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German Pages 179 [184] Year 1995
Japan Wegweiser zur Erschließung des japanischen Marktes für mittelständische Unternehmen
Von
Dr. Peter Janocha
R. Oldenbourg Verlag München Wien
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Janocha, Peter: Japan : Wegweiser zur Erschließung des japanischen Marktes für mittelständische Unternehmen / von Peter Janocha. München ; Wien : Oldenbourg, 1995 ISBN 3-486-23486-2
© 1995 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Druck: Grafik + Druck, München Bindung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München
ISBN 3-486-23486-2
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort 1. Der japanische Markt 2. Voraussetzungen für ein Engagement in Japan 3. Vorbereitungen in Deutschland 4. Fortsetzung der Bemühungen in Japan 5. Lizenzvergabe oder Export nach Japan 6. Wahl des geeigneten Importeurs oder Vertriebswegs 7. Anmerkungen zu vertraglichen Vereinbarungen 8. Produktqualität, Kundendienst und Werbung 9. Eigene Präsenz in Japan 10. Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens oder Kauf eines japanischen Unternehmens 11. Standortfragen 12. Beschäftigung japanischer Arbeitnehmer 13. Bankverbindungen 14. Markterschließung über Messen und Ausstellungen 15. Leben und arbeiten in Japan Exkurs I:
4 13 17 19 29 35 36 48 51 56 59 61 66 68 69 72
Die Entwicklung der Außenwirtschaftsbeziehungen mit Japan
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Exkurs II:
Die Kansai-Region (Kinki)
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Exkurs III:
Importforderungsprogramme der japanischen Regierung
94
ExkursIV:
Direktinvestitionen in Japan
101
Anhang:
Anschriften deutscher und japanischer Kontaktstellen
113
Literaturverzeichnis
174
Anhangverzeichnis: Anschriften deutscher und japanischer Kontaktstellen
1.
Auskunftsstellen und Berater in Deutschland
2.
Japanische Banken in Deutschland
3.
Japanische Handelshäuser in Deutschland
4.
Japanische Speditionen und Lagerhäuser in Deutschland
5.
Japanische Kaufhäuser in Deutschland
6
Japanische Werbeagenturen in Deutschland
7.
Japanische Medien in Deutschland
8.
Deutsche Auskunftsstellen und Berater in Japan
9.
Wirtschafitsförderungsgesellschaften der Bundesländer Vertretungen in Japan
10.
Deutsche Banken in Japan
11.
Deutsche Medien in Japan
12.
Wichtige japanische Regierungsstellen
13.
Wichtige japanische Wirtschaftsorganisationen
14.
Japanische Handelshäuser (Trading)
15.
Japanische Handelsketten (Chain Stores)
16.
Japanische Kaufhäuser (Department Stores)
Japan - ein Markt auch für den Mittelstand
Vorwort
Der Außenhandel zwischen Deutschland und Japan ist im Laufe der letzten gut 20 Jahre durch zunehmende Ungleichgewichte zu Lasten Deutschlands charakterisiert. Während im Jahre 1970 Exporte und Importe noch nahezu gleich hoch waren, erreichte im Jahre 1992 der deutsche Importüberschuß mit über 23 Mrd DM einen absoluten Höchststand. In gleicher Weise gerieten die Handelsbilanzen der EG und der Vereinigten Staaten immer stärker in Defizite, die bis Ende 1993 auf über 26 Mrd $ bzw. knapp 60 Mrd $ kletterten. Parallel zu dieser Handelsentwicklung verstärkte sich der wirtschaftspolitische Dialog zwischen Amerika und Europa auf der einen Seite und Japan auf der anderen Seite. Während die westlichen Politiker Japan eine mangelnde Bereitschaft zur Öffnung des noch immer weitgehend verschlossenen Marktes vorwarfen, rügten die Japaner den mangelnden Einsatz westlicher Unternehmen bei der Markterschließung. Dennoch fand der Westen zu keiner einheitlichen Strategie im Dialog mit Japan. Wiederholt griffen die Amerikaner zu Mitteln, die allenfalls am Rande des marktwirtschaftlichen Instrumentariums lagen und die mit der jüngsten Androhung von Sanktionen durch Präsident Clinton das amerikanischjapanische Verhältnis bis zum äußersten belasteten. Dagegen versuchte sich die EU mit ständigen Konsultationen und mußte dabei in Kauf nehmen, daß die japanische Regierung den USA Zugeständnisse machte, die den europäischen Staaten versagt blieben. Über die Frage, wie verschlossen tatsächlich der japanische Markt ist, gehen die Meinungen nicht nur zwischen Japan und dem Westen weit auseinander. Tatsache ist, daß die japanische Regierung seit Beginn der 80er Jahre die Zollsätze so weit abgebaut hat, daß von tarifären Handelshemmnissen nicht mehr gesprochen werden kann; dieser Sachverhalt wird auch im Westen nicht mehr bestritten. Im Zentrum der westlichen Kritik stehen vielmehr die
Vorwort
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nichttarifaren Handelshemmnisse, die für den westlichen "Japanneuling" nicht durchschaubare und damit nahezu unüberwindbare Hürden darstellen. Die Forderungen nach mehr Transparenz und Deregulierung der japanischen Wirtschaft beherrschen daher seit Jahren den Dialog. Hinter diesen Forderungen stehen allerdings durchaus unterschiedliche Sachverhalte, und entsprechend unterschiedlich sind auch die Bewertungen, ob und mit welchem Erfolg das westliche Ausland von Japan eine Beseitigung dieser Marktzugangshemmnisse fordern kann. An zwei Beispielen mag dies kurz erläutert werden. Eine für die japanische Wirtschaft typische Erscheinung sind die Keiretsu; hierbei handelt es sich um lockere Zusammenschlüsse zahlreicher Firmen, die sich in der Regel um ein großes Handelshaus und eine Bank scharen. Zwar ist die faktische Verflechtung zwischen den Unternehmen z.B. durch Überkreuzbeteiligungen gering, dafür ist der Informationsaustausch innerhalb der Gruppe recht ausgeprägt. So kann mit Recht vermutet werden, daß das bestehende Zusammengehörigkeitsgefühl der Firmen eines Keiretsu zu geschäftlichen Bevorzugungen der Gruppenmitglieder, zu Wettbewerbsbeschränkungen und zur Behinderung von Importen führt. Ebenfalls typisch für die japanische Wirtschaft ist die unübersichtliche Handelsstruktur. So sind zwischen Hersteller und Einzelhändler häufig zwei bis drei Großhändler geschaltet, die untereinander und für den Einzelhandel meistens Lagerhaltungs- und Finanzierungsfunktionen übernehmen. Einzelne Mitglieder dieser meistens traditionell eng miteinander verflochtenen Handelsketten sind nur selten bereit, einen neuen Wettbewerber in dieses Beziehungsgeflecht eindringen zu lassen. Wenn also das westliche Ausland mehr Transparenz der japanischen Wirtschaft fordert, dann heißt das z.B. Entflechtung der Keiretsustrukturen und Öffnung der Handelswege, mit anderen Worten Aufgabe typisch japanischer Wirtschaftsstrukturen und Anpassung an internationale Gepflogenheiten und Spielregeln. Dem halten japanische Politiker und Wirtschaftskreise entgegen, daß sich neue japanische Wettbewerber bei der Marktdurchdringung den gleichen Marktstrukturen und Problemen gegenübersehen wie ausländische Konkurrenten.
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Vorwort
Es ist sicher nicht einfach zu bewerten, welche Argumentation mehr Überzeugungskraft hat: -
die westliche, die zur erfolgreichen Marktöffnung eine Aufgabe oder Änderung japanischer Wirtschaftsstrukturen einfordert die japanische, die eine intensivere Auseinandersetzung und Anpassung der ausländischen Unternehmen an die vorhandenen Marktstrukturen erwartet.
