zerschmettert (CD 7,18–21), und in der Gemeinschaftsregel schlägt der Nasi᾿ „die Völker mit der Kraft deines [des Gottes] Mundes und verwüstet die Erde mit deinem Zepter“ (1QSb 5,20– 28). Für alle, die aus der jüdischen Tradition lebten, wies deshalb der Stern auf den Münzen auch darauf hin, dass in Schime῾on die Weissagung Bileams historische Wirklichkeit geworden war, dass er also der erwartete königlichmessianische Sternensohn war, der bar Kochba, der seinen Krieg gegen Rom im Namen Gottes führt und erfolgreich zu beenden gedenkt. Rabbi Akiba hatte dies nur noch zu proklamieren. Dass nach Eusebius von Cäsarea die Juden „Βαρκωχεβας … durch die Kraft seines Namens sklavisch als Stern verehrten, der den Bedrängten vom Himmel herabgestiegen und ihnen aufgeleuchtet sei“, stellt eine christliche Negativvariante dar (Eusebius, h.e. IV 6,2), in welcher sich das jüdische, messianisch-königliche Verständnis des Sternensohns widerspiegelt. So kann man abschließend formulieren: Ob man eher aus der hellenistischrömischen oder eher aus der jüdischen Traditionswelt kam – beide Welten waren ja schon lange eine enge Symbiose in Palästina eingegangen –, man vernahm ab dem zweiten Kriegsjahr auf den Münzen in Nuancen die gleiche Botschaft vom Nasi᾿ Schime῾on, in dessen Krieg gegen die Römer sich ein neues Königtum der Juden ankündigte, das über die Sternenträger Jehonatan/ Alexander Jannai und Herodes hinaus auch mit messianischen Zügen ausgestattet war. Jehonatan und Herodes saßen ehemals fest auf ihrem Thron, geduldet von den Seleukiden oder gehalten von den Römern. Schime῾on ben Kosiba hat es nicht auf den Thron geschafft, weil es die Zeiten nicht mehr gestatteten, d.h. weil die Römer es nicht mehr zuließen. Deshalb signalisiert der Stern bei Schime῾on nicht Besitz von Macht und Segenskraft, sondern nur deren Verheißung. Deshalb bezeichnet der Stern Schime῾on letztlich 37  Mildenberg, Coinage, 367f. 38  Kloner, Lead Weights, 58–67; Deutsch, Lead Weight, 96ff; Fig. 1. 39  Yadin/Greenfield/Yardeni/Levine, Documents, 326 (Pap. Yadin 57); Yadin, Bar Kochba, 14.

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noch nicht als real existierenden König, sondern als propagierten, noch zu realisierenden König, als einen Königsprätendenten.

5. Zwei unterschiedlich gescheiterte Könige der Juden Bei Jesus und bei Schime῾on haben wir es mit zwei historischen Gestalten zu tun, über denen – literarisch oder/und numismatisch – je ein Stern angebracht wurde, der sie als Könige der Juden proklamierte. Dieser Stern bedeutete zuerst einmal eine Verheißung von Heil, die auf diesen beiden Personen und deren Lebensschicksal lag. Bei beiden musste sich diese Verheißung in der Geschichte bewähren, in der real existierende Herrscher ihr König- oder Kaisertum errichtet hatten und mit allen Mitteln zu halten versuchten. Beide sind jedoch geschichtlich gescheitert: der Sternensohn im Kampf bei Betar, das Sternenkind Jesus am Kreuz auf Golgota. Der Unterschied, der nun Welten zwischen die beiden Gestalten und ihr Schicksal setzt, besteht darin, dass Jesus von Nazaret der Versuchung zur eigenen Königsherrschaft grundsätzlich widerstanden hat. Schime῾on hingegen hat ihr nachgegeben, wie sein Name und Stern auf den Münzen beweisen. Jesus hat im Unterschied zu ihm bis zum bitteren, ja bittersten Ende, die Königsherrschaft Gottes im Zentrum seines Lebens belassen. Damit hängt zusammen, dass die Christen gerade im Scheitern ihres Königs, der dies nie sein wollte, den Anbruch der Königsherrschaft Gottes verstehen konnten, einer Königsherrschaft, die sich, wie sie glauben und die Offenbarung des Johannes es vorführt, gegen Rom durchsetzen wird, gegen jene „große Stadt, welche die Herrschaft über die Könige der Erde hat“ (Apk 17,18). Deshalb konnte der frühchristliche Seher am Ende seiner Visionen „den Thron Gottes und des Lammes“ im neuen Jerusalem errichten und seine Knechte darum herum versammeln. In einer eschatologischen Überhöhung jeglicher literarischen oder numismatischen Sternsymbolik malt er schließlich ein neues Bild: „Über ihnen wird der Herr, ihr Gott, leuchten“ – es braucht in dieser neuen Welt ja keine künstlichen oder natürlichen Gestirne mehr! – „und sie werden als Könige herrschen (βασιελεύειν) während der Äonen der Äonen“ (Apk 22,5). Schime῾on seinerseits hat auch alles verloren: Seinen Stern, sein Königtum, seinen Krieg, sein Volk, sein Jerusalem und seinen Tempel. Er hatte jedoch keine Partisanen, die sein schlimmes Ende in einen Triumph zu verwandeln verstanden. Vielleicht blieben einfach keine übrig, weil alle, die an ihn glaubten, mit ihm zugrunde gegangen sind. So stand er am Ende seiner messianischen Hoffnungsgeschichte, die seine Münzen bezeugen, als ben Kozibah, als „Sohn der Lüge“, dar, wie die rabbinischen Texte belegen. Der

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ungläubige Realismus seiner jüdischen Zeitgenossen, welche die Weltlage richtig einschätzten, musste diesen Nasi᾿ Schime῾on als Lügner bezeichnen und ins Abseits der Geschichte definitiv gescheiterter Königsprätendenten stellen. Sein Stern war für diese Realisten längst vergeben. Der Jude Flavius Josephus hatte schon gegen Ende des 1. Jh. berichtet, dass über Jerusalem vor Ausbruch des ersten Jüdischen Krieges „als Warnung Gottes ein schwertähnliches Gestirn (ἄστρον ῥομφαία παραπλήσιον) stand (ἔσθη) und ein Komet ein ganzes Jahr verharrte“, also verweilende Unglückssterne die Stadt als Ort des Unheils und der baldigen Zerstörung bezeichneten. Die BileamWeissagung vom „Stern, der aus Jakob aufgeht“ (Num 24,17), meinte nach Josephus gerade nicht „einen aus ihrem Volk“, sondern musste auf „die Herrscherwürde Vespasians, der in Judäa zum Kaiser ausgerufen wurde“, angewandt werden.40 Das Rom des Kaisers war für ihn der Ort, über dem der Stern verharrte und im Sinne der kaiserlichen Epiphaniepropaganda die heilende Präsenz Gottes verhieß. Der königliche Stern wurde dort zur Strahlenkrone umgestaltet, wie dies vielfach auf den Münzen der römischen Kaiser zu sehen ist. Schime῾on ben Kosiba war zur falschen Zeit gekommen. Er musste angesichts des sich unerbittlich durchsetzenden römischen Imperiums scheitern. Der Stern, den er auf seinen Münzen eng mit seinem Namen verbunden hatte, erlosch mit seinem Tod im Jahr 135 n. Chr. und mit ihm seine messianisch-königlichen Ansprüche und sein großes Projekt der Wiedererrichtung des Tempels. Der Stern auf seinen Münzen dokumentiert jedoch bis heute sowohl seinen unzeitgemäßen Versuch, in die Reihe der Könige der Juden wie Jehonatan/Alexander Jannai und Herodes einzutreten, wie auch die Versuchung zum irdischen Königtum, der er nicht widerstanden hat. Der Christ Matthäus hingegen hatte etwa zur gleichen Zeit wie Flavius Josephus den Stern seines neugeborenen Königs der Juden an einen anderen, durch Mi 5,1–3 messianisch aufgeladenen Ort wandern lassen (Mt 2,9b). Das unscheinbare Haus des Kindes in Betlehem war für ihn der Ort, wo der Stern angehalten wurde (Mt 2,9c) und dadurch Jesus als die wahre Epiphanie Gottes im davidischen Messiaskönig auswies. In den Versuchungsgeschichten des Matthäus und des Lukas wurde dann deutlich, dass dieser geheime König der Juden es radikal verwirft, zum Herrscher „aller Königreiche der Welt“ (Mt 4,8; vgl. Lk 4,5) zu werden, womit die irdische Herrschaft als Versuchung der Jesusbewegung gebrandmarkt ist, der seither von den Christen in der Nachfolge ihres Herrn ebenso widerstanden werden muss. Der Königsstern Jesu wurde ja zur Dornenkrone umgestaltet, nicht 40  Josephus, Bell VI 312f (die „zweideutige Weissagung“); vgl. die ausführliche Darlegung aller jüdischen Interpretationen bei Schalit, Erhebung.

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wie beim Kaiser zu einer Strahlenkrone, und Jesu Königsthron war das Kreuz. Dass an diesem seinem Anti-Thron die Tabula albata gegen alle damalige theologische Vernunft41 behauptete: „(Dieser ist) Der König der Juden“ (Mk 15,26 par), kann christlich nur im Sinn eines ganz anderen, nämlich eines gekreuzigten Königtums verstanden werden. Das Eigentliche am Königtum Jesu von Nazaret besteht darin, dass beides zusammengedacht werden muss: Der Stern über der Wiege und die Tabula über dem Kreuz. Weil die Christen diese irre theologische Leistung vollbrachten, konnten sie im gescheiterten Gekreuzigten auf Golgota jene königliche Macht und Segenskraft erkennen, die als Stern über seiner Wiege aufschien. Nur wer das ganz Andere seines Königtums anerkennt, darf überhaupt den Titel „König“ für ihn brauchen. Dieser hat dann keine royalistische Konnotation mehr. Er heißt dann vielmehr: Da hat einer gelebt und da ist einer gestorben, der ganz im Dienst „der Königsherrschaft Gottes“ stand, ganz im Dienst jenes Gottes, der allein letztbestimmende Größe sein darf und deshalb entscheidende Heilsmacht sein und bleiben kann.

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Abbildungen

Abb. 1: Silbertetradrachme (2. Kriegsjahr) von Schime῾on ben Kosiba, Rückseite mit den Motiven Lulav (Feststrauß) und Ethrog (Zitrone) und der paläohebräischen Umschrift sche(nat) B le-cher(ut) Jisra᾿el, „Jahr 2 der Freiheit Israels“, überprägt, aber im Umriss gut sichtbar, der Kopf des Kaisers Vespasian, darüber lateinisch AUTO[KRATOR]. (Abraham Bromberg Collection II, 46, Nr. 11 und Titelrückseite; gez. v. U. Zurkinden)

Abb. 2: a = Silbertetradrachme (1. Kriegsjahr), Vorderseite, Viersäulentempel mit dem Toraschrein im Zentrum und der dreiteiligen Umschrift jr|wsch|lm, „Jer|uscha|lem“. – b = Rückseite mit Lulav und Ethrog und der Umschrift schenat ᾿achat le-ge᾿ullat Jisra᾿el, „Jahr eins der Erlösung Israels“. (Ancient Coins, Nr. 543; gez. v. U. Zurkinden)

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Abb. 3: a = Silbertetradrachme (2. Kriegsjahr), Vorderseite, Viersäulentempel mit dem Toraschrein im Zentrum, einer zusätzlichen Abschrankung und einer Rosette in der dreiteiligen Umschrift jr|w*sch|lm, „Jer|u*scha|lem“. – b = Rückseite mit Lulav und Ethrog und der Umschrift sche(nat) B le-cher(ut) Jisra᾿el, „Jahr 2 der Freiheit Israels“. (Ancient Coins, Nr. 558; gez. v. U. Zurkinden)

Abb. 4: Steinfragment (wohl eines Toraschreins) mit ornamentalen, vielblättrigen Rosetten im Giebel, aus der Synagoge von Nabratein, Galiläa. (Mildenberg, Coinage, 44, Fig. 12; gez. v. U. Zurkinden)

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Abb. 5: Vier Münzen (im Uhrzeigersinn) aus Rom (Tempel des Divus Iulius, unter Augustus), Nikomedia (Bithynien; unter Caracalla), Zela (Pontus; unter Septimius Severus) und Anazarbos (Kilikien; unter Severus Alexander) mit in den Giebel der Tempelfront eingezeichnetem/r Stern/Rosette. (Architekturdarstellungen, Nr. 39.49.118.239; gez. v. U. Zurkinden)

Abb. 6: a = Silbertetradrachme (2. Kriegsjahr), Vorderseite, Viersäulentempel mit dem Toraschrein im Zentrum, der zweiteiligen Umschrift jrw|+|schlm, „Jeru|+|schalem“, und einem isolierten kreuzförmigen Ornament (vgl. Abb. 10.b). – b = Rückseite mit Lulav und Ethrog und der Umschrift sche(nat) B le-cher(ut) Jisra᾿el, „Jahr 2 der Freiheit Israels“. (Ancient Coins, Nr. 560; gez. v. U. Zurkinden)

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Abb. 7: a = Silbertetradrachme (undatiert; ab 3. Jahr), Vorderseite, Viersäulentempel mit dem Toraschrein im Zentrum, der zweiteiligen Umschrift schm|*|῾on, „Schime|*|῾on“ und einem isolierten Stern. – b = Rückseite mit Lulav und Ethrog und der Umschrift le-cherut Jeruschalem, „für die Freiheit Jerusalems“. (Ancient Coins, Nr. 591; gez. v. U. Zurkinden)

Abb. 8: Bronzemünze von Jehonatan/Alexander Jannai mit einem Stern im Innern eines Diadems; in die Strahlenintervalle ist in paläohebräischen Buchstaben hmlk jhwntn, „der König Jehonatan“, eingeschrieben. (Meshorer, AJC I, 61; vgl. ders., TJC 37, Abb. 35; gez. v. K. Küchler)

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Abb. 9: Denar des L. Cornelius Lentulus (Rom, 12 v. Chr.): Augustus setzt einer Statue Cäsars als divus Iulius einen Stern auf; Umschrift: L. LENTULUS FLAMEN MARTIALIS. (Numismatische Bilddatenbank Eichstätt; gez. v. U. Zurkinden)

Abb. 10: Bronzemünzen Herodes des Großen; a = Helm (oder Dioskurenmütze) mit darauf fixiertem Siegesstern. – b = Diadem mit eingezeichnetem kreuzförmigem Ornament und Umschrift ΗΡ[ΩΔΟ]Υ ΒΑΣΙΛΕΩΣ, „des Königs Herodes“ (vgl. Abb. 8). (Ariel/Fontanille, Coins of Herod, XIII; gez. v. U. Zurkinden)

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Jona in der Jesustradition des ersten Jahrhunderts auf der Grundlage literarischer und archäologischer Zeugnisse

Der neue Fund eines Jona-Fisch-Graffitos aus dem Jerusalem vor der Katastrophe des Jahres 70 n. Chr. gibt Anlass, die Geschichte des Jonamotivs in der Jesusüberlieferung erneut aufzurollen und die Trägergruppen der verschiedenen Jona-Zeugnisse zueinander in Beziehung zu setzen.

1. Das Jonamotiv in der literarischen Tradition 1.1 Ebene des historischen Jesus 1. Q 11,31f:1 Im von nachösterlicher Christologiebildung noch unberührten Doppelwort von Südkönigin und Ninivitern vergleicht sich Jesus mit dem Gericht und Umkehr predigenden Propheten Jona, dessen Gerichtsbotschaft das Unheil von Ninive abwendete, weil die Stadt Ninive die in der Gerichtspredigt gegebene Chance be- und ergriff. In doppelter Weise verleiht Jesus in diesem sprachlich kunstvollen2 Logion seiner Umkehrpredigt an Israel Nachdruck. Das Jesu Hörer Herausfordernde liegt darin, dass ausgerechnet Heiden ihre Chance ergriffen, sich Gott zuzuwenden (dgl. Q 7,9; 10,13f). Das heißt, Jesu Hörerschaft in Israel wird bei ihrer Ehre gepackt, Heiden nicht nachzustehen.3 Zusätzlich spornt 1  Vorausgesetzt wird im Folgenden der griechische Text der Critical Edition of Q des International Q Projects, leicht zugänglich z.B. bei Hoffmann/Heil, Spruchquelle. 2 �����������������������������������������������������������������������������  Wie in der Rhetorik üblich, werden Paradigmen aus der Geschichte aneinandergereiht (vgl. Hebr 11): Salomo-Südkönigin, Jona-Ninive (Q 11,31f); ähnlich Noah-Sintflut und Lot-Sodom in Q 17,26–30. Vgl. z.B. Dormeyer, Literaturgeschichte, 143ff. Der Text scheint aus dem Aramäischen übersetzt; das artikellose „Königin vom Süden“ in Q 11,31 semitisiert. 3  Ähnlich Röm 11,13f. Jesus reizt darüber hinaus auch in Q 17,26–30 mit dem Blick auf Nichtisraeliten seine Hörer sich umzuorientieren. In diesem Text werden allerdings nicht positive Beispiele paganen Hinwendens zu Gott genannt, sondern negative, die Sintflutgeneration und die Sodomiter, die Jesu Hörerschaft in Israel zur Warnung dienen sollen: Israel wird gleichfalls im nahen Endgericht aus der Gottesherrschaft ausgegrenzt werden, wenn es sich nicht auf die in Jesus anbrechende (Q 11,20) Gottesherrschaft einlässt (Q 12,8). Kohärenz

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das Logion dadurch an, dass es behauptet, Jesu Botschaft überbiete die des Jona (Q 11,32); sein weisheitlich und prophetisch geprägtes Verkünden sei „mehr als Salomo“ und „mehr als Jona“. Das Mehr liegt im Kontext jesuanischer Verkündigung darin, dass Jesus endgültiges Richten und endgültiges Herrschen Gottes ansagt. Wie sich das Schicksal der Niniviter an ihrer Reaktion auf die Jonapredigt entschied, besiegelt der Hörer Haltung zu Jesu Umkehrbotschaft deren Schicksal im Gericht: Kehren sie nicht um, werden die Nichtjuden aus dem Süden und aus Ninive, die sich zu Gott kehrten und gerettet wurden, sie im Zeugenstand des Endgerichts „verurteilen“. Auch im Menschensohnwort Q 12,8f formuliert Jesus die Korrespondenz zwischen jetziger Reaktion auf sein Wirken und künftigem Gerichtsgeschick, ohne sich dort selbst mit dem Weltrichter zu identifizieren. Am vorösterlichen Ursprung von Q 11,31f zu zweifeln, bietet sich kein Anlass. Jesus zeigt in seinem Rückgriff auf Jona das Selbstverständnis eines Propheten. Das Motiv des Auferstehens verbindet Q  11,31f bezeichnenderweise noch nicht mit Jona, sondern mit der Südkönigin und den Ninivitern, die Gott zu Endgericht und Zeugenstand wiedererwecken wird. Eine Auferstehungssymbolik der Seemonstergeschichte Jonas dagegen bleibt außerhalb des jesuanischen Horizonts. Noch der Erste Clemensbrief teilt bei seiner Jonarezeption den jesuanischen Fokus auf den Umkehr predigenden Propheten: „Der Herr gab von Geschlecht zu Geschlecht denen, die sich zu ihm bekehren wollten, Gelegenheit zur Buße … Jonas kündigte den Ninivitern Katastrophe an, doch die, welche umkehrten …, erlangten Rettung“ (1Clem 7,5ff). Auch der christliche Rahmen vom Vierten Esrabuch behielt denselben Fokus bei: Als Bußprediger für die paganen Niniviter wird Jona zu einem der prophetischen Führer des neuen Volkes aus den Heiden, also der Heidenkirche stilisiert (4Esr 1,39f). Auf die Seemonstergeschichte und ihre mögliche Auferstehungssymbolik wird kein Bezug genommen. 2. Q 11,16.29f: (16) Einige aber ersuchten vom ihm ein Zeichen. (29a) Er aber sagte: Diese Generation ist eine schlechte Generation. (b) Sie fordert ein Zeichen, (c) und ein Zeichen wird ihr nicht gegeben werden, (d) nur das Zeichen des Jona. (30) Denn wie Jona den Ninivitern

zwischen diesen Logien wird sichtbar, nicht nur Kontinuität zur Gerichtspredigt des Täufers (Q 3,7ff.16b–17). Dass Q 11,31f Jesu Verkündigung entgegenstehen könnte, weil Jesus „bis zum Schluss seines Wirkens Israel zur Buße gerufen“ habe (Luz, Matthäus, 275), ist nicht einsichtig: Das Drohwort soll gerade Israel zur Neuorientierung antreiben. Auch Luz (275) verwirft deshalb schlussendlich den Gedanken und versteht Q 11,31f wie Q 13,28 und vielleicht sogar Q 10,13f „als letzten, dringlichen Appell an Israel“.

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zum Zeichen wurde, so wird auch der Menschensohn dieser Generation zum Zeichen werden.

Wer nicht Q  11,16.29f von vornherein als Gemeindebildung verstehen möchte, wozu kein hinreichender Grund besteht, sondern von einem vorösterlichen Kern ausgeht, hat nicht weniger als sieben mögliche Modelle für den Überlieferungsprozess des Logions V. 29f abzuwägen. Ein vorösterlicher Ursprungstext umfasste: Alternative [I] V. 29a–c.4 [I.1.–2.] Nachösterlich wird zunächst die Ausnahme V. 29d angefügt, später V. 30, um diese Ausnahme zu erklären. – Variante zu letzterem: Möglicherweise existiert der V. 30 als selbständiges, aber nachösterlich gebildetes Logion bereits, bevor er an V. 29d angefügt wird.5 [I.3.–4.] Nach Ostern werden V. 29d.30 zusammen angefügt. – Variante: Möglicherweise existiert V. 30 bereits vorher als selbständiges Logion, und V. 29d wird als Brücke zwischen beide Logien konstruiert.6

Alternative [II] V. 29a–d. [II.1.–2.] V. 30 wird nachösterlich angefügt.7 – Variante wiederum: Möglicherweise existiert V. 30 bereits vorher als selbständiges Logion.

Alternative [III] V. 29f.8 Wie nähmen sich Modelle I und II auf der Ebene des historischen Jesus aus? Die Passage Q  11,16.29a–c(d?) (par Mk 8,11f) stellt eine selbständige Tradition dar, die erst sekundär aufgrund gemeinsamer Stichworte („Jona“, „dieses Geschlecht“, „Niniviter“) mit dem Drohwort Q  11,31f verbunden wurde;9 sie behandelt ein anderes Thema als Q 11,31f, indem sie als Scheltrede das Zeichenfordern der Jesuskritiker und Jesu Reaktion darauf wieder4 Dafür, den ältesten Bestand (ohne Jona) in Q 11,29c enden zu lassen, plädierte z.B. Lührmann, Logienquelle, 42. 5 Letzteres erwägt z.B. Luz, Matthäus, 274. Die Frage, wann V. 30 als selbständiges Logion entstanden sein könnte, ist m.E. eindeutig zu beantworten: nach Ostern. Vorher würde der Vers nur in Verbindung mit einer Zeichenforderung wie V. 16 Sinn machen, so dass es aberwitzig wäre, V. 30 zu einem von den V. 16.29 unabhängigen vorösterlichen Logion zu deklarieren. Nach Ostern hingegen könnte V. 30 als selbständiges Logion gebildet worden sein (s.u. Textabschnitt [c] nach Anm. 25). 6  Letzteres (Modell I.4.) erwägt Sato, Prophetie, 283. 7  Für Q 11,30 als sekundäre Erweiterung z.B. Kloppenborg, Formation, 130; Schürmann, Reich, 164. 8  Für ursprüngliche Einheit von Q 11,29f als Jesuswort z.B. Bayer, Predictions, 131. 9  Gegen ursprüngliche Einheit spricht, dass sich nur Q 11,32 mit Q 11,29f thematisch verbindet (d.h. Salomo im jetzigen Zusammenhang überschießt) und Markus zwar eine

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gibt. Da Wundertaten ambivalent sind – auch ein böser Geist vermag, Dämonen auszutreiben (Q  11,15) – fordern die Kritiker ein eindeutiges Zeichen vom Himmel zum Ausweis der göttlichen Vollmacht Jesu. Jesus verweigert sich dem Ansinnen (Modell I). Am vorösterlichen Anker der Tradition zu zweifeln, bestünde kein Anlass. Die Frage stellt sich lediglich, ob auch bereits Q  11,29d – „außer dem Zeichen des Jona“ – dem ältesten vorösterlichen Traditionsbestand angehörte (Modell II). Markus hätte den Jonahinweis dann als zu rätselhaft herausgestrichen,10 denn er kannte nicht das authentische Jesuslogion Q 11,31f, das seinem Verständnis auf die Sprünge hätte helfen können (s. gleich). Das Modell II wäre denkbar. Für den historischen Jesus hätte das „Jonawunder“ in seinem eigenen Wirken in Israel darin bestanden, dass seine Predigt bei vielen in Israel, bei zumindest einem halben Tausend (1Kor 15,5), ja, zuweilen wohl sogar bei Heiden (Q 7,9; vgl. 10,13f), Erfolg zeigte – wie es bei Jonas Predigt gewesen war (Q  11,32) –, denn diese vielen kehrten um, folgten ihm nach und wandten sich dem anbrechenden Gottesreich zu („Jonawunder“ in Modell II = Predigterfolg Jesu). Ähnlich verbuchte Paulus, nach Legitimation für seinen Apostolat befragt, seine erfolgreiche Gemeindegründung in Korinth als Beweis seines Gottgesandtseins, so dass ihm andere Legitimationserweise überflüssig erschienen (2Kor 3,1–3). Entgegen dem üblichen Sprachgebrauch, der in der Regel kosmische Ereignisse als „Zeichen“ gelten ließ (s.u. Anm. 18), ist ein derart verstandenes Jona-Zeichen unscheinbar, gleichsam ein „Nichtzeichen“, das den „Begriff ‚Zeichen‘ verfremdet“,11 darin aber genau der jesuanischen Zeichenverweigerung entspricht. In dem prophetischen Scheltwort von Q 11,29a–d hätte Jesus sich – wie in Q 11,32 – dem Propheten Jona wiederum typologisch entsprechend gesehen. Q 11,29a–d, für sich allein genommen, ergäbe mithin durchaus einen kohärenten Sinn.12 Parallele zu Q 11,29a–c bietet, aber Q 11,31f nicht kennt. So auch Luz, Matthäus, 273 Anm. 8; 275. 10  Ähnlich z.B. Kloppenborg, Formation, 130. 11  Luz, Matthäus, 279. 12  Nicht gesehen von z.B. Luz, Matthäus, 274, der V. 29a–d, für sich allein genommen, als unverständlich abtut. – In eine andere als hier vorgeschlagene Richtung weist Schmitt, Zeichen, 128, zur Interpretation des Jonazeichens. In den Vitae Prophetarum des 1. Jh. n. Chr. (10,10f) wird unter dem Eindruck des Jüdischen Krieges formuliert, dass Jona vorausgeahnt habe, dass das Ende nahe bevorstehen und Jerusalem zerstört werden würde, wenn ein Stein schreien (vgl. Hab 2,11) und viele Heiden in der heiligen Stadt sich aufhalten würden. Galten ein schreiender Stein und vermehrte Heidenpräsenz in Jerusalem als Jonazeichen? Die Prophetenviten würden das einzige Indiz (nicht einmal einen Beleg) für eine solche Vorstellung liefern. Und stammte Q 11,29d erst aus der Zeit des Jüdischen Krieges oder danach? Vor allem aber, wieso könnte ein schreiender Stein Jesu Vollmacht erweisen? Nicht Jesus (vgl. Lk 19,40– 44) hatte einen schreienden Stein als Omen des Jerusalemer Untergangs geweissagt, sondern

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Modell III. Falls auch noch Q  11,30 zur ursprünglichen Textebene gehörte, verschöbe sich der Sinn. Auf der Ebene des historischen Jesus könnte Q 11,29f paraphrasiert lauten: (29) Es wird kein Zeichen zum Erweis des Gottgesandtseins Jesu geben „außer dem des Jona. (30) Wie Jona den Ninivitern zum Zeichen“ wurde, „so wird (Futur) der Menschensohn“ ein Zeichen zum Erweis der göttlichen Vollmacht Jesu „für diese Generation werden“, denn er wird diejenigen, die sich in Israel aufgrund der Jesuspredigt im Hier und Jetzt dem ankommenden Gottkönig zuwenden, im Endgericht retten und die anderen verurteilen.

Der Menschensohn wird somit bestätigen, dass die jetzige Reaktion der Hörer auf Jesu Verkündigen über deren eschatologisches Heil entscheidet, und so den vollmächtigen Charakter der Jesuspredigt im Nachhinein belegen – was die Aufgabe des geforderten Zeichens ist. Der Halbvers Q 11,30b läge auf derselben Argumentationsebene wie Q  12,8f. Im Rahmen der Verkündigung des historischen Jesus wäre er vorstellbar. Noch von einer anderen Seite her gälte es, letzteres zu testen. Passt das „Menschensohn“ von Q 11,30b zur übrigen Verkündigung des historischen Jesus? Da in der synoptischen Tradition (a) „Menschensohn“ allein im Munde Jesu zu hören ist und dies obendrein häufig, (b) Jesus keine weitere eschatologische Hoheitsbezeichnung in den Mund nimmt, (c) nirgends offen sich mit dem Menschensohn identifiziert sowie (d) das frühe Entstehen einer nachösterlichen Menschensohnchristologie sich am besten erklärt, wenn irgendein vorösterlicher Anlass dafür gegeben war, liegt es nahe, einige Menschensohnworte dem historischen Jesus selbst zuzuschreiben,13 und zwar am ehesten die, welche „Menschensohn“ nicht als Selbstbezeichnung verwenden, sondern vom Menschensohn im apokalyptischen Sinne14 als eschatologischem Weltenrichter und Retter in der dritten, das heißt, einer anderen Person als Jesus reden (v.a. in Q 17,26–30 und Q 12,8f/Mk 8,38).15 Q 11,30b würde diese Kriterien erfüllen und somit den Kohärenztest bestehen.

Zusammengefasst würde der vorösterliche Jesus nach Modell III auf die Forderung nach legitimierenden Zeichen hin antworten, dass es nur ein Zeichen geben werde: Der noch nicht mit Jesus identifizierte Menschensohn wird durch sein eschatologisches Gerichtshandeln nachträglich beweisen, dass Jesu jetziges Wirken göttlich bevollmächtigt ist – und zwar dadurch, dass er als Weltenrichter die Rezipientenreaktion gegenüber Jesu jetzigem Wirken zum Maßstab seines Gerichtshandelns erheben wird. den Prophetenviten zufolge Jona. Das heißt, Q 11,26d in der Schmittschen Lesart wäre sinnlos im Kontext der Zeichenforderung der Jesuskritiker. 13  So z.B. auch Becker, Jesus, 251f. 14  Zur Figur des individuellen Weltenrichters, die auf dem noch kollektiv verstandenen „Menschensohn“ von Dan 7,13.22.27 basiert, s. evtl. Targum zu Dan 7,13f (dazu Koch, Menschensohn, 82f), dann vor allem 1Hen 37–71 (spätestens 1. Jh. n. Chr.) und nach 70 n. Chr. 4Esr und syrBar. 15  Würde der historische Jesus in diesen Texten von sich selbst sprechen, müssten wir ihm eine „Verhüllungsstrategie unterstellen“ (Becker, Jesus, 252), worauf nichts weist.

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Das Futurum in Q 11,30b spricht dagegen, diesen Halbvers auf die Linie der Menschensohnworte einzutragen, die auf ein gegenwärtiges Wirken des Menschensohns abheben (Q 9,58; 7,34; Mk 2,10.28 u.ö.).16 Freilich, ein Problem steht dem Modell III im Wege. Was bedeuteten bei dieser Lesart die Formulierungen „Zeichen des Jona“ und „Jona wurde für die Niniviter zu einem Zeichen“ (29d–30a)? (a) War Jonas Auftritt als Gerichtsprophet für Ninive ein warnendes Vorzeichen vor dem Gottesgericht?17 Eine solche Lesart würde aus dem Rahmen des üblichen Sprachgebrauchs herausfallen, in dem kosmische Geschehen als warnende Vorzeichen galten.18 Zwar wäre diese Schwierigkeit überwindbar, wenn der ungewöhnliche Semeion-Gebrauch als Ausdruck der jesuanischen Zeichenverweigerung begriffen würde (s.o.). Doch lohnt es nicht, diese Spur weiter zu verfolgen, denn es bliebe einerseits im Dunkeln, wieso eine warnende Gerichtsandrohung im Kontext von V. 29 einen legitimierenden Charakter haben könnte, und andererseits, worin die Analogie zwischen dem Gericht predigenden Jona und dem im Eschaton Jesus legitimierenden Menschensohn eigentlich bestünde.19 (b) Eher wäre im Rahmen des Modells III vorauszusetzen, dass die Niniviter von der wundersamen Errettung Jonas aus dem Meer wussten20 und durch dieses Wunderzeichen sich überzeugen ließen, Jonas Buß- und Gerichtspredigt ernst zu nehmen. Das Jonawunder von Jon 2 hätte die göttliche Legitimation des Gerichtspropheten (in Jon 3) ausgewiesen – so wie das wundersame Erscheinen des eschatologischen Menschensohnrichters die göttliche Legitimation Jesu erweisen wird. Möglich wäre diese Lesart. Sie beinhaltete noch nicht ein auferstehungstypologisches Deuten des Jonawunders von Jon 2. Doch steht zweierlei gegen diese Lesart. Einerseits wäre die Vorstellung, dass die Niniviter vom Meerwunder erfuhren und dieses als legitimierendes Zeichen begriffen, im Judentum singulär.21 Andererseits wird wiederum die Analogie Jona/Menschensohn nicht recht plausibel. Das tertium comparationis wäre lediglich ein schwaches, denn es bestünde darin, dass in beiden Fällen eine Predigt zwar göttlich legitimiert würde, jedoch nur durch höchst unterschiedliche Ereignisse. Beide Wider16  Gegen z.B. Luz, Matthäus, 275, wo das Futur ignoriert wird. 17  Vgl. z.B. Kloppenborg, Formation, 132f. 18  Z.B. Lk 21,7.11.25; Mt 24,3; Mk 13,4.24f; Joel 3,3; Jes 13,10; 34,4. 19  Beide unterscheiden sich deutlich. Jona wirkte im Gegensatz zum Menschensohn nicht als Richter, sondern nur als ansagender Prophet. Vor allem führte seine Gerichtspredigt zur Rettung Ninives, während der Menschensohn „diese böse Generation“ (Q  11,29) verurteilen wird. 20  Vgl. z.B. Bayer, Predictions, 138. 21  Von Jonas Errettung aus dem Meer hören zwar Jonas Hausgenossen (3Makk 6,8) und die Seeleute (PRE 10), jedoch nicht die Niniviter. Auch wenn PRE 10fin das Erretten Jonas aus dem Meer ausdrücklich den „Zeichen“ zuordnet, ist Ninive nicht Adressat.

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haken, vor allem der zweite, sind der Wahrscheinlichkeit dieser Lesart abträglich, so dass Modell III den Modellen I und II unterliegt.

1.2 Q 11,16.29f auf nachösterlicher Verstehensebene Auch wenn das Futurum ein Deuten auf gegenwärtiges Leben, Wirken oder (Buß)-Predigen des Menschensohns ausschließt,22 bleiben zum Test verschiedene Lesarten, denen gemeinsam ist, dass sie nunmehr vom InEinssetzen des Menschensohns mit Jesus ausgehen.23 (a) Wie Jona als Bußprediger den Ninivitern zum Zeichen wurde (11,30a), so werde ich als Weltenrichter-Menschensohn dieser bösen Generation zum Zeichen werden (11,30b). Freilich, worin die Jona/Menschensohn-Analogie läge, bliebe auch bei dieser Lesart undeutlich, da jener nur Gericht ansagte, welches dann nicht eintrat, während dieser richten und „diese böse Generation“ verurteilen wird. Ungeklärt bliebe zudem, inwiefern ein Bußprediger zum (legitimierenden) „Zeichen“ werden kann. (b) Gangbarer wäre: Wie Jonas wundersame Errettung aus dem Meer (Jon 2) den Ninivitern zum Zeichen wurde, welches den Propheten legitimierte,24 so wird mein wundersames Auftreten als himmlischer Weltenrichter-Menschensohn die göttliche Legitimation meines jetziges Wirkens nachträglich erweisen. Ich werde dann diesem Geschlecht zeigen, dass seine Reaktion auf meine jetzige Predigt über sein eschatologisches Heil entscheiden wird, und so belegen, dass meine jetzige Verkündigung vollmächtig ist.25 Doch worin liegt wiederum die Analogie zwischen Jona und Jesus? Lediglich darin, dass beider Wirken als göttlich bevollmächtigt legitimiert 22  S.o. bei Anm. 16. Die Lösungsfindung durch Spekulation über eine aramäische Textversion mit präsentischem Sinn aufzublähen, verbietet sich methodologisch. 23  Für den Sinn macht es deshalb keinen Unterschied, ob „Menschensohn“ lediglich als Umschreibung der ersten Person verstanden wird oder nicht. Wer das Futurum ernst nimmt, wird so oder so an der eschatologischen Richterfunktion nicht vorbei kommen – wenn er nicht von vornherein auf die Auferstehungsinterpretation (s. gleich Punkt c) zugehen will. Zu philologisch-aramaistischen Problemen der Erste-Person-Umschreibung Vögtle, „Gretchenfrage“, 31–64. 24 ������������������������������������������������������������������������������  Nach Ostern hätten Christen so die für das Judentum einmalige Vorstellung geschaffen, dass die Niniviter um die Jonaerrettung von Jon 2 wussten (so wie später in PRE 10 die Seeleute vom Fischwunder wussten; s.o.). Methodisch stehen wir vor dem Dilemma, dass wir auf irgendeiner Traditionsebene das naive Voraussetzen der Kenntnis des Fischwunders bei den Ninivitern ansiedeln müssen – wenn wir nicht bei der soeben zurückgewiesenen Lesart (a) stehenbleiben wollen. 25  Mora, Signe, 57ff, möchte mit Blick auf Q  11,31f für die Q-Ebene noch weiter konkretisieren: Der auferstandene Menschensohn-Weltenrichter wird dann die bekehrten Heiden „diese böse Generation“ anklagen lassen. Die Analogie Jonazeichen/Menschensohnzeichen wird so jedoch noch mehr vernebelt.

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werden kann. Die Legitimationsarten selbst haben nichts miteinander gemein. (c) Wesentlich glatter fällt die Jona/Jesus-Analogie aus, wenn bereits auf der nachösterlichen Q-Ebene das Jonawunder von Jon 2 auferstehungstypologisch als dem Auferstehen Jesu analog gedeutet wurde: Kein Zeichen, „nur das des Jona. Wie Jona für die Niniviter ein Zeichen wurde“, indem er aus dem Bauch des Seeungeheuers nach drei Tagen von Gott befreit wurde (so dass den Ninivitern seine Legitimation als gottgesandter Gerichts- und Bußprediger deutlich wurde), so wird Jesus, der Menschensohn, nach drei Tagen aus dem Schlund des Todes befreit und auferweckt werden als ein göttliches Zeichen, welches „für dieses Geschlecht“ das Wirken des irdischen Jesus nachträglich legitimieren wird. Der Vers Q 11,30 läge dann auf der Linie der nachösterlichen Worte vom sterbenden und auferstehenden Menschensohn (Mk 8,31; 9,9.31; 10,33f.45; 14,21.41), auch wenn in Q diese Linie sonst nicht weiter verfolgt wird. Matthäus freilich hätte den Sinn von Q  11,30 „richtig“ verstanden, als er in Mt 12,40 expressis verbis Jon 2 typologisch auf Jesu Sterben und Auferstehen deutete.

1.3 Zusammenfassung zu Q 11,16.29f mit Blick auf Mt 12,40; 1Kor 15,4 und zeitgenössische jüdische Quellen Unter dem Strich ist der Überlieferungsprozess von Q 11,16.29f nicht bis ins Letzte zu klären. Auch wenn Modell III die geringste Wahrscheinlichkeit für sich verbuchen kann, verbleiben die Modelle I und II als gleichwertige Möglichkeiten für den, der nicht voreilig und grundlos den gesamten Text zur nachösterlichen Bildung erklären will. Mindestens V. 29a–c wird im vorösterlich-jesuanischen Kontext verständlich; doch gilt letzteres auch für V. 29a–d. Vers 30 dagegen reiht sich erst nach Ostern an. Mit Jesu Totenauferstehen wurde das Jonazeichen erst auf der matthäischen Textebene expressis verbis in eins gesetzt. Doch auch für Q  11,16.29f ist dieses Verständnis gut möglich; ja, es erwies sich auf der nachösterlichen Verstehensebene m.E. als das plausibelste (s.o. Punkt c).

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Vers

Historischer Jesus

29d ohne 30

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Nachösterlich

Erfolg der jesuanischen Predigt als Legitimationserweis

Sinn wie ⇐ bzw. ⇓

⇒ nicht nur Modell I, auch Modell II ergäbe Sinn

29d–30

30 (allein oder mit 29d)

* **

♦30b: das Jesus legitimierende „Jonazeichen“ = der Menschensohn wird (Futur) die jetzige Hörerreaktion auf Jesu Predigt als Kriterium im Endgericht verwenden (Jesus nicht mit Menschensohn identisch)

♦dito, wie mittlere Spalte (jedoch Jesus = Menschensohn)

♦29d–30a: entweder (a) Jonazeichen für Niniviter = Jonas Bußpredigt = warnendes Vorzeichen vor dem Gottesgericht ⇒ Dilemma I,* ⇒ Dilemma II,**

♦dito, entweder (a) dito

oder (b) das Jona in Ninive legitimierende Zeichen = seine Rettung aus dem Meer ⇒ Dilemma II,**

oder (b) dito

⇒ Modell III ergibt keinen rechten Sinn

⇒ Lösungen (a) und (b) überzeugen nicht, deshalb:

⇒ Dilemma I, ⇒ Dilemma II,

⇒ Dilemma II

(c) Die Rettung aus dem Fischbauch war den Ninivitern ein die Predigt des Jona legitimierendes Zeichen, wie die Rettung des Menschensohn Jesus aus dem Tod ein dessen Predigt legitimierendes Zeichen für diese Generation sein wird.

Dilemma I: eine warnende Gerichtsandrohung kann im Kontext von V. 29 keinen Jona legitimierenden Charakter haben; sie selbst bedarf der Legitimation ⇒ kein Sinn Dilemma II: Analogie Jona/Menschensohn nicht plausibel ⇒ kein Sinn

Tab. 1: Sinnfüllungen für „Jonazeichen“.

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Über eine Generation vor Matthäus hatte bereits in den dreißiger oder vierziger Jahren die Formel von 1Kor 15 Jesu Verweilen im Tod in auffälliger Parallelität zu Jon 2 auf drei Tage beziffert.26 Die Zeitangabe bedeutet, dass dem Petrus entweder am „dritten Tag“ nach der Kreuzigung tatsächlich seine erste Vision widerfuhr oder dass die erste Vision nach der Kreuzigung nachträglich in Ermangelung genauer Zeitangaben in Anlehnung an Jon 2 und andere Schriftstellen auf den dritten Tag datiert wurde.27 Wie immer dem sei, in jedem Fall sahen die Autoren der Formel zwischen Jesu Tod-Auferstehungs-Schicksal und Jon 2 (sowie Hos 6,2; Gen 22,4–19) eine Parallele, denn sie versahen „am dritten Tag“ mit dem Zusatz „nach den Schriften“. 1Kor 15,4 stellt somit den ersten literarischen Hinweis auf eine auferstehungstypologische Deutung von Jon 2 dar. Der Jonatext selbst hatte den Anstoß dazu gegeben, denn bereits Jon 2,3f.6 verglich des Propheten Bedrängnis mit dem Tod. Einmal ins christliche Denken eingeführt, erfreute sich Jonas typologisch deutbare Seeungeheuergeschichte von Jon 1,1–2,11 besonderer Beliebtheit im Neuen Testament: Zwölf der 19 möglichen Jonabuchanklänge im Neuen Testament beziehen sich auf diese Geschichte.28 Im zeitgenössischen Judentum dagegen wurde die Seemonstergeschichte von Jon 2 sehr lange nicht auferstehungstypologisch gelesen, wenn sie denn überhaupt interessierte. Tob 14,4.8 rekurriert allein auf Jonas Unheilsprophetie über Ninive. Für alexandrinische Juden des 1. Jh. v. Chr. (3Makk 6,8f) wird Jonas Erretten aus dem Fischbauch zwar zur Trostgeschichte; von paganen Nachbarn bedrängt, wenden sie sich mit Blick auf Gottes Erretten 26  Weniger nah dagegen andere alttestamentliche Parallelen. Hos 6,2 redet formelhaft von zwei bzw. drei Tagen. In Gen 22,4–19 finden das Opfer bzw. die schlussendliche Schonung Isaaks vorm Tode am dritten Tage statt. In Ex 19,11.16 wird Gott am dritten Tage aktiv, aber es geht dort nicht um Erretten aus Todesnot, sondern um den Sinai-Bundesschluss. Nach Philo, VitMos I 163, beträgt die Distanz des Exodus von Ägypten nach Kanaan drei Tagesreisen; nach Josephus, Ant II 315, die Reise Israels von Ägypten ans Rote Meer ebenfalls drei Tage. In Gen 42,17f befreit nicht Gott, sondern Josef am dritten Tag seine Brüder aus der Haft (noch entfernter die Parallelen Esr 8,15; Est 4,16–5,3 sowie die anderen von BerR, 56 zu 22,4f, und EstR, 9 zu 5,1ff, genannten alttestamentlichen Stellen). 27  Darüber hinaus könnte die jüdische Sitte, am „dritten Tage“ nach einer Bestattung zum Grab zurückzukehren, um zu prüfen, ob der Beigesetzte wirklich tot war, einen weiteren Grund für die Auferstehungsdatierung geliefert haben. Zu dieser Sitte s. eine Baraita im allerdings erst aus dem 3. Jh. n. Chr. stammenden jüdischen Traktat Semahot (8,1). „Drei“ ist statt „dreißig“ in der Überzahl der Manuskripte zu lesen; nur so macht das Prüfen von Lebenszeichen am Verstorbenen Sinn (vgl. Safrai, Home, 784f). Wurde darüber hinaus der „dritte Tag“ unter dem Eindruck von Logien wie Lk 13,31ff formuliert? So Lehmann, Auferweckt, 185. 28  1Kor 15,4; Mt 12,40; 16,4 (von Matthäus im Sinne von 12,40 verstanden); 8,24; 23,35; Mk 4,37; 4,41 (bis); Lk 21,25; Joh 11,50; Apg 27,19; Apk 11,13fin. Die drei kursiven Stellen heben auf die Auferstehungsthematik ab. Kein Bezug auf die Seeungeheuergeschichte, aber auf das Jonabuch: Mt 2,10; 11,21; 12,41; 26,38; Mk 14,34; Lk 10,13; 11,32.

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Jona in der Jesustradition des ersten Jahrhunderts

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des Jona aus dem Meer, des Daniel aus der Löwengrube und der Freunde aus dem Feuerofen bittend an Gott. Doch knüpfen sie keine Auferstehungshoffnungen an Jonas Seeabenteuer-Geschichte.29 Phrygische Juden augusteischer Zeit listen Jona neben den Erzvätern und anderen Propheten zwar als einen der im Eschaton von den Toten Auferweckten auf, doch wird die Fischgeschichte damit in keinen Zusammenhang gebracht (Sib. II 248, zugehörig zur jüdischen Grundschrift). In den Vitae Prophetarum geben palästinische Juden des 1. Jh. n. Chr. in 10,6 die Legende wieder, Jona sei der Sohn der Witwe von Zarepath gewesen,30 den Elija von den Toten auferweckte, um „ihm zu zeigen, dass es unmöglich ist, vor Gott wegzulaufen“.31 Das Auferweckungsmotiv knüpft sich hier gerade nicht an die nur kurz an anderer Stelle (10,2) erwähnte Seeabenteuergeschichte an, sondern an die Elija-Zarepath-Geschichte von 1Kön 17. Josephus erzählt zwar die Seegeschichte, interessiert sich aber nicht für mögliche Auferstehungssymbolik (Ant IX 206–214).32 Erst spätere jüdische Quellen nähern sich – vermutlich unter christlichem Einfluss – einer solchen Typologie an. PRE 10 vergleicht den Fischbauch wie Jon 2,3 mit der Tiefe der Scheol:33 Er zeigte ihm den Gehinnom, … die unterste Scheol … Herr der Welt, … hebe mich empor! Du wirst genannt der, welcher tötet und lebendig macht: Siehe, meine Seele ist dem Tode nahe, so mache mich lebendig!“

MekhJ Ex 12,1 (2a) schließlich bringt, angelehnt an Jon 1,12–15, wie die Christen das Motiv der Stellvertretung ins Spiel: Jona ging weg, um sich selbst im Meer dem Untergang zu weihen … Ebensolches findest du bei den Vätern und Propheten, dass sie sich selbst für Israel dahingaben.

29  Ähnlich ist in den sechzehn „Hellenistischen Synagogengebeten“ des 2./3. Jh. n. Chr. (erhalten in den Büchern 7 und 8 der Apostolischen Konstitutionen) der Jona im Walfischbauch (6,11) einer der Prototypen des zu Gott betenden Gerechten (11,3). Aber auch hier liegt kein Bezug zur Auferstehungsthematik vor. Ebenso wenig wie in der Mishna (mTaan 2,4): „Der, der Jona im Fischbauch antwortete, wird dir antworten und dein Schreien heute hören. Gesegnet seist du, Herr, der du in Notzeit auf Beten antwortest.“ 30  Wesentlich später ebenso PRE 33; MTeh Ps 26,7 (110b). 31  Auch PRE 10 und bSan 89ab werden sich später für Jonas Auftragsverweigerung interessieren; bSan 89ab obendrein (wie Modell II oben) für die Umkehr der von Jonas Gerichtsprophetie Bedrohten. 32  Dasselbe gilt für die auch Jona einschließende Liste mehrerer Propheten, die sich eschatologisch geäußert hätten: AscJes 4,22 (ein freilich christlicher Zusatz vom Ende des 1. Jh. n. Chr.). 33  „Bauch der Scheol“ auch im Midrash Jalq Jon 4. MTeh Ps 26,7 (110b) dagegen: „Er wurde im Schlund der Fische geläutert … aber er starb nicht, sondern Gott gebot dem Fisch, Jona aufs trockene Land zu speien.“

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2. Der neue Jona-Fisch-Graffito in einem Jerusalemer Felsengrab 2.1 Der Fund in seinem Kontext Pünktlich zur Passionszeit 2012, kaum dass der Aschermittwoch verstrichen war, wartete publikumswirksam der Dokumentarfilmer Simcha Jacobovici mit einer neuen archäologischen Überraschung zu den frühesten Jesusanhängern auf. Fünf Jahre zuvor hatte er zusammen mit Oscarpreisträger James Cameron (Titanic, Avatar) Schlagzeilen mit der kühnen These gemacht, ein Felsengrab im Jerusalemer Wohnviertel Talpiyot berge die Knochenkisten der Familie Jesu. Die Theorie ging wie die Titanic unter.34 Doch dieses Mal arbeitete das Dokumentarfilmer-Team seriöser, mit Lizenz der israelischen Antikenbehörde und am Arm professioneller Stützen.35 Fast drei Kilometer südöstlich der Jerusalemer Altstadt, wieder im Wohnviertel Talpiyot, unweit eines Einkaufszentrums und kaum 45 Meter vom umstrittenen „Jesus“-Familiengrab entfernt, führte das Team vom Keller eines Apartmentkomplexes aus eine Roboterkamera endoskopisch in ein unterirdisches Mausoleum ein. Der israelischen Antikenverwaltung war die Felsengruft seit Bauarbeiten des Jahres 1981 bekannt.36 Versiegelt und überbaut, wurde sie nie ausgegraben – auch jetzt nicht, um ultraorthodoxen Nachbarn entgegenzukommen, die die Totenruhe hüten. Die Grabstätte datiert ins 1 Jh. n. Chr. Vor der Katastrophe von 70 n. Chr., als noch in Ossuarien zweitbestattet wurde, setzte hier draußen vor der antiken Stadt in ländlicher Umgebung, in der Nähe von Zisternen, einer Olivenpresse und eines jüdischen Ritualbads eine Gruppe über ein Dutzend Tote bei, darunter auch Kinder. Von drei Seiten der quadratischen Zentralkammer (3,5 x 3,5m) gehen neun bis zu über zwei Meter lange spitzgiebelige Grabschächte ab, die säuberlich ausgehauen und wie der Haupteingang mit einem Steinblock verschlossen wurden. Eine typisch jüdische Gruft Jerusalems. Nach der Verwesung betteten die Angehörigen die Gebeine in acht Kalksteinossuarien um. Doch mindestens sieben Individuen liegen noch ausgestreckt in den Schächten. Entweder stand ihnen dieser bescheidene Luxus nicht zu, oder es kam nicht mehr zum Umbetten, weil die Gruppe das Mausoleum nach der Eroberung Jerusalems im Jahre 70 n. Chr. aufgab.

34  S. z.B. Lampe, MEXPI, 355–366. Der Artikel zeigt, dass auch die angeblich so schlagenden statistischen Argumente des Jacobovici-Teams nicht ziehen. 35  Tabor, Report; ders., Hebrew. 36  Vgl. z.B. Kloner, Survey, 84; ders./Zissu, Necropolis, 342, mit Plan.

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Jona in der Jesustradition des ersten Jahrhunderts

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Professionelle jüdische Steinmetze dekorierten sieben der Ossuarien mit ornamentalen Bändern und Rosetten, die dem Gebot der Tora genügten, Bilder von Lebewesen zu vermeiden (Dtn 5,8f). Während in der Zeit des Ersten Tempels das Gebot, keine Lebewesen darzustellen, vielfach übertreten wurde, zeichnete sich in der Phase des Zweiten Tempels, insbesondere seit den Hasmonäern, die ihre Münzen ohne Herrscherkopfbilder prägten, ein bilderloser Trend ab, der bis zum Bar Kochba-Aufstand währte.37 Fast ausschließlich pflanzliche, geometrische und architektonische Motive schmückten Sarkophage und Ossuarien. Aber auch die striktere Zeit ließ Ausnahmen zu – etwa Herrscherköpfe auf Münzen einiger Nachfolger Herodes des Großen, Tierbilder in Antipas’ Palast in Tiberias, im Westen Jerusalems im vermutlich sadduzäischen Jason-Grab die Darstellung eines Kaufmanns neben drei Schiffen, auf Fresken Jerusalemer Privathäuser Vogeldarstellungen und über dem Hauptportal selbst des herodianischen Tempels einen goldenen Adler.38 Darstellungen von Lebewesen können im 1. Jh. n. Chr. also nicht zwingend für christliche Heterodoxie sprechen.

Solche Kistchen ließen sich in Werkstätten kaufen; individualisieren mussten die Käufer sie selbst. Auf zwei Knochenkisten finden sich in griechischer Schrift Namen geritzt (ΜΑΡΑ,39 was freilich auch „Herrin“ bedeuten könnte, und ΙΟΝ…). Auf einer dritten wurde zwischen zwei professionell vorgefertigte Dekorbänder eine vierzeilige griechische Kritzelei gedrängt. Sind Epitaphe in Jerusalemer Gräbern an sich bereits selten – sie versuchten meist, Verletzungen der Grabesruhe abzuwehren40 –, so findet der Inhalt des Graffitos in keiner der rund 900 zeitgenössischen Grabstätten in und um Jerusalem eine Parallele: ∆ΙΟΣ ΙΑΙΟ ΥΨΩ[ΣΕΙ] ΑΓΒ41 37  S. mit Beispielen u.a. Foerster, Architecture, 971f. 38  S. ebd. 976.985, ferner 984.999.1001f, auch unten nach Anm. 65, sowie ���������������� einen Ochsenkopf auf einem diasporajüdischen Ossuar in Kammer B der Grabhöhle 2 auf dem Gelände des Aceldama-Konvents des Kidrontals: bei Avni/Greenhut/Ilan, Three New Burial Caves, 209f (Abb.). 39  Vgl. dgl. CIIP Nr. 97.200.262.477.517.563, drei davon griechisch; auch Ruth 1,20. 40  CIIP Nr. 359.375.385.451.460.466.528.602.604.605, auch 287. 41  So die wahrscheinlichste lectio der Z. 4 (neben auch möglichen ΑΓΙΩ, ΑΠΟ [ΝΕΚΡΩΝ?], ΑΠΒ); s. die Photos in Tabor, Report, 40. Bei einer vokativischen Bitte („Himmlischer Gott, erhöhe!“, wie Tabor liest) wäre eher ∆ΙΕ zu erwarten, nicht ∆ΙΟΣ (vgl. LSJ, s.v. ∆ΙΕ). Es sollte deshalb nicht imperativisch ΥΨΩ[ΣΟΝ] ergänzt werden. Aber auch die 1. Person, „ich erhöhe/preise“, legt sich angesichts eines Nominativs in Z. 1f nicht nahe. Sie müsste um den hohen Preis erkauft werden, dass ∆ΙΟΣ als Genitiv eines ZEYΣ verstanden und Z.1f, auf die 1. Person bezogen, als „Zeus IAIO zugehörig“ übersetzt würde, wie Bauckham, Patio Tomb, vorschlägt: „Belonging to Zeus IAIO, I, Hagab, exalt (you/him).“ Warum ein Mann jüdischen Namens so etwas auf die Knochenkiste einer Gruft jüdischer Machart gekritzelt haben sollte, wäre zu klären. Obendrein assoziiert selbst die Umwelt (Diodorus u.a.) Iao eindeutig mit dem Judengott (s.u. Anm. 43). Eine Zeus-Iaio-Assoziation müsste für die Zeit vor 70 n. Chr. erst

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„Der Himmlische/Gott/wird erhöhen/Agb.“ Letzteres kürzt am ehesten den seltenen Namen Agabos ab; ein gleichnamiger Christ wirkte zur selben Zeit, im zweiten Drittel des 1. Jh., in Jerusalem als Prophet (Apg 11; 21). Ergänzen wir ΑΓ[Α]Β[ΟΣ], war ein Agabos der Autor des prophetischfuturischen Satzes – was die Identifikation mit dem Agabos der Acta herausfordert, ohne bewiesen werden zu können. Lesen wir ΑΓ[Α]Β[ΟΝ], war dieser der Verstorbene selbst. Eine weitere Lösung wäre, ΑΓΒ als griechische Umschrift eines hebräischen „Heb empor!“ zu verstehen, die den Erhöhungsgedanken der vorangegangenen griechischen Zeile in bilingualer Weise wiederholte.42 Doch mutierte dann der indikativische griechische Aussagesatz im Hebräischen wenig passend zu einem Imperativ. „Erhöhen“ drückte in zahlreichen frühchristlichen Texten den Auferstehungsgedanken aus (Apg 2,33; 5,31; Joh 12,32.34; 3,14; 8,28; Phil 2,9; vgl. LXX Ps 9,14; 29,2). All dies spricht zwar noch nicht zwingend für einen judenchristlichen Charakter des Ossuariums. Der Name Agabos ist im Ursprung jüdisch (Hagab: Esr 2,46; Neh 7,48), und Pharisäer hofften ebenfalls auf ein Auferstehen, ohne dies freilich, soweit bislang erkennbar, in Gräbern kundzutun. Aufmerken lässt jedoch die Form des Gottesnamens. Sie stellt die griechische Umschrift des hebräischen Tetragramms dar.43 Fromme Juden schrieben das Tetragramm zwar beim Kopieren ihrer Bibel, jedoch niemals in Gräbern, die sie als kultisch unrein empfanden (Num 19,16). Auf fast 700 jüdischen Inschriften Jerusalems findet sich nichts Vergleichbares.44 Als weiteren Tabubruch, in diesem Fall des Bilderverbots, bildet die Schmalseite eines anderen Ossuars ein Lebewesen ab:45 einen geschuppten nachgewiesen werden. Auf einem magischen Täfelchen ist noch die jüdische Assoziation (ΙΑΙΟΩ neben Adonai und Sabaoth; s.u. Anm. 43) deutlich erkennbar. 42  Hagbeh, Hiphil Imperativ von gbh. So Tabors Lösung (Tabor, Report, 19) mit Verweis auf Ez 21,31 und 4Q 431f 2,8. Das letzte Wort über den Graffito ist noch nicht gesprochen, wie lebhafte Online-Dispute (mit z.T. abwegigen Vorschlägen!) auf http://asorblog.org zeigen. 43  Vgl. ΙΑΩ bereits in vorchristlicher Zeit bei Diodorus, bibl. I 94,2: „unter den Juden … der Gott, der als Iao angerufen wird“, fußend auf Poseidonius, frg. 134,16 (ed. Theiler); dann Irenäus, haer. I 1,7; I 14,2; Origenes, Joh. II 1,7; Origenes, Cels. VI 31,21; VI 32,19.23; Eusebius, d.e. IV 17,23; X 8,28; Epiphanius, pan. I 287,2; I 410,9; I 437,18; II 36,22; Johannes Chrysostomus, hom. in ps. LV 653,62; schließlich Hymni Anonymi (Hymni e papyris magicis collecti; pagan, röm. Kaiserzeit, ed. Heitsch) frg. 5,14f (der Schreiber ruft den Engel des Zeus, den göttlichen Jahwe und R[aphael], der Himmel und Erde beherrscht, an: ΤΟΝ ∆ΙΟΣ ΑΓΓΕΛΟΝ ΘΕ[Ι]ΟΝ ΙΑΩ etc.); Hippiatrica Parisina 1026,2.8 (ΙΑΩ und ΙΑΗ) (9. Jh. n. Chr.); u.v.m. Andere Belege bei Tabor, Report, 15 Anm. 32. Wegen des zweiten Iotas besonders wichtig ist ΙΑΙΟΩ auf einem Täfelchen, das offensichtlich Engel, nämlich Adonai, Sabaoth, Iaioo (= Jahwe) und Bel, beschwört, Schwäche und Tod zu schicken (bei Jordan, Notes, 117– 119; vgl. PGM III 41ff). 44  Überblick über 692 bekannte Inschriften in CIIP. 45  Das Bilderverbot bricht auf einem dritten Ossuar auch die primitive Strichzeich­ nung (Fig. 17 bei Tabor, Report, 39) eines Tieres mit vier Beinen, Schwanz und Kopf – wenn es sich bei der Zeichnung nicht wieder um ein in diesem Fall stilisiertes Tetragramm handelt.

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Fisch, der in die Tiefe abtaucht; nur der hintere Teil mit Schwanzflosse ist zu sehen. In der linken Hälfte der Frontseite wird dasselbe Motiv wiederholt, diesmal mit dem gesamten Fisch und Jona im Maul: Aus dem leicht geöffneten Fischmaul schaut ein kugelförmiger Gegenstand heraus, durchzogen von zahlreichen Ritzlinien (Abb. 1) – als wollte der „Künstler“ das Seegras andeuten, das sich nach Jon 2,6 um den Kopf des Jona schlang.46 Eine ernstzunehmende Alternative, die mit der Deutung auf Jon 2 konkurrieren könnte, ist m.E. trotz lebhafter Blog-Debatten auf asorblog.org nicht in Sicht. Der geschuppte Fisch auf der Ossuarfront ist zum Beispiel nicht als funerales Monument (Nephesch) interpretierbar;47 ein solches stünde bei unserem Ossuar verunglückt auf dem Kopf. Gegen eine NepheschDeutung oder auch eine Vasen-Interpretation sprechen darüber hinaus die geschuppte Schwanzflosse auf der Ossuarschmalseite sowie sechs weitere kleine Fische am oberen Ossuarrand, die das Motiv der Frontseite maritim umrahmen.48 Mit dem neuen Fund aus der Zeit vor 70 n. Chr. liegt bei der jetzigen Sachlage der weitaus früheste ikonographische Beleg für das Jona-FischMotiv und seine auferstehungstypologische Deutung in funeralem Kontext vor. Abb. 1: Linke Frontseite des Jona-Fisch-Ossuars (um 90° linksgedreht; Abdruck mit freundlicher Erlaubnis von James D. Tabor, University of North Carolina/Charlotte, USA).

46  Auf Seegras deutet auch Tabor, Report, 21. Nach Tabor, Hebrew, sind darüber hinaus im Kopf des Fisches die hebräischen Buchstaben des Namens „Jonah“, ausgehend vom Auge des Fisches, erkennbar, was freilich nicht jeden überzeugen wird. 47  Nephesh-Darstellungen in CJO Nr. 183.213.231.378.399.815. Keine könnte mit einem Fisch verwechselt werden. 48  An der anderen Schmalseite ist zudem eine Art „Fenster“ mit Fensterkreuz zu sehen – was vielleicht auf die „Riegel der Erde“ von Jon 2,7 anspielen könnte (so Tabor, Report, 22), die sich hinter Jona in Todesnot schlossen. Das vom Tode Dahingerafft-Werden drückt sich möglicherweise auch darin aus, dass der Fisch auf der linken Frontseite mit Jona nach unten schwimmt. Tabor, Report, 21, interpretiert etwas anders: Der Fisch schwimmt auf den Boden zu, auf dem das Ossuar steht, also aufs Land zu, um Jona ins Leben zurückzuspeien. In der rechten Fronthälfte, die gegenwärtig von einem anderen Ossuar zugestellt ist, so dass nur Teile sichtbar werden (drei Photos in http://jamestabor.com), steht in einem rechteckigen Rahmen ein zweites Rechteck, das sich in mehrere horizontale Bänder gliedert. In jedem Band wogt eine Wellenlinie auf und ab, so dass an eine (weitere?) Darstellung der „Riegel der Erde“ gedacht werden kann.

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2.2 Judenchristliche Provenienz Wie der literarische Befund zeigte, interessierten sich nichtchristliche Juden erst wesentlich später als Christen für das Jona-Auferstehungs-Motiv. Es waren mithin zunächst nur frühe nachösterliche griechischsprachige Jesusanhänger, für die Jona zum Symbol der Totenauferweckung wurde (1Kor 15,4; Mt 12,40 in Aufnahme griechischen Q-Textes; wahrscheinlich auch Q  11,29f selbst, s.o.). Ab dem dritten Jahrhundert schmückten wiederum Christen ihre Katakomben mit diesem tröstenden Motiv,49 während jüdische archäologische Belege bislang fehlen.50 All dies spricht dafür, dass auch das neue Jona-Fisch-Ossuar, das das Bilderverbot ignorierte und – parallellos für zeitgenössische jüdische Gräber – Auferstehungshoffnung ausdrückte, von Christen benutzt wurde, die sich noch vor Matthäus an auferstehungstypologischer Deutung von Jon 2 erfreuten. Für Christlichkeit auch des zweiten, einen Vierzeiler bietenden Ossuars spricht nicht nur, dass es ebenfalls von Auferstehungszuversicht kündet, sondern auch, dass – wiederum ohne jüdische Parallele – der (transkribierte) hebräische Gottesname auf einen kultisch unreinen Grabgegenstand graviert wurde. Zudem hob vor allem im frühchristlichen Sprachgebrauch „erhöhen“ auf Auferstehung ab (s.o.). Dass die gesamte Gruft von Christen benutzt wurde, ist damit freilich nicht ausgemacht, auch wenn im Jona-Fisch-Ossuar gleich mehrere Individuen zur Ruhe gebettet wurden und diese christliche Gebeinekiste an prominenter Stelle in der Gruft aufgestellt war: vorne in der ersten Nische, gleich rechts für die zum Eingang Hereinkommenden.51 Ebenso gut möglich ist, dass eine aus Juden und Judenchristen gemischte Gruppe die Gruft belegte. Die jüdische Provenienz der gesamten Gruppe, also auch der Christen in ihr, zeigt sich am Typ der Grabanlage, an der in ihr gepflegten Bestattungsart, an der genannten Ossuar-Ornamentik vom Meißel professioneller jüdischer Steinmetzen, die das Bilderverbot achteten und von denen die Gruppe die Ossuarien erworben hatte, sowie daran, dass einige Gruppenmitglieder griechisch-hebräische Bilingualität (zumindest in ΙΑΙΟ) an den Tag legten.

49  Vgl. z.B. Nestori, Repertorio, 199; Snyder, Ante, 87. 50  Vgl. z.B. Goodenough, Symbols, 225ff. Freilich, sein Postulat, die Beliebtheit des Motivs in christlichen Kreisen setze einen nichtchristlichen jüdischen Prototyp voraus, erweist sich im Lichte des neuen Fundes als voreilig. 51  Tabor, Report, 27.

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2.3 Nähe zu 1Kor 15,4, zum Jerusalemer Stephanuskreis und zu den nachösterlichen Tradenten der beiden Jona-Logien Für Neutestamentler besonders brisant wird der Fund dadurch, dass sich Querverbindungen zu allbekannten Größen ziehen lassen. (a) Mit den Schöpfern der Ossuarkritzeleien scheinen wir in dieselben hellenistisch-judenchristlichen Kreise vorzudringen, die in den dreißiger oder vierziger Jahren des 1. Jh. in Jerusalem52 die Glaubensformel von 1Kor 15 mit ihrer Jona-Auferstehungs-Typologie (15,4) prägten: „auferweckt am dritten Tage nach den Schriften“, das hieß vor allem, nach Jon 2 und Hos 6,2 (Gen 22,4–19). Schriftverweise und Formulierungsbausteine wie „Kephas“ und „die Zwölf“ sprechen für judenchristliche Autoren der Glaubensformel.53 Sie sprachen Griechisch.54 Wie die Formelautoren gehörten auch die Mausoleumsbenutzer zum hellenistischen Judenchristentum, wie die auf den Ossuarien griechisch geschriebenen Namen und der im Wesentlichen griechische Ossuar-Vierzeiler zeigen. Es verlockt, beide auf diese Weise ähnlichen Personenkreise wenigstens teilweise zur Deckung zu bringen, da beide sich auch für auferstehungstypologische Deutung von Jon 2 interessierten. (b) Aus der hellenistischen Judenchristenschaft Jerusalems (vgl. Apg 2,8–11; 6,1.5) rekrutierte sich nicht zuletzt auch der Stephanuskreis.55 Die Mausoleumsbenutzer verband mit diesem eine liberalere Haltung gegenüber der Tora. Indem sie das Bilderverbot der Tora ignorierten, dazu sich nicht scheuten, den heiligen Gottesnamen auf einen kultisch unreinen Gegenstand in einer Grabesgruft zu schreiben, nahmen sie sich Freiheiten gegenüber der Tora, insbesondere kultbezogenen Geboten, heraus – wie Stephanus, wenn er den Tempelkult kritisierte (Apg 7,48–50.53; vgl. 6,11.13f: Kult- und Torakritik).

52  Für Jerusalemer Provenienz z.B. Schrage, Korinther, 23. Auch wenn Paulus die Glaubensformel in Damaskus oder Antiochien kennengelernt haben sollte, spräche dies nicht gegen Jerusalemer Herkunft. Saßen die Formelautoren freilich doch außerhalb Jerusalems, machte es trotzdem Sinn, eine besondere Nähe zu den Jerusalemer Mausoleumsbenutzern herauszuarbeiten, sowohl sozialgeschichtlich (griechischsprachige Judenchristen) als auch theologisch (Interesse an Auferstehungssymbolik in Jon 2). 53  S. die Argumente für judenchristliche Autorschaft bei Schrage, Korinther, 23. 54  Die vorpaulinische Formel erklärt sich am besten als nicht aus dem Aramäischen übersetzt, sondern als im Ursprung griechisch komponiert. Die schlagenden Argumente bei Schrage, Korinther, 23. 55  Vgl. Theissen, Hellenisten, 323��������������������������������������������� –�������������������������������������������� 343; zur auf Jesu Distanz zum Tempel zurückgehenden Tempelkritik des Stephanus ders., Tempelprophetie, 161–164.

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(c) Weiterhin initiierten die nach dem Stephanusmartyrium aus Jerusalem geflüchteten „Hellenisten“56 als erste eine vorpaulinische Heidenmission (Apg 11,19–26).57 Dazu passt, dass ausgerechnet Jona, an dem die „Hellenisten“ des Mausoleums und der 1Kor 15-Formel Interesse zeigten, in Ninive als der erfolgreiche Heidenprophet der Schrift gewirkt hatte, so dass er später in der christlichen Rahmung von 4Esr gar zum Prophet der Heidenkirche stilisiert wurde (s.o.). In gleicher Weise besannen sich die nachösterlichen Trägerkreise des Logions Q 11,31f beim Thema „Heidenumkehr“ ausdrücklich auf Jona, der auf diese Weise gleich in zweierlei Hinsicht – Auferstehung (Q  11,30 s.o.; Ossuar) und Heidenpredigt (Q  11,32) – für frühe nachösterliche Jesusanhänger interessant wurde. Auch wenn Stephanus mit seinem Jerusalemer Kreis noch nicht Heiden missionierte, scheint er – zum Jona-Heidenprophet-Motiv passend – um den Einschluss der Heiden ins Gottesreich besorgt gewesen zu sein und für die baldige Parusie Jesu ein Öffnen des Tempels für die Heiden erhofft zu haben:58 Die Anklage gegen Stephanus wird darauf abgehoben haben, dass er sich gegen die Heiligkeit des Tempels geäußert hatte, um deretwegen Heiden unter Todesandrohung das Betreten des inneren Tempelbezirks verboten war.59 Auch vormarkinische Tradition (der „Hellenisten“?) nährte solches Hoffen auf das Öffnen des Tempels für Heiden (Mk 11,17 auf der Basis von Jes 56,7).60 Ferner behauptet Apg 7,55f, dass Stephanus eine Jesus-MenschensohnChristologie gepflegt habe, die wiederum zum nachösterlichen Verständnis des „Menschensohns“ von Q 11,30 (s.o.) passte. 56  „Hellenisten“ hier wie im lukanischen Sprachgebrauch (Apg 6,1): hellenistische, griechisch-sprachige Judenchristen. 57  Vgl. auch Philippus’ Mission in Städten mit paganem Gepräge (Apg 8,5–40): In Sebaste/Samaria wurden sowohl Augustus- als auch Isis-Serapis-Kult gepflegt (z.B. Foerster, Architecture, 988f). Die hellenistisch-römische Hafenstadt Caesarea, in der Juden nur ein Quartier im Nordwesten bewohnten, beherbergte mehrere Tempel, darunter einen Augustustempel, sowie zwei Theater und ein Hippodrom (Josephus, Bell I 408–415; Ant XV 331–341; z.B. Foerster, Architecture, 986ff). 58  So Theissen, Tempelprophetie, 161f.168.170f. 59  Zu den Verbotstafeln OGIS 598 = Küchler, Jerusalem, Abb. 175; 378; Josephus, Bell VI 125f; vgl. V 194. 60  Ebenso kann Röm 11,25 dahingehend interpretiert werden, dass der von der „Hellenisten“-Gründung Antiochien geprägte Paulus ersehnte, der innere Tempelbezirk werde noch vor der Parusie den Heiden, insbesondere den Heidenchristen, geöffnet werden. Theissen, Tempelprophetie, 168.171: Paulus habe – abweichend von Stephanus – wohl gehofft, dass vor der Parusie der Tempel für die „Fülle der Heiden“, d.h. nicht nur die Proselyten, zugänglich gemacht werden würde. Theißen vergleicht ferner Röm 15,16, wo kultische Terminologie die Motive Heidenchristentum und Tempelkult zumindest metaphorisch aufeinander bezieht. Die Anklage gegen Paulus in Apg 21,29, wonach Paulus den Heidenchristen Trophimus in den inneren Temenosbezirk mitgenommen hätte, wäre dann nicht aus der Luft gegriffen gewesen.

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Nach allem stellen sich deshalb auch die nachösterlichen palästinischen Träger der beiden Jona-Texte Q 11,29f; 11,31f als vierter Personenkreis in die Nähe der drei genannten judenchristlichen Gruppen, das heißt, der griechischsprachigen Mausoleumsleute, der Autoren der griechischen Formel von 1Kor 15 und der „Hellenisten“ im Gefolge des Stephanus. Aber wie nah oder weit war diese Trägergruppe zweier Jona-Logien von den drei anderen Kreisen entfernt? Die beiden Jona-Logien Q 11,29f; 11,31f gehörten kaum zur Grundschicht von Q,61 ohne dass dadurch freilich eine Aussage über ihr Alter gemacht wäre (s.o. 1. Teil). Gut möglich ist, dass judenchristliche „Hellenisten“ den vorösterlichen Kernbestand der beiden Jona-Sprüche ins Griechische übersetzten und, wie im 1. Teil gesehen, erweiterten, bevor die griechisch schreibenden (End)redaktoren von Q sie in ihr Dokument aufnahmen. Unter dem Strich bleibt eine beachtliche Nähe von vier Personenkreisen, die sich partiell überschnitten haben werden. Wenn sichereres Material zur Verfügung stünde, könnte sich zudem die Vermutung verdichten, dass der Agabos des Mausoleums mit dem zeitgleichen christlichen Jerusalemer Propheten Agabos identisch war, der dem Stephanuskreis, insbesondere Philippus und seinen ebenfalls prophezeienden Töchtern, nahestand und gegenüber dem Heidenapostel Paulus, sich um dessen Schicksal sorgend, positiv eingestellt war (Apg 21,8–11). Er hielt Kontakt nicht nur mit Philippus in Caesarea, sondern auch mit der von „Hellenisten“ gegründeten Christengemeinde in Antiochien (Apg 11,27) – alles Indizien, die rechtfertigen könnten, auch ihn dem aufgezeigten Milieu der vier Personenkreise zuzurechnen.

2.4 Der Fisch als Symbol für den Tod, aus dem Gott errettet Im 1. Jh. wurde das Fischsymbol im Umkreis Jerusalems auch auf andere Ossuarien geritzt. Ein Mann namens Clodius (bezeichnenderweise wieder ein griechischer Graffito) fand in einem dieser Gebeinekästchen seine Ruhe (CJO Nr. 348). War er ein Christ? Ein anderer primitiver Fischgraffito (Abb.2), von Figueras62 auf einem Ossuar im Lagerbestand der israelischen Antikenbehörde entdeckt, umschließt den hebräisch geschriebenen Namen „Jeshua“ – möglicherweise als Credo des Verstorbenen, der hoffte, wie Jesus 61  Sato, Prophetie, 33–46, rechnet die Verse der letzten Redaktionsstufe zu; Kloppenborg Verbin einer zweiten Redaktionsschicht mit sekundären Erweiterungen (Kloppenborg Verbin, Excavating, 143–153). 62  Figueras, Ossuaries; CIIP Nr. 546. Das dortige Photo ist schlechter ausgeleuchtet als die unten abgebildete Abb. 2.

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auferweckt zu werden. Dass es sich bei der Kritzelei tatsächlich um einen Fisch handelt, wurde zwar bestritten,63 doch zeigt Abb. 2, dass der Schöpfer des Graffitos sich die Mühe machte, ein Maul und einen Schwanz anzudeuten – Elemente, die über ein bloß ornamentales Einrahmen des Jesusnamens hinausgehen. Angesichts des neuen Jona-Fisch-Fundes ist wahrscheinlicher geworden,64 dass auch dieser Jeshua-Graffito die Aussage „Jesus war im Fisch (= Tod) wie Jona und wurde wie dieser daraus errettet“ symbolisiert. Alternativ könnte der auf Auferweckung hoffende Verstorbene selbst ein Mann namens Jeshua gewesen sein.65

Abb. 2: Jeshua-Graffito (Abdruck mit freundlicher Erlaubnis von James D. Tabor, University of North Carolina/Charlotte, USA). Im nicht-funeralen Bereich und ohne religiösen Bezug – vielmehr wohl als Hinweis auf die Jerusalemer Essgewohnheiten, wie sie aus den Jerusalemer Latrinenfunden zu erschließen sind – wurden Fische schlussendlich auch im jüdischen Zuhause sozial gehobener Bewohner abgebildet, wie der Fisch auf einem Tischrand im jüdischen Quartier zeigt.66 Ornamental und zudem spät (3./4. Jh. n. Chr.) sind die Fischdarstellungen auf acht Bleisärgen in Israel.67 Etliche davon, Delphindarstellungen, zeigen deutlich dionysischen Einfluss.68 Der Schwarm von vier Fischen als Teil eines Pflanzenornaments69 ähnelt dem eines Steinsarkophags von Bet Shearim.70 Ebenfalls keine für uns relevanten Belege bieten die unveröffentlichte Diss. von Kancel, Ossuaires, sowie Rahmani, Sarcophagi; ders., Ossilegium.

Der Fisch als christliches Symbol für den Tod, aus dem Gott wie in der Jonageschichte errettet, ist nicht zu verwechseln mit dem seit dem letzten 63  Vgl. z.B. CJO Nr. 140. 64  So auch Tabor, Report, 25. 65  Ob auch andere von Tabor, Report, 25f erwogene Belege eines auf Ossuarien umkreisten Namens so zu deuten sind, kann hier dahingestellt bleiben. Die Einkreisung von „Mariamene Mara“ im ca. 45m benachbarten „Jesus-Familiengrab“ von Talpiyot ähnelt weitaus weniger einem Fisch als die in Abb. 2. 66  Dazu Küchler, Jerusalem, Abb. 305.a. 67  Rahmani, Lead Coffins, Nr. 10–12.17f.85f.96; Fig. 48.66B.105f.110f.183. 68  Ebd., v.a. Nr. 10.18.86; vgl. z.B. Hesiod, Homer. hymn. 7. 69  Ebd., Nr. 96. 70  Ebd., S. 39.

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Jona in der Jesustradition des ersten Jahrhunderts

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Viertel des zweiten Jahrhunderts beliebten Akrostichon ΙΧΘΥΣ („Fisch“), das als ΙΗΣΟΥΣ ΧΡΙΣΤΟΣ ΘΕΟΥ ΥΙΟΣ ΣΩΤΗΡ den Glauben an Jesus als Gottessohn und Erlöser ausdrückte.71 Verschwunden war beim Akrostichon der Bezug auf das Jonabuch. Parallel jedoch existierte auch das Jona-FischMotiv im archäologischen funeralen Kontext weiter (greifbar wieder ab dem 3. Jh.; s.o. Anm. 49), so dass aus zwei verschiedenen Richtungen heraus der Fisch zum prominenten Symbol für die Christen wurde.

3. Zusammenfassung 3.1 Die literarische Tradition (Q 11,31f; Q 11,16.29f; 1Kor 15,4; Mt 12,40) Das synoptische Jonamotiv entwickelte sich auf mehreren Traditionsstufen, deren erste der historische Jesus legte. Bei Jesus von Nazaret stand Jonas Gerichtspredigt und deren glücklicher Ausgang durch die Umkehr der Niniviter im Zentrum des Interesses (Q 11,31f). Eine Auferstehungssymbolik der Seemonstergeschichte blieb außerhalb des Horizonts. Dieser Fokus entsprach dem Desinteresse des zeitgenössischen Judentums an einer an Jon 2 orientierten Auferstehungssymbolik. Erste literarische Hinweise auf eine auferstehungstypologische Deutung von Jon 2 bieten die vorpaulinische Formel von 1Kor 15 aus den dreißiger oder vierziger Jahren sowie Matthäus (Mt 12,40) in seiner Ergänzung von Q. Aber auch für Q 11,30 selbst ist ein solches Verständnis wahrscheinlich, das heißt, plausibler als alternative Interpretationen der Stelle. Die Überlieferungsgeschichte von Q 11,16.29f wird im Letzten nicht zu klären sein. Es gilt bei diesem Text, viable Rezeptionsmöglichkeiten auf verschiedenen Traditionsstufen – und das heißt, in verschiedenen Kon­ textuierungen – abzutasten, wobei das Wahrscheinlichkeitsgefälle in folgende Richtung deutet: Während Q  11,16.29a–c, aber genauso gut Q 11,16.29a–d auf der Ebene des historischen Jesus verstehbar sind, wurde Q 11,16.29f erst nach Ostern kommuniziert.

71  Zu diesem Sib. VIII 217ff (Ende des 2. Jh.); Tertullian, bapt. 1, sowie Lampe, Rome, 29. Ebd., V die Abbildung eines entsprechenden ΙΧΘΥΣ-Graffitos vom Ende des 2. Jh. mit einem T-Kreuz zwischen den ersten beiden Buchstaben.

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3.2 Der Fisch-Jona-Graffito Der Graffito auf dem Ossuar wurde wie auch ein zweites, beschriftetes Ossuar aus derselben Felsengruft von (A) griechischsprachigen Judenchristen Jerusalems geschaffen, die Nähe zu den (B) Autoren der vorpaulinischen Formel in 1Kor 15, zum (C) Stephanuskreis und zu den (D) nachösterlichen Tradenten der beiden Jona-Logien aufwiesen. Beide Logien wurden erst relativ spät in Q eingetragen; die hier interessierenden Träger von Q  11,29f; 11,31f sind deshalb nicht selbstredend mit den Q-Leuten identisch. Alle vier Personengruppen lebten vor 70 n. Chr. und damit vor Mt 12,40. Alle vier verband hellenistisch-judenchristliche Provenienz; mindestens zwei (A.C), wenn nicht alle, Jerusalemer Lokalisation; nachweislich drei (A.B.D) verknüpfte darüber hinaus Interesse an der Jonagestalt. Mit der 1Kor 15-Formel und höchst wahrscheinlich auch mit Q 11,30 verband die Felsengrableute das Interesse an auferstehungstypologischer Deutung von Jon 2 (A.B.D). Stephanuskreis wie auch Grableute (A.C) lebten eine freiheitliche Haltung gegenüber vor allem kultisch orientierten Torageboten (Schreiben des Tetragramms auf einem kultisch unreinen Grabgegenstand, Ignorieren des Bilderverbots). Den Stephanuskreis seinerseits verband mit den Tradenten von Q 11,31f (C.D) das Motiv der Inklusion von Heiden in göttliches Heilshandeln (bei Stephanus Hoffnung auf eschatologische Öffnung des inneren Tempelbezirks für die Heiden; bei seinen Nachfolgern Heidenmission; in Q  11,31f vorbildliche bekehrte Heiden). An Jona interessierte in diesen Kreisen somit nicht nur die auferstehungstypologisch deutbare Seeungeheuergeschichte, sondern auch Jonas erfolgreiche Heidenpredigt.

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Kriterien

Gruppen

vor 70

A

B

C

D

hellenistische Judenchristen

A

B

C

D

C

(D)

Jerusalem

A

(B)

Interesse an Jonagestalt

A

B

D

Interesse an Jon 2Auferstehungstypologie

A

B

D

Liberale Toraauslegung in Bezug auf Kult

A

C

Inkludierte Heiden

C

D

Kombinationsfrequenzen 4(–5)mal 4mal 3(–4)mal 2(–3)mal

A      B A                    D       B             D A             C             C      D       B      C      

Tab. 2: Übersicht über Querverbindungen zwischen vier Personenkreisen.

Die vier Kreise wenigstens partiell übereinanderzulegen, legt sich nahe. Tab. 2 zeigt die Affinitäten im Überblick. Zumindest darf von einem gemeinsamen „social environment“ („Milieu“)72 der Personenkreise geredet werden. Schlussendlich, nicht mehr als eine Hypothese muss ohne weiteres Fundmaterial bleiben, dass die Lettern ΑΓΒ unter dem weissagenden Vierzeiler in der Felsengruft mit dem Jerusalemer Propheten Agabos der Apostelgeschichte zu tun haben, der nach der Emigration der Stephanusnachfolger wiederholten Kontakt zu eben diesen pflegte; er passte gut in das umrissene Milieu.

72  Im Sinne von Barnett/Casper, Definition, 465, die u.a. definieren: „Human social environments encompass the immediate physical surroundings, social relationships, and cultural milieus within which defined groups of people function and interact.“

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Matti Myllykoski

Jesus, der Jude, in der Tübinger Schule Ein Beitrag zur Vorgeschichte des liberalen Jesus-Bildes

Mit gewissem Recht kann behauptet werden, dass Ferdinand Christian Baur (1792–1860) und seine Nachfolger nicht am historischen Jesus interessiert waren. „Das Leben Jesu“ (1835) von David Friedrich Strauß (1808–1874) war eigentlich kein Buch zu diesem Thema, sondern eine gründliche Destruktion des kirchlichen und dogmatischen Jesus-Bildes.1 In diesem destruktiven Sinn waren Baur und seine anderen Schüler auf die Leistung von Strauß angewiesen.2 Und dennoch wurde die positive Frage nach dem historischen Jesus wenigstens an einem Punkt eine Streitfrage innerhalb der Tübinger Schule: Es war die Frage nach Jesu Verhältnis zum mosaischen Gesetz und damit die Frage nach dem Wann und Wie der Einführung des Christlichen in das Jüdische in der Urgeschichte des Christentums. In der folgenden kleinen Studie wird das Bild der kritischen Forschung im Hinblick auf das Verhältnis Jesu zum Judentum von Reimarus bis Ritschl untersucht. Sie zeigt, wie sich die auf den synoptischen Evangelien gegründete Rekonstruktion innerhalb der Tübinger Schule entwickelte und inwieweit diese Diskussion als eine Vorstufe der Entstehung des liberalen Jesus-Bildes betrachtet werden kann.

1. Ausgangspunkt der Diskussion: Der historische Jesus in den Schranken des Judentums Herrmann Samuel Reimarus (1694–1768) war bestimmt nicht der erste, der die Botschaft Jesu durchgehend im Rahmen des Judentums verstanden hatte.3 Vor ihm hatte aber niemand für die These eines grundlegenden Unter1  Zum Problem s. Slenczka, Geschichtlichkeit, 46–61. 2  Das Buch als Ganzes wurde in der Schule unterschiedlich gewürdigt: Eduard Zeller war begeistert, während Albert Schwegler meinte, er hätte selbst eine bessere Studie schreiben können; Harris, School, 63.80. 3  �������������������������������������������������������������������������������� Als ein Vorgänger der kritischen Exegese in diesem Sinne ist besonders John Selden (1584–1650) anzusehen, der in seinen Arbeiten zu den rabbinischen und frühen christli-

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schieds zwischen der Verkündigung Jesu und des Evangeliums seiner Jünger argumentiert. Für Reimarus, dessen umfangreiches Manuskript Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781) posthum als „Fragmente des Wolfenbüttelschen Ungenannten“ veröffentlichte, sind die Predigten Jesu vom kommenden irdischen Gottesreich, von der endzeitlichen Buße (Mk 1,15 par Mt 4,17; Mt 9,13 par) und der Ankunft des Messias eine gänzlich jüdische Angelegenheit.4 Bis zum Tode ihres Lehrers hätten die Jünger in Jesus „nichts anders als einen weltlichen Regenten und Erlöser“ gesehen.5 Erst nach dem Tod Jesu, also „nach fehlgeschlagener Hoffnung“, haben sie die Lehre Jesu verändert und „das Systema von einem geistlichen leidenden Erlöser des ganzen menschlichen Geschlechts“ gefasst6 – und zwar so, dass sie den Leichnam Jesu gestohlen und damit den Grund für ihre Verkündigung von seiner Auferstehung geschaffen hätten.7 Mit seiner scharfen Trennung der innerjüdischen Verkündigung Jesu vom universalen Evangelium seiner Jünger8 richtet Reimarus seinen Angriff besonders auf die kirchliche Christologie samt der Dreifaltigkeits- und Sakramentslehre.9 Daneben will er auch klar machen, dass „Jesus das Gesetz Mosis in allen Stücken bis auf die geringsten Kleinigkeiten (so wie andere Juden auch thaten) für ewig und so lange die Welt stehet unveränderlich gehalten“ hat.10 Er erklärt Jesu Kritik an den Pharisäern und Schriftgelehrten mit dem inneren Charakter seiner Lehre; wie die meisten modernen Forscher stellt er sie in den Rahmen eines innerjüdischen Disputs.11 chen Texten das früheste Christentum als Ganzes als „neues oder reformiertes Judentum“ charakterisiert hat; s. z.B. Selden, De synedriis I, 229 (Judaismus novus seu reformatus). Über die Bedeutung John Tolands und seines Werks Nazarenus (1718) für diese Frage werden einige Beiträge im neuen von F.S. Jones herausgegebenen Sammelband veröffentlicht (Jones, Rediscovery). 4  Reimarus, Fragmente, 7ff. 5  Ebd., 71ff.; Zitat: 73. 6  Ebd., 74. 7  Ebd., 360ff. 8  Laut ebd., 46f, hat Jesus seine Botschaft nicht auf die Heiden, sondern ausschließlich auf die Juden gerichtet – besonders deshalb, weil die eindeutigen Hinweise auf Jesu Judenmission in Mt 10,5f und 15,24 in unauflösbarem Widerspruch zum Missionsbefehl des Auferstandenen in Mt 28,19 stehen. Gegen die Historizität des Missionsbefehls spreche auch die Beobachtung, dass Petrus in der lukanischen Geschichte von der Bekehrung des ersten Heiden Kornelius (Apg 11) nicht „auf den ausdrücklichen Befehl Jesu“ hinweist, sondern „was brauchte er durch ein besonder Geschichte belehret zu werden, dass Gott auch Heiden zum Christenthum auserlesen hätte“ (47). 9  Ebd., 18–42 (§ 10–18). 10  Ebd., 44, mit Verweis auf Mt 8,4; 23,3; 5,17ff. Das mosaische Gesetz sollte also auch im Himmelreich „gelten und genau beobachtet werden “. 11  Reimarus, Von dem Zwecke, 12–16; s. auch 19: „Er [Jesus] trieb nichts als lauter sittliche Pflichten, wahre Liebe Gottes und des Nächsten: darin setze er den ganzen Inhalt des Gesetzes und der Propheten: und darauf heisset er die Hoffnung zu seinem Himmelreich und zur Seligkeit bauen.“ Den grundsätzlich gesetzeskritischen Spruch Jesu in Mk 7,15 erklärt

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Jesus, der Jude, in der Tübinger Schule

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Johann Salomo Semler (1725–1791), der selbst schon eine Karriere als kritischer Bibelwissenschaftler gemacht hatte, schrieb eine eingehende kritische Studie zum Jesus-Bild des Ungenannten.12 Er behandelt den skandalösen Text Stück für Stück und attackiert den ihm unbekannten Verfasser wie einen unkundigen Dilettanten.13 Gegen die Theorie von einem durchaus jüdischen Hintergrund des Bußrufs Jesu will er „zeigen, dass Jesus ganz andere, ganz unbekante, sehr anstößige, neue, ungewöhnliche Vorstellungen ausgebreitet hat“.14 Seine Kritik geht vom Johannesevangelium aus, das er auch in weiteren Zusammenhängen mit Verachtung der schlechten Bibelkenntnisse seines Widersachers zitiert. Jesu Worte zu Nikodemus in Joh 3,3.5 bewiesen, „(d)ieser Rabbi verstund gar nichts hievon, was Jesus hier sagte“; gegen „die gemeinen Vorstellungen der Juden“ predige auch der Täufer, der nicht nur die Juden und Pharisäer angreife sondern „so gar Zölnern und römischen Soldaten einen Unterricht“ gäbe.15 Aufgrund von Mt 5,17–20 hält Semler fest, dass es „ganz unleugbar ist, Jesus wil einen ganz anderen, einen geistlichen Begriff davon empfehlen“, und es sei deutlich, „dass Jesus wahrhaftig zu dem Reiche Gottes ganz andere Begriffe rechnet als die Jünger aus dem Judentum mit Pharisäern und Schriftgelehrten, lange schon gemein hatten“.16 Semler fährt fort mit weiteren Stellen aus dem Matthäusevangelium, das er durchaus im Sinne des absoluten Widerspruchs zwischen der jüdischen – also pharisäischen – Religion und der Verkündigung Jesu interpretiert; ein Vers wie Mt 8,11 soll sogar belegen, dass Jesus die Aufnahme einer Anzahl von Heiden in das Reich Gottes und die Ausschließung der Juden gepredigt habe.17 Gegen die Behauptung des Ungenannten, Jesus sei nicht gekommen, um die Vorschriften des Gesetzes abzuschaffen, zitiert Semler mühelos gesetzeskritische Belegstellen der Evangelien, und mit Hilfe einiger jüdischer Texte (Josephus, Ant XX 2.5; Philo, Migr 88–92) sucht er zu beweisen, dass unter einigen Juden schon vor der Verkündigung Jesu die Idee von der Beschneidung des Herzens gegen Reimarus allerdings nicht, was Talbert in seinen Anmerkungen zur amerikanischen ReimarusÜbersetzung vom Jahre 1970 gegen ihn anführt (Reimarus, Fragments, 100 Anm. 23). Die Authentizität dieses Verses ist jedoch mit Recht stark angezweifelt worden; s. bes. Räisänen, Jesus. 12  Seine Abhandlung wird von Schweitzer, Geschichte, 26 als einziges Beispiel der zeitgenössischen Reimarus-Rezeption zitiert. Er begnügt sich dabei einer sehr allgemeinen Darstellung der Kritik Semlers. 13  Semler, Beantwortung, 30: „Der Ungenante ist eben kein fleissiger Leser des N. Testaments gewesen.“ 14  Ebd., 30 (Hervorhebungen im Original). 15  Ebd., 31 (Hervorhebungen im Original). 16  Ebd., 32 (Hervorhebungen im Original). Er zitiert dabei § 4 aus Reimarus, Von dem Zwecke, 9–12. 17  Ebd., 33.

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die Beschneidung der Vorhaut verbreitet war.18 Semler fragt weiter: „(h)at der Messias das Gesetz Mosis bestätigen und fortsetzen sollen?“ Er verneint die Frage und behauptet, dass die Juden – „wenn man auch nicht von allen Juden und allen Rabbinen dis beweisen könnte“ – „diesen Grundsatz“ gehabt hätten: „der Messias wird ein neu Gesetz geben, und das Mosaische aufheben.“19 Als Beweise nennt er die johanneische Geschichte von der Samaritanerin (Joh 4,19f.25), die Prophetien in Dtn 18,15 und eine Fülle von rabbinischen Texten. J.S. Semler geht mit seinen Einwänden davon aus, dass die vier kanonischen Evangelien ohne irgendwelche Quellenkritik als authentische Beschreibungen der Lehre Jesu verstanden werden könnten, einschließlich des Johannesevangeliums. Reimarus dagegen grenzt alles aus, was nicht mit der angeblich ursprünglichen Idee Jesu von einer baldigen weltlichen Erlösung Israels übereinstimmen kann, sondern die spätere Lehre seiner Jünger von der geistlichen Erlösung aller Menschen widerspiegelt.20 Gegen Reimarus hält Semler es für vollkommen glaubwürdig, dass die Jünger, die zur Zeit der irdischen Verkündigung Jesu „Thoren und träges Herzens gewesen waren“, „die wahre Größe der Absicht Jesu“ erst nachher allmählich verstanden haben.21 Die Apostel hätten überhaupt nicht ihr Missverständnis der Botschaft Jesu zu verbergen versucht, sondern „haben den Gang, die Abwechslung ihrer Kenntnisse und Urteile ehrlich beschrieben“. Semler betont, dass Jesus „auf zweierlye Weise“ lehrte und dass „die Apostel ebenfals eine Zeitlang zwischen beiden lehrarten wäleten“.22 Im Laufe der Zeit entkräftete der Fortschritt der Forschung die Argumente Semlers wesentlich. Gegen Ende des 18. Jh. distanzierten sich einige rationalistisch orientierte Forscher von der historischen Relevanz des Semler so wichtigen vierten Evangeliums zugunsten der Synoptiker, und schon zu Beginn des 19. Jh. wurde auch der Quellenwert des Johannesevangeliums von einer Gruppe von Neutestamentlern bestritten.23 Besonders wichtig war in dieser Hinsicht die Arbeit von Karl Gottlieb Bretschneider.24 Nach K.G. 18  Ebd., 42–45. 19  Ebd., 45 (Hervorhebungen im Original). 20  Reimarus, Von dem Zwecke, 117–120.128f. Von einer Quellenkritik im eigentlichen Sinne kann auch bei Reimarus nicht die Rede sein, obwohl seine Beobachtungen und Argumente entscheidend zur Entstehung der modernen Quellenkritik der Evangelien beigetragen haben. 21  Semler, Beantwortung, 193. 22  Ebd., 209. 23  Schmithals, Johannesevangelium, 32–37.50–56. 24  Bretschneider, Probabilia. Zum Werk Bretschneiders und zum Urteil seiner Kritiker s. Schmithals, Johannesevangelium, 56–60. Die Bedeutung Bretschneiders wird von Schmithals wie folgt beurteilt (58): „Bei Bretschneider finden sich bereits fast alle einschlägigen Gesichtspunkte und Problemstellungen, die von der Kritik weiter entfaltet und ausgebaut werden.“

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Bretschneider unterscheidet sich das Johannesevangelium in mehreren Einzelheiten deutlich von seinen Vorgängern. Unterschiede, die gegen seine historische Glaubwürdigkeit sprächen: Jesu Selbstzeugnis samt der Reden und Disputationen des vierten Evangeliums seien fingiert (1–64). Der Evangelist sei kein Augenzeuge, sondern Vermittler mündlicher und schriftlicher Traditionen (65–82). Der Verfasser, der Jesus von seinen jüdischen Landsleuten distanziert, sei selbst kein Jude und habe nicht in Palästina gelebt (83–114). Das vierte Evangelium sei erst im zweiten Jh. entstanden und könne nicht zum Schülerkreis Jesu zurückgeführt werden (115–149). Weiter könnten das Evangelium und die Apokalypse des Johannes nicht von demselben Verfasser stammen (150–177). Zuletzt seien die Zeugen für den apostolischen Charakter des vierten Evangeliums nicht glaubwürdig; seine Autorität sei erst im dritten Jh. allgemein anerkannt worden (178–224). Die Kritik Bretschneiders wurde von der Tübinger Schule übernommen und vertieft.25 In liberalen Darstellungen über das Leben Jesu wurde das Johannesevangelium allmählich nicht mehr herangezogen.26 Für David Friedrich Strauß (1808–1874) war das sensationelle Buch von Reimarus über die Intentionen Jesu und seiner Jünger ein wichtiger Ausgangspunkt für sein eigenes Werk Das Leben Jesu (1835).27 Dennoch war aber inzwischen „das Interesse an den Wundererklärungen und dem Pragmatismus der Rationalisten längst erkaltet“, und „die supranaturalistische Auffassung der heiligen Geschichte“ konnte noch gut in den Evangelienkommentaren vertreten werden.28 Der mythische Standpunkt, von dem Strauß die Evangelien erklären wollte, war auch nichts Neues, sondern wurde von einigen Forschern zur Erklärung des wunderhaften Stoffes im Alten Testament verwendet.29 Außer einiger vorsichtiger Versuche zu den Kindheits- und Auferstehungsgeschichten war die neue Methode nicht konsequent auf die evangelischen Geschichten in toto appliziert worden, und gerade das wollte Strauß selbst leisten.30 Für Strauß war Jesus nicht ein überweltlicher, sondern ein politischer Messias, der das kommende nationale und theokratische Messiasreich verkündigt hatte, „doch durch das Eigenthümliche seiner sittlich-religiösen 25  Strauss, Leben Jesu, 43, stellt fest, dass „die Meisten das Johanneische Evangelium als authentisch und damit auch als historisch zuverlässig“ halten; „nur wer mit Bretschneider seine apostolische Abfassung bezweifelt, kann auch in diesem Evangelium dem mythischen Elemente eine bedeutende Stelle einräumen“. 26  Schweitzer, Geschichte, 216–219. 27  Rückblickend dazu s. Strauss, Reimarus, 286ff. 28  Strauss, Leben Jesu, Vorrede zur ersten Auflage. 29  �������������������������������������������������������������������������������� Zur mythischen Erklärung des Alten Testaments in der damals zeitgenössischen Literatur s. ebd., 29–40. 30  Ebd., 41–56.

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Weltansicht vergeistigt und veredelt“.31 Im Anschluss an die messianische Thematik widmet Strauß ein Kapitel (§ 66) dem „Verhältnis Jesu zum mosaischen Gesetz“. Er beschreibt die gewöhnliche Ansicht, der zufolge Jesus in seiner Gesetzeskritik „den innern Geist der Religiosität und Sittlichkeit“ hervorhebt und die Gottes- und Nächstenliebe für das Wesentliche des Gesetzes erklärt.32 Doch gab es das Problem mit den Belegstellen, „welche zu beweisen scheinen, dass er an einen Umsturz der alten Religionsverfassung seines Volkes nicht gedacht habe“ – das Problem, das besonders Reimarus gegen die traditionelle kirchliche Interpretation gestellt hat und das laut Strauß „erst neuerlich […] auch von unbefangenen kirchlichen Auslegern anerkannt worden“ ist.33 Von der zeitgenössischen Diskussion nimmt Strauß Problemlösungen auf:34 (1) Jesu „Erklärungen zu Gunsten des Gesetzes“ seien „als nothwendige Accommodation an seine Volksgenossen“ zu verstehen; (2) sie wiesen lediglich auf das Moralgesetz hin; (3) Jesus habe nicht das Gesetz, sondern nur die traditionellen Zusätze zum Gesetz verworfen. Strauss selbst lehnt die ersten beiden Interpretationen ab, da Jesus deutlich von der Aufrechthaltung der kleinsten und unbedeutendsten Gebote spricht. Er bevorzugt die dritte Auslegung. Ihm zufolge hätte Jesus, der „das auf Sittlichkeit und geistige Gottesverehrung sich Beziehende als das allein Wesentliche in der Religion erkannt“ habe, „alles bloß Rituelle […] verwerfen müssen“. Doch habe er „um dieses wesentlichen Inhalts willen [d.h. die zentralen Gebote, besonders Liebe zum Gott und Nächsten] auch den unwesentlichen“ Teil geehrt.35 Im folgenden Abschnitt (§ 67) schreibt Strauß über Jesu Verhältnis zu den Heiden. Er sieht in Mt 10,5f – „Geht nicht zu den Heiden und betretet keine Stadt der Samariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“ – einen echten Ausspruch Jesu, den „die hellenisierenden Verfasser der beiden anderen [Evangelien] […] weggelassen haben“.36 Bei der anfänglichen Ablehnung der Bitte der kanaanäischen Frau (Mt 15,24) und der trotzdem darauf folgenden Heilung ihrer Tochter handle es sich um „eine einzelne, zeitliche Wohltat“.37 Im analogen Fall, der Heilung des Dieners des Hauptmannes in Kafarnaum (Mt 8,5–13) habe Jesus aber keine Bedenken, einen Heiden zu heilen. Trotz des Widerspruchs sieht Strauß auch hier einen Einzelfall, der immer noch nicht bedeute, dass Jesus „der Heiden auch in 31  Ebd., 554. Die ganze Argumentation stellt er auf 519–554 (§ 60–65) dar. 32  Ebd., 555f. 33  Ebd., 556f. 34  Ebd., 558–563. 35  Ebd., 561. Das Ende des Gesetzes fällt mit dem Ende des Tempels und der ganzen Welt zusammen (562f). 36  Ebd., 563. 37  Ebd., 564.

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sein messianisches Reich zuzulassen gedachte“.38 Die die Heidenmission einleitende Korneliusgeschichte mit der Vision des Petrus in Apg 10f weise darauf hin, „wie schwer der Apostel dazu zu bewegen sein würde, einen Heiden ohne Weiteres in das Messiasreich aufzunehmen“. Zugleich zeige sie weiter, dass der Missionsbefehl des Auferstandenen an seine Jünger (Mt 28,19) eine spätere Bildung sei: „War ihnen nun aber hierzu in dem sogenannten Taufbefehl eine so klare Anweisung Jesu gegeben: wozu bedurfte es noch einer Vision, um den Petrus zur Befolgung derselben zu ermuntern?“39 Diese zwei eindrucksvoll argumentierten Kapitel machen deutlich, dass Strauß – ganz ähnlich wie Reimarus – die Botschaft Jesu eindeutig im Rahmen des zeitgenössischen Judentums sehen wollte. In seinem zweibändigen Werk „Das nachapostolische Zeitalter“ aus dem Jahr 1846 hebt Albert Schwegler den Glauben an die Messianität Jesu als „das ursprüngliche Christentum“ hervor und fasst die Schlussfolgerung der Arbeiten von Baur und Strauß zusammen: „In der Messiasidee wurzelnd war also das Christentum nur die letzte Frucht von Anschauungen, die schon innerhalb des Judentums gereift waren […] Es ist unter diesen Umständen ganz begreiflich, dass sich das älteste Christentum selbst nur als Judentum, näher als Fortsetzung, Bestätigung und vollkommene Verwirklichung des Judentums ansah“.40

2. Der historische Jesus und „das christliche Princip“ Es gab trotzdem einige Schüler Baurs, die mit diesen Schlussfolgerungen nicht zufrieden waren und in den 1840er Jahren die Diskussion um Jesu Beziehung zum mosaischen Gesetz und damit zum Judentum seiner Zeit überhaupt eröffneten. Ihnen zufolge müsse Jesus seine Lehre auf ein höheres Prinzip gegründet haben. In der konkreten Exegese ging es um die Interpretation der gesetzespositiven Aussagen Jesu, besonders um Mt 5,17–20. Zuerst hat sich Karl Christian Planck (1819–1880) aufgrund solcher Abschnitte von der einfachen Einordnung der Botschaft Jesu in den Rahmen des gesetzestreuen Judentums distanziert. Er tat dies in zwei Artikeln, die in 38  Ebd., 566. 39  Ebd., 567. 40  Schwegler, Zeitalter I, 91f, mit Hinweis auf die Darstellung von Zeller, Aphorismen. Schwegler schreibt, dass er die Jesusfrage aus seiner umfassenden Studie deshalb ausgelassen habe, „da die Geschichtsquellen […] keine völlig sicheren Aussagen hierüber zulassen“ (Schwegler, Zeitalter I, 148 Anm. 1). Dennoch fügt er hinzu: „Die Vergeistigung und Verklärung des Judenthums, namentlich des Messiasbegriffs, muss in allen Fällen auf Christus selbst zurückgeführt werden“.

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den kurz zuvor gegründeten und von Eduard Zeller herausgegebenen Theologischen Jahrbüchern in den Jahren 1843 und 1847 erschienen sind.41 Nach Planck hat auch Albrecht Ritschl (1822–1889) in der ersten Auflage seiner Studie über die Entstehung der altkatholischen Kirche (1850) Jesu Verhältnis zum Judentum anders als Strauß und Schwegler gewürdigt. Planck und Ritschl sind beide deutlich von der Voraussetzung ausgegangen, dass der Grundgedanke des christlichen Universalismus doch irgendwie in die Verkündigung Jesu zurückführbar sein müsse. Nach dieser ersten Diskussionsphase hat Ritschl in der durchaus veränderten zweiten Auflage seines Buches die Grundthese Baurs verworfen. In dem neu geschriebenen ersten Kapitel, in dem er Jesu Verhältnis zum mosaischen Gesetz behandelt, wendet er sich von der Matthäus-Priorität ab, die bisher ein natürlicher Ausgangspunkt der Evangelienkritik bei Baur und seinen Schülern war, und plädiert durchgehend für die neue These, nach der das Markusevangelium für das Urevangelium zu halten sei.42 Die Stellung des jüdischen Propheten Jesus zum mosaischen Gesetz wird in diesen Schriften von der Mitte des 19. Jh. an für die kritische Exegese über zwei Weltkriege hinaus auf entscheidende Weise neu definiert. Plancks Jesus-Bild, das er in den beiden obengenannten Zeitschriftenartikeln darstellte, hat einen deutlich spürbaren Einfluss auf die Thesen Ritschls gehabt. Im ersten Artikel, „Das Princip des Ebionitismus“, nimmt Planck „die mythische Fassung der evangelischen Geschichte“ von Strauss und „die Wichtigkeit des Gegensatzes zwischen Judenchristentum und Paulinismus“ in der Arbeit von Baur zum Ausgangspunkt.43 In der folgenden Darstellung wird dieser Artikel als Basis genommen und der zweite Artikel mit dem Titel „Judentum und Urchristentum“, ergänzend zitiert.44 Planck fragt „nach der Ursache des so lange dauernden Uebergewichtes des 41  Planck, Princip; Planck, Judentum. Im zuletzt genannten Artikel äußert sich Planck mit deutlichen Worten gegen das Jesus-Bild von Schwegler (259–264). 42  Zur Verteidigung der Theorie von Griesbach in der Baur’schen Schule, s. Schwegler, Hypothese; zur Gesetzesfrage, s. ebd., bes. 237–241. 43  Planck, Princip, 1. Zur Solidarität von Planck mit der mythischen Grundthese von Strauss s. seine lange Rezension zur apologetischen Darstellung der „evangelischen Geschichte“ von A. Ebrard (Planck, Rez.). 44  �������������������������������������������������������������������������������� Planck öffnet diesen letztgenannten, umfassenden und schematisch geplanten Artikel mit einer Kritik des im Jahr 1846 erschienenen Buches Schweglers. Er hält es für unverständlich, dass Schwegler im Urchristentum einen ganz innerjüdischen Glauben an die Messianität Jesu sieht und Paulus als den faktischen Stifter des Christentums charakterisiert, weil die ganze Persönlichkeit Jesu im Glauben der Apostel notwendigerweise eine große Rolle gespielt haben muss (259–264). Er argumentiert weiter gegen die von Schwegler angenommene innere Widersprüchlichkeit des Matthäusevangeliums: die Spannung zwischen der Judenmission der Jünger (Mt 10,5; 15,24) und der Völkermission (Mt 28,16–20) könne mit der Nähe der Parusie erklärt werden, da die Heidenmission auf jeden Fall eine ganz kurze Episode vor dem Ende bleiben muss (264–268).

