Ivan Franko und die jüdische Frage in Galizien: Interkulturelle Begegnungen und Dynamiken im Schaffen des ukrainischen Schriftstellers 9783737005210, 9783847105213, 9783847005216


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Ivan Franko und die jüdische Frage in Galizien: Interkulturelle Begegnungen und Dynamiken im Schaffen des ukrainischen Schriftstellers
 9783737005210, 9783847105213, 9783847005216

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Alois Woldan / Olaf Terpitz (Hg.)

Ivan Franko und die jüdische Frage in Galizien Interkulturelle Begegnungen und Dynamiken im Schaffen des ukrainischen Schriftstellers

V&R unipress Vienna University Press

®

MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen

www.fsc.org

FSC® C083411

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-8471-0521-3 ISBN 978-3-8470-0521-6 (E-Book) ISBN 978-3-7370-0521-0 (V&R eLibrary) Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de Veröffentlichungen der Vienna University Press erscheinen im Verlag V&R unipress GmbH. Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung (W1204). © 2016, V&R unipress GmbH, Robert-Bosch-Breite 6, 37079 Göttingen / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Titelbild: Handschriftliche Dissertation von Ivan Franko, mit freundlicher Genehmigung der Universitätsbibliothek Wien: http://phaidra.univie.ac.at/o:310440 Druck und Bindung: CPI buchbuecher.de GmbH, Zum Alten Berg 24, 96158 Birkach Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

Roman Mnich (Siedlce) Ivan Franko und das Judentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

Tamara Hundorova (Kiew) Jüdische Akzente in Ivan Frankos Volkstümler-Konzeption . . . . . . . .

21

Mychajlo Hnatjuk (L’viv) Ivan Franko und das galizische Judentum. Literarischer und publizistischer Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

Yaroslav Hrytsak (L’viv) Between Philo-Semitism and Anti-Semitism. The Case of Ivan Franko . .

47

George G. Grabowicz (Cambridge, MA) Ivan Franko and the Literary Depiction of Jews. Parsing the Contexts

. .

59

Alois Woldan (Wien) Jüdische Bilder und Stereotypen in Ivan Frankos „Boryslaver Zyklus“

. .

93

Jevhen Pshenychnyj (Drohobycˇ) Ivan Franko und Hermann Barac. Ein Dialog, der nie stattgefunden hat . 109 Wolf Moskovich (Jerusalem) Two Views on the Problems of Ukrainian-Jewish Relations. Ivan Franko and Vladimir (Zeev) Jabotinsky . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Christoph Augustynowicz (Wien) Blutsauger-Bilder und ihre antijüdischen Implikationen in Galizien . . . . 129

Vorwort

Im Jahr 2012 wurde die Universität Wien von Seiten der Israelitischen Kultusgemeinde Wien mit dem Vorwurf antisemtischer Äußerungen im Werk des bekannten ukrainischen Autors Ivan Frankos konfrontiert. Franko hatte 1893 an dieser Universität mit einer Arbeit „Über Varlaam und Josaphat und die Einhornparabel“ promoviert, seit 1993 hängt im Hauptgebäude der Universität Wien eine Tafel zu Ehren Frankos. Diese Tafel wurde nicht nur anlässlich dieses Jubiläums angebracht, sie war auch ein Ausdruck der guten österreichischukrainischen Beziehungen sowie der Besinnung auf ein gemeinsames Erbe seit der Unabhängigkeit der Ukraine im Jahr 1991. Die Israelitische Kultusgemeinde hatte bereits 2010 die Universität aufgefordert, diese Tafel zu entfernen, weil Franko nicht nur selbst antisemitische Aussagen getätigt habe, sondern darüber hinaus auch für antisemitische Ausschreitungen auf dem Boden der heutigen Ukraine in der Zwischenkriegszeit verantwortlich zu machen sei. Die Universität Wien und die Israelitische Kultusgemeinde einigten sich darauf, vor einer möglichen Entfernung der Ehrentafel diese Vorwürfe im Rahmen einer wissenschaftlichen Konferenz zu prüfen, zu der beide Seiten ihre Fachvertreter entsenden sollten. Nach einem ersten misslungenem Anlauf im Jahr 2012 fand diese Konferenz unter dem Titel „Ivan Franko und die jüdische Frage in Galizien“ im Oktober 2013 an der Universität Wien statt. Bei dieser Veranstaltung sprachen insgesamt zehn Referenten, die alle auf Einladung der Universität gekommen waren – ein Referent, den die Kultusgemeinde ausgewählt hatte, konnte aufgrund einer Erkrankung nicht teilnehmen, trotz diverser Bemühungen konnte kein Ersatz gefunden werden. An dieser Konferenz, deren Beiträge in diesem Band versammelt sind, nahmen Wissenschaftler aus Israel, Österreich, Polen, der Ukraine und den USA teil, die alle durch einschlägige Publikationen ausgewiesen sind. Bei der Auswahl der eingeladenen Gäste wurde darauf Bedacht genommen, dass nicht nur Vertreter der Ukraine, des Landes, in dem zu Ivan Franko am meisten geforscht wird, in dem es aber auch einen bestimmten Franko-Kult gibt, sondern auch aus dem

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Vorwort

Ausland zu Wort kamen, die eine von jeder nationalen Voreingenommenheit möglichst freie Sichtweise vertreten. Ein zentrales Anliegen der Konferenz bestand in einer Kontextualisierung jener Stellen, die als Beweismittel für Frankos antisemitische Einstellung sowohl im Schreiben der Kultusgemeinde als auch in einem Artikel der österreichischen Zeitschrift „Profil“ unmittelbar vor der Abhaltung der Konferenz angeführt worden waren. Diese Passagen haben im Kontext der jeweiligen Texte, aber auch des Gesamtwerks von Ivan Franko einen anderen Stellenwert, als isolierte, zum Teil willkürlich kombinierte Aussagen. Bei der Frage nach der vorgeworfenen antisemitischen Grundhaltung ist zudem zwischen Frankos Belletristik und Publizistik zu unterscheiden und ist auch die Widersprüchlichkeit seiner Ansichten im Verlauf seines Lebens zu berücksichtigen. Schließlich finden sich sowohl in der Belletristik wie auch in der Publizistik des Autors eindeutig philosemitische Passagen, die bei der Frage nach dem Kontext antisemitischer Äußerungen nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Alle diese und noch andere Aspekte werden in den vorliegenden Beiträgen thematisiert, welche belastende Äußerungen Frankos nicht verschweigen, sie aber im Kontext des Gesamtwerks wie auch der Zeit, aus der sie stammen, auf ihren Stellenwert hin untersuchen. Für die Klärung der Frage über den Verbleib oder Nichtverbleib der Gedenktafel für den ukrainischen Dichter an der Universität Wien stellen die hier publizierten Beiträge ein gewichtiges Argument dar. Eine Entscheidung über Entfernung oder Verbleib der Gedenktafel für Ivan Franko ist aber letzten Endes eine politische Entscheidung, die nicht in die Kompetenz philologischer Untersuchungen fällt. Wien, im Juli 2015

Alois Woldan

Roman Mnich (Siedlce)

Ivan Franko und das Judentum

In meinem Beitrag möchte ich nicht so sehr auf einzelne Aspekte des angesprochenen Problems eingehen, sondern auf bestimmte Richtungen in der Forschung, die meiner Meinung nach für die ukrainische Franko-Wissenschaft wichtig sind. Ich möchte unterstreichen, dass es hier nur um die ukrainische Wissenschaft geht, denn in der westeuropäischen Forschung nimmt Franko keine derart zentrale Rolle ein, man sieht sein Werk weniger als eine Ausnahmeerscheinung, sondern im Rahmen der Gesetzmäßigkeiten des galizischen Kontexts am Ende des 19., zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Man darf nicht übersehen, dass im westeuropäischen Bewusstsein Franko vor allem „Journalist, Literaturwissenschaftler und Volkskundler“ ist, der als revolutionärer Demokrat mehrmals inhaftiert war.1 Mein Aufsatz ist Teil einer geplanten Monographie, die in ukrainischer Sprache erscheinen und sich in mehrfacher Hinsicht von meinem Buch aus dem Jahr 2012 Ivan Franko im Kontext mit Theodor Herzl und Martin Buber. Antisemitismus und Philosemitismus in Ostgalizien 1886–1916 unterscheiden soll. Hier beschränke ich mich auf die Interpretation nur eines Aspektes aus dem Problemfeld „Ivan Franko und das Judentum“ und konzentriere mich auf Fragen, die mir heute für die Diskussion in der Öffentlichkeit wichtig erscheinen. Das gewählte Thema – Ivan Franko und das Judentum – hat zwei zentrale Dimensionen. Es geht erstens um alle jene Fragen, welche die Einstellung Frankos zum Judentum betreffen: persönliche Kontakte mit Juden, Texte des ukrainischen Autors mit jüdischer Problematik, Parallelen zwischen dem ukrainischen Nationalismus und dem Zionismus aus der Sicht Frankos, die biblische als eine speziell jüdische (und nicht christliche) Thematik usw. Als Beispiel dafür können die Kontakte Frankos mit Martin Buber, Nathan Birnbaum, Samuel R. Landau, aber auch Texte wie Semitismus und Antisemitismus in Galizien, Juden über die jüdische Frage, die Rezension auf das Buch Der Judenstaat von Theodor Herzl, das Poem Mojsej (Moses) gelten. Die andere Dimension zeigt 1 Der Brockhaus: Literatur, Schriftsteller, Werke, Epochen, Sachbegriffe. Mannheim 2007, 258.

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Roman Mnich

sich dort, wo es um Kontakte Frankos mit jüdischen Mitbürgern geht, bei deren Interpretation Probleme sichtbar werden, die nichts mit dem Judentum zu tun haben, die aber für die Franko-Forschung wesentlich sind: das Problem der Sozialdemokratie (der österreichischen im größeren Rahmen oder der ukrainischen im Speziellen), der Folklore, des polnisch-ukrainischen Dialogs und der persönlichen Tragöde des Autors nach dem Jahr 1897, sowie das Problem der intertextuellen Bezüge im Werk Frankos. Diesbezüglich lassen sich Namen bekannter jüdischer Personen nennen, die für die Franko-Forschung von Bedeutung sind: Viktor Adler, Friedrich Samuel Krauss, Georg Brandes, Heinrich Kanner, Isidor Singer oder auch der heute in der einschlägigen Forschung so gut wie vergessene Isidor Isaak Sadger (1867–1942). Im Weiteren werde ich auf drei Beispiele aus diesem Kontext genauer eingehen. Eines davon steht im Zusammenhang mit der bekannten Rezension Frankos auf Herzls Judenstaat. Die beiden anderen Beispiele greifen auf die Namen Georg Brandes und Isidor Isaak Sadger zurück. Anhand dieser Beispiele möchte ich zeigen, welche neuen und interessanten Perspektiven sich eröffnen, wenn man die Texte Frankos im Kontext seiner Beziehungen zu jüdischen Persönlichkeiten liest. Das bis heute veröffentlichte Material erlaubt die Schlussfolgerung, dass die Einstellung Frankos zum Judentum wesentlich von inneren Widersprüchen, Zweifeln, einer Gespaltenheit und jenem psychologischen Komplex geprägt war, den George Grabowicz als „Wallenrodismus“ bezeichnet hat. Dabei geht es nicht nur um die ambivalente Haltung Frankos zu Adam Mickiewicz, sondern vielmehr um einen dauernden inneren Kampf, den Franko mit sich selbst führte, und den der Dichter einmal in einem seiner Gedichte beschrieb: „Ich stehe mit mir selbst im Krieg/ da werde ich nicht lang bestehen“2. In diesem Kontext scheint es wichtig, auf die spätere psychische Belastung, eine Art von Mystifikation, hinzuweisen, sei es im Hinblick auf die gesellschaftlichen Umstände, sei es aufgrund von Frankos Krankheit. So kam z. B. auch seine widersprüchliche Beurteilung von Sˇevcˇenko und Drahomanov und deren Bedeutung für die ukrainische Kultur zustande, so kam es zum Missverständnis zwischen Franko und Hrusˇevs’kyj, zu den zweideutigen Äußerungen über seine Frau, Ol’ha Choruzˇyns’ka, zur seltsamen Polemik mit Mychajlo Pavlyk. Dieses Paradigma der Gespaltenheit kann meiner Meinung nach auch die sonderbare Verbindung eines spezifischen Philosemitismus mit einem deutlich ausgeprägten Antisemitismus bei Ivan Franko erklären. Dieser Philo- und Antisemitismus lässt sich mit konkreten Zitaten, bisweilen ganzen Passagen aus Frankos Texten belegen, und es versteht sich von selbst, dass für die Franko-Forschung nur solche Interpretationen von Bedeutung sind, die sich auf konkrete Belege wie auch deren Ver2 „Та я з собою самим у війні? Не простояти довго мені“: Нічні думи, in: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 1 Поезія, Київ 1976, 49.

