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German Pages 204 [208] Year 1969
J A H R B U C H FÜR
VOLKSLIEDFORSCHUNG
Vierzehnter Jahrgang
JAHRBUCH FÜR VOLKSLIEDFORSCHUNG
Im Auftrag
des Deutschen Volksliedarchivs
herausgegeben von
Rolf Wilh. Brednich
Vierzehnter Jahrgang
W A L T E R DE G R U Y T E R & CO • B E R L I N vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung • J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer • Karl J. Trübner • Veit & Comp.
1969
A r d i i v - N r . 46 29 6 9 / 1 © Copyright 1969 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung • J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • K a r l J. Trübner • Veit & Comp. — Printed in Germany — Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und Photokopien, auch auszugsweise, vorbehalten. Satz und Druck: T h o r m a n n Sc Goetsdi, Berlin 44 Notenschrift: E r n a Svaton, Graz
INHALT I. AUFSÄTZE WALTER WIORA Zur Fundierung allgemeiner Thesen über das „Volkslied" durch historische Untersuchungen
Seite
1
J A N M. R A H M E L O W Das Volkslied als publizistisches Medium und historische Quelle
11
DIETZ-RUDIGER MOSER Enjambement im Volkslied (mit 21 Melodiebeispielen)
27
WOLFGANG WITTROCK Zur Tanzballade in Schleswig-Holstein (mit 6 Melodiebeispielen)
53
MAX MECHOW Der Liedbestand einer Pioniereinheit im 2. Weltkrieg
62
ROGER PINON Philologie et folklore musical. Les instruments de musique des pâtres au moyen âge et à la renaissance
85
HELGA STEIN Friedrich Wilhelm Schuster und das rumänische Volkslied
102
II. BERICHTE PETER A N D R A S C H K E Verzeichnis der Schriften John Meiers
124
III. BESPRECHUNGEN A N D E R S S O N , O.: Finlands Svenska Folkdiktning V/3, Äbo 1967 ( R O L F WILH. B R E D N I C H ) 178
VI
Inhalt Seite
ANFÄNGE der slavischen Musik, Bratislava 1966 (ERWIN KOSCHMIEDER) 184 BAUSINGER, H.: Formen der Volkspoesie, Berlin 1968 ( H E I N Z SCHILLING) 155 BEUTTNER, N.: Catholisch Gesang-Buch, Graz 1602, Faksimiliausgabe Graz 1968 (LEOPOLD KRETZENBACHER) 143 BOHATCOVÁ, M. : Irrgarten der Schicksale. Einblattdrucke vom Anfang des Dreißigjährigen Krieges, Praha 1968 (ROLF WILH. BREDNICH) . . . . 164 BUDZINSKI, K.: — SCHATTER, H. R.: Liederliche Lieder, München 1967 (ROLF WILH. BREDNICH) 152 DETER-GROHMANN, I.: Das neugriechische Volkslied, München 1968 (MARIANNE KLAAR) 182 FIECHTNER, F.: Ich bin das ganze Jahr vergnügt. Liederbuch der Bessarabiendeutschen, Stuttgart 1968 (ROLF WILH. BREDNICH) 150 FISCHER-DIESKAU, D.: Texte deutscher Lieder, München 1968 (JOSEF LANSKY) 154 GEDENKSCHRIFT für Paul Alpers, Hildesheim 1968 (ALFRED CAMMANN) 157 G E N N R I C H , F.: Die Colmarer Liederhandschrift, Langen 1967 (WOLFGANG SUPPAN) 143 GILLIS, F. — MERRIAM, A. P.: Ethnomusicology and Folk Music, Middletown 1966 (WOLFGANG SUPPAN) 176 GRÄTER, F. D.: 1768—1830, Schwäbisch-Hall 1968 (IRMGARD HAMPP) 160 GRIMM, J.: Circular wegen Aufsammlung von Volkspoesie, Kassel 1968 (ROLF WILH. BREDNICH) 159 IBROVAC, M.: Claude Fauriel et la fortune européenne des poésies populaires grecque et serbe, Paris 1966 (RADMILA PESIC) 192 JANOTA, J. : Studien zu Funktion und Typus des deutschen geistlichen Liedes im Mittelalter, München 1968 (WOLFGANG SUPPAN) 165 JARNÍK, I. U. — BIRSEANU, A.: Doine ?i strigäturi din Ardeal, Bucuresti 1968 (HELGA STEIN) 181 JONSSON, B. R.: Svensk Balladtradition I, Stockholm 1967 (ROLF WILH. BREDNICH) 176
Inhalt
VII Seite
KARLINGER, F.: Die Funktion des Liedes im Märchen der Romania, Salzburg und München 1968 (DIETZ-RÜDIGER MOSER) 180 KRAUSS, F. S.: Das Minnelied des deutschen Land- und Stadtvolkes, Nachdruck Hanau 1968 (ROLF WILH. BREDNICH) 152 LANDSTAD, M. B.: Norske Folkeviser 1853, Neudruck Oslo 1968 (ROLF WILH. BREDNICH) 179 LIED und Volksmusik in Wien, Katalog, Wien 1968 (ROLF WILH. BREDNICH) 158 MOSER, H. J.: 65 Deutsche Lieder für vier- bis fünfstimmigen Chor a cappella nach dem Liederbuch von P. Schöffer und M. Apiarius, Wiesbaden 1967 (WOLFGANG SUPPAN) 144 PANTIC, M.: Narodne pesme u zapisima XV—XVIII veka, Beograd 1964 (NADA MILOSEVIC) 189 PETZOLDT, L.: Der Tote als Gast. Volkssage und Exempel, Helsinki 1969 (ELFRIEDE MOSER-RATH) 165 POLÄCEK, J.: Lidove pisnS z Hane I, Brno 1966 (JOSEF LANSKY)
188
QUELLMALZ, A.: Südtiroler Volkslieder Bd. I, Kassel 1968 (KARL H O RAK) 148 R E I N H A R D , K.: Einführung in die Musikethnologie, Wolfenbüttel 1968 (WOLFGANG SUPPAN) 172 SÄROSI, B.: Die Volksmusikinstrumente Ungarns, Leipzig 1967/68 (WOLFGANG SUPPAN) 194 SAUERMANN, D.: Historische Volkslieder des 18. und 19. Jahrhunderts, Münster 1968 (DIETZ-RÜDIGER MOSER) 161 SCHEMMEL, B.: Sankt Gertrud in Franken, Würzburg 1968 (ROLF WILH. BREDNICH) 167 SCHIFFERLI, P.: Kleiner Drehorgelgruß, Zürich 1968 (ROLF WILH. BREDNICH) 153 SCHROUBEK, G. R.: Wallfahrt und Heimatverlust, Marburg 1968 (DIETZRUDIGER MOSER) 170 SIEBER, F.: Deutsch-westslawische Beziehungen in Frühlingsbräuchen, Berlin 1968 (LUTZ R Ö H R I C H ) 167 TOLKSDORF, U.: Volksleben in den Ermländersiedlungen der Eifel, Marburg 1967 (ROLF WILH. BREDNICH) 169
VIII
Inhalt Seite
VETTERL, K.: A Select Bibliography of European Folk Music, Prag 1966 (ROLF WILH. BREDNICH) 175 Ein WEIB, ein Esel, eine Nuß. Ergötzliche Inschriften, Düsseldorf und Köln 1968 (VOLKER HESS)
155
WILKAT, J.: Freche Lieder, München 1967 (ROLF WILH. BREDNICH) . . 152 WILKEN, R.: Liebe ist besser als Krieg, Hamburg 1967 (ROLF WILH. BREDNICH) 152 WILLE, G.: Musica romana, Amsterdam 1967 (BENJAMIN RAJECZKY) 173
Zur Fundierung allgemeiner Thesen über das „Volkslied" durch historische Untersuchungen Von W A L T E R W I O R A (Saarbrücken) Im Jahre 1860 schrieb Brahms an Clara Schumann: „Das Lied segelt jetzt so falschen Kurs, daß man sich ein Ideal nicht fest genug einprägen kann. U n d das ist mir das Volkslied" 1 . Er sieht hier „das Lied" als eine Gattung der Komposition an, die sich in der geschichtlichen Wirklichkeit fortentwickelt, „das Volkslied" aber als ein Ideal, an dem sich der Liedkomponist orientieren kann, um in jener Fortentwicklung den rechten Weg zu finden und einzuhalten. Indem Brahms die Gattung Liedkomposition mit einem Schiff auf dem Meere vergleicht, muß ihm das Volkslied wie ein Leitstern über dem Meer, über den Strömungen des geschichtlichen Lebens erschienen sein. Was meint er mit dem Worte Volkslied? Im Unterschied zum faktischen Vielerlei, mit dem sich Erk und Böhme und „diese ganze Sorte Pächter des Volksliedes" beschäftigen, die „jeden Dreck von der Landstraße" breittreten 2 , ein poetisches Ideal, das über der Wirklichkeit schwebt, und eine Auswahl aus der Überlieferung, welche diesem Ideal entspricht. Ähnlich haben wohl alle gedacht, die sich im Anschluß an H e r d e r und den Sturm und Drang f ü r das poetische Volkslied begeisterten. Sie haben es als ideale Art des Volksgesanges gerühmt und davon unterschieden, was man sonst im Volke sang und singt: von Volksliedern im weiteren Sinn, der auch Philiströses umfaßt, von Gassenhauern, Schlagern usf. So wollte der junge Herder „zeigen, was es Unterschied sey, ein wahres Volkslied . . . und der neuere süßliche Gassenton" 3 . Er übte Zeitkritik am rationalistischen „Letterngeist", an parfümierten „Kabinett- und Toilettstücken" und der „unseligen Menge einförmiger Liedermelodien", die mechanisch umlaufen. Dagegen stellte er die Idee eines Gesanges, der aus dem „großen vollen Herzen der tönenden N a t u r " gewachsen sei und künftig wachsen könne 4 . In seinem Weltbild haben auch einige bekannte Dichter am Volkslied teil, während manche Unterschichten ihm fernstehen. „Zum Volkssänger gehört nicht, daß er aus dem Pöbel seyn muß, oder f ü r den Pöbel singt; so wenig es die edelste Dichtkunst
1
2 3 4
1
Briefwechsel Clara Schumann—Johannes Brahms, hg. v. B. Litzmann, Bd. 1, Leipzig 1927, S. 294; s. a. W. Morik, Johannes Brahms und sein Verhältnis zum deutschen Volkslied, Tutzing 1965. Brief vom 3. 4. 1894 an Philipp Spitta, Briefe Bd. X V I ; s. auch Briefe IV, S. 155. Werke (Suphan) X X V , S. 11 f. Ebenda X X V , S. 332 f., X V , S. 234 u. a. J a h r b u d i f. V o l k s l i e d f o r s c h u n g X I V
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Walter Wiora
beschimpft, daß sie im Munde des Volks tönet. Volk heißt nicht der Pöbel auf den Gassen, der singt und dichtet niemals, sondern schreyt und verstümmelt" 5 . Der Volksliedbegriff Herders und derer, die ihm folgten, ist nicht als brauchbarer Terminus für volkskundliche Kleinarbeit konzipiert; er w a r in erster Linie eine leitende Idee für die erstrebte Regeneration der Dichtung und des Lebens. N u r wenn man seine Bedeutung mißversteht, kann man ihm vorwerfen, er sei „unzulänglich" und habe „seit zweihundert Jahren mehr zur Verwirrung als zur K l ä r u n g beigetragen" 6 . Desgleichen ist es ungerecht, ihn in erster Linie nach seinen sentimentalen Verflachungen und politischen Verkrümmungen zu beurteilen und so sein geschichtliches Leben von Herder bis Bartok mit jenem Lehrstoff, Edelkitsch und Propagandamaterial zu verwechseln, in denen die Idee als gesunkenes Kulturgut fortdauert. Vielmehr ist ihre eminente Fruchtbarkeit in geschichtlichen Strömungen seit Herder zu würdigen. J u l i a n von Pulikowskis „Geschichte des Begriffs Volkslied im musikalischen Schrifttum" trägt den Untertitel „Ein Stück deutscher Geistesgeschichte"; A u f g a b e einer umfassenderen Geschichte der Volksliedidee wäre es, nicht nur die Theoreme zu erörtern, die Pulikowski zusammengetragen hat, sondern die produktive Bedeutung dieser Idee in Zeitstilen und Lebensbewegungen bei Dichtern und Komponisten, bei Goethe, Brentano, Uhland, Mussorgskij, Smetana, Bartok usw. darzustellen. D i e Vorstellung von den „echten, bedeutenden Grundgesängen", wie Goethe sie nannte, hat sich unter anderem darin bewährt und bewahrheitet, daß solche Grundgesänge und ihre Typen ohne Bruch des Stilniveaus in musikalische Kunstwerke hohen Ranges eingegangen sind, zum Beispiel in Mussorgskijs „Boris G o d u n o w " . Herders Gedanke, daß aus Volksliedern eines Landes eigene Stile seiner Musik und Dichtung wachsen können, wie aus Samenkörnern ein Baum 7 , hat sich in fast allen Ländern Europas und auch in anderen Erdteilen ausgewirkt. Charakteristisch ist folgender S a t z Zoltän K o d ä l y s , des nationalen Komponisten, der Präsident des International Folk Music Councils w a r ; er weist auf Goethe hin: „ . . . Nicht nur damit, daß er als Freund und Anhänger Herders selbst Volkslieder sammelte — er verwirklichte auch in seiner Dichtung jenes Ideal, das der ungarische Dichter Kölcsey in so heißer Sehnsucht erträumte . . .: die dem Volksboden entsprossene nationale Dichtkunst. In U n g a r n w a r sie erst der folgenden Generation v e r g ö n n t . . ." 8 . Wie andere historisch wirksame Ideen hat auch diese eine utopische Seite. In manchen Geschichtsbildern sind zurückliegende Zeitalter romantisch verklärt und die jeweilige Gegenwart mißdeutet worden. Es gehört zur A u f g a b e der Wissenschaft, ein wahreres Bild von der Vergangenheit zu zeichnen. D a f ü r aber ist es erforderlich, auch jene Anschauungen über das Volkslied und seine Geschichte richtig wiederzugeben. H a t H e r d e r durch seine Anthologie tatsächlich zeigen wollen, d a ß „ d a s allenthalben v o m einfachen V o l k geschaffene schlichte L i e d mindestens den gleichen Wert besitzen kann wie die beste K u n s t p o e s i e " 8 ? H a t t e das Volkslied f ü r ihn tatsächlich die „Eigenschaften: U n i 5 6 7 8 9
E b e n d a X X V , S. 323. Siehe B a n d X I I (1967) des vorliegenden Jahrbuchs, S. 22. Werke X X V , S. 11. D i e ungarische Volksmusik, B u d a p e s t 1956, S. 15. J b . f. Volksliedforschung X I I (1967), S. 3.
Zur Fundierung allgemeiner Thesen über das „Volkslied"
3
versalität der Verbreitung („im Volke") und Homogenität der aesthetischen Q u a l i t ä t („Gold", „Natur")" 1 0 ? „Rettete" er sich „in die Fiktion, indem er das ihm Passende als die Reste des in früheren Zeiten allein existenten Schönen erklärte" 1 1 ? Solche Meinungen zu hegen, w a r H e r d e r nicht ungebildet und unphilosophisch genug. Ausdrücklich sagt er in der Vorrede zum zweiten Teil der „Volkslieder" (1779): „Allerdings ist überall und allezeit das Gute selten" 12 , und im Nachwort zum ersten Teil, es könne nicht sein Zweck sein, „regelmäßigere Gedichte oder die künstlerische nachahmende Poesie gebildeter Völker zu verdrängen: denn dies wäre Thorheit, oder gar Unsinn; vielmehr, wenn er etwas zu verdrängen Lust hätte, wärs die neue Romanzenmacher- und Volksdichterei, die mit der alten meistens so viel Gleichheit hat, als der Affe mit dem Menschen" 13 . Ganz und gar nicht verklärt hat H e r d e r das deutsche Volkslied, sondern redlich ausgesprochen, was sich ihm aus der damals noch sehr geringen Kenntnis der Überlieferung ergab: „Der Strom der Jahrhunderte floß dunkel und trübe f ü r Deutschland". Es sei ihm „noch wenig zu Gesicht gekommen, das den besten Stücken der Engländer, Spanier oder Nordischen Völker an die Seite zu setzen wäre". Über Lieder in Drucken des 16. J a h r hunderts sagt er: „Möchten sie nur auch an Güte seyn, was die meisten an Treuherzigkeit zu seyn vorgeben . . . Der Dichtung darin ist wenig und wiederholen sie sich oft, obs gleich an zarten Stellen und sinnreichen Wendungen auch nicht ganz fehlet . . . So w a r von jeher die Deutsdie H a r f e dumpf, und die Volksstimme niedrig und wenig lebendig" 1 4 . Es ist einseitig, in H e r d e r nur den Anreger u n d Dichter z u sehen, der einen n e u e n Stil der L y r i k herbeigeführt und, w a s er für die Z u k u n f t erstrebte, in v e r g a n g e n e Epochen h i n e i n g e f ü h l t hat. Er h a t nicht die V o l k s p o e s i e allererst „erfunden", w i e H e r m a n n Bausinger b e w u ß t überspitzend formuliert, sondern w a r als Gelehrter u n d D e n k e r ernsthaft u m die Erhellung der V e r g a n g e n h e i t bemüht 1 3 . Er hat nicht nur die Idee des V o l k s l i e d e s k o n z i p i e r t , sondern die wissenschaftliche K u n d e v o m V o l k s l i e d desgleichen. Er hat die P e r s o n a l u n i o n v o n p r o d u k t i v e m Schaffen u n d gelehrtem Forschen vorgelebt, in welcher i h m außer Dichtern w i e U h l a n d auch K o m p o n i s t e n w i e Bartök, K o d ä l y , J a n a c e k g e f o l g t sind. V o n H e r d e r ging m i t der s a m m e l n d e n die historische V o l k s l i e d f o r s c h u n g aus. Sie hat seine I d e e n teils in gleicher, teils dialektisch in entgegengesetzter Richtung ausgewertet, berichtigt u n d weiterentwickelt. M e h r u n d mehr sind Erkenntnisse beider Richtungen m i t e i n a n d e r v e r b u n d e n w o r d e n . D i e Ergebnisse der historischen V o l k s liedforschung dürften, im g a n z e n gesehen, dauerhafter sein als die
allgemeinen
Thesen, welche dieselben A u t o r e n geäußert haben. So w i r d z u m Beispiel J o h n Meiers i m m e r w i e d e r angeführte „ R e z e p t i o n s t h e o r i e " in ihren a l l g e m e i n e n T h e s e n d e m k o m p l e x e n Sachverhalt nicht gerecht, aber seine A n r e g u n g e n u n d Beiträge zur G e 10 11 12 13
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Ebenda S. 36. Ebenda S. 37. Werke X X V , S. 324. Ebenda S. 308. Er fügt ein Zitat aus Shakespeares Heinrich IV. hinzu, die Stelle über die affektierte Poesie (mincing poetry) mit dem Beginn: „I had rather be a kitten and cry mew T h a n one of these same metre ballad-mongers" oder, wie H e r d e r zitiert, „meter-ballad-mongers" (Erster Teil, III, 1). Alle Stellen aus der Vorrede zum zweiten Teil der „Volkslieder", Werke Bd. X X V , S. 318, 322, 325, 328. Charakteristisch sind folgende zwei Stellen: „Früher fing ich an, zu einer Geschichte des lyrischen Gesanges zu sammlen u n d verschmähete nichts, was dazu diente" ( X X V , S. 545). „Jeder Vernünftige w i r d jedes Stück an seiner Stelle und O r t betrachten, und als das ansehen, was es f ü r sich ist und hier seyn soll" (ebenda).
4
Walter Wiora
schichte des V o l k s g e s a n g e s b i l d e n z u s a m m e n eine b l e i b e n d e G r u n d l a g e . N a c h d r ü c k lich h a t er auf d i e N o t w e n d i g k e i t „ m ö g l i c h s t e x a k t g e f ü h r t e r E i n z e l u n t e r s u c h u n g e n " h i n g e w i e s e n . „ N u r so k a n n a u c h d i e E i n s i c h t i n das, w a s eigentlich V o l k s l i e d ist, g e f ö r d e r t , n u r so b e i g e n ü g e n d v o r l i e g e n d e n B e o b a c h t u n g e n d i e M ö g l i c h k e i t g e w o n n e n w e r d e n , e n d g ü l t i g f e s t z u s t e l l e n , w o r i n seine E i g e n a r t u n d sein W e s e n b e s t e h t " . Es gehe d a r u m , „ z u v e r h i n d e r n , d a ß später das g a n z e G e b ä u d e der wissenschaftlichen A n s c h a u u n g e n ü b e r diesen G e g e n s t a n d i n f o l g e m a n g e l h a f t e r F u n d i e r u n g z u sammenstürzt"16. S e i t d e m s i n d etliche B e i t r ä g e z u r F u n d i e r u n g des G e b ä u d e s u n d z u r Ü b e r w i n d u n g u n h i s t o r i s c h e r T h e o r e m e erschienen, auch v o n m u s i k w i s s e n s c h a f t l i c h e r Seite aus 1 7 . Z u r Z e i t u n t e r n i m m t es ein A r b e i t s k r e i s des I n t e r n a t i o n a l F o l k M u s i c C o u n cil, d i e historische E r f o r s c h u n g des V o l k s g e s a n g e s d u r c h i n t e r n a t i o n a l e Z u s a m m e n a r b e i t z u f ö r d e r n 1 8 . E r n e u t w i r d h i e r b e t o n t , „ d a ß V o l k s m u s i k w i s s e n s c h a f t n u r auf geschichtlicher G r u n d l a g e z u d e f i n i t i v e n A u s s a g e n g e l a n g e n k a n n " 1 9 . D o c h a n d e r e r s e i t s s i n d in d e n l e t z t e n J a h r e n einige A r b e i t e n erschienen, w e l c h e a u f s N e u e a l l g e m e i n e T h e s e n o h n e h i n r e i c h e n d e F u n d i e r u n g in h i s t o r i s c h e n U n t e r s u c h u n g e n v o r t r a g e n 2 0 . S o w e i t sie nicht d e n A n s p r u c h a u f ü b e r z e i t l i c h e A l l g e m e i n -
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19 20
John Meier, Volksliedstudien, Straßburg 1917, S. VII. Meine vor zwanzig Jahren entstandene Schrift Das echte Volkslied (1950) enthielt manche zeitbedingte Auffassungen und Formulierungen, von denen ich mich in späteren Veröffentlichungen entfernt habe. Zu Unrecht aber sagt H . Siuts, nachdem er einen herausgerissenen Satz aus dieser Schrift mißverständlich zitiert h a t : „Äußerungen wie die letzten beruhen auf der seit Liliencron weitverbreiteten Ansicht, d a ß in früheren Zeiten das wertvolle Volkslied ganz allgemein geherrscht habe, vor allem in seiner Blütezeit des ausgehenden Mittelalters und der beginnenden Neuzeit" (Jb. f. Volksliedforschung X I I , 1967, S. 2). Diese Ansicht habe ich auch damals nicht geteilt. Vielmehr habe ich ausdrücklich den Begriff Volkslied differenziert: „eine wissenschaftliche Kategorie u n d eine bewegende Idee" (S. 55) und den von H . Siuts zitierten Satz nur auf die letztere, auf das Volksliedideal seit H e r d e r bezogen. Ferner habe ich darauf hingewiesen, d a ß in der Geschichte des Volksgesanges gemäß wechselnden Bedingungen fruchtbarere und unfruchtbarere Gegenden gewechselt haben und daß es unbegründet ist, das Zeitalter Luthers und Dürers f ü r die hauptsächliche Blütezeit nicht nur der Volksliedbearbeitung, sondern auch des Volksliedgesanges zu halten. „Allerorts findet sich neben Amusischen, Stumpfen und Durchschnittlichen eine mehr oder weniger kleine Auslese einzelner Sänger, die sich durch Eifer und Leistungen auszeichnen" (S. 31). Ein Bericht über die erste Tagung dieser Studiengruppe (Freiburg i. Br. N o v e m b e r 1967) ist in Vorbereitung. B. Rajeczki im Jb. f. Volksliedforschung X I I , 1967, S. 234. Z. B. H . Siuts, Das Verhältnis von Volkslied und Modelied im deutschen Volksgesang, Jb. f. Volksliedforschung X I I , 1967, S. 1 ff.; E. Klüsen, Das Gruppenlied als Gegenstand, ebenda, S. 21 ff.; s. ferner H . Fischer, Volkslied—Schlager—Evergreen, Tübingen 1965 (dazu die Besprechung von W. Suppan, Jb. f. Volksliedforschung X I , 1966, S. 144 ff.). Auch das in vieler Hinsicht ausgezeichnete Buch H . Bausingers Formen der Volkspoesie, Berlin 1968, wertet verhältnismäßig wenig historische Untersuchungen aus, obschon der Verfasser auf die Geschichtlichkeit des Volksliedes hinweist (S. 266 f. u. a.). Sein allgemein gehaltenes Thema könnte stärkere Heranziehung vergleichender U n t e r suchungen nahelegen, die A u s f ü h r u n g aber hält sich weitgehend im Rahmen der Schriftenreihe „Grundlagen der Germanistik".
Zur Fundierung allgemeiner Thesen über das „Volkslied"
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heit erheben, fehlt die Bestimmung des Bereiches, in dem sie gelten sollen. Die teilweise sehr guten Beobachtungen heutiger Verhältnisse in Deutschland und Nachbarländern reichen nicht aus, um Thesen von universaler oder auch nur von beschränkt allgemeiner Geltung begründen zu können. Es tritt nicht hervor, was am Volksgesang der Neuzeit neuzeitlich und was am Volksgesang der Gegenwart spezifisch gegenwärtig ist. Die tiefgreifenden Wandlungen vom Zeitalter des Zauberliedes bis zum Zeitalter der Technik werden kaum berücksichtigt. Es wäre freilich Historismus im schlechten Sinn des Wortes, die Grundfragen der Volksliedkunde in eine unbestimmte Zukunft zu verschieben und sich vorderhand auf historische Einzelforschung zu beschränken. Man sollte sie ohne Verzug in Angriff nehmen, aber die allgemeinen Thesen in Probleme umdenken und solche historischen Untersuchungen durchführen, die eigens zur Lösung dieser Probleme bestimmt sind. Sie sollten das Gebiet in beiden Dimensionen, der räumlichen und der zeitlichen, möglichst weit umspannen. Sofern dies nicht durchführbar ist, haben die Ergebnisse nur vorläufige Bedeutung und nur beschränkt allgemeine Geltung. Im folgenden möchte ich zu diesem Vorhaben beitragen, indem ich einigen allgemeinen Thesen historische Fakten gegenüberstelle, und dadurch zu weitergehenden Untersuchungen anregen. Allerdings bin ich über den gegenwärtigen Stand der Forschung nur teilweise orientiert, da ich seit langem nicht mehr spezialistisch an der Volksliedforschung mitarbeiten kann, und muß daher um Nachsicht bitten. 1) Es sei „unbestreitbar", sagt Paul Levy, „daß ein Begriff des Volkslieds vor 1750, ja überhaupt vor H e r d e r nicht existierte. Denn von einem solchen zu sprechen, ehe eine Empfindung d a f ü r vorhanden war, daß Volks- und Kunstpoesie etwas ihrer Entstehung nach wesensverschiedenes seien, ist doch ein innerer Widerspruch" 21 . Diese Annahme ist traditionell geworden. Bausinger stützt seine These, daß die Volkspoesie in der Zeit zwischen 1760 und 1780 weniger entdeckt als erfunden worden sei, durch den Hinweis, daß damals „zum erstenmal Begriffe wie Volkspoesie, Volksdichtung, Volkslied, Volkssage auftauchen" 2 2 . N u n ist zwar das deutsche Wort Volkslied als Wort sicherlich nicht älter, aber man hat bisher noch nicht planmäßig untersucht, inwieweit der zugrundeliegende Begriff als Begriff, das heißt als Vorstellung von liedhaftem Volksgesang im allgemeinen, schon früher gebräuchlich war. Man würde sich den Weg verschütten, wollte man nur nach einem ähnlich faszinierenden Leitwort suchen, wie es Herders „Volkslied" war, und nur nach Ausdrücken, die möglichst genau dieselbe Bedeutung haben. Die Frage ist vielmehr weit und offen zu halten. Auch solche Ausdrücke sind zu beachten, die umfassender sind als „Volkslied" oder andere Seiten des Begriffs liedhafter Volksgesang hervorheben. Bereits Herder selbst hat einige ältere Zeugnisse angeführt, und Levy hat diese und andere in den kurzen Abschnitten seines Buches über die Vorgeschichte des Wortes und des Begriffes zusammengestellt. Mehrfach ist auf den englischen Ausdruck „populär song" hingewiesen und das deutsche Wort Volkslied geradezu als 21 22
Paul Levy, Geschichte des Begriffes A. a. O., S. 10.
Volkslied,
Berlin 1911, S. 29.
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Walter Wiora
Lehnübersetzung aus dem Englischen bezeichnet worden. Andererseits hat man immer wieder eine Stelle bei Montaigne zitiert: die Gegenüberstellung „la poesie populaire et purement naturelle" und „la poesie parfaite selon Part" 2 3 . Ist daraufhin anzunehmen, daß die Entdeckung und Benennung des populär song Montaigne zu verdanken sei24? Oder hat er Ausdrücke verwendet, die bereits vor ihm gebräuchlich waren? Es ist unwahrscheinlich, daß sich solche Ausdrücke nicht im humanistischen Schrifttum finden sollten. Jedenfalls w a r aber die Gegenüberstellung von Volksgesang und vokaler Kunstmusik schon im Mittelalter verbreitet und formelhaft. Um 1490 führt A d a m von Fulda in seiner Einteilung der Musica die „vocalis usualis" an, welche nicht von den Regeln der Kunst bestimmt werde, „ut est cantus vulgi" 2 5 . Ähnlich definieren Theoretiker des 16. Jahrhunderts, wie Wimpflingseder (1563): „Usualis, quae caret principiis, quibus regi deberet, qualis est vulgi" 2 6 . Der Begriff eines Gesanges, der nur durch Naturanlage und Gewöhnung bestimmt ist, bildete einen denknotwendigen Gegensatz zu den Leitbegriffen Musica artificialis und Musica regulata 2 7 . In diesem Sinne heißt es um 1100 bei dem Prior Frutolf: „saeculares cantilenae absque omni artificialis musicae scientia" 28 . In der Fortsetzung von Frutolfs Weltchronik findet sich der Ausdruck „vulgares cantilenae" 2 9 . Solche Ausdrücke waren aber auch schon in der Antike gebräuchlich, zum Beispiel „Cantica poetarum v u l g a r i u m " und „inconditum Carmen" 30 . Dem Begriffspaar Volks- und Kunstgesang ist die auch außerhalb Europas verbreitete Gegenüberstellung von ländlichem und städtischem als rohem und feinem Singen verwandt, zum Beispiel cantus vulgaris und urbanus bei Johannes von Affligem um 1100 31 . Oft erscheinen Wörter, wie Bauernlied, Dorflied, Gesang des Land23 24 25 26
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M. E. de Montaigne; Essais I, ch. 54, ed. M. Rat (Classiques Garnier), S. 347. Z. B. F. G. Gummere, The populär Bailad, 1907, Neuausgabe New York 1959, S. 2. M. Gerbert, Scriptores ecclesiastici de Musica, 17B4, Bd. III, S. 333. Diese und andere Belege bei K. W. Niemöller, Nicolaus Wollick (1480—1541) und sein Musiktraktat, Köln 1956 (= Beiträge zur rheinischen Musikgeschichte, XIII), S. 280 f., und Die Musica Gregoriana des Nicolaus Wollick (von 1501), Köln 1955 (ebenda XI), S. 13. Siehe dazu den Abschnitt „Anschauungen mittelalterlicher Theoretiker über das Verhältnis von musica vulgaris und artificialis"; in Vf.: Europäische Volksmusik und abendländische Tonkunst, Kassel 1957, S. 86—94. Frutolfi Breviarium de musica et Tonarius, ed. P. C. Vivell, Wien 1919 ( = Akademie der Wissenschaften Wien, Phil.-hist. Klasse, Sitzungsberichte, 188. Bd., 2. Abh.), S. 27. Mon. Germ, hist., Folio-Reihe, Bd. VI, S. 225. Formeln wie „cantus vulgaris" scheinen nicht immer nur auf die Volkssprache hinzuweisen, sondern manchmal auch auf Gesang von Laien oder sozialen Unterschichten. Dafür sprechen Wendungen wie „ille cantus vulgaris sive popularis" in der Crailsheimer Schulordnung von 1480 (zit. bei J. Janota, Studien zu Funktion und Typus des deutschen Liedes im Mittelalter, München 1968, S. 211). Günther Wille, Musica romana. Die Bedeutung der Musik im Leben der Römer, Amsterdam 1967, S. 152 und 579; s. ferner das ganze Kapitel IV und die übrigen einschlägigen Abschnitte dieses umfassenden Werkes. Johannis Ajfligemensis De Musica cum Tonario, ed. J. Smits van Waesberghe, Rome 1950 (= Corpus Scriptorum de Musica I), S. 52.
Zur Fundierung allgemeiner Thesen über das „Volkslied"
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volkes, zum Beispiel in der Antike „rustica carmina" und „rusticum vetus canticum" 3 2 und im 15. Jahrhundert „Purengesangk", „comedia", „dorpsanc" 3 3 . Die Villanelle definiert 1619 Michael Praetorius als „ein Bawrliedlein, welche die B a w ren und gemeine Handwercksleute singen" 3 4 . Wie hier so waren solche Wörter auch sonst wohl oft in einem weiteren Sinne gemeint; sie bezeichneten in vager Allgemeinheit einen größeren Teil der Bevölkerung als den jeweils genannten Berufsstand. Verwandt mit dem Begriff des Volksgesangs (wenn auch nicht mit dem des poetischen Volksliedes im Sinne Herders) ist derjenige des landläufigen, allbekannten, allenthalben verbreiteten Liedes, zum Beispiel in der Antike „notissimum canticum" 3 5 . Es finden sich Wendungen wie „tota cantabitur urbe" (Horaz, sat. I I , 1, 46). Ein anderer verwandter Aspekt ist das heimische altererbte Lied; zum Beispiel spricht Vergil von „carminibus patriis" 3 6 . Für ausländische Lieder und Volksgesänge war die Bezeichnung „carmina barbara" gebräuchlich 37 . Ich habe auf diese Belege hingewiesen um anzuregen, planmäßig weiter zu suchen und sie im Vergleich miteinander und aus dem jeweiligen K o n t e x t zu interpretieren. Das gilt auch für den folgenden Abschnitt. 2) Mit der Annahme, es habe vor Herder keinen zusammenfassenden Begriff für die Lieder des Volkes gegeben, hängt die These zusammen, es habe bei den Gebildeten auch kein ausgesprochenes Interesse für sie bestanden und bestehen können. T a t sächlich aber haben längst vor Herder etliche Autoren auf den Eigenwert des Volksgesanges hingewiesen, und zwar aus verschiedenen Motiven. Die Genesis des Enthusiasmus für Lieder „wilder" Völker im Baltikum hat Leonid Arbusow eingehend behandelt 3 8 . Äußerungen von Young und Percy, Diderot und Rousseau, Hagedorn und Lessing sind mehrfach wiedergegeben worden, zum Beispiel von Levy. 1710 sagte Addison im Spectator: „. . . I took a particular delight in hearing the songs and fables that are come from father to son, and are most in vogue among the common people of the countries through which I passed; . . . an ordinary song or ballad, that is the delight of the common people, cannot fail to please all such readers as are not unqualified for the entertainment by their affectation or ignorance; . . . I am so professed an admirer of this antiquated song, that I shall give my reader a critic upon it, without any other apology for so doing" 3 9 .
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Siehe Wille a. a. O., S. 109. Siehe L. Diefenbach, Glossarium latino-germanicum, Frankfurt 1857, und H. J. Moser und F. Quellmalz in: Volkskundliche Gaben (zum 70. Geburtstag John Meiers), Berlin und Leipzig 1934, S. 147 f. Syntagma musicum, Bd. III, Nachdruck Kassel etc. 1958, S. 20 f. Siehe Europ. Volksgesang ». abendl. Tonkunst S. 43, ferner Wille S. 131, 139. Vergil, Georg. II 385 ff.; s. ferner Wille S. 579. Wille S. 560, 574 u. a. L. Arbusow, Herder und die Begründung der Volksliedforschung im deutsch-baltischen Osten, in: Im Geiste Herders, hg. v. E. Kayser, Kitzingen 1953, S. 129—256. J. Addison, Works Bd. II, London 1870, S. 373 f.; s. dazu auch Herder, Werke Bd. X X V , S. 129.
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Walter Wiora
Montaigne, auf den sich Herder berufen hat, kommt auf die Volksgesänge der Gascogne und andererseits der Naturvölker im Kapitel „Des vaines subtilitez" zu sprechen und zitiert das Schlangenlied eines brasilianischen Indianers im bedeutsamen Kapitel „Des cannibales". Beide Stellen sind im Zusammenhang der folgenden „Kultur- und Europakritik" zu verstehen, die „eine der großen Tendenzen des Zeitalters war" 4 0 . Es frappierte Montaigne, daß die rein naturhafte Poesie des Volkes naive (und das heißt native, angeborene) Züge und eigentümliche Reize habe, durch die sie kunstvoller Dichtung vergleichbar sei, und daß es solche Poesie sogar bei Völkern gäbe, die nicht einmal die Schrift kennen. Er halte es nicht f ü r vernünftig, einseitig Kunst und Künstlichkeit über die N a t u r zu erheben: „Ce n'est pas raison que l'art gaigne le point d'honneur sur nostre grande et puissante mere nature. Nous avons tant recharge la beaute et richesse de ses ouvrages par nos inventions, que nous l'avons du tout estouffee." 41 Aus Übereinstimmungen zwischen Montaigne (1533—1592) und Philip Sidney (1554—1586) hat man geschlossen, daß solche Tendenzen in der Zeit gelegen haben müßten 42 . Die Lieder im Landvolk und bei schriftlosen Völkern boten schon f r ü h ein Argument f ü r die These, daß zum Dichter nicht nur Kunstfertigkeit gehört, sondern auch Naturanlage. Diese These war in der Renaissancezeit verbreitet und reicht in die Antike zurück (z. B. Cicero: „poetae nascuntur") 4 3 . Das Mittelalter war nicht völlig von jenem Dualismus beherrscht, der die rational-artifizielle Musica über allen sonstigen Cantus stellte und das Singen des Volkes nicht höher einstufte als das Singen der Vögel, sondern daneben war die Vorstellung verbreitet, daß die Elemente der Musik allen Menschen eingeboren seien. Diese Tatsache („nobis consanguineam et naturalem esse musicam") zeigt sich nach Aribo besonders darin, daß ungeschulte Spielleute beliebige Lieder untadelig singen („quaslibet laicas irreprehensibiliter jubilant odas") 44 . Obgleich sie ungelehrt sind, sagt Johannes von Affligem, bringen sie wohlklingende Lieder zustande („dulcisonas aliquando videmus contexere cantilenas"). U m 1100 betont Frutolf an der oben angeführten Stelle, daß „saeculares cantilenae" ohne Beherrschung der musikalischen Kunstlehre klangschön in den regelmäßigen Bahnen der Tonarten und Intervalle vorgetragen werden („legitimo tonorum et intervallorum cursu dulciter proferuntur"). Wenn solche Leute schön singen und schöne Lieder verfertigen, so beruhe das nicht auf Kunst, sondern auf natürlicher Veranlagung, versichert Jacob von Lüttich und beruft sich auf Aristoteles 45 . An anderer Stelle knüpft er an Boethius an: daß alle Lebensalter und Geschlechter trotz der Verschiedenheit von Berufen und Sitten in der Einheit
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H u g o Friedrich, Montaigne, Bern 1949, S. 255 f., 253. Essais a. a. O., S. 234. L e v y S. 19, nach Fresenius. A . Buck, Die humanistische Tradition in der Romania, Bad H o m b u r g etc. 1968, S. 212 ff., 235; s. auch S. 120 f. u n d 243 über die Vorstellungen v o n Naturpoesie im frühen und mittleren 18. Jahrhundert. Gerbert, Scriptores II, 225; dazu W. Wiora, Europäischer Volksgesang und abendländische Tonkunst S. 90 ff. (dort auch weitere Belege). Coussemaker, Scriptores II, S. 312.
Zur Fundierung allgemeiner Thesen über das „Volkslied"
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.der Freude an Musik verbunden seien46. Nichts anderes ist in solchem Maße ein „proprium humanitatis", sagt Boethius. Herders Anschauung von der „Stimme des Volks, der zerstreueten Menschheit" 47 und verwandte Gedanken im Humanismus der Goethezeit haben somit traditionelle Denkmotive entfaltet und weitergeführt, die schon in der Renaissance und im Mittelalter verbreitet waren und auf die Antike zurückgehen. Ein Abschnitt in Günther Willes Buch über das Musikleben der römischen Antike heißt geradezu „Die Geschichte des Motivs von der natürlichen Veranlagung zur Musik" 48 . Neben diesem besonders wichtigen Gedanken haben auch andere Motive den Volksgesang schon lange vor Herder interessant werden lassen. Hierhin gehört die Bedeutung des Hirtengesangs f ü r die bukolische Dichtung 49 und f ü r die an sie anknüpfenden Pastoralsphären des Hoflebens und des christlichen Weihnachtsfestes. Hierhin gehört ferner das Bild singender und tanzender Kinder als Anschauungsmuster f ü r die Musica coelestis der Engel. Hierhin gehört die Schätzung derjenigen landläufigen Liedweisen, die in geistliche Kontrafakturen und mehrstimmige Kompositionen aufgenommen wurden; „der Teufel brauche nicht alle schönen Melodien f ü r sich allein zu haben", sagt Luther. Schließlich ist an die Berichte zu denken, daß die ganze Bevölkerung eines Ortes, einer Gegend in gemeinsamem Singen einem führenden Manne huldigte 50 ; auch dies gehört zu den Gründen, warum der Volksgesang einst nicht nur neutral oder negativ angesehen worden ist. 3) Wie hat man im Volke selbst über das Singen gedacht? H a t man „ästhetische Qualitäten als solche nicht intendiert", sondern die Lieder primär als „dienende Gegenstände" angesehen, die „zur Lebensgestaltung" benutzt wurden 51 ? Was ist darüber den Aussagen von Leuten aus dem Volk zu entnehmen? Man hat sich auch in frühen Zeiten und verschiedensten Ländern an schönen Stimmen und Liedern gefreut, und d a f ü r gibt es etliche Belege in Märchen, Sagen und anderen Texten, z. B. über das verführerische „wunderschöne" Singen des Ulinger. Wo aber die Schönheit des Klanges nicht die Hauptsache war, wirkte sie oft als Teilmoment mit 52 . Seit dem Altertum war der Wettstreit zwischen Volkssängern weit verbreitet; aus den Quellen läßt sich einiges über die Qualitäten entnehmen, um die es dabei ging, und über die Kriterien, nach denen man urteilte: Dulcedo, Verzierungen, 46
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Ed. R. Bragard, Bd. I, Rome 1955, S. 25; Boethius, De institutione musica, ed. Friedlein, S. 186 f. X X V , 645; s. dazu die weiteren Zitate in meiner Studie Herders Ideen zur Geschichte der Musik, in: Im Geiste Herders, hg. v. E. Kayser, Kitzingen 1953, S. 115 ff. A. a. O., S. 459—467; s. besonders die Stellen über Plato und Aristoteles (460) und den Rhythmus bei Kindern (461 u. a.). R. Merkelbach, Boukoliastei (Der Wettgesang der Hirten), in: Rheinisches Museum 99, 1956, S. 97 ff.; G. Wille, Abschnitt über römische Hirtenlieder, S. 114 f. Z. B. im 9. J a h r h u n d e r t Sedulius Scottus an Bischof H a r t g a r : „Omnis ovans aetas ingentia gaudia gestat/Exultando sonat te remeante melos" (H. Kusch, Einführung in das lateinische Mittelalter Bd. I : Dichtung, Berlin 1957, S. 112). Siehe Jahrbuch f. Volksliedforschung X I I , 1967, S. 22, 26 u. a. Siehe dazu meine Schrift Zur Frühgeschichte der Musik in den Alpenländern, Basel 1949, S. 15.
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Walter Wiora
Kraft und Höhe, Schnelligkeit und Schlagfertigkeit der Improvisation 53 . Desgleichen wären Zeugnisse zusammenzustellen, wie man in verschiedenen Ländern und Zeiten gesungene Erzählungen bewertet hat. Zwar sagt Ernst Klüsen: „Gegenständlich werkzeuglich genutzt dient das Lied dem Leben der Gruppe"; „aesthetische Qualitäten" seien dafür „völlig gleichgültig" 54 . Doch diese These scheint nicht aus den Quellen geschöpft zu sein. Sie entspricht auch nicht der Erfahrung, daß Gegenstände des Hausrats über ihre Zweckbestimmung hinaus unauffällig schön sein können. Mörike hat diese Erfahrung in einem berühmten Gedicht ausgesprochen: „Ein Kunstgebild der echten Art. Wer achtet sein? Was aber schön ist, selig scheint es in ihm selbst". Die oft zitierten Verse betreffen nicht ein eigenständiges Kunstwerk, sondern ein Gerät, eine Lampe. Nur die funktionelle Betrachtungsweise, nicht eine historische und stilistisch ästhetische, werde der Bedeutung der Lieder im Volksgesang gerecht. Diese These von Hinrich Siuts wäre tautologisch, wenn man die Begriffe Bedeutung und Funktion gleichsetzt. Andererseits scheint die Funktion oft auf „ästhetischen" Eigenschaften zu beruhen, z. B. das Zauberische eines Gesangs auf seiner bezaubernden Schönheit, die Wirkung eines „Carmens" auf seinem „Charme". Zudem bildet funktionelle Betrachtung nur dann einen Gegensatz zur historischen, wenn sie mit unhistorischem Bewußtsein erfolgt. Die Funktion des Volksgesangs hat sich im Lauf der Jahrtausende und Jahrhunderte so sehr gewandelt, daß man ohne historische Untersuchungen unrichtigen Verallgemeinerungen verfällt. „Das Lied der Grönländer ist ein Gegenstand, der dazu dient, Seehunde zu fangen" 55 ; gibt es Belege, daß viele Grönländer so denken, und gilt solche direkte Zweckbestimmung für alle ihre Lieder? Aber auch soweit die einfacheren Vorstellungen von archaischem Jagdzauber vor neuerer Ethnologie bestehen können — welche Unterschiede zwischen dieser Art von Funktion und dem Sinn der meisten Liebeslieder und Balladen seit dem Mittelalter! 4) Auch Variabilität, Volkläufigkeit und Langlebigkeit dürften keine überzeitlichen Wesenszüge des Volksliedes sein. Ferner ist es nicht sein durchgängiger Zweck, einer Gruppe zu dienen, und nicht sein Spezifikum im Unterschied zum Gesang in Klöstern oder in politischen Organisationen. Das Volkslied war weder stets ein Jungbrunnen der Dichtung und Musik, noch stets eine Schutthalde aus abgesunkenem Kulturgut, noch herrschte stets ein Wechselverhältnis zwischen Bewegungen aufwärts und abwärts. Der Geltungsbereich solcher Thesen in Zeit und Raum ist durch historisch-vergleichende Forschung zu umgrenzen. Aus alten Thesen sollten neue Themen werden.
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Siehe z. B. Merkelbach, a. a. O., und Wille, S. 114, 120. Jahrbuch f. Volksliedforschung XII, S. 27 u. 26. Ebenda, S. 26.
Das Volkslied als publizistisches Medium und historische Quelle Von J A N M. R A H M E L O W (Bremen) Viel Widersprüchliches hat die Volksliedforschung bislang zu Tage gebracht. Eine Klärung kann, so meine ich, der Versuch bringen, im Volkslied ein publizistisches Medium und eine historische Quelle zu sehen. Jedenfalls habe ich in meiner 1966 vorgelegten Hamburger Dissertation „Die publizistische N a t u r und der historiographische Wert deutscher Volkslieder um 1530" die Möglichkeit einer solchen Klärung aufzuzeigen versucht. Der eigentlichen Zusammenfassung meiner Überlegungen möchte ich hier die wesentlichsten Ergebnisse thesenartig und in Stichworten voranstellen: 1. Wichtig war mir zunächst einmal, meine Voraussetzung, das Volkslied sei Publizistik, zu präzisieren. Die beliebte Annahme, beim Volkslied handele es sich um so etwas wie die „Zeitung des Mittelalters", scheint mir der Sache nämlich nicht ganz gerecht zu werden. An die Stelle einer fragwürdigen Genealogie der Medien sollte der Versuch einer systematischen Einordnung des Mediums Volkslied treten: • Das Volkslied ist ein Medium der mündlichen Publizistik, hebt sich aus dieser Gruppe — wie in anderem Zusammenhang zu zeigen — allerdings durch seine gebundene Sprache heraus. 2. Die Betrachtung des historiographischen Wertes des Volksliedes verlangte, eine Volkslieddefinition zu suchen, die verbindliche Auskünfte über die Volksliedsänger zu geben vermag. Mit der folgenden Formulierung glaube ich eine derartige Definition gefunden zu haben: • Volkslieder sind alle unter ,Laien' verbreiteten und von ihnen gesungenen Lieder; hierbei verstehe ich unter ,Laien' alle nicht berufsmäßigen, nicht eigens ausgebildeten Sänger. 3. Wenn das Volkslied als Medium der Mundpublizistik zur Verbreitung von Aussagen unter Laien dient, dann müssen, wie ich annehme, Stil und Form des Volksliedes von diesem Zweck geprägt sein. Als Ergebnis eingehenderer Untersuchungen halte ich fest: • Volkslieder erreichen Publizität durch bestimmte Form- und Stilmittel, die ihrer Verbreitung dienen: Anreiz, objektive und subjektive Prägnanz, Reproduzierbarkeit. 4. Ein Teil meiner Untersuchungen galt der speziellen Frage des Historikers nach dem historiographischen Wert des Volksliedes. Dabei ergab sich:
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Jan M. Rahmelow Volkslieder sind Q u e l l e n f ü r historische T a t b e s t ä n d e wie f ü r bestimmte Meinungen unter den L a i e n . D a b e i werden die T a t b e s t ä n d e in g a n z bestimmten Richtungen verschoben; als T e n d e n z e n sind dabei zu erkennen: V e r b i n d u n g , Poetisierung, Historisierung u n d T y p i s i e r u n g . V o n den Meinungen spiegeln sich im V o l k s l i e d immer nur jene, die dem Urheber der publizistischen A u s sage ( d e m P u b l i k a t o r ) und ihren Verbreitern (den P u b l i k a n t e n ) gemeinsam u n d somit an G r u p p e n gebunden sind. Volkslieder sind aktuell nach Interessenkreisen, k a u m aber im zeitlichen Sinne.
Genealogie
und
Systematik
der
Medien
Gelegentlich hat die Forschung versucht, eine S y s t e m a t i k der M e d i e n zu erarbeiten. Doch ihr H a u p t i n t e r e s s e g a l t stets der Suche nach einer G e n e a l o g i e : m a n ging v o m M e d i u m Zeitung aus und suchte nach V o r l ä u f e r n . D a s V o l k s l i e d als eigenständiges M e d i u m w a r bislang eigentlich noch nicht G e g e n s t a n d der Forschung. D i e Versuche, eine G e n e a l o g i e zu rekonstruieren, k r a n k e n allzu oft d a r a n , d a ß m a n sich heute ein M e d i u m eigentlich nur als technisches V e r v i e l f ä l t i g u n g s m i t t e l vorstellt; Vers u n d M e l o d i e des Volksliedes erscheinen d a n n als „ E r s a t z " moderner Vervielfältigungstechnik. D a b e i mißt m a n d a n n die älteren Medien an den m o d e r neren u n d macht Einschränkungen, w a s ihre W i r k s a m k e i t angeht. D a s V o l k s l i e d w i r d z u m u n v o l l k o m m e n e n V o r l ä u f e r der modernen Zeitung. D a n e b e n findet sich aber auch die Vorstellung v o n einer entwickelten mittelalterlichen Publizistik, j e d e n f a l l s ist — um ein Beispiel zu nennen — versucht w o r den, die f a h r e n d e n Sänger des Mittelalters den m o d e r n e n Publizisten gleichzustellen. A m stärksten beachtet w u r d e wohl W . Scherer, der in den „ b e r u f s m ä ß i g e n deutschen Dichtern" die „ J o u r n a l i s t e n jener Z e i t " erblickte. Sicherlich w i r d es schon v o r der Zeitung eine öffentliche, v e r v i e l f ä l t i g e n d e Publizistik gegeben haben — nichts allerdings z w i n g t z u der A n n a h m e , d a ß sie literarisch w a r oder literarischen N i e d e r schlag g e f u n d e n hat. Will m a n ü b e r h a u p t irgend etwas „ d i e Zeitung des Mittela l t e r s " nennen, so hätte d a s Gerücht eher Anspruch auf diesen Titel als d a s L i e d , das wegen seiner literarischen F o r m allenfalls dem Buch zu vergleichen wäre, dem es auch inhaltlich näher steht als der Zeitung. D e m Gerücht k a m sicherlich mehr publizistische Bedeutung z u als dem L i e d , einfach, weil es sich schneller verbreiten ließ. Ich meine allerdings, d a ß m a n ü b e r h a u p t nichts „ d i e Zeitung des M i t t e l a l t e r s " oder g a r „gesprochene Z e i t u n g " nennen sollte. Diese Ausdrücke v e r f ü h r e n leicht zu der ungerechtfertigten Vorstellung, d a s V o l k s l i e d e t w a sei ein oder gar der V o r l ä u f e r der Z e i t u n g ; hierfür könnte schließlich jede A r t der K o m m u n i k a t i o n im Mittelalter angesehen werden, sofern sie öffentlich w a r . Eine solcherart rekonstruierte G e n e a l o g i e der Zeitung ist letzten Endes n u r d a v o n a b h ä n g i g , welche M e r k m a l e m a n aus deren Definition herauslöst. D a s V o l k s l i e d ist keine Zeitung u n d auch nicht ihr V o r l ä u f e r , sondern beide sind S o n d e r f o r m e n der Publizistik. A u s diesen E r w ä g u n g e n soll also im folgenden nicht mehr v o n g e s p r o c h e n e n ' oder ,gesungenen' ,Zeitungen' die R e d e sein, sondern nur noch v o n mündlicher
Das Volkslied als publizistisches Medium und historische Quelle
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Publizistik — oder, wie G. Kieslich diese Erscheinung genannt hat, von „Mundpublizistik". Publizistik schließlich soll mit W. Hagemann als „öffentliche Aussage aktueller Bewußtseinsinhalte" verstanden sein. Auf dieser Basis lassen sich durch Hinzufügen weiterer Kriterien nun einzelne publizistische Erscheinungen näher bestimmen. D e f i n i t i o n des M e d i u m s
Volkslied
Im Rahmen einer Systematik der Medien erscheint das Volkslied als ein durch seine spezifische N a t u r näher bestimmter Spezialfall eines Mediums. Diese spezifische N a t u r gilt es zunächst ganz allgemein durch die Definition des Begriffes Volkslied zu erfassen. Allerdings sind mit den bisherigen Deutungen des Begriffes Volkslied kaum wirklich verbindliche Kriterien zu gewinnen. Fragte die romantische Forschung ausschließlich nach dem Anteil des Volkes auf der „Werkebene" des Liedes, also bei der Entstehung, so untersucht die moderne Volksliedforschung nur noch dessen Wirkungen auf der „Überlieferungsebene". Die dritte dieser von B. Kippenberg aufgrund von Anregungen T. Georgiades' f ü r das Lied des Minnesanges unterschiedenen Ebenen wurde bislang jedoch nicht zum Ausgangspunkt einer Volkslieddefinition gemacht: die „Aufführungsebene". Geht man vom unbefangenen Wortverständnis aus, so ist ein Volkslied keineswegs ein im Volk entstandenes oder von ihm nur tradiertes Lied, sondern ein von ihm gesungenes. Unterscheiden wir nach der ,Aufführungsebene', so können wir ohne Bedenken von Volks- und Kunstliedern sprechen, denn zweifellos gibt es Lieder, die das Volk singt und solche, die es nicht singt. Was aber ist unter „Volk" zu verstehen? Der unterschiedliche Gebrauch dieses Wortes mag einer der Gründe dafür sein, daß in der Volksliedforschung der letzten Jahrzehnte soviel aneinander vorbei geredet worden ist. Die klassischen Deutungen als „vulgus" oder „gens" erlauben keine eindeutige Bestimmung des Volksliedes. Wir müssen uns von ihnen frei machen und uns auf den Wesensunterschied von Kunst- und Volkslied besinnen. Wir bestimmen den Begriff Volkslied zunächst einmal negativ: Das Volkslied ist kein Kunstlied. Jetzt ist also nicht mehr nach den Sängern des Volks-, sondern nach denen des Kunstliedes zu fragen. Das Kunstlied, so kann man sagen, wird ausschließlich von berufsmäßigen, meist gesanglich eigens dazu ausgebildeten Sängern einem Publikum vorgetragen. Von dieser Feststellung ausgehend kann das Volkslied nun als ,Laienlied' definiert werden. ,Volk' hat also keinen anderen Sinn als ,Laien'. Gegen diese Definition ließe sich einwenden, daß gelegentlich reine Kunstlieder von Laien gesungen werden. So wird ein Opernbesucher hin und wieder eine Opernarie, die ihm persönlich besonders gefällt, vor sich hin singen, auch wenn ihr Text und ihre Melodie nicht Allgemeingut sind. Hier könnte als Rechtfertigung gesagt werden, daß in solch einem Fall vielleicht bereits der Keim f ü r ein neues Volkslied gelegt wird; dies hieße, verschiedene Grade der Volksläufigkeit annehmen, deren geringster durch solch ein „privates Volkslied" bezeichnet wäre. Doch
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Jan M. Rahmelow
verlangt eine historische Fragestellung, den Begriff Volkslied möglichst eng u n d eindeutig zu fassen u n d insbesondere die Verbreitung der Lieder zu berücksichtigen. Ich präzisiere also meine Definition wie folgt: Volkslieder sind alle u n t e r Laien verbreiteten u n d von ihnen gesungenen Lieder. Diese Fassung schließt also „ p r i v a t e " Laienlieder aus, unterscheidet im übrigen aber weder nach dem G r a d der Verbreitung, noch nach ihrer Art. Der U r s p r u n g der Lieder schließlich bleibt ganz außer Betracht. Ich möchte nicht versäumen, auf die viel zu wenig beachtete musikwissenschaftliche Volksliedbestimmung M. Hohenemsers hinzuweisen, die ganz im Sinne unserer Definition von den Laien als den Liedträgern ausgeht: „Das Volkslied ist ein Lied, das textlich u n d musikalisch so beschaffen ist, d a ß es von der großen Masse der Laien ohne Instrumentalbegleitung gesungen werden k a n n . "
Publizität
des
Volksliedes
Die Definition des Volksliedes als Laienlied u n d die Betrachtung seiner publizistischen N a t u r erlauben uns, den Versuch einer ästhetischen Bewertung des Volksliedes gänzlich zu unterlassen. Form u n d Stil des Volksliedes erscheinen in dieser Sicht nur noch als Mittel, Publizität zu erlangen. Wir können erwarten, d a ß beide psychologisch zweckmäßig sind. Es m ü ß t e sich also ein Idealkatalog v o n Forderungen an F o r m u n d Stil des Volksliedes aufstellen lassen. Ein derartiger K a t a l o g k a n n von der grundsätzlichen Forderung ausgehen, d a ß jede publizistische Aussage einen Anreiz zur Rezeption bieten, voll verständlich und zu vervielfältigen sein m u ß . Bezieht m a n dies auf das Volkslied, dessen Vervielfältigung durch reproduzierenden V o r t r a g ja gewisse zusätzliche A n f o r d e r u n g e n mit sich bringt, die etwa bei der mechanischen Vervielfältigung der Zeitung entfallen, so ergibt sich folgender K a t a l o g publizistischer Erfordernisse: 1. Das Lied m u ß einen Anreiz bieten, das heißt: es m u ß das Interesse, die A u f m e r k samkeit seiner Adressaten finden u n d von ihnen als des Behaltens w ü r d i g e m p f u n d e n werden. 2. Das Lied m u ß objektiv p r ä g n a n t sein, das heißt: es m u ß f ü r die Adressaten vollständig verstehbar sein, insofern es klar u n d anschaulich sein m u ß . 3. Das Lied m u ß subjektiv p r ä g n a n t sein, das heißt: es m u ß subjektiv bedingten E r w a r t u n g e n , Bedürfnissen u n d Dispositionen auf Seiten der Adressaten gerecht werden können. 4. Das Lied m u ß m e r k b a r sein, das heißt: es m u ß — möglichst ohne Z u h i l f e n a h m e schriftlicher Gedächtnisstützen — jederzeit leicht u n d weitgehend lücken- u n d fehlerlos reproduziert werden können. Vermutlich w i r d dieser Idealkatalog nur in den seltensten Fällen voll v e r w i r k licht sein, da er seiner N a t u r nach nicht aus den tatsächlichen Gegebenheiten des Volksliedes hergeleitet ist, sondern als theoretisches O p t i m u m konzipiert wurde. Die häufig erstaunlich weite Verbreitung einzelner Volkslieder spricht jedoch d a f ü r , d a ß diese den gestellten Forderungen in der T a t hinlänglich Genüge tun.
D a s Volkslied als publizistisches M e d i u m und historische Q u e l l e
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Anreiz
Eine jede publizistische Aussage erreicht Publizität, indem sie sich durch ihr Medium an eine möglichst große Anzahl von Adressaten wendet und diese durch inhaltliche, formale und stilistische Mittel als Rezipienten zu gewinnen sucht. Beim Medium Volkslied jedoch ist dieser Vorgang noch etwas verwickelter: die Aussage muß ja, um verbreitet werden zu können, nicht nur von Rezipienten aufgenommen, sondern auch von ihnen reproduziert werden. Der Rezipient ist also zugleich ein Mittelsmann des Publikators; er ist es, der die Aussage wiederholend publiziert — wir können ihn den ,Publikanten' des Volksliedes nennen. D i e Publikanten des Volksliedes sind nach der hier entwickelten Volkslieddefinition Laien der Liedreproduktion. Ein Lied, das als Volkslied Verbreitung, das Publizität finden soll, muß also solchen Laien in irgend einer Weise einen Anreiz zur Rezeption und Reproduktion bieten. Als einfachstes, als naheliegendstes Mittel, das Interesse möglicher Publikanten zu erlangen, bietet sich die direkte Aufforderung zur Rezeption an. Wie ein Redner gern mit der Bitte um die „geschätzte A u f m e r k s a m k e i t " seines Publikums seine Ausführungen beginnt, so verwenden auch zahlreiche Volkslieder Einleitungsfloskeln, Wendungen also, die sich auf wenige Grundelemente zurückführen lassen. So beginnen viele Lieder mit der formelhaften Ankündigung, man wolle nun singen oder anheben zu singen. Besonders gern wird solch eine Ankündigung als rhetorische Frage formuliert. Vor allem aber wird gern betont, daß es sich um ein neues Lied handeln wird. Publizistisch bedeutsam sind die Formeln aus einem ganz bestimmten G r u n d : besteht nämlich die erste Strophe weitgehend aus dem Hörer bereits vertrauten Elementen, so stehen ihrer Rezeption kaum Hemmnisse entgegen. Der H ö r e r folgt dem Sänger willig auf dem schon vertrauten Weg, das Lied hat seine Aufmerksamkeit gefunden, und der erste Schritt zur Verbreitung der Aussage ist getan. Der Sinn aller Einleitungsarten ist offensichtlich publizistischer N a t u r : der H ö r e r wird zur Rezeption aufgefordert oder seine Neugier, sein Neuigkeitsbedürfnis soll angesprochen werden, man will ihm die A u f n a h m e des Liedes nahelegen und sie erleichtern und ihn mit dem Charakter des ganzen Liedes schon vertraut machen. Wenn nun auch eine Aussage die Aufmerksamkeit und das Interesse des Rezipienten gefunden hat, so wird er sie sich doch nur dann merken wollen, sie, und das ist entscheidend, nur dann auswendig lernen wollen, wenn sie ihm der damit verbundenen Mühe wert zu sein scheint. Ein Prosatext wäre es wohl kaum, wohl aber ein poetischer. Die gebundene Form gibt einem T e x t das G e p r ä g e des Kunstvollen, des Dichterischen, des Erhaltens- und Vortragenswerten. Was also liegt näher, als eine Aussage, die durch Publikanten verbreitet werden soll, zu einem Lied zu verschlüsseln? U n d wie die Wahl der L i e d f o r m so ist die der deutschen Hochsprache publizistisch zweckmäßig, denn sie macht die Aussage nicht nur reproduzierwürdig, sie macht sie auch verstehbar.