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Ebionitismus über den Paulinismus“: Ist sie in der urchristlichen Gemeinde oder schon in der Verkündigung ihres Stifters zu finden?45 Planck weist die beiden Alternativen in ihrer einfachen Form zurück. Er plädiert dafür, dass einerseits „in der Art und Weise des Auftretens Jesu […] die neue Wahrheit zuerst noch in jener unvollkommenen Gestalt festgehalten wurde“. Andererseits „muss das Bewusstsein Jesu doch ein Princip enthalten haben, welches in seiner Reinheit gefasst, die Schranken des Gesetzes durchbrach“. Planck schreibt: „Das christliche Princip war also in dem judenchristlichen Bewusstsein erst als einzelne unmittelbare Anschauung, noch nicht als allgemeiner Gedanke vorhanden.“46 Der Ebionitismus hat formal gesehen richtig darauf hinweisen können, dass Jesus das Gesetz nicht aufgehoben hat; dabei stützte er sich auf die in der Tradition vermittelte Autorität – vertreten von Petrus und Jakobus – und nicht auf den Geist wie der Paulinismus.47 Planck plädierte dafür, dass die korinthischen Judenchristen, die die apostolische Autorität des Paulus angegriffen hätten, eben formal von der Tradition her argumentiert hätten. Für sie sei die reine Autorität wichtig gewesen, und eben diese Autorität habe Paulus nicht besessen.48 Diesen Erwägungen folgend erklärt Planck zunächst, wie Jesus in seiner Verkündigung dieses neue „Prinzip“ eingeführt habe, ohne das Gesetz aufzuheben. Mit seinem Gebot der Feindesliebe übersteige er die Gerechtigkeit der Pharisäer und die nationalen Zwecke der Theokratie. Mit seinen Sprüchen über das Fasten und das Waschen der Hände verwerfe er eigentlich das ganze Ritualgesetz; nur das „geistige“ Gesetz bleibe übrig. Dass Jesus mit den Zöllnern und Sündern gegessen habe, zeige seine Nächstenliebe, die „das äußere Gebot“ des Alten Testaments übersteige. Dies sei „ein untrügliches Zeichen des in ihm [Jesus] erwachten höheren Prinzips“,49 und dennoch beweise der Ebionitismus der ersten Christen, dass Jesus sein höheres Prinzip „nicht in seiner Allgemeinheit, namentlich nicht in seinem Gegensatz gegen das mosaische Gesetz ausgesprochen hatte“.50 Planck begründet seine Auffassung weiter mit Jesu Spruch über das Gesetz in Mt 5,17f und fragt, mit welchem Recht man darin nur „eine rein geistige Erfüllung“ des Gesetzes sehen könne.51 Antwort: Jesus sei nicht gekommen, um das alttestamentliche Gesetz als Ganzes aufzuheben, aber er „wollte nur das beschränkte alttestamentliche Princip zu dem rein mensch45  Planck, Princip, 2. 46  Ebd., 3. 47  Ebd., 4f. 48  Ebd., 5–9. Planck identifiziert die eigentlichen Gegner des Paulus mit der „Christuspartei“ (1Kor 1,11f). 49  Ebd., 11 50  Ebd., 12. 51  Ebd., 13f.

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lichen erweitern, welches ihm in seinem Bewusstsein aufgegangen war“.52 Doch geht es laut Planck eigentlich nicht nur um eine Erweiterung „zu dem rein menschlichen“, sondern um einen in der Praxis Jesu gegenwärtigen Hinweis auf den Untergang aller solcher Zwecke, die man partikularistisch, irdisch, nationalistisch usw. nennen könne.53 Planck zufolge habe Jesus doch nicht „das Recht der Nationalität dem rein Menschlichen“ opfern wollen.54 Das Verbot Jesu in Mt 10,5f nicht zu den Heiden und Samaritern zu gehen, erklärt er damit, dass die Jünger noch nicht bereit gewesen seien, ihren „beschränkten Standpunkt“ aufzugeben. Außerdem hält er es für weniger wahrscheinlich, dass der irdische Jesus seine Jünger wirklich ausgesandt hätte.55 Trotz dieser Beschränkungen sei es undenkbar, „dass alles dieses, was doch den wahren Kern und den Angelpunkt der ganzen Persönlichkeit Jesu bildete, dennoch ‚seinen persönlichen Schülern verborgen geblieben‘ sein soll“.56 Nach Planck war Jesus sich des inneren Widerspruchs zwischen seiner Nationalität und seinem höheren Prinzip bewusst. Diesen Widerspruch löste er mit seinem Tod, der als ein Opfer zu verstehen sei, „das er seiner Nationalität brachte“. Zugleich sei aber sein Tod „eine Negation dieser beschränkten Nationalität“ gewesen; für die Jünger „der letzte notwendige Schritt zu ihrer geistigen Befreiung“.57 Damit habe Jesus (Planck zufolge) das Ende der nationalen Theokratie, die rasche Verbreitung des Evangeliums unter den Völkern und das baldige Kommen des Gottesreiches erwartet. Im Lichte dieser Theorie hält Planck es für selbstverständlich, dass Jesus seinen Tod in dieser Zeit vorhergesehen und auch mit der Vorläufigkeit des Ritualgesetzes gerechnet hat.58 In dem späteren Artikel charakterisiert Planck noch genauer den „Fortschritt“, durch welchen „die ursprüngliche Idee des Christentums“ „das Wesen des ganzen alttestamentlichen Bewusstseins durchbrochen hat“.59 In der neuen Idee ist die „alttestamentliche Scheidung des Göttlichen und 52  Ebd., 17 (Hervorhebung im Original). 53  Ebd., 18: „Der Inhalt des Bewusstseins Jesu war nur das unmittelbar Praktische, auf welches die damalige Zeit zunächst hindrängen musste, nämlich die beschränkte egoistische Nationalität, überhaupt die beschränkten, endlichen Zwecke untergehen zu lassen in dem unendlichen, rein menschlichen.“ 54  Vgl. Planck, Judentum, 270: „Es wird sich indessen zeigen, dass in dem Christentum nach seiner ursprünglichen Form, in dem Bewusstsein Jesu selbst, diese beiden Seiten, der nach seinem objektiven Wesen vollkommen durchgeführte νόμος und die subjektive Möglichkeit der wahren δικαιοσύνη, noch ganz zusammenfallen“. 55  Planck, Princip, 19. 56  Planck, Judentum, 271. Der von Planck zitierte Ausdruck stammt von Schwegler, Zeitalter I, 148, der „die Idee der Autonomie und Universalität des Christentums“ dem Apostel Paulus allein zuschreibt. 57  Planck, Princip, 20f. 58  Ebd., 23f. 59  Planck, Judentum, 273.

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Menschlichen völlig aufgehoben“; konkret bedeute dies „eine unbedingte geistige Hingabe an Gott“ und „das unbedingte Vertrauen“ (Mt 6,25–34). Gott ist „der allgemeine Vater“ (Mt 5,45), und darauf basiere ein neues, versöhntes Verhältnis zu Gott (Mt 11,27).60 Planck bemüht sich auch, zwischen Jesus und Paulus zu unterscheiden. Er schreibt: „Das Bewusstsein des synoptischen Christus geht ganz auf die vollkommene Entäusserung des Ichs an Gott, darauf, dass nur in der Gesetzeserfüllung, wie er sie verkündige, die wahre Gerechtigkeit möglich sei […] Der Paulinismus hingegen geht, statt blos auf die vollkommene Entäusserung an Gott, vielmehr umgekehrt auf die Verinnerlichung des göttlichen im Ich“.61 Hier liegt Planck zufolge auch der Grund der paulinischen Lehre von der Gnade, die innerliche und subjektive Versöhnung wirkt. Planck will bei seinen Lesern nicht den Eindruck erwecken, er wolle Paulus irgendwie höher als Jesus stellen: „Der Paulinismus hat nichts anderes gethan, als das für das Bewusstsein auszusprechen, was an sich, thatsächlich im Urchristenthume gesetzt war.“62 Für die Gesprächslage in der Baur’schen Schule ist es bedeutsam, dass Albrecht Ritschl sein großes Werk über die Entstehung der altkatholischen Kirche mit einem bestimmten Kapitel über Jesus, nämlich „Christus und das mosaische Gesetz“ begonnen hat. Mit einer Exegese der Bergpredigt wollte er beweisen, dass „die versöhnte Selbstgewissheit nicht erst in den inneren Erfahrungen und der Lehre des Paulus“ zu finden sei.63 In Mt 5,17 spreche Jesus vom ganzen Gesetz, und „ungeachtet seiner Würde als Messias“ habe er sich nicht „zur Aufhebung des Gesetzes berechtigt“ angesehen.64 Da aber für Jesus das Ende der Welt nahe am Horizont gewesen sei, habe er nicht damit gerechnet, dass die Zeit des Gesetzes noch lange dauern würde.65 Die Antithesen der Bergpredigt würden zeigen, dass Jesus den Inhalt des Gesetzes materiell anders als die Pharisäer verstanden habe; „er dehnt die im Gesetze enthaltene Normirung der That auf die Normirung der Gesinnung aus“.66 Ritschl will zeigen, dass Jesus nirgends gegen das Gesetz gelehrt habe, sondern seine Antithesen deutlich gegen die Pharisäer richtete. Trotz einiger Beispiele (Mt 12,1–14; 9,14; 15,1) habe Jesus nicht gewollt, dass 60  Ebd., 273f. 61  Ebd., 278f (Hervorhebung im Original). 62  Ebd., 280 (Hervorhebung im Original). Und dasselbe noch deutlicher (280f): „So gewiss darum auch der Paulinismus eine höhere bewusstere Form des Christenthums ist als die, welche wir in den synoptischen Evangelien vor uns haben, so wenig lässt sich doch dess­ halb Paulus an die Ursprünglichkeit des Bewusstseins dem Stifter des Christenthums gleichstellen“. 63  Ritschl, Entstehung (1850), 27. 64  Ebd., 28. 65  Ebd., 29. 66  Ebd., 33. Er betont, dass es hier nicht um einen Gegensatz von Geist und Buchstabe, sondern um ihre Einheit geht.

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seine Jünger oder die Volksmengen die Belehrungen der Pharisäer verwerfen. Er sei der Überzeugung gewesen, dass der Mensch fähig sei, die einzelnen Gebote des Gesetzes zu erfüllen.67 In der von Jesus gelehrten Vollendung des Gesetzes gäbe es kein Platz für eine dogmatische Differenzierung zwischen Gnade und Gesetz. Ritschl verwirft den Gedanken Plancks von einer Auseinandersetzung zwischen göttlichem Willen und „selbstischen“ und nationalen Zwecken.68 Jesus habe seine Wirksamkeit nicht „unmittelbar über die nationalen Schranken des alten Bundes“ ausgedehnt (Mt 10,5f; 15,24). Trotz dieser Überlegungen will Ritschl nicht mit Schwegler den Schluss ziehen, dass „dies Christenthum in seiner ursprünglichen Gestalt“ „eine blos ‚innerjüdische‘ Erscheinung ist“.69 Dagegen findet er die Antwort in der Persönlichkeit Jesu, allerdings etwas anders als Planck. In der Bergpredigt hebe Jesus seine eigene Person nicht hervor, aber er habe um sich einen Kreis gebildet, und in diesem Kreis stehe er in einem besonderen Verhältnis zu Gott. Er habe behauptet, der Messias und Sohn Gottes zu sein.70 Ritschl sieht hier einen entscheidenden Zusammenhang: „Das himmlische Reich, in welches Eintritt durch die Erfüllung des vollendeten Gesetzes erworben werden soll (Matth. 5,20; 6,33), ist durch das Auftreten Jesu als Messias wirklich da.“ Und so „tritt der Glaube an Jesus neben die Erfüllung des Gesetzes“, und dieser Glaube garantiere dem Glaubenden seine Zugehörigkeit zum himmlischen Reich – „unter Voraussetzung der Erfüllung des Willens Gottes“.71 Die Erfüllung des vollendeten Gesetzes und der „dogmatisch unbestimmte“ Glaube an Jesus stehen Ritschl zufolge „ganz lose“ nebeneinander; mit seiner Persönlichkeit schaffe Jesus, der auch das vollendete Gesetz lehre, „faktisch einen neuen Mittelpunkt“, ohne die religiösen Gefühle des Volkes zu verletzen.72 Von diesen Voraussetzungen her kann weiter gesehen werden, wie die Messianität Jesu in der ältesten Gemeinde eine natürliche Möglichkeit geschaffen habe, diesen Glauben „über

67  Ebd., 39f. 68  Ebd., 42, mit Hinweis auf Planck, Judentum, 270. 69  Ebd., 44; vgl. Schwegler, Zeitalter I, 91f. 70  Ebd., 45f. 71  Ebd., 46f. Anders formuliert (47): „Während also in der Durchführung der Idee des vollendeten Gesetzes das neue Princip des Christenthums noch in den religiösen Formen des Alten Testaments gebunden ist, stellt das persönliche Auftreten Jesu als des Messias ein neues Verhältnis dieses Menschen zu Gott thatsächlich dar, und bietet als Mittelpunkt einer zu bildenden Gemeinschaft den sich ihm persönlich Anschließenden Gelegenheit, in das Verhältnis der Einheit mit Gott einzutreten, unbeschadet ihrer Pflicht, durch Erfüllung des Gesetzes die Gerechtigkeit zu erwerben.“ 72  Ebd., 48 (Hervorhebung im Original).

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den Buchstaben des Gesetzes“ zu heben.73 In dieser Hinsicht, so Ritschl, sei der Standpunkt des Paulus nicht so originell wie Schwegler es meine. Kurz nach Erscheinen seines Buches veränderte Ritschl seine Meinung hinsichtlich des synoptischen Problems. In einem umfassenden Artikel („Ueber den gegenwärtigen Stand der Kritik der synoptischen Evangelien“), der im folgenden Jahr 1851 erschien, verwirft er die Hypothese von Griesbach und nimmt die neue Theorie von der Priorität des Markusevangeliums zum Ausgangspunkt seiner Forschung. Diese Theorie sei schon „von namhaften Männern“ befürwortet worden. Ritschl bildet seine eigene Position durch Kritik dieser Anhänger der Markus-Hypothese heraus.74 Er findet es problematisch, die Priorität des Markusevangeliums lediglich mit der „Kürze und Einfachheit“ oder „Folgerichtigkeit und Tendenzlosigkeit der Darstellung“ zu begründen.75 Dagegen weist er auf die „hervorspringenden Merkmale“ und den „historischen Pragmatismus“ dieses Evangeliums hin. Dies zeigt sich erstens besonders in der „Art, wie Jesus der Erkenntnis seiner Messianität durch die Dämonen und der Verbreitung des Rufes seiner Wunderkraft gegenüber sich verhält“.76 Zweitens „werden die Jünger von Markus als unfähig dargestellt, die Reden und Thaten des Herrn zu begreifen“, und drittens gingen die alttestamentlichen Zitate des Markus in den Repliken Jesu und anderer handelnden Personen in der Regel „sämmtlich auf die LXX zurück“.77 Laut Ritschl würden diese Züge einerseits auf „schriftstellerische Eigentümlichkeit“ und andererseits auf „dogmatische Indifferenz“ hinweisen, die beide zusammen „als Kennzeichen höheren geschichtlichen Werthes“ beurteilt werden müssten.78 Aufgrund seiner veränderten Meinung in der synoptischen Frage ersetzte Ritschl das Kapitel über Jesus und das Gesetz in der zweiten Auflage seines Werkes durch einen ganz neuen Text. Er sagt deutlich, dass die Quellenfrage in diesem Zusammenhang sehr bedeutsam sei.79 Ritschl betont, dass im Markusevangelium keine prinzipielle Aussage wie in Mt 5,17 zu finden sei. 73  Ebd., 50. Gegen Schwegler betont Ritschl (51), dass „in dem nächsten Wirkungskreise der persönlichen Schüler Jesu kein Element seines Wirkens und seines inneren Lebens verloren gegangen sein kann“. 74  Ritschl, Stand, 508, mit Verweis auf die Arbeiten von Christian Gottlob Wilke, Karl Lachmann, Christian Hermann Weisse, Ferdinand Hitzig, Karl August Credner, Johann Georg Sommer, Eduard Reuss – und Bruno Bauer, dessen Buch über die synoptischen Evangelien dazu gedient hat, die Markus-Priorität „in Misskredit in weiteren Kreisen zu bringen“. Am Anfang seines Artikels (481f) nennt Ritschl für die Markus-Priorität nur Ewalds Buch (Die drei ersten Evangelien übersetzt und erklärt, Göttingen 1850). 75  Ebd., 510. 76  Ebd., 513. 77  Ebd., 517.519. 78  Ebd., 524. 79  Ritschl, Entstehung (1857), 27f (über die Untersuchungen zu Jesu Verhältnis zum Gesetz): „Dieses Unternehmen wird freilich sehr verschieden ausfallen, je nachdem man bei

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Einerseits gäbe es schon am Anfang des Evangeliums Stellen, die überhaupt nicht geeignet seien, für eine gesetzkritische Haltung Jesu zu sprechen. Indem Jesus einem Geheilten befehlt, sich dem Priester zu zeigen (Mk 1,44), erkennt er die Gültigkeit des mosaischen Ritualgesetzes an, und die Ablehnung des Fastens unter seinen Jüngern (2,19–22) könne nicht als Verleugnung des Gesetzes interpretiert werden. Andererseits aber weise der Streit über den Sabbat (2,23–28) deutlich darauf hin, dass Jesus das Sabbatgebot für seine Jünger nicht als verbindlich gehalten habe. Für die Gesamtinterpretation Ritschls ist diese Stelle besonders wichtig, da ihm zufolge die Jünger Jesu und nur sie als „Genossen des Gottesreiches“ vom Sabbatgebot frei seien.80 Dies bedeute allerdings nicht die Aufhebung des ganzen Gesetzes, sondern hänge damit zusammen, dass Jesus als der Menschensohn „Recht und Herrschaft über alle die Bestimmungen des Gesetzes habe, welche blos den Menschen zum Zwecke haben und nicht den höchsten Zweck des Menschen ausdrücken“. Und diesen „höchsten Zweck des Menschen, nach dem alle einzelnen Gebote zu beurtheilen sind“, finde Jesus „in dem mosaischen Gesetze selbst ausgedrückt“.81 Jesu Belehrung über die Speiseverbote (Mk 7,1–23) mache weiter klar, dass „Jesus einen wesentlichen Theil des mosaischen Gesetzes für das Gebiet des Gottesreiches als ungültig angesehen hat“.82 Damit hat Ritschl schon das Wesentliche gesagt. Die Erlaubnis der Ehescheidung entspreche nicht dem höchsten Zweck des Menschen und deshalb werde sie von Jesus verworfen (10,2–9). Der höchste Zweck des Menschen seinerseits werde im höchsten Gebot, also im Doppelgebot der Liebe, ausgedrückt (12,28–34). Es sei wichtig einzusehen, dass der Schriftgelehrte, der versteht, dass die Liebe mehr als alle Opfer ist, „nicht fern vom Reich Gottes“ sei. Mit dieser Aussage schließe Jesus „die Verbindlichkeit des Opferinstituts für die Genossen des Gottesreiches“ aus.83 So bietet das Markusevangelium nach Ritschl einen zuverlässigen Grund, die Haltung Jesu zum Gesetz zu würdigen: Jesus teile das Gesetz in zwei Teile, und als Messias und „Haupt des Gottesreiches“ habe er die Macht, nur den Teil des Gesetzes, der dem „höchsten Zweck des Menschen“ diene, für die „Genossen des Gottesreiches“ als gültig zu erklären. Zu anderen spreche er von diesem Unterschied „nur indirekt und verhüllt“. Jesu Erklärung des mosaischen Gesetzes

der Vergleichung und Zusammenstellung des Aussprüche Christi von dem einen oder andern Evangelium ausgeht.“ 80  Ebd., 29; im Original steht der Gedanke in Kursiv. 81  Ebd., 30. Ritschl wiederholt diesen Grundsatz mehrmals (31.33.45.47). 82  Ebd., 30f. 83  Ebd., 32.

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beruhe also auf zwei grundlegenden Elementen: auf seiner „Selbstdarstellung“ und auf der „Gründung des Gottesreiches“.84 So würdigt Ritschl Jesu Verhältnis zum Gesetz in der neuen Fassung seines Werkes deutlich anders als in der ersten Auflage, und es ist richtig festzustellen, dass eben seine Entscheidung für die Markus-Priorität eine große Rolle dabei gespielt hat.85 Dennoch sieht Ritschl keinen Widerspruch zwischen den Belehrungen Jesu im ältesten, dem Markusevangelium, und dem judenchristlichen Evangelium des Matthäus. Er fühlt sich verpflichtet, die Sätze in Mt 5,17–20 näher zu erklären, und zwar etwas anders als in der ersten Auflage seines Buches. „Die Schwierigkeit der Stelle“ sieht er darin, dass Jesu Aussage in V. 17 „die ewige Dauer auch des Ritualgesetzes in sich zu schließen scheint“, während die Geltung des Gesetzes im Gottesreich laut anderer Worte Jesu in Frage gestellt werde.86 Ritschl interpretiert diesen Vers durch „die Einheit von Gesetz und Propheten“: Die Propheten haben den Zweck des Gesetzes in der Gerechtigkeit gesehen und die sittlichen Gebote von ihrer Verbindung mit den heiligkeitsorientierten Ritualgesetzen gelöst.87 Und so kann Ritschl die folgende Schlussfolgerung ziehen: „Wenn also Jesus Gesetz und Propheten in ihrer Einheit zusammenfasst, so meine er das Gesetz in seiner Fortbildung und Auslegung durch die Propheten unter dem Zwecke der Gerechtigkeit.“88 Die ewige Gültigkeit der kleinsten Gebote in V. 18 könne sich Ritschl zufolge nicht auf das Ritualgesetz, sondern auf das von Jesus schon erfüllte und für das Gottesreich geltende Gesetz beziehen. Die in V. 19 erwähnten Rangunterschiede im Gottesreich könnten mit der Aussage in V. 20 erklärt werden: die scheinbar pharisäische Gerechtigkeit werde vom Gottesreich ausgeschlossen, während die wirkliche, erfüllte Gerechtigkeit für das Gottesreich kennzeichnend sei.89 So findet Ritschl letztlich in der Bergpredigt dieselbe Gesetzesauffassung wie im Markusevange­ lium:90 „Die vollendende Entwicklung des höchsten Zweckes der Liebe, welchen das Gesetz selbst ausspricht, wird sich nur vollziehen lassen durch die Aufhebung der Verordnungen und Einrichtungen des Gesetzes, welche nicht diesem sondern anderen Zwecken dienen.“ Ritschl begründet dies mit den gewichtigen Stellen Mt 7,12 und 22,40, in denen die Liebe als ein das Gesetz zusammenhaltendes Prinzip dargestellt wird. Wegen des höchsten Zweckes des Gesetzes und des Prinzips der Liebe gehe es auch im Matthäus84  Ebd., 33.224. Die Beschneidung lässt Jesus „unangetastet“; er hat also den Gedanken des Bundesvolkes nicht aufgegeben (34). Marsh, Ritschl, 77, sieht richtig, dass Ritschl in der zweiten Fassung des Kapitels das Hauptgewicht auf das Reich Gottes legt. 85  Ebd., 33f. 86  Ritschl, Entstehung (1857), 35. 87  Ebd., 36. 88  Ebd., 37 (Hervorhebung im Original). 89  Ebd., 38–41. 90  Ebd., 45. Im Original steht der Satz hervorgehoben.

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evangelium letzten Endes um die Gründung des Gottesreiches und die Autorität Jesu als Menschensohn und nicht um eine Auseinandersetzung mit dem mosaischen Gesetz.91

3. Zum Schluss Die Diskussion um Jesu Verhältnis zum mosaischen Gesetz in der Tübinger Schule hat ihren Ausgangspunkt in der kritischen Exegese von (Reimarus und) Strauß, die den historischen Jesus deutlich vom kirchlichen Dogma distanziert. In den Arbeiten von Planck und Ritschl öffnet sich aber auch ein Weg zu einer neuen Interpretation, die Jesus vom Judentum seiner Zeit auf eine bestimmte Weise zu distanzieren sucht. Einerseits identifizieren diese beiden Forscher bei dem historischen Jesus eine höhere, geistige Orientierung, was Planck das „christliche Princip“ nennt und welches Ritschl zufolge „dem höchsten Zweck des Menschen“ dienen soll. Sie beide denken, dass ohne Verwurzelung dieser Sichtweise in der Verkündigung Jesu ihre Anwesenheit im gesetzesfreien Evangelium des Paulus unverständlich bleiben müsste oder wesentlich schlechter erklärt werden könnte. Andererseits aber wollen Planck und Ritschl die anstößigen gesetzespositiven Stellen, besonders Mt 5,17–20 nicht verwässern oder einfach wegerklären. Sie sehen im historischen Jesus ganz natürlich einen jüdischen Messias, der unter den Seinen eine solche (bessere, höhere, größere) Gerechtigkeit verkündigte, die zu seinen Lebzeiten jedoch nicht zu einer prinzipiellen Auseinandersetzung mit dem Gesetz geführt habe. Laut Planck handelt es sich um einen Widerspruch, den Jesus mit seinem Tod lösen wollte, während Ritschl einen ganz anderen Weg geht. Er sieht im Gottesreich und in der von Jesus dafür gegründeten Gemeinschaft die Hauptsache der Verkündigung Jesu, und daher sei eine prinzipielle Auseinandersetzung mit dem Gesetz für den seiner Messianität bewussten Jesus überhaupt nicht nötig gewesen. Um die Mitte des 19. Jh. bemühte sich die kritische Forschung mehr und mehr um das persönliche, höhere, universale und daher um das unjüdische in der Verkündigung Jesu. Nach Verständnis einer wachsenden Zahl von Forschern hat der – erst kurz zuvor durch die Wissenschaft von dem kirchlichen Dogma befreite – historische Jesus deutlich gegen den jüdischen Nationalismus, Partikularismus und Legalismus kämpfen müssen. Die Diskussion um Jesu Verhältnis zum mosaischen Gesetz in der Tübinger Schule

91  Ebd., 46: S. auch 47: „[Jesus] hat demgemäß für das Gottesreich alles ausser Geltung gesetzt, was im mosaischen Gesetze diesem höchsten Principe nicht entspricht“.

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gehört in einen weiteren Zusammenhang, in dem das sogenannte liberale Jesus-Bild entstanden ist.

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When did Jesus become a Galilean? Revisiting the Historical Jesus debate of the Nineteenth Century

The question of the historical Jesus has in the last generation to a large extent been undertaken in “the shadow of the Galilean”.1 The issues of the identity of Jesus and of the character of Galilee have become intertwined, so that the quest for the historical Jesus has become a quest for the historical Galilee.2 Thus, based on archaeological and historical studies, discussions of the religious, cultural and ethnic character of Galilee have taken on an almost existential dimension, way beyond the interest shown in other small regions of the Mediterranean in antiquity. This intense interest suggests that more than a historical reconstruction is at stake. The historical Jesus and Galilee seem to have a paradigmatic character. Underlying the historical discussions looms the larger issue of the meaning of Jesus as a symbol of personal and social identity. And “Galilee” seems to take on a meaning as a metaphor for the larger social and cultural groups we identify with.3 Thus even in a secularised age it appears that religious issues like the historical Jesus and Galilee play a role in social identity constructions of who “we” are, and how we draw boundaries against the “others”. In Der Historische Jesus Gerd Theißen and Annette Merz point out that in recent Historical Jesus research the portrayal of Jesus as a Galilean has served mainly to distance Jesus from Judea and even from Judaism, primarily with regard to ethnicity, culture and social history and politics.4 They suggest that another position is possible, namely to see positive links between the periphery and the centre. And it is this position that has become much stronger since their book was published in 1996.5 But the question of 1  The English title of G. Theißen, Der Schatten des Galiläers: historische Jesusfor­ schung in erzählender Form (Munich: Chr. Kaiser, 1986). 2  S. Freyne, Jesus. A Jewish Galilean (London: T&T Clark, 2004) xi. 3  See H. Moxnes, “Identity in Jesus’ Galilee – From Ethnicity to Locative Intersectionality”, BibInt 18 (2010) 390–416. 4  G. Theißen/A. Merz, Der Historische Jesus (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1996), 156–57. 5  H. Moxnes, “Constructing the Galilee of Jesus in an Age of Ethnic Identity”, in M. Zetterholm/S. Byrskog (ed.), The Making of Christianity: Conflict, Contacts, and Constructions. Essays in Honor of Bengt Holmberg (Winona Lake: Eisenbrauns, 2012) 147–70.

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Theißen and Merz is still valid: what did the Galilean background and localisation mean for Jesus’ teaching and his fate? When it comes to the roots of the presentation of Jesus as Galilean, distancing him from Judaism, Theißen and Merz point to Walter Bauer’s essay “Jesus der Galiläer”.6 Other studies draw lines back to Lives of Jesus in the nineteenth century, particularly by Ernest Renan and David Friedrich Strauss. Especially in The Aryan Jesus Susannah Heschel has explored the use of Galilee to distance Jesus from Judaism in nineteenth-century predecessors to Nazi scholarship together with the responses from Jewish scholars.7 However, these studies have not explored the roots of this designation and the presuppositions underlying it. Therefore, in this study I will explore when Jesus “became” a Galilean by looking at earlier nineteenth century studies and ask how the designation “Galilean” influenced the way Jesus was portrayed.

The Early Enlightenment critics: Jesus within Judaism From the beginning of the study of the historical Jesus the question of the uniqueness of Jesus has been the central issue. But this question of uniqueness was not at first associated with Galilee, and as Jonathan C.P. Birch points out in a study of the early Enlightenment critics, they did not even present Jesus as unique in relation to Judaism.8 However, there may be references to Galilee when the Irish born John Toland (1670–1722) discussed how early forms of Christianity related to Jewish law.9 Among his most controversial views was that there were historic relations between some forms of primitive Christian thoughts and Islamic views of Jesus. Toland attributed this insight to the (spurious) Gospel of Barnabas, which he took to reflect the views of the Ebionite community, which again was similar to an early Christian group he called “the Nazarenes”. He proposed that the Ebionites continued Jesus’ intentions of keeping, not breaking with Mosaic law. Toland took the name “Nazarenes” to derive from “Jesus of Nazareth”, and he suggested that the inhabitants of Nazareth in Galilee kept the Jewish law and resisted the influence of Hellenistic culture. Another Enlightenment critic, Thomas 6  W. Bauer, ”Jesus der Galiläer” (1927), in Aufsätze und kleine Schriften (Tübingen: Mohr Siebeck, 1967) 91–108. 7  S. Heschel, The Aryan Jesus: Christian theologians and the Bible in Nazi Germany (Princeton: Princeton University Press, 2008). 8  J.C.P. Birch, “The road to Reimarus: Origins of the Quest for the Historical Jesus”, in K.W. Whitelam (ed.), Holy Land as Homeland? Models for Constructing the Historic Landscapes of Jesus (Sheffield: Sheffield Phoenix Press, 2011) 19–47. 9  Birch, “Reimarus”, 42–45.

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Chubb (1679–1747) also attempted to identify the true teaching of Jesus. The main element was Jesus’ demand of repentance and reformation of evil ways as the ground of divine mercy and forgiveness. However, Chubb did not see this as something new, but claimed that Jesus proclaimed “the good old way” to life eternal.10 Reimarus held a similar position: Jesus did not represent anything new, but presented himself within Jewish Messianic expectations as “a worldly deliverer of Israel” who was to build up “a glorious worldly kingdom”.11 It was the disciples, who after the death of Jesus as a total failure for his Messianic hopes, falsified his message in order to keep their own authority and power, and started proclaiming Jesus Christ as a suffering spiritual saviour. Reimarus does not raise any discussion of Galilee.12 However, he describes the followers of Jesus and the disciples with a terminology that later turns up in characterizations of followers and disciples as typical for Galileans: “the vulgar and ignorant flocked indeed to Jesus,.. No man of distinction, of education, no Pharisee, only the common rabble, had as yet followed Jesus”.13 The apostles were described in a similar way, but again without any mention that they were Galileans: “The apostles were chiefly men of the lower class and of small means, who gained their livelihood by fishing and other trades”.14 Thus, Reimarus described the contrast between those who followed Jesus and those who rejected him in terms of class, status and education, not in terms of their location in Galilee or Jerusalem.

The non-Galilean Johannine Jesus One reason that Jesus was not ascribed a special relationship to Galilee in the early, academic historical Jesus studies in the late eighteenth and early nineteenth centuries, was that many scholars regarded John’s gospel as the best historical source. Friedrich Schleiermacher held this position in his lectures on the historical Jesus, given several times in Berlin from 1818–32, and his discussion of Jesus’ relationship to Galilee illustrates his view of John’s gospel as an historical source.15 10  Birch, “Reimarus”, 32. 11  S.H. Reimarus, Fragments, ed. C.H. Talbert (Philadelphia: Fortress, 1970). 12  Reimarus speaks of “Judea” as the totality encompassing all parts of the country, Fragments, 137. 13  Reimarus, Fragments, 148; see also on A. Geiger, below. 14  Reimarus, Fragments, 240. 15  F. Schleiermacher, Das Leben Jesu (Berlin: Reimer, 1864); ET: The Life of Jesus (ed. J.C. Verheyden; Philadelphia: Fortress, 1975), 169–74. See H. Moxnes, Jesus and the Rise

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Schleiermacher argued that the synoptic gospels were mere “chronicles”, presenting events without a unifying principle, whereas John’s gospel fulfilled the requirements for history writing in that it presented events within a unity. Schleiermacher found the organizing principle of unity in John’s description of the development of Jesus’ relationship with the nation. It was Jesus’ relation to the nation or to the people that provided the context for Schleiermacher’s discussion of Jesus’ relationship to Galilee. Schleier��������� macher observed that one of the main differences between the synoptic gospels and John’s gospel concerned the question of Jesus’ location: was it primarily in Galilee, as in the synoptic gospels, or was it covering all parts of “the Jewish land”, as in John’s gospel? Central to Schleiermacher’s view of history was that there must be a correspondence between the inner side of Jesus’ activities and their external side, that is, their location. Therefore, since Jesus’ mission was directed at the totality of his people, it could not be limited to Galilee, but must be reflected in Jesus’ travels to all parts of the country and in his contact with people at the centre, in Jerusalem. Schleiermacher did not build this position merely on a general acceptance of the priority of John’s gospel, rather, it was part of a larger discussion where the relationship to the nation was the key to understand the history of Jesus. Thus, the itinerary of Jesus criss-crossing the country in John’s gospel was both historically credible and logically plausible as a spatial expression of Jesus’ mission. Even if Jesus directed his mission to the totality of the Jewish Land, according to Schleiermacher, the message of Jesus’ mission, the Kingdom of God, represented a totally different relationship between God and people than that found in the Old Testament.16 This contrast between Jesus and the Old Testament is a central element in Schleiermacher’s theology. But this position of Schleiermacher was not related to a distinction between Galilee and Jerusalem. Among the authors of the early Lives of Jesus Schleiermacher was alone in having to have such an extended discussion of Galilee in light of a philosophy of history. In his highly regarded Das Leben Jesus from 1829, Karl August von Hase presents a similar view with regard to Jesus’ relation to Galilee.17 Hase repeats the traditional view that John was an eyewitness who wrote from his own memory to supplement the presentations of a Galilean story of Jesus in the older gospels. Without further discussion Hase finds that the Johannine story of the three Passovers of Jesus in Jerusalem is of Nationalism. A New Quest for the Nineteenth-Century Historical Jesus (London: I.B. Tauris, 2012), 71–75. 16  Moxnes, Jesus, 84–87. 17  K.A. von Hase, Das Leben Jesu. Ein Lehrbuch zunächts für akademische Vorlesungen (Leipzig: Johann Friedrich Leich, 1829).

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to be preferred. Therefore the material from the other gospels must be distributed into the time periods between Jesus’ three visits to Jerusalem during the Passah. In a section named “Farewell from Galilee”,18 Hase says that towards the time of the last Passover Jesus left Galilee without hope of returning. He suggests that Jesus saw himself rejected by his people and threatened by Herod, and that he therefore spoke words of bitterness and pain over Galilee (Luke 13:31–35, Matt 11:20–24). Hase holds, however, that Jesus’ words at his departure from the Land, over which he had once spoken the highest blessings, were not damnation but a word of pain and dark prophesies. Hase shared Schleiermacher’s view that Jesus’ purpose was not to proclaim a doctrine, but to establish a kingdom. This kingdom was the religious foundation of a comprehensive human community. On that basis Hase set up the contrast between Judaism as particularistic, theocratic and bound to one people and Christianity as a religious spirit that united the totality of humanity through all times, combining time and eternity. Thus, it appears that when John was taken as the main source for the history of Jesus, Galilee did not have a special place. For Hase as well as Schleiermacher, the contrast between Galilee and Jerusalem was not necessary to express the paradigmatic contrast between Judaism as an “external” religion and Jesus as representing an “inner” religion.19

Towards the Jesus of the Synoptic Gospels The synoptic problem and the historical value of John’s gospel were intensely discussed in most of the nineteenth century. These issues were not of pure academic interest, critical investigations were also signs of the independence of the universities and of a liberal form of Christianity.20 In his revolutionary Das Leben Jesu kritisch bearbeitet David Friedrich Strauss questioned the historical value of all the gospels, but above all the historicity of John’s gospel which he found represented an “advanced myth”. 21 Strauss undertook a comparison between the synoptic gospels and John concerning the location of Jesus ministry, i.e. the well known contrast between Galilee in the synoptic 18  Hase, Leben Jesu, 160. 19  Hase, Leben Jesu, 92–94. 20 ��������������������������������������������������������������������������  B. ���������������������������������������������������������������������� Reicke, “From Strauss to Holtzmann and Meijboom. Synoptic Theories advanced during the Consolidation of Germany, 1830–70”, NovT 29 (1987) 1–21. 21  D.F. Strauss, Das Leben Jesu kritisch bearbeitet (������������������������������� Tübingen: Osiander, 1835). Quotations from the English translation, The Life of Jesus Critically Examined (London: Sonnenschein, 1846).

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gospels, and Jerusalem and Judea with journeys to Galilee, Samaria and Perea in John’s gospel. Even if he does not make a decision between Galilee and Jerusalem as the centre of Jesus’ activities, Strauss describes the two locations with a terminology that is reminiscent of Reimarus’ characterizations of social groups in terms of class and education. Strauss refers to common opinion when he speaks of Judea and Jerusalem as a more suitable field for Jesus’ labours, because of “the higher culture and more extensive foreign intercourse of their population”. On the other hand, Jesus found “easier access to the simple and energetic minds of Galilee, less fettered by priestcraft and Pharisaism”.22 Strauss also raises the question of what the bonds were between Jerusalem and “the distant, half Gentile Galilee,” a question he does not discuss in this book, but to which he returns in Das Leben Jesu für das deutsche Volk bearbeitet almost thirty years later. 23 Among the many critical responses to Strauss’ Das Leben Jesu only a few took up his discussion of the relations between the synoptic gospels and John’s gospel. In Das Leben Jesu Christi August Neander discusses the chronology and location for Jesus’ public ministry.24 His arguments are similar to those advanced by Schleiermacher. For instance, against the presentation of Galilee as the main place ���������������������������������� (“Hauptschauplatz”) for Jesus’ activity, he raises the critical question: “Should we suppose that Christ with purpose limited his area of activity to Galilee, since he would here be more accepted by the simpler people, less influenced by the Pharisees?” Instead, Neander finds it unthinkable “that the One, who would be recognized as the Messiah, for so long should be hidden in a corner of Galilee, and for so long had postponed to show himself for the people and the priests in Jerusalem”.25 Thus, even if Neander combines Galilee and Jerusalem as the locations for Jesus’ ministry, he does not attribute to Galilee any special influence upon Jesus, In another criticism of Strauss’ thesis Alexander Schweizer attempted to excise Jesus’ activities in Galilee from John’s gospel by attributing them to a post-Johannine editor.26 Schweizer argued that the “inner plan” that was behind the character of John’s gospel was based on Logos in the prologue and the emphasis on faith in Christ as the goal of the gospel in 20:30–31. 22  Strauss, Life of Jesus I, 406. 23  D.F. Strauss, Das Leben Jesu für das deutsche Volk bearbeitet (Leipzig: Brockhaus, 1864). 24  A. Neander, Das Leben Jesu Christi in seinem geschichtlichen Zusammenhange und seiner geschichtlichen Entwickelung dargestellt (Hamburg: Friedrich Perthes, 1837), 379– 84. 25  Neander, Das Leben Jesu Christi, 381. 26  A. Schweizer, Das Evangelium Johannes nach seinem innern Werthe und seiner Bedeutung für das Leben Jesu kritisch untersucht (Leipzig: Schweitzer, 1841) 107.

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These passages presented a unified picture of Christ that was found in the original gospel. In contrast, some miracle narratives stand in a loose connection to this totality. In the original gospel the miracles are not told for their own sake, but because they point towards “a higher faith”. In contrast, there are some narratives where faith in miracles is evaluated as the highest value and where miracles are presented as magic. These miracle stories are all placed in Galilee,27 whereas in the rest of the gospel there are no Galilean narratives. Therefore Schweizer suggested that they were later additions by a second author. In this way Schweizer was able to distance the historical Jesus from Galilee. He attributed the Galilean additions to the understanding of Christ in the traditions of the old Christian communities, and it was from these traditions that the narratives of the synoptic gospels and the Galilean passages in John were created. The difficulties that the interpreters encountered in trying to reconcile the narratives of Jesus’ relations to Galilee and Jerusalem in John and the Synoptics respectively were critically exposed by Bruno Bauer in Kritik der evangelischen Geschichte des Johannes.28 The saying in John 4:43–44 had caused interpreters many difficulties: “After the two days he departed for Galilee. For Jesus himself had testified that a prophet has no honour in his own hometown”. Bauer accuses the “apologetes” for not letting the evangelist say what he actually says, and without mercy he exposes their difficulties in reconciling this saying in John with the same saying about a prophet without honour in the Synoptics where Nazareth is addressed as Jesus’ hometown (Matt 13:57 par). Bauer discusses this section under the heading “The motif of the journey to a foreign place” where it is Galilee that is a “foreign place”. According to Bauer the evangelist will say that Jesus went from Judea to Galilee since in his homeplace (Judea) he had no honour, and could be promised to have some in the foreign place, i.e. Galilee. Strauss’s criticism of John’s gospel as a historical source could not be met by its conservative defenders, and the hypothesis of a Johannine priority was dealt a definitive blow by F.C. Baur in his Kritische Untersuchungen über die kanonischen Evangelien.29 It was Baur’s intention to establish a “historical” view of Jesus instead of the “negative critical” view of Strauss,30 but as a result John’s gospel was definitively discredited as a historical 27  Schweizer lists: The miracle in Cana (Das Evangelium Johannes, 65–74); healing in Capernaum (pp. 74–80); the feeding miracle (pp. 80–90); transition over the lake of Gennesareth (pp. 90–96). 28  B. Bauer, Kritik der evangelischen Geschichte des Johannes (Leipzig: Schünemann, 1840) 153–59. 29  F.C. Baur, Kritische Untersuchungen über die kanonischen Evangelien (Tübingen: Fues, 1847). 30  W.G. Kümmel, The New Testament: The History of the Investigation of Its Problems (Nashville: Abingdon, 21972), 137–38.

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source. Baur undertook a tendency criticism of the gospels and found that the historical material in John’s gospel was shaped by the idea of divine dignity and glory. Based on his theories of the development of the early church with regard to the relations between Gentiles and Jews, Baur placed John in the second century, and thus without any credibility as an eye witness. At the same time as the discussion of the relationship between the synoptic gospels and John was carried out, there was an even more complicated and prolonged discussion of the synoptic problem and its various hypotheses. In the working out of the two source hypothesis, with a central position for Mark, H.J. Holtzmann’s Die synoptischen Evangelien played an important role. This result had a direct impact on the question of the historical Jesus and his relation to Galilee.31

The 1860s as “the birth date” for the Galilean Jesus It is of course impossible to date the “birth” of Jesus as a Galilean to an exact year, but the early 1860s seems to be as close as we can come, with the appearance of several studies that emphasized the importance of Galilee for the historical Jesus. First, there were studies that definitely established the synoptic gospels with their location of Jesus in Galilee as the best sources for the historical Jesus. And second, the 1860s saw a renewal in the interest of the historical Jesus in Europe with studies that built on the synoptic gospels.32 These studies portrayed Galilee as a direct influence upon Jesus’ religious views and described Galilee and Jerusalem with contrasting images. Galilee was also included in the growing interest in the Holy Land; in travel narratives, Biblical studies, and Lives of Jesus, the land of Jesus and the Bible were portrayed in terms of their relevance for European identities.33 In Die synoptischen Evangelien Holtzmann gives a brief sketch of the historical Jesus based on a projected proto-Mark, “A”.34 Jesus’ activities in Galilee are presented in seven stages that reflected both the psychological development of Jesus and the widening circles of his mission. The scenes for Jesus’ ministry are all in Galilee, especially centered around Capernaum and in the Northern parts of Galilee. According to Holtzmann, Mark’s descriptions 31  H.J. Holtzmann, Die synoptischen Evangelien. Ihr Ursprung und geschichtlichen Character (Leipzig: Engelmann, 1863); ���������������������������������������������������� J.S. ����������������������������������������������� Kloppenborg, “Holtzmann’s Life of Jesus according to the ‘A’ Source”, JSHJ 4 (2006) 75–108, 202–23. 32  Kloppenborg, “Holtzmann”, 75; S. Heschel, Abraham Geiger and the Jewish Jesus (Chicago: Chicago University Press, 1998), 146. 33  Whitelam, Holy Land as Homeland; Moxnes, Jesus, 39–60. 34  Holtzmann, Die synoptischen Evangelien, 468–96; English translation of pp. 479– 96 in Kloppenborg, “Holtzmann”, 203–23.

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of the activities of Jesus reflected an inner progression in his story of Jesus and the gradual emergence of Jesus’ messianic idea. Holtzmann describes Galilee as “a region that was little affected by a sectarian spirit where he could hope for a ministry that his enemies were not able to obstruct to any significant degree”.35 John S. Kloppenborg points out that one reason why Holtzmann’s position on “proto-Mark” as the earliest gospel had such a following, was that his reading of Mark presented a convincing picture of Jesus in line with modern ideas of personal psychological development and liberal ideas of religion. Jesus’ development of a messianic self-consciousness and his presentation of a kingdom of God based on moral principles were portrayed as a direct result of his missionary activities in Galilee. Jesus as a religious genius who represented the views of modern liberal Protestantism was historically rising “out of the soil of Galilee” and engaged in a conflict with the Pharisees, who were associated with his death.36 This opened up the way for interpreting the historical conflicts in the life of Jesus as metaphors for modern confrontations over religion. However, although he recognized Jesus as a Galilean, Holtzmann did not attribute the characteristics of Jesus as a religious genius to influences from Galilee. Galilee and the Galileans were in a position to react positively to Jesus, but not to influence him. In another book on Jesus also from 1863, however, this influence was a central idea. It was a major point in Vie de Jésus by Ernest Renan that Galilee, its nature and landscape, had deeply influenced and shaped Jesus’ religious outlook.37 By many Jesus scholars, most damningly by Albert Schweitzer, Renan’s book was written off as “romantic”, with its descriptions of Jesus and his disciples wandering around Galilee in endless sunshine.38 But there was more to Renan’s book than its harshest critics were able to see.����������� The literary style of Renan’s Jesus book represented something new; it presented itself as a book written by an eye-witness to the places where Jesus had walked and worked. Renan’s Vie de Jésus combined ���������������������������������������� two genres: biography and travel-writing on Palestine. As far as I am aware, German books on the historical Jesus at the time were almost all products of literary studies; their authors seldom travelled to Palestine themselves. Compared to these literary-historical studies, Renan’s descriptions represented the new advances in travel

35  Kloppenborg, “Holtzmann”, 208. 36  Kloppenborg, “Holtzmann”, 104. 37  E. Renan, Vie de Jésus (Paris: Michel Lévy, 1863). 38  A. Schweitzer, The Quest of the Historical Jesus. First complete edition, ET of 2nd German edn (Minneapolis: Fortress, 2001), 158–68.

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writing and historical geography that from the first part of the nineteenth century had resulted in a great number of books on the Holy Land.39 Renan starts his book with a discussion of the literary sources; here he finds Matthew and Mark most credible. But equally important is a new source: “To the perusal of documentary evidence I have been able to add an important source of information – the sight of the places where the events occurred”. Renan speaks of the “striking agreement of the text with the places” and of the “marvellous harmony of the Gospel ideal with the country”. As a result he speaks of the country as “a fifth gospel”.40 This gospel becomes most visible in Galilee. Renan’s descriptions of the nature of Galilee are therefore more than romantic illustrations; to Renan nature revealed a truth that was otherwise not visible. Renan’s position was not based on an impulse of the moment; behind his romantic picture was a widespread conviction that nature and landscape influence and shape social structures and the human character of the inhabitants of a land and an area.41 Philology shared with ethnography, geography and social biology many presuppositions about the interdependence between nature, character and race. It was taken for granted that nature and landscape made an impression upon the character of an individual. Renan’s picture of Galilee should therefore be understood as an example of the interconnection between nature and the character of a people that are also found in other presentations of Galilee from this period. As a philologist and historian of religion, Renan is (dis)credited with a central role in establishing Orientalism, i.e., presenting pictures of the Orient as the “Other” to “us”, the West.42 However, the picture of the Orient was ambiguous; it could represent both an ideal in contrast to the corrupted civilization of the West, and the dangerous and fanatical Other in contrast to the advanced and liberal humanity of the West. Renan’s descriptions of nature and landscape in Palestine reflect this ambiguity. The two perspectives on the Orient are divided spatially: Galilee represented the ideal natural stage, whereas the distorted nature of Judea and Jerusalem represented fanaticism. It was first and foremost Nazareth that served as Renan’s ideal: “The environs, moreover, are charming and no place in the world was so well adapted for dreams of perfect happiness.” Not only Nazareth, but all of Galilee was a garden of harmony between nature, a “terrestrial paradise”, 39  Y. Ben-Arieh, “Nineteenth-Century Historical Geographies of the Holy Land”, Journal of Historical Geography 15 (1989) 69–79. 40  E. Renan, The Life of Jesus (New York: Modern Library, 1927), 61. 41  J. Leersen, National Thought in Europe. A Cultural History (Amsterdam: Amsterdam University Press, 2006), 65–70. 42  E.W. Said, Orientalism (New York: Random House, 1978), 131–50; Heschel, Abraham Geiger and the Jewish Jesus (Chicago: Chicago University Press, 1998), 154–58.

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and its population, which was “active, honest, joyous and tender-hearted”.43 In contrast to Galilee, towards the South a darker picture emerged: “Southward, the more sombre aspects of these Samaritan hills foreshadows the dreariness of Judea beyond, parched by a scorching wind of desolation and death.”44And Renan describes the inhabitants and the character of Jerusalem along the same lines. It was “a city of pedantry, acrimony, disputes, hatreds, and littleness of mind. Its fanaticism was extreme and religious seditions very frequent.”45 The nature of Galilee influenced not only the population in general, but also Jesus. Like Holtzmann, Renan describes Jesus as a unique personality, and as initiating a religion of all of humanity in contrast to that of Judaism. Moreover, Renan ascribes the divine revelation directly to Jesus’ experiences of the nature of Galilee. It was the landscape of Galilee that shaped Jesus’ message of the Kingdom, the central aspect in Renan’s Life of Jesus, so that Renan could say: “This aspect of Nature, at once smiling and grand, was the whole education of Jesus.”46 As the desert had shaped John the Baptist’s image of a strict God, the Galilean landscape formed Jesus’ vision of a loving God. After the temptation in the desert Jesus returned to “his beloved Galilee, and found again his heavenly Father in the midst of the green hills and the clear fountains”.47 In Renan’s Vie de Jésus the nature and landscape of Galilee are much more than decorative illustrations; they represent a “fifth Gospel” that reveals the true character both of Jesus and of his ideal followers. However, in addition to nature, history, race and social structures had become important elements in attempts to explain human character.48 It was this type of explanation that was the contribution of the third book on Jesus that appeared in 1863–64, D.F. Strauss’ Das Leben Jesu für das deutsche Volk bearbeitet.49 This last book by Strauss on Jesus was very different from his Leben Jesu from 1835, which in fact, was an argument that it was impossible to write a Life of Jesus, since the narratives in the gospels were myths, creations of the early Christian communities. Das Leben Jesu für das deutsche Volk, however, was a more traditional biography of Jesus. Moreover, it was written not only in a popular style, for “the people”, but specifically for “the German people”.50 Strauss saw the study of the historical Jesus as a 43  Renan, Life of Jesus,173. 44  Renan, Life of Jesus, 116–18. 45  Renan, Life of Jesus, 214. 46  Renan, Life of Jesus, 89. 47  Renan, Life of Jesus, 87. 48  H. Moxnes, “The construction of Galilee as a place for the historical Jesus”, BTB 31 (2001) 26–37. 49  ET: D.F. Strauss, A New Life of Jesus (London: Williams and Norgate, 1865). 50  Strauss, New Life of Jesus I, xiii.

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continuation of the reformation in Germany; it had both a spiritual goal, to separate internal religion from its outward expressions, and a political goal to create a united Germany. Strauss was writing in a period leading up to the unification of mainly Northern Germany under the leadership of Bismarck’s Protestant Prussia in 1871, excluding the Catholic Austria-Hungary. This political and religious situation is part of the context when Strauss discusses Jesus’ relationship to Galilee and Jerusalem. The question of the location of Jesus’ ministry is also part of Strauss’ comparison between the synoptic gospels and John’s gospel, where he gives priority to Matthew’s gospel. His description of Palestine does not have any of the interests in topography and nature that were so important for Renan. Instead Strauss uses a political geography to describe the locations for Jesus’ activities. He worked in the regions ruled by the sons of Herod as Roman vassal princes, primarily Galilee; and avoided Samaria and Judea and Jerusalem, areas directly ruled by the Romans. Thus, the Roman Empire is ever present as the context for the activities of Jesus. Like Renan, Strauss holds that Jesus undertook most of his public activities in Galilee before he turned to Jerusalem only at the very end of his life. Strauss says that Jesus needed a preparation in regions “where men’s minds were more open to his teaching”.51 In contrast, Jerusalem represented the opposite of Galilee: “there the Pharisaic party ruled over a population readily excitable to fanaticism, there the spirit of formalism in religion, the attachments to sacrifices and purification, had its hold in the numerous priesthood, the splendid temple and its solemn services.” When Strauss seeks to explain why the Galileans were more open minded than the population of Jerusalem, he does not turn to the effect of nature, as Renan did, but to social and historical reasons: We know of this region that its population, especially in the northern parts, was much mixed with Gentiles, and on this account this division of it was even called Galilee of the Gentiles; and as besides this the province was separated by the intervening Samaria from that of Judea, so proud of its faith, the Galileans were contemptuously despised and not considered as entitled to the full privileges of the Jews; and even these circumstances might aid in the development of a more liberal religious tendency.52

Besides the geographical separation and the experience of discrimination, the most significant topic is that of the racial mixture of the population in Galilee. Strauss does not go into details here, but the idea of a racially mixed population in Galilee was a commonplace among historians and biblical scholars in the nineteenth century. The background for this view was the discussion of whether the Assyrians, after the deportation of Jews from Israel 51 52

 This and the following quotation are from Strauss, New Life of Jesus I, 345.  Strauss, New Life of Jesus I, 263.

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in 733–32 BCE, had settled other population groups in Galilee. Most scholars agreed that this had happened, and that as a result Galilee had a mixed population. Strauss does not speculate whether Jesus belonged to this part of the population that was mixed, but it is likely that it was an issue of discussion.53 In the nineteenth century it was a commonly shared view that a mixture of populations was an advantage, and characteristic of the large nations of Europe.54 This made it possible for Europeans to identify with Galilee rather than with Judea and Jerusalem as home for the “pure” Jews. Strauss’ presentation of Galilee contained perspectives that should be developed by other scholars. Since he introduced his study of the Historical Jesus as fulfilling the task of the Reformation in uniting Germany, the contrast between Galilee and Jerusalem could become a paradigm for other contrasts between “good” and “bad”, for instance applied to the contrast between the Protestant North and the Catholic South Germany. The notion of Jesus coming from a racially mixed Galilee in conflict with a racially pure Judea turned out to be open for even more fateful applications. In particular the writings of two authors, Paul de Lagarde55 and Howard Stewart Chamberlain,56 writing towards the end of the nineteenth century, illustrate how viewpoints found in Strauss could be developed into more extreme positions. The question of ethnic and racial identity was raised in particular within the context of German “Volks-ideology” that prepared the way for the later Nazi ideology; here it was suggested that a racially mixed Galilee included an Aryan population. In her thoroughly researched but highly depressing book, The Aryan Jesus, Susannah Heschel has investigated how the notion of Jesus as Aryan, not Jewish, was used by some centrally placed German Biblical scholars to support the anti-Jewish politics of the Third Reich.

53  In his discussion of the mixed nature of the population in Galilee, Renan explicitly rejects that one can raise the question of the race or blood of Jesus, implying that the issue must have been discussed, Life of Jesus, 83. 54 �����������������������������������������������������������������������������������  The view that hybridity created more vigour than racial purity may have been a result of the influence of Darwin; see C. Christie, Race and Nation: A Reader (London: I.B. Tauris, 1998), 37. 55  P. de Lagarde, Deutsche Schriften (Göttingen: Dieterische Verlagsbuchhandlung, 1878), 229–30. Lagarde starts his presentation of Jesus, who spoke of himself as “human being” (Menschen) and would not be called Jew, by placing him not in the centre of the Jewish community, but in Nazareth, in the periphery. 56  H.S. Chamberlain, Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts, vol.I (Munich: Bruckmann, 1899).

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A Jewish Jesus in Galilee A discussion of how Jesus became a Galilean in the period 1863–64 is not complete without considering Jewish responses to the Christian Lives of Jesus introduced above. These studies have largely been overlooked in reviews by Christian scholars. In Abraham Geiger and the Jewish Jesus57 Susannah Heschel shows how Jewish scholars presented a counter-history to the dominant Christian Lives of Jesus, at the same time as they shared many of the ideals of historical-critical biblical scholarship and liberal religious views. Heschel also shows how even some Christian theologians who in part recognized the scholarship of Geiger and other Jewish scholars continued to use negative stereotypes about Pharisees and Judaism.58 The main Jewish counter-position to Christian depictions was that Jesus was a Pharisee and that in the original words of Jesus there was nothing new compared to the teaching of the Pharisees. Thus, according to Jewish scholars, Jesus did not present a new religion.59 On the specific question of the relation of Jesus to Galilee, Abraham Geiger in his lecture series on Das Judentum und seine Geschichte from 1863–64 criticizes the romantic, idyllic picture of Galilee in “a recent work”, obviously a reference to Renan’s Vie de Jésus.60 Geiger refuses to draw inferences from the fertile nature of Galilee to the character of the people and argues that the Galileans were uneducated, prone to fighting. With a reference to the French revolution, Geiger says that they were “the Marseillers of the Jewish struggle”.61 Their impulses to revolt were supported by their apocalyptic beliefs, characteristic of people who do not think, but react emotionally. Thus, they were prepared for Jesus who gave expression to the movements of his time. Geiger emphasized that Jesus was “a Jew, a Pharisaic Jew with Galilean colouring”,62 although some of the teachings of Jesus did not correspond to those of the Pharisees. These were especially his praise of poverty, his rejection of this world and his focus on the future world, that is, aspects that Geiger had described as characteristic for the Galileans. As a result Jesus found his followers not among the educated, but among small groups, especially in Galilee, of people in low positions, those who were 57  S. Heschel, Abraham Geiger and the Jewish Jesus (Chicago: Chicago University Press, 1998). 58  Examples include A. Hausrath and H. J. Holtzmann; see Heschel, Abraham Geiger, 201–9. 59  Cf. the positions of the early Enlightenment critics, see above. 60  A. Geiger, Das Judentum und seine Geschichte (repr. of 1st edn; Breslau: Jacobsohn, 1910), 116. 61  Geiger, Das Judentum, 117; Heschel, Abraham Geiger, 149–50. 62  Geiger, Das Judentum, 118.

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looked down upon as collaborators with the despised Roman Empire, like tax collectors and sinners.63 Thus, although Geiger emphasized that Jesus was a Pharisee, there was a “Galilean colouring” to him. In Geiger’s view this was a negative characteristic since it referred to the fighting and violence of the Galileans and to the corresponding “schwärmerisch” apocalyptic beliefs. At the same time, but before the appearance of the studies by Renan and Strauss, the historian Heinrich Graetz published his Geschichte der Juden where he described Jesus as a Galilean who developed Essenism in a new direction.64 That Jesus was associated with Essenism was a popular theory at the time,65 and Graetz combined it explicitly with aspects that were ascribed to Jesus’ activities in Galilee. With their ascetic life and expectations of the Kingdom of Heaven, the Essenes required the expected Messiah to reject the world, to show that he possessed the Spirit by expelling demons and to introduce a fellowship of sharing goods and a life of poverty. Born in Galilee, Jesus’ level of education was determined by the lack of institutions of learning in that region. However, what Jesus lacked in knowledge of the Law, Graetz found he made up for in emotions and attitude. He showed humility, like Hillel, and was filled by that “higher form of religion” that not just in specific religious moments, but throughout all activities directs one’s life towards God. But many aspects of the life of Jesus, such as his rejection of violence, partisanship and “worldly concerns”, Graetz argued, could only be explained by his belonging to the Essenes.66 For Graetz, Jesus’ mission was to bring people back to a true Jewish life in preparation for the coming Messianic period. In contrast to John the Baptist, who sent out a general call to repentance, Jesus chose to address a specific class; not the middle class, those who followed the law, and not the rich and the nobility, but those who were rejected from the Jewish fellowship and who did not know the truths of Judaism. The description of sinners and of the am-ha-aretz, who did not know the law and the temple cult fits into the picture that Graetz gives of Galilee as a “backward” part of the country.67 And Graetz follows Luke’s gospel when he describes Jesus’ activities among the Jewish people with a following primarily in Galilee.68 63  Geiger, Judentum, 120–21. 64  H. Graetz, Geschichte der Juden. 3. Band: Von dem Tode Juda Makkabi’s bis zum Untergang des jüdischen Staates (Leipzig: Oscar Leiner, 21863), 216–29. 65  The idea that Jesus had secret relations with the Essenes had been suggested by Karl Friedrich Bahrdt (1782) and Karl H. Venturini (1800); see Schweitzer, Quest, 38–43. Schleiermacher (Life of Jesus, 105–6) rejected the idea, both because the Essenes did not play any role in public life, and since there was no evidence that there had been Essenes in Galilee. 66  Graetz, Geschichte der Juden, 226–28. 67  Graetz, Geschichte der Juden, 223–24, 228–29. 68  Graetz, Geschichte der Juden, 230–38.

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Both Geiger and Graetz emphasized that Jesus stood firmly within Judaism, Geiger placed him among the Pharisees, Graetz among the Essenes. Both of them placed Jesus in Galilee; they found that Jesus was influenced by his Galilean context in ways that placed him outside the very center of Judaism in Jerusalem, with the Temple cult and the education in Law. For Geiger, the Galileans were characterized by fighting and quarrelling, which prepared them for apocalyptic expectations. For Graetz, lack of education made Galileans more morally strict, but they were also influenced by their gentile neighbours, with much superstition and many who were possessed by demons. However, Jesus’ lack of formal education was balanced by a “nobility of the heart” and a deep religiosity that made God the centre of his life. Thus, both for Geiger and Graetz it was important to place Jesus within the Judaism of his time, in criticism of the attempts by Christian scholars to distance him from Judaism. At the same time they recognized some aspects of Jesus’ teaching that were not common to Pharisaic Judaism, and ascribed them to Galilean or Essene influence respectively. These aspects were quite similar: poverty, otherworldliness and the powers of the Spirit to exorcise demons. The same held true for Jesus’ direction of his mission to the poor, sinners and the outcasts who were primarily located in Galilee. Thus, both Geiger and Graetz recognized that Jesus was a Jewish teacher who had a special relationship to Galilee, and that the Judaism of Galilee was different from that found in the central parts of Judea and Jerusalem.

The meaning of Galilee It seems that we can now answer the question of when Jesus became a Galilean by pointing to the cumulative impact of the books by Holtzmann, Renan, Strauss, Geiger and Graetz in 1863–64. But more important than the question of “when” is the question of “what”: what did it mean for historical Jesus research undertaken by Christian scholars that Jesus was placed in Galilee as a Galilean? First it is relevant to point out what it did not mean. Galilee was not necessary to distance Jesus from Judaism. Also those Lives of Jesus that built on John’s Gospel portrayed Jesus in conflict with Judaism (like historical Jesus studies from the so-called Second Quest which likewise were not interested in Galilee).69 But the acceptance of the synoptic gospels as the main historical source provided a paradigm for the historical Jesus that has prevailed for 150 years. The synoptic gospels present a narrative with 69

 See G. Bornkamm, Jesus von Nazareth (Stuttgart: Kohlhammer, 1956).

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Jesus in Galilee for almost all of his career, winning many adherents, before his journey to Jerusalem for a last week of conflicts and death. This is an effective narrative, in fact, so effective that it has been largely accepted as the model for historical Jesus studies. This is an interesting example of how a pre-critical historical model has prevailed in Jesus scholarship, despite the fundamental and acclaimed criticism of reading the gospels as history by Strauss in his Leben Jesu. One reason it has prevailed may be that this model placed the conflict between Jesus and Judaism in a context of space, geography and people – that is, in a context it was easy to identify with and easy to interpret within well known cultural paradigms.70 In Renan’s Vie de Jésus the paradigm is that of the relationship between nature, landscape and human character. This correspondence extends to an understanding of religion as a “natural” religion. The character of Jesus’ God is understood as reflected in, or, even stronger, revealed in a nature of fruitfulness and abundance, encompassing all of humanity. In Das Leben Jesu für das deutsche Volk Strauss places Galilee in a context of the fulfilment of the Reformation in the unification of Germany under Prussia, with Galilee representing the Protestant North in Germany versus the Catholic South Germany and Austria. Thus, the contrast between Galilee and Jerusalem takes on a metaphoric character; it becomes a paradigm of the binary contrasts between “we” and “they” that can be applied to many different contexts. The most ominous of these contexts was that of race. From the mid-nineteenth century race was increasingly understood in biological terms, and the discussions of races among the inhabitants of Galilee were carried on with strong overtones to the contemporary situation in Europe, culminating in Nazi-Germany. After the interlude of the Second Quest, with little interest in Galilee, Jesus is now commonly accepted as a Galilean, but with an ongoing discussion of what that means. This investigation of when Jesus became a Galilean, cannot give an answer to that question. But I think it suggests that the meaning of Galilee, and of Jesus as a Galilean, is not a simple, historical question. We must always be conscious that it can only be answered within existing paradigms of identities, social relations and distinctions in our own societies.

70  The cultural paradigms of Schleiermacher, Strauss and Renan, especially in the form of nationalisms, are explored in Moxnes, Jesus, passim.

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Ralph Hochschild

Eschatologischer Prophet oder „Non-Eschatological Jesus“? Wissenschaftssoziologische Überlegungen zur Rezeption von Johannes Weiß: „Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes“

Für Albert Schweitzer brachte das Buch die Lösung der dritten großen Frage der Leben-Jesu-Forschung.1 Nachdem David Friedrich Strauß die rein geschichtliche Perspektive durchgesetzt hatte und nach ihm Heinrich Julius Holtzmann die Priorität der synoptischen Überlieferung, schien Johannes Weiß durch „Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes“2 den Schlussstein des Tores gesetzt zu haben, das den Weg zu einer modernen Ethik und Religion eröffnen konnte. Diese sollte den historischen Jesus nicht mehr naiv direkt „als Lehrer und Heiland in unsere Zeit“ hineinstellen. Sie sollte ihn wegen seiner „Interims­ethik“ und der drängenden Naherwartung, die Weiß herausgearbeitet hatte, nicht mehr zu ihrem Fundament machen können und das auch nicht mehr wollen.3 Etwas nüchterner klingt es achtzig Jahre später bei Stephen Neill und Tom Wright: „Post Schweitzer eschatology has not been so notably successful that radical revision is unnecessary“.4 Diese hatte freilich schon in den zwanziger und dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit Charles Harold Dodd begonnen, der sich allerdings auf eine Gruppe von Texten stützte, die Weiß aufgrund quellenkritischer Überlegungen für nicht valide gehalten hatte: die Parabeln.5 Die Skepsis gegenüber Weiß wurde in der englischsprachigen Jesusforschung seit den 1990er Jahren durch John Dominic Crossan, Burton Mack und Marcus J. Borg erneuert, als sie Jesus und die Jesusbewegung in Analogie zu den kynischen Wanderphilosophen deuteten, ihn als Lehrer einer subversiven Weisheit verstanden oder als Sozialreformer – aber nicht mehr als Propheten einer drängenden Nah1  Schweitzer, Geschichte, 254. 2  Weiss, Predigt. Zur Biografie s. die grundlegenden Arbeiten von B. Lannert: Lannert, Weiß; ders., Wiederentdeckung. 3  Schweitzer, Geschichte, 588.620. 4  Neill/Wright, Interpretation, 378. 5  Theissen/Merz, Jesus, 224.

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erwartung.6 Mit Recht stellen sie fest, dass sich der frühere Konsens, dass Jesus ein eschatologischer Prophet gewesen sei, verflüchtigt habe, was Borg auch mit der Internationalisierung der Jesusforschung in Verbindung bringt.7 Auf anderen Pfaden verläuft nach meinem Eindruck die Rezeption von Weiß’ These in Deutschland. Sie faszinierte nicht nur bei ihrer Veröffentlichung. Fast fünfzig Jahre später lässt Rudolf Bultmann 1939 erkennen, dass „Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes“ wirksam blieb – auch in einer veränderten theologischen und gesellschaftspolitischen Landschaft: Die Tragweite seiner Ergebnisse konnte J. Weiß damals selbst noch nicht abschätzen. Heute ist uns der eschatologische Sinn der Predigt Jesu, ja der urchristlichen Predigt überhaupt selbstverständlich geworden, […] indem sie gegenüber einem verbürgerlichten Verständnis des Christentums die Fremdheit der neutestamentlichen Verkündigung heraufführen half, das sich in der Gegenwart auf allen Gebieten der Theologie auswirkt. Und gerade J. Weiß’ „Predigt Jesu“ ist dafür von besonderer Bedeutung gewesen.8

Die dann im Jahr 1964 herausgekommene 3. Auflage9 zeigt diese große Bedeutung für die deutschsprachige Jesusforschung, in der bis heute eine große Zurückhaltung gegenüber einem „uneschatologischen“ Jesusbild spürbar ist.10 Die Bedingungen, unter denen Johannes Weiß’ These in Deutschland ihre hohe Plausibilität gewinnen und trotz erheblicher gesellschaftlicher und theologischer Umbrüche erhalten konnte, sollen in diesem Aufsatz erhellt werden. Einen besonderen Akzent möchte ich auf die Veränderungen legen, die das Zeit- und Zukunftsverständnis von der letzten Hälfte des 19. Jh. bis ins erste Viertel des 20. Jh. hier erfuhr.11 Dieser Wandel hat erst in neuerer Zeit in der historischen Wissenschaft durch Lucian Hölscher besondere Beachtung gefunden12 und es wird sich zeigen, dass er unmittelbare Relevanz für unser Thema besitzt. Da hierbei Wechselwirkungen zwischen exegetischer Forschung, innerdiszplinären und gesamtgesellschaftlichen Diskursen untersucht werden, bedarf es einer wissenssoziologisch informierten Forschungsgeschichte.

6  Borg, Jesus; Stegemann, Horizont. 7  Borg, Jesus, XI. Du Toit sieht hier mit Recht eine starke Differenz zur deutschsprachigen Jesusforschung, insbesondere habe inzwischen das „Apokalyptikmodell seinen Monopolstatus“ verloren: Du Toit, Suche, 93.120–123. 8  Bultmann, Johannes Weiß, 243. 9  Weiss, Predigt, 31964. 10  Theissen/Merz, Der umstrittene historische Jesus, 22f. 11 ��������������������������������������������������������������������������������  ������������������������������������������������������������������������������� Eine ähnliche Untersuchung des Zukunftsverständnisses und seines Wandels außerhalb Deutschlands wäre wünschenswert und könnte zum Verständnis der Rezeption von „Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes“ und zur Plausibilität eines nicht-eschatologischen Jesusbildes weitere Gesichtspunkte beitragen. 12  Hölscher, Weltgericht, 11f.

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Eine Deutung der historischen Jesusforschung mit Hilfe von wissenssoziologischen Überlegungen ist nichts völlig Neues. Albert Schweitzer hatte in seiner „Geschichte der Leben-Jesu-Forschung“ nicht nur problemgeschichtlich argumentiert, sondern neben biografischen auch geistesgeschichtliche Faktoren für die Entwicklung der Forschungsrichtung namhaft gemacht. Sein abschließendes Resümee eröffnete eine ideologiekritische Perspektive: Der Jesus von Nazareth, der als Messias auftrat, die Sittlichkeit des Gottesreiches verkündete, das Himmelreich auf Erden gründete und starb, um seinem Werke die Weihe zu geben, hat nie existiert. Sie ist eine Gestalt, die vom Rationalismus entworfen, vom Liberalismus belebt und von der modernen Theologie in ein geschichtliches Gewand gekleidet wurde.13

Leider hatte Schweitzer solche Überlegungen nicht methodisch reflektiert in seine Forschungsgeschichte einbinden können. Hingegen hat in neuerer Zeit Dieter Georgi den Gang der Forschung im Kontext von relevanten gesellschaftlichen Leitvorstellungen und Leitbildern von der Antike bis zur Gegenwart dargestellt.14 Eine solche Wahrnehmung gesellschaftlicher Leitbilder und Diskurse in der Forschungsgeschichte empfiehlt sich in besonderer Weise für die historische Jesusforschung, da sie sich einerseits nach wissenschaftlichen Standards mit der zentralen Figur des christlichen Glaubens beschäftigt, andererseits ihre Hypothesen legitimierende Bedeutung für Glauben, Lehre, Kultus und das gesellschaftliche Leben der christlichen Kirche haben. Ihre Ergebnisse lassen sich – wie von Schweitzer und Georgi angedeutet – als Wechselspiel zwischen wissenschaftlichen Prozessen und gesellschaftlichen Entwicklungen und Diskursen verstehen. Dabei muss deutlich sein: Wissenschaftliche Hypothesen sind nicht per se falsch, nur weil sie gesellschaftlich bedingt sind. Aber ihre Akzeptanz und fortdauernde Rezeption wird historisch verständlicher, wenn ein Zusammenhang erkennbar wird.15 Für andere Wissenschaftszweige sind solche Beziehungen schon erforscht und plausibel gemacht worden.16 Über die von Schweitzer und Georgi genannten „externen“ Faktoren der Wissenschaftsentwicklung hinaus müssen auch „wissenschaftsinterne“ Faktoren berücksichtigt werden. Diese umfassen nicht nur die Problemgeschichte der Disziplin und ihre Diskurse, sondern ebenso die heute erkennbaren Kommunikationsprozesse innerhalb des Forschungszweiges.17 Denn die Entwicklung von Wissenschaften wird nicht nur durch unerwartete 13  Schweitzer, Geschichte, 620. 14  Georgi, Leben-Jesu-Theologie. 15  Mulkay, Wissen, 57. 16  Hochschild, Sozialgeschichtliche Exegese, 42–44. 17  Zu diesem Programm einer wissenssoziologisch informierten Forschungsgeschichte und ihren theoretischen Voraussetzungen s. ebd. 34–44.

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Entdeckungen oder durch das Streben nach Reputationsgewinnen vorangetrieben, sondern ebenso durch die Etablierung von Kommunikationsstrukturen, in deren Verlauf zum Beispiel biografische Aspekte, aber auch Schulbildungen relevant werden.18 Diese Perspektive auf die Forschungsgeschichte kann einen Beitrag zu einer realistischen Einschätzung von wissenschaftlichen Hypothesen leisten. Sie ist offen für die Frage, ob und inwiefern disziplinäre und gesellschaftliche Kontexte und Diskurse die Formulierung von Hypothesen beeinflussen, aber auch, ob, wann und wie es zur Distanzierung von zeitgeschichtlichen Motiven und zur Etablierung eines wissenschaftlichen Konsenses kommt. Darüber hinaus kann sie transparent machen, wie es zu Plausibilitätsverlusten und Erklärungsdefiziten von Hypothesen kommen kann, die eine neue wissenschaftliche Erforschung eines Gegenstandes notwendig machen.19 Nach einer kurzen Darstellung des Argumentationsgangs in „Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes“ werde ich mithilfe wissenschaftssoziologischer Kategorien zunächst wissenschaftsimmanente Überlegungen anstellen und schließlich mithilfe wissenssoziologischer Kategorien im dritten Teil Weiß’ These im Kontext der Zukunftsdebatten in Deutschland am Ende des 19. Jh. und Beginn des 20. Jh. deuten.

I. Ausgangspunkt und Anlass für „Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes“ ist das seit Schleiermacher eingeführte Verständnis des Begriffes „Reich Gottes“, der auch in der Dogmatik von Weiß’ Schwiegervater Albrecht Ritschl eine zentrale Stellung einnimmt.20 Als einer der beiden Brennpunkte der christlichen Lehre verkörpert das „Reich Gottes“ im Gegenüber zur Rechtfertigung gewissermaßen die lebenspraktische Komponente der christlichen Lehre. Im Unterschied zu der für viele Zeitgenossen abständigen Rechtfertigungslehre – so Weiß – könne eine Predigt, welche ernst und begeistert die Menschen zusammen ruft in das Reich Gottes […] ihres Ziels nicht verfehlen, wenn sie zu zeigen weiss, wie begrenzt und doch wie reich, wie einfach und doch wie unermesslich schwer, wie ernst und doch wie erhebend die Aufgaben sind, die Gott seinen Dienern in die­sem Reich stellt und dass sie nur gethan werden können von einem Men­schen, der seine Seele speist mit Kraft aus der Höhe, indem er,

18  Mulkay, Modelle, 55f; ders., Science. 19  Hochschild, Sozialgeschichtliche Exegese, 240f. 20  Weiß hat seine Schrift selbst als Skizze betrachtet. Vgl. Lannert, Wiederentdeckung, 139. Zu Ritschl: Schäfer, Ritschl; Kantzenbach, Programme, 105.

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selbst ein König, aber demütig und freudig wie ein Kind sein Leben von Gott leiten und gestalten lässt.21

Bei aller Zustimmung zu diesem theologischen Konzept sieht Johannes Weiß diese Übertragung eines biblisch-historischen Begriffes in einen dogma­ tischen Kontext als problematisch an, da es zu inhaltlichen Verschiebungen und Umdeutungen kommen könne. Diese seien zwar nicht notwendig theologisch illegitim, müssten jedoch aus Gründen der intellektuellen Redlichkeit benannt werden. Dem diene diese Studie.22 Durch quellenkritische Überlegungen schließt Weiß zunächst das Johannesevangelium aufgrund seines sekundären Charakters wie seiner theologischen Prägung, sowie die Gleichnisse und Parabeln von der Betrachtung aus.23 Sie seien nicht relevant, da diese entweder sehr späte Teile der Evangelien seien, nicht vom Reich Gottes handelten oder „nur mit Mühe darauf bezogen werden könnten“, was sich auch an der redaktionellen Gestaltung dieser Texte durch die Evangelisten zeige. Johannes Weiß begründet vor allem mit drei Textkomplexen seine These. Zunächst mit der Predigt Jesu vom nahen Gottesreich, die Weiß in der aus Mt 10,7 und Lk 10,9.11 rekonstruierten Q-Fassung futurisch deutet. Dabei lehnt er in einem längeren Argumentationsgang jedes Ineinander von Zukünftigkeit und Gegenwärtigkeit des Reiches Gottes ab. Diese gäbe zwar „den Rechtstitel für die Dogmatik ab, den Begriff des Reiches Gottes als Centralbegriff der christlichen Weltanschauung zu verwenden“24, da Jesus jedoch nie das Reich Gottes mit dem Jüngerkreis resp. der christlichen Gemeinde identifiziere,25 könne das Reich Gottes nicht wie in der modernen Dogmatik einen Raum markieren, in dem das christliche Selbstbewusstsein seinen gestellten Aufgaben nachkomme. Vielmehr zeige die erste Bitte des Vaterunsers, ἐλθέτω ἡ βασιλεία σου, die Weiß nun als zweiten Text einführt, dass schon der erste Text futurisch zu verstehen sei.26 Daher lebten Jesus und seine Jünger in einer Grundstimmung, die das Vergehen dieser Welt und das Kommen des Reiches Gottes durch Gottes Eingreifen noch erwarteten.27 Die Parusierede Lk 17 und die synoptische Apokalypse Mk 13 bilden den dritten Textkomplex, mit dem Weiß nun illustriert, wie Jesus sich das Kommen des Reiches Gottes konkret vorgestellt habe – als kosmisches Ereignis in der Tradition der jüdischen Apokalyptik. Neuschöpfung, Gericht, Befreiung von allem Leid sind die Kennzeichen des Reiches Gottes. Jesus selbst habe sich 21  Weiss, Predigt, 6. 22  Ebd., 7. 23  Ebd., 8.11. 24  Ebd., 13. 25  Ebd., 14. 26  Ebd., 17. 27  Ebd., 25.

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aufgrund seines Tauferlebnisses für den Richter und Herrscher dieses Reiches gehalten.28 Seine Vorstellung vom Reiche Gottes trage deshalb einen politischen, jedoch keinen revolutionären Charakter.29 Wie kann man von Jesus auch nur die leiseste Hinneigung zu einer irgendwie revolutionären That erwarten? Was von Menschen mit Gewalt und im Aufruhr erreicht werden kann, das mag ein davidisches Königtum sein, ein vielleicht noch so glänzendes Reich, das Reich Gottes wird Gott ohne menschlichen Arm, ohne Ross und Reiter nur mit seinen Engeln und mit überirdischen Gewalten herstellen. Auf das Reich Gottes in dem transcendentalen Sinne Jesu hoffen und Revolution machen, das sind zwei Dinge wie Feuer und Wasser.30

Wie im Bußruf zeige sich hier eine Distanz und Haltung zur Welt, die der modernen diametral widerspreche.31 Damit sei die Vorstellung einer innerweltlichen Entwicklung des Reiches Gottes mit Jesu „eschatologisch-apokalyptischen“ Vorstellungen nicht in Einklang zu bringen.32 Die christliche Theologie habe jedoch die Aufgabe, „ein Ganzes von christlicher Welt- und Lebensanschauung zu entwerfen, welches für den Einzelnen wie für die Gesammtheit auf eine längere Zeit hin massgebend sein soll.“33 Daher müsse die moderne Dogmatik den „brennend eschatologischen Ton der Verkündigung Jesu“34 mildern, weil sich „die moderne evangelische Weltanschauung“ von der „eschatologischen Stimmung“ des Urchristentums fundamental unterscheide. In diesem neuen Kontext gewinne schließlich auch die alte Bitte „Dein Reich komme“ einen neuen Sinn und werde auch für uns moderne Menschen rezipierbar: wenn wir nicht auf ein vom Himmel auf die Erde herabkommendes, diese Welt vernichtendes Reich hofften, sondern darauf, als sterbliche Menschen „mit der Gemeinde Jesu Christi in die himmlische βασιλεία versammelt zu werden.“35

II. Wissenschaftlicher Fortschritt entsteht, wenn der bisherige Konsens der Forschenden entweder durch neue Daten bzw. neu entdeckte Quellen er­ schüttert wird oder wenn das vorhandene Material neu interpretiert werden kann. In unserem Fall gehen beide Motive zusammen. 28  Ebd., 60. 29  Ebd., 60. 30  Ebd., 40. 31  Ebd., 46. 32  Ebd., 50.63. 33  Ebd., 63. 34  Ebd., 63. 35  Ebd., 67.

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Schleiermacher hatte den Reich-Gottes-Begriff am Anfang des 19. Jh. an die menschliche, das Leben organisierende und gestaltende Subjektivität gekoppelt. Dadurch hatte der Begriff nicht nur eine starke ethische Färbung gewonnen, sondern er war zugleich „enteschatologisiert“ worden.36 Albrecht Ritschl folgt diesen Spuren, wenn er die Eingliederung des Gläubigen in die sittliche Gemeinschaft des Reiches Gottes als Zielpunkt der Rechtfertigung versteht.37 Wirksam wird diese Entscheidung nicht allein durch ihre Anschlussfähigkeit an das zeitgenössische Kulturverständnis,38 auch durch die Bildung der sogenannten Ritschlschen Schule wird diese Interpretation Teil eines breiten theologischen Konsenses.39 Weiß selbst stand zum einen in der Schultradition seines Schwiegervaters, zum anderen konnte er dessen Verständnis des Reiches Gottes nicht mehr mit dem vorliegenden Quellenbefund vereinbaren. 1832 hatte Friedrich Lücke die schon zuvor gesammelten außerkanonischen Schriften der jüdischen Apokalyptik zur Interpretation der Offenbarung des Johannes herangezogen. In den folgenden Jahren wurden diese Schriften intensiver erforscht40 und blieben in der wissenschaftlichen Diskussion.41 Hinzu kam, dass in der Religionsgeschichtlichen Schule, also im Kreis der jüngeren Ritschl-Schüler, die apokalyptischen Schriften nicht mehr zeit- und ereignisgeschichtlich auf singuläre Begebenheiten gedeutet, sondern traditionsgeschichtlich verstanden und als Teil von kollektiven kognitiven Strukturen betrachtet wurden.42 In „Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes“, folgt Weiß, der dabei auf Vorarbeiten zurückgreifen konnte,43 diesem Programm, indem er in seinem Buch religionsvergleichend und strikt historisch argumentiert.44 Er verlässt nicht den theologischen Konsens der Ritschl-Schule, verfolgt jedoch verschiedene Argumentationsstrategien, um seine Erkenntnisse in diesem Rahmen rezipierbar zu machen. So suchte er nach neuen Begriffen für das bisher mit „Reich Gottes“ Gemeinte wie „Gotteskindschaft“,45 er hält den weiteren Gebrauch des Begriffes „Reich Gottes“ im dogmatischen Sinne für möglich46 und erklärt damit seine historischen Erkenntnisse für theo36  Walther, Herrschaft Gottes, 231f. 37  Schäfer, Ritschl, 229. 38  Walther, Herrschaft Gottes, 232. 39  Zur Bildung und Wirkung der Ritschlschen Schule vgl. Schäfer, Ritschl, 232f. Ferner Walther, Herrschaft Gottes, 233. 40  Hilgenfeld, Apokalyptik. Müller, Apokalyptik, 205f. Schon Albert Schweitzer hatte auf diesen Zusammenhang hingewiesen. Vgl. Schweitzer, Geschichte, 245. 41  Müller, Apokalyptik, 207–209. 42  Ebd., 207–209. 43  Lannert, Wiederentdeckung, 28. 44  Lüdemann, Schule, 9–11. Schäfer, Ritschl, 234. 45  Lannert, Weiß, 526. 46  Weiss, Predigt, 67.

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logisch irrelevant.47 Aufgrund der allgemein negativen Einschätzung der apokalyptischen Schriften seit ihrer wissenschaftlichen Erforschung war diese Position damals nicht unplausibel.48 Theologische Bedeutung gewann seine These dann erst mit dem Aufkommen der Dialektischen Theologie. Denn dieser theologische Aufbruch wandte sich gegen die oben beschriebene Koppelung von Subjektivität und Reich Gottes zugunsten eines Verständnisses, das das „Reich Gottes“ nicht mehr von der Ethik her deutete, sondern den Glauben zu der entscheidenden Voraussetzung für sein Verständnis machte.49 Rudolf Bultmann als Schüler von Johannes Weiß hat dieses dann entfaltet und so die Überzeugungen seines Lehrers weitergegeben,50 ihnen aber zusätzlich Plausibilität verschafft, indem er sie systematisch-theologisch funktional machte. Nachdem sich um ihn eine Schule bildete und sich in den „Alten Marburgern“ institutionalisierte, waren die Rezeptionsbedingungen für seine Überlegungen sehr günstig, zumal nach 1945 viele seiner Schüler auf wichtige Lehrstühle kamen.51 Dennoch kann die hohe Akzeptanz von „Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes“ nicht allein wissenschaftsimmanent erklärt werden. Förderlich waren gewiss auch wissenschaftsexterne Faktoren. Diese sollen im folgenden Abschnitt erläutert werden.

III. Gesellschaftliche Diskurse reflektieren soziale Verhältnisse und gesell­ schaftliche Veränderungen. Sie bewegen sich im Rahmen von gemeinsa­men Basisüberzeugungen. In den Diskursen werden diese Überzeugungen zur Sprache gebracht, variiert und kontrovers diskutiert. Als gesellschaftlich geteiltes und legitimiertes „Wissen“ sind sie den Diskursteilnehmern nicht völlig ins Belieben gestellt.52 Sie bedürfen immer wieder einer Legitima­tion. Diesen Vorgang der gesellschaftlichen Legitimation von „Wissen“ kann man nach G. Namer in einem dreifach gestuften Modell beschreiben.53 Danach 47  Hölscher, Weltgericht, 67. Interessanterweise findet sich eine ähnliche Argumentationsstrategie bei Rudolf Bultmann im Kontext der Diskussion um den „arischen“ Jesus. Dazu Theissen, Neutestamentliche Wissenschaft, 215f. 48  Müller, Apokalyptik, 205f. Sie fand jedoch auch innerhalb der Religionsge schichtlichen Schule, etwa bei Bousset,Widerspruch. Vgl. Schweitzer, Geschichte, 259. 49  Walther, Herrschaft Gottes, 233f. 50  Zu Rudolf Bultmann als Schüler von Johannes Weiß s. Hammann, Bultmann, 31.44. 51  Man vergleiche die große Zahl der Schüler Rudolf Bultmanns, die in Breytenbach/ Hoppe, Wissenschaft, portraitiert werden. 52  Graf, Mentalisierung, 147. 53  Namer, Legitimation, 192–205.

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muss sich „Wissen“ zunächst in einem ersten Schritt innerhalb der Wis­ senschaftlergemeinschaft legitimieren, danach steht es in den Massenme­dien in der Diskussion, bis es schließlich durch die Rezipienten der Mas­senmedien aufgenommen und Teil der mémoire sociale wird. Jedoch fragt sich im Blick auf den Zukunftsdiskurs im 19. Jh., ob dieses Modell adäquat die Legitimation wesentlicher Grundüberzeugungen des Diskurses be­schreibt. Denn so wie ihn Gerhard Hauptmann in einem Abschnitt aus dem 1910 erschienenen Roman „Der Narr in Christo Emanuel Quint“ literarisch gestaltet hat, ist zu vermuten, dass in diesem Falle das relevante Wissen nicht aus den Höhen der Wissenschaften in die Niederungen der Gesell­schaft durchgesickert ist, sondern „von unten“ die Legitimität der etablier­ten gesellschaftlichen Leitbilder bestritten hat und damit dessen Träger her­ausgefordert wurden: Wie die armen ländlichen Professionisten, die den Spuren des Narren gefolgt waren, auf das Tausendjährige Reich und auf das Neue Zion hofften, so und nicht anders hofften die sozialistischen Kreise und diejenigen jugendlichen Intelligenzen, die ihrer Gesinnung nahestan­den, auf die Verwirklichung des sozialistischen, sozialen, also idealen Zu­ kunftsstaats. Über vielen Biertischen politisierender Volkskreise schwebte damals, verquickt mit dem Bier und Zigarrendunst, gleich einer bunten narkotischen Wolke, die Utopie. Was bei dem einen diesen, bei dem ande­ren jenen Namen hatte, war im Grunde aus der gleichen Kraft und Sehn­sucht der Seele nach Erlösung, Reinheit, Befreiung, Glück und überhaupt nach Vollkommenheit hervorgegangen: das gleiche nannten diese Sozial­staat, andere Freiheit, wieder andere Paradies, Tausendjähriges Reich oder Himmelreich.54

Lucian Hölscher hat die hinter dieser Szene stehende Konstellation gründlich erforscht.55 Für unsere Fragestellung ist dabei wichtig, dass er die Geschichte des 19. Jh. nicht nur unter dem geläufigen Aspekt einer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Modernisierung betrachtet, sondern die sie begleitenden verschiedenen Zukunftserwartungen untersucht, die von nicht geringem Einfluss auf unser Verständnis von Johannes Weiß’ These sein werden. Als Johannes Weiß 1892 „Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes“ veröffentlichte, hatte gerade die sogenannte „Zukunftsstaatsdebatte“ ihren Höhepunkt erlebt. In ihr waren zwischen 1870 und 1890 ältere Impulse kulminiert. Zunächst hatte sich schon seit der Aufklärung ein neues Verständnis von Zukunft herausgebildet. Im Unterschied zu älteren Vorstellungen wurde nun die uns geläufige Vorstellung von Zukunft als „eines leeren zeitlichen Raumes geboren, der sich nun mit beliebigen Ereignissen und Vorstellungen füllen ließ.“56 Dabei löste sich dieser Diskurs von seinen religiösen Ursprüngen, und es entstand ein Konflikt zwischen religiösen und 54  Zitiert nach Lannert, Wiederentdeckung, 7. 55  Hölscher, Weltgericht. 56  Hölscher, Zukunft, 39.

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säkularen Zukunftsdeutungen. Diese Auseinandersetzung wurde nun – wie die zitierte Szene auch erkennen lässt – nicht auf der akademischen Ebene geführt, sondern es ergab sich eine Auseinandersetzung zwischen pietistisch geprägten Kreisen, die die christlichen Traditionsbestände verteidigten auf der einen Seite und der (früh-)sozialistischen Bewegung auf der anderen. Deren säkulare Revolutionserwartungen waren ebenfalls nicht universitärer Provenienz. Nachdem es bereits in der ersten Hälfte des 19. Jh. unter dem Druck fortgesetzter Modernisierungserfahrungen eine Welle von akuter Naherwartung gegeben hatte,57 kam es in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts erneut zu einer Intensivierung – allerdings mit einer deutlich anderen Akzentsetzung als in der älteren Konfliktlinie „Weltgericht oder Revolution“: Ganz anderer Art und Herkunft waren die eschatologischen Naherwartungen der zweiten Jahrhunderthälfte: Regional breit über fast alle Teile des Deutschen Reichs gestreut traf man sie gehäuft in den von Proletarisierung und sozialer Isolation bedrohten Schichten der Großstädte und Industriebezirke an. Nur ein Teil von ihnen organisierte sich in religiösen Gemeinschaften, die im Verband der Landeskirche verblieben. Ein anderer Teil wanderte zu den Sekten und Freikirchen ab, die z.T. in scharfer Konkurrenz zu den Landeskirchen standen. Ein dritter Teil schließlich entzog sich überhaupt der religiösen Prägung durch die christliche Endzeitlehre und schloss sich statt dessen der säkularen Revolutionserwartung der Sozialdemokratie an.58

Damit waren Kirche und akademische Theologie in doppelter Weise herausgefordert: sowohl durch eine innerchristliche Pluralisierung, in der sich ein starker Gegensatz zwischen der liberalen und freikirchlich-pietistisch geprägten Theologie ergab, als auch durch die Herausforderungen, welche die in der SPD organisierte sozialistische Bewegung stellte. Durch sie wurde die theologische Legitimation des bürgerlichen Gesellschaftsmodells infrage gestellt – unter anderem durch eine alternative Exegese der urchristlichen Literatur. Als typisch kann man hierbei Friedrich Engels Schrift „Zur Geschichte des Urchristentums“59 betrachten, in der er ausgehend von der Johannesapokalypse die Naherwartung der ersten Christen hervorhebt und als weitere Merkmale „[…] tätige Propaganda unablässiger Kampf gegen den äußern und innern Feind, stolzfreudiges Bekennen des revolutionären Standpunktes vor den heidnischen Richtern, siegesgewisser Märtyrertod.“60 Weitere Themen waren die Frage nach der Gütergemeinschaft oder nach der zukünftigen Rolle der Frau im Sozialismus.61 Auch diese Debatte wurde 57  Hölscher, Weltgericht, 76ff. 58  Ebd., 76ff. 59  Engels, Geschichte (Nachdruck in: MEW 22, Berlin 61982, 449–473). Nach dem Nachdruck wird zitiert. 60  Ebd., 472f. 61  „Die Frau und der Sozialismus“ von August Bebel, des langjährigen Vorsitzenden der SPD, war das am meisten verbreitete Buch in der Arbeiterbewegung. Stürmer, Reich, 303. Zur Gütergemeinschaft vgl. Kautsky, Kommunismus.

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nicht akademisch geführt, sondern über christliche und sozialistische Traktatliteratur, mit Broschüren und Schulungsmaterial, bei Versammlungen mit allgemeinverständlichen Vorträgen.62 Die nun aufkommende populärwissenschaftliche Literatur zeigte, wie sich nicht nur ein apologetisches Interesse entwickelte, sondern darüber hinaus eine erste Bearbeitung der strittigen Fragen durch die „Wissenschaftlergemeinschaft“ zustande kam.63 Johannes Weiß hat sich – wie die anderen „Religionsgeschichtler“ – in diesem Zukunftsdiskurs engagiert.64 Das lag aufgrund der theoretischen Orientierung der „Religionsgeschichtlichen Schule“ nahe. Wer neben einem radikal historischen Ansatz ein Interesse an „Volksfrömmigkeit“ hat, sowie den Primat der Erfahrung und eine religionsvergleichende Perspektive65 als theologisch relevant betrachtet, muss auch Interesse an den Trägern der „Volksfrömmigkeit“ haben. So sind für diese neue Generation von Exegeten Veröffentlichungen typisch, mit denen sie sich nicht mehr nur in der akade­ mischen Welt bewegen. So erklären sich Titel wie die „Religionsgeschichtlichen Volksbücher“.66 Weiß war selbst früh in Kontakt mit Theodor Lohmann gekommen und war dort für die Soziale Frage sensibilisiert wor­den. Später hat er sich bei Friedrich Naumann engagiert und – wie Ber­told Lannert gezeigt hat67 – in dessen Zeitschrift „Die Hilfe“ sich in einer anonym erschienenen Artikelserie im Rahmen genau dieses Diskurses geäußert. Weiß positioniert sich zunächst durch zwei Abgrenzungen: zuerst wie gezeigt gegenüber dem Reich-Gottes-Verständnis der liberalen Theologie, weil es mit dem Quellenbefund und mit seiner religionsvergleichenden Perspek­ tive nicht mehr in Einklang zu bringen war. Dann grenzt er sich gegen die sozialistische Bewegung ab, deren revolutionäre Eschatologie als Bedrohung empfunden wurde.68 Umgekehrt nahm er in seiner Argumentation und These die Erfahrungen vieler seiner Zeitgenossen auf. Er zeigte, wie die Naherwar­ tung beim historischen Jesus einen Anhalt hatte und nicht per se illegitim sein konnte. Auch eröffnete Weiß einen intellektuell befriedigenden Weg, den Quellenbefund zu verstehen, ohne in ein letztlich vormodernes Weltverständnis zurückfallen zu müssen. Nur: Er hatte diese historische Erkenntnis

62  Hölscher, Weltgericht, 387f. 63  S. Hochschild, Sozialgeschichtliche Exegese, 69ff.75ff. 64  Lannert, Wiederentdeckung, 21.37.171. 65  So fasst Gerd Lüdemann die grundlegenden methodischen Überzeugungen der Religionsgeschichtlichen Schule zusammen. Lüdemann, Schule, 9–11. 66  Johannes Weiß war Herausgeber des großen, allgemeinverständlichen Kommentarwerkes „Die Schriften des Neuen Testaments neu übersetzt und für die Gegenwart erklärt“. Dazu Lannert, Wiederentdeckung, 46. 67  Lannert, Jesus. Weiß hat ebenfalls zur Frauenfrage publiziert. Vgl. auch Anm. 61. 68  Weiss, Predigt, 40. Hölscher, Weltgericht, 381f.

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als theologisch irrelevant relativiert. Somit geht mit der Wiederentdeckung der Eschatologie ihre erneute theologische Neutralisierung Hand in Hand.69 Was die Plausibilität seiner These gesteigert haben dürfte, war das allmähliche Abklingen der revolutionären Naherwartung in der Arbeiterbewegung. Sie blieb zwar noch längere Zeit im Bewusstsein der Parteimitglieder vorhanden und wurde – wie der erwähnte Artikel von Engels zeigt – durchaus noch pointiert vertreten. Insgesamt schwächte sich jedoch die Naherwartung schon seit den 1880er Jahren ab. Die Erwartung einer nahen proletarischen Revolution wurde bei Kautsky und Bernstein zeitlich gedehnt, sie führten die Tendenzprognose als rationales Instrument zur Formulierung von sozialistischen Zukunftserwartungen ein. So veränderten sie die proletarische Naherwartung allmählich zur „Fernerwartung“.70 Interessan­ terweise hat durch „Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes“ ein protestantischer Gelehrter eine ähnliche Bewegung mitvollzogen. Im selben Moment, in dem die sozialistische Bewegung ihre eigene Eschatologie relativierte und zu einem Element der Vergangenheit machte, relativierte Johannes Weiß eschatologisch konnotierte Elemente der christlichen Tradition. Dies ist für Weiß theologisch und intellektuell vertretbar, da in der Perspektive des Historismus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft strikt zu unterscheiden sind und nach Schleiermacher Exegese als historisch-hermeneutische Aufgabe und Dogmatik als Darstellung der in der Gegenwart gültigen Lehre der Evangelischen Kirche ebenfalls verschiedenen Zeitebenen zuzuordnen sind.71 Das Ende der „Zukunftsstaatsdebatte“ markierte jedoch nicht das Ende dieses Diskurses. Zwar kam es nun zu einer weiteren Schwächung des mit religiösen Erwartungen gefüllten Zukunftshorizontes, aber zugleich zu einer Pluralisierung der säkular gefärbten Erwartungen, die nach Hölscher, „von der sozialistischen Zukunftsgesellschaft über liberal-demokratische Fortschrittsmodelle bis hin zu konservativen und präfaschistischen Gesellschaftsformen reichten.“72 Dabei bleibt der Diskurs nach Untersuchungen des Historikers Wolfgang Hardtwig auf der Ebene der Massenmedien präsent, da sich im späten Kaiserreich die Zahl der freiberuflich tätigen Schriftsteller und Journalisten stark vermehrte und damit eine Alternative zu dem etablierten und gesellschaftlich hoch geschätzten universitären Raum entstand.73 Die dort geäußerte Kritik am Universitätsbetrieb fand als „Forderung nach einer den Lebensimpulsen unterworfenen, auf den Willen 69  Hölscher bezeichnet dies als negativen „Beweis für die Richtigkeit der Lebendigkeit der liberalen Dogmatik“. Ebd., 67. 70  Ebd., 251.161.264. 71  Schleiermacher, Darstellung § 85.195. Ferner Lannert, Wiederentdeckung, 251. 72  Hölscher, Weltgericht, 26. 73  Vgl. Hardtwig, Krise.

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gestützten und auf die Tat zielenden Konzeption von Wissen“74 bei den jüngeren Wissenschaftlern ein Echo, die nach 1918 zu einer breiteren Wirksamkeit kamen.75 Die hier zu spürende Krise des Historismus ist Teil eines allgemeinen Krisenbewusstseins, das sich in dieser Zeit entwickelte und nach 1918 leitend für die Deutung und Verarbeitung der Erfahrungen des Ersten Weltkrieges wurde.76 Es kam zu einer Revitalisierung utopischen Denkens mit einem neuen Interesse an eschatologischen Vorstellungen.77 Hardtwig versteht dies als eine Reaktion auf gesellschaftliche und kulturelle Fehlentwicklungen […], man kann dieses Bewußtsein also interpretieren als eine spezifische Art der Antwort auf zugespitzte Krisendiagnosen zur jeweiligen Gegenwart. Zum anderen aber ist die treibende Kraft der utopischen Intention das Bewußtsein eines historischen, in unseren Fällen eines welthistorischen Epochenbruchs oder einer fundamentalen Zeitenwende, in der alles darauf ankommt, jetzt, in diesem Augenblick, den Durchbruch zu schaffen und die Zukunft in einer ganz neuen Weise zu gestalten.78

Anders als Hölscher geht Hardtwig davon aus, dass hierbei christlichjüdische Denkmuster wirksam blieben und nicht exklusiv durch säkulare Zukunftsvorstellungen abgelöst wurden.79 Ein neues Verständnis von Geschichte brachte „eine betonte Raffung der Handlungsperspektiven“80 und eine Problematisierung der Zeiterfahrung überhaupt.81 Damit erodierte im Bürgertum das auf Individualität, Entwicklung und Kontinuität basierende Wirklichkeitsverständnis des Historismus.82 Die zuvor sorgsam getrennten Zeitperspektiven „Gegenwart“ und „Zukunft“ schieben sich jetzt ineinander, während – insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg – die „Vergangenheit“ den negativen Gegenpol zu diesem Zeitgefüge gibt. In diesem Kontext reformuliert nun Bultmann die These seines Lehrers Johannes Weiß. Die ersten Überlegungen hierzu finden sich bereits 1917, wo er noch im Anklang an Harnack die „Hülle“ von dem „Bedeutsamen“ an Jesu eschatologischen Vorstellungen unterscheidet.83 In seinem Jesusbuch hält Bultmann an den Erkenntnissen seines Lehrers fest, wenn er seine Dar74  Ebd., 53. 75  Zur Wirksamkeit der „Lebensphilosophie“ in der neutestamentlichen Exegese vgl. Hochschild, Sozialgeschichtliche Exegese, 113f. 76  Hardtwig, Krise, 47f. 77  Ebd., 67. 78  Hardtwig, Einleitung, 7. 79  Ebd., 7f. 80  Ebd., 3f. 81  Hardtwig nennt hier als Beispiele unter anderem Thomas Manns „Zauberberg“ als „Flucht aus der bürgerlichen Zeitverwaltung“ und die Fragmentarisierung von Realität und Zeit bei Alfred Döblin. Hardtwig, Krise, 60f. 82  Ebd., 70. 83  Schmithals, Jesus, 30.

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stellung der Verkündigung Jesu mit den Worten beginnen lässt. „Eschatologische Botschaft ist die Verkündigung Jesu, d. h. die Botschaft, daß nunmehr die Gottesherrschaft hereinbreche […] Es kann kein Zweifel sein, daß Jesus wie seine Zeitgenossen ein gewaltsames eschatologisches Drama erwartet hat.“84 Während Weiß jedoch im Sinne des klassischen Historismus strikt zwischen der vergangenen Zukunftserwartung Jesu und der Gegenwartsbedeutung der christlichen Botschaft unterscheidet und diese dann ein für die Gegenwart irrelevanter historischer Irrtum wird, schieben sich bei Bultmann die Zeitperspektiven in der beschriebenen Weise ineinander. Denn im „Augenblick“ der Entscheidung wird bei ihm das Reich Gottes Gegenwart. „Vielmehr ist die Gottesherrschaft eine Macht, die die Gegenwart völlig bestimmt, obwohl sie ganz Zukunft ist. Sie bestimmt die Gegenwart dadurch, daß sie den Menschen in die Entscheidung zwingt […] Das Ereignis des Kommens des Gottesreiches ist deshalb nicht eigentlich ein Ereignis im Ablauf der Zeit […].“85 Bultmann hält also an der historischen These seines Lehrers fest und bringt diese mit dem Zeitverständnis und einigen kulturellen Werten der neuen Epoche in Übereinstimmung. Bultmanns Jesusbuch liegt – wie Walter Schmithals mit Recht feststellt – vor der Begegnung mit Heidegger und dessen Denken, jedoch nicht außerhalb der zeitgenössischen Diskurse.86 Neue Plausibilität gewann Weiß’ Hypothese jedoch nicht nur durch die Übereinstimmung mit diesen kulturellen Überzeugungen. Sie steht auch in einem positiven Verhältnis zum systematisch-theologischen Denken nach dem Ersten Weltkrieg. Denn während Jesu Naherwartung im Blick auf die liberale Dogmatik dysfunktional war, wurde sie in Bultmanns Interpretation systematisch-theologisch rezipierbar. Dies gilt sowohl für die Neuinterpretation der Eschatologie durch Karl Barth in seinen frühen Schriften als auch die kulturkritischen Reflexionen Friedrich Gogartens, in denen die Negation des historistischen Zeitverständnisses bekanntermaßen eine titelgebende Rolle spielt.87 In der Bultmannschule, die in der Neutestamentlichen Theologie nach 1945 eine bedeutende Rolle spielte, wurde dieses Verständnis dann weiterentwickelt, ohne je grundsätzlich infrage gestellt zu werden.88 Es mag die hohe Plausibilität unterstreichen, die „Die Predigt Jesu vom Reiche Gottes“ nun gewonnen hatte, dass erst der Rückgang der Dialektischen Theologie und eine wachsende Zukunftsskepsis in den 80er

84  Bultmann, Jesus, 23.30. 85  Ebd., 38f. 86  Schmithals, Jesus, 27f.32. 87  Dies zeigt sich in seiner berühmten Formulierung, die der Zeitschrift der Dialek­ tischen Theologie ihren Namen geben sollte: „Wir haben jetzt keine Zeit. Wir ste­hen zwischen den Zeiten.“ Gogarten, Zwischen den Zeiten, 101. Hölscher, Welt­gericht, 72. 88  Hierzu Theissen/Merz, Jesus, 225.

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Jahren des 20. Jh. die Tür zu einer grundsätzlichen Infragestellung von Weiß’ Rekonstruktion der Naherwartung Jesu öffnete.89

IV. Die gegenwärtige Kontroverse um ein eschatologisches oder nichteschatologi­sches Jesusbild beginnt – um es in der Begrifflichkeit von Thomas S. Kuhn zu sagen – mit der Bearbeitung einer „Anomalie“ im Paradigma der libera­len Theologie. Die Erforschung der jüdischen Apokalyptik und die Ent­scheidung, die Jesusüberlieferung in diesem Kontext zu deuten, forderten eine Neuinterpretation des Begriffes „Reich Gottes“ und führten Johannes Weiß zu seiner These. Bis heute scheinen weniger quellenkritische Überle­ gungen als die Wahl historischer Analogien den Dissens zu markieren.90 Zugleich gilt aber auch: „Zukunftsvorstellungen strukturieren den Erwar­ tungshorizont einer Gesellschaft“91 Dies gilt, wie wir bei Johannes Weiß und Rudolf Bultmann zu zeigen versucht haben, auch für die aus der Jesus­ überlieferung rekonstruierte Zukunftserwartung Jesu. Heute werden neue Veränderungen in Geschichtsverständnis und Zukunftsbegriff, wie sie seit der Aufklärung entwickelt wurden, spürbar. Lucian Hölscher betrachtet deshalb die Zukunft des Begriffes „Zukunft“ mit Skepsis: „In Frage gestellt wird vielmehr heute der Gebrauch des Konzepts ‚Zukunft‘ an sich. Wie dieses Konzept in der frühen Neuzeit entstanden ist, so könnte es möglich­ erweise auch wieder verschwinden – dann nämlich, wenn sich die Hypo­ these als richtig herausstellen sollte, dass der Gebrauch des Konzepts ‚Zu­ kunft‘ an bestimmte geschichtliche und gesellschaftliche Voraussetzungen gebunden ist, die in Zukunft vielleicht nicht mehr gegeben sein werden.“92 Ein non-eschatological Jesus könnte dann nicht nur eine exegetisch mögli­ che Hypothese, sondern zugleich Symptom eines veränderten Zeit- und Zukunftsverständnisses sein. Möglicherweise verrät die Arbeit an der Es­ chatologie Jesu mindestens so viel über das Zukunftsverständnis der For­ schenden wie über das des Galiläers.

89  Schmidt-Gernig, Konstruktion; Hölscher, Zukunft, 225. 90  Stegemann, Horizont, 88f. 91  Hölscher, Zukunft, 236. 92  Ebd., 225.

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Ralph Hochschild

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Daniel Marguerat

Historical Jesus and Christ of faith: a relevant dichotomy?