Ivan Franko und das Judentum

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ankerung im historischen Kontext stützen. Wie weit Franko selbst eine gespaltene Persönlichkeit war, lässt sich aus heutiger Perspektive nur schwer beurteilen, man sollte aber an eine Aussage seines Sohnes Taras denken, der in seinen Erinnerungen schrieb, dass „die Lebensumstände den Vater so geformt hatten, dass er quasi zwei Gesichter, zwei Seelen hatte“3. Schon zu Beginn seiner literarischen Tätigkeit gestaltete Franko diese Gespaltenheit in einer sehr eindrucksvollen jüdischen Figur – Isaak Bljajberh aus dem Roman Petriji i Dovbusˇcˇuky (Die Anhänger des Petrij und des Dovbusˇ). Im biblischen Kontext lässt sich die Figur Bljajberhs als Bild des symbolischen Opfers verstehen – einzelne Szenen aus dem Roman erinnern förmlich an die Opferung Isaaks. Wichtig für das Verständnis dieser Figur ist die symbolische Dimension von dessen Vor- und Nachnamen: Isaak erinnert an das Opfer, während der Nachname (ein Berg aus Blei) in symbolischer Hinsicht mit der Idee eines neuen Menschen verbunden ist – das Blei symbolisiert das nicht edle Metall des noch nicht (wieder)geborenen Menschen, der auf seine Wiedergeburt in der Zukunft wartet. Zugleich ist aber, um es paradox zu formulieren, „Isaak nicht Isaak“, denn in Wirklichkeit ist dieser Mann kein Jude, sondern ein Ruthene und Nachkomme des berühmten Oleksa Dovbusˇ. Die zweite Redaktion dieses Romans von 1913 gestaltet allerdings diese Figur um: jetzt hat Isaak die Absicht, „unter den galizischen Juden eine Intelligenz herauszubilden, die sich vom jüdischen Glauben und den nationalen Traditionen nicht abwandte […] und dabei nach einem gemeinsames Terrain für diese Lebensaufgabe mit der ruthenischen und polnischen Intelligenz suchte“4. Für uns aber ist die Figur Bljajberhs wichtig als psychologischer Typ der Gespaltenheit der Person. Dieser Mensch ist in Wahrheit nicht der, für den er sich in der Öffentlichkeit ausgibt, umso mehr, als er selbst nicht weiß, wer er wirklich ist. Vielleicht haben wir es hier mit jenem psychologischen Komplex zu tun, der Franko zeit seines Lebens verfolgte und sich sogar im Verhältnis zur eigenen Frau niederschlug. In diesem Kontext stellt sich die Frage nach möglichen methodischen Vorgehensweisen bei der Erforschung des jüdischen Diskurses bei Franko. Die weitverbreitete Methode des Verweisens auf einschlägige Zitate ist in unserem Fall nicht immer zielführend, weil man quasi für jede mögliche Behauptung im Werk Frankos oder in den Erinnerungen an ihn (dort vielleicht noch mehr) völlig widersprüchliche Belege finden kann. Auch lässt sich in methodologischer 3 „Житєві обставини Івана Франка склалися так, що він мав немов два обличчя, дві душі“: Наталя Тихолоз, Тарас Франко про батька: без купюр, in: Франкознавчі студії. Збірник наукових праць 5. Дрогобич 2012, 532. 4 „Витворити між галицькими жидами інтелігенцію, яка, не цураючися жидівської віри та національної традиції … при тим шукала би спільного грунту для житєвої праці з інтелігенцією руською та польською…“: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 22 Повісті та оповідання (1904–1913), Київ 1979, 465.

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Roman Mnich

Hinsicht nicht von einer eindeutigen Tendenz im jüdischen Diskurs im Gesamtwerks Frankos sprechen, ohne dass man zwischen Belletristik, Publizistik und der Korrespondenz unterscheidet. In der Belletristik überwiegen – abgesehen von einzelnen Ausnahmen wie den Figuren des schon erwähnten Bljajberh, des Jos’ko Sˇtern aus der Erzählung Do svitla (Ans Licht) oder der Figur des Vahman aus dem Roman Perechresni stezˇky (Wegkreuzungen) – negativ gezeichnete Bilder von Juden; in Frankos Lyrik findet sich in der Figur des Sˇvindeles Parchenblyt eine antisemitische Karikatur, der positiv gezeichnete Figuren im Zyklus Zˇidivs’ki melodiji ( Jüdische Melodien) gegenüberstehen. Der Figur des Sˇvindeles Parchenblyt kommt im Rahmen eines antisemitischen Diskurses bei Franko eine besondere Bedeutung zu, denn diese Figur hat nicht nur antisemitische Züge, sondern verweist auch auf andere wichtige Einstellungen Frankos, wie z. B. seinen Antiklerikalismus oder seine satirische Kritik an der Politik Österreich-Ungarns. Ein gutes Beispiel dafür ist die makkaronische „Vater Unser“-Parodie, die zugleich mit einer Karikatur des Sˇvindeles abgedruckt wurde und diesem als Gebet an den Minister Taafe in den Mund gelegt wird: „Taffenleben! Der du bist auf dem Ministerstuhl. Geheiligt werde dein Name, dein sei die Mehrheit im Reichsrat, dein Wille geschehe in Wien so wie auch in Lemberg. Wahlen gib uns jedes Jahr in den Sejm und in den Reichsrat und vergib dem Dunajewski seine Schulden, wie auch er dir erlässt die Gleichberechtigung der Nationalitäten und führe uns nicht in die Einberufung, sondern erlöse uns von den Antisemiten, Amen!“5

Besonders reich an Facetten in Hinblick auf die jüdische Problematik sind die Publizistik und die Korrespondenz Frankos, wobei gerade hier eine detaillierte historische Interpretation unumgänglich ist, die die gesellschaftspolitischen wie auch die individualpsychologischen Bedingungen der Entstehung der Texte berücksichtigt. Völlig unerforscht sind bis heute Fragen der Textologie wie auch der Intertextualität jener Arbeiten von Franko, die dem jüdischen Diskurs zuzurechnen sind. In seinen polemischen Schriften tritt Franko erstens als Vertreter der galizischen Ruthenen (Ukrainer), zweitens als Bürger der Habsburgermonarchie und drittens als Vertreter seiner Partei in Erscheinung, wobei man hier seine parteipolitische Evolution berücksichtigen muss. Je nach Intention des betreffenden Textes kann man von einem Übergewicht eines der genannten Aspekte sprechen: entweder des nationalen (ruthenischen) oder des staatspolitischen (österreichischen) oder aber des parteilichen (sozialistischen, radikalen, volkstümlerischen). Darüber hinaus ist auch die individuelle psychologische Verfassung des Autors zu berücksichtigen.

5 Нове Зеркало, 1884, № 5, 4.

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Es ist offensichtlich, dass sich in Frankos Publizistik der für Österreich-Ungarn jener Zeit charakteristische Antisemitismus zeigt: „Antisemitismus stilisierte die sogenannte ‚Judenfrage‘ zum Schlüssel für die Lösung sozialer und politischer Krisen“.6 In Frankos Publizistik und in seinen Aufsätzen zu sozialen, politischen und historischen Problemen ist quasi auf Schritt und Tritt die Behauptung von der „jüdischen Ausbeutung“, vom „jüdischen Wucher“ und der „jüdischen Clique“ zu finden, die Behauptung, dass die „mosaische Bruderschaft“ der spiritus movens aller Machinationen und Operationen in den Banken Galiziens sei, dass die Juden zum völligen Niedergang galizischer Städte beigetragen hätten – in diesem Zusammenhang hat Franko über Brody eine Reihe von Artikeln verfasst; von den jüdischen Blutsaugern Galiziens ist die Rede (Briefe aus Galizien). In Frankos Belletristik hingegen lassen sich ebenfalls sehr viele philosemitische Passagen finden, die bisweilen an einen utopischen Diskurs grenzen, wie etwa die bereits erwähnte Figur des Vahman aus den Wegkreuzungen. Auch liegt eine ganze Reihe von positiven Erinnerungen an Frankos Beziehungen zu jüdischen Persönlichkeiten vor, abgesehen von seinen eigenen Erinnerungen an jüdische Bekannte. In diesem Text sind die Juden generell positiv beschrieben, wenn auch der letzte Satz dieser Erinnerungen zweideutig und rätselhaft bleibt: „Bald sollte aber ein unerwarteter Schicksalsschlag mich in eine ganz andere Lebenssphäre schleudern und mir Gelegenheit vollauf verschaffen, das menschliche – auch das jüdische – Leben von einer ganz anderen Seite kennenzulernen“7. Andererseits finden sich auch in der autobiographischen Prosa Frankos deutlich antisemitische Passagen. So z. B. die Beschreibung der rituellen Schlachtung eines Kalbs in der Erzählung V stoljarni (In der Schreinerei): „Das scharfe Messer fuhr in den Rumpf, tief und tiefer, bis dass ein rubinroter Blutstrahl hervorquoll, der in der Sonne glänzte wie ein kostbarer Kristall… Das Kalb schlug um sich, während sein heißes Blut wie eine Fontäne aus der Wunde spritzte. Der Jude blickte mit einer gewissen dämonischen Freude auf dieses Blut, und wieder erschien auf seinem Gesicht das idiotische Lächeln“8.

6 Eveline Brugger, Martha Keil, Albert Lichtblau, Christoph Lind, Barbara Staudinger: Geschichte der Juden in Österreich. Wien 2006, 465. 7 Ivan Franko, Meine jüdischen Bekannten, zit. nach Roman Mnich, Ivan Franko im Kontext mit Theodor Herzl und Martin Buber. Konstanz 2012, 81. 8 „Острий ніж входив у тіло, дальше, глибше, поки з-під нього не вибризла рубінова струя крові, мінячись до сонця блиском дорогого кришталю. … Теля почала кидатися, поки гаряча кров косицею била з його рани. Жидок дивився на ту кров з якоюсь демонською радістю, і знов на його лиці заграв ідіотичний сміх“, in: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 21 Повісті та оповідання (1898–1904), Київ 1979, 175.

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Man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass Franko in seinen autobiographischen Texten, wenn es um seine persönlichen Beziehungen ging, Juden und Christen (Polen, Ruthenen) gegenüberstellte. So bemerkt er im Vorwort zu den ausgewählten Gedichten von Wolf Benjamin Ehrenkranz, sobald er sich an seine jüdischen Bekannten, allen voran Isidor Bernfeld, erinnert, dass er sich in Drohobycˇ „mit jüdischen Studenten und Proletariern“ angefreundet hätte, denn „die Christen, Ruthenen wie Polen, hätten ihn gemieden“9. Man darf auch nicht übersehen, dass Franko bei seinen Äußerungen über die Juden nicht konsequent war. So schrieb er 1887 im Aufsatz Semitismus und Antisemitismus in Galizien, dass die Juden nur an sich selbst dächten und nur ihre eigenen Interessen verfolgten, dass „wir weder in der Literatur, noch in der Wissenschaft, noch im geistigen Leben Polens und Rutheniens bis zur heutigen Zeit überhaupt nicht die geringste Spur eines jüdischen Beitrags finden; für die wirtschaftliche Entwicklung dieser Völker hingegen sei der jüdische Einfluß zweifellos fatal gewesen“10.

Einige Monate später jedoch, im selben Jahr 1888, schreibt Franko in einer Besprechung des Romans von Wincenty Rapacki Do ´swiatła! (Ans Licht!) das genaue Gegenteil, wenn er betont, dass nur die Juden „große Reichtümer, die großen Errungenschaften der westlichen Zivilisation nach Polen gebracht hätten, wahre Apostel der Bildung und Verbreiter nützlichen Wissens in einem Land der Kriege und der Barbarei gewesen wären“11. Eine solche uneingeschränkt positive Bewertung der Rolle der Juden lässt sich auch nicht aus der historischen Distanz zur Zeit Kasimirs des Großen (14. Jahrhundert) erklären, in der der Roman Rapackis angesiedelt ist, denn in dieser selben Besprechung schreibt Franko auch von erniedrigten und beleidigten Juden in der Gegenwart: „Der Kampf um das Licht der Bildung, damit auch um die gesellschaftliche Gleichberechtigung zweier Elemente, die durch die Jahrhunderte erniedrigt und beleidigt wurden – die Frauen und die Juden – das liegt diesem Roman zugrunde. Frauen und Juden! Eine solche Verbindung könnte paradox scheinen, wäre sie nicht von einer jahrhundertelangen Geschichte wie auch von den Ereignissen unserer Tage bewiesen“12.

Der jüdische Diskurs bei Franko hat, wie auch die Franko-Forschung generell, heute in der Ukraine einen besonderen Stellenwert, denn mit der Person Frankos verbindet man nicht nur die Entwicklung des literarischen Lebens in Galizien in 9 „Часто буваючи у Дрогобичі і товаришуючи з жидівськими студентами та пролетаріями – християни, Русини й Поляки, переважно цурали ся мене“, in: Іван Франко, Вольф Еренкранц Збаразький. Вибір віршів, in: Літературно-науковий вісник 1905, т. 32, кн. 10, 87. 10 Zit.nach R. Mnich, Ivan Franko im Kontext mit Theodor Herzl und Martin Buber, 60. 11 Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 27: Літературно-критичні праці (1886– 1889), Київ 1980, 182. 12 Ibidem.

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der Franzisko-Josephinischen Zeit, sondern auch die Modernisierung der damaligen, zwischen zwei Imperien aufgeteilten ukrainischen Gesellschaft, und auch den Prozess der Nationsbildung. Mit dem Namen Ivan Franko verbindet man gleichfalls die ersten Bemühungen um einen eigenen ukrainischen Staat, die mit analogen Prozessen in Mitteleuropa wie auch mit der Herausbildung des Zionismus als einer politischen Ideologie zusammenfielen. Leider gibt es bis heute keine wissenschaftlich kommentierte Ausgabe der Diskussion zwischen Franko und Carpel Lippe, die zur Abfassung des Aufsatzes Semitismus und Antisemitismus in Galizien führte, der 1887 zum ersten Mal in polnischer Sprache in der Zeitschrift „Przegła˛d Społeczny“ erschien. Ebenso wenig gibt es eine kritische Ausgabe der Diskussion zwischen Franko und Leopold Caro (1864–1939), Alfred Nossig (1863–1943), Chaim Zhitlowski (1865– 1943) und Wilhelm Feldman. Diese Diskussionen haben im Zyklus „Juden über die jüdischen Frage“, der in polnischer Sprache 1893 in der Beilage „Tydzien´“ zur Zeitung „Kurjer Lwowski“ erschien, ihren Niederschlag gefunden. Jetzt möchte ich kurz auf die drei Beispiele eingehen, die ich bereits erwähnt habe. Diese Beispiele stehen in Zusammenhang mit einer gewissen Demystifikation der Person Frankos und seiner Texte. Sie zeugen von einem psychologischen Komplex des Autors und verweisen zudem auf die intertextuelle Problematik der Texte. Dabei geht es absolut nicht darum, die Rolle Frankos im kulturellen Leben Galiziens zu mindern oder gar zu verneinen – es geht vielmehr um die wissenschaftliche Untersuchung des historischen und gesellschaftspolitischen Kontexts, in den Frankos Leben und Wirken eingebettet war, um jenen Hintergrund, der sich auch im Wirken von zahlreichen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, von Wissenschaftlern und Künstlern, Ruthenen, Polen, Juden, in Galizien Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts niedergeschlagen hat. Galizien war für sie Heimat, und ein jeder hat auf seine Weise und an seinem Ort am Projekt einer besseren Zukunft für dieses Land gearbeitet. Und niemand von den Vertretern der galizischen Intelligenz um diese Zeit konnte die Tragödie des Holocaust oder auch die Folgen des Zweiten Weltkriegs voraussehen. Viele Jahre lang und vielleicht bis heute hat Franko mit seiner Person Dutzende anderer Intellektueller und Literaten Galiziens in den Schatten gestellt, die früher in der Regel als „bürgerliche Nationalisten“ bezeichnet wurden, später aber als Demokraten und Patrioten, obwohl ihre Rolle in einzelnen Bereichen des kulturellen Lebens nicht geringer war als die Frankos. Dieser Sachverhalt war für die seinerzeitige sowjetische Literaturwissenschaft, welche die wirkliche Geschichte Galiziens zur Zeit Franz Josephs kaum zur Kenntnis nahm, von großem Vorteil, sodass man bei der Lektüre mancher Arbeiten über Franko den Eindruck bekommt, er sei in Galizien in den Jahren 1870–1900 der einzige gewesen, der die richtige, „fortschrittliche“ Position im Kampf für die soziale Gerechtigkeit in Galizien und für die Erlangung der staatlichen Unabhängigkeit der Ruthenen