Jan M. Rahmelow
16 2. O b j e k t i v e
Prägnanz
Nicht alle an sich verstehbaren Lieder finden Publikanten, viele wohl nicht einmal Rezipienten. Offensichtlich stehen der Aufnahme eines Liedes selbst dann, wenn es einen Anreiz dazu bietet, noch immer psychische Hemmnisse entgegen. Solche Hemmnisse ergeben sich vor allem, wenn ein Lied zu kompliziert oder nicht klar genug ist. Ich habe in meiner Arbeit versucht, die Form als den elementaren Träger der Klarheit nachzuweisen. Es ging dabei nicht um die Klarheit der einzelnen Lieder, sondern nur um die der Gattung. Statistische Untersuchungen boten sich also gewissermaßen von selbst an; und so habe ich eine möglichst repräsentative Auswahl von 325 Versen der Sammlung Liliencrons „Deutsches Leben im Volkslied um 1530" auf bestimmte publizistisch relevante Formerscheinungen hin analysiert. Als hauptsächliche Ergebnisse möchte ich hier festhalten: Die Forderung nach Einfachheit und Klarheit der formalen Struktur erfüllt das Volkslied durch die fast ausnahmslose Verwendung von nur zwei Grundelementen zum Bau seiner Strophen: Reimpaar und Langzeilenpaar. Deutlich ist die Neigung des Volksliedes zu zweiteiligen Strophenformen sichtbar: ein Zweizeiler mag genügen ( 1 1 , 3 % ) , doch lieber wird er zum Vierzeiler verdoppelt ( 2 6 , 4 % ) , oft dieser noch zum Achtzeiler (17,0 %>). Wenn der eine oder andere Strophenteil noch eine Erweiterungszeile erhält, so stört das die Klarheit des Aufbaues noch nicht, der allerdings bei einer neuerlichen Verdoppelung zum Sechzehnzeiler unklar würde. Es ist also nicht verwunderlich, wenn sich weder in meinem Material noch im „Versmaß-Verzeichniß" F. M. Böhmes ein Sechzehnzeiler fand. Von der Variationsfähigkeit der Formen wird im Volkslied nur wenig Gebrauch gemacht, denn es muß seiner Form nach einfach sein. Anders könnte es nicht von Laien gesungen werden. Im Strophenbau erfüllt das Volkslied diese Forderung, indem es wenige Grundformen zu einer kurzen, überschaubaren Einheit zusammenfaßt. Auch der Volksliedvers wird einer ganzen Reihe von publizistisch relevanten Bedingungen nahezu optimal gerecht. Die freie Versfüllung vermeidet weitgehend eine die Verbreitung nur hemmende Verfremdung des Textes, indem sie eine annähernd ,normale' Wahl, Stellung und Betonung der Wörter erlaubt. Die gerade Anzahl der Hebungen macht den gesanglichen Vortrag möglich, denn das musikalische Metrum bildet bevorzugt Reihen gerader Taktzahl und sucht dabei, die Hebungen als H a u p t - und Nebenhebungen abzustufen, um so zu größeren Einheiten zu gelangen. Das Grundprinzip konnte schon an der Volksliedstrophe aufgezeigt werden: je zwei Einheiten werden zur nächst höheren zusammengefaßt. Dieser zweigliedrige Bau beginnt jedoch schon vor den Strophenteilen. So bilden Hebung und Senkung einen Takt, zwei Takte werden durch H a u p t - und Nebenhebung zusammengefaßt, je zwei der so entstandenen Einheiten bilden einen Vers, je zwei Verse fügen sich zu einem Reimpaar oder zu einer Langzeile zusammen, je zwei Langzeilen werden durch Kadenz und Reim aufeinander bezogen, und selbst in den längeren Strophen zeigt sich zweiteiliger Bau: erste Hälfte, zweite H ä l f t e .
Das Volkslied als publizistisches M e d i u m und historische Quelle
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Die Forderung nach Klarheit bezieht sich natürlich auch auf die sprachlich-formale Struktur, das heißt: auf die syntaktische Gliederung des Textes und ihr Verhältnis zur metrischen. Die statistische Untersuchung meines Materials ergab eine verblüffend deutliche Entsprechung von Metrum und Satzbau. Da die Form des Volksliedes einfach ist und sich der Text in seiner Struktur eng an sie anlehnt, ist auch er notwendig einfach. Aus dieser Einfachheit von Form und Stil und aus der Kürze ihrer Grundelemente gewinnt das Volkslied jene Klarheit, die als eine der Voraussetzungen objektiver Prägnanz seine Verbreitung unter Laien möglich macht und so seiner Publizität dient. Die andere der Voraussetzungen objektiver Prägnanz ist, so hatten wir gesagt, die Anschaulichkeit der Lieder, wie sie aus ihrer Lebendigkeit, aus ihrem konkreten Gegenstand, aus konkreter Darstellung hervorgehen mag. Befördert werden kann sie durch bestimmte der propagandistischen Aussageweisen': Vereinfachung, Verallgemeinerung, Antithetik und auch Wiederholung. Durch namentliche Benennung, durch weitgehende Vermeidung des Pronomens an markanter Stelle, durch Bevorzugung des Singulars, vertrauter Worte und konkreter Begriffe, durch Konkretisierung des Abstrakten, durch Verwendung nur der gängigen Komposita und durch vorzüglich verbalen Stil — durch alle diese Mittel der Wortwahl versteht es das Volkslied, anschaulich zu schildern. Deutlicher als diese Stilmittel zeigt ein weiteres, daß es dem Volkslied nicht eigentlich um ästhetische oder künstlerische Wirkungen zu tun ist, sondern nur um publizistische. Ich denke an den Dialog, der streng genommen als dramatisches Element in der Lyrik keinen Platz hat. Ich möchte annehmen, daß in einer auf Publizität gerichteten Aussage jedes Mittel, gleich welcher der Gattungen es entnommen sein mag, seinen Platz findet, sofern es nur der Verbreitung dienstbar gemacht werden kann. So haben der Dialog und die überaus häufigen direkten Reden Eingang in so viele Volkslieder finden können. Sie befördern eben Anschaulichkeit und Lebhaftigkeit der Lieder. Anschaulichkeit des Inhaltes ist Grundvoraussetzung für die unwillkürliche, passive, die reaktive Aufmerksamkeit des Rezipienten. Der Inhalt muß objektiv prägnant sein, es dürfen also nur leicht vorzustellende Gegenstände verwandt werden, die sich gut lokalisieren lassen, sich von einer einfachen Umgebung klar abheben. In der Tat kommt ein Volkslied gewöhnlich mit einer recht geringen Anzahl von durchweg gut vorstellbaren Gegenständen aus. Gemütsregungen schließlich werden nicht durch Abstrakta, sondern durch die Wiedergabe ihres äußeren Erscheinungsbildes dargestellt. Im Gegensatz zu diesem nachgerade literarischen Mittel der Veranschaulichung sind Vereinfachung und Antithetik — beide dem Volkslied nicht unbekannt — im Grunde rein propagandistische Aussagetechniken. Die Art, in der einige Lieder der Sammlung Liliencrons von den Türken sprechen, ist vielleicht nicht die einer Doktrinären' und totalitären Publizistik, aber sie beruht doch auf Vereinfachung: dort der türkische Hund, der Mann und Weib „darzu das kindlein in muter leib" ersticht, der Kindlein auf Spieße steckt, Frauen und Jungfrauen vergewaltigt und die Ernte vernichtet — hier aber die Christen, die er — wenn sie auch, wie oft 2
J a h r b u d i f. V o l k s l i e d f o r s c h u n g X I V
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beklagt wird, uneins und schlecht gerüstet sind — doch nicht zu besiegen vermag, weil sie gute Hauptleute und Landsknechte haben und Gott ihnen beisteht. Der Türke dagegen ist mit dem Teufel im Bunde. So stehen Gott und die Christen dem Teufel und den Türken gegenüber. Zwar ist solch eine Antithese für diese Lieder wahrscheinlich „kein bewußtes Stilmittel, sondern meist Ausdruck für tatsächlich vorhandene Gegensätze" (F. Jacobsohn). Hier aber macht sich das Gesetz der Kontrastverstärkung geltend: Das negative Urteil gegenüber den Türken wird verstärkt durch das positive gegenüber den eigenen Soldaten, und somit wird letztlich das Gefühl des Hasses gegenüber den Türken verstärkt. Dieser H a ß verlangt einfach die Typisierung, da es sehr viel leichter fällt, einen schlichtweg bösen Feind zu hassen als einen, von dem man sich eine differenzierte Vorstellung machen kann. Die Türkenlieder wirken also durchaus propagandistisch, indem sie den Türken als solch einen schlichtweg bösen Feind darstellen. Die meinungsbildende Kraft propagandistischer Aussagen soll jedoch nicht überschätzt werden, wie man sich überhaupt vor einer Dämonisierung der Propaganda hüten muß. Selbst eine Aussage, die im weitesten Sinne objektiv prägnant ist, die sich aller genannten Mittel auf das Vortrefflichste zu bedienen weiß, kann ohne Wirkung auf ihre Rezipienten bleiben, wenn sie nicht deren Erwartungen und Bedürfnissen entgegen kommt. 3. S u b j e k t i v e
Prägnanz
Die Wirkung einer publizistischen Aussage und die Aufmerksamkeit, die sie findet, sind außer von ihrer objektiven Prägnanz, also von ihrer Klarheit und Anschaulichkeit, auch von ihrer subjektiven Prägnanz abhängig. So muß ein Lied, damit es Volkslied werden kann, in vermutlich weit stärkerem Maße als jede andere Form der Publizistik dem Bedürfnis des Rezipienten nach Selbstaussage gerecht werden können. Es dient dabei — und zwar vornehmlich jugendlichen Sängern — nach einem Ausdruck W. Simons zum „Abreagieren der Eigenstimmung". Das Anempfinden eines Liedes, ob man es nun Identifikation nennt oder nicht, wird möglich, wie sich aus den Untersuchungen K. Hamburgers herleiten läßt, aufgrund der lyrischen Form, die also publizistisch wirkt: Indem an die Stelle des lyrischen Ich bis zu einem gewissen Grade das des jeweiligen Sängers treten kann, erhöht sich für diesen der Reiz, sich das Lied anzueignen, es zur Befriedigung seines Bedürfnisses nach Selbstaussage in seinen persönlichen Gebrauch zu nehmen und schließlich zu seinem Publikanten zu werden. Da wir von Laien nun nicht erwarten werden, daß sie sich jeweils genau zu ihrer Stimmung passend ein Lied selbst dichten und komponieren oder eine Unzahl von fertigen Liedern gleichsam für den Bedarfsfall abrufbereit in sich tragen, müssen wir von einem Volkslied verlangen, daß es zu möglichst vielen verschiedenen Eigenstimmungen als passend empfunden werden kann. Das Lied „So ein Tag, so wunderschön wie heute" ist ein schönes Beispiel aus unseren Tagen für die nahezu universelle Verwendbarkeit mancher Lieder.
D a s V o l k s l i e d als publizistisches M e d i u m u n d historische Q u e l l e
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Eine gewisse Unbestimmtheit und Vieldeutigkeit der Aussage begünstigen die Projektion. D a z u eignet sich eben nur, was nicht allzu deutlich konturiert ist, was nicht zu sehr auf eine bestimmte Situation bezogen ist. Die Projektion sucht, objektive Prägnanz durch subjektive zu ersetzen, eigentlich ist sie ein Feind der Anschaulichkeit. Es ist gesagt worden, das Volkslied vermöge „die feine Individualisierung und die psychologische Mannigfaltigkeit der Kunstlyrik nicht zu erreichen", es begnüge sich, „in uns eine allgemeinmenschliche Empfindung anzuschlagen" ( J . E. Wackerneil). Die Auffassung des Volksliedes als publizistische Aussage erlaubt uns, das hier angesprochene Phänomen anders zu deuten: Die Typisierung ergibt sich nicht aus der Unfähigkeit des Volkslieddichters, sondern aus der N o t wendigkeit, Publikanten für sein Lied zu finden. Identifikation und Projektion bringen dem Rezipienten das Wahrgenommene nahe, und darin kann eine Gefahr für die Publizität der Aussage liegen: sie können ihm das Wahrgenommene leicht auch zu nahe bringen. Für ein Lied, das als Volkslied Verbreitung sucht, ergibt sich also die Notwendigkeit, Distanz zu schaffen. Wodurch kann diese Distanz beim Volkslied erreicht werden? Zunächst einmal hat schon die Verssprache die Neigung, aus einem Tatsachenbericht eine unterhaltsame, kunstvolle Erzählung zu machen. Entscheidender ist jedoch die Distanz, die sich aus der Fiktivität der Liederinhalte ergibt. Sie ist schon in der Präsentation als Gedicht begründet. K . H a m b u r g e r hat nun eine Diskrepanz zwischen der lyrischen und der episch fiktionalen H a l t u n g bei der Ballade festgestellt. Die dichtungstheoretische Würdigung dieses Phänomens lag natürlich weit außerhalb des Rahmens meiner Arbeit, doch hatte ich mich zu fragen, ob die Verquickung des Lyrischen mit dem episch Fiktionalen der Publizität der Volksliedballaden förderlich ist. Tatsächlich entspricht dieser Verquickung auf Seiten des Rezipienten die ganz entsprechende zweier Bedürfnisse: zum einen sucht er, wie wir schon sahen, Distanz, zum anderen aber empfindet er das Bedürfnis nach Realität des Stoffes. D i e Ballade vermag dank ihrer Zwitternatur beiden Ansprüchen in gleich hohem Maße gerecht zu werden: Sie bietet epische Fiktion und ein lyrisches, also wirkliches Aussage-Ich, das sich überdies in A n f a n g - und Schlußstrophen gern als Erzähler vorstellt, die Wirklichkeit des Ausgesagten offensichtlich hervorheben soll. Oder auch: D i e B a l l a d e präsentiert sich als Gedicht, als Kunst, die als nicht real empfunden wird, und handelt zugleich von realen Aussageobjekten. D a s p a r a d o x e Verhältnis der Ballade zu Realität und Fiktion macht ihre publizistische Bedeutsamkeit aus, da sie so nicht weniger paradoxen Bedürfnissen der Rezipienten entsprechen kann. Überhaupt lassen sich viele der P a r a d o x a , die immer wieder von Untersuchungen des Volksliedstiles zu T a g e gefördert worden sind, durch einen Blick auf die Bedürfnisse des Rezipienten leicht erklären. Viele Widersprüche erklären sich ganz einfach aus dem Versuch des Volksliedes, eine Balance zwischen objektiver und subjektiver P r ä g n a n z herzustellen — eine B a lance, die statt von der Vermeidung der beiden Elemente von ihrer Verquickung ausgeht. Was ich der einfacheren Darstellung halber säuberlich zu scheiden versucht habe — subjektive und objektive Prägnanz — ist also vielfältig ineinander ver2»
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woben. Es soll dabei nicht verhehlt werden, d a ß eine philologische Betrachtung k a u m etwas anderes v e r m a g , als die Gegensätzlichkeit der Elemente a u f z u z e i g e n , d a ihr ein M a ß f ü r das erreichte Gleichgewicht zwischen ihnen fehlt. Dieses Gleichgewichts, dieses gegenseitigen Ausgleichs und E r g ä n z e n s muß m a n sich jedoch stets bewußt bleiben. F r a g l o s w ä r e es auch möglich, das Gegeneinander verschiedener T e n d e n z e n des Volksliedstiles auch als F o l g e des Zersingens zu unterpretieren. In dieser Sicht erscheint das L i e d als v o n H a u s aus o b j e k t i v p r ä g n a n t , und erst im Z u g e der U b e r lieferung machte sich subjektive P r ä g n a n z breit. E s bleibt jedoch zu klären, ob das Zersingen wirklich mit Recht ein C h a r a k t e r i s t i k u m des Volksliedes genannt w o r den ist. 4.
Reproduzierbarkeit
V o n einem L i e d , das unter L a i e n Verbreitung finden soll, hatten wir als Viertes verlangt, es müsse m e r k b a r sein, also jederzeit leicht u n d weitgehend lücken- und fehlerlos reproduziert werden können. Wohl jede der ungezählten A b h a n d l u n g e n über das V o l k s l i e d hat nun aber festgestellt, dies sei beim Volkslied g e r a d e nicht der F a l l : es w e r d e zersungen, umgedichtet, kontaminiert, sein Sinn w e r d e falsch verstanden u n d u m g e d e u t e t ; und all das sei, so w i r d v i e l f ä l t i g behauptet, g e r a d e das Bezeichnende des Volksliedes. O b m a n nun v o n einer Verderbnis oder v o n einer Verbesserung des Kunstliedes spricht oder v o n einem „ N e u b a u e n auf anderer E b e n e " (A. H ü b n e r ) , immer w i r d im Zersingen eine typische Erscheinung des V o l k s liedes u n d seiner Ü b e r l i e f e r u n g gesehen. D i e zersungene G e s t a l t eines Liedes gilt als das sicherste aller seiner Kennzeichen. W o wir jedoch nach der F u n k t i o n des Volksliedes als publizistischem M e d i u m fragen, k o m m t der beliebte Vergleich mit dem K u n s t l i e d ü b e r h a u p t nicht in Betracht, denn das K u n s t l i e d w i r d v o n berufsmäßigen Sängern v o r g e t r a g e n , die sich a u f g r u n d ihrer speziellen A u s b i l d u n g streng an den authentischen, an den originalen W o r t l a u t gebunden fühlen u n d ihre Lieder g a n z bewußt erlernen. Solch ein Sänger w i r d , w a n n immer er einer gedruckten (oder auch geschriebenen) F a s s u n g habhaft werden kann, diese seinem V o r t r a g z u g r u n d e legen. D a sich nun der eine Abdruck eines Kunstliedes nicht v o m anderen unterscheidet, können sich im K u n s t lied natürlich keine V a r i a n t e n herausbilden. D e r Druck ist in der T a t z u m eigentlichen Ü b e r l i e f e r u n g s t r ä g e r des Kunstliedes geworden. D i e T r e u e gedruckter Ü b e r lieferung mit der einer gedächtnismäßigen Weitergabe zu vergleichen, ist ein U n ding, weil solch ein Vergleich anachronistisch ist — zumindest f ü r eine Zeit ohne gedruckte Uberlieferung. E s ist also zu fragen, mit welchen anderen publizistischen Medien d a s V o l k s l i e d v o r dem Druck wirklich in K o n k u r r e n z l a g und ob es ihnen gegenüber die F o r d e rung nach möglichst genauer R e p r o d u k t i o n o p t i m a l erfüllte. Außer d e m V o l k s l i e d kennen wir als Medien der M u n d p u b l i z i s t i k hauptsächlich noch M y t h o s , Sage, L e gende, A n e k d o t e , Sprichwort u n d Gerücht. In einem überaus wichtigen P u n k t unterscheidet sich d a s L i e d v o n den anderen Medien mündlicher P u b l i z i s t i k : E s ist durch R e i m , M e t r u m u n d M e l o d i e gebunden, es setzt als einziges dieser M e d i e n nicht
D a s Volkslied als publizistisches Medium und historische Q u e l l e
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nur einen A k t des Behaltens, sondern auch einen A k t des Lernens voraus. D i e anderen dieser Medien sind nach einem Ausdruck W. H a g e m a n n s „gestaltlose Publizistik". Für das Volkslied als publizistisches Medium ist, solange es keine Zeitungen gibt, nicht das Zersingen typisch, sondern dessen Gegenteil, die Bewahrung eines bestimmten Wortlautes. H i e r f ü r stehen dem Volkslied ganz bestimmte Mittel zur Verfügung, deren wichtigste im Folgenden näher aufgeführt werden sollen. Soll ein Text möglichst genau wiedergegeben werden können, so muß er in seinem Fortgang weitgehend festgelegt sein. Vor allem ein fester Erzählrahmen schützt v o r Veränderungen. D a r i n liegt zweifellos eine besondere Stärke der Ballade. Ein Lied, das seine Aufmerksamkeit eigentlich nur auf die Knotenpunkte der H a n d l u n g wendet, muß notwendig v o m Handlungsablauf her leicht rekonstruiert werden können. D a f ü r ein Beispiel: Der gesamte inhaltliche A u f b a u des Liedes v o m „ H e r r n von Falkenstein" läßt sich auf wenige Punkte zurückführen, deren Abfolge v o m Handlungsverlauf und von „dramaturgischen" Notwendigkeiten bestimmt ist; eine nähere Betrachtung dieses Liedes zeigt, daß die so oft bemerkte Sprunghaftigkeit des Volksliedes nicht unbedingt ein Ergebnis des Zersingens sein muß, sondern für die Dramaturgie und die Merkbarkeit des Liedes einfach notwendig ist. Wo nun die Fixierung des Textes durch den Ablauf der H a n d l u n g versagt, steht dem Volkslied noch eine andere Möglichkeit der Fixierung zur V e r f ü g u n g : der Reim und das Metrum. Die Vorliebe des Mittelalters für gebundene Rede erklärt sich nicht zuletzt aus der Funktion des Reimes und des Metrums als Binde- und Fixierungsmittel. So werden die Möglichkeiten der Wortwahl im Lied stärker eingeschränkt als in der Prosa, somit auch die der Wortveränderung. Reim und Metrum sind notwendig für die Publizität der Aussage, insbesondere für ihre Merk- und Reproduzierbarkeit — doch ästhetischen Anforderungen brauchen sie dabei nicht zu genügen. N u n ließe sich sagen, gerade der Reim störe den Zusammenhang der Aussage, d a er das Ende der Zeile ohrenfällig mache. Diese Tendenz verstärkt sich noch beim Volkslied dadurch, daß Vers und S a t z gern gemeinsam enden. Es ist jetzt also nach den Möglichkeiten des Volksliedes zu fragen, solch einen metrisch-syntaktischen Einschnitt zu überbrücken, die isolierten Glieder einander zu verbinden. In etlichen Fällen kann der Reim auch diese Verknüpfung noch besorgen, häufig aber versagt er als Verknüpfungsmittel. Doch an seine Stelle können dann inhaltliche Verknüpfungsmittel treten — so etwa die beliebten Wiederaufnahmen ganzer Verse, die Antworten auf echte und rhetorische Fragen, die inhaltliche Verzahnung. D i e Verknüpfung zweier Strophen durch einfache Wiederholung eines oder mehrerer Worte wird auch in solchen Liedern angewandt, die sonst die Anapher nicht kennen. Sie zu einem bewußt gebrauchten Kunstmittel aufzuwerten, wäre ebenso ungerechtfertigt wie der Versuch, sie als Zeichen der Unfähigkeit abzuwerten, denn sie hat eine ganz bestimmte, eben eine publizistische Funktion: sie soll den Text reproduzierbar machen, indem sie Unverbundenes verbindet. Eine wesentliche Rolle spielt hierbei auch der formale Ablauf der Lieder, dem sich der T e x t fügen muß, da dieser Ablauf stets unabhängig von einem bestimmten
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Wortlaut merkbar ist. Eine Melodie läßt sich bekanntlich auch summen oder pfeifen, und es bedarf dazu einer entschieden geringeren Gedächtnisleistung als zum auswendigen Rezitieren eines Gedichtes, welches wiederum leichter fällt als die wortgetreue Reproduktion eines Prosatextes. Mit der verhältnismäßig einfach zu erlernenden Melodie wird nun der Text assoziativ verknüpft. Es zeigt sich, daß die assoziative Verknüpfung, von der gesagt werden konnte, sie ermögliche die genaue Reproduktion des Textes, diese auch wieder verhindern kann. Ganz wie die formale wirkt oft die stoffliche Analogie; so kann beispielsweise allgemeine Stimmungsgleichheit, „eine Ubereinstimmung in einem hervorstechenden Wort, einer prägnanten Formel, die Ähnlichkeit eines ganzen Verses", die „Ähnlichkeit inhaltlicher Motive, manchmal auch einfach die gleiche Lage von Stoff und Stimmung" (A. Hübner) zur Verquickung verschiedener Lieder führen. So muß die viel gerühmte Sprunghafligkeit der Volkslieder wenigstens zu einem Teil auf das Wirken der unkontrollierten Assoziation zurückgeführt werden. Kontamination und Zersingen stellen also einen Grenzwert der Volksliedpublizistik dar. Sie sind Ausnahmeerscheinungen, die typisch allenfalls für das Gerücht sind. Wenn sie uns dennoch auch im Volkslied begegnen, so nur, weil Gerücht und Lied als Formen mündlicher Publizistik einander notgedrungen nicht ganz unähnlich sein können. Zwiespältig wie die assoziative Merkbarkeit der Lieder ist auch die aufgrund ihrer Vertrautheit oder zumindest der Vertrautheit ihrer Elemente, ihrer Formeln etwa. Verwenden mehrere Lieder gleiche Formeln, so befördert das unzweifelhaft deren Kontamination — aber die Formel macht die Lieder auch für sich merkbar, weil sie ihnen den Charakter des Vertrauten und Bekannten gibt. Die Vertrautheit von Form, Inhalt und Stil der Volkslieder erleichtert also deren Reproduktion, der auch die assoziative Verknüpfung und die Fixierung durch Reim, Metrum und Melodie dienen. Die so erreichte Merk- und Reproduzierbarkeit der Lieder bewirkt im Verein mit ihrer zugleich objektiven und subjektiven Prägnanz und mit ihrem Anreiz für die Rezipienten die Publizität des Volksliedes, das somit die erste Voraussetzung aller publizistischen Medien erfüllt: Das Volkslied ist öffentlich, es hat Publizität. — Anders formuliert: Die publizistische Natur des Volksliedes erklärt unschwer die Eigentümlichkeiten seines Stils und seiner Form. Beide sind von den besonderen Bedingungen der Verbreitung unter Laien geprägt.
Volkslied
als
Quelle
Es mag hier genügen, meine Überlegungen zum historiographischen Wert des Volksliedes nur in allgemeinen Zügen darzulegen. Ich bin dabei vor allem von der Annahme ausgegangen, daß der vielen Volksliedern zugrunde liegende historische Tatbestand ganz bestimmten, nahezu gesetzmäßigen Umwandlungen in der mündlichen Überlieferung unterworfen ist. So erscheint das jeweilige Ereignis gleichsam in einem Zerrspiegel. Wissen wir nun, in welcher Weise dieser Spiegel verzerrt, so können wir uns vielleicht ein ungefähres Bild vom gespiegelten Objekt machen. Tätsächlich zeigen viele Lieder ganz und gar typische Verzerrungen, die uns Aufschluß über die Beschaffenheit des Spiegels geben können: Immer dort, wo ein
D a s Volkslied als publizistisches Medium und historische Q u e l l e
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Volkslied von lang zurückliegenden Ereignissen berichtet, müssen wir damit rechnen, daß es die Zusammenhänge erst nachträglich erklärt, daß es ebenso nachträglich verschiedene Einzelfakten verknüpft hat. D a s Volkslied, das ja unterhaltend und poetisch sein muß, um verbreitet werden zu können, folgt allerdings auch sonst anderen Gesetzen als ein nur der Wahrheit verpflichteter Bericht. Es ist zugleich immer auch Dichtung und Unterhaltung, und so hat die Erfindung in ihm einen festen Platz. Bei der Verquickung von Poesie und Geschichte lassen sich zwei Tendenzen bemerken, die dem Volkslied, dem Epos und auch der Sage eigen sind. So kann einmal „primäre Poesie erst sekundär historisiert" werden, zum anderen kommt es häufig zu einer „Poetisierung der Historiographie" (D. von K r a l i k ) . „ D a s Volkslied ist typisch", hat H . Mersmann im Hinblick auf die Melodie festgestellt. T y p i k kennzeichnet aber auch die Sprache, den Aufbau, die Personen und die Motive der Volkslieder in großem U m f a n g e . Die hier als die wichtigsten herausgegriffenen Tendenzen der Volksliedüberlieferung — Verbindung, Poetisierung, Historisierung und Typisierung — lassen sich mit einigem Feingefühl auch im Einzellied, in der einzelnen Fassung eines Liedes feststellen. D a s verlangt jedoch, stets die größte denkbare Entstellung anzunehmen, so daß sich häufig über den historischen Kern eines Volksliedes nur sehr wenig wird sagen lassen. Natürlich mußte in diesem Zusammenhang auch nach Aussagevermögen und Aussagewille des Urhebers der publizistischen Aussage — des Publikators — gefragt werden. Es erscheint als nicht gänzlich unmöglich, sich wenigstens ein annäherndes Bild von den Publikatoren der Volkslieder zu machen. Es sind dies mit aller Wahrscheinlichkeit im Gegensatz zu den Publikanten keine Laien, sondern ,Meister' ihres Faches, musikalisch und literarisch besonders gebildete Spielleute und — um diesen modernen Ausdruck anachronistisch zu verwenden — nicht weniger gebildete ,freischaffende Künstler' verschiedensten Standes. Ihnen allen darf man eine gewisse Intelligenz, ein gewisses Urteilsvermögen, einige Zuverlässigkeit und einen durchaus beachtlichen Bildungsgrad nicht rundweg absprechen. Den Bedürfnissen der Rezipienten entsprechend sind drei verschiedene Intentionen des Publikators anzunehmen: Information, Beeinflussung und Unterhaltung. Jeder dieser Intentionen liegt ein spezifisches Verhältnis zur Wahrheit zugrunde. D a s bedeutet, daß sich der Wille des Publikators, wahrheitsgemäß zu berichten, daran ermessen läßt, in welcher Gestalt er uns entgegentritt — als Journalist, Propagandist oder Feuilletonist, wenn diese Übertragung moderner Termini gestattet ist. P r o p a g a n d a , das heißt: Publizistik mit dem Ziel der Meinungs- und Willensbildung, ist im Gegensatz zur Information auch dem Mittelalter nicht f r e m d ; ja, diese Form der Publizistik mag sogar bezeichnend für die Welt des ,ordo' sein. Sie dient den Interessen der Gemeinschaft, dient ihrer Erhaltung, formiert die Gesellschaft. Besonders die Kirche hat sich im Mittelalter gern publizistisch-propagandistischer Mittel bedient, so neben dem Lied auch der bildenden Kunst, die nach A. T i m m nicht Kenner und Liebhaber ansprechen sollte — „sondern wie bereits in der Frühzeit der Menschheit vermittelt das Bild in zuweilen fast suggestiver Wirkung allen Eindrücke und Erkenntnisse". Auch das Lied hat für die Kirche gewiß nicht rein
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ästhetischen, vielmehr vorwiegend publizistischen Wert gehabt. Neben den Meinungs- und Berichtsliedern stehen die ,Unterhaltungslieder', wie man die große Masse der Volkslieder, der wirklich von Laien gesungenen Lieder, wohl bezeichnen müßte. Wir stellen zwei Tendenzen in der publizistischen Unterhaltung fest. In integrierten Gesellschaften dient sie deren Festigung und Selbstbestätigung wie auch ihrer Tradition. In einer desintegrierten Gesellschaft dagegen kann, wie am Beispiel des Spätmittelalters zu sehen, die Unterhaltung zum Vehikel der Propaganda werden, kann versuchen, Neues im Gewände des Alten zu verbreiten. Von einer Meinungs b i 1 d u n g durch das Volkslied zu sprechen, verbietet sich allerdings durch die N a t u r der in ihm zum Ausdruck kommenden Stereotype. Diese Stereotype machen nicht neue Meinungen, sondern sie verstärken nur schon vorhandene. Meinungsäußerungen im Volkslied sind also nicht wie die in der modernen Publizistik als Individual-Aussagen zu verstehen. Aber Volkslieder können Quelle f ü r bestimmte Inhalte der öffentlichen Meinung sein. Allerdings werden wir uns hüten müssen, diese ,öffentliche Meinung' als Meinung des ,Volkes' in seiner Gesamtheit anzusehen. Wir können immer nur die Verteilung bestimmter (im Spätmittelalter und in der beginnenden Neuzeit ständisch gebundener) Gruppenmeinungen innerhalb der Gruppe der Laien anhand von Volksliedern feststellen. Volkslieder können uns also von bestimmten historischen Ereignissen ebenso Auskunft geben wie von den Meinungen der Laien bestimmter Zeiten. Im einen Fall werden wir mit einer Reihe von dem Volkslied eigentümlichen Entstellungen geschichtlicher Wahrheit zu rechnen haben, im andern müssen wir uns bewußt bleiben, nur einen deutlich begrenzten Ausschnitt aus der Fülle der Meinungen erfassen zu können.
Die
Funktion
des
Volksliedes
Welches nun ist die Funktion des Volksliedes? Es ist die der I n f o r m a t i o n ' über Bestehendes, das es nur tradiert, und es ist die der Meinungsäußerung über das der Gegenwart Nahe — und zwar auch dort, wo sich beide Funktionen als Unterhaltung präsentieren. Nicht aber ist die Funktion des Volksliedes, über das der Gegenwart Neue zu informieren. Im Laufe seiner Entwicklung nun erlebte das Volkslied eine Phase, in der es vorübergehend als optimales, als in hohem Maße adäquates publizistisches Medium wirksam sein konnte. Dies war die Zeit des Spätmittelalters, eine Zeit, in der das Volkslied beinahe konkurrenzlos zum Träger von gruppenbedingten Meinungen werden konnte. Zuvor — im Mittelalter — hatte das Volkslied, wiewohl auch zum Träger der Tradition geeignet, nur beschränkt als Medium in Erscheinung treten können, widerstand dem doch die Kirche, in deren Augen das Volkslied Traditionen weitertrug, die sich der festgefügten mittelalterlichen Welt nicht hätten einfügen lassen. Andere Medien erlebten in dieser Zeit Höhepunkte ihrer publizistisch-propagandistischen Wirksamkeit: neben dem Altarbild das liturgisch-geistliche Lied, um nur zwei Beispiele zu nennen. Mit dem schon in der frühen Neuzeit einsetzenden Wandel
Das Volkslied als publizistisches Medium und historische Quelle
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der Aktualität, die mehr und mehr zeitlich verstanden wird, geht dann die spätmittelalterliche Blütezeit der Volkslieder allmählich ihrem Ende zu. D e m nun bald sich kräftig regenden Neuigkeitsbedürfnis kann das Volkslied nicht mehr genüge tun. U n d so treten denn auch gerade im 16. Jahrhundert andere Medien neben das Volkslied. D a s Volkslied aber, v o n den beweglicheren Publikationsmitteln langsam in den Schatten gedrängt, behält seine alte Funktion getreulich bei und bleibt noch bis ins 20. Jahrhundert ein publizistisches Medium, das scheinbar dem persönlichen Ausdruck, meist in Wirklichkeit aber dem einer Gruppe dient. W o der Neuigkeitshunger noch nicht an die Stelle der Aktualität nach Interessenkreisen getreten ist, w o z u d e m lieber gehört und gesungen als gelesen und geschrieben w i r d und schließlich: immer dort, w o sich eine festgefügte Gruppe findet, da wirkt das Volkslied seiner Funktion gemäß — und unbeschadet aller Fortentwicklung der Publizistik — auch weiterhin als publizistisches M e d i u m und w i r d uns auch weiterhin Quelle sein können.
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26
J a n M. Rahmelow
Liliencron, Rochus Frhr. von, Deutsches Leben im Volkslied um 1530. Berlin, Stuttgart, Spemann, [1885] (Deutsche National-Litteratur, 13). Maletzke, Gerhard, Psychologie der Massenkommunikation. Theorie und Systematik. H a m b u r g , Verl. H a n s Bredow-Inst., (1963). N a u m a n n , Hans, Grundzüge der deutschen Volkskunde, 2. Aufl. Leipzig 1929. Pohl, Gerhard, Der Strophenbau im deutschen Volkslied. Berlin, Mayer & Müller, 1921 (Palaestra, 136). Scherer, Wilhelm, Geschichte der deutschen Literatur. 12.—16. Aufl. Berlin, Weidmann, 1910/1927. Timm, Albrecht, Das Bild ah publizistisches Mittel vor der Verbreitung des Buchdrucks. I n : Publizistik 1 (1956) S. 274—278. Timm, Albrecht, Zur Entwicklung der Publizistik im Spätmittelalter. I n : Forschungen u. Fortschritte 29 (Berlin 1955) H . 9, S. 263—265. Wackerneil, J [ o s e f ] E [ d u a r d ] , Das deutsche Volkslied. Ein Vortrag, gehalten im deutschen Sprachverein zu Innsbruck am 7. J a n u a r 1889. H a r b u r g , Verlagsanst. u. Druckerei AG. 1890 (Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge, N F 5, 106).
Enjambement im Volkslied1 V o n D I E T Z - R Ü D I G E R M O S E R (Freiburg i. Br.) I n der B a l l a d e Vom
eifersüchtigen
Knaben,
die J o h a n n W o l f g a n g v o n G o e t h e
auf seiner im Frühjahr 1771 u n t e r n o m m e n e n Reise durch das Elsaß 2 aus d e m M u n d e „der ältesten Müttergens" 3 neben elf anderen V o l k s l i e d e r n ,
vornehmlich
erzählenden Stücken, a u f n e h m e n konnte, findet sich f o l g e n d e Strophe 4 : So gehts wenn ein Maidel zwey Knaben lieb hat, Tuht wunder selten gut. Das haben wir beyde erfahren was Falsche Liebe thut. D i e beiden darin enthaltenen Schlußzeilen sind v o n der Forschung nicht u n b e m e r k t geblieben. So w o l l t e Ernst Martin, der Herausgeber der Ephemerides lieder 1
2
3
4
5
von Goethe5
und
Volks-
aus der „falschen A b t e i l u n g " der v o r l e t z t e n Zeile ( w a s / Falsche
Die Anregung zu dieser Untersuchung verdanke ich H e r r n Professor Dr. Johannes Künzig, Freiburg i. Br., der als erster auf das Problem aufmerksam wurde. Für die liebenswürdig erteilte Genehmigung zur Benutzung seiner Sammlungen bin ich ihm sehr verpflichtet. Die Lieder stammen wahrscheinlich aus Sesenheim, wo Goethe 1771 fünf Wochen lang das elsässische Volksleben kennenlernen konnte, und wo man sich später noch gut an ihn erinnerte. Vgl. J. Künzig, Das Volkslied im Elsaß, in: Oberrheinische H e i m a t = Badische H e i m a t 27, Freiburg 1940, S. 461 f.; J. Müller-Blattau, Das elsässische Volkslied, in: Deutsches Archiv f ü r Landes- und Volksforschung I, 1937, S. 421 f.; ders., Es stehen drei Sterne am Himmel. Die Volksliedsammlung des jungen Goethe, Kassel und Basel 1955, S. 7; ferner Sr. M a r y Coronata, Parallels to Goethes „Elsässische Volkslieder", in: J A F 44 (1931) N o . 171, 43—53. Goethe im September 1771 an H e r d e r : „Ich habe noch aus Elsaß zwölf Lieder mitgebracht, die ich auf meinen Streiffereyen aus denen Kehlen der ältesten Müttergens aufgehascht habe. Ein Glück! denn ihre Enckel singen alle: ich liebte nur Ismenen." Vgl. M. Morris, Der junge Goethe, Bd. 2, Leipzig 1910, S. 22; H . J. Moser, Goethe und die Musik, Leipzig 1949, S. 15. Vgl. den Faksimile-Abdruck der Straßburger Goethe-Handschrift (heute im Besitz der Bibliothèque Nationale et Universitaire Strasbourg), in: L. Pinck, Volkslieder von Goethe, Saarbrücken 1935, S. 9—36, bes. S. 12. Auf die Weimarer Handschrift Goethes, die offensichtlich später entstanden ist als die Straßburger, ist A. Dieck im N a c h w o r t zu J. Müller-Blattau, Es stehen drei Sterne, a. a. O . S. 70 ff. ausführlich eingegangen. Stephan Ankenbrand, Der eifersüchtige Knabe, phil. Diss. Würzburg 1910 (im Buchhandel u. d. T. Ein modernes Volkslied, Würzburg 1911) hat Goethes Schreibweise nicht beachtet. Vgl. E. Martin (Hrsg.), Ephemerides und Volkslieder von Goethe, Heilbronn 1883, (Deutsche Literaturdenkmale des 18. und 19. Jahrhunderts, in Neudrucken hrsg. v. B. Seuffert, Bd. 14), S. X V I .
28
Dietz-Rüdiger Moser
Liebe thut) schließen, daß Goethe seinen Text offensichtlich nach einer schriftlichen Vorlage, einem bereits vorhandenen Liederbuch, notiert und nicht nach mündlichem Vortrag aufgeschrieben habe. Dem widersprach Louis Pinck 6 , der Sammler und Herausgeber der Lothringer Verklingenden Weisen, der die mündliche Überlieferung als erwiesen ansah, wenngleich er eine Nachlässigkeit Goethes nicht unbedingt ausschließen wollte: „Bei dem eiligen Nachschreiben, wie das bei der Liedaufnahme der Fall ist, wird auch Goethe nicht immer so genau auf Punktuation und Orthographie geachtet haben" 7 . Hier irrte Pinck, denn es läßt sich nachweisen, daß Goethe offensichtlich mit bemerkenswerter Zuverlässigkeit festhielt, was er aus dem Munde seiner Liedersängerinnen vernommen hatte: es handelt sich um den zwar seltenen, aber doch nicht einmaligen Fall eines Enjambements im Volkslied. Pinck befand sich auf dem richtigen Wege, wenn er meinte: „Auf den Worten falsche Liebe liegt der H a u p t t o n , sie enthalten das H a u p t m o t i v des Liedes, und dies wurde wohl auch in der Melodie, die Goethe hörte, und die man vor allem kennen müßte, zum Ausdruck gebracht. . . Eher, als aus der falschen Abteilung der in Frage stehenden Zeile auf einen Fehler Goethes zu schließen, wäre vielmehr eine möglichst getreue, musterhafte Aufnahme direkt aus dem Munde des Volksliedsängers anzuerkennen". Pinck, der den Verlust der von Goethe gehörten Melodie bedauerte, sah hier ganz richtig, was offenbar den Herausgebern des „Wunderhorns" von 1805/06 und allen darauf fußenden späteren Sammlern — die es f ü r richtig hielten zu glätten — entgangen war, daß eine fraglos von Goethe beabsichtigte Schreibweise vorlag. Welche Melodie zur Ballade vom eifersüchtigen Knaben hat Goethe gekannt? Nach Herder, dem sie durch Goethe übermittelt worden war, besaß sie „das Helle und Feierliche eines Abendgesanges, wie unterm Licht der Sterne" 8 . In J. G. Jacobis „Iris" von 1776 findet sich die älteste Melodieaufzeichnung (abgedruckt bei ErkBöhme, Nummer 48 a), die aber nicht „aus Jacobis Düsseldorfer Jugendtagen" stammen muß, wie noch Müller-Blattau annahm 9 , sondern nach Auffassung der Zeitgenossen erst kurze Zeit vor ihrer Veröffentlichung an Jacobi gelangt war 10 .
9
Vgl. L. Pinck a. a. O. S. 6 f. ' ib. 8 Vgl. J. Müller-Blattau, Musikalische Studien zu Herders Liedern ( N r . 3, Das Lied vom eifersüchtigen Knaben), in: Niederdeutsches Jb. f. Vkde. 22, Bremen 1947, S. 39 f. 9 Vgl. J. Müller-Blattau, Es stehen drei Sterne . . . a. a. O. S. 58. 10 So schreibt der Dessauer K a u f m a n n J o h a n n Steinacker in einem Brief an Friedrich Nicolai, den Herausgeber des Feynen kleynen Almanachs, unter dem 10. Juli 1776: „Hier, liebster Freund, haben Sie abermals einen Transport von Liedern, so viel ich vors erste habe auftreiben können. Ich höre indessen noch nicht auf zu sammeln und erwarte wirklich noch einige Bauern- und Jägerlieder, die ich dann sofort mitteilen werde. Das schöne Lied ,Es standen drei Sterne am H i m m e l ' hat uns die Iris weggeschnappt mitsamt der Melodie, vermutlich kommt es von H e r r n (Jacob Michael) Lenz dahinein, denn von eben demselben hatte es der Freund, der mirs kommunizieren wollte, u n d der sich ebensosehr als ich wunderte, es in der Iris zu finden". Vgl. A. Wirth, Alte Dessauer Volksliedsammler, in: D t . Jb. f. Vkde. 4, 1958, S. 469. Die Briefstelle bezieht sich auf den Abdruck der Ballade im f ü n f t e n Band der Iris, Berlin 1776, S. 134—136.
29
Enjambement im Volkslied
Doch war die Melodie vielleicht wirklich Zeitgut. Jedenfalls darf man schon aus dem gegenüber Goethes Manuskript stark abweichenden Text schließen, daß Jacobis Variante mit der von seinem Freund Goethe gehörten nicht identisch gewesen sein kann. Auch paßt Johann Friedrich Reichardts Notiz 1 1 im „Musikalischen Kunstmagazin" von 1778, daß die Melodie zur Ballade vom eifersüchtigen Knaben ein Jägerhornstück sei und ihre zweite Melodiezeile mit der dritten des Liedes vom jungen Grafen übereinstimme, nicht zu Jacobis Singweise. Reichardts Hinweis nahm Joseph Müller-Blattau zum Anlaß, in zwei Untersuchungen 12 die Frage nach Goethes Elsässer Melodie zu klären. Aber die von ihm rekonstruierte und anhand von Parallelaufzeichnungen aus dem Munde von Umsiedlern (aus der Ukraine und vom Schwarzen Meer) als wahrscheinlich bestätigte Melodie, die er in seiner Schrift „Es stehen drei Sterne am Himmel" unter N u m m e r 4 b mitteilte, kann, so verlockend seine Argumentation auch scheint, kaum die von Goethe gehörte Weise sein, denn kein Sänger würde an der Stelle
Gott
grüß
euch schönes Jung-fräu
— /ein,
wo
bind
ich mein Rös-se-tein
hin.
auf den Gedanken kommen, hier die Verszeile zu brechen, also das erwähnte Enjambement eintreten zu lassen. Das ist nun aber der Fall in zwei von Georg Schünemann mitgeteilten Wolgadeutschen Varianten der Ballade vom eifersüchtigen Knaben, die er von Siedlernachfahren aus der sibirischen Kolonie Gnadenreich und aus der Kolonie Herzog (Samara) gehört hatte. Hier heißt es13: 1 J.=60 Orig. E-Dur k
Was
hab
ich
er
-
fah
-
ren
von
dir,
dir 11
12
13
?
Reichardt kannte die Melodie aus der Iris mit Sicherheit, denn er stand mit dem Herausgeber J. G. Jacobi im Briefwechsel und sandte ihm im September desselben Jahres 1776 eine Abhandlung über den „Gesang der Mädchen" f ü r diese Zeitschrift. Vgl. W. Salmen, ]. Fr. Reichardt, Komponist, Schriftsteller, Kapellmeister und Verwaltungsbeamter der Goethezeit, Freiburg 1963, S. 229 f. Vgl. J. Müller-Blattau, Musikalische Studien . . . a. a. O. S. 39; ders., Es stehen drei Sterne . . . a. a. O. S. 7 ff. Vgl. G. Schünemann, Das Lied der deutschen Kolonisten in Rußland, München 1923, (Sammelbände f ü r vergl. Musikwiss. Bd. 3) S. 249, N r . 169, und S. 363, N r . 396.
30
Dietz-Rüdiger Moser
In der zweiten Aufzeichnung lautet die Eingangsstrophe: />=138
Drum
- ba - den,
— be - den,
dia
die
Pias
-
- sen
Pias
- sen
ins
ins
Fe/t,
Drum
Feit-
Natürlich könnte man diese noch durch die Pausen betonte Erscheinung als zufällig abtun, wenn sich f ü r das Enjambement, also den Zeilensprung von der dritten zur vierten Zeile in jeder Strophe dieser Ballade, keine weitere, unabhängig davon gemachte Aufzeichnung fände. N u n besitzen aber Johannes Künzig und Waltraut Werner in ihrem Freiburger Volkskunde-Tonarchiv zwei zu verschiedenen Zeiten gemachte Tonaufnahmen desselben Liedes, in denen der Zeilensprung ebenfalls auftritt, und zwar wieder in jeder der zahlreichen Strophen. Einmal wurde die Ballade 1958 von der liederreichen Sängerin Maria Wohn aus Rothammel an der Wolga (geboren 1908) 14 und ihrer Landsmännin Katharina Frank sogar zweistimmig gesungen, später, im Jahre 1963, sang Maria Wohn sie wie zur Bestätigung der Erscheinung erneut, ohne daß sich in dem entscheidenden Punkt Veränderungen ergeben hätten:
14
Eine Monographie von W a l t r a u t Werner über die Wolgadeutsche G e w ä h r s f r a u Maria Wohn befindet sich zur Zeit in Vorbereitung.
31
E n j a m b e m e n t im Volkslied
Die andere Aufnahme (ebenfalls von 1958) stammt aus dem Munde des Wolgadeutschen Sängers Reinhold Salzmann. Hier heißt es:
h
J
66 Ach
£ Schäf-ze/,
hab
ich
was
er
hab
ich
er
- fah
— ran
von
-
fah -
dir
-
-
Orig. A-Dur
ran,
?
Diese vier Belege dürften zur Genüge darlegen, daß es sich bei Goethes Aufzeichnung weder um einen Flüchtigkeitsfehler noch um die Abschrift aus einem Liederbuch gehandelt haben kann, sondern nur um authentische Wiedergabe des von ihm Gehörten, und zwar der gesungenen, nicht etwa nur der gesprochenen Ballade 15 . Alfred Diecks Annahme 16 , Goethe habe seine Niederschrift nach Sprechdiktat, nicht Gesangsvortrag, angefertigt, muß wohl zurückgewiesen werden: beim Sprechen wäre ein Enjambement dieser Art nicht nur unbegründet gewesen, sondern hätte vom H ö r e r gar nicht bewußt wahrgenommen werden können. N u n soll aber nicht behauptet werden, daß eines der vier eben genannten Beispiele mit Goethes im Elsaß gehörter Melodie völlig identisch sein muß. Weder finden wir in einer dieser untereinander sehr ähnlichen Weisen die von Herder gerühmte „Feierlichkeit", die übrigens nur auf langsame Temponahme beim Vortrag hindeutet, noch ist es gar ein Jägerhornstück, und von einer Ubereinstimmung der zweiten Liedzeile mit einer aus der Ballade vom jungen Grafen, die Reichardt bemerkte, ist ebenfalls keine Rede. Aber es läßt sich nicht übersehen, daß alle diese Varianten einen starken Umsingeprozeß durchgemacht haben, der schon früh, wahrscheinlich bereits im 18. Jahrhundert, vonstatten gegangen sein muß. Vergleicht man etwa die (ursprünglichere?) Lesart, die Erk-Böhme unter N u m m e r 4 8 d / 2 „aus Thüringen, Franken und Sachsen" mitteilen, mit der zuletzt gezeigten Fassung, die Reinhold Salzmann auf Tonband gesungen hat, so erklärt sich der Sachverhalt wie von selbst: die Kehrreimzeile („ja, ja im Walde" beziehungsweise „ju, ja, erfahren"), die sich hier noch als vierte Liedzeile findet, kommt durch den Wegfall der mit der Schlußzeile identischen zweiten Zeile nach vorn, wodurch
15
19
D a z u steht L. Pincks H i n w e i s (a. a. O . S. 6), d a ß wir es in Goethes S t r a ß b u r g e r M a n u skript „nicht mit der ersten, direkten Niederschrift zu t u n h a b e n " , nicht im Widerspruch. Vgl. A. Dieck, Zur Entstehung der Straßburger und der Weimarer Handschrift, a. a. O . S. 70 f.
32
Dietz-Rüdiger Moser
sich das Lied (nicht als Folge eines Gedankenprozesses, sondern als Ergebnis regelrechten Umsingens) in völlig veränderter Gestalt präsentiert. Das Enjambement ergibt sich dabei aus der Notwendigkeit, zwei silbenmäßig nicht mehr übereinstimmende Melodie- und Textzeilen wieder zur Deckung zu bringen 17 : die vierzeilige Form (oben mit kleinen Buchstaben a — b — c — d kenntlich gemacht) entsteht also aus der älteren fünfzeiligen mit der Form a — d — c — b — d'. Hier die noch fünfzeilige Variante Erk-Böhme N r . 48 d/2:
©
H v . — ^ i
ftY
9 Es
Als
Da
Sol
J
fr
kann
— da
fr
J
mich
wann
blü
fr
h
J
nichts
es
r~ß~-
m
P
J
.
fr
Schön - res
P
er -
j
r
-
freu
=
= g
der . Som
— mer
- hen
die
— sen
im
WaI -
— — ten
mar
W - schie - ren
ins
Feld.
Ro
*
f
an - - geht
;
Goethe muß demnach eine Melodie gekannt haben, die (wahrscheinlich in einem Zwischenstadium des Umsingevorganges) alle erwähnten Merkmale einschließlich des Enjambements besessen hat 18 . Aber welche das gewesen ist, läßt sich bei dem augenblicklichen Stand unserer Kenntnis nicht mit Gewißheit sagen.
17
18
Den Hinweis darauf, daß die Zeilen in den beiden Variantenkomplexen vertauscht sind, verdanke ich meinem Kollegen Dr. H . Braun, Freiburg i. Br. Sehr kennzeichnend f ü r diesen Umsingeprozeß ist die von Johannes Künzig, Lieder der badischen Soldaten, Leipzig 1927, S. 76, N r . 51, mitgeteilte Variante, die einem solchen Zwischenstadium entspricht:
9
Die
r Y Ro-sen, die blü-hcn im
—
Ta
I /e,
ß
n
n
* „Uzb wohl, du mein Schätzte, du
1 Hr Von Har-zen ga-fal-lest
fei - - nes, M
L
du
C
r
So/ - da — tan zie-hen
ju,
>*
- 1r
ins
1
Faid—.
.
t
ja
,
fei-nes,
,
mir, ja mir, von Her-zen ge-fal-ltsl
du
mir. "
Enjambement im Volkslied
33
Diese knappe E r ö r t e r u n g eines vorwiegend historisch interessanten Tatbestandes führt zu der grundsätzlich wichtigen Frage 1 9 , ob sich im deutschen Volkslied (für das außerdeutsche fehlt es noch an ausreichendem Vergleichsmaterial) Zeilen- oder Versbrechung als Stilmittel
findet, oder ob es sich bei den bisher bekannten zahlen-
mäßig geringen Beispielen nicht doch mehr oder weniger nur um Zufallserscheinungen handelt. G e w i ß bilden solche Fälle die Ausnahme, denn die M e t r i k des deutschen Volksliedes, die in größerem R a h m e n vornehmlich v o n O t t o Paul, einem Schüler A n d r e a s Heuslers, dargestellt w o r d e n ist 20 , verläuft allgemein in leicht überschaubaren
Ordnungen
einfacher und regelmäßiger
Verhältnisse —
nur im N o r m a l f a l l .
Wolfgang
Gebilde,
die aus vier vierhebigen Verszeilen mit
„vor
allem
Suppans richtige Feststellung 2 1 ,
daß
jedoch
strophische
unterschiedlichen
K a d e n z e n bestehende S t r o p h e " , im Volksgesang „weit v e r b r e i t e t " sind, läßt erkennen, d a ß es daneben auch andere Erscheinungen metrischer A r t im Volkslied gibt, für die systematische Untersuchungen noch fehlen. E i n e sinnvolle Betrachtung derartiger Sonderfälle w i r d durch das Fehlen grundbegrifflicher Voraussetzungen
19
Es bleibt zu bedauern, daß in den letzten Jahrzehnten die Zahl der systematisch orientierten Abhandlungen zur „Sadikunde" des Volksliedes im Gegensatz zu den in reicher Fülle vorliegenden Untersuchungen zu seiner Sammlung und Verbreitung sehr zurückgegangen ist. Das scheint um so bemerkenswerter, als bei der völlig geänderten Quellenlage, die sich aus der Nachprüfbarkeit von Aufzeichnungen anhand von Tonband und Sdiallplatte ergibt, mit den bis vor die Jahrhundertwende zurückreichenden Darstellungen älterer Autoren nicht mehr auszukommen ist. Diese Kritik bezieht sich vor allem auf das Gebiet der Volksliedmetrik und -rhythmik (s. u.).
20
Vgl. O. Paul, Deutsche Metrik, 3. Aufl. München 1950 (7. Aufl. von I. Glier, München 1968), §§ 125—138 (bzw. §§ 101—110). Das Werk war ursprünglich nur ein Auszug aus A. Heuslers Versgeschichte (s. Anm. 40), die selbst auch das Volkslied berücksichtigt, bringt aber in der stark überarbeiteten Fassung auch gegensätzliche neuere Ansichten zur Geltung. Eine gründliche Gesamtuntersuchung aller im Volksgesang vorkommenden metrischen Erscheinungen steht noch aus. In Vorbereitung befindet sich meine Studie Metrik, Sprachstruktur und Strophenbau des lebendigen Volksgesanges, die in Röhrich— Brednich—Suppans Handbuch des deutschen Volksliedes erscheinen wird. An Spezialdarstellungen seien erwähnt: E. Stolte, Metrische Studien über das deutsche Volkslied, in: Programm des Realgymnasiums zu Crefeld Nr. 430, ib. 1883; Rud. Hildebrand, Metrisches aus dem Kinderliede, in: Zs. für d. dt. Unterricht 3, 1889, N r . 1, S. 1—18; Gottlieb Brandsch, Zur Metrik der siebenbürgisch-deutschen Volksweisen, Beil. zum Programm des theologisdi-pädagogisdien Landeskirchenseminars in Hermannstadt für das Schuljahr 1904/05 (wichtige Arbeit!); K . Gusinde, Einiges über Rhythmus, Wort, Weise, in: Mitt. d. schles. Ges. f. Vkde. 7, 1905, Heft 13, S. 9 — 2 2 ; G. P. Jackson, The rhythmic form of the German folk-songs IV, in: Modern Philology 15, 1921—22, S. 7 9 — 1 0 3 ; G . P o h l , Der Strophenbau im deutschen Volkslied, Berlin 1921 (Palästra Nr. 136); O. Abraham, Tonometrische Untersuchungen an einem deutschen Volksliede, in: Psychologische Forschung, hrsg. v. Koffka, 4, 1923/24, S. 1 — 2 2 ; R . Schumacher, Vom Rhythmus und Metrum des deutschen Volksliedes, in: Die Tonkunst 37, 1933, S. 393 f., 422 f., 437 f.; E. Benary, Liedformen der deutschen Mystik im 14. und 15. Jahrh., phil. Diss. Greifswald 1938; K. Hoeber, Beiträge zur Kenntnis des Sprachgebrauchs im Volksliede, vornehmlich des 14. u. Ii. Jahrh., Berlin 1908; L. J . Scheithauer, Rhythmus und Volkslied, phil. Diss. Leipzig 1951 (1952).
21
Vgl. W. Suppan, Art. Volksgesang
3
Jahrbuch f. Volksliedforschung X I V
(usw.), in: M G G X I I I , 1966, Sp. 1931.
34
Dietz-Rüdiger Moser
erschwert: die Terminologien der hier ineinandergreifenden Disziplinen Sprachund Musikwissenschaft decken sich weitgehend nicht oder meinen doch, soweit die Begriffe einheitlich lauten, verschiedene Sachverhalte, was etwa von Heinrich H u s m a n n mit Recht getadelt worden ist 22 . Wenn Gottlieb Brandsch um die J a h r h u n d e r t w e n d e als H a u p t - „ M e t r a " im siebenbürgisch-deutschen u n d darüber hinaus im gesamten deutschen Volkslied die drei folgenden benannte (wobei der Accent aigu einen H a u p t - , der Accent grave einen Nebenschwerpunkt in der Betonung kenntlich machen sollte) 23 :
%-Takt
/ J J J 1 J JJJ
s -Takt
j ' j Ü JM /
l -Takt
J>JJ»
! 1 \ t 1 \ JJJ 1 JJJ
so hat eine derartige stark vereinheitlichende Darstellung, bei der die Identität von Sprachmetrum u n d musikalisch-rhythmischer Gliederung als selbstverständlich angenommen wurde 2 4 , bis heute unsere Vorstellung von den metrischen Eigenarten des Volksliedes fast ausschließlich geprägt. Will m a n aber einen tieferen Einblick in die Volksliedmetrik gewinnen, sind die Begriffe deutlich voneinander zu scheiden. M e t r u m bedeutet zunächst nicht viel mehr als ein Schema aus Längen u n d K ü r z e n der Silben 25 , R h y t h m u s dagegen die Verbindung von M e t r u m u n d A k z e n t . Für die regelmäßige Abfolge schwerer und leichter, also betonter und unbetonter Silben, hat sich der Begriff „ T a k t " durchgesetzt, und es gilt als Regel, d a ß im N o r m a l f a l l die Silbe oder N o t e , die unmittelbar auf den Taktstrich folgt, einen Betonungsschwerpunkt besitzt. M a n sieht, wie sich die Begriffe überschneiden: Brandsch be22
23 24
25
Vgl. H. Husmann, Einführung in die Musikwissenschaft, Heidelberg 1958, S. 154 f., der sich mit der Bedeutung der Begriffe „Hebung" und „Senkung" auseinandersetzt, die von der Germanistik im entgegengesetzten Sinn wie in der klassischen Philologie und in der Musikwissenschaft gebraucht werden: „Gewiß soll jede Wissenschaft ihre Begriffe unabhängig entwickeln, aber sie sollte es vermeiden, schon vorhandene Begriffe in anderem . . . Sinn zu verwenden". Vgl. G. Brandsch a. a. O. S. 43. Zum Problem der Terminologie in Bezug auf die Begriffe „Metrum" und „Rhythmus" vgl. C. Höweler, Zur internationalen Uniformität der Begriffe Metrum und Rhythmus, in: Bericht über den Intern, musikwiss. Kongreß Bamberg 1953, Kassel und Basel 1954, S. 47 ff., der unter Hinweis auf C. Sachs nachweist, daß allein der Rhythmusbegriff in etwa fünfzig verschiedenen Bedeutungen verwendet wird. Übersichtliche Zusammenstellungen der verschiedenen Auffassungen geben W. Dürr und W. Gerstenberg, Rhythmus-Metrum-Takt, in: MGG XI, 1963, Sp. 383 ff.; ferner ausgezeichnet F. Zaminer, Metrum, in: Riemann-Lexikon, 12. Aufl. Bd. 3, Sachteil, Mainz (Schott) 1967, S. 568. Da es sich beim Enjambement vorwiegend (aber s. u.!) um einen speziellen Terminus der Verslehre handelt, verwenden wir die Bezeichnung Metrum in der Weise, daß wir darunter gewöhnlich „die einem Vers als ganzem zugrunde liegende Versform" (Zaminer) verstehen. Vgl. H. J. Moser, Allgemeine Musiklehre, Berlin 1940 u. ö., S. 104.
Enjambement im Volkslied
35
zeichnete mit Metrum dieselben Erscheinungen, die wir als Rhythmus und T a k t kennen, die aber auch innerhalb der Verslehre besonders Andreas Heuslers und seiner Schüler mit diesen der Musik entlehnten Begriffen (Vers-Rhythmus, VersT a k t usw.) gekennzeichnet werden. Man darf aber nicht übersehen, daß die musikalische Rhythmik oft anderen Gesetzen unterliegt als die Versrhythmik, was sich zwar bei einfachen Formen nicht bemerkbar macht, aber bei komplizierteren schnell deutlich wird. Die landläufige Vorstellung, daß dem Volkslied ausschließlich die einfachsten metrischen und rhythmischen Sachverhalte zugrunde liegen, hält einer kritischen Betrachtung nicht mehr stand. Schon Gottlieb Brandsch hat darauf hingewiesen, daß wir in unseren Aufzeichnungen die „zahlreichen Abweichungen" von den uns geläufigen Schemata „bewußt oder noch öfter unbewußt korrigieren" und festgestellt, daß wir „die Volksweisen oft nicht in ihrer wirklichen metrischen Gestalt" notieren, sondern nur ein „Idealbild derselben" vorlegen 2 8 . „Es ist meine Überzeugung", schrieb Brandsch, „daß wir gerade durch die genaue Beobachtung der metrischen Eigentümlichkeiten des lebendigen Volksgesanges allein zu einer klaren Einsicht in den metrischen Bau der . . . Volksweisen gelangen". Diese genaue Beobachtung ist heute, nachdem die volkskundliche Feldforschung in den letzten Jahrzehnten reiches Volksliedmaterial auf Tonträgern gespeichert hat, ohne weiteres möglich, und es bestätigt sich, daß wir jetzt Sachverhalten gegenüberstehen, die in unser bisheriges Bild nicht mehr passen. Das ist gerade am Beispiel des Enjambements (wenn man diesen zusammenfassenden Terminus für eine Reihe durchaus verschiedenartiger Erscheinungen zunächst stehen lassen darf) leicht .nachweisbar. Denn es handelt sich j a dabei nach allgemeiner sprachwissenschaftlicher Meinung 2 7 um einen dichterischen Kunstgriff, der sich nur oder doch zumindest am häufigsten in der „gehobenen" Poesie finden läßt, als solcher aber seit dem Altertum über das gesamte Mittelalter hinweg (besonders im Minne- und Meistergesang) bis in die jüngste Epoche der modernen Lyrik immer wieder Verwendung gefunden hat. Wenn wir mit H i l f e authentischer Tonaufnahmen nachweisen, daß diese Erscheinung nicht .nur in der schriftlich fixierten Dichtkunst auftritt, der ein bewußt gestaltender Wille zugrunde liegt, sondern — wenn auch ungleich seltener — ebenso im überdies fast ausschließlich mündlich überlieferten Volkslied, so ist das ein überraschendes Ergebnis, das den Schluß zuläßt, daß es sich dabei nicht nur um ein bewußt einsetzbares und beliebig manipulierbares Stilmittel handeln kann, sondern aus inneren Gründen als unter bestimmten Gegebenheiten notwendig erklärbar sein muß. Diese Gegebenheiten können sowohl metrischer wie auch, da es sich um gesungene Lieder handelt, musikalischer N a t u r sein.
29
27
Vgl. G. Brandsch a. a. O. S. 40.
Vgl. hierzu vor allem K. Borinski, Die Überführung
des Sinnes über den Versschluß
und
ihr Verbot in der neueren Zeit, in: Studien zur Litteraturgeschichte, Michael Bernays gewidmet, Hamburg u. Leipzig 1893, S. 43—60, sowie A. Wagner, Unbedeutende Reim-
wörter und Enjambement
bei Rilke und in der neueren Lyrik,
phil. Diss. Bonn 1931
(mit gründlichem Überblick über die ältere Enjambementforschung).