Research on the historical Jesus owes a deep gratitude to Gerd Theißen, realizing also that he is the sole non-English speaking major player in the socalled Third Quest. The credit owed to Gerd Theißen for saving the honour of German research by taking active part in that exciting trend is not to be overlooked. In my opinion, his contribution is of note through its rare equilibrium between methodological rigour and creativity, a welcome combination between methodological control and the impulse of imagination. Everyone knows that historical reconstruction is in dire need of those two skills, but precisely in even proportions, and such wisdom is not given to everyone. Sharing in the gratitude of many with regard to the works of Gerd Theißen, I propose, in this contribution, to revisit the original constituents of epistemological justification in the research on Jesus of Nazareth: the “historical Jesus/Christ of faith” dualism.1 As is well known, that dualism is classic. It acquired its pedigree in the nineteenth century and was confirmed in Martin Kähler’s book, Der sogenannte historische Jesus und der geschichtliche, biblische Christus.2 But precisely because it has a history, that dualism deserves to be rethought; its history, in fact, coincides with the quest for the Jesus of history and its origin goes back to the origin of that quest. The history of that quest (or those quests) shows that the “and” between the historical Jesus and the Christ of faith has been treated in all its versions. Should this “and” be taken as a radical separation (the two would have nothing in common as, for example, Albert Schweitzer maintained3)? Or as a flimsy footbridge over Lessing’s garstige breite Graben, the chasm that separates us from the past? Should it be taken, on the contrary, as the hyphen 1  The first version of this text was read at an international symposium organized in Barcelona by the Facultat de Teologia de Catalunya 13–14 May 2010 : « El Jesus de la historia i el Crist de la fe ». Gerd Theißen was one of the speakers at this symposium. I owe the English translation of this article with many thanks to Paul R. Voumard. 2  M. Kähler, Der sogenannte historische Jesus und der geschichtliche, biblische Christus (repr. Phildelphia: Fortress, 1964 [1892]). 3  A. Schweitzer, Geschichte der Leben-Jesu-Forschung (Siebenstern-Taschenbuch 77/78; München: Siebenstern, 1966 [11906]).

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of theological continuity? Or as an explanatory “and” (faith reveals who Jesus was)? My intention is rather to ask: How do we imagine those two poles which the “and” separates as much as it binds them? How do we epistemologically set out those two dimensions which we will try and interrelate together? So, I wish to re-visit the classical formula. Firstly, I will recount the evolution the quest for the historical Jesus has passed through in this respect: it has changed radically since it began; has the meaning of the formula therefore been modified as well? Secondly, I would like to show that the new historiographical approach involves an important change in history’s epistemology, i.e., in our way of understanding history. Thirdly, I will ask the question whether the writing of the Gospels supports the “Jesus of history/ Christ of faith” dichotomy; I will conclude in the negative, based on the notion of narrative actualisation. Fourthly, I will delve into the link between theology and history.

I. A radical change in culture As I mentioned before, the origin of the dualism historical Jesus/Christ of faith is found in the quest for the historical Jesus. It was its keystone – or should I say, the slogan, the banner, the war cry! In the footsteps of Reimarus (father in the nineteenth century of the quest for the historical Jesus), it was a matter of tearing Jesus out of the dogmatic shroud into which the Church had enfolded him. Historians wanted to restore to him his true face, sanitized from the theological contamination the disciples and holy women had exposed him to – even while he was alive. That battle of Enlightenment against the obscurantism of sanctimonious people takes on a pathetic nuance with Renan in his admirable Vie de Jésus of 1863: “... Mary Magdalene’s strong imagination played a key role in that situation. Divine power of love! Sacred times when the passion of a woman suffering from hallucinations gives the world a resurrected God!”4 For Renan, it is an obvious fact that whatever relates to the supernatural (miracles, visions and resurrection) emanates from the fevered imagination of gullible souls. Heinrich Paulus, David Strauss and Charles Guignebert took part in that rationalist disintegration of the miraculous or in its affiliation to the great myths of humanity.5 4  E. Renan, Vie de Jésus (Paris: Calmann-Lévy, 131906 [11863]), 410 (translation is mine). 5  See D. Marguerat, “Renan et la répugnance du miracle”, in A. Corbellari (ed.), Ernest Renan aujourd’hui (Etudes de Lettres 3; Lausanne: Faculté des lettres de Lausanne, 2005), 23–35.

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The intellectual atmosphere in which that research was evolving was that of Christianity’s undisputed cultural superiority. The same Renan asserts at the start of his Vie de Jésus: “The pivotal event of world history is the revolution through which the noblest sections of humanity have passed, from ancient religions gathered under the vague name of paganism to a religion based on divine unity, the trinity, the incarnation of the Son of God… As soon as they set themselves apart from animals, human beings were religious… Other countries, especially in Africa, did not reach past fetishism”.6 (Jesus) the founding figure of Christianity was deconstructed, but his cultural superiority was not called into question. We are going today through a complete reversal of the parameters. On the one hand, the thaumaturgical activity of Jesus is in fact considered historically as one of the most reliable aspects of his activity;7 the rich documentary evidence of his miracles and the presence of many healers in the first century are such that, today, no scholar dares take up the dogma of Renan for whom “the miracle is something unacceptable”.8 On the other hand, the posture of Christianity’s cultural superiority has crumbled. Today, the situation we tackle has no longer much to do with the first quest for the historical Jesus, the liberal quest that occupied the nineteenth century.

From the first to the third quest What happened in the meantime? We know that Albert Schweitzer signalled the failure of the liberal quest in 1906. Noticing the extreme diversity of scholars’ results and particularly the subjectivity and the anachronism of their criteria in reconstructing the historical Jesus, borrowed far too much from modernity, he set out this scathing picture: research into the historical Jesus has unfastened the ties that chained [Jesus] to the rocks of Church doctrine; it rejoiced in seeing life and movement restored to him, and that the historical man Jesus had returned to her. But he did not stay there; he walked through our time and returned to his own... He 6  Renan, Vie de Jésus, 1–2 (translation is mine). 7  Such is the conclusion, justified in my view, given by J.P. Meier at the conclusion of a long historical analysis: A Marginal Jew. Rethinking the Historical Jesus. Vol 2: Mentor, Message, and Miracles (New York: Doubleday, 1994), 617–645. Also G. Theißen/A. Merz, Der historische Jesus. Ein Lehrbuch (Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1996), 280: “Die historische Frage ist für Jesus positiv zu beantworten. Nach dem Kriterium der ‘wirkungsplausibilität’ lässt sich die Ueberlieferung von seinen Wundern nicht ohne sein Wirken als Heilscharismatiker verstehen.” On this topic, see D. Marguerat, “Le miracle au feu de la critique historique et au regard de l’analyse narrative”, RSR 98 (2010), 525–42. 8  Renan, Vie de Jésus, V (translation is mine).

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returned to his own with a force like that of a pendulum released and returning to its original position. The historical foundation of Christianity, as conceived by rationalist theology, liberal theology and modern theology, no longer exists…9

In other words: no sooner has the historical Jesus been released from his evangelical interpretation that he escapes into his original strangeness. The metaphor is extremely efficient. We may still say it another way: the “he is not here” of the empty tomb (Mark 16:6) in the historical quest is as true of the Risen One as it is of Jesus. Incidentally, that did not stop Schweitzer from formulating his own hypothesis of an apocalyptic Jesus in the fashion of Johannes Weiss. Yet, it was not Schweitzer who knocked the historical quest out; at the beginning of the twentieth century, it was form criticism (Formgeschichte) which severed the link between the history of Jesus and the memory of his words by affirming that that memory had been in operation in the midst of believing communities, meeting their needs in preaching and catechism. In 1954, Käsemann’s protest made possible the start of a “new quest”, which abandoned the reconstruction of Jesus’ biography but outlined the uniqueness of his preaching on the Kingdom of God. The so-called Third Quest, since 1960, returns in many respects to the positions of the first quest; but it is more sophisticated in source criticism and it has absorbed the sociological data. The Third Quest is a nebula rather than a unified movement.10 Between Jesus the prophet of Israel’s restoration according to E.P. Sanders, Jesus the charismatic initiate of Marcus Borg, the pharisaic rabbi of David Flusser, the popular healer of Geza Vermès, the cynical philosopher-traveller of F. Gerald Downing and John Dominic Crossan, the social reformer of Gerd Theißen or the peaceful revolutionary of Richard Horsley, the question arises: Which link is common? Certainly, there is one: the resolute affirmation of Jesus’ Jewishness, which is not a novelty – Reimarus had already said it – but is now defended in a consistent way. As for the rest, the variety of Jesus images is impressive.

Third quest: a change of paradigm In this respect, the Third Quest well and truly constitutes a change of paradigm in the secular search for the Jesus of history. I discern three characteristics in it. Firstly, the frame of reference in understanding Jesus of Nazareth is the Palestinian Judaism of the first century. If Christianity sees 9  Schweitzer, Geschichte, 620–21 (translation is mine). 10  D. Marguerat, L’aube du christianisme (Le Monde de la Bible 60; Paris/Genève: Bayard/Labor et Fides, 2008), 111–36.

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in Jesus its basic point of reference, it is equally clear that he, as a Palestinian Jew, does not belong to Christianity.11 We can describe him as a marginal Jew (John P. Meier), but not as the first Christian. From now on, the “and” in the dualism historical Jesus/Christ of faith links together two different religious worlds. Secondly, the actors of the historical quest have changed; no longer do they come from theology or the church necessarily, but could be philosophers, historians, Jews or agnostics. The slogan has become: Jesus is for the whole world. The contrary protests of theologians, to wit, Luke T. Johnson’s book with the incantatory subtitle, The Misguided Quest for the Historical Jesus and the Truth of the Traditional Gospels, no longer have the censuring power they had in Renan’s time.12 The historical Jesus is reconstructed outside a Church culture. Thirdly, the acknowledgement has become obvious today that the fruits of historical research consist, at best, in presenting a possible Jesus. Ambitions of unearthing the real Jesus must be left to kiosk magazines. The works of Crossan, for example, have shown that the selection used among documentary sources and the arbitrary evaluation of their reliability make it possible to reconstruct any Jesus we want. Consequently, the dualism historical Jesus/Christ of faith is no longer a simple equation. There is an indomitable multiplicity of historical Jesus reconstructions as much as there is a multiplicity of the Christs of faith (that of Mark, of Matthew, of Luke, of John and of Paul). This latter assessment of the heuristic (and not conclusive) character of Jesus-constructs leads me to delve more deeply into the question: What has changed in our perception of the historian’s work?

II. Another point of view on historical truth The formula historical Jesus/Christ of faith needs to be revisited at another level: that of history’s epistemology. The question is: Which concept of history and of the historian’s work drove the quest of the historical Jesus at its beginning? The answer is hardly in doubt: it was historical positivism. We understand by that a “method which, by ruling out any subjective 11  I have shown elsewhere that this rediscovered Jewishness of the Nazarene did not, for all that, justify its alignment without reserve with formative Judaism of first century Palestine; Jesus’ uniqueness demands to be considered dialectically with its indisputable adherence to the Jewish Palestinian world. D. Marguerat, “La Quête du Jésus de l’histoire et la judaïcité de Jésus”, in D. Jaffé (ed.), Studies in Rabbinic Judaism and Early Christianity. Text and Context (AJEC 74; Leiden, Brill, 2010), 3–16. 12  L.T. Johnson, The Real Jesus. The Misguided Quest for the Historical Jesus and the Truth of the Traditional Gospels (New York: HarperCollins, 1996).

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interpretation, sets out to render account of facts such as they were and of their sequence”.13 The intellectual posture, which is positivism, is driven by a quest for truth: its ambition is to give access to history as it unfolded, to events as they occurred, stripped of the obviously distorting interpretations of witnesses. As textual archaeologists, scholars wanted to unearth behind the text a truth cleansed of the interpretational grime concealing Jesus: their vocation is to supply the public with the “true” Jesus, the authentic Jesus, Jesus “such as you would meet him for the first time” or Jesus “seen through the eyes of his contemporaries”.14 As the last quote points out as well, that utopian aim can still be read today in prefaces to research on Jesus. Positivism has fed the saga of these explorers regarding an Eldorado where the event gives itself up in its original purity. Truth at last, removed from the falsifying coatings of archaic beliefs, revealed itself to the amazed eyes of researchers!

Dismissing positivism There is no choice but to see that positivism is an epistemological error and that it must now file a petition for bankruptcy. It is not my intention at all to ridicule the quest for what is true, which has driven positivist historiography. After all, research for the truth has driven Greek historiography from Herodotus; the quest for ἀλήθεια (the truth) is a slogan that runs through the prefaces of nearly all Greco-Roman historians. The courage, the intellectual obstinacy, the brilliant intellect of men such as Paulus, Renan, Guignebert and Goguel have earned our respect. These men have worked against the conformism of their time; come hell or high water, they have maintained that gospel stories were the result of late believers’ interpretations of Jesus (who would blame them today?); they have maintained that reconstructing the figure of Jesus behind the texts was no sacrilege. Do we also remember that Renan, disapproved by the Church in his days, in reality wanted to offer the cultured minds of his time an “acceptable” Jesus, rid of dross that could only be accepted with irrational credulity; in short that Renan in his way wanted – something his adversaries did not recognise – to create an apologetic work? Must we recall that these men have often paid for their intellectual integrity at the high cost of their career or of their university position? To smear their work with irony would add academic

13  Dictionnaire de l’Académie française, 2009: at http://www.cnrtl.fr/definition/ academie9/ positivisme. 14  M. Ebner, Jesus von Nazareth in seiner Zeit. Sozialgeschichtliche Zugänge (SBS 196; Stuttgart: KBW, 2003), 9.

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contempt to the strong condemnation of which they were victims. Such is not my intention. However, to honour their quest for what is true is not a ban on perceiving today that it was epistemologically faulty. Why? It was the product of confusion between brute fact and truth. The task assigned to historians was to reconstruct the bruta facta, that which “really happened” at the time of Jesus and Pontius Pilate, away from any interpretation. Such was the label of truth in history. Now, this certainty was shattered to pieces under the thrust of the “new history”.15 The irruption of postmodernism in history fed on the works of Raymond Aron on the philosophy of history, of Henri-Irénée Marrou on the sources of historians’ knowledge, of Paul Veyne on the notion of intrigue, and of Paul Ricoeur on temporality and the role of fiction in historiography.16 With them, we have learnt that history is never just a historian’s (re)construction, that “the theory [of the historian] precedes history”,17 that historiography is the result of an intellectual construction of the researcher. History as told is the result of a historian’s working hypothesis, documented, verifiable, but forgeable. Every historiographical reconstruction includes its share of fiction, meant to fill in the silences of witnesses and to allow for the unfolding of major historiographical plots. We need to dismiss the notion of bruta facta dear to the Tübingen school or to Overbeck; there are no brute facts but only facts that are interpreted and structured into an historiographical plot. Archaeological traces by themselves are silent; the moment the archaeologist makes them speak, he provides an explanatory theory. Analysing the status of an ancient document, the nature of its rhetoric, searching for its effects in history takes place within an ancient society’s representation burdened with the researcher’s premises. In short, in history’s epistemology, separating a fact from its interpretation must today be declared obsolete. It is a hermeneutics of narrative representation in history that must be undertaken to understand the diversity of historiographies that are proposed today, and no longer to oppose a story that would be “true” to a story that would be “biased”. Albert Schweitzer’s verdict on the subjectivity of the first quest for the historical Jesus has not curbed the continuation of the research. It has made 15  What follows is in harmony with the comments of J. Schröter, “New Horizons in Historical Jesus Research? Hermeneutical Considerations Concerning The So-Called ‘Third Quest’ of the Historical Jesus”, in C. Breytenbach/J. Thom/J. Punt (ed.), The New Testament Interpreted: Essays in Honour of B.C. Lategan (NovTSup 124; Leiden: Brill, 2006), 71–85, esp. 71–77. 16  R. Aron, Introduction à la philosophie de l’histoire (Paris: Gallimard, 1938, 21957); H.-I. Marrou, De la connaissance historique (Paris: Seuil, 1954; rev ed., 1975); P. Veyne, Comment on écrit l’histoire (Paris: Seuil, 1971); P. Ricoeur, Temps et récit, I–III (Paris: Seuil, 1983–1985). 17  Aron, Introduction, 93.

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it more conscious of that risk, more controlled in the use of documentary sources, more mindful of the methodological premises that it provides. Yet, even if they are definitely more sophisticated than in the works of their first two quests’ predecessors, the works of John Dominic Crossan, of Gerd Theißen, of Sean Freyne or of John P. Meier tell us as much about the sociocultural a-prioris of the authors as they do about the Jesus of history. Should one be distressed? No, surely not, for there is neither research nor speaking that does not have its origin in a specific point of view.

Two narrative representations If that assessment is correct, if then historians are called to be far more modest in the evaluation of the results of their works, the consequences for the pairing historical Jesus/Christ of faith are considerable. That dualism does not oppose a chemically pure Jesus to a Jesus infected by ecclesiastical dogmatics. The reconstitution of the figure of Jesus is a-priori subjective too, on both sides. We could even add cum grano salis that the Jesus of Mark’s gospel has more chance to be close to his purpose than the Jesus of the Jesus Seminar… Be that as it may, historiographical disqualification of the believer’s reading has no pertinence at all from this point on if it goes simultaneously hand-in-hand with a validation without reserve of the Jesus reconstructed by historians. Both of them – research on the historical Jesus and the account of the Christ of faith – give way to contextualised reconstructions of the figure of Jesus, that is to say, that their reconstructions stem from an intellectual background influenced by its needs and ideological premises. Both one and the other are meant for a specific audience, in the case of the historical Jesus an intellectual intelligentsia and in the case of the Christ of faith the ecclesiastical institution. Each needs to be appreciated according to the point of view that controls it and the cultural needs to which it responds. The Jesus of scholars as much as the Christ of believers are narrative representations, responding to the demands of a particular audience, and each of those reconstructions claims to deliver pertinent access to the founding history of Jesus of Nazareth.

The antagonism of the historical Jesus and the Christ of faith It becomes urgent, then, to challenge the antagonism between historical Jesus and Christ of faith. These two figures, mutually, are neither opposable, nor foreign, nor heterogeneous; both of them result from a work of

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reconstruction, subjective and at a distance from the historical event. It would obviously be nonsense to deny the difference in method between the historical biography of Jesus (which leads to a hypothetical reconstruction of the historical figure of the Galilean) and his theological biography (which sets out in what way the Galilean is the Christ of believers). Each has its specific design. Each has its specific point of view: the historical biography aims at establishing facts and documenting them; the theological biography carries out a believer’s reading or understanding of events, without either the problems or the means of historians’ documentary research. Each one is legitimate and confusion is not possible. In the end, historical research demonstrates that it is possible to historically reconstruct plausible images of Jesus other than the ones the gospels have taught us; the flourish of Christian apocryphal literature shows that this multiplication of images had already begun in the first centuries. Each type of biography achieves a reconstruction of the character, legitimate within its frame of reference. But the expectations vary from one to the other: historical biography is assigned to a deontology (code of practice or ethics) with documentary strictness, whereas theological biography focuses on the truth that the person means to convey. It seems to me that Jean-Noël Aletti is on the right track when he proposes to think of the link between historical and theological biographies in terms of a dialectical relationship.18 Who says “dialectics” says “necessary complementarity”. Without the control of historical biography, the theological approach fantasizes on a dogmatic concept devoid of an anchor in the history of first century Palestine. Without the questioning of theological biography, historical biography misses its motive because it forgets that Jesus’ activities have but one purpose: to “tell” God. What I have just said needs to be put to the test with the first theological biographies that reached us: the gospels of the NT. How do they treat the figure of Jesus of Nazareth and how is their relationship to history structured? Contrary to what has been held since the formgeschichtliche Schule, the gospels do not dismiss the relationship to history. I would like to show this now.

18  J.-N. Aletti, “Quelles biographies de Jésus pour aujourd’hui? Difficultés et propositions”, RSR 97 (2009), 397–413, esp. 412–413.

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III. The Gospel as narrative actualisation of Jesus We know that the term εὐαγγέλιον originally refers to the oral proclamation of the death and resurrection of Jesus announced as salvation event. This kerygmatic meaning is vouched for in Paul when he speaks to the Corinthians of “the Gospel that I announced to you” (1 Cor 15:1) or when he defends his Gospel before the Galatians (Gal 1:6). But what happens the moment Mark the evangelist makes a start on his story with the words: “(The) beginning of the Gospel of Jesus Christ, Son of God” (Mark 1:1)? The term “Gospel” is not yet the literary label that it later became. It does not point to the writing itself but announces its theological status. To describe the Gospel as the biography of Jesus is to commit a hermeneutic act and to declare that this biography’s function is to announce salvation. That particular life, the life of the man from Nazareth, is Good News. Therefore, the work of Mark, who collected scattered stories in order to organize them into a continuous narration of the life and death of Jesus, does not derive his motivation from a passion for archives; he does not provide his readers with documentary information; he commemorates that life for the sole reason that God reveals himself in it for the salvation of human beings. Mark presents Jesus the Christ and proposes him for believers’ adherence. Following Mark’s example, all New Testament gospels are theological biographies, focusing their interest on a unique question: Who is Jesus? Throughout the meetings and dialogues related in the Gospel, the question persistently asked is that of Jesus’ identity, which the reader sees as being progressively clarified in the course of the story. However, the Christology of the Gospels does not consist in a treatise, or in a credal formula; it is expanded through a story. Mark and the authors who followed his model have developed a narrative Christology, unlike the argumentative Christology that Paul displays in his correspondence. We need to thoroughly assess this establishment of a narrative Christology. What are its consequences in our perception of that reconstruction of Jesus life, viz. the evangelical biography?

Jesus’ historical destiny and Christological knowledge A first consequence is that with the gospel, any view of the Christ of faith attracts as a limiting norm the account of the destiny of Jesus of Nazareth. Access to the Christ of faith inherits as mandatory route the reading of a story which recites the words of Jesus, his acts, his healings, his meetings, his death and the mystery of his resurrection. Within a Christian context and

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from now on, no one can hold forth on Christ without assessing his/her words against the image of the Nazarene reflected in the gospel. In other words – and this is the corollary of the consequence – the gospel story becomes the literary mediator of Christ’s identity. It is by following the story with its questioning on Jesus’ actions, on the conflicts that crop up around him, on the initiatives he takes, on the teaching he delivers, on the supports or the betrayals that occur, that the reader gradually arrives at the identity of the Son of God. The work of reading the gospel is thus the crucible where the answer to the question “who is Jesus?” slowly takes shape. What is the aim of that reader’s journey? The gospel sets no other ambition for its reader than to become a disciple of the story’s hero, a hero identifiable as the man from Nazareth, who is today the Lord of his Church. To do so, the reader is invited to identify with the figure of the disciples who accompanied the man from Nazareth during his life and to take on their condition with the promises and the exhortations that affect him/her. This transparency of the disciple’s narrative figure, open to the reader’s identification, is particularly obvious in the gospel of Matthew, even if he did not invent it. As proof of this, we note that the faith vocabulary, rare in the synoptic gospels, is replaced by the verb “to follow”: to believe consists in following Jesus, to follow his tracks, to take the risk, like him, of a difficult and demanding faithfulness (Mark 8:34–38). To sum up, there is an irreducibility of the Galilean’s story for obtaining any Christological knowledge, and that is what the early Church wanted by writing and preserving the gospels. Knowledge of the living Lord, confessed by Christians, must be assessed against the scope of a story, marked by four gospels, which can be placed between the years 27 and 30 CE. The evangelical anamnesis of that story is a narrative actualisation of Jesus the Christ; it is the one that enables the building up of faith among readers, that they may become the disciples of Jesus in the present time.

Consciousness of a historical distance As a result of that theological anamnesis of the past, the facets of Jesus retained by the evangelists, and by the tradition before them, were the proper facets to identify the Christ of faith. Whatever did not help in that identification was lost. The elements which today fascinate biographers – Jesus’ age, his physical appearance, his evolution, his inner feelings, etc. – are practically absent from the evangelical narration. We may also note that we are dealing with a question of culture and that those elements are largely absent from contemporary Greco-Roman biographies.

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Yet above all, it would be completely incorrect to conclude from those “oversights” that the evangelists were unconcerned about the Jesus of history or that they were not aware of a distance between Jesus of Nazareth and the Christ of faith. The sole fact that accounts of Jesus life were recorded does indicate that the evangelists were conscious of the past and unrepeatable character of those events. Here are some examples. All evangelists agree in attributing to Jesus specific features, which they do not attribute to his disciples. I think of the title “Son of man”, which very early disappears from the language of the first Christians, except in the restitution of the Galilean’s preaching. That Christological title, the only one to my mind that could go back to the words of the historical Jesus, was very early superseded by titles both Hellenistic and more prestigious: Χριστός (Christ-Messiah), υἱὸς θεοῦ (Son of God), κύριος (Lord), σοφία (Wisdom), etc. The title of “Son of man”, understandable only within the frame of Jewish apocalyptic tradition, has been retained in the synoptic biographies of Jesus and is a witness to its unrepeatable singularity; we note that Paul no longer has recourse to it and that the fourth gospel has practically eliminated it. The same could be said of some Aramaic statements, put on the lips of the Galilean in the original language, then translated for the reader’s sake: Eφφαθα (“Open!” Mark 7:34) or Ελωι ελωι λεμα σαβαχθανι (“My God, my God, why have you abandoned me?” Mark 15:34). These foreign language appearances clearly witness to a narrative strategy: they aim to make the reader feel the time distance separating him/her from the related events.

Those embarrassing features I equally think of the consciousness, in Jesus, of an imminent coming of the Kingdom of God. It is expressed on more than one occasion, for example in Mark 9:1: “In truth, I tell you, there are some standing here who will not die before they see the kingdom of God come with power”. During the writing of Mark’s gospel, say between 65 and 75CE, no one, while Jesus’ contemporaries were alive, was ignoring the fact that this prediction of the coming of the Kingdom was unfulfilled. The first Christians, for their part, had lengthened the calendar of the end of time, but they did not hesitate, for all that, to attribute to the Galilean a chronology that had become obsolete in the meantime. Once more: the effect of historical distance. The same goes for the account of Jesus’ baptism by John. That episode quickly became embarrassing as it made the Galilean dependent on the Baptist. We perceive the increasing tendency, among the Synoptics and

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above all in John, to degrade the Baptist’s position by making of him the forerunner of the Messiah. Now, it is extremely remarkable to see that the event of the baptism by John has not been eliminated, neither in Mark (1:9– 11), nor in Matthew (3:13–17), nor in Luke (3:21–22). John was to give in to the pressure and cross the episode out, but of course with him, consciousness of historical distance and pressure of anachronisms are the strongest. So, the Synoptics have retained the embarrassing episode and also resisted the Johannine trend to attribute to Jesus a baptismal practice that made it possible to legitimise the practice of the communities (John 3:22). The Synoptics preserved the singularity of the Galilean. At the heart of the synoptic tradition, Luke is in addition the most sensitive to the historical dimension, that is, to the past character of Jesus’ time. He is the one who reserves the title of ἀπόστολος for the disciples of the Galilean (Acts 1:21–22), while refusing it to subsequent witnesses, including Paul (except Acts 14:4, 14); Luke insists on maintaining that title’s sense of belonging in an unrepeatable period of history marked by the presence of Jesus.

What does anamnesis of Jesus consist of? The Gospels are in no way ignorant of historical distance and of the fact that their account resurrects from the past a time and customs foreign to their era. The works of Gerd Theißen on marks of local colour in the setting of the synoptic tradition run the same way; without having the documentation worries of historians, the bearers of the tradition have preserved tracks of the socio-cultural or geographical entrenchment of the materials they were transmitting.19 The postulate of form criticism, for which the words of Jesus received their format in the midst of the first Christian periods and to respond to the sole needs of the communities, needs revision; the preservation of Jesus’ words has certainly met ecclesiastical necessities, but at the same time it has complied with a demand of faithfulness to history. Anamnesis of Jesus is a product of dialectics between the reproduction of the past and creativity born of the needs of the present. The memory of the Galilean has not been left under the single pressure of community needs; otherwise, we would not understand why this utilitarian whittling away of Jesus tradition would have left behind such historical dross devoid of practical use. We could go further by asking whether form criticism was not in the wrong by postulating that the logia of Jesus had been transmitted without 19  G. Theißen, Lokalkolorit und Zeitgeschichte in den Evangelien (NTOA 8; Göttingen/Freiburg (Schweiz): Vandenhoeck und Ruprecht/Universitätsverlag, 1989).

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their narrative contextualization, which Karl Ludwig Schmidt has in principle attributed to the evangelical writers.20 Can we imagine that? In reality, a contextualization alone allows for the display of the speaker’s status or the finality of the words. I believe that thought had to be given to that subject, and that in all cases, the dogma of systematic exclusion of the logia’s narrative context in the oral transmission had to be questioned. To sum up, the thesis of an antagonism between the historical Jesus and the Christ of faith cannot rely on the example of the gospels since their theological biography does not suspend the awareness of an irreducibility of the past in the speeches on Jesus. The writing of the gospels need not be placed exclusively under the “Christ of faith” pole: the awareness of a historical singularity of the man Jesus and of a distance as much chronological as cultural to the events of his life is in fact not at all absent from the evangelical narration.

IV. The duty of incarnation In conclusion, I return to my topic, which is the relationship of two entities: Jesus of history and Christ of faith. Is the dichotomy pertinent? I have noted, in the first place, that it had been set as an antagonist to a period, the First Quest for the historical Jesus, the culture of which is unfamiliar to us now. The data have changed. The claim to unearth the “true Jesus” has lost all scientific credibility; it has given way to a multiplicity of reconstructions of a Jesus who is philosophical, cynic, apocalyptic, political agitator, etc. From now on, the Christ of faith appears as a reconstruction of the figure of Jesus provided with its own subjectivity and point of view, neither more nor less marked than others. The epistemological reasons for that change in paradigm were unmasked in the second place; they are due to the positivist posture of the origins, with its illusion consisting in confusing brute fact and historical truth. Separating the historical fact from its interpretation has today become an obsolete intellectual posture. From now on, we are invited to think in terms of complementarity and to set those two approaches to Jesus, namely historical biography and theological biography, in a dialectical relationship. In the third place, I have shown that, contrary to appearances, the narrative actualisation of Jesus in the Gospels supports that way of seeing the situation. Therefore, I place historical biography and theological biography of Jesus within a relationship of reciprocal necessity. Why reciprocal necessity? Why 20  K.L. Schmidt, Der Rahmen der Geschichte Jesu (Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1969 [21919]).

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does theological biography have a need of historical biography? I insist: Why do believers, users of the theological biography which is the gospel, have to stop thinking that the agents of historical biography operate a sacrilegious undertaking, or one that is at best useless and misguided? Why do theologians have to revise their scepticism when facing the quest for the historical Jesus? They have to, because that historical quest leads to what I call a duty of incarnation. The irreducibility of the Galilean story for any Christological knowledge assigns to theology, from my point of view, a duty of incarnation.21 Let me explain.

History, precious assistant to theology The history of Christianity teaches us that reading the Gospels has not protected Christians from a spiritualisation of Christology, the most ancient form of it being Gnosticism. That spiritualisation, of which apocryphal Gospels often offer multiple traces, consists in emptying the person of Jesus of his humanity in order to retain his divinity only; then the figure of Jesus is no more than the receptacle of an aggrieved and misunderstood divinity, leading to a flight from the world to reach the immaculate home of divine felicity (as in the recently discovered Gospel of Judas). It is exactly at this point that the quest for the historical Jesus becomes the precious assistant to theology in its task of conforming to the incarnation. For a theology hooked on the hazards of the Galilean’s life, his meetings, his conflicts, his anger outbursts, his prayers, his compassion, his pain, his agony – that particular theology will not be tempted to transform itself into an escapist-spirituality. The quest for the historical Jesus is the most powerful antidote to a mythical or Gnostic understanding of Jesus Christ. However, can we be clear which historical Jesus we speak of here? Is it the pharisaic rabbi Jesus (as David Flusser would wish) or the apocalyptic prophet (E.P. Sanders) or the popular healer (Geza Vermès) or the itinerant philosopher with a cynical twist (F. Gerald Downing) or the social reformer (Gerd Theißen) or the pacifist revolutionary (Richard Horsley)? Is not the flurry of divergent portraits of the person of Jesus misleading for theology? Does generating contradictory hypotheses not withdraw all credit from historical research? Joseph Ratzinger/Benedict XVI, in his book on Jesus, is sarcastic about this “hypotheses cemetery” which is the quest for the historical Jesus.22 We 21  See D. Marguerat, L’aube du christianisme, 151–53. 22  J. Ratzinger/Benedict XVI, Jésus de Nazareth (Paris: Flammarion, 2007), 350 (translation is mine).

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may remark cum grano salis that if we were to apply the same rule to theology, namely that the diversity of hypotheses would ipso facto discredit research, it would be necessary to ask theologians to immediately cease any reflection. Putting forward results that are hypothetical, groping, uncertain, is of the very essence of any scientific approach. Science progresses by groping; the (supposedly) enlightened ones alone proclaim themselves the guardians of eternal truth. From the point of view of historical science, divergence in results stems from the fact that the documentary sources do not spell out the reconstruction of the past. In Reinhard Koselleck’s words, the sources have only a power of veto on reconstructions that are not pertinent: they can only limit the historian’s views, inform on what is not adequate to say, but not dictate his reconstruction for him. That control to which historians are assigned allows for distinction between historiography and Romanesque literature.23

The historical irreducibility of the figure of Jesus But what happens – for that is the aim of Benedict XVI – to the consequences of this divergence of results for faith? We cannot deny the destabilising effect on Christians’ beliefs inherent in the launching (orchestrated by the media) of risky hypotheses on the person of Jesus. I call for an inversion of the assessment, or more precisely, an inversion of the theological effect of that diversity of historical hypotheses on Jesus. Is it dangerous for the faith? Not necessarily, for within the multiplicity of portraits of Jesus created by the third quest, one has to admit that none of the models accounts for the totality of the person. Each one fails with one part of the Galilean’s personality. Jesus is irreducible to the socio-cultural categories created by historians.24 23  R. Koselleck, Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtliche Zeiten (Frankfurt: Suhrkamp, 1979), 206. 24  J. Schröter still considers differently the reciprocal potential of historical critique and theological approach: on the one hand, historical critique entrenches Christian faith in the Nazarene’s existence, on the other, historical data allows for the construction of Jesus pictures that are different from those canonised by the Gospels, thus restoring the plurality of Christianity at the origin. “On the one hand, it is the task of the historical Jesus scholar to explain the early Christian writings as reactions to the activity and fate of Jesus of Nazareth. This should prevent us from driving too sharp a wedge between Jesus and the Christian faith and explain the latter essentially as originating from Easter faith. On the other hand, the historical material allows the construction of more images of Jesus than those depicted by the Gospels. Historical Jesus research can therefore contribute to the ongoing dialogue about the shape of Christianity in a multifaceted world by pointing out both the range and the limits of historical Jesus research as painting the one ‘true’ image of Jesus.” (“New Horizons in Historical Jesus Research?”, 84).

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Jesus of Nazareth proves unclassifiable. Likewise, Jesus’ practice is not reducible to a doctrinal or ethical system present in the Palestinian milieu of Judaism in the first century. He is a Pharisee in his will to internalise obedience to the will of God, but an Essene in taking liberties when he interprets the Law (Matt 5:21–48). He demands a rigorous practice of the Law (Mark 10:17–19), but at the same time is liberal in its application (Mark 2:27). He shows himself to be anti-establishment (Matt 23:37–39), but at the same time he is entrenched in the traditions of his people. He associates with the Temple but disputes its functioning (Mark 11:15–17). He criticised the powers (Luke 22:24–27), but does not start a revolution. We could endlessly align the paradoxes that punctuate Jesus’ practice. What can we conclude from that, except that the person definitely escapes the historical quest? That resistance to being captured by preset models is perhaps – and this is another paradox! – the best service that historical research renders to theology. It saves it from transforming itself into dogmatism, or worse, into ideology. The quest for the historical Jesus is a permanent injury inflicted on the attempt to capture Jesus in a dogmatic system. The theologian Christian Duquoc expresses himself as follows on the connection between historical critique and dogmatic reflection on Jesus: The return to the singularity of Jesus and to his importance in the literary evangelical setup appears adequate to me in relaxing the undue power of uncriticised dogmatic convictions, or else to keep them from working too hastily towards a mutual understanding, regardless of their traditional interpretation. It is perhaps in the correlation between faith conviction and its critically studied literary referents, restoring the historical contingency of Jesus to its right place, that an avenue of honest dialogue, without false concession through simple tolerance or compassion, will be opened.25

Christianity lives by referring herself to a founding figure that escapes her. The day when theologians may think themselves able to exhaustively account for Jesus of Nazareth, Christianity will be in extreme danger. The quest for the historical Jesus resolutely delays that fateful day. Historians do not undermine faith; they (only) draw its twists and turns.26 25  C. Duquoc, “L’intérêt théologique de la quête du Jésus historique”, in P. Gibert/C. Theobald (ed.), Le cas Jésus Christ. Exégètes, historiens, théologiens en confrontation (Paris: Bayard, 2002), 293–321, on p. 320 (translation is mine). 26  In volume 2 of his Jésus de Nazareth, J. Ratzinger/Benedict XVI renews his vision of an antagonism between historical research and the believer’s approach to Jesus. He maintains that “in two years of exegetical work, historico-critical endeavours have, from this point on, given all that they had to give” (p. 8) and sets against it the theological quest that reads “in the right way, Scripture as such”, and becomes confused with “the humble fact of believing together with the Church throughout the centuries, guided by the Holy Spirit” (p. 129). Jésus de Nazareth. De l’entrée à Jérusalem à la Résurrection (Paris: du Rocher, 2011; translation is mine). All I have maintained to this point tends to suggest that stifling the historical quest, or declaring its sterility, endangers the believer’s reading itself by leaving unbridled its ever constant temptation to dismiss the incarnation.

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Daniel Marguerat

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Historical Jesus and Christ of faith: a relevant dichotomy?

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Robert Morgan

“Jesus belongs to two religions”: the Jewish and Christian identities of “Jesus who is called the Messiah/Christ”

The above quotation from Gerd Theißen’s Oxford Speakers’ lectures signals enough history, theology, and politics to fill several books. The very different relationship of Jesus “to Judaism, to which he was attached with all his heart, and to Christianity, whose central point of reference he became after his death – on the basis of interpretations of his person which his Jewish followers gave”1 is integral to the tragic conflict between these two religions. Historical study of Jesus and Christian origins cannot resolve the disagreements about his legitimacy which surfaced in his ministry and were hardened in the claims of his followers, but its non-partisan ideals offer a level playing-field and some agreed rules for trying to ascertain what actually happened. Even players who are strongly committed to a religious evaluation of Jesus can agree to abide by these rules or conventions of the discipline. Their different perspectives have, however, influenced their accounts, and understanding the interaction of religious attitudes and historical study may assist the conversation. In this crowded field what some consider distortions may turn out to have a relative validity. Even historiography has learned to appreciate legitimate differences of perspective while remaining impatient of special pleading. How (some) Christians think of Jesus from the perspective of a resurrection faith which they share with the New Testament writers (what might be called a “biblical Christ”), and how this can be enriched and sometimes corrected by modern historical Jesus research without being replaced by a “so-called historical Jesus” is the main subject of what follows. My suggestion will be that Jesus “belongs to” Christianity in the form of Christians’ faith-images and that these can and should embrace his belonging historically and religiously to Judaism. Attending to faith-images, which include a historical dimension, instead of building too much on “purely historical” reconstructions, may avoid the temptation to minimise Jesus’ Jewishness. That temptation stems from basing the legitimacy of Christian 1  G. Theissen, A Theory of Primitive Christian Religion (London: SCM Press, 1999), 22.

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appeals to Jesus one-sidedly on a reconstructed past rather than on a more complex picture of him involving the believer’s wider view of reality. Martin Kähler’s notion of Bild,2 variously translated “picture”, “portrayal”, “portrait”, “image”, is applicable here, despite the metaphor’s not expressing the mobile and temporal dimensions of the faith-images of Jesus which inspire personal morality and religious devotion. They are made up of thousands of pictures – like a film spool. Calling them “faith-images” recognizes that they are works of Christian imagination – but they are informed by historical information and can be modified by critical historical study. Correspondence or convergence between historical knowledge and faith-images can be aimed at. Constructions of Jesus in historical theology are guided by religious interests but make use of historical methods and insights, and aim to be historically convincing. Where the evidence is limited and ambiguous nobody can say more than that this is maybe how it was, and here some variety among historical constructions is to be expected. Christians are typically more impressed by what emerged from Jesus’ activity, some other historians more by possible analogies from his historical context, but both use their imagination in seeking historical truth about Jesus and relate this to the rest of their knowledge and experience.

I. Gerd Theißen’s eirenic and common-sense formulation is perhaps less uncontroversial than it appears. Only his elaboration resolves the tension in which it seems to stand with the famous remark of Julius Wellhausen that “Jesus was not a Christian; he was a Jew.”3 That was quoted with approval by such different scholars as Joseph Klausner, Rudolf Bultmann, and Geza Vermes.4 There is no contradiction, because Theißen does not imply that 2  M. Kähler, The so-called Historical Jesus and the Historic, Biblical Christ (Philadelphia: Fortress Press, 1964), 47, 57, 62, 72, 77–80, 87–91, 95, 102–3, 120 [German 1892, 2 1896]. Kähler’s christology is brilliantly analysed by H-G. Link, Geschichte Jesu und Bild Christi (Neukirchen: Neukirchener Verlag, 1975). E. Farley’s account of “theological portraiture” in Ecclesial Reflection (Philadelphia: Fortress Press, 1982) 193–216, and Schleiermacher’s account of “historical theology” in his Brief Outline on the Study of Theology (Richmond: John Knox Press, 1966 [German 21830]) also stand behind these reflections. V.A. Harvey, The Historian and the Believer (London: SCM Press, 1967) ch. 8, discusses “Faith, Images, and the Christian Perspective”. 3  J. Wellhausen, Einleitung in die drei ersten Evangelien (Berlin: Reimer, 1905), 113. Objections to both terms are made by J.H. Elliott, “Jesus the Israelite was neither a ‘Jew’ nor a ‘Christian’”, JSHJ 5 (2007) 119–54. 4  J. Klausner, Jesus of Nazareth (London: Allen and Unwin, 1925 [Hebrew original 1922]) 363; R. Bultmann Primitive Christianity (London: Collins. Fontana ed. 1960 [German

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Jesus was a Christian, but Wellhausen’s historical comment differs from Theißen’s in having a polemical edge. The historian’s comment on Christians’ tendency to see Jesus in their own religious image could become a denial of claims which place Jesus of Nazareth at the centre of Christianity. It at least poses a question about the right of Christians to appeal to Jesus, since he evidently belonged historically to a different religion. The question had been posed most sharply by Hermann Samuel Reimarus (1694–1768)5 in his brilliantly argued account of Jesus the reforming and revolutionary Jew and the very different religion concocted by his followers. He partly anticipated the liberal Christian response to his rationalist demolition of orthodoxy, attributing to the historical figure a moral character in tune with his own Deism, and also with Wellhausen’s much later liberal protestantism.6 A generation before Weiss and Schweitzer challenged these liberal protestant constructions of Jesus by their interpretations of his Jewish apocalyptic eschatology, Abraham Geiger had challenged liberal Christianity with his claim that Jesus had been “a Pharisean Jew with Galilean coloring”.7 He was not a Christian – and liberal Christians were as wrong to appeal to him as the orthodox had been. Historical study sets Jesus in his first-century Jewish context. It sets aside the gospels’ religious presuppositions and has challenged many of their details. Emphasising Jesus’ Judaism seemed to subvert Christian perceptions of him. Schleiermacher, the first to lecture on “the life of Jesus”, saw the threat to Jesus’ Christian identity involved in describing him purely in terms of his Judaism. This might make of Christianity “nothing more than a new development of Judaism, though a development saturated with foreign philosophies then current, and Jesus nothing but a more or less original and revolutionary reformer of the Jewish law”.8 Schleiermacher’s response was to claim that the historical reality of Jesus was more “Christian” than that, and others followed him and both his orthodox and Enlightenment predecessors in arguing that Jesus was in advance of original 1949]) 84 and below, n. 47; G. Vermes, Jesus in the Jewish World (London: SCM Press, 2010), 2. 5  H.S. Reimarus, Vom Zweck Jesu und seiner Jünger, was published by Lessing in 1778. ET C.H. Talbert (ed.), Reimarus: Fragments (Philadelphia: Fortress Press, 1970). 6 Reimarus, Fragments, 62–71. On p. 67 he is willing to accept believers’ portraits of the character of Jesus, i.e., their biblical Christ, as historically trustworthy and on p. 62 he can make a foil out of “the distorted sanctimoniousness of the scribes and the Pharisees in outward ceremonies.” 7  A. Geiger, Judaism and its History (New York: Bloch, 1866 and 1911 [German original 1864]) 237. Unlike Reimarus, Geiger denies the historicity of Jesus’ command to love enemies as being un-Jewish. It is central to some Christians’ faith-images and historical reconstructions of Jesus. 8  F.D.E. Schleiermacher, The Christian Faith (Edinburgh: T. & T. Clark, 1928 [German original 21831]) 380.

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and deeply at odds with his contemporaries. Many also traced the emergence of resurrection faith and christology historically and relativized its truth whereas others located the Christian identity of Jesus there rather than in the historical figure. These inevitably hypothetical descriptions and explanations tended to be reductive, sometimes suggesting that external factors were important, but attempts were also made to root the christological developments in historical reconstructions of Jesus, defending orthodox belief with new historical instruments. That could never vindicate Christian belief but it might show it to be not unreasonable. The inevitable disagreements among historians working with fragmentary and ambiguous evidence leaves room for some historical constructions which are congenial to or converge with Christian faith-images and for some which do not. Even when the playing-field is level and the rules are respected, the historical game has proved long, inconclusive and unfinished. Or to change the metaphor, the jury has been out over 200 years, and shows no signs of agreement about the historical reality of Jesus. There are also christological disagreements among some of the participants. Some theologians give more weight to the historical evidence, some to the experience and argument epitomised in a traditional christology reformulated to take account of modern historical study and changes in world-view. Both the historical and the doctrinal arguments have run long enough to make participants and observers aware of all kinds of problems. Among these the danger of theological anti-Judaism rightly exercises exegetes, historians and theologians today. Beyond the initial Jewish rejections of Jesus and the claims of his followers it has been the ways Christians think of or relate to him that have fuelled the religious conflict. The initial “division” (John 7:43, 9:16, 10:19) among Palestinian Jews around 30 CE remains historically pivotal, but it can now be observed dispassionately without blame being attached by either side or anyone being held responsible for what followed. What happened then is ancient history, understandable, regrettable, perhaps inevitable, but no longer a factor in Jewish-Christian relations, unlike much of what followed. Christians have every reason to be horrified about what happened to many Jews over centuries of persecution and to ensure that disagreements about Jesus can never again be allowed to justify behaviour which contradicts everything he advocated. It remains a problem that the memory of Jesus’ activity, trial and execution which is central to Christianity is preserved in accounts which are partial. Modern historical research can offer a few corrections, but the story is heard by Christians in a canonical form that still casts a shadow over JewishChristian relations. Most exegetes are now united in their determination to eradicate the “theological anti-Judaism” which fuelled medieval and

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Reformation antisemitism and contributed at least indirectly to the modern racial antisemitism which led to the Shoah. It seems clear that throughout Christian history a positive religious allegiance to God in Jesus has been cultivated with the help of negative stereotypes of Judaism which contributed to “the long-term preparation of a climate in which genocide was possible”.9 Gerd Theißen’s recent examination of the historical amnesia which accompanied the emergence of an exemplary liberal democratic modern Germany10 joins others in the necessary unmasking of religious and political undercurrents in New Testament scholarship. The stereotypes have largely been corrected, but it has for obvious reasons proved more difficult to speak of Jesus in ways which respect both Jewish and Christian sensibilities. In addition to the fundamental disagreement between Jews and Christians the latter are themselves more deeply divided over christology than is visible in their common denominational and ecumenical fronts. Our suggestion about how Jesus is “Christian” as well as historically and religiously Jewish will draw support from both sides in this inner-Christian dispute. Some will judge this debate more urgent than the discussion with Judaism, but a growing sense of the Nazi holocaust as the defining event of modern European history has pressed that discussion up the agenda and may show it to have decisive consequences for Christian identity, now as in the second century. Ventures into this sensitive area are encouraged by the hope that moral opposition to antisemitism and theological opposition to anti-Judaism will outweigh the differences between conservative and liberal theologies, and that secular writers on the Nazi holocaust will also agree that Christian theological reflection can help overcome the antisemitism it once disgracefully fostered. Some recent writing on the causes of the Shoah declines to distinguish between anti-Judaism and antisemitism since they are evidently related and overlap. However, recognizing the different roots of modern antisemitism allows us to identify in theological anti-Judaism one which can be turned round into a stronger appreciation of the basis of Christianity in Judaism, and of the parent religion’s permanent and still increasing contribution to Western civilization. Beyond their principled opposition to racism Christians have particular reason to combat antiJudaism. Their repeated recitation of Psalm 76, “In Judah is God known”, expresses the conviction that God’s calling of Israel has not been superseded and remains foundational also for those who know God through Jesus whom they call Messiah, thus evoking the history and faith of Israel. This theological foundation in Judaism provides Christians with further support for the 9  Michel Renoud, Israel, Servant of God (London: T. & T. Clark, 2003), 54. 10  G. Theißen, Neutestamentliche Wissenschaft vor und nach 1945 (Heidelberg: Winter, 2009).

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necessary political and psychological struggle against antisemitism. That may surely extend to moral support for the modern state of Israel, though not for policies unjust to the Palestinian people.11 Exegetical, historical, theological, and now political judgments are so intertwined in discourse about Jesus that criss-crossing paths face anyone trying to map the territory suggested by Gerd Theißen’s remark. Since 1945 the most significant advance in New Testament scholarship has undoubtedly been its fuller and more accurate accounts of first-century Jewish religion and society. This was due partly to the increase in data, notably the material from Qumran. As well as more differentiated, the historical understanding of early Judaism is now also more sympathetic than was once usual. Phenomenologists of religion who offer descriptions that are sensitive to the beliefs of participants rather than interpretations guided by supposedly “scientific” reductionist theories of religion will consider that an improvement, but the phenomenology of religion has had only a marginal impact here. In biblical studies historical research has more often been motivated and to some extent influenced by scholars’ religious interests (or sometimes by their anti-religious standpoints) alongside the value-neutrality of their methods. Academic study of early Judaism has, like non-specialist views, been skewed as well as advanced by Christians’ special interest in Jesus. This means that in addition to improving their historical descriptions of Second Temple Judaism Christians need to reflect on the theological factors which led to these historical distortions. A sampling of religiously interested scholarship may also lead beyond this to throw light on theological disagreements about Jesus. In its negative attitudes to Judaism Christian scholarship recontextualized elements in its New Testament sources. The religious and political leaders’ hostility to Jesus, followed by rejection of the claims made for him by his followers, and some persecution, had even then led the parent religion to be stigmatized. Worshipping the same God, but disagreeing about Jesus in relation to God, early Christian writers perhaps inevitably defined their own religion over against and often at the expense of the synagogue. When their hostility to other Jews later became embedded in canonical writings read mainly by Gentiles their animosity became fuel for centuries of Christian antisemitism. John’s hostile references to “the Jews” are an embarrassment leading some clergy to read “Judeans” in public worship, and even the otherwise illuminating Reformation dialectic of law and gospel can be deformed to serve a historically inaccurate and theologically intolerable agenda. Erasing damaging stereotypes is little reparation in face of the 11  On sharing the land, see the Archbishop of Galilee, E. Chacour, Faith Beyond Despair (Norwich: Canterbury Press, 2008 [French original 2002]).

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Shoah, but credit is due to those who have done what was necessary. It may be that only an adequate theological appreciation of Christian dependence on the faith of Israel will make the corrections permanent and eradicate theological anti-Judaism, but biblical scholarship’s historical clarifications have had some effect (or as English universities are now required to show, impact). Gerd Theißen’s comment makes clear that the Jewishness of Jesus is a historical statement about the religion and nationality of a historical figure. We may speak of his historical Jewish religious identity while leaving open where he stood on the spectrum of first-century Jewish practice and belief, and the undoubted intensity of his religious devotion. His association with Christianity presupposes his Jewish history and religion but is based significantly also on what happened after his death. However modern observers may assess this, his followers were convinced of his vindication by God. Their interpretations of him were based in part on who he was and what he had said, done, and suffered; also in part on what his disciples experienced soon after his death. Their interpretations also owed much to the selection from the traditions of their religion and other available vocabulary applied to him as a result of the first two and perhaps further factors, and directed to communicating their conviction about the decisive saving revelation of God in Jesus. Time would tell how much potential that held for diverse new interpretations partly but not rigorously controlled by the historical memories contained in the gospels. The Christian identity of Jesus is located in Christians’ faith-images. Those which respect the parameters set by the doctrinal definition vere Deus, vere homo include some historical knowledge, most naturally his historical Jewish religious identity. This is theologically essential because, against Marcion, God for Christians is the God and Father of their Lord Jesus Christ, the God of Israel, the Creator and Judge.12 Christianity thus has a strong religious interest in Judaism which is not necessarily reciprocated. Jewish interest in Jesus and the messianic sect which decided to admit Gentiles would be minimal were it not for the dire historical consequences of that development in which millions claimed a superior knowledge and relationship to the God of Israel in “a new and better covenant”. Jews’ views of Jesus cannot but reflect these effects on themselves of Christian belief in their fellow-Jew. Marcion’s rejection of the historical fact and Christian theological thesis that Jesus belongs to Judaism as well as to Christianity finds a kind of echo in many Jews’ understandable feeling that he does not “belong to” them, whatever his ethnic identity. 12  For a fuller account of this necessity see L.E. Keck, Who is Jesus? (Edinburgh: T. & T. Clark, 2001), 61.

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This parting of the ways suggests one possible answer to the question how Jesus belongs to two religions without this fuelling disputes between them: he belongs to Second Temple Judaism by his birth and biography, and so to the history of Judaism; and he belongs to Christianity in the various responses to him and interpretations of his followers – inchoately before, and more definitively after his death. But while appealing to further data Christians also claim to be interpreting the biographical data. Within a few decades they were rejecting any christology which cut the link with Jesus’ historical activity and death, and they continue to resist the similar suggestions of German idealism. The history of Jesus has therefore remained contested, with Christians disagreeing about him with non-Christians in general rather than with Jews in particular, and disagreeing now about the significance of what happened more than about the facts of the case. They once built apologetic arguments out of the gospels’ testimony, and some of their theological defences were built on religious quicksand rather than on historical rock. Inheriting an assumption that the gospels are inspired and historically reliable, they were slow to admit the problems which Reimarus spotted and slower still to see that these need not affect their central claim that in Jesus they find the decisive saving revelation of God. How traditional Christians can say what they have to say about Jesus without denying his historical Jewish identity, and without denigrating the Judaism which for understandable reasons rejected and rejects Christian claims, will be implied in what follows by interpreting some historical Jesus research in the light of Martin Kähler’s vocabulary and intentions.

II. Granted that Jesus’ Jewish identity is historical, and that it is included in his Christian identity which most will agree is in some way christological, one may ask whether it matters to Christian theology what kind of a Jew Jesus was or what he believed about his own vocation. Christian worship of the God and Father of their Lord Jesus Christ, the God of Israel, known in the history and faith of that nation and witnessed to however imperfectly and incompletely (as Christians suppose) in the Hebrew Bible and subsequent Jewish tradition, depends on Jesus’ belief in and worship of the God of Israel; and that implies some sense of his own relationship to God. This much history is presupposed and required by christology, even if it cannot be demonstrated,13 but the details of his self-interpretation as prophet, teacher, 13  W. Herrmann’s “inner life of Jesus”, on the other hand, is more faith-image than history. Like many lives of Jesus from Schleiermacher to Pope Benedict, A.E. Garvie, Studies

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preacher, son of man, and possibly Messiah are barely relevant to Christian belief. If he thought he was the Messiah, which is highly uncertain, and if he himself revised ideas of messiahship, as the gospels suggest he did, his messianic belief would be part of his original Jewish historical identity but still not essential to his Christian messianic identity which may well have been constructed after his death and needs only to be congruent with what is known of his history. Like his probable expectation of martyrdom, it is part of how most Christians think of him without their faith-images depending on what is for these a central detail without being historically demonstrable or certain. It is possible to imagine points at which historical criticism of the gospel story might destroy the fabric of Christian faith-images of Jesus. If he never existed Christian theology would indeed have to attach its christological statements to an idea or a story rather than to the historical figure, as Strauss and others advocated for better reasons (below, p. 465), and if he were shown to be a bad man he would not be a fit object of religious reverence. Some think (but cannot establish) that he was mistaken about the end of the world, and a few have speculated that he suffered on the cross a mental collapse. There are a few historical (near) certainties and several more or less reasonable historical suggestions. Christian faith-images of Jesus are subject to some control from the former but may be selective or may even discount the latter. Not many believers are equipped to evaluate the historians’ suggestions but there is no need for them to be bullied by historical uncertainties. The gap between most faith-images and any historical construction is legitimated by the nature of the evidence on the one hand and the nature of religion on the other. When the Christian identity of Jesus is seen to be located more in the various faith-images than in possible historical constructions the tension between this and his Jewish identity becomes less acute. There will still be questions about the truth and adequacy of any faith-image, and the truth of any particular form of Christianity, but one modern form of the disagreement with Judaism about Jesus only arose when his Christian identity was thought open to confirmation by historical research. If historical study is not expected to prove his Christian identity, but only more loosely to leave room for it, there is no pressure to make him appear Christian by weakening his Jewishness. Arguing for some congruence between Jesus and Christian perceptions of him is arguably a vital task of Christian New Testament theology, understood as a theological discipline which interprets these texts historically from the perspective of a modern Christian belief committed to respecting historical in the Inner Life of Jesus (London: Hodder and Stoughton, 21908), is best read as historically and theologically informed Christian spirituality. The Jesus books of R. Bultmann (1926) and G. Bornkamm (1956), though history, can be read in this way also, as the history is edifying.

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realities. Different ways of presenting Jesus in New Testament theologies show how differently this congruence can be understood, and the Jesus-Paul debate highlighted the problem (Jesus was a Jew, Paul a Christian) and suggested possible continuities and correspondences. Different approaches and conclusions are inevitable granted the uncertain results and hypothetical character of historical Jesus research and the variety of ancient and modern christologies and faith-images. Some scholars align Jesus more closely with some of his co-religionists than others. How critical he was of his own religious tradition is uncertain because the sources are contaminated by later belief and experience. According to some good manuscripts Mark 7:19 apparently appeals to Jesus’ ministry to justify later Gentile Christian practice, whereas Matt 15 contests this interpretation of his saying about purity, probably more in accord with his historical intention. Nothing much depends on this today because Christian disregard of food-laws, circumcision, and Sabbath is not based on how Jesus interpreted the Jewish law. Christians do not and probably never did call Jesus Messiah on account of his attitude to the law of Moses or his possible use of the title Messiah, or his possible davidic genealogy. His messiahship is part of the symbolic fabric of the Christian story, but this does not require much historical bedrock beyond his being a religious Jew. The Wirkungsgeschichte of Jesus does not depend on his Urgeschichte beyond his identifying the God he believed sent him, i.e., his consciousness of a mission corresponding to the intention of his teaching and activity, but regardless of whether or not that included from the outset an expectation of martyrdom, and whether or not he attached any messianic titles or applied any prophecies to himself. A precise fit between faith-images and (provisional) historical conclusions is not necessary for Christians who hope to be led by the Spirit as well as being guided by tradition and reason when they make moral and theological judgments, sometimes naively asking each other, “What would Jesus do?”. This minimal account of how much history is required by faith and christology leaves room for the historical imagination to add to the little that is known for sure, making suggestions which are only possibilities. It also leaves room for the religious imagination to draw on imagery which may illuminate but is not required by the history. These distinctions became necessary when historical criticism of the gospels distinguished between more or less reliable historical material and between historical, poetical, mythical and doctrinal elements in the gospels. Theology could then also distinguish between these components in the Christian identity of Jesus, or believers’ faith-images. The old apologetic arguments from miracle and prophecy lost credibility because they identified the stories with history. Appeals to history in theological argument and apologetics are, unlike liturgy and devotion, constrained by what counts as historical in the apologist’s own

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modern intellectual milieu. The Christian word Heilsgeschichte is perhaps best translated the Christian “story of our salvation”,14 indicating that it is participants’ insider talk (“our”), and not history, as the translations “salvation history”, “redemptive history”, or “holy history” suggest. No narrative with divine actors is now called history, but that does not make the story any less important for the religion. The exclusion of God from modern historiography sets limits to the role of history, but the centrality of Jesus makes it indispensable. Christians depend on the biblical story to imagine, express and communicate their faith, but rational historical and philosophical arguments can clarify and defend it. The story precedes the rational reflection, but what theology brings to the tradition has since the eighteenth century included critical historical assessment, alongside the philosophical analysis it has from early days brought both to the tradition and to experience. The challenge for theology was to absorb all that seemed true in the Enlightenment criticism of religious tradition without surrendering what was considered essential. Opinions about that have varied. Many believers still retain much of the Christian story as historically reliable, including miraclestories. Finding that incredible others abandon the whole idea of Heilsgeschichte and see the Old Testament as historical background, rather than the theological foundation of Christian belief in God. One compromise has been to accept historical methods up to a point, but to find divine action in the past and make room for it in reconstructions of “history”. That mixture is still found in Christian piety but lacks intellectual rigour. Some free spirits have thought that the only biblical history that matters much for modern Christians is Jesus himself, and have tried to rebuild their theology on this, adding in whatever modern religious ideas seem to fit. Other theologians treat the biblical story as story, and show no interest in historical research. These are surely right that Christian theology depends on the biblical witness to God in Christ as found in the Christian biblical story, not on the accuracy of historical details, but they part company with past expressions of Christianity and lose much of the story’s power and its claim to truth if its historical data are not admitted, and some positive relationship between faith and history confirmed. Whether that is possible without history swallowing up faith as traditional faith has tended to swallow up history remains to be seen. Looking for some convergence between the faith-images flowing from Heilsgeschichte and the new factor of modern critical history without mixing or confusing the different language-games is more art than science. Despite the risk of historical criticism dismantling the tradition, distinguishing history, myth and doctrine both secured the necessary 14  The English Nine Lessons carol service bids worshippers “read and mark in Holy Scripture the tale of the loving purposes of God from the first days of our disobedience unto the glorious redemption brought us by this Holy Child.”

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historical foundations and taught theologians again to value what is not history, but is no less essential for Christian faith. The historical interrogation of the scriptural sources answered objections to Christian belief which stem from confusing biblical myth with science or history. It also redirects the Jewish-Christian debate on to common ground, away from now fruitless arguments about whether Jesus is or was or will be the Messiah.15 Its apologetic and eirenic potential adds value to historical Jesus research, but the primary theological significance of that lies in its necessary critical contribution to the Christian identity of Jesus. Whether it can help overcome a damaging division in modern Christianity remains to be seen. Jesus is identified by, and so “belongs to”, some extreme liberal protestantism in a set of faith-images based largely on historical probabilities and possibilities which motivate moral practice. He belongs to most traditional Christianity in faith-images which draw also on doctrinal and mythical material and are expressed in historical, doctrinal, liturgical and devotional language, and enacted in lives of discipleship. Liberal christologies may seem attractive in sharing possible Jewish views of Jesus, but dispensing with a doctrine which summarizes the biblical witness and supports Christian sacramental practice is unlikely to persuade believers who value scripture and tradition as well as reason. These competing faith-images have to be evaluated by both historical and religious criteria.

III. The “liberal protestant Jesus” can be exemplified by its most widely-read examplar. The Christian humanist Ernest Renan could call himself a Christian “even when we separate ourselves on almost all points from the Christian tradition which has preceded us” because “whatever revolution takes place will not prevent us attaching ourselves in religion to the grand intellectual and moral line at the head of which shines the name of Jesus”.16 Jesus’ “Christian identity” is evidently more deeply contested than his historical Jewish identity, and the dispute is more about the scholars’ conflicting prospectuses for modern Christianity than about their sometimes conflicting historical judgments about Jesus. 15  The creative proposal of R. Reuther, Faith and Fratricide (New York: Seabury, 1974), revising the Christian messianic idea to correspond with a Jewish one is unnecessary. Both religions can retain their central symbols and argue instead about history and exegesis where they are agreed about the methods. 16  E. Renan, The Life of Jesus (London: Dent, Everyman edn, 1927 [French original 1863]) 237.

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Even though Renan was never a protestant his Life of Jesus throws the liberal protestant type into sharp relief as an extreme case. In these modern historical reconstructions of his life and teaching, his character and death, the scholars’ own modern religious and moral perspectives shape and sometimes distort their historical presentations. Nineteenth-century “lives of Jesus” were soon undermined by historical scepticism about the gospel sources and by claims that Jesus’ eschatology set him at some distance from those modernizations, and later by the reception of Kähler’s theological argument that these questionable constructions were not what Christians needed anyway. None of these objections discredits historical Jesus research as such, and two of them contributed significantly to it. The “quest” continued, most recently guided by a better understanding of first-century Judaism as well as by modern religious and cultural factors. These have led to an increase in historical hypotheses about Jesus and echoes of the earlier debates.17 Renan’s Jesus was Jewish by race and upbringing but more or less left his Judaism behind. Whereas “John the Baptist was completely a Jew; Jesus was scarcely one at all”.18 He “was more than the reformer of an obsolete religion, he was the creator of the eternal religion of humanity”.19 Renan was interested in racial theory and held disparaging views of the semitic race, but his antiJudaism stemmed from his positive religious ideal, not from the cultural antisemitism he sometimes echoed. It could, however, be developed into a more savage antisemitism, as happened in H.S. Chamberlain, Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts.20 The popularity of this mixture of a residual Christianity with a new völkisch paganism was a factor in the development of Nazi ideology. One problem with the liberal protestant Jesus is that the historical methods by which it is constructed can too easily lend support to a desired outcome through its unverifiable and often subjective judgments about what is authentic. Conservative scholars are less willing to discard gospel material. This makes them less likely to underestimate the Jewishness of Jesus, but more prone to adopt the theological anti-Judaism of their sources.21 Renan’s Jesus, however, funds the “religion of humanity”, not political and racial antisemitism – and not ecclesiastical Christianity. It 17  E.g., L.T. Johnson, The Real Jesus, (San Francisco: Harper, 1996) echoes Kähler’s argument, and the “Jesus seminar” Kähler’s opponents. 18  Renan, Life, 185. Cf. 242: “Far from Jesus having continued Judaism he represents the rupture with the Jewish spirit.” 19  Renan, Life, 185. 20  H.S. Chamberlain, Die Grundlagen des neunzehnten Jahrhunderts (2 vols; Munich: Bruckmann, 1899). ET The Foundations of the Nineteenth Century (New York: Lane, 1910). This depended heavily on liberal protestant gospel criticism. 21 �������������������������������������������������������������������������������������  Schlatter is a clear example of this, whatever qualifications have to be made to recent charges of antisemitism. See R. Morgan, “Susannah Heschel’s Aryan Grundmann”, JSNT 32.4 (2010) 431–94, on pp. 480–85.

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belongs to neither Judaism nor traditional Christianity, as well as being poor history, but it is a kind of modern faith-image22 and as such can be criticized by a more stringent use of historical methods and a more disciplined use of historical imagination – or from a different religious or anti-religious perspective. Historical Jesus research has led to different constructions, some better history than others and some more congruent with traditional Christianity than others. Most liberal protestants retain more of the Christian tradition than Renan, and many of them have followed Schleiermacher in continuing to affirm the divinity of Christ, while allowing their historical Jesus research, and the rest of their modern knowledge and experience, to shape the ways they imagine him.23 However unclear the borders, it is possible to distinguish the orthodox intentions of a Schleiermacher and a Ritschl from versions of Christianity which made their historical reconstructions of Jesus central at the expense of the New Testament witness and the doctrinal tradition. How scholars write about resurrection faith is usually indicative of any faith-images present in their historical constructions. Liberal protestants like Harnack and Bousset preserved more of their parents’ traditional Christianity in practice than their apologetics-oriented theory of their religion implied. Theological anti-Judaism stemming from a desire to claim historical veracity for faith-images which reflect their authors’ respective versions of Christianity can be found among both conservative and liberal theologians. The former were insufficiently critical of the gospels (above, n. 21), the latter often produced historical reconstructions of Jesus which emphasized his dissimilarities from his Jewish contemporaries. 24 Both were theologically motivated to emphasize the uniqueness of Jesus, and many who reverenced him without accepting the dogma of his divinity thought they needed to justify their reverence by claiming for their constructions the certainty of historical truth, not that they were merely historically possible faith-images. The anti-Judaism of these portraits could always fuel antisemitism and in at least one notorious case liberal protestant anti-Judaism became a politically 22  Renan resists the word “faith” but can “bow before” this “sublime person” who “we may call divine” – in the sense of helping his fellow humans towards the divine (Life, 243). He admitted that his historical construction was based more on historical possibilities than certainties which are in short supply. See his Preface to the thirteenth (1864) edition, omitted from W.H. Hutchinson’s 1897 translation of that edition. E. Renan, Oeuvres Complètes, vol. 4 (Paris: Calmann-Lévy, n.d.), 14–39 on p. 25. Gore’s Introduction to the Everyman edn, ix–xvii, refers to this on p. xvii. 23  E.g., John Macquarrie. See R. Morgan (ed.), In Search of Humanity and Deity (London: SCM Press, 2006), 228–53. 24  E.g., W. Bousset, Jesu Predigt in ihrem Gegensatz zum Judentum (Göttingen: Vandenhoeck and Ruprecht, 1892). The risk of distortion inherent in the so-called criterion of dissimilarity has been often noted, e.g., by G. Theissen/D. Winter, The Quest for the Plausible Jesus (Louisville: WJK, 2002 [German original 1997]).

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motivated antisemitism. The 1939–42 Eisenach Institute for the Study and Removal of Jewish Influence on German Church Life offers a warning about what can happen when faith-images are insufficiently controlled by historical study and the Jewishness of Jesus and the Old Testament witness to the rule and righteousness of God which he lived and died for are suppressed.25 In Kähler’s terms, both “the so-called historical Jesus” which he saw notoriously represented by Renan and Strauss, and his preferred but insufficiently defined “historic, biblical Christ” which he might later have seen represented in the first volume of Schlatter’s New Testament theology26 were often guilty of anti-Judaism because both the liberal protestant historical Jesus and more orthodox views were faith-images influenced by the evident differences between Christianity and Judaism. But the historical integrity of liberal protestant research ought to have protected it as it has in more recent examples. Keith Ward’s The Philosopher and the Gospels offers a liberal protestant Jesus whose ethical idealism in some ways anticipated Kant, but this faith-image aims to be historically responsible and shows no trace of anti-Judaism.27 The philosopher has heeded the biblical scholars’ admonitions. A better known contributor to the historical Jesus debate is the historian of early Judaism and Qumran specialist, Geza Vermes, who quoted Wellhausen’s remark.28 Vermes illustrates the polemical theological subtext present in the “liberal protestant Jesus”29 but also confirms (against Renan) that because this is also a historian’s Jesus it cannot credibly be anti-Jewish. His echoes of the modern animus against myth and theological doctrine are shared by both anti-religious rationalists and religious liberal protestants. Without going beyond his own statements to determine where he himself stands one may note that, like many others, he offers a “historical Jesus” that he can admire,30 one happily free of any association with the Daniel 7 25  This unsavoury incident is described in some detail by S. Heschel The Aryan Jesus (Princeton: Princeton University Press, 2008). I welcome the author’s response in JSNT 33 (2011), to my criticisms (n. 21) of her larger picture. 26  H-G. Link, Geschichte, 343 n. 302, quotes from a 1910 letter which may refer to this. Schlatter’s second edition (1920) is available in ET, The History of the Christ (Grand Rapids, MI: Baker Books, 1997). 27  K. Ward, The Philosopher and the Gospels (Oxford: Lion Hudson, 2011). 28  See above, nn. 2–3. 29  Vermes, Jesus the Jew (London: Collins, 1973. Fontana ed. 1976), 17: “this man so distorted by Christian and Jewish myth alike, was in fact neither the Christ of the Church…”, and on p. 225: orthodox Christian doctrine is “a structure which must by nature be vulnerable to reasoned criticism”. Similarly in Jesus in the Jewish World, 3: Christians “find it impossible to free themselves from the jargon-ridden terminology of Christian theology”. Cf. pp. 147, 169. 30  Vermes, Jesus the Jew (Fontana ed.), 224: “second to none in profundity of insight and grandeur of character, he is in particular an unsurpassed master of the art of laying bare the inmost core of spiritual truth and of bringing every issue back to the essence of religion, the

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apocalyptic son of man. His account of Jesus’ teaching is admittedly thin, and despite “the incomparable superiority of Jesus”31 the comparison with Honi the Circle-Drawer and Hanina ben Dosa, a charismatic healer and rainmaker, may not inspire much religious devotion, but his endorsement of Martin Buber,32 whose liberal Judaism has seemed to some orthodox Jews barely distinguishable from liberal protestantism, confirms that his own construction belongs to that type. Vermes himself was thought too positive about Jesus by some Jewish critics. He ends his book with a moving reference to “Jesus the just man, the zaddik, Jesus the helper and healer, venerated by his intimates and less committed admirers alike as prophet, lord and son of God.”33 The borders between intimacy and being “less committed” are fluid, allowing historical empathy, admiration and religious veneration to mingle, but Vermes, a former Roman Catholic priest, is as well aware as Renan how incomplete the image of Jesus in a sympathetic historian’s picture must seem to most Christians, however much their faith-images of their crucified and risen Lord overlap with these historical constructions. Claude Montefiore34 provides further evidence that there is nothing necessarily anti-Jewish about the “liberal protestant Jesus”, i.e. historical reconstructions infused with warm modern religious sentiments. On the contrary, now that the “Aryan Jesus” hypothesis is discredited, the “liberal protestant” option of cutting Jesus’ Christian identity back to his historical identity while communicating the scholar’s own values usually stresses his Jewishness. From Semler and Schleiermacher to the present day that historical aspect has often been neglected and Jesus portrayed in accord with religious ideals which owe more to modernity than to the Old Testament and Judaism. This tendency was reinforced by the gospel accounts of Jesus’ conflicts with the religious authorities of his day as non-Jewish scholars and non-specialists alike mistakenly saw inter-religious divisions in those innerJewish disputes. Even Reimarus, who broke the traditional connections between Jesus the Jew and orthodox Christianity could make of the scribes and the Pharisees a negative foil to his Deist (proto-liberal protestant) Jesus.35 existential relationship of man and man (sic), and man and God”. To call that “liberal protestant” is not a criticism, even if it goes beyond what the historian can know. 31  Vermes, Jesus the Jew, 224. 32  The Postscript to Jesus the Jew begins with Buber’s certainty “that a great place belongs to (Jesus) in Israel’s history of faith”. The late Pamela Vermes was a noted Buber scholar. 33  Vermes, Jesus the Jew, 225, italics his. Space constraints prohibit discussion of E.P. Sanders, Jesus and Judaism (London: SCM Press, 1985), as a “historical Jesus” which is a historian’s but not a “liberal protestant Jesus”. 34  C.G. Montefiore, The Synoptic Gospels (2 vols; London: Macmillan, 1909). See his Preface to the 1927 edition, on p.ix, for his “peculiar point of view” as a liberal Jew, and his “high appreciation of the character and teaching of Jesus”. 35  See above, n. 6.

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One alternative to reconnecting the historical Jewish Jesus to Christianity along the lines adopted by Schleiermacher, Renan, and later Harnack, of historical constructions which minimize his Jewishness, was to return to Kant’s model of basing Jesus’ modern Christian identity on the idea or ideal of Christ rather than on his historical reality. D.F. Strauss had developed this proposal in the Concluding Dissertation of his 1835 Life of Jesus36 but his left-wing Hegelian refinement, attaching the idea to the human race rather than the historical figure as perceived by faith, gained no support. In later years, stimulated by what Renan had done for the French, he wrote an alternative for his own people.37 However, aware of the gulf between the first and the nineteenth centuries and the fate of his earlier attempt to bridge it, he now advocated transferring faith from the historical to the ideal Christ in a “carrying forward of the Religion of Christ to the Religion of Humanity to which all the noblest efforts of the present time are directed”, despite recognizing that in this refusal to relate faith and history “the world sees an apostasy from Christianity, a denial of Christ”38. In 1865 he sees the ideal and the historical “separated forever”,39 and by 1872 he had ceased to call himself a Christian. But this solution has continued to find support. Just as Strauss and Baur thought it was what Schleiermacher’s philosophical position demanded, others have thought it implied by the logic of Troeltsch’s40 and even Bultmann’s41 christologies. All three liberal theologians were criticized for respecting the normal Christian reference of faith-images to the historical man from Nazareth who can be known about by historical research. The alleged inconsistencies arose from theologies drawing on German idealism which always had a problem relating faith and historical particularities. Consistency might have recommended Strauss’ solution of separating faith and history. That even seems to match the distinction made by critical historians between Jesus as he was (or as modern historians perceive him – the phrase “historical Jesus” is ambiguous), and Jesus as the Christian sources and most other believers perceive him (“the Christ of faith” or a 36  D.F. Strauss, The Life of Jesus Critically Examined (P.C. Hodgson ed.; Philadelphia: Fortress Press, 1973), 757–84. 37  D.F. Strauss, The Life of Jesus for the (German) People (2 vols; London: Williams and Norgate, 21879 [German original 1864]). 38  Strauss, Life, vol. 2, 436. 39  D.F. Strauss, The Christ of Faith and the Jesus of History (Philadelphia: Fortress Press, 1977), 168. 40  B.G. Gerrish, The Old Protestantism and the New (Chicago: University of Chicago Press, 1982), 230–47. 41  S.M. Ogden, The Point of Christology (San Francisco: Harper and Row, 1982), 41–63, 113–26. Against Ogden my suggestion is that historical Jesus research can inform what he calls our “existential historical” Jesus (i.e. a Christian’s faith-image). These different ways of knowing the same Jesus can be held together without being confused.

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“biblical Christ”). It therefore became natural to discuss christology in terms of the Jesus of history and the Christ of faith. These terms, however, appeared mere abstractions to those wanting to think of the one Jesus in ways which are historically credible and religiously adequate. If the historian’s Jesus will not bear the religious weight that Christians place on it, and the ideal Christ also fails to satisfy religious expectations, the best way forward may be to recognize that the “liberal protestant Jesus” was usually a Jesus of liberal protestant faith, and to compare that historically attuned faith-image with more orthodox possibilities. These are not constructed by historical study but they can be modified to accommodate its secure conclusions. Apart from their attempt to maintain the vere Deus as well as the vere homo, the main difference between these and liberal christologies is that they start with the “biblical Christ” and make any modifications required by historical study rather than beginning with that and failing to get beyond it. Instead of absolutizing the critical historian’s Jesus in all its many forms and relativizing subsequent christologies, theologians can relativize the former by recognizing that many of these hypothetical constructions are modern faith-images, not the scientific knowledge claimed for them by positivistic historians. As many facts as are available can be as well built into any faith-image as into any modern historical construction. These latter pictures are entirely legitimate. Some of them give expression to a possible modern faith, others have only historical interest. Some are compatible with the belief (expressed in orthodox christologies) that in having to do with Jesus, we have to do with God.42 Nobody has to have a faith-image of Jesus, but three types have been identified here: the Strauss type is not interested in the historical figure of Jesus, the Renan type modernizes him to correspond to a modern liberal version of Christianity, and the traditional type sees him in a way which is compatible both with what little is known of Jesus by historical research and with the intention of the New Testament writers and subsequent orthodox christology. With this typology in mind we may look briefly at one midtwentieth century theological controversy and illustrate the suggestion that seeing the liberal historian’s Jesus as a faith-image seeking convergence with what is known about Jesus by historical study, rather than simplify identifying it with the latter, will remove the pressure to present the historical Jewish figure in a way that is derogatory to his Judaism.

42  This account of the vere Deus is drawn from K. Barth, Church Dogmatics, 2.1 (Edinburgh: T. & T. Clark, 1957), 204–54, on pp. 208–10.

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IV. Rudolf Bultmann’s association with Barth and Gogarten in the dialectical theology movement involved a sharp rejection of the older liberal life-ofJesus research and the development of a neo-Reformation kerygmatic theology, and by 1928 his existentiale interpretation of Paul and John. His theology was not driven by historical scepticism, though it dovetailed both historically and theologically with his history-of-traditions analysis of the synoptic gospels. It did not prevent him from experimenting with a Diltheyan theory of history in a powerful book on Jesus in 1926,43 or finding a theological correspondence between Jesus and Paul in 1936,44 but after the Second War he was willing to quote Wellhausen’s dictum45 in a historical presentation of Christian origins in its history-of-religions context46 and to begin his Theology of the New Testament (1948) with an opening sentence assigning the proclamation of Jesus to the presuppositions of New Testament theology rather than being a part of it. Given his view of New Testament theology as a modern theological discipline this implied it was not central for Christian faith or theology. Then in his 1959 response to his former pupils who had begun a “new quest” for the historical Jesus he again echoed Wellhausen’s tag, not merely as a historical fact, but to justify his lack of theological interest in the historical Jesus.47 Despite his admission that the “mere that” of Jesus’ historical life and death do matter for Christianity, this theological indifference to the “what” or the “how”, and what he actually taught, which the form-critical historian of the synoptic tradition had analysed and in his Jesus48 had illuminated, brought his kerygmatic Christ perilously close to the Strauss type of faith-image separate from the Jesus of history. It was this that provoked some of his pupils’ theologically motivated 43  R. Bultmann, Jesus and the Word (London: Collins; New York: Scribners, 1958), 11–19. 44  ET “Jesus and Paul” in R. Bultmann, Existence and Faith (London: Collins, Fontana ed. 1964), 217–39. The anti-Nazi slant of this account of the Jewishness of both Jesus and Paul who nevertheless point to “ecclesiastical Christianity” (pace Rosenberg, who depended on Chamberlain) should be noted. In its refutation of the liberal protestant contrast between Jesus and Paul, Bultmann’s account of how “Paul is in complete accord with Jesus” (p. 224) implies that they could both be said to belong to the two religions. 45  See above nn. 3–4. 46  Bultmann, Primitive Christianity. The sections on Jesus’ proclamation and his eschatological preaching are included in the division on Judaism, separated by nearly half the book from the section on Primitive Christianity. 47  R. Bultmann, “The Primitive Christian Kerygma and the Historical Jesus” in C.E. Braaten/R.A. Harrisville (ed.), The Historical Jesus and the Kerygmatic Christ (Nashville: Abingdon, 1964), 15–42, on p. 19. 48  See above, n. 43.

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return to the older liberals’ interest in Jesus, only here set in a neo-Reformation theological framework – unlike most post-1970 historical Jesus research. In 1964 Ernst Käsemann followed up on his July 1953 lecture commonly regarded as opening the “new quest”49 with a severe criticism of his teacher’s theology.50 He rightly related Bultmann’s Wellhausen quotation to the notorious opening sentence of his Theology of the New Testament – and protested. “The question is not whether he was a Jew or a Christian, but whether this Jew is, as the common consciousness of Christendom asserts, the pioneer and the perfecter of faith, the archetype of obedience, the New Adam and, as such, not the presupposition but the centre of the New Testament.”51 Both liberals and conservatives could welcome Käsemann’s insistence on the importance of the character and teaching of the historical figure of Jesus for Christianity, and reject the theological proposal which Bultmann had related to Wellhausen’s historical statement. Like the anti-idealist Schlatter, Käsemann insisted on the theological centrality of Jesus, and therefore the necessity of historical Jesus research, even though (against Schlatter) he was at least as sceptical as Bultmann about how much of the gospel tradition was historically reliable. His rejection of the authenticity of Mark 8:38 and Luke 12:8, vital to Bultmann’s historical construction of Jesus, weakened Jesus’ apocalyptic eschatology52 and brought his own construction closer to Renan’s, despite his eschatological interpretation of Jesus’ proclamation of God’s kingly rule. On the other hand, Käsemann’s countering Bultmann with theological propositions from Paul and Hebrews shows that it was a “biblical Christ”, a faith-image of Jesus communicated and shared by the New Testament writers and the Reformers (among others), that he advocated, not a

49  E. Käsemann, “The Problem of the Historical Jesus”, in Essays on New Testament Themes (London: SCM Press, 1964), 15–47. Among the “dialectical theologians” F. Gogarten had published Die Verkündigung Jesu Christi in 1948 (Tübingen: Mohr Siebeck, 21965), and also among Bultmann’s admirers Nils Dahl had published an article in Norwegian in 1953 given the same title as Käsemann’s. ET in C.E. Braaten/R.A. Harrisville (ed.) Kerygma and History (Nashville: Abingdon, 1962), 138–70. 50  E. Käsemann, “Blind Alleys in the ‘Jesus of History’ Controversy”, in New Testament Questions of Today (London: SCM Press 1969), 23–65. 51  E. Käsemann Questions, 42. The change from Bultmann’s “presuppositions of New Testament theology”, quoted more accurately on p. 41, does not affect the meaning. 52  E.g., Renan, Life, 91, which accepts Jesus’ eschatological expectation but contrasts it with his moral teaching. On Käsemann’s rejection of Schweitzer’s account of Jesus’ eschatology see Käsemann, Questions, 101–4 [German original 1960], 111–14 [German original 1962], 51 [German original 1964], following Essays, 44, which is more tentative. Neither Käsemann nor Bultmann nor many liberal protestants accepted Matt 10:23, which was key to Schweitzer’s construction, or Matt 19:28 which was key to E.P. Sanders’ hypothesis of Jesus’ “restoration Judaism” eschatology.

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historical construction set in opposition to the witness of the New Testament and Christian doctrine. This recovery of the theological significance of the “historical Jesus” within a neo-Reformation theology was marred by some echoes of the old negative stereotypes of Judaism, only now as a foil to the Pauline gospel of freedom rather than to the liberals’ ethical idealism.53 Like F.C. Baur, Käsemann begins his account of Jesus with the claim to authority evident in the antitheses of the Sermon on the Mount. These suggest a sharp contrast between Jesus and the law, so that whereas Jesus was “a Jew and made the assumption of Jewish piety”54 yet “he cannot be integrated into the background of the Jewish piety of his time” and “shatters this framework with his claim” which can only be called messianic.55 This historical judgment supports a Christian theological claim and reinforces it by distancing Jesus from his Jewish religious context. That negative support is historically questionable and theologically problematic. The argument that Jesus’ “fundamental critique of the Law and of the Jewish exegetical methods indissolubly connected with it” indicates his “transcendence (Überwindung) of Judaism… a break with Judaism at its decisive point”56 reflects a legitimate Christian assumption (always in need of verifying) that Jesus is in agreement with his followers rather than his opponents among his fellow-Jews, but it expresses this in a claim that seems to imply that Jesus rejected his own religion rather than engaging in prophetic criticism of it as a participant. It reads the subsequent separation of Christianity and Judaism back into the ministry of Jesus himself, as at least implicit there, and echoes both early Christian self-definition over against the synagogue and liberal protestant theologians’ need for historical Jesus research to express some of the faith enshrined for others in the christological dogma. The Christian theological interests guiding Käsemann’s historical argument became embarrassingly clear when he objected not only to Bultmann seeing Jesus “as ‘primarily’ a preacher of the law” but even to seeing him “materially (i.e. theologically) as ‘Jew’”.57 As a historical claim that second

53  That Käsemann’s concept of freedom owes nearly as much to the Enlightenment as to Luther may be inferred from the chapter “Was Jesus a ‘liberal’?” in Jesus Means Freedom (London: SCM Press, 1969), 16–41. 54  See also Käsemann, Freedom, 18: “there is no room for doubt that Jesus took the obligations of a devout Jew very seriously…”. 55  Käsemann, Essays, 38; also p. 40. 56  Käsemann, Questions, 56. Bultmann also used cognates of Käsemann’s problematic word Überwindung (“Primitive Christian Kerygma”, 19, translated there “overcome”, and even more offensively “conqueror”, a bad translation sometimes repeated in Holocaust studies). See also Essays, 41: “Jesus decisively broke through the limits of the Jewish religion”. 57  Käsemann, Questions, 55.

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objection cannot be taken seriously, least of all by Christians,58 but as a Christian theological claim to be right about Jesus it is intelligible, however misleadingly expressed. Calling Jesus “primarily the ‘evangelist’ absolutely, so far as that can be said before Easter” is perhaps better history than making him with John the Baptist “a preacher of imminent judgment”,59 but the Jewish prophet who brings glad tidings to Zion (εὐαγγελίζεσθαι) in Isa 40–61 can be called an evangelist. Foregrounding Jesus’ relationship to the law of Moses – neither the focus of his proclamation nor (against Mark 3:6) a likely cause of his death – sees the evidence through a Pauline and Reformation theological lens. Interpreting Jesus in terms of law and gospel helped Lutheran theologians express the truth they presupposed, but did little to clarify the history in terms of which they conducted their theological argument. It relates Jesus to Käsemann’s form of Christianity at some cost to historical precision and justice to Judaism. Käsemann’s judgment that Jesus did more than sharpen the law’s demands is surely right, but neither his challenge to Matthew’s moralism nor his account of Jesus’ “dialectical relationship to the law, seeking the will of God and, in pursuit of it, shattering the letter of the law”60 which related him to one view of Paul and to modern Christianity, needed the implausible support of a fundamental contrast between Jesus and Judaism. That antithesis points to the religious origin of a historical construction which was also a faith-image. Käsemann’s picture of Jesus contains shades of Schlatter who also found Jesus and Paul in essential agreement against their own Judaism. Bultmann in “The Significance of the Historical Jesus for the Theology of Paul” (1929)61 and “Jesus and Paul” (1936) made the same argument, and made it without being negative about Judaism. His conclusion that the Christian can only “go to Jesus through Paul”62 is an expression of basic Christianity. Jesus is known in faith through the witness of the New Testament. Most faithimages of him are forms of the “biblical Christ”, now often modified by historical sensitivity and study. These interpretations are shaped by scripture and share the resurrection faith perspective of the New Testament writers. In that perspective Jesus and Paul can be seen to be in essential theological agreement against most of their Jewish contemporaries and successors. That theological presupposition is secured by making sense of the history in conformity with the faith perspective. But Christians must allow that other perspectives and conclusions are also possible – and more typical of historical 58 59 60 61 62

 See above n. 12.  Käsemann, Questions, 56.  Käsemann, Essays, 38.  In R. Bultmann, Faith and Understanding 1 (London: SCM Press, 1969), 220–46.  In R. Bultmann, Existence and Faith, 239.

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research, which does not generally admit theological presuppositions, rightly fearing they might distort historical judgment. The existence of alternative portraits from different perspectives helps correct the distortions that have been common in New Testament theology. All interests and convictions are best declared, but while supernaturalist explanations are incompatible with historical research, religious belief is not. A believer’s perspective on Christian origins can therefore be admitted alongside others. Believers have reached defensible historical conclusions which are compatible with their beliefs about Jesus – and have sometimes done so without being tendentious about the Judaism which rejects these beliefs. Religious convictions are likely to affect people’s historical perspective on their religion and, especially where evidence is scant, this may legitimately influence some historical judgments. Since these remain subject to the evidence, however, that can happen only where the probabilities are finely balanced. Like the New Testament theologians Schlatter and Bultmann, Käsemann resisted the liberal protestant reduction of the gospel to the historical Jesus. He imagined the historical figure from the perspective of a resurrection faith partly shaped by Paul: Jesus did not come to proclaim general religious or moral truths, but to tell of the basileia that had dawned and of how God was come near to man in grace and demand. He brought, and lived out, the liberty of the children of God, who only remain the Father’s children and only remain free so long as they find in this Father their Lord.63

The history of Jesus is seen from a perspective influenced by Rom. 8 and harbours a theological belief while remaining historically credible. The history is simultaneously a faith-image and, because it is both, its combination of historical construction and personal faith-image can be questioned at both the historical and the religious level.64 Like Schlatter’s it echoes the evangelists’ “theological anti-Judaism” in language that is more the expression of the fundamental Christian theological disagreement with Judaism than historical description. Paul’s gospel of freedom and the Spirit may have been true to how Jesus acted, and the law-free Gentile mission appropriate, but the polemic of Galatians is no guide to how Jesus regarded his Judaism. There can be no objection to theologians discussing the 63  Käsemann, Essays, 45. Cf. p. 44: “the basileia breaks through on earth in the word of Jesus, setting a person in its presence and calling for a decision between obedience and disobedience” (altering translation). This is close to Bultmann in Jesus and the Word, 44, suggesting that in 1926 and 1936 (above, nn. 43 and 44) Bultmann was more traditional than in 1948, 1949 and 1959 when he distanced the historical Jesus from Christianity. 64  For some English examples of historical Jesus research being influenced by faithimages as these seek to correspond to the history, see R. Morgan/P. Moule (ed.) Christ Alive and at Large. Unpublished Writings of C.F.D. Moule (Norwich: Canterbury Press, 2010), 65–78.

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historical figure of Jesus in their own theological terms, but what they say must fit the historical data. The law-gospel dialectic has enough traction in the gospels to merit consideration in historical Jesus research, but in this context “law” loses the negatives it has in Galatians. Even for Paul God’s law is not superseded, however much of it never applied to Gentiles and though Christians understand it afresh in the light of Jesus and the ambiguities of the gospel tradition. This discussion of Käsemann’s New Testament theology illustrates the persistence, legitimacy and dangers inherent in the “liberal protestant Jesus”, where historical Jesus research houses some of the faith-images in which Jesus “belongs to” Christianity as clearly as he also belongs to the history of Judaism. The liberal protestant “quest”, now engaged in also by some Roman Catholics and evangelicals, is guided by religious imperatives. Knowing Jesus in faith implies an interest in the historical truth about him, and believers moved to investigate this have been joined by “less committed” historians and some who “know not the Lord Jesus, or who love him not”.65 The intellectual legitimacy of their religious perspective is conditional on all its constructions being open to correction in the light of further historical research. Improvements are always possible, but it is not clear that a further 50 years’ study of the gospel tradition and the context of Jesus in Palestinian Judaism has settled any of the major questions posed by earlier historical Jesus research. We expect more historical contextualization now, but early Judaism offers many possible contexts and the New Testament evidence remains open to different assessments and interpretations. Both Käsemann’s Christian understanding of Jesus the Jew, and the more detailed proposals of Vermes and Sanders which build hypotheses about Jesus out of their superior knowledge of Second Temple Judaism, include intuitions necessitated by the shortage of reliable evidence. The evidence permits conflicting historical constructions and theological evaluations of Jesus, and authors’ different perspectives affect their perceptions. When liberal protestant historians thought they could present “the real Jesus” rather than one possibility among others66 they perpetuated theological anti-Judaism by inferring and implying that historical Jesus research which related him positively to Christianity must separate him from the Judaism that rejected Christian interpretations. But too much is asked of history when it is expected to adjudicate between Christian and non-Christian interpretations of the historical figure. Recognizing that all we have are fragile historical constructions which we think can be defended as 65  See above, nn. 33 and 14. 66  On this problem see J. van der Watt (ed.) The Quest for the Real Jesus (Leiden: Brill, 2013).

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corresponding to that largely inaccessible past, allows us to acknowledge other possibilities and avoid claiming finality for our own. Disagreement was inevitable when the quest was initiated by critics of orthodox Christianity, and then dominated by theologians with their varying religious interests. The welcome diversity of standpoints today still harbours different religious and anti-religious interests but historians can now declare these and be seen to hold them in check. Some Christians want to maximize the overlap between their historical judgments and their faith-images but even they can acknowledge that the latter go beyond what can be shown to be historically probable. Material such as Jesus’ words from the cross, for example, contributes to most Christian faith-images regardless of the textual evidence for Luke 23:34 or negative judgments about their historicity. Traditionalists draw also on centuries of Christian experience and are guided by doctrinal norms. Modernists also draw on more than history and are guided by some sense of the religion (its “essence”), though less controlled by doctrine or a magisterium. The conversation between them continues. There is nothing in the historically credible traditions about Jesus that is damaging to the Judaism of which he was a part, whatever criticisms he made of individuals and parties. But discounting some swashbuckling vocabulary, Käsemann’s view of Jesus can be defended as being not simply a historian’s Jesus, but a faith-image moulded into a credible historical construction. Traditional Christians can argue (as Schlatter did) that liberal protestantism yielded too much to modernity when it made the secular historian’s Jesus its norm and denied resurrection faith legitimacy in shaping any historian’s perspective on the evidence. Most believers start with a “biblical Christ”. This picture is modified in some faith-images as a result of historical Jesus research. Including more biblical material in faith-images than in a historian’s Jesus can be justified in different ways. The traditionalists assume that on the whole Jesus’ followers came to understand him correctly, and that therefore their development of the gospel tradition can probably be trusted to throw some light on the historical figure who is their (and their successors’) crucified and risen Lord, even though the early churches’ circumstances and needs have influenced their portraits and need to be scrutinized critically. Our paradigmatic modernist Renan also argued that although little can be known for certain, the history of Jesus may well have been as he suggested.67 Other lives of Jesus filled the gaps in the evidence with suppositions about Jesus’ mental states without acknowledging how speculative they were. Both types craft a (more or less) credible Jesus by showing that their faith-images are rooted in and controlled by what can be known by historical research. 67

 See above n. 22.

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They therefore need both convergence and overlap between their faithimages and their historian’s Jesus. When these different types of construction are distinguished, Christian theological disagreement with Judaism is less likely to fuel historical misrepresentation, and Christian veneration of Jesus the first-century Jew more likely to value the “Judaism to which he was attached with all his heart”.68 That is not to deny the challenge that he represented to the Judaisms of his day or the unresolved disagreement about him. The historical evidence does not and never could enable anyone to say who was more right about Jesus and so about God, but it allows his modern followers both to make a case that his first followers remained true to the central thrust of his ministry and teaching when they interpreted him in the light of their subsequent experiences, and also to acknowledge that others have not been impressed by what they see of Christianity and read the evidence about Jesus differently. In resisting the claims of Jesus’ followers, the Jewish leadership was also consistent in judging him an inauthentic representative of their religion, belonging to it historically but (in their view) theologically deviant. The different judgments permitted by the evidence are made largely on the basis of other considerations and inspirations. Those whose perceptions of Jesus are shaped first by the “biblical Christ” and only then tempered by historical study cannot expect that study to confirm the truth of their own religious standpoint at the expense of another’s, but they can expect it to do something more important for Christianity. The steady erosion of faith-images by historical study which tends to distance Jesus from Christianity can be countered by a New Testament theology which analyses the historical evidence from a perspective shared with the New Testament writers. This will suggest correspondences between Jesus and early and later christologies. We conclude (leaving aside traces outside religion) that Jesus belongs both to Jewish history and to the Christian religious imagination. The latter claims religious and metaphysical truth. Since it refers to a historical figure it can be guided and for doctrinal purposes made subject to some control by historical study, and so be protected against denigrating Jesus’ own religion.

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 See above n. 1.

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Die Exorzismen Jesu als Testfall für die historische Rückfrage Die Herausforderung des linguistic turn als Chance für die exegetische Wissenschaft

„Das wahre Faktum steht nicht in den Quellen“ – mit dieser Erkenntnis, verdichtet im zitierten Diktum,1 hat Johann Gustav Droysen ab 1857 einen Erdrutsch in den Geschichtswissenschaften ausgelöst, der wie eine Mure zwar nur langsam und unmerklich in Gang gekommen ist, aber gut hundert Jahre später mit einem neuen Schub das gesamte Gelände verändert hat. Wir sprechen vom linguistic turn.2 Waren die Vertreter des Historismus davon überzeugt, die nackten Tatsachen der Geschichte eruieren zu können, hat Droysen mit der von ihm entwickelten Historik auf die unumgängliche Konstruktivitätsarbeit jeglicher Geschichtsschreibung hingewiesen. Als facta ficta hat Friedrich Nietzsche schon 1881 verspottet, was Historiker gewöhnlich als pura facta ausgeben, obwohl es sich um „Meinungen über vermeintliche Handlungen und deren vermeintliche Motive [handelt], welche wieder Anlaß zu Meinungen und Handlungen geben, deren Realität sofort wieder verdampft und nur als Dampf wirkt“.3 Auf breiter Front wird dieser Ansatz in den späten 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts radikalisiert:4 Erst durch die Sprache werden Ereignisse und Geschehnisse überhaupt in den Bereich des tatsächlich Wahrgenommenen eingereiht.5 Darin besteht der kleinste gemeinsame Nenner all jener epistemologischen Positionen, deren Vorstoß gewöhnlich unter dem Sammelbegriff linguistic turn gefasst wird. Ereignisse im chaotischen, amorphen Strom der Zeit werden erst dadurch zu „historischen Fakten“, dass sie ausgesondert und in einen größeren Zu1  Droysen, Texte, 82. 2 ��������������������������������������������������������������������������������  Ab 1967 wurde dieser Begriff in Umlauf gebracht durch den von Rorty herausgegebenen Sammelband „The Lingustic Turn“ (Rorty, Turn). 3  Nietzsche, Morgenröte, Nr. 307. 4  Für diese Jahre setzt Jordan, Theorien, den entscheidenden Epochenwechsel in der deutschen Geschichtswissenschaft an – und nicht in den Wechseljahren der deutschen Geschichte 1945 bzw. 1989/90. 5  Vgl. die Darstellungen von Sarasin, Geschichtswissenschaft, 11–30; Goertz, Geschichte, 10–31; Oexle, Fakten; Todt, Turn.

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sammenhang eingeordnet werden.6 Insofern ist tatsächlich von einem factum im ursprünglichen Sinn des Wortes als etwas „Geschaffenem“ zu sprechen.7 Es ist der Historiker, der im Nachhinein gemäß seinen Suchkriterien und Ordnungskategorien8 einzelne Begebenheiten, von denen er in den Quellen liest, in Kausalketten verknüpft, ja vielleicht die Kausalketten sogar anders setzt als sie die Quellen vorgeben, die im Übrigen ihrerseits schon auswählen, hervorheben und bestimmte Zusammenhänge generieren. Ob man deswegen gleich die Zunft der Historiker den „Dichtern“ zurechnen sollte,9 steht auf einem anderen Blatt. Immerhin versuchen in den Spuren von G. Genette Vertreter der Erzählforschung mit dem Terminus „Wirklichkeitserzählungen“ den Referenzpunkt auch fiktionaler Erzählungen in der Wirklichkeit zu retten, indem sie die gegenseitige Verflechtung von faktualen und fiktionalen Elementen herausstellen – ganz im Gegensatz zur klaren Trennung bei Aristoteles, der seinerseits den Dichtern die Möglichkeitsdarstellung, den Historikern die faktische Darstellung zugewiesen, aber gerade den dichterischen fiktiven Erzählungen den höheren Stellenwert zugesprochen hat (Aristoteles, poet. 9). Mit gewisser Verspätung ist der Tatsachen-Erdrutsch auch in der exegetischen Wissenschaft angekommen. Besonders erfasst hat er das Feld der Jesusforschung. Just zu einem Augenblick, als das zu Recht umstrittene Käsemannsche Differenzkriterium im von G. Theißen/D. Winter entwickel­ ten Plausibilitätskriterium eine abgewogene und zugleich methodisch scharfe Ablösung gefunden hatte,10 tauchte am Horizont als neues Paradigma – zunächst unter dem Einfluss der Gedächtnisforschung – der „erinnerte Jesus“ auf.11 Die Impulse der neueren geschichtstheoretischen Debatten für die exegetische Arbeit aufzugreifen, dafür macht sich insbesondere J. Schröter stark. Im Blick auf unsere neutestamentlichen Quellentexte hält er fest: Sie „konstruieren […] vergangene Wirklichkeit so, dass sie für die eigene 6  Vgl. die scharfe Formulierung von White, Historicism, 55: „The fact is presented where and how it is in the discourse in order to sanction the interpretation to which it is meant to contribute.“ Carr, Geschichte, 30, unterscheidet zwischen einer bloßen und einer historischen Tatsache. 7  Im Sinn des Partizips Passiv Perfekt von facere; vgl. Brendecke, Tatsache. 8  Zu den Kategorien von H. White vgl. Häfner, Konstruktion; zu den Produktionsbedingungen der „historischen Operation“ von M. de Certeau vgl. Strecker, Gewesene, 125f. 9  Vgl. Stolleis, Rechtsgeschichte, 16.27. 10  Theissen/Winter, Kriterienfrage. 11  Schröter, Erinnerung; Dunn, Jesus. Wenn Keith, Memory, ein erklärter Vertreter des „Jesus-Memory Approach“, als Ergebnis hinsichtlich der unterschiedlichen Erzählungen vom Aufenthalt Jesu in seiner Vaterstadt in Mk 6,1–6 und Lk 4,16–30 festhält: „I posit a historical Jesus capable of producing this particular contradictory history-of-effects“ (175f), dann wird weder die Komplexität der Erinnerungskategorie ernstgenommen, geschweige denn die neuere geschichtstheoretische Debatte berücksichtigt.

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Die Exorzismen Jesu als Testfall für die historische Rückfrage

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Gegenwart Bedeutung erlangt“12. An konkreten Umsetzungen jedoch fehlt es, geschweige denn an einer nachvollziehbaren Methodik. Dazu möchte ich einen Beitrag leisten. Ich versuche, das klassische Modell der Rückfrage in der Perspektive des linguistic turn durchzuführen (Kapitel 1–3), wobei sich Konsequenzen im Blick auf die „Wahrheitsfrage“ ergeben (Kapitel 4), die neu nach der Rolle der Exegese fragen lassen (Kapitel 5). Ich wähle als Beispiel die Exorzismen Jesu in der synoptischen Tradition und stelle in den Vordergrund der Analyse die Spruchtradition.

1. Das Thema der Exorzismen Jesu in der synoptischen Tradition Von Exorzismen Jesu ist sowohl in der Spruch- als auch in der Erzähltradition der Synoptiker die Rede. Die Spruchtradition wird innerhalb erweiterter Apophthegmen überliefert (Mk 3,22–30; Mt 12,22–32; Lk 11,14– 23), die Erzähltradition im Rahmen von Wundergeschichten (Mk 1,21–28; 5,1–20; 9,14–29 par). In der Spruchtradition wird über die Exorzismen Jesu gesprochen, die Wundergeschichten erzählen jeweils den Vorgang. In den Apophthegmen verteidigt sich Jesus gegen den sogenannten Beelzebulvorwurf, der in allen drei Evangelien nahezu gleichlautend überliefert wird. Während Jesus gemäß der traditio triplex darauf mit den Sprüchen vom Königreich/Haus sowie vom Starken reagiert, finden sich in der traditio duplex, also nur bei Matthäus und Lukas, nicht dagegen bei Markus, die Sprüche von den Söhnen sowie vom Erscheinen der Gottesherrschaft. Entsprechend parallel ist bei Matthäus und Lukas eine knappstens gefasste Exorzismuserzählung sozusagen als materiales Anschauungsobjekt vorangestellt und es folgt, ebenfalls nur bei Matthäus und Lukas, der Spruch „Wer nicht mit mir ist …“, während der markinische Klammerabschluss (V. 30: „Denn sie sagten: Er hat einen unreinen Geist“), der den weiteren, nur bei Markus zu lesenden Vorwurf „Beelzebul hat er“ aufgreift, sowohl bei Matthäus als auch bei Lukas fehlt (s. Tabelle).

12

 Schröter, Wissenschaft, 864.

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Mk 3,22–30

Mt 12,22–32

Lk 11,14–23

Erzählrahmen

---

Exorzismus (22f)

Exorzismus (14)

Gesprächspartner

Er ist außer sich! (21) Beelzebul hat er! Im Herrscher der Dämonen … (22)

----In Beelzebul … (24)

----In Beelzebul … (15)

Jesus

Königreich/Haus (24f)

Königreich/Haus (25)

Königreich/Haus (17)

---

Söhne (27) Gottesherrschaft (28)

Söhne (19) Gottesherrschaft (20)

Starker (27)

Starker (29)

Starker (21f)

---

Mit mir/gegen mich (30)

Mit mir/gegen mich (23)

Blasphemie (28f)

Blasphemie (31f)

---

Er hat einen unreinen Geist (30)

---

---

Erzählrahmen

Gemäß einer in weiten Teilen der Forschung geteilten Überzeugung handelt es sich bei den Sprüchen, die Matthäus und Lukas übereinstimmend gegen Markus bieten, um Q-Traditionen.13 Es liegt also im Kern eine Dublette vor, die mit jeweils anderen Sprüchen auf den sachlich gleichen Vorwurf reagiert. Nachdem die beiden nur bei Matthäus und Lukas überlieferten Verteidigungssprüche von den Söhnen und der Gottesherrschaft sowohl in ihrer Semantik als auch in ihrer Argumentationsstruktur den Beelzebulvorwurf unmittelbar aufgreifen, indem sie gleichermaßen vom „Hinauswerfen der Dämonen“ sprechen, möchte ich an diesem Punkt ansetzen – und danach fragen, was dieses Idiom in der Wissens-Enzyklopädie der Ersthörer bedeutet hat. Noch grundsätzlicher: Gemäß der historischen Diskursanalyse hebt der Signifikant „Dämonen hinauswerfen“ ein bestimmtes Alltagsphänomen (Signifikat) in das Realitätsbewusstsein.14 Im entsprechenden antiken Zeichensystem haben wir also die sprachliche Referenz auf ein Alltagsphänomen vorliegen. Allerdings wird diese Referenz in den Sprüchen unterschiedlich bewertet bzw. zugeordnet. Während die Gegner behaupten, Jesus werfe die Dämonen „in Beelzebul“ hinaus, beharrt er selbst darauf, es geschehe „im Finger/Geist Gottes“. Um den Aussagegehalt und die Funktion dieser Behauptungen 13  Vgl. Fleddermann, Reconstruction, 475–515, sowie die exzellente Analyse von MiExorcist, die für eine eigenständige traditionsgeschichtliche Zusammengehörigkeit des Beelzebulvorwurfs mit Q 11,19f als Reaktion darauf plädiert (191). Auch wenn man diese Überzeugungen nicht teilt, können die genannten Sprüche auf Grund des Überlieferungstatbestands – unabhängig von der Erklärung des Traditionswegs – für sich ins Auge gefasst werden. 14  Vgl. Sarasin, Geschichtswissenschaft, 35f, mit Bezug auf Foucault. Zum methodischen Vorgehen vgl. Landwehr, Geschichte. quel,

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eruieren zu können, werde ich in einem ersten Analyseschritt die Semantik in historischer Perspektive untersuchen, um auf die Vorstellungs- bzw. Diskursfelder zu stoßen, die damit aufgerufen werden.

2. Die Semantik in historischer Perspektive 2.1 Dämonen austreiben Mit „Dämonen austreiben“ wird in der griechisch-römischen Antike auf ein Alltagsphänomen verwiesen: auf den Versuch, die gestörte Ordnung in einem Menschen wieder ins Lot zu bringen. Unter Dämonen stellt man sich (unsichtbare) Herrscher vor, die in einen Menschen „einfahren“ und ihm dann wie einem Sklaven auch gegen seinen Willen Befehle erteilen können, die auszuführen er sich nicht wehren kann. Seine Eigenverfügbarkeit ist ausgeschaltet, so dass sich der betreffende Mensch von einem anderen gesteuert sieht. Das kann nicht nur sein Verhalten, sondern sogar seinen ganzen Organismus durcheinanderbringen. Entsprechende Symptome können nicht nur eine im Klang veränderte Stimme sein, sondern sogar der Gebrauch einer Sprache, die der betreffende Mensch eigentlich gar nicht beherrscht. Die „Besessenheit“ kann sich aber auch ganz einfach im Niesen zeigen, im Fieber – bis hin zu epileptischen Anfällen.15 Anders gesagt: Es sind diese anormalen Phänomene, die vom Umfeld des Betroffenen auf einen dämonischen „Besatzer“ zurückgeführt werden. Um einen solchen Dämon wieder auszutreiben, ist ein Spezialist nötig: Er muss den Kampf mit dem Dämon aufnehmen, ihn in seine Gewalt zu bringen versuchen, so dass er ihn binden und ihn heilige Eide schwören lassen kann, mit denen der Dämon verspricht, dass er aus dem Menschen ausfährt und nie mehr in ihn zurückkehrt. Um diese Übermacht herstellen zu können, braucht der Exorzist jedoch mächtige Verbündete. Dazu ruft er Gottheiten herbei, die ihn unterstützen sollen und mit denen er vor dem Dämon eine Drohkulisse aufbauen kann. Entsprechende zu Ritualen ausgebaute Anweisungen sind in den Zauberpapyri gesammelt.16 Gelegentliche Erzähltexte belegen das Allgemeinwissen

15  Vgl. die Phänomene, die in der hippokratischen Schrift De morbo sacro 1 genannt werden. Während „Magier“ sie als von Göttern bzw. von Dämonen verursacht sehen, erklärt die Schrift sie als Funktionsstörung des Gehirns (ebd., 7). Weiteres Material bei Ebner, Jesus, 104–107. 16  Vgl. die ausführliche Dokumentation bei Twelftree, Jesus, 69–74.