Von etwas anderer Qualität ist das Argument des Westens, das eine stärkere Deregulierung der japanischen Wirtschaftspolitik fordert. Die hohe Regulierungsdichte ist nicht nur eine Tatsache, sondern auch ein typisches Merkmal des Zusammenspiels von Regierung und Wirtschaft und ein weiteres Merkmal der "Japan AG". Nach dem Regierungswechsel im Sommer 1993 hat die Regierung des Ministerpräsidenten Hosokawa, der die Deregulierung zu einer zentralen Aufgabe machen wollte, eine Bestandsaufnahme versucht. Wenn es auch schwierig ist, die Bedeutung einzelner staatlicher Regelungen für die Wirtschaft zu bewerten, so ist allein die Zahl geeignet, Erschrecken und auch Abschreckung hervorzurufen. Die Bestandsaufnahme ergab etwa 11.000 staatliche Eingriffsmöglichkeiten mit folgender "Hitliste": Verkehrsministerium Wirtschaftsministerium (MITI) Landwirtschaftsministerium Finanzministerium Gesundheitsministerium Bauministerium
1.966 1.915 1.357 1.236 1.170 870
Zu den japanischen Besonderheiten gehört auch, daß häufig derartige Vorschriften zusammen mit den Fachverbänden der Wirtschaft oder gar von den Verbänden selbst erarbeitet wurden. Erschwerend kommt hinzu, daß diese Regelungen häufig an Klarheit und Präzision vermissen lassen und daher durch behördliche Anweisungen und Erläuterungen ergänzt werden. Diese "administrative guidances" sind für das Ausland der eigentliche Stein des
Vorwort
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Anstoßes, da sie für Ausländer nur selten zu durchschauen sind und nur zu leicht als willkürliche Auslegung eines behördlichen Ermessensspielraumes angesehen werden. Aus diesem Sachverhalt erklären sich die Empfehlungen von Japankennern, enge und gute Beziehungen zur japanischen Bürokratie zu knüpfen, wenn man erfolgreich den Markt erschließen will. Eine abschließende Bewertung der markthemmenden Wirkungen der zahlreichen Regelungen ist sicher nicht einfach. Natürlich gibt es viele Beispiele für den frustrierenden und letztlich erfolglosen Kampf von Unternehmen um Genehmigungen. Andererseits berichtet die Deutsche Industrie- und Handelskammer in Japan in einer jüngeren Untersuchung von zahlreichen deutschen Unternehmen, die gute Kontakte zu den japanischen Behörden haben und seit Jahren reibungslos mit ihnen zusammenarbeiten. Entscheidend bleibt letztlich wieder die Frage, wie intensiv sich das einzelne Unternehmen auf den japanischen Markt und auch auf den Umgang mit der Bürokratie vorbereitet. Tatsache ist, daß der von den USA ausgeübte handelspolitische Druck die Auseinandersetzung mit Liberalisierung und Deregulierung nach dem Regierungswechsel im Sommer 1993 deutlich beschleunigt hat. Aber es ist auch eine Tatsache, daß weder der Regierung Hosokawa noch der Interimsregierung Hata ein entscheidender Durchbruch gelungen ist, trotz des erklärten Willens. Das von Ministerpräsident Hosokawa Ende März 1994 vorgelegte Marktöffnungsprogramm war im Grunde nicht mehr als die Ankündigung von Maßnahmen und fand entsprechend auch nicht die Zustimmung der ausländischen und inländischen Kritiker. Auch das von der Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Hata Ende Juni 1994 verabschiedete Maßnahmenpaket mit 279 Punkten enttäuschte die ausländischen Handelspartner. Schwerpunkte dieses Programms waren
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-
Vorwort
Erleichterungen für den privaten Wohnungsbau Liberalisierungsmaßnahmen im Fernmeldewesen Erleichterungen f ü r den Marktzugang ausländischer Unternehmen Liberalisierungen im Distributionssystem Deregulierungen im Bank-, Wertpapier- und Versicherunggeschäft
Entscheidend für die Enttäuschung der ausländischen Handelspartner waren die vagen Formulierungen; anstelle einer "generellen Deregulierung" wurde nur von einer "umfassenden Revision" gesprochen, und neben der beabsichtigten Übernahme international gültiger Zulassungsregeln sollen weiterhin nationale Regelungen zulässig sein. Überdies blieb bei vielen angekündigten Maßnahmen der Zeitpunkt des Inkrafttretens offen, teilweise wurde von einem Zeitraum bis zur Jahrhundertwende gesprochen. Als Fazit muß festgehalten werden, daß es die japanische Regierung offenbar keineswegs eilig hat, sich internationalem Druck zu beugen und wesentliche Säulen ihrer bisherigen Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsstruktur aufzugeben. Diese Unsicherheit wird durch die generelle Ungewißheit überlagert, welche Entwicklungen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Japan in den nächsten Jahren nehmen werden. Unbestritten ist die Tatsache, daß in Japan die Gesamtsituation noch nie so verworren war wie gegenwärtig. Die 38 Jahre regierende Liberaldemokratische Partei hatte im Sommer 1993 ihre Mehrheit verloren, und die gegenwärtig regierende Koalition aus Sozialdemokraten und Liberaldemokraten ist mit Sicherheit nicht die beste Voraussetzung für einen politischen Neubeginn. Seit dem Platzen der "bubble economy" befindet sich Japan in der tiefsten und längsten Rezession der Nachkriegszeit, die feste Säulen der Wirtschaft, wie z.B. das System der Lebenszeitbeschäftigung, ins Wanken bringt. Keiner kann mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorhersagen, wie Japan aus diesen Belastungen hervorgehen wird. Eine Orientierung mag vielleicht eine kürzliche Aussage des letzten japanischen Botschafters in Deutschland Ryohei Murata sein; nach seiner Meinung wird sich Japan ändern, aber der Änderungs- und Anpassungsprozeß wird sich nicht an Vorstellungen und Forderungen des Westens orientieren, sondern an Japan und seiner bisherigen Entwicklung.
Vorwort
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Tatsache ist, daß Japan ein schwieriger Markt ist und wohl auch bleiben wird und Tatsache ist auch, daß die Wirtschaftspolitik in Japan, daß Unternehmensstrategien in Japan und daß das Zusammenspiel zwischen Wirtschaft und Staat grundverschieden sind von Verhaltensmustern und Strategien in Europa und Amerika. Aber alle diese Unterschiede reichen nicht aus, um mit ökonomischen Argumenten die geringe Beschäftigung insbesondere europäischer und deutscher Unternehmen mit Japan zu erklären. So bleibt nur die Vermutung, daß wirtschaftsfremde, psychologische Barrieren die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Markt Japan erschweren. Barrieren, die möglicherweise eine Mischung aus Geringschätzung eines immer noch als exotisch angesehenen Marktes und aus Furcht vor einem übermächtigen Wirtschaftsgiganten sind. Die Auseinandersetzung mit dem "Phänomen Japan" hat seit den achtziger Jahren in Wort und Schrift deutlich zugenommen. So wird einerseits versucht, die japanische Wirtschaftsmentalität verständlich zu machen, andererseits werden den deutschen und europäischen Unternehmern "Gebrauchsanleitungen" über "Kaizen", "Just in Time" und anderen erfolgreichen japanischen Unternehmensstrategien an die Hand gegeben. Sieht man sich die regionalen Handelsbilanzen an, dann scheinen alle Erklärungsversuche bisher wenig geholfen zu haben. Vielleicht ist bisher der Tatsache zu wenig Beachtung geschenkt worden, daß der überwiegende Teil des deutschen Außenhandels von mittelständischen Betrieben abgewickelt wird, die mit Recht auch der Träger und das Rückgrat unseres wirtschaftlichen Wohlstands sind, die allerdings den japanischen Markt für sich noch nicht entdeckt haben. Die Exportquote, d.h. der Anteil der Exporte von Gütern und Diensten am Bruttosozialprodukt, liegt in Deutschland bei über 35 v.H, eine Zahl, die nicht allein durch die weltweit tätigen Großbetriebe des Fahrzeugs- und Anlagenbaus und der Chemie zu erklären ist. Dagegen liegt die Exportquote in Japan mit etwa 10 % deutlich niedriger, ein Hinweis auf die bekannte Tatsache, daß der japanische Mittelstand, wegen des großen Binnenmarktes von über 120 Mio Verbrauchern, sich nicht in dem Maße wie in Deutschland in die
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Vorwort
internationale Arbeitsteilung eingegliedert hat. Die Internationalisierung der japanischen Wirtschaft wird zu einem deutlich größeren Teil als in Deutschland von den Automobil- und Elektrokonzernen getragen. Der japanische Mittelstand folgte erst in den letzten Jahren, zum Beispiel als Zulieferer der Großbetriebe, während die deutsche Großindustrie auf ihrem bisherigen Weg nach Japan keinen ähnlichen Sog ausgelöst hat. So ist es auch nicht verwunderlich, daß von deutscher und japanischer Seite als Musterbeispiel für die erfolgreiche Erschließung des japanischen Marktes die mittelständische Firma Wella, wohl das meistzitierte Beispiel in der Literatur, angeführt wird. Die Zuwachsraten der Exporte in den 80er Jahren deuten darauf hin, daß der deutsche Mittelstand erst nach der Deutschen Leistungsschau 1984 in Tokyo stärker auf den japanischen Markt aufmerksam wurde. Natürlich bleibt die Frage, warum dieses Interesse erst so spät geweckt wurde, zumal Japan seit Beginn der 70er Jahre internationale Aufmerksamkeit zu erregen begann. Die Antwort scheint einfach zu sein, wenn auch damit nicht gleichzeitig eine einleuchtende Erklärung gegeben wird. Japan hat in der deutschen Wirtschaft und Bevölkerung und in der Öffentlichkeit insgesamt lange Zeit keine Rolle gespielt, und auch jetzt noch ist Japans Stellenwert im Leben relativ gering. Viele Beispiele lassen sich dafür anführen; die vielleicht augenfälligsten sollen kurz angerissen werden: -
Die deutsche Japanologie hat sich jahrzehntelang mit Geschichts- und Sprachforschung beschäftigt; erst in den letzten Jahren werden verstärkt Wirtschafts- und Gegenwartsfragen allgemein in die Lehrpläne aufgenommen. Die Folge ist, daß die Universitätsabsolventen der Japanologie von der Wirtschaft bisher noch wenig angenommen werden.
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Der Zeitungsjournalismus zieht es vor, mit dem "Geist der Samurais", gegen den deutsche Unternehmer hilflos sind, Panikstimmung zu erzeugen oder sich über die "Workaholics", die Arbeit lieben und auf Urlaub verzichten, lustig zu machen; objektive Berichterstattung ist häufig wegen mangelnder Kenntnisse der japanischen Gesellschaft
Vorwort
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ohnehin nur selten möglich. Die Stimmen der wenigen Fachjournalisten mit mehrjährigen Japanerfahrungen dringen nicht immer durch. -
Eine nachhaltige und objektive Berichterstattung in den Fach- und Fernsehmedien ist noch immer selten; auch hier scheint der Reiz des Exotischen zu dominieren, wie jüngere Beispiele über die Erdbebenvorsorge oder die Love-Hotels zeigen.
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Die Bundesregierung sah jahrelang der Nicht-Information tatenlos zu; erst 1985 begann man im Hinblick auf den inzwischen erkannten Bedarf an Kenntnissen über die kulturellen, sozialen und politischen Bedingungen des heutigen Japans, über die Gründung eines Forschungsinstituts in Japan nachzudenken. Im Februar 1988 wurde dann die Philipp-Franz-von-Siebold-Stiftung gegründet, die Trägerin des in Tokyo angesiedelten "Deutschen Instituts für Japanstudien" wurde; nur ein Jahr zuvor wurde in Berlin das "Japanisch-Deutsche Zentrum Berlin" eröffnet.
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Und die Europäische Gemeinschaft sah sich erst 1994 veranlaßt, mit einer Kampagne "Tor nach Japan" (Gateway to Japan) kleine und mittlere Unternehmen auf dem Weg nach Japan tatkräftig zu unterstützen. Bereits früher angebotene Fortbildungsmaßnahmen für Fachund Führungskräfte der Wirtschaft mit teils mehrmonatigen Aufenthalten in Japan erreichten häufig nicht die mittelständische Wirtschaft.