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Roman Mnich

(Ukrainer) vertreten hätte. Alle Bemühungen, Frankos Position mit allen ihren Widersprüchen, Diskussionen und Zweifeln – angefangen von den Beziehungen zu den drei Mychajlos (Drahomanov, Pavlyk, Hrusˇevs’kyj) über diverse Auseinandersetzungen mit polnischen und jüdischen Gruppen bis zu den Diskussionen mit Lesja Ukrajinka und den Vertretern der „Moloda Muza“ – zu verteidigen und zu rechtfertigen, haben das Wichtigste nicht erklärt, worin nämlich die eigene Tragödie Frankos besteht. Heute lässt sich wohl ohne Zweifel sagen, dass Frankos Leben und seine wahrhaft gigantische Arbeitsleistung für ihn selbst eine große Tragödie waren, von seiner Stellung im öffentlichen Leben angefangen über sein Verhältnis zur Kirche (ob griechisch-katholisch, römisch-katholisch oder orthodox) bis zum Glück in der eigenen Familie. Wie weit Franko selbst mit seinem Charakter, seinem Talent, seiner Weltanschauung die Ursache dafür war, und umgekehrt, wie weit Umstände zu dieser Tragödie geführt haben, die nicht von Franko abhingen – auf diese Frage gibt die Franko-Forschung in der Ukraine heute keine eindeutige Antwort. Zu guter Letzt kurz zu den drei Beispielen. Das erste Beispiel knüpft an Frankos Text von 1896, den Judenstaat, an, eine Art Information zum Buch von Theodor Herzl. Hier möchte ich gleich festhalten, dass meiner Meinung nach die Begegnung zwischen Franko und Herzl in Wien 1893, von der Vasyl’ Sˇcˇurat berichtet, von ihm selbst erfunden wurde. Dafür gibt es viele Argumente, angefangen mit der Tatsache, dass Herzl um diese Zeit gar nicht in Wien war – er weilte mit seiner Familie als Korrespondent in Paris –, bis hin zu einer Reihe von Widersprüchen und Falsifikationen im Bericht von Sˇcˇurat. Meiner Meinung nach war der Grund, warum Franko diese Besprechung verfasst hat, eine andere Rezension, die zwei Wochen vor Frankos Text in der „Zeit“ erschienen war – Franko war, wie bekannt, Korrespondent für die „Zeit“ und las dieses Blatt regelmäßig. Diese Rezension hatte niemand anderer als Nathan Birnbaum – unter dem Pseudonym Mathias Acher– verfasst, mit dem Franko korrespondierte und auch persönlich bekannt war. Der Vergleich dieser beiden Besprechungen ist ein Thema für sich, darauf will ich hier nicht eingehen. Viel wichtiger scheint mir eine bestimmte Intention in Frankos Text in Bezug auf Herzls Buch zu sein, die in den Vorwürfen des ukrainischen Autors zum Ausdruck kommt. Paradoxerweise wirft Franko Herzl genau das vor, wovon Herzl in seinem Buch deutlich spricht und wovon er sich deutlich abgrenzt, um einer möglichen Kritik zuvorzukommen13. Von größter Wichtigkeit wäre es in diesem Zusammenhang 13 Ivan Franko: „Wie wir sehen, handelt es sich hier um eine völlige Idylle, die ihr Autor auch in allen Details ausgemacht hat, vor allem was die innere Organisation der zukünftigen jüdischen Republik betrifft“: Der Judenstaat, zit. nach Mnich, Ivan Franko im Kontext mit Theodor Herzl und Martin Buber, 48. Theodor Herzl: „Gegen die Behandlung als Utopie muß ich meinen Entwurf zuerst vertheidigen. Eigentlich bewahre ich damit nur die oberflächlichen Beurtheiler vor einer Albernheit, die sie begehen könnten. Es wäre ja keine Schande, eine

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zwei Diskurse zu vergleichen: 1) den jüdischen zionistischen Diskurs Herzls und den ukrainischen nationalistischen des späten Franko. An die zionistische Problematik knüpft auch die Korrespondenz Frankos mit Vertretern der zionistischen Bewegung, wie Nathan Birnbaum (1864–1937) und Saul Raphael Landau (1870–1943), an. Auch das bleibt eine Aufgabe für die Zukunft. Das andere Beispiel, das ich anführen möchte, betrifft die Person von Georg Brandes, dem dänischen Schriftsteller und Literaturkritiker jüdischer Herkunft, der neben zahlreichen Büchern zur europäischen Literatur auch ein Buch über Polen verfasste. Ich will mich nicht mit der für die ruthenische Gruppe in Lemberg wenig rühmlichen Geschichte des Besuchs von Brandes in Lemberg Ende 1898 aufhalten, zu der Franko selbst beigetragen hat. Brandes selbst hat im Übrigen diesen Besuch in seinem Buch mit dem Titel Lemberg beschrieben. Ich möchte vielmehr auf ein interessantes Zitat aus Frankos Besprechung von Brandes Polen-Buch hinweisen. Diese Rezension erscheint am 25. März 1899 in der „Zeit“. Um Frankos psychologische Befindlichkeit zu jener Zeit – nach dem für ihn fatalen Jahr 1897 und dem Bruch mit der polnischen Gruppe (nach dem Artikel Ein Dichter des Verrats) und der ukrainischen Gruppe (nach dem Vorwort zur Sammlung Halyc’ki obrazky (Galizische Bilder)) – zu verstehen, scheint diese Besprechung außerordentlich wichtig, denn darin kommt Franko noch einmal darauf zurück, was er zu Beginn seines Artikels über Mickiewicz als einen Dichter des Verrats geäußert hatte, wenn er schreibt, dass diese Idee ganz und gar auf Brandes zurückgehe: „Nun ist aber in dem Buche an vielen Stellen sehr nachdrücklich die Vorliebe polnischer Romantiker für Verrathsmotive und sogar die Verherrlichung des Verraths in ihren Dichtungen hervorgehoben worden. Die Polen, welche ein Jahr vordem ein schreckliches Zetergeschrei gegen den Unterzeichneten wegen seines in der ‚Zeit‘ publizierten Artikels über das Verrathsmotiv bei Mickiewicz erhoben hatten, ließen sich von Brandes das Gleiche ruhig gefallen“14.

In der Tat hatte Brandes in seinem Buch über zwei Grundmotive der polnischen romantischen Literatur geschrieben: „Ausmalen von Grausamkeiten und Aussingen von Hoffnungen … Schilderung von Leiden, die in Rachegedanken ausmündet, und Schilderung von Leiden, die im Streben nach seelischer Entwickmenschenfreundliche Utopie geschrieben zu haben. Ich könnte mir auch einen leichteren literarischen Erfolg bereiten, wenn ich für Leser, die sich unterhalten wollen, diesen Plan in den gleichsam unverantwortlichen Vortrag eines Romans brächte. Aber das ist keine solche liebenswürdige Utopie, wie man sie vor und nach Thomas Morus so häufig producirt hat. Und ich glaube, die Lage der Juden in verschiedenen Ländern ist arg genug, um einleitende Tändeleien überflüssig zu machen“: Der Judenstaat. Wien/Leipzig 1896, 3f. 14 Ivan Franko, Georg Brandes: Polen. Einzig autorisierte Übersetzung aus dem Dänischen von Adele Neustädter Paris, Leipzig, München. Verlag von: Albert Langen.1898. In: Die Zeit, 25. 04. 1899, 190.

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Roman Mnich

lung und Läuterung ausmündet“.15 Wie wir sehen, hat Franko die Akzente völlig anders gesetzt, wovon auch Brandes schreibt, wenn er betont, dass „der Deutsche Ivan Franko ihn jeden Tag in der Presse attackiere und ihn für seinen Kampf mit den Polen ausnutze“16. Das dritte Beispiel für den jüdischen Diskurs bei Franko findet sich in seiner Abhandlung Iz sekretiv poetycˇnoji tvorcˇosti (Aus den Geheimnissen des dichterischen Schaffens), die 1898 und 1899 im Druck erschien. Auch der Text dieser Abhandlung ist bis heute nicht mit dem entsprechenden Kommentar versehen worden, meine Anmerkungen könnten den Franko-Forschern bei der Erstellung desselben behilflich sein. 1897 hatte der österreichischen Psychoanalytiker jüdischer Herkunft und Freud-Schüler, Isidor Isaak Sadger, in der Mai-Ausgabe der „Zeit“ die Abhandlung Seelentiefen veröffentlicht. Aus dieser Abhandlung hat Franko ganze Passagen wortwörtlich übernommen, übersetzt und in seinen Text eingefügt, ohne den eigentlichen Verfasser zu nennen. Dazu kommt, dass bei der Lektüre von Frankos Text der Eindruck entsteht, er hätte die Arbeiten von Max Dessoir oder Moritz Benedikt selbst gelesen und nicht aus dem Aufsatz von Sadger übernommen. Auch sämtliche Angaben zu Grillparzer hat Franko von Sadger übernommen. Zwar erwähnt Franko Sadgers Namen ein Mal, aber ohne jeglichen Kommentar. Am meisten aber verwundert bei dieser ganzen Geschichte, dass der Redakteur des 31. Bandes der Franko-Gesamtausgabe, in dem dieser Text erschienen ist, nicht auf diese Vorlage hinweist, den Namen „Sadger“ unkommentiert lässt und auch Moritz Benedikt mit einem nicht existenten Max Benedikt verwechselt17. Abschließend ist zum Problem des jüdischen Diskurses bei Franko festzustellen, dass seine einzelnen antisemitischen Schriften die Zusammenarbeit mit jüdischen Verlagen und Vertretern der zionistischen Bewegung überhaupt nicht beeinträchtigten: der ukrainische Autor schrieb weiterhin Texte zur jüdischen Problematik, kritisierte weiterhin die Kolonisation Galiziens durch die Juden, wie der Leitartikel lautete, den Franko für den „Kurjer Lwowski“ am 21. Juni 1891verfasste, korrespondierte mit jüdischen Kollegen und Vertretern jüdischer und zionistischer Institutionen, von den Mitarbeitern der Wiener „Zeit“ bis zu Nathan Birnbaum und Martin Buber am Beginn des 20. Jahrhunderts. Diese Tatsache zeugt einmal mehr davon, dass die Bedeutung des Begriffs „Antisemitismus“ zu jener Zeit sich fundamental von der Bedeutung, die der Begriff heute, nach dem Holocaust, hat, unterscheidet. Sehr interessant ist z. B. die „zionistische Episode“ in Frankos Biographie, der kurze Briefwechsel mit dem Chefredakteur 15 Georg Brandes, Polen. Paris-Leipzig-München 1898, 312. 16 Jerzy Brandes, Lwów. Lwów 1900, 32–33. 17 Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 31: Літературно-критичні праці (1897– 1899), Київ 1981, 526.

Ivan Franko und das Judentum

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der Wiener zionistischen Zeitschrift „Die Welt“, Saul Raphael Landau. Schon die Tatsache, dass Landau beabsichtigte, über Franko einen Artikel für eine andere Wiener Zeitschrift, „Die Waage“, zu schreiben, verdient Beachtung; er bat Franko aus diesem Grund um ein Foto. Zur gleichen Zeit schrieb Landau auch an Franko: „[Ich] erlaube mir Sie zu bitten […] für unsere Wochenschrift, das zentrale Organ der zionistischen Partei, einen Artikel über den Zionismus zu verfassen. Sie kennen doch die galizischen Juden so gut […] Ihre Meinung wäre für unsere Leser sehr interessant“18.

Eine solche Wertschätzung Frankos durch Landau wie auch das Angebot an ihn, einen Beitrag über den Zionismus zu verfassen, sprechen für sich. Es ist noch darauf hinzuweisen, dass die zionistische Zeitschrift „Die Welt“ 1897 von Theodor Herzl gegründet worden war, und Landau selbst in späteren Jahren Chefredakteur einer anderen jüdischen Zeitung, der „Neuen National-Zeitung“, wurde. Wir sehen also, dass die Geschichte des jüdischen Diskurses bei Franko voll von Widersprüchen, Polemik und Rätseln ist, deren mehr oder minder objektive Klärung erst noch zu leisten sein wird. Dies wird noch dadurch erschwert, dass man Franko selbst häufig für einen Juden hielt. So z. B. in dem für Franko fatalen Jahr 1897, als nach dem Erscheinen seines Beitrags Ein Dichter des Verrats in der Wiener „Zeit“ im Leitartikel der Krakauer Zeitung „Głos Narodu“ vom 09. 06. 1897 zu lesen war: „Dr. Franko, ein ruthenischer Jude und Moskophiler, ist die Verbindung von zwei besonders niederträchtigen, besonders widerwärtigen Faktoren: einer moskowitischen Seele, die mit jüdischem Scharfsinn gespickt ist“19. Aus dem Ukrainischen von Alois Woldan

18 Diese Briefe an Franko finden sich auf der Webseite des mit der Unterstützung von The American Council of Learned societies durchgeführten Projekts „Ivan Franko“: www.lnu. edu.ua/istoryky/franko-letters. Zwei Briefe Landaus haben die Signaturen 1626–0267 und 1626–0257. 19 „Dr Franko, ruski z˙yd-moskalofil, jest poła˛czeniem dwóch czynników najbardziej podłych, najbardziej wstre˛tnych. Moskiewska dusza zaprawiona semickim sprytem“ in: Głos Narodu, Kraków, 09. 06. 1897, 1.