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von solchen exorzistischen Ritualen.17 Auffällig ist, dass große Teile des exorzistischen Materials jüdischer Provenienz sind bzw. jüdisches (und christliches) Ambiente aufweisen.18 Die zunächst im Fokus stehenden Sprüche aus Matthäus und Lukas greifen in sprachlich knappster Form die Grundstruktur des Exorzismusrituals auf und benennen mit ἐν jeweils die Macht, die Jesus zu Hilfe ruft, um sich der Dämonen zu bemächtigen, d.h. sie zu überwinden und dann hinauszuwerfen. Alle drei Sprüche gehen davon aus, dass Jesus bzw. die Söhne der Gesprächspartner das Ritual mit Erfolg durchführen. Fraglich ist dagegen die göttliche Macht, mit deren Hilfe das jeweils getan wird. Behaupten die Gesprächspartner, Jesus stehe im Bündnis mit Beelzebul, hält er dagegen, bei ihm sei der „Finger/Geist Gottes“ am Werk – und fragt zurück, welcher Macht sich eigentlich die Söhne der Gesprächspartner bedienen. Wer aber ist „Beelzebul“ und was wird damit behauptet? Welche Diskursverflechtung wird also mit „Beelzebul“ angestoßen?

2.2 Beelzebul Die vielen Theorien zur Identifizierung von „Beelzebul“ sollen hier nicht wiederholt werden. Sie reichen vom „Mistgott“ mit Assoziationen zum Götzendienst19 über den Stadtgott von Ekron, dessen Name in 2Kön 1,2 bereits als „Beelzebub“ (Fliegengott) verhöhnt wird, bis hin zum „Herrscher der Unterweltsgeister“, sind also völlig kongruent mit der „Übersetzung“ des Namens in Q, sofern „zebul“ als Epitheton für Baal aufgefasst wird, was in ugaritischen Texten Baal als Herrscher über die Unterwelt kennzeichnen kann.20 Welcher Deutung auch immer man den Vorzug gibt, eines bleibt gleich: Beelzebul ist ein Fremdgott. Das heißt aber: Jesus wird vorgeworfen, er hole für seine gelingenden Dämonenaustreibungen nicht den einzigen Gott Israels zu Hilfe, sondern irgendeinen Fremdgott. Er betreibt nicht nur Glaubensabfall, sondern täuscht auch noch das Publikum. Er spielt ihm etwas vor – und hat selbst den größten Gewinn dabei, nämlich Anerkennung und Respekt als erfolgreicher Exorzist. Und dabei sind seine scheinbaren Wohltaten eigentlich nur zum Nachteil für sein eigenes Volk: Er unterstellt es einem fremden Gott. Er scheint Menschen 17  Vgl. etwa Lukian, philops. 16, wo von einem bekannten „Syrer aus Palästina“ gesprochen wird, der auf dem Gebiet des Exorzismus ein Experte sei. Vgl. zur Sammlung und Auswertung des Materials auch Trunk, Heiler, 242–428. 18  So die Auswertung des Materials durch Twelftree, Jesus, 78. Für die Qumranschriften vgl. 4Q560; 11Q5. 19  Bill. I, 632. 20  Herrmann, Zebub.

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von Fremdherrschern zu befreien, aber er unterwirft sie erst recht einem fremden Herrscher, mit dem er sich verbündet hat. Ein derartiger Vorgang, sich zum eigenen Vorteil mit spirituellen Mächten zum Schaden für andere zu verbünden, fällt in der Antike in die Rubrik „Magie“. Und dabei wird von einem normierten Ordnungsschema aus gedacht: Alles, was nicht im Rahmen und durch die Legitimation der etablierten Religion geschieht, ist Magie.21 Die Rituale auf beiden Seiten können durchaus gleich sein; die Spezialisten können sich der gleichen Rezeptbücher bedienen22 – es ist die Anerkennung bzw. Nichtanerkennung der Personen, die die Rituale ausführen, die den einen zum Priester, den anderen zum Magier stempeln. Zwei Beispiele dafür aus dem Werk des jüdischen Historikers Josephus: (1) Bezeichnend ist die Paraphrase von Ex 7f vom Wettstreit zwischen Mose und den ägyptischen Weisen vor dem Pharao in Ant II 281–287. Gemäß Josephus befiehlt der Pharao, dass seine Leute die gleichen Schauwunder sehen lassen, wie sie ihm Mose vorgeführt hat. Während er aber Mose Zauberei und Magie (τερατουργία/μαγεία: 284) unterstellt, durch die Ungebildete geblendet werden sollen, spricht er im Blick auf seine eigenen Leute von „Priestern“ und „Weisen“, die über entsprechendes „Wissen“ (ἐπιστήμη) verfügen. Mose wehrt sich, bezichtigt seinerseits die ägyptischen Kollegen der Magie (μαγεία/τέχνη: 286) und behauptet für seine Künste eine Qualitätsdifferenz, die in Analogie zum Unterschied zwischen göttlichen und menschlichen Werken stehe. Als Beleg dafür, dass ausschließlich seine Werke durch Gottes Vorsehung und Kraft geschehen und, anders als das „Menschenwerk“ der Ägypter, weder Betrug noch Gaukeleien sind, will er – im Unterschied zur alttestamentlichen Vorlage – die anschließende Aktion verstanden wissen, in der sein in eine Schlange verwandelter Stab die zu Schlangen verwandelten Stäbe der Ägypter auffrisst. (2) Umgekehrt erzählt Josephus in Ant VIII 47f von einem jüdischen Exorzisten namens Eleazar, dessen Ritual eher einer Zirkusnummer gleicht und eigentlich höchst verdächtig erscheinen müsste: angefangen bei den gemäß Dtn 18,10–12 streng verbotenen Zaubersprüchen (ἐπῳδαί) über einen magischen Fingerring bis hin zu einer Versuchsanordnung, die die „Ausfahrt“ des Dämons geradezu empirisch vor Augen führen soll. Trotzdem wird dieser scheinbare Magier von Josephus „gedeckt“, und zwar indem er in die jüdische Tradition eingebunden wird: Josephus lässt ihn den Namen 21  Ich folge hier einem systemischen Zugang; vgl. Bremmer, Magic, 349f; zu unterschiedlichen Definitionszugängen vgl. Graf, Gottesnähe,19–21. 22  Ein Beispiel: Kaiser Tiberius hat dem Drusus Libo wegen seines Umgangs mit Chaldäern, Magiern und Traumdeutern den Prozess gemacht (Tacitus, Ann. II 27–32), dabei hat er sich selbst die scientia Chaldaeorum artis angeeignet (Ann. VI 20f). Der Unterschied: Libo soll sein Wissen für einen Staatsumsturz genutzt haben! Vgl. Fögen, Enteignung, 96–106.

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des Königs Salomo erwähnen, unter dem Siegel seines Rings identifiziert er eine jener Wurzeln, auf die ebenfalls der jüdische König hingewiesen haben soll, und Josephus lässt schließlich sogar die Zaubersprüche des Eleazar von Salomo verfasst sein, wie er absichtsvoll kommentierend hinzufügt. Warum diese „Deckung“? Vermutlich wegen des Publikums: Es ist das flavische Kaiserhaus, vor dessen Augen der jüdische Exorzist seine Kunststücke zeigt. Als jüdischer Exorzist beweist dieser „Magier“ vor den Römern die noch immer ungebrochene Macht des jüdischen Gottes, die mit der militärischen Niederzwingung Palästinas keineswegs zu Ende ist, wie die gelungene Dämonenaustreibung beweist. Anders gesagt: Weil Eleazar für die Sache des Judentums „gebraucht“ werden kann, wird er autoritativ durch die Tradition gedeckt – und kann gar nicht anders als salomonische Formeln sprechen.23 Ob jemand Magie treibt oder in der Tradition der etablierten Religion agiert, entscheidet sich daran, ob er von den Vertretern der etablierten Religion als religiöser Spezialist anerkannt wird oder nicht; kurz: ob er als Vertreter der eigenen Interessen gesehen werden kann – ganz unabhängig davon, wie das vollzogene Ritual im Einzelnen tatsächlich aussieht. Insofern macht es auch im Fall Jesu wenig Sinn, nach dem materialen Anhaltspunkt für den Magievorwurf zu fragen, also: welche Zaubersprüche gesprochen und welche Utensilien verwendet werden, ob Jesus wirklich Beelzebul angerufen hat usw. Weiterführend ist vielmehr die Frage nach der Funktion eines Magievorwurfs: Sie besteht darin, missliebige Personen, die durch ihr Verhalten die etablierte Ordnung in Frage stellen oder stören, die Erfolg haben und Aufmerksamkeit auf sich ziehen, obwohl sie nicht die Mainstream-Richtung vertreten, schachmatt zu setzen. So ist es im Fall des fleißigen Emporkömmlings C. Furius Cresimus in Rom, der von allen wegen seiner reichen Erträge beneidet und von der alteingesessenen Oberschicht deshalb der Magie bezichtigt wird: er habe fremde Früchte auf seinen eigenen Acker gezaubert (Plinius, nat. hist. XVIII 41–43). Nicht anders im Fall des Apuleius, dem es als Fremdem gelingt, eine steinreiche ortsansässige Witwe in Oeta zur Heirat zu bewegen, während die Einheimischen das Nachsehen haben. Sie bezichtigen ihn der Magie.24 Summa: Durch die Behauptung des Bündnisses mit Beelzebul wird gegen Jesus der Magievorwurf erhoben.25 Seine exorzistischen Erfolge werden damit negativ etikettiert. Dabei ist es müßig zu fragen, ob Jesus wirklich „Beelzebul“ angerufen hat oder nicht; welche Rituale er eingesetzt hat – oder ob es überhaupt Rituale gab. Entscheidend ist: Mit dem Beelzebulvorwurf 23  Vgl. Ebner, Jesus, 108–112; Deines, Josephus. 24  Zur Analyse vgl. Graf, Gottesnähe, 58–82. 25  Diese Einordnung scheint sich durchzusetzen; vgl. Twelftree, Jesus, 58: „Although it has not always been so, the importance of ancient magic in helping to understand the exorcisms of Jesus is increasingly agreed.“

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wird ein autoritatives Signal gegen Jesus gesetzt, das einer Warnung vor ihm gleichkommt. Wir stoßen also in das Diskursfeld von Anerkennung bzw. Nichtanerkennung erfolgreicher religiöser Spezialisten.

2.3 Gottesherrschaft Die Vorstellung vom „Erscheinen der Gottesherrschaft“, die in Q 11,20 von Jesus mit seinen Dämonenaustreibungen in Verbindung gebracht wird, führt uns in das Diskursfeld der Apokalyptik, also in eine elaborierte Geschichtstheologie. In ihrer Grundstruktur geht sie von drei Phasen aus, die in einer strengen, durch bestimmte Signale gekennzeichneten Abfolge stehen: Der gegenwärtig laufenden Geschichte wird durch das machtvolle Eingreifen Gottes ein Ende gesetzt, wobei es zu einer Scheidung kommt, als deren Ergebnis nur die Gotttreuen den Zugang in die Neue Welt, eben die Gottesherrschaft erhalten. Für alle Menschen wahrnehmbare Signale für das endzeitliche und endgültige Eingreifen Gottes sind kosmische Katastrophen als Vorboten des Gerichtes. Das definitive Signal für die Wende lässt Gott nur seine Auserwählten, eben die Apokalyptiker, visionär schauen: den Himmelskampf zwischen göttlichem und satanischem Heer. Dessen Ausgang, so die Überzeugung der Apokalyptiker, prädestiniert auch das Geschehen auf Erden. Der himmlischen Vernichtung Satans und seines Heeres wird auch die irdische Vernichtung seiner Gefolgsleute, eben der ihm unterstellten Dämonen, folgen. Dieses Dreiphasenmodell, das durch das „Vorspiel im Himmel“ präjudiziert wird, lässt sich z.B. in Dan 10–12 finden oder in Apk 12; vom Ende Satans als definitorischem Beginn der Gottesherrschaft spricht etwa AssMos 10,1; nicht zu vergessen schließlich die visionäre Schau der himmlischen Vernichtung Satans in Lk 10,18.26 Mit der Aussage von Q 11,20 werden die Dämonenaustreibungen Jesu in den Zusammenhang dieser apokalyptischen Geschichtstheologie gestellt. Damit werden sie nicht nur im Rahmen eines bestimmten Diskursfeldes verstanden, wie das beim Beelzebulvorwurf der Fall ist (Kapitel 2.2), sondern explizit sogar einem Deutungsraster für Geschichte zugeordnet. Von der Folie des übergreifenden Geschichtsplanes her fällt zugleich neues Licht auf die einzelnen Komponenten: Dämonen sind nicht nur einfach Krankheitserreger, sondern Systemträger. Als Glieder des irdischen Heeres Satans steht und fällt ihre Potenz mit dem Ausgang des Himmelskampfes. Umgekehrt zeigen gelungene Dämonenaustreibungen nicht einfach die Macht (eines) 26  Vgl. Theobald, Satan; Müller, Heilsverkündigung. Zur Apokalyptikdebatte vgl. Becker/Öhler, Apokalyptik; Bedenbender, Gott; immer noch hilfreich: Müller, Apokalyptik, bes. 130–136.

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Gottes, sondern signalisieren eine bestimmte Phase des Geschichtsplans: eben die Zeit nach dem himmlisches Entscheidungskampf. Auf der Grundlage der Analyse der historischen Semantik sowie der dadurch angestoßenen Diskursfelder kann nun eine (historische) Kommunikationssituation (re)konstruiert werden.

3. (Re)Konstruktion einer historischen Kommunikationssituation Auf bestimmte Tätigkeiten Jesu, die als „Dämonenaustreibungen“ klassifiziert werden, gibt es negative Reaktionen: nicht auf die Phänomene an sich, sondern auf die angeblich die Exorzismen bewirkende Macht. Durch den Verweis auf „Beelzebul“ werden Jesu Handlungen als Magie gekennzeichnet: Jesus wird gebrandmarkt, sich außerhalb seiner Volksgemeinschaft zu stellen. Er hat mit Fremdgöttern Kontakt. Er spielt etwas vor, täuscht die Menschen. Indirekt wird vor ihm gewarnt: Man soll ihm nicht in die Fänge gehen, gerade wenn man scheinbar selbst Gewinn davon hat. Gemäß der Q-Tradition wehrt sich Jesus in unterschiedlicher Intensität gegen diesen Vorwurf. Im Spruch von den Söhnen (Q 11,19) dadurch, dass er eine entstandene Konkurrenzsituation zur Sprache bringt – und den einheimischen Exorzisten, deren Handlungen scheinbar nicht hinterfragt werden, den gleichen Vorwurf unterstellt: „Wenn ich in Beelzebul die Dämonen austreibe, in wem treiben sie dann eure Söhne aus?“ Diese Rückfrage greift allerdings nur unter zwei Voraussetzungen: (a) wenn die empirische Basis für den Vorwurf gegen Jesus dünn ist, d.h. wenn eigentlich niemand unter den Gegnern sein Ritual beobachtet hat und mit Sicherheit belegen kann, dass er tatsächlich Beelzebul zu Hilfe ruft; und (b) wenn Jesus davon ausgehen kann, dass seine Gegner es für selbstverständlich halten, „ihre“ Exorzisten würden die Dämonen im Namen Jahwes austreiben, also etwa so, wie sich das auch Josephus für Eleazar vorstellt (Kapitel 2.2). Die im Spruch Q 11,19 angedeutete Kommunikationssituation wirft außerdem Licht auf die Gesprächspartner, also auf die eigentlichen Gegner Jesu: Es scheinen die Väter jener Söhne zu sein, mit denen Jesus verglichen und auf eine Stufe gestellt werden möchte. Die Gesprächspartner sind also eine Generation älter; zu denken wäre etwa an Dorfälteste. Sie warnen vor Jesus. Erst in einem zweiten Schritt, nämlich im Logion Q 11,20, kommt positiv zum Vorschein, wie Jesus seine eigenen Handlungen einordnet und qualifiziert. Und dabei geht er noch ein ganzes Stück über die Gleichstellung mit den „Söhnen“ hinaus. Er ordnet die Dämonenaustreibungen dem Erscheinen des Reiches Gottes zu: als sichtbare Zeichen für dessen Präsenz.

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Man kann den Spruch vom „Erscheinen der Gottesherrschaft“ auch noch schärfer fassen, sobald man nämlich φθάνω + ἐπί im Sinn von „feindlicher Übernahme“ versteht (vgl. LXX [Β] Ri 20,34.42).27 Und die metonymische Rede vom „Finger Gottes“ kann zwar innerbiblisch als Rekurs auf Ex 8,15 und das positive Fremdzeugnis der ägyptischen Magier gelesen werden. Dann würde damit geradezu hämisch zum Bewusstsein gebracht, dass die Dorfältesten in Galiläa gegenüber ihrem Landsmann Jesus skeptischer sind als die ägyptischen Magier gegenüber Mose und Aaron und ihm genau die Anerkennung verweigern, die jene mit ihrer Verwunderung bezeugen: „Das ist der Finger Gottes!“ Man könnte die Metonymie aber auch vom gemeinantiken Hintergrund her als magische Formel verstehen.28 Dann wäre der Sinn von Q 11,20 deutlich schärfer: Gerade in den von den Gegnern der Magie zugeordneten erfolgreichen Exorzismen schafft sich eine neue Ordnung Platz, eben die Gottesherrschaft – und sie wirkt sich auf das Religionssystem, das die Dorfältesten gegen Jesu Aktivitäten meinen verteidigen zu müssen, tatsächlich als Schaden bringende „Magie“ aus: Mit jeder gelungenen Dämonenaustreibung schafft sich die Gottesherrschaft Platz – und räumt dadurch die gesellschaftliche Ordnung, für die die Dorfältesten einstehen, aus dem Weg. Insofern könnte Q 11,20 geradezu als Drohung gelesen werden gegenüber jenen, die vor Jesus warnen. Kurz: Wir haben zwei unterschiedliche Deutungen des gleichen Phänomens vorliegen: die Deutung als Magie von Seiten der Gesprächspartner sowie die Deutung als Signal für das empirische Vordringen und Sich-Ausbreiten des Gottesreichs von Seiten Jesu. Im Rahmen der Auseinandersetzung erheben beide Seiten die Dämonenaustreibungen zu historischen Fakten – allerdings in unterschiedlichen Bezugssystemen. Im Abstand der Zeit können wir über die empirischen Daten hinter den Fakten nichts Präzises mehr sagen, ob es sich um die Heilung von Krankheitsphänomenen handelt und um welche, aber uns sind die Deutungsvorgänge sicher überliefert. Und daraus lässt sich sogar, wie geschehen, versuchsweise ein historisches Szenario entwerfen. Diese (Re)Konstruktion der historisch möglichen Situation als eines Konfliktes zwischen den für die öffentliche Ordnung zuständigen Dorfältesten und Jesus, die auf dem Hintergrund ausgewählter antiker Quellentexte erfolgte, lässt sich durch ethnologische Studien plausibilisieren, wie sie z.B. I.M. Lewis zu Besessenheit und Schamanismus vorgelegt hat, und zwar bezogen auf Gesellschaften, in denen Geisterglaube und Exorzismus zum kulturellen Alltag gehören.29 Die Ergebnisse können hier nur stenographisch wiedergegeben werden. Lewis unterscheidet „central spirits“ von „peripheral 27 28 29

 Das arbeitet Miquel, Exorcist, 202f, heraus.  Vgl. Couroyer, doigt; aufgegriffen von Miquel, Exorcist, 201.  Lewis, Religion.

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spirits“. Die einen repräsentieren die offizielle Religion; diese geistigen Mächte stellen sich schützend vor ihr Volk; im Gegenzug werden ihnen Opfer dargebracht und Zuwiderhandlungen gegen ihre Vorschriften streng bestraft. Die „peripheral spirits“ dagegen attackieren die Menschen, schaden ihnen, und zwar ohne Rücksicht auf ihr moralisches Verhalten. Beide Gruppen von Geistern können von Menschen Besitz ergreifen. Die „central spirits“ verursachen eine positive Ausstrahlung, insbesondere im Kontext des Kults. Die „peripheral spirits“ dagegen schaden den Menschen, von denen sie Besitz ergreifen, bereiten ihnen physische oder psychische Leiden und lassen sie ihre alltägliche Rolle nicht mehr korrekt ausfüllen. Nun gibt es Menschen, denen die Fähigkeit verliehen ist, mit den Geistern kontrolliert umzugehen. Sie sind sozusagen Lieblinge der Geister. Sie erhalten Teilhabe an deren eigener Macht – und können auf diese Weise selbst über diejenigen Bereiche Macht ausüben, die auch ihren Bündnisgeistern unterstehen. Diese Kapazität ist die Basis für die Aktivität von Exorzisten. Verständlicherweise werden sie zu gefragten Persönlichkeiten, die ihrer eigenen Gruppe den größten Dienst, jedoch auch Schaden zufügen können, je nachdem, wie sie ihre Kräfte, d.h. die von den Geistern verliehenen Kräfte einsetzen. Konsequenterweise lassen sich auch unter ihnen zwei Typen unterscheiden: Die einen wirken systemstabilisierend. Sie befreien Menschen von den „bösen“ Geistern – und fordern von ihnen, dass sie sich wieder in die Gruppennormen einfügen. Die Menschen müssen sich ändern. Die anderen dagegen wirken systemdestabilisierend. Sie befreien die Menschen zwar auch von ihren „bösen“ Geistern, aber sie sind davon überzeugt, dass eine dauerhafte Heilung der Klienten nur dann möglich wird, wenn sich das soziale Umfeld ändert. Sie propagieren eine Änderung der sozialen Ordnung. Nicht die Menschen müssen sich ändern, sondern das Umfeld.30 Auch in diesem Fall sind die Konsequenzen absehbar: Die kritische Haltung gegenüber bestehenden Ordnungsschemata, wie sie von der Elite der Gruppe vertreten werden, macht sie verdächtig. Man beschuldigt sie der Magie, also des Bündnisses mit den peripheren Geistern, die der Gruppe am Ende nur schaden. E. Miquel bringt die Sache folgendermaßen auf den Punkt: „Accus­ ing an exorcist of being possessed by an evil spirit or expelling demons with its help was equivalent to suspecting him of witchcraft.“31 Anders gesagt: Ein sozialpolitischer Kampf wird auf die mythologische Ebene von „central“ und „peripheral spirits“ und der entsprechenden Bündnisse mit ihnen verlagert. 30  Konsequenterweise sind die treibenden Kräfte aus dieser Perspektive natürlich „central spirits“. Zur situativ und gruppenspezifisch unterschiedlichen Klassifizierung der Geister vgl. Lewis, Religion, 115. 31  Miquel, Exorcist, 196.

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Auf diesem empirisch nachweisbaren, soziologisch analysierbaren Hintergrund bekommt die aggressive Deutung des Logions Q 11,20 vom Anbruch der Gottesherrschaft in den Dämonenaustreibungen Jesu noch besonderes Gewicht und Plausibilität. Jesus sieht eine neue, von Gott initiierte und verbürgte gesellschaftliche Ordnung im Entstehen. Die auch von den Gegnern anerkannte Gesundung von Menschen liest Jesus als manifestes Zeichen dafür, dass der Gott Israels auf seiner Seite für die Durchsetzung der Gottesherrschaftsordnung kämpft – und sie endzeitlich und endgültig zu etablieren entschlossen ist. Wenn die Ältesten die Erfolge Jesu dagegen auf einen „peripheral spirit“, eben Beelzebul, zurückführen, und sich damit Jesus und der von ihm verkündeten neuen Ordnung entgegenstellen, stehen sie auf der falschen Seite und spielen ein für sie selbst gefährliches Spiel.32 Was wir (re)konstruieren ist also ein Kampf um die Deutungshoheit bezüglich der Exorzismen Jesu. Es geht nicht darum, was dabei wie geschehen sein mag, sondern um ihre Bewertung, anders gesagt: ihre historische Einordnung auf der untersten Ebene. Zeigt sich darin Magie – zum Schaden des Volkes, ein Täuschungsmanöver, das die Verbündung mit feindlichen Mächten verdeckt? Oder ist der Gott Israels im Spiel, der seine Herrschaft endlich durchsetzt, peu à peu, sichtbar an jeder Heilung? Und nun die Themafrage: Was ist daran Faktum, was Fiktion? Je konkreter Texte und Situationen herangeholt werden, desto brüchiger wird diese Unterscheidung. Und desto deutlicher wird, dass damit gerade keine objektiven Sachverhalte eingefangen werden können, sondern allenfalls eine Streitsituation beleuchtet werden kann, eben der Kampf um Deutungshoheit. Aber damit verlieren „Faktum“ und „Fiktion“ ihre eindeutig festlegbare Etikettierung für bestimmte Erzählzüge oder „statements“33, vielmehr werden sie zu Qualifikationen, die je nach Perspektive wechseln können.

4. Ficta facta oder facta ficta? Faktual nennt G. Genette eine Erzählung, die eine Referenz in der Wirklichkeit hat, fiktiv dagegen, wenn ein solcher Bezug fehlt.34 In ihrem Sammelband „Wirklichkeitserzählungen“ unterscheiden Ch. Klein/M. Martinez noch einmal Fiktivität (auf das Was bzw. den Gegenstand der Erzählung be32  Von der Kommunikationssituation her gesehen geht es bei diesem Deutungsstreit weniger um den Anspruch Jesu, in seiner Person werde die Gottesherrschaft präsent, als vielmehr um die Behauptung, die gelungenen Dämonenaustreibungen seien sichtbares Zeichen dafür, dass eine neue, von Gott autorisierte Ordnung auf Erden Fuß fasst. 33  So die Terminologie von Ankersmit, History. 34  Genette, Fiktion, 11–40.65–94.

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zogen) von Fiktionalität (auf das Wie bzw. die Darstellungsart der Erzählung bezogen) und versuchen Kriterien für eine „Wirklichkeitserzählung“ und deren Intentionen zu benennen. Mit großem Interesse werden diese Begrifflichkeiten von exegetischer Seite aufgegriffen, um den spezifischen Charakter der Jesuserzählungen zu erfassen – und sie vor allem von reinen Fiktionen fernhalten zu können. Das Spektrum reicht von „faktualen Erzählungen mit fiktiven Inhalten“ bis hin zu „fiktionalen Erzählungen mit faktualen Redeanteilen“.35 Dass diese höchst differenzierte Kriteriologie mehr verwischt als erhellt und sich kaum mehr an den Grundtendenzen der geschichtstheoretischen Debatten orientiert, ganz abgesehen davon, dass nirgendwo geklärt wird, von welcher objektiven Warte aus die differenzierten Qualifikationen eigentlich vergeben werden sollen, zeigt sich, sobald die Probe im Einzelfall gemacht wird. Das soll versuchsweise am Beelzebulstreit durchgeführt werden. Im Vorwurf gegen Jesus wird das Bündnis mit Beelzebul als faktual in den Raum gestellt. Die gelungenen Exorzismen werden in einen größeren Zusammenhang eingeordnet und als Ergebnis von Magie gewertet – und damit zum historischen Faktum gemacht. Von Jesu Seite sieht die Sache jedoch ganz anders aus. Die faktuale Einordnung seiner Exorzismen als magische Handlungen hat aus seiner Sicht gerade keine Referenz in der Wirklichkeit, das behauptete Bündnis mit Beelzebul ist aus seiner Sicht also rein fiktiv. Denn gemäß Jesu Überzeugung steht Gott hinter seinen Exorzismen – und sie verweisen auf den empirisch erfahrenen Anbruch der Gottesherrschaft. Das ist die Wirklichkeitsreferenz, der Jesus seine Exorzismen zuordnet – und damit ein ganz anders gefärbtes Faktum der Geschichte schafft. Der Streit um faktual und fiktiv an diesem konkreten Beispiel durchgespielt ist also ein Streit um den Wahrheitsanspruch. Dieser Streit kann objektiv gar nicht entschieden werden. Der Exeget kann weder das eine noch das andere als definitiv faktual oder als definitiv fiktiv bezeichnen; er kann nur die Haltung analysieren, die hinter den Aussagen steckt, also den Faktualitätsanspruch bzw. die Fiktivitätsbehauptung, in unserem Fall den Prozess der „Historisierung“, d.h. der Inanspruchnahme eines Phänomens als Faktum durch seine Zuordnung zu einem bestimmten Wirklichkeitsbereich sowie die Anerkennung bzw. Ablehnung dieser Option. Wer die Deutungshoheit gewinnen und welche historische Einordnung sich durchsetzen wird, das entscheiden allemal die Rezipienten. Auch deren Entscheidung verbürgt keine Objektivität, sondern allenfalls Glauben. Insofern leistet Exegese in diesen Spuren besten Glaubensdienst, indem sie die Entscheidungssituationen analysiert und versuchsweise (re)konstruiert. 35

 Vgl. Zimmermann, Geschichtstheorien, 438f.

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Dieser Prozess der Historisierung im Sinn der Einordnung der Exorzismen Jesu in größere Zusammenhänge geht auf den einzelnen Traditionsstufen weiter. Im Apophthegma Mk 3,20–30 sind es die Schriftgelehrten, die Jesus den Beelzebulvorwurf machen, genauer: Jesus zunächst vorwerfen, er habe Beelzebul (V. 22). Die Familie Jesu schließlich hält ihn für „außer sich“ (V. 21). Im Spiegel gemeinantiker dämonologischer Vorstellungen ist die Einschätzung der Familie mit derjenigen der Schriftgelehrten durchaus kongruent, insofern mit „er hat Beelzebul“ genau die Leerstelle gefüllt wird, die im Urteil der Familie lediglich diagnostiziert wird. Nachdem im markinischen Apophthegma die Besessenheit Jesu im Vordergrund steht (gegenüber dem erst an zweiter Stelle referierten Vorwurf des Teufelsbündnisses), erweisen sich die bei Markus überlieferten, metaphorisch gehaltenen Verteidigungssprüche vom Reich/Haus (V. 24ff) bzw. vom Stärkeren (V. 27) dem an die erste Stelle platzierten Hauptvorwurf gegenüber als tatsächlich kompatibler im Vergleich zu den in der traditio duplex überlieferten Verteidigungssprüchen. Geht es doch im Markusevangelium sachlich darum, wer bei Jesus Herr im Haus ist. Dazu passt, dass in der markinischen Komposition abschließend noch einmal betont wird: „Denn sie sagten: Er hat einen unreinen Geist“. Damit wird inhaltlich wie kompositorisch der Kreis zum Anfang geschlossen – und eine Brücke geschlagen zum großen Erzählrahmen des Evangeliums. Erfahren doch die Leser bereits bei der Taufe Jesu, dass Gottes Geist in ihn hinabsteigt (Mk 1,10)! Nun ist aber zu bedenken: Im Vergleich zu der (Re)Konstruktion, wie sie ausgehend von der Q-Komposition in Kapitel 3 gewagt wurde, sieht das Streitszenario bei Markus etwas anders aus. Gesprächspartner sind die Schriftgelehrten; die Zuspitzung des Vorwurfs zielt bei Markus nicht auf Magie, sondern auf Besessenheit und dementsprechend ist das positive Ziel nicht der Erweis der göttlichen Unterstützung Jesu, sondern der göttlichen Einwohnung. Der Besessenheit durch Beelzebul steht göttlicher Enthusiasmus gegenüber.36 Ist nun alles, was wir bei Markus lesen, Fiktion? Oder eine faktuale Erzählung mit fiktiven Elementen? Markus würde sich vermutlich gegen beides heftig wehren. Zu Recht. Ordnet doch auch er den Grundkonflikt um Jesu Exorzismen in einen größeren Kontext ein – und schafft gemäß der kritischen Geschichtstheorie damit ein historisches Faktum. Besser: Er referiert Fakten, nämlich die Deutung der Exorzismen Jesu als Besessenheit bzw. als Enthusiasmus. Allerdings versteht er sich darauf, seine Leser für seine Sicht der Dinge zu gewinnen, indem er die als Geistempfang gedeutete 36  In der Terminologie von Lewis, Religion, gesprochen: Dem Vorwurf der Besessenheit durch einen „peripheral spirit“ steht die Behauptung der Einwohnung des „central spirit“ par excellence gegenüber.

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Taufe Jesu als Vorzeichen vor seine Gesamterzählung stellt und damit die Deutung der Schriftgelehrten als unwahrscheinlich erscheinen lässt. Es ist also ein weiteres Faktum, die historische Einordnung der Taufe Jesu, die das Faktum der Schriftgelehrtendeutung als Fiktion entlarven soll. Insofern mischt sich unser Autor in die Entscheidungsfindung seiner Rezipienten stark ein, determinieren kann er sie nicht. Im Rückblick auf die von Q ausgehende (Re)Konstruktion, wie sie hier vorgelegt wurde, würde Markus seinerseits vielleicht sagen: Das ist stark fiktiv oder zumindest fiktional, in der prinzipiellen (Re)Konstruktion der Streitsituation allenfalls annähernd faktual, aber das Faktum in seiner Tiefe wird nicht erkannt, geschweige denn zur Sprache gebracht. Anders gesagt: Das wirklich zutreffende historische Faktum ist bei Markus zu lesen! Das Spiel soll nun noch eine Stufe weiter getrieben werden: Sind dann wenigstens die Exorzismuserzählungen, die sich bei Markus finden, fiktiv bzw. faktuale Erzählungen mit fiktionalen Elementen? Markus würde vermutlich erneut zu Recht protestieren. Denn die Erzählungen stellen nichts anderes als eine narrative Ausfaltung der Deutung Jesu dar, erzählen also das von Jesus geschaffene Faktum. Dabei bedient sich Markus der üblichen Exorzismus-Erzählmuster, die ihm (kulturell und vielleicht schon als Kurzerzählungen) vorgelegen waren. Diese Erzählungen falten im historischen Kontext nur aus, was in den Sprüchen mit „Dämonen austreiben“ stenographisch angetippt wird. Und außerdem – und das ist entscheidend – wendet Markus (oder bereits seine Vorstufen) das Erzählmuster genau in dem Richtungssinn der historischen Deutung Jesu an und bezieht sich damit auf nichts anderes als auf das von Jesus etablierte Faktum: Die Dämonen, denen gemäß antiker Enzyklopädie überirdisches Wissen eignet, sprechen selbst aus, wer „in“ Jesus steckt: der Heilige Gottes (1,24). Sie verkünden das Hereinbrechen des Gottesreiches, wenn sie bei Markus krächzen: „Du bist gekommen, um uns zu vernichten!“ (Mk 1,24). Der im Ritual des Exorzismus vorgesehene und im Exorzismuserzählschema etablierte Namenszauber wird zur Plattform für die faktuale Deutung der Exorzismen, wie sie Jesus in seinen Verteidigungssprüchen vorlegt (und wie sie der Evangelist in der Gesamtkomposition seines Evangeliums ausfaltet): In Jesus wirkt Gottes Geist. An Mk 5,1–20 ist schließlich von besonderem Interesse, dass hier bereits die mögliche positive wie negative Rezeption der Deutung Jesu in die Erzählung eingebaut wird: Während die Städter Jesus aus ihrem Gebiet vertreiben (5,17), verkündet der geheilte Besessene in der gesamten Dekapolis Jesus als Kyrios (5,20) – genau so, wie Mk 1,2f die Gestalt Jesu im Prophetenwort von Gott selbst deuten lässt. Kurz: Das von Gott (durch diese Deutung) in 1,2f gesetzte Faktum wird von der Erzählfigur in 5,20 kongruent aufgegriffen.

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Ist nun das wenigstens Fiktion? Gerade nicht. Es ist ein erzähltes Faktum. Eine Erzählfigur ordnet Jesus und seinen Exorzismus in einen größeren heilsgeschichtlichen Zusammenhang ein. Markus referiert diesen Deutungsvorgang. Er referiert also die Entstehung eines historischen Faktums. Und gerechterweise lässt Markus auch die Gegenseite zu Wort kommen: Die Städter wittern Schadenszauber in Jesus. Sie ordnen, ganz auf der Linie der Schriftgelehrten, Jesus der anderen Seite zu – faktual. Und auch diesen historischen Deutungsprozess referiert Markus.37

5. Konsequenzen für die Rolle der Exegese (1) Die Frage nach dem „historischen Jesus“ ist scheinbar bisher unter den Tisch gefallen – und doch ziemlich einfach lösbar, sobald die Traditionsstränge auf ihre Deutungsarbeit hin analysiert werden. Ganz einfache Kriterien – in der Linie des Plausibilitätskriteriums – genügen: Welcher Deutungsvorschlag steht möglichst nahe bei palästinischem Milieu (soweit wir darüber Bescheid wissen)? Welcher Deutungsvorschlag lässt sich in möglichst vielen, voneinander unabhängigen Traditionssträngen nachweisen? Lassen sich auch negative Deutungen finden, die in der Fanliteratur nur deswegen überliefert werden müssen, weil sie offensichtlich bekannt und nicht aus der Welt zu schaffen waren?38 Treffen auch auf diese negativen Deutungen die beiden erstgenannten Kriterien zu? Dann sind wir ganz nahe beim historischen Jesus und seinem Lebensumfeld. Auf unser Beispiel angewendet dürfte der Streit um die Macht, mit Hilfe derer Jesus Dämonen austreibt, am nächsten im historischen Milieu des historischen Jesus verortet werden.39 Die Konzeption von Besessenheit vs. Enthusiasmus, die in der markinischen Komposition im Vordergrund und mit der Großkonzeption der Gesamtschrift im Sinn einer positiven Beeinflussung der Leser im Zusammenhang steht, ist dagegen nicht nur weitaus komplexer, sondern zeigt auch bereits eine viel stärkere Berücksichtigung der literarischen Rezeptionsbedingungen. Von manchen Exegeten wird schließ-

37  Theissen, Lokalkolorit, 105, spricht davon, dass mit dem negativen Bild in 5,17 die insgesamt positive Überlieferung in 5,1–20 konkurriert. 38  So das messerscharfe Kriterium von Reimarus, Vernunftlehre, 260. 39  Für die Q-Wandermissionare dürfte zunächst mit einem vergleichbaren situativen Kontext zu rechnen sein. Jedoch zeigt bereits die Rahmung durch die Sprüche vom Königreich und vom Starken (Q 11,17f.21f) eine veränderte Diskussionslage bzw. die Zuordnung des Problems zum Diskursfeld Machterhaltung/Eroberung.

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lich eingebracht, dass die Schriftgelehrten als Gegner Jesu für die markinische Gemeinde die Repräsentanten des Judentums (nach 70 n. Chr.) darstellen.40 Allerdings verliert der historische Schichtungsversuch an exklusivem Gewicht, sofern die Deutungsakte als Deutungsvorgänge erkannt und als solche gewürdigt werden. Dann ist die entscheidende Frage – bezüglich aller Schichten der Tradition – nicht: Was hat Jesus getan? Was hat er gesagt? Sondern: Wie hat er (bzw. seine Nachfolger) bestimmte Phänomene bewertet, gedeutet, eingeordnet – evtl. im Kontrast oder im bewussten Gegensatz zu anderen Deutungen? (2) In dieser Sichtweise liegt für mich ein großer Gewinn: die Verabschiedung von „Fiktion“ als Verfälschung, märchenhafter Ausschmückung der alten „wahren“ Tradition usw. Im Gegenteil: Die jeweiligen Tradenten deuten die Gestalt Jesu, indem sie die eigene, momentane Lebenssituation zur Veranschaulichung heranziehen bzw. miteinbeziehen: die Schriftgelehrten (bereits) als Gegner Jesu in Mk 3,22; Anspielungen auf die Legio X Fretensis und die implizite Deutung Jesu als Messias, der jedoch keinem Menschen Schaden zufügt und niemals zum „Herrscher“ wird, in Mk 5,1– 2041 bis hin zum Unvermögen der markinischen Gemeinde, selbst noch Exorzismen durchführen zu können (Mk 9,14–29). Exegese kann prüfen, inwieweit und in welcher Pointierung sich eine (evtl. auf Jesus selbst zurückgehende) Grunddeutung auf den verschiedenen Traditionsebenen durchhält. Exegese kann analysieren, inwieweit sich in den Szenarios der Verständnis- und Problemhorizont der Rezipienten spiegelt. Exegese kann zeigen: Jesu Geschichte wird auf Grund der vorliegenden Quellen und Überlieferungen jeweils neu (re)konstruiert, also in neue Kontexte eingeordnet. Damit werden historische Fakten geschaffen, die jeweils neu akzentuierte Deutungsangebote machen – und zwar so, dass sie für die jeweilige Gegenwart Bedeutung haben. Es handelt sich also um auf die Gegenwart bezogene (Re)Konstruktionsarbeit, die vom Vergangenen das aufnimmt, was die Situation in der Gegenwart erhellen kann, und es so aufnimmt, dass davon Impulse für die Gegenwart ausgehen.42 Statt von Fiktionen (ohne Realitätsgehalt) wäre besser von Gegenwartsprojektionen auf die Vergangenheit zu sprechen. (3) Exegese als Wissenschaft kann nur diese Deutungsgeschichte analysieren. Und sie tut gut daran, sich des Urteils „faktual“ vs. „fiktiv“ als

40  Vgl. Lührmann, Pharisäer. Analoges gilt für das Matthäusevangelium, wo die Pharisäer als Hauptgegner Jesu erscheinen und dementsprechend ihnen der Beelzebulvorwurf in den Mund gelegt wird (Mt 12,24 vgl. 9,34). 41  Vgl. Ebner, Medium. 42  Vgl. Goertz, Geschichte, 95–102, im Blick auf konstruktivistische Ansätze.

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objektiver Einschätzung zu enthalten.43 Mit den Begriffen „(historisches) Faktum“ und „Fiktion“ lässt sich allenfalls das Rezeptionsgeschehen als Kampf um Deutungshoheit beleuchten. Sie betreffen das Urteil der Rezipienten bzw. den Anspruch des Autors.44 Der Exeget muss sich allerdings immer bewusst bleiben, dass er dabei selbst schon wieder (Re)Konstruktionsarbeit leistet, die intentionale Faktualität setzt, wobei eigene Interessen einfließen.

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Theißen, Form-Criticism and Social Memory: Ways to Reconfigure Jesus the Galilean

Gerd Theißen, the esteemed colleague and honorary doctor of the Faculty of Theology at Lund University, is one of the most prolific and influential New Testament scholars of our time and his pioneering work on several aspects of the New Testament is today widely acknowledged. As an expression of my deep admiration for his life-long scholarly contribution, I here wish to present some reflections on a few basic insights which he expressed early in his career and which seem to have formed a fundamental methodological aspect of how he famously portrayed Jesus the Galilean and to propose a few additional remarks on how this aspect might be further expanded.

Form Criticism and the Sociology of Literature Like most European New Testament scholars of his generation, Theißen received thorough training in German form criticism. Already early in his career, he was responsible for the supplementary volume of the new edition of Rudolf Bultmann’s Die Geschichte der synoptischen Tradition in 1971,1 being himself in charge of the preface dated to October 1970 and, as he indicates, the evaluation of the literature added to the new edition. Only few scholars would at that time have disputed his introductory statement: “Die formgeschichtliche Methode ist heute fast allgemein anerkannt”.2 It was certainly true for German scholarship in the 1960s and early 1970s. However, at this time the classical form-critical approach to tradition and transmission slowly and subtly began to change. There were contributions from countries outside Germany, to be sure, but also from scholars within Germany. Theißen sensed the importance of the social factors influencing the formation of the early groups of Jesus followers and realized that the sociological study of their literature might be a means of expanding old form criticism and its emphasis on the Sitz im Leben. In his famous 1972 Habilita1  Die Geschichte der synoptischen Tradition. Ergänzungsheft. Bearbeitet von Gerd Theißen und Philipp Vielhauer (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 41971). 2  Ergänzungsheft, 9.

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Samuel Byrskog

tion lecture concerning the wandering radicals and their influence on the formation of Jesus-sayings, he linked his work to the form-critical method: Aus typischen Zügen von Texten schloß sie [the form-critical method] auf ebenso typische Züge zwischenmenschlichen Verhaltens, auf einen “Sitz im Leben”, innerhalb dessen ein Text immer wieder gebraucht und durch diesen Gebrauch geprägt wurde, etwa durch Verwendung in Unterweisung, Mission oder Kult.3

The expression “typische Züge zwischenmenschlichen Verhaltens” indicates that the Sitz im Leben was regarded as something that had to do with regular human interaction. This emphasis comes close to what sociology normally deals with today and included the oral tradition and transmission of the Jesus-sayings, as Theißen realized. “Die Überlieferung von Jesusworten im Urchristentum ist vor allem ein soziologisches Problem”,4 he points out in the same lecture. Two years later he published his Habilitationsschrift – the preface is dated to October 1973 – on the early miracle stories in the Gospels, with a subtitle indicating its thoroughly form-critical character.5 He is now explicit about the synchronic, diachronic and functional aspects of formcritical analysis and argues that the Sitz im Leben reveals the functional aspect indicating a significant social component of the description of literary types: Dazu [to the social location of literary types] gehört auch eine Analyse geschichtlicher Entwicklungen, sozialer Bedingungen und anthropologischer Voraussetzungen, die verständlich machen, warum Menschen zu einer bestimmten literarischen Form greifen und sie zur Entfaltung bringen.

With his new and decisive move towards a pronounced sociology of literature, Theißen gave voice to a dimension of form criticism that had been indicated previously but not given much attention. Bultmann picked up the idea of the Sitz im Leben from Hermann Gunkel and altered it to fit his conception of early Christianity.6 In the 1931 revised edition of his monograph 3 �������������������������������������������������������������������������������  G. Theißen, “Wanderradikalismus. Literatursoziologische Aspekte der Überlieferung von Worten Jesu im Urchristentum”, in Studien zur Soziologie des Urchristentums (WUNT 19; Tübingen: Mohr Siebeck, 1979) 79–105, on p. 79. ������������������������������� The lecture was originally published in ZTK 70 (1973) 245–71. 4  Theißen, “Wanderradikalismus”, 81. Theißen adds that this is true because the transmission was oral. 5  Urchristliche Wundergeschichten. Ein Beitrag zur formgeschichtlichen Erforschung der synoptischen Evangelien (SNT 8; Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, 1974). 6  Gunkel used the expression – or actually Sitz im Volksleben Israels – for the first time in “Die Grundprobleme der israelitischen Literaturgeschichte”, in Reden und Aufsätze (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1913; originally published in Deutsche Literaturzeitung 27 [1906] 1797–1800, 1861–66) 29–38, on p. 33. I��������������������������������������������� surveyed selectively the use of the expression since Gunkel in “A Century with the Sitz im Leben: From Form-Critical Setting to Gospel Community and Beyond”, ZNW 98 (2007) 1–27.

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on the history of the synoptic tradition,7 it is evident that for Bultmann the Sitz im Leben had little to do with the grand cultic activities of the people of Israel and its national concerns, which had been the focus of Gunkel’s studies, but described the communal activities of the newly formed groups of Christ-believers. Form criticism, according to Bultmann, involved more than the mere aesthetic description and classification of the individual units of the tradition and included, as he learned from Martin Dibelius, a study of their origin and history before they took literary shape. The Sitz im Leben was to be seen as a typical situation or condition in the life of the Christ-centered community, where each collective situation or condition exhibited definite characteristics and needs which fostered particular styles, oral forms and types of literature. It included social factors to be seen in apologetics, polemics, edification, discipline, and in the scribal activity of the Christbelievers. Prophecy also belonged to this social spectrum but took place within the broader context of the charismatic worship of the whole community. For Bultmann, the Sitz im Leben thus became more functional in that it served specific purposes of the Christ-centered community; and it was more sociologically oriented, while not explicitly related to the social history of the Jesus movement. The literary type and its form became, in a sense, an implicit sociological entity to the extent that the aspects which had to do with the common activities of the Christ-centered communities had priority over the aesthetic one. Martin Dibelius was another who took notice of Gunkel’s discussion of the Sitz im Leben, using this notion several times in the revised 1933 edition of his form-critical analysis of the gospel tradition.8 For Dibelius it constituted the historical and social circumstances in which the literary type of the popular literature was stylistically shaped. The literary type had its characteristic style of the oral performance of preaching to non-believers and to followers of Jesus, and of teaching to converts. It was a sociological entity, emerging from the life of the uneducated people and following the rules of popular transmission in the cult rather than the literary ability of individuals.9 A study of its various outward and inward manifestations and needs would, according to Dibelius, provide the small units of tradition with a sociological locus and give a basic conceptual framework for further analysis. 7  Die Geschichte der synoptischen Tradition (FRLANT 29; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 21931). 8  In the first edition of his work from 1919, Dibelius quoted in a footnote from an article where Gunkel discussed the Sitz im Leben, but he did not incorporate this notion into his own analytical repertoire. See M. Dibelius, Die Formgeschichte des Evangeliums (Tübingen: Mohr Siebeck, 1919) 4 n. 1. In the second edition, it is employed regularly and given a special entry in the indices. See Die Formgeschichte des Evangeliums (Tübingen: Mohr Siebeck, 2 1933). The references below follow the second edition. 9  Formgeschichte, 7–8.

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Theißen’s indebtedness to the German form-critical school shows that today’s world-wide and manifold fascination with the social history and sociology of the New Testament has its roots in the old form-critical notion of the Sitz im Leben. Theißen has been one of the leading pioneers and proponents of the sociological study of the early Jesus movement, broadening his perspective from a sociology of literature to a study of the sociology of the movement itself, and already early in his career he located this interest within the form-critical paradigm of the early 20th century with its emphasis on the crucial role of the Sitz im Leben. Surveying the recent interest in this sociological study of the New Testament, he explicitly points out the connection to form-critical research: “Die soziologische Forschung zum Neuen Testament ist Erneuerung und Fortführung des formgeschichtlichen Programms”.10 It is of no little significance that form criticism has survived in unforeseen and subtle ways in new scholarly configurations. To be sure, it is no longer the classical method it used to be in Germany and elsewhere. Its future depends in a number of ways on new scholarly insights that modify the way it is practised,11 but Theißen’s long and productive career shows the enduring potential of form criticism to stimulate original ideas and open up fresh avenues for international biblical research.

A Theory of Social Memory The study of the social factors inherent in the form-critical approach to the Jesus tradition might focus on different things. Theißen’s emphasis on the concretization of these social aspects of literature was a welcome and necessary supplement to the idea that traditional units and their form correlated to certain activities in the early Churches. For Theißen, such social settings were not necessarily discernable activities within well-defined Christian communities in the land of Israel or elsewhere. On the basis of form-critical thinking, and with attention to the ideological, geographical and temporal perspectives represented in the texts, he developed his wellknown picture of the social location of several Jesus-sayings and argued that marginalized wandering charismatics similar to Cynic preachers, and with sympathizers in various local communities, cherished and developed sayings of Jesus in the context of radical discipleship, while other people narrated 10 ��������������������������������������������������������������������������������  G. Theißen, “Zur forschungsgeschichtlichen Einordnung der soziologischen Fragestellung”, in Studien zur Soziologie des Urchristentums (WUNT 19; Tübingen: Mohr Siebeck, 1979) 3–34, on p. 11 (previously unpublished paper). 11 �������������������������������������������������������������������������������  ������������������������������������������������������������������������������ Cf. my discussion in “�������������������������������������������������������� The Transmission of the Jesus Tradition: Old and New Insights”, Early Christianity 3 (2010) 1–28.

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brief episodes concerning Jesus’ miracles.12 The social setting was not as much focused on typically Christian and collective activities in the newly founded Churches as on itinerant groups of outsiders and anonymous storytellers and their values and needs. Granted these people, whoever they were, carried the Jesus tradition in some way and some measure, they must have coped with the present by means of what each one of them held to be the sayings and deeds of Jesus the Galilean. This double horizon of their religious alignment implies a simultaneous orientation to the present and to the past, that is, a dynamic form of mnemonic negotiation. One factor that has received little attention in the development of the form-critical agenda into a study of sociology is the crucial role of such mnemonic negotiations in the social contexts of early Christianity. Learned considerations concerning memory and recall are absent from the form-critical history of research indicated by Theißen. This is surprising, but reflects accurately the situation in the early days of form criticism. Despite the appearance of Maurice Halbwachs’ classic studies on the collective memory already in the 1920s,13 the mnemonic aspect of the ancient way of perceiving the present and the future escaped the attention of Bultmann and Dibelius and other early proponents of the form-critical method and was lacking from their analytical agenda. Studies of memory are indeed flourishing today, in many different parts of the scholarly world,14 but they are mostly pursued independently of formcritical thinking and analyses. This might be due to a desire to avoid confusion with the passive activity commonly labeled memorization. Such passive activity, it is assumed, does not cohere with the idea of a charismatic group of people focusing on and adapting the tradition to their present religious needs and hopes for the future. As a result, we find either the formcritical paradigm of the active community elaborating and creating tradition about Jesus from the perspective of the present and with a view of the future or the idea of an entirely stable and cumulative kind of transmission that deliberately preserved the Jesus tradition mainly unaltered and unconcerned 12  Cf., for instance, G. Theißen, Lokalkolorit und Zeitgeschichte in den Evangelien. Ein Beitrag zur Geschichte der synoptischen Tradition (Freiburg (Schweiz): Universitätsverlag, and Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 21992) 25–131; and, more recently, G. Theißen, Die Jesusbewegung. Sozialgeschichte einer Revolution der Werte (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2004) 33–90. 13  La mémoire collective (Paris: Presses Universitaires de France, 1950) was published posthumously by Jeanne Alexandre (born Halb­wachs) on the basis of manuscripts found among Halbwachs’ papers. His major study in the field of collective memory was Les cadres sociaux de la mémoire (Paris: Presses Universitaires de France, new ed. 1952). It first appeared in 1925. 14 ������������������������������������������������������������������������������������  ����������������������������������������������������������������������������������� For an overview of the discussion, see A. Kirk/T. Thatcher, “Jesus Tradition as Social Memory”, in Kirk/Thatcher (ed.), Memory, Tradition, and Text: Uses of the Past in Early Christianity (SBLSS 52; Atlanta: SBL, 2005) 25–42.

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with the needs of the community. The former is strongly functionalistic in that it stresses the one-dimensional correlation between the traditions and their life-settings, while the latter is much less functionalistic in that it puts emphasis on a process of memorization that remained largely unaffected by the needs and activities of the Christian groups. It is possible that no single scholar today adheres to either alternative in their extreme forms, but this simplified way of presenting them highlights a common misunderstanding of the nature of memory and its social dimension. Memory is much more than passive memorization and inevitably involves social and other creative factors. This is true now and was equally true then. A key factor is how we envision the correlation between the form and the communal setting, asking about how that correlation actually manifested itself, and how we imagine that the past about Jesus became and remained a present reality. The study of memory in social settings addresses precisely the issue of negotiation between the past and the present. Whoever cherished and developed Jesus-sayings and narrative material about Jesus related both to the past and to the present and must have negotiated with what they remembered from the perspective of what they thought, valued, and aspired to within the social setting that they belonged to and daily and regularly experienced. Recent studies of social memory might therefore be integrated into the sociology of the Gospel literature and the Jesus movement and constitute a further addition to the broadening spectrum of the form-critical agenda. There is a vast range of ideas about how social memory works and only rarely do experts in the field formulate broader theories of social remembering.15 The sociologist Eviatar Zerubavel, who has focused much on the cognitive aspect of sociology, is an exception in that he has elaborated a model that indirectly gives us certain structures for understanding how early Jesus followers of different cultural and educational background might have related to the past in the present. Although not commenting on the Jesus movement and early Christianity as such, his studies express the helpful attempt to de-contextualize his own particular and contextual findings and to develop a trans-cultural and trans-historical perspective on social memory as a generic phenomenon.16 The theory that he formulates therefore holds 15 ������������������������������������������������������������������������������������  ����������������������������������������������������������������������������������� For helpful introductions into the field of social memory, see J. Fentress/C. Wickham, Social Memory (Oxford: Blackwell, 1992); Barbara A. Misztal, Theories of Social Remembering (Philadelphia: Open University Press, 2003); A. Kirk, “Memory”, in W. H. Kelber/S. Byrskog (ed.), Jesus in Memory: Traditions in Oral and Scribal Perspectives (Waco, TX: Baylor University Press, 2009) 155–72. 16  See especially his “Social Memories: Steps to a Sociology of the Past”, Qualitative Sociology 19 (1996) 283–99; Social Mindscapes: An Invitation to Cognitive Sociology (Cambridge, Mass.: Harvard University Press, 1997); Time Maps: Collective Me­mory and the Social Shape of the Past (Chicago: Chicago University Press, 2003). I have described his work and

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promise to be of use in various religious contexts with various kinds of tradents and traditions and not only applicable to a limited occurrence of a particular mnemonic negotiation, be that the dynamic and pragmatic life settings of the more enthusiastic kinds of early Christian communities envisioned by the early form critics or the more disciplined and scribal settings with their assumed practice of memorization and careful preservation. Zerubavel has elaborated what he calls a “socio-mental typography” of the “socio-biographical memory”. To this end, he refers to several welldefined mnemonic entities or categories that have social implications. The vital component is the “mnemonic community”. Such a community, he argues, maintains “mnemonic traditions” and teaches new generations what to remember and forget through a process of “mnemonic socialization”, the monitoring of “mnemonic others” and by fighting “mnemonic battles”. The language – oral and written – makes possible certain social “sites of memory” where things are communicated with audible or visible words and allows memory to pass on from one person to another, providing for the “mnemonic transitivity” that comes to the surface as transmitted traditions. In this way, the mnemonic community integrates different personal pasts into a single common past that all members come to remember collectively, and eventually cherishes a collective memory in the proper sense. This integrative process is labeled “mnemonic synchronization” and becomes evident in recurrent joint acts of remembrance. According to Zerubavel, remembering comes into view as a control system and is regulated by social rules of remembrance. Being socialized into the community means to be taught socially what to remember and what to forget and to be given the basic structures according to which the past is narratively configured. On another level, he claims, individuals identify themselves with the enduring memories of their communities to the extent that they develop the ability to experience events that happened to communities to which they belong before they joined them as if those events were part of their own past. When communal boundaries become coextensive with shared memories, people feel pride or shame in past events that happened after or before they were socialized into the community. While Zerubavel does not address the question of the process of identity formation and the notion of how identity relates to the remembered past, the social memory is, by implication, of vital importance also for the social identity of

applied it on the Gospel of Matthew in S. Byrskog, “A New Quest for the Sitz im Leben: Social Memory, the Jesus Tradition and the Gospel of Matthew”, NTS 52 (2006) 319����������������� –���������������� 36. In what follows I use the insights of that article.

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each individual with its cognitive, emotional and evaluative dimensions of belonging to a group.17 Zerubavel’s interest in the cognitive aspect of social remembering harmonizes well with the idea that in early Christianity individuals told others about the Jesus event to the extent that the past became present through socially conditioned stories.18 The oral history approach, as it is discussed and practiced by experts in the field, is not a simplistic and positivistic attempt to reconstruct the brute facts of the past through the testimony of eyewitnesses but, quite on the contrary, acknowledges fully that individual recollections operate within the framework of a collective memory and only warns against the idea that they are entirely determined by it.19 The study of social memory extends oral history studies in that it focuses specifically on the mnemonic dimension of the eyewitness stories. In addition, there is a confusing variety of terminology that might be clarified with Zerubavel’s approach. Halbwachs himself distinguished between autobiographical memory, historical memory (the past to which we have no “organic” relation), and collective memory (the past forming our realities) and pointed out that individuals remember as members of groups,20 but he had only little interest in individual remembering and in memory as a process of negotiation between the past and the present. Zerubavel’s focus on the cognitive aspect of social remembering of the past might, by contrast, redefine what social memory is and help us to distinguish it from, for instance, collective memory. While we can and must speak of “collective memory” as social in that it includes those recollections of a group that are shared by all of its members, being something else than the sum total of all individual recollections, “social memory” might be considered social in that it deals with the social aspects of each mental act of remembering. Social memory is thus interested in the memory of individuals in social contexts which are larger than the individual and yet closely related to the individual.

17 ������������������������������������������������������������������������������������  ����������������������������������������������������������������������������������� The classical theory of social identity was developed by the Polish and British social psychologist Henri Tajfel. See especially his study Human Groups and Social Categories: Studies in Social Psychology (Cambridge: Cambridge University Press, 1981). The theory has been discussed in several later publications. See, e.g., M. A. Hogg/D. Abrams, Social Identifications: A Social Psychology of Intergroup Relations and Group Processes (London: Routledge, 1988). 18  This is my basic argument in Story as History – History as Story: The Gospel Tradition in the Context of Ancient Oral History (WUNT 123; Tübingen: Mohr Siebeck, 2000, and Boston: Brill, 2003). 19  P. Thompson, The Voice of the Past (Oxford: Oxford University Press, 32000) 132– 33. 20  La mémoire collective, 35–40.

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Mnemonic Negotiation and Form-Critical Study Zerubavel’s theory of social memory thus opens up a framework of formcritical study that avoids the pitfalls of becoming oriented either exclusively to the present and the future or to the past only and takes seriously the mnemonic negotiation between what early Jesus followers remembered about Jesus and their daily experiences and hopes for the future. While deeply concerned with the social context of remembering, it also allows for the individual to be an essential part of collective mnemonic activities and for the fact that individuals and not groups perform the actual act of remembering. From this theoretical perspective, the early groups of more or less scattered followers of Jesus can be seen as emerging mnemonic communities in the process of negotiating their sense of belonging in relation to the larger environment of the Jewish people and their history. We might speak of an ongoing mnemonic battle over what to remember and what to forget in terms of the Jewish heritage. That process might be broadly configured if we take into account at least six points emerging from Zerubavel’s socio-mental typology showing how social memory was a central component of the life settings where the memories of Jesus were treasured and elaborated in a form-critical manner. These points, here indicated briefly, concern the notion of the Sitz im Leben, the interaction of orality and textuality, the role of formcritically typical situations and specific occasions, the distinction and relationship between social and collective memory, the narrative components of social remembering and tradition, and the importance of memory for the sense of identity or belonging. First, the social memory as here defined must have played a crucial role in the activities taking place in the Sitz im Leben of the early Jesus followers. It is feasible and in line with form-critical thinking that the Sitz im Leben embodied not just any kind of activity, but that it constituted that recurrent type of occasion within the life of the emerging mnemonic communities when certain people cared about the Jesus tradition in a special way and performed and narrated it orally and in writing.21 It was a kind of recollection within the specific context of influencing the present by reference to the past, and in such contexts the memory as a social entity must have been vital. Second, from the perspective of Zerubabel’s theory, social memory navigates between orality and textuality in a much more subtle and manifold way than comes to the fore in the folkloristic kind of pure orality of early form criticism or the more scribal mode of communication assumed in 21  For a longer discussion of this definition of Sitz im Leben, see my article “A Century with the Sitz im Leben,” 1–27.

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redaction criticism. Zerubavel’s typology integrates oral forms of commu­ nication into the presence of writing to the extent that social memory can be stored in diverse sites of memory – even in ruins, portraits, statues, coins, etc. The decisive site is language, expressed orally or in fragmentary or more extensive forms of writing. Social memory thus relates to various kinds of oralities and interaction with writing. Instead of speaking of the Jesus tradition simply as oral, Zerubavel’s notion of mnemonic transitivity indicates a deeper understanding of different types of oralities and oral transmission depending on the interaction between several sites of memory. Third, the theory of social memory as presented here holds together the typical and the specific situation while old form criticism tended to focus only on that which was typical and recurrent. The typical situations shaping the social memory of the past are to be seen in the regular and daily coexistence within the group. The tradition takes form through constant interaction within that mnemonic community. But there also usually exist specific occasions when people remember together, such as particular commemorative anniversaries and festivals. They make evident a process of what Zerubavel calls mnemonic synchronization, that is, specific moments when the entire mnemonic community focuses the attention on the same moment in history and synchronizes collectively the various individual memories of it. This picture is similar to what probably happened among the early Jesus followers at certain events such as baptism and the Lord’s Supper. People remembered together, often with ritual components. These events were particular mnemonic occasions of “co-remembering”; they were “ingroup” activities nourished by regular co-existence. It is less evident how activities aimed at outsiders, who were not socialized into the mnemonic community, could have had this synchronizing function. The sermons in the book of Acts and the Markan narrative indicate perhaps that the internal occasions of “co-remembering” were kerygmatically transformed and related to a broader audience.22 Fourth, while it is customary to think of the Sitz im Leben as a collective occasion and to regard the memories of individuals as rather insignificant in comparison to the joint memory and performance of the community, the study of social memory opens up a possibility to work with the collective force of the Sitz im Leben without rendering the individual a sort of “automaton” who passively obeys the interiorized collective will.23 The 22 �������������������������������������������������������������������������������  ������������������������������������������������������������������������������ Transmission and kerygmatic performance are often regarded as two mutually exclusive alternatives for the tradition process. I remain sceptical of this division. 23  This also how Fentress and Wickham express their critique of Emile Durkheim’s and Halbwachs’ emphasis on the collective nature of social consciousness (Social Memory, ix). Zerubavel is unclear on this point, but recognizes that we all have our own “autobiographical memories” and stresses the importance of distinguishing between personalized manifestations

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social perspective on memory makes a distinction between what is social and what is collective and looks at social memory as that part of the mental act of remembering which is socially conditioned. The collective memory is indeed of importance for the construction of social memory, but not identical with it. Fifth, instead of distinguishing between words and deeds as entities of tradition and thinking of the shaping of separate literary forms as tendencies of the group’s activities, the social investigation of memory looks for larger narrative arrangements according to which one patterned the past and maintained a sense of historical continuity. The strict distinction between the transmission of words and deeds follows a different scholarly agenda with little attention to how memory works. The social memory learns to remember and narrate the past according to conventional plot structures and mnemonic patterns and it gives social meaning to it by positioning past events in relation to each other. The scholarly enterprise of reconstructing Jesus by isolating specific traditional units, while certainly providing important fragments of historical knowledge, bypasses the reconfigurative and creative element of the traditioning and compositional process.24 From the perspective of social memory as here defined, the Jesus of history emerges through a complex process that transmitted tradition and simultaneously reconfigured him narratively. Sixth, social memory is closely related to a sense of temporal identity or temporal belonging, because it reflects past experiences and has at the same time an orientational function in the present. Identities are projects and practices and emerge from the ways we are positioned by and repeatedly position ourselves in relation to the narratives of the past. Remembering becomes part of the ever on-going search for belonging. To be part of a community means to situate oneself in relation to its past, be that a story about Jesus or other narratives, and to negotiate one’s own mnemonic identity in relation to the history of that group. The social dimension of memory highlights that the early followers of Jesus remembered as social beings who shared in the struggle and search for identity. Instead of seeking for their identity by focusing on textual form and redaction, as is still common in some of today’s discussion of Gospel communities,25 the social memory approach pays attention to the identification with and distance from the past of a mnemonic community’s collective memory and the “truly personal recollections” (“Social Memories”, 284, 294). 24  See further S. Byrskog, “The Historicity of Jesus: How Do We Know that Jesus Existed?”, in T. Holmén/S. E. Porter (ed.), The Handbook of the Study of the Historical Jesus (Leiden: Brill, 2011) 2183–2211. 25  For recent evaluation of the debate about Gospel communities initiated by Richard Bauckham, see the various contributions in E. W. Klink III (ed.), The Audience of the Gospels: The Origin and Function of the Gospels in Early Christianity (LNTS 353; London/New York: T&T Clark, 2010).

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reflected in the mnemonic structures of the narratives which the followers of Jesus produced and performed. The temporal dimension of the Gospel stories themselves rather than their fragmentary and hypothetical indication of what was behind or outside of them is the primary indication of the early Christian sense of belonging to and navigating between the past and the present.

Form Criticism and Beyond Theißen is keenly aware of the tentative explanatory value of grand theories and models of human thinking and behavior. His own contributions have been characterized by an admirable combination of theoretical and methodological acumen, on the one hand, and detailed observations on the available texts, be that the Gospels or the Pauline letters, on the other hand. This article adds a few minor theoretical reflections to his vast contribution in regard to the sociology of literature and of early Christianity and wants to pay tribute to the lasting importance of his early sensitivity to the social dimensions of the form-critical concept of the Sitz im Leben. As we today move into new territories of form-critical studies of the New Testament literature, recent developments in scholarly research about orality, textuality, narrativity and related areas suggest we look for and analyze textual forms that are different from the old form-critical categories and that agree with what we know today about ancient Greek, Roman and Jewish media of communication about the past. In accordance with the renewed notion of what the Sitz im Leben actually entailed in terms of its simultaneous orientation to the past and the present, I have elsewhere proposed we bring into focus the formation of narrative entities in recurrent mnemonic situations of transmission and performance and look for stylized patterns in the Gospels that are specifically mnemonic and narrative in character. 26 The chreia (together with the apomnēmoneuma) might be a good startingpoint. We know from the Progymnasmata of Theon, Hermogenes, Aphthonius and Nicolaus that people were used to work with it, and we know how they elaborated and condensed it for various rhetorical purposes. Instead of pointing to an allegedly pure form by means of theories concerning the tendencies of tradition and classifications based on how literary types and forms were supposedly used in various activities, a study of the chreia opens up the possibility of a disciplined and controllable analysis of how items of tradition were made to function in texts. In addition, the chreia was inherently 26  I made this suggestion for the first time in “A Century with the Sitz im Leben”, 26, and have elaborated it in subsequent studies, most recently “From Orality to Textuality: The Emergence of a New Form-Critical Paradigm”, Estudios Bíblicos 69 (2011) 39–53.

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oral, being a vital part of the preliminary exercises intended to prepare the students for more advanced studies of rhetorical techniques and oral delivery, and it was inherently narrative in that it included at least some kind of brief situational remark, thus harmonizing with the oral and partly narrative character of the Jesus tradition. It is, for the present purposes, also noteworthy that the chreia was, like the apomnēmoneuma, a thoroughly mnemonic entity. It should be memorized and, as such, elaborated. The memories of the past, of sayings and events, became stylized in memorable anecdotes that people learned to remember and modify from memory. This mnemonic character of the sayings- and action-chreia comes to the surface in the exercise which required students to recite it from memory. For Theon this was the first and most simple of eight gradually more difficult exercises with the chreia. It is obvious, he says, “because we try to the best of our ability to report clearly the assigned chreia in the same words or in others as well” (101 lines 7–9). 27 Recitation of the chreia in the classroom probably kept closely to the words of the teacher who provided it, but recitation with other words was also permissible. The emphasis fell on clarity. The recitation, whether in the exact words of the teacher or in a paraphrase, had to make sure that clarity was not sacrificed. Different factors and exercises may point to some indifference to the accuracy of historical report in the manipulation of the chreia, but variations are not necessarily unreliable when they are purposely made in order to make a point more evident. Rather, they reflect stylized attempts to negotiate mnemonically between the past and the present and to allow the memories of the past to be socially relevant and clear in repeatedly new situations. All in all, the new and intriguing insights of Theißen that moved old form criticism into the wider field of sociology, both in terms of the literature and the movement of Jesus followers, still have important repercussions on how tradition and transmission might be conducted and how to reconstruct or – better – reconfigure Jesus of Galilee. It now remains to turn back to detailed work with the texts. This work has only begun.

Bibliography Bultmann, R., Die Geschichte der synoptischen Tradition (FRLANT 29; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 21931). 27  The reference to Theon follow L. Spengel, Rhetores Graeci (vol. 2; Leipzig: Teubner, 1854). Spengel’s edition is referred to in the edition of M. Patillon and G. Bolognesi, Aelius Théon Progymnasmata (Collection des Universités de France; Paris: Les Belles Lettres, 1997).

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Samuel Byrskog

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Theißen, Form-Criticism and Social Memory

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Tom Holmén

“Jesus of Context”: Putting Perspective in Perspective

I. Introduction The concept of context is and has always been central to studying historical phenomena. When trying to reach a good understanding of some such thing, we almost reflexively place and view it in its context. Indeed, in historical disciplines this pursuit is basic and obvious to the degree that one seldom finds explicit definitions of it let alone discussion about it from a theoretical point of view.1 Fundamentally, studying a phenomenon in its context means utilising political, economic, social and other phenomena adjacent to the studied phenomenon for explanatory purposes of the phenomenon.2 In historical Jesus study, too, context has played a key role. This has been the case not only after the major turn to emphasizing the Jewish background of Jesus but even prior to that. We only need to consider how the scholarly ways of picturing Jesus, before and after the turn, relate to the scholarly views of the Judaism of Jesus’ time, before and after. Within but a few decades the Jesus who was on the verge of breaking out from a uniform normative Judaism turned into a Jesus to be viewed integrally within a diverse formative Judaism.3 Gerd Theißen has excelled in pursuing a contextual understanding of early Christian phenomena. His pioneering investigations into the sociology of early Christianity as well as utilization of theological background in explaining the Jesus movement and the earliest churches have paved the way 1  R.F. Berkhofer, Beyond the Great Story: History as Text and Discourse (Cambridge: Belknap Press of Harvard University Press, 1997), 31: “it rarely receives explicit formulation except from philosophers and theorists.” A case in point is Hayden White’s definition in his classical postmodern criticism of historiography; see H. White, Metahistory: The Historical Imagination in Nineteenth-Century Europe (Baltimore: Johns Hopkins University Press, 1975), 17–18. 2  See, for example, E.A. Clark, History, Theory, Text: Historians and the Linguistic Turn (Cambridge: Harvard University Press, 2004), 138. Advanced discussion can, naturally, detect several thorny problems in the question. For a very concise collection of the main points in debate, see T. Holmén, “A New Introduction to the Continuum Approach”, in T. Holmén (ed.), Jesus in Continuum (Tübingen: Mohr Siebeck, 2012), IX–XXI, on pp. XIII–XIV. 3  See shortly below.

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for much subsequent work.4 In historical Jesus research, Theißen has likewise emphasized the role of the context and made a contribution that has shaped scholarship and continues to do so. Here his discussion centers around the concept of plausibility. In a monograph co-written with Dagmar Winter, Theißen puts forward the notion of a plausible Jesus who both corresponds with his context and stands out from it.5 The quest for a plausible picture of the historical Jesus should aim at a portrait containing elements some of which are directly derivable from the context, others again distinctive within it displaying an independent profile.6 For, of course, real persons are unlikely to merely slavishly emulate their time and place. Certainly they will also bring along something distinctive, different, and even original. This notion must hold true especially with respect to Jesus, considering the view of the Judaism of the time as diverse, heterogeneous and being in a formative stage. In accommodating such a tension, Theißen’s “criterion of contextual plausibility” provides a clearly more advanced tool of historicity compared with the previous context-oriented criteria that have been in use.7 Inspired by the insights of Gerd Theißen, I would now like to raise some questions regarding the use of context in historical Jesus research. Context works as a medium for generation of meaning about Jesus, the phenomenon that is “placed in context”. Given the highly significant role context has, how should it be handled? In the following, I will deal with problems pertaining to the context-phenomenon relationship that can surface when at issue are (a) abrupt changes in how the contents of the context is viewed, i.e., what Jesus’ context is thought to consist of, to look like; (b) different modes of defining Jesus’ context; (c) the means by which the context creates meaning about Jesus. 4  From the extensive output, I here pick just these three (editions as available to me): Sociology of Early Palestinian Christianity (Philadephia: Fortress, 51989); Social Reality and the early Christians: Theology, Ethics and the World of the New Testament (Minneapolis: Fortress, 1992); The Religion of the Earliest Churches: Creating a Symbolic World (Minneapolis: Fortress, 92003). 5  See G. Theissen/D. Winter, Quest for the Plausible Jesus: The Question of Criteria (London: Westminster John Knox Press, 2002). 6  Theissen/Winter, Plausible Jesus, 179–88. 7  Theißen and Winter themselves refer to the “environmental criterion” (Plausible Jesus, 241). John P. Meier, employing the name “Criterion of Palestinian Environment”, expresses well the gist of this more straightforward tool: “sayings of Jesus that reflect concrete customs, social and political conditions in 1st-century Palestine have a good chance of being authentic.” J.P. Meier, A Marginal Jew: Rethinking the Historical Jesus: Volume One: The Roots of the Problem and the Person (New York: Doubleday, 1991), 180. See also, for example, R.H. Stein, “The ‘Criteria’ for Authenticity”, in R.T. France/D. Wenham (ed.), Studies of History and Tradition in the Four Gospels (Sheffield: JSOT, 1980), 225–63, on pp. 236–38; M.J. Borg, Conflict, Holiness and Politics in the Teaching of Jesus (Continuum: London, 1998; 1st ed. 1984), 36–37, 41.

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II. Contents of Context How does a radical change in the way the context of a phenomenon is viewed alter the way the phenomenon itself is understood, as when a new and very different view of the contents of the context emerges? As is well-known, the recent history of historical Jesus research offers a good concrete example of that in the comprehensive reassessment of the Judaism of Jesus’ time which was accepted quite quickly in scholarship. As already remarked, in only one or two decades the picture of a homogeneous, almost monolithic, normative late Judaism transmuted into a completely different concept.8 Correspondingly, and as a result, the scholarly characterization of Jesus as a “different Jew”, once deemed self-evident, quickly gave way to a wholly new emphasis. The resolve with which historical Jesus research has sought to conform to this swift change leaves little to be desired. Decades filled with astonishing activity, there has been no nostalgia for the past. Even though many highly diverse hypotheses have been entertained, reverting to the old picture of Jesus has not been an option. The “different Jesus” once shut out, has stayed out. No doubt, many would consider it highly surprising if anything could still challenge this situation. However, uncalled for as it thus might be, I would like to plead for one more reconsideration of the issue. In my view, scholarship has not yet fully realized the true depth of the change brought about by the radical turn in understanding the context, and the implications of this for the whole of the context-phenomenon relationship have not all been recognized. Let us have a closer look at that major turn, from the perspectives of both context and phenomenon. The context: During the 1970s, also partly in the 1960s and 1980s, the scholarly picture of first-century Palestinian Judaism was caught in winds of change. At the time of Jesus, scholars began to appreciate, Judaism did not live its later (or last) phases, but earlier ones. It was not fading away (from the way of Christianity) but was in the making. “Normative” “late Judaism” thus became “formative” “early Judaism”.9 Actually, Judaism at the turn of

8  On the change of attitude, cf. for example, G.W.E. Nickelsburg/R.A. Kraft, “The Modern Study of Early Judaism”, in R.A. Kraft/G.W.E. Nickelsburg (ed.), Early Judaism and its Modern Interpreters (Philadelphia: Fortress Press, 1986), 1–30, on pp. 9–21; J.J. Scott, Jr., Customs and Controversies: Intertestamental Jewish Backgrounds of the New Testament (Grand Rapids: Baker Books, 1995), 20–22. 9  See, for instance, J. Neusner, Formative Judaism: Religious, Historical, and Literary Studies: Second Series (Chico: Scholars Press, 1983), 1–6.

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the eras was heterogeneous, teeming with competing religious groups and their varying views about the Israelite heritage.10 The phenomenon: As a result of these deep and radical changes in the scholarly picture of Jesus’ context, effects on picturing Jesus were as follows: A surge of scholarship emerged that sought to locate Jesus firmly within Judaism.11 Having earlier been inclined to alienate Jesus from the Judaism of the time, scholars now launched an attempt to properly and decisively integrate him into it.12 In other words, Jesus was no longer that “different Jew” on the fringes of Judaism and on the verge of breaking out. Instead, he was now clearly regarded as an internal phenomenon of Judaism. Thus, in scholarship that ensued, the more the heterogeneity of Jesus’ Jewish context was emphasized, the more it was also emphasized that Jesus belonged within that context, i.e., Judaism. It is easy to pick out representative estimates about the Judaism of the time: “early Judaism appears to encompass almost unlimited diversity and variety”;13 “there were only the infinite and diverse Judaic systems”;14 radical pluralism was “the order of the day”;15 and “all these movements were in some way unique, controversial, contentious, and convinced of their ‘orthodoxy’”.16 So one should realize “the total impossibility of any type of closed, systematic, normative Judaism”.17 Statements about Jesus that correspond to these estimates are virtually omnipresent. Thus, here are but a few samples: “it is now widely recognized that Jesus stood foursquare within the Judaism of his day”;18 “Jesus is now 10 �������������������������������������������������������������������������������������  See, for instance, G.G. Porton, “Diversity in Post-Biblical Judaism”, in Kraft/Nickelsburg, Early Judaism, 57–80; A.I. Baumgarten, The Flourishing of Jewish Sects in the Maccabean Era: An Interpretation (Leiden: Brill, 1997). 11  See, for example, G. Theißen/A. Merz, Der historische Jesus (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1996), 29; T. Holmén, “The Jewishness of Jesus in the ‘Third Quest’”, in M. Labahn/A. Schmidt (ed.), Jesus, Mark and Q: The Teaching of Jesus and its Earliest Records (Sheffield: Sheffield Academic Press, 2001), 143–162. 12  J.H. Charlesworth, “The Foreground of Christian Origins and the Commencement of Jesus Research”, in J.H. Charlesworth (ed.), Jesus’ Jewishness: Exploring the Place of Jesus in Early Judaism (New York: Crossroad, 1996), 63–83, on p. 82; D.J. Harrington, “The Jewishness of Jesus: Facing Some Problems”, in Charlesworth, Jesus’ Jewishness, 123–136, on p. 125. 13  Nickelsburg/Kraft, “Modern Study”, 2. 14  J. Neusner, The Judaism the Rabbis Take for Granted (Atlanta: Scholars Press, 1994), 18. 15  B. Chilton, The Temple of Jesus: His Sacrificial Program Within a Cultural History of Sacrifice (University Park: Pennsylvania State University Press, 1992), 181. 16  H.-D. Betz, “Wellhausen’s Dictum ‘Jesus was not a Christian, but a Jew’ in Light of Present Scholarship”, ST 45 (1991), 83–110, on pp. 100–101. 17  Charlesworth, “Foreground”, 72. 18  J.D.G. Dunn, “Judaism in the Land of Israel in the First Century”, in J. Neusner (ed.), Judaism in Late Antiquity: Part Two: Historical Syntheses (Leiden: Brill, 1995), 229– 261, on pp. 240–241.

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recognized to have been a devout Jew”;19 he was “a vigorous participant” of Judaism;20 “[a]nd so Jesus was Jewish from start to last”.21 Hence, the statements about Jesus that seek to express the new understanding of him, resulting from the new view of Judaism, all underline Jesus’ thorough Jewishness and how he was of like mind with his contemporaries. In general terms, this holds true universally about the current scholarship, the state of research prevailing since the 1980s. However, in my view the very situation here is actually of the sort that passes to illustrate how tricky to handle the concept of context can be. I believe the comprehensiveness with which the critical findings of the past decades have altered the whole setting wherein we regard Jesus and Judaism, assess the phenomenon in its context, has been underestimated after all. The radical change in the contents of the context has created a situation where we should seriously rethink not only the contents of the phenomenon but even the logic of the expressions we use to describe it. This can be shown by considering some stock phrases that are commonly employed to emphasize the Jewishness of Jesus: “Jesus was a Jew”, “Jesus was very Jewish”, and the ultimate truth “Jesus was not a different Jew”. What do they really mean in context? Or, indeed, in which context do they actually mean something? Jesus was a Jew. This statement is of obvious importance and carries a message – when it is considered against the old picture of Judaism: despite the views that seek to place Jesus on the fringes of normative Judaism, he is still clearly to be regarded as a Jew, not as somebody who partly is, partly is not that. Viewed against the background of the new picture, however, viz. a heterogeneous and diverse Judaism, the statement suddenly does not say much. Actually, it forms a genuine platitude. “So what?” is the question this raises. Indeed, unless we revert to the old understanding of Judaism, we must take Jesus being a Jew as the starting point of research, not as its outcome. Only having determined in a more exact fashion what kind of Jew Jesus was, has the scholar said more and other than trivial things about him. Jesus was very Jewish. This statement presupposes that there was a determinable gist or core in early Judaism. Placement of Jesus very near this core, then, would make him very Jewish. But what if there was no such core or gist, as seems to be suggested by many present day characterizations? Namely, if “there were only the infinite and diverse Judaic systems” (etc.)? One cannot advance the demand that Jesus should be placed near the centre 19  J.H. Charlesworth, “Jesus Research Expands with Chaotic Creativity”, in J.H. Charlesworth/W.P. Weaver (ed.), Images of Jesus Today (Valley Forge: Trinity Press International, 1994), 1–41, on p. 9. 20  Chilton, Temple of Jesus, p. 190. 21  B.D. Ehrman, Lost Christianities (New York: Oxford University Press, 2003), 96.

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of Judaism and at the same time maintain that in Judaism no such centre existed. In other words, the endeavour of the current research to emphasise, on the one hand, the thorough heterogeneousness of the Judaism of Jesus’ time and, on the other, the thorough Jewishness of Jesus runs into trouble in that the former emphasis tends to exclude a key presupposition of the latter. The problem at hand here is greater than might seem at first. It effectively complicates the ongoing discussion about Jesus’ Jewishness. However, it is not a concern of Jesus research alone. If there was in the Judaism of the time no distinguishable normative, mainstream or similar form of religiosity – thus no yardstick for measuring what is central and what, again, marginal in Judaism – we cannot actually tell whether anything was very Jewish or, on the contrary, not very Jewish. Were the Pharisees centrally Jewish? Was the temple a central element of Judaism? The Torah? Were the cynic Jews marginally Jewish? Thus, the statement “Jesus was very Jewish” would also work better together with the old picture of Judaism. In fact, as we saw, the assessment of Jewishness of whatever phenomenon belonging to that context would seem to work better with the old picture. Alas, we cannot revert to it, can we? However, what we can do, while upholding Judaism as thoroughly heterogeneous, is also to distinguish between core and periphery in it! The art of defining Judaism, not only content-wise but also method-wise, will be the subject of the next section. Before that there is one more stock phrase to be considered. Jesus was not a different Jew. What does it mean that early Judaism was characterized by heterogeneity and diversity if not the fact that deviation and difference were its central ingredients? Most people differed from each other to some degree and some differed greatly. Emphatically denying Jesus’ difference as a Jew we arrive at a peculiar configuration: everybody else was “controversial, contentious, and convinced of their ‘orthodoxy’”, but not Jesus. However, we also arrive at a frustrating (because, at bottom, needless) dead-end. For in reality, considering the new picture of Judaism, not only could we, but indeed we should claim that Jesus was different and deviant – not being outside of Judaism, as if opposed to it, but inside, participating in it: like Judaism (with differences as a central hallmark), like Jesus the Jew (in his own way different). Therefore, even Jesus’ being different must in today’s scholarship be regarded as the starting point, not the upshot, of research. How was Jesus different? How did he differ from other Jews, from other Judaism(s)? These are questions that research recognizing the heterogeneous nature of Judaism simply cannot go without and hope to make progress. These, however, are also questions that the frequently made assertion “Jesus was not a different Jew” effectively suppresses.

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In fact, the stock phrase “Jesus was not a different Jew” results from setting the new picture of Jesus against the old picture of Judaism. Jesus is considered on the basis of today’s insight that he must be placed firmly inside Judaism. Judaism, again, is thought of as the solid and homogeneous entity of yesteryear, inside which Jesus must not be seen as differing from others (for as different he should, rather, be placed outside or on the fringes of Judaism). Hence, Jesus must not be depicted as a different Jew. However, the new picture of Jesus came about just because a new picture of Judaism was engendered. The new Jesus cannot truly exist without the new Judaism. In this new situation – Jesus is viewed within (= the new Jesus), viz. within the diversity of Judaism (= the new Judaism) – “different Jesus” loses the dubious character it has had in the past and emerges as the question that holds all or at least most of the promise. All in all, as can be seen, expressions and statements like these three are actually crucial to how we channel and aim our scholarly efforts. Their analyses above reveal that some implications – maybe the most radical ones – of the profound change in how we picture the context of Jesus cannot be fully grasped unless we completely and permanently let go of all that went into the old research situation. They also reveal that having done so our foremost target should be finding out about Jesus’ difference as a Jew. We now turn to some further questions that pertain to the role of context in current historical Jesus research.

III. Defining Context Defining first-century Judaism as the context of Jesus is not only a question of contents but also of method or mode: How and according to which principles is the definition made? Such process-related factors do vary, and when more than one mode of defining is available, their priority, sometimes even validity, should be judged on the basis of the aim of the definition, i.e., for what purpose the definition is made. I will call a particular mode of definition combined with a particular purpose the definition aims to serve, the issue of definition strategy. In the following, I will discuss two different modes of definition, nominalism and essentialism,22 which often and 22  For the following, see especially W.S. Green, “Ancient Judaism: Contours and Complexity”, in S.E. Balentine/J. Barton (ed.), Language, Theology, and the Bible (Oxford: Clarendon Press, 1994), 293–310; idem, “Introduction: The Scholarly Study of Judaism and its Sources”, in J. Neusner (ed.), Judaism in late Antiquity: Part One: The Literary and Archaeological Sources (Leiden: Brill, 1995), 1–10. Besides essentialism and nominalism, Green discusses even “polythetic classification”. I do not find the terms altogether satisfying.

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varyingly work as assumptions behind the descriptions of both the Judaism of Jesus’ time and the Judaism of Jesus. In particular, I will seek to explicate their significance as definition strategies. The pivotal question here, in keeping with the problems raised in the previous section, is how to describe Jesus’ Jewishness, how to relate him as a Jew to his Jewish context in a relevant way. A nominalist definition is identity-centered, analytical and independent of the phenomena surrounding the identity that is focused on.23 A definition of Judaism along the lines of the nominalist mode can run for example so: Judaism is “... the religious behavior of all people who call themselves and are known to others as Jews.”24 In order to describe Jesus as a Jew, employing a nominalistic definition of Judaism, we only need to state all Jesus said and did. This is because according to the nominalistic definition Jesus’ Jewishness is just what he is. What he is displays his Jewishness. An essentialist definition focuses on shared features and similarities and defines Judaism by means of certain core beliefs and metaphors.25 Such essentialist definitions are at the bottom of the basic or common Judaism as outlined, for example, by E.P. Sanders, J.D.G. Dunn and N.T. Wright. Sanders has advocated restoration eschatology and covenantal nomism,26 Dunn the four pillars of temple, God, election, and Torah,27 and Wright talks about a “mainline” which is explained through the study of worldview, beliefs, and hope.28 Use of the essentialist mode renders describing Jesus’ Jewishness more complicated. For we now need to find out about Jesus’ relation to the core beliefs and metaphors we have chosen to define Judaism. Then the question is always whether the Jesus tradition allows any adequate decision to be made on the point of the relevant issues. Can we find material where we could clearly and reliably enough learn about Jesus’ disposition to those beliefs and metaphors? An important insight when assessing these two modes of definition is that we can alternate the focus of the analysis of the early Jewish data. In other words, we can focus our analysis on various elements of the data. To put it simply, choosing between nominalism and essentialism means focusing either on what is different and separates or on what is common and unites.29 23  Green, “Introduction”, 7–8. 24  S.J.D. Cohen, From the Maccabees to the Mishnah (Louisville: Westminster John Knox Press, 2006), 130. 25  Green, “Introduction”, 6–7. 26  E.P. Sanders, Jesus and Judaism (London: SCM Press, 1985), 61–119, 335–37. 27  Dunn, “Judaism”, 251–57. 28  N.T. Wright, The New Testament and the People of God (Minneapolis: Fortress, 1992), 215–338. 29  A (modern) spectator can, of course, both look for common features and analyze differences. For example, Dunn has differentiated between the outsider’s and the insider’s

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Depending on which of these foci is applied in the analysis of the material, we arrive at different types of definitions of Judaism, not to be seen as mutually exclusive but as complementary and purpose-oriented.30 This means that the two modes of definition can be made to serve different pursuits of investigation of the historical Jesus – i.e., they contribute to form two different definition strategies. What, then, could such pursuits of investigation be and how are the different strategies made good use of more concretely? I will give two brief examples both of which also illuminate the problems we encountered in the previous section. The pursuit of the current research of early Judaism to shed more light on the diversity aspect of Judaism benefits greatly from the nominalist strategy,31 for nominalism works well in attempts to account for differences in Judaism, to articulate diversity and heterogeneity.32 In fact, it is this strategy that in a decisive way has contributed to the emergence of the new picture of early Judaism and, consequently, to the subsuming of Jesus into that Judaism. Because of the great heterogeneity of the Judaism of Jesus’ time, Jesus simply cannot be presented as detached from it. On the contrary, the specific emphases and even particularities of Jesus, i.e., his “religious behavior”,33 are correctly seen as constituting Jesus’ Judaism. This is the perspective on Judaism as the context of Jesus that leads to the assurance of Jesus’ integral Jewishness and makes it the starting point of research.

view of Judaism in Israel in the first century. For him, the modern scholarly understanding of that Judaism as a highly diverse and heterogeneous religion is precisely such as is attained when viewed from without (Dunn, “Judaism”, 236–251). Interestingly, Martin Hengel and Roland Deines characterize Sanders’ “common Judaism”, a concept seeking to focus on the joint elements of all “Judaisms”, as a description of Judaism as it is seen from outside (“E.P. Sanders’ ‘Common Judaism’, Jesus, and the Pharisees”, JTS 46 [1995], 1–70, on p. 68). For Hengel and Deines, people in Palestine itself (thus Dunn’s from within), “noticed much more acutely the considerable differences and tensions” (Hengel/Deines, “E.P. Sanders’ ‘Common Judaism’”, 68). I agree with Green (“Introduction”, 8) that “insider”/“outsider” are labile categories – as is demonstrated by their contradictory application by Dunn and Hengel & Deines – and that the endorsement of the “native’s point of view” is not necessary for our framing of ancient data (though it is part of the data). 30  So Dunn, “Judaism”, 236–251, and Hengel & Deines, “E.P. Sanders’ ‘Common Judaism’”, 67–68, differentiate between various ways of observing the phenomenon of Judaism and consider these to complement each other. Scholars such as Cohen (Maccabees, 130) and L.H. Schiffman (From Text to Tradition: A History of Second Temple and Rabbinic Judaism [Hoboken: Ktav, 1991], 4), have also pointed out this optionality. 31  Green, “Introduction”, 6–9; see even Green, “Ancient Judaism”, 297–300, 306– 310. 32  Green, “Introduction”, 7–8. This would be Dunn’s outsider’s view, Hengel & Deines’ view from within. 33  Cf. Cohen, Maccabees, 130.

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Thus, nominalism works quite well and comes in useful – when serving a purpose like that! Problems emerge when one wants to describe Jesus in a way which requires comparison of some kind. For nominalism does not provide analytic traits for such pursuits. This is why the stock phrases discussed in the previous section presented difficulties. The statements “Jesus was very Jewish” and “Jesus was not a different Jew” encountered problems because they both presuppose comparison, whereas the largely nominalistically articulated new picture of Judaism, against which the statements were reflected, cannot be bent to suit that. The nominalist strategy cannot make a difference between very much and very little Jewish. Based on a nominalistic definition of Judaism, Jesus can be placed within Judaism, but it will always be impossible to locate him there in any more exact way. Of course, even from a nominalist perspective, it is possible to state that Jesus was right in the middle of his own Judaism and that he therefore was very Jewish. This, however, answers no real question. These difficulties unravel when we change to the essentialist strategy.34 By determining a core or centre for Judaism, a point of comparison is created which enables studying Jesus relationally. It becomes possible to assess how close or where, altogether, in relation to the core or centre Jesus lodges. We will also be able to discern how he was different from others, that is, how he differed from and/or agreed with the core ideas compared with others.35 The current discussion about the Judaism of Jesus’ time and the Judaism of Jesus runs into trouble precisely because instead of letting the strategies complement each other, one of them is played against the other. Most obvious is the emphasis of nominalistic views of Judaism that tends to shut essentialism out of the picture. Part of this tendency may result from the fact that essentialist definitions can appear as suspicious since they easily leave the impression of reverting to painting the old picture of “normative” Judaism. Or they can be suspected of somehow compromising the current view of first-century Judaism as diverse. Against these misgivings we can but restate that different types of definitions of Judaism can be summoned depending on what kind of elements we focus on. And that that focusing, again, can be adjusted (and is certainly worthwhile adjusting) according to the purpose the definition is supposed to serve. In a way, of course, the legitimacy of such definition strategy can be confirmed quite easily: If we 34  Dunn’s from within, Hengel & Deines’ from outside. 35  However, the essentialist strategy has its own problems. A very strict essentialist definition of Judaism can lead to a situation where one downright dictates what Jesus, being a Jew, must have looked like. As one corollary of this, all who determine the core beliefs and metaphors (the central ingredients of an essentialist definition) differently emerge as if not picturing Jesus as truly Jewish. Such cases must be regarded as misapplications of the strategic use of definitions.

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wish to characterize Jesus as very Jewish or, in general, picture him in whatever way in relation to other Jews, “Judaisms” or elements of Judaism, the only way we can achieve this is to accept essentialist definitions alongside nominalistic ones. This kind of strategic thinking is the only means to proceeding further from the starting point of research, viz. that Jesus was a Jew.

IV. Context Creates Meaning What does it mean to “study Jesus in the context of the Judaism of the time”? What do we do with the context so that it means something in relation to the phenomenon itself and, then, what something can it mean? I will distinguish and discuss two such context functions: (A) Context allows us to see the phenomenon placed in it in a proper light, in an appropriate perspective. In other words, context informs the interpretation of the phenomenon. Accordingly, we try to interpret Jesus by viewing him in relation to contemporary Judaism. (B) Context is used to deduce descriptions of the phenomenon itself. Now context informs about the contents of the phenomenon. Accordingly, we observe that this and that belonged/did not belong to the Judaism of Jesus’ time, and then conclude respectively that it did/did not belong to Jesus’ proclamation too/either. The difference between these two functions can admittedly be rather subtle. It is often unwarranted to try to keep “interpretation” and “contents” neatly apart from each other. After all, interpretation is the interface between the interpreter and the phenomenon; the contents of the phenomenon offer themselves through interpretation. In historical Jesus research, however, a particularity that applies to the sources in fact renders divorcing these two functions quite feasible. For an appreciation of this and for further analysis, three things need to be observed. First, the relevant sources can be arrayed in two groups: the context sources and the Jesus sources. Are we using sources that tell about the world Jesus lived in but do not mainly or at all seek to inform about Jesus himself? Then we are using sources for Jesus’ context. Or are we using sources that, perhaps alongside other concerns, directly focus on disclosing things about Jesus? Then we are using sources for Jesus. The line between these two source groups is readily perceivable; it can even be spelled out on the spot. The Jesus sources consist of the synoptic gospels, sometimes complemented by the Gospel of John, more rarely by the Gospel of Thomas, and only infrequently with some minor and peculiar texts and fragments. The context

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sources, again, are all other documents and other types of sources36 bearing relevance to Jesus’ time and place. Secondly, the question needs to be asked, what sources are being utilized and how, for what purpose. Oftentimes in historical Jesus research, the context sources are used mainly to provide the scholar with knowledge about the context of Jesus. In this light, then, the scholar interprets knowledge about Jesus provided by the Jesus sources (cf. here A). Sometimes, however, the context sources are given a clear key role both in describing the context and in describing the phenomenon itself, i.e., Jesus, the Jesus sources featuring in a mere secondary position or being left totally out of sight – that is, even with respect to describing Jesus (cf. here B). I shall call these two functions of the context in historical Jesus research referential and substantial; so also and accordingly, the reference function and the substance function. Thus, because of the particular way the sources can be arrayed in historical Jesus research, it is possible to make a meaningful distinction between the referential and substantial functions of context. When both the context sources and the Jesus sources are utilized, informing respectively about the context and about Jesus, the function of the context is referential. If, however, the context sources are utilized even for the purpose the Jesus sources have usually served, that is, to inform about Jesus, and especially if they more or less displace the Jesus sources in this service, then the function of the context has become substantial. Thirdly, then, this difference between the two functions of the context can be reduced to a question about the value of the Jesus sources. Can they disclose something essential about Jesus? In particular, can they offer something more and/or better than what can be reached by using the context sources? A positive answer leads to the referential use of the context, a negative again to the substantial one. Accordingly, those scholars who favor approaches that essentially build on the substance function of the context often doubt the usefulness of the Jesus sources. Before pursuing the analysis further, let us have a quick look at the two main criticisms raised to sustain such a suspicion. On the one hand, a claim can be made that usage of the Jesus sources is uncritical and leads to gullibility. A proponent of so-called social-scientific approaches, a scholarly discipline the pursuance of which in historical Jesus study largely depends on the substance function of the context, can express it thus: “They [sc. the historians] frequently believe that the facts, the evidence, is there for the picking: ‘just read the sources!’ Social-scientific approaches

36

 See shortly below.

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do not for a moment believe in such ‘immaculate perception’.”37 In fact, however, the history of Jesus research is to a great deal a tale about the development of various methodological procedures that seek to come to terms with the challenges involved in using the Jesus sources. A considerable methodological arsenal – often connected with the concept of authenticity – has accumulated the sole purpose of which is to encounter these challenges and render the use of the sources relevant. On the other hand, consequential to the methodological efforts, an attitude towards the Jesus sources quite opposite to what is suggested by the tagline “just read them” has been prominent to the degree that even the following criticism has been found appropriate. Another proponent of social-scientific approaches estimates: “The misguided effort to establish Jesus’ ‘authentic’ sayings tears them from any intelligible literary and historical context.”38 Naturally, if a decision is to be made between two bad choices – “just” reading the sources vs. methodologically misguided reading of them39 – why not try not to read the sources in any way substantially at all? By using context according to the substance function, the context sources are, so to say, made to answer on behalf of the Jesus sources. One escapes being involved in the problems of the Jesus sources and being dragged into the formidable methodological discussion regarding them. For my part, I do not think this is the road to be taken with respect to the use of the Jesus sources. The question we now return to is how the two functions of the context, referential and substantial, should be evaluated as servicing the pursuit of the historical Jesus. The above criticisms and observations regarding the Jesus sources will, however, resurface very soon. The context sources, by the sheer number of them, do hold certain promises of being up to the task indicated by the substance function. There are masses of early Jewish literature that can be applied here. In addition, by “sources” we do not need to think of literary documents alone. Many disciplines that employ other than written records can be drawn on as informing about the context – and then, according to the substance function, about Jesus himself, too. Archaeology and other ancient-historical disciplines40 are among the more traditional ones. Contemporaneously 37  B. Malina, “Social-Scientific Approaches and Jesus Research”, in T. Holmén/S.E. Porter (ed.), Handbook for the Study of the Historical Jesus (4 vol.; Leiden: Brill, 2011), 1.743–75, on p. 759. 38  R. Horsley, “Jesus and Galilee: The Contingencies of a Renewal Movement”, in E.M. Meyers (ed.), Galilee through the Centuries: Confluence of Cultures (Winona Lake: Eisenbrauns, 1999), 57–74, on p. 57. 39  To be sure, the methodology of historical Jesus study does not aim to tear sayings from their literary or historical contexts. Maybe what is referred to by Horsley is the critical questioning of whether the contexts of Jesus’ sayings present in the gospels can be trusted. 40  E.g., numismatics, paleography etc.

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modern and, furthermore, better suited for the substance function are socialscientific approaches, already mentioned. I have elsewhere introduced the concept of “extrapolative sources” seeking to identify approaches that can lead to knowledge about Jesus without recourse to written documents about him (i.e., the relevant gospels): For example, sociology sometimes takes on such a role [sc. of an “extrapolative source” for Jesus], with statements about Jesus being extrapolated from the sociological data of Jesus’ time and place. Further along this line of methodological thinking, we find various sociological models used to explain and describe Jesus. Partly related to these are various role categories, such as prophet, sage, teacher, Cynic itinerant, charismatic, miracle worker, or messianic claimant, which sometimes help complement the picture of Jesus which is based on information acquired elsewhere and justifies identifying him with some specific role category. Finally, archaeology, topography etc. can in principle be employed as independent “sources for Jesus,” although they are most often integrated into the sociological approaches.41

There is no question that the context sources, especially when understood in this broad way, can indeed take us a long way towards learning about Jesus. In other words, the context can be used according to the substance function. On the other hand, there are serious limits to it that are actually discouraging. These are the shortcomings that at least should be observed: First is the generality of the extracted data: It is possible to use sociological and other types of knowledge and means to work out extrapolations that concern even the individual (which, to be sure, historical Jesus research is all about, i.e., study of an individual). However, all things that through induction and deduction42 can be judged to pertain to an individual necessarily pertain to some group, too. For their pertinence with respect to the individual results precisely from the individual’s belonging to the group. Ultimately, the discrete piece of information that connects the particular individual with the particular group must come from elsewhere. As with Jesus, this means the Jesus sources. A simple concretization of this may be given: We know that Jesus was accustomed to an itinerant life style because at that time in Galilee builders needed to travel actively in order to keep themselves employed.43 In this statement, what on the basis of the context sources is known about builders in general is applied to an individual. Hence, the substance function of context is in use. What hereby is learnt about the individual is actually very useful. It might explain why Jesus apparently did not have any greater problems in adopting the harsh life of an itinerant preacher. However, what 41 ��������������������������������������������������������������������������������  T. Holmén, “A Metalanguage of Historical Jesus Methods: An Experiment”, in Holmén/Porter, Handbook, 1.589–616, on p. 593. 42  See Malina, “Social-Scientific Approaches”, 752. 43  See, for example, recently, J.L. Reed, “Instability in Jesus’ Galilee: A Demographic Perspective”, JBL 129 (2010) 343–65.

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the context sources cannot tell us is the simple but absolutely necessary piece of the puzzle that Jesus in reality was a builder based in Galilee. In order to become aware of that elementary item of information we must turn to the Jesus sources. The same of course goes with the notion, imperative to any serious picture of Jesus, that Jesus at some point of time exchanged building work for preaching. Thus the second shortcoming, resulting from the one above, is the substance function’s inevitable dependence on the Jesus sources in some measure. The context, even when used substantially, cannot really tell us anything about Jesus without the help of the Jesus sources. Hence, we reenter the problems regarding the relevant use of these sources; there is no escaping them after all. A crucial question is: What is the perspective on the Jesus sources now? One of “immaculate perception” or of the authenticity criteria, or has indeed some further and better approach to using the Jesus sources emerged as a result of the employment of the substance function of the context? In other words, what is the worth of calling upon the substance function if one in any case has to turn to the Jesus sources too? Is the scholar now, viz. having availed himself or herself of the substance function of the context, in a better position to deal with the Jesus sources and handle the problems involved in using them? I will answer that question by taking two samples from Richard Horsley (see also the review of Bruce Malina following shortly). Let us use the study from which a quotation was already made earlier. According to Horsley, it is significant that the social unit where Jesus preached and healed was the village assembly. This statement follows a short discussion regarding the Markan remark on Jesus attending the synagogai, the meaning of which is qualified as follows: Because archaeological exploration has found little evidence for synagogue buildings in Galilee until the third century and after, it seems that synagogai, which means “assemblies” anyhow, must refer not to buildings but to the assemblies in which the villagers met for all kinds of purposes, from communal prayers to assigning delegates to fix the village water source.44

It might seem at first that Horsley’s argumentation here follows the path of “just read the sources”, for the Markan piece of knowledge that Jesus participated in synagogai is trusted implicitly. Actually, however, Horsley is employing a criterion of authenticity. The criterion at work here is of old known as “the environmental criterion”, dictating that information which conforms to Jesus’ “environment”, the time, place, social situations, conceptions etc. – in other words Jesus’ context – has a claim to authenticity.45 44 45

 Horsley, “Jesus and Galilee”, 71.  See note 7 above.

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Accordingly, in Horsley’s reasoning, since the Markan remark can be interpreted to fit the archaeological and linguistic knowledge, it can be used. Further, Horsley criticizes the picture painted of Jesus’ table fellowship by John Dominic Crossan and Burton L. Mack: Archaeological exploration, moreover, can provide no suitable concrete physical site for the presumed table fellowship. Houses and courtyards were too small for a group the size of J. D. Crossan’s open commensality and would definitely have been too malodorous ... for the erudite symposia Burton Mack imagines.46

Here the same criterion is applied, only in a negative way, viz. to indicate what cannot hold true. Accordingly, the interpretations of Crossan and Mack do not fit what is known about Jesus’ “environment” or context and are therefore to be rejected. So even the gospel accounts (most noticeably in parables, accusations and the Last Supper texts) that perhaps could suggest something along those lines should not be resorted to. Instead, the mission discourses (Mark 6:7–13; Luke/Q 10:2–16) indicate the manner Jesus and his followers were fed and housed during their stay in a village: “The social unit, or form, of the mission and group formation is the village community,” 47 of which we saw just above that it fits the contemporary context. Horsley’s treatment of the Jesus sources is typical of social-scientific and all other approaches that essentially build on the substance function of the context: the contextual criterion is employed, indeed, exclusively and very rigorously.48 As a solution to the problem of how to use the Jesus sources this is not a third alternative besides “just read the sources” and the effort to establish authenticity but, instead, a “lite” version of the latter one. For one thing, the problems involved in using the Jesus sources receive very little attention here, many would say too little.49 For another, the old environmental criterion should necessarily be “upgraded” to the criterion of contextual plausibility suggested by Gerd Theißen. There is one very important and even pressing reason for that. As remarked right at beginning of this essay, according to the criterion of contextual plausibility the contextphenomenon relationship must not be described in terms of conformity alone but tension with the context should also be included in the picture. In fact, without elements of tension, i.e., something by which the phenomenon also stands out from its context, we cannot call our portrait of the phenomenon plausible. The substance function of the context, however, in whatever way 46  Horsley, “Jesus and Galilee”, 71. 47  Horsley, “Jesus and Galilee”, 72. 48 �������������������������������������������������������������������������������������  One can naturally agree or disagree with the closer concrete description of the context, for example the depictions of Horsley above. Such questions are not the focus of the present study. 49 ���������������������������������������������������������������������������������������  Above all, there is the fact that one should never use too narrow a repertoire of criteria, not to speak of relying exclusively on a single criterion.

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it is applied, is stuck with the environmental criterion and categorically excludes such elements. Hereby the third and in my view the most serious shortcoming of the substance function manifests itself. The third shortcoming of the substance function of the context is the conformity of all data with the context. The substance function cannot, under any circumstance, produce contra-contextual statements about the phenomenon. It can never result in descriptions of the phenomenon it belongs to that would be against what is suggested by the context sources. If it does, we are no longer dealing with the substance function of the context but have reverted to the referential one. For the context cannot suggest anything against itself. The picture of Jesus that emerges in this way will inevitably be a slavish copy of the Judaism of the time. Even at its best, it will be a collage made from parts and elements – those we know of – of that Judaism. All concepts that require contra-contextuality, such as individuality, originality, or difference, are excluded from descriptions of Jesus. A Jesus looking like this will also inevitably be implausible and unrealistic. For if we see Jesus as a man of his time, as I think we unquestionably should, and if we see his time as that of a formative, diverse Judaism, which cannot be questioned either, we should allow exactly those concepts, individuality, originality etc., also to contribute to our picture of him. This exactly is the insight that makes the contextual plausibility criterion of Theißen better than and preferable to all previous or other context-derivative criteria. We can conveniently illuminate this problem by considering the highand low-level abstractions Bruce Malina puts forward to sketch Jesus from the point of view of anthropological history.50 We read that like his contemporaries, Jesus was enculturated into a collectivistic society, hence his was a collectivistic personality (p. 760); that like his fellow Galileans, Jesus lived subject to nature, with great concern to understand those personal entities that impinged on their lives, and hence, for Jesus, human nature and human character never changed (p. 762); that like everyone in his society, Jesus knew that all goods in life were limited, and so he was aware of envy and the evil eye (p. 762); that like other first-century Mediterranean people, Jesus knew that society and even nature were running down (p. 763); that like his fellow non-elites, Jesus had little interest and concern for cities (p. 763); that like holy men in the past and present, Jesus had direct contact or communication with the realm of God, and a control of spirits (p. 765); that like holy men the world over, Jesus’ activities had a this worldly focus (p. 765); that like the prophetic holy men of Israelite traditions, Jesus also carried out the role of a prophet, proclaiming the kingdom of God (p. 765); 50

 For the following, see Malina, “Social-Scientific Approaches”, 759–773.

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that like the life of other human beings, Jesus’ life had a beginning, a middle and an end, which besides the descriptions of his public career and end on the cross led to stories relating his birth, infancy, and growth (p. 768); and that like any public execution, Jesus’ crucifixion was a status degradation ritual (p. 773). Similar abstractions are made inter alia regarding Jesus’ concern with Israel alone, his restriction to speaking about the God of Israel alone, and his career as a faction founder. The point now is not that these “like”-conclusions would be wrong as such. In themselves, I would dare to say, these conclusion are not bad, wrong or even contested. What is wrong is that there are no “unlike”-conclusions and, moreover, that there simply cannot be such, using the context according to the substance function. Pursuing this approach, Jesus will never appear unlike something contemporaneous. We must deliberate: Is it correct to deny that to Jesus but not to other Jews or parts of Judaism? But if that is denied to all Judaism, how could the picture of a heterogeneous and diverse Judaism be sustained? Since the substance function of the context thus categorically denies the picture of Jesus any contra-contextual features, it cannot be regarded as a valid approach to the historical Jesus. This does not mean forgetting about the context, marginalizing its role or tearing anything from it. It only means that preference is given to the reference function instead of the substance one. When the reference function of the context is applied, the Jesus sources are not silenced as soon as they suggest something that lies in tension with the context. Instead, an understanding thereof is sought – in the light of the context. In other words, the context now informs the interpretation of the phenomenon. However, the reference function being firmly established, the substance function of the context need not be completely set aside. The context can also be utilized to inform about the contents of the phenomenon, as long as it in turn does not set aside the reference function, i.e., as long as the Jesus sources are not marginalized in their role of informing about Jesus and as long as even contra-contextual descriptions of Jesus appear. Hence, we cannot really escape endowing the Jesus sources with a central role in the study of the historical Jesus. This means that we cannot really escape encountering the problems involved in using these sources. And this means that we cannot escape involvement in the methodological discussion regarding them.