So ist es eigentlich nicht erstaunlich, daß der Mittelstand, der einerseits wegen seiner Flexibilität und Dynamik als Rückgrat unserer Wirtschaft gelobt wird, andererseits aber auch wegen seiner Scheu bzw. Zurückhaltung bei risikobehafteten Auslandsengagements bekannt ist, bisher weder große Lust noch Wagemut aufgebracht hat, sich im fernen "exotischen" unbekannten Japan zu engagieren. Auch wenn die Ausführungen über "administrative guidance", über Keiretsu und Deregulierungsversuche nicht gerade ermutigend klingen, so ist vielleicht doch deutlich geworden, daß der Markterfolg in Japan nicht allein von der Größe eines Unternehmens, sondern auch von der Ernsthaftigkeit und Intensität der Vorbereitung auf den Markt und von den agierenden Personen abhängt. Die bereits erwähnte
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Vorwort
Flexibilität und Dynamik mittelständischer Unternehmen scheint sogar eine wesentliche Voraussetzung zu sein, auf einem Markt zurechtzukommen, der Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit im Geist und im Handeln verlangt. Mit dieser Schrift soll der Versuch unternommen werden aufzuzeigen, daß neben Großunternehmen auch mittelständische Betriebe eine Chance auf dem japanischen Markt haben. Und es soll gerade diesen Betrieben ein möglichst einfacher und praktischer Leitfaden zur Erschließung dieses Marktes an die Hand gegeben werden. Ziel dieser Schrift ist, dem aufgeschlossenen, aber noch japanunerfahrenen mittelständischen Unternehmer die wesentlichen Besonderheiten des japanischen Marktes näherzubringen und ihm gleichzeitig zu sagen, wie und wo er sich über Einzelheiten informieren kann. Um das Lesen zu erleichtern, ist bewußt auf Tabellen und Fußnoten verzichtet worden, und auch das Literaturverzeichnis beschränkt sich auf eine kleine Auswahl von Fachveröffentlichungen. Dem mittelständischen Unternehmer sollen keine Anregungen zu einem zeitraubenden Literaturstudium gegeben werden; diese Zeit fehlt in der Regel ohnehin. Er soll die Chance erhalten, für seine konkreten Fragen möglichst direkt eine Antwort oder einen Ansprechpartner für eine Antwort zu finden. Im übrigen ist die Zahl der tatsächlichen Kenner der japanischen Wirtschaft und Wirtschaftsmentalität in Deutschland immer noch so klein und überschaubar, daß man in der Literatur und in der Praxis schnell immer wieder auf die gleichen Namen trifft. Diese Schrift hat ihren Zweck erfüllt, wenn der an Japan interessierte Unternehmer durch die Lektüre ermutigt wird, seine vielleicht spontane Idee durch sachliche Informationen fortzuentwickeln, und die Partner finden kann, die auf seine Fragen die richtigen Antworten wissen.
1. Der japanische Markt Der japanische Markt ist anders als die europäischen Märkte; das ist besonders auf den Konsumgütermärkten festzustellen. Der Unterschied fängt bei den Konsumgewohnheiten an. Trotz des in den letzten Jahren erreichten Wohlstandes wohnen japanische Familien gemessen an europäischen Standards sehr beengt. Dennoch sind die kleinen Wohnungen in der Regel mit allem modernen Komfort ausgestattet. Das hat z.B. bei den Wohnmöbeln Auswirkungen auf die Abmessungen, die nicht europäischen Normen entsprechen. Da Japaner gern rohen Fisch essen, brauchen die meistens eher kleinen Kühlschränke größere Gefrierfächer als bei uns. Als ein Volk, das etwa 200 Jahre von der Außenwelt fast völlig abgeschlossen war, üben Kunst, Kultur, Mode und nahezu alles, was aus dem "Westen" kommt, auf die Japaner einen eigenartigen Reiz aus, Schuhe aus Italien, Kleider aus Paris und Messer aus Solingen vermitteln einen Hauch von Luxus, Eleganz und Exklusivität und erfreuen sich großer Beliebtheit. Die Japaner sind anspruchsvolle Verbraucher, ein Pro-Kopf-Einkommen, das in Japan höher ist als in den USA, erklärt diese Tatsache. Sie kaufen daher praktisch nur Produkte der Spitzenqualität, das kann jeder feststellen, der z.B. einmal durch die Lebensmittelabteilung eines der großen Kaufhäuser in Tokyo an der Ginza geht. Aber auch bei dauerhaften Konsumgütern wird der hohe Anspruch an Qualität, Design und "after sales service" deutlich, der Preis tritt hinter diesen Kriterien als Kaufargument eher zurück. Ausländische Produkte werden trotz niedrigerer Preise häufig deswegen abgelehnt, weil der japanische Kunde der Versorgungssicherheit oder den Garantieleistungen mißtraut, dabei ist bei einem festgestellten Mangel die Nachbesserung oder der Umtausch nicht immer eine Alternative zu der Rückgabe der Ware gegen Geld. Die japanischen Verbraucher lieben neue Produkte mit verbesserten Qualitäten und verändertem Design, also den schnellen Produktwandel. Die Industrie bringt daher in schneller Folge ständig neue Produkte auf den Markt.
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l. Der japanische
Markt
In jüngster Zeit scheint sich allerdings in Teilbereichen eine gewisse Übersättigung und Verdrossenheit abzuzeichnen, und zwar besonders bei Konsumartikeln mit elektronischen Funktionen. Der Wettbewerb der großen Hersteller wie Sony, Hitachi, Toshiba und Fujitsu eskaliert dergestalt, daß Standardgeräte mit Funktionen ausgestattet werden, die einerseits als überflüssig erachtet werden und andererseits auch komplizierter und damit bedienungsunfreundlich werden. So entwickelt sich bei den Verbrauchern das Gefühl, daß die Hersteller den eigentlichen Zweck der Produkte aus den Augen zu verlieren scheinen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, daß wertvolle Ressourcen, Kapital- und Forschungskapazitäten fehlgeleitet werden. Das MITI - das mächtige Ministerium für Internationalen Handel und Industrie - hat daher Ende Januar 1992 die Vorstände der Elektronikindustrie zusammengerufen und sie aufgefordert, bei Elektrogeräten den Modellwechsel zu verlangsamen, mindestens ein Jahr sollte zwischen den Modell wechseln Ruhe sein. Die japanische Gesellschaft befindet sich in einem ständigen Wandel, der seine Auswirkungen auf das Konsumverhalten hat und damit ständig neue Märkte entstehen läßt. Ein Beispiel dafür ist die Tatsache, daß sich auch in Japan der Trend zur Arbeitszeitverkürzung durchsetzt und als Folge sowohl die Freizeit zunimmt als auch in wachsendem Maße für längere Zeit zusammenhängend Urlaub genommen wird. Alle diese und zahlreiche andere Faktoren haben Japan zu einem Markt mit einem intensiven Wettbewerb werden lassen, auf dem es Neulinge gleich welcher Herkunft sehr schwer haben, wenn sie nicht sehr sorgfaltige Marktstudien betrieben haben. Dem Ausländer fällt der Markteintritt besonders schwer, wenn er sich nicht mit den zusätzlichen Schwierigkeiten des japanischen Marktes vertraut gemacht hat. An erster Stelle ist natürlich die japanische Sprache zu nennen. Ohne einen versierten Dolmetscher sollte man keine Verhandlungen mit finanziellen oder vertraglichen Bindungen führen, da auch die englische Sprache nicht immer ein zuverlässiges Kommunikationsmittel ist; sie eignet sich allenfalls
1. Der japanische
Markt
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für erste Kontaktaufnahmen oder eigene erste Markterkundungen. Außerdem braucht man den sprach- und landeskundigen Dolmetscher, der die Eigenarten der japanischen Verhandlungsführung kennt und beurteilen kann und der die verständliche Unkenntnis und häufig auch Ungeduld der ausländischen Besucher in die richtigen Bahnen lenkt. Marktzugangshemmnisse verschiedenster Art, wie sie den Japanern noch vor wenigen Jahren vorgeworfen wurden und von denen man auch jetzt noch häufig hört, spielen nicht mehr die entscheidende Rolle. Zumindest sind sie nicht ausgegeprägter als in vielen anderen westlichen Ländern einschließlich der EG-Staaten, die durch mehr oder weniger subtile Mittel unwillkommene Konkurrenten von ihrem Binnenmarkt fernhalten wollen. Im Bereich der gewerblichen Wirtschaft hat Japan bekanntlich die niedrigste Zollbelastung aller Industrienationen, und der Agrarmarkt ist in ähnlicher Weise stark geschützt wie der EU-Agrarmarkt. Auch im Bereich der "non tariff barriers", der nichttarifären Handelsbeschränkungen, hat Japan in den letzten Jahren viel mehr abgebaut, als man im Westen allgemein zu glauben bereit ist. Der jahrelange Druck Europas und insbesondere der USA hat hier doch deutliche Erfolge gebracht, die sogar so weit gehen, daß Japan in jüngster Zeit viele Maßnahmen zur Importerleichterung ergriffen hat; allerdings ist nicht immer klar, ob und wie diese Maßnahmen wirken. Natürlich ist es für den Neuling nicht immer einfach, sich mit den verwirrenden Handelswegen zurechtzufinden. So gibt es in Japan große Handelshäuser, die einen übermächtigen Einfluß auf die Handelsströme im Inland und mit dem Ausland ausüben. Darüber hinaus findet man auf den beiden Handelsstufen Groß- und Einzelhandel häufig mehrere Teilnehmer, die in enger Abhängigkeit voneinander ein geschlossenes System bilden. So nehmen einzelne Händler für die nächste Stufe häufig Finanzierungs- und Lagerhaltungsfunktionen wahr. In diesem Netz kann ein Ausländer mit seinem Produkt natürlich in vielfacher Weise hängen bleiben, z.B. über schwer nachvollziehbare Preiserhöhungen oder durch bewußt oder unbewußt mangelhaftes Marketing. Die Wahl des richtigen japanischen Importeurs ist einer der zentralen Punkte für den erfolgreichen Marktzugang.
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1. Der japanische
Markt
Inzwischen ist weltweit bekannt, daß Tokyo eine der teuersten Städte der Welt ist, das trifft nicht nur für die allgemeine Lebenshaltung zu, sondern auch und insbesondere flir die Mieten für Büroräume. Daher ist in den letzten Jahren ein verstärkter Trend zum Zuzug in die Vororte und sogar in die weitere Umgebung von Tokyo zu beobachten. Der ausländische Unternehmer, der sein Interesse auf Japan gelenkt hat, sollte sich darüber klar werden, daß Japan nicht nur Tokyo ist, sondern daß es in anderen Regionen Japans, ob nun in der Kansai-Region um Osaka/Kyoto oder um Kitakyushu auf der südlichen Insel Kyushu oder um Sapporo auf der nördlichen Insel Hokkaido, besonders für einen mittelständischen Betrieb genügend Kaufkraft zu weniger extremen Konditionen gibt. Eine nicht einfache Aufgabe für das ausländische Unternehmen ist die Einstellung von geeigneten Arbeitskräften. Vielfach glaubt man im Westen noch, daß in Japan generell das Prinzip der betrieblichen Lebenszeitanstellung gilt. Nicht allen ist bekannt, daß dieses Prinzip praktisch nur von den Großbetrieben angewendet wird und damit allenfalls etwa ein Drittel aller Beschäftigten erfaßt. Zum anderen ist das System in den letzten Jahren doch recht löcherig geworden. Dennoch herrscht in der Arbeitnehmerschaft noch eine gewisse Scheu, bei ausländischen Firmen zu arbeiten, so daß bei Einstellungen häufig entweder qualitative Abstriche oder Gehaltszugeständnisse oder beides gemacht werden müssen. Daher ist dem Japanneuling dringend zu empfehlen, die Personalfragen gemeinsam mit einer japanischen Personalagentur zu klären.