3*
Dietz-Rüdiger Moser
36
Betrachtet man zunächst die Volksliedtexie für sich, so ist es selbstverständlich nicht damit getan, allein die Metrik heranzuziehen, denn sie ist ja unlösbar mit der Syntax verbunden. Im Normalfall entsprechen in aller strophischen Dichtung den metrischen Gruppen und Gruppierungen syntaktische von gleichem Umfang 2 8 . Die rhythmischen Einschnitte fallen dabei mit den syntaktischen zusammen, und sie erfahren ihre Gliederung im großen und ganzen durch die Setzung der Satzzeichen 29 . Diese stehen gewöhnlich am Zeilenende, nämlich an den Enden der metrisch-syntaktischen Abschnitte. Dadurch pflegt eine scharfe Gliederung einzutreten, die „vom volkstümlichen Stil gesucht" 30 wird, etwa bei Ludwig Uhland, Der Schenk von
Lim-
burg: 1 a b 2 a b
Herr Kaiser, wollt vergeben: j Ihr macht das Herz mir schwer. | Laßt mir mein freies Leben, | Und laßt mir meinen Speer. ||
Oder in der Königskinder-Ballade, 1 a b 2 a b
im echten Volkslied 3 1 :
Ach Jüngling, ach könntest du schwimmen, [ So solltest du schwimmen durchs Meer!|[ Drei Kerzlein will ich anzünden, [ Die sollen dir leuchten hierher. ||
In diesen Beispielen stimmen metrische und syntaktische Gliederung vortrefflich überein 32 : wir haben — in der Terminologie Fr. Sarans — jeweils ein Gesätz (durch
28 29 30 31
32
Vgl. Fr. Saran, Deutsche Verskunst, Berlin 1934, S. 129 ff. ib. S. 130. ib. D V A A 58 273, Aufzeichnung aus Keitum auf Sylt (Schleswig-Holstein) vor 1920; vgl. Deutsche Volkslieder mit ihren Melodien, hrsg. v. DVA, Bd. 1, Berlin u. Leipzig 1935, S. 201. Daß das „Königskinder"-Lied in Wirklichkeit aus Langzeilenpaaren mit Waisenanversen besteht und deswegen langzeilig geschrieben werden müßte, steht dieser aus optischen Gründen gewählten Vierzeiler-Schreibweise nicht entgegen. Die Terminologie Franz Sarans (Deutsche Verslehre, München 1907, S. 150 ff., und Deutsche Verskunst a. a. O. S. 68 ff.) wurde hier wegen ihrer praktischen Benutzbarkeit übernommen, zumal sie „an die Stelle der zweideutigen und schillernden Papierbegriffe streng rhythmische Ohrbegriffe" setzt, also vom Gehörten ausgeht. Man hat ihm (O. Paul, Deutsche Metrik a. a. O. S. V I I I ) „Überschätzung der Buchstabenreihe" vorgeworfen und sein „System von dreizehn Schwerestufen der Silben" wohl mit Recht abgelehnt, da er die sicher vorherrschende, auf Stärke und Dauer beruhende Taktmäßigkeit des deutschen Reimverses vernachlässigte. Aber gerade für das Gebiet der Zeilenschlüsse und -Verbindungen sind Sarans Gedanken heute noch von Wichtigkeit. Ihm gelang es auch in seinen Untersuchungen über das Enjambement, die „mannigfachen Formen der Brechung mit zunehmender Schärfe zu sondern" (P. Habermann, Brechung, in: Reallex. d. dtsch. Lit.-Gesch. 2. Aufl. Bd. 1, 1958, S. 183). Auf die oft gegensätzlichen Theorien der verschiedenen Metriker-„Schulen" (Heusler, Sievers, Saran, Pretzel) einzugehen, kann nicht Aufgabe dieser Betrachtung sein, zumal deren Widersprüche für die uns vorliegenden, vom sprachwissenschaftlichen Standpunkt aus vergleichsweise einfachen Sachverhalte nicht relevant sind.
Enjambement im Volkslied
37
Doppelbalken am Schluß kenntlich gemacht) zu zwei Ketten (1 und 2) vor uns, die durch eine Kehre ( || Strichbalken) getrennt werden. Jede Kette besteht aus zwei Reihen, einer Vorder- und einer Hinterreihe, die eine Lanke ( j einfacher Strich) voneinander trennt. Wichtig ist nun die unterschiedliche „Wertigkeit" dieser Begriffe: die Kehre bedeutet einen stärkeren Einschnitt als die Lanke, der Absatz am Ende des Gesätzes mehr als die Kehre, wie überhaupt jeder größeren Gruppierung mehr Gewicht zukommt als der nächst kleineren. Die Reihe kann sich zu zwei Bünden teilen, die durch die Fuge (') getrennt sind („Herr Kaiser,' wollt vergeben" und „Ach Jüngling,' ach könntest du schwimmen"); ihr übergeordnet ist die Kette, den Ketten wiederum das Gesätz, den Gesätzen die Strophe, und die Gemeinschaft der Strophen bildet das Gedicht33. Dem metrischen Einschnitt in der ersten Zeile unserer Beispiele, der Fuge, entspricht das Komma, das die syntaktische Gliederung darlegt. Gewiß liegt dem weitaus größten Teil aller Volkslieddichtung dieses Bauprinzip der Übereinstimmung von Metrik und Syntax zugrunde. „Aber es entspricht dem Wesen der Sprache nicht, so scharf und genau gegliedert zu sein . . . — Im allgemeinen wird der Dichter seinem Werk mehr Beweglichkeit verleihen, vor allem in der erzählenden, belehrenden oder dramatischen Gattung. Dazu wird er den strengen Aufbau etwas abschwächen oder gar verschleiern" (Saran) 34 . Hierzu bieten sich vor allem zwei Möglichkeiten: zunächst einfach die Benutzung der Verbindung, das heißt der syntaktischen Zusammenziehung metrisch voneinander getrennter Gruppen in einen Satz. Sie ist auch im Volkslied sehr häufig 35 , man sehe nur in der Ballade Ritter und Magd36: 33
O. Paul etwa bildet nach Heusler den „metrischen Rahmen" aus Mora (die den W e r t einer Viertelnote haben soll), Takt, Vers, Periode und Strophe (§ 25, S. 15). Er geht v o n der einzelnen Hebung und Senkung aus, bezeichnet den Raum v o n einer Hebung zur nächsten als Takt, kennt ebenso (die aus der musikalischen Terminologie übernommenen) A u f t a k t e wie Taktgeschlechter, er bildet aus mehreren Takten den Vers und aus Versen die Strophe. Ihm scheint die unterschiedliche „Wertigkeit" der Verse oder (mit Saran) „Reihen" nicht so evident zu sein wie ihre Zusammensetzung aus kleinen und kleinsten Einheiten, und bei der Betrachtung einzelner Zeilen werden w i r unten v o n seiner Methode ebenfalls Gebrauch machen. Er w ü r d e die metrische Struktur unseres ersten Verses ungefähr so deuten: Ach Jüng-ling, ach könn-test du schwim-men, X I X u' u I XuuI I X wobei das Zeichen u den halben W e r t der M o r a X , das Zeichen — ihren doppelten W e r t bedeutet. Mit dem Halbstrich 1 macht er das Kolon, die Atempause, deutlich. Das Pausenzeichen f ü r die M o r a ist •«, , f ü r die halbe Mora, die den W e r t eines Achtels haben soll, n .
34 35
36
Vgl. Saran, Deutsche Verskunst a. a. O. S. 1 3 1 . Diese Tatsache, auf die Saran nicht hinweist, hätte ihn von der merkwürdigen Formulierung abhalten müssen, daß Otfried, der in seinem Evangelienbuch I, 2 (Invocatio Scriptoris) Vers 3 — 1 0 , 1 1 — 1 8 seine zweikettigen Strophen durch den Sinn verbindet, damit sein W e r k zum Lesen (!) bestimmt habe — dergleichen findet sich auch in mündlicher Überlieferung. Vgl. J. Meier, Balladen. 1. Teil Neudruck Darmstadt 1 9 6 4 (Deutsche Literatur . . . in Entwicklungsreihen), S. 236, nach einem Fl. Bl. um 1800.
Dietz-Rüdiger Moser
38
Es spielt ein Ritter mit seiner D a m ' Bis an den hellen Morgen . . . oder im
Tannhäuser37: Es wollt ein Sünder reisen Wohl hin in die Romastat . . .
Sodann das eigentliche Enjambement 3 8 , unter dem Saran „gemeinhin den Widerspruch zwischen metrischer und syntaktischer Gliederung" versteht, „die Weise, metrische Einschnitte nicht mit deutlichen syntaktischen Schlüssen von Sätzen, Nebensätzen, Satzteilen zusammengehen zu lassen, sondern mit dem Sinn über sie wegzulaufen, sie zu vernachlässigen und dadurch zu verschleiern" 39 . 37 38
39
ib. S. 77, nach einer Aufzeichnung aus Petersberg bei Friesach in Kärnten. Auf die Erscheinung des Enjambements haben erstmals W. Grimm, Zur altdeutschen Metrik, 1813 (P. H a b e r m a n n a. a. O. S. 183), und — noch vor Borinski (1893) — M. Borheck, Über Strophen- und Vers-Enjambement im Mittelhochdeutschen, ph.il. Diss. Greifswald 1888, hingewiesen. Außer der bereits oben, Anm. 27, angeführten Literatur verdienen E r w ä h n u n g : J. Minor, Neuhochdeutsche Metrik, 2. Aufl. Straßburg 1902; Fr. Saran, Die Jenaer Liederhandschrift, K o m m e n t a r b a n d (II), Leipzig 1903, § 30, S. 144 f.; B. Ritter, Die metrische Brechung in den Werken Hartmanns von Aue, phil. Diss. Halle 1913 (mit einem Überblick über die Erforschung der metrischen Brechung); R. Ritter, Die metrische Brechung in den Werken Konrads von Würzburg und seiner Nachfolger, phil. Diss. Erlangen 1917; Fr. Wahnschaffe, Die syntaktische Bedeutung des mittelhochdeutschen Enjambements, Berlin 1919 ( = Palaestra Bd. 132); H . de Boor, Über Brechung im Mittelhochdeutschen, in: Germanica. Ed. Sievers z. 75. Geb. am 25. X I . 1925, Halle 1925, S. 478 f.; P. H a b e r m a n n , Enjambement, in: Reallex. der dtsch. Literaturgesch. Bd. 1, Berlin 1925/26, S. 301; K. Oppert, Möglichkeiten des Enjambements, in: Zs. f. Ästhetik und allg. Kunstwiss., hrsg. v. Dessoir, Bd. 20, Stuttgart 1926, S. 235 f.; S. Beyschlag, Zeilen- und Hakenstil. Seine künstlerische Verwendung in der Nibelungenstrophe u n d im Hildebrands-Ton, in: Beiträge z. Gesch. d. dtsch. Sprache u. Literatur 56, 1932, S. 225 f.; H . de Boor, Zur Lehre von der metrischen Brechung in der mittelhochdeutschen Lyrik, in: Festschrift Theodor Siebs zum 70. Geb., hrsg. v. W. Steller, Breslau 1933, S. 49 ff.; Fr. Maurer, Über Langzeilen und Langzeilenstrophen in der ältesten deutschen Dichtung, in: Beiträge zur Sprache und Volkskunde. Festschrift f. Ernst Ochs, Lahr/Baden 1951, S. 31 ff.; U. Pretzel, Vers und Sinn, in: Wirkendes W o r t 2, 1952/53, S. 321 ff.; B. Horacek, Die Kunst des Enjambements bei Wolfram von Eschenbach, in: Z. f. d. A. 85, 1954, S. 210 ff.; Fr. Maurer, Langzeilenstrophen und fortlaufende Reimpaare, in: Der Deutschunterricht 2, 1959, 2, S. 5 ff.; Fr. Lockemann, Der Rhythmus des deutschen Verses, München 1960, bes. S. 85 f., 90 ff., 99 ff.; U. Pretzel, Deutsche Verskunst, in: D t . Philologie im A u f r i ß , 2. Aufl. Bd. 3, 1962, Sp. 2357—2546 (enthält eine reichhaltige Bibliographie, aber nur wenig zum Thema des Enjambements); S. Beyschlag, Die Metrik der mittelhochdeutschen Blütezeit in Grundzügen, 5. Aufl. N ü r n b e r g 1963; Chr. Petzsch, Michel Beheims reimreiche „sieht gülden Weise", in: Die Musikforschung 20, 1967, S. 44—55, bes. S. 47 (über „rhythmische Brechung"); ders., Text — Form — Korrespondenz im mittelalterlichen Strophenlied, in: DVjs. X L I , 1967, S. 27—60. Mit einer dem Enjambement ähnlichen Erscheinung, der Kreuzung u n d Verschränkung von Sätzen und Satzgliedern, beschäftigte sich J. Meier, Eine Stileigenart im Altdeutschen und ihr Auftreten im Heinrichsliede, in: Archiv f. Literatur und Volksdichtung Bd. 1, Lahr/Baden 1949, S. 104—113. Vgl. Saran, Verskunst
a. a. O. S. 133.
Enjambement im Volkslied
39
Andreas Heusler sah in ihm eine sprachgeschichtlich vorgerücktere Entwicklungsstufe, denn der „Zusammenfall der metrischen Glieder mit den syntaktischen sei der innerlich ältere Zustand" gewesen 40 . Er definierte das Enjambement einfach als „Überführung des Satzes über die metrische Grenze hinweg" und gab ihm die Bezeichnung „Sprung" (Verssprung oder Zeilensprung; schon aus dieser Begriffssetzung wird deutlich, wie sehr Heusler die einzelne Zeile als nahezu abgeschlossene Einheit ansah, während Saran den Blick mehr auf die Zusammengehörigkeit von Zeilen, Gesätzen und Strophen lenkte). Daneben hat sich der Begriff „Brechung" 41 weitgehend durchgesetzt 42 . Das Enjambement gilt in der Literaturwissenschaft als „handgreifliches Mittel, um dem Fluß der Verse das nötige Gefälle zu wahren" (W. Kayser) 4 3 und ist — im Gegensatz etwa zum 16. Jahrhundert, wo man in seiner Anwendung gerne eine Nachlässigkeit des Dichters sah 44 — „meist als ein außergewöhnlich feines und wirksames Kunstmittel des Dichters zu bewerten, um Spannung, Stauung, Hemmung, Beschleunigung, Vorwärtsdrängen, Modulation der Stimme — bei Vortrag —, persönliche Färbung des reinen Akzents u. a. zu erzielen" 4 5 . Die Brechung findet sich in der strophischen Dichtung an den verschiedensten Stellen, so daß Fr. Saran von drängend wirkender Reihenbrechung nach vorwärts („wenn das Hinterbund der Vorderreihe vom zurückbleibenden Vorderbund gelöst wird"), von eher ruhig anmutender Reihenbrechung nach rückwärts, von Kettenbrechung, doppelter Kettenbrechung, Gesätzbrechung, doppelter Gesätzbrechung und Strophenbrechung sprechen und diese Erscheinungen systematisch erörtern konnte. Verwickelt wird die Sache oft dadurch, daß verschiedene Arten der Brechung innerhalb einer einzigen Strophe vorkommen können, wie etwa meisterhaft in Wielands Oberon, wodurch diese eine „ungemeine sprachliche Ausdrucksfähigkeit und Beweglichkeit" gewinnt (Saran) 4 6 . Diesen Arten des Enjambements brauchen
40
Vgl. A . Heusler, Deutsche Versgeschichte mit Einschluß des altenglischen und altnordischen Stabreimverses, 2. Aufl. Berlin 1 9 5 6 ( G r u n d r i ß d. germ. Philologie N . B. 8, 1/3), Bd. 1, S. 4 0 , § 5 2 .
41
Die Bezeichnung „Brechung" geht auf P a r z i v a l 3 3 7 , 2 6 „rime beidiu samenen unde brechen" (bald zusammenfassen, bald trennen) zurück; vgl. A . Heusler a. a. O . Bd. 2, S. 1 3 6 , § 5 9 6 . Die klassische Philologie versteht unter „Brechung" etwas g a n z anderes: die Diphtongierung einfacher V o k a l e unter dem Einfluß v o n N a c h b a r l a u t e n ; vgl. J . B . H o f m a n n und H . Rubenbauer, Wörterbuch der grammatischen und metrischen Terminologie, 2. erw. Aufl. Heidelberg 1 9 6 3 , S. 2 6 .
42
Die Zahl der Begriffe (Versbrechung, Verskoppel, Reimbrechung, Sprung, Zeilensprung, E n j a m b e m e n t usw.) erklärt sich aus der Tatsache, d a ß „die A r t e n und G r a d e der A u f lockerung m a n n i g f a l t i g " sind (Heusler a. a. O . Bd. 2, S. 136, § 5 9 6 ) . I m Prinzip meinen sie aber alle einen Sachverhalt, der mit „ E n j a m b e m e n t " — von enjamber „über etwas hinwegsetzen" — gut getroffen w i r d .
43
W . K a y s e r , Kleine deutsche Versschule, 7. Aufl. B e r n 1 9 6 0 (Slg. D a l p ) , S. 15. K . Borinski weist (a. a. O . S. 5 0 ) besonders auf die französische Poesie in der Nachfolge Malherbes hin.
44
45 46
P . H a b e r m a n n a. a. O . S. 1 8 4 . F r . Saran, Verskunst a. a. O . S. 138 f. A u f die wissenschaftsgeschichtliche Seite der Behandlung des E n j a m b e m e n t - P r o b l e m s geht S a r a n a. a. O . S. 147 ausführlich ein.
40
Dietz-Rüdiger Moser
wir keine Betrachtung zu widmen, da solch verhältnismäßig komplizierte Erscheinungen im Volkslied weder zu erwarten sind noch wirklich vorkommen. Aber es gibt ja auch zahlreiche Fälle, in denen eine Reihe oder Zeile nicht in zwei gleichwertige Teile wie Vorder- und Hinterbund zerlegt wird, die dann „gebrochen", also voneinander getrennt in Erscheinung treten, sondern ebensoviele, in denen nur ein einzelnes Wort, ein Pronomen etwa, aus dem syntaktischen Gefüge herausgenommen und der vorangehenden Zeile angeschlossen wird. Das bedeutet keineswegs einen prinzipiellen Unterschied zu den von Saran aufgeführten Möglichkeiten des Enjambements, sondern stellt nur eine besondere Spielart dar, die denselben Zweck erfüllt wie die Brechung ganzer Halbzeilen oder Bünde: die Verse miteinander syntaktisch zu verknüpfen und dadurch den Vortrag zu beeinflussen. Ein Meister in der Anwendung dieser Art des Enjambements war etwa Rainer Maria Rilke, der nach Annemarie Wagners methodisch überzeugender Untersuchung47 keinerlei Scheu besaß, ungefähr alles sinngemäß eng Zusammengehörige auseinanderzubrechen, und der damit das Enjambement zum charakteristischen Merkmal seines Stils machte. (Er trennte die Präposition, den Artikel, das Possessivpronomen, das indefinite und das Demonstrativpronomen vom Substantiv; das Interrogativpronomen, das Relativpronomen und die Konjunktion vom übrigen Satz; das Reflexivpronomen, das Personalpronomen und das Hilfsverb vom Verb usw.). Neben ihm verstanden sich aber auch Hölderlin, Novalis, Brentano, Chamisso und andere trefflich auf diese Art der Dichtkunst, man sehe etwa bei Platen 4 8 : Frostige Nebel steigen, welche Berg und Kuppe trüb umziehn . . .
oder bei Rilke selbst 49 : Du mußt uns milde sein, Marie, Wir blühn aus deinem Blut, Und du allein kannnst wissen, wie So weh die Sehnsucht tut . . .
Brechungen dieser Art sind in der neueren Dichtung sehr häufig. Sie finden sich vor allem auch bei volkstümlichen Dichtern, was bisher nicht die gebührende Beachtung gefunden hat. So liest man bei Wilhelm Busch in der „Frommen Helene", Kapitel 4 5 0 : Als ich so von ungefähr Durch den Wald spazierte, Kam ein bunter Vogel, der Pfiff und quinquillierte. 47 48
49
50
Vgl. A. Wagner a. a. O. S. 29 f., 35 ff. A. v. Platen, Romanzen und Jugendlieder IX, Werke, hrsg. v. Koch und Petzet (Hesse) o. J., Bd. 2, S. 6 4 ; vgl. A. Wagner a. a. O. S. 99. R. M. Rilke, Ges. Werke in 6 Bd., Leipzig (Insel) 1928, Bd. 1, S. 328: Gebete der Mädchen. „Schau, unsre Tage . . . " ; vgl. A. Wagner a. a. O. S. 133. Zitiert nach W. Busch, Humoristischer Hausschatz, Köln (Buch und Zeit) 1967, S. 41.
Enjambement im Volkslied
41
Das kommt echter Volksdichtung schon sehr nahe. Ähnlich (mit Brechung nach rückwärts) in Christian Morgensterns „Palmström" 5 1 : Palmström steht an einem Teiche Und entfaltet groß ein rotes Taschentuch: Auf dem Tudi ist eine Eiche dargestellt so wie ein Mensch mit einem Buch. Solchen Fällen des Enjambements begegnen wir auch im Volkslied. Schon Erk und Böhme teilten eine Variante zum Erzähllied von der Brombeerbrockerin aus der Steiermark (ohne Melodie) mit, in der es heißt 5 2 : Drum, wer a so a Diarndl hat, Solls schicken nie in Wald, Im Wald geits schlimme Jaga und Vaführt san d' Diarndl bald. Kann man hier noch im Zweifel sein, ob es sich um echtes Enjambement handelt (unter Berücksichtigung der Reimverhältnisse würde man nämlich schreiben müssen: Darum, wer a so a Diarndl hat, solls schicken nie in Wald, Im Wald geits schlimme Jaga und vaführt san d' Diarndl bald, wobei allerdings die Fuge noch immer nach „und" steht), so findet sich ein überzeugendes Beispiel dafür in einer bereits auf Schallplatte zugänglichen Aufnahme 5 3 des Instituts für ostdeutsche Volkskunde in Freiburg (gesungen von Maria Wohn sowie Katharina und Jakob Frank aus Rothammel an der Wolga) zur Ballade Vom zerbrochenen Krug. Üblicherweise würde man die einzelnen Strophen in folgender Liederbuch-Schreibweise übertragen (die kleinen Buchstaben vor jeder Verszeile bezeichnen den zugehörigen Melodieabschnitt):
51 52
53
1 a b c
Es wollt ein Mädchen frisch Wasser holn, Wohl drauß am kühlen Brunn, Wohl drauß am kühlen Brunn.
2 a b b' c
Es stehn zwei rotziche Bübelche Und schaun dem Mädel mit zu, Wie es den Krug zerbrach, Wie es ihn hat fallen laß.
3 a b b' b" c
Und als das Mädel nach Hause kam, Die Buben, die waren schlimm, Die Buben, die waren schlimm, Weil sie den Krug zerbrach, Weil sie ihn hat fallen laß.
Chr. Morgenstern, Palmström, Leipzig 1952 (Inselbücherei Bd. 318), S. 5. Vgl. EB Bd. I, Nr. 121 c, Schlußstrophe. Quelle: A. Schlossar, Deutsche Volkslieder aus Steiermark, Innsbruck 1881, Nr. 305. J. Künzig und W. Werner, Balladen aus mündlicher Überlieferung, Schallplatte 8 des Volkskunde-Tonarchivs Freiburg, ib. 1960, Nr. 3; Aufnahme 1953.
42
Dietz-Rüdiger Moser 4 a Die Bas, die nahm die Oberegab ( = b Und schlagt das Mädel rum, b' Weil es den Krug zerbrach, c Weil es ihn hat fallen laß. (7 Strophen)
Ofengabel)
Tatsächlich entspricht aber diese Notierungsweise keineswegs dem wahren Sachverhalt. Die Sänger sind sich nämlich vollkommen darin einig, in allen Strophen die der Zeile c (beziehungsweise b" und b ) zugehörige erste Silbe jeweils unmittelbar der letzten in der vorangehenden Zeile anzuschließen. Es entsteht also beim gemeinsamen Singen Zeilenbrechung der folgenden Art: 1 a b c
Es wollt ein Mädchen frisch Wasser holn, Wohl drauß am Kühlen Brunn — wohl Drauß am kühlen Brunn.
Der Grund dafür liegt nicht, wie man annehmen könnte, in dem durch das Enjambement entstehenden Reim „holn : wohl", der die in den Volksliedern übliche Ungenauigkeit in den Konsonanten nicht übertreffen würde 54 , denn in den folgenden Strophen ergibt sich überhaupt kein Reim: 2 a Es stehn zwei rotziche Bübelche b Und schaun dem Mädel mit zu — wie b' Es den Krug zerbrach — wie c Es ihn hat fallen laß. usw.
Wollte man die Melodie in der Weise notieren, die dem normalen Versschema entsprechen würde, also ohne Brechung, ergäbe sich etwa folgende Übertragung: J=80
v
Es
j
Wohl
wollt
n
J
drauß
am
ain
Mäd
- eher? frisch
r-T-i
küh
h
/an
Was — s er
fie
holn,
Brunn.
Man müßte dann annehmen, daß Zeile b mit einer Art Generalauftakt beginnt, fände aber kaum eine sinnvolle Erklärung für die Pause auf dem zweiten Viertel in Zeile c. Es ist leicht ersichtlich, daß diese dem herkömmlichen strengen Zeilenstil folgende Notierung falsch sein muß; und wirklich führt die genaue Beobachtung des Gesungenen zu einer ganz anderen Gliederung, nämlich dieser:
54
Vgl. bes. Paul a.a.O. S. 85, § 136; Paul-Glier a.a.O. S. 112 § 105.
43
Enjambement im Volkslied
=13fl
— ba - den
die
Pias
— sen
Felt-
Wir haben es hier ursprünglich nur mit einer Kette aus zwei Reihen zu tun — auch das mag schon späterer Zustand sein —, die (in hochdeutscher Übertragung) lautet: D i e R o s e n , die b l ü h e n im M a i e n , T r o m p e t e n , die b l a s e n ins F e l d .
Die metrische Gliederung zeigt zwei gleichwertige Auftakte, aber verschiedenartige Schlüsse: X I X UU I X UU I X I X uu I X u u l —
I X I A
Die erste Reihe besitzt einen klingenden, die zweite einen einsilbig stumpfen Schluß mit kräftiger Finalwirkung, die sich trotz des Fehlens einer vierten Hebung noch deutlich einstellt. Mit dem Einschub der Kehrreimzeile („Ju, ja, im Maien") und durch die Wiederholung der ursprünglich zweiten Reihe („Trompeten, die blasen ins Feld") bildet sich ein vierreihiges Gesätz, in dem andere metrische Erscheinungen zur Geltung gelangen als in dem bloß zweireihigen. Kehrreimzeilen sind — von wenigen Ausnahmen abgesehen — auftaktlos, das heißt, daß sie fast immer mit einer (oft zweiwertigen) Hebung beginnen, wie es auch in unserem Beispiel der Fall ist:
Enjambement im Volkslied
45
Ju, ja, im Maien
| X „ ' „ 1 -¡- I X
Im Zusammenhang müßte also folgerichtig ein derartiges Gerüst entstehen: XI I XI XI
Die Rosen, die blühen im Maien Ju, ja, im Maien, Trompeten, die blasen ins Feld, Trompeten, die blasen ins Feld.
X uu X a X UU X UV
I X uu I I Xnu I ! X UV I I A uu I
I X IX I A I A
Dabei stört aber zweierlei: erstens die eine auftaktlose Reihe („Ju, ja, im Maien"), die zu den drei auftaktigen in einem deutlichen Widerspruch steht, und zweitens die völlige Übereinstimmung der beiden letzten Reihen, deren Gleichheit deshalb nicht gut möglich ist, weil sinnvollerweise nur eine davon zum Schluß führen, also volle oder stumpfe Kadenz haben kann. Diese störenden Momente, so wenig sie den Sängern je zum Bewußtsein gekommen sind, werden nun von ihnen auf eine ebenso drastische wie wirkungsvolle Weise im Vortrag durch die Anwendung des Enjambements beseitigt, und es ergibt sich folgende metrisch-rhythmische Gliederung: Die Rosen, die blühen im Maien, Ju, ja, im Maien, Trompeten, die blasen ins Feld, TromPeten, die blasen ins Feld
XI I XI I
Xuu X A Xuu tfuu
I Xuu I — I X I Xnu I — I X I I — I X I L , I -L- I A
Jetzt erst bildet sich die notwendige Symmetrie, die zu einem metrischen Sinnzusammenhang hinleitet: Reihe eins und drei stimmen nun ebenso überein wie Reihe zwei und vier; je zwei Reihen sind auftaktig beziehungsweise nichtauftaktig; die drei ersten Reihen enden klingend, und erst die letzte, die nun als einzige eine Finalwirkung herbeiführt, besitzt den einsilbig stumpfen Schluß, der schon f ü r die Kadenz der ursprünglichen zweireihigen Kette charakteristisch war — ein sehr bemerkenswertes Zeugnis insgesamt f ü r die Gabe der Volkssänger, innere Gesetze der Metrik deutlich zu verspüren und anzuwenden. Es handelt sich dabei nicht um eine Singmanier, die ausschließlich bei diesem Balladentyp anzutreffen wäre, sondern um eine auch sonst vorkommende Erscheinung, wie der folgende Ausschnitt aus dem Liebeslied „Abends wenn ich ins Kämmerlein komm" bezeugt, bei dem dieselben Gründe wie die zuvor gezeigten zur Anwendung des Enjambements führen. Georg Schünemanns Notiz 5 5 , daß hier die „Anfangsnoten der melodischen Phrase gern abgerissen und gekürzt" würden, bestätigt nur noch den schon im Notenbild deutlich sichtbaren Sachverhalt der Brechung, der Schünemann allerdings nicht bewußt geworden ist. Er hörte das Lied von einem Gewährsmann aus der Wolgadeutschen Kolonie Marienthal: , J.=56
55
Him - mal,
was
hab
ich
Lie - ben
war
schuf - da
Vgl. Schünemann a. a. O. S. 237, N r . 142, Fußnote 1.
da
—
ran.
46
Dietz-Rüdiger Moser
Ähnlich in der nächsten Strophe:
Ein ebensolcher Fall von Brechung zur Erzielung eines anderen Metrums findet sich auch in dem folgenden Beispiel. Der Gottscheer Gewährsmann Peter Wittine aus Rieg sang das einundzwanzigstrophige Lied von der Werbung um Besenbinders Tochter mit einem Kehrreim, den Johannes Künzig und Waltraut Werner beim Abdruck mit Enjambement schrieben 56 : Tümmal di amöl! Khear di amol herum — dar E d l m o n n hot a Shön!
Das entspricht ebenso der Vortragsmanier des Sängers wie dem erwähnten Gesetz des Kehrreims, demzufolge jede Reihe auftaktlos mit einer stark betonten Hebung auf dem ersten Schlag beginnt. Auch hier entstehen durch die Brechung sinnvolle Bezüge: Ar ischt gan barvera Hevempintarsch Tochter.
XX I i t I XX |
IX IX
Tümmal di amöl! Khear di amol herum — dar Edlmonn hot a Shön 5 7 !
XX I )ix I f- I XX I XX I —
I A I X I
Die beiden äußeren Kehrreimzeilen rahmen die mittlere ein, die in ihrer Anlage den metrischen Verhältnissen in den wechselnden Strophen entspricht und die Verbindung zwischen diesen und dem Kehrreim herstellt. Es wäre sinnwidrig, wie gewöhnlich zu schreiben 58 : Khear di amol herum, D a r Edlmonn hot Shön!
I Xuu I - i - I XX I XX I — I
56
Vgl. J. Künzig und W. Werner, Gottscheer Volkslieder aus mündlicher Authentische T o n a u f n a h m e n 1 9 5 4 — 1 9 6 6 , Freiburg 1967, T e x t h e f t S. 45.
57
Bei der Wiedergabe der metrischen Schemata wurde hier das Klangbild zugrunde gelegt. D i e Zeile „Khear di a - m o l her-um — der" müßte detailliert — U » » u | ) i :
Überlieferung,
geschrieben
werden, aber die Silben „di a-mol her-um" werden so stark ineinandergezogen, daß praktisch — |
u u | % entsteht, w a s hier der Kürze halber so auch erscheint — übri-
gens setzt O. Paul voraus, daß die H e b u n g immer den Wert mindestens einer Mora 58
besitzt. Sinnwidrig insofern, als dabei die Abtaktigkeit der Kehrreimzeilen nicht zur Geltung käme.
47
E n j a m b e m e n t im V o l k s l i e d
weil sich damit eine unbegründet auftaktige Reihe gegenüber sonst lauter auftaktlosen ergeben würde. Die durch die Brechung entstehende Symmetrie wird auch im Notenbild plausibel:
Ar m
^jr-jp^' v
¡seht gan K
"ff
— vsm
Ha - vam-pin-tarsch
Toch — h>r.
r =
Y V Tum - mz! d /'
Khaar dia
bar
a -
mot!
mc / her - um/
dar
J É-dt-monn
hot
a
Short !
Daß die Volkssänger ganz entgegen landläufiger Vorstellung auch aus einer sonst klaren Gliederung durch sich aus dem Text ergebende Erweiterungen eine unklare machen, ohne das im geringsten als störend zu empfinden, zeigt die fünfte Strophe aus dem Legendenlied zur Auferweckung des Lazarus: „Heilige Magdalena, warum weinest du so sehr". Die in den übrigen Strophen genau achttaktige Melodie wird hier um einen halben T a k t erweitert, weil es der Text so erfordert, und gleichzeitig wird die Zeile deutlich gebrochen (Sängerin war die neunzigjährige Gewährsfrau Theresia Zauner aus Deutsch-Mokra, Karpatho-Ukraine. Tonband 672/11-25 des Volkskunde-Tonarchivs Freiburg):
Und
Und
6a - nug,
wann
ja
- -
dar—
Hirn - mat
dar—
S tarn
und was ja
mai-na
ain
pa
- pie
-
ran
m
Sehr ai — bar
See - /e dort
/ei - - den
war.
hätt,
tut. 0) EinSchub
Es handelt sich hier um das sonst bislang nicht belegbare Vorkommen von Reihenbrechung nach rückwärts, die (mit Saran) das Tempo des Ablaufs deutlich hemmt. Genau genommen liegt natürlich nichts anderes vor als eine falsche Textunterlegung, die etwa richtig so ausgesehen haben m a g :
Dietz-Rüdiger Moser
48
F nicht
p r be - schrei
g - ben
J ;
J
ge — nug,
'
Aber die Tonbandkontrolle zeigt, wie sehr eine solche f ü r Liederbücher häufig durchgeführte und auch sonst übliche Korrektur die wirklichen Sachverhalte des lebendigen Volksgesanges verschleiern würde. Alle diese Beispiele scheinen eine gewisse Diskrepanz zwischen metrisch-syntaktischer und musikalischer Gliederung aufzudecken, und man könnte geneigt sein anzunehmen, daß die Brechung ausschließlich den Liediexi betrifft, der den Erfordernissen eines sinnvollen musikalischen Formverlaufs angepaßt wird, welcher demnach dominant wäre. In der Tat ist eine solche Vermutung naheliegend, da man immer von der Voraussetzung ausgeht, d a ß die musikalische Struktur eindeutig regelmäßig sei. Die Musikwissenschaft kennt und nutzt auch den Begriff der Brechung oder des Enjambements nicht 58 . Geht man aber bei der Betrachtung der musikalischen Seite unseres Problems davon aus, daß unter Enjambement die Überführung des Sinnes von einem in einen anderen Formzusammenhang zu verstehen ist, so findet sich eine der Brechung sehr ähnliche Erscheinung in der sogenannten Verschränkung, die als Terminus der Kompositionslehre durchaus geläufig ist. Man spricht auch von Überschneidung, was gelegentlich dasselbe meint; und ebenso wie die Sprachwissenschaft verschiedene Arten der Brechung kennt, gibt es auch im musikalisch-musikwissenschaftlichen Bereich unterschiedliche Erscheinungsformen von Überschneidung und Verschränkung. D a ß sich zahlreiche Beispiele f ü r Uberschneidung in mehrstimmigen Kompositionen finden lassen, wo selbständige Themen gern miteinander verschränkt werden, liegt nahe 60 . Aber es gibt auch Verschränkungen einzelner Akkorde mitund ineinander 61 und schließlich die in unserem Zusammenhang wichtige Verschränkung von Anfang und Ende verschiedener Sätze oder Themen oder Perioden, f ü r die es nach H u g o Riemann „ein Analogon auf dem Gebiete der Poesie überhaupt nicht gibt" 62 , in der wir aber nichts anderes als eine Art musikalischen Enjambements zu sehen haben. Das kennzeichnende Merkmal f ü r diese Verschränkung ist der doppelte Bezug eines charakteristischen Formgliedes, meist der von Anfang und Ende
59
60
61
62
„Musikalisches Enjambement" glaubt Friedrich Gennrich bei Wizlaw von Rügen zu finden (Zu den Melodien Wizlaws von Rügen, in: Z. f. d. A. 80, 1943, S. 93), der sich wohl von E. Jammers (Untersuchungen über die Rhythmik und Melodik der Jenaer Liederhandschrift, in: Zs. f. Musikwiss. 7, 1924/25, S. 282) dazu angeregt fühlte. Sonst findet sich die Bezeichnung in der musikwiss. Terminologie m. W. nicht. „So ist das erste Sätzchen im Scherzo der Eroica von Beethoven offenbar achttaktig. Im siebenten Takt jedoch setzt das zweite Sätzchen ein . . . Sie sind geradezu ineinander verhakt und gegeneinander verschleift. D a ß dadurch eine starke Verlaufsspannung erzielt wird, ist hörmäßig unmittelbar evident." K. Westphal, Der Begriff der musikalischen Form in der Wiener Klassik. Versuch einer Grundlegung der Theorie der musikalischen Formung. Leipzig 1935, (Veröfftl. d. Fürstl. Instituts f. musikwiss. Forschung zu Bückeburg, 5. R. Bd. 4), S. 29. Hierzu vor allem A. B. Marx, Die Lehre von der musikalischen Komposition, 8. Aufl. Teil 1, Leipzig 1875, S. 282 f. Vgl. H. Riemann, System der musikalischen Rhythmik und Metrik, Leipzig 1903, S. VII.
Enjambement im Volkslied
49
zweier Perioden: „Bei der Zusammenschiebung von Ende und Anfang wird nicht der Anfang des neuen Formgliedes durch das Ende des alten verdeckt", sondern es verschwindet „nur das mit Bestimmtheit erwartete Ende in dem an seiner Stelle sich deutlich bemerkbar machenden Anfang" (Riemann) 63 . Das ist nicht am Volkslied beobachtet, wo die Verhältnisse gerade umgekehrt liegen — der Anfang des neuen Formgliedes wird da durch das Ende des alten verdeckt —, sondern an Material aus der Musikliteratur, etwa an Mozarts c-Moll-Sonate, wo wirklich das erwartete Ende der ersten Periode im Beginn der neuen aufgeht: N3!
(KV 457)
Ähnliche Beispiele finden sich besonders in der Musik der Klassik häufig, so in Beethovens Violinkonzert und in seinen Symphonien. Dieselbe Art der Verschränkung, nämlich Zusammenfall vom Ende eines musikalischen Zusammenhangs mit dem Beginn eines neuen, trifft man auch in unseren Volksliedbeispielen. Man sehe nur die dritte Zeilenkadenz in der von Maria Wohn und Katharina Frank gesungenen und bereits eingangs zitierten Wolgadeutschen Variante an, in der es heißt:
Wann blü-het
die
Ro-se
im
Feld—,wann
bIii-han
die Rosen
im
Feld—?
Hier stellt das textliche Enjambement nichts anderes dar als die musikalische Verschränkung: das Ineinandergreifen normalerweise getrennter Formteile. Die Zahl der eindeutigen Fälle von Enjambement im Volkslied ist bisher nicht groß, was aber zweifellos nur daran liegt, daß man bei der Übertragung von Tonaufnahmen dieser Erscheinung nicht die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt und allzu häufig normiert hat. Es ist bezeichnend, daß sich in Georg Schünemanns musterhafter Übertragung der bei Wolgadeutschen Soldaten aufgezeichneten Lieder ein ganzes Dutzend solcher Beispiele finden läßt, was durchaus nicht nur mit der an der Wolga verbreiteten unkonventionellen Singart zu erklären ist. Diese Beispiele sind 93
4
ib. S. 272. J a h r b u c h f. V o l k s l i e d f o r s d i u n g X I V
Dietz-Rüdiger Moser
50
n a t u r g e m ä ß untereinander nicht gleichwertig, denn es gibt neben echtem auch viel „unechtes" E n j a m b e m e n t , das sich nicht aus inneren G r ü n d e n , sondern allenfalls als M a n i e r verstehen läßt, sofern es nicht auf sängerisches U n v e r m ö g e n des G e w ä h r s mannes hindeutet. D a f ü r stehe hier folgendes Beispiel, in dem willkürliche A t e m pausen zu m e r k w ü r d i g e n Gliederungen f ü h r e n :
u
Feins
Und
Denn
er
Dei - ne r
J
r
- lieb - chen,
trau's
u
trau's
nur
\
p
nur
i
=
m
nicht.
kein
So/
-
- da — tan
nicht;
wird
dich
längst
ver-
-füh-ren,
Ehr
wirst
du's
ver-
- Ue - ren,
' M , Gtaub's nur si
-
-
-
eher
-
-
-
-
lieh!
Wie groß der Unterschied zwischen solchem Z u f a l l s - , . E n j a b e m e n t " u n d wirklich sinnvoller Brechung sein kann, zeigt das preußische G r e n a d i e r l i e d z u Beginn des Siebenjährigen K r i e g e s 1756/57, das im Deutsch-Französischen K r i e g 1 8 7 0 / 7 1 u m gedichtet w u r d e u n d bis in den ersten Weltkrieg lebendig blieb:
Ma
ri - - a
Du
wirst
Was
i he! - fen
The — re - - sia, zeuch nicht
nicht er — Fech — ten den
•
dir
a!
te die
in
den
Krieg!
herr - H - chen
Sieg.
Rei — ter und
Hu -
Seine Verbreitung erstreckte sich auf Berlin, Schlesien, Österreich (?) u n d d a s O b e r -
rheingebiet, wie jüngst D. Sauermann ( H i s t o r i s c h e Volkslieder hunderts,
des 18. und 19. Jahr-
Münster 1968, S. 1 7 2 — 1 7 4 , T y p N r . 4) nachgewiesen hat. D i e v o n E r k —
B ö h m e unter N r . 3 2 7 abgedruckte M e l o d i e s t a m m t vielleicht v o n Fr. K u g l e r . Sie ist seit 1845 nachzuweisen. H i e r findet sich die Brechung in allen Strophen, auch bei der
Enjambement im Volkslied
51
Umdichtung von 1870/71, u n d sie wird durch den Reim noch besonders betont. Eine „Vorstufe" zu solcher Zeilenbrechung soll schließlich das bemerkenswerte Lied von Edelmann und Schäfer aufzeigen, das bereits auf Schallplatte zugänglich ist 64 u n d ganz ähnlich auch von G. Schünemann mitgeteilt werden konnte 6 5 . Es handelt sich um ein einfaches, ursprünglich wohl achttaktiges Lied, das durch „abgebrochene" Erweiterung auf neun T a k t e vergrößert wird. Diese Erweiterung, die in allen f ü n f z e h n Strophen auf die gleiche Weise wiederkehrt, besteht in der Wiederholung des letzten Wortes der Eingangszeile, das d a n n unmittelbar in die zweite Zeile hinübergebunden w i r d (Sänger: M a r i a Wohn und K a t h a r i n a F r a n k aus R o t h a m m e l /
Dadurch entsteht eine eigentümliche Verzahnung der Zeilen untereinander, die — wie die stereotype Wiederholung desselben Vorganges lehrt — nicht zufällig sein k a n n und damit das instinktiv so ganz sichere Stilgefühl der Sänger f ü r solche V e r k n ü p f u n g beweist. Maria Wohns Repertoire von 260 Volksliedern zeigt überdies, d a ß dieser Beleg mit Zeilenbrechung durchaus selbständig neben solchen steht, deren S t r u k t u r ganz gleichmäßig und in gewohnten Bahnen verläuft. Es wäre falsch, das V o r k o m m e n dieser Erscheinungen mit mangelnder Begabung der Gewährsleute zu „richtigem" Singen zu erklären. Übrigens steht zwischen beiden Zeilen in binnendeutschen Varianten dieser T a n z b a l l a d e ein Kehrreim — und wahrscheinlich ist die „Erweiterung" entwicklungsgeschichtlich als „ V e r k ü r z u n g " zu verstehen.
64
Es ist aufschlußreich, daß die Sängerin Maria Wohn zwei Fassungen der Melodie sang und ihren Unterschied aus einem Geschmackswandel erklärte; die erste Singart sei die ältere und habe der Jugend nicht mehr gefallen, weswegen später die jüngere Fassung gesungen worden sei. Allerdings unterscheiden sich die beiden Melodien, praktisch nur in der Tonhöhe (sie sang die zweite etwa eine Quarte tiefer als die erste) und in einer kleinen Variante auf „ H o l z " :
Holz -
Holz,
die
Holz,
die
2. Fassung:
Holz -
65
Die Erweiterung bleibt in beiden Varianten bestehen. Vgl. J. Künzig und W. Werner, Balladen . . . a. a. O. N r . 4. Vgl. G. Schünemann a. a. O. S. 225, N r . 114 „Es weidet ein Schäfer" aus der Kolonie Schulz (Samara).
52
Dietz-Rüdiger Moser
Zusammenfassend zeigt sich, daß es auf dem Gebiet der Volksliedmetrik und -rhythmik Sachverhalte gibt, die in das herkömmliche Bild nicht passen, es aber doch wohl wesentlich bereichern. Mit Sicherheit wird eine stärkere Beachtung solcher Fälle bei der Übertragung von Tonbandaufnahmen den Bestand soweit vergrößern, daß man das Klischee von den „einfachen metrischen Verhältnissen im lebendigen Volksgesang" beiseite schieben kann. Die Gefahr des „Normierens", das heißt der Einzwängung des Gesungenen und Gehörten in allgemein geläufige Schemata, ist nur schwer zu umgehen. Wolfgang Suppans Richtlinien f ü r die Übertragung von Volksliedern 66 , die am Deutschen Volkslied-Archiv eingeführt wurden, zielen darauf ab, charakteristische Wesenszüge des Volksgesanges zu verdeutlichen. Auf diesem Weg fortzufahren und auch der Volksliedmetrik künftig Beachtung zu schenken, scheint eine lohnende Aufgabe zu sein, die kein Geringerer als Jung-Goethe vor nunmehr zwei Jahrhunderten als solche erstmals erkannt hat 67 .
66
67
Vgl. J b f V f . 9, 1964, S. 28—30 und das angeführte Schrifttum bei W. Suppan, Volkslied. Seine Sammlung und Erforschung, Stuttgart 1966 (Sammig. Metzler, Bd. 52), passim. D a ß die Erforschung solcher Erscheinungen vielversprechend ist, zeigt etwa auch die Untersuchung von A. Kovacs, Rhythmus und Metrum in den ungarischen Volksmärchen, i n : Fabula 9, Berlin 1967, S. 169—243 (dazu Rez. v. L. Schmidt, in: Jb. d. ö. Vldw. Bd. 17, Wien 1968, S. 95).
Zur Tanzballade in Schleswig-Holstein V o n W O L F G A N G W I T T R O C K (Kiel) Der folgende Aufsatz soll einen kurzen Überblick über die Geschichte der T a n z ballade in Schleswig-Holstein geben. Unter Tanzballade wird dabei ein Reigen verstanden, bei dem die Tanzenden, an den Händen gefaßt und von einem Vortänzer angeführt, eine lange Kette oder einen Kreis bilden und sich durch eigenen Gesang, zumeist längere Lieder episch-dramatischen Inhalts, selbst begleiten. Eine der ausführlichsten und eindruckvollsten Beschreibungen solcher gesungenen und getanzten epischen Lieder in Schleswig-Holstein stammt aus dem 16. Jahrhundert, und zwar aus der Landschaft, die sich am frühesten weitgehende Unabhängigkeit von kirchlicher und adliger Oberhoheit erringen und diese Selbständigkeit am längsten bewahren konnte: aus Dithmarschen, das damit die besten Voraussetzungen für die ungebrochene Überlieferung solcher alten Tradition bot. Hier schrieb kurz vor 1600 in Büsum der Geistliche Johann Adolf Köster — latinisiert Neocorus — seine „Chronik des Landes Dithmarschen", die dann über zweihundert J a h r e so gut wie unbeachtet blieb und erst mit dem Neuerwachen historischen Interesses im vorigen Jahrhundert eine späte Veröffentlichung erfuhr 1 . Neocorus nun beschreibt uns eine Tanzballade, von ihm „langer T a n z " genannt, folgendermaßen: „De Vorsinger . . . steidt unnd . .. hevet also den Gesang an. U n n d wen he einen Versch uthgesungen, singet he nicht vorder, sondern de gantze Hupe . . . repetert unnd wedderhalet densulven Versch. Unnd wen se it den so verne gebracht, dar itt de Vorsinger gelaten, hevet he wedder an unde singet wedder einen Versch. Wen nun diser Gestalt ein Versch edder twe gesungen unnd wedderhalet, springet . . . einer hervor, so vordantzen unde den D a n t z vören will, nimbt sinen H o d t in de H a n d t unnd dantzet gemeklick im Gemake ummeher, vordert se dieser Gestalt up thom Dantze, . . . unde darup vaten se na geradt up der Rege an. . . . Alß sick nun de Vordantzer richtet onha dem Gesänge unde Vorsinger, also richten sick de Nadentzer nha ehrem Vörer unnd alle Personen solcheß in so groter Einicheit, . . . dat ein Vordantzer in de twe hundert Personen an der Rege vören unde regeren k a n " 2 . Neocorus sagt uns auch, welche Stoffe in solchen Tanzliedern behandelt wurden; er schreibt, die Dithmarscher singen „van ehren Schlachtingen, Averwinningen, wunderlichen Geschichten, seltzamen Aventuren edder andern lustigen Schwenken,
1 2
Neocorus, Chronik des Landes Dithmarschen, Neocorus, Chronik Teil I, S. 177 f.
hrsg. von F. Chr. Dahlmann, Kiel 1827.
54
Wolfgang Wittrock
ock woll Boolschafften, unnd anderen Lastern gewißer Personen" 3 . Er betont auch die Leistung seiner Landsleute, die diese mit ihren Liedern geschaffen haben: „Also hebben se sick ock vor allen benhaburten Völkern in Poeterien, Dichten unnd Singen . . . geövet unnd hervor gedaen, dat se darin den Bardis bi den Gallis nichtes nhagegeben . . . ock so kunstlich gestellet, dat fast nicht ein Tropos edder Figura in der edlen Redekunst, so nicht in einen edder mehr Gesengen konde gewiset werden" 3 . U n d es kommt etwas von der Verwunderung des Gebildeten über das einfache Volk zum Vorschein, wenn er f o r t f ä h r t : „Unnd iß tho vorwundern, dat so ein Volk so in Scholen nicht ertagen, so vele schone leffliche Melodien jedem Gesänge na Erforderinge der Wortt unnd Geschichte geven können, up dat ein Jdeß sine rechte Artt unnd ehme gehörende Wise, etwederst mit ernster Gravitetischeit edder frowdiger Lusticheit, hedde" 3 . Mit der Freude des Volkskundlers an seinem Gegenstand verbindet sich bei ihm aber auch die Trauer darüber, daß diese alten Traditionen nach der Letzten Fehde im Jahre 1559, die er selbst noch als Kind miterlebt haben dürfte, dahinschwinden: „Help Gott, wo mannige leffliche schone Gesenge an Wortt unnd Wisen, ach, wo vele, sonderlich der olden Leder, sin undergegangen, de unß so untellicher Hendele underrichten konden" 3 . Er weiß auch einen der Gründe d a f ü r anzugeben: „Kan ock wol sin, dat de Hern, de sick des Landes angematet, . . . solcher Leder, so ehnen velichte tho wedderen unde vordreetlich gewest, gantz unde gar vorbaden unde affgeschaffet hebben: Wo dan nha jungester Vehde gescheen" 4 . Neocorus begnügt sich jedoch nicht mit der Beschreibung solcher getanzten Lieder, sondern nennt uns in vielen Fällen auch die Lieder selbst. Leider hat er seinen Vorsatz nicht ausführen können, die vollständigen Texte und Melodien mitzuteilen. Aber ein anderer Dithmarscher, H a n s Detleff, hat die Chronik des Neocorus im Jahre 1634 weitergeführt und eine Reihe von Liedern, von denen Neocorus lediglich die Titel angab, mit vollständigen Texten versehen. N u r einige von ihnen seien genannt, um die inhaltliche Vielfalt der alten dithmarsischen Tanzballade zu zeigen. Zu den historischen Liedern gehören die drei Lieder auf die Schlacht von Hemmingstedt (1500). Das erste trägt einen Vermerk, der hier besonders interessiert: „Ein ander kortt Carmen, nha Art eines Ditmerschen Dantzes, welches den gantzen Handel gar kortt unde kunstlik in sick begript unde vormeldet" 5 . Das dritte dieser Hemmingstedt-Lieder, ebenfalls mit dem Vermerk: „Wert vor einen dithmarschen Danze gebruket" 6 , beginnt: D e König wol to dem Hertogen sprak: „Ach Broder, harteleve Broder, Ach Broder, hartleveste Broder min, Wo wille wi dat nu beginnen, D a t wi dat frie, rike Ditmarschen Lant Ane unsen Schaden mögen gwinnen? 3 4 5 6
ebda S. 176 ebda S. 11. Neocorus a. a. O., Teil I, S. 518; H a n s Detleff Ms. Fol. 141. H a n s Detleff, Ms. Fol. 143 a.
Zur Tanzballade in Schleswig-Holstein
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Erstaunlich ist hier die Treue der mündlichen Uberlieferung: mehr als 125 Jahre nach der Schlacht bei Hemmingstedt kann H a n s Detleff noch drei vollständig erhaltene Lieder über diesen großen Sieg aufzeichnen, obwohl mehr als 75 Jahre lang nach dem Verlust der dithmarsischen Selbständigkeit die neue Obrigkeit, wie Neocorus andeutet, diese Lieder möglicherweise verfolgt hat. Gleichfalls findet sich das schöne Liebeslied von der „Nachtigall als Bote" und das Scherzlied von den unmöglichen Dingen, das wir in einer hochdeutschen Fassung aus Rhaws Bicinien von 1545 kennen. — Schließlich eine Ballade, und damit sind wir wieder bei der Tanzballade im eigentlichen Sinne. Sie heißt „ H e r r Hinrich" 7 , und man sang sie zu einem mit Gebärden begleiteten Tanz, „Trümmekendanz" genannt; es haben sich hier also wohl Lied, Tanz und Spiel vereint. Vielleicht reicht diese Ballade noch ins 15. Jahrhundert zurück, denn der um 1630 als achtzigjähriger Mann verstorbene Neocorus kannte sie in seiner Jugend schon als altes Tanzlied. Soweit der dithmarsische Chronist Neocorus über die in seiner Heimat bekannten Tanzballaden. Mit seiner Darstellung verschafft er Dithmarschen in der Geschichte der Tanzballade Schleswig-Holsteins einen hervorragenden Platz, neben dem anderes vergleichsweise weniger bedeutend erscheinen mag. Auch in anderen Landschaften muß es nämlich Reigentänze gegeben haben, wie wir aus gelegentlichen Zeugnissen schließen können. Müllenhoff 8 teilt z. B. aus dem ausgehenden Mittelalter zwei Belege aus Mittelholstein und Fehmarn mit. U m Reigentänze hat es sich sodann wahrscheinlich auch im 17. Jahrhundert bei den Tänzen auf der Insel Föhr gehandelt, mit denen laut Bericht des Chronisten Heimreich 9 viele Jungfrauen das neue Jahr eingetanzt haben. Genaueres erfahren wir an diesen und anderen Stellen leider nicht — es sind offenbar nirgendwo so genaue Beobachtungen wie die von Neocorus angestellt oder überliefert worden. Die Notzeiten des Dreißigjährigen Krieges mögen d a f ü r ein Grund gewesen sein; ein anderer das Unverständnis einer eifernden Obrigkeit, die mit dem häufiger erwähnten Verbot brauchtümlicher Festlichkeiten 10 sicherlich auch viele Lieder und Tänze traf. Bis weit ins 18. Jahrhundert hinein schließlich werden auch in SchleswigHolstein die von der Aufklärung geprägten gebildeten Kreise achtlos an alten Volksüberlieferungen vorübergegangen sein. Erst als in der Nachfolge der Volksliedbegeisterung um Herder und Goethe auch in Schleswig-Holstein das Interesse f ü r Volkstraditionen wieder erwachte, machte man sich an Sammlung und Aufzeichnung. An erster Stelle ist hier wieder ein Dithmarscher zu nennen: Karl Müllenhoff, der nach 1840 zusammen mit Theodor Storm und den Brüdern Mommsen in Schleswig-Holstein sammelte und sammeln 7 8
9
10
ebda Fol. 26; vgl. dazu D V l d r N r . 43. K. Müllenhoff, Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, Kiel 1845, S. 28 u. 33. A. Heimreich, Nordfriesische Chronik, Schleswig 1660, hsg. v. N . Falck, Tondern 1828, I, S. 120. So w u r d e z. B. 1637 das Dorf Wrohm in Norderdithmarschen mit 30 Talern Strafe belegt, weil es gegen ein Verbot das „fastelavendes behr" (Fasnachtsbier) gefeiert hatte; s. Chronik des Bauern Sierk, hrg. v. O. Mensing, 1925, S. 296/137.
Wolfgang Wittrock
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ließ. Die Ergebnisse veröffentlichte er 1845 unter dem Titel „Sagen, Märchen u n d Lieder der H e r z o g t h ü m e r Schleswig, Holstein u n d Lauenburg" 1 1 , ein Werk, das neben den Sammelergebnissen so gut wie alle damals bekannten alten Quellen auswertete. Angespornt durch dieses Werk machten sich nun allenthalben Sammler auf u n d f ö r d e r t e n t r o t z der Ungunst der fortgeschrittenen Zeit noch manches erstaunliche Stück alter Überlieferung zutage. Ein bemerkenswerter F u n d gelang auf der bereits genannten Insel Föhr. Schon in der J a h r h u n d e r t m i t t e w a r man auf den Text einer alten Ballade „Bai R e d d e r " gestoßen; im J a h r 1886 gelang es nun außerdem, aus dem M u n d e eines alten Sängers die ganze Ballade mit Melodie aufzuzeichnen. D a z u erhielt m a n von verschiedenen Seiten Hinweise d a r a u f , d a ß diese Ballade f r ü h e r getanzt w o r d e n sei. Eine Quelle bezeichnet sie sogar als „alten föhringischen nazionaltanz" 1 2 . Zunächst die Ballade selbst 13 , zu der der Aufzeichner vermerkt h a t : „auf O s t e r l a n d f ö h r f r ü h e r bei Hochzeiten gesungen"; an anderer Stelle finden wir den H i n w e i s : „Ein sehr alter M a n n k a n n t e boiredder als alten föhringischen Volkstanz, w o z u auch gesungen sein sollte" 14 .
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Die friesische Sprache u n d vor allem die abgeschiedene Insellage haben sicherlich dazu beigetragen, d a ß diese überaus schöne T a n z b a l l a d e noch aufgezeichnet werden konnte — w ä h n t e m a n sie doch um 1845 schon gestorben: K. J. Clement schrieb bereits in seiner „Lebens- und Leidensgeschichte der Frisen" 1 5 : „Viele Lieder w a r e n noch am Leben auf Föhr, besonders ,Trintje D r ü g h Sees' u n d ,Bai Redder', eine sehr alte Ballade mit wilder, der schottisch-hochländischen ähnlichen Musik. Diese u n d viele andere Volkslieder haben nun ein Ende." Für das hohe Alter der Ballade spricht zunächst der friesische Text. Er heißt in hochdeutscher Übersetzung: Der Ritter trat in den Tanz mit dem Knappen, der Knappe, der Ritter in gleicher Weise. Auch ein stolzes Mädchen schritt ihm zunächst, ehrbar in dem Tanz, stolz und säuberlich. 11 12 13
14 15
s. Anm. 8. Siehe dazu DVldr 3, S. 281 f. DVldr 3, 280 f. ( = Deutsches Volksliedarchiv Freiburg/Br., hs. Aufzeichnung A 170 021, von O. Bremer aus dem Munde von L. Knudsen 1886 in Oevenum/Föhr notiert). DVldr 3, 282. Kiel 1845, S. 149.
Zur Tanzballade in Schleswig-Holstein
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Der Inhalt — ein Ritter straft seine Schwester aufs Grausamste, weil sie sich angeblich in Schande gebracht hat — deutet ebenfalls auf hohes Alter, vor allem aber die Melodie. Ein Vergleich mit den Weisen typenverwandter Balladen aus N o r d deutschland 16 und Skandinavien 17 zeigt erstaunliche Übereinstimmungen, die sich nur durch hohes Alter dieses Melodietypus erklären lassen. Verkehrsferne Lage und offenbar die Bindung an das überall sehr streng überlieferte Hochzeitsbrauchtum haben dazu beigetragen, daß sich auf der Insel Föhr dieses außerordentlich bemerkenswerte Beispiel aus der Gattung der alten Tanzballade erhalten hat. Eine andere Insel, die sich bis in unsere Zeit ein verhältnismäßig großes M a ß an Eigengepräge bewahrt hat, hätte einem kundigen Sammler vor hundert Jahren sicherlich noch ähnliche Funde bescheren können: Fehmarn, durch die neue Brücke der Vogelfluglinie eigentlich erst vor einigen Jahren voll an das Festland angeschlossen. Einen solchen Sammler hat es hier im vorigen Jahrhundert leider nicht gegeben. Hingegen hat sich seit etwa 1890 Peter Wiepert, selbst Bauer auf Fehmarn, in außerordentlich verdienstvoller Weise und in lebenslanger Beschäftigung bemüht, das noch festzuhalten, was die ältesten Bewohner, häufig noch vor 1820 oder sogar 1810 geboren, an Sitten und Gebräuchen aus ihrer eigenen Jugendzeit kannten oder ihrerseits von Eltern und Großeltern erfahren hatten. Dabei hat er eine solche Fülle von Einzelheiten zusammentragen können, daß wir über Sitte und Brauchtum der Insel aus der ersten H ä l f t e des vorigen Jahrhunderts sehr gut informiert sind 18 . Neben vielen anderen brauchtümlichen Festen hören wir aus dieser Zeit beispielsweise auch vom „Wiesenbier", das nach der Heuernte auf den Wiesen gefeiert wurde und bei dem „altüberlieferte Volksweisen und Tänze so recht zur Geltung kamen" 1 9 , oder von dem Frühlingsfest, das „Lentenbeer" hieß, mit seinen D o r f spielen und Reigen: „Da war z . B . der alte Volkstanz ,Frau Inge', die auf dem Dingstein saß und träumte, während der bleiche und kalte Knochenmann ihre schmucke Tochter rauben wollte — ein besinnlicher und symbolischer Kreistanz" 2 0 . Wenn man die kurze Inhaltsangabe P. Wieperts richtig deutet, muß es sich bei diesem Tanz also auch um eine Tanzballade gehandelt haben, die noch in der ersten H ä l f t e des 19. Jahrhunderts gebräuchlich war. Von einem reigenartigen Tanz wird schließlich auch aus dem ehemaligen Fürstentum Ratzeburg berichtet. Dort wurde noch um 1920 hin und wieder als Schlußtanz nach einer Hochzeitsfeier der „Rückelreih" getanzt, bei dem die Tanzenden einen Kreis bilden 21 . Zwei Weisen sind erhalten und in Veröffentlichungen zugänglich 22 .
16 17 18
19 20 21
22
Die Losgekaufte; siehe dazu ebenfalls D V l d r 3, S. 280 f. Skon Guld'borg; siehe dazu ebda. Peter Wiepert, Von der Wiege bis zur Bahre. Eine zusammenfassende Schilderung altfehmarnscher Sitten und Gebräuche, in: Schleswig-Holsteinisches Volksleben, hsg. v. Peter Ingwersen, Schleswig 1955, S. 81—142. P. Wiepert, a. a. O. S. 106. ebda S. 95 f. J. Hennings u. W. Stahl, Musikgeschichte Lübecks, Bd I: Weltliche Musik (v. J. H e n nings), Kassel-Basel 1951, S. 33, Anm. 42. W. Stahl, Niederdeutsche Volkstänze, H a m b u r g 1921, Neue Folge Braunschweig 1923.