V. Collected Results Less is more: (a) The statement that Jesus was a Jew forms the starting point of current research. From here on, we must proceed by asking what kind of Jew he was.

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In particular, we should ask how Jesus differed from other Jews or “Judaisms”. That is to say, we should inquire into his difference compared with that of other Jews or “Judaisms”. After the misplaced wanderings of previous phases of research, therefore, historical Jesus study must now reengage in the quest for the different Jesus. This is required by the contextphenomenon dynamics, i.e., this is our only way forward as long as we continue to regard the Judaism that formed Jesus’ context as heterogeneous and diverse. (b) On the other hand, the only way to be able to pursue such a quest is that we also distinguish some core, centre or mainstream in that Judaism. To this end, we must accept essentialist definitions of Judaism on the side of nominalist ones. In other words, we should adopt, and learn to be explicit about, a strategic approach to defining Judaism. Whenever addressing the question about the historical Jesus, we should consider exactly what mode of definition our particular study presupposes. Besides serving the quest for the different Jesus, this puts us in a better position to evaluate our approach as a whole. For, at all events, some such mode will always be in operation. (c) Finally, to make all this happen, we must be wary of the substance function of the context, at least when it tends to displace the reference function – lest it block our way forward. In future, scholarship should be more prepared to critically gauge studies exclusively building on the substance function, their argumentation, promises, and results.

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“Jesus of Context”: Putting Perspective in Perspective

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Christian Strecker

Jesus als Schamane? Anmerkungen zur kulturanthropologischen Jesusforschung

In seinem im Jahr 2008 erschienenen Aufsatz „Kulturanthropologie – ein Korrektiv der Kulturtheologie?“ entfaltet Gerd Theißen folgende These: „Die kulturanthropologische Exegese kann ein Korrektiv zur gegenwärtigen Kulturtheologie sein. Kulturtheologie will der Religion eine Heimat in der modernen Welt geben, Kulturanthropologie erinnert an ihre Fremdheit.“1 Unter „Kulturtheologie“ versteht Theißen dabei jene im Zug der jüngeren Renaissance des Kulturprotestantismus sich etablierende Theologie, die in Kunst, Natur und Spiritualität Spuren der Gegenwart Gottes zu entdecken sucht, die sich selbst als Kulturwissenschaft begreift und dergestalt Anerkennung in säkularen Diskursen anstrebt. Mit dieser Fokussierung auf die gegenwärtige Kultur ginge jedoch, so Theißen, ein theologischer Relevanzverlust der Bibel einher. Die Bibel werde zu etwas „Überholtem“. Ohne die Berechtigung, ja Notwendigkeit der Kulturtheologie grundsätzlich in Zweifel zu ziehen, wirft Theißen vor diesem Hintergrund die Frage auf: „Kann man ohne Bibel unsere Kultur verstehen? Ist es nicht töricht, die Orientierung an Bibel und Kultur gegeneinander auszuspielen?“2 Die Antwort liegt auf der Hand: Bibel und Kultur gehören zusammen, und es ist für Theißen namentlich die kulturanthropologische Bibelexegese, die aufzeigt und unterstreicht, inwiefern dies gilt. Zum einen lege sie offen, dass die biblischen Schriften maßgeblich durch das jeweilige kulturelle Umfeld geprägt seien, in dem sie entstanden. Zum anderen schäle sie gerade auch jene Aspekte in den biblischen Stoffen heraus, die der antiken Mentalität widersprächen und mehr noch unserem kulturellen Empfinden fremd seien. Gegenüber der auf moderatreligiöse Erfahrungen konzentrierten Kulturtheologie akzentuiere die kulturanthropologische Exegese nämlich die extremreligiösen Erfahrungen. Zumal darin erfülle sie jene besagte Korrektivfunktion gegenüber der „kultivierten“, normalisierenden Kulturtheologie. Schließlich könnten nur diejenigen Religionen überzeugen, die beides miteinander verbänden, „den Einbruch des Ganz Anderen und die Transparenz des Vertrauten“, 1 2

 Theissen, Kulturanthropologie, 406.  Ebd., 410.

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wobei nach Theißen gilt: „Im Urchristentum ist beides miteinander verbunden, in der gegenwärtigen Theologie fällt auseinander, was zusammengehört.“3 An diese Überlegungen Theißens anknüpfend, sucht der vorliegende Beitrag dem Profil und insbesondere den Tücken kulturanthropologischer Exegese genauer nachzugehen. Dies soll unter Bezug auf ein einschlägiges Beispiel kulturanthropologischer Exegese erfolgen, auf das Gerd Theißen in seinem Aufsatz selbst zu sprechen kommt, nämlich die Heranziehung des ethnologischen Schamanismuskonzeptes. In der von ihm zusammengestellten Auflistung all jener interkulturellen Analogien, die in der kulturanthropologischen Bibelexegese bereits fruchtbar gemacht wurden, führt Theißen u.a. auch jene „Erlebnisse von Schamanen“ an, die im „altered state of consciousness in das Reich der Geister eindringen“4. Diese Verwertung des schamanischen Erlebens in der neutestamentlichen Exegese sieht er paradigmatisch in der Studie von Pieter Craffert umgesetzt, die unter dem Titel „The Life of a Galilean Shaman: Jesus of Nazareth in Anthropological Perspective“ im Jahr 2008 erschien.5 Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich ganz auf diese Studie. Dies bietet sich auch deshalb an, weil Craffert darin neben der Portraitierung Jesu als Schamane zahlreiche grundsätzliche methodische Erwägungen anstellt, auf deren Basis er ein eigenes, sehr profiliertes Programm kulturanthropologischer Exegese entwickelt. Er nennt es „anthropological historiography“. Die anschließenden Ausführungen gehen in einem ersten Schritt detail­ liert auf dieses exegetische Programm ein. Zunächst werden darin die von Craffert namhaft gemachten Hintergründe und Konturen der „anthropolo­ gical historiography“ in Grundzügen vorgestellt. Im Anschluss daran wird das Programm in einigen ausgewählten Punkten auf seine Überzeugungskraft hin befragt. Dabei wird sich zeigen, dass Crafferts Versuch, die kulturanthropologische Exegese strikt vom traditionellen und postmodernen Geschichtsverständnis wie auch von der klassischen historisch-kritischen Exegese abzugrenzen, um ihr so eine vermeintlich überlegene Monopolstellung zuzuweisen,6 problematisch ist. In einem zweiten Schritt folgen 3  Ebd., 414. 4  Ebd., 411. 5  Vgl. ebd., 411 Anm. 26. 6 ������������������������������������������������������������������������������  ����������������������������������������������������������������������������� Craffert erhebt den ausgesprochen hohen Anspruch, sein Entwurf der „anthropological historiography“ und sein Portrait Jesu als Schamane repräsentierten einen wissenschaftlichen Paradigmenwechsel (vgl. Craffert, Life, ix.420). Nach Thomas Kuhn, auf den sich Craffert beruft, kann indes nur dann von einem wissenschaftlichen „Paradigma“ gesprochen werden, wenn eine bestimmte wissenschaftliche Leistung nicht nur ein größeres Spek­ trum ungelöster oder neu auftauchender Probleme zu erklären vermag, sondern auch von einer Großzahl der mit dem Problem befassten Forschenden als Lösung dauerhaft anerkannt und in deren eigener Forschungs­praxis unhinterfragt vorausgesetzt wird. Die Entscheidung darüber,

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Ausführungen zu Crafferts Verarbeitung der Schamanismusforschung. Ziel dieser Darlegungen ist es, die besonderen Fallstricke im Umgang mit extremreligiösen Erfahrungen und der Lebenswelt vergangener bzw. fremder nichtwestlicher Kulturen offenzulegen. Schließlich wird in einem dritten Schritt Crafferts schamanisches Portrait Jesu von Nazaret durchleuchtet. Insgesamt soll deutlich werden, dass die kulturanthropologische Exegese in der Lage ist, der etablierten biblischen Auslegung neue Impulse zu geben, indem sie den Blick gezielt auf weithin ausgeblendete, übersehene und zumal fremd anmutende Aspekte in den biblischen Texten lenkt, dass sie dergestalt ganz im Sinne der Ausführungen Gerd Theißens als Korrektiv gegenüber einseitigen theologischen Normalisierungstendenzen zu wirken vermag, dass sie ihrerseits aber ebenfalls auf Korrektive angewiesen ist und sich vor einer allzu rigiden Abgrenzung von bewährten Verfahren historischer Kritik hüten sollte, um nicht der Gefahr des Exotismus zu erliegen.

1. Anthropologische Historiographie – Jesusforschung als „cultural bundubashing“ Auf 130 Seiten, die für sich den Umfang einer kleinen Monographie abdecken, legt Pieter Craffert im ersten Teil seines Buches detailliert die methodischen Grundlagen seines historischen Jesusportraits dar. Er tut dies in Form einer kritischen, z.T. polemischen Auseinandersetzung mit wichtigen theoretischen Entwürfen der jüngeren Geschichtswissenschaft und der historischen Jesusforschung. Die Geschichtsforschung unterteilt Craffert in zwei Hauptströmungen: die „positivistische bzw. traditionelle Historiographie“ auf der einen und die „postmoderne Historiographie“ auf der anderen Seite. Beide stellt er in ein Kontinuum. Dieses ungewöhnliche Postulat eines geschichtswissenschaftlichen „positivist-postmodern-continuum“ begründet er damit, dass beide Hauptströmungen angeblich die gleiche Weltsicht teilten, nämlich die des sog. „ontologischen Monismus“. Craffert versteht darunter Folgendes: Ontological monism assumes a direct link or at least a continuum between the ancient and modern worlds. A common reality links the two worlds, so to speak, and for that reason, what they were talking about there (events of miraculous healings, special births […]) is assumed to belong to the world of common reality. Other worldviews or cultural realities are disallowed the ontological status of „reality“, and everything that does not fit that catalog is regarded as primitive, mythical, fictional, or not real.7 ob ein Paradigmenwechsel vorliegt, steht insofern in der Macht der „scientific community“; vgl. dazu Kuhn, Struktur. 7  Craffert, Life, 4.

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Aus der vermeintlich gemeinsamen Teilhabe an diesem ontologischen Nomismus leitet Craffert weitere Übereinstimmungen zwischen positivistischer und postmoderner Historiographie ab. Hier wie dort dominiere eine Art „belief in immaculate perception“, also die Überzeugung, Forschung gewähre einen unmittel­baren Zugriff auf die Realität. Historische Dokumente würden dem­ent­sprechend gezielt als Zeugnisse („testimonies“) ausgewertet, d.h. als Texte, die einen direkten Zugang zur Vergangenheit eröffnen. Überdies seien die positivistische und die postmoderne Historiographie gleichermaßen durch einen „history-of-ideas approach“ geprägt. Im Fokus stünde die Untersuchung der in den historischen Dokumenten erzählten Berichte und Vorstellungen über die vergangene Realität jenseits ihrer soziokulturellen Verankerungen.8 Craffert zufolge bestimmt der ontologische Monismus ebenso die etablierte Jesusforschung. Auch hier postuliert er zwei Hauptstränge der Forschung. N.T. Wright folgend, macht er diese an den Positionen von William Wrede und Albert Schweitzer fest und versieht sie mit den etwas kuriosen Labels „Wredebahn“ und „Schweitzerstrasse“.9 Und erneut postuliert er ein Kontinuum. Beide Hauptstränge seien nämlich als Ausformungen des „authenticity paradigm“ zu verstehen, „that treats the documents as testimonies of what Jesus has actually said or done“.10 ����� Daneben konstatiert Craffert freilich auch Unterschiede: Die Vertreter der „Wredebahn“ – dazu zählen nach Craffert v.a. John Dominic Crossan und das Jesus Seminar11 – würden davon ausgehen, „that we know comparatively little about Jesus, and that the Gospels, in outline and detail, contain a great deal that reflect only the concerns of the early church“12. Die Forschenden der „Schweitzerstrasse“ – Craffert nennt u.a. James D.G. Dunn, Gerd Theißen/ Annette Merz und John P. Meier13 – verorteten Jesus dagegen „within the context of apocalyptic Judaism, and on that basis postulates far more continuity between Jesus himself, the early church, and the Gospels, while allowing of course for importantly different historical settings in each case“14. Als weitere Differenz komme hinzu, dass Protagonisten der „Wredebahn“ Begebenheiten im Leben Jesu, die dem Wirklichkeitsverständnis der modernen Welt widersprächen, als unhistorisch ablehnten, während die Vertreter der 8  Vgl. ebd., 21: „What is extracted from the documents is a narration of events or ideas […] but without an involvement with the human and social processes behind them.“ 9  Die beiden Labels gehen auf einen Aufsatz von Norman Perrin zurück; vgl. Perrin, Wredestrasse, 296–300; s. dazu Wright, Jesus, 29 Anm. 1. 10  Craffert, Life, 42. 11  Vgl. dazu Crossan, Jesus; Funk/Hoover/Jesus Seminar, Five Gospels; Funk/Jesus Seminar, Acts of Jesus. 12  Wright, Jesus, 21; zitiert bei Craffert, Life, 41. 13  Vgl. dazu Dunn, Jesus Remembered; Theissen/Merz, Jesus; Meier, Marginal Jew. 14  Wright, Jesus, 21; zitiert bei Craffert, Life, 41.

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„Schweitzerstrasse“ von der Historizität zumindest einiger übernatürlicher Ereignisse und Phänomene (Jungfrauengeburt, Auferstehung) ausgingen. Gezielt gegen den ontologischen Monismus des „positivist-postmoderncontinuum“ in der Geschichtswissenschaft und des darin gründenden Authentizitätsparadigmas der Jesusforschung gerichtet, entwickelt Craffert vor diesem Hintergrund sein eigenes Forschungsparadigma der „anthropological historiography“. In Anlehnung an die Wegmetaphorik der „Schweitzerstrasse“ und der „Wredebahn“ bezeichnet er es auch als „cultural bundubashing“. Der Begriff „bundubashing“ steht dabei für Querfeldeinfahrten durch unterschiedlichste Landschaften und Kulturen. Dem Ausscheren in fremde Gefilde entsprechend wird die Weltsicht des ontologischen Monismus bei diesem Paradigma durch die des ontologischen Pluralismus ersetzt. Gemeint ist damit die Vorstellung, dass sich in unterschiedlichen Gesellschaften unterschiedliche kulturelle Realitäten ausbilden. Das For­ schungs­verfahren des „cultural bundubashing“ sieht sich insofern vor die Aufgabe gestellt, vergangene kulturelle Wirklichkeiten in ihrer Andersartigkeit und Fremdheit wahrzunehmen und sie nicht den Standards des vermeintlich universal gültigen Weltbildes der modernen westlichen Forschung anzupassen. Craffert fordert dementsprechend, „that distant texts should be treated as cultural artifacts or presentations of cultural realities that can no longer be evaluated by means of the god’s eye view or the immaculate perception of a modern positivist worldview“15. Historiker und Historikerinnen sollten folglich in einen „Dialog“ mit den in den alten Texten gespeicherten kulturellen Wirklichkeitskonstruktionen treten. Dieser Dialog könne die Vergangenheit zwar nicht in einem objektiven Sinn wiederherstellen, der Dialog ermögliche aber eine interpretative Rekonstruktion der Vergangenheit „as approximation“.16 Historisches Forschen im Sinne des „cultural bundu­ bashing“ sei mithin als kulturübergreifender interpretativer Prozess („crosscultural interpretative process“) zu verstehen. In methodischer Hinsicht erfordere dieser interpretative Prozess die Bereitschaft zur Einklammerung der eigenen Weltsicht samt Öffnung für die Fremdheit vergangener Kulturen, ferner „dichte Beschreibungen“ nach Clifford Geertz,17 die respektvolle und doch zugleich wissenschaftlich distanzierte Ermittlung der Sinnproduktionen fremder Kulturen, den selbstkritischen Einsatz kulturübergreifender Modelle samt der Berücksichtigung wichtiger Einsichten und Ergebnisse kulturanthropologischen Forschens, vermittels derer Selbstblindheit verhindert und eine Brücke über zeitliche und kulturelle Gräben hinweg geschlagen werden könne, schließlich die genaue Beachtung der mannigfaltigen Aus15 16 17

 Craffert, Life, 10.  Ebd., 14.  Vgl. dazu Geertz, Dichte Beschreibung, 7–43.

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formungen und Bezüge kulturell konstituierter wie auch kulturunabhängiger Wirklichkeiten. Für die Jesusforschung bedeutet all dies ganz konkret: Das Forschungsziel ist nicht länger die Ermittlung dessen, was Jesus im Sinne des Authen­ tizitätsparadigmas angeblich wirklich sagte oder tat, sondern die Ermittlung der damaligen Wahrnehmung Jesu als eines mit bestimmten Eigenschaften und Ereignissen verbundenen soziokulturellen Persontypus. In Crafferts Worten: „Historicity will be measured in terms of adherence to a particular social-type-model: whether cultural events and phenomena ascribed to his [Jesus’] life are considered historical will depend on this social-type model and framework.“18 Nicht Jesus von Nazaret als einzigartige historische Persönlichkeit ist mithin primärer Untersuchungsgegenstand, sondern Jesus als Repräsentant eines gänzlich durch die damalige gesellschaftliche Ordnung und Weltsicht geprägten historischen Personmodells. Allerdings geht Craffert davon aus, dass das historische Individuum Jesus von Nazaret im Kern dem in den Texten dargebotenen Persontypus entsprach. In diesem Zusammenhang wird er nicht müde zu betonen, dass die in den Evangelien berichteten Begebenheiten aus dem Leben Jesu auch dann als potenziell historisch glaubwürdig zu erachten seien, wenn sie sich nach unseren Maßstäben nicht in Raum und Zeit ereignet haben könnten. Berichte über „übernatürliche“ Begebenheiten könnten nämlich auf Erfahrungen von veränderten Bewusstseinszuständen zurückgehen, die Jesus von Nazaret und teilweise auch die ihn umgebenden Menschen erfuhren. Diese Erfahrungen seien in der damaligen Kultur als realweltliche Erfahrungen betrachtet worden. Die Quellentexte seien dementsprechend als durch die damalige Weltwahrnehmung geprägte kulturelle Artefakte und nicht als Reservoir historischer Bruchstücke einer objektiven Faktizität im modernen Sinn auszulegen. Ganz auf dieser Linie lehnt Craffert dann auch die klassische These ab, ein Großteil der Überlieferung sei rückblickend aus nachösterlicher Perspektive verfasst worden und als vermeintliches Legendenmaterial historisch nicht verwertbar. Stattdessen sei der Quellenstoff jenseits all solcher am modernen Weltbild orientierten Exklusionen insgesamt daraufhin zu überprüfen, inwieweit die darin enthaltenen Jesusportraits im Kern einem bestimmten soziokulturellen Typus der damaligen Kultur entsprächen. Dabei sei das gesamte Spektrum kanonischer wie auch nichtkanonischer Quellen heranzuziehen. Aus pragmatischen Gründen beschränkt sich Craffert in seiner Studie jedoch weitgehend auf die kanonischen Evangelien. Die Schlüsselfrage lautet also: Welcher konkrete soziokulturelle Persontypus ist den vielen Jesusportraits des umfänglichen und zumal auch inhomogenen antiken Quellenmaterials gewissermaßen als Urbild ein18

 Craffert, Life, 96.

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geschrieben? Um dies in angemessener Weise zu ermitteln, rekurriert Craffert auf das logische Abduktionsverfahren des Philosophen Charles Sanders Peirce. Craffert selbst beschreibt es als einen „process of reasoning from hypothesis to data and back as many times as necessary to gain insight“19. ������������������������������������������������������������ Solche Abduktion führe zwar nicht zu einem durch Beweise gesicherten Ergebnis, wohl aber zu der den Daten am ehesten entsprechenden Hypothese. Bildlich gesprochen gleiche das Abduktionsverfahren mithin nicht einer Kette mit festen Gliedern, sondern einem Kabel, das sich der Verwebung vieler dünner Fäden verdanke. In der Anwendung dieses Verfahrens gelangt Craffert schließlich zu der in den folgenden beiden Abschnitten noch näher zu besprechenden These, Jesus erscheine in den Quellen als schamanische Figur. Pieter Craffert hat, wie diese Zusammenfassung einiger zentraler Punkte seiner methodischen Ausführungen zeigt, ein äußerst ambitioniertes Modell kulturanthropologischer Exegese vorgelegt, das zahlreiche inspirierende und beachtenswerte Anregungen enthält. Dies gilt u.a. für seine Ausführungen zum ontologischen Monismus und Pluralismus, für seinen Fokus auf kulturelle Sinnproduktionen und soziokulturelle Typisierungen. Allerdings stellen sich diverse Fragen ein. Einige von ihnen sollen wenigstens kurz beleuchtet werden. Dies gilt zunächst für Crafferts Portrait der allgemeinen Geschichtsschreibung. In Anbetracht der scharfen Polemik, mit der sich Vertreter der traditionellen und der postmodernen Historiographie in den letzten Jahrzehnten bekämpften,20 ist man sehr erstaunt, wenn nicht gar befremdet, dass Craffert die konträren Forschungsparadigmen in ein Kontinuum stellt. Leider verschweigt Craffert in seinen Ausführungen, an welche geschichtswissenschaftlichen Theorien er konkret denkt, wenn er von „postmodern historiography“ spricht. Abgesehen von einem kurzen Hinweis auf Frank Ankersmit geht er auf keine postmoderne Geschichtstheorie näher ein. Wie auch immer: Weder die geschichtstheoretischen Erwägungen von Roland Barthes, Hayden White, Dominik LaCapra, Keith Jenkins oder auch Frank Ankersmit, die auf unterschiedliche Weise die Textualität, Literarizität und Narrativität historiographischer Forschung herausstellen, noch die Diskursanalyse Michel Foucaults oder auch das Geschichtsverständnis des „new historicism“ von Stephen Greenblatt werden sachkundig beschrieben, wenn man ihnen, wie Craffert es tut, pauschal und im pejorativen Sinn „inverted positivism“ unterstellt, um sie dann polemisch mit Stichworten wie „historyof-ideas focus“ oder „myth of realism“ in Verbindung zu bringen.21 Dem 19  Ebd., 79. 20  Vgl. Aschmann, Moderne, 256–275. 21  Craffert beruft sich in seinem Portrait postmoderner Historiographien als „inverted positivism“ v.a. auf die Kritik an Hayden White und F.R. Ankersmit bei Lorenz, Histories,

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intellektuellen Niveau, auf dem die sog. postmodernen Geschichtstheorien mit dem komplexen Problem der historischen Referenzialität ringen,22 werden solche Zuschreibungen schwerlich gerecht. Dies ist umso bedauerlicher, als das Ansinnen postmoderner Geschichtsentwürfe, anachronistische und ethnozentristische Vereinnahmungen historischer Phänomene und Entwicklungen zu vermeiden und der Fremdheit des Gewesenen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen,23 Crafferts eigenem Anliegen eigentlich korrespondiert. Grundsätzlich kann es jeder Form von kulturanthropologischer Exegese nur zu ihrem Vorteil gereichen, wenn sie die Grundlagendebatten in der Geschichtswissenschaft möglichst unvoreingenommen berücksichtigt und, anders als dies hier der Fall ist, allzu einseitige Wahrnehmungen meidet. Ähnliche Fragen ergeben sich bezüglich Crafferts Beschreibung der jüngeren Jesusforschung. Die Unterteilung in nur zwei Grundströmungen ebnet die Vielfalt der Jesusforschung drastisch ein. Bereits vor Jahren verwarf Clive Marsh die auch von N.T. Wright propagierte Zweiteilung in „Wredebahn“ und „Schweitzerstrasse“. Marsh unterschied mindestens neun „Quests“: „The Positivist Quest“ (unterteilt in zwei Formen: eschatologischer Jesus versus nichteschatologischer Jesus), „The Romantic Quest“, „The Form-Critical Quest“, „The Quest of the Non-Jewish Jesus“, „The Traditiohistorical Quest“, „The Existentialist Quest“, „The Jewish-Chris­tian Quest“, „The Postmodern Quest“.24 Als Unterscheidungskriterium für diese spezielle Systematisierung der Forschungsgeschichte machte Marsh das jeweils unterschiedlich ausgeprägte Bewusstsein für die methodische Komplexität und für die ideologischen Implikationen der Jesusforschung geltend. Natürlich sind diverse andere Systematisierungen denkbar.25 Darum soll es hier nicht gehen, wohl aber darum, weshalb Craffert die Fülle der Forschungsperspektiven – zu denen im Übrigen auch nichtwestliche und feministische Jesusportraits zählen – derart massiv auf nur zwei Grundrichtungen reduziert. Da seine Darstellung der historiographischen Forschung, wie gesehen, ähnlich konzipiert ist, drängt sich der Verdacht auf, dass Craffert sich hier eines verbreiteten, gleichwohl äußerst zweifelhaften Basisschemas der Darstellung geschichtlicher Entwicklungen bedient. Dabei werden zwei konkurrierende historische Positionen bzw. Paradigmen (hier „positivist historiographies“ – „postmodern historiographies“ bzw. „Wredebahn“ – „Schweitzerstrasse“) in 309–329. Ankersmit selbst zeigt sich verwundert über diese Darstellung seiner Position und der von White. Er wehrt sich mit Recht gegen diverse falsche Unterstellungen und zeigt Inkonsistenzen in der Argumentation von Lorenz auf; vgl. dazu Ankersmit, Historical Representation, 52–56. 22  Vgl. dazu insgesamt Sarasin, Geschichtswissenschaft. 23  Vgl. Strecker, Das Gewesene, 120–131. Kritischer zur Relevanz der jüngeren Grundlagen­debatte in der Geschichtswissenschaft äußert sich dagegen Wedderburn, Jesus. 24  Vgl. Marsh, Quests, 415. 25  Vgl. jüngst nur Casey, Jesus of Nazareth, 1–59.

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einem dritten Paradigma (hier „antropological historiography“ bzw. „cultural bundubashing“) im Sinne einer endgültigen Lösung aufgehoben. Diesem Hegelschen Schema folgend, vermag Craffert seinen eigenen Forschungsansatz als Überwindung bzw. Überbietung der bisherigen, antithetisch gezeichneten Forschungsperspektiven zu präsentieren. Dass diese dreiphasige Konstruktion der Forschungsentwicklung alles andere als eine neutrale Darstellung ist, liegt auf der Hand.26 Hinzu kommt, dass die Charakterisierung der beiden Hauptströmungen der Jesusforschung in einigen Details nur schwer einleuchtet. So erklärt Craffert zunächst, Forschende der „Schweitzer­ strasse“ würden z.T. die Historizität von übernatürlichen Ereignissen und Phänomenen im Leben Jesu voraussetzen (s.o.), muss dann aber selbst einräumen, dass dies für Hauptvertreter dieser Forschungsrichtung wie E.P. Sanders oder Gerd Theißen kaum gilt.27 Diese Unschärfe mehrt die Zweifel an der Angemessenheit von Crafferts Forschungsüberblick und nährt die Vermutung, dass dieser von vornherein auf die Profilierung der eigenen Position ausgerichtet ist. Nicht unerörtert darf Crafferts Berufung auf die Abduktion bleiben. Diesbezüglich gilt es zunächst anzumerken, dass andere Jesusforscher auf ihre Weise bereits vergleichbare Verfahren eines beständigen Abgleichs zwischen den Einzelangaben in den Quellen und einem hypothetisch konstruierten Gesamtbild der Person Jesu zur Anwendung brachten, so etwa Dale C. Allison und Eckart Rau.28 Allerdings gelangten diese bezeichnenderweise zu gänzlich anderen Jesusportraits als Craffert. Dies erklärt sich nicht zuletzt daraus, dass sich die Quellentexte mit Hilfe sehr unterschiedlicher Basishypothesen abduktiv bearbeiten lassen, was dann differente Ergebnisse zeitigt. Im Übrigen gebrauchte der Schöpfer des Abduktionsverfahrens, Charles Sanders Peirce, die Begrifflichkeit der „Abduktion“ sehr facettenreich, was zur Folge hat, dass heute in verschiedenen Forschungsdisziplinen unterschiedliche Ausformungen abduktiver Praktiken verwendet und diskutiert werden.29 Dabei gilt es zu sehen, dass die klassischen Formen der Abduktionen in erheblichem Maß auf Intuition und Fantasie beruhen. Die 26  Vgl. dazu die Kritik bei Crossan, Birth, 44, der darauf verweist, dass die Zahl Drei für Vollkommenheit steht: „������������������������������������������������������������������ In Indo-European folklore, the third time is closure, finish, completion. The hero may fail twice but will succeed the third time.“ 27  Vgl. Craffert, Life, 58. 28  Vgl. Allison, Constructing Jesus, 22; Rau, Jesus, 168. 29  Vgl. dazu im Genaueren Wirth, Abduktion; Reichertz, Abduktion. Eine vielbeachtete und zumal für die literaturwissenschaftliche und historiographische Forschung wichtige Systematisie­rung von Abduktionsformen legte Umberto Eco vor. Er betrachtet die Abduktion gleichermaßen als Instrument wissenschaftlicher Forschung und als alltägliches Verfahren der Zeicheninter­pre­ta­tion. Im Genaueren unterscheidet er je nach Unsicherheitsgrad des Schlussverfahrens drei Typen der Abduktion:����������������������������������������������� „overcoded“, „undercoded“ und „creative abduction“; vgl. dazu Eco, Semiotics, 41–43; ders., Horns, 198–220. Darauf kann hier nicht näher eingegangen werden. Kristina Dronsch durchleuchtete jüngst mit Hilfe dieser drei Abduktions­

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Abduktion ist, wie Peirce selbst einräumte, „afterall, nothing but guessing“30 – allerdings ein wissenschaftlich verantwortetes „guessing“, ohne das die Erforschung geschichtlicher Ereignisse, Prozesse und Personen letztlich kaum möglich ist. Mit diesem Umstand offen und reflektiert umzugehen, ist Craffert positiv anzurechnen. Gleichwohl ruft seine Anwendung des Abduktionsverfahrens Anfragen hervor. So geht er davon aus, dass dasjenige soziokulturelle Personmodell, das die meisten der in den Quellen begegnenden Züge des Auftretens Jesu abdeckt, der historischen Person am nächsten komme. Dies setzt implizit voraus, dass sich den Evangelien, einschließlich der nichtkanonischen, die Craffert ja gleichwertig neben die kanonischen stellt, im Kern ein mehr oder weniger konsistentes Bild der Person Jesu entnehmen lässt. Nun betont Craffert unter Rekurs auf Mk 8,27f mit Recht selbst, „people very early on applied different models to represent him [= Jesus]“31. Vor diesem Hintergrund stellt sich umso mehr die Frage, ob es wirklich angehen kann, dass die Evangelienautoren, die ihre Werke ja an unterschiedlichen Orten, in unterschiedlichen Milieus, mit unterschiedlichen Intentionen und unterschiedlichen Kenntnisständen verfassten, in ihren Jesusportraits gleichsam unter der Oberfläche mehrheitlich dieselbe kulturelle Figur abbilden. Besteht hier nicht die große Gefahr, die Quellen einseitig auf ein vorgefasstes Modell hin auszuwerten und darauf zu reduzieren? Eine weitere Frage betrifft das Quellenmaterial. Ist es gegen alle Einsichten der historisch-kritischen Forschung wirklich ratsam, Alter und theologisches Profil der Quellen weitgehend zu ignorieren?32 Zwar wird der Quellenwert z.B. des Johannesevangeliums in der jüngeren Jesusforschung bisweilen höher bewertet als dies in der älteren Forschung der Fall war,33 gleichwohl bleibt es angesichts der manifest theologischen Prägung dieser Evangelienschrift doch heikel, die darin enthaltenen Aussagen von und über Jesus unter Absehung ihrer literarisch-theologischen Funktion unmittelbar historisch zu nehmen und z.B. als Indizien für besondere Bewusstseinserfahrungen Jesu auszuwerten, wie Craffert dies tut (s.u.). Dies gilt noch mehr für die apokryphen Evangelien wie das Kindheitsevangelium nach Thomas. Ist es nicht äußerst gewagt, die in diesen Quellen begegnenden typen die unterschiedlichen Lesestrategien, die das Markusevangelium evoziert; vgl. Dronsch, Bedeutung, 197f. 30  Peirce, Collected Papers, 7.219. 31  Craffert, Life, 102. 32  Was den konkreten Umfang des relevanten Quellenmaterials anbelangt, äußert sich Craffert sehr vage: „all the documents, that can, with some measure of certainty, be attributed to the beginning phase of the Jesus movement can be seen as residues of Jesus as a social personage“ (ebd., 89). Kriterien und Argumente, weshalb welche Schriften in welcher Form der „beginning phase of the Jesus movement“ zuzurechnen sind, formuliert er nicht. 33  Vgl. nur Anderson, Fourth Gospel; Anderson/Just/Thatcher, John.

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fantasievollen Ausschmückungen der Vita Jesu auf veränderte Bewusstseinserfahrungen zurückzuführen? Mag es sich nicht einfach nur um literarische Motive handeln? Schließlich wurden berühmte Persönlichkeiten in antiken Quellen gerne mit allerlei Wunderbarem assoziiert, ohne dass solche Angaben historisch direkt verwertbar wären.34 Und schon gar nicht lassen sich all die mit vergleichbaren Wundern assoziierten Persönlichkeiten einem einheitlichen soziokulturellen Persontypus schamanischer Prägung zuordnen. Auch wenn Craffert zuzustimmen ist, dass wir unser modernes Wirklichkeitsverständnis nicht in die Antike zurückprojizieren und Berichte über Geschehnisse, die uns fantastisch anmuten, nicht per se als Erfindungen verwerfen dürfen, bleibt es doch fragwürdig, antike Schilderungen wundersamer Ereignisse rundweg auf besondere Bewusstseinserfahrungen zurückzuführen. Viele der voranstehend angezeigten Probleme wurzeln in einer Engführung der kulturanthropologischen Perspektive. Diese besteht darin, dass wichtige Einsichten insbesondere der etablierten historisch-kritischen Exegese zu schnell und zu konsequent ausgeblendet werden. Daraus erwächst die Gefahr, dass der ethnologische Blick auf die Quellen allzu pauschal ausfällt. Dass Craffert dieser Gefahr wiederholt erliegt, wird sich unten noch zeigen. Ungeachtet dessen ist es aber sein Verdienst, zahlreiche innovative, die exegetische Wissenschaft grundsätzlich bereichernde Kenntnisse und Thesen unterbreitet zu haben. Dies gilt u.a. für die Einsicht, dass Gesellschaften und Kulturen in der Lage sind, unabhängig von der sog. Welt der objektiven Tatsachen, eigene Wirklichkeiten hervorzubringen.35 Crafferts Plädoyer für die Berücksichtigung solcher multiplen kulturellen Wirklichkeiten verdient in der Jesusforschung und der neutestamentlichen Exegese insgesamt Beachtung. Seine Studie leistet mit dieser Einsicht letztlich einen wichtigen Beitrag zum cultural turn in der exegetischen Wissenschaft. Das Modell multipler kultureller Realitäten könnte durch eine Berücksichtigung der vielfältigen Forschungen zur performativen Konstitution von Wirklichkeit noch weiter vertieft werden.

2. Schamanismus und veränderte Bewusstseinszustände Wie bereits erwähnt und im Buchtitel deutlich angezeigt, ist es das kulturübergreifende Modell des Schamanismus, das Craffert zufolge die wichti­gs­ ten Züge des in den Evangelien beschriebenen Auftretens Jesu abdeckt und 34 35

 Vgl. Klauck, Apokryphe Evangelien, 105.  Vgl. dazu Searle, Konstruktion; ders., Soziale Welt.

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daher der historischen Person Jesus von Nazaret seiner Meinung nach am nächsten kommt. Die Bestimmung Jesu als Schamane ist freilich nicht ganz neu. Als heuristisches Modell wurde der Schamanismus bereits vor einigen Jahren in der Jesusforschung zur Anwendung gebracht. Dies gilt etwa für John Ashton, der dem Thema „Jesus as Shaman“ in seiner 2000 publizierten Studie über die Religion des Paulus einen eigenen Exkurs widmete.36 Mehr noch gilt dies für John J. Pilch, der sich in zahlreichen Beiträgen immer wieder eingehend mit den sozial- und ethnopsychologischen Theorien über veränderte Bewusstseinszustände („altered states of consciousness“ = ASC) beschäftigte. Diese spielen in der Schamanismusforschung eine derart wichtige Rolle, dass bisweilen gar von besonderen „shamanic states of consciousness“ gesprochen wird.37 Pilch zufolge besaß Jesus augenscheinlich „die von der Sozialwissenschaft geforderten Merkmale eines Schamanen“. Weiter heißt es bei ihm: „In seiner [Jesu] Kultur ist dies ein ‚chasid‘ oder ‚saddiq‘. […] Jesus hat – wie die Evangelien dokumentieren – eine entsprechende [schamanische] ‚Karriere‘ erfahren, er wurde ausgewählt, eingeführt und beauftragt.“38 Pilch macht dieses schamanische Profil samt den seiner Meinung nach für die schamanische Identität entscheidenden ASC-Erfahrungen im Näheren an den Berichten über Jesu Taufe, Versuchung, Seewandel, Verklärung und an den Auferstehungsberichten fest,39 worüber sich freilich streiten lässt. Nicht unerwähnt darf bleiben, dass Eugen Drewermann bereits in den 1980er Jahren Jesus in den Kontext des Schamanismus stellte, indem er mittels tiefenpsychologischer Erwägungen insbesondere die Wirklichkeit der sog. Heilungswunder Jesu von den Heilungen der Schamanen her zu verstehen suchte.40 Crafferts Untersuchung ist jedoch die mit Abstand umfänglichste, profundeste und zugleich konsequenteste Studie über Jesus als schamanische Figur.

Was aber ist unter einem Schamanen bzw. Schamanismus zu verstehen? Darüber herrscht in der Forschung, wie Craffert selbst einräumt, große Uneinigkeit. Einerseits werden die Begriffe „Schamane“ und „Schamanismus“ rein kulturspezifisch definiert und auf bestimmte religiöse Spezialisten und Praktiken in Sibirien oder auch vergleichbare Figuren in Jäger-und-Sammler-Gesellschaften beschränkt, andererseits werden sie kulturübergreifend auf besondere religiöse Virtuosen in unterschiedlichsten Kulturen weltweit angewendet.41 Craffert selbst spricht vom „shamanic complex“ im letztgenannten Sinn. Er bestimmt und beschreibt den Schamanismus als ein „homomorphic model“. Dazu führt er aus: „In contrast to isomorphic models, which are models built to scale as exact replicas (such as model trains or globes), homomorphic models reproduce only selected salient features of an object.“42 Ganz konkret bedeutet das: „As a homomorphic model […], the shamanic complex is not constituted by means of a list of individual shamanic ele36 37 38 39 40 41 42

 Vgl. Ashton, Religion, 62–72.  So Harner, Way, xvi.20–30.46–56; vgl. dazu Pilch, Ereignisse, 35ff.  Ebd., 42.  Vgl. ebd., 37–41.  Vgl. Drewermann, Tiefenpsychologie II, 79–309.  Vgl. Craffert, Life, 140–146.  Ebd., 23; vgl. ebd., 155f.

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ments but is conceptualized as a pattern, and only within the pattern do the elements receive meaning.“43 Das besagte Muster des Schamanismus sieht Craffert durch zwei zentrale Elemente konstituiert: 1. Es tritt ein religiöser Spezialist auf, der sich im Dienst einer Gemeinschaft in kontrollierter Weise in verschiedene Formen von „altered states of consciousness“ zu versetzen vermag. Diese veränderten Bewusstseinszustände umfassen Erfahrungen von Geistbesessenheit, Seelenund Himmelsreisen u.v.a.m. 2. Die ASC-Erfahrungen befähigen ihn dazu, diverse, sonst auf verschiedene Personen verteilte soziale Funktionen auszuüben. Dazu zählen nach Craffert Heilungen, die Kontrolle von Geistern (die Wetterkontrolle, Immunität gegenüber Feuer, Verwandlungen in ein Tier sowie Todes- und Wiedergeburtserfahrungen), Divinationen und auch Unterweisungen (als Lehrer, Prophet oder Weiser). Craffert räumt vor diesem Hintergrund ein, dass er in seinem Buch mit einem abstrakten, kulturübergreifenden Schamanismusmodell arbeitet, das nicht aus den neutestamentlichen Texten erhoben wurde, sondern das er von außen an diese heranträgt. Es handelt sich also nicht um ein sog. „emisches Konzept“ wie z.B. das des „Propheten“ oder „Lehrers“, sondern um ein „etisches“.44 Die Anwendung eines solchen „etischen Modells“ rechtfertigt er wie folgt in sehr pragmatischer Weise: „When a model helps interpreters to discover what is there and to identify the interaction and dynamics of cultural elements, it does not matter so much whether the concepts used are those of the natives or of the researcher.“45 Die für den Schamanismus konstitutiven ASC-Erfahrungen beschreibt Craffert als biopsychosoziale Phänomene im Sinne von „homoversals“. Unter „homoversals“ versteht er Dispositionen und Gesetzmäßigkeiten, die für die gesamte menschliche Spezies Gültigkeit besitzen.46 Die Charakterisierung der ASC-Erfahrungen als „homoversals“ ergibt sich für ihn aus der Universalität des menschlichen neurobiologischen Systems. Der Inhalt der ASC-Erfahrungen wie auch ihre Bewertung gegenüber normalen Bewusstseinszuständen seien freilich kulturspezifisch. Sie variierten folglich von Gesellschaft zu Gesellschaft. Ausführlich legt Craffert die biopsychologischen Bedingungen und Techniken zur Erlangung solcher ASCErfahrungen dar. Er verweist diesbezüglich auf die Stimulation oder Unterdrückung der Sinne durch Fasten, Tanzen, Trommeln, Krankheit (Fieber), Drogen u.a.m. Ferner nennt er in diesem Zusammenhang drei Indikatoren, die es erlauben, bestimmte Praktiken und Erfahrungen mit einem veränderten 43 44

 Ebd., 164.  Zur Unterscheidung von emischen und etischen Modellen vgl. im Näheren Strecker, Liminale Theologie, 31–34. 45  Craffert, Life, 138. 46  Vgl. dazu Rosemont, Relativism.

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Bewusstseinszustand zu assoziieren, nämlich: „the presence of deliberate induction techniques, external behavior, and claims by subjects.“47 Des Weiteren betont Craffert, ASC-Erfahrungen würden in schamanischen Kulturen nicht wie in modernen westlichen Kulturen als rein psychische Erfahrungen verstanden, sondern als reale Erlebnisse. Das ����������������������� bedeutet: „the deities encountered are ‚deities out there‘; and the worlds visited are ‚worlds out there‘; and the journeys undertaken are with a ‚real‘ soul or ‚real‘ body, as the case may be.“48 Das in diesen Gottesbegegnungen und Himmelsreisen erlangte Wissen habe in schamanischen Kulturen denselben Wert wie das aus alltäglichen Erfahrungen im Wachzustand gewonnene Wissen. Unter Rekurs auf neurophänomenologische Studien betont Craffert vor diesem Hintergrund, schamanische Kulturen seien durch ein „polyphasisches Bewusstsein“ („polyphasic consciousness“) geprägt. Gemeint ist ein im Sinne des „ontologischen Pluralismus“ (s.o.) für mehrere Wirklichkeiten bzw. Wirklichkeitsebenen offenes Bewusstsein. In der modernen westlichen Welt herrsche dagegen ein „monophasisches Bewusstsein“ („monophasic consciousness“) vor. Dieses orientiere sich allein an den Erfahrungen der realen Welt im Wachzustand und verwerfe die Vorstellung mehrerer Wirklichkeiten.49 In diesem Zusammenhang beschreibt Craffert dann detailliert einige Grundzüge der Weltsicht der Kultur des Mittelmeerraumes im 1. Jh. n. Chr. Diese Weltsicht unterscheide sich grundlegend vom heutigen Wirklichkeitsverständnis. Dagegen weise sie viele Überschneidungen mit der Weltsicht schamanischer Gemeinschaften auf.50 Dazu zählen seiner Meinung nach (a) die klassische Dreiteilung der Welt, (b) das Vorherrschen animistischer Vorstellungen, wonach alle Dinge lebendig sind und Geister die Welt und die Geschichte durchwirken, (c) die Bevölkerung des Kosmos durch eine Fülle göttlicher Wesen, (d) das Verständnis des Menschen als Konglomerat aus Körper, Seele und einem materiell verstandenen Pneuma und (e) der „astronomical complex“, d.h. die Deutung der Gestirne als lebendige Wirkmächte, die mit Göttern, aber auch den Ahnen identifiziert werden. Vor diesem Hintergrund beleuchtet Craffert dann nochmals die Figur des Schamanen genauer. Er arbeitet wichtige Differenzen gegenüber anderen religiösen Spezialisten (Priester, Medizinmann bzw. -frau, Weiser) heraus und sucht Schamanen und den „shamanic complex“ in der antiken Welt zu identifizieren: Was die griechische Antike anbelangt, verweist er auf Empedokles und Orpheus; was die alttestamentlich-jüdische Kultur anbelangt, stellt er zunächst allgemein die große Bedeutung von ASC47 48 49 50

 Craffert, Life, 155.  Ebd., 175.  Vgl. ebd., 174–177.  Vgl. ebd., 181–196.

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Erfahrungen heraus, um dann vage und vorsichtig anzudeuten, dass eventuell Mose und Elia als schamanische Figuren gedeutet werden könnten.51 Crafferts gelehrte Ausführungen bieten zahlreiche beachtenswerte Anregungen, die die Exegese neutestamentlicher Texte vielfältig bereichern können. Sie werfen aber auch Fragen auf, die große Zweifel an der konkreten Verwertbarkeit des Schamanismusmodells in der neutestamentlichen Wissenschaft aufkommen lassen. Crafferts Verständnis des Schamanen als einer kulturübergreifenden Figur lässt sich jedenfalls hinterfragen. Die Arbeit mit solch einem abstrakten Schamanismusmodell ist mit vielen Problemen behaftet und in der einschlägigen Forschung äußerst umstritten. So beklagt Clifford Geertz, auf dessen methodischen Ansatz der „dichten Beschreibung“ sich Craffert ja selbst beruft: „the individuality of religious traditions has so often been dissolved into such desiccated types as […] ����� ‚shamanism‘ […], and all the other insipid categories by means of which ethnographers of religions devitalize their data.“52 Und Michael Taussig schreibt: „Shamanism is […] a made-up, modern, Western category, an artful reification of disparate practices, snatches of folklore and overarching folklorizations, residues of long-established myths intermingled with the politics of academic departments, curricula, conferences, journal juries and articles, [and] funding agencies.“53 Um diese harsche Kritik zu verstehen, ist es nötig, die Entstehung und Entwicklung des okzidentalen Diskurses über „Schamanen“ und „Schamanismus“ zu betrachten.54 Ein Blick in die Geschichte gibt zu erkennen, dass der „Schamanismus“ zu wesentlichen Teilen als Konstrukt westlicher Kulturen zu begreifen ist. Bereits ab dem 13. Jh. bekunden diverse Reiseberichte von Missionaren und Entdeckern die Existenz fremdartig erscheinender religiöser Spezialisten in Nordeurasien, die sangen, tanzten, besondere Opfer- und Reinigungsrituale vollzogen und mit Geistern kommunizierten. Die Verwendung des im Volk der Tungusen gebräuchlichen Wortes šaman („Schamane“) als Allgemeinbegriff für diese religiösen Spezialisten setzte sich aber erst in der Zeit der Aufklärung durch. Im westeuropäischen Sprachraum ist die Terminologie erstmals in dem 1692 erschienenen Buch „Noord en Oost Tartarye“ des Niederländers Nicolas Witsen belegt.55 Kurz darauf begegnete sie in den Reiseberichten der Deutschen Adam Brand (1698) und Eberhard Ysebrand Ides (1704). Im 18. und dann im 19 Jh. war der Diskurs über den sibirischen Schamanen und schamanische Praktiken

51  Vgl. ebd., 197–209. 52  Geertz, Interpretation, 122 (= ders., Dichte Beschreibung, 91). 53 Zitiert nach Atkinson, Shamanism, 307. 54  Die nachstehenden Ausführungen orientieren sich an Hutton, Shamans, und Stuckrad, Schamanismus; vgl. ferner Znamenski, Beauty. 55  Nach Hutton, Shamans, vii.47, findet sich die erste Erwähnung des Begriffs in den alt­rus­sisch verfassten Lebensbeschreibungen des orthodoxen Geistlichen Awakum aus dem Jahr 1672/1673. Zu den russischen Quellen über den sibirischen Schamanismus vgl. Znamenski, Shamanism.

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im akademischen und künstlerischen Milieu bereits fest verwurzelt.56 Denis Diderot beschäftigte sich intensiv mit dem einschlägigen volkskundlichen Material, und die von ihm mitherausgegebene berühmte „Encylopédie“ (Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers, 1751–1780) enthielt nicht nur einen Eintrag „Schamans“, sondern nahm in mehreren Artikeln auf den Schamanismus Bezug (u.a. in „Théosophes“, „Divination“). Die um das Projekt der Aufklärung bemühte Katharina die Große publizierte gar ein Theaterstück namens „Der sibirische Schamane, ein Lustspiel“. Johann Gottfried Herder verstand den enthusiastischen Schamanismus als wichtigen Typus von Religion und verband ihn mit der griechischen Orphik. Diese bereits bei Diderot angedachte Verbindung („Orpheus schamanicus“) vertieften andere Künstler, Religionswissenschaftler und Altphilologen weiter, angefangen bei Victor Hugo über Erwin Rohde bis hin zu Rainer Maria Rilke, wobei insbesondere die Bedeutsamkeit der Ekstase und das Konzept der doppelten Wirklichkeit akzentuiert wurden. Die romantische Naturphilosophie fand im Schamanismus, der nun über Sibirien hinaus u.a. auch in Indien entdeckt wurde, ein Muster für ein spiritualisiertes Naturverständnis und für die Einheit von Mensch und Natur. Im 20. Jh. kommt der universalistischen Deutung des Schamanismus des Religionswissenschaftlers Mircea Eliade eine herausragende Rolle zu. Eliade beschrieb den von ihm auf das Moment der Ekstasetechnik und des ekstatischen Erlebens fokussierten Schamanismus als eine Art „Urphänomen“, das nicht in einem bestimmten Moment der Geschichte oder einer bestimmten Zivilisationsform gründe, sondern allen Kulturen und Religionen voraus- bzw. zugrunde liege. Die schamanische Ekstase stünde dem Menschen als homo religiosus generell offen und gestatte ihm den Ausstieg aus der alltäglichen Welt und den Eintritt in ein mythisches Raum-Zeit-Gefüge (illud tempus) im Sinne einer Teilhabe am Heiligen. Ohne auf die politischen Hintergründe näher eingehen zu können sei angemerkt, dass Eliades Schamanismusmodell nicht nur eine Inversion des modernen westlichen Rationalismus und der darauf abgestimmten Religiosität darstellte, sondern auch ein Gegenkonzept zur sowjetischen Ideologie war. In der sowjetrussisch geprägten Schamanismusforschung wurde es von daher konsequent ignoriert. Zusammen mit der in der Gegenkultur der 1968er Generation verwurzelten Literatur über den mexikanischen Schamanismus des Anthropologen Carlos Castaneda avancierte Eliades Konzept dagegen im Westen zum zentralen Impulsgeber der Entstehung des sog. NeoSchamanismus. Dieser wiederum kulminierte in der Entwicklung eines vermeintlich kulturunabhängigen „Core Shamanism“ durch den umstrittenen Anthropologen Michael Harner.

In diesem über 300 Jahre währenden schamanischen Diskurs vermischen sich unterschiedlichste Formen der Bewertung und Behandlung von Schamanen. Es begegnen darin Verteuflungen, Gleichsetzungen mit dem antiken Heidentum, Einordnungen in ein Stufenmodell religiöser Evolution, politische Unterdrückung und Verfolgungen, Pathologisierungen bzw. Medizinalisierungen, Betrugsvorwürfe, Brandmarkungen als Irrationalismus, christliche und esoterische Vereinnahmungen sowie politische Instrumentalisierungen bis hin zur Idealisierung. Der in Europa und Amerika etablierte Schamanismusdiskurs erweist sich mithin als schillernde Projektionsfläche für Ängste, Dominanzbestrebungen und unterschiedlichste Sehnsüchte der westlichen Kulturen. Dies rührt nicht zuletzt daher, dass die Begriffe „Schamane“ und „Schamanismus“ letztlich ein Konstrukt west56

 Speziell zum 18. Jh. vgl. Flaherty, Shamanism.

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licher Missionare, Ethnologen und Politiker darstellen, das je nach Interessenlage unterschiedlich ausgestaltet und mit verschiedenen Bedeutungen aufgeladen werden kann. Mit Blick auf die klassische Musterform des Schamanismus, nämlich den sibirischen Schamanismus, gilt es in jedem Fall zu bedenken, dass bereits der Begriff „Sibirien“ ein politisches Konstrukt russischer Eroberer im 16. Jh. war. Diese ebneten damit die Vielfalt der in diesem riesigen Territorium lebenden Völker aus Machtinteresse bewusst ein.57 Die ethnisch, linguistisch und kulturell heterogenen Völker dieses großen Gebietes besaßen, was ihre religiösen Spezialisten anbelangt, weder einen einheitlichen Namen noch ein rundweg einheitliches Konzept. Will man an dem Begriff „Schamanismus“ festhalten, muss man folglich einräumen: „shamanism is not one thing, it is many.“58 Erschwerend kommt hinzu, dass die „sibirischen Schamanen“ keine direkten Zeugnisse hinterließen. Die verfügbaren Daten stammen von Nichteinheimischen, deren christliches oder später marxistisch-leninistisches Vorverständnis z.T. massiv in die Beschreibungen einfloss. Überhaupt sind Herkunft und Alter des „sibirischen Schamanismus“ unklar: Handelt es sich überhaupt um eine uralte spirituelle Praxis, die asiatische Religionen wie den Buddhismus und Hinduismus beeinflusste, oder entstand der Schamanismus allererst in mittelalterlicher Zeit aus der Vermischung von einheimischen Traditionen mit dem Budhismus?

Crafferts kulturübergreifendes Modell des Schamanen setzt sich nun offenkundig aus zahlreichen heterogenen Vorstellungen und Thesen zusammen, die dem schillernden schamanischen Diskursfeld entstammen. Dabei bezieht er sich nicht nur auf klassische Anthropologen und Religionswissenschaftler, sondern auch auf Vertreter des Neo-Schamanismus und der transpersonalen Psychologie (Michael Harner, Roger Walsh), die der esoterischen New-AgeBewegung nahe stehen. Vor dem Hintergrund der voranstehenden Darlegungen muss die Frage erlaubt sein, ob ein derart synthetisches Modell wirklich hilfreich und weiterführend ist. Nicht ohne Grund schrieb die Ethnologin Jane Monning Atkinson bereits 1992: At present, most general theorizing about shamanism appears outside the anthropological literature. Among anthropologists one finds widespread resistance not necessarily to the use of transcultural categories for purposes of analysis, but to the reification of such categories at the expense of history, culture, and social context.59

Crafferts Studie dokumentiert, dass die ethnologische Skepsis gegenüber allzu pauschalen Schamanismusmodellen nicht ganz unberechtigt ist. So lassen sich einige Aspekte seines Schamanismusmodells nur sehr bedingt mit den Erscheinungen gerade des klassischen „sibirischen Schamanismus“ in Einklang bringen, geschweige denn als universale schamanische Kennzeichen ausweisen. 57 58 59

 Vgl. Hutton, Shamans, 3–7.  Caroline Humphrey, zitiert nach Hutton, Shamans, 49.  Atkinson, Shamanism, 308.

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Dies gilt etwa für die namentlich von Mircea Eliade vertretende These, das schamanische Weltbild sei prinzipiell dreistufig. Robert Hutton weist auf deutlich komplexere Vorstellungen hin, wenn er über die schamanischen Welten in „Sibirien“ schreibt: „The Chuckchi believed in a stack of nine worlds, with deities dwelling at twenty-two points of the compass in the human one. […] The tribes of the Altai spoke variously of three, seven, nine or more levels in the sky alone with more beneath the earth, but also sometimes imagined the world as a disc supported by a giant fish. The Buryats portrayed a heaven with ninety-nine provinces, and a separate realm in the north for evil spirits.“60 Überhaupt ist damit zu rechnen, dass die vorhandenen Hinweise auf ein dreistufiges Weltbild auf den Einfluss christlicher Vorstellungen zurückgehen.61 Bedenken stellen sich zudem ein, wenn Craffert das antike trichotomische Menschenbild in den Kontext schamanischer Vorstellungen stellt, lässt sich dieses doch nur schwer mit dem Konzept multipler Seelen verbinden, das Robert Hutton im Schamanismus sibirischer Völker findet: „To the Khants, every limb and organ of a human being, and each persons’s shadow, had its own individual spirit. The Sakha thought that everyone was born with three life-giving spirits, and died when the last was destroyed or lost.“62 Und auch hinsichtlich der klassischen These, zur schamanischen Existenz gehöre generell eine wie auch immer geartete Erfahrung des Todes und der Rückkehr ins Leben, werden Zweifel laut, denn „it does not seem to have been universal even in that tract of Siberia in which it is recorded, or known in other parts“63.

Noch entscheidender aber ist, dass die verbreitete Vorstellung, Trancephänomene bzw. ASC-Erfahrungen bildeten das zentrale Konstitutivum schamanischer Existenz, inzwischen äußerst kontrovers diskutiert wird. Die französische Anthropologien Roberte N. Hamayon etwa kritisiert nachdrücklich das verbreitete, v.a. von Mircea Eliade propagierte Verständnis des Schamanismus als Ekstasetechnik. Hamayon betont, dieser Ansatz führe in die Sackgasse, da unklar sei, um was es sich bei der schamanischen Trance konkret handle. Statt von den ASC-Erfahrungen sucht sie den Schamanismus von seiner sozialen Funktion her zu verstehen, indem sie behauptet, Schamanismus diene unter Jagdvölkern primär dazu, die Jagd und das Töten von Wild rituell abzusichern.64 Auch wenn diese neuerliche Universalerklärung ebenfalls auf Kritik stößt,65 steht Hamayon mit ihren Bedenken gegenüber der Fokussierung des Schamanismus auf Trance nicht allein da. Viele Schamanismusstudien betrachten heute nicht die Trance und ASCErfahrungen als zentrales Charakteristikum des Schamanismus, sondern das Verhältnis des Schamanen zu den Geistern, und zwar unabhängig davon, ob eine Trance vorliegt oder nicht. Dabei ist freilich einzuräumen, dass die Rede von „Geistern“ bereits eine Einkleidung des Phänomens in westliche Kate60  Hutton, Shamans, 60. 61  Vgl. Stuckrad, Schamanismus, 51 mit Anm. 52. 62  Hutton, Shamans, 61. 63  Ebd., 74; vgl. auch ebd., 80.121. 64  Vgl. Hamayon, Game, 61: „Obtaining the promise of game or ‚good luck‘ for hun­ ters of his community is the shaman’s main function in the most archaic Siberian societies in their traditional mode of life“; s. auch dies., La chasse. 65  Vgl. Hutton, Shamans, 57f.

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gorien darstellt, kommunizieren Schamanen nach ihrem traditionellen Selbstverständnis doch oft einfach nur mit den Tieren.66 Die verbreitete Identifizierung des Schamanismus mit dem Auftreten von veränderten Bewusstseinszuständen stellt noch in einer weiteren Hinsicht eine westliche Vereinnahmung dar, und zwar insofern, als darin das schamanische Selbstverständnis dem westlichen Weltbild entsprechend auf den Kopf gestellt wird: „What are characterized here as matters internal to the mind were regarded by those natives as an exact opposite: relationships with an external world as objectively real as the physical one.“67 Craffert selbst will nun, wie er betont, anachronistische und ethnozentrische Urteile unbedingt vermeiden. Mehr noch, er konstatiert, der psychologische Anachronismus sei der schlimmste Anachronismus.68 Es drängt sich jedoch angesichts des Gesagten die Frage auf, ob die Engführung des Schamanismus auf ASC-Erfahrungen nicht gerade ein solcher „psychologischer Anachronismus“ ist. Hinzu kommt die große Schwierigkeit, wie man einigermaßen verlässlich erkennen kann, ob und wo in bestimmten neutestamentlichen Berichten möglicherweise ASC-Erfahrungen beschrieben bzw. verarbeitet werden.69 Ein weiteres Problem besteht darin, dass Craffert einige in der Regel als charakteristisch beurteilte Merkmale von Schamanen übergeht oder zumindest nicht betont herausstellt. Dies erklärt sich vermutlich daraus, dass sich diese charakteristischen Merkmale in den Quellen über Jesus nicht eindeutig auffinden lassen. Dazu zählen die Erlangung des Status eines Schamanen durch intensives Training entsprechender Techniken, der Einsatz auffälliger ritueller Kostüme und Ausrüstungen, der Gebrauch bestimmter Instrumente, insbesondere der Trommel, der Konsum von Drogen und auch die Durchführung von Opferriten.70 Man muss sich im Übrigen nur die vielen von Mihály Hoppál zusammengestellten Bilder und Darstellungen von Schamanen und Schamaninnen aus weltweit unterschiedlichsten Kulturen ansehen, um sich unweigerlich zu fragen, ob die Qualifizierung Jesu von Nazaret als Schamane nicht gänzlich unangebrachte Assoziationen weckt.71 66 Vgl. Stuckrad, Schamanismus, 16. 67 Hutton, Shamans, 67; vgl. Stuckrad, Schamanismus, 16f; s. auch Strecker, Jesus 56f. Hutton, Shamans, 67, gibt ferner zu bedenken, „that ultimately the psychologizing of Siberian spirits is itself a statement of faith, resting upon no ultimate proof. It makes sense to modern westerners of otherwise uncanny or repugnant phenomena; but in its different way the native explanation made equal sense, and with as much claim to objective demonstration of faith.“ 68  Vgl. Craffert, Life, 77.169. 69  Weitere Probleme der Anwendung des ASC-Modells in der Exegese nennt Vollenweider, Bewusstseinszustände, 88. 70  Vgl. Hutton, Shamans, 57.69–83.99f. 71  Vgl. Hoppál, Schamanen.

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Sind die Unterschiede nicht zu groß und der Interpretationsaufwand zu hoch, um den Schamanismus – selbst als „homomorphic model“, d.h. als Modell, „that reproduces only selected salient features of an object“72 – in der Jesusforschung sinnvoll heranziehen zu können? Dieser Eindruck verstärkt sich weiter, wenn man den von Craffert angeführten Belegen für die Existenz von Schamanen in der antiken mediterranen Welt genauer nachgeht. Craffert kann sich dabei freilich auf einige bekannte Altertumswissenschaftler stützen. Überdies wurden Verbindungen zwischen dem Schamanismus und dem archaischen Griechenland seit der Entdeckung des Schamanismus immer wieder erwogen, sei es, dass man einen direkten Einfluss des sibirischen Schamanismus über Thrakien oder durch die Skythen postulierte oder eben im generalistischen Sinn Parallelen zu schamanischen Motiven diagnostizierte. Spekulationen und Thesen dieser Art finden sich im 18. und 19. Jh. bei Jan Potocki (1761–1815), Christian August Lobeck (1781–1860), Erwin Rohde (1845–1898) und Hermann Diels (1848–1922).73 Im 20. Jh. ist im deutschsprachigen Raum v.a. Karl Meuli zu nennen, der unter reicher Heranziehung ethnographischen Materials Herodots Bericht über skythische Beerdigungsriten, die Schwitzbäder, Hanfinhalationen und lautes Heulen einschlossen, als Beleg für schamanische Praktiken deutete. Als Schamanen identifizierte er ferner die als Frauen auftretenden Enarees sowie die archaischen Wundermänner Aristeas von Prokonnesos und Abaris. Darüber hinaus postulierte er schamanische Ursprünge der griechischen Epik.74 Meuli aufnehmend, behauptete dann namentlich auch Eric Robertson Dodds in seinem vielbeachteten Werk „The Greek and the Irrational“ eine von den Skythen ausgehende Verbreitung des Schamanismus im archaischen griechischen Raum. Dodds identifizierte Hermotimos von Klazomenai, Epimenides, Pythagoras, Empedokles und v.a. Orpheus als Schamanen.75 Andere Forscher wie F.M. Conford,76 Walter Burkert77 oder Donat Margreth78 bauten die schamanische These auf ihre Weise weiter aus.

Jan Bremmer ging all diesen vermeintlichen Indizien für die Existenz von Schamanen und schamanischen Praktiken im archaischen griechischen Raum nach und legte überzeugend dar, dass sie sich durchweg anders erklären lassen.79 Bremmers Kritik an der vermeintlichen Existenz eines archaischen griechischen Schamanismus stieß auf breitere Zustimmung.80 Kocku von Stuckrad merkte zudem kritisch an, die Behauptung eines archaischen griechischen Schamanismus würde mit dem verfehlten, ethno72 73 74 75 76 77 78 79 80

 Craffert, Life, 23.  Vgl. Bremmer, Rise, 28f.  Vgl. Meuli, Scythica.  Vgl. Dodds, Greeks, 135–178.  Conford, Principium Sapientiae, 88–106; vgl. dazu Hutton, Shamans, 130.  Burkert, ΓΟΗΣ; ders., Weisheit, 98–142; ders., Structure, 78–96.  Margreth, Skythische Schamanen?  Bremmer, Rise, 27–40.  Vgl. Hutton, Shamans, 130; Stuckrad, Schamanismus, 109f.

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zentrischen Mythos der Geschichtslosigkeit indigener Kulturen operieren, werde hier doch vorausgesetzt, der neuzeitliche sibirische Schamanismus sei derselbe, der im archaischen griechischen Raum begegne. Vor diesem Hintergrund betont Stuckrad, dass die geläufigen, sich auf ethnographisches Material stützenden Definitionen von Schamanismus schlichtweg unbrauchbar und irreführend seien, wenn es um antike Phänomene gehe.81 So wird auch Crafferts Verfahren, Berichte von Visionen, Auditionen und Träumen in der alttestamentlich-jüdischen Tradition ungebrochen als Beleg für die Existenz des schamanischen Komplexes im alten Israel zu verwerten, zweifelhaft. Es fällt ohnehin auf, dass Craffert der Aufgabe ausweicht, jüdische schamanische Figuren klar zu identifizieren. Die Charakterisierung Moses und Elias als Schamanen bezeichnet er selbst als bloße Möglichkeit.82 Zudem ist kritisch anzumerken, dass Craffert den spezifisch galiläischen Kontext Jesu und die in den letzten Jahrzehnten so intensiv betriebene Galiläaforschung83 weitgehend unberücksichtigt lässt. Dies wiegt umso schwerer, als Jesus im Titel des Buches ausdrücklich als „galiläischer“ Schamane bezeichnet wird und sein methodischer Ansatz des „cultural bundubashing“ (s.o.) ja eine intensive Heranziehung des historischen, kulturellen, ökonomischen, politischen und religiösen Lebenskontextes Jesu einfordert.

3. Jesus als galiläischer Schamane? Ungeachtet der im voranstehenden Abschnitt dargelegten manifesten Probleme, die dem vermeintlich kultur- und zeitübergreifenden ethnologischen Modell des Schamanismus immanent sind, ist zumal auch Crafferts konkrete Anwendung des Modells auf die in den neutestamentlichen Quellen enthaltenen Jesusportraits vielfältig hinterfragbar. Craffert durchleuchtet in seinem Buch fünf zentrale Themenbereiche, in denen Jesus seiner Meinung nach als galiläischer Schamane erkennbar wird:84 1. Jesu Taufe und seine Erfahrungen von Geistbesessenheit; 2. Jesu Heilungen, seine Exorzismen und seine Kontrolle über Geister; 3. Jesu Aktivitäten des Lehrens, Predigens und Prophezeiens; 4. die Kindheitsgeschichten; 5. die Berichte über die Osterer81  Vgl. Stuckrad, Schamanismus, 110ff. 82 ��������������������������������������������������������������������������������  ������������������������������������������������������������������������������� Merkwürdig ist, dass Craffert hier nicht auf die Wundermänner Choni und Chaninna ben Dosa eingeht. Das diesen beiden Figuren zugeschriebene Wirken fügt sich schließlich noch am ehesten dem „shamanic complex“ ein und ist überdies in der nordgaliläischen Tradition verankert; vgl. Vermes, Jesus, 45–68; s. dazu auch Crossan, Jesus,���������������������� ���������������������������� 204–224. Craffert erwähnt die beiden Figuren nur kurz; vgl. Craffert, Life, 239. 83  Vgl. Charlesworth, Archaeology; Claussen/Frey, Archäologie; Schröter, Kontext. 84  Vgl. Craffert, Life, 213–419.

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scheinungen. Bei all diesen Themen zeichne das Quellenmaterial, so Craffert, Jesus als Figur, die dem Typus eines Schamanen entspreche. Bezüglich des Quellenmaterials gelte mithin: „whatever Jesus said and did was said and done as a Galilean shaman.“85 Seiner Kritik am „history-of-ideas-approach“ folgend, verwirft Craffert dabei nahezu alle Erklärungen der Texte mit Hilfe der Traditionsgeschichte. Ebenso blendet er die literarischen Funktionen der Berichte und Aussagen über Jesus innerhalb der Evangelien aus. Stattdessen werden die einschlägigen Texte nahezu durchweg als Widerspiegelungen bestimmter historischer Wirklichkeiten gedeutet, insbesondere solcher Wirklichkeiten, die Jesus und andere Menschen angeblich während veränderter Bewusstseinszustände erfuhren. Dieser Ansatz führt zu einigen äußerst spekulativen Auslegungen. So versteht Craffert die Taufe Jesu am Jordan (Mk 1,9–11 par) als schamanische Initiation.86 Die Schilderungen der Öffnung des Himmels, des Herabkommens der Taube und der Himmelsstimme sind für ihn Beschreibungen einer für Schamanen typischen ASC-Erfahrung. Die neutestamentlichen Taufberichte schilderten im Kern die Erlangung jener besonderen Geistbesessenheit, die auch Schamanen kennzeichne. Dass sich die Ausgestaltung der Taufszene auch rein theologischen bzw. christologischen Interessen verdanken könnte,87 ignoriert Craffert rundweg. Er reduziert die Taufe Jesu stattdessen ganz auf den Aspekt der schamanischen Initiation, was zur Folge hat, dass viele Aspekte der neutestamentlichen Taufberichte bei ihm unerörtert bleiben. Allerdings ist einzuräumen, dass Craffert die Legitimität seiner These nicht allein aus der Auslegung von Mk 1,9–11 par ableitet, sondern aus dem Gesamtbefund des neutestamentlichen Zeugnisses. Doch selbst wenn man, Craffert folgend, die unmittelbar anschließende Versuchungsgeschichte (Mk 1,12f; Lk 4,1–13; Mt 4,1–11) als Beschreibung eines schamanischen Seelenfluges zu deuten und die dabei erwähnte Gemeinschaft mit wilden Tieren als ebenso typisches Element des „schamanischen Komplexes“ zu identifizieren bereit ist, spätestens bei der darüber hinausgehenden These, Jesus habe generell wie ein Schamane zahlreiche Himmelsreisen vollzogen, werden dann doch große Zweifel laut. Craffert begründet diese These unter Verweis auf Joh 1,18 und 3,13, ohne in irgendeiner Weise den eminent theologischen Charakter dieser johanneischen Aussagen zu diskutieren.88 Das weitere Argument, in 2Kor 12,2 würde eine Himmelsreise Jesu und nicht des Paulus geschildert, ist in der Forschung zumindest eine deutliche Minderheitenmeinung. Wenig überzeugend ist dann auch der Versuch, in den Berichten über Jesu Aufsuchen einsamer Plätze 85 86 87 88

 Ebd., 84.  Vgl. ebd., 215; vgl. zum Folgenden insgesamt ebd., 213–244.  Vgl. dazu nur Meier, Marginal Jew II, 106–116.  Vgl. Craffert, Life, 219f.

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(z.B. Mk 1,35; 6,46; Lk 4,42; 5,16; 6,12) oder über einen zeitweisen Nahrungsverzicht (Mk 9,29; Mt 6,16ff) konkrete Techniken zur Erlangung von veränderten Bewusstseinszuständen widergespiegelt zu sehen. Welchen Interpretationsaufwand Craffert diesbezüglich zu investieren bereit ist, zeigt sich daran, dass er aus der Bemerkung in Mt 26,39, Jesus sei auf sein Gesicht niedergefallen, im Anschluss an John J. Pilch auf ein einseitiges Einatmen Jesu zurückschließt, das die rechte Gehirnhälfte in besonderer Weise stimuliert und so eine ASC-Erfahrung ausgelöst habe.89 Ein grundsätzliches Problem kommt hinzu, das Craffert selbst einräumt:90 Sollte Jesus tatsächlich immer wieder Himmelsreisen bzw. andere ASCErfahrungen erlebt haben, so müsste er selbst wiederholt davon öffentlich oder halböffentlich berichtet haben, damit sich das Bild von Jesus als schamanischem Himmelsreisenden überhaupt etablieren konnte. Zumindest müssten seine Anhänger solche Berichte als mit seiner Person übereinstimmend erachtet haben. Dies alles bleibt aber reine Spekulation. Zur Skepsis gemahnt diesbezüglich der Umstand, dass das Neuen Testament durchaus ganz konkret von Himmelsreisen zu berichten weiß (2Kor 12,2ff; Apk 1,10ff), dass dies in den Texten der Jesusüberlieferung aber gerade nicht der Fall ist. Ist es wirklich legitim, solche Himmelsreisen oder überweltliche Erfahrungen einfach in das Jesusportrait der Quellen hineinzulesen? Die Indikatoren, die Craffert diesbezüglich anführt,91 nämlich die Jesus zugeschriebene göttliche Identität, seine sexuelle Askese, seine Gottessohnschaft und Jesu vermeintliches Auftreten als Astralprophet, sind alles andere als zwingend und teilweise ihrerseits spekulativ. Ohne hier ins Detail gehen zu können, seien nur der erste und der letzte der genannten Indikatoren kurz beleuchtet. Craffert behauptet, die vollmächtigen „Ich-bin-Worte“ im Johannesevangelium (6,35.41.48; 8,12; 10,9.11; 11,25; 14,6; 15,5) würden anzeigen, dass Jesus eine geistbesessene Person gewesen sei, woraus sich dann entsprechende ASCErfahrungen ableiteten. Und aus dem Umstand, dass die Evangelien Jesu Leben an dessen Beginn und Ende mit kosmischen bzw. astralen Ereignissen verbinden (Mt 2,2.9f; Mk 13,24–27 par; 15,33 par), folgert Craffert weiter, Jesus habe Astralprophetie betrieben (vgl. Mt 8,11 par) und dementsprechend wohl auch Himmelsreisen unternommen.92 All diese Deutungen sind extrem gewagt und im Vergleich zu den von Craffert kritisierten Auslegungen, die die entsprechenden Stellen mit Hilfe der Traditionsgeschichte und der Theologie der Evangelisten ausleuchten, letztlich inhaltsarm. Zudem wird die ungewöhnliche Zeichnung Jesu als schamanischer Himmelsreisender nicht unbedingt vertrauenswürdiger, wenn die vermeintlichen Himmelsreisen in anachronistischer Weise als „telephone exchange with the divine world“93 bezeichnet werden.

89 90 91 92 93

 Vgl. ebd., 222.  Vgl. ebd., 218.  Vgl. ebd., 234–243.  Vgl. ebd., 236.242.  Ebd., 243.309.342.421.

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In seiner umfangreichen Besprechung der Heilungsberichte bietet Craffert dann freilich eine äußerst instruktive Kritik an der in der Jesusforschung verbreiteten Arbeit mit dem modernen biomedizinischen Paradigma.94 Unter reicher Heranziehung medizinanthropologischer Einsichten plädiert er eindrücklich für die Arbeit mit einem alternativen „biopsychosozialen Paradigma“. Vor diesem Hintergrund gelangt er zu dem Ergebnis, Jesu Heilungen seien „symbolic and meaning interventions in the lives of people sharing symbols and a cultural system with the shaman“. Und weiter heißt es: „That Jesus could probably do the things ascribed to him […] can be seen as normal and typical activities of someone controlling and manipulating the symbols of meaning in his cultural world, and in that way affecting sick people.“95 Diese am Konzept des symbolischen Heilens von D.E. Moermann orientierte Deutung des Heilungshandelns Jesu wird insgesamt sehr überzeugend herausgearbeitet.96 Entscheidend aber ist: Sie funktioniert auch ohne explizite Anwendung der Schamanismusthese. Ungeachtet dessen, verdient Crafferts in diesem Zusammenhang formulierte Einsicht Beachtung, dass Krankheiten nicht von dem kulturellen Milieu zu isolieren sind, in dem sie auftreten. Dementsprechend betont er, Jesu Klienten „were suffering from firstcentury Galilean (biopsychsocial) conditions or sicknesses“97. Leider belässt es Craffert bei dieser vagen Bemerkung und ignoriert erneut die Galiläaforschung. Deutlich problematischer sind dann die Ausführungen über Jesu vermeintliche Fähigkeit, in schamanischer Manier die Geister kontrollieren zu können. Craffert zufolge indiziert z.B. die Geschichte vom Seewandel in Mk 6,45–52 par Jesu Macht über Naturgeister. Im Näheren sei darin die Vorstellung verarbeitet, dass Jesus auf unsichtbaren Seegeistern herumtrample. Die Erzählung über die Verfluchung des Feigenbaumes (Mk 11,12–14 par) handle davon, dass Jesus den „spirit of the tree“ getötet habe. Und die Fischfangerzählungen in Lk 5,1–11 und Joh 21,1–11 demonstrierten wiederum Jesu Kontrolle über die maritimen Tiergeister. Auch die bereits oben erwähnte Anwesenheit wilder Tiere in der Versuchungsgeschichte (Mk 1,12f par) weist angeblich auf Jesu schamanische Fähigkeit, die Geister der Tiere zu beherrschen. Von alldem steht nichts in den Texten. Die genannten Deutungen sind hochspekulativ. Mehr als problematisch und die Sachverhalte extrem verkürzend ist es, wenn Craffert darüber hinaus den Sinn der komplexen Parakletsprüche (Joh 14,16f.26; 15,26f; 16,7b–11.13–15) im Johannesevangelium darauf reduziert, es handle sich um „the same idea 94 95 96 97

 Vgl. zum Folgenden insgesamt ebd., 245–308.  Ebd., 298f.  Vgl. dazu Moerman, Anthropology.  Craffert, Life, 277.

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found in the Synoptics of the spirit as guardian who will speak on their [the disciples] behalf“ (Mk 13,11).98 In seiner Erörterung der Lehre, des Predigens und der prophetischen Aktivitäten Jesu konzentriert sich Craffert im Wesentlichen auf eine Auslegung der Reich-Gottes-Aussagen und der Menschensohnworte.99 Er ��������� postuliert, diese wären „closely connected to the life of Israelite visionaries – persons who could in other accounts easily be compared to shamanic figures“. Beide Wendungen fungierten mithin als „particular cultural vehicles for both experiencing and expressing ASC or visionary experiences“100. Das Reich Gottes sei demzufolge „neither a place nor an activity but something to enter into as an experience linked to his [Jesus’] shamanic activities“101. Der Menschensohn Jesus agiere gewissermaßen als göttlicher Vermittler („broker“), indem er durch seine schamanischen Aktivitäten das Reich Gottes für die Menschen erfahrbar mache und ihnen einen Zugang zum göttlichen Bereich, zur göttlichen Welt eröffne. Durch solches Auftreten sei Jesus in Konkurrenz zu dem mit der göttlichen Präsenz verbundenen Tempel und den Offiziellen geraten. Da der vom Menschensohn eröffnete göttliche Bereich im Hier und Jetzt durch alternative, egalitäre Strukturen geprägt gewesen sei und die übliche Verteilung von Ehre und Würde infrage gestellt habe, habe Jesu Botschaft auch politische, allerdings nicht explizit antirömische Implikationen besessen. Crafferts Ausführungen über Jesu Lehre und Predigt enthalten innovative und durchaus erwägenswerte Über­legungen, die hier nicht im Einzelnen diskutiert werden können. Diese lassen sich jedoch weithin vom Schamanismusmodell abkoppeln. Dabei darf aber nicht unerwähnt bleiben, dass Craffert bei der Entwicklung seiner These nur einen Bruchteil der Basileiaund Menschensohnworte in den Blick nimmt. Seine Auslegung wird der Komplexität des Textbefundes insofern nur bedingt gerecht. So finden z.B. die Aussagen über den leidenden Menschensohn kaum Beachtung, und auch die breite wissenschaftliche Debatte über das sog. Menschensohnproblem102 erfährt nicht die ihr angemessene Aufmerksamkeit. Einmal mehr wird hier das grundsätzliche Problem deutlich, dass Craffert sich zu wenig auf die neutestamentlichen Texte in ihrer ganzen semantischen Breite und Tiefe einlässt, ihre kontextuelle Verankerung nicht selten übergeht, bedeutende exegetische Thesen einfach ignoriert und die neutestamentlichen Aussagen und Berichte 98  Ebd., 306. Vgl. zum johanneischen Verständnis des Parakleten nur Pastorelli, Paraclet; s. auch Brown, Spirit, die die Anwendung des ASC-Modells auf den johanneischen Geistparakleten kritisiert, ohne jedoch die exegetische Verwertbarkeit des Modells rundweg infrage zu stellen (205–208). 99  Vgl. dazu insgesamt Craffert, Life, 309–352. 100  Ebd., 334. 101  Ebd., 339. 102  Vgl. dazu nur Burkett, Debate; Hurtado/Owen, Son of Man.

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vielfach nur pauschal als Belegstellen für seine vorab entwickelte Basisthese heranzieht. In seiner Auseinandersetzung mit den neutestamentlichen Geburts- und Kindheitsgeschichten stellt Craffert in der eben beschriebenen Manier dann erneut heraus, die überlieferten Berichte und Episoden würden sich zu dem Profil einer schamanischen Figur fügen.103 Namentlich die Genealogien (Mt 1,1–17; Lk 3,23–38), aber auch einige andere Erzählungen über die Geburt und Kindheit Jesu seien nicht einfach als historische Berichte, sondern als Zeugnisse der Ehre und des Status zu verstehen. Als solche könnten sie bereits zu Jesu Lebzeiten entstanden und dann über Gerüchte und Klatsch weiter verbreitet worden sein. Dergestalt hätten sie zu Jesu schamanischer Karriere in Galiläa mit beigetragen. Dies ist selbstverständlich nicht auszuschließen. Aber wäre dann nicht zu erwarten, dass es zumindest einige wenige manifeste Übereinstimmungen zwischen den Darstellungen der Geburt und Kindheit Jesu bei Matthäus und Lukas gäbe? Die deutlichen Unterschiede der beiden Portraits lassen doch eher vermuten, dass sich diese weitgehend den theologischen Interessen der Evangelienautoren und ihrer Gemeinden verdanken. Dies gilt erst Recht für die entsprechenden apokryphen Berichte etwa im Kindheitsevangelium des Thomas.104 Sehr lehrreich ist dagegen Crafferts Erörterung antiker Vorstellungen über Empfängnis und Schwangerschaft, vor deren Hintergrund er herausstellt, die Berichte über Marias jungfräuliche Empfängnis Jesu seien damals als glaubwürdig erachtet worden, wobei allerdings nicht der Gesichtspunkt des Biologischen, sondern der der göttlichen Vaterschaft im Fokus gestanden habe. Die meisten der in diesem Kapitel vorgetragenen Thesen sind erneut ohne Anwendung des Schamanismusmodells nachvollziehbar. Abschließend widmet sich Craffert den neutestamentlichen Auferstehungsberichten.105 Zunächst führt er aus, dass in den polyphasischen Kulturen der antiken Mittelmeerwelt ein großes Spektrum unterschiedlichster Vorstellungen über postmortale Existenzformen (Unsterblichkeit der Seele, astrale Unsterblichkeit, leibliche Auferstehung, Kombinationen dieser Optionen) existierte und man es damals für möglich hielt, einem Verstorbenen wie einem Geist begegnen zu können. Craffert erläutert all diese Vorstellungen unter Verweis auf einschlägige Sekundärliteratur, unterlässt es aber weitgehend, sie anhand antiker Texte zu belegen. Wie auch immer: Vor diesem Hintergrund postuliert er nachvollziehbar: „visionary experiences – actual or reported about – were a sufficient basis for claiming an afterlife existence for Jesus of Nazareth.“106 Darüber hinaus erwägt er wiederum, dass 103 104 105 106

 Vgl. dazu insgesamt Craffert, Life, 353–382.  Vgl. ebd., 379.  Vgl. dazu insgesamt ebd., 383–419.  Ebd., 403.

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einige neutestamentliche Auferstehungs- und Erscheinungsberichte wie auch die mit Auferstehungsprophezeiungen gekoppelten Passionsvoraussagen bereits vor Ostern kursierten, denn „an afterlife option would not be out of place for a galilean shamanic figure“107. Das heißt: Mit Jesu Auferstehung sei im Sinne einer logischen Konsequenz seines schamanischen Lebens bereits vorab gerechnet worden. Craffert führt drei Indizien für diese Vermutung an: 1. Jesus sei als Vermittler des Gottesreiches, als vermeintlicher Astralprophet und aufgrund seiner angeblich eigenen Himmelsreisen (s.o.) nur allzu gut mit dem göttlichen Territorium vertraut gewesen, so dass mit seinem endgültigen Übertritt in dieses Territorium zu rechnen war. Wenn Craffert freilich meint, diese These an den Erhöhungs- bzw. Verherrlichungsaussagen in Joh 12,23.32.34 festmachen zu können,108 übergeht er indes ein weiteres Mal die eminent theologische Ausrichtung dieser Aussagen. 2. Craffert erwägt, dass die vorösterlichen Passionsweissagungen Jesu (Mk 8,31 par; 9,31 par; 10,33f par) zu den ASC-Erlebnissen nach seinem Tod beitrugen. Die Herstellung einer solchen Verbindung ist wiederum höchst spekulativ. In jedem Fall wäre hier die Frage redaktioneller Bildungen zu diskutieren. 3. Schließlich erblickt Craffert in den österlichen ASC-Erfahrungen der Jünger die logische Fortsetzung der vorösterlichen Praxis Jesu, sich und andere in veränderte Bewusstseinszustände zu versetzen, allerdings mit dem Unterschied, dass Jesus nun selbst Inhalt der ASC-Erfahrungen geworden sei: Aus dem Seher wurde gewissermaßen der Gesehene. Diese These hängt natürlich an der nur schwer verifizierbaren Voraussetzung, dass Jesu Auftreten und Handeln in ausgeprägter Weise mit der Induzierung von veränderten Bewusstseinszuständen verbunden war. Alles in allem führt Pieter Crafferts facettenreiche Portraitierung Jesu als Schamane zahlreiche dem westlichen Normalbewusstsein fremd erscheinende Züge der Person des Nazareners vor Augen. Darin bestätigt er auf seine Weise das eingangs wiedergegebene Diktum Theißens, wonach die kulturanthropologische Exegese die Theologie an das Fremde und ganz Andere in der Religion erinnere, also an das, was zugunsten des gänzlich Vertrauten und Transparenten häufig ausgeblendet werde. Zugleich dürfte aber deutlich geworden sein, dass der konkrete Versuch, Jesus als galiläischen Schamanen auszuweisen, schon angesichts des schillernden Charakters der Kategorie des „Schamanismus“ heikel ist, handelt es sich dabei doch um ein westliches diskursives Konstrukt, das aus einem Gemisch von Faszination, Befremdung und Vereinnahmung in der Begegnung mit alten Kulturen in Nordasien erwachsen ist. Eine Übertragung dieses Modells auf das Leben Jesu steht in der Gefahr, das zu produzieren, was die kulturanthropologische 107  Ebd., 409. 108  Vgl. ebd., 410.

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Jesusforschung eigentlich vermeiden will, nämlich anachronistische und ethnozentrische Vorstellungen auf den historischen Jesus zu projizieren. Auf diese und andere Gefahren der kulturanthropologischen Exegese weist nicht zuletzt auch Gerd Theißen in seinem Beitrag in grundsätzlicher Form hin.109 Diese Bedenken dürfen nun aber nicht den Blick für die vielen Anregungen verstellen, die Crafferts Jesusportrait unabhängig von der Schamanismusthese zu bieten hat. Auch sein methodischer Ansatz der „anthropological historiography“ verdient ungeachtet der oben angeführten kritischen Anmerkungen Aufmerksamkeit. Zugleich bleibt aber festzuhalten, dass Crafferts allzu rigide Abwehr der klassischen historisch-kritischen Forschung kontraproduktiv ist. Jedenfalls lässt sich nicht übersehen, dass die weitgehende Ausblendung klassischer traditions- wie redaktionsgeschichtlicher Erwägungen und zumal der literarischen und theologischen Funktionen der neutestamentlichen Berichte und Aussagen Crafferts Modell der kulturanthropologischen Exegese unnötig verarmen und angreifbar machen. Mit anderen Worten, angezeigt ist eine kulturanthropologische Exegese, die ihre innovativen Perspektiven und ihren Blick für Fremdes und Ausgegrenztes in den biblischen Quellen mit den etablierten Erkenntnissen der historischen Kritik gezielt ins Spiel bringt. In seinem umfänglichen, ebenfalls interdisziplinär ausgerichteten Werk hat Gerd Theißen die Fruchtbarkeit eines solchen Vorgehens eindrücklich vorgeführt: Sowohl seine sozialgeschichtlichen, seine religionsgeschicht­ lichen wie auch seine psychologischen Studien sind nicht in bewusster Abgrenzung zur historisch-kritischen Exegese, sondern im Dialog mit ihr abgefasst.110 Theißen ging es in seiner Forschung stets um Perspektiv- und Erkenntniserweiterungen des etablierten exegetischen Diskurses, was ihm in zahlreichen Arbeiten eindrücklich gelungen ist. Für diese Leistung genießt er mit Recht international hohes Ansehen.

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Christian Strecker

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István Czachesz

Jesus’ Religious Experience in the Gospels: Toward a Cognitive Neuroscience Approach

I. Introduction This study outlines possibilities of using insights from neuroscience research in interpreting New Testament passages about Jesus’ subjective religious experience. Why and how we have subjective experience has been debated for some three decades in the modern philosophy of mind.1 Obviously, when we see a red apple, we do not only acquire information about electromagnetic waves that reach our eyes, but also experience something that we call redness. Moreover, we can have different kinds of experience without a material or physical aspect, such as joy and sorrow. We also feel that such experience belongs to us, that it is private, subjective, and occurs in our inner mental world. On one hand, experience is accessible to us and available for verbal report; on the other hand, there are aspects of it that we cannot express verbally. Giving a satisfactory definition of religious experience would surpass the limits of this essay, especially since defining religion is a major challenge by itself. For our purposes, let us consider religious experience to be subjective experience as introduced above when it appears in the context of a person’s relation to the divine. Whereas this definition is biased in the sense that it excludes religious traditions not primarily interested in divine beings, it satisfies the needs of a study dealing with New Testament materials. Finally, let us note that although propositional knowledge or theological formulations are often connected to religious experience, such explicit articulations of religious ideas will be distinguished from subjective religious experience itself. Fifteen years ago, Luke T. Johnson could rightly call religious experience a “missing dimension” in New Testament scholarship.2 Johnson sought to fill 1  D. Chalmers, “The Puzzle of Conscious Experience”, in B. Gertler/L. Shapiro (ed.), Arguing About the Mind (New York, NY: Routledge, 2007), 15–26; M. Tye, “Qualia”, in E.N. Zalta (ed.), The Stanford Encyclopedia of Philosophy, 2008, http://plato.stanford.edu/archives/ fall2008/entries/qualia. Accessed on 8 September 2012. 2  L.T. Johnson, Religious Experience in Earliest Christianity: A Missing Dimension in New Testament Studies (Minneapolis: Fortress Press, 1998), esp. pp. 12–26.

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the void by using insights from the phenomenology of religion (particularly Rudolf Otto and Mircea Eliade), arguing that religious experience played a central role in the life of the early Christians. Heikki Räisänen criticized Johnson for limiting the concept of religious experience in early Christianity to the “numinous experience of power” and not making a difference between experience and its interpretation.3 He suggested that the study of religious experience needs to take into consideration social realities (such as communities and traditions), pre-existing interpretative frameworks (symbolic universes), as well as a much broader range of “profane”, everyday experience. Räisänen also recognized the significance of negative experience (see below). Whereas he rightly corrected Johnson’s narrow perspective on experience, Räisänen’s own approach can be criticized, in turn, for its too broad, almost limitless scope. Larry W. Hurtado proposed that religious experiences had a causative significance in the innovations that marked the development of early Christianity.4 He cited examples such as Paul’s revelatory experience, Stephen’s vision, Jesus’ transfiguration, and the book of Revelation to illustrate his point and concluded that within the early Christian circles, individuals had “powerful revelatory experiences” that they understood as encounters with the glorified Jesus. While taking into account social scientific studies of religious experience (particularly by Rodney Stark), Hurtado’s approach was still inspired by the phenomenological school, inasmuch as he focused on powerful core experiences that supposedly initiated major changes in religious movements. More recently, a new program unit of the Society of Biblical Literature programmatically embraced the study of religious experience in ancient Judaism and Christianity. The proceedings of their meetings are published under the series title “Experientia”. The first volume offered perspectives on demonic possession, mediumship, ecstasy, apocalyptic imagery, visions, and related issues in the New Testament and its ancient literary environment.5 A second volume followed suit, focusing on the relation between religious experience and texts.6 Colleen Shantz’s monograph Paul in Ecstasy already 3 ���������������������������������������������������������������������������������  H. Räisänen, “Tradition, Experience, Interpretation: A Dialectical Model for Describing the Development of Religious Thought”, in T. Ahlbäck (ed.), Approaching Religion (Stockholm: Almqvist & Wiksell International, 1999), 215–26; H. Räisänen, Beyond New Testament Theology: A Story and a Programme (London: SCM Press, 22000), 189–202. 4 �������������������������������������������������������������������������������  L.W. Hurtado, “Religious Experience and Religious Innovation in the New Testament”, JR 80/2 (2000) 183–205. 5  F. Flannery/C. Shantz/R. A. Werline, Experientia, Volume 1: Inquiry into Religious Experience in Early Judaism and Early Christianity (Atlanta, GA: Society of Biblical Literature, 2008). 6  C. Shantz/R. A. Werline, Experientia, Volume 2: Linking Text and Experience (Atlanta, GA: Society of Biblical Literature, 2012).

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marked a new wave of the study of religious experience in biblical scholarship, that is, the use of insights from cognitive neuroscience.7 Shantz relied particularly on Andrew Newberg and Eugene d’Aquili’s theory of the two ways to mystical experience (see below) in interpreting accounts of religious experience in Paul’s writings, which she identified with “trance”, “ecstasy”, or “altered states of consciousness”. The current essay forms a tandem with my essay published in the second volume of the Experientia series (focusing on the Corinthian church) and shares the interests of Shantz’s study inasmuch as it looks into psychological and neuroscientific aspects of religious experience.8 Whereas neuroscience has not yet been used to understand Jesus’ figure in the New Testament, psychological studies of the historical Jesus, although far from being widespread, have been undertaken before.9 The goal of the present essay differs from that of the previous attempts in several ways. (1) First, I do not (and in fact cannot, in the given framework) attempt to draw a psychological profile of Jesus, let alone write his biography from a psychological perspective. I will focus on a few selected cases, which fall strictly under the rubric of subjective religious experience as discussed above. I will not ask about Jesus’ self-understanding or religiosity in general. (2) Second, my approach adds a new dimension to the analysis, drawing on empirical neuroscientific research that has not been yet considered in this context. I will, in particular, ask about the connection between the neural representation of selfhood and its relation to religious experience. (3) Third, I will not further investigate the exact link of the passages under scrutiny with events in the life of the historical Jesus. Consequently, my analysis leaves open the way for two different interpretations. (i) If one ascribes strong historical validity to a particular passage, my analysis can be seen as an interpretation of the subjective experience of the historical Jesus as transmitted by his first followers. (ii) If one regards the text primarily as the result of literary tradition-forming, without any link to the historical Jesus, the analysis will concern subjective experience attributed to Jesus by the gospel writers (and other participants in the process of transmission). Whichever interpretation one choses, however, it is beyond doubt that the text had been shaped by the subjective religious experience of the writers and their communities, providing a window into the religious experience of Jesus’ early followers. 7  C. Shantz, Paul in Ecstasy: The Neurobiology of the Apostle’s Life and Thought (Cambridge & New York: Cambridge University Press, 2009). 8 ����������������������������������������������������������������������������������  I. Czachesz, “Filled with New Wine? Neuroscientific Correlates of Religious Experience in the New Testament”, in Shantz/Werline (ed.), Experientia, Volume 2, 71–90. 9  E.g., J.D.G. Dunn, Jesus and the Spirit: A Study of the Religious and Charismatic Experience of Jesus and the First Christians as Reflected in the New Testament (Philadelphia: Westminster Press, 1975); B. van Os, Psychological Analyses and the Historical Jesus: New Ways to Explore Christian Origins (London/New York: T&T Clark, 2011).

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In fact, the two above-mentioned positions (i and ii) are best understood as complementary perspectives: we have no access to Jesus’ religious experience without the religious experience of the first Jesus-believers. This attempt is deeply indebted to Gerd Theißen’s pioneering work on the psychological aspects of the New Testament and early Christianity.10 Such methods remain almost as “unfashionable” among biblical scholars today as they were in the years when Theißen started experimenting with them. Hopefully, the progress of psychological exegesis and its venturing into new areas of the study of the mind and the brain (a development to which Theißen has also contributed)11 will eventually convince the guild of the fruitfulness of this approach.

II. Religious experience and neuroscience Since the 1980s, neuroscientists have tried to understand what happens in people’s brains when they experience mental states that they closely associate with their religious faith and practice. Michael A. Persinger developed and tested the hypothesis that mystical and religious experiences are correlated with mild epileptic seizures in the temporal lobe, the part of the brain located above the ears on both sides (figure 1).12 In the 1990s, based on earlier experimental work in brain imaging, Eugene G. d’Aquili and Andrew B. Newberg put forward a complex theory of how the interaction of brain parts results in mystical experience during meditation.13 More recently, Fred H. Previc developed a model that connects religious belief with a particular system of the brain that is responsible for processing information in the extrapersonal space, that is, space that surrounds the individual outside of arm’s reach but still close enough to be immediately relevant for thoughts 10  E.g., G. Theissen, Psychological Aspects of Pauline Theology (Philadelphia: Fortress Press, 1987); idem, Erleben und Verhalten der ersten Christen: Eine Psychologie des Urchristentums (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2007). 11 ����������������������������������������������������������������������������������  ��������������������������������������������������������������������������������� E.g., G. ������������������������������������������������������������������������ Theißen, “Kontraintuitive Bilder: Eine kognitive Analyse der urchristlichen Christologie”, Evangelische Theologie 71 (2010) 307–20; idem, “Cognitive Analysis of Faith and Christological Change: Contribution to a Psychology of Early Christian Religion”, in I. Czachesz/T. Biró (ed.), Changing Minds: Religion and Cognition Through the Ages (Leuven: Peeters, 2011) 89–108. 12  M.A. Persinger, Neuropsychological Bases of God Beliefs (New York: Praeger, 1987); M.A. Persinger, “The Neuropsychiatry of Paranormal Experiences”, Journal of Neuropsychiatry & Clinical Neurosciences 13/4 (2001) 515–23. 13  E. G. D’Aquili/A. B. Newberg, The Mystical Mind: Probing the Biology of Religious Experience (Minneapolis: Fortress Press, 1999); A. B. Newberg/E. G. d’ Aquili, “The Creative Brain/the Creative Mind”, Zygon 35/1 (2000) 53–68.

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and actions.14 This system is also active in dreams and hallucinations, explaining experiences of leaving the body or being connected to external forces. In his recent monograph, Patrick McNamara emphasized the “decentering of the self ” in religious experience.15 He proposed a model of how the interaction of a network of brain parts as well as changes in the balance of neurotransmitters (messengers that carry information across neurons) underlie a process that starts with “reduction of intentionality or a turning over of the will to God” and culminates in “insights and gratitude/ joy”.16 Whereas these neuroscientific models opened new perspectives for understanding religious experience, they are one-sided inasmuch as they concentrate on mystical union with the divine and related positive feelings (joy, bliss) but do not consider how different types of religious experience arise in different religious contexts. Biblical exegesis obviously needs to consider a much broader range of experiences. Already a passing look at the Bible reveals that biblical traditions communicate a broad gamut of religious experience, characterized by gratefulness (Ps 18), distress (Jer 20:7), struggle (Rom 7:15–25), or hope (1 Thess 4:13–18). Moreover, different religious traditions tend to emphasize different types of religious experience: for example, Buddhists seek internal balance and enlightenment, Protestants focus on the Bible to find hope and comfort, whereas Pentecostals especially value glossolalia and other signs of the presence of the Holy Spirit.17 We can gain new insights about different forms of religious experience from neuroimaging studies. Until the 1990s, neuroimaging experiments used electroencephalograph (EEG), which allowed only rough localization of activation patterns. Newer technologies, in contrast, show more detailed pictures of what happens where in the brain.18 Let us briefly review some of these newer experiments and their main findings. Andrew Newberg and his collaborators used single photon emission computed tomography (SPECT) to observe the brain activity of experienced practitioners of Tibetan Buddhist meditation.19 In another experiment, Newberg and his team studied Franciscan nuns practicing “centering prayer”, which aims at opening 14  F.H. Previc, “The Role of the Extrapersonal Brain Systems in Religious Activity”, Consciousness and Cognition 15/3 (2006) 500–39. 15  P. McNamara, The Neuroscience of Religious Experience (New York, NY: Cambridge University Press, 2009), pp. 44–8. 16  McNamara, Neuroscience, pp. 143–4. 17  It is important to note that here I exemplify certain tendencies in religious traditions and do not claim that any religion can be reduced to one type of religious experience. 18  It has to be noted that EEG has better temporal resolution and shows more precisely when activation changes than newer brain imaging technologies that measure blood flow or sugar consumption. 19  A. Newberg et al., “The Measurement of Regional Cerebral Blood Flow During the Complex Cognitive Task of Meditation: A Preliminary SPECT Study”, Psychiatry Research: Neuroimaging 106/2 (2001) 113–22.

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oneself to be in the presence of God by focusing on a Bible phrase or prayer.20 In addition to various smaller changes in brain activity, two especially interesting patterns were observed in both experiments. First, activity increased in various frontal regions of the brain, particularly in the prefrontal cortex (the foremost part of the brain, participating in planning and higher cognition, see figure 1), indicating the willful focus of attention. Second, the more active the prefrontal region was, the less activity showed in the superior parietal lobe (located near the back and top of the head), which was associated with the experience of loss of the sense of space. Additional activation (in the inferior parietal region) in the centering prayer was associated with the verbal nature of the meditation (the so-called Geschwind’s territory is known for its role in language use). It is interesting to compare these results with other neuroimaging studies of meditation, which found partly different patterns of brain activity. Using a similar technology as Newberg’s team, Dharma Singh Khalsa and colleagues found deactivation in the superior parietal lobe, but no increased activity in the prefrontal cortex.21 Their participants, however, performed guided meditation: they were listening to a CD that led them through the exercise. An earlier study on guided meditation even found deactivation in this area.22 Nina Azari and her colleagues focused on a different type of religious experience: they asked religious and non-religious participants to read three types of texts, religious, emotionally laden, and neutral, and compared the brain activity of both groups during each task.23 The religious text was Psalm 23, which was of high personal significance for the religious subjects. When religious persons read the religious text, activity in the right prefrontal cortex increased, indicating the willful focus of attention. In this study, activation in this and neighboring areas (dorsomedial frontal cortex) was also attributed to social interaction.24 This interpretation was supported by the participants’ report that their religious experience included interpersonal relationship with 20  A. Newberg et al., “Cerebral Blood Flow During Meditative Prayer: Preliminary Findings and Methodological Issues”, Perceptual & Motor Skills 97/2 (2003) 625–30. 21  D.S. Khalsa et al., “Cerebral Blood Flow Changes During Chanting Meditation”, Nuclear Medicine Communications 30/12 (2009) 956–61. 22  H.C. Lou et al., “A 15O–H2O PET Study of Meditation and the Resting State of Normal Consciousness”, Human Brain Mapping 7/2 (1999) 98–105. 23  N.P. Azari et al., “Neural Correlates of Religious Experience”, European Journal of Neuroscience 13/8 (2001) 1649–52; N.P. Azari/J. Missimer/R.J. Seitz, “Religious Experience and Emotion: Evidence for Distinctive Cognitive Neural Patterns”, International Journal for the Psychology of Religion 15/4 (2005) 263–81. 24  It might be helpful to list a few anatomical terms at this point, indicating how they are used to describe directions in the brain: ventral = toward the abdomen; dorsal = opposite of ventral (in the cortex: upward); medial = toward the midsagittal (symmetry) plane of the brain; lateral = opposite of medial, toward the side of the brain; anterior = toward the nose; posterior = toward the back of the head; superior = toward the top of the head; inferior = toward the feet.

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Jesus Christ.25 In yet another experiment, Newberg and colleagues examined the brain of believers practicing a dramatic form of glossolalia “involving singing, vocal utterances, and ecstatic bodily experiences”.26 This study found decreased activity in the prefrontal cortex (the opposite of what was found in the mediation studies), suggesting the lack of intentional control over glossolalia. Additionally, activation patterns related to emotional change were detected (in the left caudate nucleus, located next to the thalamus). What conclusions can be drawn from the results of these studies for understanding religious experience in the New Testament? On one hand, the patterns of brain activation were different in all of the experiments. This radically contradicts the notion of the existence of a particular religious area in the brain. In line with recent developments in neuroscience, the former “localization approach” (finding the place of some cognitive function or phenomenon in the brain) has been replaced by a more complex interpretation of the interaction patterns of different brain areas.27 Moreover, the empirical findings speak against the idea of a singular type of “religious experience”. This raises the question of what makes these different experiences religious. The question seems to be extremely difficult to answer because “religious” is a fluid and diverse category, not only cross-culturally but also in everyday and academic usage. Neuroscience will hardly uncover the “essence” of religion by focusing on religious experience — an ambition that some recent scholarship on religious experience apparently shares with the phe­ nomenology of religion school. On the other hand, notwithstanding the diversity of results, we can observe some intriguing tendencies. In some of the experiments (Tibetan Buddhist meditation, centering prayer, and Bible reading) activity in the prefrontal cortex increased, indicating the willful focus of attention. In other experiments (glossolalia study and guided meditation), there was unchanged or decreased activity in the prefrontal cortex, indicating the lack of intentional control. These findings suggest that religious experience can be characterized by a certain position on a volitional scale. Some religious experience is the result of a concentrated, willful activity, whereas others arise from stepping into synchrony with an external stimulus. I have proposed that the volitional-synchronic scale of religious experience correlates with other elements of religion: different styles of 25  Azari et al, “Religious Experience and Emotion”, 274–5. 26  A.B. Newberg et al., “The Measurement of Regional Cerebral Blood Flow During Glossolalia: A Preliminary SPECT Study”, Psychiatry Research: Neuroimaging Section 148/1 (2006) 67–71. 27 ����������������������������������������������������������������������������������  N.P. Azari/D. Birnbacher, “The Role of Cognition and Feeling in Religious Experience”, Zygon 39/4 (2004) 901–17; N.P. Azari/M. Slors, “From Brain Imaging Religious Experience to Explaining Religion: A Critique”, Archive for the Psychology of Religion / Archiv Für Religionspychologie 29 (2007) 67–85.

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ritual practice, community structure, and theological emphasis.28 The volitional experience of the Protestant Bible readers, Franciscan nuns, and Tibetan meditators presupposed the transmission of textual or meditative traditions (maintained by generations of experts) as well as the involvement of community members who invested considerable time and energy into being trained in those traditions over several years. One cannot gain much religious experience from reading sacred texts unless there are religious experts who transmit and interpret the texts; then it takes time to acquire the hermeneutical skills that are necessary to understand and appreciate the texts; finally, one needs allocated time and space for meditative practice. We can call such a tradition a volitional tradition and the community maintaining it a volitional community. Synchronic experience in the glossolalia study presupposed a ritual setting with music and singing, which gradually gave way to speaking in tongues. A more usual setting for glossolalia would be a communal ritual, where participants’ experience is synchronized by cues that they take from each other’s behavior. A newcomer can relatively easily pick up those cues, as well, participate in the ritual with minimal effort, and gain religious experience after some practice. In this case, we can speak of a synchronic tradition and a synchronic community. There are varieties of religious experience that can be situated on the volitional-synchronic scale between fully volitional and synchronic experience. Guided meditation making use of an audiotape, for example, presupposes experts who produce such tapes based on traditions maintained by a religious elite, but the efforts and investment required on the part of the practitioner might not be substantial. In such religious practice there is no extended novitiate and catechesis involved. Theological ideas might also vary along the volitional-synchronic scale. For example, reflecting on the experience of glossolalia will presumably elicit different thoughts about the divine than centering prayer based on a biblical passage. On one hand, in a synchronic setting the divine can appear as a dynamic power that enters communities and quickly takes control over the believers’ minds and actions. On the other hand, in a volitional setting the divine might appear as a source of wisdom that the believer attempts to understand in an ongoing process of reflection. It has to be noted that theological ideas and religious experience interact in complex ways. Attribution theory proposed that theological ideas add interpretation to subjective experience after the fact: according to this approach, religious experience is experience that the believer interprets in the framework of 28  Cf. Czachesz, “Filled with New Wine”, 73–81, where “synchronic” experience is called “resonant”. I am also indebted to Ken Livingston’s suggestions about the connection between religious experience and religious beliefs: K.R. Livingston, “Religious Practice, Brain, and Belief”, Journal of Cognition & Culture 5/1 (2005) 75–117.

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theological ideas.29 However, other scholars emphasize the constitutive role of beliefs in subjective experience. That is, there is no “neutral experience” that one interprets only later as religious; instead, one’s beliefs form an integral part of experience already as it emerges.30

III. Religious experience and the self In the meditation studies conducted by Newberg and colleagues, a recurrent observation was the decreased activity of the superior parietal cortex, which was associated with a loss of the sense of space. Further comparison of the results of these studies with previous work on this brain region suggests that the observed change in the sense of space is especially related to the sense of the position of the body in space.31 In fact, the parietal lobes play a crucial role in maintaining the sense of self, which is well demonstrated in processes such as recognizing ownership of one’s limbs (see below). Maintaining a sense of the physical location and boundaries of the body is only one among several brain mechanisms that are collectively responsible for what we subjectively experience as the self. Based on recent neuroscientific research on the self, Matthew Lieberman suggested five major components of selfhood that are maintained by different brain structures.32 These empirically supported observations allow us to identify respective ways in which religious experience interacts with selfhood, providing a more nuanced and differentiated understanding of subjective religious experience. There is a general human intuition of a self that is singular and unitary: there is a singular “I” thinking, feeling, and acting, and this ego is tightly bounded and sealed off from the environment. However, recent work in neuroscience yielded the insight that the self is neither a special nor a unitary system within the brain.33 What this means for the philosophical notion of the self in general is beyond the scope of this essay. It is more pertinent to the 29  I. Pyysiäinen, How Religion Works: Towards a New Cognitive Science of Religion (Leiden/Boston: Brill, 2001), 130–42; A. Taves, “Ascription, Attribution, and Cognition in the Study of Experiences Deemed Religious”, Religion 38/2 (2008) 125–40; A. Taves, Religious Experience Reconsidered: A Building Block Approach to the Study of Religion and Other Special Things (Princeton, N.J.: Princeton University Press, 2009), 16–54. 30  Azari/Birnbacher, “The Role of Cognition and Feeling”. 31  Livingston, “Religious Practice, Brain, and Belief”, 50. 32  M.D. Lieberman, “Social Cognitive Neuroscience: A Review of Core Processes”, Annual Review of Psychology 58/1 (2007) 259–89. 33  S.J. Gillihan/M.J. Farah, “Is Self Special? A Critical Review of Evidence From Experimental Psychology and Cognitive Neuroscience”, Psychological Bulletin 131/1 (2005) 76–97.