2. Voraussetzungen für ein Engagement in Japan Ein unternehmerisches Engagement auf dem japanischen Markt ist grundsätzlich in drei Formen möglich, durch -
Export von Know-how aller Art, also durch Übertragung von Nutzungsrechten
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Exporte von Gütern und Dienstleistungen, also durch Handel
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Export von Kapital, also z.B. durch Errichtung einer Verkaufsniederlassung, eines Gemeinschaftsunternehmens (Joint venture), Errichtung eines Tochterunternehmens zum Zwecke der Produktion oder durch Kauf eines japanischen Unternehmens.
Üblicherweise geht der Handelsaustausch einer Produktion voraus, so daß sich die weiteren Ausfuhrungen vorrangig auf den Handelssektor beziehen. Für unternehmerische Initiativen in Japan sind wohl folgende Voraussetzungen am wichtigsten: -
Die Unternehmensleitung muß sich bewußt sein, daß Japan ein besonderes schwieriger Markt mit einem sozio-ökonomischen und kulturellen Hintergrund ist, der nicht nur eine sehr sorgfältige Vorbereitung verlangt, sondern für den man auch ausreichend Zeit, Geduld und nicht selten auch Finanzkraft einkalkulieren muß. Daher ist es empfehlenswert, wenn Japan für den mittelständischen Betrieb nicht der erste Auslandsmarkt ist, sondern daß im Umgang mit den zusätzlichen Risiken des Auslandsgeschäfts schon auf anderen Märkten einige Erfahrungen gesammelt wurden.
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Der Mitarbeiter, der für die Bearbeitung des japanischen Marktes abgestellt wird, sollte von der Unternehmensleitung "an der langen Leine" geführt werden. Das heißt, er muß genügend Zeit haben, sich in Japan in Ruhe umzusehen, wozu natürlich auch ein finanzieller
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2 . Voraussetzungen
für ein Engagement
in Japan
Spielraum gehört. Darüber hinaus bedeutet das aber auch, daß dieser Mitarbeiter nicht unter ständigen und kurzfristigen Erfolgsdruck z.B. durch regelmäßige Berichterstattung gesetzt werden sollte. -
Da der japanische Markt trotz anderer, objektiv auch zutreffender, Aussagen doch ein irgendwie geschlossener Markt ist, führt der Weg zum Erfolg nicht zwangsläufig primär über das richtige oder bessere Marketingkonzept, sondern in erster Linie über das persönliche Vertrauen der Geschäftspartner. Ein wenig überspitzt, wenn auch deswegen nicht weniger korrekt formuliert heißt das, daß es wichtiger ist, dem Partner die Ernsthaftigkeit und die auf dauerhaftes Engagement abzielende Absicht der Bemühungen und damit die persönliche Zuverlässigkeit klar zu machen als die Einmaligkeit des angebotenen Produktes. Ein Unternehmer sollte daher möglichst weder seinen für Japan abgestellten Mitarbeiter vor Beendigung der Aktivitäten auswechseln noch seinen japanischen Partner wechseln. Da die japanische Geschäftsstrategie häufig die langfristige Markterschließung und -förderung über den kurzfristigen Betriebserfolg stellt, während es in Deutschland in der Regel umgekehrt ist, brauchen beide Seiten Zeit, um sich aufeinander einzustellen und geschäftlich, aber auch persönlich aneinander zu gewöhnen.
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Aus diesen Gründen ist auch empfehlenswert, wenn der deutsche Partner etwas mehr über Japan weiß als nur seine Aufgabenstellung, für sein Unternehmen Produkte zu verkaufen. Nichts kann die Geschäftsaussichten nachhaltiger beeinträchtigen, als ein ignorantes, überhebliches Auftreten und ein ausschließlich geschäfts- und erfolgsorientiertes Verhalten.
3. Vorbereitungen in Deutschland Ausgangspunkt soll ein mittelständisches Unternehmen sein, das keine eigene Marketingabteilung hat, die selbst und mit genügend personeller Kapazität Marktanalysen durchführen kann. Weiter sollte dieses Unternehmen schon gewisse Exporterfahrungen haben, also mit seiner Produktpalette oder Teilen davon im Ausland erfolgreich gewesen sein. Die zentrale Fragestellung sollte sein, ob ein Produkt aus dieser Palette auch auf dem japanischen Markt erfolgreich vertrieben werden kann. Außerdem soll die Frage angesprochen werden, welche Überlegungen im Zusammenhang mit einer eventuellen späteren Produktion angestellt werden müssen. Zweckmäßig ist, schon frühzeitig in etwa den Betrag festzulegen, der für die Markterschließung bereitgestellt werden soll, wobei aus Vorsichtsgründen von einer Dauer von mindestens fünf Jahren bis zur Entscheidung über Erfolg und Mißerfolg ausgegangen werden sollte. Außerdem sollte der mit der Aufgabe betraute Mitarbeiter möglichst für diesen Zeitraum hierfür zur Verfügung stehen. Um die Frage anzugehen, können Sie als Unternehmer grundsätzlich zwei Wege gehen. Natürlich können Sie gleich auf den japanischen Markt gehen und z.B. mit Hilfe dortiger Consultants oder Marktforschungsinstitute recherchieren; dieser Weg spart wahrscheinlich Zeit, kostet aber auch viel Geld. Zum anderen können Sie primär die auf dem deutschen Markt vorhandenen Informationen ausschöpfen. Dieser Weg ist einfacher, und Sie werden feststellen, daß das in Deutschland vorhandene Angebot an Japaninformationen recht vielseitig ist. Natürlich werden Sie jede noch so umfassende Information zu Hause später durch eine Recherche vor Ort vervollkommnen müssen; aber dann werden Ihnen die "Spielregeln" auf dem japanischen Markt nicht mehr so unbekannt und fremdartig vorkommen. Ihr erster Schritt sollte ein Besuch in der zuständigen Industrie- und Handelskammer oder bei den in verschiedenen Bundesländern
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3. Vorbereitungen
in
Deutschland
eingerichteten Stellen zur Förderung und Unterstützung der Außenwirtschaft sein. Dort finden Sie zwar nicht den Japanexperten, aber Sie erhalten Informationen über die verschiedenen Wege der Informationsbeschaffung und Beratungsmöglichkeiten. Die zentrale Empfehlung wird sein, die Dienste eines Außenwirtschaftsberaters in Anspruch zu nehmen; aus öffentlichen Mitteln geforderte Außenwirtschaftsberatungen sind in vielen Bundesländern möglich. Auskünfte erteilen die Industrie- und Handelskammern. Auch das Bundeswirtschaftsministerium stellt finanzielle Beratungshilfen zur Verfugung, die Sie ebenfalls über die Kammern erfragen können. Das Problem ist häufig die Wahl eines geeigneten Beraters; die genannten Stellen können dabei zwar in gewisser Weise behilflich sein, sie können aber nicht einen oder gar den geeigneten Berater empfehlen, und zwar aus Gründen der Wettbewerbsverzerrungen. Darüber hinaus muß man feststellen, daß die Zahl der Japanexperten im Beratungsgeschäft doch noch recht gering bzw. das vorhandene Japanwissen nicht bei allen Beratern gleichermaßen fundiert ist. Auf jeden Fall wird Ihnen die Deutsche Industrie- und Handelskammer in Japan als ein möglicher Berater genannt, deren Dienstleistungen unter die öffentlichen Förderungsmöglichkeiten fallen; hierbei handelt es sich um eine der allerersten Adressen. Jedes Unternehmen hat die Möglichkeit, über seine Industrie- und Handelskammer oder auch direkt von der Deutschen Industrie- und Handelskammer in Japan eine erste kostenlose Auskunft zu erhalten. Allerdings erschöpft sich diese Auskunft häufig auf die Bereitstellung von allgemeinen Informationen über den gewünschten Teilmarkt, auf Importeurlisten und sonstige Unterlagen, die in deutscher oder eher englischer Sprache zur Verfügung stehen. Anfragen, die eigene Dienstleistungen oder Recherchen der Kammer in Tokyo erforderlich machen, müssen bezahlt werden, und j e spezifischer und damit zeitaufwendiger die Anfrage ist, um so teurer wird die Beratung. Die Deutsche Industrieund Handelskammer in Japan hat ihre Hauptgeschäftsstelle in Tokyo und eine Zweigstelle in Osaka.
3. Vorbereitungen
in
Deutschland
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Bei der Hauptgeschäftsstelle in Tokyo ist das Institut für Marktberatung angesiedelt, das für die Markterschließung und -bearbeitung umfangreiche Dienstleistungen anbietet. Dieses Institut hatte eine deutsche Verbindungsstelle bei der Industrie- und Handelskammer Mittlerer Neckar in Stuttgart; seit Anfang 1992 existiert sie leider nicht mehr. Wenn Sie die Dienste entweder der Kammer oder des Instituts in Anspruch nehmen wollen, ist es aus Kostengründen zweckmäßig, die Anfrage so konkret wie möglich zu fassen. Dazu empfiehlt es sich, im Vorfeld möglichst viele zweckdienliche Informationen zu sammeln; hierfür stehen mehrere Institutionen in Deutschland zur Verfügung, einige wichtige Adressen finden Sie im Anhang. -
Bundesstelle für Außenhandelsinformationen in Köln (bfai) Diese Stelle arbeitet im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums, sammelt Informationen in aller Welt und verarbeitet sie zu Länder- und Marktinformationen über Branchen und Produktgruppen; sie hat auch ein KorrespondenzBüro in Japan. Vorliegende Schriften können gegen geringe Gebühr abgerufen werden. Die bfai hat bisher etwa 90 Marktanalysen erstellt, die z.B. von der Kinderbekleidung über Fertighäuser bis zu Mikroprozessoren reichen; hier können Sie vielleicht schon erste Markteindrücke sammeln.
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Bundesverwaltungsamt in Köln Das Amt gibt Informationen und Merkblätter zu wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen insbesondere für Auslandstätige und Auswanderer heraus.