58
W o l f g a n g Wittrock
Wollten wir uns bei der Behandlung der Tanzballade auf die Überlieferung in der Erwachsenenwelt beschränken, dann wäre unser Überblick hier am Ende, und es bliebe f ü r das weitere 20. Jahrhundert nur noch festzustellen, d a ß es offenbar in Schleswig-Holstein, ebenso wie im übrigen deutschen Sprachraum, keine in Ausübung befindlichen Tanzballaden mehr gibt 23 . N u n sind aber volkskundlichen Betrachtungen auch die Überlieferungen bei Kindern einzubeziehen, weil die Erwachsenen häufig vergessen haben, „was die Kinder als die besseren Konservatoren weiterpflegen und weitergeben" 24 . Wir wollen daher den letzten Teil des Aufsatzes dem Kinderlied und Kindertanz widmen, um festzustellen, was wir hier noch über die Tanzballade erfahren können. Um diese Frage möglichst umfassend beantworten zu können, wurden neben dem veröffentlichten Material alle handschriftlichen Aufzeichnungen durchgesehen, die seit etwa 1910 in Schleswig-Holstein notiert wurden und sich heute im Schleswig-Holsteinischen Volksliedarchiv befinden25. Von den hier gesammelten fast 6000 Nummern waren insgesamt 645 Aufzeichnungen von Balladen, unter ihnen so bekannte und verbreitete wie „Edelmann und Schäfer" (E.-B. 43) und „Königskinder" (DVldr. 20), aber auch seltene wie „Rheinbraut" (DVldr. 47) und „Schlangenköchin" (DVldr. 79). Von diesen etwa 70 verschiedenen Balladen nun wurden in dem Zeitraum von etwa 1910 bis 1945 noch neun von Kindern gesungen, getanzt und gespielt. Zuerst diejenige Ballade, die wohl am weitesten verbreitet war und sicherlich auch heute noch hier und da von Kindern gesungen und gespielt w i r d : die Ballade vom Mädchenmörder Ulinger (DVldr. 41), den wir aus dem Märchen meistens unter dem Namen Blaubart kennen. Mit wenigen Ausnahmen wurde sie überall so gesungen: Klein-Wessek, Krs. Oldenburg, um 1940, eigene Aufzeichnung
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Mit diesem Lied wandern die Kinder langsam in der Kreiskette herum, eines von ihnen — im Lied heißt es meistens Anna oder Mariechen — sitzt in der Mitte und kämmt sich. Es kommt ein böser Ritter, der Anna ersticht und, falls die H a n d l u n g
23
24
25
Letzte Zeugnisse für Ausführung durch Erwachsene stammen aus den dreißiger Jahren aus Lothringen (siehe L. Pinck, Verklingende Weisen Bd. 4, Kassel 1939, S. 276 ff.) und Mittelpolen (siehe K. H o r a k u. R. Klatt, Volkstänze aus Mittelpolen, 4. H e f t , Plauen 1937, n. K. H o r a k , Jb. f. V o l k s k u n d e der Heimatvertriebenen 5, 1959/60, S. 261). F. Hoerburger u. H . Segler, Klare, klare Seide. Überlieferte Kindertänze aus dem deutschen Sprachraum, Kassel-Basel 1963. Zur Zeit im Landesinstitut für Musikforschung am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Kiel.
Zur Tanzballade in Schleswig-Holstein
59
weitergeht, vom Bruder des Mädchens dafür erschlagen wird. Der Text ist außerordentlich alt und reicht mindestens bis ins 13. Jahrhundert zurück 26 , und die Kinder haben mit diesem alten Stoff zugleich die alte Ausführung im Kreisreigen bewahrt. Gern gespielt wurde auch die Schwankballade „Es ging eine Bäurin durch die Stadt" 2 7 , ja sogar die Schwankballade „Müller und Edelmann", die bei den Erwachsenen mitunter recht derb-drastische Züge annimmt, findet sich unter den Tanzspielen der Kinder 28 . Sehr weit muß auch die Ballade „Dienende Schwester" 29 verbreitet gewesen sein. Sie ist mehrfach als Tanzballade der Kinder überliefert, und zwar aus nördlichen, östlichen und südlichen Kreisen Schleswig-Holsteins 30 . Die folgende Melodie entspricht in ihrem Gepräge nicht dem Alter des Textes. Man sang sie so: Altona 1912, A 1161
Es wohnt'ein
es wohnt'ein
Mark-graf
Mark-graf
an dem
an dem
Rhein,
Rhein,
der half drei schö-ne
derhaH'drei
schö-na
Töch-ter - lein,
Töch-ter-tein.
Die Aufzeichnung vermerkt ausdrücklich: „Kreisspiel" — diese Ballade ist also von den Kindern tatsächlich gespielt und getanzt worden, und zwar im Kreisreigen. Von einer anderen Ballade, „Großmutter Schlangenköchin" 31 , sind wir über die getanzte Ausführung nicht genau informiert. Der Aufzeichner, ein Lehrer Carstensen, dem seine Schüler diese Ballade im Jahre 1896 in Achtrup/Schleswig mitteilten, vermerkt korrekterweise, daß er die Ballade als Spiel selbst nicht gesehen habe, und fährt dann fort: „Ich zweifle nicht, daß sie früher als Rede und Gegenrede gesungen und gespielt worden ist." Wir müssen die Frage in diesem Falle also offen lassen. Sicher sind wir allerdings wieder bei der Ballade „Die Königskinder". Kinder aus Wandsbek sangen sie noch 1912, indem sie im Kreis dazu gingen. Die H a n d l u n g setzt hier ein, wie in vielen anderen Fassungen der Ballade auch, nachdem der Königssohn ertrunken ist. Die Königstochter bittet ihre Mutter, an den See gehen zu dürfen, und läßt dort einen Fischer nach der Leiche des Ertrunkenen suchen. Auch in dieser hier folgenden Fassung ist die Melodie sehr viel jüngeren
26
27 28 29 30
31
W. Wiora, Art. Deutschland, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, hsg. v. F. Blume, Bd. 3, Kassel 1954, Sp. 263. A 1065/66 Altona, mit Melodie; A 1067 Wandsbek ohne Melodie. A 3242 Oldenburg?, ca. 1930, A 4751 Kiel?, 1941. D V l d r 75. A 1156 Kurburg/Schleswig 1912 oM, A 1160 Altona 1913 oM A 1157 Kreis Tondern 1914 oM A 1161 Altona 1912 mM A 1158 Suxdorf/Krs. Oldenburg 1914 oM A 3554 Ahrenviöl/Krs. H u s u m oM. D V l d r 79.
60
Wolfgang Wittrock
Ursprungs als die Ballade selbst; offenbar ist sie stark von neuerer Bänkelsangmelodik beeinflußt: Wandsbek 1912, A 1152 1
2—1_* Ach
Mut
J—
S - ter,
h'ab-ste
s-fi—r—r—f—' (aß
mich
ein
we-nig
Mut-
ter,
h
p spa-
mir
zie
tut
N-i ren
dort
der Kopf
1
h
un - tan
so
weh
—,
hn an
dem
n See
.
Viele Tanzspiele sind sodann zu Fassungen der Ballade „Es wollt' ein Jäger f r ü h aufstehn" überliefert. Die meisten von ihnen benutzen Melodien wie die folgende: Fleckeby/Schleswig 1920, A 657 • Es wollt'ein
Jä - ger früh auf-stehn,
drei-vicr-tet
Stund
*
vor
Sonn-auf-gehn.
Zu Kinderspielen und -tanzen gesungen wurden ferner die Balladen „Ich wollt einmal recht früh aufstehn" (Ermordete Geliebte, E.-B. 96)32 und „Ich saß auf grüner Heide" 3 3 , und sogar eine Strophe der Ballade „Liebesprobe" (E.-B. 67) findet sich, zusammen mit anderen Wanderstrophen, in einem Kreisspiel aus der Gegend von Lübeck 34 . Nicht weiter ausgeführt werden sollen diejenigen Tanzspiele, bei denen sich nicht mit Sicherheit erweisen läßt, ob ihre H a n d l u n g tatsächlich Motive aus Märchen oder germanischer Göttersage enthält, so daß balladenhafte Züge meist nur recht schwach erkennbar sind. Es gehören dazu die Spiellieder „Kling klang kloria, wer sitzt in diesem Toria" 3 5 , das über ganz Schleswig-Holstein verbreitet war und sicherlich auch jetzt hier und da noch gespielt wird, „Schön Elsbeth von der Mühle" 3 6 oder „Dornröschen war ein schönes Kind" 3 7 , das ebenfalls auch heute noch bekannt ist, oder aber die Spiele, in denen eine Brautwerbung dargestellt w i r d : „Es kommt
32 33 34 35
36
37
A 1223 Rendsburg um 1878, mit Melodie. A 1639 Rendsburg um 1878, mit Melodie. C. Schumann, Lübeckisches Spiel- und Rätselbuch, Lübeck 1905, N r . 19. C. Schumann, a . a . O . N r . 48 a—e; K. Müllenhoff, a . a . O . S. 485; mündl.: A 1118 Rendsburg, 2950 Friedrichstadt, 3049 Teschendorf/Krs. Oldenburg, 3376 Kasseedorf/ Krs. Oldenburg, 4271 Hohenwestedt, 5076 Krs. Eckernförde, 5355 Moorhusen/Krs. Steinburg? C. Schumann, a. a. O. N r . 55; mündlich: A 655 a Fleckeby/Krs. Schleswig, 928 Bohnert/ Krs. Schleswig, 892 Tungendorf/Neumünster, 1291 Flensburg, 1553 Lensahn, 2485 O l denburg, 3295 Kl. Wessek/Krs. Oldenburg, 5649 Hanerau-Hademarschen. C. Schumann, a. a. O . N r . 49; mündlich: A 1005 Schauby/Alsen, 1006 Otersen, 1007 Altona, 1008 Dägeling/Itzehoe, 5644 Hanerau-Hademarschen.
Zur Tanzballade in Schleswig-Holstein
61
ein H e r r aus N i n i v e " 3 8 d ü r f t e das bekannteste unter ihnen sein, aber auch „ E s k a m ein goldner W a g e n " 3 9 oder „ E s k a m ein goldner V o g e l " 4 0 w u r d e n gern gespielt. Z u m Abschluß dieser k u r z e n Übersicht über die noch bis in unsere Zeit gespielten und getanzten B a l l a d e n sei die musikalisch u n d textlich a m besten überlieferte v o n „ E d e l m a n n und S c h ä f e r " angeführt. Sie hat sich bis heute über den g a n z e n deutschen S p r a c h r a u m erhalten u n d w u r d e in Lothringen im J a h r e 1936 s o g a r noch v o n erwachsenen jungen Leuten gesungen u n d g e t a n z t " . In Schleswig-Holstein 4 2 hat m a n anscheinend nur noch eine verhältnismäßig glatte, regelmäßig
verlaufende
Melodie zu dieser T a n z b a l l a d e gesungen: A
j
t
h
r
Ein
i
r
r
Schä-fer
ei-nes
i
Sülfeld
5431
^
trieb
"
E -de/-man-nes
fal-le-ra,
n Haus,
er
r trieb
er
LJ
sie wohl
hin-aus,
fal-le-
r und
um 1890
Q
Her-da
Haus,
H
-ri
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sei-ne
Kr. Segeberg
ri
er
trieb
und
fa!-
te - ra,
vor
ei-nes
sie wob!
vor
ei-nes
fal-le-
i
w
trieb
sie wohl vor
S
i
E-del-man-nes
c r c r r
E - del-man-nes
Haus.
Abschließend sei festgestellt: Wenn auch nicht lückenlos zu allen Zeiten u n d in allen Landschaften, so finden sich Belege f ü r getanzte B a l l a d e n in Schleswig-Holstein mit teilweise sehr genauen Beschreibungen der A u s f ü h r u n g in solcher Z a h l , d a ß die E x i s t e n z der T a n z b a l l a d e seit dem ausgehenden Mittelalter bis ins 19. J a h r h u n d e r t hinein f ü r d a s Brauchtum der Erwachsenen als erwiesen gelten k a n n . Spuren dieser einst sicherlich sehr reichen G a t t u n g finden sich bis in unsere Zeit im K i n d e r l i e d und K i n d e r t a n z ; verschiedene G r ü n d e sprechen d a f ü r , d a ß einige der nur noch in A u s f ü h r u n g durch K i n d e r nachgewiesenen T a n z b a l l a d e n früher auch bei den E r wachsenen heimisch w a r e n .
38
39 40 41 42
C. Schumann, a. a. O. Nr. 63 a—c; mündlich: A 833 Fleckeby/Krs. Schleswig, 1077— 1086 Segeberg, 3 X Altona, Scholderup/Angeln, Altona, Oldesloe, Angeln, Suxdorf/Krs. Oldenburg, Hohenwestedt; 2607 Hardesby/Flensburg, 4272 Hohenwestedt, 5277 Husum? A 1075 Münsterdorf, 1076 Osterstedt, 2949 Friedrichstadt. A 1071—1074 Otersen, 2 X Altona, Itzehoe. L. Pinck, Verklingende Weisen Bd. 4, Kassel 1939, S. 276 ff. A 5501 Sonderburg, 3246 Krs. Oldenburg?, 1093 Osterstedt, 5431 Sülfeld/Krs. Segeberg, 839 Bohnert/Krs. Schleswig, 1640 Rendsburg, 1096 Kurburg/Krs. Schleswig, 5381 Krs. Flensburg u. Schleswig.
Der Liedbestand einer Pioniereinheit im 2. Weltkrieg Von M A X M E C H O W (Berlin) Wenn auch heute das deutsche Volkslied im ganzen gesehen nur noch sein „zweites Dasein" führt, hat es in der Gattung des Soldatenliedes bis fast ans Ende des 2. Weltkrieges aus sich heraus gelebt. Während das Soldatenlied des 1. Weltkrieges trotz Elbers' Arbeit 1 von Schuhmacher2 gültig dargestellt worden ist, stehen sich über das des 2. entsprechend den im Kriege und danach herrschenden politischen Strömungen verschiedene Meinungen gegenüber. Dies zeigt sich bereits in der Begriffsfassung. Pallmann 3 , bei dem sich volkskundliches Verständnis und politische PropagandaAbsichten mischen, bezeichnet als Soldatenlied (künftig abgekürzt Sl.) „jedes Lied, das die Truppe ohne fremde Hilfe und aus eigenem Antrieb freudig singt, und das seiner äußeren und inneren Haltung mit dem Wesen deutschen Soldatentums vereinbar ist." Der ersten Hälfte der Begriffsbestimmung wird man beipflichten, der zweiten dagegen keinesfalls, wenn man im weiteren erfährt, wie die Auffassung vom Wesen des deutschen Soldatentums zu steuern versucht wurde und welche Lieder als „echte Soldatenlieder" ausgegeben wurden. Trotz der entgegengesetzten politischen Vorzeichen ist die Auffassung von Elbers 4 derjenigen Pallmanns verwandt, mag sie sich zunächst auch nur auf das Sl. des 1. Weltkrieges beziehen. Er versteht darunter zunächst „die in dieser Zeit in Heer und Marine als freie Aussagen kollektiver Gefühls- und Bewußtseinsinhalte entstandenen und in freiwilligem Gemeinschaftsgesang als Form zwischenmenschlicher Kommunikation hauptsächlich von Mund zu Ohr verbreiteten Liedschöpfungen". Auch diese Begriffsfassung könnte hingenommen werden, obwohl sie recht schwerfällig ist und den Fehler begeht, die zahlenmäßig weit überwiegenden älteren Lieder und älteren Vorformen neuer Lieder außer Betracht zu lassen. Völlig abzulehnen ist aber Elbers' Versuch, vom „publizistischen" Standpunkt die angeblich von der erstgenannten Gruppe nicht zu trennenden, von Nicht-Soldaten verfaßten und, wie er selbst zugibt, nie oder fast nie gesungenen „Lieder" miteinzubeziehen, soweit 1
Winfried Elbers, Das deutsche Soldatenlied im 1. Weltkrieg und seine publizistische Bedeutung. Phil. Diss. Münster 1 9 6 3 . Die Arbeit verzeichnet auch entlegenste L i t e r a t u r . Ü b e r die Begriffsauffassung A n m . 4.
2
Wilhelm Schuhmacher, Leben und Seele unseres Soldatenliedes im Weltkriege, Frankfurt/M. 1928. G e r h a r d P a l l m a n n , Das Soldatenlied in der Volksführung. Phil. Diss. Leipzig 1 9 4 2 . K ü n f t i g abgekürzt P a l l m a n n , Diss. Elbers bes. S. 6 bis 7.
3
4
Der Liedbestand einer Pioniereinheit im 2. Weltkrieg
63
eine Singweise angegeben ist. Bezeichnet er sie zunächst noch als „neue", „literatische" oder „Lieder f ü r Soldaten", so verwischt er zum Ende der Arbeit hin immer mehr die Grenzen zwischen dem wirklich v o n der Truppe gesungenen Lied und der Papier gebliebenen drittklassigen Kriegslyrik. So ist es nicht verwunderlich, daß er ohne jede Untersuchung, ohne jede soldatische Erfahrung, lediglich auf die propagandistischen Teile der Pallmannschen Dissertation 5 und vielleicht auch manche Liederbücher 6 gestützt, f ü r den 2. Weltkrieg „die erzwungene 7 Identität von literarischem und lebendem Soldatenlied" behaupten zu können glaubt. Angesichts dieser politisch bedingten auch der Vergleichsmöglichkeit wegen, als der „Gesamtheit der in soldatischer forderung: „Ein Lied!" rechne ich dabei
Begriffsdeutungen des Sl. empfiehlt es sich, der von Schuhmacher gegebenen 8 zu folgen Gemeinschaft aus freiem Antrieb (die A u f ein) gesungenen Lieder."
Eine Darstellung des Soldatenliedes im 2. Weltkrieg fehlt. Doris Stockmann hat sich in ihrem methodisch vorbildlichen „Volksgesang in der A l t m a r k " 9 auf eine Skizzierung beschränkt, solange nicht Einzelarbeiten vorliegen. A l s eine solche sei aus lebendiger Erinnerung und nach U m f r a g e bei Kameraden der Liedbestand einer Pioniereinheit von 1 9 3 9 bis zu ihrem Untergang Ende 1 9 4 4 dargestellt. Herkunftsmäßig waren die meisten Märker und Berliner; auch der Ersatz w a r im allgemeinen östlich der Elbe-Saale-Linie beheimatet. Beruflich waren etwa 8/s Handwerker, Techniker, Arbeiter und K r a f t f a h r e r , der Rest gehörte den verschiedensten Berufen an. Einsatz erfolgte unter wechselnder Bezeichnung in Polen, Frankreich, ab 1 9 4 2 in Rußland und ab Ende 1 9 4 3 wieder in Frankreich, Belgien 5
6
7
8 9
Die vielen Belege, die Pallmann für das Gesungenwerden propagierter Lieder anführt, stammen aus den beiden ersten Kriegsjahren und ganz überwiegend aus dem Heimatheer und können auch für dieses nur mit Einschränkung gelten. Gerade im Heimatheer gab es viele Beflissene, die meldeten, was gern gehört wurde. Wie unzuverlässig derartige Meldungen, auch aus dem Felde, sind, zeigt für den 1. Weltkrieg Manfred Hausmann, Kunstdichtung und Volksdichtung im deutschen Soldatenlied, Phil. Diss. München 1922, S. X. Soldatenliederbücher stimmten noch zu keiner Zeit mit dem Sangesgut der Truppe überein. Von einem sehr verbreiteten Liederbuch des 2. Weltkrieges bemerkt Paul Beyer, Das alte und das neue Soldatenlied, in: Zeitschrift für deutsche Bildung 17 (1941) S. 157: „Was darin steht, wird meist nicht gesungen, und was gesungen wird, steht meist nicht darin." Dabei wurden von den 200 Liedern der Sammlung wenigstens noch etwa 30 gesungen. Von den 150 Liedern der Sammlung „ K a m e r a d e n , laßt uns singen". Neue Soldatenlieder, zusammengestellt von Ludwig Voggenreiter, 2. Aufl. Potsdam 1942, wurde sogar nur ein einziges gesungen (Graue Kolonnen)! Auch das Liederbuch der Bundeswehr. Hrsg. vom Bundesministerium für Verteidigung, Wolfenbüttel 1958, das u. a. 25 Kanons und 10 Lieder mit Vorsänger enthält, dürfte sich in seinem Bestand kaum mit dem wirklich gesungenen Liedgut decken. Dabei hätte Elbers schon von Schuhmacher S. 10 lernen können, daß eine Truppe niemals durch Befehle oder Strafen zu wirklichem Singen gezwungen werden kann, schon gar nicht im Felde. Das Singen bestimmter Lieder ist wohl nirgends gefordert worden. Leider steht Elbers mit seinen Vorstellungen nicht vereinzelt da. Audi Alexander Sydow, Das Lied, Göttingen 1960, spricht S. 93, z. T. H. J.-Lieder anführend, von der „Gleichschaltung des Soldatenliedes im 3. Reich". Schuhmacher S. 1. (Ost-)Berlin 1962.
64
M a x Mechow
und Holland. Fast alle Offiziere und Unteroffiziere hatten Verständnis für das Singen und sangen kräftig mit. Die meisten Lieder waren einfach „da", einige wurden von anderen Einheiten übernommen. Bis 1942 und Anfang 1944 war, soweit es die Lage erlaubte, etwa zweimal monatlich in der Kompanie oder in den Zügen Singen angesetzt. Dabei waren kameradschaftliche Formen üblich. Aus der Mannschaft oder von Vorgesetzten vorgeschlagene Lieder wurden erprobt, und wenn sie Anklang fanden, auf kurzen Märschen geübt. Liederbücher waren kaum vorhanden und wurden nur ganz selten zum Nachschlagen benutzt. Einige Soldaten schrieben sich gelegentlich Texte auf. Alles weitere wurde, von einigen im Liedverzeichnis angegebenen Ausnahmen abgesehen, ohne künstlerische, moralische oder politische Schulmeisterei der Entwicklung überlassen. Wiederholte Anerkennung des Singens der Einheit durch fremde höhere Offiziere erhöhte die Sangesfreudigkeit. Im folgenden, sicherlich unvollständigen Liederverzeichnis wurden, soweit noch in Erinnerung, auch der Grad der Beliebtheit und die Zeit angegeben, in der die Lieder gesungen wurden. Die Lieder sind Marschlieder, soweit sie nicht mit einem R (überwiegend oder ausschließlich „Ruhelied") versehen sind. In den Hinweisen auf Liederbücher, in denen die aufgeführten Lieder zu finden sind, war ich leider sehr beschränkt 10 . Sämtliche Berliner Büchereien enthalten ein einziges Soldatenliederbuch, der Leihverkehr bot nur Teilersatz. Angaben über Verfasser und den ältesten mir bekannten Druck (natürlich sind viele Lieder älter) habe ich nur bei neueren Liedern geboten. Zusatzstrophen, Kehrreime usw. habe ich lediglich dann gebracht, wenn sie m. W. nicht oder nur an entlegener Stelle gedruckt vorliegen. Von einigen Liedern konnten nur noch Erinnerungsreste aufgeführt werden. Lieder, die zuverlässig als Soldatenlieder des 1. Weltkrieges bezeugt sind11, wurden mit (1) gekennzeichnet. Was in „Ruhe" an allgemein bekannten Liedern (z. B. „Es war einmal ein treuer Husar"; „Lustig ist das Zigeunerleben"; „Schön ist die Jugend"), Heimatliedern und — besonders in Alkoholstimmung — an Teilen älterer Schlager gesungen wurde, blieb unverzeichnet. In den beiden ersten Jahren wurden auch Teile neuerer Schlager („Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern"; „Rosamunde"; „Hörst du mein heimliches Rufen?") gesungen, die späteren Schlager blieben fast unbekannt. Eher gehören zum Liedbestand Kehrreime vergessener Soldatenlieder ( „ J a bei Bier und bei Wein") und einige wenige soldatische Parodien von Schlagerteilen (z.B. von Mackebens „Bei ami" „Du hast Schiß vorm Kommiß, bei ami" 1939). Die meist saftigen unterlegten Texte von Militärmärschen (z. B. „Ein Mädchen steht im Hemd" zu „Alte Kameraden" oder „Wir ha'm den Kanal noch lange nicht 10
11
Benutzt wurden besonders: Morgen marschieren wir. Liederbuch f ü r den deutschen Soldaten, hsg. im A u f t r a g des Oberkommandos der Wehrmacht von Hans Baumann, 2. A u f l . Potsdam 1942. Abgekürzt: Baumann. Soldaten, Kameraden, Liederbuch f ü r Wehrmacht und V o l k . Hsg. von Gerhard Pallmann und Ernst-Lothar v o n K n o r r . 4. A u f l . Hamburg o. J. Abgekürzt: P a l l m a n n - K n o r r . Lied im Volk. Musikbuch f ü r höhere Jungenschulen. Hsg. v o n A d o l f Strube. 1. Bd. Deutsches Volkslied. Leipzig 1942. Abgekürzt: Strube. A u ß e r v o n Schuhmacher durch K l a b u n d ( A l f r e d Henschke), Das deutsche Soldatenlied, wie es heute gesungen wird, München 1 9 1 5 , und A r t u r Kutscher, Das richtige Soldatenlied, Berlin 1 9 1 6 .
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II. BERICHTE Verzeichnis der Schriften John Meiers Zusammengestellt von PETER A N D R A S C H K E (Freiburg i. Br.) Diese Bibliographie der Arbeiten von John Meier (1864—1953) soll eine bedauerliche Lücke füllen und die Lebensarbeit dieses großen Germanisten und Volkskundlers in ihrer Gesamtheit vorstellen. Die einzige bisher veröffentlichte Bibliographie von J. Künzig reicht nur bis in das Jahr 1934. Sie konnte in manchen Punkten ergänzt und verbessert werden. Die Schriften John Meiers sind weit verstreut, auch in entlegenen Zeitschriften erschienen und heute oft nicht mehr leicht zugänglich. Dies bereitete auch bei der Zusammenstellung der vorliegenden Bibliographie gewisse Schwierigkeiten. Nicht selbst eingesehene, nur durch wissenschaftliche Hilfsmittel erschlossene Arbeiten wurden durch einen Asteriscus (*) gekennzeichnet. Bei der Erfassung der Rezensionen seiner Schriften wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Dennoch soll versucht werden, auch von dieser Seite her die Bedeutung John Meiers zu würdigen.
I. S e l b s t ä n d i g e
Schriften
1888 Untersuchungen über den Dichter und die Sprache der lolande, Dissertation Freiburg i. Br. 1888, 63 S.; gedruckt Breslau, Wilhelm Koebner, 1888. 1889 Bruder Hermanns Leben der Gräfin lolande von Vianden. Hg. mit Einleitung und Anmerkungen, Breslau, Wilhelm Koebner, 1889. X , C X X X I I I , 139 S. ( = Germanistische Abhandlungen, hg. von K. Weinhold, Heft 7). R e z. : Literarisches Centralblatt Nr. 27 vom 28. Juni 1890, 935—936.
1891 Studien zur Sprach- und Literaturgeschichte der Rheinlande. Einleitung, Habilitationsschrift Halle 13. Juni 1891; gedruckt: Halle, E. Karras, 1891. 52 S. Vollständig erschienen in: PBB 16, 1892, 64—114.
Verzeichnis der Schriften John Meiers
125
1894 Hallische
Studentensprache.
Eine Festgabe z u m zweihundertjährigen
Jubiläum
d e r U n i v e r s i t ä t H a l l e . H a l l e , N i e m e y e r , 1 8 9 4 . I V , 9 7 S. R e z . : A f d A 22, 1894, 254 (M. H e y n e ) ; Euphorion 3, 1896, 776 (H. Wunderlich). Z f d P h 29, 1897, 429—430 (J. Schmedes). 1906 Kunstlieder
im Volksmunde.
Materialien und Untersuchungen. Halle, Niemeyer,
1906, C X L I V , 9 2 S. R e z . : Z f V k 16, 1906, 364—365 (J. Boke); MSchlVK 8, 1906, 160—161; Korrbl. d. Ver. f ü r siebenbürg. Landeskunde 30, 1907, 10—13 (A. Schullerus); "'Archiv f ü r die gesamte Psychologie. Referate X, 1907, 67—68 (A. Vierkandt); *Ltbl 29, 1908, 393—398 (G. Schläger); A f d A 33, 1909, 207—211 (J. E. Wackernell); Z f d P h 44, 1912, 499—506 (F. Panzer); "Preußische Jahrbücher 148, 1912, 170—174 (A. Bonus). Kunstlied
und Volkslied
in Deutschland.
H a l l e , N i e m e y e r , 1 9 0 6 , V I , 59 S.
* (Erste Veröffentlichung in Beilage z u r Münchener A l l g e m e i n e n Z e i t u n g N r . 53 u n d 54 v o m 7 . — 8 . M ä r z 1 8 9 8 . =
W i e d e r g a b e eines V o r t r a g s g e h a l t e n a u f d e r
Dresdener Philologenversammlung 1897). R e z . : Z f V k 16, 1906, 364—365 (J. Bolte); -Beilage zur Münchener Allgemeinen Zeitung N r . 235, 1906, 69 (A. Sonntag); "'Globus. Illustrierte Zeitschrift f ü r Länder- und Völkerkunde 90, 1906, 226; «'Deutsche Literaturzeitung 27, 1906, 2321—2324 (F. Wilhelm); MSchlVK 8, 1906, 160—161 (Th. Siebs); Korrbl. d. Ver. f ü r siebenbürg. Landeskunde 30, 1907, 10—13 (A. Schullerus); A f d A 33, 1909, 203—207 (J. E. Wackernell); Z f d P h 44, 1912, 499—506 (F. Panzer). 1909 Werden
und
Leben
des Volksepos.
R e d e , g e h a l t e n d e n 15. N o v e m b e r 1 9 0 7 a m
J a h r e s f e s t e d e r U n i v e r s i t ä t Basel. H a l l e , N i e m e y e r , 1 9 0 9 , 54 S. R e z . : Basler Nachrichten vom 20. November 1907, 1. Beilage zu N r . 316; A f d A 33, 1909, 129—136 (A. Heusler); Z f V k 19, 1909, 221; SchwAVk 14, 1910, 88—90 (E. H o f f mann-Krayer). 1910 Basler
Studentensprache.
E i n e J u b i l ä u m s g a b e f ü r d i e U n i v e r s i t ä t Basel
dar-
g e b r a c h t v o m D e u t s c h e n S e m i n a r . Basel, G e o r g u. C o . , 1910, X X V I I I , 52 S. R e z . : Z f V k 21, 1911, 101; -'Zeitschrift f ü r den deutschen Unterricht 25, 1911, 358 (O. Weise). 1916 Das deutsche
Soldatenlied
im Felde.
S t r a ß b u r g , T r ü b n e r , 1 9 1 6 . 6 3 S. ( =
Trüb-
ners Bibliothek, IV). R e z . : Z f ö V k 21/22, 1915/16, 203; Badische H e i m a t 3, 1916, 60—61 (A. Götze); Z r h w V k 13, 1916, 158—159; HessBll 15, 1916, 148—150 (K. H e l m ) ; "Monatsschrift des Bergischen Geschichtsvereins 23, 1916, 139; Basler Nachrichten vom 1. August 1917; MSchlVk 19, 1917, 274—275 (Th. Siebs); ^Krakauer Zeitung 3, N r . 107 vom 18. April 1917, 5; "Pädagogischer Centrai-Anzeiger vom 30. Juli 1917; Z f V k 27, 1917, 273 (J. Bolte); "Zeitschrift f ü r den deutschen Unterricht 32, 1918, 319—320 (F. Panzer).
126
Verzeichnis der Schriften John Meiers 1917
Volksliedstudien: 1. Stehe ich am eisernen Gitter. 2. Es ging einst ein verliebtes Paar. 3. Karl Ludwig Sand im Liede. 4. Lieder auf Friedrich Hecker. Straßburg, Trübner, 1917. IX, 246 S. ( = Trübners Bibliothek, VIII). R e z. : SdiwAVk 21, 1917, 239—240 (W. Altwegg); ZfVk 27, 1917, 267—268 (J. Bolte); MSchlVk 19, 1917, 274—275 (Th. Siebs); Pädagogischer Centrai-Anzeiger vom 30. Oktober 1917 (H. Wocke); HessBll 16, 1917, 105—107 (H. Wocke); Unser Egerland 22, 1918, 26; ZföVk 24, 1918, 55 (Haberlandt); «Obersdilesische Heimat 14, 1918, 88; Ltbl 40, 1919, 144—145 (A.Abt); »Zeitschrift für Deutschkunde 34, 1920, 94 (K. Reuschel); Ethnographia 31, 1921, 115 (E. Schwanz). Deutsche Soldatensprache. Karlsruhe, G. Braunsche Hofbuchdruckerei, 1917. 12 S. [siehe auch: M H 4, 1917, 1—12], 1926 Das Guggisberger Lied. Ein Vortrag. Basel, Helbing und Lichtenhahn, 1926. 52 S. R e z . : ZfVk 35/36, 1925/26, 136—137 (J. Bolte); ZfVk 35/36, 1925/26, 147 (K. Brunner); MSchlVk 27, 1926, 261 (Th. Siebs); SchwVk 16, 1926, 22—23 (E. Hoffmann-Krayer); DVld 28, 1926, 68 (R. Zoder); ZrhwVk 23, 1926, 141 (K. Wehrhan); Neue Zürcher Zeitung Nr. 160 vom 31. Januar 1926 (E. K.); Basler Nachrichten. 2. Beilage zu Nr. 43 vom 13./14. Februar 1926 (W.A.); -Mitteldeutsche Blätter für Volkskunde 1, 1926, 141 (A. Wirth); »Deutsche Literatur-Zeitung N. F. 4, 1927, 341 (O. Goetze); Literaturblatt der Basler Nachrichten. Beilage zu Nr. 235 vom 27./28. August 1927 (K. Nef); OdtZfVk 1, 1927, 158 (E. Fehrle); Ltbl 48, 1927, 341 (A. Götze). 1944 Untersuchungen zur deutschen Volkskunde und Rechtsgeschichte. grab und Brautstein. Halle, Niemeyer, 1944. 103 S.
1. Heft: Ahnen-
1947 Der Verband deutscher Vereine für Volkskunde. 1944. Lahr, Schauenburg, 1947. 29 S.
Sein Leben und Wirken 1904—
1950 Untersuchungen zur deutschen Volkskunde und Rechtsgeschichte. Ahnengrab und Rechtsstein. Berlin, Akademie-Verlag, 1950. VIII, 158 S. ( = Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Veröffentlichungen der Kommission für Volkskunde, 1).
II.
Ausgaben 1892
Bergreihen. Ein Liederbuch des X V I . Jahrhunderts. Nach den vier ältesten Drucken von 1531, 1533, 1536 und 1537 hg. Halle, Niemeyer, 1892. X V I , 122 S.
Verzeichnis der Schriften John Meiers
127
1894/1895 Ältere deutsche Grammatiken in Neudrucken. 3 Bde, Straßburg, Trübner, 1894— 1895: 1. Das Büchlein gleichstimmender Wörter, aber ungleichs Verstandes des Hans Fabritius, hg. von John Meier. 1895. X X X X I I , 44 S. 2. Die deutsche Grammatik des Johannes Clajus . . ., Hg. von Friedrich Weidling. 1894. 3. Die deutsche Grammatik des Laurentius Albertus, hg. von Carl Müller-Fraureuth. 1895. 1896 Volkslieder von der Mosel und Saar. Mit ihren Melodien aus dem Volksmunde gesammelt von Carl Köhler. Mit vergleichenden Anmerkungen hg. I. Band: Texte und Anmerkungen [mehr nicht erschienen], Halle, Niemeyer, 1896. VI, 474 S. 1912 ff. Mitteilungen des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde 14—60, 1912— 1952. Aus den Mitteilungen erschienen u. a. als Sonderdrucke: Berichte über die Sammlung deutscher Volkslieder 1—18, 1915—1941. 1916/1926 Alte und neue Lieder mit Bildern und Weisen (zusammen mit Max Friedlaender, Friedrich Panzer und Max Roediger). Leipzig, Inselverlag, Heft 1—4, 1916, Heft 5—8, 1926. [Nach Abschluß in einem Band vereinigt]. 1917/18 Grundriß der deutschen Volkskunde, 2 Bde., Straßburg, Trübner, 1917—1918: 1. Robert Petsch, Das deutsche Volksrätsel, 1917. 2. Friedrich Seiler, Das deutsche Sprichwort, 1918. 1924 ff. Landschaftliche Volkslieder mit Bildern, Weisen und einer Lautenbegleitung. Heft 1—26, 1924—1934 hg. (zusammen mit Johannes Bolte und Max Friedländer), Heft 27—40, 1935—1943, hg. vom Deutschen Volksliedarchiv [seither bis Heft 43 weitergeführt]. 1926 Deutsche Volkskunde. Insbesondere zum Gebrauch der Volksschullehrer. Im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine f ü r Volkskunde hg. Berlin und Leipzig, de Gruyter, 1926. 344 S. R e z . : ZfVk 35/36, 1925/26, 282—285 (Fr. Boehm); * Weser-Zeitung vom 29. Oktober 1926 (E. Grohne); Wiener Zeitschrift für Volkskunde 31, 1926, 137—138 (A. Haberlandt); OdtZfVk 1, 1927, 169; *Neue Bahnen. Illustrierte Monatshefte für Erziehung und Unterricht 38, 1927, 548; ^Bayerisches Bildungswesen 1, 1927, 582 (A. Becker); "'Deutsches Philo-
128
Verzeichnis der Schriften John Meiers
logenblatt 35, 1927, 317 (H. Kügler); Mitteilungen des Landesvereins f ü r sächsischen Heimatschutz 15, 1926, 433 (E. Mogk); "'Pfälzisches Museum 44, 1927, 65 (A. Becker); D V l d 29, 1927, 96—97 (R. Zoder); Z r h w V k 24, 1927, 69—70 (P. Sartori); •MQ 20, 1927, 27 (G. Fr. Meyer); "'Heimat. Deutschmährische Blätter f ü r H e i m a t k u n d e 13, 1927, 130 (Egeb); Sudetendeutsche Zeitschrift f ü r Volkskunde 1, 1928, 41—42; M H 15, 1928, 174; Bayerischer Heimatschutz 24, 1928, 118—119 (Karlinger).
1927 Nordische Volkskundeforschung. Vier Vorträge von Kaarle Krohn, Reidar Th. Christiansen, C. W. von Sydow, Henrik Ussing. Im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine f ü r Volkskunde hg. Leipzig, Friedrich Brandstetter, 1927. 56 S. 1928 Die Volkskunde und ihre Beziehungen zu Recht, Medizin, Vorgeschichte. Drei Vorträge von P. Diepgen, Cl. Freiherr von Schwerin, O. Tschumi. Im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine f ü r Volkskunde hg. Berlin, H . Stubenrauch, 1928. 64 S. Lehrproben zur deutschen Volkskunde. Im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine f ü r Volkskunde hg. Berlin und Leipzig, de Gruyter, 1928. 136 S. R e z . : D V l d 30, 1928, 97 (R. Zoder); M Q 21, 1928, 119 (A. Strempel); Wiener Zeitschrift f ü r Volkskunde 33, 1928, 124 (A. H a b e r l a n d t ) ; Z r h w V k 26, 1929, 86—88 (SchulteKemminghausen); Heimat-Schollen 9, 1929, 7; Die Mittelschule 43, 1929, 515.
1928 ff. Jahrbuch für Volksliedforschung. Berlin und Leipzig, de Gruyter: 1, 1928; 2, 1930; 3, 1932; 4, 1934; 5, 1936; 6, 1938; 7, 1941; 8, 1951. 1930 Deutsche Volkskunde im außerdeutschen Osten. Vier Vorträge von Brandsch, Jungbauer, Schirmunski und von Schwartz. Im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine f ü r Volkskunde hg. Berlin und Leipzig, de Gruyter, 1930, IV, 81 S. 1930 ff. Deutsche Volkstänze, ab Heft 5/6 hg. im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine f ü r Volkskunde unter anderen von John Meier. Kassel, Bärenreiter, 1930 ff. 1935 ff. Deutsche Volkslieder mit ihren Melodien, hg. vom Deutschen Volksliedarchiv. Berlin und Leipzig, de Gruyter: Bd. 1, 1935; 2/1, 1937; 2/II, 1939; 3/1, 1939; 3/II, 1954. Balladen 1. und 2. Teil, hg. Leipzig, Philipp Reclam jun., 1935 und 1936. 289 u. 319 S. ( = Deutsche Literatur. Sammlung literarischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Entwicklungsreihen. Reihe: Das deutsche Volkslied [ursprünglich auf 5 Bde geplant]). Nachdruck Darmstadt, Wiss. Buchgesellschaft, 1964. R e z . : ,Das deutsche Volkslied'. Eine neue umfassende Sammlung alter und neuer Volkslieder in 5 Bänden, Der Bücherfreund. Nachrichtenblatt des Verlages Philipp Reclam jun. 22, N r . 3, 3. März 1935.
Verzeichnis der Schriften John Meiers
129
1937 (gemeinsam mit Erich Seemann) Lesebuch des deutschen Volksliedes. 1. Teil: Das Volkslied im Leben des Volkes, 188 S.; 2. Teil: Individuallied und Lied der Gemeinschaft in ihren wechselseitigen Beziehungen, 189 S. Berlin, Junker und Dünnhaupt, 1937. ( = Literarhistorische Bibliothek 19, 1 und 2). R e z . : Sudetendeutsche Zeitschrift für Volkskunde 10, 1937, 182; HessBll 36, 1937, 204—205 (A. Götze); Jahrbuch des Bayerischen Landesvereins für Heimatschutz 1937, 146 (St. Ankenbrand); SchwAVk 36, 1937/38, 192—193 (W. Altwegg); D V l d 40, 1938, 61 (R. Zoder); «'Zeitschrift für Deutschkunde 52, 1938, 52 (J. Müller); »Deutsche Kultur im Leben der Völker 13, 1938, 130 (G. Waldmann); :;'Zeitschrift für deutsche Geisteswissenschaft 2, 1939, 81; »Modern Language Notes 54, 1939, 394—395 (W. Neuse).
Archiv für Literatur und Volksdichtung Bd. 1. Lahr/Baden, Schauenburg, 1949. Im Auftrage des Verbandes Deutscher Vereine für Volkskunde hg. (zusammen mit Erich Seemann und Werner Kohlschmidt) [mehr nicht erschienen]. I I I . B e i t r ä g e in Z e i t s c h r i f t e n , S a m m e l w e r k e n , Festschriften und Zeitungen. Vorträge Deutsche Volkslieder mit ihren Melodien, hg. vom Deutschen Volksliedarchiv. Berlin und Leipzig, de Gruyter. Darin folgende Beiträge zur Textgeschichte der Balladen: Band 1, 1935: Vorwort S. V I — X V I I N r . 1: Das jüngere Hildebrandslied N r . 2: Ermenrichs Tod N r . 3: Brautwerbung (Hildesage) N r . 4: Die Meererin N r . 5: Der Jäger aus Griechenland N r . 9: Liebestod (Tristan und Isolde) N r . 11: Heimkehr des Ehemannes N r . 12: Der edle Moringer N r . 13: Der Markgraf von Backenweil N r . 16: Der Bremberger N r . 17: Grausiges Mahl N r . 18: Kerenstein N r . 22: Erlösung vom Galgen N r . 26: Peter Unverdorben N r . 29: Degner und Lussewinne N r . 30: Frau von Weißenburg Band 2/1. Hälfte, 1937: Vorwort S. V—X. N r . 39: Das Tanzlied von Kölbigk 9
Jahrbuch f. Volksliedforschung X I V
130
Verzeichnis der Schriften John Meiers
Nr. 48: Graf Friedrich Band 2/II. Hälfte, 1939:. Nr. 52: Verhängnisvolle Heirat Nr. 53: Die elfjährige Markgräfin Nr. 54: Müllerstöchterlein Band 3/II. Hälfte, 1954: Nr. 60: Der junge Held Nr. 61 : Totenamt Nr. 63 : Des Grafen Töchterlein Nr. 64: Mutscheibeck Nr. 65: Die Bernauerin Nr. 66: Die heilige Elisabeth Nr. 68: Der grausame Bruder Nr. 69: Rache aus Eifersucht Nr. 70 : Blutiges Gericht Nr. 71 : Bai Rädder Band 4, 1959: Nr. 73 : Das Schwabentöchterlein [endgültige Fassung von E. Seemann nach Vorlagen von J . Meier] Nr. 74: Schön Adelheid Nr. 88: Der Hammerschmiedssohn 1886 Zur Heimatbestimmung
des Anonymus
Spervogel.
PBB 11, 1886, 565.
1889 Die deutschen Handschriften in der Bibliothek der Wiltheims. AfdA 15, 1889, 148—149. Mhd. Miscellen: 1. zum Titurel. 2. türbant. 3. halbieren. AfdA 15, 1889, 217—220. 1890 Zur Entstehungsgeschichte der Genoveva-Legende. turgeschichte 3, 1890, 363—365.
Vierteljahrsschrift für Litera-
1891 Zu Wolframs Parzival. PBB 15, 1891, 218—222. Beiträge zur Erklärung und Kritik mittelhochdeutscher Gedichte: 1. Spervogel und der Anonymus. 2. Zu Ulrichs von Liechtenstein Frauendienst. 3. Zum Wilden mann und Wernher vom Niederrhein. PBB 15, 1891, 307—336; Nachtrag S. 570. 1892 Studien zur Sprach- und Litteraturgeschichte der Rheinlande. PBB 16, 1892, 64—114; Berichtigung S. 368. [siehe auch unter Selbständige Schriften, 1894].
Verzeichnis der Schriften J o h n Meiers
131
1893 Deutsche und niederländische Volkspoesie [Bibliographie], in: Grundriß der germanischen Philologie Bd. II, 1, hg. von Hermann Paul. Straßburg, Trübner, 1893, 750—836; 2 1909, 1178—1297. 1894 Zum Reinhart Fuchs. PBB 18, 1894, 205—207. Die deutsche Sprachgrenze in Lothringen im 15. Jahrhundert. PBB 18, 1894, 401—402. Weitere Zeugnisse über Johann von Morsheim. PBB 18, 1894, 570—571. Ein Lied von Sant Grobian. PBB 18, 1894, 572—581. Zu Klaibers Miscellen: 1.
Lutherana'
1895 (ZfdPh 26, 1894, 30—58). ZfdPh 27, 1895, 58—63.
Die H e r k u n f t der Siebenbürger Sachsen. 2. Singularartikel v o r P l u r a l d a t i v e n . 3. Das beste Deutsch. 4. H e r Neidhart. 5. Süsskind v o n Trimberg. 6. Ein Irrtum in Goedekes G r u n d r i ß . 7. Zum Leben J o h a n n Georg Schochs. 8. Die Quelle zum Weiber-spiegel des Andreas T h a r a u s ( 1 6 2 8 ) . 9. M i t dem Judenspiess rennen. 10. Eine F a u s t a u f f ü h r u n g in Wien. 1 1 . Schawelle, schabeile. 1 2 . Zu Beiträge 10 [recte 1 8 ! ] , 5 7 2 f f . [Ein Lied v o n Sant G r o b i a n ] , 13. Zu Beiträge 20, 3 4 0 [Her N e i d h a r t ] . PBB 20, 1 8 9 5 , 3 3 5 — 3 4 3 und 5 7 2 — 5 7 6 .
Erklärung [Entgegnung auf die im Vorwort von Fr. Kluge, Deutsche Studentensprache, Straßburg 1895, gegen John Meier erhobenen Vorwürfe]. Sonderdruck (Halle, März 1895). 5 S. Oelingeriana. PBB 20, 1895, 565—571. 1896 in Bd. II, S. 415. Zeitschrift für Kulturgeschichte
Zu der Aufzählung von Spielen 3, 1896, 120—122. Eine populäre Synonymik des 16. Jahrhunderts. Philologische Studien. Festgabe für Edward Sievers. Halle, Niemeyer 1896, 401—441; Berichtigung dazu in PBB 24, 1899, 424. Naturgefühl und Naturanschauung im deutschen Mittelalter. Weser-Zeitung Nr. 17 748—17 750, 2 2 . - 2 4 . April 1896. Die Entstehung und Bildung der deutschen Familiennamen. Magdeburgische Zeitung Nr. 70, 8. Februar 1896. 1897 Des Nigrinus Schrift ,Wider die rechte Bacchanten'. ZfdPh 29, 1897, 110—117. Das siebenbürgische Jägerlied (zu Korrespondenzblatt 19, 40; 56). Korrespondenzblatt des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde 20, 1897, 109—110. 1898 *Volkstümliche und kunstmäßige Elemente in der Schnaderhüpfelpoesie. Beilage zur Münchener Allgemeinen Zeitung Nr. 226 vom 6. Oktober 1898. Die Volkspoesie der deutschen Alpenländer. Weser-Zeitung Nr. 18 639, 18 642, 18 643 vom 9., 12., 13. Oktober 1898. 9*
132
Verzeichnis der Schriften John Meiers
1899 *Noch einmal ,Die bösen sieben'. Beilage zur Münchener Allgemeinen Zeitung N r . 131, 1899 Die Verbreitung der Schnaderhüpfel und des Jodlers in der Schweiz. Eine Umfrage. SchwAVk 3, 1899, 149—151. Die arme Gred (Volkslied aus dem Kanton Luzern). SchwAVk 3,1899,123—127. 1901 Unser Basler Dialekt. Allgemeine Schweizer Zeitung 28, N r . 140, 142, 144, 146, Morgenblatt vom 25., 26., 27., 28. März 1901. Zu Beitr. 25 [1900], 567 ff. [Albert Leitzmann, Das Taufgelöbnis und der Indiculus superstitionum], PBB 26, 1901, 317—318. (zusammen mit M. E. Marriage) Volkslieder aus dem Kanton Bern. SchwAVk 5, 1901, 1—46. Zu den beiden Volksliedern aus dem Geiselthal [ZfVk 11, 1901, 459—461]. ZfVk 12, 1902, 221—224. 1902 Kinderlied
zum Mittfasten.
SchwAVk 6, 102, 213. 1905
Gedenkrede auf Friedrich Schiller (gehalten bei der Feier im Basler Münster). Basler Nachrichten. 2. Beilage zu N r . 127 vom 10. Mai 1905. Hermann von Gilm, ein österreichischer Lyriker (Akademischer Vortrag in der Aula). Basler Zeitung vom 11. November 1905. 1906 Sammlung schweizerischer Volkslieder [Vortrag im Schweizerischen Lehrerverein]. '^Schweizerische pädagogische Zeitschrift 1906, 350—355. 1907 Kleinigkeiten: 1. Du bist min, ich bin din. 2. Storger. SchwAVk 11, 1907, 269 bis 284. Wolfram von Eschenbach und einige seiner Zeitgenossen. Festschrift zur 49. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner. Basel, E. Birkhäuser, 1907, 507—520. 1909 Geschichte eines modernen Volksliedes SchwAVk 13, 1909, 241—270.
[Es ging mal ein verliebtes Paar].
1910 Gaunersprachliches: 1910, 246—247.
1. Storger. 2. Die Basler Betrügnisse der Gyler. SchwAVk 14,
Verzeichnis der Schriften J o h n Meiers
133
Eine ungedruckte Briefnotiz des jungen Goethe. Goethe-Jahrbuch 31, 1910, 46—49. Vom Dichter des Rigiliedes. SchwAVk 14, 1910, 299—303. Botz marter Küri Velti. SchwAVk 14, 1910, 303—304. 1911 Zu: Lippe-Detmold,
o du wunderschöne
Stadt. Euphorion 18, 1911, 486—488.
1912 Wanderung einer Volksmelodie. SchwVk 2, 1912, 26—27. Glockensprache. SchwVk 2, 1912, 29—31. Maria und die arme Seele. SchwVk 2, 1912, 31—32. Parodien. SchwVk 2, 1912, 32—33. 1913 Berichtigung [zu einer Rezension der Grolimundschen Volksliedsammlungen ( = Schriften der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde 7 und 8) von Dübis im Jahrbuch des Schweizer Alpenklubs 45, 413—414], SchwAVk 17, 1913, 122 bis 123. Das Ständchensingen in Worringen [zu ZrhwVk 10, 1913, 6 2 — 6 3 ] , ZrhwVk 10, 1913, 149—150. Ein Volkslied aus der badischen Revolutionszeit [Die Belagerung von Rastatt], B H 2, 1915, 14—16. Volkslieder von der Königin Luise: 1. Ich hab einen Arm, und der ist kurz. 2. Wilhelm komm an meine Seite, nimm den letzten Abschiedskuß. 3. Wilhelm, komm an meine Seite, wohin dich die Sehnsucht ruft. 4. Gute Königin Louise, die der Tod uns hat geraubt. 5. Stimmt an das Lied, ihr Preußen. ZfVk 25, 1915, 166—183. Das Soldatenlied
im Felde. M H 2, 1915, 61—74. 1916
Horch, was klingt am Schloß empor. Mitteilungen des Vereins für sächsische Volkskunde 6, 1912/16, Heft 12, 371—379. Ein zeitgemäßes Lied [Sauters „Kartoffellied"]. M H 3, 1916, 182—184. Stolzenfels am Rhein. B H 3, 1916, 56; ebenso in: Kriegs-Zeitung der 7. Armee Nr. 178 vom 5. Oktober 1916, 3. Vom deutschen Soldatenlied im Felde. Bremer Gesellschaft zu Freiburg i. Br. Kriegszeitung Nr. 17 vom 1. Dezember 1916, 1—4; ebenso in: Beilage zur Kriegszeitung der 7. Armee Nr. 206 vom 14. Januar 1917. SchwAVk 20, 1916, Ein Schifflein sah ich fahren, Capitän und Leutenant. 206—229. 1917 Deutsche Soldatensprache.
M H 4, 1917, 1—12,
134
Verzeichnis der Schriften John Meiers
1919 [Brief vom 6. Februar 1919 an den Deutschen Volksgesang-Verein in Wien zum Tode Josef Pommers], DVld 21, 1919, 37. Ein Volkslied aus dem Schwarzwalde [zu E.-B. 1460]. M H 6, 1919, 57. 1920 Oberbadische Volkslieder. Ekkhart-Kalender für das badische Land 1, 1920, 51—56. Zur ältesten deutschen Gaunersprache: 1. Vintlers Pluemen der tugent. 2. Die Basler betrügnisse. PBB 45, 1920, 138—141. 1922 Des Kartenspiels
religiöse Auslegung.
M H 9, 1922, 28. 1923
[Antwort auf eine Anfrage betreffend ,Freut euch des Lebens']. SchwVk 8, 1923, 65. Zu Zeitschr. 19, S. 34 f f . [A. Schüller, Vom Kutterufschneiden der Coblenzer Schiffergesellen (16. Jahrhundert)]. Z r h w V k 20/21, 1923/24, 68—69. 1925 Zu dem Märchen ,Die getreue Frau' und dem darin eingesprengten 694], HessBll 24, 1925, 37.
Lied [zu E.-B.
1926 Vom Basler heißen Stein und von anderen Steinen. Sonntagsblatt der Basler Nachrichten 20, N r . 50 vom 12. Dezember 1926. Namen, in: Deutsche Volkskunde. Insbesondere zum Gebrauch der Volksschullehrer. Im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine f ü r Volkskunde hg. von John Meier. Berlin und Leipzig, de Gruyter, 1926, 125—168. Goethe, Freiherr vom Stein und die deutsche Volkskunde. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Mitteilungen der Deutschen Akademie, Heft 4, April 1926, 129 bis 144. *Begrüßungsansprache auf der Abgeordneten-Versammlung des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde am 17.—19. August 1926 in Kiel. Die Heimat 36, Kiel 1926, 229—231. 1928 Vorwort [Über den Plan des ,Atlas der Deutschen Volkskunde']. Deutsche Forschung. Aus der Arbeit der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft, Heft 6 (Deutsche Volkskunde), Berlin 1928, 9—14. Wege und Ziele der deutschen Volkskundeforschung. Ebda. 15—43. Alter Rechtsbrauch im Bremischen Kinderspiel. Festschrift zur Vierhundertjahrfeier des Alten Gymnasiums zu Bremen 1528—1928, Bremen o. J., 229—244.
Verzeichnis der Schriften John Meiers
135
Zu dem Aufsatz ,Tänze in Kirchen und auf Kirchhöfen' von J. Balogh [NdtZfVk 6, 1928, 1—14], NdZfVk 6, 1928, 112—115. [Entgegnung von J . Balogh S. 254 bis 256], Ein alter Kehrreim
in neuem Gewand
[Courante Margretchen ) „Komm 'runter
mein Gretchen"]. J b f V f 1, 1928, 156. (zusammen mit Erich Seemann) Volksliedaufzeichnungen der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff. J b f V f 1, 1928, 79—118. (zusammen mit Erich Seemann und Otto Stückrath) Kunstlieder im Volksmunde. Nachweise. J b f V f 1, 1928, 186—191. 1929 Der Atlas der deutschen Volkskunde (Aus einem Gespräch mit John Meier). Neue Freie Presse (Wien) Nr. 23 211 vom 28. April 1929. Das deutsche Volkslied. Deutsche Volkskunde. Vorträge und Arbeitsgemeinschaften, hg. von J . Klapper, Leipzig und Berlin, B. G. Teubner, 1929, 21—28. 1930 Fünfundzwanzig Jahre Verband deutscher Vereine für Volkskunde. Ansprache, gehalten in der Festsitzung des Verbandes am 21. Oktober 1929 in de: Aula des Berliner Universität. Mitteilungen des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde Nr. 40, Juni 1930, 1—13. Der blaue Stein zu Köln. ZfVk 40 .(N. F. 2), 1930, 29—40. 1932 Zum Hildebrandslied. Festgabe für Philipp Strauch, ( = Hermaea 31, 1932) 45—47. Die Ballade von der Frau von Weißenburg. J b f V f 3, 1932, 1—34. 1933 (zusammen mit Helbok) Frageplan [Vorschläge für 150 Fragen zum Abschluß des Frageplans des A D V ] . Deutsche Forschung. Aus der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft 19, 1933, 7—65. Stetit puella rufa tunica. ZfVk 43 (N. F. 5), 1933, 213—214. Brief an Prof. Petz [zu dessen 70. Geburtstag]. Deutsch-Ungarische Heimatsblätter 5, Heft 3/4 ( = Festschrift Gideon Petz), Budapest 1933, 233—234. 1934 Drei alte deutsche Balladen: 1. Das jüngere Hildebrandslied. 2. Das Lied von Ermenrichs Tod. 3. Das Brembergerlied. J b f V f 4, 1934, 1—65. Das Tanzlied der Tänzer von Kölbigk. SchwAVk 23, 1934, 152—165. Eine wissenschaftliche Ausgabe der deutschen Volkslieder. Geistige Arbeit Nr. 18, 20. September 1934, 4—5. Heißenstein der Name einer öffentlichen Spielbank. Volkskunde-Arbeit. Festschrift Otto Lauffer zum 60. Geburtstage, hg. von Ernst Bargheer und Herbert Freudenthal. Berlin und Leipzig, Walter de Gruyter & Co, 1934, 242—248.
Verzeichnis der Schriften John Meiers
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Degner und Lussewinne. Eine niederdeutsche Ballade des 14.—15. Jahrhunderts. ZfVk 44 (N. F. 6), 1934, 81—93. 1936 Allerhand: 1. Ein altes Weihnachtslied. 2. Ein Lied des vorhöfischen Minnesangs im Rostocker Liederbuch von 1465. 3. Zu dem Liede von Peter Unverdorben. 4. Der Kehrreim in der Ballade ,Herr Hinrich'. 5. Die Quelle zu der Ballade ,Die gefährliche Manschettenblume' im Wunderhorn. 6. Rosenkranz. 7. Zum Liede ,Es zogen drei Regimenter wohl über den Rhein'. 8. Umdichten von Volksliedern auf Grund schriftlicher Vorlagen. 9. Ein verlorener Sammelband von fliegenden Blättern des 16. Jahrhunderts. J b f V f 5, 1936, 46—84. (zusammen mit Erich Seemann) Die ,Rheinbraut' und ,Graf Friedrich'. Untersuchungen zweier Volksballaden auf ihren ursprünglichen Motivbestand. J b f V f 5, 1936, 1—45. Zum Lied von Andreas Hofer. DVld 38, 1936, 153. Vom Wesen des Volksliedes. Lied und Volk 5, 1936, 157—158. Muttertag. ZfVk 46 (N. F. 8), 1936/37, 100—112. 1937 Worte des Gedenkens
an Eduard
Hoffmann-Krayer.
SchwVk 27, 1937, 46—49.
1938 Die älteste Volkshallade von Dr. Faust. J b f V f 6, 1938, 1—29. An den deutschen Volksgesangverein. DVld 40, 1938, 3—4. 1939 L'organizzazione, i compiti, i mezzi tedesco. Lares 10, 1939, 307—340.
e gli scopi degli studi sul canto
popolare
1940 Volksliedsammlung und Volksliedforschung Leben der Völker 15, 1940, 190—210.
in Deutschland.
Deutsche Kultur im
1941 Minnegesang und Volkslied. J b f V f 7, 1941, 1—4. Die Ballade ,Des Grafen Töchterlein' und der Roman von Flore und J b f V f 7, 1941, 5—10. Das Totenamt [zu DVldr. 61], J b f V f 7, 1941, 11—31.
Blanscheflur.
1943 Antwort
[auf eine Anfrage zu ,So leben wir alle Tage']. SchwVk 33, 1943, 52. 1944
Der Galgenstein Das Ahnengrab
von Wegenstetten. SchwVk 34, 1944, 69—70. in Kult und Recht. Forschungen und Fortschritte. Nachrichten-
Verzeichnis der Schriften John Meiers
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blatt der Deutschen Wissenschaft und Technik 20, Nr. 16—18, 20. Juni 1944, 126—129. 1946 Die Ballade
von Schön Adelheid
[DVldr. 74], SchwAVk 43, 1946, 448—479. 1947
Alter Rechtsbrauch
im Wallis. SchwVk 38, 1947, 78—81; dazu Ergänzung S. 108. 1949
Eine Stileigenart im Altdeutschen und ihr Auftreten im Heinrichsliede. für Literatur und Volksdichtung 1, 1949, 104—113. Volksliedwanderung und Volksliedforschung. Ebda. 177—195.
Archiv
1951 Die Ballade vom ,Grausamen Bruder' [DVldr. 68], J b f V f 8, 1951, 1—30. ,Rache aus Eifersucht', eine alte Ballade in moderner Aufzeichnung [DVldr. 69]. J b f V f 8, 1951, 31—37. Die friesische Ballade ,Bay Rädder' [DVldr. 71]. J b f V f 8, 1951, 38—57. ,Das wackere Mägdelein' [zu E.-B. 118]. J b f V f 8, 1951, 58—65. Zwei alte Balladen: 1. Sangeslohn. 2. Nächtliches Stelldichein. J b f V f 8, 1951, 66—77. Herkunft, Geschichtlichkeit und Alter des Liedes ,Hermen, slä Lärmen'. J b f V f 8, 1951, 78—84. Lesefrucht [Kinderreime und Segensformeln in Mushard's Palaeogentilismus Bremensis], J b f V f 8, 1951, 85. 1953 Das deutsche Volksliedarchiv in Freiburg. Staatsanzeiger für Baden-Württemberg 2, 20. Mai 1953, 2—3. Zur Überlieferung eines Testamentliedes. Beiträge zur sprachlichen Volksüberlieferung ( = Spamer-Festschrift). Berlin, Akademie-Verlag, 1953, 13—27 ( = Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Veröffentlichungen der Kommission für Volkskunde, 2). Vergleichende Anmerkungen unter anderem zu: A. L. Gassmann, Das Volkslied im Luzerner Wiggertal, Basel 1906. S. Grolimund, Volkslieder aus dem Kanton Solothurn, Basel 1910. S. Grolimund, Volkslieder aus dem Kanton Aargau, Basel 1911. E. H. H. John, Volkslieder IV.
aus dem sächsischen Erzgebirge,
Aufrufe.
Fragebogen.
Annaberg 1909.
Denkschriften
Forschungen über die Kunstlieder im Volksmunde gänzung], ZföVk 4, 1898, 117—127.
[Liste mit der Bitte um Er-
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Verzeichnis der Schriften John Meiers
Plan einer Sammlung der schweizerischen Volkslieder. Entwurf. 4 S. Aufruf zur Sammlung deutsch-schweizerischer Volkslieder. Basel, November 1906. 3 S. Sammlung deutsch-schweizerischer Volkslieder. Fragebogen. Basel (1906). 8 S. Aufruf zur Sammlung deutscher Volkslieder (1914) [veröffentlicht in verschiedenen volkskundlichen Zeitschriften]. Sammlung deutscher Volkslieder. Fragebogen (1914). 12 S. Umfrage über das Soldatenlied im Kriege (abgedruckt u. a. in: M H 2, 1915, 75). Das Volkslied im jetzigen Kriege. Fragebogen (abgedruckt u. a. in: ZfVk 25, 1915, 392). Sammelt Soldatenbriefe (abgedruckt u. a. in: M H 3, 1916, 103—104). Aufruf zur Sammlung badischer Volkslieder (abgedruckt u. a. in: M H 11, 1924, 81—83). Denkschrift über die Notwendigkeit, die Volkskunde im Schulunterricht und bei der Lehrerausbildung in angemessener Weise zu berücksichtigen. Freiburg i. Br. 30. Dezember 1925. Gedenket unsrer Gocken (abgedruckt u. a. in: ZfVk 17, 1927, 95—96). Sammlung deutscher Soldatenlieder (abgedruckt u. a. in: M H 40, 1927, 279). Schöpfung eines Instituts für deutsche Volkskunde. Streng vertraulich! [Denkschrift 1917],
V.
Rezensionen 1887
E. Meinerich, Sprachliche 255—261.
Untersuchungen,
Diss. Leipzig 1885. — Ltbl 8, 1887,
1892 J . W. Bruinier, Kritische Studien zu Wernhers Marienliedern, Diss. Greifswald 1890. — Ltbl 13, 1892, 147—152. G. G. Rosenhagen, Untersuchungen über Daniel vom Blühenden Tal vom Stricker, Leipzig 1890. — Ltbl 13, 1892, 217—220. A. Schultz, Das höfische Leben zur Zeit der Minnesinger, Leipzig 2 1889 — ZfdPh 24, 1892, 371—401, 524—555; 25, 1893, 91—113. 1893 M. Herrmann, Deutsche Schriften des Albrecht v. Eyb, Berlin 1890. — Ltbl 14, 1893, 123—126. J . Lewalter, Deutsche Volkslieder. In Niederhessen aus dem Munde des Volkes gesammelt, Hamburg 1890. — Ltbl 14, 1893, 49—50. 1894 'A. Ilg. Beiträge zur Geschichte der Kunst und Kunsttechnik aus mittelhochdeutschen Dichtungen, Wien 1892. — Zeitschrift für Kulturgeschichte 1, 1894, 262—272. ::
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Verzeichnis der Schriften John Meiers
1895 E. Schröder, Die Kaiserchronik eines Regensburger Geistlichen, Hannover 1892. — Ltbl 16, 1895, 257—262. M. Spanier, Thomas Murner. Narrenbeschwörung. Mit Einleitung, Anmerkungen und Glossar, Halle 1894. — ZfdPh 27, 1895, 547—552. 1897 Erk-Böhme, Deutscher 557—559.