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purpose of the current study that empirical research has identified different aspects of the self, supported by different circuits of the brain. It is important to emphasize that we cannot speak of a localization of these aspects of the self in the sense of identifying their strict physical boundaries. What emerges from neuroimaging research is the identification of different networks in the brain that provide a sense of selfhood in different contexts:34 (1) First, we have a subjective feeling that our body belongs to us. The involvement of the right parietal cortex is probably crucial here. If the right inferior parietal cortex is damaged, people neglect their body.35 Malfunction in the right superior parietal cortex has been associated with denying ownership of a limb.36 (2) Second, we can visually identify our face and body. Important brain areas underlying this component include the right lateral parietal cortex and the lateral prefrontal cortex. The latter brain part was mentioned above and its involvement indicates that visually recognizing one’s face and body are reflective, controlled processes. In child development, self-recognition comes after recognizing others (e.g., the mother). (3) Third, we have a sense of agency, that is, we make judgments about the ownership of actions. The right lateral parietal cortex also plays an important role in this process, and it is active when there is a mismatch between the action observed, on one hand, and the internal observation of motor activity, on the other hand. In both anatomic and evolutionary terms, this is an archaic function that works automatically, without requiring attention. (4) Fourth, we can reflect on our subjective experience, making explicit judgments about situations that make us feel good or bad. This activity is especially related to the medial prefrontal cortex, an area that is relatively much larger in humans than in other primates. Self-reflection is effortful and sensitive to distraction by other tasks. (5) Fifth, we can reflect on past experience, linking some memories to the self and the feelings that we had during the events. This leads to the formation of autobiographical memories. Three brain areas have been found to play important roles in this process: the medial temporal lobe, the ventro-medial 34  P. Boyer/P. Robbins/A.I. Jack, “Varieties of Self-systems Worth Having”, Consciousness and Cognition 14/4 (2005) 647–60; Lieberman, “Social Cognitive Neuroscience”, 265–70; J. Ward, The Student’s Guide to Cognitive Neuroscience (Hove, Eng./New York, NY: Psychology Press, 2006), 201–13. 35  K. Vogeley/G. R. Fink, “Neural Correlates of the First-person-perspective”, Trends in Cognitive Sciences 7/1 (2003) 38–42; G. Vallar/D. Perani, “The Anatomy of Unilateral Neglect After Right-hemisphere Stroke Lesions: A Clinical/CT-scan Correlation Study in Man”, Neuropsychologia 24/5 (1986) 609–22. 36  P.D. McGeoch et al., “Xenomelia: A New Right Parietal Lobe Syndrome”, Journal of Neurology, Neurosurgery, and Psychiatry 82 (2011) 1314–19.

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prefrontal cortex, and the medial prefrontal cortex (the latter also underlying reflection on current experience, see above). (6) Finally, we maintain abstract knowledge about ourselves: we can judge, for example, whether certain adjectives apply to us or not. We have better memory for information that we feel applies to us. This aspect of the self is rather complex and involves a great variety of brain areas. Religious beliefs interact with aspects of the self in different ways. For example, out-of-body experiences involve a change in the sense of ownership of one’s body: connection with the respective brain areas has been demonstrated experimentally.37 A similar change in the sense of agency might result in the feeling that one’s actions are initiated by God (or some other superhuman agent, such as a spirit, god, or demon). Further, one can modify the sense of the self when reflecting on subjective experience, for example, by imposing theological interpretations on experience as it occurs or integrate theological elements into the experience itself. Finally, one can alter the sense of the self as maintained in autobiographical memory. Memories are influenced by social expectations and norms, as well as by subsequent learning. Episodic memories are dynamic and narrative rehearsal influences them substantially. Thus knowledge about God or other religious themes can color memories after the facts and shape, for example, stories of divine call and epiphany.

IV. Jesus’ religious experience In the remaining part of this essay I will consider selected episodes from the gospel narratives that allow glimpses into Jesus’ subjective experience — keeping in mind the qualifications about the historicity and constructed nature of these accounts. In addition to choosing texts that contain information about religious experience according to the definition given above, I have also attempted to exemplify both positive and negative religious experience. Whereas Jesus’ baptism is the first episode in the gospels that contains hints about Jesus’ experience (I will say more on the special case of Luke below), his passion and death form the last such episode. Jesus’ transfiguration is another highlight when it comes to the experience of divine epiphany. Taken together, the three stories offer a core selection for an initial study of the neuroscience of Jesus’ religious experience. This selection will be completed 37  O. Blanke et al., “Linking Out-of-body Experience and Self Processing to Mental Own-body Imagery at the Temporoparietal Junction”, The Journal of Neuroscience 25/3 (2005) 550–57; S. Easton/O. Blanke/C. Mohr, “A Putative Implication for Fronto-parietal Connectivity in Out-of-body Experiences”, Cortex 45/2 (2009) 216–27.

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by some special Lukan and Johannine cases, with a view into apocryphal Johannine tradition. These examples certainly do not cover all possible aspects and instances of Jesus’ religious experience in the gospels, yet they allow some initial observations about it from the suggested neuroscientific perspectives. Finally, in the interpretation of the biblical text I will not directly address the question of what kind of brain activations and deactivations we could see hypothetically if we were in the position of observing the brain of the gospels’ Jesus with the help of modern neuroimaging devices. This would include the discussion of a full range of brain regions in each case, not to mention the highly speculative nature of such considerations. Instead, I will make use of the models, criteria, and vocabulary established in the first part of the essay, where the relevant neuroanatomical details have been discussed. The interested reader is invited to check the neurological correlates of the psychological processes mentioned against the presentation of those details in the earlier part of the essay.

1. Jesus’ baptism The baptism of Jesus is the first important passage in all four gospels that tells about Jesus’ religious experience explicitly. What can we say about these accounts (Matt 3:13–17; Mark 1:9–11; Luke 3:21–2; John 1:29–34) in light of the foregoing discussion about the neural and social dimensions of religious experience? First, we can make the observation that none of the accounts gives any detail about the act of baptism itself (except that it took place in the river Jordan); we are not helped in this respect by turning to the preceding verses on John the Baptist’s activity either. It is possible that the author expected the readers to fill in the details from their knowledge about the practice of baptism in their own communities. The texts concentrate instead on the exchange between John and Jesus as well as on the epiphany that took place right after Jesus emerged from the water. Second, the description of the epiphany differs across the four versions in terms of how far they present it as Jesus’ subjective experience. In Mark and Matthew we read that Jesus saw (εἶδεν) the heavens opening and the Holy Spirit descending; Luke describes the event as a matter of fact, without showing events from the point of view of one of the characters; finally, the Gospel of John presents the events through the eyes of John the Baptist, describing it as his rather than Jesus’ religious experience. We can add that in the synoptic accounts the heavenly voice accompanying the vision is best understood to be heard by everyone present (see below). Third, the four accounts differ in terms of the volitional or synchronic nature of Jesus’ experience. In general, Jesus’ baptism is situated in the

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framework of the Baptist’s ministry, as part of a larger movement including the baptism of many others. The conclusion is at hand that synchronicity played an important role in the experience of the participants of the ritual, including Jesus. People’s experience was both guided by John and influenced by each other’s experience. John’s preaching set the cognitive (theological) framework of the ritual; his actions, emotions, and bodily expressions led the patients through the ritual. Further, we can assume that participants picked up behavioral as well as verbal cues about each other’s state of mind, physiological state, and understanding of the events. Even if we imagined the unlikely scenario of immersions taking place out of the sight of others, with only the Baptist and the recipient of baptism present each time, we would have to allow for interaction before and after the ritual. Such an understanding of John’s baptism on the synchronic–volitional scale proves helpful if we consider the previous discussion of the Baptist’s movement in the framework of ritual theories in the cognitive science of religion.38 Whitehouse’s theory of the modes of religion and especially Lawson and McCauley’s theory of ritual form would predict that baptism is accompanied by high emotional arousal (in Whitehouse’s theory) and much sensory stimulation (in Lawson and McCauley’s theory).39 However, it is difficult to understand John’s baptism in such terms. The lack of stimulating elements is especially obvious if we compare the representation of the ritual in the gospels with traditions about the initiations into Mithraism40 or the Isis cult.41 Relying on the present analysis, one can argue that the experience of 38  R. Uro, “Ritual and Christian Origins”, in D. Neufeld/R.E. DeMaris (ed.), Understanding the Social World of the New Testament, (London/New York: Routledge, 2010) 223– 35; R. Uro, “Towards a Cognitive History of Early Christian Rituals”, in I. Czachesz/T. Biró (ed.) Changing Minds: Religion and Cognition Through the Ages (Leuven: Peeters, 2011) 109– 27. 39  H. Whitehouse, Inside the Cult: Religious Innovation and Transmission in Papua New Guinea (Oxford: Clarendon Press/New York: Oxford University Press, 1995); H. Whitehouse, Arguments and Icons: Divergent Modes of Religiosity (Oxford: Oxford University Press, 2000); H. Whitehouse, Modes of Religiosity: A Cognitive Theory of Religious Transmission (New York/Walnut Creek, CA/Lanham, MD: Altamira Press, 2004). E.T. Lawson/R.N. McCauley, Rethinking Religion: Connecting Cognition and Culture (Cambridge: Cambridge University Press, 1990); R.N. McCauley/E.T. Lawson, Bringing Ritual to Mind: Psychological Foundations of Cultural Forms (New York, NY: Cambridge University Press, 2002). 40  For recent attempts at reconstructing the ritual, see R. Beck, Beck on Mithraism: Collected Works With New Essays (Hampshire, Eng/Burlington VT: Ashgate Publishing, 2004), 55–92; M. Clauss, The Roman Cult of Mithras: The God and His Mysteries (New York: Routledge, 2000), 102–11. 41  Such as described by Apuleius, Metamorphoses 11. The vivid and complex nature of the initiation remains obvious even if one understands the account as satirical, as recent interpretations suggested, for example by S.J. Harrison, Apuleius: A Latin Sophist (Oxford/New York: Oxford University Press, 2000), pp. 238–52 and P. Murgatroyd, “The Ending of Apuleius’ Metamorphoses”, The Classical Quarterly 54 (2004) 319–21.

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baptism (in John’s movement, and maybe in the early Christian communities) could be fundamentally shaped by its synchronic nature rather than its dramatic setting. Volitional aspects of Jesus’ baptism are apparent in Matthew’s and Luke’s versions. In Matthew, John tries to avert Jesus’ request to be baptized, but Jesus presents theological arguments (Matt 3:15, “it is proper for us in this way to fulfill all righteousness”). Jesus’ conscious reflection on the ritual seems to prepare the soil for his subjective experience of it, possibly evoking his vision following the ritual. In Luke’s version, Jesus prays after he is baptized and it is during this prayer (Ἰησοῦ προσευχομένου) that the heavens open. Interestingly, it is precisely the Lukan version of the story that does not report the epiphany as Jesus’ personal experience. (It could be also argued that Jesus’ prayer triggered collective, synchronic experience of the other participants.) Referring back to the consideration of cognitive theories of ritual above, we can add the observation that the volitional aspect of baptism became pronounced in various sorts of mental (catechesis) and bodily (fasting) preparations for baptism in Christian communities.42 Fourth, the descent of the Spirit on Jesus and the voice from heaven shape and interpret Jesus’ identity in theological terms. Matthew’s and Mark’s emphasis on what Jesus saw directs attention to the private and immediate nature of the experience and the descent of the Spirit can be also understood as a trigger of Jesus’ reflection on his selfhood. The dialogue with the Baptist in Matthew’s Gospel reports Jesus’ abstract knowledge of himself prior to his baptism, indicating that his subsequent experience was influenced by previous, conscious reflection on his identity. In the broader context of the Lukan narrative, Jesus’ baptism is shaped by reflection on past experience (autobiographical knowledge). The Lukan portrait of young Jesus in the temple (Luke 2:41–52) suggests a gradual learning process (Luke 2:52, προ� έκοπτεν σοφίᾳ) that prepared the way for the epiphany at the baptism. We have seen that Matthew and Mark describe the descent of the Spirit as Jesus’ private experience. In the Lukan account, by contrast, the epiphany is probably seen and heard by everyone present; the heavenly voice uses the second person pronoun (as in Mark), adding a personal tone to the message.43 Arguably, in the Lukan version the epiphany does not function as a fundamental source of Jesus’ experience of his relationship with God, but 42  I. Czachesz, “Long-Term, Explicit Memory in Rituals”, Journal of Cognition and Culture 10 (2010) 321–33. 43  It is difficult to decide whether everyone present could hear the voice, according to the Lukan narrative. Who can see and hear divine revelation also changes across the different versions of Paul’s conversion, see István Czachesz, Commission Narratives: A Comparative Study of the Canonical and Apocryphal Acts (Leuven/Dudley, MA: Peeters, 2007), 74–5, cf. 231–4.

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rather as a means of making this relationship known to the members of the Baptist’s movement.

2. Preaching in the synagogue of Nazareth (Luke 4:16–30) In the Gospel of Luke, this episode stands at the beginning of Jesus’ Galilean ministry, divided from his baptism only by his genealogy and the narrative of the temptation in the wilderness. The brief introduction preceding the episode states that after Jesus returned to Galilee “filled with the power of the Spirit” (v. 14; cf. 4:1) he began to teach and was praised by everyone (v. 15, δοξαζό� μενος ὑπὸ πάντων). In the synagogue of Nazareth he claims that Isaiah’s words apply to him, “The Spirit of the Lord is upon me, because he has anointed me” (v. 18). Whereas the Lukan account of his baptism and the descent of the Spirit are not told from Jesus’ point of view, his words in the synagogue of Nazareth report his personal reflection on his relationship with the Holy Spirit — using the rhetorical figure of quoting ancient authority. Let us emphasize that although from the reader’s perspective this claim might be a purely dogmatic one, in the narrative world of the gospel it is a testimony to Jesus’ subjective experience. What does the expression “the Spirit of the Lord is upon me” imply about Jesus’ religious experience? Is it a confirmation of divine authorization? If one reads the verses in the context of the preceding episodes, the statement in the synagogue is to be understood most likely as a reflection of what Jesus subjectively experienced at his baptism and as he started to teach publicly. In his sermon in Nazareth, Jesus reflects on his personal experience and generates abstract knowledge of this experience using a theological framework derived from the text of Isaiah. If we connect his statement with the gospel’s introductory remarks about his ministry (vv. 14–15), we can suggest that the particular experience Jesus reflected on was related to the powerful effect of his words in Galilee. Because of the great success of his teaching, he attributed ownership of his work to divine agency. Further, the Lukan context also suggests the volitional nature of this experience, insofar as Jesus is presented as a qualified interpreter of Scripture — after being shown formerly as a competent religious debater already at the age of twelve (Luke 2:46–7). As I argued above, volitional experience depends on gradually acquired techniques (of meditation, teaching, or textual interpretation) that are maintained and transmitted with the support of complex institutional frameworks. The Gospel of Luke is of course not unique in presenting Jesus as an interpreter of Scripture.44 Yet when it comes to the beginning of his ministry, 44

 See recently S. Moyise, Jesus and Scripture (London: SPCK, 2010).

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only Luke depicts it in a way that emphasizes his expertise in Jewish tradition, setting his baptism between his debates in the temple and his sermon in Nazareth, describing how impressive his teaching was from the start, and remarking that he prayed as he emerged from the water of Jordan. In sum, we can conclude that the religious experience of the Lukan Jesus at the beginning of his ministry is characteristically volitional. The sermon in the synagogue of Nazareth also reflects religious experience as maintained in autobiographical memory. Jesus’ understanding of the relation between the Spirit and himself influences his reflection on the events of his ministry. We have to note that Jesus also refers to the power of the Spirit in several other statements about his work.45 These reflections show that he (that is, the Jesus of the gospels) interpreted the events of his life in terms of his theological knowledge, including his understanding of the Holy Spirit. These interpretations shaped his autobiographical memories and probably constructed some of his religious experience retrospectively.

3. Jesus’ transfiguration The story of the transfiguration of Jesus on the mountain (Matt 17:1–9; Mark 9:2–10; Luke 9:28–36) is similar to the narrative of his baptism in many respects. As in the episode of his baptism, Jesus’ subjective experience can be inferred from the text but is not addressed explicitly. The lack of explicit interest of the narrative in Jesus’ experience becomes clear if one compares the passage, for example, with any of the three versions of the narrative of Paul’s encounter with Jesus on the road to Damascus (Acts 9:3–9; 22:6–11; 26:12–18). The Lukan version of Jesus’ transfiguration differs from the Markan and Matthean texts in terms of the point of view of the narration, directing the reader’s attention to Jesus’ experience instead of that of the disciples. Unlike the other two synoptic versions, Luke does not report the appearance of Moses and Elijah and their conversation with Jesus from the point of view of the disciples. We have seen the same difference in narrative perspectives before between Luke, on one hand, and Matthew and Mark, on the other hand, in the story of Jesus’ baptism. Whereas in the Matthean and Markan texts of the transfiguration narrative Jesus’ appearance is changed “before them” (that is, before the disciples) and Moses and Elijah “appear to them”, in the Lukan version this is not mentioned. In fact, the disciples fall asleep and it is only when they wake up that they realize there are two figures talking to Jesus. Further, in Matthew’s version, Jesus prohibits the disciples 45

 Dunn, Jesus and the Spirit, 41–66.

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to talk about “the vision” (v. 9, ὅραμα) and in Mark’s version he refers to it as what the disciples have seen (v. 9, ἃ εἶδον). The lack of a comparable prohibition in Luke (where they simply remain silent about the events, v. 36) might also suggest that their experience is not considered the primary focus of the episode. At the climax of the episode, the heavenly voice testifies to Jesus again, calling him the beloved son (Matt 17:6 and Mark 9:8, as in the synoptic version of his baptism) or chosen son (Luke 9:35). This time the heavenly voice adds a warning to listen to Jesus. In each version of the scene of transfiguration, the voice addresses the disciples and not Jesus. At this point, the disciples’ rather than Jesus’ experience is conveyed to the reader. What can we say about Jesus’ religious experience in this episode? Since Luke’s narrative pays attention to what is happening to Jesus, rather than what the disciples perceive, we can use at least the Lukan story to make a few remarks. This is the only passage in the (canonical) gospels where Jesus possibly experiences a radical change of his selfhood in terms of the perception of his body — at least if the reader assumes that Jesus himself noticed the changes described by the text. It would be difficult to go into any speculation about what such a changed perception included. Would Jesus deny ownership of a member of his body or fail to identify a part of his body visually? Although it is difficult to derive such concrete details about his experience from the text, we can surmise that (at least according to the Lukan account) he probably perceived his body in ways that were out of the ordinary. These perceptions could be guided by pan-human, anthropological factors as well as by culturally transmitted patterns. It is not our task in this essay to review the psychobiological interpretations that can be connected to the details of this episode. It will suffice to mention a few examples. The vision of light in religious experience has occupied researchers of mysticism, who put forward explanations including stimulus deprivation, psychedelic drugs, and inhibition of breathing.46 More recently, neurological explanations of near-death experiences included the discussion of light at the end of a tunnel.47 We can note, however, that light radiating from one’s body (described in the transfiguration narrative) is not a typical form of light phenomena in religious experience and has not yet been discussed in neuroscience research. Meeting deceased people and accompanying feelings of bliss (apparent from Peter’s words in the episode but not from Jesus’ behavior) have been discussed as parts of 46  D.M. Wulff, Psychology of Religion: Classic and Contemporary (Oxford, England: John Wiley & Sons, 21997), 147–52. 47  D. Mobbs/C. Watt, “There Is Nothing Paranormal About Near-death Experiences: How Neuroscience Can Explain Seeing Bright Lights, Meeting the Dead, or Being Convinced You Are One of Them”, Trends in Cognitive Sciences 15/10 (2011) 447–9.

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near-death experience and explanations of the probable neurological mechanisms of such encounters have been described.48 Is it possible that Jesus’ transfiguration in fact was a case of near-death experience?49 In Luke 9:31, Jesus converses with Moses and Elijah about his “departure” (ἔξοδος) in Jerusalem; in Matthew (17:12) and Mark (9:12–13), Jesus predicts his passion after the scene of transfiguration. These elements could support a reading of the scene as near-death experience. However, many aspects of near-death experiences (including ones discussed above) have been shown to derive from the failure or deterioration of the senses and the brain. Since we cannot easily deduce such details from the text, caution is recommended when using the respective medical insights to make sense of the narrative. It seems advisable to consider first a metaphorical or ritual rather than physiological sense of “near-death” in the story — a perspective that I cannot explore in more detail at this point. The scene of transfiguration also fits into cultural patterns known from antiquity. For example, seeing light is a standard element of epiphanies;50 wearing beautiful attire occurs in many visions, especially related to exaltation, enthroning, or initiation.51 However, there is no need to consider biological and cultural approaches to religious experience as mutually exclusive paradigms. Biological and cultural factors probably interact in every experience, as acquired mental schemata and behavior channel, interpret, and even fine-tune, biologically conditioned perception. As Azari and others noted (see above), beliefs constitute an integral part of religious experience: not only do they interpret experience as it emerges, but they also provide initial conditions for the perception itself. In other words, if one is familiar with the cultural pattern of shining attire in a religious context, one 48  Mobbs/Watt, “Near-death Experiences”, 448. 49 ��������������������������������������������������������������������������������������  This has been suggested at least in some popular interpretations, see e.g., L.W. Bailey, The Near-Death Experience: A Reader (New York/London: Routledge, 1996), 17–19, 148–50. For interpreting other passages of ancient literature in terms of near-death experiences, see J.N. Bremmer, The Rise and Fall of the Afterlife: The 1995 Read-Tuckwell Lectures at the University of Bristol (London/New York: Routledge, 2002), 90–96. 50  F. Graf, “Epiphanie”, in H. Cancik/H. Schneider (ed.) Der Neue Pauly, vol. 3 (Stuttgart/Weimar: J.B. Metzler, 1997) 1150–52; H.S. Versnel, “What Did Ancient Man See When He Saw a God: Some Reflections on Greco-Roman Epiphany”, in D. van der Plas (ed.), Effigies Dei, (Leiden/Ithaca, NY: Snow Lion Publications; E.J. Brill, 1987) 42–55; F.E. Brenk, “Greek Epiphanies and Paul on the Road to Damaskos”, in Ugo Bianchi (ed.), The Notion of “Religion” in Comparative Research: Selected Proceedings of the XVIth Congress of the International Association for the History of Religions, Rome, 3rd–8th September, 1990 (Roma: “L’Erma” di Bretschneider, 1994) 415–24. 51  N. Davies, The Tomb of Rekh-mi-re’ at Thebes, vol. 1 (New York NY: Plantin Press, 1943), 79–83; P.Oxy 1381, lines 119–20; Zech 3:3–5; Apuleius, Metamorphoses 11.23–4; cf. Czachesz, Commission Narratives, 28–30. For early Christian parallels, see Czachesz, Commission Narratives, 232.

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might perceive such a phenomenon where others do not.52 In our case, the influence of numerous biblical and non-biblical sources and traditions is obvious.53 If we assume that these references actually describe some of the actual experience of (the Lukan) Jesus, we have to conclude that this experience presupposes a great amount of internalized cultural knowledge. This, in turn, enables us to make an observation about the passage in terms of the synchronic–volitional axis. Jesus’ religious experience on the mountain of transfiguration (in the Lukan version of the narrative, putting aside the possibility of a biological near-death condition) is to be understood as volitional experience. This conclusion is further supported by the Lukan remark that the transfiguration occurred while Jesus was praying (ἐν τῷ προσ­εύχεσθαι αὐτόν), which gives a distinct meditative, volitional character to Luke’s narrative.

4. Jesus and negative religious experience In the study of religious experience, pleasant kinds of experience have been overwhelmingly studied. On one hand, this is due to the attention paid to mystical experience and meditative states, which are usually described as beautiful, blissful, or otherwise positive. One the other hand, experimental work tends to avoid dealing with negative religious experience for ethical reasons. When talking about Jesus’ religious experience, however, it is unavoidable to include the negative side. Continuing the tradition of the suffering prophets of the Old Testament, Jesus experiences not only hatred and abuse from humans but also feels abandoned and hurt by God (e.g., Mark 14:33–6 and Matt 26:37–9; Mark 15:34 and parallels; cf. Jer 20:7). In fact, the respective passages of the gospels express these experiences more dynamically than Jesus’ positive religious experience. One cannot, however, simply subsume every hint of Jesus being distressed, irritated, or worried in the gospels under the rubric of negative

52  Similar conclusions were drawn already from one of the earliest experiments on religious experience, W.N. Pahnke, “Drugs and Mysticism”, International Journal of Parapsychology 8/2 (1966) 295–314; W.N. Pahnke, “LSD and Religious Experience”, in F. Barron/ R.C. DeBold/R.C. Leaf (ed.), LSD, Man & Society (Middletown, Conn.: Wesleyan University Press, 1967) 64–5; R. Doblin, “Pahnke’s ‘Good Friday Experiment’: A Long-term Follow-up and Methodological Critique”, Journal of Transpersonal Psychology 23/1 (1991) 1–28. 53  Cf. D.P. Moessner, Lord of the Banquet: The Literary and Theological Significance of the Lukan Travel Narrative (Minneapolis: Augsburg Fortress, 1989), 60–70; U. Luz, Das Evangelium nach Matthäus, vol. 2 (EKKNT I/2, Zürich: Benziger, 21990), 505–9.

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religious experience. On one hand, not all sorrow that occurs in a religious context is necessarily religious experience. For example, Jesus’ weeping over Jerusalem (Luke 19:41–4) is a strong expression of negative emotions in a religious context, but it does not directly concern his relationship to the divine — which was an essential part of our definition of religious experience above. On the other hand, the feeling and expression of strong emotions is not necessarily part of negative religious experience. For example, on the mountain of transfiguration, Jesus converses with Moses and Elijah about his passion; yet there is no indication of an emotional element in this conversation. In other words, subjective experience is not reducible to emotions, although emotions may contribute to subjective experience. Important elements of Jesus’ religious experience during his passion are the surrender of his own will (Matt 14:36; Matt 26:39; Luke 22:42 and 23:46) as well as the feeling of being abandoned by God (Mark 15:34 and Matt 27:46). The first element occurs in different kinds of religious experience and some of its neural correlates are well understood. The right parietal cortex plays a crucial role in judging the ownership of actions (see above under III) and the feeling that someone else is acting instead of the self involves changes in this region. What I am inferring from the passage is that Jesus felt his actions at his passion were directed by God — and not simply that he accepted events as God orchestrated them. This reading is especially supported by the Matthean and Markan versions: “however, not as I will but as you” (Matt 26:39, πλὴν οὐχ ὡς ἐγὼ θέλω ἀλλ᾽ ὡς σύ) and “however, not what I will but what you [will]” (Mark 14:36, ἀλλ᾽ οὐ τί ἐγὼ θέλω ἀλλὰ τί σύ). Another interpretation could be that Jesus understood God’s purpose and actively carried out his own passion while feeling that he himself was the originator of his actions. My preferred interpretation is probably supported by Jesus’ calling God on the cross. According to this reading of the passage, Jesus’ experience was as if the divine will that directed his actions until that point suddenly ceased to be present with him. In other words, negative religious experience in this context means that after the divine is connected to the self for some time, it finally ceases to be so. The Lukan presentation of the events is different from the other two synoptic gospel accounts. Here Jesus accepts divine will rather than identifies with it: “however, not my will, but yours shall happen” (Luke 22:42; using the noun θέλημα and adding the verb γινέσθω, unlike Matthew and Mark). The cry of abandonment from the cross is missing; instead, Jesus puts his soul into the Father’s hand when he dies (Luke 23:46). One may venture the interpretation that the lack of feeling of abandonment is related to the lack of identification with the Father’s will in the Lukan story. In other words, the Lukan Jesus experiences more sovereignty vis-à-vis the divine and therefore also experiences the death on the cross as resulting from his own actions.

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5. Johannine texts The key episodes that we have discussed so far were either missing from the Gospel of John or John did not present the events in ways that would allow us to discuss Jesus’ subjective experience. The Gospel of John has a characteristically Johannine understanding of Jesus’ experience, which we will now address with the help of some selected passages. “I and the Father are one”, says Jesus (John 10:30: ἐγὼ καὶ ὁ πατὴρ ἕν ἐσμεν). Without going into details about Johannine theology or the question of whether this saying goes back to the historical Jesus, we can observe that it is an expression of mystical union with the deity. Note that it does not mean that the concept of the deity becomes identified with the concept of the self: Jesus does not say, “I am the Father” or “the Father is in me” (unlike in 14:11, see below). The identification with the divine rather occurs in the areas of self-reflection and agency. Knowledge about the divine is used to make sense of one’s thoughts and actions: I think the Father’s thoughts and act by the Father’s will. This interpretation is supported by John 5:19, “Very truly, I tell you, the Son can do nothing on his own (ἀφ’ ἑαυτοῦ), but only what he sees the Father doing; for whatever the Father does, the Son does likewise.” The idea is further elaborated in John 8:16, “Yet even if I do judge, my judgment is valid; for it is not I alone who judge (ὅτι μόνος οὐκ εἰμί), but I and the Father who sent me.” Another passage goes even one step further, where Jesus claims, “And whoever sees me (ὁ θεωρῶν ἐμέ) sees him who sent me” (John 12:45). In this version of identification with the Father, the sense of ownership of the body is relativized.54 In fact, this element of self-identity suggests a subjective experience of incarnation: the Savior’s body on earth actually embodies the deity. Developing the theme of mystical union even further, the sense of total identification is suggested in John 14:11, “Believe me that I am in the Father and the Father is in me”. It is probably a consequence of this identification that Jesus’ negative experience in the Johannine passion narrative is not as pronounced as in the synoptics, receiving even less emphasis than in the Gospel of Luke. In John, both the gesture of submission to divine will and the expression of abandonment are missing. Jesus’ words on the cross do not express his religious experience: first, he takes care of his mother (Joh 19:26–7), then he utters two more words: διψῶ (John 19:28, “I am thirsty”) and τετέλεσται (John 19:30, “it is finished”).

54  Here I take “seeing” in a primary, physical sense. Obviously, seeing God implies more than perceiving a physical body, but that is a further step involved in ancient epiphanies (cf. note 50 above).

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Looking beyond the canonical form of Johannine tradition, we can observe that the apocryphal Acts of John also relativizes the sense of ownership of Jesus’ body, yet very differently from the Gospel. In the passion narrative of the Acts of John, Jesus explicitly denies ownership of his physical body. He talks to John from the cross of light on the Mount of Olives while he is being crucified on Golgotha at the same time (Acts of John 97– 105). The lack of emphasis on Jesus’ negative experience in the Gospel of John turns into a categorical denial of his suffering in the Acts of John: “I have suffered none of the things which they will say of me” (ch. 101).55 Finally, let us note that it is characteristic of Johannine theology that the relationship of the believer to Jesus is thought about on the analogy of the relationship of Jesus and the Father: “I know my own and my own know me, just as the Father knows me and I know the Father” (John 10:5).56 The Acts of John elaborates further on this mystical relationship: “But if you hear and listen to me, then you shall be as I am, and I shall be what I was, when I have you like me with myself” (Acts of John 100, ὅταν σὲ ὡς ἐγὼ παρ’ ἐμαυτῷ).57 We can interpret these passages so that it has direct implications for the study of subjective religious experience. That is, they confirm the thesis that the presentation of Jesus’ religious experience in the gospels is inseparable from the religious experience of his early followers. Whereas this factor has to be considered in the interpretation of all of our sources, it is made explicit and turned into a programmatic rule in the Fourth Gospel.

V. Conclusions Based on the selected passages discussed in this essay, among the synoptics there seems to be a difference between Matthew and Mark, on one hand, and Luke, on the other hand, when it comes to presenting Jesus’ religious experience. Matthew and Mark start Jesus’ career with his baptism and put special emphasis on his experience in this event. We concluded that these two accounts report synchronic religious experience, strongly influenced by the guided and collective nature of the ritual. Matthew and Mark also emphasize Jesus’ negative religious experience in his passion, especially his abandonment on the cross. Luke presents Jesus’ religious experience as volitional, his baptism being part of an ongoing process of engagement with 55  Trans. J.K. Elliott, The Apocryphal New Testament: A Collection of Apocryphal Christian Literature in an English Translation (Oxford: Clarendon Press, 21993), 321. 56  Cf. R. Bultmann, Das Evangelium des Johannes (Göttingen: Vandenhoeck & Ru­ precht, 1941), 294. 57  Trans. Elliott, The Apocryphal New Testament, 321.

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Jewish tradition and Jesus’ reflection on his special relationship with God (cf. Luke 2:49). In Luke, the epiphanies accompanying both Jesus’ baptism and transfiguration take place while he is praying. Luke also differs from the other two synoptic gospels when it comes to the characterization of Jesus’ religious experience during his passion: Jesus accepts divine will rather than carries it out and consequently does not experience abandonment by God before his death. In the Johannine writings, Jesus’ religious experience is different from both synoptic types. Jesus’ self incorporates different aspects of the divine, which extends to his agency, self-reflection, and understanding of the body. I suggested that this accounts for the typically Johannine understanding of Jesus’ suffering (that is, the lack of a subjective experience of suffering or abandonment), which is taken to the extreme in the Acts of John. These observations raise the question of whether the differences established could be at least partly attributed to the different types of religious experience cultivated by the respective communities of the gospel writers. Roughly speaking, the Markan and Matthean communities would emphasize synchronic experience (as a starting point of Christian faith), whereas the Lukan and Johannine communities would value volitional experience, especially Johannine believers experiencing the penetration of different aspects of their selves by the divine. Further, the foregoing considerations about the neuroscientific, theological, and social parameters of different types of religious experience would allow us to interpret the sociological and theological profiles of the respective communities in light of the findings about their preferred types of religious experience. These tentative remarks, however, remain to be followed up by future investigation. Figure 158

58  Source (in colour): http://www.ahaf.org/alzheimers/resources/illustrations.html. Copyright © 2000–2012 American Health Assistance Foundation. All rights reserved.

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Wie verändert die Genderforschung die Frage nach dem historischen Jesus?

Thema dieses Beitrags sind die Veränderungen, die die Jesusforschung durch die Genderforschung erfahren hat und in der Zukunft vermutlich noch erfahren wird. Ich will zunächst in einer kurzen Bestandsaufnahme zeigen, wie Beiträge der feministischen Exegese die Jesusforschung verändert haben (1.1) und will herausarbeiten, welche neuen Impulse durch die Verbreiterung des Paradigmas im Zuge der Genderforschung für die Jesusforschung zu erwarten sind (1.2). Nachdem ich kurz die wichtigsten methodischen Probleme skizziert habe, vor denen die historische Rekonstruktion der Haltung Jesu zur Genderproblematik steht (2.), sollen abschließend einige aktuelle Streitfragen aus dem Schnittfeld von Jesus- und Genderforschung besprochen werden, wobei zwischen dem Verhalten Jesu (3.) und seiner Lehre (4.) unterschieden wird.1

1. Forschungsgeschichtliche Annäherungen 1.1 Jesus als Thema der feministischen Theologie In den siebziger, achtziger und neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts erschien, inspiriert von der Frauenbewegung, eine Fülle an Beiträgen feministischer Bibelauslegung. Jesus und sein Verhältnis zu Frauen war darin eines der zentralen Themen.2 Die Herangehensweise war meist keine rein historische, sondern von einer bewusst reflektierten feministischen 1  Dieser Beitrag ist Gerd Theißen gewidmet in dankbarer Erinnerung an viele Jahre fruchtbarer gemeinsamer Arbeit, nicht nur, aber vor allem am historischen Jesus. Die folgenden Ausführungen sind zu verstehen als eine erste thesenartige Bestandsaufnahme dessen, was in der anstehenden Überarbeitung unseres Jesusbuches in Hinsicht auf die Genderproblematik neu bedacht und modifiziert werden sollte und wo wir herausgefordert sind, unsere Überzeugungen angesichts von Kritik neu zu begründen. Die Dokumentation in den Fußnoten ist deshalb hier bewusst knapp gehalten. 2  Bücher aus dieser Phase, die bleibend Einfluss ausüben, sind u.a. Moltmann-Wendel, Mensch (1980), Schüssler-Fiorenza, Memory (1983), Schottroff, Schwestern (1994) und Ricci, Mary Magdalene (1994).

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Agenda bestimmt. Feministische Bibelauslegung erschließt nach der Definition von Marie-Theres Wacker […] die Bibel mit der Absicht, zur Emanzipation/Befreiung/Stärkung, kurz zur MenschWerdung von Frauen beizutragen. Deshalb ist sie auch nicht bloß eine Methode der Bibelauslegung im Sinn einer bestimmten Technik der Textanalyse, sondern eine kritische Hermeneutik, d.h. eine Lehre und Praxis des kritischen Umgangs mit der Bibel, die das Ziel einer Mensch-Werdung von Frauen nicht aus den Augen verliert.3

Zur Jesusforschung haben Arbeiten unter diesem Paradigma durch die Erschließung neuer inhaltlicher und methodischer Fragen beigetragen: In welcher Weise partizipierten Frauen an der Jesusbewegung? Spielte die Schichtzugehörigkeit der Jesusanhängerinnen eine Rolle? Welches Verhältnis hatte Jesus zu den Frauen in seiner Umgebung? Aber auch: Lassen die Quellen und das etablierte Methodenarsenal eine hinreichende Erforschung dieser Fragen eigentlich zu? Wie müssen die historisch-kritischen Methoden weiterentwickelt werden, um hier Fortschritte erzielen zu können? In Fragen wie diesen wurden viele historische und methodische Einsichten gewonnen und neue Fragestellungen erarbeitet, die inzwischen Eingang gefunden haben in die Exegese jedweder Couleur und hinter die die Forschung wohl nicht mehr zurückfallen wird. In keineswegs allen Punkten sind jedoch unstrittige Ergebnisse erreicht worden. Auf einige der noch immer diskutierten methodischen und inhaltlichen Fragen soll in den folgenden Abschnitten eingegangen werden.

1.2 Das Genderparadigma Etwa seit den neunziger Jahren nahm – durch die feministische Theoriebildung beeinflusst – ein neues Paradigma Einfluss auf kulturwissenschaftliche und historische Forschungen: die Kategorie Gender bzw. Geschlecht, die als Basisfaktor in jeder weiteren anthropologischen Differenzierung mitspielt. Frausein oder Mannsein wird nicht als biologische Tatsache betrachtet, sondern als ein Konstrukt, bei dem körperliche und kulturelle Faktoren aufeinander einwirken. Was es bedeutet und wie es sich anfühlt, ein Mann oder eine Frau zu sein, ist abhängig von einer Vielzahl von Faktoren – wann und wo jemand lebt, welche Schichtzugehörigkeit, welche Nationalität, Hautfarbe, welches Alter er oder sie hat und noch von einer Vielzahl anderer Komponenten. Männer und Frauen werden nicht als solche geboren, sondern „gemacht“ (Simone de Beauvoir) bzw. erschaffen sich in sozialen

3

 Wacker, Weg, 102.

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Interaktionen selbst immer wieder aufs Neue (Judith Butler).4 Der ganz spezifische historische und kulturelle Ort, an dem das geschieht, bestimmt zu einem sehr hohen Teil die Möglichkeiten zur individuellen Gestaltung des eigenen Lebens und präfiguriert Wahrnehmung und Denken.5 Solche Einsichten in die kulturell und historisch determinierte Ausbildung und Wahrnehmung der Geschlechtsidentität müssen integriert werden in die historische Jesusforschung. Es gehört zum Menschsein des Menschen Jesus, dass er ein Geschlecht hatte. Dies wurde von der feministischen Theoriebildung bisher vor allem im Rahmen christologischer Reflexion thematisiert, die hier nicht Thema ist.6 Doch auch im Rahmen historischer Arbeit besteht hier erheblicher Bedarf an kritischer Bewusstmachung von Geschlechterkonstrukten, wobei man mindestens drei verschiedene Aspekte unterscheiden muss: (1.) Die tatsächlichen Interaktionen historischer Männer und Frauen, (2.) deren Repräsentation in den antiken Quellen und (3.) die Geschlechterkonstrukte der gegenwärtigen wissenschaftlichen Literatur, die sich auf beide beziehen. Um mit dem letzteren zu beginnen: In der Jesusforschung wird Jesus von Männern und Frauen als Mann (re-)konstruiert. Über den projektiven Charakter von Jesusbildern nachzudenken, gehört spätestens seit Albert Schweitzers „Geschichte der Leben-Jesu-Forschung“ zum Kerngeschäft der JesusforscherInnen. Aber über die verschiedenen Konstruktionen der Männlichkeit Jesu in Interdependenz zu den Männlichkeitsidealen der Gesellschaft, in der die jeweiligen Jesusbilder entstanden sind, ist noch kaum geforscht worden. Einen kurzen Überblick über dieses faszinierende und weithin unbea­ ckerte Feld hat Martin Leutzsch gegeben.7 So steht der sanfte, milde Jesus des 18. und frühen 19. Jh. in Korrespondenz zu dem sich in dieser Zeit entwi­ ckelnden bürgerlichen Schönheits- und Männlichkeitsideal. Der wachsende Einfluss von Nationalismus und Imperialismus in der zweiten Hälfte des 19.

4  Butler, Gender Trouble, 140: „�������������������������������������������������� Gender ought not to be construed as a stable identity or locus of agency from which various acts follow; rather, gender is an identity tenuously constituted in time, instituted in an exterior space through a stylized repetition of acts.“ 5  Mit der Formulierung, Gender präfiguriere Wahrnehmung und Denken, drücke ich mich bewusst vorsichtig aus. Das Ausmaß der Freiheit, das Individuen haben, sich von kulturell vorgegebenen Geschlechtsrollenstereotypen in Verhalten, Wahrnehmung und Denken frei zu machen, ist schwer zu bestimmen. Diese faszinierende Frage zu diskutieren würde im Rahmen dieses Beitrags zu weit führen. 6  Zugespitzt formulierte R.R. Ruether die Frage „Can a male savior save women?“ (Ruether, Sexism, 116). Auch viele Beiträge, die die Rolle der jüdischen Weisheitstraditionen für die Ausbildung der neutestamentlichen Christologie untersuchen, tun dies unter expliziter Auseinandersetzung mit den dabei verwendeten Genderkonzepten; vgl. z.B. SchüsslerFiorenza, Jesus. 7  Leutzsch, Jesus, 115ff.

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Jh. hat seine Entsprechung im Bild eines kämpferischen Jesus gefunden.8 Die Geschlechterkonstruktionen von Jesusfilmen der Gegenwart sind ein vielversprechendes Forschungsobjekt. Björn Krondorfer hat beispielsweise Mel Gibsons Film als „attempt at re-masculinizing Christianity“ beschrieben.9 „Gibson’s selection of a well-built male body supports the ideology of Muscular Christianity. The chosen ‚body‘ of Christ accomodates to audience expectations of the current ideal of the male physique: tall, athletic, muscular, white, with a touch of stern gentleness.“10 Bedauerlicherweise unterlässt Krondorfer weitergehende Analysen, aber er deutet an, was er für wünschenswert hielte: „ […] an analysis of the racial and gender implications of such a muscular, white body in relation to The Passion’s physical depictions of ‚others‘ (Judas, Jews, Romans, the disciples, the few female characters).“11 Dem ist uneingeschränkt zuzustimmen. Die Erforschung der, sei es wissenschaftlichen, sei es populären Jesusbilder unter dem Aspekt ihrer Männlichkeitskonstruktionen hat gerade erst begonnen; hier liegt eine wichtige Aufgabe für die zukünftige Forschung. Was die strikter historischen Fragen zu kulturellen Männlichkeits- bzw. Weiblichkeitskonstruktionen in der frühen Jesustradition betrifft, kann man feststellen, dass ein auf beide Geschlechter fokussierter Blick viele Erkenntnisse aus der feministischen Phase weiterentwickelt, ergänzt und in ein neues Gesamtparadigma stellt. Bezüglich der Männlichkeitskonstrukte besteht natürlich großer Nachholbedarf und so entstehen derzeit überall Forschungsprogramme zu „men’s studies in religion“, die auch ihren ersten Niederschlag in Anwendung auf neutestamentliche Texte gefunden haben.12 Interessanterweise ist Paulus hier meist der Hauptuntersuchungsgegenstand; an Jesus hat sich von wissenschaftlich ernst zu nehmender Seite anscheinend noch niemand ausführlich herangewagt. Das hat wohl vor allem mit methodischen Problemen zu tun, die im nächsten Abschnitt näher behandelt werden sollen. Wünschenswert wäre die Einbeziehung Jesu, denn wir haben es hier mit einer folgerichtigen Paradigmenverschiebung zu tun. Wenn unter dem feministischen Paradigma der Blick auf „die Frauen um Jesus“ gerichtet war, dann blieb man gegen die eigene theoretische Grundüberzeugung doch dem alten Paradigma verhaftet, das Männlichkeit zur Norm erhob. Auch 8  Conway, Behold the Man, 3f. bespricht verschiedene amerikanische Beiträge, die zu Beginn des 20. Jh. ein Plädoyer für einen „virilen“ Jesus führten. 9  Krondorfer, Alter Ego, 16–21. 10  Ebd., 18. 11  Ebd., 19. 12  Eine Übersicht geben Moore, Masculinity Studies, 1–22, und die anderen Artikel in dieser Themennummer von Semeia sowie Leutzsch, Konstruktionen, 600–618, und Mayordomo Marín, Construction. Interessanterweise ist die Erforschung von Männlichkeits­ konstrukt(io)en im Studium der christlichen Spätantike früher und intensiver rezipiert worden, vgl. Kuefler, Eunuchs.

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wurde zumindest in den Anfängen nicht genug darüber reflektiert, wie Frauen und Männer ihre Geschlechtsidentität unter den damaligen historischen und kulturellen Rahmenbedingungen lebten und erfuhren. Wenn nun auch die kulturell determinierte Männlichkeit Jesu zum Untersuchungsgegenstand erhoben wird, macht man Ernst mit der Einsicht, dass es den Menschen an sich nicht gibt. Und wenn man die Lehre Jesu nach ihrer Bezogenheit und Wirkung auf beide Geschlechter hin untersucht, macht man Ernst mit der Einsicht, dass Konstruktionen von Männlichkeit und Weiblichkeit, die jeder Aussage über Menschen mindestens implizit zugrunde liegen, nur in ihrer wechselseitigen Bezogenheit aufeinander wirklich historisch verstanden werden können.

2. Methodische Probleme Dieser Abschnitt ist den wichtigsten methodischen Problemen gewidmet, vor der die Erforschung des historischen Jesus und der frühen Jesusbewegung in genderbewusster Perspektive steht. Diese untergliedern sich in zwei Problemkreise: spezifische Probleme, die mit der Erforschung der Geschichte unter Berücksichtung der Genderproblematik zu tun haben und Probleme mit der historischen Auswertbarkeit der Jesusüberlieferung im Speziellen.

2.1 Von der Wahrnehmung des Androzentrismus zur Analyse der Gender­ideologie der Quellen Als Grundproblem jeder Erforschung der Geschichte der Geschlechter in einer vergangenen Epoche wurde zunächst der Androzentrismus der Quellen und der Sprache, in der diese abgefasst sind, erkannt. Androzentrismus äußert sich in erzählenden Texten darin, dass der Erzählfokus auf männlichen Akteuren liegt und dass diese Regel nur gebrochen wird, wenn ausnahmsweise ein Bedürfnis besteht, Frauen zu erwähnen. Dies wird dadurch befördert, dass in vielen Sprachen, auch im Griechischen, die Grammatik durch und durch androzentrisch ist, v.a. durch den Gebrauch des sog. inklusiven Maskulinums. Das führt dazu, dass in den meisten Fällen undeutlich bleibt, ob mit einer generisch maskulinen Aussage nur Männer gemeint sind oder Frauen ungenannt eingeschlossen sind. Ein schlagendes Beispiel für diese Problematik ist die lange zu Unrecht bezweifelte Existenz von Jüngerinnen Jesu, deren von den Quellen ungenannte bzw. im generischen Maskulinum „Jünger“ (μαθηταί) versteckte An-

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wesenheit nur durch Ausnahmeerwähnungen gesichert werden kann. Mk 15,40f ist eine solche, eine Bemerkung, die vom Evangelisten Markus erst gemacht wird, als Jesus bereits am Kreuz gestorben ist: „Auch einige Frauen sahen von weitem zu, darunter Maria aus Magdala, Maria, die Mutter von Jakobus dem Kleinen und Joses, sowie Salome; sie waren Jesus schon in Galiläa nachgefolgt und hatten ihm gedient.“ Hier erfahren wir plötzlich am Ende des Evangeliums, dass bereits in Galiläa mindestens drei Frauen Jesus nachgefolgt waren und ihn bis nach Jerusalem begleitetet hatten. Das Verb ἀκολουθεῖν (nachfolgen), das hier verwendet wird, gebraucht Markus im Zusammenhang mit Jüngerberufungen (Mk 1,18; 2,14; 10,21) und es beschreibt die Aktivität der zu Jüngern Berufenen (Mk 6,1; 10,28 u.ö.). Das bedeutet aber, dass man unter Berücksichtigung des androzentrischen Charakters der Sprache auch an anderen Stellen die Anwesenheit von Frauen unter den Nachfolgenden voraussetzen muss. Eine Bibelübersetzung, die die historische Realität geschlechtergerecht darstellen will, muss das berücksichtigen. Nehmen wir Markus 6,1 als Vorbild. Die revidierte Lutherübersetzung übersetzt hier: „Und er ging von dort weg und kam in seine Vaterstadt, und seine Jünger folgten ihm nach“. Eine solche Übersetzung evoziert das Bild einer Jesus folgenden Gruppe von Männern. Vor dem Hintergrund der Information von Mk 15,40f ist es dagegen vollkommen berechtigt und historisch wahrscheinlich zutreffender, zu übersetzen, wie die „Bibel in gerechter Sprache“ es tut: „Und er ging von dort weg und kam in seine Heimatstadt, und seine Jüngerinnen und Jünger folgten ihm nach.“ Einsicht in den androzentrischen Charakter der Sprache und der Quellen erfordert die Anwendung einer Hermeneutik, die Elisabeth SchüsslerFiorenza die „Hermeneutik des Verdachts“ genannt hat und die in der Bibel in gerechter Sprache erstmals konsequent in einer deutschen Bibelübersetzung zugrunde gelegt wurde.13 Wir müssen im Zweifelsfall immer damit rechnen, dass Frauen durch die Quellen unsichtbar gemacht worden sind und sollten daher umso intensiver nach Spuren ihrer Anwesenheit suchen.14 Der oft zu hörende Vorwurf, dass geschlechterbewusste Rekonstruktionen/Bibelübersetzungen die Historie verfälschten, verkennt die Komplexität histori­ scher Forschung. Historische Rekonstruktion hat es immer mit Wahrschein13  Zu den hermeneutischen und übersetzungstheoretischen Prinzipien dieses Projektes vgl. die Beiträge in Kuhlmann, Bibel, sowie die als Kommunikationsplattform fungierende Webseite http://www.bibel-in-gerechter-sprache.de. M.W. gibt es bislang keine Untersuchung, die das Jesusbild bzw. die Jesusbilder zum Gegenstand hat, die sich aus den Übersetzungen der Bibel in gerechter Sprache ergeben. Man kann zwar vermuten, dass sie die theoretischen Basisüberzeugungen spiegeln, die dem Übersetzungsprojekt zugrunde liegen. Doch wäre es interessant, empirisch zu untersuchen, was für ein Bild von Jesus und der Jesusbewegung bei Leserinnen und Lesern dieser Übersetzung entsteht. 14  Ricci, Mary Magdalene, 19–28, spricht von der Notwendigkeit einer „exegesis of the silence“.

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lichkeitsurteilen und dem Abwägen von Plausibilitäten zu tun. Ich persönlich bin der Meinung, dass die wenigen Fälle, in denen Frauen durch geschlechterbewusste Rekonstruktion eventuell zu Unrecht hinzugefügt worden sind, bei weitem überwogen werden durch die Zahl der Fälle, in denen sie zu Unrecht aus einer historischen Szenerie entfernt worden sind. Die Anwendung der Hermeneutik des Verdachts hat zu einer intensivierten historischen Forschung und zum Nachweis der Partizipation von Frauen in vielen Lebensbereichen geführt, in denen androzentrische Geschichtsschreibung vergangener Jahrhunderte sie nicht vermutete. Im Zuge der zunehmenden Sensibilität für die historisch und kulturell bedingte Formung von Geschlechtsidentitäten hat man inzwischen den auffallenden Androzentrismus der Quellen als einen wichtigen Bestandteil eines viel umfassenderen Phänomens erkannt. Texte – welcher Art auch immer – sind nie rein deskriptiv. Kommunikation verfolgt immer bestimmte Zwecke und kann auf ihren ideologischen Gehalt hin analysiert werden. Wenn es um die Beschreibung von gesellschaftlichen Geschlechterordnungen, von Geschlechterkonzepten, Geschlechterbeziehungen, von männlichem oder weiblichem Verhalten geht, gibt es keine neutral beschreibenden Texte. Jede Repräsentation von Geschlechtsrollen in einem Text hat mindestens auch eine wertende Komponente, ist auch ein Beitrag zum Geschlechterdiskurs, in dem ausgehandelt wird, was in einer Gesellschaft als akzeptables Verhalten für Menschen männlichen oder weiblichen Geschlechts gelten darf. Kritische historische Analyse muss sich dessen bewusst sein, ohne daraus den überzogenen Schluss zu ziehen, dass historische Rückschlüsse aus literarischen Texten prinzipiell unmöglich seien. Diese Problematik soll im folgenden Abschnitt noch weiter vertieft werden.

2.2 Historische Plausibilität und Genderproblematik Das methodische Grundproblem der historischen Jesusforschung ist die Frage, wie man den urchristlichen Quellen, die Glaubenszeugnisse einer späteren Zeit sind, Material zur historischen Rekonstruktion von Leben und Lehre Jesu und der Geschichte der frühen Jesusbewegung abgewinnen kann. Im vorliegenden Rahmen muss ich mich darauf beschränken, zu zitieren, was Gerd Theißen und ich in unserem Jesusbuch zu diesem Thema gesagt haben, um es dann an ausgewählten Vorbildern aus dem Bereich der Genderproblematik zu illustrieren.15 Man sollte u.E. von einem „historischen Plausibilitätskriterium“ ausgehen, „das mit Wirkungen Jesu auf das Ur15  S. Theissen/Winter, Kriterienfrage, für eine ausführliche Diskussion der Methodenproblematik.

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christentum und seiner Einbindung in einen jüdischen Kontext rechnet. Historisch in den Quellen ist das, was sich als Auswirkung Jesu begreifen lässt und gleichzeitig nur in einem jüdischen Kontext entstanden sein kann“.16 Historische Plausibilität hat demnach zwei Dimensionen: historische Kontextplausibilität und historische Wirkungsplausibilität. Ich beginne bei der Kontextplausibilität, also bei der Einordnung Jesu in seinen jüdischen Kontext. Hier formulieren wir als Definition: „Historische Kontextplausibilität haben Jesusüberlieferungen, wenn sie in den jüdischen Kontext des Wirkens Jesu passen und innerhalb dieses Kontextes als individuelle Erscheinungen erkennbar sind“.17 Man sucht also innerhalb der Jesusüberlieferungen einerseits nach kontextueller Korrespondenz, andererseits nach Individualität in diesem Kontext. Dies Kriterium besagt, dass Jesus nichts gesagt oder getan haben kann, was ein jüdischer Charismatiker des 1. Jh. nicht gesagt oder getan haben könnte. Wo er ein individuelles Profil erkennen lässt, wo er z.B. in Widerspruch zu seiner Umgebung gerät, muss dies kontextuell nachvollziehbar sein. Wenden wir dies Doppelkriterium nun auf die Genderproblematik an, dann zeigt sich direkt, dass seine Beherzigung davor bewahren kann, in die Antijudaismusfalle zu tappen, was in der Vergangenheit leider allzu oft geschah. Eine Grundtendenz vieler Untersuchungen zu Jesus in seinem Verhältnis zu Frauen ist, dass sie ihn im prinzipiellen Gegensatz zum Judentum wahrnehmen und ihm eine Haltung unterstellen, die für einen Juden des 1. Jh. von vornherein unvorstellbar ist. Wenn ein bekannter Buchtitel Jesus als „Feministen“ bezeichnet,18 oder ein anderer ihn als ersten „neuen Mann“ charakterisiert,19 dann sollte dieser direkte Bezug auf geistesgeschichtliche Entwicklungen der Gegenwart sofort alle Alarmglocken läuten lassen. Aber auch jenseits solcher offenkundigen Projektionen moderner Idealvorstellungen auf Jesus gilt, dass Autoren und Autorinnen häufig genug der Gefahr erlegen sind, durch selektive Verwendung von Quellen ein Bild vom angeblich frauenverachtenden Judentum zu zeichnen und dies als Negativfolie zu gebrauchen, vor der Jesus sich dann umso heller abhebt. Dies lässt sich beispielsweise schon bei Johannes Leipoldts Studie „Jesus und die Frauen“ von 1921 beobachten. Innerhalb der feministischen Theologie ist die Gefahr einer antijudaistischen Auslegung der Jesustraditionen und einer (Re-)Konstruktion von Jesus im Gegensatz zu seiner jüdischen Umwelt nicht immer vermieden, 16  Theissen/Merz, Jesus, 117. 17  Ebd., 119. 18  Swidler, Feminist, hat seine These von 1971 in einem Buch von 2007 erneut auf den Markt gebracht, ohne die substantielle Kritik und veränderten Einsichten zu berücksichtigen, die zwischenzeitlich erarbeitet wurden, s. die berechtigte Kritik von Corley, Swidler. 19  Vgl. F. Alt, Mann.

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aber in den 1990er Jahren klar erkannt und ausführlich diskutiert worden.20 Es ist zu hoffen, dass nicht im Zuge der sich ankündigenden Beiträge zu den Konstruktionen von Männlichkeit bei Jesus und im Urchristentum derselbe Fehler wiederholt wird. Martin Leutzsch warnt jedenfalls am Ende seines schon genannten Beitrags zu Recht: „Moderne Männlichkeitsideale und ihnen entsprechende Jesusentwürfe stehen in der Gefahr der Erfindung von Männlichkeit gegen die Juden.“21 Die Herausforderung an eine historische Rekonstruktion des Standorts Jesu und seiner Anhänger in der Frage des Verhältnisses der Geschlechter zueinander, die dem Judentum gerecht wird, besteht darin, seinen Standpunkt als Stellungnahme innerhalb eines vielstimmigen innerjüdischen Diskurses und einer in der Geschlechterfrage keineswegs eindimensionalen gesellschaftlichen Wirklichkeit verständlich zu machen.22 Dabei darf nicht aus den Augen verloren werden, dass die jüdische Lebenswelt Teil der antiken Welt unter (griechisch-)römischer Vorherrschaft ist und als solche an transethnischen Konzepten von Weiblichkeit, Männlichkeit und der Ordnung der Geschlechter partizipiert.23 Das zweite Kriterium der Wirkungsplausibilität rechnet mit historisch zuverlässigen Jesustraditionen, wenn diese „als Auswirkungen des Lebens Jesu verständlich gemacht werden können – teils durch die Übereinstimmung unabhängiger Quellen, teils durch tendenzwidrige Elemente in diesen Quellen.“24 Mehrfachbezeugungen von Traditionen, Motiven und Inhalten, idealiter in verschiedenen Gattungen, geben uns eine gewisse Sicherheit, dass das zur Debatte stehende Traditionselement auf Jesus zurückgeht. Aber auch sogenannte tendenzwidrige Elemente, die der im Urchristentum zunehmenden Tendenz zur Verehrung Jesu entgegenstehen, können historisch sein. Auf Basis dieser methodischen Grundannahmen soll in den Abschnitten 3. und 4. versucht werden, die Grundhaltungen Jesu in der Genderfrage zu rekonstruieren und in Relation zu fortschreitenden Einsichten aus der antiken Genderforschung zu setzen. Es darf hier aber nicht verschwiegen werden, dass es gerade auch unter Vorreiterinnen der Genderforschung einen wachsenden Skeptizismus hinsichtlich der historischen Auswertbarkeit von literarischen Quellen gibt. Der Titel von R. Kraemers jüngstem Buch ist symptomatisch für diese Tendenz: „Unreliable Witnesses“. Konsequenz eines solchen Skeptizismus ist, dass 20  S. z.B. Plasgow, Anti-Judaism; Schottroff/Wacker, Wurzel; Siegele-WenschkeVergangenheit. 21  Leutzsch, Jesus, 117. 22  Vgl. dazu Kraemer, Caveats, und dies., Women’s Judaism(s). 23  In einer von antijudaistischen Vorurteilen freien adäquaten Verhältnisbestimmung der jüdischen Genderkonzepte (Plural!) in ihrem Verhältnis zu den griechisch-römischen Entwürfen (Plural!) sehe ich eine wichtige Aufgabe der historischen Forschung für die Zukunft. 24  Theissen/Merz, Jesus, 118. witz,

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die literarische Formung der Jesustraditionen, was die literarischen Präsentationen von Geschlechtsrollen in ihnen betrifft, gänzlich als rhetorische Leistung der Autoren verbucht wird, die damit ihre eigenen Zielsetzungen verbinden. Historische Rückschlüsse auf reales Leben und gar Erleben von Frauen und Männern sind unter dieser Vorannahme nicht möglich und theoretisch unzulässig. Es mag an diesem wachsenden Skeptizismus liegen, dass in den letzten Jahren Untersuchungen mit historischer Zielsetzung eher selten geworden sind.25 Publikationen, die den kulturellen Weiblichkeits- bzw. Männlichkeitskonstruktionen in den einzelnen Evangelien nachgehen26 oder die diversen Männlichkeitskonstrukte untersuchen, die den Jesusdarstellungen der biblischen Schriften zugrunde liegen, sind klar in der Überzahl.27 Eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Thesen von Kraemer und anderen SkeptikerInnen muss einer späteren Veröffentlichung vorbehalten bleiben.28 Hier sei soviel gesagt, dass es bei allem berechtigten Interesse an der rhetorischen Verwendung der Jesustraditionen durch die einzelnen Evangelisten auch legitim und möglich bleibt, historische Fragen an die Traditionen zu stellen. Natürlich sind bei weitem nicht alle Fragen auf der Basis der vorhandenen Quellen zu beantworten, immer geht es um das Abwägen von Plausibilitäten und Wahrscheinlichkeiten und oft muss man sich mit einem non liquet begnügen. Auch wird man die Besonderheiten der verschiedenen Genres berücksichtigen, die in den Evangelien verwendet wurden. Die stets differenzierteren Einsichten in die literarische Gestaltung der Genderrepräsentationen in den Evangelien betrachte ich als eine Hilfe bei der historischen Auswertung, denn sie geben Hinweise auf die Prozesse der Formung der Tradition, die in analoger Weise bereits in der präsynoptischen Phase wirksam gewesen sein dürften. Das Kriterium der Wirkungsplausibilität unterstellt, dass die Repräsentationen der Evangelien von Jesus und anderen männlichen und weiblichen Hauptakteuren in einer, wenn auch vielfach gebrochenen, Kontinuität zum Leben und Wirken von realen Männern und Frauen im Palästina des frühen ersten Jahrhunderts stehen. Im Folgenden möchte ich einige Grundlinien und

25  Hier wäre vor allem die Studie von Corley, Women, zu nennen, deren Hauptthese im Abschnitt 4 kritisch besprochen wird. 26  Vgl. z.B. Wire, Gender Roles; Wainwright, Matthew; Conway, Men and Women; D’Angelo, John and Mark; dies., Matthew and Luke-Acts; Levine, Q Communit(ies). 27  Hier ist neben den in Anm. 12 genannten Titeln vor allem die ausgezeichnete Studie von Conway, Behold the Man, zu nennen, die alle Jesusdarstellungen des Neuen Testaments im Spektrum griechisch-römischer Männlichkeitskonstrukte verortet, dabei aber wenig Aufmerksamkeit für eine konkrete historische Kontextualisierung einzelner Schriften hat und sich jeglicher Aussagen über den historischen Jesus (und seinen palästinisch jüdischen Kontext) enthält. 28  S. die kritische Besprechung durch van der Horst, Kraemer.

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Hauptfragen der historischen Auswertung der Jesusüberlieferung aus genderbewusster Perspektive skizzieren.

3. Das Wirken Jesu: die Partizipation von Männern und Frauen an der Jesusbewegung In diesem Abschnitt will ich eine Übersicht über die Partizipation von Männern und Frauen in der Bewegung geben, als deren zentrale Figur der Prophet Jesus aus Nazaret in den Quellen erscheint. Es hat sich nicht zuletzt durch den großen Einfluss der Publikationen von Gerd Theißen eingebürgert, diese Bewegung Jesusbewegung zu nennen.29 In dieser Bezeichnung steckt die aus sozialgeschichtlicher Forschung erwachsene Einsicht, dass Jesus mit einer Gruppe von Anhängerinnen und Anhängern unterwegs war, um die Botschaft von der Nähe des Reiches Gottes zu verkündigen, und dass Mitglieder dieses engeren Zirkels auch selbstständig verkündigten. Mindestens zum Teil bestanden Mitglieder dieses Verkündigungsteams – wie Jesus selbst – aus Menschen, die zuvor zum Anhängerkreis Johannes des Täufers gehört hatten und die dessen Verkündigung mit neuen Akzentsetzungen fortsetzten. Es kann als eine der weithin akzeptierten Erkenntnisse der feministischen Jesusforschung gelten, dass zu diesem inneren Zirkel auch Frauen gehörten, als deren prominenteste Maria Magdalena gelten kann. Dann stellt sich die Frage, ob wir diesem Team eigentlich Gerechtigkeit widerfahren lassen, wenn wir es als Jesusbewegung kennzeichnen oder ob sich hierin nicht ein Jesuszentrismus der Quellen niederschlägt, der historisch suspekt ist und eine nachösterliche Perspektive spiegelt. Aus feministischer Sicht hat Mary Rose D’Angelo in einem Beitrag zu Maria Magdaglena das Folgende zu bedenken gegeben: [T]he older insight that Jesus preached not himself but God’s reign should revise the designation from „Jesus movement“ to the „reign-of-God movement“ in which Mary has a place as a participant rather than as a follower only. The traditions and the gospels have recast the members of the movement as followers of Jesus, but at least before his martyrdom, Mary may have understood herself to be as much the teacher of Jesus as his disci-

29  Ich nenne aus der Fülle der Literatur aus Theissens Feder nur zwei Meilensteine. Den Beginn des Diskurses markiert die „Soziologie der Jesusbewegung“ von 1977, die viele Auflagen und Übersetzungen erfuhr. 2004 veröffentlichte er eine stark überarbeitete Neuauflage unter dem Titel „Die Jesusbewegung. Sozialgeschichte einer Revolution der Werte“. Stegemann, Horizont, macht zu Recht darauf aufmerksam, dass es sich bei der Wanderradikalismusthese um ein zwar erfolgreiches, aber nicht unumstrittenes wissenschaftliches Konstrukt handelt. Gerade auch hinsichtlich der Geschlechterfrage sind in der Vergangenheit wiederholt Modifikationen angeregt worden.

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ple. She may have been his elder, and perhaps even his predecessor in preaching God’s reign.30

D’Angelo nennt unzweifelhaft wichtige Aspekte, auch wenn ich ihr nicht in allen Punkten vollkommen zustimmen kann. Es ist unbedingt richtig, davon auszugehen, dass die Mitglieder der Reich-Gottes-Bewegung nicht mit dem Ziel rekrutiert wurden, sich einer Person, Jesus, anzuschließen. Sie wurden vielmehr von der Botschaft angezogen, die Jesus verkündigte: „Gottes Herrschaft ist nahe, kehrt um.“ (Mk 1,15). Darum ist es eine unberechtigte Engführung, wenn in manchen Publikationen die Partizipation von Frauen – und bezeichnenderweise nur von Frauen! – an der Jesusbewegung beinahe ausschließlich unter der Perspektive wahrgenommen wird, was an Jesus und seiner Botschaft für Frauen als Frauen anziehend, befreiend, heilend, erlösend gewesen ist. Eine solche Fragestellung läuft große Gefahr, dem erwähnten antijüdischen Klischee zu verfallen, dass die Botschaft Jesu von der unterstellten Frauenfeindlichkeit des Judentums befreit. Man sollte vielmehr zunächst fragen, welche Aspekte der Reich-Gottes-Botschaft für Juden beiderlei Geschlechts anziehend waren. Ihre Vision von einer gerechten Gesellschaft etwa, in der Armut und Ausbeutung überwunden sind, in der Gott herrscht anstelle korrupter Eliten und Gottes Wort in seiner wahren Intention wieder zur Geltung kommt.31 Wenn sich dann zeigen lässt, dass Aspekte dieser Botschaft verschiedene Auswirkungen auf die beiden Geschlechter hatten, ist noch stets zu fragen, ob es eine spezifisch jüdische Männer- bzw. Frauenrealität war, die hier zur Debatte steht. Es ist zweitens sicher richtig, in der Akzentuierung Jesu als unbestrittenem Mittelpunkt und Leiter der Reich-Gottes-Bewegung in den Evangelien mit einer nachösterlichen Komponente zu rechnen. Insbesondere über die Formierungsphase der Bewegung, den Übergang von der Partizipation an der Bewegung des Johannes hin zur Formierung einer eigenständigen Bewegung, ist unseren Quellen kaum etwas zu entnehmen. Die Evangelien geben quasi in Zeitraffer wieder, was ein längerer Prozess gewesen sein muss. Bereits bei seinem allerersten Auftreten ist Jesus ein Massenmagnet und beruft Jünger, die seinem vollmächtigen Ruf in die Nachfolge direkt Folge leisten und sich fortan in allem an Jesus ausrichten. Dies ist deutlich ein Erinnerungsbild, das die historische Realität stark vereinfacht. Jesus wird seine Überzeugungen nicht über Nacht parat gehabt haben. Er hat sicher viel von Johannes gelernt, wie die zahlreichen Übereinstimmungen von Inhalten und Formen zwischen Täuferpredigt und Jesu Predigt zeigen.32 Diskussionen 30  D’Angelo, Mary Magdalene, 123. 31  Darauf weist auch Kraemer, Caveats, 46, hin. Die genannten Aspekte können hier aus Platzgründen nicht entfaltet werden, vgl. Merz, Mammon, und dies., Jesus. 32  Vgl. Theissen, Doppelgebot, und Allison, Constructing Jesus, 204–220.

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im Kreis der Anhängerinnen und Anhänger des Johannes werden dem Hervortreten Jesu als selbstständigem Prediger vorausgegangen sein. Und auch später dürfen wir aufgrund allgemeiner Einsichten in das Funktionieren menschlicher Entwicklung und Kommunikation davon ausgehen, dass die Gespräche im Kreis der Jüngerinnen und Jünger keine kommunikativen Einbahnstraßen waren, wo nur einer, Jesus, lehrte, und alle anderen lernten. Wo die Quellen ein solches Bild zeichnen, müssen wir mit nachösterlicher christologischer Überformung und dem Einfluss narrativer Schemata rechnen. Es sind eben Apophthegmen, Anekdoten, Erzählungen über Jesus, und die Regeln guten Erzählens verlangen, dass in einer solchen Erzählung der Protagonist das letzte Wort hat. Dass es über Jesus ein Apophthegma gibt, in dem das klassische Erzählmuster durchbrochen wird und eine Frau ihn argumentativ überwindet (Mk 7,24–30/Mt 15,21–28), ist in diesem Zusammenhang signifikant. Unabhängig von der (umstrittenen) Historizität des Dialogs mit der Syrophönizierin zeigt diese Tradition, dass man Jesus eine solche Haltung zutrauen konnte, dass sie also nicht im prinzipiellen Gegensatz zu seiner Haltung als Lehrer steht, die die Jüngerinnen und Jünger erinnerten.33 In welchem Umfang allerdings die Jüngerinnen und Jünger Einfluss auf Jesus ausübten, ist aufgrund der beschriebenen Quellenlage unmöglich zu beurteilen. Das Selbstverständnis der Maria Magdalena wird uns für immer unzugänglich bleiben. Ob sie sich als mütterliche Mentorin, als Gleichgestellte oder als Anhängerin Jesu sah, ist aufgrund der dünnen Quellenlage nicht zu entscheiden. Wenn man auf Basis von Lk 8,2 voraussetzen darf, dass Jesus sie von einer schweren Besessenheit geheilt hat, was allerdings nicht ganz sicher ist, dann spräche das eher für ein zunächst asymmetrisches Verhältnis. Dass sie später und spätestens aufgrund der Osterereignisse in eine Führungsrolle innerhalb der Gruppe hineingewachsen ist, muss dem nicht widersprechen. Mary D’Angelos Gesamtvision rechnet mit einer egalitären Grundstruktur innerhalb der Reich-Gottes-Bewegung und bezieht Jesus als Teilnehmer ohne Leitungsfunktion voll und ganz in diese egalitäre Grundstruktur mit ein. Eine ganze Reihe von Traditionen unterstreichen diesen egalitären Grundzug, wie später noch zu zeigen sein wird. Aber man sollte dabei einen mindestens ebenso wichtigen Grundpfeiler des Erfolges der Gruppe nicht übersehen. Es ist der rational nicht erklärbare Erfolg eines Charismatikers, der es versteht, Menschen anzuziehen, zu faszinieren, zu überzeugen, einzig aufgrund seiner Persönlichkeit und seiner besonderen Talente. Jesus war offensichtlich schon zu seinen Lebzeiten der Mittelpunkt, um den herum die 33  Einen etwas anders gelagerten Fall des Lernens von Frauen aus dem intertextuellen Schatz der Widerstandstraditionen Israels habe ich in der Jesusparabel von der widerständigen Witwe nachgewiesen, vgl. Merz, Woman, und dies., Stärke.

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Bewegung sich formierte.34 Es war sein Charisma zum Heilen Kranker, das die Massen mobilisierte, er verschaffte den Gleichnissen und Lehren, wem auch immer sie der Substanz nach zu verdanken sind, Gehör bei den Massen, er zog auch den Widerspruch anderer jüdischer Lehrer auf sich. Und er allein war es, den die Römer in Zusammenarbeit mit der Jerusalemer Elite aus dem Verkehr zogen, in der Erwartung, damit die Bewegung zum Verschwinden zu bringen. Nachösterliche christologische Überhöhungen hat es sicher gegeben, aber sie haben einen Anhalt beim historischen Jesus, der nicht aufgrund einer ihm formal zugesprochenen Autoritätsrolle, sondern aufgrund seines Charismas im Mittelpunkt der Reich-Gottes-Bewegung stand, die was mich betrifft, neben anderen Bezeichnungen auch weiterhin den Namen Jesusbewegung tragen darf. Betrachten wir nun, was wir über die Partizipation von Männern und Frauen in dieser Bewegung erfahren können. Partizipation soll dabei in einem weiten Sinn verstanden werden und schließt auch oberflächliche Kontakte ein. Immer wieder zeichnen die Evangelien das Bild, dass Jesus vor großen Volksmassen predigt und Kranke und Besessene heilt. Unter den Zuhörenden und unter den Geheilten sind Männer, Frauen und Kinder beiderlei Geschlechts. Das erste, was auffällt, ist die Anwesenheit von Frauen in derlei öffentlichen Situationen, sei es unter freiem Himmel auf dem unbewohnten Land, wo die Speisungsgeschichten lokalisiert sind, oder im Dorf, wo die an Blutfluss leidende Frau Jesus aus der Menge heraus berührt, sei es in der Synagoge, wo eine seit Jahren gelähmte Frau mitten unter den Zuhörern vorgestellt ist, sei es in Häusern bei Lehrgesprächen und Gastmählern. Frauen partizipierten nach dem übereinstimmenden Zeugnis unserer Quellen am öffentlichen Leben. Von einer strikten Geschlechtersegregation und einem Ausschluss von Frauen aus dem öffentlichen Leben, die man aufgrund mancher anderer zeitgenössischer Quellen für das Palästina des 1. Jh. postuliert hat, ist nichts zu erkennen. Zwei einander ergänzende Erklärungen lassen sich hierfür anführen. Zum einen sind Geschlechterkonstruktionen auch schichtabhängig. In den Dörfern Palästinas, in denen Jesus predigte, wurden alle Hände auf dem Feld gebraucht, Ehefrauen und Töchter in eigens für Frauen vorgesehenen Gemächern im Haus abzuschließen, wie es manche aus Elitegruppen stammenden Texte fordern, war schon aus ökonomischen Gründen unmöglich. Aber auch für Angehörige der Oberschicht kann man voraussetzen, dass der Spielraum für Frauen, sich im öffentlichen Raum zu bewegen und eigenständig an kulturellen oder religiösen Aktivitäten teilzunehmen, im Zuge der Hellenisierung des Orients und unter dem Einfluss römischer Sitten größer geworden war.

34

 Vgl. Theissen/Merz, Jesus, 175–220 (§ 8: Jesus als Charismatiker).

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Zweitens ist die relativ große Zahl von Wunderberichten, in denen Frauen oder Kinder von Frauen geheilt werden, auffällig, gerade wenn man den üblichen Androzentrismus der Quellen in Rechnung stellt. Dem Kriterium der historischen Wirkungsplausibilität zufolge darf man daraus schließen, dass Jesus in der Tat regelmäßig Frauen geheilt hat und Frauen half, die um das Leben ihres Kindes bangten oder trauerten. Aber kann man die relative Häufigkeit von Frauen in Wundergeschichten noch weiter erhellen? Man kann hier verschiedene Erklärungen erwägen: Könnte es sein, dass Jesus tatsächlich (besonders) viele Frauen geheilt hat, weil deren Not aufgrund ihrer gesellschaftlich schlechteren Stellung größer war? Insofern Krankheiten damals zu einem erheblichen Teil eine Folge von Mangelernährung, schlechten Lebensumständen oder Traumatisierungserfahrungen waren, kann man aufgrund von zeit- und kulturübergreifenden Studien postulieren, dass Mädchen und Frauen davon überproportional betroffen waren. Weiter ist denkbar, dass sich gerade in den Erzählungen, in denen Frauen Protagonisten sind, das Faktum niederschlägt, dass solche Erzählungen auch von Frauen tradiert wurden. Dann hätte das genderspezifische Interesse der Überlieferungsträger in diesem Fall die allgemeine Tendenz zur Marginalisierung von Frauengeschichte teilweise aufgehoben. Wenden wir uns nun einer anderen Gruppe von Anhängern der ReichGottes-Bewegung zu, die eine wichtige Funktion für das tägliche Überleben der Gruppe hatten: Gastgeber, die Mahlzeiten und ein Dach über dem Kopf boten. Auch unter den Gastgebenden finden wir Männer und Frauen. Die Schwiegermutter des Petrus in Kapernaum scheint, nachdem sie von Jesus geheilt worden war, der Gruppe ihr Haus als Operationsbasis zur Verfügung gestellt zu haben (Mk 1,29–34; 9,33). Wir erfahren bei Lukas und Johannes vom Schwesternpaar Maria und Martha, das die Jesusgruppe aufnahm (Lk 10,38–42; Joh 11; 12,1–8). Als männliche Gastgeber werden bei Markus der Zöllner Levi (Mk 2,15–17) und Simon der Aussätzige in Bethanien (Mk 14,3) genannt, bei Lukas Pharisäer (7,36; 14,1) und der Oberzöllner Zachäus (19,6). Man sollte in diesen Fällen allerdings einmal mehr mit einer androzentrischen Darstellung in den Quellen rechnen, die Ehefrauen der Gastgeber werden in vielen Fällen auch engagiert beteiligt gewesen sein. Häufig bleiben die Gastgeber überhaupt ungenannt und wir dürfen dann angesichts der genannten Beispiele und Überlegungen unterstellen, dass Männer wie Frauen infrage kommen. Das unterstreicht auch eine Jesustradition, die die quasi familiäre symbiotische Beziehung von wandernden Reich-Gottes-Verkündigern und ortsfesten Unterstützern thematisiert (Mk 10,29f): Es ist niemand, der Haus oder Brüder oder Schwestern oder Mutter oder Vater oder Kinder oder Äcker verlässt um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der nicht hundertfach empfange: jetzt in dieser Zeit Häuser und Brüder und Schwestern und Mütter

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und Kinder und Äcker mitten unter Verfolgungen – und in der zukünftigen Welt das ewige Leben.

Diese und ähnliche Traditionen, die die Symbolik der Familie Gottes (Familia Dei) verwenden, zeigen an, dass die Jesusgruppe grundsätzlich aus Frauen und Männern bestand – sowohl bei den Umherziehenden als auch bei den Gastgebenden.35 Der interessante Zug, dass Väter zwar verlassen werden, man aber keine neuen Väter zurückerhält, wie auch das hier zum Ausdruck kommende Familienideal wird uns im letzten Teil noch beschäftigen. Kommen wir nun zum inneren Kreis der mit Jesus herumziehenden Anhängerinnen und Anhänger der Reich-Gottes-Bewegung. Dass auch Frauen dabei waren, und zwar auch Frauen, die nicht als Verwandte eines der männlichen Jünger gelten konnten, ist angesichts von Mk 15,40f und Lk 8,1–3 nicht zu bestreiten. Das ist an sich schon bemerkenswert und ist von den Zeitgenossen wohl auch vermerkt worden. Mir erscheint die These plausibel, dass der in den Quellen begegnende Vorwurf, Jesus gebe sich mit „Zöllnern und Sündern (lies: Sünderinnen und Sündern)“ ab (Lk 7,34) und die als Replik darauf zu verstehende Aussage Jesu „Zöllner und Prostituierte“ kämen eher ins Reich Gottes als die Mitglieder der religiösen Elite (Mt 21,31), einen Reflex von der nicht immer freundlichen Reaktion der dem traditionellen sesshaften Familienleben verpflichteten Zeitgenossen bieten. Die Mitglieder des jesuanischen Reich-Gottes-Teams und besonders diejenigen, die ihre Familien verlassen hatten, wurden mit negativen Labels versehen: die Frauen wurden als Huren, die Männer als Eunuchen (s.u.) beschimpft. Ist es aber richtig, dass es vor allem gesellschaftlich geächtete Frauen waren, die zu den Anhängern Jesu gehörten? Man hat das postuliert. Es fehlen, so beobachtet Ross Kraemer, unter den jüdischen Frauen, die sich von Jesus ansprechen lassen, verheiratete Frauen mit Kindern und es begegnen auffallend viele Frauen, die den gängigen Frauenrollen nicht gerecht werden.36 Ich möchte die Richtigkeit der ersten These hinterfragen. Die Tatsache, dass verheiratete Frauen mit Kindern zu fehlen scheinen, könnte schlicht damit zusammenhängen, dass solche Frauen gemäß antiker Konvention nicht genannt werden. Wenn beschrieben wird, dass Jesus im Haus eines Pharisäers isst (Lk 7,36) oder im Haus Simon des Aussätzigen zu Tisch liegt (Mk 14,3), dann waren vermutlich die Ehefrau und die Töchter ebenfalls um den Gast besorgt. Es war also eine gemischtgeschlechtliche Gruppe, mit der Jesus unterwegs war. Aber war es auch eine „Nachfolgegemeinschaft von Gleichgestellten“ wie Elisabeth Schüssler-Fiorenza es formuliert hat, in der die Geschlechtszugehörigkeit keinen wesentlichen Faktor darstellte? Die Frage, ob es geschlechtsspezifische Unterschiede in der Aufgabenverteilung inner35 36

 Vgl. Roh, familia dei.  Kraemer, Caveats, 44f.

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halb dieser Gruppe gab, ist schwer zu entscheiden. Es gibt neben der naheliegenden Vermutung, dass die gemeinsame Wanderexistenz nicht alle vorgängigen geschlechtsspezifischen Sozialisationen ausgelöscht haben wird, durchaus Hinweise in diese Richtung. Lukas etwa vermerkt in seiner Liste der Jesus begleitenden Frauen, dass „sie ihnen dienten mit ihrer Habe“. Hier wird eine Aufgabenteilung beschrieben, wonach Jesus und die Zwölf sich der Evangeliumsverkündigung widmeten und die Frauen sie dabei finanziell unterstützten. Nun ist diese Notiz stark verdächtig, eine lukanisch redaktionelle Korrektur zu sein, die im Dienst der Abmilderung der für die hellenistisch-römische Leserschaft des Lukas anstößigen Überschreitung von Geschlechternormen steht, die in der Jesusgruppe gelebt wurden. Lukas lässt auch sonst bei seiner Charakterisierung von Frauen die Tendenz erkennen, sie in für Frauen akzeptablen Rollen – hier derjenigen von Patroninnen – zu porträtieren. Allerdings kann man nicht umhin, zur Kenntnis zu nehmen, dass Jesus offenbar eine Gruppe von zwölf männlichen Jüngern ausgewählt hat, um deutlich zu machen, dass die kommende Gottesherrschaft die Wiederherstellung Israels als Zwölfstämmevolk beabsichtigte. Blieb die eigentliche Verkündigungstätigkeit also doch ausschließlich in männlicher Hand? Ich denke nicht, dass man die Wahl der zwölf Apostel so interpretieren darf. Jesus ist bei dieser Symbolhandlung nämlich gebunden an eine im wahrsten Sinne des Wortes patriarchale heilsgeschichtliche Symbolik – die zwölf Stämme Israels gehen zurück auf die zwölf Söhne des Patriarchen Jakob. Das Lukasevangelium macht an anderer Stelle deutlich, dass die Gruppe der von Jesus zur Predigt Ausgesandten größer ist als der Kreis der Zwölf, nach Lk 10,1 wurden zusätzlich 72 Jünger paarweise ausgesandt. Die paarweise Mission hat das frühe Christentum auch nach Jesu Tod weiter praktiziert. In den paulinischen Briefen wird deutlich, dass es neben Partnerschaften von zwei Männern, etwa Paulus und Barnabas, öfter Apostel-Ehepaare waren, die zusammen missionierten, Petrus und seine Frau (1Kor 9,5), Andronikos und Junia (Röm 16,7), Prisca und Aquila (Röm 16,3) sind eindeutig bezeugt, und manche in den Briefen genannte Paare von Frauen (Tryphäna und Tryphosa, Röm 16,12; Euodia und Syntyche Phil 4,2) werden weibliche Missionspartner gewesen sein.37 Diese spätere Praxis erklärt sich am besten, wenn sie ihren Ursprung in der frühesten Phase der Bewegung hatte. Wie sich die Gestaltung des Predigtauftrags der Jüngerinnen und Jünger im Einzelnen gestaltete, lässt sich den Quellen jedoch nicht entnehmen. Es gibt eine Phase im Leben Jesu, in der Frauen eine besondere Rolle gespielt zu haben scheinen. In den Traditionen um Kreuzigung, Grablegung und Auferstehung werden sie besonders oft genannt, nicht zufällig wurde 37

 Vgl. D’Angelo, Women Partners.

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erst in Mk 15,40f anlässlich der Erwähnung der Frauen unter dem Kreuz die Information nachgetragen, dass diese Frauen Jesus schon in Galiläa nachgefolgt waren. Möglicherweise liefen Frauen weniger Gefahr, von den Römern als Mitverschwörer betrachtet zu werden. In der Osterüberlieferung sind die Traditionen rund um das Grab und die Auferstehungstraditionen zu unterscheiden. Frauen sind in antiken Kulturen die Träger von Trauerriten wie die Salbung von Toten und das Singen von Klagegesängen. Es ist daher historisch gut vorstellbar, wenn auch nicht beweisbar, dass Frauen die Träger der Überlieferung vom leeren Grab waren. Angela Standhartinger hat einen Entwurf vorgelegt, der die Entstehung der Abendmahlsworte im Kontext von weiblichen Trauerritualen verständlich zu machen versucht.38 Dass schließlich Frauen Empfängerinnen von Erscheinungen des Auferstandenen waren, ist historisch gut bezeugt, umstritten ist allein, ob Petrus oder Maria Magdalena der bzw. die erste war, der/die eine Ostererscheinung erfuhr.39 Kurz zusammengefasst halte ich fest: Die frühe Jesusbewegung war eine Bewegung, in der Männer und Frauen von der Botschaft der Nähe der Gottesherrschaft angesprochen wurden und auf verschiedenen Ebenen als Unterstützer und Multiplikatoren mitarbeiteten. Bestimmte geschlechtsspezifische Differenzierungen in der Ausübung der verschiedenen Unterstützerrollen können dabei nicht ausgeschlossen werden, sie treten aber nur in Ausnahmefällen in den Quellen eindeutig hervor. Der androzentrische Charakter der Quellen macht es in vielen Fällen unmöglich, sichere Rückschlüsse auf das wirkliche Leben von Frauen in der Jesusbewegung zu ziehen. In meinem letzten Hauptteil will ich nun die Lehre der frühen Jesusbewegung auf ihre genderbezogenen Botschaften hin untersuchen.

4. Die Lehre Jesu: genderspezifische Botschaften in Jesustraditionen? Die wichtigste und sehr umstrittene Frage, die es hier zu beantworten gilt, ist die Folgende: Enthält die Reich-Gottes-Botschaft parallel zur Seligpreisung der Armen und der Vision von einer gerechten Gesellschaft, in der Dienst am anderen statt Ausbeutung und Machtmissbrauch leitende Werte sind, auch eine Vision von mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern? Während etwa Elisabeth Schüssler-Fiorenza von der Jesusbewegung als einer Nachfolgegemeinschaft von Gleichgestellten spricht und in Jesu Lehre einen kri38  Vgl. Standhartinger, Frauen. 39  Vgl. die Darstellung der Diskussion mit einem Plädoyer für eine Protophanie vor Maria in Theissen/Merz, Jesus, 433ff.

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tischen Impuls hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit sieht oder John Dominic Crossan Jesus einen subversiven radikalen Egalitarismus zuschreibt, der Frauen einschließt, hat Kathleen E. Corley solche Überzeugungen als feministischen Ursprungsmythos bezeichnet. Sie stellt in ihrem Buch Women & the Historical Jesus. Feminist Myths of Christian Origins programmatisch fest: Although it is the case that women numbered among Jesus’ followers or disciples and received the slanderous label of „whore“, a careful analysis of Jesus’ authentic sayings suggests no interest in women as women or the inequality between the sexes. Although Jesus’ teaching contains a critique of class distinctions and slavery in his culture, that critique is not extended to gender distinctions or sex discrimination. […O]nly a few women were members of the predominantly male group. The limited participation of women does not suggest a group focused on equality or equal representation, but rather reflects the growing participation of women within other male dominated groups throughout the Greco-Roman world. […] Although it is the case that women numbered among his followers, and was [sic!] concerned with matters of Greco-Roman rank and poverty, his egalitarianism did not include the concerns for gender inequity specifically. The extension of a gendered inclusivity may have occurred later for early Christians were baptized with the formula „in Christ there is neither Jew nor Greek, neither slave nor free, neither male nor female“ (Gal 3:28). However, the evidence suggests that it was not Jesus who extended the principle. The women seem to be around Jesus more as a matter of course than as a result of a gender-equal vision of the Kingdom of God.40

Corley ist zunächst darin Recht zu geben, dass es keine mit Sicherheit auf Jesus zurückführbaren Traditionen gibt, die das Thema der Geschlechtergerechtigkeit explizit thematisieren. Jesus hat sich weder die Befreiung der Frau noch die des Mannes vom Patriarchat auf die Fahnen geschrieben. Das bedeutet aber noch nicht, dass das Thema der Geschlechterdefinition und Geschlechtergerechtigkeit nicht doch in seiner Botschaft vorhanden ist, sei es auch implizit und durch Widersprüchlichkeiten gebrochen, was angesichts des dominanten Patriarchalismus der antiken Kultur gar nicht anders zu erwarten ist. Man kann m.E. nicht überzeugend bestreiten, dass die Jesusüberlieferung eine Kritik an dominanten gemeinantiken Männlichkeits- und Weiblichkeitskonzepten erkennen lässt. Ich bespreche dazu vier Themenbereiche: Gendersymmetrie in auffällig vielen Traditionen, gegenkulturelle Werte in der in Jesuslogien vorausgesetzten Familien- und Geschlechterordnung, Herrschafts- und Imperialismuskritik als Kyriarchats- und indirekte Patriarchatskritik und die spezifische Form der mit Blick auf Männer und Frauen formulierten Sexualmoral. (1) Es ist ein auffälliges Kennzeichen der Jesustradition, dass Traditionen unterschiedlichster Thematik mit einer gewissen Gendersymmetrie präsentiert werden. In der Wortüberlieferung begegnen viele geschlechtssymmetri40  Corley, Women, 142.143.144 (Hervorhebung A.M.). Andere diskussionswürdige Thesen von Corley müssen hier unberücksichtigt bleiben.

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sche Paarbildungen, in denen männliche und weibliche Protagonisten und ihr jeweiliger Lebens- und Arbeitsbereich nebeneinandergestellt werden. Ich nenne nur einige: Neben den Hirten, der das verirrte Schaf sucht, tritt die Frau auf der Suche nach der verlorenen Drachme (Lk 15,3–7.8–10). Weiter sind Senfkorn und Sauerteig, sowie bittender Freund und bittende Witwe geschlechtsparallele Bildungen (Mk 4,31f; Lk 13,19.21; Lk 11,5–8; 18,1–8). Auch Beispiele aus der Geschichte werden geschlechtssymmetrisch einander zugeordnet: Jona und die Nineviten treten neben Salomo und die Königin des Südens (Lk 11,30.31), Elija und die Witwe von Sarepta neben Elisa und den Aussätzigen Naeman (Lk 4,25–26.27). Dieser auffällige Zug kann am überzeugendsten von der Adressatenschaft her erklärt werden. Ob bewusst oder unbewusst, Jesus macht metaphorisch Gebrauch von der geschlechtsspezifisch differenzierten Lebenswelt seines Publikums. Wenn er seine engsten Jüngerinnen und Jünger in ihrer ungesicherten heimatlosen Existenz zum Vertrauen auf Gott auffordert, vergleicht er sie mit Vögeln, die essen, obwohl sie nicht säen, ernten und Vorräte anlegen, was auf die männliche Arbeitswelt weist und mit Lilien, die herrlich gekleidet sind, obwohl sie nicht spinnen, was auf den Arbeitsbereich von Frauen verweist (Mt 6,26.28). Solche Bilderverwendung ist ein impliziter Protest gegen die von der Sprache und patriarchalem Denken präferierte Gleichsetzung von Mensch und Mann. Insofern es wie in den Gleichnissen Gottesbilder betrifft, ist es eine Alternative zu der in der Religion vorherrschenden Symbolisierung von Gott in männlichen Kategorien. Meiner Überzeugung nach ist dieser literarische Zug der Jesusüberlieferung, der sich gegen alle androzentrischen Überlieferungstendenzen erhalten hat, ein wichtiges Gegenargument gegen die von Corley behauptete Marginalität von Frauen in der Jesusgruppe und gegen Jesu angebliche Ignoranz gegenüber den spezifischen kulturellen Formungen der Männer- und Frauenrollen. Dieser literarische Zug der Jesusüberlieferung ist vielmehr eine Auswirkung der gleichgewichtigen Partizipation von Frauen und Männern an der Jesusbewegung und zeigt ein zumindest anfängliches Bewusstsein Jesu für die spezifischen kulturellen Formungen von Frauen- und Männerrollen und deren Infragestellung durch die hereinbrechende Gottesherrschaft.41 (2) Kritik an kulturell dominanten Männlichkeits- und Weiblichkeitskonstrukten tritt in der Jesusüberlieferung deutlich hervor, was wahrscheinlich 41  Etliche der genannten Traditionen (am deutlichsten Mt 6,26.28; Mt 19,12; Lk 17,21f) sprechen von der grundsätzlichen Relativierung der mit den genannten männlichen bzw. weiblichen Geschlechtsrollen verbundenen Tätigkeiten und Verhaltensweisen unter der Perspektive des anbrechenden Reiches Gottes. Es ist mir daher unverständlich, wieso MelzerKeller das Fakt, dass die von Jesus gebrauchte Metaphorik sich im Rahmen der herrschenden Gesellschaftsordnung und ihrer Geschlechtersegregation bewegt, wiederholt als ein Argument verwendet, um ein kritisches Verhältnis Jesu zu diesen zu bestreiten (Melzer-Keller, Jesus, 345.424f. u.ö.).

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mit der wandercharismatischen Lebensform der Hauptakteure zusammenhängt. Die natürliche Familie, ideologischer Hauptbezugsrahmen für die Ausbildung antiker Geschlechtsidentität als Mann oder Frau, wird radikal entwertet zugunsten der eschatologischen Familia Dei. Die den Willen Gottes tun, sind einander Mütter, Brüder und Schwestern, Väter werden nicht erwähnt und sind offenkundig nicht vorgesehen. Nicht die Frau ist in ihren Brüsten selig zu preisen, die einen großen Propheten wie Jesus genährt hat, sondern selig sind, die die Worte Gottes hören und bewahren (Lk 17,21f), eine Forderung, die auch in nicht geschlechtsspezifisch zugespitzter Form begegnet. Für einen Mann ist es Jesus zufolge besser, sich in selbst gewählter Askese zu einem Eunuchen für das Himmelreich zu machen als zu heiraten und Erfüllung in der Rolle als Ehemann und Vater von Kindern zu finden, (Mt 19,10–12).42 Schärfer kann man die gesellschaftlich dominanten Geschlechtsrollenentwürfe nicht als irrelevant zurückweisen!43 (3) Vor allem lassen die Jesustraditionen auch eine deutliche Zurückhaltung gegenüber der Vaterrolle erkennen, in der die höchste Autorität in der Familie und auch im Staat symbolisch zusammengefasst wurde. Keinen Menschen sollen die ersten Christen nach Mt 23,9 „Vater“ nennen, allein dem einen Vater im Himmel soll ihre Verehrung gelten. Hier gehen implizite Kritik am Kaiser, dem „Vater des Vaterlandes“ und an Herrschaftsstrukturen in Familie und Gesellschaft Hand in Hand. Ergänzt werden diese Traditionen durch die mehrfach begegnenden Aufforderungen, Leitungsfunktionen innerhalb der eigenen Gruppe nicht als Machtfunktionen zu verstehen, sondern gerade als erster bzw. größter, der letzte und Diener aller zu werden (Mk 9,34f; 10,42–44). Solche herrschaftskritischen Traditionen werden von Jesus selbst nicht auf ihre geschlechtsspezifischen Implikationen hin reflektiert. Es ist angesichts der vielfach verschränkten Diskurse von Männlichkeit und Macht jedoch unbestreitbar, dass hier für antikes Verständnis zentrale Kennzeichnen von Männlichkeit infrage gestellt werden, mit notwendigen Konsequenzen auch für das (Selbst-)Verständnis derer, die sich herkömmlicherweise als Nicht-Herrschende definieren. Es ist meiner Überzeugung nach argumentativ nicht konsistent, wenn Corley akzeptiert, dass die Jesusüberlieferung deutlich kyriarchatskritische Züge hat, aber verneint, dass darin ein Impuls liegt, der konsequenterweise zu dem „nicht männlich 42 ������������������������������������������������������������������������������  Das Eunuchenwort ist als radikale Infragestellung hegemonialer Männlichkeitskonzepte auf der Ebene der matthäischen Redaktion u.a. untersucht worden von Conway, Behold the Man, 122–125. 43 ��������������������������������������������������������������������������������  Provozierende Worte wie das Eunuchenlogion und die familienkritischen Traditionen koexistieren mit Traditionen, die eine grundsätzliche Akzeptanz der Geschlechterordnungen vorauszusetzen scheinen, deren deutlichste das Ehescheidungs- (bzw. Wiederverheiratungs-)verbot ist. Das zeigt: Es geht nicht um Geschlechtergerechtigkeit als eigenständig verfolgtes Ziel, wohl aber darum, dass der Lebensstil nicht der Verwirklichung des Reiches Gottes im Weg stehen darf.

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noch weiblich“ von Gal 3,28 führt. Wenn man anerkennt, dass antike Geschlechterdiskurse und Machtdiskurse große Übereinstimmungen im ideologischen Repertoire aufweisen und einander zu großen Teilen verstärken, liegt diese Schlussfolgerung auf der Hand. (4) Als letzten Punkt möchte ich die auffälligen geschlechtsspezifischen Unterschiede in Traditionen mit sexualethischen Implikationen nennen. Hier könnte Jesus bewusst Unterschiede zwischen Männern und Frauen gemacht haben. Man hat z.B. das Wort in Mt 5,28, das bereits den begehrenden Blick auf eine Frau als Ehebruch im Herzen bezeichnet, als typisches Beispiel für eine androzentrische Perspektive sei es des Evangelisten Matthäus oder Jesu bezeichnet.44 Es ist aber gerade angesichts der erwähnten geschlechtssymme­ trischen Logien auch möglich, hierin eine bewusste Entscheidung Jesu zu sehen. In Abweisung eines kulturell weitverbreiteten Musters sieht er nicht in der Frau die Verführerin, sondern behaftet den Mann bei seiner Verantwortung für seine sexuellen Impulse. In komplementärer Ergänzung dazu zeigt die Erzählüberlieferung mehrfach, dass Jesus sich gegenüber Frauen, die mit der Anklage des Ehebruchs bzw. sündigen Lebensstils konfrontiert sind, akzeptierend verhält (Lk 7,36–50; Joh 8,1–11). Das scheint mir doch mehr Einsicht in die verbreitete gesellschaftliche Doppelmoral bezüglich der Geschlechter und die daraus resultierenden Benachteiligungen von Frauen vorauszusetzen als manche Jesus zuzutrauen bereit sind. Mit den genannten Beobachtungen soll nicht ein feministischer Ursprungsmythos re-etabliert werden, der zu Recht kritisiert worden ist und übrigens nicht nur in der Jesusforschung vorkommt, sondern als ein vielfach verwendetes problematisches Muster von (Religions-)Geschichtsschreibung identifiziert wurde, die eine Tendenz hat, Anfänge zu verklären.45 Es geht vielmehr darum, Jesu Lehre und den Lebensstil der jesuanischen ReichGottes-Bewegung differenziert in den komplexen historischen Kontext einzuordnen, der nicht einen, sondern verschiedene Geschlechterdiskurse kannte. Neben der klassischen patriarchalen Ehe waren auch alternative Lebensmöglichkeiten für Männer und Frauen verfügbar, wobei selbst gewählt oder aus Not geboren46 keine einander ausschließenden Alternativen sind, wenn man menschliche Wahlfreiheit und Handlungsfähigkeit („agency“) berücksichtigt. Schon sehr bald nach Ostern wurde im Namen Jesu über den Täuflingen akklamiert, dass unter den Getauften „nicht mehr Jude noch Grieche, nicht mehr Sklave noch Freier, nicht mehr Männlich und 44  Wire, Gender Roles, 105. Melzer-Keller, Jesus, 157ff.395f.430. 45  Vgl. Clark, Women, 404ff. 46  Schottroff, Nachfolge, 109f.112f. hat das Verhältnis von Frauen und Männern in der Jesusbewegung m.E. zutreffend beschrieben als eine „Gleichberechtigung der Armut“, eine „Gleichberechtigung des Elends und […] Gleichberechtigung, die aus der Hoffnung auf das Reich Gottes kommt“.

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Weiblich ist“. Keine dieser drei Unterscheidungen hat Jesus selbst programmatisch infrage gestellt. Doch alle drei stehen in historischer und legitimer Kontinuität zu der gelebten Praxis und den Überzeugungen der Jesusbewegung.

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Annette Merz

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Dagmar Winter

Jesus, rural identity and community

In the late 1980s and early 90s in Heidelberg, Gerd Theißen taught me and supervised my doctoral studies.1 Some twenty years later I find myself as a rural parish priest in Northeast England where I am also the Rural Affairs Officer for the Diocese of Newcastle. Apart from the densely populated southeast corner of the Diocese in and around Newcastle where the majority of people live, the vast remaining area of the Diocese (which is mainly Northumberland) is very rural, forming the most sparsely populated part of England. In my concern for rural communities and their identity, I am therefore also very interested in their relationship with urban and suburban communities. In the following essay, in gratitude to and inspired by Gerd Theißen’s own work, I would like to explore connections between my New Testament and my rural areas of interest. Considering a particular pericope from Mark’s Gospel gives scope to study urban-rural tensions in Jesus’ context, to compare them with those of today and to inform contemporary theological reflection.2

Introduction The image of rural life is still to a surprising extent a projection of the rural idyll which is changeless, charming, dominated by farming and contrasted favourably with the godless city. It is a powerful myth and people continue to buy into it, in every sense, with a distinct understanding of certain charac-

1  G. Theißen/D.Winter, Die Kriterienfrage in der Jesusforschung. Vom Differenzkriterium zum Plausibilitätskriterium (NTOA 34, Freiburg (Schweiz): Universitätsverlag/Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1997). English translation: G. Theissen/D. Winter, The Quest for the Plausible Jesus: The Question of Criteria, trans. M.E. Boring (Louisville: Westminster John Knox, 2002). 2  See also D. Winter, “No one is a sustainable island. A Theological Perspective on the Sustainability Agenda in the Rural Context”, in J. Hopkinson/A. Smith (ed.), Faith and the Future of the Countryside: Pastoral and Theological Perspectives on Rural Sustainability (Norwich: Canterbury Press, 2012), 67–90.

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teristics of rural identity.3 In fact, rural communities are experiencing significant change. In this they do not differ from other parts of society but the mix of perceptions and expectations of a rural way of life and intensive community relationships brought about by a low population density, all conspire to heighten the experience of threat. Change inevitably brings conflict with it – conflicting visions of the future, conflicting influences and interests. Much of this is predicated on an urban-rural divide. Nineteenth century depictions of Jesus frequently set him in that rural idyll of Galilee4 – however, this too was far from idyllic and undergoing big changes. Despite differences to today, there are some interesting parallels to be observed in the way rural-urban relationships play out then and now, and it is with this lens that we approach a particular incident in Jesus’ life in rural Galilee.

Rural Jesus Jesus’ ministry is overwhelmingly rural. It is a frequent observation that he seems to have pointedly avoided cities apart from Jerusalem, especially Sepphoris which was so close to his rural ministry. The rural scenes of his life have been beautifully described in the narration of José Pagola’s recent Jesus book5 — though there may also have been something of a vibrant urban fringe about Nazareth. In describing the problems of rural Galilee in changing times, Pagola indicates urban-rural interaction and sets as the context for Jesus’ ministry his critique of the growing inequality among people. In the New Testament we find one passage in particular, Mark 7:24–30, which crystallizes the question of Jesus’ rural identity. This is the famous, if not infamous, encounter with the Syrophoenician woman, found both in Mark’s Gospel and in Matt 15:21–28. Assuming, with most commentators, Markan priority, I will concentrate on Mark’s version. The purpose of the story in its current form clearly deals with issues of Jewish superiority over the Gentile world. The inclusion of the Gentiles is here prefigured, if with 3  For a comprehensive study of the issues with a particular eye to ethnicity and rural identity in England, see S. Neal, Rural Identities: Ethnicity and Community in the Contemporary English Countryside (Aldershot: Ashgate, 2009). 4  A classic is E. Renan, The Life of Jesus, trans. C.E. Wilbour (London: Trübner, 1864), orig. French 1863. For an insightful analysis of 19th century descriptions of Jesus and Galilee see H. Moxnes, Jesus and the Rise of Nationalism. A New Quest for the NineteenthCentury Historical Jesus (London/New York: Tauris, 2012), esp. 39–60. 5  J.A.Pagola, Jesus: An Historical Approximation (Miami: Convivium, 2009). See especially pp. 44–47 for a description of the problems of urbanization of rural Galilee.

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some reluctance, in Jesus’ exorcism, as is the conflict between Jewish and Gentile Christians. The passage is not particularly popular since it appears to show Jesus in a rather unfortunate light, acting in a discriminatory way and verbally abusing a desperate mother asking for her daughter’s healing. The pericope also causes untold difficulties to commentators. The earliest illustration of this is in Matthew’s Gospel: Matthew clearly feels compelled to soften Jesus’ gruff response to the Gentile woman by explaining how Jesus was really only sent to the lost sheep of the people of Israel. Some commentators claim Jesus was only joking. Of those who accept the depth of conflict expressed in the passage, some opt for a salvation-historical interpretation in which the woman becomes a symbol for Gentile Christians. The image is then one of the Gentile church praying for exorcism on behalf of her children, the Gentile peoples, that they may be liberated from the demon of unbelief. Other exegetes see in the Syrophoenician woman a model of faith and perseverance, succeeding in the trials of faith.6 Both these interpretations are symbolic and abstract from the social realities of the encounter.7 In contrast, a feminist interpretation8 draws attention to the gender of the Syrophoenician whose request, while in conventional posture, is unconventional and shameful: she is usurping the role of a male family member by going out to seek help. Consequently, Jesus reacts with disdain, before the woman’s appropriate christological and clever response (addressing Jesus as kyrios) brings about a change, even teaching Jesus about his own mission. However, this still does not address the incongruence of the woman asking for her child to be restored and Jesus responding by speaking of food being given to dogs rather than children. Not only does the image of food not fit the context of a sick daughter, Jesus’ cruel dismissal of the Syrophoenician child also appears to be in blatant contradiction to his valuing of children (Mark 9:36–37; 10:13–16). The “simultaneous existence of a seemingly very traditional rural world next to strongly urbanized centers of Hellenism” was an obvious flashpoint.9 Gerd Theißen’s study (dating from 1989) of the social and economic background to this passage casts an interesting light on the difficult encounter 6  For an overview, see J. Gnilka, Das Evangelium nach Markus (EKK II/1; Köln: Benziger, 1978), 294. Also G. Theißen, Lokalkolorit und Zeitgeschichte in den Evangelien. Ein Beitrag zur Geschichte der synoptischen Tradition (NTOA 8; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht; Freiburg (Schweiz) Univ.-Verl., 1989), 64–68. 7  For a full discussion, see Gnilka, Das Evangelium nach Markus, and also Theißen, Lokalkolorit, 63–68. 8  M.A. Tolbert, “Mark”, in C.A. Newsom/S.H. Ringe (ed.), The Women’s Bible Commentary (London: SPCK, 1992), 263–274, on p.269. 9  J. Zangenberg, “Archaeological News from Galilee: Tiberias, Magdala and Rural Galilee”, in Early Christianity 1 (2010) 471–484, p. 481.

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which is located in the region of Tyre.10 Tyre was a rich Gentile trading city, despised by traditional Jewish people, along with the other Hellenistic cities, for its Gentile ways. Despite its wealth, Tyre had a problem: it had little agricultural land and was therefore dependent on imports from the rural hinterland. Much of Tyre’s grain came from Jewish Galilee and whenever there were crises, Tyre was wealthy enough to flex its economic muscle and buy grain even if this left the rural Jewish population going without or led to the enslavement of parts of the Jewish population. Galilee thus shared in the fate of much of the rural hinterland of the major Hellenistic cities in that they were the losers in the battle for resources. Hence, Jesus saying that food should not be taken from the children and thrown to the dogs really means: don’t take food away from the poor rural Jewish families and give it to the rich Gentiles in the cities.11 Economic dependence, attempted political expansion and cultural and religious distance were the perfect breeding ground for aggressive prejudice on the side of the Jewish population towards their urban Gentile neighbours. “Jesus and his movement … represent a community whose behavior both undermined and symbolically challenged the urban and Roman client-king Herod Antipas’s political and economic rule.”12 Likewise, the people of Tyre were full of fear and mistrust towards their rural Jewish trading partners following various incidents with Jewish freedom fighters.13 Against this backdrop, the miracle performed and the demon to be overcome is clearly not only related to the woman’s daughter. The miracle also lies in the demon of barriers between peoples being overcome. The Syrophoenician woman manages to pick up the — literally — cynical image used by Jesus and to restructure it. She behaves like a tenacious, faithful dog and claims the crumbs for her daughter, also a child. The Syrophoenician woman’s need of Jesus is in contrast to the overpowering economic might of her people vis-à-vis Jesus’ people. The woman no longer shares in the corporate denial of interdependence between the two sides. Jesus’ overcoming a sense of prejudice based on his rural Jewish identity14 towards her and her 10  Theißen, Lokalkolorit, 63–85. 11  On the urban-rural interaction of a primarily commercial nature in Roman Galilee, see A. Choi, The Travelling Peasant and Urban-Rural Relations in Roman Galilee (University of Toronto, 2005), http://philipharland.com/travel/TravelChoiGalilee.pdf, accessed 13.4.2012; also A.E. Killebrew, “Village and Countryside”, in C. Hezser (ed.), The Oxford Handbook of Jewish Daily Life in Roman Palestine (Oxford: OUP, 2010) 189–209. 12  J.L. Reed, Archaeology and the Galilean Jesus: A Re-Examination of the Evidence (Harrisburg, PA: Trinity Press International, 2000) 113. 13  E.g. John of Giscala. Cf. Theißen, Lokalkolorit, 82. 14  Saying this, we need to be mindful of the complexities of early Judaism pre-70. The Jewish population was not monolithic. See M. Moreland, “The Inhabitants of Galilee in the Hellenistic and Early Roman Periods”, in J. Zangenberg/H.W. Attridge/D.B. Martin (ed.), Re-

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people means overcoming his people’s defensiveness and aggression. “Jesus and the Syrophoenician woman defy first-century conventions of power and deference, suggesting potential renewal in the form of new commitments to social and economic cooperation.”15 As a result, a real relationship is born in which neither side dominates the other and a child is healed. Mutual recognition is the only possible basis for a relationship between individuals as between different groups and peoples. A thriving community can only be grown where injustice is addressed, prejudice named, defensiveness and a sense of superiority left behind – and where a sense of interdependence and mutual support flourishes. There are times when one side needs the other more than vice versa. This is the situation the Syrophoenician woman finds herself in: the Jewish Galilean rural community, suffering under her people’s economic stranglehold and yet dependent on Tyre, can offer her Jesus, who has what she absolutely needs, namely the ability to exorcize her daughter. In the end, the conflict is resolved, a relationship established and the prospect of a future opens up, symbolically and very powerfully, for the daughter of the Syrophoenician woman. Jesus’ initial rejection of the Syrophoenician woman’s request can be understood as stemming from a keen sense of rural identity, expressing the injustice he feels his people are suffering. In the course of the conversation, this narrow definition of identity unravels as they both – and the woman has done this first in her hour of need – discover that identity is multi-layered, including a whole network of relationships. The Gentile and prosperous woman approaches Jesus as a mother. Jesus is first the rural Galilean Jew but subsequently also the prophet of a radical and boundary-breaking God of love — and perhaps also simply the human being with compassion.