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3. Vorbereitungen in Deutschland
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Centrale Marketinggeseilschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH in Bonn Die Gesellschaft unterstützt die Exportbemühungen und Verkaufsförderungsmaßnahmen für Hersteller und Händler von Nahrungsmitteln; sie hat eine Repräsentanz in Tokyo. Als Hersteller von Nahrungs- und Genußmitteln sollten Sie die CMA keinesfalls übergehen.
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Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) in Frankfurt Der VDMA hat ein Verbindungsbüro in Tokyo, bei dem kürzlich das VDMA Business Center eingerichtet wurde; dort können Mitgliedsfirmen Marktrecherchen vornehmen lassen oder auch selbst durchfuhren.
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TÜV-Rheinland in Köln Der TÜV ist von japanischen Stellen ermächtigt, technische Marktzugangsprüfungen bereits in Deutschland durchzuführen In vielen Fällen haben Sie also schon hier die Chance zu erfahren, ob Ihr Produkt den japanischen Marktanforderungen genügt, der TÜV hat ein Büro in Japan.
TÜV-Produkt-Service GmbH in München Die Gesellschaft informiert über technische Anforderungen und Bestimmungen in Japan und berät bei der Plazierung von Produkten unter Berücksichtigung der japanischen Bestimmungen und bei den Prüfungen für die Vergabe japanischer Prüfzertifikate. -
Deutsch-Japanischer Wirtschaftskreis in Düsseldorf Bei diesem Zusammenschluß von Firmen im Japangeschäft erhalten Unternehmer Hilfestellungen verschiedener Art bei der Marktbearbeitung, z.B. Markt- und Produktinformationen und die Adressen möglicher Kooperationspartner.
3. Vorbereitungen
in
Deutschland
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J M S - Japan-Markt-Service GmbH in Düsseldorf Hierbei handelt es sich um eine auf den japanischen Markt spezialisierte Consultingfirma mit Büros in Tokyo und Yokohama, die Marketingstrategien erarbeitet und auch durchfuhrt. -
Deutsch-Japanisches Wirtschaftsbüro in Düsseldorf Das Büro ist im Auftrag des japanischen Außenministeriums tätig und pflegt in erster Linie die Verbindungen zu deutschen Verbänden, Kammern und sonstigen Multiplikatoren. In Einzelfällen werden auch direkte Anfragen bearbeitet. Zweimonatlich erscheint ein Informationsdienst "Japanwirtschaft", außerdem wird eine Broschürenreihe "Japanwirtschaft" herausgegeben. Eine N u m m e r behandelt z.B. das Thema "Marketing für Investitionsgüter" und ist von einem anerkannten Japanberater verfaßt worden; die Schriften werden auf Anfrage kostenlos abgegeben.
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Ostasiatischer Verein e.V. (OAV) in Hamburg Die Mitglieder des OAV sind Firmen und Personen mit Interessen in Ostasien. Er vermittelt Kontakte, gibt Informationen und erteilt individuelle Auskünfte und Ratschläge für das Ostasiengeschäft. Dort können Sie mit Unternehmern zusammentreffen, die schon Erfahrungen in Japan gesammelt haben.
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Japan External Trade Organization (JETRO) mit Büros in Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt, München und Berlin Die JETRO ist die offizielle Außenhandelsorganisation des japanischen Ministeriums für internationalen Handel und Industrie (MITI) in aller Welt mit der Zentrale in Tokyo. Sie bietet eine breite Informationspalette über Broschüren, Kontaktvermittlungen, Organisation von Importmessen in Japan, Veranstaltung von Seminaren u.a. an. Außerdem ist sie die offizielle Empfangsstelle für Beschwerden über die Behinderung
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3. Vorbereitungen
in Deutschland
des Marktzugangs in Japan (Ombudsmann). Die J E T R O hat sich im Laufe der Jahre von einer ExportfÖrderungs- zu einer Importförderungsorganisation gewandelt. -
Japanische Industrie- und Handelskammer in Düsseldorf Die Kammer betreut in erster Linie die japanischen Firmen in Deutschland. Darüber hinaus ist sie Ansprechpartner für allgemeine Fragen Japan betreffend.
Informationen verschiedener Art, auch über die direkte Partnersuche, stellen auch die Banken und Sparkassen zur Verfügung, sofern sie über Vertretungen in Japan verfügen, die in der Regel auch Zugang zu internationalen Datenbanken haben. Allgemeine und umfassende Darstellungen über Japan und den japanischen Markt sind auch bei den Wirtschaftsforschungsinstituten, z.B. im Institut für Weltwirtschaft in Kiel zu erhalten. Im Jahre 1992 wurde am ifo Institut für Wirtschaftsforschung in München die Japan Informationsstelle eingerichtet. Eine ihrer Dienstleistungen ist die Verknüpfung des auf viele Institutionen verteilten Japanwissens. Außerdem erarbeitet die Stelle Studien und Gutachten zu Wirtschaftsthemen über Deutschland und Japan, erstellt Branchenstudien im Auftrag deutscher Unternehmen; sie verfügt über eine umfangreiche JapanDokumentation und hat ein Verbindungsbüro in Japan. Über Angelegenheiten offizieller Art informieren die Japanische Botschaft in Bonn und die Generalkonsulate. Eine Dienstleistung besonderer Art hat die japanische Regierung in letzter Zeit eingerichtet. Durch die J E T R O werden weltweit Wirtschaftsexperten eingesetzt, die entweder im Rahmen kurzfristiger Einsätze nach Produkten mit Eignung für den japanischen Markt suchen oder für längere Zeit an ausgewählten Standorten Beratungsaufgaben übernehmen. Für Deutschland ist seit 1992 Junzo Kobayashi mit Sitz in Düsseldorf beim DeutschJapanischen Wirtschaftskreis zuständig, er soll in direkten Kontakten zu den Industrie- und Handelskammern, aber auch zu Unternehmen, Verbindungen zur japanischen Wirtschaft herstellen. Im Gespräch mit japanischen Handelshäusern, Industrieunternehmen und Großhändlern will er
3. Vorbereitungen in Deutschland
Marktchancen angeboten.
erkunden;
seine
Dienstleistungen
werden
25 kostenlos
Als weitere Stellen, die Informationen über Japan verschiedener Art zur Verfügung stellen, sollen genannt werden: -
Japanisch-Deutsches Zentrum in Berlin Tiergartenstraße 24/25, 10785 Berlin
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Japanisches Kulturinstitut in Köln Universitätsstraße 98, 50674 Köln
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Institut für Asienkunde in Hamburg Rothenbaumchaussee 32, 20148 Hamburg
Das Institut gibt regelmäßig ein Jahrbuch heraus, das über viele aktuelle Aspekte der Wirtschaft und Politik Japans informiert. Nach diesen kurzen Informationen wäre eine erste Annäherung an den japanischen Markt auf folgendem Weg denkbar: -
Informationsgespräch mit der zuständigen Industrie- und Handelskammer, insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer aus öffentlichen Mitteln geforderten Beratung.
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Kontaktaufnahme mit der Bundesstelle für Außenhandelsinformation oder der Centralen Marketinggeseilschaft der deutschen Agrarwirtschaft wegen eventuell bereits vorliegender Marktoder Branchenuntersuchungen.
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Kontaktaufnahme mit dem TÜV-Rheinland oder der TÜV-ProduktService G m b H oder mit dem V D M A , wenn technische Marktzugangsbeschränkungen vermutet werden.
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3. Vorbereitungen
in
Deutschland
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Gespräch mit dem Deutsch-Japanischen Wirtschaftskreis als Gremium japanerfahrener Unternehmen, wenn schon die Suche nach möglichen Kooperationspartnern in Angriff genommen werden soll. Hier sollte auch die Frage nach einem erfahrenen Berater angeschnitten werden.
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Als Abrundung sollte dann noch ein Gespräch mit der nächstgelegenen JETRO-Niederlassung erfolgen, um das dort vorhandene Informationsmaterial und sonstige Hilfestellungen mit dem bereits erlangten Wissensstand abzugleichen.
Dann sollte eigentlich der Zeitpunkt gekommen sein, daß Sie entscheiden können, ob Sie sich für Ihr Produkt, gegebenenfalls mit welchen Modifikationen, auf dem japanischen Markt eine Chance ausrechnen. Fällt die Entscheidung positiv aus, dann stellt sich die Frage, wie bzw. mit wem Sie eine Markterschließungsstrategie konzipieren wollen. Da es nicht sehr empfehlenswert ist, schon jetzt einen Alleingang zu wagen, sind die Fragen zu beantworten: -
Wie finden Sie den geeigneten Berater? Sollte der Berater in Deutschland oder in Japan ansässig sein ?
Beim Gespräch mit dem Deutsch-Japanisehen Wirtschaftskreis haben Sie sicher schon Kontakt zu der JMS Japan-Markt-Service GmbH gefunden, die zugleich das Sekretariat des Wirtschaftskreises ist. Andere erfahrene Berater sind z.B. -
Ostasien Beratung A. Rive Reisholzer Straße 33 40231 Düsseldorf Dr. H.F. Jung Jahnstraße 5 90763 Fürth
3, Vorbereitungen
in
Deutschland
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JEP (Deutschland) GmbH Japanese European Projects Herr Moser Homberger Straße 5 40474 Düsseldorf -
Furuichi GmbH Jägerhofstraße 31 40479 Düsseldorf Vaubel & Partner Ltd. Ark Mori Bldg. 22F 1-12-32, Akasaka Minato-Ku, Tokyo 107
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Deutsche Industrie- und Handelskammer in Japan Institut für Marktberatung Akasaka Tokyu Bldg. 7F 2-14-3, Nagata-cho Chiyoda-Ku, Tokyo 107.
Zweckmäßig ist wahrscheinlich, wenn Sie von diesen und eventuellen anderen Beratern, die Ihnen bei den Recherchen bekanntgeworden sind, nach Definition Ihrer Aufgabenstellung Angebote einholen. Die Frage, ob Sie einen in Deutschland oder in Japan ansässigen Berater bevorzugen, hängt natürlich von verschiedenen Faktoren ab, z.B. -
Spezialisierung des Beraters, z.B. ist Rive stärker im Investitionsgüter-, Vaubel stärker im Konsumgüterbereich engagiert.
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Umfang Ihres Auftrags- und Kommunikationswunsches während der Durchführung; Reise- und Aufenthaltskosten eines hier ansässigen Beraters ohne Büro in Tokyo können ein ernstzunehmender Kostenfaktor sein.