Liederhort,
Leipzig 1893/1894. — ZfdPh 29, 1897,
1898 Fr. M. Böhme, Volksthümliche 1898, 112—117.
Lieder der Deutschen, Leipzig 1895. — Z f d P h 30,
1900 P. Horn, Die deutsche Soldatensprache, 115—123.
Gießen 1899. — Z f d P h 32, 1900,
1901 Fr. M. Böhme, Deutsches Kinderlied und Kinderspiel, Leipzig 1897. — Z f d P h 33, 1901, 274—278. 1902 G. Züricher, Kinderlied und Kinderspiel ZfdPh 34, 1902, 110—112.
im Kanton
Bern, Zürich 1902. —
1906 R. Tobler, Das Volkslied im Appenzellerlande, Zürich 1903. — Z f d P h 38, 1906, 544—545. G. Heeger und W. Wüst, Volkslieder aus der Rheinpfalz I, Kaiserslautern 1909. — SchwAVk 8, 1909, 308—310. 1911 E. H . H . John, Volkslieder und volkstümliche Lieder aus dem sächsischen Erzgebirge, Annaberg 1909. — Z f d P h 43, 1911, 501—502. K. Bode, Die Bearbeitung der Vorlagen in Des Knaben Wunderhorn, Berlin 1909. — ZfdPh 43, 1911, 482—501. F. Rieser, ,Des Knaben Wunderhorn' und seine Quellen, Dortmund 1908. — ZfdPh 43, 1911, 482—501. 1913 A. L. Gassmann, 's Alphorn. 100 echte Volkslieder, und Leipzig (1913). — SchwVk 3, 1913, 83—84.
Jodel und G'sätzli,
Zürich
140
Verzeichnis der Schriften John Meiers 1923
A. Wrede, Eifler Volkskunde,
Bonn 1922. — M H 10, 1923, 13—14. 1926 ff.
L. Pinck, Verklingende Weisen. Lothringer Volkslieder, Metz und Heidelberg 1, 1926; 2, 1928. — '^Literarischer Handweiser 63, 1926/1927, 357—358 und 66, 1929/1930, 280 ff.; Ltbl 48, 1927, 260—261. 1927 W. Meyer, Ein Niedersächsisches Dorf am Ende des 19. Jahrhunderts, 1927. — JbfVf 1, 1928, 194—195.
Bielefeld
1928 Brouilli, Aus der Ucht, 2 Bde. Letzeburg 1926 und 1927. — JbfVf 1, 1928, 194. 1930 J. Koepp, Untersuchungen über das Antwerpener Liederbuch vom Jahre 1544, Antwerpen (1929). — JbfVf 2, 1930, 171—172. V. von Geramb, Die Knaffl-Handschrift, eine obersteirische Volkskunde aus dem Jahre 1813, Berlin und Leipzig 1928. — JbfVf 2, 1930, 172—173. 1932 M. Tresch, La chanson populaire Luxembourgeoise, Luxembourg 1929. — JbfVf 3, 1932, 182—183. K. Heckscher, Die Volkskunde der Provinz Hannover Bd. 1 : Kreis Neustadt am Rübenberge, H a m b u r g 1930. — JbfVf 3, 1932, 182. C. Brouwer, Das Volkslied in Deutschland, Frankreich, Belgien und Holland, Groningen und Den H a a g 1930. — JbfVf 3, 1932, 182. G. Brandsch, Siebenbürgisch-deutsche Volkslieder Bd. 1, Hermannstadt 1931. — Siebenbürgische Vierteljahrsschrift 55, 1932, 173—190. 1938 G. Heilfurth, Glückauf der Steiger kommt, Kassel (1938). — JbfVf 6, 1938, 221. L. von Recklinghausen, Aus der engen Kammer. Lieder zum unschuldigen Vergnügen, Berlin (1938). — JhfVf 6, 1938, 220. G. Jungbauer und H . Horntrich, Die Volkslieder der Sudetendeutschen, 1. und 2. Lieferung, Kassel (1938). — JbfVf 6, 1938, 220. G. Jungbauer, Das Volkslied im Böhmerwalde II, 1. und 2. Lieferung, Prag 1937/38. — JbfVf 6, 1938, 220. M. Thill, Singendes Volk. Volkslieder aus Luxemburg, Esch-Alzette 1937. — JbfVf 6, 1938, 219—220. 1951 G. Jungbauer und H . Horntrich, Die Volkslieder (1938—1941). — JbfVf 8, 1951, 234.
der Sudetendeutschen,
Kassel
Verzeichnis der Schriften John Meiers
141
G. Heilfurth, Das erzgebirgische Bergmannslied. Ein Aufriß seiner literarischen Geschichte, Schwarzenberg (Erzgebirge) 1936. — JfbVf 8, 1951, 234. H. Oehler, Prinz Eugen in Volkslied und Flugschrift, Gießen 1941. — JfbVf 8, 1951, 233—234. VI. M a n u s k r i p t e im B e s i t z d e s Volksliedarchivs
Deutschen
Kollegmitschrift: E. Sievers, Deutsche Grammatik, Tübingen Wintersemester 1885/86. Otfried. Rede gehalten im Tübinger Seminar 1884. Zur Geschichte des Lebens und Dichtens der Minnesänger. Vortrag gehalten im Tübinger Seminar am 26. Oktober und 2. November 1885. Die Überlieferung der Werke des Hans Sachs. Vortrag gehalten in den Literarhistorischen Übungen in Tübingen am 10. November 1885. Die neueste Schrift über die Entstehung des deutschen Minnegesanges: „Alte deutsche Volksliedchen von Richard M. Meyer". Vortrag gehalten in der Germanischen Gesellschaft zu Tübingen am 14. Januar 1886. Volkslied [ausgearbeitetes Kolleg]. Das deutsche Badewesen im Mittelalter. Materialsammlungen zu: Kunstlieder im Volksmunde, Schnaderhüpfel, Fastnachtstreiben und -spiel, Spiele, Minnesang/Volkslied, Volkslieder. Allgemeines, Untersuchungen zur deutschen Volkskunde und Rechtsgeschichte (3. Band). VII. Fritz Boehm, John
Würdigungen Meier
zum
John
70. Geburtstag.
Meiers ZfVk 43 (N. F. 5), 1933,
120—121.
Eduard Hoffmann-Krayer, John Meier zum 70. Geburtstag (14. Juni 1934). SchwAVk 33, 1934, 1—2. Prof. John Meier 75 Jahre. Völkische Musikerziehung 5, 1939, 400. Paul Geiger, John Meier zum 80. Geburtstag. 14. Juni 1944. SchwAVk 41, 1944, 49—50. Henning Brinkmann in: Wirkendes Wort 1953, 383—384. C. Brouwer, John Meier. Lev. Tal 1952, 44—49. Wolfgang Steinitz, John Meier zum Gedächtnis. Wissenschaftliche Annalen 2, 1953, 649—651. Volkskunst 2, 1953, H. 7, 11—12. Erich Seemann, John Meier zum Gedächtnis. SchwAVk 49, 1953, 212—218. Erich Seemann, Nachruf John Meier. ZfVk 50, 1953, 297—302. Erich Seemann, John Meier. Ein Leben im Dienste am Volkslied. Die Musikforschung 6, 1953, 343—345. Hans von der Au, John Meier (1864—1953). HessBll 44, 1953, 149—151. Erich Seemann, John Meier. Sein Leben und Wirken (Gedächtnisrede gehalten an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg i. Br. am 11. Dezember 1953) = Freiburger Universitätsreden N. F., Heft 17, Freiburg i. Br., H. F. Schulz, 1954.
Verzeichnis der Schriften John Meiers
142
VIII. Volkskundliche
Gaben.
Festschriften
J o h n Meier z u m siebzigsten Geburtstage dargebracht, hg.
unter besonderer M i t w i r k u n g v o n Erich Seemann v o n H a r r y Schewe. Berlin und Leipzig, de G r u y t e r , 1 9 3 4 . Angebinde.
J o h n Meier zum 85. Geburtstag am 14. Juni 1 9 4 9 . D a r g e b o t e n v o n
Basler und Freiburger Freunden und Kollegen, hg. v o n Friedrich M a u r e r . L a h r , Schauenburg ( 1 9 4 9 ) . J o h n Meier zum 80. Geburtstag g e w i d m e t : 17. J a h r g a n g , 1 9 4 4 der Oberdeutschen Zeitschrift für Volkskunde. Artikel über J o h n Meier in zahlreichen L e x i k a .
Verwendete Internationale
Bibliographie
der
Literatur
Zeitschriftenliteratur,
begründet
von
Felix
Dietrich, fortgeführt v o n R e i n h a r d Dietrich. Abteilung A : Bibliographie der D e u t schen Zeitschriftenliteratur 1 8 9 6 ff., Leipzig, F r . A n d r ä ' s Nachfolger, Felix Dietrich,
1 8 9 9 ff (seit 1 9 4 9
Osnabrück).
Abteilung C :
1897—1898,
Bibliographie
der
Rezensionen 1 9 0 0 — 1 9 4 3 , Leipzig, Felix Dietrich, 1 9 0 1 — 1 9 4 4 . Volkskundliche Verzeichnis mengestellt
Bibliographie der von
von
John
Johannes
für die J a h r e 1 9 1 7 — 1 9 5 4 . Meier
Künzig.
1886—1934
veröffentlichten
Schriften,
zusam-
Volkskundliche Gaben. J o h n Meier z u m sieb-
zigsten Geburtstage dargebracht, Berlin und Leipzig 1 9 3 4 , 3 0 7 — 3 1 4 .
Abkürzungen AfdA BH DVld DVldr. E.-B. HessBll JbfVf Ltbl MH MQ MSchlVk NdtZfVk N. F. OdtZfVk PBB SchwAVk SchwVk ZfdPh ZföVk ZrhwVk ZfVk
Anzeiger für deutsches Altertum zu Zeitschrift für deutsches Altertum Badische Heimat Das deutsche Volkslied Deutsche Volkslieder mit ihren Melodien L. Erk und Fr. M. Böhme, Deutscher Liederhort, 3 Bde. Leipzig 1893 ff. Hessische Blätter für Volkskunde Jahrbuch für Volksliedforschung Literaturblatt für germanische und romanische Philologie Mein Heimatland Mitteilungen aus dem Quickborn Mitteilungen der Schlesischen Gesellschaft für Volkskunde Niederdeutsche Zeitschrift für Volkskunde Neue Folge Oberdeutsche Zeitschrift für Volkskunde Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur Schweizerisches Archiv für Volkskunde Schweizer Volkskunde. Korrespondenzblatt der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde Zeitschrift für deutsche Philologie Zeitschrift für österreichische Volkskunde Zeitschrift des Vereins für rheinische und westfälische Volkskunde Zeitschrift des Vereins für Volkskunde
III. BESPRECHUNGEN Die Colmarer Liederhandschrift. Faksimile-Ausgabe ihrer Melodien von Friedrich G e n n r i c h . Langen bei F r a n k f u r t , F. Gennrich, 1967. X V I , 214 S. (Summa musicae medii aevi X V I I I , hg. von Friedrich Gennrich, Facsimilia V). N e u e Forschungsmethoden und erweiterte Einsicht in das Wesen mittelalterlicher Musik lassen es nötig erscheinen, in verstärktem M a ß zu den Quellen zurückzukehren, ältere Interpretationen zu überprüfen. Diesem Bedürfnis k o m m t vor allem Reihe 3 des u m f a n g reichen Editionsvorhabens von Friedrich Gennrich entgegen, in der bisher FaksimileDrucke von I. Guillaume de Machaut, La Messe de Nostre-Dame, II. Die Wimpfener Fragmente der Hessischen Landesbibliothek Darmstadt, I I I . Ein altfranzösischer MotettenKodex (Hs. La Clayette) und IV. Die Jenaer Liederhandschrift erschienen sind. Mit der Colmarer Liederhandschrift liegt nun „das wichtigste literarische und musikalische D o k u ment aus der Frühzeit des Meistersangs" (U. Aarburg in M G G 7, Sp. 1415) allgemein zugänglich vor. Den Inhalt der Handschrift bilden neben fünf Leichen vorzüglich jene „Töne" aus dem 13. und 14. Jahrhundert, die den zwölf legendären Begründern des Meistersangs (Walther von der Vogelweide, W o l f r a m von Eschenbach, Reinmar von Zweter, K o n r a d von W ü r z burg, Frauenlob, Regenbogen, Boppe u. a.) zugeschrieben wurden und die den ältesten in der Regel anonym gebliebenen Meistersingern als Vorbilder (Modelle) dienten. 1862 bemühte sich K. Bartsch erstmals um die seit 1857 in der Münchner Staatsbibliothek (Signatur Cgm 4997) verwahrte Handschrift und gab eine Liste der darin befindlichen Stücke heraus; 1895/96 edierte P. Runge Die Sangesweisen der Colmarer Handschrift und die Liederhandschrift Donaueschingen. F. Eberth, 1935, R. Zitzmann, 1944, R. Genseke, 1955, und schließlich U. Aarburg, 1958, wie oben, befaßten sich in der Folgezeit mit den Texten oder mit den Melodien, ohne eine umfassende Darstellung zu geben. Der vorliegende Faksimile-Druck mag nun, im Sinn des Herausgebers, mithelfen, der Colmarer Liederhandschrift jenes Interesse entgegenzubringen, „das sie infolge ihrer zentralen Stellung verdient" (Vorwort). Freiburg i. Br.
Wolfgang Suppan
Nicolaus B e u t t n e r , Catholisch Gesang-Buch. Faksimile-Ausgabe der 1. Auflage, G r a z 1602. Herausgegeben und mit einem wissenschaftlichen Nachwort versehen von Walther L i p p h a r d t . Graz, Akademische Druck- u n d Verlagsanstalt, 1968. 211 pag. Bll. und 8 Bll. Register, 70 S. Abhandlung, 2 Anhänge, 1 P o r t r ä t N . Beuttners. Seit Ph. Wadkernagel's Hinweisen auf Nikolaus Beuttners, des fränkischen Schulmeisters der beginnenden Gegenreformation im steirischen Mürztal „Catholisch Gesang-Buch" in seinem Werke über „Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu A n f a n g des 17. Jhs.", Leipzig 1864, und der (leider ungedruckt gebliebenen) Wiener Dissertation des f r ü h verstorbenen steirischen Kapuziner-Musikers P. Richard Allinger von 1937 („Studien
Besprechungen
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zur steir. Musikgesch. im 16. u. 17. Jhd. mit bes. Berücksichtigung des kathol. deutschen Kirchenlieds") hat das volkskundliche wie das musikwissenschaftliche und kulturhistorische Interesse an diesem eigenartigen Denkmal der Liedkultur zwischen Spätmittelalter und Frühbarock nie aufgehört. W. Lipphardt, der die vorliegende so wohl geratene FaksimileAusgabe des sehr lang verschollenen, von ihm erst entdeckten Erstdruckes (Graz 1602) besorgte und mit einer breiten Text-, Vers-, Druckgeschichts- und Musikanalyse zu einer Volkslied-Edition mustergültiger Art vereinte, schuf damit die Grundlage für eine vielversprechende weitere Beschäftigung mit diesem Denkmal, für die er auch schon wesentliche Richtungsskizzen [z. B. Frage des Anteils an mündlicher Oberlieferung in dem von Beuttner Aufgenommenen; Beuttners Handschrift-Quellen d. 15.Jhs.; die Frage der Stollenbildung usw.; die Forderung nach musikwissenschaftlicher Analyse von fortlebenden BeuttnerLiedern in der westl. Steiermark in jenem sogenannten „Maschta-"(= Marter-)Singen des Passionsbrauches, wie ihn S. Walter in der Koren-FS (Zur Kulturgesch. Innerösterreichs, Graz 1962, 101 ff.) vorgestellt hatte, wobei zu bemerken wäre, daß die Tonbandaufnahmen ja im Steir. Volkskundemuseum zu Graz vorliegen und bereitwillig der Forschung zur Verfügung gestellt werden usw.] gegeben hat. Und schon ist fast gleichzeitig eine Fülle neuer Beobachtungen, die sich z. T. auch mit anderen Auffassungen früherer Studien von W. Lipphardt befassen, erschienen in der Studie des Freiburger Musikwissenschafters Wolfgang Suppan, „Nikolaus Beuttners Gesangbuch, Graz 1602, und die mündliche Überlieferung". In: „Innerösterreich 1564—1619." = Joannea, Bd. III, hrsg. von A. Novotny und B. Sutter, Graz o. J . (1968), S. 261—295. Lipphardt gibt in seinem Nachwort eine Aufzählung und Beschreibung der bisher bekannten 11 Auflagen des Beuttner'schen Gesangbuches zwischen 1602 und 1718 einschließlich einer Konkordanzenliste und (im Anhang) Beispiele aus der Auflage von ca. 1625 mit der 15 strophigen Mariazeller Gründungslegende als Wallfahrtslied und den Seiten 342—357 aus dem Exemplar der Münchener Bayer. Staatsbibliothek der Auflage von 1718. Da die gleiche „Akademische Druck- und Verlagsanstalt" in Graz schon 1950 in gleich vorzüglicher Ausstattung auch die (protestantische) „Gesang Postill" von Andreas Gigler (Graz 1569/74) mit einem Vorwort des inzwischen verstorbenen ehemaligen Direktors der Steiermärkischen Landesbibliothek am Joanneum zu Graz Julius Franz Schütz, des Erforschers der Frühgeschichte des steirischen Druckes, herausgebracht hatte, liegen die zwei bedeutendsten Denkmäler des Liedes in der steirischen Reformation und Gegenreformation für eine Kulturlandschaft im deutschen Südosten vor, deren Tradition geistlichen Liedsdiaffens und Singens in mannigfacher Funktion zwischen der Liturgie der Stifte und Klöster des 12. Jahrhunderts und dem unmittelbar lebendigen Volksschauspiel mit seinen reichen Liedbeständen nie abgerissen ist und Wertvolles für die Vergleichsschau im Bereich nicht nur der lateinischen und der deutschen Liedkultur sakraler Prägung bietet. München
Leopold Kretzenbacher
6} Deutsche Lieder für vier- bis fünfstimmigen gemischten Chor a cappella nach dem Liederbuch von Peter Schöffer und Matthias Apiarius (Biener). (Straßburg spätestens 1536). Erste Partiturausgabe von Hans Joachim M o s e r . Wiesbaden, Breitkopf & Härtel, (1967). X X X I I , 225 S. Mit der Herausgabe dieses für die Geschichte des deutschen Liedes bedeutsamen Druckwerkes wollte der inzwischen, am 14. August 1967, verstorbene Gelehrte der Wissenschaft und der Praxis einen Dienst erweisen. Solch zweifacher Blickwinkel schien der Generation Hans Joachim Mosers durchaus legitim. Inzwischen aber mußten wir erkennen, daß die Verquickung von Praxis und Wissenschaft zwar einen historisierenden, an populärwissenschaftlicher Darstellung interessierten Liebhaberkreis finden mag, daß aber der Wissenschaft selbst damit in der Regel nur Halbheiten beschert werden. Selbst ein so überragender Ken-
Besprechungen
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ner der Materie, als der H a n s Joachim Moser zweifellos zu bezeichnen ist, konnte — weil es in der N a t u r der Sache liegt — den Zwiespalt nicht überbrücken. Der „Schöffer-Apiarius" enstammt einer Blütezeit des deutschen Liedgesanges, — so sind wir zumindest seit Liliencrons Deutschem Leben im Volkslied um 1530 (Berlin und Stuttgart 1884) gewohnt anzunehmen. Nach den Liedausgaben von ö g l i n , Schöffer (1512), A m t von Aich und H a n s O t t und etwa zugleich mit Heinrich Fincks nachgelassener Sammlung erschienen, stehen Schöffer und Apiarius offensichtlich „unter dem Andringen des deutschen literarisch-wortbetonten Humanismus, dessen Renaissance-Ideal im bisherigen Solotenorlied mit Instrumentalbegleitung noch den Rest ,Gotik' als schon überlebt betrachtet" (Moser S. V I I ) ; eine Zuordnung, die sich aus der Aufmachung der Liedsätze ergibt: denn zum Unterschied von den früheren o. g. Ausgaben bringen Schöffer und Apiarius (und Fink) erstmals die Texte in allen Stimmbüchern. D a ß eine solche Singbarmachung aller Stimmen „durchaus Notlösung, Provisorium'' (Moser, ebda.) sei, kann nicht mit vorgefaßten Meinungen über Wort-Ton-Beziehungen im Lied- und Chorgesang des 16. Jahrhunderts begründet werden, sondern müßte auf der Basis der Kenntnis eben jener „verlorengegangenen Selbstverständlichkeiten" (Riemann, von Moser S. I X zitiert) der Zeit geklärt werden. Problematisch ist auch die Trennung in „Hofweisen" und Volkslieder. Seite X V schreibt H g . : „Die Zuweisung nach Gattungen ergibt, daß an zweifelsfreien Volksliedern höchstens 17 zu zählen sind, also nur r u n d ein Viertel; die drei Bohnenlieder bilden Geselligkeitsbelege mit Volksliedrefrain. Der Großteil, nämlich 45 N u m m e r n , gehört den ,Hofweisen' an . . . : Gebildetendichtung, die zwischen abgesunkenem Minnesang und jungem Renaissance-Erlebnis steht und sich durch Akrostika, allegorische Abstrakta, Lehrhaftigkeit und Gnomik als Schreibtischproduktion gegenüber der Dinglichkeit u n d bildhaften Drastik des im Singen erfundenen Volkslieds abhebt". Es mag nun Z u f a l l sein, d a ß genau 17 Lieder der 65 bei Böhme im Altdeutschen Liederbuch (meist nach Schöffer-Apiarius zitiert, aber mit weiteren Belegen) vertreten sind; Moser erwähnt Böhme nicht. Es handelt sich dabei u m : Ach Elßlin, liebstes Elßlin mein (Schö-A 9, Bö 24), Ach Gott, wem sol (Schö-A 54, Bö 208), Des spils ich gar keyn glück nit han (Schö-A 50, Bö 486), Die brünnlein, die do fließen (Schö-A 13, Bö 133), Die weit die hat (Schö-A 55, Bö 82), Ein armer man wolt (Schö-A 41, Bö 236), Ein läppisch man (Schö-A 28, Bö 357), Entlaubet ist der walde (Schö-A 42, Bö 257), Es wolt ein alt man (Schö-A 53, Bö 237), Frawe, liebste Frawe (Schö-A 56, Bö 472), Ich sol und muß ein bulen haben (Schö-A 60, Bö 232), Man sagt von gelt (Schö-A 6, Bö 362), Nur närrisch sein ist mein manier (Schö-A 34, Bö 345), O du armer Judas (Schö-A 12, Bö 539), Von üppiglichen Dingen (Schö-A 62, Bö 451), Wer lützel bhalt (Schö-A 7, Bö 361), Wil niemant singen (Schö-A 57, Bö 282). Bei Erk-Böhme steht zudem: Tundt a u f f , den Riegel (Schö-A 21, EB 469). — Seit Jahrzehnten ist bekannt, d a ß sowohl Böhme wie Erk-Böhme einer Revision bedürften — und durch die Kataloge des Deutschen Volksliedarchivs weitgehend ergänzt u n d korrigiert werden können. Es ist nicht Aufgabe dieser Rezension, H a n s Joachim Mosers Ausgabe einen VerweisA p p a r a t anzufügen. Einige hervorstechende Beispiele, was die gesellschaftliche und daraus bedingte gattungsmäßige Zuordnung betrifft, seien jedoch erlaubt: Bulschaffl schadt neut (Schö-A 25) steht in der Straßburger Liederhandschrift von 1592; Dieweil umbsunst ietzt alle kunst (Schö-A 45) ist mehrfach auf Flugblattdrucken nachzuweisen, D V A Ph. 502/18, 353 = gedr. F r a n k f u r t am Main 1571, Chr. Egenolffs Erben, Weller 1,1862,233, N r . 171 = gedr. Magdeburg um 1580, J. Waiden, sowie in der Berliner Handschrift von 1568, N r . 50, in der Heidelberger Handschrift Pal. 343, in Ammerbachs Orgeltabulatur von 1571, N r . 11, bei D i t f u r t h , 30jähr. Krieg, S. 73, sowie bei Wolkan, Volkslieder des 16. Jahrhunderts, Euphorion 6, 1899, S. 655 f.; Ellend pringt pein dem herzen mein (Schö-A 43) findet sich ebenfalls auf Flugblattdrucken: D V A B1 3733, o. O . und Jahr, D V A Ph. 502/17, 328 = gedr. F r a n k f u r t am Main 1571, Chr. Egenolffs Erben, sowie in Liederhandschriften: Berliner von 1568, Heidelberger Pal. 343, Osnabrücker von 1575, u n d in Sammeldrucken: Forster 1539 und 1549. O t t , Schmeltzel Quodl. 1544; Ellend ich riejf vnd seuftz so tieff 10
J a h r b u d i f. Volksliedforschung X I V
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Besprechungen
(Schö-A 36) steht u. a. im Straßburger Liederbuch von 1592 (Alemannia 1, S. 56), in Ammerbachs Orgeltabulatur von 1571; Frölich muß ich singen (Schö-A 38), ebenfalls im Straßburger Liederbuch, 1592, im mus. ms. der Königl. Bibl. Kopenhagen 1872 sowie in Werlins Sammlung von 1646 (DVA M* 1168); Irsgleichen lebt auf} erden nicht (Schö-A 22) drucken Flugblätter ab: Weller I, 1862, 270, Nr. 406 = o. O. und Jahr, D V A Bl. 218 und 1233, aber auch zahlreiche Sammelbände; Kein gelt kein gseil (Schö-A 52) findet sich noch bei Werlin 1646, D V A M a 994 und 995; desgl. Lassa lauffen mein mann ist in Krieg (Sdiö-A 65), D V A M* 997; Man siht nun wol wie stet du bist (Schö-A 24) steht in den Liederbüchern von Ambras, 1582, Berlin, 1582, Heidelberg Pal 343, Weimar, 1540, sowie auf Flugblättern jener Zeit: DVA Bl 1532, 1551 und 2384, nicht genannt mehrere Drucke; Mir wirt vntrew geteilet mit (Schö-A 11) begegnen wir im Newsidlers Lautenbudi von 1536 und ein Jahrhundert später bei Werlin, 1646 = D V A M a 1075 f.; Schwer langweilig ist mir mein Zeit (Schö-A 10) ist nicht nur auf Flugblättdrucken vertreten: DVA Ph. 502/17, 329 = gedr. Frankfurt am Main 1571, Chr. Egenolffs Erben, Weller I, 1862, 101, Nr. 475 = gedr. o. O. u. J., D V A Ph. 504/76 = gedr. Köln o. J., H. Nettessem, sondern auch als Tonangabe verbreitet gewesen, — daß es neben Druckwerken: Ambras 1582, auch handschriftliche Liederbücher bringen, ist verständlich: Berlin 1582, Osnabrück 1575, Heidelberg Pal. 343; bei Werlin, 1646, stehen So ich betracht (Schö-A 63) = DVA Ma 1187, und Tundt auf} den Riegel (Schö-A 21) = D V A M" 1141; Wer bulen will (Schö-A 37) begegnen wir im Ambraser Liederbuch von 1582, in der Heidelberger Handschrift Pa. 343, in Frankfurter Liederbüchlein von 1580, 1584 und 1599 sowie auf Flugblattdrucken: D V A Ph. 504/196 = gedr. Köln o. J., H. Nettessem; Wer hoffart treibt (Schö-A 35) steht im Heidelberger Cod. Pal. Germ. 318, 1544; "Wer weiß noch wieß sich schikken wirt (Schö-A 37) bei Werlin, D V A M a 725; Wie wol ich kan vnd bin ein man (Schö-A 23) erfuhr ebenfalls eine breite Streuung und steht noch bei Werlin, 1646 = DVA M a 932 und 1012. Nach diesen Angaben stellt sich der Bestand bei Schöffer-Apiarius zweifellos anders dar. Dürften wir bei der Einteilung in Gesellschaftslieder und Volkslieder bleiben, so fiele mehr als die Hälfte der Lieder aufgrund der durch die Aufnahme in handschriftliche Liederbücher und aufgrund des Flugblattdruckes nachgewiesenen Verbreitung der zweiten „Gattung" zu. „Volkslieder" lassen sich also nicht aus gewissen stilistischen Merkmalen konstruieren, und Volkslied ist auch kein Adelsprädikat, das man besonders „schönen" Exemplaren der musikalischen Populär- und Subkultur verleiht. „Das Volk", d. h. bestimmte gesellschaftliche Schichten, haben zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen historischen Situationen bereits darüber entschieden, welches Lied sie singen wollten: an uns liegt es nicht, Geschichte zu „machen" (phantasieren, manipulieren), sondern die Geschichte zu erhellen, zu deuten. Eine weitere Frage ist dem Druckwerk von Schöffer-Apiarius zu stellen und anhand des darin enthaltenen Materials zu beantworten: Wieweit sind jene als Tenores verwendeten Melodien, die neben der uns vorliegenden literarischen Existenzform auch in der mündlichen, schriftlosen Überlieferung ein „Volkslied-Dasein" führten, in der Tat als VolksliedQuellen zu betrachten? Haben die Bearbeiter verändert, und in welchem Ausmaß? Vergleichen wir etwa im Liedsatz über Von üppiglichen Dingen (Schö-A 62) von Mathias Greiter den Tenor mit den bekannten Parallelbelegen bei Reißner und Werlin — ich habe diese Melodien in der Zeitschrift Musik und Altar 20, 1968, S. 66 f. publiziert — s o ergeben sich überraschende Obereinstimmungen. Andere Belege zeigen dasselbe Bild. Notenbeispiel 1 bringt das Lied Fröhlich muß ich singen (Schö-A 38) aus dem Satz von Thomas Sporer (Zeile 1) und nach Werlin, 1646 (DVA M* 1168) (Zeile 2). Notenbeispiel 2 stellt ebenfalls einen Satz aus Schöffer-Apiarius, Mir wirt vntrew geteilet mit (Schö-A 11) von Mathias Greiter, einem Werlin-Beleg (DVA M a 1075) gegenüber (Zeilenfolge wie oben). Beide Tenores folgen den von Werlin ein Jahrhundert später notierten Liedweisen sehr genau, — sehen wir von den sparsam angebrachten Verzierungen durch die Komponisten ab. — Wenn auch noch weitere Untersuchungen zu dieser Frage ausstehen, erscheint es durchaus angebracht, die Tenores aus den Liedsätzen Alter Meister als zwar nicht „primäre Quellen", aber doch als Wegweiser der historischen Volksliedforschung heranzuziehen.
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Besprechungen
Als F a z i t aus der Begegnung mit H a n s Joachim Mosers Schöffer-Apiarius-Ausgabe bleibt ein überaus positiver Eindruck v o n den gewissenhaft spartierten Liedsätzen, die der Pflege wie der Wissenschaft dienen mögen — ob das Buch ein „Singebuch" wird, bleibt allerdings dahingestellt. U b e r die wissenschaftlich-kritische Betrachtung und E i n o r d n u n g des „SchöfferA p i a r i u s " ist dagegen noch nicht das letzte Wort gesprochen. Freiburg i. B r .
Wolfgang Suppan
Notenbeispiel 1
$
m
Frö - lidi muß ich zeit thut ro - sen
r r r r r. sin — gen Keinr Trau - rig - keif mehr pfie - gen brin - gen, die Sonn kornbt nach dem Re - - gen.
/.-Z*. muess ich Frò - lieh Zeit thuet Ro - sen
p r
Nach
r t m
r r keinr trau-rig-keif mer pfle — gen, die sonn kumpt nach dem re - - gen.
sin — gen brin - gen
r
r
dem win - ter kalt
So kumpt der sum-mer
bald
So kombt der Som-mer
bald
mit
gwalt.
m Nach dem Win - ter
kalt
m
Ì
Nach
p
der fin-sterCnJ nacht
Nach der fin -ster
AI - so
Hoff
0.
bis
I
i
der hei- le
Tag
an - facht
das
ich
werd
sich
das
zeit
sich
auch
sich er-füll !
sein still, biß (sjicti er - füll io*
an - facht
sich
kur - tzer
sein still
tag
werd
c o n - * zeit
m & m
der he! - /e
hoff ich
al - so
r r kur- tzer
Nacht
mit Gwalt.
glück
mit
macht.
mit Macht:
auf
mich
in
Glück auff
midi
in
wen-den.
Da-rumb
ich wi/f
wen - den.
Da - rumb
idi
will
r r i ^ JJ J j ' . ü dar-nach mein hertz thut ten-den.
' dar-nach mein Hertz
^ thuet
ten - den.
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Besprechungen
Notenbeispiel 2
das klag ich mich von her tzen. das mir sott ge - ben Schmer - tzen.
Mir wirdt Vn-trew ge-thei- iet durch dei-nen bö — sen fa!-sehen
des klag ich midi von Her tzen das mir soll ge-ben Schmer-tzen.
$ $
So
So
hoff
hoff
g schwind
vnd
ich
ich
doch
doch.
ba - hend.
Ge-schwind vnd bhend.
É
r r r r ffrP
ge - /«/' - !et mit A//r »v/V-/ vn-trew durch dei-nen bö — sen fat - sehen s/t
m/t sitt
dein
dein
Als
Als dein
ho — her
ho-her
dein
Boch
nem
Nemb
schir
ein
end
schir
ein
End
m r ' rr r ge - müt—
Ge-müth
nach
fremb-dem
gut
das
man-chem
Nach
fremb-den
Guet,
das
man-chem
$
boch
recht
strebt
Recht strebt
bie - der-man
Bi-
vnd
vnd
wut
wütt
wee
mm mi
• dar- man weh
tut
thuet.
Südtiroler Volkslieder. Gesammelt und herausgegeben von Alfred Q u e l l m a l z . Band 1: Balladen, Schwankballaden, Moritaten, historische Lieder, ältere Soldatenlieder, Ständeliede'r, Bauern und Knechte. Kassel-Basel-Paris-London, BärenreiterVerlag, 1968. X X I V , 355 S. Als Auswirkung politischer Entscheidungen war im Jahre 1939 die Umsiedlung der deutschen Bevölkerung aus Südtirol geplant worden. Bevor sie in die Tat umgesetzt wurde, sollte ein Kollegium von Wissenschaftlern das deutsche und ladinische Kulturgut erfassen: A. Quellmalz leitete die Abteilung Volksmusik, welche die volkläufigen musikalischen Uberlieferungen festhalten sollte. Die Grenzziehung von 1919 ließ die Verbindung mit dem nun Ausland gewordenen Nordtirol und auch den übrigen deutschsprachigen Gebieten verkümmern, so daß wirtschaftliche Errungenschaften und kulturelle Strömungen die Dörfer und Berghöfe Südtirols kaum berührten. So fanden die Forscher im Jahre 1940 eine Lage, die durchaus jener um 1910 entsprach. Mit Hilfe eines Tonbandgerätes, damals eine technische Neuerung, hielt Quellmalz in den Jahren 1940 bis 1942 über 2200 Lieder und 540 Instrumentalweisen aus der Volksüberlieferung fest. Dazu kamen noch über 5000 Fotokopien und 2000 Abschriften aus handschriftlichen Lieder- und Notenbüchern, ferner die Tonbandaufzeichnungen von F. Bose, der vorübergehend im Pustertal und seinen Nebentälern gesammelt hatte. Das ergibt einen repräsentativen Querschnitt der Volksmusik, wie er für keine andere deutsche Landschaft geboten werden kann.
Besprechungen
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Die Lieder wurden mit einer bisher nicht geübten Sorgfalt bearbeitet. Fast jede Tonbandtranskription wurde später noch einmal mit dem Uberlieferer oder einer anderen Gewährsperson überprüft. Die mundartlichen Texte wurden unter Anleitung von Dr. Kühebacher, dem Bearbeiter des Tiroler Sprachatlasses, durchgesehen. Von jedem Lied werden alle gesammelten Lesarten berücksichtigt; wenigstens eine Fassung wird vollständig, von den anderen Lesarten die abweichenden Stellen abgedruckt. Selbstverständlich sind auch die Variationen der Melodie, die durch abweichenden Strophenbau oder Unreinheiten des Versbaues bedingt sind, angeführt. Diese Art der Bearbeitung zeigt eindeutig, daß das Werk eine wissenschaftliche Veröffentlichung sein will und nicht dem praktischen Singen dienen soll. Daher erachtet es der Rezensent als nachteilig, daß in den drei ersten Bänden nur die Aufzeichnungen von Quellmalz enthalten sind, Fassungen anderer Sammler und erläuternde und vergleichende Bemerkungen aber erst in einem vierten Band zusammengefaßt werden. Das bedeutet, daß bei Gebrauch des Werkes das gleiche Lied jeweils in zwei Bänden nachgeschlagen werden muß. Der vorliegende erste Band enthält mit 166 Nummern die erzählenden, historischen und Standeslieder. Die beachtliche Zahl von 27 Balladen ernsten und 7 Balladen schwankhaften Inhalts beweist wieder, daß diese Liedgattung auch in Tirol heimisch ist. Da ältere Veröffentlichungen nur mundartliche Liebes-, Alm- und Jägerlieder und Schnadahüpfel enthalten und die Tiroler Nationalsänger echte oder vermeintliche Volkslieder gleicher A r t vortrugen, entstand in weiten Kreisen die Meinung, in Tirol gäbe es keine Balladen und Lieder in der Schriftsprache. Der Rezensent wies schon vor Jahren auf diesen Irrtum hin (Karl Horak, Balladen aus Tirol, in: Jb. d. österr. Volksliedwerkes 2, 1953, S. 59 ff.). Die Bodenständigkeit der Balladen zeigt sich in dem Netz von Fundorten, das sich über das ganze Land erstreckt. „Graf und Nonne" (Nr. 10) und „Der eifersüchtige Knabe" (Nr. 22) wurden beispielsweise in je 13 Orten, der „Mädchen-Mörder" (Nr. 1) und „Der treue Knabe" (Nr. 12) in je 11 Orten aufgezeichnet, ohne wirklich alle Sangesorte erfassen zu können. Die älteren Balladenmotive werden vielfach noch auf altertümliche Weisen, die über 5 oder 6 Töne nicht hinausgehen, oder auch nur rezitativ gesungen. Bemerkenswert ist der 5/4-Takt in Nr. 23 und das Auftreten von Taktwechsel in älteren Liedern — */s- und 3 A-Takt in Nr. 4 c, 4 e, 10 n; 3 U- und 2 A-Takt in Nr. 12, 27, 47 c. Die mitunter stark verzierte Singmanier führt zum Einschub von Füllsilben: deriweil, Müatterilan, veriführen, u. a. Das Überschneiden von Tradition und Pflege wirft die Frage auf, wieweit Lieder, die aus gedruckten Quellen oder von landschaftsfremden Sängern übernommen und nur in einem kleinen Kreis (sangesfreudige Familie, Gesangverein) gesungen werden, zum bodenständigen Liedgut zu rechnen sind. Anlaß gibt Nr. 2 „Wassermanns Braut". Diese Ballade (E.-B. Nr. 1) ist im süddeutschen Raum in ursprünglicher Uberlieferung nicht bekannt. Die aus Rodeneck veröffentlichte Fassung stimmt im wesentlichen mit der im Zupfgeigenhansl S. 75 enthaltenen Form überein. Gleiches gilt für Nr. 9, „Jungfer Dörtchen", das mit Zupfgeigenhansl S. 89 fast notengleich ist. Der Wandervogel hat seinerzeit viele Grenzlandfahrten nach Südtirol unternommen und dabei mit der Bevölkerung Kontakt aufgenommen. Dabei ist das eine und andere Lied in einem kleinen Kreis hängen geblieben. Dies genügt m. E. jedoch nicht, solche Lieder als „Südtiroler Volkslied" zu bezeichnen. Im einzelnen ist zu den Balladen zu bemerken: Nr. 4. Der „Tannhäuser"-Stoff lebt auch in Südtirol in der für den österreichischen Raum kennzeichnenden Waldhauser-Form weiter, die wahrscheinlich auf ein Flugblatt zurückgeht. Vgl. L. Schmidt, Zur österr. Form der Tannhäuser-Ballade, in: Jb. d. österr. Volksliedwerkes 1 (1952) S. 9 ff. — Nr. 7. Alle Südtiroler Fassungen des „Schlosses in Österreich" enden mit der Hinrichtung des Jünglings. Die Strophen mit dem Strafgericht Gottes, das die Unschuld des Jünglings bekräftigt, fehlen. — Nr. 12. Unter den zahlreichen Lesarten des „treuen Knaben" fällt die Fassung aus Matsch („Und im Sommer, da baut sich der Vogel a Nest") auf, die sonst im östlichen Österreich verbreitet ist. — Nr. 16. „Die Brombeerbrockerin". In den Fassungen aus dem Ahrntal und Pfitschtal haben sich die Brombeeren unter dem Einfluß der hochalpinen Umwelt in Granten ( = Preiselbeeren) gewandelt. — Nr. 20. Die ersten Strophen des „schwarz-
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braunen Mädchen" stimmen mit dem Lied vom bestraften Fähnrich überein; in den Südtiroler Fassungen fehlt jedoch die Bestrafung des Fähnrichs. — Nr. 22. „Der eifersüchtige Knabe". Der Stoff ist in Südtirol ungemein beliebt und kommt mit verschiedenen Anfängen vor: Die Rosen blühen im Tale (Garten) Es fallet ein Stern vom Himmel herab Es kann mich nichts Schöners erfreuen Ich liebte einst ein Mädchen. Nr. 28. Das „Binderlied" vermittelt zwischen erzählendem und Handwerkerlied. Die zum Gesang ausgeführten Handbewegungen sollen den bei der Arbeit des Binders entstehenden Lärm wiedergeben. — Nr. 29. „Der Schwarzenglschmiedsgsell". Wertvoll ist die Wiedergabe der volkstümlichen Mehrstimmigkeit aus Schalders. Die Ergänzung durch den FunktionsBaß ergäbe die Mehrstimmigkeit, die im gesamten westlichen Pustertal und seinen Nebentälern üblich ist. Im Abschnitt „Neuere sentimentale Lieder und Moritaten" finden wir nahezu alle beliebten Vertreter dieser Art auch aus Südtirol belegt. Ob die auf lokale Kunstdichtungen zurückgehenden Nr. 50 und 51 als Volkslieder zu bezeichnen sind, ist zu bezweifeln. Die historischen Lieder beschränken sich im wesentlichen auf die kriegerischen Ereignisse der napoleonischen Zeit (1797—1815), der Auseinandersetzungen Österreich—Italien (1848, 1859), Österreich—Preußen (1866), Deutschland—Frankreich ( 1870/71) und Österreich-Türkei (1878). Darunter ist manches Lied, das der patriotischen Gelegenheitsdichtung entstammt und nur in Singrunden und Gesangvereinen verbreitet war, wie etwa N. 57 „Der Tharerwirt von Olang". Allgemeine Soldatenlieder, wie sie im früheren österreichischen Heer gesungen wurden, sind natürlich auch in Südtirol in größerer Zahl volksläufig, hatte doch die ältere Generation der Gewährsleute noch in der k. u. k. Armee gedient. Die Ständelieder nehmen einen beachtlichen Raum ein. Unter Nr. 112 sind zwei Lieder zusammengeworfen, die verschiedenen Typen zugehören und wohl eigene Nummern verdienen würden: „Der Montag, der muß gefeiert werden" und das anschwellende „Heut habn wir Sonntag". Von den Ständen sind die Bergleute, die Boten (die den wirtschaftlichen Verkehr zwischen den entlegenen Tälern und den Hauptorten besorgten), die Fuhrleute, die Handwerker, die Holzhacker, die Nachtwächter, die Schneider, die Wirte im Volkslied vertreten. Das Tercherlied (Nr. 137) geht auf eine Dichtung von Karl v. Lutterotti (Gedichte in Tiroler Dialekten, Innsbruck 1854) zurück. Die Lieder vom Schleifersmann (Nr. 139) und vom Zigeunerleben (Nr. 141) sind Bestandteil vieler Nikolausspiele. Eine eigene umfangreiche Gruppe bilden die Lieder vom bäuerlichen Stand: Lob und Leiden des Bauernstandes, die Mühen des Knechtseins, vom Schlenggeln (Wechsel des Dienstplatzes). Die Lieder Nr. 163 und 164, vom Los der alten Jungfern im Sterzinger Moos, und Nr. 165, Zu Klausen ist Kirchtig, haben allerdings keine Beziehung zu den Bauernliedern und würden besser bei den Scherzliedern stehen. Die sorgfältige Bearbeitung der Lieder zeigt sich in der geringen Zahl von Druckfehlern. Schwaz
Karl Horak
Ich bin das ganze Jahr vergnügt. Liederbuch der Bessarabien-Deutschen. Gesammelt und ausgewählt von Friedrich F i e c h t n e r . Stuttgart, Landsmannschaft der Bessarabiendeutschen, 1968. 200 S., 1 Abb., 1 Karte (Veröffentlichungen des Vereins zur Förderung des Schrifttums der Deutschen aus Bessarabien, 3). Bei dieser Auswahl handelt es sich nicht etwa um eine Neuauflage der 1955 in Kassel und Basel erschienenen Sammlung ostdeutscher Lieder von Konrad Scheierling, sondern um eine neue Zusammenstellung bessarabiendeutschen Liedgutes für den praktischen Gebrauch. Ob man ein solches Titelplagiat, schon aus verlagstechnischen Gründen, nicht besser vermieden hätte? Wie dem auch sei, jedenfalls sind wir seit Scheierlings Ausgabe daran gewöhnt,
Besprechungen
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daß Liedersammlungen für die Praxis durchaus auch wissenschaftlichen Anforderungen genügen können; und so muß es sich der Hrsg. wohl oder übel gefallen lassen, daß wir seine neue Edition an dem Vorgänger gleichen Titels messen. Dieser Vergleich fällt leider zuungunsten des Bessarabien-Liederbuches aus. Zwar veröffentlicht Fiechtner ebenfalls Originalaufzeichnungen aus dem Volksmund — Gelegenheit zu Aufnahmen bot sich ihm 1940/41 im Umsiedlerlager von Böhmisch-Leipa —, aber sein Editionsprinzip ist nicht eben wissenschaftlich zu nennen. Vor allem vermißt man ausführliche Quellenangaben. Der summarische Hinweis auf die Herkunft aus den evangelischen Dörfern Bessarabiens befriedigt nicht. Überhaupt ist die Beschränkung auf diesen Teil der früheren Siedlungen nicht recht einzusehen. Sollte es etwa an entsprechenden Aufzeichnungen gefehlt haben, warum griff man dann nicht auf die Sammlungen von Albert Brosch, Alois Leinz u. a. zurück? Warum bemühte man sich nicht um die Einbeziehung der großartigen Dokumente, die Alfred Cammann und Johannes Künzig mit so großem Erfolg auf Tonband festgehalten haben? Das vorliegende Liederbuch soll eine Periode in der Geschichte der Bessarabiensiedler spiegeln, die der Vergangenheit angehört. „Unsere Aufgabe war es, unser altes Liedgut noch einmal aufklingen zu lassen als eine schöne Erinnerung für unsere älteren Leute und seinen Bestand in Umrissen anzudeuten" (Einleitung S. 9). Konnte es nicht, wenn man schon das Dokumentarische dieser Ausgabe betont, ohne Eingriffe des Herausgebers abgehen? Wozu kann es dienen, wenn bei einem vom Volk zurechtgesungenen Lied, dessen Verfasser noch bekannt ist, der Originaltext wieder zu Ehren gebracht wird, weil er ja „besser und vollständiger" erhalten ist? Ist es ferner berechtigt, bei den „schrecklichen Moritaten und Schauerballaden" die Melodien wegzulassen, weil diese Stücke nicht zu dem Liedgut gehören, „das verdiente, gepflegt zu werden"? (S. 11). Und schließlich: Warum fehlt jeglicher Hinweis auf Varianten in anderen Sammlungen, auf weitere bessarabiendeutsche Aufzeichnungen usw.? In der Erzählforschung gehört es seit langem zu den Selbstverständlichkeiten, daß sich die Hrsg. von Märchensammlungen bei den wissenschaftlichen Instituten R a t holen, insbesondere bei der Frage der Typisierung des Erzählgutes nach Aarne-Thompson. Keine moderne Volksliedsammlung sollte künftig auf einen ähnlichen Apparat verzichten. Auch in der Volksliedforschung müßte sich allmählich die Erkenntnis durchsetzen, daß man auf diesem Gebiet nicht mehr ungestraft dilettieren kann. Die Chance, eine wissenschaftlich-kritische Ausgabe des bessarabiendeutschen Liedgutes zu schaffen, ist vertan worden. Fragen wir zum Schluß, welchen Beitrag Fiechtners Ausgabe überhaupt leisten kann. Die Sammlung enthält 129 Texte und nur 50 Melodien, z. T. in mehrstimmiger Bearbeitung. Zahlreiche Texte, besonders bei den Liebesliedern, sind offenbar aus den bekannten handgeschriebenen „Liederkladden" übernommen worden. Die fehlenden Melodien hätten sich leicht aus anderen Sammlungen bessarabiendeutschen Liedgutes ergänzen oder vielfach sogar heute noch aufzeichnen lassen. Die bemerkenswertesten Stücke der vorliegenden Auswahl seien im folgenden kurz genannt: S. 93 f. „In Bukarest ist's gemütlich" (Quodlibet); S. 96 f. „Die angenehme Sommerszeit" (deutsch-russisches Mischlied, vgl. D V A A 168 203 aus Friedenstal/Bess., öfters auch aus der Ukraine belegt); S. 107 „Die Zeit und Stunde ist nun hier" (Rekrutenlied, vgl. A 169 261 aus der Dobrudscha); S. 112 f. „ * A u f der Reise bin ich gefahren" (Rekrutenabschiedslied, vgl. EB 1431); S. 116 „Was kann es denn Schöneres geben" (Eifersüchtiger Knabe, E B 48); S. 122 f. „ * D r a u ß Moskau ist eine schöne S t a d t " ( = Lippe-Detmold); S. 129 ff. „Auf, ihr Reichen, auf, ihr Armen" (Amerikalied); S. 152 f. „Es wollt' ein Mädchen nach Wasser gehn" (Winterrosen, EB 117); S. 154 f. „»Ein Kind von sieben J a h r " (Waise und Stiefmutter, DVldr. 116); S. 158 f. „Es waren einmal zwei Bauernsöhn" (Mordeltern, DVldr. 83); S. 160 f. „:;"Es fuhr ein Markgraf über den Rhein" (Dienende Schwester, DVldr. 75); S. 166 „Ihr Jugend, die noch unbekehrt" (zum Stoff vgl. K . H o r a k in Jb. f. Vk. d. Heimatvertr. 3, 1957, S. 200 ff., N r . 7). Eine Quellenedition des bessarabiendeutschen Volksliedes bleibt auch weiterhin ein Desiderátum. Freiburg i. Br.
Rolf Wilh. Brednich
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Besprechungen Liederliche Lieder. Erotische Volkslieder auf fünf Jahrhunderten. Herausgegeben von Klaus B u d z i n s k i u n d H a n s Reinhard S c h a t t e r . München, Bern und Wien, Scherz Verlag, 1967. 446 S. Freche Lieder. Liebestolle Verse, amouröse Chansons, Volkspoesie u n d handfester Bänkelsang, kleine Deftigkeiten großer Dichter: Erotik in Reimen aus acht J a h r h u n derten. Eine Anthologie, hrsg. von Jochen W i 1 k a t. München, Wilhelm H e y n e Verlag, 1967. 178 S. (Exquisit Bücher, 9). Liebe ist besser als Krieg. Erotische Lyrik und lose Lieder. Freimütig präsentiert von Rolf W i 1 k e n. H a m b u r g , Christian Wegner Verlag, 1967. 300 S. Friedrich S. K r a u ß , Das Minnelied des deutschen Land- und Stadtvolkes. Veränderter Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1929. H a n a u , Verlag K a r l Schustek, 1968. 247 S. (Anthropophyteia. Veröffentlichungen zur Urtriebsforschung).
Die Sexwelle hat sich mittlerweile auch des Volksliedes bemächtigt. Wem dies bisher entgangen sein sollte, dem w i r d dies spätestens aus der obigen Titelzusammenstellung deutlich. Ein Ende dieser neuerwachten ,Begeisterung' f ü r das erotische Volkslied ist noch nicht abzusehen. Der Volksliedforscher, der diese Verlagsprodukte mit E r w a r t u n g zur H a n d nimmt, wird durchweg enttäuscht; er findet im G r u n d e nichts Neues. Alter Wein w i r d in neue Schläuche gefüllt, anders gemischt und etikettiert. Im G r u n d e sind diese Sammlungen wohl auch nicht f ü r den Wissenschaftler gedacht, sondern hier w i r d das vorhandene Publikumsinteresse an Pornographie in klingende Münze umgewandelt. Ein deutliches Zeichen f ü r das schlechte Gewissen mancher Verleger (Scherz, Schustek) ist es, wenn es trotz mehrfacher A n f o r d e r u n g nicht möglich w a r , in den Besitz eines Besprechungsstückes f ü r unser Jahrbuch zu gelangen. Trotzdem und vielleicht gerade deshalb scheint es geboten, die jüngst erschienenen Anthologien hier anzuzeigen, denn kaum einer der Herausgeber verzichtet in diesen Sammlungen auf ein sich wissenschaftlich gebendes Vorwort. Seit H . - M . Enzensberger und P. Rühmkorf scheint es dabei inzwischen zum guten Ton zu gehören, die Volkskunde fleißig zu beschimpfen u n d besonders ihre jahrelangen Versäumnisse zu rügen. A n schließend nimmt man sich die Werke von eben diesen Volkskundlern her und schlachtet sie ungeniert f ü r die eigenen Zwecke aus. Doch lassen wir die Hrsg. selbst zu W o r t kommen: „Seit ,Des Knaben W u n d e r h o r n ' u n d den anderen Bemühungen hochgestimmter R o m a n tiker um das deutsche Lied w u r d e des Volkes Stimme, die man ,auszugraben' vorgab, von diesen ,edlen Seelen' doch arg zurechtgestutzt, ja schlichtweg verfälscht. Dabei w a r man, in frommer Einfalt, um die gründliche Ausmerzung der kräftig-deftigen populären Erotik b e m ü h t . . ." (Wilkat S. 6). „Umso mehr nimmt es wunder, daß, zumal in einer Zeit, da die Literaturgeschichte sich allmählich selbst mit der Trivialliteratur auseinanderzusetzen beginnt, noch immer ein Sektor überlieferter und weithin bekannter Folklore von Forschern und Sammlern n e g i e r t . . . (wird)" (Budzinksi—Schatter S. 13). Soweit so gut. Wenn es sich aber bei den erotischen Liedern schon um Überlieferungen handelt, die „einstmals jeder Handwerksbursche auf der Walz, jeder Student auf der Kneipe, jeder Soldat auf dem Marsch und jeder Seemann auf hoher See gesungen h a t " (Budz.—Sch. S. 10), die „heute noch genauso lebendig sind wie eh und je" (Vorwort des Verlegers zu K r a u ß , S. 5), w a r u m kam dann keiner der Hrsg. auf die Idee, selbst zum Sammler zu werden und neue Quellen zu erschließen? Nein, diese Mühe überläßt man doch lieber den Volkskundlern, denn es ist ja so praktisch, deren fertige Publikationen zu benutzen, da das Volkslied ja keinem gehört und es daher auch keinen Urheberrechtsschutz beanspruchen kann. Mit Quellenangaben kann man dabei obendrein recht großzügig verfahren oder dieselben ganz weglassen. Die bei weitem ungenierteste Ausbeutung volkskundlicher Quellenwerke findet bei Budzinski—Schatter statt. Die Verfasser beziehen sich auf insgesamt 12 einschlägige Quellenwerke, aus denen sie ihr Werk zusammengebastelt haben. Einige wichtige Quellen sind ihnen indes entgangen, so der Vorläufer der „Anthropophyteia", die Zeitschrift „ K r y p t a d i a " , Heilbronn 1883 ff., ferner die Ausgaben Josef Polsterers in der Reihe „Futilitates" Bd. 2 und 4,
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Wien 1908, K. Liebleitner, Für d'Mannerleut zum hoamtrag'n, Wien 1906, E. K. Blümml und G. Gugitz, Der Spittelberg und seine Lieder, Wien 1924 oder G. Jungbauers Anhang „Derberotisches" zu seinen Volksliedern aus dem Böhmerwald Bd. 2, Prag 1937, dazu auch einige Abhandlungen wie H e i n z H . Schrecker, Die Erotik im Soldatenlied, Diss. München 1921 oder G. Legman, The Horn Book, N e w York 1964 mit dem wichtigen Kapitel über „The b a w d y song". Auffällig ist in der Ausgabe liederlicher Lieder die mangelnde Berücksichtigung des erzählerischen Moments. Die ermüdende Wiederkehr des immer gleichen Sachverhalts (die Verfasser setzen raumsparend " f ü r coitus!) erinnert daran, d a ß auf dem Gebiet der gesungenen Schwankerzählung, der Schwankballade, noch viele Entdeckungen zu machen sind, vor allem durch Berücksichtigung der Flugblattliteratur und von unedierten Handschriften. — Anspruchsloser als diese Anthologie gibt sich die Publikation des H e y n e Verlages; das Taschenbuch bringt u. a. 25 geschickt ausgewählte Volksliedtexte, ohne jedoch die Quellen anzugeben; f ü r die meisten Stücke hat offenbar L. Schidrowitz Pate gestanden, dessen in Wien 1921 erschienene Sammlung bereits selbst ein sekundäres Machwerk a u f grund vorangegangener Editionen darstellte. — In Bezug auf die Auswahl erotischer Volkslieder gilt f ü r Wilkes Liebe ist besser als Krieg Ähnliches: auch hier sind die Volkslieder ohne Herkunftsnennung aus Schidrowitz entnommen, außerdem wurden fast die gleichen Stücke ausgesucht wie bei Wilkat. Ein Werturteil über die übrige höchst ergötzliche Blütenlese erotischer Poesie soll damit nicht getroffen werden. Es sei auch nicht verschwiegen, daß der Hrsg. sich die Mühe gemacht hat, erotische Volksliedtexte aus allen möglichen anderen Sprachbereichen aufzusuchen und z. T. selbst einzudeutschen. — Der Schustek Verlag schließlich hat mit dem Nachdruck des einstigen Kraußschen Beiwerkes zu den Anthropophyteia den leichtesten Teil erwählt, aber fatalerweise hat man das Original nicht etwa anastatisch neu gedruckt, sondern man hat das Buch neu gesetzt, mit einem neuen Vorwort versehen und die Einleitungen von F. S. K r a u ß z. T. gekürzt. Dadurch entstand eine völlig neue Paginierung, die es nicht mehr ohne weiteres erlaubt, Zitate nach der Originalausgabe im N e u druck zu verifizieren. Das hätte vermieden werden können. Den Mittelpunkt dieses Bandes bildet ein fast 150 Seiten umfassendes Kapitel von A l f r e d Webinger mit 1087 thematisch geordneten erotischen Vierzeilern aus Österreich mit 174 zugehörigen Melodien und einem brauchbaren Schlagwortregister. Schon allein um dieser Sammlung willen dürfte sich der Nachdruck gelohnt haben. — M a n darf gespannt sein, was verlegerischer Erfindungsgeist noch alles an Undergroundpoesie zutage fördern wird. Freiburg i. Br.
Rolf Wilh. Brednich
Kleiner Drehorgelgruß. Nachruf in W o r t und Bild auf die verklungene Welt der Leierkasten, der Straßenmusikanten und Drehorgelmänner. Herausgeber: Peter S c h i f f e r 1 i. Zürich, Verlags-AG Die Arche, 1968. 96 S. Das liebenswerte Büchlein stammt von einem Liebhaber der Drehorgel, und da „jeder Sammler auf die Dauer der Komplicen bedarf, um sich seiner Passion beruhigten Gewissens hingeben zu können" (Valéry Larbaud), f a n d auch Schifferli bald Gleichgesinnte, darunter u. a. Werner Bergengruen, die ihm bei der Zusammenstellung des Büchleins halfen. Auf k n a p p hundert Seiten sind Text- und Bildzeugnisse um den Leierkastenmann zusammengetragen. Die Textstellen sind größtenteils literarischer H e r k u n f t ; u. a. sind vertreten Detlev von Liliencron, A r n o H o l z , M a n f r e d H a u s m a n n u n d Klabund. Volkslieder sind nur zwei aufgenommen: „Lieber Leierkastenmann . . ." (wohl Berliner Herkunft?) und „Ich bin der Leierkastenmann . . ." Sicher hätte sich hier noch manches finden lassen; die reiche volkskundliche Literatur zum Drehorgellied ist nicht berücksichtigt. Sie sei im folgenden auszugsweise zusammengestellt: F. A. Gropp, Die Drucker der Hamburger Drehorgellieder, in:
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Mitt. d. Verf. f. hamburg. Gesch. 2 (1882) 127—132; J. E. Rabe, Niederdt. Drehorgellieder, in: Mitt. a. d. Quickborn 4 (1911) 74—75; K. Wehrhan, Zum Drehorgel- und Bänkehange, in: D. dt. Volkslied 30 (1928) 117—120; Joh. Gosseick, Das Drehorgellied auf seiner Wanderung durch Mecklenburg, in: Mecklenburg. Monatshefte 6 (1930) 379—384; M a x Kuckei, Die Dichter der „Fliegenden Blätter" in: Mitt. a. d. Quickborn 30 (1937) 56—59; ders., De Orgeldreier. Plattdüütsche Dreiorgellieder ut de Nordmark, Garding 1938; H e l m u t Zeraschi, Drehorgel, Serinette und barrel organ, Diss. Leipzig 1961; H e i n r . Schüen, Die Schönen neuen Lieder der Fliegenden Blätter in Mecklenburg 1864—1869. Ein Beitrag zur Gesch. des Drehorgelliedes, in: D t . Jb. d. Musikwiss. 6 (1962) 33—39. — Als Geleitwort benutzt der Herausgeber einen interessanten Bericht von Gg. Chr. Lichtenberg, dem 1757 in London die Verwandtschaft einer englischen Drehorgelweise mit dem deutschen Choral „In allen meinen Tagen" auffiel. Für die Volksliedforschung sind die vom Verfasser beigebrachten Abbildungen wichtig, da sich die Moritatensänger auf J a h r m ä r k t e n meist der Drehorgeln bedienten (vgl. K. V. Riedel, Der Bänkelsang, 1963, S. 13 u. ö). Einige Bänkelsänger erscheinen daher auch bei Schifferli im Bild. Obgleich der Verfasser die Quellenangaben zu den Abbildungen vermissen läßt, w i r d man i h m f ü r die aufgefundenen Darstellungen D a n k wissen. Einige weitere Abbildungen von „Werkelmännern" (das W o r t erscheint in der Sammlung seltsamerweise nicht!) hätte das Museum der Stadt Wien beitragen können (vgl. den auf S. 158 f. besprochenen Ausstellungskatalog, N r . 221—235). Die Volksliedforschung hat offensichtlich eine systematische Sammlung von Bildzeugnissen zur Geschichte des Bänkelsanges verabsäumt (außer Ad. Spamer, Die deutsche Volkskunde Bd. 2 vergleiche man etwa „Die Singenden in der graphischen Kunst", Ausstellungskatalog Essen 1962, Kunstsammlungen der Veste Coburg). Das Deutsche Volksliedarchiv in Freiburg w i r d sich künftig dieses vernachlässigten Gebietes annehmen. Der Herausgeber kündigt im N a c h w o r t ein weiteres Bändchen über Spieluhren an, wozu man ihm wiederum Erfolg und gleiches Finderglück wünschen kann. Freiburg i. Br.
Rolf. Wilh. Brednich
Texte deutscher Lieder. Ein Handbuch. Herausgegeben und eingeleitet von Dietrich F i s c h e r - D i e s k a u . München, Deutscher Taschenbuch Verlag, 1968. 475 S. (dtvTaschenbücher, 3091). Wer das vergebliche Bemühen um Vollständigkeit der immer wieder aufs neue versuchten Textsammlungen von Liedern (und Arien) bis in die jüngste Zeit verfolgt, w i r d an dem vorliegenden Handbuch seine Freude haben. Die rund 600 Lieder geben mehr als eine zufällige Anordnung von Texten: eine Auswahl, die trotz bewußter Beschränkung dem Schallplattenfreund, R u n d f u n k h ö r e r und Konzertbesucher dienlich ist, die als eine „Sammlung der inspirierenden Dichtung im Hinblick auf die Vertonungen" (S. 9) auch dem ausübenden Musiker u n d Sänger wertvolle Anregung gibt. In seinem einleitenden „Versuch über das Klavierlied deutscher Sprache" erweist sich Dietrich Fischer-Dieskau als ein engagierter Künstler, dessen persönliche Aussage ebenso gedankenreich wie eigenwillig ist. Vom Volkslied w i r d im Zusammenhang mit der Liedgeschichte nur am Rande gesprochen, ausführlicher aus Fritz Jödes „Manifest" zitiert. Auf die Vertonungen von Volksliedern als „anonymen Texten" aus „Des Knaben W u n d e r h o r n " und anderen Sammlungen wird im Verzeichnis der Autoren und Ubersetzer (S. 451) hingewiesen. Zwei weitere Register bringen die „Uberschriften und Liedanfänge" und die N a m e n der Komponisten mit Liedverweisen. Freiburg i. Br.