Tamara Hundorova (Kiew)

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Die jüdische Thematik hat im Werk von Ivan Franko einen beträchtlichen Stellenwert. Aufgrund der nicht eindeutigen Gestaltung der konkreten Figuren lässt sich deren Grundtendenz mit einem Zitat aus Frankos Aufsatz Semitismus und Antisemitismus in Galizien (Semityzm i Antisemityzm w Galicji1) charakterisieren, in dem es heißt: „Keine Religion, keine Überzeugung, keine Rasse und keine Nationalität waren je Gegenstand unseres Hasses und werden es auch nie sein“2. Ungeachtet dessen wurden Frankos Einstellungen zu den Juden und seine Ansichten zu den ukrainisch-jüdischen Beziehungen schon zu Lebzeiten des Autors unterschiedlich, ja sogar völlig gegensätzlich wahrgenommen. Franko selbst gestand ein, er hätte sich „seitens einiger Juden die Vorwürfe des Antisemitismus und seitens einiger meiner Landsleute Vorwürfe des Philosemitismus eingeheimst“3. Derart gegensätzliche Bewertungen zeugen schließlich nicht so sehr von den Ansichten des Autors selbst, wie von den Einstellungen der Gesellschaft, in der er lebte, und sie verweisen auch auf die besondere Brisanz des Problems, welches auf unterschiedlichste Weise gelöst werden sollte. Es darf nicht übersehen werden, dass Franko in einer Zeit lebte, die für die Entwicklung des modernen Nationalismus, des ukrainischen wie auch des jüdischen, von zentraler Bedeutung war. In den Diskussionen, die um Alfred Nossigs Artikel Versuch einer Lösung der jüdischen Frage (Próba rozwia˛zania kwestii z˙ydowskiej), 1886 in der Krakauer Zeitschrift Przegła˛d Społeczny erschienen, entstanden, betonte Franko, deren wichtigstes Ergebnis bestehe darin, „dass man die Juden als eine eigene Nation anerkennt, welche sich auf eine spezifische Herkunft, ebensolche Traditionen, Lebensstil und eine davon abhängige Geisteshaltung, eine besondere Weltanschauung sowie einen besonde1 In: Przegła˛d Społeczny 1887, 3, 431–444. 2 Ivan Franko. Meine jüdischen Bekannten (1903), zit. nach: Roman Mnich, Ivan Franko im Kontext mit Theodor Herzl und Martin Buber. Konstanz 2012, 73. 3 „… стягнув на себе з боку деяких жидів закиди антиземітизму, а з боку деякіх своїх земляків закиди філоземітизму“, in: Іван Франко, Мозаїка. Із творів, що не ввійшли до Зібрання творів у 50 томах. Упорядники: З.Т. Франко, М.Г. Василенко. Львів 2002, 315.

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ren Charakter berufen kann“4. Franko verbindet also, wie daraus zu ersehen ist, die Grundlagen der jüdischen Nationalität mit der Tradition, dem Lebensstil sowie dem besonderen Selbstbewusstsein, wobei er vor allem die autonomen Züge hervorhebt, welche die jüdische sozio-kulturelle Identität von anderen Völkern unterscheiden. Hingegen greifen seine Konzeption der ukrainischen Nationalität und seine Theorie des Nationalismus auf die Beziehungen zwischen den einzelnen Nationalitäten und die Prinzipien des Zusammenlebens mit anderen nationalen Gruppen zurück, was in der galizischen Situation sich vor allem auf die Beziehungen der Ukrainer zu den Polen und Juden bezog. Hieraus resultiert eines der grundlegenden Postulate des Franko’schen Nationalismus – die These, „dass das Zugeständnis (an die Juden – T.H.) einer völligen Autonomie und Initiative bei allen inneren Reformen“ notwendigerweise auch „das Zugeständnis all dessen an die polnische und ukrainische Nationalität“ bedeute5. Eben diese Frage der interethnischen Wechselbeziehungen, verstanden als Bedingung einer nationalen und auch zivilen ukrainischen Gesellschaft, erhält in Frankos Verständnis des Judentums zentrale Bedeutung. Der besondere Charakter diese Konzeption entstammt der Idee der Assimilation. Franko unterstreicht, dass er Assimilation nicht so wie andere als eine religiöse Angelegenheit versteht. Im Gegenteil: „Wir sind überzeugt, dass die Assimilation einzelner Vertreter der jüdischen Intelligenz nicht auf dem Boden der religiösen Rechtgläubigkeit vor sich geht“6, wie er schreibt. Zugleich behauptet er, dass er unter Assimilation auch nicht „das Aufgehen ihrer (der Juden – T.H.) ganzen Masse in einer ihnen fremden Menschheit“7 verstehe. Unter „Assimilation“ versteht er eher eine säkulare, rationale, auf Wissenschaft, Erkenntnis der Natur und kritische Bewertung der Vergangenheit basierende Tätigkeit von Personen unterschiedlicher Nationalität im Rahmen eines bestimmten Landes, eine Arbeit „mit gemeinsamen, rein menschlichen, gesellschaftlichen und politischen Aufgaben“8. Das Thema der Assimilation, in dem sich ein Echo der Modernisierungstendenzen innerhalb der ukrainischen wie auch der jüdischen Gruppe findet, hat Franko sein ganzes Leben beschäftigt – er äußerte sich dazu schon in den 1880er Jahren, um diesem Thema dann in seinem Roman Wegkreuzungen

4 „… признання євреїв як окремої народності, опертої на їх окремим походженні, традиції, способі життя а залежним від усього того окремим складі духовним, окремим похляді на світ та окремим характері“, Ibidem, 314. 5 „… признання їм повної автономії та ініціативи у всіх внутрішніх реформах, розумієтся, з признанням усього того також для народностей польскої та руської“, Ibidem. 6 „Ми певні, що асиміляція інтелігентних єврейских одиниць не доконається на грунті релігійної правовірності“, Ibidem, 326. 7 „… зілляння цілої їх маси з людністью для них чужеплеменною“, Ibidem, 327. 8 „… у праці над спільними, чисто людськими залачами суспільними та політичними“, Ibidem.

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(Перехресні стежки, 1900) programmatische Ausrichtung im Rahmen seiner radikalen Theorie zu verleihen. Man darf nicht vergessen, dass das Thema der Assimilation um 1900 nicht nur für Franko aktuell war. In der polnischen Literatur jener Zeit wird in Artur Gruszeckis Roman Erwachen (Przebudzenie, 1914) und in Antoni Skrzyneckis Roman Fliegen. Bilder aus dem Tagebuch einer Spinne (Muchy. Obrazki z pamie˛tnika paja˛ka, 1900) das Thema der gescheiterten Assimilation ausführlich diskutiert, vor allem, wie Małgorzata Domagalska feststellt, „the modernization processes that were observable among the Jewish community bothered writers who were not partial to Jews“9. Weiterhin stellt die Verfasserin fest: „The assimilating Jew was portrayed in many works as a foe that should first be identified and then expelled. This was a necessary prerequisite for retaining national identity and protecting Polish assets“10. Dabei fällt auf, wie Semion Goldin schreibt, dass das polnische nationalistische Denken (wie bei Witold Ziemin´ski, Roman Dmowski oder Jan Ludwik Popławski) „completely rejected the Jews’ claim of being just another group on Polish territory that had to be dealt with“11. Der russischsprachige Diskurs (wie bei Vasilij Rozanov, Aleksej Suvorin, M. O. Men’sˇikov) betont ebenso wie der polnische nationalistische Diskurs jener Zeit die Rückständigkeit der Juden im Vergleich mit der westlichen Zivilisation und deren „östlichen“ Charakter, wie auch deren Kosmopolitismus, deren Nähe zum Sozialismus, deren Beschränkung auf die Interessen der eigenen nationalen Gruppe, was quasi eine Bedrohung für die polnische und russische Nation darstelle. „Both saw the Jews’ cosmopolitanism as the inverse side of their racially and culturally determined ‚foreignness‘“12, betont der Forscher. Die Verwandlung von „Fremden“ in „Eigene“ ist ein häufiges Thema in Frankos Werken. Dabei sind in seinen Ansichten von den Juden mehrere Aspekte zu unterscheiden. Erstens sind auch bei ihm Spuren jener Vorurteile gegen Juden zu finden, die bei den verschiedensten Völkern seit langer Zeit bestehen; dabei geht es um die Juden als solche, die als eine undifferenzierte Masse wahrgenommen werden. Von daher rühren Bezeichnungen wie „Jüdischer Wucher“, „Jüdisches Eigenlob“13, „zänkerische, faule (…) und schlampige Jüdinnen“14, so 9 Małgorzata Domagalska, „Looking for the Jew“. The image of Assimilated Jews in the Polish Anti-Semitic Novels at the turn of the 20th century, in: Alina Molisak, Shoshana Ronen (Eds.), Polish and Hebrew Literature and National Identity. Warsaw 2010, 129. 10 Ibidem. 11 Semion Goldin, Jews as cosmopolitans, foreigners, revolutionaries. Three images of the Jew in Polish and Russian nationalist ideology at the end of the nineteenth and early twentieth centuries, in: European Review of History – Revue européenne d’historie, 2010 (17), 3, 433. 12 Ibidem, 435. 13 „жидівська самохвальба“, aus der Erzählung Ans Licht! (До світла!), in: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 18: Повісті та оповідання (1888–1892). Київ 1978, 104.

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wie auch ambivalente und in großem Maß stereotype Bilder von Juden in Frankos Frühwerk. Zweitens nahm das jüdische Thema eine wichtige Stellung in seinen eigenen sozialistischen Konzeptionen ein, wo die Juden mit dem für das bäuerliche Leben gefährlichen Vordringen eines feindlichen Kapitalismus assoziiert werden; mehr noch, speziell die Juden werden als die eigentlichen Agenten eines wilden Kapitalismus in Galizien wahrgenommen. Drittens wird das jüdische Thema bei Franko zum Ursprung allgemein menschlicher Ideen, die sich auf die geistige und moralische Wiedergeburt sowie auf ein generelles Ideal der Menschlichkeit beziehen. Viertens gewinnt das jüdische Thema neue Bedeutung im Kontext von Frankos Überlegungen zum Nationalismus; dabei darf man nicht übersehen, dass der Autor das Hauptgewicht auf das Problem der Assimilation und der Mitbeteiligung der Juden an den Prozessen der Nationsbildung in der Ukraine legt. Insgesamt lässt sich eine Evolution des jüdischen Themas in Frankos Werk von verallgemeinernden Bildern einer jüdischen Masse hin zu individualisierten jüdischen Figuren, die in den modernen Identitätsdialog eingebunden sind, feststellen. Der Sozialist Franko ist besonders an den sozial-ökonomischen und materiellen Aspekten jüdischer Tätigkeit in Galizien interessiert, aber auch an aufklärerischen, idealistischen Aspekten des menschlichen Lebens, welches er rein auf dem jüdischen Charakter basieren lässt. Das alles ist die Quelle des volkstümlerischen Konzepts bei Franko, welches man generalisierend als die Idee einer nationalen Volksaufklärung mit besonderer Betonung der Rolle einer kritischen Intelligenz zur Verwirklichung gesellschaftlicher Ideale in der Ukraine charakterisieren kann. Diese Konzeption wurde zu verschiedenen Zeiten auf verschiedene Weise entfaltet, in den 1880er Jahren war sie sozialistisch eingefärbt, in den 1890er Jahren wurde sie mit radikalen Ideen angereichert. Immer jedoch nahm das jüdische Thema dabei eine hervorragende Stellung ein. Das Hauptaugenmerk dieser Ausführungen liegt auf dem moralischen und geistigen Aspekt der Darstellung des Judentums in Frankos Werken. Es wird versucht, die Wendepunkte in seinen Ansichten zu diesem Thema herauszuarbeiten, sowohl was die Auffassung der Juden als „Fremde“, als „Andere“ bzw. als assimilierte Bürger betrifft. In seinem Frühwerk nimmt Franko Anleihen bei Emile Zola und dem europäischen Naturalismus und entwickelt als einer der ersten unter den ukrainischen Autoren eine Schreibweise, die auf soziologische, bisweilen sogar statistische Analysen des realen Lebens zurückgreift. Auf eben solchen Angaben aus der sozialen Wirklichkeit Ostgaliziens beruhen seine frühen Boryslaver Erzäh14 „…кілька сварливих, лінивих і до крайності нехлюйних жидівок“, aus Boa constrictor, in: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 14: Повісті та оповідання (1875– 1878). Київ 1978, 373.

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lungen. Dabei folgt er den Prinzipien eines ästhetischen Realismus, der eine Annäherung von Literatur und Wissenschaft deklariert. So spricht er im Aufsatz Handhabe zur Statistik der Ukraine (Знадоби до статистики України, 1882) vom „Bedürfnis nach einer Statistik im Heimatland“15, und im Aufsatz Die Fabrik für Paraffin und Ceresin in Drohobycˇ (Фабрика парафину й церезину у Дрогобичі, 1880) beschreibt er mit aller Genauigkeit diese Fabrik, ihre Lage, die Art der Produktion, aber auch die Lebensbedingungen der Arbeiter in der erwähnten Fabrik, die sich im Besitz der Herren Gartenberg, Lauterbach und Goldhammer befand. In dieser 1863 gegründeten Fabrik waren für gewöhnlich ca. 300 Arbeiter beschäftigt. Franko macht statistische Angaben zu deren nationaler Zusammensetzung: „45 % Ukrainer, 30 % Polen (inklusive der Maschinisten und Beamten in den Kanzleien) und 25 % Juden“16. In seinem Frühwerk jedoch, in den Erzählungen aus der Sammlung Boryslav. Bilder aus dem Leben eines Volks im Vorgebirge (Борислав. Картини з життя підгірського народу, 1877) konzentriert Franko sein Augenmerk auf die ukrainischen Bauern und leitet den zentralen Konflikt aus der unvermeidbaren Zerstörung der traditionellen bäuerlichen Lebensform der Ruthenen durch die neuen kapitalistischen Entwicklungen ab. Der Einzug des Kapitalismus führt zur moralischen und physischen Degeneration ganzer Volksmassen, er „saugt der Länge und Breite nach alle Nachbardörfer aus, verschlingt die junge Generation, die Wälder, die Zeit, die Gesundheit und die Moral ganzer Gemeinden, ganzer Massen“17. Als Agenten der kapitalistischen Attacke treten in diesen Skizzen und Erzählungen die Juden auf, die die Gründe auf dem Dorf aufkaufen und dort mit der Erdölförderung beginnen. Die Stories dieser Erzählungen kreisen um den Gegensatz von „ländlicher Seele“ und der sog. „Boryslaver Zivilisation“. Diese hat auf die einstigen „guten, arbeitssamen und offenen Seelen“ – wie z. B. auf die Protagonisten Ivan und Fruzja in der Erzählung Der Steiger (Ріпник, 1877), den Arbeiter Hryn’ in Bei der Arbeit (На роботі, 1877), oder auf den Bauern Ivan Pivtorak in Der bekehrte Sünder (Навернений грішник, 1877) einen geistig und physisch zerstörerischen Einfluss. Nur wenige von den Bauern, die als Lohnarbeiter nach Boryslav gegangen sind, schaffen es zurück in ihr Dorf, zu ihrer Arbeit, wie z. B. der Steiger Ivan – „um zu arbeiten, aber nicht die Boryslaver

15 „потреба статистики рідного краю“, in: Іван Франко, Зібрання творів у п′ятдесяти томах. Т. 44, кн. 1: Економічні праці (1878–1887). Київ 1984, 618. 16 „українців 45 %, поляків 30 % (враховуючи машиністів і персонал канцелярії), а євреїв 25 %“, Ibidem, 60. 17 „Борислав висисає вздовж і вшир всі сусідні села, – пожирає молоде покоління, ліси, час, здоров′я і моральність цілих громад, цілих масс“, aus: Boryslav. Bilder aus dem Leben des Volkes im Vorgebirge. Einleitung, in: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 14, 276.