Rural Community Today The Markan passage is of particular interest because it is not difficult to find parallels in our world today, with rural communities feeling misunderstood and left behind in the allocation of resources. The last few decades have seen a rise in identity politics relating, for example, to ethnicity, gender, sexuality or disability, and also to rurality. Identity politics is a laden phrase and expresses the desire of a minority, marginalized or oppressed group within society for greater self-determination and freedom. Without such expression ligion, Ethnicity, and Identity in Ancient Galilee: A Region in Transition (WUNT 210; Tübingen: Mohr Siebeck, 2007) 133–154. 15 ���������������������������������������������������������������������������������  �������������������������������������������������������������������������������� J.E. Hicks, “Moral Agency at the Borders: Rereading the Story of the Syrophoenician Woman”, Word & World 23/1 (2003) 76–84, on p. 83.

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and positive embracing of their own identity, any such group would struggle to be heard, let alone achieve any progress for themselves. A first reaction to these demands has often been ‘proofing’. This is a process whereby a plan, strategy or policy is checked before implementation to see whether it in any way affects the interests of the particular group in question. Subsequently, adjustments may be made. For instance, rural proofing seeks to ensure that rural needs and interests are fully considered and that policies which have most likely been developed in an urban context do not have unintended negative and disadvantaging consequences for rural areas.16 A further and less retrospective reaction to identity politics is mainstreaming, seeking to include from the outset of policymaking the concerns of the marginalized group. Mainstreaming of rural needs — a major UK rural policy strategy — is about embedding rural needs and impacts into the process of policy development across all departments rather than adding it as an afterthought or expecting just one department to look after rural needs.17 While recognizing that there are differences between urban and rural communities, the demands of equality (regarding basic human requirements, economic opportunity, access to services etc.) are at the heart of mainstreaming. However, the call for mainstreaming can come too quickly, glossing over fundamental structural injustices and losing sight of particularly disadvantaged areas. Under the banner of rural mainstreaming, some specific rural action plans, resources and targeted interventions have been lost. On the other hand, mainstreaming has the advantage of relating rural issues to the web of issues of wider society rather than isolating them since it becomes apparent how problematic it is to separate ‘urban’ and ‘rural’ and how interdependent they are. Added to this, the departure of many services from rural areas (schools, health services, shops, to name but a few) ties the rural population more closely to its urban hinterland.18 Similar issues face other countries too: it is not surprising that “thought leaders on issues affecting rural America have recently argued that strategies … should … reinforce and 16  See the definition of Defra (Department for Environment, Food and Rural Affairs), http://www.defra.gov.uk/corporate/about/how/policy-guidance/rural-proofing, accessed 11. 4. 2012. 17  Concerning the relationship between rural proofing and rural mainstreaming: It is true that in theory rural proofing has also been intended as a policy tool to ensure rural mainstreaming happens but that is using the term ‘rural proofing’ on a more strategic level than I suggest and most ‘Rural Proofing Toolkits’ operate on a much more practical level – with the result that this kind of rural proofing is more of an afterthought. 18  See J. Midgley/ N. Ward/ J. Atterton, City Regions and Rural Areas in the North East of England. Executive Summary (Centre for Rural Economy Research Report, University of Newcastle upon Tyne, 2005), http://www.ncl.ac.uk/cre/publish/researchreports/cityregionsexec1.pdf, accessed on 12.4.2012.

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strengthen linkages between urban and rural places and populations that would redound to the benefit of both.”19 The fact that this is spelt out illustrates the pervading thinking of both rural and urban areas each being ultimately autonomous. So there is a balance to be struck between an appreciation of the distinctiveness of the rural on one side and an understanding of its fundamental relatedness to society as a whole on the other. Rural identity is ill-conceived when understood as isolated and autonomous rather than relational, or as static rather than dynamic. This sense of both distinctiveness and relatedness shines through the encounter Jesus has with the Syrophoenician woman: the economic realities of Galilee are not denied but the urban-rural dichotomy is broken down. The relationship that evolves is an interdependent one in which neither side assumes a simplistic victim’s role. Identity is not sealed off but open to development in relationship. However, within rural areas, the question is all too often fraught about who rightfully occupies rural space and decides on how this rural space is shaped. Amidst the struggle for true ownership of rural identity and voice, competing interests in the purpose of the land in the countryside come to the fore, such as the provision of a wide range of diverse needs: livelihood (the ‘factory floor’ of farming); food production; tourism (esp. outdoor leisure pursuits); second homes; dormitories for commuting; new sources of ecoenergy such as windfarms or energy crops; ‘ecosystem services’ – safeguarding ecosystems and their multiple benefits. These tensions and complexities are functions of a time of profound change. The proportion of people employed in the land-based sector such as farming has decreased dramatically and is no longer formative for many rural communities. The influx of populations from (sub)urban areas to small settlements and villages has brought social change to the countryside. The economic fortunes of the rural population are even less likely to depend on developments within the rural area but on employment prospects and the health of businesses further afield since they affect both job opportunities for the rural dwellers and the spending power of visitors to rural areas. While the changes in agricultural employment are a particular feature of our time, many other features ring true for rural Galilee. For instance, the tension in the interaction between urban and rural people in Jesus’ time exists alongside the likely scenario of new employment opportunities for craftsmen and artisans having become

19  B. Dabson, Rural-Urban Interdependence: Why Metropolitan and Rural America Need Each Other. Background Paper Prepared for The Blueprint for American Prosperity Metropolitan Policy Program at Brookings, (Washington: The Brookings Institution, 2007), 9. http://www.rupri.org/Forms/Dabson_Brookings.pdf, accessed 8.4.2012.

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available through the building projects in Sepphoris, as well as urban markets providing access to trade and goods.20 There is a huge diversity among people who live in the rural context today.21 Within rural communities some feel usurped by newcomers who introduce urban and suburban values and bring with them more economic and social power, purchasing property out of reach for the next generation of the indigenous population and dominating the democratic and other representative bodies and councils. It is tempting to draw parallels with other groups Jesus encountered. The Sadducees, the Temple aristocracy with their city focus, represent those who are completely on the urban side whereas the Pharisees are closer to rural life, especially in Mark’s Gospel. There is an ambiguity here since their way of living with purity rituals was unrealistic for the rural poor but at the same time they were admired for their discipline and faithfulness. They tried to build bridges between the urban Jews and the rural poor, and while Jesus had enough in common with them to argue with them, his was a more radical approach.22 And then there were the landowners, some absentee, who were again far removed from the landless farmers. Absentee landlords feature in Jesus’ parables, an indicator of his familiarity with the phenomenon.

Dealing with the Issues Feeling under pressure, rural communities can resort to various strategies to deal with their situation. Particularly popular is the fond retrospective view with a Golden Age narrative, often animated by a strong sense of loss – of economic power, cultural diffusion or seismic geographical shift. If Douglas Edwards is right that over a quarter of the villages in Upper Galilee ceased to exist in the transition to the Roman period,23 this too would have certainly led to a significant sense of loss. 20  Choi, The Travelling Peasant, 27. 21 �����������������������������������������������������������������������������������������  ���������������������������������������������������������������������������������������� In all this it is important to note that rural areas can vary hugely: for instance, “��� ���� rural������������������������������������������������������������������������������������������� ”������������������������������������������������������������������������������������������ could mean sparsely populated uplands in a National Park attractive to tourism, or intensively farmed landscapes, or post-industrial rural areas with more obvious poverty and social problems. 22 ��������������������������������������������������������������������������������  ������������������������������������������������������������������������������� Bruce Chilton judges harshly: “The Pharisees’ policy of compromise with defilement skilfully crafted to deal with the complexities of urban pluralism found no resonance in [Jesus’] mind, formed by the relative isolation of rural Galilee.” B.Chilton, “Friends and Enemies”, in M. Bockmuehl (ed.), The Cambridge Companion to Jesus (Cambridge: Cambridge University Press, 2001) 72–86, on p.80. 23  D.R. Edwards, “Identity and Social Location in Roman Galilean Villages”, in J. Zangenberg/H.W. Attridge/D.B. Martin (ed.), Religion, Ethnicity, and Identity in Ancient Galilee: A Region in Transition (WUNT 210; Tübingen: Mohr Siebeck, 2007), 357–374, on p. 373.

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There is no evidence of Jesus looking back and wishing for an earlier time. On the contrary, he is future driven, driven by the vision of God’s kingdom and justice. Rather than seeing this response as an amazing contrast to a quaint rural background, it is also possible to see the huge tensions, culture clashes and injustices in rural Galilee as wonderfully formative for Jesus’ insights into life and faith. Jürgen Zangenberg writes of Galilean villages: “It appears that villagers had to be masters of adaptation and innovation to secure survival. Instead of seeing villages as traditionalistic and backwater, many of them actually were hotspots of cultural development and testing grounds for coping with outside influences and the constantly changing conditions of life.”24 A similar challenge is before rural communities and churches today.25 Given the complexity of rural Galilee and the countryside today, just as Jesus could not have been “the” defining and uniting voice for rural Galilee, so the rural church needs to be cautious when articulating “rural” concerns. By the same token, there are justice issues in an urban-rural society which need to be addressed. However, if the story of Jesus’ encounter with the Syrophoenician woman has anything to teach us, it is the necessity of mutual encounter and challenge rather than mutual isolation and irreversible confrontation: talking with one another rather than about one another in order to appreciate the fundamental relatedness. What is largely true for rural communities in our society is largely true for the Church: the decisionmaking happens in cities. However, with the countryside being the focus of so many of the crucial issues facing society, it is increasingly obvious that the rural and urban church need one another, too. Reading Mark 7, there is good precedent for an open, honest and robust exchange.

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Dagmar Winter

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Jesus, rural identity and community

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Vicky Balabanski

The Prayer of Jesus as an inspiration and call to ecumenical unity: looking for “Jesuanic resonance” in John 17:20–21

There are four instances in the Gospel of John where the Johannine Jesus speaks of his relationship with the Father as being “one”, ἕν, using the nominative neuter form of εἷς: John 10:30, 17:11, 21 and 22. These seem to be most unlikely places to seek an echo of the historical Jesus, as their Johannine rhetorical and christological claims are patent.1 Yet John 17, the great Johannine prayer of Jesus in which three of these statements are found, has been a passage which has influenced the decisions of twentieth century Christian councils more than any other, as it gave inspiration to the ecumenical movement and church unions in many parts of the world. This essay begins with this paradoxical fact: that a New Testament text which has arguably had the most explicit influence on the church in the past 120 years – John 17, particularly verses 20–21, has apparently so little claim to representing bedrock historical Jesus tradition. Were these movements towards organic union misguided? As a minister recently ordained into one such uniting church – the Uniting Church in Australia – this issue is of concern to me. The approach of this essay will be to begin by examining John 17 as a literary relecture of existing Jesus tradition. With particular attention to John 17:20–21, I will look for what I call “Jesuanic resonance” – verisimilitude with Jesus’ actual concerns and actions. In order to do so, I will examine some evidence for the historical Jesus’ practice of prayer. I will then look at the term “one” and the nature of this “oneness” as it is portrayed in the Johannine settings, in order to see whether there is any historical corroborating evidence from the synoptic tradition for this portrayal of Jesus’ relationship with God. I will then turn to the theme of unity and the legitimacy of Jesus’ proclamation, examining some parallel themes in contemporary literature. In conclusion I will turn to the impact of John 17 on the formation of the Church 1  J.A.T. Robinson, in his essay “The Last Tabu? The Self-Consciousness of Jesus” in Twelve More New Testament Studies (London: SCM 1984) 156, writes of how the use of Johannine material in any reconstruction of the historical Jesus is severely discounted; S. McKnight adds that “the permission slip is still hard to obtain – to use the Fourth Gospel for learning things about Jesus.” (“Conclusion”, in J.D.G. Dunn/S. McKnight [ed.] The Historical Jesus in Recent Research [Winona Lake: Eisenbrauns 2005] 527–30, on p. 527.)

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Vicky Balabanski

of South India as a contemporary and concrete Wirkungsgeschichte,2 with an assessment of the legitimacy of the impulse to organic union. I had the privilege of working in dialogue with Professor Theißen for a semester in 2000 and have the greatest respect for him as a brilliant, insightful scholar, an innovative and divergent thinker, a substantial Christian preacher and a kind and generous man. The following contribution is an “essay”, in the original sense of the term, entering as it does one of Prof. Theißen’s special fields, and is offered by way of thanks.

The (im)plausibility of drawing John 17 into Historical Jesus discourse Most contributions to historical Jesus research do not include any substantial discussion of John 17, and for good reason.3 As a speech/prayer/testament of Jesus, drawing together theological themes of John’s portrayal of the ministry of Jesus at the point of transition to the passion narrative, the literary, thematic and compositional nature of this chapter is unavoidable. While a prayer of Jesus before his passion is part of the synoptic tradition (Mark 14:36, Matt. 26:39, Luke 22:41–42), an allusion to this prayer tradition has already been made – and rejected – in John 12:27–28.4 The prayer of John 17 is explicitly not such a Gethsemane prayer as we find it in the synoptic tradition. Rather, the Gospel makes it clear that the Prayer5 is an act of love for “his own”, understood in the widest possible sense. The context is the final supper, and the act of prayer is part of Jesus’ loving his own until the end 2  I draw on the distinction between Wirkungsgeschichte (history of the influence of the text) and history of interpretation (Auslegungsgeschichte) or reception (Rezeptionsgeschichte) made by U. Luz in the second edition (i.e. Hermeneia edition), Matthew 1–7: A Commentary (Minneapolis: Fortress, 2007) 61. 3  G. Theissen/A. Merz, The Historical Jesus: A Comprehensive Guide (London: SCM Press, 1998), 452–3, make mention of John 17 in relation to how the four canonical Gospels depict Jesus as the suffering righteous man and as a model for Christians to follow. 4  Theißen argues that the Johannine evangelist had an acquaintance with Mark’s Gospel. G. Theissen, The New Testament: A Literary History (Minneapolis: Fortress 2012) 161–2. 5  I avoid the language of “high priestly” prayer, hinted at by Cyril of Alexandria and used by the theologian D. Chyträus (1531–1600); Jesus is not so much High Priest as the Temple itself (cf. M. Coloe, God Dwells with Us: Temple Symbolism in the Fourth Gospel [Collegeville, MI: Glazier/Liturgical, 2001] 115). Nevertheless, I do think that Keener’s reference to Jesus’ role as the first Paraclete or intercessor is apposite. See C. Keener, The Gospel of John, A Commentary, Vol. 2 (Peabody: MA: Hendrickson, 2003) 1051.

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The Prayer of Jesus as an inspiration and call to ecumenical unity

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(13:1).6 The Prayer is the culmination of the farewell discourses of chapters 13–16 and yet distinct from them, as 17:1 marks the closure of the preceding discourses and the opening of the summative prayer. Just as the act of foot washing forms one part of a frame around the teaching that follows and is represented as both efficacious and exemplary,7 this Prayer closes the frame with a prayer act that is similarly efficacious and exemplary. The careful crafting of this material would suggest that Johannine concerns are paramount. The characteristically Johannine “mission Christology” which Theißen has identified,8 presenting Jesus as the one who is both sent and the one who in turn sends, is apparent not only in 17:3, but also in 17:4, 8, 18, 23, 25. The “literary relecture of the existing Jesus tradition”9 seems at its most complete in this chapter. Turning our attention specifically to John 17:20–21, in order to examine its re-presentation of Jesus’ concerns, we find the following: 20 “I ask not only on behalf of these, but also on behalf of those who will believe in me through their word, 21 that they may all be one. As you, Father, are in me and I am in you, may they also be in us, so that the world may believe that you have sent me.

There are several things that make these verses look substantially more Johannine than Jesuanic to scholars of the New Testament. The primary one is the genre. By setting out the content of Jesus’ intercessions, this moves beyond what we know of Jesus’ practice of prayer, which he engaged in privately, at some distance from the disciples (Mark 6:46, Matt 14:23, Luke 5:16, 6:12). Matthew’s Gospel preserves a teaching which values this privacy (Matt 6:6). There are exceptions, when Jesus takes Peter, James and John with him to pray (Luke 9:28), but here too, Jesus is praying, not the disciples and Jesus together. And the Gethsemane accounts suggest that the disciples were not in the habit of praying together with Jesus, as he chooses to go a stone’s throw away from the disciples (Luke 22:41) or “a little further”, even

6  I use the language of act for two reasons. The first is that I take the aorist form of ἠγάπησεν in John 13:1 to indicate a specific concrete instance of love, which is completed on the cross, but which is also enacted in the foot washing, testamentary teaching and prayer of chapters 13–17. The second is the work being done by scholars engaging in speech-act theory to analyse the performative nature of such speeches as we find in John’s Gospel. See for example D. Tovey, Narrative Art and Act in the Fourth Gospel (JSNTSup 151; Sheffield: Sheffield Academic Press 1997), which analyses the illocutionary force of the implied author’s words, and which describes the Fourth Gospel as “an historically based theological display text”, in the “border region between history and fiction” (268). 7  C.K. Barrett, The Gospel according to St John, (London: SPCK, 21978) 437. 8  G. Theissen, The New Testament: History, Literature, Religion (London: T & T Clark 2003) 150–1; Theissen, The New Testament: A Literary History, 160–1. 9  Theissen, The New Testament: A Literary History, 159.

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from Peter, James and John (Mark 14:35, Matt 26:39).10 By contrast, the Prayer of John 17 has no indication of privacy or secrecy. Though it is addressed to the Father, its form is that of a testament.11 In addition to the genre, there are other features of these two verses that are explicitly Johannine: 1. “believe in me”. Belief in Jesus as the pre-existing One is the key criterion for salvation in this Gospel, and the most prominent shift from the Jesus tradition as found in the Synoptic Gospels. 2. “the world”. This multi-facetted term is characteristically Johannine.12 3. “those who will believe in me…” A concern for the future of the church, its koinonia, is distinctively Johannine. Given the preponderance of the Johannine language in these verses, any attempt to hear Jesuanic resonance in John 17:20–21 is a fraught exercise.

Jesuanic resonance? Does the strong Johannine cast of John 17 in general, and 17:20–21 in particular, necessarily disqualify the content of the prayer from all claims to verisimilitude13 with Jesus’ actual concerns and actions? Certainly from an 10  “At the same time, individual, solitary prayer does not exclude corporate prayer, as the saying of Matt. 18:19–20 makes clear”. I.H. Marshall, “Jesus – Example and Teacher of Prayer in the Synoptic Gospels”, in Into God’s Presence: Prayer in the New Testament, ed. R.N. Longenecker (Grand Rapids, MI: Eerdmans, 2001) 117. 11  “This is not a supplication, but a proclamation directed to the Father in such manner that his disciples can hear it also. The speaker is not a needy petitioner but the divine revealer and therefore the prayer moves over into being an address, admonition, consolation and prophecy.” E. Käsemann The Testament of Jesus: A Study of the Gospel of John in the Light of Chapter 17 (London: SCM Press, 1968) 5. 12  V. Balabanski “John 1 – the Earth Bible Challenge: An Intratextual Approach to Reading John 1”, in N.C. Habel/V. Balabanski (ed.), The Earth Story in the New Testament (Sheffield: Sheffield Academic Press, 2002) 89–94. 13  Defined here as the quality of realism in something. I acknowledge that this, and the related term “truthlikeness”, is an area of philosophical discussion beyond the scope of this essay. Nevertheless, G. Oddie makes a point that is important for this discussion: “Probability – at least of the epistemic variety – measures the degree of seeming to be true, while truthlikeness measures degree of being similar to the truth. Seeming and being similar might at first strike one as closely related, but of course they are rather different. Seeming concerns the appearances whereas being similar concerns the objective facts, facts about similarity or likeness.” G. Oddie, “Truthlikeness”, in E.N. Zalta (ed.), The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Fall 2008 Edition), at . The interest of this study is in “being similar” rather than “seeming similar”.

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The Prayer of Jesus as an inspiration and call to ecumenical unity

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historical point of view, in seeking to establish what Jesus’ actual concerns and actions were, one would clearly begin elsewhere, as Theißen and his colleagues have demonstrated.14 Historical Jesus scholarship is not interested in word-for-word reconstruction of Jesus’ preaching or parts thereof, nor is it able to do so. It is rather a matter of grasping the essential contents of what Jesus wanted to communicate, within the framework of his person as a whole. Historical Jesus scholarship thus weighs probabilities in order to make judgments about the historical plausibility of tracing particular elements back to Jesus.15

What I have called “Jesuanic resonance” is not of this first order of historical Jesus research, which sits squarely within a rigorous historical framework. Rather, to ask the question of Jesuanic resonance is to ask how certain traditions which are couched in the terminology and concerns of a later period can nevertheless be interrogated as to their similarity with Jesus’ actual concerns and actions. This is also a legitimate question. To what extent can we say that the concepts set out in John 17:20–21 are in keeping with and give an accurate refraction of Jesus’ actual concerns and actions? In order to answer this question, I will identify the concepts set out in these verses, and then evaluate them against material from the synoptic tradition in order to ascertain whether there is corroborating evidence from the synoptic tradition for these concepts. In doing so, my premise will be that even when the genre and form of the words are Johannine, the concerns may have some claim to Jesuanic authenticity. Returning to 17:20–21, the following statements are made: 1. Jesus prayed for his disciples. 2. Jesus prayed for others who had heard his proclamation through their agency. 3. Jesus desired their unity with each other. 4. Jesus experienced a relationship with God which could be described as “oneness”. 5. Jesus prayed that his disciples would also experience that “oneness”. 6. Jesus held that the unity between the disciples would have a direct bearing on whether his proclamation would be plausible to those outside his group of followers.16 14  Theissen/Merz, Historical Jesus; G. Theissen/D. Winter, The Quest for the Plausible Jesus: The Question of Criteria (Louisville: Westminster John Knox 2002). 15  Theissen/Winter, The Quest for the Plausible Jesus, 210. 16  One could object that these statements no longer have the distinctive Johannine terminology and do not therefore fully convey the original meaning of these verses. While I acknowledge that this is true, I suggest that no secondary discussion deals with every aspect of a biblical phrase. In this essay, I am confining myself to the “surface level” of the words, without reference to the deeper level, which includes “the narratives’ implicit commentary –

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To assess whether there is corroborating evidence from the synoptic tradition for these assertions, I will group these into three pairs, and examine first of all Jesus’ practice of prayer, second the use of the term “one” and the nature of this “oneness”, and third, the theme of unity and its bearing on the unity of his followers and the legitimacy of his proclamation.

Jesus’ practice of prayer It is widely accepted that Jesus’ practices of prayer included those that were normal in everyday life for his contemporary Jews,17 and that the Gospels comment on them only when they were in some way out of the ordinary, such as when Jesus has gone off a great while before day to a lonely place to pray (Mark 1:35).18 E.P. Sanders reviews the evidence for what was “normal”, and states that praying twice a day – saying the Shema (m. Berakhot 1.1–3), possibly the Ten Commandments, reciting the Eighteen Benedictions or their substance (m. Berakhot 4:3), and making use of tefillin – was common practice, generally at home.19 Further study of the rabbinic evidence and evidence from Qumran has shown that the practice of wearing tefillin containing scripture verses20 and saying specific prayers before and after the Shema was widespread throughout Judaism before 70CE.21 Prayers such as irony, misunderstandings, symbolism and the like…” D. Tovey, Narrative Art and Act in the Fourth Gospel, 48. 17  Marshall, “Jesus – Example and Teacher of Prayer in the Synoptic Gospels”, 116, refers to J. Jeremias’ New Testament Theology (London: SCM, 1971) 185–8: “set prayers in the synagogue, the saying of grace before meals, and the saying of personal prayers in the morning, in the afternoon (i.e. at the time of sacrifice in the temple), and in the evening”. 18  A reference by Philo in V. Mos. 2.214 to some who “had gone outside the gates into the wilderness to pray in the highly pure and quiet place” suggests that praying in an isolated spot was practised. See J. Leonhardt, who suggests that Philo may have known of such a custom from the Therapeutae, in Jewish Worship in Philo of Alexandria (Tübingen: Mohr Siebeck, 2001) 124. 19  E. P. Sanders, Judaism: Practice & Belief 63BCE–66CE, (London: SCM, 1992) 196–7. Contra the suggestion that three prayer times were normal, he shows that Josephus and the Rabbis put evening prayer at bedtime, and suggests that the one passage in the Mishnah (Berakhot 4:1) that prescribes prayers three times a day was probably a sign of extraordinary piety. 20  Y.B. Cohn writes of Exod 13:9 and 16 and Deut 6:8 and 11:18 as the “traditional” tefillin references, but in reviewing the Qumran inscriptions, there are three groups of scriptural text: Exod 12:43–13:16, Deut 5:1–6:9 and Deut 10:12–11:21. There is a special case of Deut 32 and some occasional snippets from the Decalogue reflecting a harmonization between Exodus and Deuteronomy. See Y.B. Cohn, Tangled up in Text: Tefillin and the Ancient World (Brown Judaic Studies 351; Providence, RI: Brown University, 2008) 33, 63. 21  D. Instone-Brewer, Prayer and Agriculture (Traditions of the Rabbis from the Era of the New Testament, Vol. 1; Grand Rapids, MI: Eerdmans, 2004) 41.

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those codified in the Eighteen Benedictions were prayed every morning and evening after the Shema; however “in early times the Eighteen was a list of short blessings related to specific themes and prayer leaders varied the wording.”22 In the first century, the Decalogue used to precede the recitation of the Shema.23 What is the relationship between the “normal” practice of daily prayer and the Lord’s Prayer? The Lord’s Prayer is a model prayer, drawing on Jesus’ Jewish heritage, and giving particular expression to Jesus’ own spirituality and emphases.24 Given the centrality of the proclamation of the coming of the Kingdom of God – God’s kingly rule – to Jesus,25 and his downplaying of the more nationalistic tendencies implicit in the Eighteen Benedictions as we know them, it may be legitimate to consider the Lord’s Prayer as Jesus’ “distillation” or “epitome” of the Eighteen Benedictions. D. Instone-Brewer considers it likely that the Lord’s Prayer functioned as an abstract of the Eighteen: The Lord’s Prayer appears to be an abstract of the Eighteen. It is very similar to the earliest abstract preserved in rabbinic literature, though with important differences. It was used in the early church in the same way as the Eighteen – they prayed it three times, standing, and used it as an outline for a longer prayer. The Lord’s Prayer is similar to many Jewish prayers, especially its reference to God’s name and kingdom (which occurred in almost all Jewish prayers), God’s holiness (as in the various versions of the Qiddush), prayer for God’s will (as in Eliezer’s abstract…), food (as in Benediction #9), and forgiveness (as in Benediction #6). What is unusual is the call for ease from trouble and the prayer that God should “forgive us as we forgive”.26

Drawing together these various arguments, we are affirming that Jesus’ practice of prayer most probably included the Shema with its emphasis on the oneness of God, possibly preceded by the Decalogue, then the Lord’s Prayer, which may have been extended in an extempore way.27 On this basis, can we assume that Jesus prayed for his disciples? There are several aspects of these prayers that would suggest that Jesus prayed for his disciples. First, the use of each of these forms of remembrance, invocation and prayer has an implicit community focus. They do not speak 22  Instone-Brewer, Prayer and Agriculture, 42. 23  This however changed, probably during the 3rd century CE. Instone-Brewer, Prayer and Agriculture, 96–7. 24  So J.D.G. Dunn, “Prayer”, in J.B. Green/S. McKnight (ed.), Dictionary of Jesus and the Gospels (Downers Grove, Il: Intervarsity Press, 1992) 617–25; Instone-Brewer, Prayer and Agriculture, 57. 25  So Theissen/Merz, Historical Jesus, 253. 26  Instone-Brewer, Prayer and Agriculture, 55–7. Some kind of abstract may have been the first form of the Eighteen. 27  J. Heinemann, Prayer in the Talmud: Forms and Patterns (Berlin: de Gruyter, 1977) 192, cautions that “we have no way of proving that the Lord’s Prayer was offered as a substitute for the Eighteen Benedictions and out of opposition to it…”.

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of an individual piety, but of a community being called to align itself once again with God. Jesus could not use these prayer practices without praying with and for his disciples, and indeed for all Israel. Second, the explicit invocation of Israel in the Shema, when correlated with Jesus’ gathering of the Twelve, suggests that Jesus’ prayer was for the group who represented the restored people of twelve tribes and who participated in Jesus’ mission to gather Israel. Here we have a feature of Jesus’ ministry which has strong claim to being authentic and historical,28 and which gives weight to the claim that Jesus prayed both for his disciples and for others who heard their message. One further aspect warrants mention here. If the Lord’s Prayer is an abstract of the Eighteen, one would not necessarily expect a direct correlation between them. Nevertheless, comparing the first Benediction which addresses God as “our God and God of our fathers; God of Abraham, God of Isaac and God of Jacob”29 with “our Father” shows that Jesus’ abstract, by using “our” with no specification, leaves the implied praying community as open-ended as possible. The prayer does not explicitly exclude those who may be touched by God’s kingly rule who are not descendants of Abraham, Isaac and Jacob. Therefore, given the factors set out above, it is extremely likely that Jesus prayed both for his disciples and for others who would hear his proclamation through their agency.

The use of the term “one” and the nature of this “oneness” As set out in the opening of this essay, the Johannine Jesus speaks four times of his relationship with the Father as being “one”, ἕν, using the nominative neuter form: John 10:30, 17:11, 21 and 22. In John 17: 11 and 21 we also have an interrelated affirmation: that this “oneness” is also available to Jesus’ disciples. What is this oneness? Can this claim to offer a genuine Jesuanic resonance? Methodologically, it is unhelpful to interpret this affirmation through the lens of later christological debates. The nominative neuter form does not claim the sort of identity that the use of the masculine form would have implied – complete identity of person. It is claiming a “oneness” of kind or

28  So Theissen/Merz, Historical Jesus, 216–17. 29  Citing the first Benediction Genizah version as edited and translated by InstoneBrewer, Prayer and Agriculture, 98.

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species: a unity of action,30 will and task,31 ability,32 purpose.33 The context of John 10:30 implies that the claim was perceived as offensive enough to warrant stoning (John 10:31–33), on the basis that Jesus, a human being, seemed to be making himself (a) god. Significantly, the Johannine Jesus does not accept that this is going beyond a scriptural warrant open to all those to whom the word of God came (John 10:34–36). Here we have a Johannine misunderstanding, though one which differs from others, in the sense that the misunderstanding revolves around anthropology, not just christology – Jesus’ interlocutors appear to have too shallow a view of what the human person can be in relation to God. John 17:11 and 21–22 also affirm that the sort of “oneness” which Jesus experiences with the Father is available also to the disciples: 11 Holy Father, protect them in your name that you have given me, so that they may be one, as we are one; … 20 “I ask not only on behalf of these, but also on behalf of those who will believe in me through their word, 21 that they may all be one. As you, Father, are in me and I am in you, may they also be in us, so that the world may believe that you have sent me. 22 The glory that you have given me I have given them, so that they may be one, as we are one (italics mine).

None of these verses appears to be primarily interested in ontological issues (even though we might want them to be),34 they are interested in the protection/keeping/sustaining of the disciples, their unity with one another and their mission in the world. John’s Jesus desires to share his closeness with the Father with his disciples.35 Does this have historically reliable corroboration in the synoptic tradition? In order to address this question, I will set aside Matthew 11:27 and Luke 10:22, which share similar problems with regard to historicity to those of the Johannine material. Rather, I will turn to a theme that is widely accepted as historically reliable, namely Jesus’ use of “Abba” (Mark 14:36). The evidence indicates that Jesus used this form – both reverent and intimate – to address God, and that this Aramaic word was retained in the worship of 30  D.A. Carson, The Gospel According to John (Grand Rapids, MI: Eerdmans, 1991), 394. 31  Carson, The Gospel According to John, 395. 32  U.C. Von Wahlde, The Gospel and Letters of John, Vol. 2 (Grand Rapids, MI: Eerdmans, 2010), 473. 33  Keener, The Gospel of John, 2.826. He emphasizes that Jesus is God’s agent. 34  These are in a sense pre-supposed. “Jesus’ oneness with the Father is more than a relation arising from common responsibilities and interests. It is rather a pre-existent identification which transcends time and which is prior to the effects which it causes.” M.L Appold, The Oneness Motif in the Fourth Gospel (WUNT 2.1; Tübingen: Mohr Siebeck, 1976) 282. 35  One could also draw in John 14:8–12, which speaks of the “oneness” of the Father and the Son as a “oneness” that the disciples can participate in.

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Greek-speaking churches, implying that it was a particular, established and precious practice. It is remembered as a word particularly associated with Jesus: to say abba is to share in a common sonship and a common inheritance with Jesus (Rom 8:16–17, Gal 4:6–7; cf. 8:29). This must mean that the word was recalled as a word particularly and peculiarly associated with Jesus’ own sonship to God … . Were it a common prayer idiom of (some) Jews at the time of Jesus … it would not have had this significance of linking the one who said abba so distinctively and directly with the sonship of Jesus.36

This is not to claim that it was only used by Jesus and the early church,37 but that it is historically legitimate to claim that Jesus experienced an intimacy with God that was also understood by his followers as an intimacy open to them.38 The language of being “one”, ἕν, is Johannine,39 but the experience of claiming intimacy as a child of God has synoptic and early church parallels.40 It is therefore legitimate to claim that the oneness motif of John 17:20– 22 has Jesuanic resonance.

The theme of the unity of Jesus’ followers and the legitimacy of his proclamation In a recent study, Alan J. Thompson has argued that ancient praise for a king or ruler frequently highlighted the unity of the people under that ruler’s reign.41 Drawing on a range of Graeco-Roman, Hellenistic Jewish and biblical material, Thompson examines how harmony and unity among people are linked with a concept of the ideal ruler, particularly in the Roman empire; 36  Dunn, “Prayer”, 619. 37  Theissen/Merz cite the rabbinic tradition of Hanan he-Nehba’s use of this address in prayer (Historical Jesus, 526–7). 38 �����������������������������������������������������������������������������������  ���������������������������������������������������������������������������������� Given that the Johannine oneness language is inclusive of the disciples, it is unlikely that there is a direct allusion to the Shema being made in chapters 10 and 17 of John. Keener considers this possible (The Gospel of John, 2.826). See however B. Gerhardsson, The Shema in the New Testament (Lund: Novapress, 1996) 315. 39  “The confession that Jesus and the Father are one is John’s christological abbreviation. It is the premise from which his whole Gospel is conceived” (Appold, Oneness Motif, 280). Of course it is not really accurate to say that the language is (simply) Johannine; the language of oneness “runs like a thread through the various philosophical systems from the Ionians and Eleatics through Plato, Aristotle, and the Stoa, down to the neo-Pythagoreans and the neo-Platonists” (Appold, Oneness Motif, 163). 40  With regard to the argument of John 10:34–36, Keener states that “it could derive from the historical Jesus, his Jewish followers or John himself, but not from Gentile Christian circles.” Keener, The Gospel of John, 2.827–8. 41  A.J. Thompson, One Lord, One People: The Unity of the Church in Acts in its Literary Setting (London: T & T Clark, 2008).

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descriptions of unity under a king’s reign frequently characterise favourable accounts of that king’s reign and link unity under one ruler with victory.42 Thompson’s interest is in the parallels with the theme of unity in Acts, but these themes are of significance to understanding John 17:20–21 as well, as the unity of the disciples and the success of the proclamation are linked. Two passages are of particular interest to our discussion of these verses. The first is a passage in Josephus’ Antiquities, 4.200–201: Let there be then one city of the land of Canaan, and this located in the most agreeable place for its goodness, and very eminent in itself, and let it be that which God shall choose for himself by prophetic revelation. Let there also be one temple therein, and one altar, not reared of hewn stones, but of such as you gather together at random; which stones, when they are whited over with mortar, will have a handsome appearance, and be beautiful to the sight.

200

Let the ascent to it be not by steps, but by an incline of raised earth. And let there be neither an altar nor a temple in any other city; for God is but one, and the nation of the Hebrews is but one. (italics mine)

201

Here Josephus renders Exod 20:23–26 (with Deut 12:5) for a largely Gentile audience. “The parallel between the single Temple and the unique race of the Hebrews is Josephus’ addition.”43 Emphasizing the one temple and the one altar as symbolic of the one God, he then derives the unity of the nation from this; discord and disunity among the people not only endangers the temple and the altar, but draws the one God into disrepute, as Josephus himself experienced first-hand.44 Without claiming that the evangelist knew these writings directly, we can propose that the linking in John 17:20–21 of the unity of Jesus and the Father both with the unity of the disciples and with the success of their mission is a comparable motif. Rather than being a unique claim, this suggests that it fits well into a first century context.45 A second text that is relevant to the Johannine conception of unity is the theme of unity in Ezekiel, particularly Ezek 37:21–28, where the term ‫ ֶאָחד‬is used frequently.46 This passage links the oneness of the nation with the one 42  Thompson, One Lord, One People, 38. 43  L. Feldman, Judean Antiquities 1–4 in S. Mason (ed.), Flavius Josephus: Translation and Commentary, Vol.3, (Leiden: Brill, 2000) 400. 44  See Thompson’s discussion of these themes in, One Lord, One People, 125–34. 45  This is not to claim that it fulfils the criteria of plausibility of influence or plausibility of contact (Theissen, The New Testament: History, Literature, Religion, 17), but it does suggest that this motif would have been readily understood by the Johannine auditors. 46  In the preceding verses 16–19, it is used seven times, then twice in v.22 and once in v.24. Note also the Johannine resonance of this passage in the following verses: 24 My servant David shall be king over them; and they shall all have one shepherd… 27 My dwelling place shall be with them; and I will be their God, and they shall be my people… 28 Then the nations shall know that I the Lord sanctify Israel, when my sanctuary is among them forevermore (Ezek 37:24–28, italics mine).

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king; this close relationship also enables the nations to recognise that it is the Lord who is at work through his one shepherd. The passage also resonates with the “one flock, one shepherd” of John 10:16. John picks up on the hopes expressed in Ezekiel and elsewhere that God will gather the people to him and join the people together: this reunification and regathering can only be brought about by God.47 While this eschatological hope does not necessarily lead us unequivocally to the historical Jesus, we can at least detect a resonance with the synoptic portrayal of Jesus’ mission to the “lost sheep of the house of Israel” (Matt 10:6). We have examined John 17:20–21 under three headings: Jesus’ practice of prayer; the use and nature of the term “one”; the theme of unity of Jesus’ followers and the legitimacy of his proclamation. In each case, we have found that while Johannine themes and concerns are explicit, resonance with the historical Jesus is not as far-fetched as it is generally held to be by critical scholarship. We have examined John 17:20–21 carefully and critically for resonance with the historical Jesus’ actual concerns and actions – what I have been calling Jesuanic resonance – and conclude that the 20th century impulse to take them as an inspiration to unity has not been misguided. I now turn to one significant instance of this, namely the Church of South India.

John 17 and the Church of South India: a contemporaryWirkungsgeschichte48 On September 27th 1947 the Church of South India (CSI) was inaugurated. It was a union of episcopal and non-episcopal churches49 and was understood as their response to the call of John 17:21 – what J.E.L. Newbigin called “the great adventure in obedience”.50 47  Thompson, One Lord, One People, 37. 48  I acknowledge with thanks the research done for this section by my husband, Peter Balabanski. I also gratefully acknowledge the Right Rev. Dr. V. Devasahayam and the Madras Diocese of the CSI for the invitation to us both to work there during Lent 2012, giving us the opportunity to experience firsthand the current ministry and mission of the CSI. 49  The Madras, Travancore and Cochin, Tinnevelly, and Dornakal Dioceses of the Church of India, Burma and Ceylon; the Madras, Madura, Malabar, Jaffna, Kannada, Telugu and Travancore Church Councils of the South India United Church; the Methodist Church in South India, comprising the Madras, Trichinopoly, Hyderabad and Mysore Districts (Order of Service for the Inauguration of the CSI, [United Society for Christian Literature, London: Lutterworth, 1948] 4). Despite daunting opposition from Anglican and Congregational forces within and outside India, these episcopal and non-episcopal churches united in a way not seen before or since, unconditionally recognising each other’s orders of ministry. 50  J.E.L. Newbigin, A South India Diary (London: SCM Press 1951) 22.

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The idea of the union of churches in South India was championed by early 20th century missionaries who found themselves working in the one mission field, but in a state of competition with each other.51 The different denominational missions found converts in different castes, so that the tiny Christian churches were divided both along denominational and caste lines,52 further obscuring the church as a reconciled and reconciling body. In 1919, the historical and political context made a fresh reading of biblical passages concerning unity not only possible but imperative. Mahatma Gandhi had inspired a unity between Hindus and Muslims which stood as a challenge to Christians divided by western denominationalism. The war to end all wars was over; there was a League of Nations in the making.53 In this context, a group of Indian pastors and two of their European friends met in a mission station called Tranquebar on May 1–2, 1919. The leading theme for all discussions was the text about the unity of the church, John 17:21. The conference resulted in the Tranquebar Manifesto.54 Over the next 28 years, this document would evolve into what ultimately became the Basis of Union of the Church of South India. The Basis of Union opens by invoking John 17:21 as Christ’s prayer for the unity of his Church. It claims this prayer as a mandate for union and as naming what is the essential purpose and nature of Church. It describes this unity for which Christ prayed as enabled through the Holy Spirit and therefore “fundamentally a reality of the spiritual realm”55 – a reality that the CSI does not claim to create, but to have discovered through repentance; turning from disunity to oneness. This raises the issue of relationship between spiritual unity and organic unity. Most interpreters focus on the former, but for the drafters of the Scheme, the one requires the other: “this unity of the Spirit must find expression in the faith and order of the Church in its worship, in its organization and in its whole life, so that, as the Body of Christ, it may be a fit instrument for carrying out His gracious purposes in the world.”56 51  One Congregationalist missionary, G.E. Phillips, described their experience: “I have lived in a station where the Christian Church was represented by a feeble handful despised by the great mass of surrounding Hindus in a sacred city of Saivism, and that feeble handful broken into three portions, Lutheran, Anglican and South India United Church, over the communion question. You can scarcely imagine how insane seem our ecclesiastical divisions in those circumstances”. B. Sundkler, Church of South India: the movement towards Union 1900–1947 (London, Lutterworth Press 1954) 28. 52  Newbigin, A South India Diary, 49–50. 53  “The established order of things was going and gone. No established order had any right to exist. Was that not also true of the Church?” (Sundkler, Church of South India, 88). 54  Sundkler, Church of South India, 99–103. 55  Scheme of union: including the basis of union as adopted by the uniting churches, the constitution of the Church of South India, and other documents (Madras: Christian Literature Society for India, 71949) 1. 56  Scheme of union, 1.

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The connection between spiritual and organic union profoundly shaped the CSI’s service of inauguration in 1947. Early in the service, John 17 was read by a member of the laity, replacing the usual recitation of the commandments. It thus became the new context for the prayers of confession. The last of the five confessions in that litany was explicit: “We acknowledge, O Lord, our share in the sin and shame of divisions in Thy holy Church.”57 These prayers of confession were followed not by a declaration of forgiveness, but by a prayer for God’s absolution, and then a decisive act of obedient repentance.58 This was followed by further prayer inspired by a Johannine text: “Hasten the time, O God, when throughout the world there shall be one flock, one Shepherd…” When the congregation stood, the president, again using words from John 17, declared the inauguration of the Church of South India.59 The motto of the CSI, That they all may be one, is drawn from John 17:21. It is understood as the prayer of our Lord Jesus Christ who prayed not only for the Church but also for the whole world. This universality is expressed by placing these words on its logo in a form of a circle.60 This understanding has been there from the beginning: the inauguration of the CSI was a beginning.61 One participant went so far as to call the service of inauguration “The most important event in church history since Pentecost!”62 The CSI has seen sustained growth, and is now nearly four times the size it was in September 194763 – ironically, about the same amount by which some of its overseas parent churches who opposed its organic union have shrunk in the same time. I have argued that a plausible case can be made that John 17:20–21 has Jesuanic resonance and refracts certain aspects of the historical Jesus’ actual concerns and actions. What the account of the CSI union shows is that these 57  Order of service, 2. 58  The 4,000 congregants knelt while the assents of the uniting churches were laid on the altar. Order of service 3. 59  “Dearly beloved brethren, in obedience to the Lord Jesus Christ, the Head of the Church, Who on the night of His Passion prayed that His disciples might be one; and by au­ thor­ity of the governing bodies of the uniting Churches, whose resolutions have been read in your hearing and laid in prayer before Almighty God; I do hereby declare that these three Churches … are become one CHURCH OF SOUTH INDIA” (italics mine). Order of service, 4. 60  http://csisynod.com/csi-synod-logo.php 61  Newbigin’s private prayer as the service concluded was “and above all keeping before every Christian mind the purpose of our union – ‘that the world may believe’” (South India Diary, 26). 62  M. Hollis, The Significance of South India (London, Lutterworth Press, 1966) 15. 63  K.M. George, Church of South India: Life in Union (1947–1997) (Delhi, ISPCK/ CSS 1999) 5, says, “In the united Church there were some 1,010,000 members …” The website of the CSI, http://csisynod.com numbers the present Church at 4,000,000 people, and 15,000 congregations.

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verses have served as an inspiration to unity, when historical and political circumstances have emboldened Christians to make them their own. Where the Church consciously acts on these words as the Body of Christ, prompted by the Spirit, it makes these words the words of Christ.

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Jesus als Lehrer der Gerechtigkeit Überlegungen zu Gestaltungen des Galiläers in der diakonischen, sozialen und pädagogischen Hochschullehre

Wechselt man von einer altehrwürdigen Universität an eine anwendungsorientierte Hochschule neueren Ursprungs, ist es manchmal so, als beträte man eine andere Welt. Das Ziel des vorliegenden Artikels ist, diese andere Welt unter dem Fokus biblisch-neutestamentlicher Lehre, in deren Zentrum Jesus von Nazaret steht, schrittweise zu erkunden und zu reflektieren. Dabei zeigt sich, dass Jesus Selektionsdruck verweigert und als Lehrer der Gerechtigkeit in Wort und Tat einen unersetzlichen Beitrag zur Lehre an anwendungsorientierten Hochschulen leistet.

Abseits der traditionellen, mehr oder weniger klassisch neutestamentlich ausgerichteten Lehrstühle an Universitäten und Kirchlichen Hochschulen gibt es eine Reihe von dauerhaft eingerichteten Hochschulprofessuren, die in gewisser Hinsicht ein Nischendasein gegenüber denjenigen an Universitäten1 und Kirchlichen Hochschulen führen, obgleich sie Neues Testament lehren und selbständig zu neutestamentlichen Forschungen beitragen. Aufgrund ihrer Anzahl, erst recht aber aufgrund ihrer spezifischen Bedingungen verdienten Aufgaben und Möglichkeiten dieser Stellen eine gesonderte Betrachtung. Zwar kann eine solche hier nicht in wünschenswertem Umfang geleistet werden; sie einfach zu übergehen, wäre jedoch fatal. Denn spezifische Bedingungen sind Faktoren, deren Konsequenzen für Forschung und Lehre zu begreifen und zu reflektieren sind. Für den Bereich der Lehre sind sie zwangsläufig unmittelbar wirksam. Weniger wirksam sind sie hingegen im Bereich der Forschung, insofern dieser eher durch Interessen, Methoden und Prägungen von Stelleninhabern – konkreten Personen – geprägt ist als durch Anforderungen und Bedingungen einer konkreten Stelle oder durch ein bestimmtes Hochschulprofil. Daher sollen hier nur für den Bereich der Lehre einige Konsequenzen der spezifischen Bedingungen im Blick auf Jesus von Nazaret angedacht werden. Konkret gefragt: Welche Gestaltung bzw. welche Gestaltungen Jesu dürften in der diakonischen, sozialen und pädagogischen Hochschullehre – sozusagen abseits von Universitäten – besonders interessant und relevant sein? 1 �������������������������������������������������������������������������������  Für eine neuere Standortbestimmung neutestamentlicher Wissenschaft an staatlichen Universitäten s. Alkier, Skizzen.

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Um sich dieser bislang kaum einmal gestellten Frage zu nähern, werden zunächst einige (1) spezifische Bedingungen in der diakonischen, sozialen und pädagogischen Hochschullehre außerhalb von Universitäten skizziert. Anschließend werden daraus erwachsende (2) Konsequenzen für den biblischen Lehrbedarf in der diakonischen, sozialen und pädagogischen Hochschullehre durchdacht. Erst auf dieser Grundlage wird nach (3) Gestaltungen Jesu im Rahmen einer theologischen Lehre gefragt. Eine (4) Zusammenfassung beschließt die als vorläufig zu betrachtenden Überlegungen.

1. Spezifische Bedingungen in der diakonischen, sozialen und pädagogischen Hochschullehre Da wir uns gegenwärtig in einer regelrechten Gründungswelle von Hochschulen eines neueren Typs befinden, wird zunächst (1) die Entwicklung dieses neuen Typs in den vergangenen Jahrzehnten rekapituliert. Im Anschluss daran werden grundlegende (2) Konsequenzen einer anwendungsorientierten Ausrichtung des Studiums im Blick auf die Lehre der Theologie und (3) im Blick auf entsprechende Hochschulprofessuren benannt (Letzteres dient auch der eigenen Berufsrollenklarheit). Ein kurzes (4) Fazit beschließt diesen Teil.

1.1 Gründungswelle von Hochschulen seit den 1960er Jahren und die Entstehung eines neuen Hochschultyps in den vergangenen fünfzig Jahren In den vergangenen fünfzig Jahren erlebte Europa mehr Gründungen von Hochschulen und Universitäten als in knapp 800 Jahren zuvor. In Deutschland, dessen älteste Universität vor kurzem ihr 625-jähriges Bestehen feierte,2 entstanden aus staatlichen oder kirchlichen Seminaren zur Ausbildung von Lehrern, Sozialarbeitern oder Diakonen vielerorts in den vergangenen fünfzig Jahren wissenschaftliche Hochschulen. Beispielhaft und geradezu typisch ist der Werdegang der Pädagogischen Hochschule Heidelberg: 1904 als „Vorseminar“ gegründet und bis 1909 zum „Lehrerseminar“ mit einem neu gebauten Seminargebäude ausgestattet, wurde dieses 1928 in „Lehrerbildungsanstalt“ (LBA) umbenannt. Nach Wirren in der NS-, Kriegsund Nachkriegszeit erfolgten weitere einschneidende Änderungen mit Umbenennungen 1952 in „Pädagogisches Institut“ und 1962 in „Pädagogische 2

 Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg, gegründet 1386.

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Hochschule“. Seit 1971 wird sie als „wissenschaftliche Hochschule“ geführt.3 Die Entwicklungen in den übrigen Pädagogischen Hochschulen des entsprechenden Bundeslandes (heute befinden sich jeweils drei in Baden und in Württemberg4) verliefen ähnlich. Außerhalb von Baden-Württemberg gibt es Pädagogische Hochschulen in Österreich und in der Schweiz.5 Wissenschaftliche Hochschulen dieses Typs tragen im Englischen die Bezeichnung „University“ (University of Education,6 University of Applied Studies oder dergleichen). Insofern sie im Deutschen jedoch „Universität“ nicht immer im Titel führen, sind sie in der öffentlichen Wahrnehmung weniger präsent. Gleichwohl befinden sich an ihnen zahlreiche Studiengänge und Stellen – in Baden-Württemberg beispielsweise über ein Drittel aller Professuren für Theologie.7 Gegenwärtig werden diese tendenziell vermehrt durch eine weitere Welle von Hochschulgründungen (oder staatlichen Anerkennungen als Hochschule), die meist durch den Ausbau von Vorgängereinrichtungen in der Trägerschaft von Freikirchen, freikirchlichen Vereinigungen, Werken oder auch eines Vereins zustande kommen. Aktuelle Beispiel sind – um nur drei zu nennen – die CVJM-Hochschule Kassel (2009), die Internationale Hochschule Liebenzell (2011) oder die Fachhochschule für Interkulturelle Theologie in Hermannsburg (2012).8 Ihnen allen ist gemeinsam, dass praxisorientiert im Hinblick auf bestimmte Arbeitsgebiete studiert wird. Der Vermehrung von Hochschulprofessuren durch die aktuelle Welle von Hochschulgründungen steht eine zwar behutsame, aber wahrnehmbare Verringerung von theologischen Universitätsprofessuren in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten gegenüber, die einem Rückgang der Studierenden3  Vgl. Kollnig, Lehrerbildung, 11f.17f.21.23.41. 4 ����������������������������������������������������������������������������  Das „Gesetz über die Ausbildung der Volksschullehrer“ vom 16. Juli 1958 bestimmte insgesamt neun Pädagogische Hochschulen, s. ebd., 23. Vier waren zunächst konfessionell gebunden (katholisch: Freiburg, Schwäbisch Gmünd, Weingarten; evangelisch: Heidelberg) und fünf simultan ausgerichtet (Esslingen, Karlsruhe, Lörrach, Reutlingen, Stuttgart). 1966 erfolgte ein Umzug von Stuttgart nach Ludwigsburg. Aufgelöst wurden in den 80er Jahren die Pädagogischen Hochschulen in Esslingen, Lörrach und Reutlingen (hier verblieb Sonderpädagogik als Außenstelle von Ludwigsburg). 5 ��������������������������������������������������������������������������������  In den übrigen deutschen Bundesländern wurden die PHs sukzessive in bereits bestehende Universitäten oder in Gesamthochschulen eingegliedert. In Einzelfällen erfolgte auch eine Neugründung, so z.B. die Universität Koblenz-Landau (1990), in die die früheren PHStandorte Koblenz, Landau in der Pfalz, Mainz und Worms eingingen. 6  Die französische Bezeichnung lautet hingegen École Supérieure de Pédagogie bzw. Haute École de Pédagogique (italienisch Alta Scuola Pedagogica), so in der Schweiz. 7  Den beiden Evangelisch-Theologischen Fakultäten (Heidelberg, Tübingen) stehen sechs Pädagogische Hochschulen und zwei Evangelische Hochschulen (Freiburg, Ludwigsburg) gegenüber. 8  S. aber auch die Hochschulgründungen in Reutlingen (2005), Bielefeld (Diakonie, 2006), Gießen (2008), Marburg (Tabor, 2009), Ewersbach (2011) oder Friedensau (bereits 1990, kurz vor dem Ende der DDR).

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zahlen geschuldet ist. Dies bedeutet (und zwar unabhängig von den Auswirkungen des Bologna-Prozesses auf Universitätsstudiengänge, die in dieselbe Richtung weisen9), dass aufs Ganze gesehen der Anwendungsbezug des Studiums in den vergangenen fünfzig Jahren wesentlich verstärkt wurde.10 Fast alle seit den 1960er Jahren gegründeten Hochschulen sind der Sache nach (nicht immer dem Begriff nach) Fachhochschulen (FH) bzw. Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW). Welche Konsequenzen für die akademische theologische Lehre bringt dies mit sich?

1.2 Anwendungsorientierte Ausrichtung und ihre Konsequenz für die Lehre der Theologie Die genannten Hochschulen – Pädagogische Hochschulen, Evangelische Hochschulen (Fachhochschulen) und freikirchliche oder missionarisch orientierte Hochschulen – verbindet, dass sie kein primär grundlagenorientiertes Studium anbieten, sondern ein in hohem Maß anwendungsorientiertes. Dies hat mehrere Konsequenzen.11 Drei davon seien genannt: (1) Es bedeutet zunächst, dass von den Studierenden nicht allein Theologie mit ihren Fragestellungen und Disziplinen wie beim traditionellen Theologiestudium, sondern mindestens eine, oft aber mehrere weitere Fachorientierungen aufzunehmen sind. So ist beispielsweise beim Studium der Religionspädagogik mindestens ebenso sehr „Pädagogik“ leitend wie „Religion“ bzw. Theologie. Mehr noch: „Pädagogik“ ist das Grundwort (oder Determinatum, Basiswort, head) des Determinativkompositums, während „Religion“ (nur) das Bestimmungswort (Determinans, modifier) darstellt. Neben Religion und Pädagogik gehören aber auch psychologische, soziologische, ästhetische oder juristische Anteile notwendig zu einem entsprechenden Studium; sie werden jeweils von entsprechenden Fachvertreterinnen bzw. -vertretern gelehrt. (2) Ein anwendungsorientiertes Studium führt sodann einen hohen Anteil an Praxisorientierung bereits im Studium mit sich, der über das obligatorische Praxissemester vor, in oder kurz nach 9 �������������������������������������������������������������������������������  Stichworte (zugleich Reizworte) dafür sind Studienzeitverkürzung, Modularisierung, Bürokratisierung, Verschulung, Ausbildung statt Bildung, vgl. Kritik und Klage bei Reiser, Bologna, passim. Aus Protest gab Marius Reiser seinen neutestamentlichen Lehrstuhl in Mainz zum 01.04.2009 auf, s. ders., Lehrstuhl. 10  Nach Reiser, Ende, 186, „liegt das liberale, humanistisch bildungsorientierte Modell mindestens seit dem 18. Jahrhundert im Streit mit einem utilitaristisch-ausbildungsorientierten Modell akademischer Bildung“. 11  Für den gemeinsamen Bereich zwischen Theologie und Sozialer Arbeit s. Rektorenkonferenz Kirchlicher Fachhochschulen, Entdeckungen; Krockauer/Bohlen/Lehner, Theologie.

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der Mitte des Studiums hinausgeht.12 Schätzungsweise ein gutes Drittel der Studienleistungen (gemessen in der Währung Credit Points, CP) wird praxisorientiert erbracht. Durch all dies wird das theologische Studium wesentlich stärker als im Theologiestudium auf einen exemplarischen Charakter hin konzentriert. (3) Im engeren Bereich der Bibelauslegung schließlich wird von den Studierenden in der Regel kein quellensprachliches Studium der biblischen Schriften verlangt. Mehr noch: Es werden überhaupt keine „alten Sprachen“ erlernt oder vorausgesetzt. Damit ist ein weiterer grundlegender Unterschied zu einem Studium an Universitäten oder Kirchlichen Hochschulen benannt. Eine anwendungsorientierte Ausrichtung des Studiums hat daher unter fachwissenschaftlichen Gesichtspunkten ihren Preis. Denn ultra posse nemo tenetur. Aus fachtheologischer Perspektive bedeutet dies: Die an Fachhochschulen (FH), Pädagogischen Hochschulen (PH) oder Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) erworbene theologische Bildung ist grosso modo weniger breit und weniger tief als im klassischen Theologiestudium; aber sie ist in hohem Maß mit der (künftigen) Arbeits- und Berufswelt der Studierenden verzahnt. Sie führt während des gesamten Studiums anwendungs- und berufsorientiert an pädagogische, gesellschaftliche, kirchliche, soziale und diakonische Handlungsfelder heran. Das überkommene Berufsbild eines Hochschullehrers wurde dadurch grundlegend und nachhaltig verändert und erweitert. Alle genannten Charakteristika verdichten sich wie in einem Brennglas in der strukturellen Ausgestaltung entsprechender Hochschulprofessuren.

1.3 Weitungen im Berufsbild der Hochschulprofessur Durch die verstärkte Anwendungsorientierung und die durchgängige Verzahnung mit der Praxis ist ein neuer Typ von theologischen Hochschulprofessuren entstanden (nennen wir ihn hier Typ 2), der in wesentlichen Punkten von dem eines traditionellen Hochschullehrers an Universitäten oder Kirchlichen Hochschulen abweicht (Typ 113). Drei wesentliche Unterschiede seien wiederum genannt: (1) In der Regel gehört eine mindestens dreijährige Berufserfahrung außerhalb von Hochschulen bereits zu den Bewerbungsvoraussetzungen für Stellen des Typs 2. Dadurch wird nicht nur ein laufbahnlastiges und allzu zielstrebiges „Durchstarten“ vermieden. Vielmehr geht damit (zumindest bei Erstberufungen) auch ein höheres Lebensalter, 12  Boschki, Religionspädagogik, 14, spricht von einer „Pendelbewegung zwischen Theorie und Praxis“ und einem „Theorie-Praxis-Zirkel“. 13  Grundlegend dazu ist nach wie vor Weber, Wissenschaft.

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verbunden mit einem Mehr an Welt- und Lebenserfahrung, einher, was der Ausübung des Lehramts an Hochschulen zuträglich ist. (2) Sodann werden in der Regel Qualifikationen auf mehreren theologischen Feldern gefordert. Eine Beschränkung auf das Fach Neues Testament oder sogar auf die beiden biblischen Fächer ist in der Regel nicht möglich. Denn in den meisten Fällen sind beispielsweise auch praktisch-theologische und (oder) systematischtheologische Felder in der Lehre ganz oder teilweise mit zu vertreten.14 Der Bezug auf mehrere theologische Lehrgebiete ist in der Regel bereits im Namen der Professur erkennbar; davon sind teilweise auch universitäre Professuren betroffen.15 (3) Die geforderte Interdisziplinarität überschreitet mitunter nicht nur Fachgrenzen innerhalb der Theologie, sondern die Grenzen der Theologie. Dadurch werden verschiedene Disziplinen in einer Person auf ein und derselben Stelle miteinander verbunden, was eine deutliche Erweiterung gegenüber der an staatlichen Universitäten und Kirchlichen Hochschulen gepflegten Form der Interdisziplinarität darstellt. Häufig, aber nicht immer findet eine fächerverbindende Interdisziplinarität im Namen der betreffenden Professur ihren Niederschlag.16 Diese Weitungen im Berufsbild sind nur dadurch in der Lehre realisierbar, dass das Lehrdeputat der anwendungsorientierten Hochschulprofessuren (Typ 2) grundsätzlich weit über demjenigen des traditionellen universitären Typs liegt (Typ 1). Bei bis zu 18 Semesterwochenstunden ist Typ 2 regelmäßig doppelt so lange wie Typ 1 in Seminaren, Vorlesungen und Übungen, was (zumal im modularisierten Studienaufbau) einen entsprechend erhöhten Prüfungs- und Korrekturaufwand nach sich zieht. All dies weist auf einen insgesamt sehr breiten Fächer struktureller und inhaltlicher Anforderungen hin, der sich je nach Hochschule und Stelle so weit differenziert, dass kaum zwei Professuren denselben Zuschnitt und dasselbe Profil haben.

14  Dass in einigen Studiengängen kaum oder keine eigenen, nicht anderweitig kontextualisierten Veranstaltungen für das Fach Kirchengeschichte vorgesehen sind, stellt ein eigenes Problem dar, das hier nur angezeigt, aber nicht erörtert werden kann. Hier drohen sowohl Geschichtsvergessenheit als auch mangelndes theologisches Problembewusstsein. 15  Z.B. solche außerhalb von Theologischen Fakultäten, so etwa der „Lehrstuhl für evangelische Theologie und ihre Didaktik“ an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Hohenheim. 16  Beispiele sind „Theologie und Ethik in der Sozialen Arbeit/Diakoniewissenschaft“ oder „Biblische Theologie/Gemeindediakonie“, beide an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg.

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1.4 Fazit Die seit einem halben Jahrhundert entstandenen – und derzeit vermehrt gegründeten – Hochschulen des anwendungsorientierten Typs brachten eine Reihe von neuen Möglichkeiten und Gestaltungsaufgaben mit sich. Entsprechende Studiengänge, Studienpläne und Stellen sind in hohem Maß anwendungs- und praxisorientiert ausgerichtet. Der dadurch neu entstandene Hochschullehrer-Typ (Typ 2; im Unterschied zum universitären Typ 1) ist durch Praxisbezug, generalistische Anforderungen innerhalb des eigenen Faches und stark erweiterte Formen der Interdisziplinarität gekennzeichnet.17 Aus dem bisher Genannten ist leicht ablesbar: Je nach Aufgabe, Profil und Arbeitsgebiet der entsprechenden Hochschule und je nach Konzeption und Ausrichtung eines Studiengangs sind die verwendeten „Gestaltungen Jesu“ sehr verschieden – sowohl hinsichtlich der Stoffauswahl als auch hinsichtlich seiner Erarbeitung oder Präsentation. Folgerichtig gelten darum die nächsten Überlegungen dem Lehrbedarf.

2. Konsequenzen für den biblischen Lehrbedarf in der diakonischen, sozialen und pädagogischen Hochschullehre Die Voraussetzung, dass die Lehre in hohem Maß anwendungs- und praxisorientiert ausgerichtet sein soll, wirkt sich maßgeblich auf die Auswahl biblischer Traditionen aus, die insbesondere zu lehren sind. Ehe vorschnell eine Auswahl aus den biblischen (alt- oder neutestamentlichen) Überlieferungen getroffen wird, ist (1) Rechenschaft über die formalen Konstitutionsbedingungen ihrer Auswahl abzulegen. Anschließend ist zu fragen, (2) was Anwendungsorientierung als Hauptkriterium der Stoffauswahl inhaltlich in den genannten Arbeitsfeldern bedeutet, ehe mit einem (3) Blick auf Studiengänge und Studienzwänge die Möglichkeiten des modularisierten Systems einer realitätsnahen Einschätzung unterworfen werden. Ein (4) Fazit fasst wiederum die wichtigsten Ergebnisse stichwortartig zusammen.

17  Außerdem (wie im tertiären Bildungsbereich vielfach) durch eine aufgrund der Chancenvielfalt letzten Endes chronische Überlastung, die auch Risiken birgt.

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2.1 Eine traditionelle und eine anwendungsorientierte Matrix zur Stoffauswahl biblischer Überlieferungsbestände Die Auseinandersetzung mit biblischen Lehrinhalten in einem Theologiestudium kann stark vereinfacht folgendermaßen skizziert werden:

Das Studium erfolgt hier im Trialog zwischen biblischen Überlieferungsbeständen, ihrer wissenschaftlichen Erschließung und der eigenen Person. Alle drei Bezeichnungen sind erläuterungsbedürftig: (1) Die biblischen Überlieferungsbestände sind zumindest nach dem „hermeneutischen Viereck“ zu differenzieren in „Autoren und ihre Welten“, „Texte und ihre Welten“ und „Sachen und ihre Welten“.18 (2) Die wissenschaftliche Erschließung biblischer Überlieferungsbestände ist sowohl gegenwartsorientiert (gewissermaßen horizontal oder synchron) im Sinn eines State of the Art literarischer, historischer, theologischer etc. Erforschung als auch vergangenheitsorientiert (gewissermaßen vertikal oder diachron) im Sinn einer Auslegungs-, Rezeptions- und Wirkungsgeschichte der Überlieferungsbestände zu interpretieren. (3) Die selbständige Aneignung durch Personen schließlich ist in mehrfacher Hinsicht zu entfalten. Drei seien exemplarisch genannt: durch Studierende und Hochschullehrer; durch Auslegung, Gesamtinterpretation und persönliche Aneignung (Spiritualität); hinsichtlich der Aspekte „Mythos“, „Ethos“ und „Ritus“.19 Oder kurz: Das jeweilige Subjekt der Aneignung, sei es die studierende, sei es die das Studium anleitende Person, tritt mit Primärtexten und zugehöriger Sekundärliteratur in einen Trialog. Dieses den traditionellen Aneignungsprozess im Theologiestudium abbildende Schema (Typ 1) ist durch eine die Anwendungsorientierung integrierende zweite Matrix zu kontrastieren (Typ 2): 18  S. Oeming, Hermeneutik, 5f. 19  Vgl. Theissen, Religion, 21–24.29f.39–42, ausführlich ebd., 45–222; ferner ders., Erleben, 251–494; weitere mögliche Entfaltungsdimensionen bietet etwa Korsch, Dogmatik, IX–XVI (sechs Grunddimensionen).

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Im Rahmen dieser zweiten Matrix ist für ein vertieftes Studium nur lohnend, was auf dem Boden der Anwendungsorientierung steht: was sich vor dem Forum eines bestimmten Arbeitsfeldes als zielführend erwiesen hat. Die stärkste und insofern primäre Bindung innerhalb dieses zweiten Schemas besteht hier faktisch und konzeptionell zwischen den Personen und dem jeweils angestrebten Beruf bzw. Arbeitsfeld. Zwar scheint es auf den ersten Blick, als würde der bisherige Trialog nur erweitert zu einem Vierergespräch (Tetralog). Tatsächlich liegt jedoch ein Gespräch oder Diskurs (Polylog) unter Ungleichen vor. Denn die Hauptachse wird nun durch das Verhältnis von (1) berufs- und arbeitsfeldbezogener Anwendungsorientierung und (2) aneignenden Personen gebildet. Im Blick auf die Bibelauslegung (biblische Überlieferungsbestände) sollte dieselbe Matrix darum ehrlicherweise und genauer folgendermaßen dargestellt werden (Typ 2):

Gegenüber der Darstellung von Typ 1 haben die biblischen Überlieferungsbestände ihren grundlegenden Ort auf der Horizontalen (im Schaubild die Hypotenuse) verloren und sind ersetzt durch die Orientierung auf einen bestimmten Beruf innerhalb eines bestimmten Arbeitsfeldes (Typ 2). Die Bezeichnungen der jeweils entsprechenden Studiengänge bilden dies präzise ab: Sie heißen für Typ 1 evangelische bzw. katholische „Theologie“, für Typ 2 aber „diakonisch-soziale Arbeit“, „Diakoniewissenschaft“, „Religionspädagogik“, „Gemeindepädagogik“, „Frühkindliche Bildung und Erziehung“ (Pädagogik der frühen Kindheit) oder ähnlich.

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Bei Typ 2 bilden Theologie und Bibelauslegung nur eine von mehreren Fachperspektiven, die inter pares20 um eine primäre Anwendungsorientierung herum gruppiert sind. Für die bibelwissenschaftliche Lehre im diakonischen, sozialen oder pädagogischen Studium bedeutet dies: Die Anwendungsorientierung wird zum Hauptkriterium für die Auswahl des biblisch-theologischen Stoffes.

2.2 Anwendungsorientierung als Hauptkriterium der Stoffauswahl und die Suche nach einer gemeinsamen inhaltlichen Beschreibung der verschiedenen Anwendungsorientierungen Dass die Anwendungsorientierung zum Hauptkriterium für die Auswahl des biblisch-theologischen Stoffes wird, kann in gewissem Sinn als narzisstische Kränkung erfahren werden; zugleich – und viel mehr – ist es in jedem Fall aber eine Gestaltungsaufgabe. Um sie angemessen zu entwickeln, ist die sowohl für die Konzeption von Studiengängen als auch für die Motivation von Studierenden vor und während ihres Studiums entscheidende Anwendungsorientierung als zentrale Kategorie in den Blick zu nehmen.21 Als Leitfrage ergibt sich dann: Welche biblischen (genauer: auf Jesus von Nazaret bezogenen) Überlieferungsbestände sind sinnvoll oder sogar notwendig, um von theologisch-fachwissenschaftlichen Gesichtspunkten aus anwendungs- und berufsorientiert an pädagogische, gesellschaftliche, kirchliche, soziale und diakonische Handlungsfelder heranzuführen und zu ihrer professionellen beruflichen Bewältigung zu befähigen? Die Beantwortung dieser Leitfrage bestimmt Auswahl und Erarbeitungsweise theologischbiblischer Studieninhalte. Eine zusammenfassende inhaltliche Beschreibung der verschiedenen Anwendungs- und Berufsorientierungen für die genannten Handlungsfelder erfolgt mit Hilfe von Anregungen des hier Geehrten zum Verhältnis von Wissenschaft, Glauben und Evolutionstheorie.22 Demnach können Wissen20 ������������������������������������������������������������������������������  Z.B. Human- und Gesellschaftswissenschaften, Hilferecht, Organisation und Management, Ästhetik. 21  Auch für eine Bewertung des beendeten Studiums durch die Absolventinnen und Absolventen ist letztlich die Praxistauglichkeit (Anwendungsorientierung) maßgeblich, wie aus unzähligen Rückmeldungen (brieflich, in Gesprächen und Befragungen) hervorgeht. Da sich die meisten Studieninteressierten zunächst an Berufsträgerinnen und Berufsträgern orientieren und bei ihnen wichtige Erstinformationen über ein Studium einholen, fließt die abschließende Bewertung früherer Studierendengenerationen indirekt wieder in die Motivation der künftigen Studierendengeneration mit ein, zumal während deren Studieneingangsphase. 22  Theissen, Glaube, 37–64. Nach ebd., 25–36 bezeichnet „Evolution“ nicht nur biologische, sondern auch kulturelle Zusammenhänge und Entwicklungen.

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schaft und Glaube als Strategien zur „Verarbeitung von Selektionsdruck“ (Realitätsdruck) interpretiert werden.23 Beide sind demnach „Anpassungsstrukturen an eine unbekannte Realität“ und zugleich offen für Veränderungen („Mutationen“).24 Insbesondere der Begriff Verarbeitung von Selektionsdruck (Realitätsdruck25) scheint als Gesamtperspektive (Integral) für pädagogische, gesellschaftliche, kirchliche, soziale und diakonische Handlungsfelder geeignet. Selektionsdruck gegenüber Menschen ist in den genannten Feldern auf unterschiedliche Weise und in unzähligen Varianten erfahrbar. Die Mehrzahl von ihnen folgt zwar bestimmten Schemata (Typen); aber auch mit ganz neuen Varianten („Mutationen“) und Arrangements ist immer wieder zu rechnen. Der Selektionsdruck kennt eine Fülle von Ursachen und wird ganz verschieden erzeugt: durch Institutionen, naturgegebene oder von Menschen gemachte Beeinträchtigungen, durch physische oder strukturelle Ungleichheiten, durch Gewalt und Kriege, durch Zurückweisung und Bevorzugung. Unabhängig davon, ob der Selektionsdruck als solcher gezielt initiiert wird oder das Ergebnis anderweitiger Entwicklungen darstellt, löst er ein oft intransparent und unfair ausgetragenes Ranking unter Personen oder zwischen Gruppen von Personen aus. In der Folge solcher Rankings werden begrenzte Ressourcen und damit letztlich Entwicklungs-, Wachstums- und Lebenschancen zugewiesen und verteilt. Der Selektionsdruck hat damit aus evolutionstheoretischer Sicht sein Ziel erreicht. Alle genannten Handlungsfelder – pädagogische, gesellschaftliche, kirchliche, soziale und diakonische – bemühen sich auf verschiedene Weisen um einen produktiven und menschenfreundlichen Umgang mit dem häufig als leidvoll erfahrenen Selektionsdruck und um alternative Gestaltungsmöglichkeiten mit dem Ziel des Abbaus von Selektionsdruck. Biblische Überlieferungsbestände leisten dabei einen unersetzlichen Beitrag. Denn mit ihrer Hilfe können die verschiedenen Formen leidvoll erfahrenen Selektionsdrucks jeweils konkret in neue, Kräfte freisetzende Kontexte gebracht werden. Leider ist der organisatorische Rahmen dafür meist sehr begrenzt, wie in einem weiteren Schritt deutlich wird.

23 24 25

 Ebd., 48(–52).  Ebd., 38(–47).52(–64).  Vgl. ebd., 49f.

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2.3 Ausgestaltung von Studiengängen, Studienzwänge und Bologna-Module Da anwendungsorientierte Studiengänge in der Regel bestimmte Berufsbilder im Blick haben und intentional zur beruflichen Bewältigung von Aufgaben innerhalb dieser Arbeitsfelder befähigen, fassen sie Wissensbestände aus unterschiedlichen Fachrichtungen zu einer gemeinsamen Querschnittsqualifikation zusammen. Auf die einzelnen Fachwissenschaften entfallen daher häufig nicht mehr als zwei oder drei Module mit jeweils zwei bis drei Lehrveranstaltungen. Hinzu kommt, dass Studiengänge nach dem BolognaModell (in seiner deutschen Umsetzung) bereits sehr dicht bepackt sind, so dass wenig Zeit für weitere, darüber hinaus freiwillig wählbare Veranstaltungen übrig bleibt. Damit sind die Ressourcen an Studienzeit auch für biblische Zusammenhänge äußerst begrenzt. Für die Ausgestaltung eines Studiengangs wirkt sich dieser Umstand wie ein zusätzlicher Filter neben und nach der Anwendungsorientierung aus. Angesichts knapper Ressourcen sind eine umso sorgfältigere Auswahl und eine entschiedene Orientierung an der jeweiligen Anwendungsorientierung gefordert. Ein Studium um seiner selbst willen (ars artis gratia, l’art pour l’art), wie es bis vor wenigen Jahrzehnten ohne weiteres leistbar und von vielen Seiten ausdrücklich gewünscht war, ist unter diesen Bedingungen nicht mehr möglich. Trotz aller organisatorischen Enge und trotz der gebotenen Anwendungsorientierung ist künftig – in einer sich pluralisierenden Gesellschaft umso mehr – darauf zu achten, dass sowohl Hermeneutik als auch Methodik der Bibelauslegung, die prima vista nicht für alle Handlungsfelder gleich praxisrelevant scheinen, sowohl im obligatorischen Basisprogramm eines Studiengangs als auch bei der Durchführung innerhalb von Veranstaltungen genügend Platz finden und ausreichend berücksichtigt werden. Beide Bereiche sind unerlässlich für eine verantwortungsvolle selbständige Beschäftigung mit biblischen Texten, und beide haben zugleich enorm allgemeinbildenden Charakter bezüglich jeglicher Textrezeption und Textinterpretation.

2.4 Fazit Der hohe Stellenwert der berufs- und arbeitsfeldbezogenen Anwendungsorientierung wurde in drei Überlegungen zum biblischen Lehrbedarf in der diakonischen, sozialen und pädagogischen Hochschullehre eingebracht. Dabei zeigte sich, dass die Anwendungsorientierung das Hauptkriterium für die Stoffauswahl bildet. Als gemeinsame Zielperspektive für den hier diskutierten Bereich von Studiengängen kann die „Verarbeitung von Selektions-

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druck“ gegenüber Menschen (G. Theißen) betrachtet werden. Der Anleitung zu dieser Verarbeitung mit Hilfe biblischer Überlieferungen sind mit dem Bologna-Modell enge organisatorische Grenzen gesetzt.

3. Gestaltungen Jesu in der diakonischen, sozialen und pädagogischen Hochschullehre Auf die Ausgangswahrnehmungen eines anwendungsorientierten Studiums und die theoretischen Überlegungen zu Konsequenzen für dessen Gestaltung folgen nun Erwägungen zu Funktion und Ausgestaltung der bibelwissenschaftlichen Dimension eines solchen Studiums. Daher geht es in diesem dritten Teil zunächst um die Frage nach (1) Absicht und Funktionen biblischer Überlieferungsbestände für ein anwendungsorientiertes Studium. Anschlie­ ßend folgt eine (2) Fokussierung auf Jesus von Nazaret, ehe (3) Konkretionen zur praktischen Umsetzung innerhalb eines anwendungsorientierten Studiums angedacht werden. Ein (4) Fazit bündelt schließlich die wichtigsten Ergebnisse.

3.1 Strategien und Dimensionen einer theologisch-biblischen Antwort auf Selektions- und Realitätsdruck Der an vielen Stellen und von vielen Menschen leidvoll erfahrene Selektionsdruck der Wirklichkeit kann mit Hilfe von biblischen Überlieferungsbeständen in neue, Kräfte freisetzende Zusammenhänge gebracht werden. Eine Verbindung zwischen „Selektionsdruck“ (gewissermaßen als Frage) und biblischen Texten (dann als Antwort26) ist in verschiedenen Strategien und Dimensionen möglich. Jeweils vier davon werden im Folgenden skizziert. Sie können als Beschreibung möglicher Funktionen und Absichten biblischer Überlieferungsbestände innerhalb eines anwendungsorientierten Studiums betrachtet werden. (1) Biblische Überlieferungsbestände können den Selektionsdruck konfrontieren, sei es durch Protest im Namen eines ganz Anderen oder eines mit den Leidenden Solidarischen, sei es durch Prophetie oder die Vision von einer anderen Weltgestaltung oder von einer anderen Welt. (2) Gegenüber einem übermächtig erscheinenden Selektionsdruck können biblische Überlieferungsbestände sodann orientieren, und zwar sowohl eine ausgewählte 26

 Zur „Methode der Korrelation“ s. Tillich, Theologie, Bd. I, 73–80.

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Gemeinschaft (Gemeinde27) als auch eine ganze Gruppe (Gesellschaft) oder einzelne Personen. Dabei stehen persönliche Gewissheit, ein gemeinsames Bekenntnis oder ethische Gesichtspunkte, etwa Mindestanforderungen, auf dem Spiel; im inneren oder äußeren Nachvollzug der Texte können Trost, Zuspruch oder Verheißungen selbst empfangen werden. (3) Mit den biblischen Überlieferungsbeständen ist ferner eine inhaltlich und sprachlich breite Palette von Möglichkeiten verbunden, um eigene und fremde Situationen, Kontingenzen und Herausforderungen, die durch einen Realitätsdruck (Selektionsdruck) verursacht sind, neu zu sehen und zu denken: zu deuten.28 Handlungsmöglichkeiten können ausgelotet, Antworten auf eine Situation hin kongruiert und das Ganze des Lebens in einem wahrhaft anderen Licht betrachtet werden. (4) Schließlich haben biblische Überlieferungsbestände eine enorme Kraft zu motivieren: zum Bleiben, zur Tat, zur Solidarität bis hin zur Aufopferung, zur Versöhnung, zur Liebe, zu Glauben und Hoffnung, zum Ausharren und zum Widerstand. Die kontrafaktische Kraft des Glaubens29 ermöglicht nicht nur eine Daseinsbestimmung wider allen Augenschein, sondern befähigt auch zu entsprechender Handlungsorientierung. Selektionsdruck zielt auf Auswahl. Für die bei der Auswahl Übergangenen bedeutet dies Ausschluss (Exklusion). Selektion bedeutet in sozialer Hinsicht Exklusion. Das Gegenteil davon ist Beteiligung oder Teilhabe.30 Indikatoren für die Chancenteilhabe an wichtigen gesellschaftlichen Prozessen sind nach soziologischer Erkenntnis die Faktoren Herkunft, Macht, Reichtum und Bildung.31 Sie können deshalb als Dimensionen erfasst werden, in denen der Selektionsdruck der Wirklichkeit leidvoll erfahrbar wird. Biblische Überlieferungsbestände können unersetzbare neue Kontexte zu diesen Dimensionen beitragen und damit den Selektionsdruck hinterfragen und zu seinem Abbau beitragen. Unter diesen Voraussetzungen lohnt sich ein neuer Blick auf die vier Dimensionen, der hier aufgrund seiner 27  S. dazu Theissen, Glaube, 190–203: „Der Geist als antiselektionistische Motivation und das Problem der Ekklesiologie“. 28  Zitt, Theologie, 70–74, unterscheidet „vier theologische Deutungsdimensionen“ als Aufgabe einer „Angewandten Theologie“, nämlich Theologie als „elementare Theologie im Alltag“, „als anwaltschaftliche Sozialethik“, „als Deutung und Gestaltung von kirchlichen und diakonischen Sozialformen“ und „als hermeneutische Orientierungswissenschaft zur Deutung sozialer Wirklichkeit und Tradition“. 29  Vgl. Theissen, Glaube, 19: „Jeder Glaube enthält einen kontrafaktischen Zug. Jeder Glaube widerspricht in irgendeiner Weise der Realität.“ 30  Der Begriff „Inklusion“ bildet dies m.E. häufig nur ungenügend und theoretisch ab. In vielen Fällen rechtfertigt er eine weiterhin bestehende Exklusion in subtiler Weise, m.a.W.: Er verändert zwar das Image einer Exklusion, nicht aber ihren Sachverhalt. 31  Vgl. Endruweit/Georg, Schicht, 467: „Je höher die Ausprägung dieser Merkmale beim einzelnen Menschen, desto höher seine Zuordnung zu einer Schicht.“

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Kürze mehr als Anstoß denn als Entfaltung möglich ist.32 (1) Bildung, als Realitätsdruck in so verschiedenen Phänomenen wie Analphabetismus, ungenügender Förderung oder Underachievement erfahrbar, thematisieren biblische Texte äußerst facettenreich, angefangen von Schöpfungsaussagen (Leitbild der Gottebenbildlichkeit, Gen 1,26) über weisheitliche Traditionen bis hin zur Überbildung mit Christus (2Kor 3,18; Röm 8,29).33 Jesus von Nazaret trat als Lehrer auf (Mt 23,8), zeigte sich als lesekundig und debattierfreudig; er unternahm im Rahmen seiner Möglichkeiten (vgl. Mt 15,24) mehrfach Reisen über die Grenzen seines Landes hinaus. Die christliche Kirche ist diesem Erbe durch die Geschichte hindurch verpflichtet und engagiert sich heute vom elementaren bis zum quartären Bildungsbereich. (2) Reichtum und Armut spielen in der gesamten biblischen Überlieferung eine Rolle: Schutzbestimmungen für Arme, die Armut der vermeintlich Reichen, aber auch die aus dem überlassenen Reichtum resultierenden Sozialverpflichtungen werden thematisiert. Jesus von Nazaret wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf, sprach mit Arm und Reich und initiierte „eine Bewegung vagabundierender Charismatiker“.34 (3) Macht wird in den biblischen Traditionen als von Gott auf Zeit überlassen betrachtet (Lk 1,52; Joh 19,11). Dies mahnt zu einem zurückhaltenden und verantwortungsvollen Umgang mit Macht. Jesus von Nazaret ging den Weg der Niedrigkeit (Lk 22,27) bis zur Ohnmacht am Kreuz (Mk 15,34; 8,34). (4) Herkunft und Zugehörigkeit werden in biblischen Traditionen theozentrisch bestimmt: Israel ist das aus der Sklaverei herausgerufene, im Exodus befreite Volk Gottes. Analog werden im Neuen Testament individuelle Aussagen formuliert: Der Glaube an den Sohn Gottes und die Bindung an den Geist Gottes machen zu „Kindern Gottes“ (Joh 1,12; Röm 8,14). Entsprechend wirkt sich der Christusglaube auf Ungleichheiten heilsam nivellierend aus (Gal 3,28; Eph 2,11–22). Für alle vier genannten Dimensionen gelten das Positionswechselmotiv35 und ein eschatologischer Vorbehalt, der bis in die Gegenwart hereinwirkt. Sie resultieren aus einem konsequent gedachten Monotheismus und dem Glauben an einen Erlöser.36 Dies alles zeigt: Der in der Wirklichkeit leidvoll erfahrbare Selektionsdruck wird durch biblische Traditionsbestände wirkungsvoll mittels einer

32  Eine systematische Durcharbeitung wäre zumindest Thema für ein ganzes Seminar. 33  Vgl. Mutschler, Kinder, 100–103; ebd., 105–112, zu Bildung und Erziehung im Deuteronomium und im Proverbienbuch. 34  Theissen, Jesusbewegung, 55; zur damit verbundenen Besitzlosigkeit ebd., 70–73. 35  Dazu Theissen, Bibel, 161f; s. auch das Umkehrmotiv, ebd., 150–152. 36  Zu diesen „beiden Grundaxiome(n) des christlichen Glaubens“ s. ebd., 133–138. Der biblische Monotheismus ist zugleich „Protest gegen das Selektionsprinzip“, s. ders., Glaube, 93–99.

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transzendenten Perspektive kontextualisiert.37 Dadurch wird Teilhabe gefördert und bestehende Exklusion zurückgedrängt. Maßstab für das Mitmenschliche ist das göttliche Handeln am Menschen, das Jesus von Nazaret in seiner Person verkörpert. Die dadurch entstehende Gerechtigkeit wird dem Menschen von Gott her gerecht. Das Suum cuique dieser von Gott bestimmten Verteilungsgerechtigkeit richtet sich nicht nach innerweltlichen Maßstäben; seine Konsequenzen wirken aber schon jetzt in diese Welt hinein. Lehre und Leben Jesu von Nazaret können als vollkommener Ausdruck dieser Gerechtigkeit studiert werden.38

3.2 Jesus als Lehrer der Gerechtigkeit Ein breiter Bezug auf Jesus von Nazaret lohnt sich im Studium der Sozialen Arbeit, der Diakoniewissenschaft, der Religionspädagogik, Gemeindepädagogik und vergleichbaren Studiengängen nicht nur deshalb, weil der Galiläer die mit Abstand wichtigste – und nicht nur den Anfang prägende – Person des Christentums darstellt. Vielmehr besteht eine strukturelle Nähe (Affinität) zwischen pädagogischen, gesellschaftlichen, kirchlichen, sozialen und diakonischen Handlungsfeldern und dem Nazarener: Denn Jesus lebte selbst aus Begegnungen mit Menschen im Alltag und nicht zurückgezogen in der Wüste, einem Palast oder dem Elfenbeinturm einer Bibliothek. Die Überlieferungen über ihn erzählen von verschiedenartigsten Begegnungen und Gesprächen, so dass sich gerade für ein anwendungs- und praxisorientiertes Studium sehr viele Anknüpfungspunkte ergeben. Mehr noch: Zahlreiche Überlieferungen schildern den Galiläer als Selektionsdruckverweigerer par excellence. Diese Haltung wird von ihm in Wort und Tat umgesetzt und mit dem eigenen Schicksal besiegelt.39 Sie gründet in einer tiefen Überzeugung von der Güte Gottes allen, auch den am geringsten und am fernsten scheinenden Menschen gegenüber: Kranken, Kindern, Frauen, Unbeschnittenen (Heiden), von einem Dämon Besessenen, Hungernden oder Trauernden. Als heilsam erfahrene Grenzüberschreitungen gegenüber diesen Personen (-gruppen) sind bei Jesus von Nazaret an der Tagesordnung. Sie gründen nach dem Zeugnis der Evangelien letztlich in seiner messianischen Sendung (Lk 4,16–21).40 Theologisch betrachtet umfasst sie zwei Aspekte, 37  Nach Krockauer, Ausgangspunkte, 47–50, wird eine anwendungsorientierte Theologie profiliert durch Kontextualisierung, Elementarisierung, Diakonisierung und Plausibilisierung. 38  „So sollen wir alles tun, was die Gerechtigkeit verlangt“, Mt 3,15. 39  S. ausführlich Theissen, Glaube, 143–151: „Jesus von Nazareth als Protest gegen das Selektionsprinzip“. 40  S. dazu grundlegend Hengel, Jesus, passim; ebd., 164 zu Lk 4,17–19.

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wie beispielsweise an der Überlieferung von der Fußwaschung Jesu deutlich wird (Joh 13,1–17): eine christologisch-soteriologische Vorgabe (Joh 13,6– 11; sacramentum) und eine zur Nachahmung empfohlene Vorlage (Joh 13,12–15; exemplum41). Der Galiläer lädt Menschen auf diesen messianischen Weg ein.42 Mit dem Wirken des Messias aus Nazaret kommt eine Gerechtigkeit zum Ausdruck, die dem Menschen von Gott her gerecht wird. Darin stimmen so verschiedene Theologen wie der Evangelist Matthäus und der Apostel Paulus überein.43 Sie schildern den Messias Israels als Selektionsdruckverweigerer aus Überzeugung und aus Passion. Indem Jesus von Nazaret Widerstand leistet gegenüber einem Druck zur Anpassung, Vereinheitlichung oder Exklusion und Menschen in die Gesellschaft (re-)integriert, wird er zu einem Lehrer der Gerechtigkeit – wenn auch zu einem ganz anderen, als dem vor einigen Jahrzehnten durch die Funde von Qumran bekannt gewordenen.44 Welche Textabschnitte legen sich unter diesen Voraussetzungen für ein vertieftes Studium besonders nahe?

3.3 Zur praktischen Umsetzung innerhalb eines anwendungsorientierten Studiums Orientiert man sich an den praktischen Möglichkeiten der Umsetzung bibeltheologischer Inhalte innerhalb eines anwendungsorientierten Studiums nach dem Bologna-Modell, so ist zunächst an den engen organisatorischen Rahmen zu erinnern. Anstatt an dieser Stelle ein ganzes Programm von biblischen Lehrveranstaltungen zu entfalten, genügt hier der Hinweis, dass einige wenige Texte in jedem Fall ausführlich innerhalb des Studiums besprochen werden können. Von besonderer Bedeutung sind daher Texte, die (1) eine Situation mit personae miserae thematisieren (und somit erlittenen Selektionsdruck und seine Reduktion), (2) eine Identifikation für heutige Berufsrollenträger ermöglichen, (3) einen für heutige pädagogische, gesellschaftliche, kirchliche, soziale und diakonische Handlungsfelder gültigen Auftrag formulieren, (4) einen normativen Charakter haben oder einen christlich-ethischen Anspruch formulieren sowie natürlich solche Texte, die 41  Zur Unterscheidung von sacramentum und exemplum s. grundlegend Jüngel, Opfer. 42  Zur Kollektivierung des Messianismus s. Theissen, Gruppenmessianismus. 43  Vgl. Hengel, Jesus, 172: „Die paulinische Rechtfertigung des Sünders geht auf Jesu messianisches Handeln zurück.“ 44  Zum ‫( מורה הצדק‬oder ‫ )מורה צדק‬s. die Monographien von Jeremias, Lehrer; Schulz, Autoritätsanspruch; eine knappe Einordnung bei Theissen/Merz, Jesus, 145f.504–506. Für einen ausführlichen Vergleich zwischen Jesus und dem qumranischen „Lehrer der Gerechtigkeit“ s. Jeremias, Lehrer, 319–353.

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(5) von grundlegender christologischer oder ekklesiologischer Bedeutung sind. Exemplarisch werden hier zehn Texte genannt, auf die diese Eigenschaften zutreffen: die Bergpredigt Jesu, Mt 5–7; Jesu Erzählung vom Weltgericht, Mt 25,31–46; der Auftrag zur Mission, Mt 28,18–20; Jesu zuvorkommende Zuwendung und die Ethik des Dienens, Lk 22,24–30; der barmherzige Samariter, Lk 10,25–37; Jesus und die Ehebrecherin, Joh 7,53–8,11; die Fußwaschung Jesu, Joh 13,1–17; die Einsetzung des Abendmahls, 1Kor 11,23–25 und Mk 14,22–24 par; Fragen der Feier und Teilhabe beim Abendmahl, 1Kor 11,17–34; die Einsetzung der sieben Diakone, Act 6,1–7.45 Diese – und noch mehr – Texte eignen sich zur Illustration Jesu als eines Lehrers der Gerechtigkeit, die sich nicht allein dieser Welt verdankt und genau deshalb unersetzlich für die genannten Arbeitsfelder ist.

3.4 Fazit Biblische Überlieferungsbestände können den als leidvoll erfahrenen Selektionsdruck der Wirklichkeit in neue Zusammenhänge bringen. Ihre Leistung besteht beispielsweise im Konfrontieren, Orientieren, Deuten und Motivieren angesichts des Selektionsdrucks. Mit ihrer Hilfe können Tendenzen zur Exklusion erkannt, benannt und zurückgedrängt werden, so dass eine größere Chancenteilhabe für die von gesellschaftlicher Teilhabe ganz oder teilweise Ausgeschlossenen erreicht werden kann. In diesem Zusammenhang kommt Jesus von Nazaret die Rolle eines soziale Grenzen überwindenden Lehrers der Gerechtigkeit zu – einer Gerechtigkeit, die dem Menschen von Gott her gerecht zu werden sucht. Texte, die eine Selektionsdruckverweigerung oder (re-)integrierende, heilsame Grenzüberschreitung durch Jesus lehren oder erzählen, sind unter diesen Gesichtspunkten besonders interessant und lohnend für ein Studium in diakonischen, kirchlichen, sozialen, gesellschaftlichen und pädagogischen Handlungsfeldern.

4. Zusammenfassung Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse rekapituliert: 1. Als Ausgangspunkt der Überlegungen diente die Frage: Welche Gestaltung bzw. welche Gestaltungen Jesu dürften in der diakonischen, sozialen und pädagogischen Hochschullehre, sozusagen abseits von Universitäten, besonders interessant und relevant sein? Die Klärung dieser Frage ging mit 45  Zu einigen dieser Texte s. von Theissen: Hilfsethos; Integration; Legitimitätskrise; Nächstenliebe.

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Erkundungen zu Lehrbedingungen und zum theologisch-biblischen Lehrbedarf an anwendungsorientierten Hochschulen einher. 2. Die in den vergangenen fünfzig Jahren entwickelten anwendungsorientierten Hochschulen, die sich gegenwärtig einer weiteren Gründungswelle erfreuen, bereiten arbeitsfeld- und berufsbezogen auf pädagogische, gesellschaftliche, kirchliche, soziale und diakonische Handlungsfelder vor. Im Rahmen einer Querschnittsqualifikation stellt Theologie dabei nur eine einzige von mehreren Fachorientierungen dar. In der Folge ist auch das Berufsbild der zahlreichen neuen Theologieprofessuren (gegenüber demjenigen an Universitäten oder Kirchlichen Hochschulen) stark geweitet. Sie bilden damit einen eigenen Typ: Typ 2 im Gegenüber zu Typ 1. 3. Der Lehrbedarf an anwendungsorientierten Hochschulen richtet sich nicht in primärer Weise nach den biblischen Überlieferungsbeständen und ihrer wissenschaftlichen Erschließung wie im Theologiestudium, sondern eher nach der jeweiligen berufs- und arbeitsfeldbezogenen Anwendungsorientierung. In diesem Horizont ist die Ausgangsfrage (s. Nr. 1) zu modifizieren. Sie lautet nun: Welche biblischen (genauer: auf Jesus von Nazaret bezogenen) Überlieferungsbestände sind sinnvoll oder sogar notwendig, um von theologisch-fachwissenschaftlichen Gesichtspunkten aus anwendungs- und berufsorientiert an pädagogische, gesellschaftliche, kirchliche, soziale und diakonische Handlungsfelder heranzuführen und zu ihrer professionellen beruflichen Bewältigung zu befähigen? 4. Als gemeinsamer Nenner der Anwendungsorientierung in den genannten Handlungsfeldern wurde mit einem Begriff von Gerd Theißen die „Verarbeitung von Selektionsdruck“ (Realitätsdruck) identifiziert. Häufig wird Selektionsdruck als leidvoll erfahren. Durch eine Kontextualisierung mit ausgewählten biblischen Überlieferungen ist Hilfe „von einem anderen Ort her“ möglich.46 Ein Hindernis auf diesem Weg sind die neuerdings korsettartig verdichteten Studien- und Prüfungsordnungen, die gegenwärtig sozusagen im europaweiten Großversuch durchgeführt werden (BolognaProzess). 5. Biblische Überlieferungen können einen als leidvoll erfahrenen Selektionsdruck auf verschiedene Weise kontextualisieren: durch Konfrontation, Neuorientierung, Deutung oder eine neue Motivierung. Man kann dies beispielsweise anhand der Teilhabe von Menschen an Bildung, Reichtum, Macht oder (Chancen aufgrund ihrer) Herkunft durchbuchstabieren. 6. Leitbild und Leitstern einer biblischen Kontextualisierung von Selektionsdruck ist kein Geringerer als Jesus von Nazaret. In Wort und Tat lebte er aus dem Vertrauen in die Güte des Gottes Israels und gab anderen 46

 Vgl. ‫ממקום אחר‬, Est 4,14.

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daran Anteil. Der Messias Israels wurde dadurch zu einem soziale wie religiöse oder geographische Grenzen überwindenden Lehrer der Gerechtigkeit für alle Völker, zum gottgesandten Sakrament und Beispiel. 7. Besondere Bedeutung kommt aus diesen Gründen Texten zu, in denen personae miserae, Identifikationsangebote für heutige Berufsrollenträger, dauerhaft gültige Aufträge Jesu oder grundlegende christologische, ekklesiologische oder ethische Sachverhalte formuliert sind. Entsprechende Texte scheinen für die Praxisorientierung besonders geeignet. Sollten sie dann nicht auf jeden Fall ausführlicher behandelt werden?

Literatur Alkier, S., Enzyklopädische Skizzen: Die theologische Aufgabe neutestamentlicher Wissenschaft im interdisziplinären Diskurs, in: Ders./H.-G. Heimbrock (Hg.), Evangelische Theologie an Staatlichen Universitäten. Konzepte und Konstellationen Evangelischer Theologie und Religionsforschung, Göttingen 2011, 322–344. Boschki, R., Einführung in die Religionspädagogik. In Zusammenarbeit mit Stefan Altmeyer und Julia Münch, Darmstadt 2008. Endruweit, G./Georg, W., Art. Schicht, soziale, in: G. Endruweit/G. Trommsdorff (Hg.), Wörterbuch der Soziologie (UTB 2232), Stuttgart 22002, 467–470. Hengel, M., Jesus, der Messias Israels. Zum Streit über das „messianische Sendungsbewußtsein“ Jesu, in: I. Gruenwald/S. Shaked/G.G. Stroumsa (Hg.), Messiah and Christos. Studies in the Jewish Origins of Christianity (FS D. Flusser) (TSAJ 32), Tübingen 1992, 155–176. Jeremias, G., Der Lehrer der Gerechtigkeit (StUNT 2), Göttingen 1963. Jüngel, E., Das Opfer Jesu Christi als sacramentum et exemplum. Was bedeutet das Opfer Christi für den Beitrag der Kirchen zur Lebensbewältigung und Lebensgestaltung?, in: Ders., Wertlose Wahrheit. Zur Identität und Relevanz des christlichen Glaubens. Theologische Erörterungen III (BEvTh 107), München 1990, 261–282. Kollnig, K., 75 Jahre Lehrerbildung in Heidelberg – chronologische Übersicht und Dokumentation, in: Ders./W. Riethmüller (Hg.), 75 Jahre Lehrerbildung in Heidelberg. Vom Lehrerseminar zur Pädagogischen Hochschule, Heidelberg 1979, 11–46. Korsch, D., Dogmatik im Grundriß. Eine Einführung in die christliche Deutung menschlichen Lebens mit Gott (UTB 2155), Tübingen 2000. Krockauer, R./Bohlen, S./Lehner, M. (Hg.), Theologie und Soziale Arbeit. Handbuch für Studium, Weiterbildung und Beruf, München 2006.

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Krockauer, R., Ausgangspunkte einer Angewandten Theologie, in: Rektoren­ konferenz Kirchlicher Fachhochschulen (Hg.), Entdeckungen. Theologie und Ethik in Studium und Praxis der Sozialen Arbeit, Opladen 2008, 37–58. Mutschler, B., Kinder, Kinder. Biblische Aspekte, in: C. Schulz/H. Stammer (Hg.), Von der Kinder- und Jugendhilfe zur frühkindlichen Bildung. Multiperspektivische Zugänge zu einer aktuellen Herausforderung (Schriften der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg im Verlag der Evangelischen Gesellschaft), Stuttgart 2011, 101–122. Oeming, M., Biblische Hermeneutik. Eine Einführung (Die Theologie. Einführungen in Gegenstand, Methoden und Ergebnisse ihrer Disziplinen und Nachbarwissenschaften), Darmstadt 1998. Reiser, M., „Am Ende wird es niemand gewesen sein“. Fragen an Marius Reiser, Forschung und Lehre 16/3 (2009), 186f. –, Bologna: Anfang und Ende der Universität (Forum 80), Bonn 2010. –, Warum ich meinen Lehrstuhl räume, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.01.2009 (Feuilleton). Rektorenkonferenz Kirchlicher Fachhochschulen (Hg.), Entdeckungen. Theologie und Ethik in Studium und Praxis der Sozialen Arbeit, Opladen 2008. Schulz, P., Der Autoritätsanspruch des Lehrers der Gerechtigkeit in Qumran, Meisenheim am Glan 1974. Theissen, G./Merz, A., Der historische Jesus. Ein Lehrbuch, Göttingen 1996. Theissen, G., Biblischer Glaube in evolutionärer Sicht, München 1984. –, Die Bibel diakonisch lesen: Die Legitimitätskrise des Helfens und der barmherzige Samariter, in: V. Herrmann/M. Horstmann (Hg.), Studienbuch Diakonik. Bd. 1: Biblische, historische und diakonische Zugänge zur Diakonie, Neukirchen-Vluyn 2006, 88–115. –, Die Jesusbewegung. Sozialgeschichte einer Revolution der Werte, Gütersloh 2004. –, Die Religion der ersten Christen. Eine Theorie des Urchristentums, Gütersloh 2000. –, Erleben und Verhalten der ersten Christen. Eine Psychologie des Urchristen­ tums, Gütersloh 2007. –, Gruppenmessianismus. Überlegungen zum Ursprung der Kirche im Jüngerkreis Jesu, JBTh 7 (1992), 101–123. –, Nächstenliebe und Statusverzicht als Grundzüge christlichen Ethos, in: W. Härle/H. Schmidt/M. Welker (Hg.), Das ist christlich. Nachdenken über das Wesen des Christentums, Gütersloh 2000, 119–142. –, Soziale Integration und sakramentales Handeln. Eine Analyse von I Cor. XI 17–34, NT 24 (1982), 176–206. –, Universales Hilfsethos gegenüber allen Menschen? – Neutestamentliche Wurzeln der Diakonie, in: A. Götzelmann (Hg.) unter Mitarbeit von T. Raack, Einführung in die Theologie der Diakonie. Heidelberger Ringvorlesung

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(DWI Info/Forum Materialien Informationen/Sonderausgabe), Heidelberg 1999, 34–54. –, Zur Bibel motivieren. Aufgaben, Inhalte und Methoden einer offenen Bibeldidaktik, Gütersloh 2003. Tillich, P., Systematische Theologie, 3 Bd., Berlin 1987 (Nachdruck der achten [Bd. 1–2] bzw. der vierten Auflage, Frankfurt a.M. 1984). Weber, M., Wissenschaft als Beruf, in: W.J. Mommsen/W. Schluchter (Hg.) in Zusammenarbeit mit B. Morgenbrod, Wissenschaft als Beruf 1917/1919. Politik als Beruf 1919 (Max Weber Gesamtausgabe I 17), Tübingen 1992, 71– 111 (= zuvor: Geistige Arbeit als Beruf. Vorträge vor dem Freistudentischen Bund. Erster Vortrag. Max Weber, Wissenschaft als Beruf, München/Leipzig 1919). Zitt, R., Angewandte Theologie und Praxis von Lehre und Forschung im Studium der Sozialen Arbeit, in: Rektorenkonferenz Kirchlicher Fachhochschulen (Hg.), Entdeckungen. Theologie und Ethik in Studium und Praxis der Sozialen Arbeit, Opladen 2008, 59–76.

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Hubert Meisinger

Christologische Metaphern und Bilder in der modernen Welt Der lange „Schatten des Galiläers“ in Naturwissenschaft, Poesie und Kunst

1. Modernes Bewusstsein und die Notwendigkeit neuer Bilder, Gleichnisse und Metaphern „Zwischen modernem Bewußtsein und neutestamentlichem Selbstverständnis herrscht ein tiefgreifender hermeneutischer Konflikt“ – diese Einsicht, die Gerd Theißen formuliert hat, ist nicht neu – der „garstig breite Graben“ wird seit Lessing diskutiert, wenn auch in anderem Sinne.1 Theißen aber bedenkt sie in seinen Überlegungen zu einem „Biblischen Glauben in evolutionärer Sicht“ auf neue und kreative Art und Weise. Indem er „die neutestamentliche Christologie mit Hilfe evolutionstheoretischer Kategorien“2 deutet, versucht Theißen, eine Brücke zwischen den „Ansprüchen des Neuen Testaments“ und „denen des modernen Bewußtseins“ zu bauen. Dabei dienen die Kategorien „Mutation“, „Selektion“ und „Anpassung“ als Modell, diesen hermeneutischen Konflikt argumentativ zu bearbeiten. Seine Hoffnung ist, dass diese „modernen“ Bilder und Gleichnisse helfen, diesen Konflikt zu überwinden. „Bilder und Gleichnisse“, so schreibt er, seien „eine Möglichkeit, auch dort noch Probleme argumentativ zu bearbeiten, wo abstrakte Begriffe versagen“. Sie ermöglichten „Verständigung, wo sonst nur konfessorisch Positionen bezogen werden.“3

1  Theissen, Glaube, 113. In Anm. 3 erläutert er den Unterschied zwischen seiner und der Fragestellung von Lessing. Vgl. auch Vollenweider, Christologie, 48, der es als aussichtsreich ansieht, die „anspruchsvollere Christologie der alten Lieder so auszulegen, dass in ihr selbst ein dynamisches Moment freigelegt wird, welches über das statische antike Denken hinausweist“. So werde ein „Brückenschlag zu unseren neuzeitlichen Weltbildern und den damit zusammenhängenden Erfahrungsräumen“ ermöglicht. 2  Theissen, Glaube, 113f. 3  Ebd., 115. – Eine ausführliche Bild- oder Metaphern-theoretische Untersuchung ist nicht Ziel des hier vorliegenden Beitrages.

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Dieser Grundgedanke lässt sich ebenfalls mit Worten formulieren, die die Theologin Ann Pederson und der Theologe und Biologe Arthur Peacocke ihrem Buch „The Music of Creation“4 vorangestellt haben. Beide sind international renommierte Vertreter des interdisziplinären Dialogs zwischen Naturwissenschaft und Theologie. Sie wählen klassische Musik und Jazz als Medium für ihr Thema. Es sei weithin anerkannt, schreiben sie, dass, jedenfalls im Westen, die ausgeprägt verbale Vermittlung von christlichen Konzepten bzw. Begriffen wie Schöpfung, Gott, Humanität, Natur, christliche Gemeinde immer häufiger auf taube Ohren stoße. Dringlich sei daher eine Wiederentdeckung kraftvoller Bilder, Modelle und Metaphern, die christliche Konzepte und Begriffe angemessen zum Ausdruck bringen. Ihr Lösungsweg: Peacocke und Pederson fügen ihrem Buch über Schöpfung eine CD bei, so dass die Leserinnen und Leser musikalisch bei ihren Betrachtungen unterstützt werden und damit einen ganz neuen Zugang zum Thema Schöpfung gewinnen können, der weit über eine rein kognitive Beschäftigung hinausgeht. Darin unterscheidet sich ihr Ansatz dann auch von dem Gerd Theißens, bei dem das argumentative Moment im Vordergrund steht. Doch sollen beide Positionen hier nicht gegeneinander gestellt oder sogar ausgespielt werden – ihre Grundintention ist gleich: Mit „Erfahrungsmaterial unserer Zeit“5 werden neue theologische Metaphern und Modelle entworfen, die den Konflikt zwischen christlichem Glauben bzw. neutestamentlicher Christologie und modernem Bewusstsein überwinden helfen sollen. Dieses Anliegen – und damit soll der einleitende Reigen zur Begründung des Themas des vorliegenden Aufsatzes abgeschlossen sein – teilen sie ebenfalls mit dem anglikanischen Theologen Alister McGrath, international für seine Veröffentlichungen zum Dialog zwischen Naturwissenschaft und Theologie bekannt. Kernthese einer seiner Veröffentlichungsreihen:6 „We must do more than simply think about our faith“. Im Unterschied zu Theißen, Peacocke und Pedersen vertritt McGrath eine apologetische Theologie, die sich mit der wissenschaftlich-rationalen Absicherung des Glaubens befasst. Sein Anliegen ist es, theologische Themen wie Schöpfung und Inkarnation anhand von Bildern und Gemälden alter und neuer Meister in ihrer theologischen Tiefe auszuloten. Er will damit über eine rein kognitive Beschäftigung hinaus Vorstellungskraft und Fantasie von Menschen stimulieren und damit einen weiteren Zugang zum Glauben ermöglichen. Einen Zugang, der Vergnügen und Lust bereitet und der auf andere Weise als eine gedankliche Beschäftigung „nahrhaft“ ist; und der auch dem Dialog zwischen 4  Peacocke/Pederson, Music. 5  Theissen, Glaube, 115. 6  McGrath, Creation, vii.