Josef Lansky
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Ein Weib, ein Esel, eine Nuß. Ergötzliche Inschriften. Düsseldorf—Köln, Eugen Diederichs Verlag, 1968. 100 S. Mit den einer nicht näher gekennzeichneten Sammlung von Hubert Ries entnommenen Inschriften verfolgt der Verlag, entgegen den Prinzipien seines sonst wissenschaftlich durchaus renommierten Programms, „keine wissenschaftliche Absicht", und er will das Büchlein auch nicht als „Beitrag zur Volkskunde" mißverstanden wissen (S. 99). Bemerkenswert ist das Büchlein dennoch: Absicht und Erfolg decken sich hier in gelungener Weise. Ein ehrliches Buch also, das keinen Hehl aus seiner Schwäche macht, denn volkskundlich ist es tatsächlich unergiebig und völlig unzulänglich. Jedoch über seinen Unterhaltungswert zu sprechen, ist hier nicht der Ort. Donaueschingen
Hermann B a u s i n g e r , Formen der „Volkspoesie". 1968. 291 S. (Grundlagen der Germanistik, 6).
Volker Heß
Berlin, Erich Schmidt Verlag,
Man sollte Hermann Bausinger (und dem Verlag) aus mehreren Gründen für dieses Buch dankbar sein. Zunächst dem Verlag, der dem Germanistik- und Volkskunde-Studenten für 14,80 DM ein Paperback in die Hand gibt, mit dem er wirklich etwas anfangen kann, wenn er einen Einstieg in die von der Philologie kaum beachteten Trivialgattungen sucht. Das gebotene Mißtrauen gegen übliche Anpreisungen im Klappentext kann in diesem Fall vergessen werden; dort nämlich wird bei diesem Buch versprochen, es biete eine wissenschaftliche Einführung in das Fachgebiet und stelle seine Forschungsrichtungen sowie die Methoden dar. Dieses Vorhaben verwirklicht Bausinger auf knappen 300 Seiten Text. Dem Autor ist zu danken für den Entschluß, die Hauptgedanken seiner einigermaßen verstreut publizierten Forschungen auf dem Gebiet der Einfachen Formen in einem einzigen Buch zu vereinigen. Es w a r dabei wohl kaum beabsichtigt, einen „neuen" oder gar einen „Anti"-Jolles zu edieren; andererseits sollte das Buch auch nicht als reine Kompilation volkskundlicher Sakrosankta bewertet werden. Denn schon die Zitation des geheiligten Begriffs der Volkspoesie im Titel und die Begründung dafür im Einleitungskapitel weisen darauf hin, daß Bausinger nicht nur referiert, sondern sich eher mit den vorhandenen Auffassungen kritisch auseinandersetzt. Dabei wirkt es wohltuend, daß traditionelle Meinungen nicht einfach exekutiert werden, sondern daß sie mit Geschick in die dialektische Untersuchungsmethode Bausingers eingefügt werden und somit als negative Kronzeugen fungieren, denen allerdings eine nicht zu Ende formulierte neue Bestimmung des Begriffs „Volkspoesie" entgegengesetzt wird. Dem Autor ist zu danken für die Fähigkeit, Wesentliches prägnant zu benennen. Der unübersehbare Wust möglicher Sekundärliteraturen wurde entwirrt, und fast nur relevante Zitate gelangten zum Druck. Das (notwendigerweise) eklektizistische Verfahren wird durch zwei Kriterien erträglich: Einmal beabsichtigt der Autor expressis verbis nicht, nur bloßen Lernstoff zu vermitteln, sondern auch einen Einblick in die Problemgeschichte zu geben. Zum anderen kommen nicht nur Stimmen zu Wort, die ohnehin längst bekannt sind. Was in den beiden Hauptkapiteln „Sprachformel und Sprachspiel" und „Erzählformen" gesagt wird, muß sich dieser Rezension entziehen. Für den Studenten der Musikwissenschaft, der deutschen Literaturgeschichte und der Volkskunde, der sich mit der Volksliedforschung beschäftigt und bei dem Julian von Pulikowski zuviel Verwirrung stiftet, bietet sich im letzten Kapitel „Szenische und musikalische Formen" eine gute Einführung an. Wenn Bausinger das Volkslied im Zusammenhang mit der Volkspoesie behandelt, mag das seine
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forschungsgeschichtlichen Vorbilder haben. D i e bessere B e g r ü n d u n g besteht aber darin, d a ß gesungene T e x t e entweder identisch mit denen der bekannten Einfachen F o r m e n sind oder zumindest inhaltlich und strukturell v e r w a n d t . Bausinger vermeidet es in seinem Abschnitt über das Lied, eine eigene Definition des Volksliedbegriffs zu versuchen und verläßt sich auf das ungefährlichere Referieren. Dies entwertet das Buch nicht: es ist f ü r den Studierenden gedacht und versorgt ihn mit einer gediegenen Schau über den S t a n d der Forschung. D a hierbei auch die neueste L i t e r a t u r berücksichtigt wird, bleibt es nicht bei einer traditionellen Darstellung, sondern bringt eine Erweiterung des T h e m a s durch das Einbeziehen neuzeitlicher Entwicklungen wie e t w a den Schlager oder den protestorientierten F o l k s o n g . Nachdrücklich w i r d auf die Sentimentalisierung des Volksliedes und des Volksliedbegriffs hingewiesen, ein allmählicher Prozeß, der eng mit der geistesgeschichtlichen Gesamtentwicklung verbunden sei. D e r Volksliedforschung wirft Bausinger v o r , sie habe „entweder im B a n n e dieser Sentimentalisierung" gestanden, „ o d e r aber sich betont und gewissermaßen ruckartig d a v o n zu lösen" gesucht. D e s h a l b sei die komplizierte Geschichte dieses Prozesses noch nicht geschrieben. Ein weiterer V o r w u r f trifft die V o l k s l i e d s a m m l e r : „ D e r Sinn vieler S a m m l e r stand nach ,schönen' Liedern, und so ignorierten sie oft auch eine andere Erscheinung des Volksgesangs, die auf der gleichen Linie liegt." D a m i t rührt der V e r f a s s e r an ein P r o b l e m nicht nur der philologischen V o l k s k u n d e : die Schwierigkeiten beim E r a r b e i t e n volkskundlicher D o k u m e n t a t i o n e n , die sich nicht in den Bahnen einer normierten M e t h o d e bewegen. A l s Beispiel dient U h l a n d , dessen Bearbeitungstechnik an dem L i e d „Ich hört ein Sichelein rauschen" exemplifiziert wird. D e r V o r w u r f der ,Verfälschung' ( = Sentimentalitätsmerkm a l e : bestimmte A u s w a h l , bestimmte F a s s u n g , entsprechende Interpretation der Lieder) w i r d allerdings relativiert durch den H i n w e i s a u f die geistesgeschichtliche Position U h l a n d s als philologisch orientierter P r a k t i k e r des romantischen Begriffs der Volkspoesie. D i e .Verfälschung' sei nicht Willkür, sondern K o n s e q u e n z — eine Phase in der geschichtlichen E n t wicklung. Diese Relativierung schwächt die K r i t i k des A u t o r s : Auch Willkür — wie auch immer motiviert — k a n n konsequent sein; sammlerische P r i v a t m e t h o d e n d ü r f e n f ü r d e r h i n akzeptabel erscheinen, denn der „ v e r f ä l s c h e n d e " Eingriff erscheint nur noch als eine S t a t i o n in der geschichtlichen Entwicklung eines Liedes und gehört schließlich d a z u . D e r E r f o l g der Uhlandschen A u f f a s s u n g allerdings m u ß nicht ihre Richtigkeit beweisen. P a s s a g e n wie diejenige über U h l a n d beschäftigen sich z w a r mit Spezialitäten, eröffnen aber beispielhaft wissenschaftliche Problemgebiete, die den A n f ä n g e r reizen können. D a durch, d a ß Bausinger — wie a m F a l l U h l a n d ersichtlich — Gegenstimmen zu Wort k o m men läßt, sich aber mit keiner Meinung eindeutig identifiziert, setzt er sich dem V o r w u r f aus, Unverbindliches schön zu formulieren. D a s trifft nicht f ü r d a s g a n z e Buch z u ; im Abschnitt über das Volkslied jedoch w i r d zuviel referiert u n d zuwenig Stellung bezogen. F ü r den Studenten aber wichtig ist die Auseinandersetzung mit der Erk-Böhmeschen Volksliedtypologie, die z w a r nicht so benannt ist, deren „ g ä n g i g e Bezeichnungen" aber einmal zurechtgerückt werden. D a b e i w i r d die starre N o m e n k l a t u r der beiden S a m m l e r g e ö f f n e t : ein und dasselbe L i e d w ä r e besser in verschiedene K a t e g o r i e n einzureihen gewesen. Aus verschiedenen Perspektiven nämlich lassen sich gerade beim O r d n e n der Lieder die M e r k m a l e der G r u p p i e r u n g nur bestimmen. Diese A u s f ü h r u n g e n sind gerade f ü r den n ü t z lich, der sich in einer Seminararbeit mit dem Volkslied befaßt, dabei die verschiedensten S a m m l u n g e n nach Belegen durchsucht und sich v o n den Inhaltsverzeichnissen oft getäuscht sieht. S o bietet d a s Buch auch hinsichtlich der Beschäftigung mit dem Volkslied u n d t r o t z des geringen R a u m s , auf dem das T h e m a behandelt wird, gute methodische H i n w e i s e . Diese sind z w a r nicht k a t a l o g a r t i g z u s a m m e n g e f a ß t , dürften sich aber rasch im Gedächtnis festsetzen. F r a n k f u r t a. M .
H e i n z Schilling
Besprechungen Gedenkschrifi für Paul Alpers. VI, 162 S., 18 Abb.
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Hildesheim, Verlagsbuchhandlung August Lax, 1968.
Aus der Festschrift, die Paul Alpers zum 80. Geburtstage überreicht werden sollte, ist eine Gedenkschrifi geworden. Er war am 25. 11. 1887 geboren und ist am 4. 6. 1968 nach einem erfüllten, aber auch leidvollen Leben gestorben. Im ersten Weltkrieg erlitt er eine lange Gefangenschaft, im zweiten fiel ein Sohn, der älteste und eine Tochter starben an einer tückischen Krankheit, und auf einem Höhepunkt seines Lebens, einer Griechenlandfahrt, die er mit seinem Sohn unternahm, verlor er durch einen Autounfall einen Arm. Er hat sein Schicksal mannhaft getragen, auch als die Gattin erkrankte, und immer wieder Kraft geschöpft aus seinem Glauben, aus seiner Arbeit und im Kreis seiner vielen Freunde, die ihm in der Liebe zur niedersächsischen Heimat verbunden waren. Das innen und außen kostbar ausgestattete Buch haben Freunde geschrieben, ausgehend vom Lebensraum des Geehrten über die wissenschaftliche Arbeit, in der sich ihm an diesem Platz auch die Universität (Ludwig Wolff, Heinrich Wesche, Rolf Wilh. Brednich) verbunden zeigt, wieder zurückkehrend nach Celle (Ricklefs—Busch) und in die niedersächsische Umwelt. Eine „Feierabendrede" an seinem Gymnasium, dem geliebten Ernestinum, und eine Bibliographie beschließen diese sehr fein auf Alpers und seine Interessen abgestimmte Aufsatzreihe. Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit, wie es Brednich S. 70 bestätigt, war das deutsche, besonders das niederdeutsche Volkslied, wobei es immer wieder in Erstaunen versetzt, wie dieser Mann bis in sein hohes Alter hinein neben dem Schuldienst sich ein so weites Arbeitsfeld erschließen konnte und dabei zu bedeutenden Ergebnissen kam. A. war durch die Göttinger „Schule" von Edward Schröder bis Ludwig Wolff gegangen, das hat seinen Arbeitsstil geprägt — auch der Rez. dankt diesen seinen Lehrern die Arbeitsgrundlage in Sammlung und Erzählforschung, in letzter Zeit auch Grundlage der guten Verbindung zu Paul Alpers im Niedersächsischen Heimat- und Lönsbund. — Seine Schulfächer waren Religion, Alte Sprachen und Deutsch. Edward Schröder gab ihm das Thema zur Dissertation „Untersuchungen über das alte niedersächsische Volkslied vom 15. bis zum 17. Jahrhundert", sie wurde 1912 im Nd. Jb. 38 veröffentlicht. 1927 erschien in Frankfurt sein Bändchen „Hannoversche Volkslieder mit Bildern und Weisen", 1924 in Hamburg die bedeutende Sammlung „Die alten niederdeutschen Volkslieder". — Ludwig Wolff (S. 66) bezeichnet es als den Höhepunkt seiner Arbeit, als er 1948 das Wienhäuser Liederbuch, das kurz vorher Heinrich Sievers im Kloster Wienhausen 12 km von Celle entdeckt hatte, im Nd. Jb. 69/70 herausgeben konnte. Die Erfahrenen wissen, welch ein Wunderwerk sich noch heute, auch mit seinen Bildteppichen, in dem Kloster verbirgt, — welch ein Glück für diesen Mann, daß er einem solchen Funde so nahe war und sich an ihm versuchen konnte! — Von Edward Schröder her fand A. auch leicht Zugang zur Flurnamenforschung; sein Celler Flurnamenbuch ist nach Wesche (S. 63 ff.) vorbildlich für alle derartigen Arbeiten. In diesen Bereich gehört auch die Veröffentlichung der „Namen der Bürgermatrikel von Stadthagen" (Bernsdorf S. 132 ff.). Im Jahre 1922 wurde — nach Alpers allzu spät — im Rahmen des Deutschen Volksliedarchivs auch ein „Hannoversches Archiv" eingerichtet, das A. seit 1925 betreut hat und dessen Bestand von ihm mit 4000 Liedern angegeben wird. Reizvoll und aufschlußreich beschreibt A. in seiner Schrift „Märchen, Sage und Volkslied in Niedersachsen" (Schriften des Nds. Heimatbundes, Neue Folge, Bd. 28, Celle 1954, S. 76), wie er seine Sammlung in Gang zu bringen versuchte — der Exkurs sei zur Charakterisierung dieses gütigen und humorvollen Mannes hier erlaubt — : „Zunächst ließ ich durch ein Pressebüro in allen Zeitungen des Landes einen Aufruf zur Sammlung von Volksliedern veröffentlichen: der Erfolg war kläglich, am besten noch in den ganz kleinen Heimatblättern. Dann bin ich im Lande umhergereist und habe in Lehrer-, Heimat- und Jugendvereinen Vorträge gehalten: überall wohlwollende Aufnahme und freundliche Zusage, aber — aus den Augen aus dem
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Sinn. Dann beschritt ich den Dienstweg: alle sechs Regierungen forderten die Lehrerschaft zur Mitarbeit auf; die Früchte müssen aber wohl auf dem Dienstweg liegen geblieben sein. So bin ich schließlich zu der Erkenntnis gekommen, daß der Weg, den die Alten einschlugen, doch am sichersten zum Ziele führt: in eigener Arbeit im engen Kreise anfangen, überall persönliche Fühlung suchen, einzelne eifrige Mitarbeiter werben und nicht locker lassen." — Dieses Lied kann der Rez. aus eigener Erfahrung vollauf bestätigen! Zeitlebens war A. seiner Kirche und Gemeinde — auch in der Zeit der Verfolgung — eng verbunden (vgl. Hoppe S. 8 f. und Kottmeier über die von A. bearbeitete „Kirchengeschichte Niedersachsens" S. 60 f.). Hier liegt auch sein Interesse am religiösen Liedgut begründet. — Die Neigung zur Historie brachte ihn im Studium der Familiengeschichte auf eine überraschende Spur: sein Großonkel Paul Wigand war lebenslang ein enger Vertrauter und Brieffreund der Brüder Grimm gewesen — so konnte auch er sich in seiner Spurensudie bestätigt fühlen; im Hess. Jb. für Landesgeschichte Bd. 14, 1963 hat A. den Briefwechsel mit zweimal zweihundert Briefen veröffentlicht (Bernstorf S. 54 ff.). In der Abhandlung „Zum Wienhäuser Liederbuch" wird von L. Wolff die Schwierigkeit der Textausgabe bei der flüchtigen Schreibweise in der Handschrift betont und die Edition als solche mit den Hinweisen auf die Parallelen und den Herkunftsangaben sowie der „philologischen Sorgfalt" des Herausgebers gelobt. Auch seine Fixierung auf die Äbtissin Katharina von Hoya (1433—1470) wird anerkannt. In seinem Aufsatz über die Theophiluslegende zeigt Ludwig Wolff die vielfältigen Wandlungen dieser Faustgeschichte des Mittelalters über eine lange Zeit hin und mit reichhaltigem Belegmaterial. Brednichs umfangreicher Beitrag über „Schwanke in Liedform" (S. 69—89) verweist auf S. 76 bei Erwähnung des Rostocker Liederbuches von 1470 auch auf das wissenschaftliche Werk und die frühzeitige Entdeckung des von Brednich behandelten Schwankliedes durch Paul Alpers. Brednich kann an zwei Liedbeispielen, nämlich dem Schwankthema von dem „klugen Bäuerlein" (AT 1420 B) und der „naschhaften Köchin" (AT 1741) überzeugend nachweisen, wie lebendig der Austausch von Stoff und Motiven zwischen Volkslied und Erzählung vor sich gegangen ist, also auch mit Recht zu einer intensiveren Zusammenarbeit zwischen Lied- und Erzählforschung auffordern. Die Aufstellung von Typenkatalogen der Volkserzählung muß umgekehrt auch für die Liedforschung maßgebend werden. Daß Br. daran arbeitet, zeigt diese Abhandlung. Gerade diese Arbeit Brednichs in der Gedenkschrift wäre nach dem Geschmack von Paul Alpers gewesen; hier deckt sich sein ganzes geistiges Tun mit der Planung der jungen Forschergeneration, ein Glück in memoriam dessen, der sich sein Leben lang um die Jugend bemüht hat, der ihr zeigen wollte und auch vorgelebt hat, was seiner Meinung nach lebensund erstrebenswert war. Bremen
Alfred Cammann
Lied und Volksmusik in Wien. Katalog zur 25. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 8. Oktober—29. Dezember 1968 anläßlich des 4. Seminars für Volksliedforschung der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien. Wien, Eigenverlag des Historischen Museums, 1968. 44 S. österreichische Museen treten immer wieder mit erfolgreichen Versuchen hervor, den Bereich des Volksliedes und der Volksmusik durch Ausstellungen zu dokumentieren. Nach der geglückten Ausstellung „Das Volkslied in Niederösterreich" (s. die Besprechung des damaligen Katalogs in diesem Jb. 10, 1965, 176), folgte nunmehr das Wiener Historische Museum mit einer weiteren Veranstaltung, die im besonderen Maße auch die Probleme der
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Großstadtvolkskunde mit einbezog. Der von Hubert Kaut zusammengestellte Katalog verdient Beachtung, weil er sich nicht auf eine Beschreibung der 261 (!) Exponate beschränkt, sondern eine überzeugende Einteilung für die Ausstellungsgegenstände bietet und darüber hinaus durch einleitende Texte und reiche Literaturangaben die einzelnen Teile der Ausstellung sachkundig kommentiert. Es sind folgende Abteilungen: 1. Der Spittelberg und seine Lieder. 2. Die Liedflugblätter der Bänkelsänger, Harfenisten, Volkssänger und ihr Vertrieb. 3. Die Wiener Kaufrufe. 4. Wiener Wallfahrten und geistliche Lieder. 5. Die Vorläufer der Volkssänger: Die Harfenisten. 6. Der Begründer der Volkssänger: Joh. Bapt. Moser. 7. Der Volkssänger Carl Kampf, seine Zeitgenossen und Nachfolger. 8. Wiener Weinkultur. 9. Die „Schrammein". 10. Wiener Kirchtage. 11. Straßenmusikanten und Werkelmänner. 12. Die Instrumente der Wiener Volksmusik. Schade ist es, daß auf die Beigabe von Abbildungen verzichtet werden mußte. In die Bewunderung für die Schätze und die Aktivität der Wiener Museen mischt sich Neid: welches Museum in Deutschland wäre wohl bereit und überhaupt in der Lage, etwas Vergleichbares zustandezubringen? Freiburg i. Br.
R o l f Wilh. Brednich
Jacob G r i m m , Circular wegen Auf Sammlung der Volkspoesie. Wien 1815. Facsimile. Mit einem Nachwort von Kurt Ranke hrsg. von Ludwig Denecke. Kassel, Brüder Grimm-Museum, 1968. IV, 11 S. „Es hat sich eine Gesellschaft gestiftet, welche durch ganz Deutschland ausgebreitet werden soll, und zum Ziele nimmt, alles was unter dem gemeinen deutschen Landvolk von Lied und Sage vorhanden ist zu retten und sammeln". So beginnt eine Denkschrift Jacob Grimms, die er 1815 verfaßte, während er als Legationssekretär beim Wiener Kongreß weilte. Er gab sie zum Druck und ließ sie an geistesverwandte Männer in den deutschsprachigen Ländern und in Skandinavien hinausgehen. Auf zwei knappen Seiten vermittelte Grimm in seinem Aufruf einen Überblick über die der Sammlung bedürftigen Gegenstände, über die Methoden des Aufzeichnens und über die Gegenden, in denen sich nach seiner Erfahrung solche Erhebungen noch mit Erfolg durchführen ließen. Im Katalog der Sammelgegenstände steht das Volkslied an erster Stelle; Grimms besonderes Interesse gilt dem Ereignislied, das er übrigens noch nicht mit dem Begriff der ,Ballade' umschreibt. Auch unterläßt er es nicht, seine Sammler auf die Singgelegenheiten „bei unterschiedlichem Jahresanlaß, an Festen, in Spinnstuben, auf Tanzböden und während der verschiedenen Feldarbeit" hinzuweisen. Im Grimmschrank der Berliner Staatsbibliothek ist das Handexemplar des Grimmschen Circulars erhalten geblieben; es wurde dem Nachdruck zugrundegelegt. Aus den Eintragungen Jacobs läßt sich ersehen, daß das Circular an etwa 400 Persönlichkeiten verschickt worden ist. In seinem Nachwort stellt Kurt Ranke den Aufruf Jacob Grimms den neueren volkskundlichen Massenerhebungen (Volkskundeatlas, Mannhardtbefragung, zu ergänzen wäre auch die Volksliedsammlung) gegenüber und spürt anhand brieflicher Äußerungen der Entstehung des Planes zu einer ,volkskundlichen Gesellschaft' nach. Er würdigt den Brief als „ersten Schritt zu modernen Arbeitsmethoden", als eine Tat ohne unmittelbaren Erfolg. Trotzdem können wir den Wert dieses wissenschaftsgeschichtlich einmaligen Dokuments nicht hoch genug veranschlagen, wenn auch seine Saat erst viele Jahrzehnte später aufgegangen ist. Freiburg i. Br.
Rolf Wilh. Brednich
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Friedrich David Gräter 1768—1830. Schwäbisch Hall, Historischer Verein für Württembergisch Franken, 1968. 260 S. (Württembergisch Franken — Jahrbuch, 52).
Dem berühmtesten Sohn der Schwäbisch Haller Familie Gräter widmete der Verein für Württembergisch Franken zu seinem 200. Geburtstag einen Sammelband, dessen Bedeutung über das Lokale weit hinaus geht. Dieter Narr, der verdienstvolle Betreuer dieser „Festschrift", sah sein Ziel darin, Gräters geistesgeschichtliche Bedeutung vor dem Hintergrund der Goethezeit und seine wissenschaftsgeschichtliche Leistung als klassischer Philologe und Vertreter der germanischen Altertumskunde aufzuzeigen. Ihm selbst, Narr, gelang es zwar, von dem Menschen Gräter ein Lebensbild zu geben, das diesen Mann in all seiner Zwiespältigkeit und manchmal schillernden Erscheinung ausleuchtet und plastisch werden läßt; um aber dem Gelehrten Friedrich David Gräter und seinem umfassenden Wissen gerecht zu werden, mußten verschiedene Fachwissenschaftler sich bemühen. So wird von Hans Radspieler die literarische Position Gräters abgesteckt, wird ihm ein ehrenvoller Platz in der Geschichte der Altgermanistik zugewiesen; so stellt Wilhelm Friese in Gräter den ersten Nordisten Deutschlands vor; und so sucht Hermann Bausinger nach einem gerechten Maßstab, um Gräters Stellenwert in der V o l k s l i e d f o r s c h u n g festzulegen. Dieser Aufsatz Bausingers hat uns hier in erster Linie zu interessieren. Dieter Narr möge es uns verzeihen, denn wir sind trotzdem mit ihm darin einig, daß es „nicht zulässig, ja nicht gerecht ist, Gräters Verdienste in der Hauptsache auf seine Leistungen in der Volksliedforschung zurückzustutzen" (S. 7). In doppelter Weise sieht und wertet Bausinger Gräters Beitrag zur Volksliedforschung, nämlich relativ und absolut. Mit der ihm eigenen Präzision und Einfühlung spürt er die Anfänge der Volksliedsammlung und -forschung auf, korrigiert er gängige Vereinfachungen und allzu geradlinige Ableitungen. Wo er den Weg von Herder zu Gräter zeichnet, da entwirft er ein Geflecht von Verästelungen aus Namen wie Ossian und Percy, Hölty, Bürger, Gleim und Nicolai. Gräters Position wird darin nicht nur sichtbar, sondern sie hebt sich vor diesem Hintergrund erst richtig ab. Nach Bausingers Ansicht überragt Gräters Aufsatz „Ueber die teutschen Volkslieder und ihre Musik" fast alle andern Volksliedabhandlungen seiner Zeit. Im Dokumententeil des vorliegenden Bandes ist diese Abhandlung vollständig wiedergegeben, obwohl Gräter selbst sie nur eine „Rhapsodie aus dem Stegreif ohne Vorbereitung, ohne Plan, ohne Muße" (S. 79) nannte, womit er auf das Bruchstückhafte dieser Arbeit hinweisen wollte. Trotzdem ist sie heute noch so lesenswert wie damals, und dies nicht nur, weil sich Gräters Stellung zum Volkslied darin am deutlichsten abzeichnet. Eine kritische Würdigung dieses Essays ist denn auch das Kernstück von Bausingers Aufsatz. Er arbeitet Gräters Verdienste um eine Gattungstypologie des Volksliedes heraus, in der er sogar Ansätze zu einer „Biologie" und Soziologie des Volksliedes im heutigen Sinne findet; er zeigt, wie die Unterscheidung von mündlicher Überlieferung und schriftlichen Denkmälern den Blickpunkt der ganzen Gräterschen Abhandlung bestimmt; und er geht schließlich mit Behutsamkeit daran, die Zwiespältigkeit in Gräters Verhältnis zum Volkslied sowie Widersprüche in seinen Äußerungen zurückzuführen auf die dem Volkslied immanente Dialektik, wobei er die Frage stellt, ob „diese Widersprüchlichkeit also nicht möglicherweise schärfer als Eindeutigkeit und Einseitigkeit" (S. 80) zu sehen sei. D a ß wir uns Gräters Leistung als Volksliedforscher heute mit Recht verpflichtet fühlen, beweist uns der Schluß, zu dem Bausinger auf Grund seiner Untersuchungen kam: „Wenigstens im Bereich des Volksliedes stand er mit vielen seiner Beobachtungen und Überlegungen an einem anderen Weg der Forschung als demjenigen, der von den Romantikern und ihren Nachfolgern beschritten wurde. Aber der Eindruck ist wohl nicht ganz falsch, daß dies genau der Weg ist, auf den die Forschung später eingebogen ist und auf dem sie sich noch befindet. Deshalb lohnt sich der Rückblick auf Gräter" (S. 94).
Stuttgart
Irmgard Hampp
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Dietmar S a u e r m a n n , Historische Volkslieder des 18. und 19. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Volksliedforschung und zum Problem der volkstümlichen Geschichtsbetrachtung. Münster, Aschendorff, 1968. 504 S., 12 Karten. (Schriften der Volkskundlichen Kommission des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, 18). Wie schon der Untertitel dieses vergleichsweise üppig ausgestatteten Buches verspricht, wendet es sich nicht nur an die engere Volksliedforschung, sondern vor allem auch an solche Interessenten innerhalb der Volkskunde, die sich mit Problemen volkstümlicher Geschichtsauffassung auseinandersetzen. Auf Leser beider Sparten dürfte es dabei anregend wirken, zumal es hinsichtlich der Typologie in aktuelle Auseinandersetzungen eingreift und auf eine oft ziemlich unkonventionelle Weise Fragen anpackt, die für eine derartige Untersuchung längst reif gewesen zu sein scheinen. Schon von daher verdient die Arbeit Beachtung und Anerkennung, und diese soll auch durch die im einzelnen anzumerkenden Einschränkungen nicht geschmälert werden. Unter „historischen Volksliedern" versteht der Verfasser, älterem Sprachgebrauch folgend, solche Lieder, die sich „um ein historisches Ereignis oder eine geschichtliche Persönlichkeit ranken und deutlich . . . das Einmalige eines Geschehens oder einer Person hervorheben" (S. 16). Er meint also nicht „historische" oder „alte" Lieder, sondern genauer „Historische Ereignis-Lieder", wie diese Gesänge von Lutz Röhrich und Rolf W. Brednich (.Deutsche Volkslieder. Band 1, Düsseldorf 1965, Nr. 59—65) viel treffender genannt worden sind. Ihnen wird hier unter zeitlicher Begrenzung auf das 18. und 19. Jahrhundert nachgegangen, da für die ältere Zeit längst ausreichende Sammlungen zur Verfügung stehen (Ditfurth, Hartmann usw.). Für Sauermann ist diese Liedgruppe Trägerin einer volkstümlichen Geschichtsphilosophie, deren wesentlichstes Merkmal darin besteht, das „vergangene Geschehen in eine Reihe von anschaulichen Bildern aufzulösen und dadurch überschaubar und greifbar zu machen" (S. 135). „Das Volk ist nur in geringem Maße fähig, eine klare begriffliche Sprache zu sprechen und in ihr zu denken. Es greift daher zum Bild" (S. 140) und macht — möchte man hinzufügen — aus Tatsachen singbare Anekdoten. Das Lied dient hier als Untersuchungsmaterial für Fragestellungen, die in anderen Bereichen der Volksdichtung seit langem gründliche Erörterung erfahren haben, so vor allem auf dem Gebiet der Volkssage durch W.-E. Peuckert, H. Prütting und J. Dünninger. Im Mittelpunkt steht immer das Problem der mündlichen Geschichtsüberlieferung, also der Tradierung genau fixierbarer geschichtlicher Vorfälle, das der Volkskunde spätestens seit der Untersuchung von W. Schwartz über „Die Weltgeschichte im Spiegel des Volkstums" (ZsfVk. 3, 1893, S. 117—130) durchaus als solches bewußt gewesen ist. Gewiß wird nur ein verhältnismäßig kleiner Teil aller denkbaren geschichtlichen Ereignisse in Liedform bewahrt und mündlich von einer Generation an die andere weitergegeben. Meist sind es Kriegshandlungen (vom Verfasser säuberlich in „Belagerungen", „Schlachten", „Feldzüge und Kriege" unterteilt) und Führerpersönlichkeiten („Feldherren", „Könige und Politiker"), die im Volksgesang fortleben, bis sie nach meist einem Jahrhundert in der Erinnerung verblassen. Die Lieder verschwinden dann schnell, sofern sie sich nicht auf neue Tagesereignisse beziehen und umformen lassen. Gerade diese Umformbarkeit ist aber sehr häufig. Für sie hat Sauermann den Begriff der „Rahmenumdichtung" gewählt, der durch den vielleicht noch präziseren der „Schablonendichtung" ersetzt werden könnte. Gemeint ist damit eine Strophenstruktur, bei der bestimmte Teile des Textes konstant bleiben und die aktuellen Bezüge beliebig ausgewechselt werden. So erfährt etwa das Lied auf die Belagerung von Lille 1708 „Marschieren wir ins Flandrenlind / Stadt Lille ist uns gar wohl bekannt" nur durch den Wechsel von „Flandrenland" und „Lille" zu „Franzosenland" und „Landau" (Belagerung von Mainz 1793), zu „Preußenland" und „Breslau" (Belagerung von Glogau 1806) und so fort zwei Jahrhunderte lang eine sich immer wiederholende Modernisierung. Zweifellos lassen sich solche austauschbaren Liedzeilen auch sonst häufig genug beobachten, man denke nur an die Ballade „In Österreich da liegt ein Schloß / das ist gar wohl gebauet", deren Eingang oft beginnt „In Böhmen liegt ein schönes Schloß" (DVA 11
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A 48 924) oder so ähnlich. Aber f ü r die Wesenserkenntnis der Historischen Ereignis-Lieder spielt diese Austauschbarkeit doch eine entscheidendere Rolle, als ihr Sauermann wohl zubilligen will: man könnte nämlich daraus den Schluß ziehen, d a ß das „volkstümliche Geschichtsbewußtsein" weitgehend irrelevant ist und kaum über den Kreis der am dargestellten Geschehen unmittelbar Beteiligten hinausgeht. Man sang diese Lieder, deren Volksläufigkeit in der vorliegenden Untersuchung mit exakten Zahlen bewiesen wird, vielleicht eben doch wegen der Einprägsamkeit einer charakteristischen Melodie, und es ist sehr zu beklagen, daß der Verfasser die musikalische Seite des Liedes von vornherein unberücksichtigt gelassen hat. Fragt man nach der Häufigkeit einzelner Lieder und zählt die Zahl der (zugegebenermaßen oft vom Zufall abhängigen) Einzelbelege zusammen, so ergeben sich interessante Einzelbeobachtungen, vor allem im Hinblick auf die Ursachen der Liedverbreitung. Als N u m m e r 30 f ü h r t der Verfasser ein Gesprächslied auf Preußens Niederlage von 1806/07 („Friedrich steig aus deinem Grabe") mit nur sieben Fundnachweisen an — andere (Nr. 4, 6, 8, 10, 27, 34, 47, 48, 49, 51, 57, 66) sind noch spärlicher belegbar. Das folgende Lied (ein „Kunstlied im Volksmund" von Kotzebue und Fr. H . Himmel, 1802/03) „Es w i r d ja bestimmt nicht so bleiben / Hier, w o jetzt der Wechsel nur w o h n t " mit dem einprägsamen Zeilenpaar „Der Krieg m u ß den Krieg nur vertreiben / Im Kriege wird keiner verschont" ist dagegen mit der vergleichsweise astronomischen Zahl von 269 Belegen vertreten. Die Vermutung, daß f ü r die Verbreitung dieses Liedes eine einprägsame Marschmelodie ausschlaggebend war, wird durch einen Blick in den offensichtlich noch immer unentbehrlichen Liederhort von Erk-Böhme (Nr. 353 b) bestätigt. H i e r enthüllt sich ein H a u p t f e h l e r des sonst so nützlichen Buches, daß nämlich nicht nur die Melodien selbst fehlen, sondern sogar jeder Hinweis auf das Vorhandensein einer solchen unterdrückt w u r d e — als einzige Ausnahme findet sich ein D u e t t „Schweidnitz, o du feste S t a d t " (S. 36), das nicht in den Rahmen einer Volkslieduntersuchung gehört. Der im bibliographischen Anhang zu den einzelnen Sammlungen beigesetzte Asteriscus f ü h r t k a u m weiter, da er nicht anzeigt, ob jedes der in ihnen vereinigten Lieder eine Singweise besitzt. Sauermanns eigener Materialzusammenstellung läßt sich zudem nicht entnehmen, welche der zahlreichen von ihm im Deutschen Volksliedarchiv benutzten Belege Singweisen enthalten. Es bleibt also künftiger Volksliedforschung vorbehalten, das gesamte u m f ä n g liche Material erneut zu durchforsten. N u n darf man dem Verfasser allerdings nicht den Vorwurf machen, d a ß ihm die Problematik dieses Verzichts entgangen sei, da er ihn (S. 20) selbst bedauert. Aber seine Erklärung, daß „von einer engen Verbindung von W o r t und Weise gerade bei unserer Liedgruppe nicht die Rede sein" könne, ist schlechterdings unrichtig, wie schon ein flüchtiger Blick in die Sammlungen von Erk-Böhme, Parisius/WeberKellermann usw. lehrt. Uberhaupt ist bei der Lektüre festzustellen, daß eine ziemlich große Zahl von Vorbehalten das Material und seine Auswertung einschränken. Gewiß ist es bei einem so umfassenden Thema unumgänglich, Grenzen zu setzen, damit die Erörterung nicht ins U f e r lose aufquillt. Aber diese Grenzziehungen sollten sinnvoll sein und beim Leser nicht den Eindruck der Willkür hervorrufen. So ist zum Beispiel nur schwer einzusehen, w a r u m das Marlborough- und das Prinz-Eugen-Lied „in dieser Arbeit nicht berücksichtigt" (S. 19), aber dann doch immer wieder in den Kreis der Darstellung einbezogen werden (S. 76 u. ö.). Schon zu Vergleichszwecken im Hinblick auf die zahlenmäßige und räumliche Verbreitung hätte man sich eine Mitteilung der Varianten dieser beiden wichtigsten historischen Volkslieder gewünscht. Unverständlich ist ferner der Verzicht auf die verbreitungsmäßige Auswertung des auslandsdeutschen Liedgutes (S. 84, Anm. I I a und S. 504), das in den Variantenlisten, entsprechend der Sammeltätigkeit des Deutschen Volksliedarchivs, reich vertreten ist. Nicht unproblematisch erscheint schließlich die Abtrennung des „historischen Volksliedes" vom „Soldatenlied", die sich in dieser Form schon bei Erk-Böhme befindet, aber inzwischen doch überholt sein dürfte. Wie Sauermanns Literaturverzeichnis ausweist, v e r d a n k t er zahlreiche Belege den Soldatenliederbüchern, und er bestreitet nicht, d a ß die Kaserne den
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Hauptumschlagplatz f ü r das gesamte Liedgut dieser Gruppe bildete — man sollte Volkslieder heute doch mehr von der Funktion aus beurteilen als vom geschriebenen oder gedruckten Text her. Eine grundsätzliche Anmerkung verdient schließlich noch das von Sauermann entworfene „Typenverzeichnis" (S. 145), das als solches sehr anregend ist, aber bis zu seiner allgemeinen Benutzbarkeit noch einer Neuorientierung bedarf. Die 67 Liedtypen gliedern sich in mehrere Zeitabschnitte (vgl. S. 57): T y p 1—20 Vom Spanischen Erbfolgekrieg bis 1796. T y p 21—46 Vom ersten Koalitionskrieg bis zu Napoleons Rußlandfeldzug. T y p 47—67 Von Napoleons endgültigem Sturz bis zum Deutsch-Französischen Krieg 1870/71. Innerhalb dieser Großgruppen findet eine thematische Untergliederung nach den geschichtlichen Ereignissen statt, die in dem jeweils zugehörigen Lied besungen werden. Gibt es zu demselben Anlaß zwei verschiedene Lieder, so trägt jedes eine eigene N u m m e r ; zum Beispiel bezieht sich T y p N r . 7 „Als die Preußen marschierten vor P r a g " ebenso wie T y p N r . 8 „Im Böhmerland bei P r a g " auf die Schlacht bei Prag 1757. Hier und in den entsprechenden Fällen (Typen 1 und 2, 66 und 67 usw.) wäre es wohl überzeugender gewesen, jedem typenbildenden Ereignis eine einzige N u m m e r zu geben, sofern man bei der Systematisierung überhaupt thematisch vorgehen will, und innerhalb der einzelnen N u m m e r n dann weiter zu untergliedern. Für die praktische Verwendbarkeit des Typensystems wäre ferner zu empfehlen, das Verzeichnis nicht wie bisher nach Liedeingangszeilen, sondern nach festen Begriffen aufzustellen und ein alphabetisches Liedregister gesondert beizufügen. Als Frage bleibt noch bestehen, ob es überhaupt schon an der Zeit war, ein derartiges Typensystem einzurichten, das nun — aus nicht ganz klar dargelegten Gründen — mit der Jahreszahl 1708 und der N u m m e r Eins beginnt. Vielleicht w u r d e hier der zweite Schritt vor dem ersten getan, der ein Verzeichnis aller Typen dieser Liedgattung von den Anfängen an bringen muß. Sauermanns mutiges Vorpreschen in dieser Hinsicht sollte die Typenfrage, die eines der zentralen Probleme derzeitiger Volksliedforschung darstellt, auch f ü r das 'Historische Ereignis-Lied' in die allgemeine wissenschaftliche Diskussion bringen, und es wäre sehr wünschenswert, d a ß er selbst als Kenner der Materie das Gesamtverzeichnis nachliefern würde. Zu den reizvollen Entdeckungen bei der Lektüre des Buches gehört, d a ß der bis zu seinem amtsgerichtlichen Verbot wegen „Obszönität" beliebte Schlager der letzten Jahre „Das kommt vom Rudern, das kommt vom Segeln" bereits aus dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 stammt und als Spottlied mit geschichtlichem H i n t e r g r u n d bis zum Beginn der Dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts sehr verbreitet war, also keine Neuschöpfung darstellt. Hier knüpft sich die Frage an, ob wir es bei den so zahlreich vertretenen Spottliedern nicht mit einer ähnlichen Volkslied-„Schwundstufe" zu tun haben, wie sie K u r t R a n k e f ü r Schwank und Witz vom Märchen her nachgewiesen hat. Ziemlich eindeutig scheint das bei dem von Sauermann so bezeichneten „Heraldischen Napoleonsspottlied" N r . 47 („Ein Adler, der flog aus Frankreich heraus, kuckuck!") der Fall zu sein, dessen „geringe Verbreitung" sich leicht erklärt: es ist eine (wirklich volksläufige?) „ K o n t r a f a k t u r " der Ballade vom heimkehrenden Soldaten, die bereits in monographischer Bearbeitung zugänglich ist (Deutsche Volkslieder mit ihren Melodien Bd. V, N r . 103). Sauermanns flüssige und stellenweise geistvolle Darstellung macht es leicht, über einige wenig begründete Polemiken (S. 15 u. ö.) hinwegzusehen. Es wäre zu wünschen, daß dieser Erstauflage bald eine stark erweiterte zweite folgen kann, die dann auch mehr Rücksicht auf den Leser nehmen könnte: da der erste Teil (Auswertung) nach dem zweiten (Materialausbreitung) geschrieben wurde, aber die Kenntnis des letzteren f ü r das Verständnis der Analyse vorausgesetzt wird, wäre es sinnvoller, die beiden Teile in der Reihenfolge ihrer Entstehung darzubieten. Aber dies sind nur Vorschläge, die den vortrefflichen Kern der Arbeit nicht in Frage stellen. Freiburg i. Br. 11»
Dietz-Rüdiger Moser
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M i r j a m B o h a t c o v ä , Irrgarten der Schicksale. Einblattdrucke vom A n f a n g des Dreißigjährigen Krieges. Aus dem Tschechischen übersetzt von Peter Aschner. G r a p h i sche Gestaltung von Milos Tfeska. P r a h a , Artia, 1966. Doppelband. I : 56 S.; I I : 120 Faksimiles. G r o ß q u a r t . Die P r o d u k t i o n von volkstümlichen Einblattdrucken politischer Art erreichte bekanntlich in den Jahren des sog. Böhmischen Krieges (1618—1621) ihren H ö h e p u n k t . Auf keine historische Persönlichkeit zielten mehr solcher Einblätter als auf den unglücklichen Winterkönig Friedrich von der P f a l z . Eine Historikerin und ein Graphiker taten sich zusammen, um aus den reichen Schätzen des Prager Nationalmuseums eine Auswahl von Drucken herauszugeben. Dem Graphiker M. Treska gebührt an erster Stelle ein Lob, denn ihm haben wir es zu verdanken, daß wir beim Studium der Faksimiles nicht ständig zwischen dem Bild- und dem Kommentarteil hin- und herblättern müssen; er fand eine originelle Lösung, indem er Text- und Bildteil trennte und zwei selbständige Bücher in einem Einband unterbrachte. Außerdem ist ihm f ü r die gelungene optische Präsentation der Nachbildungen zu danken. M. Bohatcova hat die Blätter ausführlich und angemessen kommentiert und eine kluge E i n f ü h r u n g beigesteuert, in der sie vor allem auf die Funktion, die Urheber, den Vertrieb und die K ä u f e r der Drucke eingeht. Sie macht uns klar, daß diese illustrierten Einblattdrucke keineswegs f ü r ein ungebildetes oder gar analphabetisches P u b l i k u m bestimmt waren, sondern eine Leserschicht ansprachen, die politisch Partei ergriffen hatte und den hohen Anforderungen gewachsen war, die beispielsweise das Entziffern eines Labyrinthes stellte. Die Herausgeberin teilt die abgedruckten Blätter thematisch in vier Gruppen ein: Historische Persönlichkeiten in historischen oder (häufiger) in erfundenen, allegorischen Situationen; Rebusse aus Text- und Bildkombinationen; Tierallegorien; typographische Spielereien. D a ß sich in dem wiedergegebenen Bildmaterial auch einige gute Beispiele f ü r historische Volkslieder in der nicht eben häufigen Form des Einblattdruckes finden, macht dieses Buch auch zur Quelle f ü r den Volksliedforscher. Z w a r sind die entsprechenden Liedtexte bereits aus D i t f u r t h , Weiler und Wolkan bekannt, aber um wie vieles anschaulicher ist doch die Wiedergabe auf einem Einblatt-Faksimile als die Druckfassung in einer wissenschaftlichen Textedition! D a ß die äußere Form dieser Drucke wichtig ist und als K a u f a n r e i z eine werbewirksame Rolle spielte, w u r d e von der älteren Forschung viel zuwenig beachtet. Wir wollen daher auf die von Bohatcova beigebrachten Zeugnisse ausdrücklich hinweisen: N r . 2: Warhafftige Zeitung vnd Geschieht/ || Welche sich begeben vnd zugetragen dem Kayser- || liehen Schloß zu Prag. (Prager Fenstersturz). HORt zu jhr wertben sten . . . Im t h o n : Wie man den Störtzebecher singet. Gedruckt zum Kuttenberg/ Wentzel Kralow. I m 1618 Jahr. Als Verfasser nennt sich Johan Faber zu Schrembs (s. f u r t h , 30jähr. Krieg N r . 2).
auff Chribey Dit-
N r . 9: Ein Newes Romisch Bapstisch Liedt: Im || T h o n : Es ist das H e y l vns kommen her (Anpassung der Jesuiten an die neuen Zustände in Böhmen). ACH wie Elendt ist jetzt die zeit (Weller, Lieder des 30jähr. Krieges S. X V I ) . N r . 67: Ein new Jagerlied/ von dem gewesenen Churfursten Pfaltzgraf Fridrichen zu Heydelberg/ vnd auff- || geworffnen/ aber nunmehr verjagten/ König in BSheimb. Mit lust vor einem Jahre . . . Im thon/ Mit lust vor wenig Tagen (Wolkan, Dt. Lieder auf den Winterkönig N r . 53). N r . 69: Caluinischer Ruef vor deß Sculte- || ten Predig zu singen: In seiner eygnen Melodey. ACh Gott von Himmel sich darein (Büßerlied vom traurigen Ende des Winterkönigs, Wolkan N r . 34). N r . 80: D e ß P f a l t z g r a f e n Vrlaub. ICh sing ein Lied ich waiß nit wie (Spottlied auf den unglücklichen König Friedrich und seine schwangere Frau, Wolkan N r . 48). Freiburg i. Br.
Rolf Wilh. Brednich
Besprechungen
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L e a n d e r P e t z o l d t , Der Tote als Gast. Volkssage und Exempel. Helsinki, Academia Scientiarum Fennica, 1969. 273 S., 7 Abb., 2 Kartenskizzen. (Folklore Fellows Communications, 200). Diese als Dissertation bei Lutz Röhrich entstandene Arbeit ist eine jener lehrreichen Monographien, die die Volkskunde als Bausteine zu einem gesicherten Fundament f ü r Fragen der Entstehung, Entwicklungsgeschichte und Verbreitungswege mündlicher Überlieferung braucht. Nach der historisch-geographischen Methode der finnischen Schule w u r den sämtliche erreichbaren Varianten zusammengetragen und geordnet, bisher unveröffentlichtes Material im Wortlaut, schwer zugängliche fremdsprachige Fassungen in Übersetzungen wiedergegeben. Alle Einzelzüge des Motivkomplexes wurden auf das Typische oder landschaftlich Besondere hin untersucht und zu Volksglauben und etwa vorhandenen Brauchelementen in Beziehung gesetzt. Wobei man allerdings nicht übers Ziel hinausschießen sollte. So scheint es mir beispielsweise fragwürdig, ob man bei jeweils drei übermütigen Burschen, die nach zwei bretonischen Varianten (S. 190 f.) mit Totenschädeln und Wolfshäuten verkleidet die Nachbarschaft schrecken wollen, „altes männerbündisches Maskenbrauchtum" vermuten kann. Aber dies nur nebenbei. Der Verf. ist im allgemeinen sehr gründlich und besonnen vorgegangen, hat sympathischerweise auch darauf verzichtet, eine allen Uberlieferungssträngen gemeinsame, letzten Endes doch nur hypothetische Urfassung oder bestimmte Wanderwege zu konstruieren. Er hat sich vielmehr an den historischen Befund gehalten und die Verflechtungen von mündlicher und literarischer Tradition a u f z u lösen verstanden, was in diesem Fall wohl besonders wichtig war. Denn schon die frühesten Belege dieser Frevlersage in schlesischen Handschriften des 14. und 15. Jahrhunderts und im Predigtwerk des Gotschalcus Holen von 1517 zeigen sie in der Funktion des christlichen Exempels, und eben diese Funktion hat sie in fixierter Form weiterleben lassen, sowohl in dieser mittelalterlichen Version wie in der vom Jesuitendrama her tradierten Fassung vom Frevler Leontius. Es w a r f ü r die Rezensentin sehr erfreulich zu sehen, wie die Funde in der barocken Predigtliteratur, die Petzoldt noch um einige vermehren konnte, in der speziellen Untersuchung den Bogen vom Mittelalter bis ins 18. J a h r h u n d e r t spannen halfen. Er hat außerdem noch den Stoff v o m Jesuitendrama zu Volkstheater und Puppenspiel und über das Volksbuch zum Flugblatt weiterverfolgt und gegenüber der rein literarischen Uberlieferung der Don-Juan-Sage und anderen verwandten Erzählungen abgrenzen können. Über die Verwendung des Sagenmotivs in Ballade und Lied hat er selbst schon in diesem Jahrbuch (Jg. 12, 1967, S. 103—140) ausführlich berichtet.
Göttingen
Elfriede Moser-Rath
Johannes J a n o t a , Studien zu Funktion und Typus des deutschen geistlichen Liedes München, Verlag C. H . Beck, 1968. 307 S. (Münchener Texte und im Mittelalter. Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters, 23). Mit diesem Buch ist (neben Günther Willes Musica romana, s. dieses Jb., S. 173 ff.) das Modell einer jener Arbeiten geschrieben worden, die die Studiengruppe zur Erforschung und Edition älterer Volksmusikquellen im International Folk Musik Council während ihrer ersten Tagung vom 13. bis 18. N o v e m b e r 1967 in Freiburg i. Br. forderte: das heißt: im weitesten Sinn volksmusikalisches Leben anhand von Berichten, eingestellt in das allgemeine K u l t u r geschehen eines Zeitraumes darzustellen. Janotas Schrift ist keine speziell musikwissenschaftliche, volkskundliche oder theologische Arbeit, auch keine germanistische; sie zieht
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zur Interpretation verhältnismäßig spärlicher Q u e l l e n und Berichte über d a s deutsche geistliche L i e d des Mittelalters Vorarbeiten aus allen genannten Disziplinen zurate, sie arbeitet mit deren jeweils relevanten Methoden. N u r so konnte ein Ergebnis erzielt werden, das alle a m T h e m a Interessierten befriedigen m a g , bei dem nie der Eindruck entsteht, der V e r f . dilettiere als G e r m a n i s t doch nur in der Theologie, in der V o l k s k u n d e oder in der Musikgeschichte. M i t dem H i n w e i s d a r a u f , d a ß der Terminus „Kirchenlied" als Wort erst aus nachreformatorischer Zeit belegt und überdies v o n der gottesdienstlichen P r a x i s der evangelischen Kirche g e p r ä g t sei, wirft J a n o t a zunächst die F r a g e auf, ob seine V e r w e n d u n g im Bereich mittelalterlicher Gemeindelieder in deutscher Sprache in der T a t sachlich zu rechtfertigen sei. E i n e F r a g e , die sogleich zum K e r n der von konfessionellen K o n t r o v e r s e n bisher oft verstellten P r o b l e m a t i k führt und weitere F r a g e n p r o v o z i e r t . Wenn in der katholischen Kirche die Gemeinde bis z u m V a t i c a n u m I I hin mit dem Singen deutscher geistlicher Lieder keine liturgische F u n k t i o n ausüben durfte, w ä h r e n d im evangelischen Bereich das Kirchenlied mit zum R i t u a l gehörte, welche Q u a l i f i k a t i o n k a m dann jenen deutschen geistlichen Liedern zu, die nachweislich bei liturgischen Gottesdiensten der vorreformatorischen Zeit gesungen wurden? Liegen d a Verstöße gegen kirchliche A n o r d n u n g e n vor, gab es stillschweigende D u l d u n g seitens der Oberen? Ist die strenge Scheidung zwischen liturgischem u n d nichtliturgischem Gottesdienst im Mittelalter möglich oder sinnvoll? D i e B e a n t w o r t u n g des F r a g e n k a t a l o g s muß mit der Erstellung einer — bisher nicht v o r liegenden — Liturgie-Definition f ü r das Mittelalter einsetzen (Kapitel A , S. 5 — 3 2 ) . A u f solcher Basis steht dann auch die Untersuchung der F u n k t i o n der deutschen geistlichen Lieddichtung im Mittelalter fest und sicher ( K a p i t e l B, S. 3 3 — 2 4 4 ) . E r g e b n i s : e i n e e c h t 1itu r g is che V er w en d u n g d eu tsch er L ie d er vor d er R ef o r m a t io n l ä ß t s i c h n i c h t n a c h w e i s e n , der Anteil v o n wirklichen Gemeindegesängen am geistlichen L i e d g u t des Mittelalters ist gering, weil die F u n k t i o n der Gemeinde, auch beim Singen deutscher geistlicher Lieder, vielfach v o n der Schola übernommen wurde. D e r dritte Schritt k n ü p f t logisch a n : J a n o t a stellt eine differenzierte T y p o l o g i e für das mittelalterliche geistliche L i e d in deutscher Sprache zur Diskussion ( K a p i t e l C , S. 2 4 5 — 2 7 3 ) . Erfreulicherweise hält er sich dabei von typologisch- (sprachwissenschaftlich- wie musikhistorisch-) stilistischen Spekulationen, v o n abstrakten G a t t u n g s b e g r i f f e n fern und geht von den soziologischen (volkskundlichen) Gegebenheiten aus, d. h. v o n jenen G r u p p e n , die die Lieder singen. Unter dem Oberbegriff „ G e i s t l i c h e s L i e d " stehen als H a u p t t y p e n d a s Gem e i n d e - u n d C h o r 1 i e d , das K o n v e n t i k e l - und G e m e i n s c h a f t s l i e d . „ E i n e V e r w e n d u n g geistlicher Lieder im U m k r e i s liturgischer Gottesdienste läßt sich nur für d a s Gemeindelied sicher nachweisen, das aber vielfach v o n der Schola übernommen wurde. Zur Kennzeichnung der unterschiedlichen A u f f ü h r u n g s p r a x i s spreche ich bei der D a r b i e t u n g durch eine Schola von einem Chorlied. D e n K u n s t g e s a n g , wie er sich bei adeligen und bürgerlichen Gemeinschaften findet, fasse ich unter dem Begriff Gemeinschaftslied z u s a m men. Bei dem L i e d g u t verschiedener religiöser Gemeinschaften ist teilweise eine A n n ä h e r u n g an das Gemeindelied erkennbar, einzelne G e s ä n g e w u r d e n sogar als gottesdienstliche Lieder von Schola und G e m e i n d e übernommen. D a m i t vollzieht sich ein U b e r g a n g v o m Gemeinschafts- z u m Gemeindelied. D i e Voraussetzungen d a f ü r w a r e n v o r allem bei den K o n v e n tikeln der D e v o t i o m o d e r n a gegeben. F ü r ihre dem Gemeindegesang nahestehenden Lieder v e r w e n d e ich den Begriff K o n v e n t i k e l l i e d , um auf die mögliche Ü b e r n a h m e als Gemeindeund Chorlied hinzuweisen" ( J a n o t a S. 4). Wer sich künftig mit dem deutschen geistlichen L i e d der vorreformatorischen Zeit beschäftigt, auch e t w a mit G r u p p e n , die J a n o t a nicht behandelt, wie das deutsche L i e d im mittelalterlichen geistlichen Spiel, w i r d nicht an diesem Buch vorübergehen d ü r f e n : ein größeres L o b ist einer Dissertation wohl k a u m auszusprechen. Freiburg i. Br.
Wolfgang Suppan
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Bernhard S c h e m m e 1, Sankt Gertrud in Franken. Würzburg, 1968. 153 S., 17 Abb. (Sonderdruck aus: Würzburger Diözesangeschichtsbläcter Bd. 30, 1968). Die Wichtigkeit und Ergiebigkeit punktueller Forschungen auf dem Gebiet der Heiligenverehrung wird durch diese Arbeit, eine Dissertation aus der Schule Josef Dünningers, unterstrichen. Nicht zuletzt profitiert auch die Volksliedforschung davon, wie die Auswertung des entsprechenden Kapitels der Arbeit über fränkische Wallfahrtslieder zeigt. Die vorliegende Abhandlung hat sich — so geht aus ihrem Untertitel hervor — die Untersuchung der ,sekundären Legendenbildung an Kultstätten' zur Aufgabe gesetzt. Der sekundären Legen dentradition gehört ja bereits jenes Lied von Gertrudis Minne (Erk—Böhme Nr. 2108 ff.) an, das von der Errettung eines Teufelsbündners durch den Minnetrank von St. Gertrud handelt. Diese Erzählung steht nicht in der ursprünglichen Gertrudenlegende, die im 11. Jahrhundert zur ,Vita Gertrudis tripartita' erweitert wurde. Das früheste Zeugnis für dieses Mirakel ist eine Darstellung von 1298 auf dem Gertrudenschrein von Nivelles (Schemmel S. 29 f.). Besonderen Nutzen zieht der Volksliedforscher aus Schemmels Kapitel „Neustadt a. M. und die ,Spuren' der hl. Gertrud". Eine bis etwa 1750 bestehende Schiffswallfahrt der Pleicher Pfarrgemeinde in Würzburg nach Neustadt a. M. ist durch eine mehrfach gedruckte Wallfahrtsordnung, die auch die Lieder enthält, gut dokumentiert. Bemerkenswert ist, daß bei dieser Wallfahrt im Vorbeifahren an den verschiedenen fränkischen Gnadenorten die betreffenden ,Legendenballaden' gesungen wurden. Für diese Lieder macht Schemmel wahrscheinlich, „daß das mit dem Wallfahrtsbrauchtum verbundene Liedgut. . . von dem bei anderen, weitaus bedeutenderen fränkischen Wallfahrten üblichen beeinflußt ist" (S. 115). Überhaupt muß die Entstehung einer eigenen ,fränkischen hl. Gertrud' mit dem Verf. jetzt „weitgehend als ein bewußter, von Kloster Neustadt ausgehender Vorgang betrachtet werden" (ebda). Die Arbeit ist zwar eine Spezialmonographie zu einem Einzelproblem der Legendenbildung, aber sie besticht bei aller Konzentrierung auf diesen Untersuchungsgegenstand durch eine kritische Verarbeitung der gesamten vorliegenden Legendenliteratur allgemeinerer Art, so daß ihr durchaus grundsätzliche Bedeutung zukommt. Hervorgehoben seien auch die 17 beigegebenen instruktiven Abbildungen. Als Mangel möchten wir es bezeichnen, daß der Verlag eine solch hervorragende Monographie ohne Inhaltsverzeichnis und Register hinausgehen ließ. Freiburg i. Br.
Rolf Wilh. Brednich
Friedrich S i e b e r , Deutsch-westslawische Beziehungen in Frühlingsbräuchen. Todaustragen und Umgang mit dem „Sommer". Unter Mitarbeit von Siegfried K u b e. Berlin, Akademie Verlag, 1968. V I I I , 275 S., 21 Abb. auf 16 Tafeln. (Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Volkskunde an der Deutschen Akademie der Wissenschaften, 45). Man kann sich über mangelnde Abhandlungen zum Brauchkomplex Tod- bzw. Winteraustragen nicht beschweren. Schon zwei frühe Dissertationen behandeln das Thema: Paul Christian Hilscher, De ritu Dominica Laetare, quem vulgo appellant: den Tod austreiben, Leipzig 1698 (dt. Übers. 1701) sowie die Doktorschrift von Johann Heinrich Kindervater, Dissertatio de Dominica Laetare vulgo Todtensonntag, Jena 1701. Die Untersuchungen und Deutungen reichen dann bis hin zu Waldemar Liungmans zweibändiger Dokumentation (FFC 129 und 131). War es darum überflüssig, das scheinbar erschöpfte Thema nochmals aufzugreifen? Ich glaube dies vor allem aus zwei Gründen nicht: Einmal geht
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Sieber erstmals nicht von dem Brauch des Sommereinholens und Winteraustreibens aus, sondern ganz speziell vom Todaustragen, dessen Entwicklung •— insbesondere im Westslawischen — seither in keiner Untersuchung so lückenlos und minutiös dargelegt wurde. Zweitens gibt Sieber nicht nur eine geographische oder historische Ordnung der Brauchbelege, sondern er legt eine nach kulturgeschichtlichen, komparatistischen, funktionalen und soziologischen Gesichtspunkten vorbildliche Brauchmonographie vor, die ihresgleichen in der neueren volkskundlichen Forschung zu suchen hat. Zunächst gibt der Verf. eine systematische Sichtung der Frühbelege. Ein Prager Synodalverbot von 1366 ermittelt Sieber als das erste sichere Zeugnis für das Todaustragen, und er entwickelt daraus seine These, das Todaustragen habe sich im Erzbistum Prag in der Zeit des großen Sterbens vor 1366 ausgebildet. Es war vor allem das Erleben der Pestzeit, das zum Ursprung des Brauches führte. Der ,Tod' ist nicht erst ein verchristlichter Winter, sondern er ist wirklich eine Mors. Zu den strukturellen Elementen im Bereich des Volksbrauches gehört die Herstellung eines Abbildes des zu vernichtenden Unholds, die Praktik, Krankheiten im fließenden Wasser wegzuschwemmen. Wichtig sind dabei Volkserzählungen, besonders ätiologische Fabulate, als Kontexte. Sagen berichten nicht nur über die Entstehung des Brauches, in einigen wird auch erzählt, daß Pest, T o d oder U n glück ein D o r f heimsuchten, wenn die Ausübung des Brauches unterblieb. Der Verf. untersucht sodann die Träger des Brauches. Ganz deutlich zeigt es sich, daß der Brauch erst allmählich in die Kinderfolklore übergegangen ist. Der in Böhmen und Polen entstandene, dort aber untersagte Brauch sei dann bei seinem Ubertritt in deutsche Gebiete geduldet worden. In einem nächsten Schritt verfolgt der Verf. die imago mortis. In allen frühen Belegen zeigt sich, daß die Tod-Repräsentation bei Tschechen, Polen, Slowaken und Sorben gemäß dem tradierten slawischen mors-Mythologem weiblich gestaltet wird. Als der Brauch zu den Deutschen kam, wurde das mors-Bild männlich gesehen. Gelegentlich ging der feminine slawische T o d in die deutsche ,Tödin' über. Der weitere Verlauf des Buches bringt eine sorgfältige Untersuchung der einzelnen Brauchelemente. Für den Volksliedforscher interessant sind besonders die dabei gesungenen Verse. ,Schreien', ,Rufen' und ,Singen' bleiben im gesamten Brauchbereich die immer wiederkehrenden Vokabeln, um die Klangkulisse beim Todaustragen zu kennzeichnen. Schon für 1439 ist die Zeile Treywe wir den tot aws bezeugt, seit 1592 die volle Strophe N u treiben wir den Todt aus / Den alten Weibern in ihr H a u ß / Den Reichen in den Kasten / Heuten ist Mitfasten. Das letzte Reimpaar ist auch in dem Heidelberger Sommertagslied enthalten, das Liselotte von der Pfalz 1696 in einem Brief mitteilt: Nun sind wir in der Fasten da lehren die bawern die kästen Wen die bawern die kästen lehren, wolle unß Gott ein gutt jähr beschehren . . . Der Vers zeigt, daß das Heischen in den Brauch bereits eingedrungen war und den Brauch damit umfunktioniert hat. Der Reim aus-Haus offenbart dazu immer bestimmte Gegnerschaften und Antitendenzen. Das 16. Jahrhundert bringt dann die Koppelung zweier bis dahin selbständiger Brauchtypen. Der erste Hinweis auf die Berührung beider Bräuche kann in dem Liedkomplex mit der Eingangszeile So treiben wir den Papst hinaus gesehen werden, von dem Joachimsthaler Prediger Johannes Mathesius 1545 bezeugt. Die Koppelung führt zu einer ganzen Reihe von höchst interessanten Kontaminationserscheinungen. Die Entwicklung zum bloßen Sommerumzug wird überall durch Verbote des T o d -
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austreibens vorangetrieben, so daß sich der Sieg des Sommerausgangs durchsetzt. Tradierungsprozesse mit konservierenden wie innovierenden Tendenzen trugen alle Entwicklungsphasen des Komplexes vom Spätmittelalter bis an die Schwelle der Gegenwart. Eine wörtliche Dokumentation der Frühbelege sowie umfangreiche Personen- und Sachregister beschließen den Band, dem außerdem noch 16 Bildtafeln mit historischen und rezenten Darstellungen des Brauches vom Todaustragen beigefügt sind. Das besondere Verdienst des Buches besteht in der Erschließung einer großen Zahl seither noch nicht bekannter Quellen aus dem östlichen Mitteleuropa. So bietet Siebers Buch nicht nur eine vorbildlich minutiöse Untersuchung, sondern eine wichtige Arbeit über deutsch-westslawische Beziehungen im Bereich der Volkskultur. Freiburg i. Br.