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-
3. Vorbereitungen
in Deutschland
Beherrschung der japanischen Sprache und Schrift.
Wenn Ihre Entscheidung nicht schon vorher gefallen ist, sollten Sie in Vorgesprächen mit den Beratern auch die Frage erörtern, ob Sie Ihr Produkt auf dem Vertriebsweg oder durch Lizenzvergabe am japanischen Markt plazieren sollten. Die andere Alternative, nämlich eine eigene Produktion in Japan, ist eine Frage, die im Normalfall ohnehin erst nach einigen Jahren entschieden werden sollte. Ein guter Berater wird Ihnen auch schon in diesem frühen Stadium sagen, ob nach seiner Meinung die Kontaktaufnahme zu einem deutschen Handelshaus zweckmäßig erscheint.
4. Fortsetzung der Bemühungen in Japan Am Ende der Informationsbeschaffung auf welchem Weg auch immer m u ß der detaillierte Auftrag für eine Marktrecherche stehen, die die Chancen des Produktes auf dem japanischen Markt konkretisieren soll. Ganz gleich, ob Sie den Auftrag an die Deutsche Industrie- und Handelskammer in Japan, an das dortige Institut für Marktberatung, an ein Consultingunternehmen oder an einen japanerfahrenen Außenwirtschaftsberater erteilen, eines Tages ist Ihr Besuch oder der Besuch des von Ihnen für diese Aufgabe ausgewählten Mitarbeiters in Japan erforderlich. Wenn Sie genügend Zeit und auch die erforderliche finanzielle Rückendeckung haben, sollten Sie diese Reise möglichst schon vor Erteilung des Auftrages durchführen. So können Sie sich einen ersten Eindruck vom japanischen Markt verschaffen, der sicher tiefe Eindrücke hinterlassen wird, besonders wenn Ihr Ziel der Konsumgüterbereich ist. Vielleicht können Sie sich einer Unternehmerreise anschließen, die von einer Industrie- und Handelskammer organisiert wird, oder Sie haben das Glück, von der JETRO zu einem Kurzaufenthalt eingeladen zu werden. Diese Reise können Sie notfalls allein machen, besser ist allerdings eine landeskundige Begleitung. Als Anlaufstellen in Tokyo stehen Ihnen drei Möglichkeiten zur Verfügung, die Ihnen auch erste Hilfestellung geben -
die Deutsche Industrie- und Handelskammer in Japan bzw. das Institut für Marktberatung
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die Repräsentanz einer privaten Wirtschaftsinstitution aus Ihrem Bundesland; fast alle Bundesländer sind zumindest indirekt durch eine Anlaufstelle in Tokyo vertreten
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die Japanfiliale Ihrer Hausbank, denn praktisch alle großen deutschen Banken sind in Japan präsent.
30
4. Fortsetzung
der Bemühungen
in Japan
Es kann aber auch sein, daß Sie erst nach Japan fahren wollen, wenn Sie Ihre Marktstudien aus eigener Kraft oder mit Hilfe einer externen Beratung soweit vorangetrieben haben, daß nach Ihrem Eindruck Ihr Produkt Chancen auf dem japanischen Markt hat. Ihr Ziel wird also wahrscheinlich sein, einen japanischen Importeur für Ihr Produkt zu interessieren, so daß Sie schon erste Gespräche fuhren wollen. In diesem Fall muß die Reise sorgfältig vorbereitet werden; folgende Empfehlungen sollten Sie beachten: -
Bereiten Sie die Reise langfristig vor, denn die Vereinbarung von Terminen erfordert Zeit und Sorgfalt.
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Setzen Sie weder Ihre Gesprächspartner unter Termindruck noch sich selbst unter Zeitdruck; nehmen Sie sich also genügend Zeit für Ihren Tokyo- oder Japanaufenthalt.
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Planen Sie in Tokyo oder auch Osaka höchstens zwei Termine an einem Tag, denn erstens haben Sie nicht die Dauer der Gespräche in der Hand, und zweitens müssen Sie für die Fahrt von einem Termin zum nächsten einen gebührenden Spielraum einkalkulieren, da der Straßenverkehr schwer einzuschätzen ist.
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Lassen Sie Ihre Termine von einer Kontaktperson in Tokyo vorbereiten, die dort einen Namen hat; das kann ein Vertreter der drei obengenannten Stellen sein. Achten Sie darauf, daß nur eine Stelle Terminabsprachen vornimmt, andernfalls ist eine Koordinierung dringend empfehlenswert.
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Überlassen Sie Ihrem Kontaktmann die Wahl des geeigneten Gesprächspartners in einer japanischen Firma. Nur in seltenen Fällen ist der Firmenchef oder das Topmanagement beim ersten Kontakt der "richtige" Ansprechpartner. Entscheidungen in japanischen Firmen verlaufen noch häufig von unten nach oben, d.h. nach dem Ringi-System.
4. Fortsetzung
der Bemühungen
in Japan
31
Vereinfachter Organisationsplan eines japanischen Unternehmens Topmanagement/Geschäftsführung Verwaltungsratsvorsitzender
Chairman of the Board
Kaicho
Vorstandsvorsitzender
President oder Chief Executive Officer (CEO)
Daihyo Torishimariyaku oder Shacho (auch Kaicho)
Vorstand
Board of Directors
Torishimariyaku Kai
Vorstandsmitglied oder Geschäftsführer (Generaldirektor)
Managing Director oder General Manager
Shacho
Bereichsleiter oder Hauptabteilungsleiter oder stellv. Geschäftsführer
Assistant General Manager
Abteilungsleiter
Manager (Division) oder Vice President (Division)
Geschäftsleitung Torishimariyaku oder Semmu-Torishimariyaku
oberes Management
Stellv. Abteilungsleiter
Bucho
Verwaltung
Assistant Manager oder Assistant Vice President General Administration
Vertrieb
Sales
Eigyo-Bu
Produktion
Manufacturing
Seizo-Bu
Forschung
Research and Development
Kenkyu-Bu oder Kenkyu-Shitsu
Jicho Somu-Bu oder Kanri-Bu
mittleres Management Gruppenleiter Laborleiter usw.
Officer
Kacho
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4. Fortsetzung
der Bemühungen
in Japan
Für Gespräche mit japanischen Firmenvertretern gibt es etliche Verhaltensregeln, deren Beachtung sehr empfehlenswert ist. Trotz aller Internationalität der japanischen Wirtschaft sind es überwiegend nur die großen Firmen, die auch internationale Erfahrung mit ausländischen Kunden haben. Je kleiner die Firma ist, um so häufiger ist sie noch den typisch japanischen Verhaltensmustern der Verhandlungsfuhrung und der Entscheidungsvorbereitung verhaftet. Sie sollten auf jeden Fall davon ausgehen, daß Sie mit Ihrem japanischen Partner nicht so offen, direkt und vielleicht auch gelockert sprechen können wie z.B. mit Ihrem dänischen Kunden, zumindest nicht beim ersten Treffen. Einige wenige wichtige Verhaltensweisen sollen für erste Treffen angesprochen werden, ansonsten folgen Sie voll den Ratschlägen Ihres Kontaktmannes. -
Nehmen Sie auf jeden Fall einen Dolmetscher zum Gespräch mit; verlassen Sie sich nicht auf mögliche Englischkenntnisse Ihrer Gesprächspartner.
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Zweisprachige Visitenkarten sind unentbehrlich. Ihre Funktion in Ihrem Betrieb sollte eindeutig erkennbar sein, da die Japaner Sie nicht nach Ihrem Namen, sondern nach Ihrem Platz in der Firmenhierarchie beurteilen. Lassen Sie sich von Ihrem Kontaktmann in die japanische Firmenhierarchie einweisen. Visitenkarten fertigt jedes gute Hotel in Japan nach den in Japan üblichen Abmessungen in kurzer Zeit an.
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Wenn Ihr Besuch schon mehr als ein Informationsbesuch ist, also z.B. der Vorbereitung konkreter Verhandlungen dienen soll, dann sollten Sie sich für das erste Treffen die Bedeutung des japanischen Wortes "aisatsu" - Begrüßung - richtig klarmachen. Der japanische Partner legt Wert darauf, daß die erste Kontaktaufnahme möglichst hochrangig erfolgt, also durch den ausländischen Firmenchef oder einen Vertreter des TopManagements. Zweck des "aisatsu" ist in der Regel tatsächlich nur das Kennenlernen, um die Vertrauenswürdigkeit und Ernsthaftigkeit zu prüfen. Angelegenheiten von größerer Bedeutung werden in der Regel
4. Fortsetzung
der Bemühungen
in Japan
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nicht besprochen; die Erwartungen des Besuchers sollten daher auf keinen Fall zu hoch sein. -
Werden weitere Verhandlungen vereinbart, dann können und sollten sie den Fachleuten überlassen werden; allerdings sollte man dann beachten, daß bei wechselnden Delegationen möglichst immer eine ständige Kontaktperson dabei ist.
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Gewisse Vorsicht ist angebracht, wenn Sie als Chef Ihrer Firma nach Beginn der Verhandlungen, aber vor ihrem Abschluß an einer Japanreise teilnehmen möchten. Die japanischen Gesprächspartner würden das als ungewöhnlich ansehen und eine besondere Einflußnahme auf die Verhandlungen vermuten.
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Versuchen Sie nicht, das Gespräch sofort auf Ihr Geschäftsziel hinzulenken und die Gesprächsführung an sich zu reißen. Lassen Sie Ihren Partnern Zeit für allgemeine Vorbemerkungen und Fragen, wie Ihnen z.B. Japan gefällt, worauf Sie nicht kritisch antworten sollten. Seien Sie geduldig, wenn das Gespräch schleppend, langatmig und vielleicht durch interne Besprechungen ohne Übersetzung in die Länge gezogen wird.
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Sie werden sich häufig einer Gruppe von Gesprächspartnern gegenüberfinden, die in unterschiedlichen Funktionen am Entscheidungsprozeß teilnehmen; das gilt meistens auch für die jüngeren Gesprächspartner
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Seien Sie auf ganz gezielte und detaillierte Fragen nach Ihrem Unternehmen und Ihrem Produkt gefaßt, denn es sitzen Ihnen nur Fachleute gegenüber. Man erwartet von Ihnen ebenso präzise Antworten.
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Erwarten Sie dagegen auf Ihre präzisen Fragen nicht ebenso präzise Antworten; Japaner vermeiden gern, zumindest in der Anfangsphase, klare Aussagen.