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Christologische Metaphern und Bilder in der modernen Welt

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Naturwissenschaften und Theologie neue Möglichkeiten eröffnet, sich zu entfalten. Es scheint mir kein Zufall zu sein, dass diese Zitate – von Gerd Theißen abgesehen – aus angloamerikanischen Diskussionszusammenhängen des Gesprächs zwischen den Naturwissenschaften und Theologie bzw. Religion stammen, denn dort wird das interdisziplinäre Gespräch schon länger und intensiver geführt als in Deutschland. Und es konnte so früher offenbar werden, dass bestimmte Dimensionen unseres Menschseins nicht ausreichend angesprochen wurden und werden: unsere Leiblichkeit, unser emotionales und ästhetisches Empfinden, unser Verlangen nach Bildern und bildlicher Kommunikation. Ist es nicht gerade auch eine ästhetische Komponente, die die Lust aufkommen lässt, sich mit bestimmten Themen zu beschäftigen?7 Von daher scheint mir eine Mischung aus akademischen und ästhetischpoetischen Überlegungen geeigneter zu sein, das interdisziplinäre Gespräch weiter zu führen, als einem dieser Felder allein ein Vorrecht einzuräumen. Diese Entdeckungsreise will ich im Folgenden – schon früh angeregt durch Gerd Theißen8 – beschreiten und dabei immer wieder die Gestalt des Galiläers Jesus und die neutestamentliche Christologie in den Blick nehmen oder die vorgestellten Überlegungen daraufhin befragen.9 Sie als Leserinnen und Leser lade ich ein, mich dabei zu begleiten und eigene Assoziationen zu entdecken – auch wenn ich mich auf dieser Reise nach einer Darstellung des Ansatzes von Gerd Theißen auf zwei weitere Aspekte beschränken werde – den der Poesie und den der bildenden Kunst.

7  Vgl. Brickmann, Schwestern, 23. 8  Mein Interesse am Dialog zwischen Naturwissenschaft und Theologie hat mich überhaupt zum Theologie-Studium gebracht. Früh lernte ich dabei Gerd Theißen kennen, bei dem ich viele Jahre als „Hiwi“ arbeitete. Als ich mich nach einem Auslandsaufenthalt umsah, knüpfte er Kontakte zum „Chicago Center for Religion and Science“, das er auf einer Gastreise kennen gelernt hatte. Daraus sind über viele Jahre hinweg wunderbare internationale Begegnungen und Gespräche erwachsen, die ich bis heute u.a. als Vorstandsmitglied der European Society for the Study of Science and Theology (www.ESSSAT.org) und Gründungsmitglied der International Society for Science and Religion (www.ISSR.org.uk) pflege. Dem hier vorliegenden Beitrag liegt der Aufsatz „Kunst und Poesie. ‚Dritte Wege‘ des Gesprächs zwischen Naturwissenschaft und Theologie“ in Vogelsang/Meisinger/Moos, Ordnung, zugrunde, der im Kontext des deutschen Dialogs zwischen Naturwissenschaft und Theologie entstanden ist (s. www.theologie-naturwissenschaften.de). Dieser wurde deutlich erweitert und mit Blick auf das Thema dieser Festschrift stark überarbeitet. 9  ���������������������������������������������������������������������������� Speziell zu Formen nichtkirchlicher Christologie im Kontext der Naturwissenschaften vgl. Meisinger, Christologie. – Die Frage nach dem historischen Jesus wird in diesem Aufsatz nicht weiter ausgearbeitet. Vgl. Theissen/Merz, Jesus. Theissen, Christologie, 239, versteht unter „Christologie eine Einheit von historischem Jesus und dem von ihm bewirkten kerygmatischen Christus als Gegenstand des Glaubens.“

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2. Biblischer Glaube in evolutionärer Sicht In den USA zum Teil als Lehrbuch verwendet,10 in mehrere Sprachen übersetzt11 – aber in Deutschland leider nur ein Schattendasein fristend: So könnte man in wenigen Worten das Schicksal der Veröffentlichung „Biblischer Glaube in evolutionärer Sicht“ zusammenfassen, die Gerd Theißen im Jahre 1984 veröffentlicht und seinem Vater zu dessen 77. Geburtstag gewidmet hat.12 In diesem bemerkenswerten Buch geht es Theißen darum, den „theologischen Sinngehalt biblischer Texte“13 von modernen humanwissenschaftlichen Ansätzen her neu in den Blick zu nehmen. Er nutzt dazu die Evolutionstheorie, da sie der umfassendste Rahmen humanwissenschaftlicher Erkenntnis sei. Es handelt sich somit um einen „Entwurf zu einer hermeneutischen evolutionären Theologie“.14 Theißens Credo lautet: „Gerade wenn man mit modernen wissenschaftlichen Fragestellungen vor den ‚Heiligtümern‘ der Tradition nicht halt macht, erschließt sich die Tradition neu.“15 Im Folgenden geht es nicht um eine ausführliche Darstellung und kritische Diskussion sämtlicher Grundgedanken dieses Buches, das die drei Glaubensartikel im Rahmen evolutionstheoretischer Kategorien skizziert.16 Ich beschränke mich auf dessen dritten Teil, den zweiten Glaubensartikel: den Glauben an Jesus von Nazaret. In ihm entwirft Theißen evolutions10  Beispielsweise durch Philip Hefner an der Lutheran School of Theology at Chicago und dem Chicago Center for Religion and Science, jetzt Zygon Center for Religion and Science Vgl. auch Hefner, Factor. 11  Übersetzungen erfolgten in folgende Sprachen: Englisch, Italienisch, Spanisch, Russisch – vgl. Theissen, Indikativ, 188 Anm. 2. 12  Theissen, Glaube, 13, begründet dies folgendermaßen: „Das hat auch einen sachlichen Grund: Er hat sich als Mathematik- und Physiklehrer immer wieder mit dem Verhältnis von Naturwissenschaft und Glaube beschäftigt. Dies Buch will ein Beitrag zu diesem Thema sein. Vielleicht wäre es nie geschrieben worden, wäre ich in einem anderen Elternhaus aufgewachsen.“ 13  Ebd., 11. Seine Antrittsvorlesung an der Heidelberger Universität im Oktober 1980 stand unter der Überschrift „Neutestamentliche Christologie und modernes Bewusstsein“. Sie wurde erst im Jahre 2010 veröffentlicht: Theissen, Christologie. 14  Mortensen, Theologie, 218. Mortensen sieht in Theißens Projekt einen „systematischen Entwurf, da er dem Aufbau des Glaubensbekenntnisses“ folge, zuweilen aber „durch die etwas assoziativ bestimmte Einbeziehung des wissenschaftlichen Materials“ bestimmt sei. 15  Theissen, Glaube, 11. Vgl. auch Theissen, Evolution, und Theissen, Indikativ, 188– 237. – Eine ausgeführte Christologie im Kontext naturwissenschaftlichen Denkens entwirft Shults, Christology. 16  Zur ausführlicheren kritischen Rezeption von Theißen vgl. Daecke, Jesus, Lüke, Erkenntnistheorie, und Mortensen, Theologie, 215–218 (zu Lüke s. Anm. 30, zu Mortensen s. Anm. 14). Daecke bespricht die Ansätze von Teilhard de Chardin und Gerd Theißen und entwickelt daraus ein eigenes Modell zu Jesus Christus im Lichte der Evolution.

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theoretische Aspekte der neutestamentlichen Christologie. Theißen skizziert seinen Grundgedanken folgendermaßen: Jesus soll in seinem Wirken und Verkünden erstens als eine „Mutation“ menschlichen Daseins gedeutet werden. Damit wird seine Gestalt in die gesamte Geschichte der Natur und des Menschen eingeordnet. „Mutationen“ sind der Motor jeder Entwicklung. Jesus ist eine „Mutation“ unter vielen anderen. Er ist eine historisch-relative Erscheinung. Und doch bietet der Begriff der Mutation die Chance, die Möglichkeit von etwas grundlegend Neuem in der Geschichte zu denken. Denn Mutationen sind Sprünge in der Entwicklung über das Bisherige hinaus. Jesu Verkündigung und Wirken sollen zweitens als Protest gegen den Selektionsdruck – und damit als Bruch mit der biologischen Evolution – gedeutet werden. Jesus erscheint hier als Vollender der alttestamentlichen Geschichte. Während die Propheten zu dem Gedanken vordrangen: Verhaltensänderung und Umkehr sind besser als Tod, konkretisiert Jesus die geforderte Verhaltensänderung. An die Stelle des Selektionsprinzips tritt das Solidaritätsprinzip. Damit wird der Beginn einer neuen kosmischen Epoche zeichenhaft verwirklicht und die Geschichte des in den Erfahrungen Israels sich offenbarenden Gottes vollendet. Jesu Wirken und Verkündigung sollen drittens als Verwirklichung einer gelungenen „Anpassung“ an die zentrale Wirklichkeit gedeutet werden. In ihm zeigt sich ein mögliches Ziel der Evolution; jenes gigantischen „trial-and-error“-Prozesses, der nach immer adäquateren Anpassungen an die Grundbedingungen der Realität tastet: Diese Grundbedingungen sind so, daß sie ein unbedingtes Vertrauen rechtfertigen – so unbedingt wie kindliches Vertrauen zum Vater.17

Theißen beleuchtet und erläutert diese drei Aspekte, indem er zeigt, dass die Mutationsmetapher in der Lage ist, drei von ihm herausgearbeitete „Aspekte modernen Bewusstseins – Relativität, Bedingtheit und Immanenz – voll zu integrieren, ohne den Zugang zur neutestamentlichen Christologie zu verbauen“,18 dass der Inhalt der Verkündigung Jesu mit einer Tendenz übereinstimme, die in der ganzen kulturellen Evolution zu beobachten sei, nämlich einer „Tendenz zur Selektionsminderung“,19 dass es sich bei der Verkündigung Jesu um keine „illusionäre Verzerrung der harten Grundbedingungen der Realität“20 im Sinne einer illusionären Utopie oder einer illusionären Regression handelt, sondern gerade „im Lichte evolutionstheoretischer Betrachtung eine Wahrheit“21 enthüllt werde, die auch nüchternem modernen Bewusstsein zugänglich ist: „Der 17  Theissen, Glaube, 114. Vgl. auch Theissen, Indikativ, 188–192. 18  Theissen, Glaube, 136. 19  Ebd., 144. Vgl. ausführlich Theissen, Indikativ, 188–237. – Zum Verhältnis von „biologischer Evolution“ und – wenn man diesen Begriff akzeptieren kann – „kultureller Evolution“ vgl. Meisinger, Evolution. S. auch Theissen, Christologie, 232–234. 20 Theissen, Glaube, 152. 21 Ebd., 161.

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Mensch steht am Übergang zu einer neuen Evolutionsphase“22, in der allein zwischenmenschliche Solidarität der zentralen Wirklichkeit, die „Liebe“ ist, gerecht wird.23 Theißen baut dabei auf ein „Grundvertrauen in die Wirklichkeit überhaupt“24 – Gott spielt nicht mit falschen Würfeln, sondern viele „Volltreffer“ zeigten sich in der Entstehung des Lebens. Auch „der Prophet aus Nazareth“ sei „solch ein unwahrscheinlicher ‚Treffer‘. Was in seiner Gestalt einmal möglich war, ist für alle Zukunft als Möglichkeit nicht ausgeschlossen. Es kann sich wiederholen. Es stimmt mit den Grundbedingungen der Realität überein.“25 Als „Antizipation zukünftiger Möglichkeiten“ ist nach neutesta­ mentlichen Aussagen der „Geist“ anzusehen: „Dieser Heilige Geist ist die intuitive Gewißheit menschlicher Lebewesen, daß auch ihre derzeitige Lebensform nicht endgültig sein muß. Im Spiel der Welt ist noch mehr drin! ‚Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden.‘ (1 Joh 3,2). Oder genauer: Es ist schon erschienen – in Jesus. Die Erinnerung an ihn hält jene intuitive Gewißheit am Leben, daß sich der Mensch noch in unbekannte Möglichkeiten hinein verwandeln kann.“26 Jesus selbst und die Evangelisten sprachen in Logien und Gleichnissen über diese „unbekannten Möglichkeiten“, denn, so Theißen, Dichtung lasse dem Hörer Freiheit: „Sie sagt nicht: dies oder jenes mußt du glauben. Sie will seine Wahrnehmungsstruktur so verändern, daß er im Leben selbst jene Erfahrungen macht, für die ihm bisher der Blick fehlte.“27 Von daher folgert 22 Ebd., 161. 23 Das Bekenntnis des Molekulargenetikers Carsten Bresch (Bresch, Zwischenstufe, 298) kann Theißen (Theissen, Glaube, 210) uneingeschränkt übernehmen: „Elementarteilchen ziehen sich an. Atome gehen Bindungen ein. Zellen werden zur Menschheit. In allen Phasen der Evolution besteht das ewig gleiche Ziel, durch Vereinigung Teil eines Mehr zu werden. Bereitschaft zur Integration ist die Urkraft aller Entwicklung. Auf der Stufe des Menschen nennt man das ‚Liebe‘. Mehr Liebe zur Menschlichkeit braucht der Mensch, mehr Bereitschaft, sich in die Lage des anderen zu versetzen, mehr Barmherzigkeit für die Hilfebedürftigen, mehr Solidarität für die Schwachen, mehr Verantwortung jedes einzelnen für das Ganze.“ Theißen kommentiert: „Es bedarf keines Kommentars: Wenn dies Bekenntnis einen wirklich vorhandenen Zug der Realität trifft, so hätten die Propheten, Jesus und das Urchristentum einen wichtigen Platz in der Gesamtevolution. Denn hier finden wir eine Gesamtdeutung der Wirklichkeit, in der die Liebe Grund und Sinn des Universums ist.“ (ebd., 210). Für eine „Biologie der Liebe“ mit einer synthetischen, zusammenfügenden Denkweise plädiert Hüther, Liebe. Diese solle die Stelle der alten Biologie der Angst einnehmen, die auf einer analytischen, zerspaltenen Denkweise beruhe. Theissen, Indikativ, 216, zitiert den Wissenschaftler H.M. Kepplinger: „Gott sei für ihn ‚eine Hypothese, die auch dann mehr positive als negative Auswirkungen auf die Lebenden hat, wenn sie falsch ist.‘ Doch dann fügte er hinzu: ‚Die Liebe ist eine Ahnung von dem, was sein könnte, wenn die Hypothese richtig ist‘.“ 24  Theissen, Glaube, 208. 25  Ebd., 208. 26  Ebd., 209. 27  Ebd., 161.

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Theißen selbst für die Rede von Gott: „Daß Jesus von Gott nicht in Dogmen, sondern in Dichtungen gesprochen hat, sollte zum Ausgangspunkt all unserer Bemühungen werden, von Gott zu reden.“28 Dieser beeindruckende, sicherlich entwicklungsfähige29 und in sich homogene und geschlossene Entwurf einer evolutionstheoretischen Betrachtung des biblischen Glaubens zeigt die Möglichkeiten auf, die in der Verwendung neuer Bilder und Metaphern als Ausdrucksformen für zentrale Inhalte christlichen Glaubens liegen. Sicherlich gibt es Defizite, auf die vor allem der Biologe und katholische Theologe Ulrich Lüke kritisch aufmerksam macht.30 Doch überwiegt bei mir eine möglicherweise nicht letzt-begründbare Faszination für die Möglichkeiten, die sich mit einem solchen Entwurf auftun – im interdisziplinären Gespräch,31 aber auch in gesellschaftspolitischer Hinsicht. Theißen unterbreitet selbst einen Vorschlag, mit dem er für einen „dritten Weg“ plädiert: „Religion sollte in der wissenschaftlich verwalteten Gesellschaft die konstruktive Opposition einer kognitiven Minderheit sein, die sich ihrer Mitverantwortung bewußt ist, auch wenn sie nicht in der Regierung sitzt.“32 Damit setzt er sich von zwei anderen, einander entgegengesetzten Möglichkeiten ab, von zwei „Versuchungen“33: die einer „großen Koalition“ zwischen Religion und wissenschaftlich verwalteter 28  Ebd., 162. – Die wichtige Frage nach Gottesbildern und dem Bilderverbot kann hier nicht aufgegriffen werden. Vgl. jedoch Hofmeister, Gott. 29  Theissen, Indikativ, 234–237, bezeichnet den „Versuch, die Evolution in den biblischen Schöpfungsglauben einzuzeichnen und gleichzeitig den biblischen Glauben in die Evolutionstheorie“ als „ein unvollendetes Projekt. Vielleicht soll es unvollendet bleiben. Denn in einer von uns nie überschaubaren Wirklichkeit ist wichtiger als eine theoretische Gesamtsicht der Wirklichkeit ein innerer Kompass, der uns die Richtung weist. Diesen ethischen Kompass meine ich, im antiselektiven Imperativ und seiner Begründung in einem antiselektiven Indikativ gefunden zu haben. Er wurde in der Bibel entdeckt und bewusst gemacht.“ 30  Vgl. Lüke, Erkenntnistheorie, 119–128, der seine Kritik in für ihn typischer Weise prägnant formuliert (128): „Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas.“ Lüke kritisiert insbesondere, dass – trotz einer solchen Ankündigung durch Theissen, Glaube, 23 – keine wirkliche Auseinandersetzung mit der evolutionären Erkenntnistheorie stattfinde, sondern eine „ganz allgemeine Evolutionstheorie zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen“ werde, bei der die zentralen Termini der Evolutionstheorie mit einer „erstaunlichen Freizügigkeit“ (Lüke, Erkenntnistheorie, 120) gehandhabt würden. Gnade vor Recht: Der Wille ist zu loben, auch wenn in der Durchführung deutlich werde, dass dergleichen nicht unmöglich ist, aber „der Graben sehr breit geworden ist“ (ebd., 128) zwischen Biologie und Theologie. Nicht erst in Theissen, Indikativ, 201, ist Theißen sich sehr wohl der Tatsache bewusst, dass die Evolutionstheorie nur im Rahmen der Biologie eine „streng wissenschaftliche Theorie“ ist. – Das Verhältnis von biologischer zu kultureller Evolution wird bei der Kritik von Lüke zu wenig bedacht, s. dazu Meisinger, Evolution. 31  Vgl. die grundsätzlich positive Aufnahme durch den Physiker und Philosophen Drees, Schöpfungsgeschichte, 96–103. S. auch Abschnitt 3 in diesem Aufsatz. 32  Theissen, Glaube, 16. Diesen Aspekt scheint Lüke, Erkenntnistheorie, 127, leider nicht zu berücksichtigen, wenn er Theißens Entwurf kritisch bewertet. 33  Theissen, Glaube, 16.

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Welt, bei der Gegensätze vorschnell unter den Tisch gekehrt würden, und die einer „außerparlamentarischen Opposition“, die die modische Kritik an Wissenschaft und Technik anführe. Der Gedanke des „dritten Weges“ lässt sich direkt auf den in diesem Beitrag grundsätzlich geführten Diskussions- und Argumentationszusammenhang übertragen: Neue Bilder und Metaphern, christliche Inhalte zu formulieren, sind gewissermaßen „dritte Wege“ des Gesprächs zwischen Naturwissenschaft und Religion bzw. Theologie, die notwendig für einen kritischen, kreativen und fantasievollen Glauben in der modernen Welt sind. Im anschließenden Abschnitt werden wir uns dieser Frage weiter zuwenden. Auch der Gedanke: Weder Verwischung von Gegensätzen noch alleinige Darstellung der Gegensätze wird ganz am Ende dieses Beitrages nochmals auftauchen, wenn es darum geht, gelingende interdisziplinäre Dialoge zu charakterisieren.

3. Poesie: Naturwissenschaft und Schöpfungserzählung Weshalb eigentlich brauchen wir Bilder und Erzählungen? Eine Antwort auf diese Frage gibt der Physiker und Philosoph Willem B. Drees, indem er „Eine etwas andere Schöpfungsgeschichte“34 erzählt – eine Schöpfungsgeschichte, die auf dem Wissen unserer Zeit basiert und aus Bildern und Metaphern dieses Wissens schöpft. Er greift auf Schöpfungsgeschichten zurück, weil Menschen mit deren Hilfe zum Ausdruck bringen, was sie in der Tiefe bewegt und berührt, womit sie ringen oder wofür sie dankbar sind. Und weil Schöpfungsgeschichten die Grenzen des eigenen Weltbildes überschreiten, Menschen mit ihnen ihr Dasein und ihr Zusammensein interpretieren und die Fragen nach Wahrheit und Werten berührt werden. Denn Geschichten, „Stories“ – so hat der Theologe Dietrich Ritschl35 gezeigt – bringen die Identität eines Menschen wie einer Gruppe zum Ausdruck. Dabei ist die Gesamt-Story eines Lebens niemals vollständig bekannt und erzählbar. Die Identität des Einzelnen wie der Gruppe bildet sich, indem verschiedene Teil-Stories jeweils neu zu einer Meta-Story zusammengefügt werden. Drees schafft so etwas wie eine evolutionäre „Meta-Story“ mit seiner „etwas anderen Schöpfungsgeschich­ te“. Aus ihr greife ich in Anlehnung an eine weitere Veröffentlichung von ihm vier „Akte“ heraus.36 34  Drees, Schöpfungsgeschichte. Vgl. Drees, Creation. 35  Ritschl, Story. 36  Drees, Schöpfungserzählung. Der Abdruck der folgenden vier Akte (kursiv hervorgehoben) erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors Willem B. Drees und des Peter Lang Verlages, Frankfurt a.M.

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Der erste Akt: Horizont des Nicht-Wissens Es gab einst eine Zeit, als es keine Zeit gab, als Zeit noch nicht war. Diese Zeit, die keine Zeit war, ist ein Horizont des Nicht-Wissens, ein Nebel, in den unsere Fragen entschwinden, und nie kommt ein Echo jemals zurück. Wird es jemals eine Antwort auf alle Fragen zum frühen Weltall geben? Unsere Horizonte können durch die Naturwissenschaften erweitert werden. Dennoch bleiben nach Drees philosophische Fragen offen, die durch die Naturwissenschaft nicht beantwortet werden können: Warum gibt es etwas, und ist nicht nichts? Letztlich bleibe das Dasein ein Mysterium. In seiner weiteren Darstellung werden für Drees zwei Begriffe wesentlich im Bezug auf eine weltanschauliche Interpretation: Integrität und Abhängigkeit. Der zweite Akt: Integrität und Abhängigkeit So klein wie es war, nur auf sich angewiesen, hat das Weltall sich den Raum geschaffen, Kühle und Materie hervorgebracht. In Milliarden von Milchstraßen schuf das Weltall aus Staub Sterne, aus Sternen hat es Staub gebildet. Viel später hat sich aus dem Staub von Sternen, dem Staub von Sternen von Staub unsere Sonne zusammengewirbelt und aus kleinen Resten die Erde, unsere Heimstatt. Nach zehn Milliarden Jahren wurde es so Abend und Morgen: der erste Tag. Das Weltall gehorcht in seiner Entwicklung sehr genau bestimmten Regelmäßigkeiten, den Naturgesetzen. Es ist keine Marionette, bei der noch jemand an den Fäden zieht: Es ist autark. Gleichzeitig wird offensichtlich, dass alles, was ist, voneinander abhängig ist. Auch der Mensch besteht aus

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Staub – in naturwissenschaftlicher Präzisierung nicht nur genommen von der Erde (Gen 2,7), sondern aus Staub von Sternen. Auch Kultur und Religion gehören zu dieser neuen Schöpfungsgeschichte, gewissermaßen als dritter Akt: Der dritte Akt: Kultur und Religion Religion Zement des Stammes, Mächte des Waldes, der Berge, des Sturmes, des Meeres, Geburt und Tod, mehr als das unmittelbare Eine sollen, dazugehören, übermächtig die Götter. Gestern, vor zehntausend Jahren, schlug Kain Abel, seinen Bruder, tot, beschämt essen wir Bauern das Brot, die Erde schreit, vom Blut für immer rot? Eine neue Zeit, ein Prophet warnt Fürsten und Volk, ein Zimmermann erzählt: „Ein Mann von Räubern zusammengeschlagen, wurde gesund gepflegt von einem Feind.“ Religionen sind ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Evolution. Sie erst haben es ermöglicht, dass über Kooperation und Altruismus größere Gruppen entstanden sind – wesentliche Merkmale unserer Kultur.37 Doch während die älteren Stammesreligionen noch stark auf das Fortbestehen der sozialen oder kosmischen Ordnung ausgerichtet waren, entwickelten die jüngeren Weltreligionen, die in der von Karl Jaspers so genannten „Achsenzeit“ zwischen 800 und 200 vor Beginn unserer Zeitrechnung entstanden, ein prophetisches Verlangen: Sie setzten sich mit Situationen auseinander, die nicht länger hingenommen werden konnten. Drees macht genau dies unter anderem an der Erzählung vom barmherzigen Samariter deutlich. Jesus habe mit seinen Gleichnissen und Geschichten dazu eingeladen, diejenigen zu beachten, die ausgeschlossen waren: „In der Einladung an die, die für sich keine Zukunft mehr sahen, sprechen der prophetische Protest und das

37  Vgl. Meisinger, Liebesgebot, zum Verhältnis von soziobiologischer Altruismusforschung und dem Liebesgebot im Neuen Testament.

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prophetische Verlangen zu uns. Grenzen werden aufgehoben; der Fremdling versorgt den Verletzten.“38 Drees blickt dabei in naturalistischer Perspektive auf den Zimmermannssohn Jesus, nicht auf den Christus des Glaubens. Und da der „kosmische Christus“ nach Ansicht von Drees den historischen Jesus von Nazaret, den Juden, zu sehr aus dem Bild geraten lasse, äußert er viel Sympathie für den Ansatz von Gerd Theißen, den „irdischen, historischen Jesus in eine evolutionäre Perspektive einzuordnen“39 und in ihm eine Mutation in der Kulturgeschichte zu sehen, die etwas unvorhersagbar Neues hervorgebracht habe. Seiner Meinung nach biete das „vielleicht auch die Möglichkeit, unserer Frage zur Bedeutung von Jesus gerecht zu werden, im Wissen über andere evolutionäre Ereignisse irgendwo im Weltall.“40 Anders als es Theißen in der Drees’schen Lesart vornimmt, sieht Drees keinen Grund, eine bestimmte Mutation (Jesus) von allen anderen Mutationen abzugrenzen. Insbesondere spricht er sich gegen einen Partikularismus einer religiösen Tradition aus, da dieser „für die systematische Formulierung eines lebendigen Glaubens nicht notwendig“41 sei: „Eine bestimme Art der exklusiven Absolutheit ist zurückgewiesen, nicht aber das Bekenntnis, daß in ihm [Jesus] das Herz Gottes sichtbar geworden ist. Darum sind wir nicht aus dem Nachdenken über die Bedeutung der merkwürdigen Gestalt Jesus, die Christus genannt wird, entlassen. Und vielleicht können wir auf seinem Weg bereit sein zum Lernen, auch von eventuellen außerirdischen Wesen, um liebevoller und verantwortungsbewußter zu werden.“42 Mit der Aufhebung von Grenzen und dem Appell zu mehr Verantwortung kommen wir zum vierten und „letzten“ Akt: Der vierte Akte: Kritik und Verantwortung Sehen, messen und zählen, Wissen erproben und Macht. Aufklärung Auszug aus der Unmündigkeit. Mit unserem Kästchen voller Buchstaben und Geschichten auf dem Weg 38  Drees, Schöpfungsgeschichte, 52. 39  Ebd., 99. 40  Ebd., 99. 41  Ebd., 102. M.E. wird Drees hier Theißen nicht gerecht, denn auch Theißen vertritt keinen Partikularismus oder eine exklusive Absolutheit. 42  Ebd., 102f. Hier trifft er sich wieder mit den Grundüberlegungen von Gerd Theißen, bei dem Liebe und Solidarität eine wichtige Rolle spielen.

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in dieser Zeit. Zwischen Hoffen und Angst unsere Nächsten, das Leben hier auf der Erde, zwischen Hoffen und Angst das große Projekt von Denken und Mitgefühl, auf einem Weg in Freiheit. Kritisches Denken zeigt sich nicht nur in den Naturwissenschaften, sondern schlägt sich auch in einem historisch-kritischen Zugang zur Bibel nieder – einer kritischen Selbsterforschung einer religiösen Tradition, der dieser bis dahin unbekannt war.43 Die Schöpfungsgeschichte wird darin als Mythos erfahren, vergleichbar mit Schöpfungsmythen anderer Religionen. Unsere Freiheit besteht darin, unablässig die eingeschlagenen Wege des Denkens und des Mitgefühls weiter zu gehen. Ein Loblied der Schöpfung sei angemessen, so Drees. Aber die Schöpfung laufe nicht auf einen Ruhetag hinaus, an dem die erworbenen Reichtümer in Vitrinen ausgestellt werden könnten. Den Weg der Freiheit dürfen wir immer wieder neu einschlagen. Die Freiheit, die Drees sich nimmt, poetisch vorzugehen und „Eine etwas andere Schöpfungsgeschichte“ zu erzählen, bereichert meines Erachtens die zu eindimensional-kognitiv geführten Gespräche zwischen Naturwissenschaften und Theologie bzw. Religion enorm – zumal diese Gespräche ja nicht zwischen den jeweiligen Fachbereichen geführt werden, sondern von den Menschen, die in ihnen arbeiten. Menschen aber brauchen Bilder, als Menschen erzählen wir Geschichten und können auf diese nicht verzichten. Sie sind Teil von uns selbst. So wie sie schon Teil von Jesu Leben und Wirken waren. Die poetische Kraft eines Mythos gilt es zu entdecken – auch, indem wir ihn kreativ verfremden, wie es Drees exemplarisch vorführt. Dadurch gewinnen wir zugleich neue Zugänge zu den zugrundeliegenden, „alten“ Texten und deren Tiefendimension, deren „impliziten Axiomen“44 oder „Grundmotiven“45. Denn solche Grundmotive bestimmen sowohl den „Geist des Glaubens“ als auch das moderne, säkulare Bewusstsein. Strukturell in 43  Vgl. Schmidt, Evolution. Schmidt sieht dringenden Handlungsbedarf, das Evolutionsparadigma in das Verständnis von Religion und Gott zu integrieren, und schlägt eine „evolutionäre Religionstheorie“ als „dritten Ort“ des interdisziplinären Gesprächs vor. Zur Evolution der Religiosität vgl. Vaas/Blume, Gott. 44  Vgl. Ritschl, Logik, und ders., Erfahrung. 45  Vgl. Theissen, Zeichensprache, und ders., Überzeugungskraft.

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etwa gleiche Saiten werden in uns zum Schwingen, zur Resonanz gebracht. Damit werden ein gegenseitiges Verstehen und ein wechselseitiger Dialog erst möglich. Es erschließt sich ein Resonanzfeld der Wirklichkeit – aus der Perspektive Theißens eine vorrangige Aufgabe der Religion.46 Dieser wechselseitige Dialog gelingt meiner Meinung nach ebenfalls dem Schweizer Astrophysiker Arnold Benz, auch wenn dieser einen anderen Zugang als Drees wählt. Während Drees eine naturalistische, auf wissenschaftlicher Forschung basierende neue Erzählung formuliert, greift Benz auf die sprachlichen Muster biblischer Texte zurück, um seinem Glauben vor dem Hintergrund naturwissenschaftlicher Erfahrung und astrophysikalischen Arbeitens Ausdruck zu verleihen. Eine seiner Kernthesen lautet: „Es gibt keine naturwissenschaftlich beweisbare Hoffnung.“47 Wohl aber ist es seiner Meinung nach möglich, mit dem naturwissenschaftlichen Muster „Entstehung von Neuem“ die christliche Hoffnung als Metapher verständlich zu machen. In einem den „Ich-bin-Worten“ des Johannesevangeliums nachempfundenen, neuen „Ich-bin-Wort“ Jesu formuliert Benz diese Hoffnung auf Neues, die er so nicht in den Naturwissenschaften wiederfindet, in naturwissenschaftlicher Metaphorik: Jesus sagt: Ich bin das wahre Neue. Wer auf mich vertraut, hat teil am Sinn des Ganzen trotz Zerfall und Tod, auch wenn die Sonne verglühen, die Erde sich im Raum verirren und das Universum zerstrahlen wird.48 Benz will damit erfahrbar ausdrücken, dass „Zeit nicht nur als Folge kausaler oder zufälliger Vorgänge und als unendlich kurze Gegenwart“ wahrgenommen werden kann, wie dies in den Naturwissenschaften geschieht. Vielmehr komme aus einer christlichen Perspektive „die erwartete Zukunft ins Blickfeld, und die Zeit erhält eine Dimension. Es ist die Dauer des Wartens, bis das Neue eintrifft“49. Diese Art der Wahrnehmung durch auf46  Vgl. ders., Argumente, 79: „Religion ist nicht nur Sensibilität für Resonanz und Absurdität, sie ist Identifikation mit dem Resonanzfeld der Wirklichkeit und Widerstand gegen ihre Absurdität. Sie ist unbedingte Motivation zur Verwirklichung eines immer umfassenderen Resonanzfeldes der Wirklichkeit.“ 47  Benz, Zukunft, 207. 48  Ebd., 210. 49  Ebd., 210. – Einen faszinierenden, auch die Theologie anregenden Entwurf zu einer zweistelligen Verschränkung der Zeitmodi Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im Anschluss an die Zeitphilosophie von Georg Picht entwickelt Müller, Land. Zum Thema Zeit und Ewigkeit in Kirche, Naturwissenschaft und Theologie hat Jackelén, Zeit, eine großartige Ausarbeitung vorgelegt.

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merksames Warten verlange Geduld und sei bereit, „sich auf eine wechselseitige Beziehung zur Wirklichkeit einzulassen.“50 Bei aller Verschiedenheit der Ansätze von Drees und Benz sind beide hervorragende Beispiele für die Suche nach neuen Bildern und Metaphern, mit denen sie ihren Glauben in einem naturwissenschaftlichen Kontext darstellen und dabei auf Bilder und Metaphern aus christlichen und christologischen Zusammenhängen zurückgreifen.51 Sie eröffnen damit Wege einer wechselseitigen Beziehung von Naturwissenschaft und Theologie oder Wissen und Glauben, die zu einer eigenen Horizontüberschreitung einladen. Damit wende ich mich der bildenden Kunst zu, die für meine Überlegungen zur Bedeutung von Bildern und Metaphern einen wichtigen Beitrag leisten wird.

4. Bildende Kunst: Schöpfung und Heilung Zwei Kirchenfenster in der Barockkirche von Darmstadt-Wixhausen und ein modernes Rundfenster in dem daneben stehenden Kindergarten sind mir besonders wichtig für den Fortgang meiner Argumentation. Besser als an diesen Fenstern, ihrer Entstehung und ihrer Wirkungsgeschichte kann der wechselseitige Dialog der „Zeichensprache des Glaubens“52 mit der Zeichensprache der modernen Welt als kommunikativer Prozess fast nicht dargestellt werden – auch im Hinblick auf christologische Überlegungen. Diese Fenster greifen Ergebnisse aus der Forschung im GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung bei Wixhausen auf, einer der bedeutendsten Einrichtungen physikalischer und biophysikalischer Grundlagenforschung weltweit, an der unter anderem die Elemente 107–112 unseres Periodensystems entdeckt wurden. Das Element mit der Ordnungszahl 110 wurde im Dezember 2003 offiziell auf den Namen Ds/Darmstadtium getauft. Über viele Jahre hinweg bestand in Wixhausen ein Kreis „Theologen und Physiker im Gespräch“, in dem Erkenntnisse und Anwendungen der modernen Physik in Zusammenhang mit religiösen Themen und Fragestellungen diskutiert und über Vortragsveranstaltungen in der Kirche selbst der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Auch aus dieser fachübergreifenden Zusammenarbeit heraus war die Idee zur Gestaltung der beiden Kirchen50  Benz, Zukunft, 210. 51  Nicht vergessen werden soll an dieser Stelle Ernesto Cardenal, der ebenfalls von naturwissenschaftlicher Einsicht geprägte Schöpfungspsalmen verfasst hat, auch wenn ich mich in meiner Darstellung auf zwei Physiker beschränke. Vgl. Cardenal, Liebe. Theissen, Indikativ, 191, zitiert den Anfang eines Psalms von Cardenal. 52  Vgl. Theissen, Zeichensprache, und Parmentier, Inspiration.

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fenster erwachsen, die 1997 installiert wurden. Bevor ich auf diese gleich ausführlicher zu sprechen komme, einige Bemerkungen zu dem Rundfenster, das im Kindergarten zu sehen ist.53 Dieses Fenster wurde im Jahr 2003 von Hans-Eberhard Ruhl, dem damaligen Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Wixhausen, entworfen und zeigt seine reflektierte und intensive Leidenschaft für Theologie, Kunst und Naturwissenschaft.54 Es ist dem an der GSI entdeckten Element „Darmstadtium“ gewidmet, das im Periodensystem der Elemente die Nr. 110 trägt – ersichtlich im unteren Bereich. Daneben ist ein Kreisel abgebildet, der ebenso wie die Bewegung im Glas selber symbolisiert, wie alles Leben ständig im Fluss ist und sich entwickelt, dass die Zeit alles bewegt. Eine symbolische Darstellung des Zerfalls eines Elementes im linken Bereich und die Formel für die Heisenbergsche Unschärferelation ergänzen die recht konkrete naturwissenschaftliche Symbolik. Das rote Dreieck als Symbol für Gott wirkt in die Welt hinein, ein stilisiertes Kreuz in Form eines „T“ dringt aus der göttlichen Sphäre in die Welt, gemeinsam mit einem Zeichen für Barmherzigkeit – verbunden auch durch eine goldfarbene „Sichel“, die aus dem Material eines Targetrads der Versuchseinrichtungen im GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung entnommen ist. Jesus der Christus taucht damit fast in der Mitte des Rundfensters auf, verbindet göttliche und menschliche Welt miteinander und das alles in einem nahezu vollendeten Rund gefasst – der kosmische Christus lässt sich vorsichtiger und leiser, aber auch sensibler fast nicht darstellen im Kontext eines mit physikalischer Symbolik „spielenden“ Kunstobjektes. Einen anderen, ebenso faszinierenden Zugang wählte der Künstler Thomas Duttenhoefer mit seinen beiden Kirchenfenstern, auf die wir nun einen Blick werfen werden.

53  Ich danke der Ev. Kirchengemeinde Wixhausen, Herrn Pfarrer Hans-Eberhard Ruhl und dem GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung für die Genehmigung zum Abdruck der Bilder. Die folgenden Abbildungen finden sich jeweils als Farbversion auf der Home­page des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht unter www.v-r.de/fstheissen. 54  Vgl. Ruhl, Kunst.

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Das Nordostfenster (links) stellt anhand von Ergebnissen aus der biologischen Forschung und mit Blick auf eine neu entwickelte Tumortherapie bei der GSI die Nutzbarmachung von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen zum Wohle des Lebens dar. Es zeigt im linken oberen Teil die DoppelhelixStruktur der DNA. Rechts oben ist die Energiedosis der Bestrahlung in Abhängigkeit von ihrer Eindringtiefe zu sehen – einerseits für herkömmliche Gammastrahlen (die stark ansteigende, dann langsam abfallende Linie), andererseits für Ionenstrahlen, die den Vorteil haben, nahezu ihre gesamte Energie am Bahnende, also im Tumor selbst abzugeben und diesen zu zerstören, ohne auf dem Weg dahin viel gesundes Gewebe zu beschädigen. Dies zeigt die Kurve mit der deutlichen Spitze am Ende, bevor sie dann fast senkrecht absinkt. Unterhalb dieser Darstellung ist annähernd symmetrisch die Überlebenswahrscheinlichkeit der Zellen im Gamma- und Ionenstrahl abgebildet – je tiefer die Kurve geht, desto unwahrscheinlicher wird die mit Gamma- oder Ionenstrahlen beschossene Zelle überleben. Das Südostfenster (rechts) hebt auf die Entstehung der chemischen Elemente im Universum, die Nukleosynthese im Verlauf gewaltiger Supernova-Explosionen, ab. Es zeigt rechts neben der Darstellung des Halleyschen Kometen (als Sinnbild des Sterns über Betlehem zu Jesu Geburt)55 im linken oberen Teil die Häufigkeitsverteilung der Atomkerne im Sonnensystem als Funktion ihrer Masse. Darunter, über die ganze Fensterbreite gehend, ist die 55  �������������������������������������������������������������������������� Im Laufe der Jahrhunderte gab es zum Stern über Betlehem verschiedene Deutungsversuche, von denen die Bezugnahme auf den Halleyschen Kometen, der in den Jahren 12–11 v. Chr. als Himmelsphänomen zu sehen war, eine ist. Heute wird der Stern meist literarisch gedeutet – vgl. ausführlicher Küchler, Stern.

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Bindungsenergie pro Nukleon als Funktion der Massenzahl dargestellt – gewissermaßen das, was die Welt im Innersten zusammenhält.

In beeindruckender Weise findet sich so naturwissenschaftliche For​schung in einem kirchlichen Raum wieder – aus der Perspektive der Besucherinnen und Besucher der Kirche angeordnet rechts und links sowohl oberhalb des Kreuzes auf dem Altar als auch neben der Orgel auf der Empore hinter dem Altar. In christologischer Zuspitzung wären die beiden Fenster Symbole zum einen für den kosmischen Christus, zum anderen für Jesus den Galiläer als Heilenden und Arzt. Auf Postkarten, die in Zusammenarbeit zwischen Kirchengemeinde und GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung entstanden sind, werden die Fenster, die Inhalte aus den Naturwissenschaften in den Raum der Kirche hineintragen, in den wissenschaftlichen Kontext der Arbeit an der GSI reintegriert: Das „Schöpfungs-Fenster“ vor einer Supernova-Explosion (SN 1987 A) im Bildhintergrund, schematisch umrahmt vom Experimentierspeicherring und über dem schematisch dargestellten Fragmentseparator der GSI. Das „Heilungs-Fenster“ digital integriert im Behandlungsraum am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung mit dem goldfarbenen quadratischen Fenster, aus dem der Ionenstrahl die Patientin bzw. den Patienten erreicht. An welcher Stelle der Strahl seine größte Wirkung entfaltet, zeigt die Positronen-

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emissionstomographie-Aufnahme oben links. Links unten sind die therapeutisch wichtigen Schädigungen aufgezeigt, die ein einzelnes Kohlenstoff-Ion in der Materie erzeugt. Sie führen zu irreparablen Doppelstrangbrüchen der Erbinformation DNA in der Tumorzelle – mit dem Ziel der Heilung der Patientin bzw. des Patienten.56 Diese gerade auch in den Postkarten sichtbar werdende wechselseitige Integration von religiösen und säkularen Weltbildern ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie wir „mehr tun können, als nur über unseren Glauben nachzudenken“, wie ich es eingangs mit den Worten Alister McGraths formulierte, und wie es gelingen kann, christliche Konzepte in säkulare Kontexte zu integrieren, ohne dabei konfessorisch zu werden. Im Gegenteil: Diese wechselseitige Integration stimuliert die Fantasie und erzeugt Lust, diesen kreativen Weg selbst zu beschreiten. Mit Unterstützung des Darmstädter Chemie-Professors Jürgen Brickmann, der sich zugleich als Maler und Künstler einen Ruf verschafft hat, habe ich versucht, mit unterschiedlichen Gruppen diesen Weg zu beschreiten. Mit den dabei gesammelten praktischen Erfahrungen, einen „dritten Weg“ zu gehen, will ich diesen Beitrag abschließen.

5. „Digitale Emotionen“ Jürgen Brickmann arbeitet mit „Computerschrott“: Alte Platinen ausrangierter Computer – Grafikkarten, Speicher, Mainboards und anderes – werden sorgfältig bearbeitet, so dass keine Verletzungsgefahr mehr besteht, und anschließend einem neuen Zweck zugeführt: der Gestaltung von Gemälden. Ausstellungen, die er arrangiert hat, überschrieb er mit „Digitale Emotionen“. Darin werden Exponate präsentiert, die Collagen aus ausgedienten Computerplatinen sind, die „mit emotionsbetonter Ölmalerei zu neuen Formen verbunden werden. Die innere Ästhetik der Bauelemente und der sie verbindenden Leiterbahnen wird dabei zu neuer Bedeutung erhoben“, heißt es dazu in einem Flyer zu einer Ausstellung im Mai/Juni 2006 in Heidelberg – dem theologischen Wirkungs­ort Gerd Theißens. Genau diese „Technik“ der Malerei konnten Studierende der Evangelischen Studierendenund Hochschulgemeinde Darmstadt an einem Projekttag im Sommersemester 2006 und Pfarrerinnen und Pfarrer im Rahmen eines Pastoralkollegs zum Thema „Glauben und Verstehen. Auf der Grenze zwischen Naturwissenschaft und Theologie“ im Frühjahr 2007 erproben. Dabei 56  Seit dem 2. November 2009 wird diese Therapieform im Heidelberger IonenstrahlTherapiezentrum (HIT) angewandt. S. www.hit-heidelberg.com.

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Christologische Metaphern und Bilder in der modernen Welt

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wurden technische Artefakte zu Ausdrucksmitteln, innere Bilder,57 Brickmann spricht von „Urbildern“,58 auf eine Leinwand zu bringen. Die Intensität, mit der beide Gruppen jeweils malten, war nicht weniger beeindruckend als die Ergebnisse, die erzielt wurden.59 Und nicht nur einmal wurde ein „Künstler“ neu entdeckt, so dass selbst Jürgen Brickmann bei einem Bild, in das der Künstler noch Äste integriert hatte, feststellte: „Diese Idee hatte ich selbst noch nie. Wenn Sie mir erlauben, werde ich sie in meiner zukünftigen Arbeit aufgreifen.“60 Aus der Vielzahl der entstandenen künstlerischen Werke greife ich eines heraus, dessen Motiv ich als stilisiertes Kreuz mit Andeutungen eines Lebensbaumes mit seinen vielfältigen Verzweigungen deute – Wachsen und Vergehen, Tod und Auferstehung Christi in moderner Interpretation.61 Warum ich mit diesen Überlegungen schließe? Für Jürgen Brickmann ist es weniger die Neugier, die das Menschsein auszeichnet. Vielmehr sind es Fantasie und Kreativität, die Menschen immer wieder dazu bringen, eigene Horizonte zu überschreiten.62 Sie sind auch die stärksten Antriebe des naturwissen­ schaftlichen und künstlerischen Schaffens von Jürgen Brickmann.63 Dies hat er, der Chemiker und Maler, in eigener Grenzüberschreitung nicht nur mit dem Tänzer und Choreographen Robert Solomon im Tanztheater „Kekulé’s 57  Vgl. Hüther, Bilder. „Innere Bilder“ sind Vorstellungen, die uns bestimmen, genauso wie Visionen und Ideen davon, was wir möglicherweise erreichen wollen. – Die wichtige Frage nach Gottesbildern und dem Bilderverbot kann hier jedoch nicht aufgegriffen werden. Vgl. Hofmeister, Gott. 58  Brickmann, Schwestern, 20f. 59  ������������������������������������������������������������������������������ Das hier abgedruckte Gemälde ist der Seite http://www.bibelwelt.de/html/kunstwerkstatt.html entnommen, auf der die Ergebnisse des pastoralen Workshops präsentiert werden. 60  Wörtliches Zitat von Jürgen Brickmann während des Pastoralkollegs. – Zu einem reflektierten Verständnis von Kunst als sozialer Praxis, die Verantwortung für die Gesellschaft und die Umwelt übernimmt, vgl. Steinmann, Notes. 61  ����������������������������������������������������������������������������� Vgl. das Lied „Holz auf Jesu Schulter“ von Jürgen Henkys im Evangelischen Gesangbuch, EG 97, 1.6: 1. „Holz auf Jesu Schulter, von der Welt verflucht, ward zum Baum des Lebens und bringt gute Frucht. Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.“ 6. „Hart auf deiner Schulter lag das Kreuz, o Herr, ward zum Baum des Lebens, ist von Früchten schwer. Kyrie eleison, sieh, wohin wir gehn. Ruf uns aus den Toten, lass uns auferstehn.“ 62  Vgl. auch Mortensen, Theologie, 253, dem zufolge der dänische Philosoph Løgstrup neben der Wahrnehmung als zweite wichtige Daseinsäußerung die „Phantasie“ nennt. 63  Vgl. Brickmann, Schwestern, 20f. In dieser Hinsicht trifft er sich mit McGrath, ohne aber als gleichfalls Chemiker dessen Theologie zu teilen oder dessen Ziele zu verfolgen, den Glauben zu stärken oder Zugänge zum Glauben zu ermöglichen.

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Traum“ ausprobiert, das im Jahr der Chemie 2003 am Staatstheater Darmstadt uraufgeführt wurde.64 Er hat es in interdisziplinärer Grenzüberschreitung auch mit Theologinnen und Theologen eingeübt und dabei die Erfahrung gemacht, dass nicht nur die Theologinnen und Theologen bereichert wurden, sondern auch sein eigener Horizont nochmals weiter wurde – in der Begegnung von Menschen, die unterschiedliche Professionen ausüben, aber doch von gemeinsamen Lebensmotiven, Fantasie und Kreativität vorwärts getragen werden. Dies charakterisiert gleichermaßen Gerd Theißen und dessen gesamtes Oeuvre: Es ist geprägt durch eine große Fantasie, Kreativität und Durchdachtheit, sich immer neue Zugänge zu biblischen Texten zu erschließen und dabei Grenzen zu anderen Fachgebieten kenntnisreich zu überschreiten und eigenes und fremdes theologisches Schaffen damit zu bereichern. Das künstlerische Schaffen Jürgen Brickmanns, die hier vorgestellten Beispiele aus Poesie und Bildender Kunst sind ebenso wie das literarische Wirken Gerd Theißens meines Erachtens gelungene Beispiele für sich – zum Teil wechselseitig – bereichernde interdisziplinäre Dialoge. Als solche können sie richtungsweisend für andere interdisziplinäre Dialoge zwischen den jeweils beteiligten Menschen, den Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftlern, den Theologinnen und Theologen, sein – und nicht nur zwischen den Disziplinen, Naturwissenschaft und Theologie. Der dänische Theologe Viggo Mortensen65 umschreibt solche gelingenden interdis­ ziplinären Dialoge mit der Denkfigur einer „freundschaftlichen Wechselwirkung“, bei der sich naturwissenschaftliche und theologische Einsichten oder Überzeugungen weder vermischen noch trennen, sondern im „vereinenden Gegensatz zusammengehalten werden“ und sich gegenseitig ergänzen. Er entwickelt seine Überlegungen im Anschluss an und in Auseinandersetzung mit dem ebenfalls aus Dänemark stammenden Philosophen K.E. Løgstrup, der anhand der klassischen Zweinaturenlehre Christi veranschaulicht, was unter einem vereinenden Gegensatz theologisch zu verstehen wäre.66 Wechselwirkung ist erforderlich, um die eigene Existenz zu 64  Ebd., 29: „Das Tanztheater Kekulé’s Traum ist eines der wenigen Beispiele der echten Zusammenarbeit zwischen Kunst und Naturwissenschaft. Ausgehend vom Konzept, dass spezifische Wechselwirkungen zwischen den ‚Bausteinen‘ eines Szenarios (Atome, Molekülfragmente etc. auf der einen Seite und Tänzer und Tänzerinnen auf der anderen) letztlich für alles maßgeblich sind, was in Raum und Zeit im Szenario passiert, werden Strukturen und Verhaltensweisen generiert und tänzerisch dargestellt.“ 65  Mortensen, Theologie, 262, vgl. 262–277. Zum Folgenden vgl. Meisinger, Relationen. 66  Mortensen, Theologie, 262, formuliert die „Pointe der altkirchlichen Christologie“ folgendermaßen: „Die scheinbaren Gegensätze sind vereint, und nur als vereint vermitteln sie gemeinsam ein wahres Bild vom Verhältnis zwischen den beiden Naturen Christi“. In derselben Weise dürften „Theologie und Naturwissenschaft weder vermischt noch getrennt werden.“

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profilieren und sich ihrer Eigenart, Begrenzung und Stärke bewusst zu machen. Diese „lebendige Wechselwirkung oder organische Interaktion“67 hat vor allen Dingen auch die praktischen Bedingungen eines Dialogs im Auge: „Das lebendige Wort muss der Ausgangspunkt sein, und wenn das Gespräch seinen Lauf nimmt, wird es auch gelingen, die Sache so zu formulieren, wie es gerade jetzt verstanden werden muss.“68 Damit ein Dialog Gestalt annehmen kann, müssen die Teilnehmenden etwas von sich selbst aufgeben und sich im Engagement für die gemeinsame Sache auf das gemeinsame Erkenntnisstreben einlassen. Dabei gilt es, sowohl sich selber und seiner Position nicht untreu zu sein, als auch den Mut zu zeigen, eigene Positionen und Überzeugungen aufs Spiel zu setzen. Ganz im Sinne von Gerd Theißen kann auf diese Weise eine wechselseitige Verständigung erzielt werden, ohne starr auf konfessorischen Positionen zu beharren. Neutestamentliche Christologie in der Art und Weise, wie Gerd Theißen diese im Kontext des Gespräches zwischen Naturwissenschaft und Theologie im besten Sinne kreativ, fantasievoll und reflektiert durchführt, erzielt dadurch einen großen Gewinn in einem säkularisierten Zeitalter, in dem Gott „mitten im Leben als jenseits“69 angesehen werden kann.

Literatur Benz, A., Die Zukunft des Universums. Zufall, Chaos, Gott?, Düsseldorf 1997. Bonhoeffer, D., Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft, München 121983. Bresch, C., Zwischenstufe Leben – Evolution ohne Ziel?, München 1977. Brickmann, J., Digitale Emotionen, Flyer zu einer Ausstellung in der Fachhochschule Heidelberg im Mai–Juni 2006. –, Kunst und Wissenschaft – feindliche Schwestern?, Evangelium und Wissenschaft 31 (1/2010), 18–30. Cardenal, E., Das Buch von der Liebe. Lateinamerikanische Psalmen, Gütersloh 1981. Daecke, S., Putting an End to Selection and Completing Evolution. Jesus Christ in the Light of Evolution, in: S. Andersen/A. Peacocke (Hg.), Evolution and Creation. A European Perspective, Aarhus 1987, 153–161. Drees, W.B., Vom Nichts zum Jetzt. Eine etwas andere Schöpfungsgeschichte (Mensch-Natur-Technik. Beiträge aus christlicher Perspektive 8), Hannover 1998. 67  Mortensen, Theologie, 267, gebraucht diese Begriffe synonym mit „freundschaftlicher Wechselwirkung“. 68  Mortensen, Theologie, 267. 69  Vgl. Bonhoeffer, Widerstand, 177f.

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–, Creation: From Nothing until Now, London 2002. –, Schöpfungserzählung, Naturwissenschaft und Poesie, in: H. Meisinger/ J.C. Schmidt (Hg.), Physik, Kosmologie und Spiritualität. Dimensionen des Dialogs zwischen Naturwissenschaft und Religion (Darmstädter Theologische Beiträge 11), Frankfurt a.M. 2006, 179–199. Hefner, Ph., The Human Factor. Evolution, Culture and Religion, Theology and the Sciences, Minneapolis 1993. Hofmeister, K. (Hg.), Gott ist anders. Du sollst dir kein Bildnis machen (Publik Forum Extra), Oberursel 2007. Hüther, G., Die Evolution der Liebe. Was Darwin bereits ahnte und die Darwinisten nicht wahrhaben wollen, Göttingen 1999. –, Die Macht der inneren Bilder. Wie Visionen das Gehirn, den Menschen und die Welt verändern, Göttingen 72011. Jackelén, A., Zeit und Ewigkeit. Die Frage der Zeit in Kirche, Naturwissenschaft und Theologie, Neukirchen-Vluyn 2002. Küchler, M., „Wir haben seinen Stern gesehen …“ (Mt 2,2), BiKi 44 (1989), 179–186. Lüke, U., Evolutionäre Erkenntnistheorie und Theologie. Eine kritische Auseinandersetzung aus fundamentaltheologischer Perspektive, Stuttgart 1990. McGrath, A., Creation, London 2004. Meisinger, H., Art. Christologie, IV. Formen nichtkirchlicher Christologie, 3. Naturwissenschaftlich, RGG4 II (1999), 321f. –, Art. Kulturelle Evolution, RGG4 IV (2001), 1836f. –, Die Heiligkeit des Lebens – eine verlorene Idee? Spurensuche in der aufgeklärten Welt, in: Ders./J.C. Schmidt (Hg.), Physik, Kosmologie und Spiritualität. Dimensionen des Dialogs zwischen Naturwissenschaft und Religion (Darmstädter Theologische Beiträge 11), Frankfurt a.M. 2006, 133–147. –, Liebesgebot und Altruismusforschung. Ein exegetischer Beitrag zum Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaft (NTOA 33), Freiburg (Schweiz)/ Göttingen 1996. –, Kreative Relationen. Entwürfe der Verhältnisbestimmung von Theologie und Naturwissenschaft, in: F. Vogelsang/Ders. u.a. (Hg.), Theologie und Naturwissenschaft. Eine interdisziplinäre Werkstatt (Begegnungen 18/2005), Bonn 2006, 167–184. Mortensen, V., Theologie und Naturwissenschaft, Gütersloh 1995. Müller, A.M.K., Das unbekannte Land. Konflikt-Fall Natur. Erfahrungen und Visionen im Horizont der offenen Zeit, Stuttgart 1987. Parmentier, E., Die „Zeichensprache des Glaubens“. Inspiration für die Praktische Theologie als theologische Sprachlehre, in: P. Lampe/H. Schwier (Hg.), Neutestamentliche Grenzgänge. Symposium zur kritischen Rezeption der Arbeiten Gerd Theißens (NTOA/StUNT 75), Göttingen 2010, 177–185. Peacocke, A./Pederson, A., The Music of Creation. With CD (Theology and the Sciences), Minneapolis 2005.

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Christologische Metaphern und Bilder in der modernen Welt

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Ritschl, D., Die Erfahrung der Wahrheit. Die Steuerung des Denkens und Handelns durch implizite Axiome, in: Ders., Konzepte. Ökumene, Medizin, Ethik, Gesammelte Aufsätze, München 1986, 147–166. –, Zur Logik der Theologie. Kurze Darstellung der Zusammenhänge theologischer Grundgedanken, München 1984. –, „Story“ als Rohmaterial der Theologie, in: Ders./H.O. Jones, „Story“ als Rohmaterial der Theologie (TEH NF 192), München 1976, 7–41. Ruhl, H.-E., Kunst, Kirche und Dorfmuseum auf dem evangelischen Pfarrhof in Darmstadt-Wixhausen, Wixhausen 2005. Schmidt, W.-R., … im Lichte der Evolution. Überlegungen zu einer evolutionären Religionstheorie, in: G. Souvignier/U. Lüke/J. Schnakenberg/H. Meisinger (Hg.), Gottesbilder an der Grenze zwischen Naturwissenschaft und Religion, Darmstadt 2009, 201–219. Shults, F. LeRon, Christology and Science, Grand Rapids/Cambridge 2008. Steinmann, G., Blue Notes, Nürnberg 2007. Theissen, G., Argumente für einen kritischen Glauben oder: Was hält der Religionskritik stand? (TEH NF 202), München 1978. –, Neutestamentliche Christologie und modernes Bewusstsein, in: P. Lampe/H. Schwier (Hg.), Neutestamentliche Grenzgänge. Symposium zur kritischen Rezeption der Arbeiten Gerd Theißens (NTOA/StUNT 75), Göttingen 2010, 228–247. –, Evolution, in: Th.D. Wabbel (Hg.), Am Anfang war (k)ein Gott. Naturwissenschaftliche und theologische Perspektiven, Düsseldorf 2004, 147–158. –, Biblischer Glaube in evolutionärer Sicht, München 1984. –, Biblischer Glaube und Evolution. Der antiselektive Indikativ und Imperativ, in: Ders., Von Jesus zur urchristlichen Zeichenwelt. „Neutestamentliche Grenzgänge“ im Dialog (NTOA/StUNT 78), Göttingen 2011, 188–237. –, Die Überzeugungskraft der Bibel. Biblische Hermeneutik und modernes Bewusstsein, EvTh 60 (2000), 412–431. –, Zeichensprache des Glaubens. Chancen der Predigt heute, Gütersloh 1994. Theissen, G./Merz, A., Der historische Jesus. Ein Lehrbuch, Göttingen 42001. Vaas, R./Blume, M., Gott, Gene und Gehirn. Warum Glaube nützt. Die Evolution der Religiosität, Stuttgart 2009. Vogelsang, F./Meisinger, H./Moos, T. (Hg.), Gibt es eine Ordnung des Universums? Der Kosmos zwischen Messung, Anschauung und religiöser Deutung, Bonn 2012. Vollenweider, S., Horizonte neutestamentlicher Christologie (WUNT 144), Gütersloh 2002.

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Stellenregister1 1. Biblische Bücher und außerkanonische Schriften

17,15f 42 19,18b 56 20,10 266 21,10 292 24,17 256

1. Altes Testament

Numeri

Genesis 1,1 67 1–3 67 2,7 682 3,24 67 4,23 306 12,3 227 18 178 22,4–19 363 22,4–19 356 25,28 57 29,30–31 57 29,30ff 58 42,17f 356 Exodus 2,2 183 3,6 204 7f 483 8,15 66, 487 12,43–13,16 640 13,9 640 16 640 19,11.16 356 20,12 108 20,13 LXX 264 20,14 LXX 264 20,15 LXX 264 20,17 LXX 264 20,23–26 645 21,12 256 34,40 268 Leviticus 10,1–5 69 11 30, 41 11,4–8 39 11,42 42 11,43–44 42 11,43f 42 13–14 64 13,44f 259 14,1–32 201

14,21 69 19,16 360 19,19 63 22–24 138 24,17 330, 331, 332, 335, 337 35,16–18 256 35,25.28.32 292 Deuteronomium 5,1–6,9 640 5,8f 359 5,17 LXX 264 5,18 LXX 264 6,8 640 6,13 321 10,12–11,21 640 11,18 640 12,5 645 15,9 273 18,10–12 483 21,15 58 21,15–17 57 21,20 21 21,23 160 22,22–24 266 22,23–27 174 Josua 4,14 268 12,8 268 Richter 13 178 20,34.42 487 1. Samuel 1f 178 6,19 69 2. Samuel 5,2 186 6,6–7 69

1. Könige

Joel

2,22 292 17 357

3,1ff 246 3,3 352

2. Könige

Amos

17,24–41 135 22,8 292

6,6 311

Jesaja 1,6 306 1,15ff 48 8,11–13 268 13,10 352 25,6 203, 204 29,13 222 34,4 352 35,5f 118 40–61 470 42,6f 243 53 305, 311 53,5 306 56,7 261, 364 58,6 242, 243, 244 61,1 86, 118 61,1f 242, 243 Jeremia 7,11 261 16,1–9 111 20,7 573, 587 30,10 183 31,31–40 69, 73 31,38–40 69 31,40 69 33,8 48 Ezechiel

Jona 1,1–2,11 356 1,12–15 357 2 352, 353, 354, 356, 362, 363, 367, 368 2,3 357 2,3f.6 356 2,6 361 2,7 361 3 352 Micha 5,1 186, 319 5,1–3 337 7,6 21 Habakuk 2,11 350 Haggai 2,11–13 69 Sacharja 3,3–5 586 9,9 319 11,5 311 14 70 14,20–21 69, 73 14,21 70

16,5 311 24,15–24 111 36,17–36 69 37,21–28 645 37,24ff 335

Maleachi

Hosea

2,7 285 6,4f 270 8,6 285 9,14 LXX 360 18 573 29,2 LXX 360 37,6 306

1 111 1,2 173 2,6 173 6,2 356, 363 6,6 223, 225

1,2b–3 57 Psalmen

1 Die Anordnung und die Abkürzungen des Registers folgen RGG4 bzw. bei den antiken Schriftstellern DNP. Philo und Flavius Josephus werden hier nach den an die Richtlinien des Verlages angepassten Abkürzungen der TRE aufgeführt.

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697

Register 41,6.12 269 42,5 LXX 269 44,7 285 45,6 285 51,4 48 61,3 269 69,10 261 76 453 110,1 226 110,1.4 285

Assumptio Mosis

Sirach

10,1 485 10,1(–3) 65

1,39f 348

6 19 14,8 273 14,10 273 23,10 307 28,17 306 31(34),13 273 38,16 311 50,1 292 51 19

1. Henoch

Testament Dans

37–71 351

5,10–13 65

2. Henoch

Testament Issachars

71 174, 183 92–104 268

3,4 274 7,2 265

Epistula Jeremiae 1.33 311 4. Esra

Sprüche 8,22–9,6 19 Klagelieder 2,2 330 Prediger

Josef und Aseneth

9,5 116

1,1f 182

Esther

Jubiläen

1,1–3 182 4,14 669 4,16–5,3 356 9,26 311

3,9 67 22,16 221 48,9 66

Testament Judas 24,5f 331 Testament Levis 13,2 82 18,3 331

Daniel

Judith

Testament Simeons

1,1–7 182 3,6 182 7,13.22.27 351 10–12 485

1,1–6 182 4,6 292

3f 275

PsPhilo

Esra

ant. 9,1–8 181 ant. 9,13 183

1,1f 182 14,4.8 356

2,46 360 8,15 356

2. Makkabäer 6,27f 268 6,30 268 6,31 268

Nehemia 7,48 360

2. Außerkanonische Schriften neben dem Alten Testament

3. Makkabäer 1,1–5 182 6,8 352 6,8f 356 4. Makkabäer

Aristeasbrief

9,7 268 13,13–15 268

139–142 221

Pseudo-Phokylides

Artapanus

228 48

fr. 3,3–6 181

Sapientia Salomonis

Ascensio Jesaiae

2,24 275

4,22 357 11 169 11,2–15 170

Sibyllinen II 248 357

Tobit

Vita Adae et Evae 27,1.4 67 24,4 67 28,2 67 29,1.3 67 Vitae Prophetarum 10,2 357 10,6 357 10,10f 350

3. Qumran 1QM I,10.16 111 1QM VI,5–6 65 1QM XIV,17 111 1QM XVI,11 111 1QS III,21.24 111 1QS 4,19–23 68 1QSb 5,20–28 335 4Q521 118 4Q521, fr. 2, ii,6 67 4Q560 482 11Q5 482 CD 5,17–19 66 CD 7,18–21 331, 335

4. Neues Testament Matthäus 1 174 1,1 198, 227 1,1–17 562 1,2 204 1,6.16 170 1–11 215 1,18 176 1,18–2,21 174, 175, 176 1,18–2,23 169, 197 1,18–20 170 1,18.20 173 1,18–22 176 1,18–25 170, 173, 176, 183, 228 1,20 176, 227, 228 1,21 170 1,23 176 1,23a 185 1,25 176 1f 169, 174, 176, 189 2 169, 172, 332 2,1 170, 176 2,1–12 318, 332 2,1–21 176 2,1ff 171 2,2 200 2,2.9f 559 2,2ff 171 2,3 319 2,3–6 186 2,5f 170 2,6 176, 227 2,9b 337 2,9c 337 2,10 356 2,11 172 2,12.13.14.22 217 2,13–21 176 2,15 176 2,16–18 319 2,18 176 2,22f 170, 172, 185 2,23 170, 176 3,7 82 3,9 198, 204 3–11 215 3,13–4,11 176 3,13–17 66, 441, 580 3,15 582, 666 4,1 216 4,1–11 66, 558 4,8 337 4,8–10 321 4,9 321 4,12 217 4,15 176 4,16 176 4,17 216, 374 4,17–11,1 216

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698 4,18 217 4,23 85, 200 4,23(–25) 216 5,1 201 5,1–9,34 216 5,6 118 5–7 98, 201, 668 5,10 211 5,12 203 5,16 211 5,17 383, 385 5,17–20 224, 375, 379, 387, 388 5,17–44 98 5,17f 381 5,17ff 374 5,18 222 5,19 225 5,20 224, 384 5,20–48 224 5,21–26 257 5,21–48 224, 445 5,22 256, 257 5,23f 257 5,23f.25f 257 5,25f 257 5,27 265 5,27f 264 5,28 264, 265, 618 5,29.30 265 5,29f 265 5,39 21 5,45 383 5,46–47 198, 199, 201 5,48 224 6,6 637 6,7 198, 201 6,7–8 199 6,10 25 6,16ff 559 6,22f 274 6,24 55 6,25–34 383 6,26.28 616 6,32 199, 201 6,33 384 7,12 387 7,25 67 7,28 24 7,28f 215 8,1 201 8,1–4 64 8,1–9,34 216 8,2 201 8,3 64 8,4 201, 374 8,5 201 8,5–13 201, 378 8,6 201 8,7 202 8,8 202 8,9 202 8,10 202, 204, 206 8,11 204, 375

Register 8,11–12 203 8,11f 119, 121 8,11 par 559 8,12 205 8,18b 105 8,21 105, 107 8,21f 105, 106, 108, 109, 111, 115 8.21f 110 8,22 107, 108, 110, 112, 113, 114, 115, 116, 120, 121 8,23 105 8,24 356 8,26 230, 270 8,27 202 8f 186 9 106 9,1–17 216 9,13 225, 374 9,14 383 9,15a 70 9,20 64 9,20–22 64 9,25 67 9,27 227 9,27–31 227 9,33 202, 227 9,33f 276 9,34 494 9,35 186, 200, 216 9,60 114 10,1 67 10,5 200, 380 10,5–41 92 10,5f 374, 378, 382, 384 10,6 110, 646 10,7 415 10,17 200 10,22 53 10,23 468 10,28 268 10,28–31 268, 269, 273 10,28.31 269 10,28–31 par 273 10,28b 268 10,29 269 10,29f 269 10,37 53, 58 10,37–38 58 11,2–6 117, 216 11,2–16,20 216 11,2–19 24 11,3 24 11,4ff 117 11,5 118 11,7f 113 11,8 113 11,20–24 395 11,21 24, 356 11,22 230 11,25–27 261 11,27 383, 643

11,29 19, 20 11f 186 12,1 214, 215 12,1–14 216, 223, 383 12,5–7 220, 223 12,5–7.11f 218 12,7 225 12,9 200 12,15 217 12,20 74 12,22–32 479, 480 12,22f 227 12,23 227, 229 12,23f 276 12,24 494 12,28 65, 67, 68 12,40 354, 356, 362, 367, 368 12,41 356 12,41f 118, 119, 120 12,43 67 12,49f 231 13,1 217 13,16f 229, 230 13,23 229 13,38 205 13,51 230 13,54 86, 200 13,55 173 13,55b 173 13,56 173 13,57 par 397 14,5 273 14,13 217 14,15 205 14,22–33 229 14,23 637 14,28–31 218, 220 14,33 230 14,36 588 15 223, 458 15,1 383 15,1–20 220, 223 15,2 222 15,3 222 15,4 222 15,14 112, 227 15,14a 112 15,17 223 15,19 224, 273 15,20b 223 15,21 217 15,21–28 205, 609, 624 15,22 227 15,24 200, 203, 217, 227, 374, 378, 380, 384, 665 15,24.26 217 15,29 217 15,29–31 186, 217 15,31 202 15,32–39 217 16,4 356

16,5–12 229 16,9 230 16,12 230 16,13–20 216 16,16 229, 230 16,18 231, 271 16,18f 230 16,19 231 16,21–23 229 16,23 228 16,24–28 231 17,1–9 584 17,6 585 17,12 586 17,13 230 18 206 18,1 230 18,8f 265 18,15–17 207 18,17 198, 206, 207, 208 18,19–20 638 18,20 207 18,23–35 239 19,2 97 19,10–12 617 19,12 616 19,16–22 224 19,17 224, 225 19,28 25, 468 20 277 20,13–15 275 20,16 275 20,19 306 20,20 230 20,21 275 20,22 230 20,24 260, 261 20,29–34 227 20,30.31 227 21,5 185, 319 21,9 227 21,12 261 21,12–13 70 21,14–16 186 21,14f 227 21,15 227, 260 21,15f 261, 263, 276 21,18f 260 21,20 202 21,26 273 21,31 612 21,43 200, 207 22 278 22,2ff 262, 264 22,3 262 22,6 262 22,7 262 22,7b 262 22,9 262 22,22 202 22–23 205 22,23–33 116 22,32 204 22,39 56

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699

Register 22,40 387 22,42.45 227 22,43.45 228 23 22, 186 23,1–39 72 23,3 374 23,8 231, 665 23,9 617 23,10 225 23,12 22 23,16 112 23,16.17.19.24.26 227 23,17 257 23,23 225 23,35 356 23,37–39 445 24,3 352 24,14 200 24,20 224 25,31–46 668 25,32 200, 207 26,8 260, 261 26,29 74 26,37 269 26,37–9 587 26,38 356 26,39 559, 588, 636, 638 26,56 270 26,74 271 27,3–10.19.24f.51– 53.62–66; 186 27,14 202 27,15–25 186 27,17f 276 27,18 275 27,29 320 27,46 588 27,51–53 186 27,55 271 27,62ff 272 28,8 271 28,11–15.16–20 186 28,11ff 272 28,15 200, 208 28,16 231 28,16–20 205, 230, 231, 380 28,18–20 668 28,19 374, 379 28,19–20 198, 200, 207 Markus 1,1 165, 438 1,1.14 126 1,2f 492 1,4–11 80 1,5 141, 144 1,7–28 68 1,8 72 1,9–11 66, 67, 441, 558, 580

1,9–11 par 558 1,9–13 66 1,9.14.28.39 144 1,10 491 1,11 164, 165 1,12 67, 81 1,12–13 66, 67 1,12f 321, 558 1,12f par 560 1,14 85 1,14–15 67, 84 1,14f 260 1,15 81, 374, 608 1,16 144 1,18 602 1,21 215 1,21–22 85 1,21–28 68, 479 1,22 215 1,23 67 1,23–26 68 1,24 68, 492 1,29–34 611 1,35 559 1,40–45 64, 258 1,40ff 263 1,41 64, 258, 259, 260, 263 1,43 258, 259 1,44 386 2 259 2,1–3,6 216 2,1–12 142 2,1–22 216 2,2 92 2,10.28 352 2,13 92, 97 2,14 602 2,15–17 611 2,15f 147 2,18f 109, 142 2,19–22 386 2,19a 70 2,23–3,6 216, 221, 223 2,23–28 39, 109, 142, 386 2,27 445 3,1–6 109, 142 3,1ff 263 3,2 259 3,4 259 3,5 258, 259, 260 3,6 260, 263, 270, 273, 276, 470 3,6bf 141 3,7 92, 144 3,7b 140 3,8 146 3,20 92 3,20–30 491 3,20f 231 3,21 231 3,22 141, 276, 494 3,22–30 479, 480

3,34f 231 4,11 229 4,11f 260 4,13 229 4,16 271 4,17 272 4,31f 616 4,37 356 4,40 230, 270 4,41 270, 356 5,1–20 479, 492, 494 5,2 67 5,8 67 5,25–34 64 5,27 64 6,1 172, 602 6,2 85, 86 6,3 173 6,7–13 530 6,16 272 6,18 27 6,19f 273 6,21 144 6,45–52 par 560 6,46 559, 637 6,52 230 6,55 141 7 31, 32, 33, 35, 37, 44, 47, 222 7,1 141, 144 7,1–2 220 7,1–5 38 7,1–8,9 216, 217 7,1–13 144, 148 7,1–21 38 7,1–23 72, 216, 217, 222, 386 7,1ff 29 7,2 143 7,2ba 142 7,3 29, 126, 141, 222 7,3f 142 7,4 40 7,4f 40 7,5 40, 142 7,5.8f.13 143 7,6–13 41 7,6bf 144 7,9–13 122 7,10 223 7,13 41 7,14–23 37 7,14f 42, 145 7,15 29, 30, 31, 33, 34, 36, 41, 42, 43, 48, 49, 109, 374 7,15a 223 7,15ff 30 7,17 30 7,17–23 44 7,18f 30, 223 7,19 31, 32, 37, 44, 45, 46, 221, 458 7,19c 223 7,21f 47, 273

7,24 217 7,24–30 145, 147, 205, 216, 217, 609, 624 7,26 145, 146 7,27 146, 147, 216 7,27–30 216 7,28 147 7,29 206 7,30 147 7,31 144, 216, 217 7,31–8,9 216 7,31–37 216 7,34 440 8,1–9 216 8,10 216 8,11f 349 8,14–21 229, 230 8,15 142 8,27f 546 8,29 230 8,31 25, 311, 354 8,31 par 563 8,33 228 8,34 665 8,34–38 231, 439 8,35 270 8,38 351, 468 9,1 440 9,2–10 584 9,7 164 9,8 585 9,9 272 9,9.31 354 9,10 230 9,12–13 586 9,14–29 494 9,14–29 par 479 9,17b.18 230 9,19.23 258 9,29 559 9,30 144 9,31 par 563 9,32 270 9,32a 230 9,33 611 9,33f 230 9,34f 617 9,36–37 625 9,43.45.47 265 10,2–9 386 10,3 221 10,13–16 260, 625 10,14 230, 258, 260, 263 10,14f 260 10,17–19 445 10,17–22 221, 224 10,21 224, 602 10,28 602 10,29f 611 10,32 270 10,33f.45 354 10,33f par 563 10,35 230

© 2013, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525593622 — ISBN E-Book: 9783647593623

700 10,41 261 10,41ff par 263 10,42 140, 304 10,42–44 617 10,42f 263 10,45 26 10,46–52 186, 227 10,47.48 227 10,47f 173, 226 11 260, 263 11,9 276 11,10 226, 227, 319 11,12–14 260 11,12–14 par 560 11,12ff.15ff 258 11,12ff par 263 11,14 260 11,15 261 11,15–17 70, 445 11,15–19 par 260 11,15f 260 11,15ff 260, 276 11,15ff par 263 11,16 261 11,17 140, 145, 261, 364 11,18 270, 273 11,20f 260 11,27–33 24 11,32 273 11,32 par 273 12,12 273 12,13–17 322 12,18 117 12,18–27 116, 118 12,23 117 12,25 117 12,26 117 12,27 116, 117 12,28–34 221, 386 12,29 148 12,31 56 12,35–37 226, 228 12,35.37 226, 227 13 154, 415 13,4.24f 352 13,9.12f 148 13,9ff 272 13,10 140 13,11 561 13,14 141, 159 13,18 224 13,19 272 13,20.22.27 148 13,24–27 par 559 14,1.12 142 14,3 266, 611, 612 14,3f 263 14,4 261 14,6ff 263 14,8f 261 14,21.41 354 14,22–24 26, 668 14,25 74 14,27–30 145

Register 14,28 144 14,29ff 271 14,32–42 par 269 14,33 269 14,33–6 587 14,33f 269 14,34 356 14,35 638 14,36 269, 270, 588, 636, 643 14,41f 270 14,50 270 14,50.52 272 14,51f 271 14,54 par 271 14,62 16, 145 14,67.69.70 145 14,68–71 271 14,70 144 14,71 271 14,72 par 271 15 163 15,2 320 15,2.9.12.18.26 141 15,10 275, 276, 277 15,12 320 15,15 306 15,16–22 163 15,16–24 161 15,26 18, 320, 338 15,32 148, 320 15,33 par 559 15,34 440, 587, 588, 665 15,38 161 15,39 153, 161, 162, 163, 165 15,40f 271, 602, 612, 614 15,41 144 15,44–45 161 16 272 16,5 271 16,6 432 16,7 144, 272 16,8 272 16,8a 272 16,14 272 Lukas 1 169, 178, 183 1,1–4 178 1,2f 187 1,4 187 1,5 170, 171, 172 1,5–2,40 169 1,5–24a.46–48a. 49–55.57–66.68–75 177 1,5–25.57–79 178 1,5a 178, 187 1,5a.10.13c.15c.21. 20a.21.23ab 177 1,9ff 188

1,15–17.76f 188 1,17 178 1,24.26a.56.80 178 1,26 67, 172 1,26–38 170, 177 1,26a.56.80 187 1,27 67, 170, 172 1,27.48 174 1,32f.35 173 1,32f.35.69–75 188 1,35 173 1,38 189 1,38.48 251 1,39 172 1,39–41a.(43–45). 48b.55a 177 1,42 171, 172 1,43 172 1,48 251 1,52 251, 665 1,68–75 179 1,71 54, 56 1,77 170, 243 1,78f 243 1,80 171 1f 177, 178, 184, 187 2,1 171 2,1f 170, 171, 172, 178, 187 2,1ff 188 2,3–7.22–38.42–51a 177 2,[3f].[39].40.52 178 2,3ff 172 2,4 170 2,4.15 170 2,5 170 2,7.24 242 2,8–20 177 2,8a.39f 187 2,10f.30–32.34f 189 2,11.30 170 2,22–24 188 2,32.34f 189 2,38 328 2,39 170, 172 2,40 169 2,41–52 169, 582 2,46–7 583 2,49 591 3,1f 187 3,2f 169 3,3 243 3,7 82 3,11 250 3,11.30 67 3,21–2 580 3,21–22 66, 441 3,22 246 3,23.32 170 3,23–38 562 4,1–13 66, 558 4,5 337 4,6f 269 4,13 244

4,16–17 86 4,16–21 666 4,16–30 242, 583 4,17 86, 89 4,17–19 666 4,18 243, 244, 245, 249 4,18f 242, 244 4,18ff 246 4,21 86 4,25–26.27 616 4,33 67 4,33–37.38f 244 4,36 67 4,42 559 5,1–11 560 5,1ff 267 5,8 267 5,11.28 250 5,12–16 64 5,13 64, 67 5,16 559, 637 5,17–26 243 5,34 70 6,7 67 6,12 559, 637 6,18 67 6,20 246 6,20–26 242 6,22 54, 56 6,22–23 54 6,26 54 6,27 97 6,27–28 54 6,39 112 7 24, 250, 267 7,1–10 246, 249 7,2 249 7,5 249 7,8 249 7,9 203 7,11 97 7,18–23 117 7,21 243 7,22 118 7,22f 117 7,23 118 7,24f 113 7,25 113 7,34 612 7,36 611, 612 7,36–50 243, 246, 261, 266, 267, 618 7,38 266 7,39 266 7,41ff.47b 266 7,44–46 266 7,47a 266 7,48 266 7,50 266 8,1–3 612 8,1–3.43–48 246 8,2 609 8,26–39.40–56 246 8,29 67

© 2013, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525593622 — ISBN E-Book: 9783647593623

701

Register 8,43–48 64 8,44 64 9,1–6 106 9,3 241 9,28 637 9,31 586 9,35 585 9,37–43 246 9,42 67 9,51 106 9,57 106 9,57–62 106 9,59 106, 107 9,59f 105, 106, 108, 109, 111, 115 9,60 107, 108, 110, 112, 113, 114, 115, 116, 120, 121 9,60a 107 9,60b 106 9,61 106 9,62 106 10,1 613 10,1–12 106 10,2–16 530 10,3f 241 10,4 242 10,9.11 415 10,13 356 10,18 66, 485 10,22 643 10,25–37 57, 668 10,27 56 10,38–42 246, 611 11,4 243 11,5–8 616 11,14–23 479, 480 11,20 65, 66, 67, 68 11,24 67 11,28 74 11,30.31 616 11,31f 118, 119, 120 11,32 356 11,34–36 274 11,34ff 274 11,37–52 72 11,38 39 12 249 12,4 268, 269 12,4–7 268, 269 12,4f 269 12,5 268 12,7b 269 12,8 468 12,35–37 241 12,36–38 239 12,36–38.42–48 239 12,37 241 12,42–46 242 12,42–48 239, 240 12,45–48 248 13,10–17 246 13,16 244 13,19.21 616 13,28–29 203, 204

13,28f 119, 121 13,31–35 395 13,31ff 356 14 22, 262 14,1 611 14,2 262 14,11 22 14,13 245 14,15–35 245 14,15ff 264 14,16 245 14,16–24 239 14,21 244, 245, 262 14,23 262 14,25–27 56 14,26 52, 53, 55, 56, 57, 58, 59, 60 14,26–27 58 14,33 250 15 263 15,1f 262 15,3–7.8–10 616 15,11–32 239, 245 15,19 245 15,21 245 15,22 242, 245 15,24.32 262 15,28 262 15,32 110 16,1–8 239 16,13 54, 55 16,19–31 117, 121, 242 17 415 17,1–4 243 17,7–1 241 17,7–10 239, 240, 241 17,9 240 17,10 241 17,21f 616, 617 18,1–8 616 18,14 22 18,33 306 18,35–43 243 19,1–10 246 19,6 611 19,8 250 19,10 246 19,12–27 239, 240, 242 19,14 55 19,38 320 19,40–44 350 19,41–4 588 19,45–46 70 20,9–19 239, 242 20,19 273 20,27–40 116 21,1–4 250 21,7.11.25 352 21,12–19 55 21,25 356 22,18 74 22,24–27 445

22,24–30 23, 668 22,27 665 22,29–30 25 22,35f 241 22,41 637 22,41–42 636 22,42 588 23,2 320 23,34 473 23,38 320 23,46 588 23,49 271 24,21 161 24,26 311 24,47 243 Q 3,7ff.16b–17 348 7,9 347, 350 7,34 21, 352 9,58 352 10,13f 347, 348, 350 11,15 350 11,16.29a–c 367 11,16.29a–c(d?) 349 11,16.29a–d 367 11,16.29f 348, 349, 353, 354, 367 11,17f.21f 493 11,19 486 11,19f 480 11,20 347, 485, 486, 487, 489 11,26d 351 11,29 352 11,29a–c 350 11,29a–d 350 11,29c 349 11,29d 350 11,29f 349, 351, 362, 365, 368 11,30 349, 351, 354, 364, 367, 368 11,30b 351, 352 11,31 347 11,31f 347, 348, 349, 350, 353, 364, 365, 367, 368 11,32 348, 349, 350, 364 12,8 347 12,8f 348, 351 12,53 21 13,28 348 17,26–30 347, 351 Johannes 1 638 1,12 665 1,17 81 1,18 558 1,29–34 580 1,33 72

1,45f 172 2,14ff 260 2,15 261 2,17 264 2,17b 261 3,3.5 375 3,13 558 3,14 360 3,22 441 4,19f.25 376 4,43–44 397 5,19 589 6,35.41.48 559 7,1–52 72 7,15 89 7,41f 172 7,42 173 7,43 452 7,53–8,11 266, 267, 668 8,1–11 618 8,11 267 8,12 559 8,16 589 8,18 637 8,28 360 8,41 173 9,16 452 10,5 590 10,9.11 559 10,16 646 10,19 452 10,30 589, 635, 642, 643 10,31–33 643 10,34–36 643, 644 11 611 11,25 559 11,33 259 11,50 356 11,55 63 12,1–8 261, 611 12,3 266 12,13 320 12,23.32.34 563 12,27 269 12,27–28 636 12,28 270 12,32.34 360 12,45 589 13,1 637 13,1–17 667, 668 13,6–11 667 13,10 72 13,12–15 667 13–16 637 13–17 637 14,6 559 14,8–12 643 14,11 589 14,16f.26 560 14,31 270 15,5 559 15,26f 560

© 2013, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525593622 — ISBN E-Book: 9783647593623

702 16,7b–11.13–15 560 17 635, 636, 638, 648 17,1 637 17,3 637 17,4 637 17,11 635, 643 17,11.21 642 17,11.21.22 642 17,20–21 635, 637, 638, 639, 645, 646 17,20–22 644 17,21 635, 646, 647, 648 17,21–22 643 17,22 635 17,23.25 637 18,36 320 19,1 306 19,8 273 19,11 665 19,12 318 19,12b 320 19,15 320 19,19f 320 19,26–27 589 19,28 589 19,30 589 21,1–11 560 Apostelgeschichte 1,3 311 1,5 72 1,21–22 441 2,8–11 363 2,17f 246 2,18 246, 247, 251 2,33 360 2,42–45 250 2,42–47 250 3,6a 250 4,29 251 4,32–37 250 5 242 5,1–11 250 5,29 27 5,31 360 6,1 364 6,1.5 363 6,1–7 250, 668 6,11.13f 363 7,48–50.53 363 7,55f 364 8,5–40 364 9,1 96 9,3–9 584 9,36 250 10,2 250 10,15 32 10,28 202 10f 32, 379 11 360, 374 11,9 32 11,16 72

Register 11,19–26 364 11,27 365 12 242, 249, 250, 251 12,3–19 248 12,12 250 12,13–17 248 12,14 248 12,15 248 13,15 86 13,24 80 14,4.14 441 16,17 251 18,24–25 96 20,35b 250 21 360 21,8–11 365 21,29 364 22,6–11 584 26,12–18 584 27,19 356 Römerbrief 1,3 173 1,14 247 1,29 274 2,19 112 6,1–11 311 7,15–25 573 7,17.20 265 8 471 8,14 665 8,16–17 644 8,29 665 9,10–13 58 9,13 58 11,13f 347 11,25 364 14,14.20 31 15,16 364 16,3 613 16,7 613 16,12 613 1. Korintherbrief 1,18–25 146 9,4–5 59 9,5 613 11,17–34 668 11,23–25 668 12,13 247 15 356, 363, 364, 365, 367, 368 15,1 438 15,3 310 15,3–8 303 15,4 354, 356, 362, 363, 367 15,5 350 2. Korintherbrief 3,1–3 350 3,18 665 12,2 558

12,2ff 559 Galaterbrief 1,6 438 2,11–14 147 3,26–28 247 3,26.28 247 3,28 146, 247, 618, 665 4,4 96 4,4–5 96 4,6–7 644 5,21 274 Epheserbrief 2,11–22 665 6,5f 251 Philipperbrief 1,15 274 2 25 2,6–11 251 2,9 360 3,5 96 4,2 613 Kolosserbrief 1,15–20 303 3,22 251 1. Thessalonicherbrief 4,13–18 573 4,14 303 5,10 310 1. Timotheusbrief 3,16 303 6,2 247, 251 6,4 274 2. Timotheusbrief 2,8 173 3,8 66 Titusbrief 3,3 274 Hebräerbrief 1,3 290 1,3–4.5.8.13 285 2,9 285 2,18 311 3,3 285 4,14 285, 289 4,14.15 292 5,1 289 5,1–5 292 5,5.8–10 295

5,5.9 285 5,5.10 289 5,6 289 5,7.10 285 5,8 311 6,20 285, 289 7,1.3.11.15–17.21 289 7,2 289 7,11 292 7,15–17.26 285 7,26 289 8,1 285, 289 8,1.3 289 8,2.5 294 8,6 295 9,2.6–9.11 294 9,7 289 9,7–9.11–22 292 9,11–14.26.28 285 9,11.24 295 9,11.25 289 9,15 295 10,1–18 285 10,21 289 10,32–39 294 11,1–12,2 294 11,13 293 11,14 290 11,16 293 12,2 285, 290 12,22–24 294 12,24 295 13,1–6 294 13,2–3 294 13,11–13 294 13,12 285 Jakobusbrief 2,14–26 212 2,21–23 212 1. Petrusbrief 1,1 310 1,2 302 1,3 302 1,6–7 308 1,7 303 1,10.13.20.25 310 1,11 302, 308 1,13 303 1,18–21 303 1,19 302 1,20 302, 303, 304 1,21 302, 304 2,1 274 2,4–8 302 2,7.9 310 2,9 310 2,11 310 2,12 211, 309 2,16 251 2,18–3,7 305 2,18–20 305

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703

Register 2,18–25 305 2,19.20.21.23 311 2,20 304 2,21 306 2,21–24 302, 303, 304 2,21–25 303, 304, 305, 307, 308, 311 2,24 311 3,1 211 3,13 309 3,14.17.18 311 3,15 310 3,16 310 3,18 302, 310 3,18–4,6 303 3,18–19.22 303 3,18–22 303 3,19–20 303 3,21–22 302, 304 4,1 302 4,1.15.19 311 4,6 303 4,12 308 4,13 302, 308 4,14 310 4,15–16 310 5,1 302 5,2–4 304 5,3 304 5,4 303 5,9 308 5,10 310, 311

1. Clemensbrief 7,5ff 348 16,5 306 Johannesakten 97–105 590 100 590 101 590 Kindheitsevangelium des Thomas 19 169 Martyrium des Polykarp 10,1 310

2. Rabbinisches Schrifttum

3,2 678 Johannesapokalypse 1,10ff 559 11,13fin 356 12 485 17,18 336 22,5 336

5. Außerkanonische Schriften neben dem Neuen Testament und Apostolische Väter

5,2 306 Brief des Ignatius an Polykarp 4,3 247, 251

bAZ 16b–17a 99 bEr 54a 260 BerR, 56 356 bSan 67a 174 bSan 89ab 357 bShab 104b 174 bSot 11 183 bSot 11a–13a 181 bSot 11b 181 bSot 12a 183 bTaan 5b 183 EkhaR 2,4 330 EkhaR (Buber) 330 EstR 9 356 mBer 1,1–3 640 mBer 4,1 640 mBer 4,3 640 MekhY Ex 12,1 (2a) 357 Midrash Jalq Jon 4 357 mKet 5,2 172 mMeg 4 86 mMid 3,4–4,2 326 mTaan 2,4 357 MTeh Ps 26,7 (110b) 357 PRE 10 352, 353, 357 PRE 10fin 352 PRE 33 357 Sem. 8,1 356 ShemR 1,20 183 Targum zu Dan 7,13f 351 tHul 2,24 97 WaR 9,3 83 yBer 2,4d,1 116 yTaan 4,8 330

Epiphanius

met. 11 581 met. 11.23–4 586

haer. XXX 13,6 169 haer. XXX 14,3 169 pan. I 287,2 360 pan. I 410,9 360 pan. I 437,18 360 pan. II 36,22 360

Aristoteles

Euseb

poet. 9 (1451b) 179 rhet II 10,1 276

d.e. IV 17,23 360 d.e. X 8,28 360 h.e. III 20,1–6 173 h.e. IV 6,2 335

Apuleius

Calpurnius Siculus ecl. 1.59–64 155 ecl. 4.142–5 155 ecl. 69–73 155

Cassius Dio

1. Johannesbrief

Barnabasbrief

3. Antike Schriftsteller

62.5.2 156 62.6.2 156 62.20.5 155 64.7.3 157 64.20–1 160 66.10.2 158 66.19.3 157

Cicero fin. 3.24 84 inv. I 27 179 nat. deor. 1.2.5 84

Cyprian De zelo et liuore 5 276

Dio Cassius 66.24.2 292

Diodor bibl. I 94,2 360 bibl. I 2,7 180

Ephraem d. Syrer comm. in Diat. 6,7 265 comm. in Diat. 12,22 258, 259

Epiktet Diss. I 29,18 268 Diss. II 2,15 268

Flavius Josephus ant. 1 1–5 180 ant. 2 281–287 483 ant. 2 315 356 ant. 4 200–201 645 ant. 8 47f 483 ant. 9 206–214 357 ant. 9 261f 48 ant. 9 288 135 ant. 9 288–291 135 ant. 9 290 135 ant. 9 291 136 ant. 11 211 133 ant. 11 241 136 ant. 11 302 136 ant. 11 306–312.340 135 ant. 11 341 136 ant. 11 341–344 136 ant. 11 346 142 ant. 12 329 142 ant. 13 154 134 ant. 13 166 137 ant. 13 167 137 ant. 13 168f 137 ant. 13 297 222 ant. 14 8 134 ant. 14 91 134 ant. 14 403 134 ant. 15 311.385 134 ant. 15 331–341 364 ant. 17 20 134 ant. 17 254 134, 141 ant. 18.2.2 (117) 80 ant. 18.3.3, 63–64 98 ant. 18.5.2, 116–119 98 ant. 18 257 135 ant. 20 2.5 375 ant. 20.5, 97–99 98 ant. 20 17–96 135 ant. 20 17f 136 ant. 20 118–136 137 ant. 20 173 134 Ap. 2.25, 204 82 Ap. 2 33–78 135

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704 Ap. 2 38–40 135 Ap. 37–43.57–59 180 Ap. 54 180 bell. 1 123 134 bell. 1 170 134 bell. 1 252f 271 bell. 1 408–415 364 bell. 2 55–75 318 bell. 2 207–214 326 bell. 2 232–246 133 bell. 2 232–247 137, 141 bell. 2 266 134 bell. 2 457 143 bell. 2 510 134 bell. 2 570 134 bell. 4 105 134 bell. 4 271–282 134 bell. 5 176–181 318 bell. 6 48 48 bell. 6 125f 364 bell. 6 312f 331, 337 bell. 6 339 134 bell. 7 70–3 159 bell. 7 121–62 159 bell. 7 148–52 159 bell. 7 329.359.375 143 bell. 7 375 139 vita 9 81 vita 10–12 81 vita 12 82, 96 vita 122 276 vita 243 134 vita 346–349 134

Hippiatrica Parisina 1026,2.8 360 Hymni Anonymi (Hymni e papyris magicis collecti; pagan, röm. Kaiserzeit, ed. Heitsch) frg. 5,14f 360 Irenaeus haer. I 1,7 360 haer. I 14,2 360 haer. I 26,2 169 haer. III 11,7 169 haer. III 21,1 169 haer. V 1,3 169

Johannes Chrysostomus hom. in ps. LV 653,62 360

Register Justinian

Plinius maior

Dig. 21.1.8 [Ulpian] 307

nat. 2 93f 333 nat. 18 41–43 484 nat. 34.18.45 156 nat. 36.101 288 nat. 36.101–25 288

Lukian philops. 16 482 philops. 20.25 306 Quomodo 7 179 Verae hist. I 1–5 180

Origenes Cels. I 28 174 Cels. I 32 174 Cels. I 40–48.58–60 180 Cels. III 25 180 Cels. VI 31,21 360 Joh. II 1,7 360 Joh. VI 32,19.23 360 Joh. X 2–4 180 Mt fr. 11–13 II 180 Princ. IV 2,9 180

Pausanias Attic. Z. 5; 306

Philostrat Ap. 5.35 159

Philo von Alexandrien Abr. 56f 138 Abr. 251 138 conf. 2f 180 conf. 78f 139 Flacc. 45f 139 Flacc. 72 271 fug. 140 138 legGai. 281–283 139 legGai. 370 143 migr. 18 138 migr. 88–92 375 som. II 276 138 specleg. I 2 137 specleg. III 3 275 specleg. III 208f 48 vitMos. I 4 181 vitMos. I 8–31 181 vitMos. I 163 356 vitMos. I 277 138 vitMos. I 278 138 vitMos. I 279 139 vitMos. II 161.169 138 vitMos. II 196 138 vitMos. II 214 640

Platon Apol 18 (30c–d) 268

Plinius minor Ep. 10.96 309 Ep. 10.96,5 271

Plutarch De fraterno amore 486B 276 Galba 16.1–2 156 Galba 28.2–3 157 mor. 475e 268 Otho 3 157 Otho 3.1 156 Publ. 15.5 292

Polybius II 56,11 179 XII 12,7 179

Poseidonios frg. 134,16 360

Quintilian inst. 1.3.14 307 inst. II 4,2 179

Rhetorica ad C. Herennium I 12f

179

Seneca De ira 3.12.5–7 307 De ira 3.19.2 307 De ira 3.32.1–2 307

Sueton Caes. 88 333 Claud. 25.2 307 Dom. 10.3 158 Dom. 13.2–3 293 Galb. 15.1 156 Galb. 20.2 157 Galb. 23 157 Nero 49.2 156 Nero 57.2 157 Otho 7.1 157 Otho 10.2 157 Tit. 8 292 Tit. 9.1 291

Vesp. 8.5 158 Vit. 11.2 157 Vit. 17.2 158

Tacitus ann. 2 27–32 483 ann. 6 19,3 271 ann. 12 54 133 ann. 12 54,37 137 ann. 13.8.1 155 ann. 16.2.2 156 hist. 1.16 157 hist. 1.20 156 hist. 1.78 157 hist. 2.8–9 157 hist. 2.55.1 157 hist. 3.7 157 hist. 3.13 158 hist. 3.85 158 hist. 4.40 157 hist. 5 2,1 132 hist. 5 2f 131 hist. 5 4,1 131 hist. 5 4,2 131 hist. 5 4,3 142 hist. 5 4f 131 hist. 5 5,2 131 hist. 5 5,5 132 hist. 5 6–8,1 131 hist. 5 8,2f 131 hist. 5 11–13 131

Thukydides I 22,4 179

Vergil Aen. 8.36–89 290

4. Papyri - Inschriften Inscriptiones Graecae 7.2713 155 Papyrus Egerton 2 (120–126) 64 POx 840 63, 71, 73 POx 1381, lines 119–20 586

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Autorinnen und Autoren Álvarez Cineira, David, Prof. Dr., Professor of New Testament Studies and Director of Estudio Teológico Agustiniano (Valladolid - Spain); wissenschaftliche Schwerpunkte: Paulus und das römische Reich, sozialwissenschaftliche Exegese; Adresse: Paseo de Filipinos 7, E-47007 Valladolid, Spain; E-Mail: [email protected] Balabanski, Vicky (Victoria), Rev. Dr., Senior Lecturer and Co-Director of Biblical Studies, Flinders University of South Aust���������������������������������� ralia, Uniting College for Leadership and Theology; wissenschaftliche Schwerpunkte: Matthäusevangelium, ökologische Hermeneutik und Auslegung; Adresse: Uniting College for Leadership and Theology, 34 Lipsett Terrace, Brooklyn Park, South Australia; E-mail: [email protected] Balla, Peter, Prof. Dr., Professor für Neues Testament; wissenschaftliche Schwerpunkte: Kanongeschichte, Theologie des Neuen Testaments, Paulusbriefe; Adresse: Lehrstuhl für Neues Testament, Theologische Fakultät, Károli Gáspár Universität der Reformierten Kirche in Ungarn, Ráday u. 28., H-1092 Budapest; E-Mail: [email protected] Byrskog, Samuel, Prof. Dr., Professor für Neues Testament; wissenschaftliche Schwerpunkte: Traditions- und Überlieferungsgeschichte im Neuen Testament, Mündlichkeit und Schriftlichkeit in der Antike, soziales und kulturelles Gedächtnis, Historiographie; Adresse: Universität Lund, Theologische Fakultät, Allhelgona Kyrkogata 8, SE-223 62 Lund; E-Mail: [email protected] Czachesz, István, PD Dr., Heisenberg-Stipendiat und Privatdozent für Neues Testament; wissenschaftliche Schwerpunkte: Apostelgeschichte, apokryphe Apostelakten, apokalyptische Literatur, kognitive Religionswissenschaft und ihre Verwendung in der Exegese des Neuen Testaments; Adresse: Wissenschaftlich-Theologisches Seminar, Kisselgasse 1, D-69117 Heidelberg; E-Mail: Istvan. [email protected] Ebner, Martin, Prof. Dr., Professor für Exegese des Neuen Testaments; wissenschaftliche Schwerpunkte: Jesusforschung, Urchristentum im sozialen und politischen Umfeld des Imperium Romanum, Methodenreflexion; Adresse: Neutestamentliches Seminar, Regina-Pacis-Weg 1a, D-53113 Bonn; E-Mail: martin. [email protected]

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Autorinnen und Autoren

Esler, Philip F., Prof., D. Phil, D.D. (Oxon), Professor of Biblical Interpretation, St Mary’s University College Twickenham; wissenschaftliche Schwerpunkte: The social-scientific interpretation of biblical and intertestamental texts, the Bible and the visual arts; Adresse: Kilninian House, Kemback, Cupar, Fife, KY15 5TS, Scotland, UK; E-mail: [email protected] Gemünden, Petra von, Prof. Dr., Professorin für Biblische Theologie; wissenschaftliche Schwerpunkte: Historische Psychologie, histoire des mentalités, Metaphorologie, Ikonographie; Adresse: Lehrstuhl für Evangelische Theologie mit Schwerpunkt Biblische Theologie, Universitätsstr. 10, D-86159 Augsburg; E-Mail: [email protected] Grappe, Christian, Prof. Dr., Professeur de Nouveau Testament; wissenschaftliche Schwerpunkte: Nouveau Testament et littérature intertestamentaire, parcours de théologie biblique, Hébreux, Jésus de l’histoire, liturgie chrétienne primitive; Adresse: Faculté de Théologie protestante, Palais Universitaire, 9 place de l’Université, F-67084 Strasbourg-cedex; E-Mail: [email protected] Guttenberger, Gudrun, Prof. Dr., Professorin für Biblische Theologie; wissenschaftliche Schwerpunkte: Neutestamentliche Ethik, sozialgeschichtliche Exegese; Adresse: Institut für Philosophie und Theologie, Reuteallee 46, D-71634 Ludwigsburg. Hezser, Catherine, Prof. Dr. Dr., Professorin für Jüdische Studien; wissenschaftliche Schwerpunkte: Sozialgeschichte des antiken Judentums, rabbinische Literatur; Adresse: Department of the Study of Religions, School of Oriental and African Studies (SOAS), University of London, Thornhaugh Street, London WC1H 0XG, UK; E-Mail: [email protected] Hochschild, Ralph, Dr. theol., Schuldekan; wissenschaftliche Schwerpunkte: Sozialgeschichte des frühen Christentums, Geschichte der neutestamentlichen Wissenschaft, Bibeldidaktik; Adresse: Evang. Kirchenbezirk Markgräflerland, Baslerstr. 147, D-79539 Lörrach; E-Mail: [email protected] Holmberg, Bengt, Prof. em. Dr., Professor für neutestamentliche Exegetik, Lund; wissenschaftliche Schwerpunkte: Soziologische Lesung von neutestamentlichen Texten, Methodologie der Jesusforschung, urchristliche Identität; Adresse: Vallmoväg 20, SE-439 62 Frillesås; E-Mail: [email protected] Holmén, Tom, Dr., Adjunct Professor of New Testament Exegetics; wissenschaftliche Schwerpunkte: Early Christianity and Judaism, gospels, the historical Jesus, theodicy in the Bible; Adresse: Åbo Akademi University, Faculty of Theology, Karviaiskatu 2, FIN-20720 Turku; E-mail: [email protected]

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Autorinnen und Autoren

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Horrell, David G., Prof. Dr., Professor of New Testament Studies and Director of the Centre for Biblical Studies; wissenschaftliche Schwerpunkte: Paulus und die paulinische Ethik, der erste Petrusbrief, sozialwissenschaftliche Exegese, Bibel und Umweltethik; Adresse: Department of Theology and Religion, University of Exeter, Amory Building, Rennes Drive, Exeter EX4 4RJ, UK; E-Mail: [email protected] Konradt, Matthias, Prof. Dr., Professor für Neutestamentliche Theologie; wissenschaftliche Schwerpunkte: Ethik im Neuen Testament, Matthäusevangelium, Paulus, Corpus Judaeo-Hellenisticum Novi Testamenti; Adresse: Wissenschaftlich-Theologisches Seminar der Universität Heidelberg, Kissel­ gasse 1, D-69117 Heidelberg; E-Mail: [email protected] Küchler, Max, Prof. em. Dr., Professor für Neues Testament und seine Umwelt; wissenschaftliche Schwerpunkte: Biblische Archäologie und Ikonographie der hellenistisch-römischen Zeit, besonders von Jerusalem, und antike jüdische Numismatik; Adresse: Bonnesfontaines 55, CH-1700 Fribourg; E-Mail: max. [email protected] Lampe, Peter, Prof. Dr., Professor für Neutestamentliche Theologie, Heidelberg, Hon. Prof. University of the Free State in Bloemfontein, Südafrika; wissenschaftliche Schwerpunkte: Frühchristliche Sozialgeschichte, Epigraphik, Archäologie, Rhetorikforschung, Hellenistischer Hintergrund des NT, Hermeneutik; Adresse: Kisselgasse 1, D-69117 Heidelberg; E-Mail: [email protected] Luz, Ulrich, Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult., bis 2003 Professor für Neues Testament an der Theologischen Fakultät der Universität Bern; wissenschaftliche Schwerpunkte: Matthäusevangelium, Hermeneutik; Adresse: Marktgasse 21, CH-3177 Laupen; E-Mail: [email protected] Maier, Harry O., Prof. Dr., Professor of New Testament and Early Christian Studies und Fellow des Max-Weber-Kolleg für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien, Universität Erfurt; wissenschaftliche Schwerpunkte: Sozialhistorische Erforschung des NT, römische Ikonographie und Paulus, die Apokalypse im 1. Jh. und in der amerikanischen Gegenwart, Ignatius von Antiochien und der Hirt des Hermas, räumliche Studien von Identität im frühen Christentum; Adresse: Vancouver School of Theology 6000 Iona Drive, Vancouver. BC, V6T 1L4, Kanada u. Universität Erfurt, Max-Weber-Kolleg für kulturund sozialwissenschaftliche Studien, Postfach 900221, D-99105 Erfurt; E-Mail: [email protected] Marguerat, Daniel, Prof. em. Dr., Professor für Neues Testament, Universität Lausanne (Schweiz); wissenschaftliche Schwerpunkte: Historischer Jesus,

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Autorinnen und Autoren

Apostelgeschichte, Geschichte des Urchristentums, Narratologie; Adresse: Cocarde 18, CH-1024 Ecublens; E-Mail: [email protected] Meisinger, Hubert, Dr., Pfarrer und Referent für Umweltfragen im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Ev. Kirche in Hessen und Nassau und nebenamtlicher Studienleiter für Theologie und Naturwissenschaften an der Evang. Akademie in Hessen und Nassau; wissenschaftliche Schwerpunkte: Schöpfungstheologie, Umweltethik, interdisziplinärer Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaften; Adresse: Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN, Albert-Schweitzer-Str. 113-115, D-55128 Mainz; E-Mail: h.meisinger@ zgv.info Merz, Annette, Prof. Dr., Professorin für Kultur- und Literaturgeschichte des frühesten Christentums, Universität Utrecht; wissenschaftliche Schwerpunkte: Historischer Jesus und Evangelien, frühchristliche Briefliteratur und antike Epistolographie, kanonische und außerkanonische Paulustradition (Pseudepi­ graphie, Acta Pauli); Adresse: Hofwijck 14, 9301 XC Roden, NL; E-Mail: [email protected] Morgan, Robert, Rev. em Fellow, Linacre College, Oxford, Formerly Reader in New Testament Theology, University of Oxford, UK; wissenschaftliche Schwerpunkte: New Testament theology and hermeneutics, history of interpretation; Adresse: Lower Farm, Sandford-on-Thames, Oxford OX4 4YR; E-Mail: robert. [email protected] Moxnes, Halvor, Prof. Dr., Professor für Neues Testament; wissenschaftliche Schwerpunkte: Sozialwissenschaftliche Interpretation des Neuen Testaments, historische Jesusstudien, Wissenschaftsgeschichte des Neuen Testaments; Adresse: Theologische Fakultät, Oslo Universiät, P.O.Box 1023, Blindern, N-0315 Oslo; E-Mail: [email protected] Mutschler, Bernhard, Prof. Dr., Professor für Biblische Theologie/Gemeindediakonie; wissenschaftliche Schwerpunkte: Frühes Christentum, hellenistisches Judentum, Glaube im ersten und zweiten Jahrhundert; Adresse: Evangelische Hochschule Ludwigsburg, Paulusweg 6, D-71638 Ludwigsburg; E-Mail: b. [email protected] Myllykoski, Matti, Dr., Doz.; wissenschaftliche Schwerpunkte: Judenchristentum, Textkritik, Forschungsgeschichte; Adresse: Isonnevantie 41 A 9, FIN 00320 Helsinki; E-mail: [email protected] Onuki, Takashi, Prof. em. Dr., Professor für das Neue Testament und altchristliche Literatur; wissenschaftliche Schwerpunkte: Historischer Jesus, Evangelien,

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Autorinnen und Autoren

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Gnosis; Adresse: Hirosedai 3-10-15, Sayama-shi, Japan 350-1328; E-Mail: [email protected] Roose, Hanna, Prof. Dr., Professorin für Neues Testament und Religionspädago­ gik; wissenschaftliche Schwerpunkte: Intertextualität (Thessalonicherbriefe), Bibeldidaktik, Hermeneutik; Adresse: Am Wacholderbusch 11, D-21335 Lüneburg; E-Mail: [email protected] Stegemann, Wolfgang, Prof. em. Dr., Professor für Neues Testament; wissenschaftliche Schwerpunkte: Neutestamentliche Sozialgeschichte, Jesusforschung, Paulusforschung, christlich-jüdischer Dialog; Adresse: Komotauer Str. 9, D-91564 Neuendettelsau; E-Mail: [email protected] Strecker, Christian, Prof. Dr., Professor für Neues Testament; wissenschaftliche Schwerpunkte: Paulusforschung, Jesusforschung, Kulturwissenschaftliche Exegese, Ritual- und Performanzforschung, Philosophische Perspek­tiven; Adresse: Augustana-Hochschule, Lehrstuhl für Neues Testament, Waldstr. 11, D-91564 Neuendettelsau; E-Mail: [email protected] Winter, Dagmar, The Revd Canon Dr., Gemeindepfarrerin (Church of England) und Diözesanbeauftragte für Entwicklungen im ländlichen Raum; wissenschaftliche Schwerpunkte: Historischer Jesus, Forschungsgeschichte; Adresse: The Vicarage, Kirkwhelpington, Newcastle upon Tyne, NE19 2RT, UK; E-Mail: [email protected]

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