Lutz Röhrich
Ulrich T o l k s d o r f , Volksleben in den Ermländersiedlungen der Eifel. Marburg, N. G. Elwert, 1967. 364 S., 16 Abb. (Schriftenreihe der Kommission für ostdeutsche Volkskunde in der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde e. V., 4). Wegen der Errichtung eines Luftwaffenübungsplatzes mußte in den Jahren 1937 bis 1939 das sog. Siedlungsgebiet Ahrbrück in der Eifel von den damaligen Bewohnern geräumt werden. Seit 1949 fanden hier Heimatvertriebene aus dem ostpreußischen Ermland eine neue Heimat. Mit diesem Modellfall einer bäuerlichen Neusiedlung befaßt sich vorliegende Monographie, deren Verfasser es sich zur Aufgabe gemacht hat, einen ,Beitrag zur Gegenwartsvolkskunde' zu leisten. Bei der von ihm angestellten umfassenden Bestandsaufnahme des gegenwärtigen Volkslebens wurde erfreulicherweise auch das Gebiet der Volksdichtung mit berücksichtigt, so daß auch der Volksliedforscher dieses Buch mit Nutzen in die Hand nehmen wird. Der Verfasser geht von dem neu sich herausbildenden Gemeinschaftsleben aus, in das solche Erscheinungen der Volkskultur eingebettet sind (Nachbarschaften, wirtschaftliche Hilfsgemeinschaften, Gemeinschaftsarbeiten, Feste und Vereine). Es läßt sich gut beobachten, daß es sich bei dem heute noch vorhandenen Gemeinschaftsbrauchtum nur z. T. um das Wiederaufleben ermländischer Überlieferungen handelt, während ein anderer Teil von der das Siedlungsgebiet umgebenden Eifler Bevölkerung übernommen worden ist. Das gilt besonders für das Burschenschaftsbrauchtum, von dem S. 142 ff. ausführlich die Rede ist. Im einzelnen konnte Tolksdorff folgende Lieder, teilweise mit Melodien aufzeichnen: S. 140 f. „Deine Söhne, Land im Osten" (ostpreußisches Reiterlied, vgl. DVA A 159 444, 6 Str., 1933 aus dem Kr. Stallupönen). S. 142 f. „De Mädche han de Bor gefegt" (Heischelied der Mädchenvereinigung Kaltenborn nach dem Reinigen der Brunnen, vgl. A 132 225, Kr. Mayen). S. 145 „!;'Du Schönste, Allerschönste" (Hillichlied des Junggesellenvereins am Vorabend 2 1960, der Hochzeit; Variante zu der Aufzeichnung bei A. Wrede, Eifler Volkskunde S. 224; vgl. Simrock Nr. 235). S. 145 f. „Wir sind hierher geschritten" (Ansprache des „Scholtes"). S. 147 f. „"'Seid munter und fröhlich, was junge Leute sein" (Lied der Junggesellen zur Hillichfeier; vgl. EB Nr. 787 mit Motiven aus „(Ja, 5a geschmauset", EB Nr. 1692). S. 195—198 Glockensprache S. 207 „Wir treten herein ohn allen Spott" (Sternsingerlied, vgl. EB Nr. 1198). S. 211 „Fietsche, moak de Dör op" (Rummelpottlied, vgl. EB Nr. 1202). S. 244 „Petazölj on Koppsalat" (Lied der Königsberger Handelsfrauen, im neuen Siedlungsgebiet von den Ermländern an Fastnacht gesungen, sonst als Kinderlied belegt, s. Otto Richardt, Kinder drehet euch im Kreise. Alte u. neue Spiel- und Tanzlieder, Osterwieck 1922, S. 13, Nr. 24).
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S. 245 „Jras, Jras, Jromet" (Heischelied an Fastnacht, verbreitet im Rheinland, vgl. Mappe Gr. X im DVA). S. 256 f. Schmackoster-Verse. S. 282 f. „Jet os jet zo steuere" (Heischelieder zum Martinstag, vgl. A 129 688, Kr. Düren/Rhld.). Es wäre reizvoll und wünschenswert, wenn sich die landschaftliche Volksliedforschung der Ermländersiedlungen noch näher annehmen würde, an denen sich sowohl Beharrung als auch Ausgleich wie an einem Musterbeispiel gut studieren lassen. Freiburg i. Br.
Rolf. Wilh. Brednich
Georg R. S c h r o u b e k , Wallfahrt und Heimatverlust. Ein Beitrag zur religiösen Volkskunde der Gegenwart. Marburg, N. G. Elwert, 1968. 400 S., 8 Abb. (Schriftenreihe der Kommission für ostdeutsche Volkskunde in der Deutschen Gesellschaft für Volkskunde, 5). Rund zwei Jahrzehnte nach Abschluß der im Verlauf des Zweiten Weltkrieges erfolgten Vertreibungen, Zwangsumsiedlungen und Rückführungen von Deutschen aus dem Osten und Südosten Europas in das geschrumpfte Binnendeutschland und nach Österreich unternahm G. R. Schroubek den Versuch, rückblickend Beharrung und vor allem Wandlung des Wallfahrtswesens bei den Heimatvertriebenen zu erfassen und in seiner Gesamtheit darzustellen. Der Zeitpunkt für diese Untersuchung war richtig gewählt, da die Eingliederung der „Neubürger" weitgehend erfolgt ist und die Heimatvertriebenen — besonders der jüngeren Generation — kaum noch isoliert leben, also als selbständige „Gruppen" vielfach gar nicht mehr erfaßbar sind. Dem Ziel der erstrebten „Vollständigkeit im deutschsprachigen Bereich" (S. 13) standen die schon heute beachtlichen Schwierigkeiten der Materialbeschaffung entgegen. Die Bestände der mitbenutzten Sammlung Alfred Karasek-Langers betrafen vorwiegend die Wallfahrten der unmittelbaren Nachkriegsjahre, während für die Folgezeit das wenige ausreichen mußte, was in der (von einem einzelnen kaum noch ganz überschaubaren) Heimatvertriebenenpresse an häufig sehr unexakten und wenig detaillierten Berichten über Wallfahrten vorlag. Dem Bemühen, durch Aufrufe, Rundschreiben an oft keineswegs auskunftsfreudige Pfarrämter und auf zahlreichen Reisen vorgenommene Befragungen das Material zu bereichern, war allerdings einiger Erfolg beschieden, so daß der Autor in einem 220 Seiten umfassenden systematischen Teil seiner Arbeit Heimatvertriebenenwallfahrten in 290 alphabetisch behandelten Orten nachweisen konnte, wobei solche mit regelmäßigen großen Wallfahrten wie Werl oder Walldürn und Mariazell neben anderen stehen, zu denen es (wie in Altomünster oder Straubing) nur ein oder zweimal „echte" Wallfahrten Heimatvertriebener gab. Die von Schroubek gelegentlich miteinbezogenen „Einzelwallfahrten" (S. 187, 191) möchten wir trotz seiner Argumentation (S. 19) doch lieber Hans Dünninger folgend zur „Privatfrömmigkeit" rechnen, zumal das Vorkommen von Pilgerfahrten Einzelner stets nur mehr oder weniger zufällig nachweisbar bleibt. Besonders gut gelungen sind in diesem Teil etwa die Darstellungen von Maria Frieden, Rulle, Schöneberg, Schotten oder Sinsheim und anderen, während einige wenige (so vor allem Göppingen) unbefriedigend bleiben oder (wie Schnaittach S. 172) besser ganz zu streichen wären. Der zweite Hauptteil der Arbeit bringt den Versuch einer Analyse des „Phänomens Heimatvertriebenenwallfahrt", wobei neben einer Typologie der Erscheinungen in fünfzehn weiteren Kapiteln unter anderem über Pilgerziele, Wallfahrtspatrone und -anlässe, die Veranstalter und Träger, aber auch über Brauchtum, Legendenbildung, die geschichtliche Entwicklung (in vier etwas künstlich konstruierten „Phasen"), ja sogar (in einem in dieser Form entbehrlichen Kapitel) über die wirtschaftlichen Aspekte und schließlich die Funk-
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tion der H e i m a t v e r t r i e b e n e n w a l l f a h r t berichtet w i r d — wobei sich zeigt, d a ß sie insgesamt, besonders aber in der Spätzeit, weniger von echter V o l k s f r ö m m i g k e i t als von kirchlich (und häufig auch politisch) gelenkter Organisation ( v g l . S. 55, 58, 60, 65, 68, 75, 88, 97, 102, 105, 109, 118, 152 usw.) bestimmt gewesen zu sein scheint, w ä h r e n d gleich nach Kriegsende die Möglichkeit der Wiederbegegnung mit V e r t r a u t e n aus der „alten H e i m a t " Bedeutung gehabt hat. Der durchaus ungleichen Quellenlage entsprechend finden sich in Schroubeks Untersuchung ausgezeichnete Darstellungen einzelner Erscheinungen w i e e t w a der Legendenbildung in Mitterfirmiansreut u n d anderen Orten ( v g l . S. 142, 147, 193 u n d 315 ff.), wobei m a n sich allerdings ( e t w a S. 208) eine kritischere V e r w e n d u n g des Begriffes Legende gewünscht hätte, neben anderen, die mehr Wünsche offenlassen als e r f ü l l e n . So ist besonders das f ü r den Leser dieses Jahrbuches wichtige K a p i t e l über Gebete u n d Lieder in mehrfacher Hinsicht unbefriedigend. Schon im systematischen Teil ist häufig d a v o n die Rede, d a ß die H e i matvertriebenen auf ihren W a l l f a h r t e n „sangen", aber nähere A n g a b e n über das Lied„Repertoire" fehlen: S. 45 singen Oberschlesier „heimatliche Lieder", S. 46 findet ein „öffentliches Singen von H e i m a t l i e d e r n " statt, S. 49 singen H e i m a t v e r t r i e b e n e „heimatlich", S. 52 w a l l f a h r t e t m a n „mit Liedern", S. 57 zieht m a n „singend" in die Kirche, S. 58 werden „alte H e i m a t l i e d e r " gesungen, S. 59 „heimatliche W a l l f a h r t s l i e d e r " , S. 64 singt m a n gar „volksmäßige alte W a l l f a h r t s l i e d e r " (welche?), S. 78 w i r d das „Singen von H e i m a t l i e - ' dern" e r w ä h n t , S. 84 stehen „altertümliche Kirchenlieder" zur Debatte, S. 85 singt m a n „heimatliche Kirchenlieder" u n d „weltliche H e i m a t l i e d e r " , S. 89 findet eine „Feierstunde mit H e i m a t l i e d e r n " statt, S. 96 w e r d e n „geistliche Lieder in der altertümlichen h e i m a t lichen M u n d a r t der Gottscheer" gesungen, S. 98 ist von „heimatlichen Kirchenliedern" die Rede, u n d diese Liste ließe sich (S. 100, S. 127) weiter fortsetzen. Es m a g j a sicher a u f schlußreich sein, d a ß auf W a l l f a h r t e n auch in der „neuen H e i m a t " so viel u n d gerne gesungen w u r d e , doch w ä r e wenigstens eine systematische Aufstellung der Lieder wünschenswert gewesen, w e n n ausführlichere A n g a b e n vielleicht auch den R a h m e n der U n t e r suchung gesprengt hätten. Aber Schroubeks B e a n t w o r t u n g der selbstgestellten Frage, w a s bei den H e i m a t v e r t r i e b e n e n - W a l l f a h r t e n gesungen w u r d e (S. 289), nämlich „die beiden im Osten verbreitetsten Messegesänge, die M i c h a e l - H a y d n - M e s s e u n d die Schubert-Messe" ( „ K a u m eine H V - W a l l f a h r t mit Volksgesang, bei der nicht eine dieser beiden Messen gesungen w o r d e n w ä r e " ) scheint immerhin bedenklich, z u m a l eine stärkere Differenzierung zwischen Kirchen- u n d Prozessionsgesang fehlt. Die Liste der M a r i e n - u n d Heiligenlieder (vor allem zu St. A n n a u n d St. H e d w i g ) ist z w e i f e l l o s nur bedingt v o l l s t ä n d i g (St. J o hann von N e p o m u k - G e s ä n g e tauchen gar nicht a u f ! ) , aber m a n w i r d dem Verfasser zugute halten müssen, d a ß die Quellen wohl nicht mehr hergaben. Immerhin f r a g t m a n sich, w e l chen W e r t Ä u ß e r u n g e n über den „Liederbestand der ostdeutschen Diözesen" gegenüber „dem in westdeutschen Bistümern gebräuchlichen" haben sollen, der als „stärker gemütbetont u n d melodiöser, manchmal freilich auch süßlicher . . ." (S. 288) charakterisiert w i r d . H i e r u n d an einigen anderen sehr allgemein gehaltenen Stellen (so bei dem g a n z überflüssigen Zitat eines Eichendorff-Gedichtes und eines Kabarettverses S. 340 oder beim Bericht über die H i n t e r g r ü n d e der W a l l f a h r t nach Waldsassen) streift die Darstellung gelegentlich reinen Journalismus. Sehr zu begrüßen ist in dem e r w ä h n t e n L i e d - K a p i t e l der H i n w e i s auf die sonst nur schwer erreichbaren neueren Lieddichtungen u n d Kompositionen, die von H e i m a t v e r t r i e b e n e n gesungen w u r d e n . Aber auch hierbei ist zu f r a g e n , w e m der Abdruck e t w a des Dinkelsbühler W a l l f a h r t s l i e d e s S. 298 dienlich sein soll, von dem nur die erste u n d die achte Strophe dargeboten, die Binnenstrophen aber durch Auslassungspunkte ersetzt w e r d e n ; ähnlich v e r h ä l t es sich mit den St. H e d w i g s - L i e d e r n S. 290 und 292, bei denen die A n g a b e „Ein weiteres H e d w i g s l i e d der Flüchtlinge" ohne weiteren H e r kunftsnachweis zu kritisieren bleibt. Leider teilt Schroubek keine einzige Melodie mit, obwohl ihm sicher die von W . Hensel stammende Singweise zu „Von Krieg und N o t geschlagen" (S. 294) oder die von Ernst Robert komponierte zu „ A v e M a r i a , Gottesmütterchen" bekannt gewesen ist, u n d es bleibt nur zu hoffen, d a ß er dieses Versäumnis an dem
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(Anmerkung 927) versprochenen anderen Ort nachholt. Der Liedteil scheint ihm überhaupt die größten Schwierigkeiten bereitet zu haben, wie man aus der Bezeichnung „Heimatlied" für „Am Brunnen vor dem Tore" (S. 304) schließen kann, doch wäre es ungerecht, die im ganzen geglückte Untersuchung allein von diesem Kapitel aus zu beurteilen. So ist man zweifellos dankbar für die zahlreichen Hinweise auf Wallfahrten, an denen außerdeutsche Vertriebene und Flüchtlinge teilnahmen, besonders Polen, Tschechen, Kroaten, Ungarn, Spanier, Italiener usf. (vgl. S. 113, 118, 161, 172 usw.), sowie für die Einzeluntersuchungen über das Wallfahren in den Diasporagebieten Mittel- und Norddeutschlands, auch außerhalb der bundesdeutschen Grenzen. Wichtiger als die ohnehin vermutbare Erkenntnis, daß die Zahl der Teilnehmer an den Heimatvertriebenenwallfahrten in stetem Rückgang begriffen ist, scheint die offenbare Tatsache zu sein, daß sich das Wallfahren mancherorts (etwa in Sinsheim, S. 182) ohne Ermüdungserscheinungen erhält, und daß manche Wallfahrtsziele (wie Winsen a. d. Luhe) ihre Entstehung überhaupt erst der Initiative von Heimatvertriebenen verdanken. Leider fehlt der mit außerordentlichem Fleiß erstellten Untersuchung ebenso ein zusammenfassendes Literaturverzeichnis wie ein Register der Personennamen, durch das die Benutzung wesentlich vereinfacht worden wäre. Zu beanstanden bleibt ferner Schroubeks Neigung, Gewährsleute nicht beim Namen zu nennen, sondern nur abgekürzt zu zitieren (Anm. 550: „Hermine K., Lorchhausen"; Anm. 753: „Brief von Herrn A. S., Oeffingen"; Anm. 869: „Frau Maria K., Arnsberg"; Anm. 883 „Herr Rudolf S., Karlburg" usw.), eine Rücksichtnahme, die in wissenschaftlichen Untersuchungen fehl am Platz ist, zumal die Aussagen inhaltlich kaum Anlaß für irgendwelche Rückwirkungen sein können. Ebenso ist die Angabe (Anm. 9, S. 344) „ein bekannter Oberpfälzer Gnadenort" für eine wissenschaftliche Darstellung nicht exakt genug. Diese vergleichsweise unbedeutenden Einwände schmälern aber nicht den positiven Eindruck der insgesamt sehr sorgfältigen Abhandlung. Das Buch mit seinem weitgesteckten Thema wird als Nachschlagewerk für künftige Wallfahrtsdarstellungen fraglos von Nutzen sein. Freiburg i. Br.
Dietz-Rüdiger Moser
Kurt R e i n h a r d , Einführung in die Musikethnologie. Wolfenbüttel und Zürich, Möseler Verlag, 1968. 199 S. (Martens—Münnich: Beiträge zur Schulmusik, hg. von Wilhelm Drangmeister und Hermann Rauhe, 21). Der Folklore-Welle der letzten Jahre verdankt die „Musikalische Volks- und Völkerkunde" — wie in Deutschland die Fachbezeichnung für „Musikethnologie" etwas unglücklich lautet— eine nicht erwartete Publizität. So ist es verständlich, daß auch die in der Schulmusik mit den jeweiligen Konjunkturen befaßten Pädagogen das Bedürfnis nach tiefer gehender Information verspüren. Kurt Reinhard, der Leiter des Phonogrammarchivs am Museum für Völkerkunde und Professor an der Freien Universität in Berlin, vermag das Thema, was den zweiten Teil der Fadibezeichnung betrifft, die „musikalische Völkerkunde", kenntnisreich darzustellen. (Daß es sich nur um den Teilbereich handelt, geht allerdings aus dem Buchtitel nicht hervor. Der „musikalischen Volkskunde" soll ein eigener Band gewidmet werden.) Als Informationsquelle für Schulmusik folgt der Band der althergebrachten und gewohnten Betrachtungsweise der Berliner Schule, ohne auf die Wiener Schule von Wallaschek bis Walter Graf oder auf andere Zentren einzugehen und ohne die neueren Auseinandersetzungen widerzuspiegeln. Ein klein wenig der Problematik wird in drei kurzen Einleitungsabschnitten über „Sinn und Bedeutung der musikalischen Volks- und Völkerkunde", über die „Geschichte der Musikethnologie" und über „Die Anfänge der Musik", vor allem aber auf den Schlußseiten des Bändchens deutlich; dort, wo einmal über Beziehungen
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zwischen außereuropäischen und europäischen Kulturen gesprochen wird und wo schließlich die Discographie (S. 115) nicht umhin kann, auf europäische Beispiele auch hinzuweisen: auf Folk Music of Yugoslavia, H u n g a r i a n folk songs, Folk Music of Bulgaria, Antologio de Folklore Musical de España, Anthology of Portuguese music, Bonzonki music f r o m Greece, Folk music of the IJSSR. Die Bibliographie und alle dazwischen liegenden Kapitel (Musikalische Urelemente, Distanz- und Konsonanzprinzip, Außermusikalische Beziehungen, Musik und Sprache, Vokalstile, Musikästhetik, Musikinstrumente, Oberblick über die musikalischen Gestaltelemente, Die Musikstile, Notenbeispiele) beschränken sich auf die von Reinhard so genannte „naturvölkische" Musik und auf die Kunstmusik außereuropäischer Hochkulturen. Freiburg i. Br.
Wolfgang Suppan
Günther W i l l e , Musica Romana. Die Bedeutung der Musik im Leben der Römer. Amsterdam, Verlag B. R. Grüner, 1967. 799 S. Ein lange erwartetes Werk, das dem Volksmusikforscher aus Wioras zahlreichen Verweisen (u. a. Europäischer Volksgesang und abendländische Tonkunst) schon seit 1957 als vielversprechend galt. Ziel des Verfassers war zu beweisen, „daß die alten Römer ein hochmusikalisches Volk gewesen sind" und damit zusammenhängend, „daß die italienische Musikkultur, die abendländische Kirchenmusik und die mittelalterliche Musiktheorie in ähnlicher Weise Wurzeln besitzen, die bis in das antike Rom zurückweisen" (S. 722). U n d seine Methode: „. . . mit Rücksicht auf die widersprüchlichen Aussagen der bisherigen Forschung . . . die aus dem alten Rom zur Musik überlieferten Nachrichten in möglichster Vollständigkeit zusammenzustellen und sie unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, ob und in welchem U m f a n g die Musik f ü r die alten Römer eine Lebensmacht darstellte oder nicht . . . Diese . . . Quellengrundlage w u r d e nicht nur benutzt, sondern in den Anmerkungen in ihrem Wortlaut vorgelegt, um die kritische P r ü f u n g der auf ihr aufbauenden Deutung und Darstellung zu erleichtern" (S. 716). Diese Darstellung „ist nach den verschiedenen Lebensgebieten systematisch gegliedert. G e f r a g t w u r d e nach der Bedeutung der römischen Musik im Kultus, im Militärwesen, im täglichen Volksleben, in den großen Veranstaltungsräumen von Theater und Zirkus und in der Kunstmusik des privaten Lebens. Untersucht wurden die soziale Stellung und die Volkszugehörigkeit der Musiker u n d der Musizierenden. Einbezogen wurde zur Untersuchung der Kontinuität die Frühzeit der christlichen Kirche im Westen. Endlich ist . . . der R a n g der Musiktheorie in der allgemeinen Bildung beleuchtet. . ." (S. 716). Die Ergebnisse der Gesamtdarstellung: 1. Es gab, als volkstümliche Grundlage der höheren Musikkultur, einen urtümlichen römischen musikalischen Eigenbesitz, der als Wurzel der römischen Theatermusik lebendig blieb und sich im feinen Gehör und gesunden kritischen Sinn des Römers äußerte. 2. Die Nachrichten über die römische Volksmusik ermöglichen die Zusammenstellung des ersten Kapitels einer Geschichte des Volksliedes im lateinischen Westen. 3. Der musikalische Hellenismus bedeutete die Verarbeitung mehrseitiger, darunter griechischer Einflüsse, die aber die schöpferischen Eigenleistungen nicht beeinträchtigten. 4. Unter den literarischen Formen der Römer sind manche von der lebendigen E r f a h r u n g mit der volkstümlichen und sakralen Musik mitbestimmt. Die horazischen O d e n stellen die künstlerische Krönung der römischen Musikkultur dar. 5. Die Herausbildung des Virtuosenstandes und die Wertschätzung musikalischer Sklaven ist auf den tragenden G r u n d eines musikfreudigen Liebhabertums zurückzubeziehen. 6. Die Reserve gegenüber dem Tanz im römischen Leben ist nicht prinzipiell zu verstehen. 7. Der römische Staat sanktionierte die sakralen Musikerverbände; die Musik w a r integrierender
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Teil der staatlichen O p f e r und Festspiele. 8. Zur Allgemeinbildung gehörte mindestens seit Varro die musikalische Theorie mit etwas Praxis. 9. Die römischen Musiktheoretiker sind nicht ganz unselbständig im Sachlichen; sie vereinen griechische Theorie mit römischer Erfahrung. 10. Die gregorianische Kirchenmusik f ü g t sich wie ein weiteres Bauglied der altrömischen Musikgeschichte an. 11. Das gelegentliche Aussetzen der Überlieferung berechtigt nicht zur Annahme eines generellen Bruchs in der musikalischen Tradition beim Ubergang zum Mittelalter (S. 718—723). Wie diese A u f f ü h r u n g zeigt, geht es um eine Ergänzung und N e u w e r t u n g in allen nennenswerten Fragen der antiken Musikkultur, und mit Recht. O b aber die Ausgangseinstellung des Verfassers: die Ehrenrettung der römischen Musik, der Nachweis der Musikalität eines Volkes doch nicht etwas gezwungen erscheint? Für den Volksmusikforscher ist ja der Ausdruck „unmusikalisches Volk" eine contradictio in adiecto. Z w a r erfahren wir aus dem einleitenden Kapitel (S. 9—26), daß gerade die deutsche musikgeschichtliche Forschung die römische Musikkultur geraume Zeit hindurch (ca. 1875—1950) wesentlich negativ beurteilte, zugleich aber werden wir auch auf N a m e n wie Liliencron, Eichborn, Warnecke, Wüst, Marx, Weinreich u n d Quasten (die vorzüglichen Quellenforscher Deiters, Holzer usw. nicht gerechnet) aufmerksam gemacht: eine im Vergleich zu Gevaert u n d Machabey oder im Gegensatz zu Riemann, Abert, Birt u. a. f ü r eine positive Wertung doch schwer in die Waagschale fallende Liste! Wir sind überzeugt, d a ß die imponierende Reihe der 4000 Belege und das damit trefflich gezeichnete musikalische Bild des lateinischen Westens auch ohne den apologetischen Rahmen ihre volle Wirkung erzielen. Das Werk bietet der Themen zuviel, um auch nur auf einen Teil derselben näher eingehen zu können (z. B. auf die überaus spannende Frage der Komposition bei den großen Klassikern). Wir müssen uns damit begnügen, daß wir auf die Behandlung einiger unser Fach unmittelbar berührenden P u n k t e aufmerksam machen. Je näher der Ethnomusikologe an die Anfänge der Musik eines Volkes herankommt, desto spärlicher werden die Melodieaufzeichnungen und desto wichtiger die literarischen Nachrichten über das Musikleben. Im Falle Roms sind die notierten Quellen gleich Null, so ist die Zusammenstellung der Texte in dieser Vollständigkeit von höchstem W e r t ; besonders, da sie bisher weniger beachtete Aspekte (Rufe, Wechselgesang, Brauchtumsmusik, Volkstanz mit Gesang, Musik der Berufe usw.) bietet und musikalische Traditionen a u f deckt, die vom Volkslied zur lyrischen Kunstdichtung hinüberführen. Von f o r m a l e r Seite her w i r d dies bekräftigt (vierzeiliger Strophenbau, Wechselstrophen, Kehrvers), ebenso durch thematische Verwandtschaften wie Spinnlied, H i r t e n - und Liebeslieder, Ständchen, Scheit-, Hochzeits- und Trinklieder. Für den Nachweis der Kontinuität wäre von Vorteil, die neuere volksmusikalische Literatur in Italien zu befragen (Bonaccorsi, De Martino, Fara, Toschi), die nützliches Vergleichsmaterial bereitstellt. Nicht so leicht l ä ß t sich über die praktische Einteilung der Belege diskutieren: der Volksmusikforscher möchte gerne — auf G r u n d seines aktuellen „Volkslied"-Begriffs •—• Kultmusik mit Brauchtum, Militärmusik und T a n z mit dem täglichen Leben verbinden und f ü r die Beschreibung der Instrumente ein eigenes Kapitel einstellen, in der H o f f n u n g , so Doppelzitationen und wiederholter Behandlung desselben Themas zu entgehen, doch muß er auch einsehen, d a ß die Vielfalt der Beziehungen eine eindeutig klare Anordnung sehr schwer verwirklichen läßt. Gerne stimmen wir dem Autor bei, wenn er gegen die Annahme eines ausschließlichen orientalischen Einflusses auf die Anfänge der christlichen Kultmusik (gestützt auf H a n d schins und Weinreichs überzeugende Argumente) Stellung nimmt. Doch w i r d seine Meinung, der christliche Gesang habe seine Themen der Kitharodie und der musikalischen Lyrik des römischen Hauses entnommen (S. 376), durch keinen direkten Beleg unterstützt. Das Instrumentenspiel zu Hause und bei Martyrervigilien blieb offenbar bis ins Mittelalter erhalten, in der Messe aber wird es nur von Venantius Fortunatus erwähnt (S. Stäblein in Knaurs Weltgeschichte der Musik, München 1968, S. 97); es scheint, d a ß Hispanien und Gallien sich mehr Instrumentalmusik und Tanz erlaubten als Rom u n d Umgebung. An solche Unterschiede erinnert auch Roms Zurückhaltung vor dem Hymnengesang in der
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Liturgie. Die Akklamationen und die responsoriale Psalmodie (die nicht, wie auf S. 377 vermutet wird, zum Hymnus, sondern zur Refrain-Antiphon hinführt), werden wohl älteren Schichten der Volksmusik nahe gestanden sein. Im ganzen können wir einen Synkretismus, der sich in den Grundschichten der Liturgie kundtut, als Arbeitshypothese auch für die musikalischen Anfänge des Christentums nicht entbehren (Stäblein, a. a. O., S. 77). Als Ausgangspunkt für eine Neuorientierung in der Frage der Hymnodik ist uns die Feststellung eines strophischen Odengesangs schon zu Horazens Zeiten äußerst willkommen. In welchem Maße sie aber zur Klärung der liturgischen Musik beitragen wird, bleibt eine offene Frage, solange nähere Studien über die Terminologie hytnnus, carmen, canticum, versus, psalmus bei den einzelnen Schriftstellern fehlen. Gewiß fällt S. Corbin als Vertreter des orientalischen Ursprungs, in der Kritik J . Krolls (L'église à la conquête de sa musique, Paris 1960, S. 135) ins andere Extrem, wenn sie nur die Übersetzung von Tertullians versus und cantica durch hytnnus tadelt und nicht erwähnt, daß Tertullian auch das Wort hymnus benützt (Wille S. 376), oder, daß bei Ambrosius gerade der Ausdruck hymnorum carmina zu finden ist (Wille S. 289), ausdrücklich zur Bezeichnung strophischer Hymnen. Bezeichnenderweise nimmt Corbin auch keine Kenntnis von den Zusammenhängen der liturgischen Jubilation mit dem römischen jubilus und celeusma (bei Wille S. 375 bis 376, wo allerdings einige beachtenswerte Literatur fehlt: Chambers, Glibotic, Huré und nicht zuletzt Wioras Jubilare sine ver bis dürften nicht übergangen werden). Die Interpretation der Texte verrät Maß und Vorsicht; einzig die Anspielung auf das Kontrafaktum bei Cassiodor (S. 383, Anm. 163) könnte mißverstanden werden: die Berufung auf Harmonius gilt für syrische, nicht für lateinische Verhältnisse. Das Werk eröffnet neue Möglichkeiten für Volksmusikforschung und musikgeschichtliche Arbeit und ist als wegweisend in Methode und sachlichen Ergebnissen wärmstens zu begrüßen. Budapest
Benjamin Rajeczky
A Select Bibliography of European Folk Music. Published in co-operation with The International Folk Music Council by The Institute of Ethnography and Folklore of the Czechoslovak Academy of Sciences. Editor-in-Chief Karel V e 11 e r 1. Prague, 1966. V I I I , 145 S. Die Möglichkeiten zur bibliographischen Orientierung auf dem Gebiet der Volksliedund Volksmusikforschung haben sich in den letzten Jahren dank dem zügigen Voranschreiten der „Internationalen Volkskundlichen Bibliographie" sowie durch die Gründung der „Musikethnologischen Jahresbibliographie Europas" (Bd. 1, Bratislava 1967) und der „rilmabstracts" (Bd. 1, New York 1968) sehr verbessert. Die vorliegende Auswahlbibliographie schließt eine weitere Lücke, indem sie das wichtigste Schrifttum aus 33 europäischen Ländern zusammenstellt. Sechs Jahre nahmen die Vorbereitungsarbeiten in Anspruch. Fadbleute aus den meisten der vertretenen Länder bürgen mit ihren Namen dafür, daß die getroffene Auswahl einer kritischen Nachprüfung standhält. Bei einem beschränkten Raum von 3 bis 4 Seiten und durchschnittlich 40 Buchtiteln pro Land wird man jedoch oft mit den Bearbeitern um die Berechtigung des einen oder das Fehlen eines anderen Titels rechten können; das ist bei einer Auswahl unvermeidlich. Bedenkt man jedoch, daß das Heft für die Hand des Studenten, des Bibliothekars oder des ausübenden Musikers gedacht ist, der eine erste knappe Information sucht, so wird man es für durchaus hinreichend halten und ihm eine weite Verbreitung wünschen. Unverständlich will es uns scheinen, daß für Italien kein Bearbeiter zu finden gewesen sein soll. Freiburg i. Br.
Rolf Wilh. Brednich
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Ethnomusicology and Folk Music: An International Bibliography of Dissertations and Theses. Compiled and Annotated by Frank G i 11 i s and Alan P. M e r r i a m. Middletown, Connecticut, Wesleyan University Press, 1966. V I I I , 148 S. (Special Series in Ethnomusicology, 1). Der Wert dieser (Auswahl-)Bibliographie liegt vorzüglich darin, daß wir, in Europa, über die in den USA gearbeiteten einschlägigen Hochschulschriften einigermaßen orientiert werden. Europa ist sehr spärlich und willkürlich vertreten, — und für den deutschsprachigen Raum wird man wohl weiter zu Schaal (Verzeichnis deutschsprachiger musikwissenschaftlicher Dissertationen, Kassel 1963) und zu den Dissertations-Anzeigen in der Zeitschrift „Die Musikforschung" greifen. Freiburg i. Br.
Wolfgang Suppan
Bengt R. J o n s s o n , Svensk Balladtradition I. Balladkällor och balladtyper [Die schwedische Balladentradition I. Balladenquellen und Balladentypen]. Stockholm, Svenskt Visarkiv, 1967. X X , 912 S., 75 Abb. auf Kunstdrucktafeln. (Svenskt Visarkivs Handlinger, 1). Wenn es um einen Kollegen lange Zeit still wird, wenn er den Besuch von Kongressen zu scheuen beginnt und Briefe oft nur mit großer Verspätung beantwortet, so darf man so gut wie sicher sein, daß er einen großen Wurf vorbereitet, daß ein neues Werk Gestalt annimmt. Hier ist nun Jonssons großer Wurf! Er legt uns auf über 900 Seiten fünf Kapitel schwedischer Balladenforschung vor, die künftig die Grundlage jeder wissenschaftlichen Beschäftigung mit der schwedischen Volksballade sein werden. Ein solches Werk ist die Frucht vieler Jahre entbehrungsreicher Arbeit, und wir bewundern aufrichtig die Energieleistung des Verfassers, die sich hinter einem Opus von solch großen Dimensionen verbirgt. Dabei sollte das Werk ursprünglich sogar noch größere Ausmaße haben: Ein Teil des Manuskriptes mit Abhandlungen über das Leben der Ballade in Schweden und über weitere Einzelprobleme wurde für einen zweiten Teil zurückgestellt. Teil I beschäftigt sich mit den Quellen und mit der Typisierung dieses Quellenmaterials. Das Werk stellt somit die notwendige Vorarbeit für eine wissenschaftliche Ausgabe der schwedischen Balladen dar; eine solche Edition ist das Hauptziel des Svenskt Visarkivs, an dem der Autor des vorliegenden Buches seit 1952 mitarbeitet und dessen Leiter er heute ist. Am Anfang stehen naturgemäß Fragen der Definition. Jonsson versteht in seinem Buch unter Ballade die nordische medeltidsballad, die durch Kriterien der Form, des Stils, des Inhaltes und des Alters zu umschreiben ist und sich als eng zusammengehörige Erscheinung der drei skandinavischen Länder erweist. Die Ballade ist wiederum ein Teilgebiet des Volksliedes, und dieses definiert er: „Med folkvisa menar jag en anonym visa, som främst lever genom muntlig tradition och för vilken ingen av författaren auktoriserad version, med andra ord arketypen, existerar" (S. 3). Aufgrund dieser Auffassung hält sich Jonsson nicht bei der Diskussion um die vermeintliche „Urform" einer Ballade und deren Herstellung auf, sondern er wendet sich ohne Umschweife der Quellenerschließung zu. Kapitel 1 (S. 15—129) bringt eine Übersicht über den Gesamtbereich des zur Verfügung stehenden gedruckten Materials in historischer Ordnung. Die gewissenhafte Darstellung setzt ein bei den Euphemiaviser des 13. Jahrhunderts und geht über die mittelalterlichen Liederbücher (Visböcker) bis zu den neueren Sammlungen von Arwidsson und den finnlandschwedischen von Otto Andersson. Kapitel 2 (S. 130—600) ist das eigentlich zentrale Anliegen des ersten Bandes; es enthält einen umfassenden Überblick über alle zur Ver-
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fügung stehenden handgeschriebenen Liederbücher und sonstigen ungedruckten Aufzeichnungen. Zum ersten Mal wird hier der vielgerühmte Reichtum Schwedens an mittelalterlichen Liedquellen in einer Zusammenstellung sichtbar. Es werden nicht nur Geschichte, Herkunft und Quellenwert dieser Handschriften eingehend geprüft, sondern bei jeder einzelnen Quelle ist auch verzeichnet, welche Balladenaufzeichnungen sie enthält (mit Verweis auf das schwedische Balladentypenverzeichnis, s. Kap. 5). Von zahlreichen Hss. sind Proben in Faksimile auf Kunstdrucktafeln beigegeben. Tausende von älteren Balladenzeugnissen sind durch dieses Kapitel neu erschlossen und systematisch erfaßt, eine Leistung, die uns die Verdienste des Svenskt Visarkivs um die schwedischen Volksliedbelange erst richtig erkennen läßt. Das 3. Kapitel befaßt sich mit der schwedischen Flugblattüberlieferung (Skillingstrycken, S. 601—673) und bietet willkommenes Anschauungsmaterial für die Untersuchung des Flugblattdruckes mit Liedüberlieferung als internationaler Erscheinung. Brauchbare Literatur zu diesem Thema lag in Schweden bisher kaum vor. Dabei sind in den Bibliotheken von Stockholm, Uppsala u. a. große Mengen solcher Drucke angehäuft. Im allgemeinen handelt es sich um Oktavblätter jüngerer Herkunft; das 16. und 17. Jh. sind noch relativ schwach vertreten, seit etwa 1700 setzt dann auch in Schweden die massenhafte Verbreitung der Blätter ein, deren äußere Form deutliche Verwandtschaft mit den deutschen und dänischen Drucken aufweist. Das Verzeichnis Jonssons auf den Seiten 607—668 bringt eine Bibliographie aller Balladendrucke geordnet nach den Nummern des neuen schwedischen Typenverzeichnisses, insgesamt 477 Stücke. Ein kurzes, aber notwendiges Zwischenkapitel über Falsifikate (S. 674—704) leitet zu dem wichtigen Absdinitt über die schwedischen Balladentypen über. Trotz der Schwierigkeit einer verbindlichen Definition des Begriffes „Balladentypus" hat sich Jonsson entschlossen, den Versuch einer typenmäßigen Anordnung der schwedischen Balladen zu unternehmen. Als Grundlage bot sich die dänische Standardedition der DgF an, da ein hoher Prozentsatz der darin vorhandenen Lieder auch in Schweden vertreten ist. Die Lieder der dänischen Balladenausgabe, die in anderen skandinavischen Ländern Parallelen besitzen und somit einen Typus repräsentieren, erhalten künftig die Bezeichnung DgFT. Für die nicht in DgF vertretenen Balladentypen wird die Bezeichnung ST (svensk typ) eingeführt. Das Verzeichnis erfaßt insgesamt 230 Typen; 34 davon sind eigenständige schwedische ST-Typen. 125 Lieder sind aus Quellen bekannt, die vor das 18. Jahrhundert zurückreichen, der Rest ist jünger. Bedenkt man, daß L. Heggstad und H. Grüner-Nielsen in ihrem Utsyn yver gamall norsk folkevisediktning 1912 eine Zahl von 195 nordischen Balladen verzeichneten, so wird die Leistung des Svenskt Visarkivs bei der Erschließung neuen Quellenmaterials besonders augenfällig. Auf die bevorstehende Veröffentlichung des ausführlichen skandinavischen Typenverzeichnisses, das Jonsson mit dänischen und norwegischen Kollegen vorbereitet, darf man trotz allem gespannt sein, denn Jonssons Buch nimmt dieses Verzeichnis keineswegs vorweg. Es verzeichnet zwar die Quellen für die neuen schwedischen Balladentypen, aber da es sich meistens um schwer zugängliche Archivaufzeichnungen handelt, erfahren wir über Inhalt und Form der neuaufgefundenen Lieder noch nichts. Für die übrigen Typen bleibt nach wie vor die Benutzung des DgF-Corpus unerläßlich. Den Nutzen seines neuen Verzeichnisses demonstriert Jonsson, indem er die älteren Sammlungen von Geijer-Afzelius und Arwidsson nach DgFT und ST durchtypisiert und somit ihren Quellenwert für die künftige Balladenedition veranschaulicht. Mit diesem Werk hat sich Jonsson und mit ihm das schwedische Volksliedarchiv eine unentbehrliche Grundlage für die weitere Arbeit an der schwedischen Balladenausgabe geschaffen. Die Vorbereitungen zu dieser Ausgabe müssen weit gediehen sein, wenn es bereits zu diesem Zeitpunkt möglich war, eine Synthese zustandezubringen, in der viele Ergebnisse der zu erwartenden Edition vorweggenommen sind. Uberall in Europa wird man die schwedische Volksliedforschung um dieses großartige Buch beneiden. Freiburg i. Br. 12
J a h r b u c h f. Volksliedforschung
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Besprechungen Finlands Svenska Folkdiktning. Bd. V / 3 : Sanglekar [Finnlands schwedische Volksdichtung Bd. V / 3 : Singspiele]. Utgiven av O t t o A n d e r s s o n under medverkan av Greta D a h l s t r ö m och Alfhild F o r s l i n . Äbo, Svenska Litteratursällskapet i Finland, 1967. X L I V , 853 S. (Skrifter utgivna av Svenska Litteratursällskapet i Finland, 423).
Ohne großen organisatorischen A u f w a n d u n d in aller Stille w i r d bei den Finnlandschweden seit Jahrzehnten f ü r die volkskundliche Forschung Hervorragendes geleistet. Im Rahmen der Publikationen der Schwedischen Literaturgesellschaft (welche vergleichbare Editionsreihe hat es anderwärts je auf 423 Bände gebracht!) schreitet die Quellenveröffentlichung finnlandschwedischer Volksüberlieferungen erfolgreich und stetig voran. Von der Serie Finlands Svenska Folkdiktning (FsF) liegen heute 22 stattliche Bände v o r ; davon in der Abteilung V I Folkdans drei Bände mit älteren Tanzmelodien, Hochzeitsmusik und Tanzbeschreibungen u n d in der Abteilung V Folkvisor bisher das wichtige Werk Den äldre jolkvisan von O t t o Andersson (1934). Ihm tritt jetzt der 900 Seiten starke Band mit Singspielen an die Seite. Der unermüdliche Gelehrte, der bereits 1964 seinen f ü n f u n d a c h t zigsten Geburtstag begehen konnte und mit einer Festschrift geehrt wurde 1 , hat f ü r die Mithilfe bei der Edition befähigte und bewährte Volksliedforscherinnen heranziehen können. Es sind Alfhild Forslin vom Sibeliusmuseum in Äbo, die bereits seit den dreißiger Jahren, damals unter ihrem Mädchennamen A. Adolfsson, mit bedeutenden Arbeiten zum finnlandschwedischen Volkslied und insbesondere zur Ballade hervorgetreten ist; ferner Greta Dahlström, deren Verdienste um die Feldforschung jüngst von A. Forslin in einer Schrift gewürdigt wurden 2 . — Es galt, ein ungemein reichhaltiges und vielseitiges Material zu meistern, von dessen Dimensionen etwa folgende Zahlen eine Anschauung zu geben vermögen: An Aufzeichnungen von Sanglekarn standen 3150 N u m m e r n zur Verfügung. Eine Klassifizierung ergab, d a ß sich diese Varianten auf insgesamt 310 Typen von Singspielen verteilen. Die Zahl der abgedruckten Melodievarianten beträgt 988. Auf die Wiedergabe reiner Textbelege ohne die zugehörigen Melodien w u r d e weitgehend verzichtet. Zeitlich erstrecken sich diese Aufzeichnungen auf einen R a u m von mehr als 100 Jahren. Das 19. J a h r h u n d e r t ist zahlenmäßig gut vertreten, vor allem infolge der Tatsache, d a ß sich bereits A. I. Andersson zwischen 1834 und 1842 als Sammler von Singspielen betätigte. Die in seinen Svenska Fornsänger Bd. III, 1842 enthaltenen Stücke gelangen daher hier nochmals zum Abdruck — mit gutem Recht. Zahlenmäßig überwiegen die Belege aus N y l a n d mit 1411 Aufzeichnungen, w ä h r e n d Äboland, Aland und ö s t e r b o t t e n mit jeweils etwa 500—600 Varianten vertreten sind. Mit der vorliegenden Edition setzt das Herausgeberteam einen neuen Markstein zur Erforschung der skandinavischen Singspiele; dieser Zweig der Volksliedforschung hat in den schwedischsprechenden Ländern besonders durch die Arbeiten von Nils Dencker hohen R a n g erreicht. Dencker hatte 1950 zusammen mit C a r l - H e r m a n Tillhagen eine Sammlung von Svenska folklekar och danser herausgegeben, hatte mit Svenskt Visarkivs sängleksregistrant 1955 einen Überblick über die einschlägigen Bestände des Schwedischen Volksliedarchivs v e r f a ß t und w a r 1960 mit dem großartigen zusammenfassenden Werk Sveriges sanglekar hervorgetreten. Der T o d hinderte ihn an der Durchführung weiterer Editionspläne, mit denen er sich trug. Die Hrsg. dieser Sammlung können an Dencker a n k n ü p f e n und sind zudem in der beneidenswerten Lage, noch über weitaus mehr Material zu v e r f ü gen, als im schwedischen Mutterland überliefert ist u n d aufgezeichnet wurde. Von deutscher Seite, wo f ü r die Edition des Spielliedes oder gar seine Erforschung bisher wenig getan wurde, kann man diese Stoffülle nur bewundernd registrieren. Die 310 verschiedenen
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O. Andersson, Studier i Musik och Folklore, Äbo 1964 (Skrifter utgivna . . ., 408). A. Forslin, Greta Dahlström som fältforskare i Svenskfinland, in: Budkavlen 45/46 (1968) 51—114, separat als: Meddelanden f r a n Svenskt Visarkiv, 24).
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Typen sind in die beiden Großgruppen dramatische und lyrische Singspiele eingeteilt. Gruppe 1 ist in Spiele zu einer Reihe, Spiele zu zwei Reihen u n d Kreisspiele unterteilt. Innerhalb der Gruppen erfolgt die Gliederung alphabetisch nach dem Liedanfang. Ausführliche Spielbeschreibungen, z. T. mit Tanzschriftnotation, sowie Hinweise auf die Lesarten der nicht abgedruckten Varianten sind beigegeben. Das Register verweist auf D e n k ker—Tillhagen und Denckers Sängleksregistrant; etwa die H ä l f t e der darin verzeichneten Liedvarianten besitzt in den binnenschwedischen Aufzeichnungen keinerlei Parallelen. Zur wissenschaftlichen Auswertung dieser reichhaltigen Ernte trägt die Ausgabe vorläufig noch wenig bei. Unter anderem ist die Frage nach den Trägerschichten dieser Überlieferungen und nach der Funktion der Spiele unbeantwortet geblieben. Zumindest in Mitteleuropa sind die Spiellieder heute nahezu ausschließlich Sache der Kinder geworden. In Skandinavien scheint dieser P r o z e ß des Abstiegs aus der Welt der Erwachsenen noch nicht ganz so weit fortgeschritten zu sein. Es wäre daher wünschenswert, wenn sich jemand zur Abfassung eines kleinen ergänzenden Kommentarbandes entschließen könnte. D a r i n wären dann auch die internationalen Verflechtungen der hier veröffentlichten Liedtypen mit anderen europäischen Traditionen zu berücksichtigen. Beziehungen zum deutschsprachigen Spielund Reigenlied sind in reichem Maße vorhanden. Es kann nicht die Aufgabe dieser Besprechung sein, alle diese Berührungen hier namhaft zu machen. Wir müssen uns auf einige ausgewählte Beispiele beschränken. Schon das älteste uns überlieferte finnlandschwedische Spielliedchen (aus einer Äboer Tageszeitung vom April 1789) „I Bremen h a f w e r jag v a n d r a t " (S. X X X I , vgl. T y p N r . 11) nennt den N a m e n einer deutschen Stadt, und gleich N r . 5 der Liedsammlung („Adam hade sju söner") entspricht fast W o r t f ü r W o r t dem deutschen Nachahmungsspiel von den sieben Söhnen Adams (F. H o e r b u r g e r — H . Segler, Klare, klare Seide. Überlieferte Kindertänze aus dem deutschen Sprachraum 1963, N r . 20 u n d 126). — N r . 86 „Viljen I veta" mit der Nachahmung bäuerlicher Tätigkeiten hat ebenfalls ein eng verwandtes deutsches Gegenstück (Hoerburger—Segler N r . 135). Wir begegnen den „Drei Musikanten aus Schwabenland" ( N r . 22 = Erk—Böhme N r . 1748, Hoerburger—Segler N r . 125) u n d vielen anderen guten Bekannten, die wir im hohen N o r d e n wohl k a u m vermutet hätten. Die Sammlung lädt zur Beschäftigung mit diesen bei uns bisher wenig beachteten Spielliedchen und zu ihrer vergleichenden Betrachtung ein. Es ist zu hoffen, d a ß das gute Beispiel, das von den Hrsg. gegeben wird, möglichst bald durch ähnliche Editionen in anderen europäischen Ländern Schule macht. Freiburg i. Br.
Rolf Wilh. Brednich
Norske Folkeviser, samlede og udgivne of M. B. L a n d s t a d [Norwegische Volkslieder, gesammelt u. hrsg. von M. B. L.]. Oslo, N o r s k folkeminnelag / Universitetsforlaget, 1968. Neudruck der Ausgabe 1853. X X I V , 868 S., 52 S. Melodieanhang von Ludv. M. L i n d e m a n. Das J a h r 1853 bezeichnet einen entscheidenden Markstein in der Geschichte der skandinavischen Volksliedforschung. In D ä n e m a r k begann Svend Grundtvig sein epochales Werk Danmarks gamle folkeviser, in Schweden erschien Hylten-Cavallius und Stephens, Sveriges historiska och politiska visor Bd. 1, u n d Norwegen leistete mit L. M. Lindemans jEldre (1853—1867) einen weiteren wichtigen Beitrag. Nachdem og nyere norske Fjeldmelodier dieses Werk 1963 durch einen Faksimiledruck neu zugänglich gemacht wurde, begrüßen wir nun eine zweite norwegische Volksliedpublikation aus dem großen J a h r 1853 im N e u d r u c k : M. B. Landstads Norske Folkeviser mit dem Melodieanhang L. M. Lindemans, von Erik D a l (Norsk folkeviseforskning siden 1800, 1956, S. 186) mit Recht als „den 12*
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forste betydelige norske visebog" gerühmt. Die Sammlung erschien ursprünglich 1852/53 in Heften. Sie erfuhr seitdem verschiedene Neuauflagen; 1925 gab Knut Liestol den handschriftlichen, dem Druck vorausgegangenen Erstentwurf zur vorliegenden Sammlung als Folkeviser jra Telemarken heraus. Die Erstausgabe ist darüber sehr selten geworden, so daß der Neudruck längst fällig war und viele dankbare Abnehmer finden wird. Landstads Buch war seinerzeit eine ausgesprochene Pionierleistung; er beschränkte sich in seiner Anthologie keineswegs auf die relativ gut dokumentierten mittelalterlichen Balladen, sondern er wollte einen Querschnitt durch alle Gattungen des Volksgesanges geben, wurde selbst zum Sammler und erfaßte mit 133 Liedtypen den Gesamtbereich traditionellen Singens von den Balladen über die Romanzen, Scherzlieder bis hin zu den „neueren Liedern vermischten Inhalts", zum Stev, zu Spielen und Kinderreimen. In einem Apparat führt Landstad bereits die ihm bekannten Liedparallelen aus Schweden und Dänemark auf. Eine Durchsicht des Bandes auf Berührungen mit dem deutschsprachigen Liedgut dürfte sich als sehr ergiebig erweisen. Wir weisen vorläufig auf einige Parallelen der internationalen Balladendichtung hin: Nr. 53 „Dei tvo systar" (E.-B. 8 „Die E r l e " ) ; Nr. 69 „Svein Norömann" (DVldr. 41 „Der Mädchenmörder"); Nr. 74/75 „Herre Per og stolt Margit" (vgl. DVldr. 42 „Der betrügerische Freier"); Nr. 77 „Ridder Valivan" (zum Verkleidungsmotiv vgl. DVldr. 6 „Der verkleidete Markgrafensohn"). Freiburg i. Br.
Rolf Wilh. Brednich
Felix K a r 1 i n g e r , Die Funktion des Liedes im Märchen der Romania. und München, Anton Pustet, 1968. 16 S. (Salzburger Universitätsreden, 34).
Salzburg
Mit dem Abdruck seiner Salzburger Antrittsvorlesung als o. Professor der romanischen Philologie legt Felix Karlinger wertvolles Anschauungsmaterial zum Thema „Märchensingverse" vor, das er auf Sardinien und Mallorca teils selbst gesammelt hat, teils aus den zuvor nicht genügend ausgebeuteten Sammlungen von Ovidiu Birlea Antologie de prozä popularä epicä (1966) und Joan Amades Folklore de Catalunya-Rondallistica (1950) schöpfte. Zu manchen Zeiten scheinen bestimmte Themen gleichsam in der Luft zu liegen: unabhängig von Karlingers Rede entstand die von ostdeutschem Liedgut ausgehende Untersuchung des Referenten über „Märchensingverse", die im vorausgehenden Band dieses Jahrbuches erschienen ist. Während eines der vier von Karlinger dargebotenen Notenbeispiele (zum Typ Vom Wolf und den sieben Geißlein) ganz dem Bereich des Kinderliedes zugehört, zeigen die übrigen eine etwas selbständigere Melodieführung, die allerdings noch weitgehend im Formelhaften verbleibt. Wie es scheint, hat sowohl die „größere Traditionstreue wie die stärkere Erzählfreude in den peripheren Zonen der Romania" (S. 5) zu einer größeren Anzahl von Singversbelegen geführt. Hinsichtlich der Funktion, die sie im Baugefüge des Märchens einnehmen, unterscheiden sie sich nicht von den uns bekannten deutschen Varianten: sie stehen „an hervorragender Stelle" und werden oft „zum Angelpunkt für die Entwicklung des Märchens, für die Lösung des Knotens". Wichtig erscheint Karlingers Gedanke, daß in den mitgeteilten Liedern „eine erstaunliche Beziehung zum Lyrischen" innerhalb der epischstrukturierten Märchen vorhanden sei: „Die Wesenheit des Lyrischen bedeutet eine metaphorische Überhöhung, welche die umdeutende Bindung zweier Wertfelder in einer gemeinsamen Ebene schafft" (S. 13). In ihr sieht er wohl mit Recht die Ursache für „Faszination und Verzauberung" des Liedes im Märchen. Freiburg i. Br.
Dietz-Rüdiger Moser
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Ioan Urban J a r n i k — Andrei B i r s e a n u , Doine ji strigäturi din Ardeal [Doinen und Tanzreime aus Siebenbürgen]. Edi^ie definitivä de Adrian F o c h i. Bucurejti, Editura academiei republicii socialiste romänia, 1968. 967 S., 31 Abb. In die Reihe kritischer Neuausgaben älterer Folkloresammlungen, die von der rumänischen Akademie betreut werden, gehört auch die Anthologie „Doine §i strigäturi din Ardeal" von Jarnik und Birseanu, eine umfassende siebenbürgische Volkslyriksammlung, die zu ihrer Zeit (1885) einen unerwartet durchschlagenden Erfolg zu verzeichnen hatte. Eine kritische Ausgabe davon zu veranstalten war in diesem Falle um so gegebener, da das gesamte handschriftliche Material in der Stadtbibliothek in Hermannstadt vorlag. Die Untersuchung hat zahlreiche interessante Aufschlüsse gebracht. Im ersten Teil — der einleitenden Abhandlung — zeigt sich, daß der eigentliche Anstoß zu dieser Sammlung von dem Professor Ioan Micu-Moldovan (1833—1915) ausging. Aus einem in seiner Zeit stark aufstrebenden Nationalgefühl heraus regte er seine Schüler zum Sammeln an. Sein Freund, der tschechische Philologe Ioan Urban Jarnik (1848—1923), übernahm das Material und arbeitete die Ausgabe von 1885 zusammen mit Andrei Birseanu (1858—1922) aus, wobei letzterem der Löwenanteil an der Textarbeit zufiel. Durch zahlreiche Belege aus der Korrespondenz der Herausgeber mit ihren Zeitgenossen zeigt uns A. Fochi die Entstehungsgeschichte der Anthologie. In der anschließenden Beschreibung des 1088 Blatt umfassenden Manuskriptes, sowohl seines Äußeren, als auch seines Inhaltes, erweist sich A. Fochi als ausgesprochener Fleißarbeiter, der mit ungeheurer Akribie die verschiedenen Möglichkeiten bis in die kleinste Einzelheit zu verfolgen weiß und der eine Unmenge von Belegen und Material in die Fußnoten verdrängen muß, um die Hauptlinie des Textes wahren zu können. Die eigentlichen Sammler sind 168 Schüler der V . — V I I I . Klasse des Priesterseminars in Blaj, über die uns der Herausgeber genaue Angaben aus den Schulakten bringen kann. Das Material stammt aus 124 Ortschaften Mittelsiebenbürgens, also aus dem Einzugsbereich der Schule, und umfaßt 3941 Nummern, darunter auch mehrere Prosatexte. Das Material wurde als Ferienarbeit in zwei großen Schüben 1863 und 1872 zusammengetragen. Anschließend wird das von Jarnik und Birseanu herausgegebene und das noch unveröffentlichte Material parallel, in ständiger Beziehung zueinander, betrachtet. Dabei vergleicht der Bearbeiter die 1020 Nummern der Anthologie mit den 3941 Nummern des Manuskriptes. Den Anteil der einzelnen Schüler, der Ortschaften sowie der einzelnen Gattungen an der Anthologie und dem Manuskript erarbeitet Fochi genauestens, sowohl zahlenmäßig als auch prozentual. Auch helfen ihm Kartenskizzen und Tabellen dabei, einen Überblick über das schwer überschaubare Material zu gewinnen. Als ein wichtiger Punkt wird die Authentizität des Materials untersucht. Abgesehen von den orthographischen Problemen, an denen sowohl die Sammlung als auch alle bisherigen Ausgaben krankten, machte sich Andrei Birseanu viel Mühe, um den Motivreichtum, die ästhetisch wertvollsten Beispiele und auch eine Lyrik frei von städtischen und klerikalen Einflüssen zu zeigen. Obwohl er, der selbst aus dörflicher Umgebung stammt, in die Texte eingreift, sie kompiliert, erweitert, kürzt usw., mit einem Wort sie modifiziert, verfälscht er sie jedoch nicht in dem zu jener Zeit üblichen Maße. Man darf also sagen, daß die Anthologie für ihre Zeit ein relativ hohes Ausmaß an Authentizität aufweist. Danach werden die vier bisherigen Ausgaben der Anthologie (1885, 1895, 1964 und die vorliegende: 1968), speziell ihre orthographischen Probleme und Fehler besprochen. Im zweiten Teil folgt die komplette Wiedergabe, erstens der Ausgabe von 1885 und zweitens des unveröffentlichten Materials, das nach Gattungen, und innerhalb dieser nach Themen geordnet ist. Es umfaßt sechs Gruppen: A.: Doinen und Lieder (456 Nummern), B.: Tanzreime (435 Nummern), C.: Balladen (57 Nummern), D . : Märchen, Geschichten, Schwänke und Sagen (37 Nummern), E.: Rätsel (55 Nummern), F.: Brauchtumsfolklore (57 Nummern).
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Der dritte große Teil bringt die Daten zu den einzelnen N u m m e r n , die Birseanu in seiner Ausgabe vorgesehen, aber bis zuletzt doch nicht ausgearbeitet h a t t e : Sammlernamen, Herkunftsorte, D a t u m , dazu Veränderungen seitens des Herausgebers, Varianten in anderen wichtigen Sammlungen sowie auch im unveröffentlichten Material des vorliegenden Manuskriptes. W o zahlreiche Belege desselben Textes gegeben waren, ist eine Kartenskizze beigefügt. Balladen und Prosatexte wurden mit den entsprechenden Katalognummern nach Amzulescu u n d Aarne—Thompsen versehen. A m Ende folgen eine Bibliographie, zwei Indices der Personennamen und Ortschaften und eine Liste der Illustrationen, jedoch fehlt ein Register der Ubersichtskarten. Zum technischen A u f b a u der Arbeit m u ß gesagt werden, d a ß die abschnittweise Einteilung der Untersuchung mit klaren Untertiteln den Uberblick über die komplexe Problematik erleichtert. Verlagstechnisch sind leider immer noch Druckfehler zu finden, sowohl im Text als auch in den Indices. Zur äußeren Aufmachung möchten wir darauf hinweisen, d a ß der Band Volksdichtung aus Mittelsiebenbürgen enthält, w o ausreichend bedeutende Keramikzentren zu finden sind. Wozu dann auf dem Umschlag die Abbildung eines Tellers aus Oa$, Nordsiebenbürgen? Abschließend m u ß gesagt werden, d a ß die von Ioan Micu-Moldovan vor mehr als hundert Jahren angeregte „nationale und kulturelle T a t " erst in dieser Ausgabe zur vollen Geltung k o m m t und einen würdigen Abschluß findet. Göttingen
Helga Stein
Ismene D e t e r - G r o h m a n n , Das neugriechische Volkslied, dargestellt am Beispiel ausgewählter Gattungen. München, Ernst Heimeran Verlag, 1968. 99 S. (Tusculum-Schriften). Eine tiefeindringende Studie liegt hier vor, die einen Zugang zum Wesen des neugriechischen Volksliedes vermittelt. Audi Texte werden darin abgedruckt, aber verhältnismäßig wenig — wohl aus Raummangel. T r o t z d e m f ö r d e r t die Studie das bessere Verstehen der in ihrer Einfachheit so großartigen Texte, die nun seit zweihundert Jahren die Westeuropäer anziehen. Sie erhöht somit auch den G e n u ß an ihnen u n d eröffnet gleichzeitig eine ganze Welt. Als erstes w i r d die besondere, in langen Epochen gewordene Sprache der Volkslieder untersucht — es ist von den altertümlichen Wendungen, die in ihnen enthalten sind, die Rede, von den Dialektausdrücken u n d den lebendigen Wörtern, die sich das Volk in seinen Liedern neu schafft und wiederholt, und auch von den Fremdwörtern aus dem Italienischen, die zur Zeit der venezianischen Herrschaft eindrangen, u n d aus dem Türkischen, die in neuerer Zeit vor allem in den Klephtenliedern zu finden sind. D a n n w i r d das vorherrschende Versmaß, der Fünfzehnsilber, auch an H a n d von Beispielen in griechischer Sprache, erklärt u n d vom Reim gesprochen, der hauptsächlich in den Disticha oder Mantinaden — zumeist auf Kreta — vorkommt. Die kompositorischen Gestaltungsmittel — Wiederholung, Dialog, reiche Fülle der Vergleiche und stereotype Wendungen, auf die sich der Sänger, auch wenn er Neues bildet, stützt — werden verdeutlicht. Es folgen Abhandlungen über die einzelnen Gattungen. Begonnen wird, wie es nahe liegt, mit der ältesten Gattung, den Akritenliedern. Dies sind — so stellt die Verfasserin fest — echte Heldenlieder. Die Akriten waren von der Mitte des 7. J a h r h u n d e r t s an die Verteidiger der östlichen, von den Mohammedanern bedrohten Grenzen des byzantinischen Reiches. Man unterscheidet die vermutlich älteren Akritenlieder und das Epos von dem großen Helden Digenis Akritas, dem Zwiegeborenen (Sohn eines zum Christentum übergetretenen Emirs und der Tochter eines griechischen Strategen). Der N a m e des Digenis taucht gleich dem Alexanders d. Gr. immer wieder in der neugriechischen Volksdichtung auf. H i n t e r den N a m e n , die in den Akritenliedern vorkommen, mögen historische Persönlichkeiten stehen. Zahlreiche Lieder berichten v o m T o d des Digenis. Auch in den Akritenliedern sind u. a. altgriechische Motive zu finden. Ungewöhnlich schnelles Heranwachsen und gewaltige jugendliche Heldentaten zeichnen fast alle Akritenhelden aus. Selten kämpft
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ein Akrite gegen einen einzelnen Feind, häufig steht er ganzen Heeren von Sarazenen gegenüber. Allen Akritenliedern ist Übertreibung, Übersteigerung eigen. Sie haben ihre Parallelen in der orientalischen Literatur. Das nächste Kapitel ist den Paraloges, den Balladen, gewidmet. Ein Merkmal zahlreicher Paraloges ist ihre Beziehung zu Volksliedern und Balladen der benachbarten Balkanländer, einige der in ihnen behandelten Stoffe sind auch in der Volksdichtung der nord- und westeuropäischen Völker zu finden. Die Paraloges weisen Spuren auf, die auf die Spätantike zurückgehen, und diese können zu einem Teil mit dem spätantiken Theater in Verbindung gebracht werden. Zugleich aber kommen in ihnen, wenn auch erst in Ansätzen, ein ausgeprägter Familiensinn und die Liebe zur Natur zum Ausdruck — Wesenszüge, die den Akritenliedern noch fremd waren, aber in der gesamten neugriechischen Volksdichtung seit der Zeit der Türkenherrschaft immer spürbarer werden. Danach wird von den Klephtenliedern gehandelt. ,.Klephte" bedeutet bekanntlich ursprünglich „Dieb", „Räuber". Mit diesem Namen wurden aber auch die Aufständischen bezeichnet, die in den Bergen den Guerilla-Krieg gegen die Türken führten — sie waren Freiheitskämpfer, blieben jedoch zugleich so etwas wie „Räuber". Die Liebe zur Natur tritt nun stark hervor, im Gegensatz zu den Akritenliedern ist für sie die Nähe zur Realität sowie eine knappe Form der Darstellung charakteristisch. Eine auffallende E r scheinung ist auch der tragisch-melancholische Ton sehr vieler Lieder, in denen Niederlage oder Tod eines Klephten besungen werden. Sie nähern sich dabei stark einem Moirolog. Auch hier handelt es sich um einen typischen Wesenszug. Großen Wert legen die Klephten ferner auf die Fähigkeit, entbehren zu können, und auf Ausdauer. Der Entschluß, Klephte zu werden, wird vom Stolz bestimmt. „Lieber mit den wilden Tieren als mit den Türken leben!" Es folgt das Kapitel über die Lieder der Fremde, eine der umfangreichsten Gruppen innerhalb der neugriechischen Volksdichtung. Die Sehnsucht des in weiter Ferne Weilenden nadi Heimat und Familie wird in ihnen besungen. Das Leben in der Fremde wird als Qual dargestellt. Die Ausgewanderten hatten nun kein eigenes Dach mehr, das dem Griechen so viel bedeutet, über dem Kopf. Meist kehrten sie daher wieder auf ihre Erde, in die Heimat zurück, an die sie sehr gebunden sind. — Auch jetzt noch verlassen viele Griechen, zumeist als Folge wirtschaftlicher Mißstände, ihr Land, und noch immer entstehen „Lieder der Fremde". — Der letzte Abschnitt beschäftigt sich mit Liedern von Charos und der Unterwelt; auch die Moirologien sind hier miteinbezogen. Die Verfasserin sagt u. a.: Die Lieder sind vom volkstümlichen Standpunkt um so aufschlußreicher, als sich in ihnen zahlreiche Spuren älterer, antiker Glaubensformen erhalten haben und sie nur in geringem Maße von christlichen Vorstellungen beeinflußt sind. Die Studie von Deter-Grohmann stützt sich auf die reiche Fachliteratur, auf historische, philologische und volkskundliche Untersuchungen sowie auch auf eigene Beobachtungen — worauf hier des Näheren einzugehen kein Raum ist. Viele Anmerkungen und eine bis in unsere Tage reichende Bibliographie werden gegeben. Es wäre aber zu wünschen, daß eines Tages eine größere Auswahl von Texten selbst — die nicht nur neugriechisch, sondern griechisch schlechthin sind — folgt. Wenn auch schon viel auf diesem Gebiet geschehen ist, so erscheint mir eine moderne Ausgabe einiger griechischer Texte und vieler guter Übersetzungen fast eine Notwendigkeit. Es wäre an der Zeit, daß besonders die Übersetzungen von Hedwig Lüdeke aus den dreißiger und vierziger Jahren unseres Jahrhunderts — ein zugleich wahrhaft dichterisches Werk und treue Übertragung, eine Leistung hoher Ubersetzungskunst — endlich wenigstens in der Auswahl der weiteren deutschen Öffentlichkeit nahegebracht werden. Georgios Megas machte sich zwar sehr verdient darum, diese Übersetzungen als Veröffentlichung der Athener Akademie herauszugeben, nun wäre eine leichter erreichbare Ausgabe erforderlich. Vielleicht besorgt Ismene Deter-Grohmann auch das. Freiburg i. Br.