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Arbeit zu verrichten“18. In der Erzählung Bei der Arbeit ist die feindselige Haltung nicht nur gegen das „fremde“ Boryslav, den Sündenpfuhl, sondern gegen die Ausbeuter gerichtet. Das sind vor allem die Juden, die entweder die Besitzer der Gruben oder als Aufseher, Kassierer und Vertrauensmänner tätig sind. Sie werden vor allen anderen als die Agenten der Demoralisierung in Boryslav dargestellt. So spricht der Erzähler in Der bekehrte Sünder davon, wie sich die entehrte Erde rächt. Diese ist durch Generationen im Besitz der ukrainischen Familie Pivtorak, bis diese ihren Grund und Boden verkauft, die Landwirtschaft vernachlässigt und selbst eine Ölgrube anlegt. Das führt zum Tod der Söhne der Familie und zum Verlust des Bodens, den die Juden aufkaufen; das Glück beim Finden des Öls ist auf Seiten dieser Neuankömmlinge, die weder einen Bezug zu dieser Erde noch zu einer bestimmten Familie haben und die über genug Geld verfügen, um Arbeiter anzustellen und die Förderung zu organisieren. So sind in dem frühen Zyklus Boryslav. Bilder aus dem Leben eines Volks im Vorgebirge die Juden primär als Fremde und Aggressoren dargestellt, als eine Masse, die den Ansturm einer neuen feindlichen Welt auf das dörfliche Vorgebirgsland verkörpert. Dabei kreiert Franko, ausgehend von sozialistischen und aufklärerischen Ideen, Typen jüdischer Ausbeuter, indem er traditionelle Vorurteile und Stereotypen, die in den langen Jahren des Zusammenlebens von Juden und anderen Völkern entstanden sind, benutzt. Mehr noch, er zeigt die Juden als Ungeheuer, betont ihre Neigung zu Verbrechen, zum Betrug und zur Täuschung. Eine neue Richtung erhält dieses Thema bereits im Roman Boa constrictor (1878). Nun werden zum ersten Mal auch die Juden in die Kategorie „Menschlichkeit“ integriert. Ausführlich beschreibt der Erzähler das Viertel Lan, wo die armen Juden leben, spricht vom moralischen „Fluch der Not“ („der Fluch, der die guten und wertvollen Anlagen der Seele im Keim erstickt“19) und verlagert die Schuld von konkreten Menschen – welcher Nationalität auch immer – auf das soziale Milieu und auf angeborene Instinkte. Dazu betont er die allgemeinmenschlichen Züge in den geschilderten jüdischen Figuren – die Mutterliebe, die der kleine Herman erfährt, „das wirklich offene und freundliche“ Gesicht seines Beistands, des alten Icyk Sˇubert. Herman Gol’dkremers Frau Ryfka und sein Sohn Gotlib hingegen zeigen, zu welcher physischen Degeneration das Fehlen von Arbeit und ein unnatürlicher Lebensstil den Menschen (und den Juden besonders) führt. Den eigentlichen Akzent aber legt Franko auf den Protagonisten Herman Gol’dkremer, indem er den Kampf zwischen Raffgier und Ge18 „…працювати, та не бориславськую роботою“, aus: Der Steiger (Ріпник), in: Франко, Зібрання творів, т. 14, 290. 19 „…прокляттям заглушення в першім зароді хороших і добрих способностей душі“, in: Франко, Зібрання творів, т. 14, 372.

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wissen in dessen Innerstem zeigt. Die Moral wird zu jenem Heilmittel, mit dem Franko die vom Kapitalismus deformierte Gesellschaft gesunden lassen will. Der von seiner Besitzgier besessene Herman sieht sich als den Herrn über sein Glück und vergleicht sich mit einem Gott („in diesem Augenblick war er tatsächlich in seinen Augen der Herr, ein allgewaltiger Herrscher, dem man gehorcht, vor dem nicht nur das ganze Volk, sondern auch die Natur erbebt“20). Doch die Erinnerung und die Reflexion tun das ihre, es kommt zu einem kritischen Punkt, da Herman sich von einem „praktischen“ zu einem „grüblerischen“ Menschen wandelt. Die Erschütterung und die Angst vor dem Tod eröffnen ihm eine neue Sicht – und Herman sieht mit einem Schlag die Welt ganz neu und wundert sich: „weshalb rühren ihn nun die dunklen, ausgezehrten und ausgehungerten Gesichter der Grubenarbeiter bis ins Innerste, die ihm sonst überhaupt nicht aufgefallen sind? Weshalb interessiert ihn nun die verschlissene, vermoderte und verschmierte Kleidung der Arbeiter viel mehr als die Brocken von Erdwachs, die diese aus den Gruben heraufbefördern?“21 So zwingt Franko seinen Helden, den jüdischen Unternehmer, nicht ohne melodramatische Effekte, die Arbeiter als Menschen zu betrachten, und diese neue Optik ist bezeichnend. Noch wichtiger ist, dass Franko beginnt, die Juden nicht mehr als „fremd“, sondern als „anders“ zu zeigen. In der Erzählung Im Abgrund (На дні, 1880) lässt er seinen Helden, dieses Mal einen ukrainischen Intellektuellen, Andrij Temera, seinen Mithäftling, einen jüdischen Arbeiter, betrachten. „Andrij blickte in das ausgemergelte, ausgetrocknete Gesicht des Juden“ – „ein tiefes Gurgeln aus dessen Brust wies darauf hin, dass dieser Mensch nicht mehr lang zu leben hatte, und seine ganze Erscheinung ließ mehr als deutlich darauf schließen, dass das Leben dieses Menschen kein Leben, sondern ein ewiges Leiden und Vegetieren gewesen war“22, wie der Erzähler bemerkt. Diese veränderte Optik von der soziologischen hin zu einer persönlichen Perspektive ist sicherlich symptomatisch. Franko spricht vom Zusammentreffen mit dem Juden als dem „Anderen“ – ein Treffen, das aus der Verwurzelung im eigenen Leben herauslöst und zu dessen Überdenken anregt, also das, was die Philosophen des 20. Jahrhunderts Martin Buber und Emmanuel Levinas be20 „Він справді в ту хвілью був в своїх очах паном, царем многовладним, котрого слухає, перед котрим кориться не тільки весь сей народ, але і сама природа“, Ibidem, 419. 21 „Чому, напримір, худі, нужденні, чорні диця ріпників, працюючих коло ям, нині так глибоко щеміли в його серці, а звичайно навіть уваги його не звертали на себе? Чому їх порвана, перегнила, зароплена одежа нині обходила його далеко більше, ніж груди воску, котрі вони раз за разом витягали з ям?“, Ibidem, 408f. 22 „Андрій погдядів на нужленне сухе лице жида . . . Тяжке храпіння в груді віщувало, що сьому чоловікові недовго же жити на світі, а вся його постать аж надто голосно говорило, що й минуле його життя було не життя, а вічне нидіння та бідування“, in: Іван Франко, Зібрання творів у п′ятдесяти томах. Т. 15: Повісті та оповідання (1878–1882). Київ 1978, 118.

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schäftigen wird. Diese Begegnung mit dem „Anderen“ wird in der Erzählung Im Abgrund entfaltet, wo der Autor eine ganze Reihe von Proletariern skizziert, darunter auch einen jüdischen Proletarier. Hier im Gefängnis versammelt Franko die Vertreter verschiedener Nationalitäten und Klassen – einen Bauern, einen Grubenarbeiter, einen Angehörigen der Intelligenz, einen stadtbekannten Räuber, einen jüdischen Ölarbeiter und einen dickbäuchigen Adeligen, um das Ausmaß des Verfalls der menschlichen Natur und zugleich das Ideal allgemeinmenschlicher Gefühle und deren Rolle bei der Veränderung der Gesellschaft zu zeigen. Unter all denen, die in der Zelle sind, zeigt ein alter Ruthene auf den Juden: „Wir beide sind gute Bekannte“, sagt dieser Vermittler zwischen den Welten, „dieser arme Kerl hat mit mir jahrelang in Boryslav die Kurbel am Aufzug gedreht“23. Er nennt den Juden noch dazu eine „weite Seele“, ein „goldenes Herz“ und bezeichnet ihn als „leiblichen Bruder“24. Als Grund für eine solche Beurteilung dient das Kriterium der Assimilation: der jüdische Ölarbeiter ist, wie der Erzähler sagt, „inmitten der Unsrigen aufgewachsen, hat Not gelitten, von klein auf gearbeitet, so wie einer von uns, und auch jetzt, hätte er nicht diesen Bart, diese Pejes und diesen Kaftan, so würde von seinem Charakter her niemand sagen, dass er ein Jude ist!“25. Später zeigt Franko in der Erzählung Wie Jura Sˇykmanjuk den Cˇeremos durchquerte (Як Юра Шикманюк брів Черемош, 1906) noch einmal ein solches Zusammentreffen mit dem „Anderen“ – dieses Mal als Möglichkeit, den sozialen Antagonismus zwischen dem Huzulen Jura und seinem Feind Mosˇko aufzuheben. Für Mosˇko besteht der Anlass zur Verständigung in einer eschatologischen Angst – der Furcht vor dem Tod und der Befürchtung, keinen Menschen mehr zu treffen, der vom Psalter beseelt wäre. Für den Huzulen Jura Sˇykmanjuk, der unterwegs ist, um Mosˇko zu töten, gibt ein gefangener Fisch, der zugleich als Symbol des Glaubens wie auch als Zeichen des Besitzes dient, dazu Anlass. Die besondere Rolle des Themas der jüdischen Assimilation für die Konzeption des Volkstümlerischen bei Franko ist nicht zu unterschätzen. In der Erzählung Zum Licht. Erzählung eines Arretierten (До світла! Оповідання арештанта, 1890) führt Franko seine Leser wieder ins Gefängnis, das den tiefsten Abgrund in der gesellschaftlichen Hierarchie symbolisiert. Dort erzählt der polnische Herr Zˇurkovs’kyj seine Geschichte vom jüdischen Jungen Jos’ko. Ganz im Sinn der volkstümlerischen Auffassung von der guten menschlichen Natur und dem Übel in den sozialen Verhältnissen, die dieses Gute vernichten, 23 „Ми оба добре ся знаємо, – тяг, неборачисько, зо мною корбу в Бориславі довгі роки“, Ibidem. 24 „Щира то душа… золоте серце… рідний брат“, Ibidem. 25 „От, звичайне, зріс межи нашими людьми, бідував, працював сам відмалу так, як наш чоловік, то тепер, якби не та борода, не пейси та не тота бекеща, то по єго натурі ніхто би не сказав, що то жид!“, Ibidem.

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unterstreicht Franko die kindlich-reine Natur des Jos’ko. Ungeachtet aller erlebter Armut strebt dieser nach dem Guten und nach Erkenntnis. Nachdem Zˇurkovs’kyj dem Jungen das Lesen beigebracht hat, verbringt dieser ganze Tage hinter Büchern, bis dass ein tragisches Missverständnis – ein Wächter schießt nach dem Gefängnisfenster – seinem Leben ein vorzeitiges Ende setzt. Diese Erzählung wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts sehr populär, sie diente in sozialistischen Kreisen zu didaktischen Zwecken. In Russland wurde sie mehr als zehnmal neu aufgelegt. Die Aussage Zˇurkovs’kyjs in Bezug auf das zukünftige Schicksal Jos’kos: „Aus diesem Knaben werden Menschen (…) Er soll nur arbeiten, es werden sich schon welche finden, die ihm helfen“26 vermag die volkstümlerische Ideologie des ganzen Texts gut zu illustrieren. Wie zeigt Franko die Begegnung mit dem „Anderen“? Zunächst führt er einen Erzähler ein, eine sympathische Figur mit autobiographischen Zügen (er ist jung, offenherzig, im Sinn des Bürgertums erzogen, aufgeklärt, hat ein Handwerk gelernt), und steckt diesen zusammen mit dem polnischen Herrn und dem jüdischen Knaben Jos’ko Sˇtern in eine Zelle. Von seinem Äußeren ist Jos’ko ein typischer Jude – „rothaarig, mit Pejes, die Nase gekrümmt, wie bei einem alten Habicht, die Gestalt geduckt, wenn auch für sein Alter nicht zum Nachteil, gut gewachsen“27. Er erinnert allerdings wenig an einen Juden, was der Erzähler auch betont: „eine jüdische Gestalt, fast abstoßend, aber in seinem Wesen war nichts Jüdisches, nicht eine Spur davon zu finden (…) Es war etwas so Natürliches, Bäuerliches in seinem Benehmen“28. Jos’ko ist ein Waisenkind, das von einer jüdischen Familie angenommen wurde, aber er ist vorwiegend unter der ländlichen Bevölkerung aufgewachsen, die ihn für das Leben vorbereitet hat. So ist Jos’ko auch äußert begabt für ein Handwerk, und noch dazu ein Meister, wenn es ums Märchenerzählen geht. Im Gefängnis bringt ihm Zˇurkovs’kyj das Lesen bei, und schon eine Woche später liest Jos’ko flüssig. Von der verirrten Kugel getroffen, fällt er und „drückt mit beiden Händen das Buch an seine Brust, als wollte er damit die tödliche Wunde verschließen“29. Im Hintergrund dieser Geschichte vom vollständig assimilierten Juden zeichnet Franko allerdings das typische Bild eines jüdischen Pächters, Mosˇko 26 „З сього хлопця будуть люди, …. Нехай тільки працує, а вже найдуться такі, що йому поможуть“, in: Іван Франко, Зібрання творів у п′ятдесяти томах. Т. 18, 470. 27 „Рудий, з пейсами, ніс вигнутий, як у старого яструба, постава скорчена, хоть на свої літа совсім не марна, і доброго росту“, Іbidem, 104. 28 „Постать наскрізь жидівська, аж відразлива, а в натурі його бачилось, що нічого, ані крихітки, нема жидівського. … Було щось таке натуральне, хлопське в цілій його поведінці“, Ibidem. 29 „… притискаючи книжку обома руками до грудей, немовби хотів нею заткати смертельну рану“, Ibidem, 117 .