34
4. Fortsetzung
der Bemühungen
in Japan
-
Nehmen Sie Einladungen zum Essen an, aber erwarten Sie keine Einladung nach Hause. Japaner wohnen in der Regel beengt und zudem meistens weit außerhalb Tokyos. Wenn Sie Zeit haben, sprechen Sie eine Gegeneinladung aus, z.B. in ein Restaurant.
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Bei Gastgeschenken, die Sie erst zum Ende des Gesprächs überreichen sollten, achten Sie auf Qualität, am besten mit Bezug zu Deutschland oder Ihrer engeren Heimat, und auf die Verpackung; Japaner sind Verpackungskünstler. Es ist nicht unbedingt üblich, daß Geschenke gleich ausgepackt werden.
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Seien Sie nicht enttäuscht oder ungeduldig, wenn das erste Gespräch praktisch ohne Ergebnisse endet; stellen Sie sich vielmehr darauf ein, daß Sie bei grundsätzlichem Interesse an Ihrem Produkt zu einem weiteren Gespräch gebeten werden, möglicherweise mit anderen Teilnehmern. Stellen Sie sich eher auf ein zweites und vielleicht auch drittes Gespräch ein.
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Japaner vermerken positiv, wenn Sie einige Grundkenntnisse über Japan und seine Sitten und Gebräuche haben, aber übertreiben Sie nicht.
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Sollten Sie bei einem späteren Treffen zu einem eher informellen Essen eingeladen werden, das sich vielleicht zu einer Feier entwickelt, dann werden Sie erleben können, daß Japaner gern singen und zwar mit Vorliebe deutsche Volkslieder. Lassen Sie sich nicht in Verlegenheit bringen, daß Sie nicht die Texte kennen oder nur die erste Strophe von "Am Brunnen vor dem Tore" oder von der "Loreley".
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Bei der Wahl Ihres Hotels sollten Sie übrigens nicht sparsam sein, auch wenn die Zimmerpreise der internationalen Hotels beachtlich sind. Ihr Partner wird Sie mit Sicherheit fragen, wo Sie wohnen, und schätzt Sie und Ihre Firma nach der Hotelkategorie ein.
5. Lizenzvergabe oder Export nach Japan Natürlich kann es sein, daß Sie nach diesen ersten Erfahrungen den japanischen Markt als zu schwierig empfunden haben und auf den Export zugunsten einer Lizenzvergabe verzichten möchten. Diesen Weg sollten Sie auf jeden Fall gemeinsam mit einem japanerfahrenen Patentanwalt prüfen. Dazu wenden Sie sich am besten an die Anwaltskammer oder die DeutschJapanische Juristenvereinigung in Hamburg, c/o Dr. Matthias K. Scheer, Bleichenbrücke 1, 29354 Hamburg. Durch die Vergabe von Lizenzen oder sonstigen Schutzrechten an einen japanischen Partner vermeidet man natürlich alle Probleme und Mühen der Markterschließung. Allerdings sollten Sie diese Entscheidung sehr sorgfaltig mit Ihren mittel- und langfristigen Marktzielen abwägen. Kurzfristig kann die Lizenzvergabe durchaus ein gutes Geschäft sein. Sie sollten allerdings bedenken, daß Japan ein Land mit einem schnellen technologischen Fortschritt ist und die Fähigkeit der Industrie, Produkte schnell und den sich wandelnden Verbraucherwünschen entsprechend fortzuentwickeln, sehr ausgeprägt ist. Wenn Sie Ihr Produkt "zu Hause" nicht kontinuierlich verbessern, werden Sie den japanischen Markt bald wieder verloren haben. Auch wenn Sie den Handelsweg vorziehen, sollten Sie Ihre Produkte, die Verfahren oder Markenzeichen umfassend schützen lassen; das gibt Ihnen zumindest für eine gewisse Zeit einen Schutz von Wettbewerbern und bringt Ihnen gewisse Vorteile bei eventuell geplanten Kooperationen mit japanischen Firmen oder bei einem eigenen Produktionsbetrieb. Auf jeden Fall ist große Umsicht geboten, da das japanische Patentrecht stark vom deutschen Recht abweicht und der Schutz weniger weit reicht als in Deutschland. Ab April 1992 ist der Schutz von Warenzeichen verbessert worden. Ab jetzt sind auch die Warenzeichen von Dienstleistungs-, Finanzund Transportunternehmen geschätzt. Mit Beginn des Jahres 1994 sind weitere Änderungen des Patent- und Gebrauchsmustergesetzes in Kraft getreten; die Texte sind bei der Bundesstelle für Außenhandelsinformationen erhältlich.
6. Wahl des geeigneten Importeurs oder Vertriebswegs Wenn Sie sich gegen die Lizenzvergabe und für den Handel entschieden haben, ist die Wahl eines geeigneten Importeurs bzw. des geeigneten Vertriebsweges ein Schritt, der über Erfolg oder Mißerfolg entscheiden kann. Japan ist ein Markt mit einer hohen Kommunikation, bedingt durch die Tatsache, daß die gesellschaftliche Struktur Japans durch Gruppenbildung und Gruppenzugehörigkeit bestimmt ist. Das soziale Verhalten der Japaner orientiert sich häufig stark an der Frage, ob der Partner innerhalb oder außerhalb der eigenen Gruppe steht; Ausländer gehören grundsätzlich zumindest in der Anfangsphase zu keiner sozialen oder wirtschaftlichen Gruppierung. Sie sollten daher möglichst vermeiden, mehrere japanische Firmen gleichzeitig anzusprechen oder bei Ihrem Suchprozeß einen ersten japanischen Partner vorzeitig aufzugeben, weil er nicht Ihrer Vorstellung entspricht oder nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat, und sich einem neuen Partner zuwenden. Ihr Partnerwechsel wird leicht als Mißerfolg interpretiert und sich schnell herumsprechen, Zweifel an Ihrer Ernsthaftigkeit und Zuverlässigkeit aufkommen lassen und Ihnen den Weg zu neuen Partnern erschweren. Um Ihr Produkt am Markt zu plazieren, gibt es natürlich verschiedene Möglichkeiten; bei der Suche nach einem Importeur oder einem Vertriebspartner stehen Ihnen folgende Alternativen zur Verfügung: -
Japanische Handelshäuser, Fachimporteure und Agenten,
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deutsche bzw. ausländische Handelshäuser,
-
Großabnehmer des Einzelhandels, wie Filialketten und Kaufhäuser
-
japanische Hersteller mit komplementären oder auch anderen Produkten.
Parallel dazu sollten Sie prüfen, ob Sie eine Repräsentanz, also ein Verbindungsbüro (Liaison office) einrichten. Entscheidend f ü r diese Alternative ist die Frage, wie weit der gewählte Partner die Vertriebs-
6. Wahl des geeigneten Importeurs
oder
Vertriebswegs
37
aufgaben und damit verbundene Aufgaben, wie z.B. Wartung übernehmen kann und wie gut Sie sich auf ihn verlassen wollen. Ähnliche Aufgaben wie eine Repräsentanz kann natürlich auch ein Verkaufsbüro übernehmen. Nach dem japanischen Außenwirtschaftsrecht wird allerdings ein Verkaufsbüro als eine Zweigniederlassung angesehen, weil es aktiv am Geschäftsleben teilnimmt. Es wird daher als eine Direktinvestition behandelt und der gesetzlichen Anmeldepflicht unterworfen. Weitere Formen der Markterschließung können sein: -
Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens (Joint venture) zum gemeinsamen Vertrieb; denkbar ist auch die Beteiligung an einem bestehenden Unternehmen,
-
Gründung einer Tochtergesellschaft,
-
Übernahme eines japanischen Unternehmens.
Die höchstentwickelte Form ist schließlich die Errichtung einer eigenen Produktionsstätte. Diese Formen sind wie das Verkaufsbüro Direktinvestitionen und unterliegen damit den Vorschriften der einschlägigen Gesetze; hierauf wird in einem Exkurs eingegangen. Natürlich gibt es nicht den "richtigen" Weg zur Wahl des "richtigen" Importeurs; j e nach Produkt, Markt und Marktstruktur gibt es unterschiedliche Vertriebswege, die sich nur durch eine sorgfältige Marktanalyse finden lassen. Die nachstehenden Ausführungen können daher nur Anhaltspunkte für die Prüfung der Alternativen sein. Sie haben inzwischen so viel über den japanischen Markt erfahren, daß Sie wahrscheinlich einen japanischen Partner einem Alleingang vorziehen. So ersparen Sie sich die intensive Auseinandersetzung mit dem komplizierten
38
6. Wahl des geeigneten
Importeurs
oder
Vertriebswegs
Vertriebssystem. Außerdem nutzen Sie den Vorteil, daß die japanischen Verbraucher einem
neuen ausländischen Produkt, das nicht gerade
den
Bekanntheitswert in Japan hat w i e z.B. B M W , " B e n z " oder Solinger Stahl, eher Aufmerksamkeit zuwenden oder gar Vertrauen schenken, wenn eine bekannte japanische Firma dahintersteht. Über die Flankierung durch ein Verbindungsbüro oder durch die Plazierung eines Mitarbeiters bei Ihrem Partner können Sie auch später entscheiden; letztlich kann das auch eine K o s t e n f r a g e sein. T r o t z des Vordringens moderner Vertriebsmethoden, w i e Supermarktketten oder Versandhandel, wird der überwiegende Teil des Marktgeschehens über die
mehrstufige
Vertriebsstruktur,
die
zwischen
Produzent
und
Einzelhändler häufig mehr als einen Großhändler kennt, abgewickelt. So ist in vielen Branchen noch das dreistufige Großhandelssystem üblich, das den nationalen, verlassen
regionalen sich
noch
und
lokalen Großhandel
immer
auf
dieses
Einzelhändler
und
Einzelhandelsketten
durchlöchern.
Die
Großhändler
kennt. V i e l e
System, dieses
übernehmen
auch
System neben
Hersteller
wenn
große
immer
mehr
den
üblichen
Handelsfunktionen für die nächste Stufe häufig auch die A u f g a b e n der Lagerhaltung und Finanzierung, da die zahllosen kleinen und
kleinsten
Einzelhändler beide Funktionen in der R e g e l nicht übernehmen w o l l e n bzw. können. Ein Glied dieser Handelskette wird daher "nicht im Traum" auf die Idee
kommen,
von
einem
unbekannten
ausländischen
Lieferanten
ein
Produkt ins Sortiment zu nehmen.