Marianne Klaar
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Besprechungen Anfänge der slavischen Musik. (Wiss. Red.: Ladislav M o k r y ) . Bratislava, Verlag der Slowakischen Akademie der Wissenschaften, 1966. 180 S. (Slowakische Akademie der Wissenschaften, Institut f ü r Musikwissenschaft. Symposia, 1).
„Aus Anlaß des 1100jährigen Jubiläums der Ankunft der byzantinischen Mission Kyrills und Methods veranstaltete das Institut f ü r Musikwissenschaft der Slovakischen Akademie der Wissenschaft im August 1964 ein dreitägiges Symposion ,Anfänge der slavischen Musik'"; so stellt der Herausgeber in einem kurzen V o r w o r t zu der Publikation der auf diesem Symposion gehaltenen 16 Vorträge fest, über die ich mir erlauben werde, hier als Teilnehmer des Symposions der Reihe nach kurz zu berichten. S. 7—22: mein eigener V o r t r a g : Wie haben Kyrill und Method zelebriert? — Die f r ü h e r f ü r „Akzente" gehaltenen „Zeichen" über den Wörtern des Textes der glagolitischen „Kiever Blätter" sind Zeichen einer lateinischen „ekphonetischen" N o t a t i o n f ü r die „lectio solemnis". D a die „Kiever Blätter" eine Übersetzung der Petrusliturgie bieten und aus lateinischen Vorlagen stammen, bezeugen sie mit ihrer lateinischen Notation, d a ß in lateinischer Weise zelebriert wurde. Es ist also durchaus wahrscheinlich, d a ß Kyrill und Method vielleicht außer in byzantinischer A r t auch in lateinischer Weise zelebriert haben. Die anderen Quellen widersprechen dem nicht, ja sie bezeugen es vielleicht. S. 23—34: Josef Vasica f> P r a h a : Slavische Petrusliturgie. — Der hochverdiente inzwischen verstorbene Erforscher der liturgischen Tätigkeit Kyrills und Methods, dem wir noch das großartige W e r k : Literdrni pamdtky epochy velkomoravske (Praha, Lidova D e m o kracie, 1966. 287 S., 16 Taf.) verdanken, hat hier in ganz überzeugender Weise die Bedeutung der Petrusliturgie in dem liturgischen Schaffen Kyrills und Methods dargetan. Mit kritischer N u t z u n g auch der neuesten Literatur (u. a. z. B. K. Gamber) — u n d der schwierigsten Quellen — (wie z. B. der grusinischen Petrusliturgie) zeigt er, d a ß die Kiever Blätter zu den sogenannten „libelli missae" zu rechnen und nicht als Fragment, sondern als ein vollständiger solcher „libellus" zu betrachten sind. Ihre Bedeutung als Petrusliturgie wird noch durch andere Quellen wie die Methodlegende oder den Z a k o n Sudnyj Ljudem erhärtet. Dabei w i r d mit Tkadlcik festgestellt, daß diese Kiever Blätter im 9. J a h r h u n d e r t in Mähren geschrieben wurden und d a ß die „Originalität" der liturgischen Schöpfung der Slavenapostel die Voraussetzung zulasse, d a ß sie auch f ü r den musikalischen Vortrag der betreffenden Texte ihr eigenes System ersonnen haben, das sich in den rätselhaften N e u m e n der Kiever Blätter widerspiegelt". S. 35—41: Ladislav Mokry, Bratislava: Der Kanon zur Ehre des hl. Demetrius als Quelle für die Frühgeschichte des kirchenslavischen Gesanges. — Der Demetrius-Kanon, der in den von Jagic 1886 hrsg. Sluzebnye Minei enthalten ist, m u ß als Schöpfung in T e x t u n d Melodie aus der Missionszeit im großmährischen Räume angesehen werden. Ein griechisches Original ist nicht vorhanden. Wenn der Demetrius-Kanon schon in den von Jagic hrsg. Sluzebnye Minei vom Jahre 1096 steht, so ist er offenbar eine slavische Neuschöpfung und erfordert eingehende Untersuchung. S. 43—48: J i r i Fukac, Brno: Zu den Ergebnissen der Forschung über den musikalischen Charakter der Epoche Groß-Mährens. — Kritische Beurteilung der vier bisher angewandten Methoden zur Erforschung des musikalischen Charakters der Liturgie Kyrills u n d Methods: 1) Das Studium der cechischen Musik des 10. u n d 11. Jahrhunderts mit retrospektivem Schluß auf die Musik in G r o ß - M ä h r e n im 9. J a h r h u n d e r t . — 2) Ausgangspunkt zum retrospektivem Schluß bildet die ost- und südslavische Musikgeschichte, in der das unmittelbare Erbe der Tätigkeit Kyrills und Methods gesehen wird. — 3) Vergleichende Beurteilung der großmährischen liturgischen Musik mit breiter Analogie zu den damaligen liturgischen Musikarten im europäischen Raum. — 4) Einbeziehung des folkloristischen Aspekts. — D e r Vortragende weist darauf hin, d a ß alle vier Methoden gleichzeitig angewandt werden müssen.
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S. 49—53: Stefan Lazarov, Sofia: Die altbulgarische Musik und die Kyrillo-Methodianische Tradition. — Kurze Darstellung der musikalischen Entwicklung in Bulgarien auf Grund der Vita des Kliment von Ochrid, verfaßt vom Erzbischof Theophilaktos (1094— 1107) mit Festhaltung der Behauptung, daß in Bulgarien sich das Erbe der Slavenapostel gehalten habe — leider ohne Auseinandersetzung mit Il'inskij (Byzantinoslavica III), was gerade wegen des „prelozenija knig" von 893 sehr wichtig gewesen wäre. S. 55—64: Dimitrije Stefanovic, Beograd: The heginnings of Serhian Chant. — Der Mangel an serbischen Denkmälern der Kirchenmusik, die erst vom 15. Jahrhundert an erscheinen, macht die Stellung des serbischen Gesangs zu dem Kyrills und Methods zu einem kaum darstellbaren Problem. Die in anderen Quellen gefundenen Angaben sind schwer benutzbar und geben nur das schon a priori wahrscheinliche Bild eines starken byzantinischen Einflusses. Der Verfasser zählt aus dem 15.—18. Jahrhundert 14 Hss. auf mit 4 Photographien und Bibliographie. S. 65—76: Oliver Strunk, Princeton, N . Y . [jetzt Grottaferrata]: Zwei Chilandari Chorbücher. — Es handelt sich um die beiden 1957 als Teil der Monumenta Musicae Byzantinae edierten slavischen Hss. aus dem Chilandari-Kloster auf dem Berge Athos, das Triodion Chilandari 307 und das Hirmologion Chilandari 308. Aus dem reichen Material und den vielen interessanten Bemerkungen des Herausgebers der Mon. Mus. Byz. kann ich hier nur das Wichtigste hervorheben: Die sematische slavische Notation weist Merkmale auf, die wie vor allem das Kreuz als die „Teleia" auf ihre Übernahme aus Byzanz im 10. Jahrhundert schließen lassen, andere dagegen, wie der Gebrauch des Kylisma und des Kouphisma, weisen auf das 11. Jahrhundert. Das Rätsel ist noch ungelöst. Im allgemeinen vertritt Strunk (S. 67) die Ansicht, „daß 1. die archaische slavische Notation eine Notation byzantinischen Ursprungs ist, daß sie 2. kurz vor dem Jahr 1000, vielleicht sogar schon 950 eingeführt werden mußte [„eingeführt worden sein muß"! Ko], daß sie 3. irgendwann nach dem Jahre 1000, vielleicht erst 1050, in gewisser Beziehung modifiziert wurde und daß auch diese Modifikationen byzantinischen Ursprungs waren, und daß sie 4. in bestimmten anderen Beziehungen insofern eine Originalschöpfung war, als sie die Anwendung einiger der entliehenen Zeichen in einer von Byzanz ganz unterschiedlichen Weise beschränkt, und daß sie zumindest ein eigenes Zeichen erfunden hat". Zu diesen vier Punkten gibt Strunk einige interessante Ausführungen, von denen besonders auf die Bemerkungen zum Zeichen des Kreuzes als die „Teleia" sowie des Kouphisma und des Kylisma in den slavischen Hss., wie auch auf die einleuchtenden Ausführungen über die Art der linearen Melodieführung an Hand der Silbenzahl mit den StopicaEinschüben hingewiesen sei. S. 77—92: Kenneth Levy, Waltham, Mass.: Die slavische Kondakariennotation. — Ein mutiger Versuch, der Entzifferung der Kondakarien nahezukommen, die in den letzten Jahren Gegenstand ernster Diskussion geworden ist. Man kann den Gesang in der Orthodoxen Kirche in drei Arten gliedern: Sprechgesang, syllabischer Gesang, melismatischer Gesang. Für jede war eine besondere Art der Notation in Gebrauch: für die „lectio solemnis" die ekphonetische, für den syllabischen Gesang die „sematische" und für den melismatischen Gesang die „Kondakariennotation" (so genannt von den in ihr aufgezeichneten xovtaHia). Solche Kondakarien gibt es in Rußland fünf, aus dem 11.—14. Jahrhundert. Dann sterben sie plötzlich aus. Ihre Notation ist in altslavischen Denkmälern nirgends erklärt. Da byzantinische Muster aus dem 9./10. Jahrhundert bisher unbekannt waren, stellte diese Notation ein großes Rätsel dar, das der Verf. retrospektiv auf Grund byzantinischer Parallelen in den Asmatika des 13. Jahrhunderts angeht. Man muß dem Verf. für seine Anregungen außerordentlich dankbar sein, denn erst eine ernsthafte Diskussion kann zur Lösung der vielen schwierigen Fragen führen, die hier noch zu entscheiden sind und bis dato eigentlich nie ernstlich in Angriff genommen waren.
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S. 93—99: Viktor M. Beljajev, Moskva: Proischozdenie znamennogo rospeva (Die H e r k u n f t des „Stolp-Gesanges"). — Der bekannte russische Musikologe sudit die H e r kunft des russischen Stolp-Gesanges 1 aus der sematischen N o t a t i o n vom S t a n d p u n k t der Volksmusik nicht nur der Russen, sondern auch der Völker Rußlands zu beleuchten. Er unterstreicht 1. die angeblich epischen Wurzeln der Struktur des Stolp-Gesanges mit der Entwicklung der „popevki" genannten Motive, 2. die Verwandtschaft der Kirchentöne mit den folkloristischen Gesangesarten, 3. den nichtsymmetrischen Deklamationsrhythmus, 4. den melodischen Reichtum mit einer Analyse des Muttergottesliedes Vsemirnuju slavu im 1. Kirchenton. Bemerkungen über das razdel'norecie und die Entwicklung einer polyphonen Mehrstimmigkeit bilden den Schluß. S. 101—115: Elmar Arro, Kiel (jetzt Wien): Probleme der Provenienz des altrussischen kirchlich-kultischen Gesanges. — Der bekannte frühere Herausgeber der „Musik des Ostens" stellt einleitend fest, d a ß man die Frage seines Themas bisher auf dreierlei Art zu beantworten gesucht habe: 1. Übernahme des byzantinischen Gesanges, 2. Übernahme eines von den Bulgaren modifizierten byzantinischen Gesanges, 3. autochthone Selbstgestaltung eines altrussischen sakralen Gesanges. Nach einer interessanten Analyse der Tonalität des Stolp-Gesanges („znamennyj rospev") schließt er sich zum großen Teil der 3. A r t der Beantwortung an, ohne die 1. Art ganz aufzugeben. Die außerordentlich inhaltsreiche Betrachtung kommt zu dem Ergebnis, d a ß diese aus vier miteinander durch H a l b t o n k l a m m e r n verbundenen Ganztontrichorden bestehende Skala ein „ U n i k u m " ist und s o nicht aus der byzantinischen Musik übernommen sein kann. Es müsse eine originär altostslavische Skala schon vor der Übernahme der byzantinischen Gesänge bestanden haben, die dann durch das byzantinische G u t überfremdet worden sei. Diese altrussische Skala kann sowohl aus Asien als auch aus Skandinavien stammen. S. 117—124: A l f r e d J. Svan, H a v e r f o r d , P a . : O sposobach garmonizacii znamennogo rospeva (Über die Arten der Harmonisierung des Stolp-Gesanges). — I m Gegensatz zu manchen russischen Kirchenmusikern hält Svan die Harmonisierung der Gesänge des znamennyj rospev f ü r wesentlich und nötig. Nach seiner Ansicht war trotz der einstimmigen Notierung eine mehrstimmige A u s f ü h r u n g schon in der Frühzeit des russischen Kirchengesanges in Übung, wobei eben die N o t a t i o n die führende Stimme („Melodie") des Gesanges trug, w ä h r e n d bis zu drei Nebenstimmen polyphon dazutraten — nicht nach dem Muster der homophonen Harmonie, sondern so wie im russischen Volksliede mehr k o n t r a punktisch, wobei die führende Stimme durchaus nicht immer die Oberstimme zu sein braucht, Quintenparallelen möglich sind u. a. m. Ein Harmonisator des Kirchengesanges m u ß daher „dieses ganze Gewebe der Nebenstimmen nicht nur kennen, sondern auch tief empfinden". „ . . . ein echtes G e f ü h l wird es ihm eingeben, wie die Stimmen zu f ü h r e n sind." Welches G e f ü h l dann der Verf. selber hat, ist an einem Notenbeispiel dargelegt: „Rizu mne p o d a z d ' svetlu . . ." S. 125—138: Werner Bachmann, Leipzig: Das Byzantinische Musikinstrumentarium. — Eine in ihrer gedrängten K ü r z e und Übersichtlichkeit vorzügliche Darstellung der byzantinischen Musikinstrumente mit Literatur- und Quellenangaben sowie 5 Abb. S. 139—146: Wlodzimierz Kaminski, P o z n a n : Beiträge zur Erforschung der frühmittelalterlichen Musikinstrumente der Nordwest- und Ostslaven. — Mit Quellen- und Literaturangaben werden folgende Instrumentarten besprochen: 1. Idiophone: Schrappinstrument (Klapper) und Glocken, 2. Membranophone: Trommeln und „ N a k r " (eine arabische Pauke bei den Ukrainern), 3. C h o r d o p h o n e : „g?sli" bzw. ostslav. „gusli" — in verschiedener Form, 4. Aerophone: Flöten, in mindestens acht verschiedenen Arten, u n d Trompeten.
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D e r „znamennyj respov" w i r d von mir hier „Stolp-Gesang" nach der in ihm h a u p t sächlich auftretenden Gesangsgattung genannt, vgl. Joh. V. Gardner und E. Koschmieder, Ein handschr. Lehrbuch der altruss. Neumenschrifl 1, 1963, S. X I I I ff.
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Die Forschungen sind noch nicht abgeschlossen und die genannten Instrumente sind nicht die einzigen. Es handelt sich vorwiegend um eigenhändigen Bau und Heimproduktion. Professionelle Gewerbeproduktion erst um das 13. Jahrhundert. Bei den Ostslaven einige orientalische Einflüsse. S. 147—164: Alica Elschekova, Bratislava: Strukturelle Frühformen slavischer Volksmusik. — Eine Kurzdarstellung der bisherigen Arbeitsergebnisse — offenbar — der Slovakischen Akademie der Wissenschaften auf dem Gebiet des genannten Problems. Bei einer Vergleichung von etwa 60 000 slavischen Volksweisen aus der bisherigen Literatur handelte es sich um die Erkennung der strukturell einfachsten Formen und ältesten Schichten, um die Feststellung ihrer funktionellen Zuordnung im Lebensbereich und um Klärung der Frage, ob es sich in den gleichen Strukturen nur um Parallelen oder um direkte historische Wechselbeziehungen handelt. Unter Einbeziehung von 20 000 nichtslavischen europäischen und außereuropäischen Melodien wurde als die strukturell einfachste Form eine Melodiestruktur von rezitativem Charakter mit nur einem „Zentralton" sowie eine Struktur, die auf einem „Sekund- oder Terzgerüst als tonalbildendem Intervalle beruht", anerkannt. Ihre Zuordnung weist ganz überwiegend „rituelle Bindung" kirchlich oder folkloristisch auf. Sie sind am stärksten in Bulgarien vertreten (7°/o des gesamten Melodienmaterials). Die gleichen Strukturen mit ein- bis zweiaktigem Motivkern sind universellen und keineswegs spezifisch slavischen Charakters oder Ursprungs. Spezifisch slavische Erscheinungen treten in komplizierteren, späteren Strukturen auf. 6 Tafeln von Strukturparallelen, Quellenangaben und Literatur illustrieren den Vortrag. S. 165—171: Vladimir Karbusicky, Praha: Zu den historischen Wurzeln der Metrik der russischen Bylinen. — Die Anwendung der klassischen, von den Quantitäten abhängigen Versfüße auf das Russische (Kors), das ja eine „Akzentsprache" ist, mußte scheitern. A. L. Maslov hat zwar das tonische Wesen des Bylinenverses wohl gesehen, aber er erlag doch wieder dem Einfluß des Textes. Er sieht Silbengruppen, die den Hauptakzent begleiten. Also der Text ist für ihn das entscheidende Prinzip. Aber auch die rein musikalischen Analysen konnten der Sache nicht gerecht werden, solange sie „regelmäßige Takte als Grundlage des musikalischen Rhythmus suchten". Dagegen setzt Karbusicky die Theorie: Der häufigste Typ des Bylinenverses, den Maslov als „volles episches Metrum" bezeichnet, ist ein Dreizehnsilbler — wie im Germanischen und überhaupt im mittelalterlichen Heldenepos. Dieses Metrum besteht aus zwei Melodie-Formeln. Die zweite davon bildet die „Klausel", die in 85 %> der 475 untersuchten Melodieformeln syllabisch ganz gleichartig ist und aus 5 Silben besteht und auch in den übrigen 15 °/o nur Abweichungen um eine Silbe bei sonstiger Gleichartigkeit aufweist. Diese fünfsilbige Klausel bildet das „System". Vor ihr schwankt der erste Halbvers zwischen 5 und 12 Silben; der ideale Durchschnitt beträgt 8. Auch in der Melodie ist der erste Halbvers mehr variabel. Dieses Prinzip der rhythmischen Klausel ist in „der ganzen mittelalterlichen Prosodie verankert". Der Bylinenvers modifiziert dieses Prinzip durch die Variabilität des ersten Halbverses ausdrucksvoll im Sinne seiner improvisatorischen Vortragsweise. S. 173—178: Milos Velimirovic, New Häven, Conn.: Preparation of an Inventory of Sources of Old Slavic Music. — Ein Inventar der Quellen ist für eine wissenschaftliche Erforschung und Darstellung der altslavischen Musik unbedingt erforderlich. Anfänge sind in dieser Richtung schon gemacht, aber von einzelnen Forschern und nicht von einer internationalen Organisation. Folgendes muß geschaffen werden: 1. ein Hss.-Inventar, 2. eine gemeinsame Terminologie, 3. eine abgewogene gemeinsame Instruktion für die Hss.-Beschreibung (ein Muster ist beigefügt!), 4. eine vollständige Ergänzung des bisherigen russischen Inventars, 5. eine leichtere Zugänglichkeit der Hss., 6. eine Mikrofilm-Zentralbibliothek.
München
Erwin Koschmieder
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Besprechungen Jan P o 1 a c e k , Lidove pisne z Hane I. Prostejovsko /Volkslieder aus der Hanna I. Proßnitzer Gebiet/. Brno, Nakladatelstvi Blok, 1966. 542 S. (Rotaprintverfahren)
Die Hanna, ein Landstrich südwestlich von Olmütz, galt lange Zeit als liedarm und wenig sangesfroh und war auch in den großen klassischen Sammlungen des mährischen Volksliedes nur spärlich vertreten. Nachdem M. Jirousek und O. Sirovatka 1954 in ihrer Sammlung Pisne z Harte (104 Lieder) zum erstenmale in größerem Umfange auch handschriftliche Unterlagen benutzten, liegt nun mit dem Band von Jan Polacek ein Werk vor, das der Bedeutung dieser Liedlandschaft gerecht wird. Mit der Aufsammlung des Materials hatte der Verf. 1950 in Proßnitz und der näheren Umgebung begonnen, erweiterte später das Sammelgebiet und brachte es im Laufe von zehn Jahren auf 1500 Volks- und 750 volkstümliche Lieder (meist Bänkellieder, religiöse und vaterländische Gesänge). Die jetzt im I. Band veröffentlichten 430 Lieder sind in drei Gruppen mit weiteren Untergliederungen zusammengefaßt: 1/1 Brauchtums- und Wiegenlieder; A) Jahreskreislieder, B) Hochzeitslieder, C) Wiegenlieder. 1/2 Tanzlieder; A) Tanzspiele, B) Musikantenanrufe, C) Figurentänze, D) sonstige Tänze. II A) Liebeslieder, B) Scherzlieder. III A) Historische-, B) Soldaten-, C) Erzähllieder. Stoffliche Überschneidungen konnten nicht ausbleiben, zumal die Sammlung von einer bemerkenswerten Vielfalt ist und für alle Lebensbereiche der Hannaken überzeugende und aussagekräftige Belege beibringt. Zahlenmäßig überwiegt die Gruppe der Liebes- (94) und Scherzlieder (100), der die Gruppe der historischen (34), Soldaten- (40) und Erzähllieder (26, darunter 2 Legendenlieder) folgt. 71 Tanz- und 52 Brauchtumslieder (Jahres- und Lebenskreis) schließen sich an. Einige der unstreitig wertvollsten Stücke der Sammlung finden wir unter den Brauchtumsliedern: Gesänge, die beim uralten Brauch des Schafbockköpfens anläßlich des Kirchweihfestes angestimmt werden (S. 46 ff.); ein selten gewordenes Lied zum Erntefest (S. 62); eine Reihe von Hochzeitsliedern (S. 67 ff.), die funktionelle Bedeutung haben (z. B. Lieder, die zum „Haubenaufsetzen" gehören). Ein Lied zum Dienstwechsel der Mägde und Knechte am Stephanstag ist dagegen unter den historischen Liedern (S. 403) zu suchen, wo auch zwei Schnitterlieder (S. 424 ff.) verzeichnet sind. Die vorgelegten Lieder — in der Mundart der mittleren Hanna — sind durchweg von einfacher sprachlicher Gestaltung, eher bedächtig als mitreißend, jedoch reich an dichterischen Bildern und Figuren. Manche Liebes- und Soldatenlieder (u. a. S. 256, 266, 275, 461) haben eine balladenartige Färbung und sind von großer Wärme des Ausdrucks. Im Liede eines wandernden Handwerksburschen (S. 418 von einem 81jähr. Gewährsmann) finden wir jene Worte wieder, die Leos Janacek in seine Oper „Das listige Füchslein" aufgenommen hat. Mischpoesie bieten historische (S. 398, 400) und Soldatenlieder (S. 458, 460). Die Melodien gehören fast zur Gänze dem instrumentalen tschechischen Liedtypus an, seltener sind vokale (slowakische) Liedtypen (z. B. S. 225, 252, 273). Der Umfang der einfach und regelmäßig gebauten Phrasen geht nur vereinzelt über die Oktave hinaus. Große Intervallsprünge bilden die Ausnahme (z. B. ein signalartiges Soldatenlied S. 471), stufenweise Sekundfortschreitungen sind die Regel. Um so auffälliger wirkt der übermäßige Septimenschritt in einem Liebeslied (S. 221), das zur Eröffnung des Katharinenfestes gesungen wird. Die Grundtonart der Lieder (von 430 stehen 5 in Moll) wird fast immer beibehalten, der Übergang in eine andere Tonart — meist die .parallele Molltonart — erfolgt in den Schlußtakten (S. 71, 250, 412 u. a.). Die Melodieführung einzelner Lieder weist deutlich auf den Einfluß barocker Instrumentalmusik hin (S. 276, 277, 314, 408, 414, 454), doch spürt man auch gelegentlich den Nachhall des Singspiels (S. 459) und des Couplets (S. 180, Scherzlied mit Anklängen an das Galitziberg-Lied, Wien 1870). Ein typisches Bänkellied findet sich auf S. 16, das von der unglücklichen Liebe und dem Selbstmord eines Trompeters des Proßnitzer Ulanenregimentes berichtet. Als Beispiele für den Melodienaustausch konnten im DVA u. a. folgende Belege festgestellt werden: 1. Die Melodie des auch im österreichischen Heere oft gesungenen Liedes „Zehntausend Mann, die zogen ins Manöver" wurde von tschechischen Soldaten zu dem Liede „V Brne na Spilberku" / I n Brünn auf dem Spielberg/ (S. 468) mit abweichendem Refrain übernommen. 2. Als
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Grundlage f ü r das politische Agitationslied „Od Sticbovic k mestu. plave krokodil" /Von Stidiovic zum Städtchen schwimmt ein K r o k o d i l / (S. 2) diente die im deutschen Sprachgebiet weit verbreitete Melodie zu „Auf der blauen Donau (Elbe) schwimmt ein Krokodil" („Auf der grünen Wiese" u. ä.), die auch im Kinderlied heimisch wurde, ursprünglich wohl einer Polka des beliebten Wiener Tanzkomponisten Fahrbach entstammt. In der E i n f ü h r u n g (S. 1—33) unterrichtet der Herausgeber über die Eigenart und Verbreitung des Volksliedes im Proßnitzer Gebiet sowie über seine Sammeltätigkeit, zu der er von den Museen in P r o ß n i t z u n d Olmütz Anregung bekam. Die 66 Gewährsleute in 47 O r t e n w a r e n ungefähr 60—65 Jahre alt, doch gab es auch 90jährige und ältere, w ä h r e n d ein Vorsänger von 35 Jahren eine Ausnahme ist. Der Großteil der Gewährsleute waren Frauen. Aufschlußreich sind die Bemerkungen zur Volksmusik des Gebietes und das volkstümliche Lied. D a ß der Nationalitätenstreit um die J a h r h u n d e r t w e n d e im politischen Lied seinen Niederschlag f a n d , zeigen die auf S. 19—27 abgedruckten Lieder. D a gibt es das 1891 in P r a g bei E. Beaufort als „allerneuestes Lied" gedruckte, das die Ubergriffe des deutschen Bürgermeisters anprangert (s. o. „Od Stichovic k meste . . .") und ein 22strophiges „allerneuestes Lied f ü r Jünglinge, Jungfrauen, Witwen u n d Kinder zu singen", das gegen die K a n d i d a t u r der Deutschen und deutschen Juden f ü r die Stadt P r o ß n i t z im österreichischen Reichsrat gerichtet ist und einen wichtigen Beitrag zur Zeitgeschichte darstellt. Alles in allem ein Querschnitt durch ein alle Liedgattungen umfassendes Sammelgut, dessen Aufzeichnung k u r z vor dem Erlöschen nicht genug gerühmt werden kann, da es die Bedeutung des Volksliedes in der H a n n a aufs schönste sichtbar macht. Ein Literaturverzeichnis (S. 34 ff.), ein Wörterbuch hannakischer Ausdrücke (S. 523 ff.) und ein alphabetisches Liedverzeichnis (S. 526 ff.) ergänzen die wertvolle Sammlung, der wir eine baldige Fortsetzung wünschen. Als Berater standen dem Herausgeber Frantisek Kopecny von der Palacky-Universität in Brünn und Karel Vetterl vom Institut f ü r Ethnographie und Folkloristik in Brünn zur Seite. Freiburg i. Br.
Josef Lansky
Narodne pesme u zapisima XV—XVIII veka. Antologija. Izbor i predgovor Miroslav P a n t i c [Volkslieder aus Sammlungen des 15. bis 18. Jahrhunderts. Anthologie. Herausgegeben und eingeleitet von M. P.]. Beograd, Prosveta, 1964. 276 S. L'anthologie embrasse toute une série d'enregistrements de chants populaires serbocroates, depuis les temps les plus anciens jusqu'à l'époque de Vuk Karadzic. Outre le choix des chants, sa valeur réside dans l'originalité de la conception elle-même. L'idée de mettre au grand jour les transcriptions des chants populaires, datant des dernières décennies du X V e siècle, demeurés jusqu'ici assez inaccessibles quelquesfoi même inconnus, et de fouiller, pour les découvrir, dans les œuvres les plus diverses des auteurs anciens où ils n'occupent qu'une place secondaire et habituellement peu visible — cette idée mérite de retenir une attention particulière. M. Pantic ne s'est pas borné à extraire ces textes de leurs sources, de l'auteur et de l'œuvre. Il n'a pas fait un recueil de chants isolés, détachés mais il s'est livré en même temps à une analyse des rapports existant entre ces collectionnaires ordinairement accidentels et la poésie populaire. Il a examiné les voies et les moyens dont ils se sont servis pour utiliser un chant, le rôle joué p a r celui-ci dans le contexte de leur travail scientifique ou littéraire et même dans leur divertissement. Le recueil de M. Pantic est une étude condensée sur la diffusion de la poésie populaire parmi les différentes couches sociales et même une tentative de résoudre le problème de son origine. M. Pantic a écrit d'une façon inspirée, à la manière d'un chercheur passionné qui — comme il le reconnaît lui même — est transporté de joie en faisant inopinément une riche découverte. Cela, parfois, l'a conduit à certaines généralisations: lorsque par exemple, il parle de la diffusion de la poésie
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populaire depuis les temps immémoriaux dans toutes les circonstances de la vie et dans toutes les couches de la société (Préface, p. 11). C'est pourquoi il a été porté à faire des conclusions hardies, comme celle où il prétend que le chant populaire ayant servi de point de départ à Lucic dans la rédaction de son drame «Robinja» se trouve dans les vers du prologue : «Gusa me dostize vojno me obrani brajen me odbize.» O n dirait plutôt cependant que ces vers, qui sont certainement de la poésie populaire authentique, (voir le chant du t y p e : «U dragom je n a j t v r d j e pouzdanje», Vuk St. Karadzic, Srpske narodne pjesme k n j . I, 300 a) ne sont que des fragments et seulement une des inspirations partielles du drame. Un exemple analogue se trouve dans les trois vers du «Plakir» de Drzic: «Lovci u lov, junak u boj, a hrabar k djevojci», qui, toutefois, ne peuvent être qualifiés de poésie populaire proprement dite. En présentant ce recueil de poésie populaire, unique en son genre, car il est le seul à traiter la matière dans la perspective historique. M. Pantic nous permet de suivre la filiation de certains motifs et chants, ainsi que d'observer le processus de transformation de la poésie, de son développement historique et artistique jusqu'à la période la plus évoluée, celle de Vuk Karadzic. L'examen de la matière dans cette optique aurait été facile si l'auteur avait accompagné diaque poésie particulière des variantes ultérieures. Cependant les variantes s'imposent d'elles-même par une lecture attentive de ce recueil et témoignent en même temps du caractère authentique de ces textes. C'est ainsi que chacune des trois brèves poésies lyriques — que M. Pantic a révélées comme purement populaire en déchirant les «coutures» de l'une des poésies attribuées a u p a r a v a n t à Djore Drzic — peut être comparée avec nombre de chants analogues ou avec leurs fragments provenant de recueils populaires les plus variés. La poésie: «Nasla je hrabra djevojcica u travici speci . . .» (p. 23), notée vers la fin du X V e siècle rappelle un de ces nombreux réveils amoureux dans les chants lyriques du recueil de V u k ; chez D j o r d j e Rajkovic, on la trouvera sous une forme presque identique (v. Srpske narodne pesme, zenske, N o v i Sad 1869, N o . 77). La charmante petite chanson «Djevojka. i h r a bar» (p. 24) n'est qu'une des anciennes modalités des poésies sur l'incident «fortuit» survenue dans une étroite ruelle: « . . . I zadjese se zlate ostroge za djevojcinu tanku kosulju» (comp. Erlangenski rukopis starih srpskohrvatskih narodnib pesama, Sremski Karlovci 1925, N o . 104, Vuk St. Karadzic, Srpske narodne pjesme knj. I, Bgd. 1964, N o . 552, 611; Vuk St. Karadzic, Srpske narodne pjesme knj. V, Bgd. 1898, N o . 350, 351, 352; N . Andric, Hrvatske narodne pjesme knj. VI, Zagreb 1914, N o . 140, knj. VII, Zgb. 1929, N o . 425, etc.). Le chant de Godisnica Gruba, la servante dans la comédie «Skup» (1555) de Marin D r i i c : «Ne d a j mene staru hrabru . . .», est la prière poétique répétée pendant des siècles dans les poésies populaires lyriques par toutes les jeunes filles que l'on force à épouser un vieillard (V. Vuk, I, N o . 392—400, Eri. ruk. N o . 202). La deuxième partie de la poésie «A ti djevojko segljiva» dont le premier vers a été enregistré déjà par P. Zoranic en 1536, dans son ouvrage «Planine», contient le même sujet sur l'amour de deux jeunes gens «dans un petit bois» et exprime cette même allégresse que reflète non seulement la poésie de Vuk «Ona je moja te moja» (Narodna srbska pjesnarica, 1815, N o . 6) mais aussi un chant contenu dans Poieìiki Zbornik I, Babukicev rukopis, 1798, p. 95. O d b o r za N a r o d n i zivot i Obicaje, Zbirka Matice H r v a t s k e . En faisant p o u r t a n t la comparaison entre la première p a r tie du chant: «A ti djevojko segljiva/zapni putasca do grla» avec la poésie du Vuk «Djevojka na gradskim vratima» (Mala prostonarodna slavenoserbska pjesnarica, 1814, N o . 74), on aboutit à la conclusion que le chant chez Vuk n'est qu'un fragment, n'est que le commencement du vieux poème connu par Zoranic, sur la jeune fille altière et la nuit de la frénésie amoureuse «dans le petit bois». O u t r e les exemples précités, l'anthologie de M. Pantic contient des chants populaires déjà publiés dans le recueil de Bogisic ( N a r o d n e pjesme iz starijih najvise primorskih zapisa,
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Beograd 1878), portant les N o s . 6, 49, 46, 54, 2, 38, 4, 1, 47, 40, 39, 29, 22, 83, 7, 56, 125, 148, 123, puis le chant «Smrt Despota Vuka», publié par Armin Pavic dans R A D de JAZU, No. 47 et trois poésies prises dans Erlangenski rukopis (No. 5, No. 145 et No. 152), ainsi que les deux chants qualifiés de populaires par Andrija Kacic Miosic dans son recueil. La ballade célèbre siir la noble épouse de Hassan-Âga, le chant «Jaksici kusaju ljube», plusieurs poésies du recueil (1778—1781) d'Avram Miletic, ainsi que quelques chants apologétiques (pocasnice) de Korcula, sont rédigés de nouveau d'une façon extrêmement critique. Cités par ordre chronologique sous les noms de ceux qui les ont recueillis, avec référence aux dates des manuscrits d'où ils avaient été tiré et imprimé autrefois, assortis de photocopies des originaux, les chants de l'anthologie de M. Pantic présentent d'une façon évidente la voie de l'évolution de la poésie populaire. Prenons, à titre d'exemple, la Popijevka de Svilojevic, trouvée dans le manuscrit de Petar Zrinjski 1663, dont le fil conducteur peut être suivi sans interruption jusqu'à l'époque de Vuk (V. Erlangenski ruk. No. 67, Vuk, Srpske narodne pjesme II, Bgd. 1958. No. 49 — Kosovski fragment V, Vuk II, No. 51 — Jurisic Janko, Bogisic, No. 101 — Pesma os Sulimana). Ce sont les chants inédits des manuscrits du littoral qui occupent la majeure partie de l'anthologie de M. Pantic. C'est le cas, par exemple, de ce bouquet de «pocasnice» d'une beauté exceptionnelle, tiré du recueil d'un citadin inconnu de la ville maritime de Perast (vers 1690). Si l'on compare plusieurs de ces poésies avec les enregistrements ultérieures on peut constater une remarquable stabilité de leur texte. (V. les variantes presque identiques de ces poésies chez Vuk I, No. 138; Vuk V, No. 47; Vuk V, No. 39; Zbornik Matice Hrvatske V, No. 74 et 53; B. Petranovic, Srpske narodne pjesme iz Bosne, zenske, Sarajevo 1862, No. 252, Rajkovic, No. 206 etc.) Dans les transcriptions d'un habitant inconnu de Boka, de la première moitié du X V I I I e siècle, nous retrouverons le chant d'une rare beauté sur la jeune fille sage qui réussit à échapper à l'agressivité d'un soupirant en le persuadant de devenir son frère adoptif (Comp. avec Erl. rkp. No. 101, Vuk I, No. 206, Bogisic 483, Matica Hrvatska V, No. 48). Un habitant de Kotor de la même époque nous a laissé la figure parfaitement achevée, d'une sérénité accomplie, de la «Jeune fille serbe», que nous retrouverons un siècle plus tard dans le recueil de Vuk (I, No. 599). Nous devons à Pantic en outre la première publication des chants recueillis par Djuro Feric à la fin du X V I I I e et au début du X I X e siècle. Ces chants, en majeure partie lyrique d'une grande beauté, sont le résultat d'un effort réfléchi accompli par Feric dans son travail de collectionneur, une partie intégrante de sa propagande organisée en faveur de notre poésie populaire en Europe. Feric enregistre aussi deux chants épiques; la variante du premier se trouve chez Vuk (Radul beg i Bugarski car Sisman), et l'autre est sur un tournoi chevaleresque opposant Janko Sibinjanin et son neveu Sekula d'une part, à Mihailo Svilojevic d'autre part. Ce combat se termine par un hommage gracieux et généreux rendu à un adversaire vaincu que son heureux rival ne tue pas comme l'a fait Kraljevic Marko avec Musa Kesedzija. «Ne udaraj, drago dite moje, Jer je dobar junak na krajini, Grihota je pogubiti njega» (p. 234). Miroslav Pantic a ajouté à son recueil des chants pris dans le manuscrit d'un ami de Feric, le Français Marko Bruerovic, consul de France à Travnik, vers la fin du X V I I I e siècle. Cette anthologie de poésies populaires en provenance surtout des manuscrits des régions maritimes a été complété par quelques chants repris des recueils jusqu'ici restés dans l'ombre (Jakov Ilijin Tomasevac et Vasilije Jovanovic, instituteur de Zemun, ami et collaborateur de Vuk). L'anthologie de Miroslav Pantic est le résultat de ses recherches, au cours de plus de dix années, portant sur les anciens manuscrits de poésie populaire — notamment sur le Littoral Adriatique, ainsi que sur les rapports réciproques de la littérature écrite et de
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la poésie populaire. Cela lui a permis de réunir une riche documentation sur les collectionneurs, et d'autre part, de fournir en annexe de son livre des données abondantes et souvent tout à fait nouvelles sur les sources dans lesquelles il a puisé. Beograd
Nada Milosevic
populaires Miograd I b r o v a c , Claude Fauriel et la fortune européenne des poésies grecque et serbe. Étude d'histoire romantique suivie du Cours de Fauriel professé en Sorbonne (1831—32). Paris, Librairie M. Didier, 1966. 719 S. Dans les éditions de la maison Didier, dans la collection des Études de Littérature étrangère et comparée, a paru l'ouvrage volumineux de M. Ibrovac, doyen des romanistes serbes, professeur à l'Université de Belgrade, membre correspondant de l'Académie Serbe des Sciences et des Arts. (Pour la poésie populaire serbocroate l'auteur a gardé le titre de «poésie populaire serbe», car c'est sous ce nom qu'elle a été connu au cours de la première moitié du X I X e siècle). Cette étude d'histoire littéraire sur le romantisme européen comprend quatre vastes parties outre l'avant-propos et l'introduction: I) Genèse des chants populaires de la Grèce moderne; II) Fortune des chants populaires de la Grèce moderne; III) Le cours de Fauriel sur les chants serbes et grecs; IV) La poésie populaire des Serbes et des Grecs — une édition critique du texte des cours de Fauriel professés à la Sorbonne en 1831—32. Dans l'annexe M. Ibrovac donne le prospectus des «Chants populaires de la Grèce moderne», recueillis et traduits par Fauriel, la page de titre de ce livre publié en 1824, ainsi que, sur la base des matériaux d'archivé, des traductions de certaines poésies en grec moderne qui n'avaient pas été utilisé dans les cours, de même que des traductions de poésies serbes dont il cite uniquement les premiers vers, en se référant aux originaux dans le recueil de Vuk Karadzic. Dans sa brève introduction, l'auteur traite les premières manifestation de l'intérêt témoigné à la poésie populaire en France avant Fauriel (Montaigne, Rousseau, Mérimée, Gérard de Nerval) en parlant de poésies serbes et de celles de la Grèce moderne, et il estime que c'est au cours de la période 1820—1840 qu'elles ont attiré la plus grande attention, surtout les poésies serbes qui sont arrivées à une grande célébrité. Dans le premier chapitre de la première partie, M. Ibrovac traite l'origine du livre de Fauriel sur les chants populaires de la Grèce moderne publié en deux tomes en 1824—25; ce faisant Fauriel suivit l'intérêt en France pour la Grèce moderne, l'héritière de Bysance et de l'ancienne Hellade, cet intérêt qui reposait entièrement avant le X I X e siècle sur de maigres narrations de rares voyageurs. C'est seulement la lutte des Serbes et des Grecs pour la libération de l'esclavage ottoman qui a attiré l'attention de l'Europe sur ces deux peuples, dont les chants populaires ont témoigné de leurs valeurs spirituelles. Le deuxième chapitre est consacré à Claude Fauriel, initiateur des études comparées en France. L'auteur suit sa formation intellectuelle, sa carrière administrative, ses premiers travaux -littéraires et il insiste particulièrement sur les relations d'amitié et la collaboration scientifique avec Manzoni, avec lequel Fauriel a été le précurseur des théories romantiques dans la littérature européenne; puis il s'occupe de l'intérêt de Fauriel pour la poésie populaire et de sa renommée posthume. Dans la première partie du troisième chapitre, M. Ibrovac traite l'intérêt pour la poésie néo-grecque en Europe avant 1824. Il voit en Kopitar et en Jacob Grimm les initiateurs de cet intérêt en Autriche et en Allemagne, décrit les liens entre Grimm et Fauriel, évoque les traductions par Goethe des chants en grec moderne et les relations de Fauriel avec Werner von Haxthausen. Le quatrième chapitre traite des rapports de Fauriel avec les Grecs Koraïs et Basiles, Monstoxidi et autres, de son voyage en Italie, de la publication en deux volumes de son recueil et de son projet de publier le troisième volume des «Chants populaires de la Grèce moderne», qui, cependant, est resté inédit.
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Dans la deuxième partie du livre M. Ibrovac traite les événements relatifs à la publication du recueil de Fauriel, comprenant des chants de la Grèce moderne, qui a suscité de nombreux et vifs échos dans la culture européenne, parmis les écrivains les plus réputés de cette époque en France (Sainte-Beuve, Mérimée, Hugo), en Allemagne et en Autriche (Goethe, Grimm), en l'Angleterre (Byron, Bowring), en Italie (Tommaseo, Carducci), en Grèce, ainsi que parmi les écrivains des pays slaves (N. Gnëdic, N . P. Protopopov, Kopitar, Miklosic, Cop, Vraz, J. Sterija Popovic, V. M. Jovanovic, M. Curcin et autres). La troisième partie du livre d'Ibrovac traite du cours de Fauriel à la Sorbonne sur les chants serbes et grecs. Elle constitue en réalité la partie principale de cet ouvrage. Ces cours, jusqu'ici inédits, ont incité l'auteur à faire une étude vaste et exhaustive sur Claude Fauriel et ses grands contemporains par laquelle il donne une place digne au fondateur des études comparées en France. Pour les lettres yougoslaves cette troisième partie de l'ouvrage est en même temps la plus précieuse. C'est Galley qui, le premier, avant la première guerre mondiale (1909) a traité d'une façon condensée les cours de Fauriel dans sa monographie. Chez les Serbes c'est V. M. Jovanovic qui le premier a écrit sur Fauriel; puis M. Curcin. V. M. Jovanovic, à cette époque professeur de littérature comparée à l'Université de Belgrade, était le premier à transcrire le cours de Fauriel avec le dessein de le faire imprimer. Cependant, cette copie, avec certains autres manuscrits de Jovanovic, a disparu pendant la guerre. C'est ici la première publication des textes intégrales des cours de Fauriel, en dehors de certains fragments imprimés a u p a r a v a n t (A. Mazon, M. Ibrovac). Cette troisième partie du livre de M. Ibrovac est en réalité une étude documentée d'un érudit sur les cours de Fauriel, qui traite plusieurs questions: les rapports francoserbes, la poésie populaire serbocroate depuis les notations les plus anciennes, les enregistrements antérieurs à Vuk et les premiers échos à l'étranger, les différents recueils de poésie, et une partie très détaillée s'occupe des traductions des chants populaires serbocroates en langues étrangères, des t r a v a u x de Fauriel relatifs à la préparation des cours, de ses théories de la poésie populaire et de ses sources, de l'interprétation par Fauriel des chants d'autres peuples slaves (les Tchèques et les Russes) et finalement des affinités des chants populaires des Serbes et des Grecs. Ce chapitre représente une encyclopédie poussée jusqu'à la perfection sur la poésie serbocroate et il est d'une grande importance surtout pour un lecteur étranger, puisqu'il porte une grande richesse de données bibliographiques et s'accompagne des études les plus remarquables sur cette matière depuis les plus anciennes jusqu'à celles de l'époque contemporaine. Cette vaste érudition n'est pas moins grande en ce qui concerne les chants de la Grèce moderne et ceux des autres pays slaves. L'idée essentielle, à savoir la publication des cours de Fauriel, s'est dévelopée à ce point qu'elle est devenue une étude sur le romantisme européen largement conçue et réalisée, que le professeur Ibrovac a nourrie dans son esprit et préparée dans les archives de France, d'Angleterre, d' Autriche, d'Allemagne, des pays tchèques et de Russie. Le quatrième chapitre représente une édition critique des cours de Fauriel accompagnée de commentaires de M. Ibrovac qui lui confèrent une valeur particulière. Les connaissances insuffisantes de l'histoire, de la vie et des moeurs de nos peuples, toutes les fautes et traductions inadéquates dans le texte de Fauriel ont trouvé un interprète sûr, capable de décéler et d'expliquer avec une ardeur constante les sources des idées théoriques de Fauriel sur la littérature populaire aussi bien que les répercussions de ses conceptions sur ses successeurs. Par sa conception et par sa réalisation qui lui a valu des hommages et des récompenses dans notre pays et à l'étranger, l'ouvrage du professeur Ibrovac se situe au même rang que l'œuvre monumentale «La Guzla» de V. Jovanovic, récemment décédé. L'éloge adressé par M. Ibrovac à l'œuvre de Jovanovic qu'il caractérise comme «un livre vivant auquel, à un demi-siècle de distance, on a peu de choses à ajouter» (p. 268), cet éloge v a u t entièrement pour l'ouvrage de M. Ibrovac. Des illustrations rares et précieuses ainsi que le portrait de Mme T a l v j et autres contribuent à la valeur de cette œuvre. Beograd 13
J a h r b u d i f. Volksliedforschung X I V
Radmila Pesic
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Bälint S a r o s i , Die Volksmusikinstrumente Ungarns. Leipzig, V E B Deutscher Verlag für Musik, o. J . (1967/68). 148 S., mit zahlreichen Abb. und Notenbeispielen. (Handbuch der europäischen Volksmusikinstrumente, hg. vom Institut für deutsche Volkskunde Berlin in Zusammenarbeit mit dem Musikhistorischen Museum Stockholm durch Ernst Emsheimer und Erich Stockmann, 1/1). Der erste Band des in musikwissenschaftlichen und volkskundlichen Fachzeitschriften seit langem angezeigten und diskutierten und daher mit Spannung erwarteten „Handbuches der europäischen Volksmusikinstrumente" ist erschienen. Balint Sarosi von Benjamin R a jeczkys Volksmusikforscher-Gruppe der Ungarischen Akademie der Wissenschaften zu Budapest hat ihn bearbeitet — und damit einen Maßstab für den praktischen und wissenschaftlichen Fortgang des Unternehmens gesetzt. Wie die Herausgeber im Vorwort betonen, fällt die Erforschung der Volksmusik-Instrumente sowohl der Musikwissenschaft wie der Ethnologie zu. „Beide Disziplinen haben die Untersuchung des europäischen Volksmusikinstrumentariums als ein typisches Grenzgebiet nur zögernd in Angriff genommen. Erst in den letzten Jahrzehnten ist in Verbindung mit der allgemeinen Intensivierung der Volksmusikforschung auch für diesen Untersuchungsgegenstand ein wachsendes Interesse zu beobachten" (S. 7). Das Gesamtwerk ist auf fünf Serien zu je fünf bis sechs Bänden veranschlagt: Serie Serie Serie Serie Serie
I : Ungarn — Tschechoslowakei — Polen — Österreich — Deutschland — Schweiz. I I : Bulgarien — Jugoslawien — Albanien — Griechenland — Rumänien — Türkei. I I I : Sowjetunion. I V : Großbritannien — Irland — Dänemark/Island •— Norwegen — Schweden — Finnland. V : Holland — Belgien/Luxemburg — Frankreich — Italien — Spanien — Portugal.
Innerhalb der Länderartikel werden die jeweils vorkommender. Instrumente nach Hornbostels/Sachs' Systematik der Musikinstrumente (Zs. für Ethnologie 46, 1914, 553—590) angeordnet, wobei als weitere Unterordnung folgender Fragenkatalog der Herausgeber zu beantworten ist: I. Terminologie I I . Ergologie und Technologie I I I . Spieltechnik und musikalische Möglichkeiten IV. Spielrepertoire V. Verwendungszweck V I . Geschichte und Verbreitung. Den Abschluß der Länderartikel bilden Darstellungen der anzutreffenden Ensemblebildungen. Bilddokumentationen veranschaulichen den Text. Die Bibliographie gibt einen Uberblick über das zuvor Gearbeitete zum Thema. Geht es demnach in diesem „Handbuch" darum, die nationalen Erscheinungsformen zu erfassen und zu kommentieren, so wird doch das vollständige Werk ein tragbares Fundament für künftige übernationale kulturgeschichtliche und kulturgeographische Forschungen bilden. Zu Band 1/1: D a ß aus dem heute führenden Volksmusik-Institut Europas eine Modellarbeit kommt, erscheint beinahe selbstverständlich. Doch vor der Fülle des Materials und dessen kenntnisreicher Aufbereitung versagt die Feder des Rezensenten. . . . So kann man jedem fachlich oder aus Liebhaberei am Thema Interessierten nur raten, den Band selbst in die Hand zu nehmen! Freiburg i. Br.
Wolfgang Suppan
V E R Z E I C H N I S DER
MITARBEITER
Peter A n d r a s c h k e , 78 Freiburg, Musikwissenschaftliches Seminar der Universität, Belfortstraße 11 Dr. Iso B a u m e r , Ch-3073 Gümligen/BE, Schulhausstraße 22 Konservator Dr. Rolf Wilh. B r e d n i c h , 78 Freiburg, Deutsches Volksliedarchiv, Silberbachstraße 13 Oberstudienrat Alfred C a m m a n n , 28 Bremen, Forschungsstelle f ü r ostdeutsche Volkskunde, Emmastraße 244 Konservatorin Dr. Irmgard H a m p p , 7 Stuttgart 1, Württembergische Landesstelle f ü r Volkskunde, Eugenstraße 3 Volker H e ß , M. A., 771 Donaueschingen, Am Spannenberg 2 Prof. Karl H o r a k , A-6130 Schwaz (Tirol), Bahnhofstraße 5 Marianne K 1 a a r , 78 Freiburg, Tirolerweg 21 Prof. Dr. Erwin K o s c h m i e d e r , 8011 Vaterstetten, Beethovenstraße 42 Prof. Dr. Leopold K r e t z e n b a c h e r , 8 München 13, Seminar f ü r deutsche und vergleichende Volkskunde, Schellingstraße 9 Josef L a n s k y , 78 Freiburg, Deutsches Volksliedarchiv, Silberbachstraße 13 Dr. Max M e c h o w , 1 Berlin 28, Am Eichenhain 47 Dr. N a d a M i l o s e v i c , Beograd, Generala Zdanova 32/1V, Jugoslawien Dr. Dietz-Rüdiger M o s e r , 78 Freiburg, Institut f ü r ostdeutsche Volkskunde, Im Oberfeld 10 Dr. Elfriede M o s e r - R a t h , 34 Göttingen-Nikolausberg, Auf der Lieth 24 Dr. Radmila P e s i c , Beograd, Marsala Birjuzova 46, Jugoslawien Dr. Leander P e t z o l d t , 78 Freiburg, Deutsches Seminar, Abt. Volkskunde, Maximilianstraße 15 Prof. Roger P i n o n , Liège, 10, quai de Rome, Belgien Dr. Jan M. R a h m e l o w , 2 8 Bremen, Mathildenstraße 3 Prof. Dr. Benjamin R a j e c z k i , Magyar Tudomanyos Akadémia Népzenekutato csoport, Budapest V, Roosevelt ter 9, Ungarn Prof. Dr. Lutz R ö h r i c h , 78 Freiburg, Deutsches Seminar, Abt. Volkskunde, Maximilianstraße 15 13*
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Verzeichnis der Mitarbeiter
Heinz S c h i l l i n g , M. A., 6 F r a n k f u r t a. M., Institut f ü r Volkskunde, Beethovenstraße 59 Helga S t e i n , Univ.-Lektorin, 34 Göttingen-Grone, Auf dem Greite 28 Konservator Dr. Wolfgang S u p p a n , 78 Freiburg, Deutsches Volksliedarchiv, Silberbachstraße 13 Prof. Dr. Walter W i o r a , 66 Saarbrücken 15, Musikwissenschaftliches Institut der Universität des Saarlandes Dr. Wolfgang W i t t r o c k , 23 Kiel, Moltkestraße 72
Deutsche Volkslieder mit ihren Melodien Herausgegeben vom Deutschen Volksliedarchiv. Q u a r t . Ganzleinen
5. B A N D . Balladen. Unter Mithilfe von ERICH SEEMANN F gemeinsam
m i t ROLF W I L H . BREDNICH u n d
h e r a u s g e g e b e n v o n WILHELM
WOLFGANG
SUPPAN
HEISKE.
V I I I , 340 Seiten. 1967. D M 80 — Bei Subskription der gesamten Balladenreihe D M 65,—
V e r l a g des D e u t s c h e n V o l k s l i e d a r c h i v s , in K o m m i s s i o n
bei Ernst K a u f m a n n ,
Freiburg/Breisgau Lahr/Schwarzwald
Deutsche Volkslieder mit ihren Melodien Herausgegeben vom Deutschen Volksliedarchiv, g e g e n w ä r t i g v o n ERICH SEEMANN u n d WALTER WIORA. Q u a r t .
B A N D I—IV. Preise auf Anfrage.
Landschaftliche Volkslieder mit ihren Weisen Herausgegeben vom Deutschen Volksliedarchiv. Klein-Oktav. H E F T 41: Deutsche Volkslieder aus der Schwäbischen Türkei mit ihren Weisen. H e r a u s g e g e b e n v o n KONRAD SCHEIERLING. 85 S e i t e n . 1 9 6 0 . D M 4 , 8 0
H E F T 42: Deutsche Volkslieder aus Hohenlohe mit ihren Weisen. H e r a u s g e g e b e n v o n KONRAD SCHEIERLING. 7 6 S e i t e n . 1 9 6 2 . D M 4 , 8 0
Walter de Gruyter 8c Co • Berlin 30
Giacomo
Meyerbeer,
Briefwechsel
und
Tagebücher
4 Bände. Mit Unterstützung der Akademie der Künste Berlin und des Instituts f ü r Musikforschung Berlin, herausgegeben und kommentiert von HEINZ BECKER B A N D I : Bis 1824 G r o ß - O k t a v . Mit 9 Abbildungen auf Kunstdrudctafeln, davon 1 farbige. 736 Seiten. 1959. Ganzleinen D M 68 — B A N D I I : 1825—1836. Im Druck B A N D I I I und I V in Vorbereitung
Giacomo
Meyerbeer,
Sizilianische
Volkslieder
Herausgegeben im A u f t r a g des Staatlichen Instituts f ü r Musikforschung v o n FRITZ BOSE
O k t a v . E t w a 110 Seiten. 1969. E t w a D M 32,—
Felix Mendelssohn
Bartholdy,
Briefe
E t w a 10 B ä n d e . H e r a u s g e g e b e n v o n RUDOLF ELVERS
B A N D I : Briefe an deutsche Verleger M i t e i n e r E i n f ü h r u n g v o n HANS HERZFELD
Mit einem Bildnis Mendelssohns G r o ß - O k t a v . X X X , 399 Seiten. 1968. Ganzleinen D M 64 —
Die Musikerfamilie
Benda
Franz Benda und seine Nachkommen. Von
FRANZ
LORENZ
Staatliches Institut f ü r Musikforschung, Preußischer Kulturbesitz G r o ß - O k t a v . X I I , 189 Seiten. Mit 28 Abbildungen und Notenbeispielen und 1 Stammtafel. 1967. Ganzleinen D M 24,—
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Musiklehre V o n H A N S JOACHIM MOSER
3. Auflage. Klein-Oktav. Mit zahlreichen Notenbeispielen. 154 Seiten. 1968. D M 5,80 (Sammlung Göschen Band 220/220 a)
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Harmonielehre V o n HANS JOACHIM MOSER
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Systematische Modulation V o n ROBERT HERNRIED
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Der polyphone Satz V o n ERNST PEPPING. 2 B ä n d e .
B A N D I : Der cantus-firmus-Satz. 2. Auflage. Klein-Oktav. 223 Seiten. Mit zahlreichen Notenbeispielen. 1950. D M 3,60 B A N D I I : Übungen im doppelten Kontrapunkt und im Kanon. Klein-Oktav. 137 Seiten. Mit zahlreichen Notenbeispielen. 1957. D M 5,80 (Sammlung Göschen Band 1148, 1 1 6 4 / 1 1 6 4 a )
Technik der deutschen Gesangskunst V o n HANS JOACHIM MOSER
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Jahrbuch des Staatlichen Instituts für
Musikforschung
Preußischer Kulturbesitz H e r a u s g e g e b e n v o n DAGMAR D R O Y S E N
1968 G r o ß - O k t a v . 131 Seiten mit 13 Abbildungen, 6 Tafeln und 11 Tabellen. 1969. Ganzleinen D M 3 8 , — Inhalt: HELGA DE LA MOTTE-HABER: Zum Problem der Klassifikation von Akkorden — WILFRIED DAENICKE: Bewertung von Intervallbeobachtungen an Hand der Frequenzdistanz — EKKEHARD JOST: Der Einfluß des Vertrautheitsgrades auf die Beurteilung von Musik — DAGMAR DROYSEN: Zum Problem der Klassifizierung von Harfendarstellungen in der Buchmalerei des frühen und hohen Mittelalters — DIETER KRICKEBERG: Studien zu Stimmung und Klang der Querflöte zwischen 1500 und 1850 — FRIEDRICH ERNST: Der Instrumentenbauer Johann Andreas Stumpf!, Ein Freund Beethovens. — Namenund Sachregister — Lebensläufe
Jahrbuch für musikalische Volks- und
Völkerkunde
Für die Kommission für musikalische Volks- und Völkerkunde der Gesellschaft für Musikforschung, die Deutsche Gesellschaft für Musik des Orients und das Institut für Musikforschung Berlin herausgegeben von FRITZ BOSE. G r o ß - O k t a v . B A N D I : Mit 71 Notenbeispielen und Textabbildungen, 2 Kunstdrucktafeln und 1 Schallplatte. 149 Seiten. 1963. Ganzleinen D M 3 8 , — Inhalt: D . CHRISTENSEN: Tanzlieder der Hakkari-Kurden — O . R . MENARD: Contribution ä l'etude de quelques instruments de musique Baoule — Region de Beoumi — A. P. MERRIAM: Songs of the Gege and Jesha Cults of Bahia, Brazil — H . - H . WÄNGLER: Über die Beziehungen zwischen gesprochenen und gesungenen Tonhöhen in afrikanischen Tonsprachen. B A N D I I : Mit 19 Notenbeispielen und Textabbildungen, 7 Kunstdrucktafeln und 1 Schallplatte. 132 Seiten. 1966. Ganzleinen D M 3 8 , — Inhalt: K . REINHARD: Musik am Schwarzen Meer — W. GRAF: Zur Verwendung von Geräuschen in der außereuropäischen Musik — H . P. FERIZ: Altindianische Musikinstrumente aus Mittelamerika — B. NETTL: Aspekte der Kompositionstechnik der Arapaho — E. HILMAR: Die Volksmusikforschung in Italien. B A N D I I I : Mit 33 Seiten Notenbeispielen, 1 Kunstdrucktafel und 1 Schallplatte. 147 Seiten. 1967. Ganzleinen D M 3 8 , — Inhalt: P. CROSSLEY-HOLLAND : Form and Style in Tibetan Folksong Melody — H . KHATSCHI: Das Intervallbildungsprinzip des persischen Dastgäh Shur — J . KUCKERTZ: Der Täla in der südindischen Kunstmusik — J . ELSNER: ZU Prinzipien arabischer Musizierpraxis — F. HOERBURGER: Orientalische Elemente in Volkstanz und Volkstanzmusik Nordgriechenlands — H . C . WOLFF: Rameaus „Les Indes Galantes" als musikethnologische Quelle. B A N D I V : Mit zahlreichen Notenbeispielen, 1 Kunstdrucktafel und 1 Schallplatte. 128 Seiten. 1968. Ganzleinen D M 3 8 , — Inhalt: HANS OESCH, Basel: Die Launeddas, ein seltenes sardisches Musikinstrument — ROGER PINON, Liege: L'etude du folklore musical en Wallonie — ROCHUS HAGEN, K ö l n : Abriß der Geschichte der Spiritualforschung — G E R D SCHÖNFELDER, B e r l i n : Z u m c h i n e s i s c h e n b a n - P r i n z i p — H E I N E R R U L A N D ,
Benefeld: Zur Tonalität einer Indianermelodie.
Walter de Gruyter & Co • Berlin 30