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und seiner Familie, in der Jos’ko aufwächst, die über sein Erbe verfügt, den Jungen erniedrigt, für seine Beziehungen zu den „Gojim“ bestraft, ihm das Lernen verbietet und ihn zu guter Letzt ins Gefängnis bringt. So wird die Ambivalenz bei der Gestaltung jüdischer Figuren sichtbar, die zum einen in deren Idealisierung besteht – dafür wurde Franko von der nationalistischen Presse kritisiert, welche in diesem Zusammenhang Herman Gol’dkremer aus Boa constrictor und Jos’ko aus Ans Licht anführte. Zum anderen äußert sich diese Ambivalenz in der Fortführung der bekannten Tradition einer negativen Darstellung jüdischer Figuren als typische Vertreter nationaler Gruppen oder sozialer Schichten. Es ist darauf hinzuweisen, dass diese Art der Darstellung den generellen Vorstellungen von der Rolle der Juden in der Gesellschaft im 19. Jahrhundert entspricht und auf essentialistischen Zuschreibungen beruht. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg und vor allem dem Holocaust beginnt man, nach Meinung der einschlägigen Forschung, den Juden in der Kategorie des individuellen Seins-für-den-Anderen wahrzunehmen. Jean Paul Sarte führte aus: „the Jew has personality like the rest of us, and on the top of that he is Jewish. It amounts in a sense to a doubling of the fundamental relationship with the Other“.30 Ohne die Frage nach den heiklen ukrainisch-jüdischen Beziehungen auszuklammern, richtet Franko seine Aufmerksamkeit nicht nur auf den Juden als eigenständiges Individuum, sondern geht noch einen Schritt weiter – er personifiziert in ihm die Idee der Menschlichkeit selbst, verstanden als die Summe des moralischen und humanen Bewusstseins der gesamten Menschheit. Das darf man nicht übersehen, weil die rassistischen Theorien die Juden als „a negative principle, the world-destructive principle or the ‚anti-race‘“ verstanden haben. „Thus Jews were excluded from universal ‚humanity‘“31. Am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts fanden in der Ukraine und ebenso in Galizien Prozesse der Nationsbildung statt, wo man auch die Frage nach dem Verhältnis der Eliten zu den Massen, die Rolle der nationalen Intelligenz, der Parteien und Institutionen des Wahlrechts, aber auch die Beziehungen zwischen den Nationen, Klassen und Geschlechtern diskutierte. Ein säkularisiertes Bewusstsein überlagerte die soziale und ökonomische Transformation; der Zusammenbruch der traditionellen feudalen Gesellschaftsordnung mit ihrem Gewohnheitsrecht sowie ihren moralischen und religiösen Prinzipien komplizierte die Herausbildung eines bürgerlichen und nationalen Bewusstseins. Die jüdische Frage wurde Teil eines generellen Modernisierungsprojekts in der Ukraine.

30 Jean-Paul Sartre, Anti-Semite and Jew. New York, 1948, 79. 31 Amos Morris-Reich, The „Negative Jew“ and Individuality, in: The Jewish Quarterly Review, 2000, 97 (1), 124.

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In Frankos Roman Wegkreuzungen (Перехресні стежки, 1900), dessen Titel auf die Überschneidung von menschlichen, ständischen und nationalen Beziehungen anspielt und der als programmatischer Text für die radikale Bewegung am Beginn eines neuen Jahrhunderts gelten kann, kommt der Autor einmal mehr auf das Problem der jüdischen Selbstdefinition zurück. Zentrale Begriffe werden von einem orthodoxen Juden, Vahman, ehemals Geldverleiher, nun geheimer Anwalt der Ruthenen vom Lande, in seinem Gespräch mit dem Bürgermeister, einem assimilierten Juden, vorgebracht. Vahman kritisiert sowohl das traditionelle Judentum, wie auch dessen assimilierte Schicht. Bei den jüdischen Traditionalisten, meint er, wäre „die Religion Ersatz gewesen für alles“, denn „wo immer diese wohnen, unter welchen Menschen und Bedingungen“, hätten „sie sich kaum darum gekümmert“32. Mit anderen Worten, diese Juden fühlten sich nicht „als Bürger dieses Landes“. Zugleich hat Vahman auch Vorbehalte gegen die assimilierten Juden. „Die Assimilation hat bei Ihnen damit angefangen, dass Sie aus Ihrem Herzen jeglichen Rest jenes Gemeinsinns verbannt haben, der einst die Stärke unserer Nation war“33, wirft er dem Bürgermeister vor. Vahman ist Gegner einer völligen Assimilation – eine völlige Absage an das Judentum und die Suche nach einem anderen Vaterland führten, davon ist er überzeugt, nicht zur Harmonie, sondern eher zum Untergang der Nation. Wenn auch zu gleicher Zeit die „Assimilanten“ jene „Goldmünzen sind, welche die jüdische Nation in den Brunnen wirft, aus dem sie trinken und sich regenerieren muss“ – ein Zugeständnis an die Völker und Länder, „welche in schweren Stunden uns Schutz und Zuflucht gewährt haben“34. Insgesamt lässt Franko seinen Helden Vahman, eine, wie George Grabowicz zu Recht bemerkt, melodramatische Figur35, die neue Mission des assimilierten Judentums in den neuen Zeiten formulieren – ein „Mittler zwischen uns (den Juden – T.H.) und jenen Nationen zu sein, die uns aufgenommen haben“36. Wie es scheint, dient das Melodramatische dabei als Mittel, um das volkstümlerische Anliegen des Romans in emotionaler und humaner Weise zum Ausdruck zu bringen. Der ganze publizistische Traktat, den Vahman verkündet, entspricht zweifellos den Ansichten Frankos und hat didaktischen und ideologischen Charakter. Zum ersten betont Vahman die Notwendigkeit einer Assimilation nicht an die 32 „Уних релігія застурила все. … А де вони жиють, у якім краю, серед якіх людей і порядків, се їх мало обходить“, in: Франко, Зібрання творів у п′ятдесяти томах. Т. 20: Повісті та оповідання (1896–1900). Київ 1979, 388. 33 „Ви почали асиміляцію від того, що викинули з серця всяку решту того громадського смислу, якім колись сильна була наша нація“, Ibidem, 389. 34 „… тою золотою монетою, яку жидівська нація кидає в джерело, відки їй довелось пити та освіжитись“, Ibidem, 390. 35 Григорій Грабович, До історії української літератури. Київ 2003, 230. 36 „Ви посередники між нами і тими націями, що приняли нас“, in: Франко, Зібрання творів у п′ятдесяти томах. Т. 20, 391.

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„Stärkeren“, wie das bislang geschah, sondern an die „schwächeren, unterdrückten, benachteiligten und armen Nationen“37. Zum zweiten formuliert er die Bedingungen für ein öffentliches und bürgerliches Leben in einer modernen, säkularen Gesellschaft, denen zufolge „kein Jude weder polnischer noch ruthenischer Patriot sein kann und darf“, sondern „man Jude sein und das Land lieben kann, in dem man zur Welt gekommen ist, und dessen Volk, auch wenn es kein verwandtes ist, Nutzen bringen kann oder ihm zumindest keinen Schaden zufügen darf, und trotzdem auf das Engste in allen Erinnerungen mit unserem Leben verbunden sein kann“38. Zum dritten schließlich bringt eine solche Einstellung in den Augen Vahmans den Juden selbst, einem Teil der Gesellschaft, Nutzen, denn es beseitigt die Antipathie jener Völker, unter denen die Juden leben, und begünstigt die Herausbildung einer eigenen nationalen Kultur. Vahman selbst will unbedingt dem ruthenischen Anwalt helfen, eine Volksvertretung zu organisieren, er enthüllt die Machinationen der Beamten, hilft den Bauern ihre Gründe und die adeligen Außenbesitzungen aufzukaufen. Das ganze Programm der Assimilation ist demzufolge bei Franko kein absoluter Wert an sich, sondern ein Mittel der Modernisierung und des zivilisatorischen Fortschritts. Frankos Einstellung zur Assimilation spiegelt die Diskussionen um diese Form des internationalen Zusammenlebens von Juden und anderen Völker wider. Nicht von ungefähr hat Vladimir Zˇabotinskij um diese Zeit zur „Abgrenzung“ der assimilierten russifizierten Juden aufgerufen und spricht sogar von einer doppelten Seele des assimilierten Juden: „Bei der ersten wichtigen Herausforderung erweist sich der assimilierte Jude als ein ebenso schlechtes ‚Assimilat‘, wie er auch ein schlechter Jude ist“.39 Dabei darf man aber die Perspektive nicht aus dem Auge verlieren: Franko hat die Rolle der Juden in der „a-historischen“ ukrainischen Nation im Auge, Zˇabotinskij die Abgrenzung und die Notwendigkeit einer eigenständigen Kultur für die Juden, die sich an eine imperiale russische Gesellschaft assimilieren. „Werden wir den Weg der österreichischen Assimilatoren beschreiten, welche ihre Nationalität mit jeder neuen Konstellation der politischen Kräfte wechseln? Oder, gehen wir vielleicht einen dritten Weg, lassen wir die Russen – Russen sein, die Polen – Polen, und errichten wir unsere eigenen Leuchttürme?“40

37 „… з націями слабими, пригнобленими, кривдженими та вбогими“, Ibidem, 391. 38 „… жаден жид не може і не повинен бути ані польським, ані руським патріотом. … можна бути жидом і любити той край, де ми родились, і бути пожиточним, або бодай не шкідливим для того народу, що, хоч не рідний нам, все-таки тісно зв′язаний з усими споминами нашого життя“, Ibidem, 392. 39 Владимир Жаботинский, Фельетоны. С.-Петербург 1913, 255. 40 Ibidem, 263.

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fragt Zˇabotinskij rhetorisch. „Warum gibt es keine Juden-Slowaken, JudenRuthenen?“ fragt Franko seinerseits. Alles in allem beweist die Evolution von Frankos Ansichten zur Stellung der Juden in der ukrainischen Gesellschaft um 1900 – vom „fremden“, „anderen“, „assimilierten“ bis zum national bewussten Juden – die intellektuelle Qualität der Diskussionen um das Thema des Judentums im modernen ukrainischen Selbstbewusstsein. Und man kann mit Sicherheit behaupten, dass Franko, ungeachtet dessen, was man nationalen Egoismus nennt, als Künstler, Übersetzer, Denker und schließlich als Persönlichkeit bestrebt war, Brücken der Verständigung zwischen den beiden Nationen zu bauen. Aus dem Ukrainischen von Alois Woldan

Mychajlo Hnatjuk (L’viv)

Ivan Franko und das galizische Judentum. Literarischer und publizistischer Kontext

Das Thema „Ivan Franko und das Judentum“ ist wohl das meist erforschte Thema in der ukrainischen Geisteswissenschaft. Auch wenn in einem totalitären Staat das Thema inoffiziell tabuisiert war, wurden einzelne Fragen überwiegend im literaturwissenschaftlichen Kontext behandelt. In den letzten Jahren ist eine Reihe von ernsthaften Studien erschienen, die das Thema des Judentums im Werk von Ivan Franko auf einer breiten faktischen Basis analysieren. Angefangen mit der gründlichen Studie von Professor Kudrjavcev „Das Judentum, die Juden und die jüdische Sache im Werk von Ivan Franko“1 bis zu den jüngsten Beiträgen von Jaroslav Hrycak2 und George Grabowicz3 sowie Asher Wilcher4, wie die Chronologie der einschlägigen Untersuchungen zeigt. Eine Reihe von wichtigen Fragen aus dem Problemkreis „Ivan Franko und das Judentum in Galizien“ wurden in Beiträgen von Mychajlo Hnatjuk angesprochen.5 Zu erwähnen sind auch die etwas früheren Beiträge von R. Kyrcˇiv6 und A. Skoc’7,

1 Кудрявцев П. Єврейство, євреї та єврейська справа у творах Івана Франка. Збірник праць єврейської історико-археографічної комісії ВУАН. Київ, 1927, т. 2., 1–81. 2 Грицак Я. Іван Франко та його євреї, in: Грицак Я., Пророк у своїй Вітчизні. Іван Франко і його спільнота. Київ: Критика, 2006, 337–363. 3 Грабович Г. Єврейська тема в українській літературі ХІХ – поч. ХХ ст., in: Грабович Г. До історії української літератури. Київ: Основи, 1997, 238–258. 4 Wilcher Asher. Ivan Franko and Theodor Herzl: to the Genesis of Franko’s „Mojsej“, in: Harvаrd Ukrainian Studies, 1982, 6, 233–243. 5 Гнатюк М. Іван Франко і деякі проблеми життя єврейської людності в Галичині, in: Українське літературознавство. Львів, 1993. Вип. 58 „Іван Франко. Статті і матеріали“, 78–86; Гнатюк М. Стаття І. Франка „Семітизм і антисемітизм у Галичині“, in: Українське літературознавство. Львів, 2001. Вип. 64 „Іван Франко. Статті і матеріали“, 126–130; Hnatiuk M. Ukrain´sko-z˙ydowskie stosunki kulturalne w Galicji: koncept Iwana Franki, in: Pogranicze kulturowe (odre˛bnos´c´-wymiana-przenikanie-dialog). Rzeszów, 2009, 63–74. 6 Кирчів Р. „Жидівські мелодії“ Івана Франка, in: Українське літературознавство. Львів, 1969. Вип. 7 „Іван Франко. Статті і матеріали“, 107–112. 7 Скоць А. Поема І. Франка „Сурка“, in: Українське літературознавство, 1981. Вип. 36 „Іван Франко. Статті і матеріали“, 74–82.