A l s R e g e l f a l l ö f f n e t Ihnen also erst der am japanischen Markt bekannte Partner den Marktzugang. Ihr erster Versuch könnte die Kontaktaufnahme mit
einer
Importeurvereinigung
sein.
Sie
entstanden
im
Rahmen
der
Importförderungspolitik der japanischen Regierung; inzwischen gibt es etwa 35 Importeurvereinigungen, deren Adressen Sie von der J E T R O oder der Deutschen
Industrie-
und
Handelskammer
in
Japan
erhalten.
Diese
Vereinigungen pflegen allerdings in erster Linie die Verbindungen zwischen ihren Mitgliedern. Außerdem sind auch sie trotz ihrer Aufgabenstellung bei Direktansprachen häufig zurückhaltend; bei der Kontaktaufnahme ist eine Vermittlung durchaus empfehlenswert.
6. Wahl des geeigneten
Importeurs
oder
Vertriebswegs
39
Es ist weitgehend bekannt, daß gut die Hälfte des japanischen Außenhandels von nur neun großen Handelshäusern, den Sogo Shosha, abgewickelt wird; sie zeichnen für etwa 40 % der japanischen Gesamtexporte und für etwa 70 % der Importe verantwortlich. Die sechs größten - Itochu Corp (früher C. Itoh) Marubeni Corp., Sumitomo Corp., Mitsui Corp., Mitsubishi Corp. und Nissho Iwai Corp. - erzielten im Fiskaljahr 1992 einen Gesamtumsatz von gut 90.000 Mrd. Y oder etwa 1.260 Mrd. DM. Ein Engagement mit ihnen hat den Vorteil, daß Sie mit dem Vertriebsnetz keine Probleme haben. Allerdings dürfen die möglichen Nachteile nicht unterschätzt werden. Es kann durchaus passieren, daß einem Produkt, das kein gesteigertes Interesse bei einem Sogo Shosha findet, nicht die erforderliche Aufmerksamkeit beim Marketing gewidmet wird. Das Produkt findet also zwar seinen Weg durch die Vertriebskanäle bis zu den Einzelhändlern, verstaubt dort aber vielleicht in einem hinteren Regal. In ihrem Sortiment haben sie eine Produktpalette, die von der Konserve bis zur kompletten Produktionsanlage reicht. Für einen mittelständischen Betrieb mit einem nicht hoch interessanten Produkt ist dieser Weg nicht sehr empfehlenswert. Wenn Sie es dennoch versuchen wollen, so kann in diesem Fall eine Direktansprache sogar erfolgreich sein. Alle Sogo Shosha haben Importabteilungen, die ständig auf der Suche nach neuen Produkten sind, einige sind sogar durch Niederlassungen in Deutschland vertreten. Bessere Erfolgsaussichten versprechen Fachimporteure und Spezialhandelshäuser, die Senmon Shosha. Adressen stellt die JETRO oder auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer in Japan zur Verfügung. Ein anderer guter Weg kann auch die Kontaktaufnahme mit einem deutschen oder europäischen Handelshaus sein, das in Japan eingeführt ist. In Japan sind etwa 220 (1990) deutsche Unternehmen durch Repräsentanten, Verkaufsbüros oder andere Niederlassungen vertreten, davon etwa 30 Unternehmen mit einer Produktion. Etliche Firmen sind typische Handelshäuser, die Produkte deutscher Hersteller auf den japanischen Markt bringen; einige bekannte Namen sind:
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6. Wahl des geeigneten
Importeurs
oder
Vertriebswegs
K. Brasch u. Co. Ltd., Tokyo C. Correns u. Co. Ltd., Tokyo C. Holstein Company, Osaka C. Illies u. Co. Ltd., Tokyo Leybold Co. Ltd., Tokyo Siemssen & Co., Tokyo Zahlreiche dieser Handelshäuser sind seit vielen Jahren in Japan fest etabliert und von der japanischen Wirtschaft voll anerkannt. Selbst wenn Sie mit diesen Partnern nicht ins Geschäft kommen, so sind sie doch ausgezeichnete Vermittler. Diese Handelshäuser sind häufig spezialisiert und verfolgen ihre eigene Geschäftspolitik, so daß Sie sorgfältig prüfen müssen, ob Sie Ihre Ziele erreichen können. Es kann auch empfehlenswert sein, die japanischen Repräsentanzen, Verkaufsbüros oder Niederlassungen der anderen deutschen Firmen anzusprechen, um Möglichkeiten einer Kooperation, z.B. durch Übernahme einer Importagentur oder durch "Huckepack-Vertrieb" auszuloten. Adressen der deutschen Vertretungen sind über den Ostasiatischen Verein in Hamburg oder die Deutsche Industrie- und Handelskammer in Japan zu erhalten; im Asien/Pazifik Kontakter des Ostasiatischen Vereins sind die 220 Adressen abgedruckt. Eine große Bedeutung auf dem japanischen Markt haben die großen Kaufhäuser, wie z.B. Mitsukoshi, Matsuzakaya, Isetan u.a.; deutsche Kaufhäuser wirken wie Zwerge gegen diese Einzelhandelsriesen. Es gehört zur Verkaufsstrategie der Kaufhäuser, ausländische Qualitätsprodukte in ihr Sortiment aufzunehmen; etwa die Hälfte aller von Japan importierten Konsumgüter verkaufen diese "department stores". Da die Kaufhäuser auch am Sonntag geöffnet sind und die japanischen Familien diesen Tag zu einem ausgedehnten Einkaufbummel nutzen, ist die Chance, ins Kundenbewußtsein zu rücken, über diesen Weg groß. Auch hier können Sie mit einer direkten
6. Wahl des geeigneten
Importeurs
oder
Vertriebswegs
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Kontaktaufnahme erfolgreich sein; außerdem haben einige Kaufhäuser in Deutschland bzw. Europa Niederlassungen. Die Adressen erhalten Sie bei den schon mehrfach genannten Stellen. Auch Einkaufsketten gewinnen immer mehr Boden in Japan, für sie gilt eine ähnliche Verkaufsstrategie wie für die Kaufhäuser. Zusammenstellungen über Namen, Umsatz, Sortiment und Marktanteile dieser möglichen Partner können Sie relativ leicht über die genannten Informanten erhalten. Ein durchaus guter Weg des Markteintritts ist die Kooperation mit einem japanischen Produzenten mit einer vergleichbaren oder komplementären Produktpalette. So können Sie von der Marktposition und den bestehenden Vertriebswegen Ihres Partners profitieren. Japanische Hersteller mit internationalen Erfahrungen stehen diesem Weg durchaus offen gegenüber, allerdings sind das wiederum eher die größeren Unternehmen, und Sie müssen schon ein exzellentes Produkt haben, um sie für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. Partner, die bisher überwiegend den Binnenmarkt bedienen, sind allerdings nicht zwingend die leichteren Partner, da viel Überzeugungsarbeit für die Kooperation mit einem ausländischen Unternehmen erforderlich ist. Gerade bei diesen Partnern ist die sorgfältige Vorbereitung der Gespräche besonders wichtig. Nicht ungewöhnlich ist übrigens der Weg, mit einem branchenfremden Partner zusammenzuarbeiten. Fast alle großen international operierenden Produzenten haben ihre eigenen Handelsfirmen, die häufig ihre internationalen Kontakte nutzen, um Produkte verschiedener Branchen in ihr Sortiment aufzunehmen und auf dem japanischen Markt zu plazieren. Da viele dieser Weltfirmen mit Handelsniederlassungen in Deutschland vertreten sind, ist es vergleichsweise einfach, einen ersten Kontakt herzustellen; ein Einstieg kann z.B. die Japanische Industrie- und Handelskammer in Düsseldorf sein. Natürlich ist es wichtig, sich über die Stellung dieser international agierenden Partner auf dem heimischen Markt in Japan zu informieren. Im Zusammenhang mit diesem denkbaren Vertriebsweg sind einige Anmerkungen zu den Kigyo Keiretsu, den Firmenkonglomeraten, zu
42
6. Wahl des geeigneten
Importeurs
oder
Vertriebswegs
machen. Hierbei handelt es sich um Firmengruppierungen, die sich in der Regel um eine Bank oder eine renommierte Firma scharen; die bekannteste Gruppe ist wohl die Mitsubishi-Gruppe, zu der in mehr oder weniger enger oder lockerer Verbindung etwa 160 Firmen gehören. Meistens gehören zu einer Gruppe eine Bank, ein Handelshaus, eine Versicherungsgesellschaft, ein Bau-, ein Transportunternehmen und Betriebe des verarbeitenden Gewerbes. Zwischen ihnen gibt es auch eine kapitalmäßige Verflechtung (cross share holding), die aber nicht sehr bedeutend sein soll. Nach einer Untersuchung aus dem Jahr 1991 hat jede Mitgliedsfirma im Durchschnitt 1,4 % Aktienanteile an jedem anderen Mitglied der Gruppe, bzw. durchschnittlich befinden sich knapp 22 % der Aktien einer Firma in den Händen der Gruppenfirmen; diese Anteile sind gegenüber einer vergleichbaren Untersuchung aus dem Jahre 1987 leicht zurückgegangen. Die gleiche Untersuchung hat ergeben, daß die Verkäufe innerhalb einer Gruppe lediglich 7,3 % der gesamten Verkäufe einer Gruppe und die Käufe nur 5,1 % der gesamten Gruppenkäufe ausmachen; auch diese Anteile waren gegenüber 1987 rückläufig. Die japanische Kartellbehörde (Federal Trade Commission) hat daher im Frühjahr 1992 den Verdacht von Wettbewerbsverzerrungen als unbegründet angesehen. Die folgenden Zahlen verdeutlichen dennoch das Gewicht der Kigyo Keiretsu; auf sie entfallen: 0,01 13,5 17,2 16,2
% % % %
aller Firmen in Japan der Firmen-Aktien des Firmenkapitals des Gesamtumsatzes.
Etwa 60 % des Gesamtumsatzes entfallen auf die Handelshäuser innerhalb der Gruppe (ohne Banken). In einer jüngeren Studie versuchte das MITI erneut, die Kritik aus dem Ausland und besonders aus den USA an den Keiretsu als wichtiges Hemmnis für den Marktzugang herunterzuspielen. So wird auf ähnliche Konzernverflechtungen im Ausland, z.B. Aktienverflechtungen zwischen
6. Wahl des geeigneten Importeurs
oder
43
Vertriebswegs
Mitsubishi—die Nummer eins in Japan Nino Bour Milling (53.9%)
Chukyo Coca Cola Bottling (