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Mychajlo Hnatjuk

in denen das jüdische Thema in literarischen Werken von Ivan Franko behandelt wurde. In der letzten Zeit wurden in Vergessenheit geratene Arbeiten von Franko wie „Meine jüdischen Bekannten“8 und die frühe narrative Dichtung „Die Reise des Sˇvindeles Parchenblyt aus dem Dorf Derychlopy nach Amerika und zurück“9 neu zugänglich gemacht. Alle wichtigen Fakten findet man im Kapitel „Franko und seine Juden“ in J. Hrycaks Buch „Der Prophet in seinem Vaterland. Franko und seine Gemeinschaft“10. Es gibt in der ukrainischen Literatur zweifellos keinen anderen Schriftsteller, der sich mit dem Thema des Judentums so intensiv beschäftigt hatte, wie Franko. Dies könnte man vor allem dadurch erklären, dass Franko von seiner Kindheit an unter Juden lebte, und sowohl während seiner Zeit am Gymnasium als auch an der Universität mit gebildeten Juden Umgang pflegte. Schließlich hatte er gute Bekannte und Freunde in intellektuellen jüdischen Kreisen in Wien, Lemberg, Drohobycˇ und sonstigen Städten Galiziens und Europas. Ivan Franko kannte wie kaum ein anderer die Geschichte der jahrhundertelangen jüdischen Kultur in Galizien. Es lässt sich eine bestimmte Entwicklung des jüdischen Themas bei Franko verfolgen. Die erste Phase der Auseinandersetzung damit fällt in die 1870–1880er Jahre. Noch während seiner Schulzeit in Drohobycˇ unter jüdischen und polnischen Kindern lernte der spätere Schriftsteller das Leben und die Bräuche der galizischen Juden kennen. Dies hat seine Spuren in den späteren Erinnerungen „Meine jüdischen Bekannten“ von 1903 hinterlassen, die im Auftrag eines Verlegers aus Wien, Martin Buber, verfasst wurden. Es war der Redakteur der Wiener Zeitschrift „Der Jude. Revue der jüdischen Moderne“, der dem ukrainischen Schriftsteller vorschlug, für seine Zeitschrift einen Beitrag zum Thema „Juden in Galizien“ zu verfassen. Stattdessen bot Franko den Erinnerungsbeitrag „Meine jüdischen Bekannten“ an. Martin Buber schrieb in seinem Brief an Franko: „Sehr geehrter Herr Doktor, für Ihre liebenswürdige Zusage, die uns höchst erfreut hat, bedanken wir uns sehr. Der angekündigte Beitrag ist für uns äußerst wünschenswert. Jedoch würde ich Sie fragen, ob dem Thema nicht eher eine Reihe von Essays als eine komplette Erzählung entsprechen würde. Uns wäre das Erstere auch lieber, da wir dies neben Erzählungen veröffentlichen könnten, die bereits in früheren Heften erschienen

8 Ivan Franko, Meine jüdischen Bekannten, in: Roman Mnich, Ivan Franko im Kontext mit Theodor Herzl und Martin Buber. Konstanz, Hartung-Gorre Verlag 2012, 72–81. Франко І. Мої знайомі жиди, in: Франко І. Мозаїка. Львів: Каменяр, 2001, 335–348. 9 Франко І. Швинделеса Пархенбліта вандрівка з села дери хлопи до Америки і назад, in: Нове зеркало, 1884, 15 (27) грудня. 10 Грицак Я. Іван Франко та його євреї, in: Грицак Я. Пророк у своїй Вітчизні. Іван Франко і його спільнота. Київ: Критика, 2006.

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sind, dagegen im letzteren Fall müsste man das Ende abwarten. Allerdings liegt die Entscheidung selbstverständlich ganz bei Ihnen. Hochachtungsvoll, Martin Buber“11

Leider wurde der von Ivan Franko angebotene Beitrag aus unbekannten Gründen nicht veröffentlicht. Dieser erschien erst in ukrainischer Übersetzung von Mychajlo Voznjak in der Zeitschrift „Dilo“ (1936, Nr. 117–119). Die Erinnerungen „Meine jüdischen Bekannten“ sind voller Sympathie für jene jüdische Jungen, die sich am Gymnasium, wo man zu dieser Zeit von der deutschen zur polnischen Unterrichtssprache übergegangen war, auch für Ruthenisch (Ukrainisch) angemeldet hatten, „doch brachten sie es in diesem Studium gewöhnlich nicht weit und verließen es nach einem oder zwei Semestern, wohl hauptsächlich wegen der geistlosen und nachlässigen Vortragsart, welcher sich dieser Gegenstand an galizischen Gymnasien allgemein erfreut.“12 Der aufmerksame Gymnasiast war auch für nationale Züge der jüdischen Jugend empfänglich, die ihn sehr beeindruckten. In jüdischen Familien sah der junge Franko: „wo der Vater seinen Söhnen und allen Familienangehörigen weit näher, vertrauter war wie ein älterer Bruder, an dessen Interessen, Bemühungen und Plänen alle Familienmitglieder so oder so Anteil nahmen. Etwas Warmes wehte mir entgegen aus kleinen täglichen Szenen, deren Zeuge ich war; ich verglich sie in meiner Seele mit analogen Vorgängen in der Bauernfamilie und fühlte, daß ich hier etwas weit Höheres, einen Typus älterer Kultur vor mir hatte.“13

Als Gymnasialschüler in Drohobycˇ war Franko mit dem armen Juden Limbach befreundet, der dem jungen Schüler Werke der Weltliteratur zu lesen gab. Dank Limbach lernte Franko die Welt der assimilierten Juden in Drohobycˇ kennen und konnte Beobachtungen sammeln, die er später in seinen literarischen und wissenschaftlichen Arbeiten verwertete. Zur gleichen Zeit machte der spätere Schriftsteller Bekanntschaft mit der Familie Tigermann, zu der er auch nach dem Umzug dieser Familie nach Wien den Kontakt aufrecht hielt. Kenntnisse über das Leben und den Alltag des jüdischen Volkes im Altertum eignete sich Franko aus Studien von Fachwissenschaftlern an. Manche Details daraus finden sich in Frankos literaturwissenschaftlichen Beiträgen wie z. B. in der Abhandlung „Aus den Geheimnissen des dichterischen Schaffens“ („Із секретів поетичної творчості“). Dort macht sich Franko bei der Erörterung der Frage nach der Rolle der Sinnesempfindungen in einem literarischen Werk Ge11 Franko I. Beiträge zur Geschichte und Kultur Ukraine. Ausgewählte deutsche Schriften des revolutionären Demokraten. 1881–1915. – Berlin: E. Winter und P. Kirchner (Hg.), 1963, 504. 12 Ivan Franko, meine jüdischen Bekannten, zit. nach R. Mnich, Ivan Franko im Kontext mit Theodor Herzl und Martin Buber, 2012, 77. 13 Ibidem, 79.

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danken über die Rolle des Geruchssinns bei der Rezeption von Kunstwerken. Er meint, orientalische Völker (Ägypter, Juden, Babylonier) wären empfindlicher für Gerüche, als dies Europäer seien, und dies hätte eine Bedeutung für deren Rezeption von Kunstwerken: „Von besonderem Interesse ist dabei das althebräische Hohelied, wo man den Vergleich findet ‚Dein Name ist wie […] Weihrauch‘: Solange der König an der Tafel sitzt, gibt meine Narde ihren Duft./ Mein Geliebter ruht wie ein Beutel mit Myrrhe an meiner Brust.“14 „Hier findet man ‚aromatische Trauben‘: Der Geliebte wird mit Rauchschwaden in Form einer Palme verglichen, durchtränkt mit Gerüchen von Myrrhe und Weihrauch. Seine Liebe ist der Geruch über allen Gerüchen. Die Kleider des Mädchens sind wie der Geruch des Libanons; sie selbst ist wie ein Garten, bepflanzt mit Oliven, Safran, Rosen, Zimt, Myrrhe und Aloe sowie unterschiedlichen Bäumen, die dem Weihrauch die besten Gerüche verleihen“.15

Die ersten großen Bilder vom jüdischen Leben in Galizien finden sich in Frankos sog. „Boryslaver-Zyklus“. Als beispielhaft für diese Sicht kann Frankos Erzählung „Boa constrictor“ gelten: „Was darin für die ruthenische Literatur Neues war, das war eben die Tatsache, dass der Held der Erzählung ein Jude war, und dass dieser Jude ‚ganz wie ein Mensch‘ gezeichnet wurde, ohne eine Spur der in der bisherigen ruthenischen (und auch polnischen) Literatur üblichen Karikierung (oder Idealisierung, was auch eine Karikierung in entgegengesetzter Richtung ist)“.16

Anfang der 1880er Jahre war Ivan Franko Augenzeuge der massenhaften Auswanderung von Juden aus Österreich-Ungarn. Diese Seite jüdischen Lebens und Alltags hat sich in belletristischen Werken des Schriftstellers, insbesondere in der künstlerisch eher schwächeren, narrativen Dichtung „Die Reise des Sˇvindeles Parchenblyt nach Amerika und zurück“ von 1884 niedergeschlagen. Franko stilisiert darin die Sprache der damaligen galizischen Juden: Я сиділо літ півкопи У громаді Дерихлопи

Ein halbes Dutzend Jahre saß ich in der Gemeinde Derychlopy

14 „Дуже інтересною являється з того погляду старогебрейська ′Пісня пісень‘, де стрічаємо ось такі порівнання: Твоє ім′я є мов пахощі кадила. /Коли король сидить при столі – /Мій олійок розливає пахощі; /Мій любий є обік мене, /Мов скляночка, повна мірри/“, Іван Франко, Із секретів поетичної творчості, in: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 31: Літературно-критичні праці (1879–1899). Київ 1981, 79. 15 „Тут стрічаємо ′пахнучий віноград‘; милий порівнюєтся до клубиків диму в формі пальми, надиханих запахом мірри і кадила; його любовь – се запах пахощів понад усі аромати; у дівчини запах одежі є мов запах ливану; сама вона – се садок, засаджений оливками, шафраном, рожами, цинамоном, міррою і алоесом і всякими деревами, що дають кадило з найкращим запахом“, Ibidem, 79. 16 Ivan Franko, meine jüdischen Bekannten, zit. nach R. Mnich, Ivan Franko im Kontext mit Theodor Herzl und Martin Buber, 81.

Ivan Franko und das galizische Judentum

І велося мені гіт. Трошки з бромфен шинкував я, Трохи гроші позичав я На сто двайцять п’ять перцент. Я на борг дав, і на застав, А все ґоя я обшастав І в кишеню капав цент.17

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Und es ging mir nicht schlecht. Ein bisschen Schnaps ausgeschenkt, Ein bisschen Geld verliehen zu hundertfünfundzwanzig Prozent. Ich hab geliehen und verpfändet Und immer die Goim bedient Und der Groschen in der Tasche häufte sich.

Ivan Franko schreibt über die Gründe für die Auswanderung von Juden aus Galizien: die jüdische Bevölkerung hätte hier keine Möglichkeit gehabt, ihre Geschäfte zu betreiben. Hier hätten weder der Rabbiner, noch drei Juden aus dem Osten helfen können. Nach der zweiten Reise ließ der Autor seinen Helden, Sˇvindeles Parchenblyt, nach Brody, einem Ort an der Grenze von ÖsterreichUngarn und zugleich einem Zentrum des galizischen Judentums, zurückkehren. Die in einem humorvollen Ton geschriebene narrative Dichtung zeichnet sich durch Schematismus aus. Es sei hinzugefügt, dass sie nicht vollendet wurde: der Druck hört mit dem Kapitel VII auf. Die Dichtung selbst war Ausdruck der Stimmung unter den galizischen Bauern der damaligen Zeit. Einen gewissen satirischen Ansatz in der Darstellung des galizischen Judentums findet man in den Texten des bereits erwähnten Boryslaver Zyklus. Die Möglichkeit der schnellen Bereicherung, auf die viele Juden in Boryslav setzten, führte zu Darstellungen von Juden wie Otto Gotlib und Herman Gol’dkremer. Noch 1880 veröffentlichte Franko in der polnischen Zeitschrift „Praca“ den publizistischen Beitrag „Die Paraffin- und Ceresinfabrik in Drohobycˇ“, in dem er diese Fabrik als Eigentum der Herren „Lejzor Gartenberg und Gemeinschaft, Selig Lauterbach und Hersˇ Gol’dhamer“ bezeichnete. „Gegründet wurde diese Fabrik, wie auch alle anderen Fabriken dieser Art, 1863 im Bezirk Drohobycˇ; sie verdankte ihre Entstehung der Entdeckung und schnellen Entwicklung der berühmten Öl- und Erdwachsgruben in Boryslav, woher beinahe alle Rohstoffe für die Verarbeitung bezogen wurden“.18 In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts wandte sich Franko in seiner Dichtung der alten Geschichte des jüdischen Volkes zu, mit der er auch die damalige Lage der Juden in Galizien in Verbindung brachte. Das Flehen des jüdischen Volkes zu Jahwe um Hilfe wurde zur Grundlage eines Gedichtzyklus, dessen Thema die alttestamentarische Geschichte ist. Insbesondere im Gedicht „Sambation“ be17 Франко І. Швинделеса Пархенбліта вандрівка з села дери хлопи до Америки і назад. 18 „… фабрика парафіну, церезину і різних нафтових виробів, власність панів Лейзора Гартенберга і Спілки, Селіга Лаутербаха і Герша Гольдгаммера. Заснована в 1863 р., ця фабрика, як і всі інші цього роду фабрики Дрогобицького повіту, завдячує своїм виникненням і своїм ростом відкриттю і швидкому розвітку відомих копалень нафти і земного воску в Бориславі, звідки вона і одержує майже всю сировину для переробки“, Іван Франко, Фабрика парафіну і церезину у Дрогобичі, in: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 44, кн. 1: Економічні праці (1878–1887), 54.

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Mychajlo Hnatjuk

kundet Franko die Überzeugung, dass, solange König David lebte, das jüdische Volk nicht zu vernichten sei: Нещасне село те і місто, Де в муках в пониженню жид,– Та горе землі тій, як стане на неї Обома ногами Давид.19

Unglücklich ist das Dorf, die Stadt, wo Juden gequält und erniedrigt werden, Doch Unheil kommt über dieses Land, sobald mit beiden Füßen David es betritt.

Das tragische Schicksal des jüdischen Volkes wurde zum Gegenstand der künstlerischen Darstellung im Gedicht „Federn“ („Пір’я“) von 1882. Der Verfasser verwendet das Motiv einer Feder aus jüdischen Daunenbetten als Symbol für ein Volk, das durch Jahrtausende unter anderen Völkern gestrandet ist. Diese Sichtweise wurde angesichts der Pogrome an Juden, die in Provinzen von Russland und Österreich-Ungarn in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts stattgefunden haben, aktuell. Розвіяне злими юрбами, Мов снігу платки з-над руїн, Летиш ти до хмари з вітрами, О пір’я з жидівських перин.20

Von bösen Horden ausgestreut, wie eine Schneeflocke aus der Verwüstung, fliegst mit dem Wind du zu den Wolken, Flaum aus dem jüdischen Federbett.

Zeitgleich verfasste Franko einen anderen publizistischen Beitrag, „Die jüdische Frage“, in dem er die Gründe für antijüdische Pogrome in Ungarn analysierte. Wie Jaroslav Hrycak zutreffend bemerkt, war Franko um Galizien besorgt, wo die Verfolgung von Juden noch größere Ausmaße hätte annehmen können: „Die Geografie der Verbreitung der antisemitischen Bewegung führte ihn zum Schluss, dass diese Bewegung einen universalen Charakter angenommen habe und deshalb deren Gründe nicht nur in lokalen Gegebenheiten zu suchen seien. Diese Gründe führte Franko weder auf Rassenhass noch auf Hass aus religiösen Gründen zurück. Sie lägen, so Franko, deutlich tiefer und würden daher die Gefahr einer Wiederholung antijüdischer Gewalt in sich bergen. Die Hauptursache für Massenpogrome sah Franko in wirtschaftlichen Motiven, im ‚demoralisierenden Übergewicht des jüdischen Kapital‘ und der Ausbeutung“.21

In der zweiten Hälfte der 1880er und Anfang der 1890er Jahre lässt sich bei Franko ein vertieftes Interesse am Leben der Juden der damaligen Zeit im Hinblick auf ihr Verständnis der geistigen Werte in der alten jüdischen Kultur, insbesondere in der Folklore, beobachten. Eines der bedeutendsten Werke von Franko aus dieser Zeit ist das Poem „Surka“ (1890). Das Werk ist auf Grundlage von Erzählungen des Pferdediebes Hersˇon entstanden, mit dem Franko im Ge19 Іван Франко, Самбатіон, in: Іван Франко, Мозаїка. Із твірів, що не ввійшли до Зібрання творів у 50 томах. Упорядники: З. Т. Франко, М.Г. Василенко. Львів 2002, 27. 20 Іван Франко, Пір’я, in: Іван Франко, Мозаїка, 32. 21 Грицак Я. Іван Франко та його євреї, 337–363, 352.

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fängnis gesessen hat. Das Schicksal des armen jüdischen Dienstmädchens wird aus der Perspektive einer Mutter dargestellt. In diesem Poem wird der Konflikt zwischen Reich und Arm am Beispiel des reichen Kneipenbetreibers Judka und des armen jüdischen Dienstmädchens Surka dargestellt. Für die Einstellung des Verfahrens zur Klärung der Vaterschaft gab er der schwangeren Surka einige Münzen und brachte die Kranke zu einer alten armen Frau, kümmerte sich aber nicht weiter um das Wohlergehen von Surka, sondern hatte nur die eigene Ruhe im Sinn, damit vor allem seine Ehefrau nichts bemerkte.22 Ivan Franko hat für diese Dichtung den Rhythmus bulgarischer Volkslieder übernommen, was für eine enge Verbindung des Judentums mit den slawischen Völkern spricht. Franko verglich das Leben des jüdischen Volkes in Galizien in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts mit dem Leben der Juden in anderen Teilen ÖsterreichUngarns und Europas. Dieses Interesse wurde insbesondere durch die Bekanntschaft mit einflussreichen Juden in Wien, unter anderem Theodor Herzl, dem Verfasser des Buches „Der Judenstaat“, gefördert. Über die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Franko und Herzl berichtet der berühmte Schriftsteller, Übersetzer und Literaturwissenschaftler Vasyl’ Sˇcˇurat.23 Das Treffen von Franko und Herzl fand im Februar 1893 im Café Central statt. Dieses Kaffeehaus existiert noch immer in Wien in der Herrengasse 14 als Treffpunkt der politischen, wissenschaftlichen und literarischen Elite Europas. Das Gespräch zwischen Franko und Herzl war vertraulich. Den Erinnerungen Sˇcˇurats zufolge, ließ sich Ivan Franko von der Idee des Wiederaufbaus des jüdischen Staates begeistern, da diese „wie eine Schwester unserer Idee des Wiederaufbaus des ukrainischen Staates“ sei. Der ukrainische Intellektuelle hat mit großem Verständnis die Worte von Theodor Herzl empfunden: „Eine in einem klugen oder vernünftigen Kopf entstandene Idee, selbst die schlechteste, wird Realität, wenn diese nur die breiten Volksmassen begeistert und sie aus dem Bereich der für das Martyrium bereiten Verteidiger herauslockt. Wenn wir es früher dank Mose geschafft haben, das Joch abzuschütteln und Palästina zu erobern, wieso soll dies heute unmöglich sein!“24

Selbst wenn, so Herzl, nicht täglich ein Mose auf die Welt kommt, wird dieser durch äußere Einflüsse geformt und diese Einflüsse sind bei den Juden zehnmal stärker als bei anderen Völkern, da sie über die ganze Welt zerstreut sind. Sˇcˇurat bringt die Genese eines der wichtigsten Werke von Franko, des Poems Mojsej, gerade mit diesem Treffen in Verbindung. 22 Vgl. Франко І. Сурка, in: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 1: Поезія. Київ 1976, 215–223, 217. 23 Щурат В., У той час це було ще маревом. Спогади про Івана Франка. Львів: Каменяр, 2011, 366–368. 24 Щурат С., У той час це було ще маревом, 367.

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Mit dem Namen Theodor Herzl steht auch die Frankos Rezension von dessen Buch „Der Judenstaat“, veröffentlicht in der polnischen Zeitschrift „Tydzien´“ (9. März 1896), in Verbindung. Der Rezensent meint, dass Herzls Buch Ausdruck einer modernen Lösung der jüdischen Frage sei. Frankos Verdienst besteht darin, dass er als erster unter ukrainischen Lesern begann, die Juden als eigenständiges Volk anzusehen. Hrycak meint, dass diese Sichtweise ihn mit Thomas G. Masaryk, dem späteren Präsidenten der Tschechoslowakei, verbunden hätte. Die Sicht des zeitgenössischen Wissenschaftlers ist schon deswegen berechtigt, da sowohl Franko, als auch Masaryk „in einer Umgebung groß wurden und wohnten, wo es um Vieles leichter und einfacher war, Antisemit als Philosemit zu werden. Daher steckten die beiden für ihre Sympathien gegenüber Juden von ihren Landsleuten viel Häme ein“.25 Franko hat in seiner Rezension des Buches „Der Judenstaat“ über die Rolle des Handels in der gesellschaftlichen Entwicklung geschrieben: „Und wenn es so ist, dann sei das Volk, das mit besonderen Handelsfähigkeiten begabt ist, der mächtigste Faktor der Zivilisation, eigentlich ihr Pionier, und es könne an der Spitze des zivilisatorischen Ganges stehen“.26 Begeistert von Herzls Plan der Gründung eines jüdischen Staates schreibt Franko: „Leider kennt der Verfasser, wie uns scheint, diese Massen viel zu wenig und vertraut viel zu sehr der produktiven Macht der Spekulation, so dass sein Plan genau an diesem Hindernis scheitern könnte, wenn sich überhaupt Menschen finden, die bereit sind Hand anzulegen und ihr Kapital einzusetzen, um diesen Plan zu verwirklichen. Dieser Plan hat zweifellos eine Zukunft, und auch wenn die heutige Generation noch nicht reif für ihn ist, muss man auf eine Jugend warten, die diesen verwirklichen will und kann.“27

Die Arbeit des polnischen Publizisten Alfred Nossig zum Thema „Versuch zur Lösung der jüdischen Frage“ (1887) skizzierte weitere Wege für die Lösung des Problems der Juden, die zur damaligen Zeit in polnischen und ukrainischen Gebieten leben. Juden werden, so Nossig, so lange assimiliert, wie sie unter anderen Staaten und Völkern leben. Frankos Antwort auf den Aufsatz von Nossig war seine Studie „Semitismus und Antisemitismus in Galizien“ (1887). Der Verfasser stellt grundlegende Aspekte des Lebens jener verschiedenen Völker dar, die in Galizien Ende des 19. – Anfang des 20. Jahrhunderts ansässig waren. Die Besonderheiten des Lebens der Juden in Galizien werden in diesem Beitrag detailliert analysiert. Franko, der sich

25 Грицак Я. Іван Франко та його євреї, 337–363, 361. 26 Ivan Franko, Der Judenstaat, zit. nach: R. Mnich, Ivan Franko im Kontext mit Theodor Herzl und Martin Buber, 47. 27 Ibidem, 48.

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gegen die Benachteiligung eines jeden Volkes stellte, hat sich für die gleichen Rechte aller ethnischen Gruppen, die in Galizien lebten, eingesetzt: „Für jegliche Ausbeutung, für jegliche Ausnutzung, für jegliche Apostasie sei es religiöse, nationale oder sonst eine gibt es in unseren Idealen keinen Platz. Keine Religion, keine Überzeugung, keine Rasse und kein Volk waren und können auch nicht Gegenstand unseres Hasses sein. So ein Gegenstand waren und bleiben auch nur jegliche Unterdrückung, jegliche Ausnutzung, jegliche Heuchelei“.28

Bei der Lösung der jüdischen Frage hatte Franko zwei Seiten im Blick. Auf der einen Seite meinte er, dass die wechselseitige Gestaltung von Beziehungen zwischen Juden, Ukrainern und Polen in Galizien eine Frage ist, die jedes von diesen Völkern betrifft. Auf der anderen Seite führte er aus, dass „die Frage der inneren Reform und somit die Frage der endgültigen Lösung des Knotens, die Frage das jüdische Volk auf seinem eigenen festen Grund stehen zu lassen, ihm innere Bedingungen für eine richtige Entwicklung zu schaffen, ist und muss also für immer die Angelegenheit der Juden selbst bleiben, muss ihrer eigenen Initiative überlassen werden. In diese innere Angelegenheit sollte sich, meiner Meinung nach, kein Nichtjude einmischen“.29

Ivan Franko hat vor den komplizierten Problemen, die in Galizien zwischen unterschiedlichen ethnischen Gruppen existierten, seine Augen nicht verschlossen. Mit der ganzen Kraft seines polemischen Talents trat er gegen jene Aktivisten auf, die Streit und Auseinandersetzungen zwischen Vertretern unterschiedlicher Ethnien streuten; vor allem wehrte er sich gegen Versuche, Juden von den kulturellen und nationsbildenden Prozessen der damaligen Zeit auszuschließen. Solche Versuche führen in der Regel zu Konflikten zwischen den Ethnien: „Weder im literarischen, noch im wissenschaftlichen Bereich, noch allgemein im geistigen Leben von Polen und Ruthenien sind bis zu den jüngsten Zeiten keine Spuren vom Einfluss bzw. der Zusammenarbeit seitens der Juden bemerkbar; andererseits war ihr Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung dieser Völker zweifellos fatal. Darum ist es nicht zu verwundern, dass die Juden nach Verfall des polnischen Staatsorganismus sofort auf die Seite der Sieger überlaufen, in Preußen und Österreich zu Deutschen werden, nicht auf die Forderungen der Regierungen, sondern auf eigenes Verlangen und zwecks eigener Interessen; und wenn sie in Rußland nicht zu Moskowitern werden – eigentlich mit Ausnahme von Litauen bis 1863 – , so bemühen sie sich dennoch mit allen Mitteln, ihre Loyalität dem neuen Herrn zu zeigen.“30

28 Ivan Franko, Semitismus und Antisemitismus in Galizien, zit. nach R. Mnich, Ivan Franko im Kontext mit Theodor Herzl und Martin Buber, 55. 29 R. Mnich, Ivan Franko im Kontext mit Theodor Herzl und Martin Buber, 57. 30 Ibidem, 60.

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Franko griff auch das Thema der Emigration von Juden in die USA auf. Er behauptete, dass, wenn Juden bis dato nicht in die USA ausgewandert seien, dies keinesfalls für deren „Heimatliebe“ spräche. „Es ist schon vorgekommen, dass Juden wirklich versucht haben, nach Amerika zu reisen, nach kurzer Zeit sind sie aber zurückgekommen, nachdem sie sich davon überzeugt hatten, dass man dort von solcher ‚Leistung‘ wie bei uns gar nicht so leicht leben könnte.“31 Eine profunde Analyse des Lebens der jüdischen Bevölkerung in Galizien brachte Franko zu folgendem Ergebnis: „Das Volk ohne Land und begrenzt bei der Wahl der Beschäftigung, ist zum Schmarotzer geworden, der von der Knochenarbeit der anderen lebt. Streng eingerahmt im Bund, angeerbt geschult, nur bestimmte Aktivitäten auszuüben, bildeten die Juden eine auf besondere Weise zusammengeschlossene Organisation, die einzig und allein für die Ausbeutung von anderen bestimmt war. Es gibt unter den Juden nicht nur Kapitalisten, sondern auch Proletarier; dies ist aber ein merkwürdiger Proletariatstyp, denn auch wenn er des öfteren fast verhungert, beschafft er Mittel für seine Existenz natürlich nur durch Ausbeutung von fremden Elementen.“32

Am Beispiel von zahlreichen statistischen Daten hat Franko gezeigt, dass die Beteiligung der Juden am Militär-, Gerichtswesen und an sonstigen Institutionen des Staats und der Gesellschaft nicht ausreichend war. Im Gegensatz dazu stand ihre Rolle im Handel und bei Vermittlertätigkeiten in Galizien in Bezug auf die Bevölkerungszahl in keinem angemessenen Verhältnis. Die Assimilation von Juden mit Vertretern anderer Völker in Galizien hat der ukrainische Autor wie folgt verstanden: „Genau so viel verstehen wir unter der Assimilation von Juden keine Verschmelzung ihrer ganzen Masse mit der für sie fremdstämmigen Bevölkerung, denn wir sind dessen bewusst, dass es bei den bei uns bestehenden zahlenmäßigen Verhältnissen weder möglich noch nützlich wäre. Assimilation ist für uns vor allem eine Aufgabe der bürgerlichen Gleichstellung anhand von gleichen Rechten und gleichen Pflichten.“33

In künstlerischer Form kommen diese Gedanken Frankos im Roman „Wegkreuzungen“ („Перехресні стежки“) zum Ausdruck. Über sein porte parole Vahman behauptet der Autor: „Aus meiner Sicht kann ein Jude weder polnischer noch ruthenischer Patriot sein und braucht es auch nicht zu sein. Er soll Jude bleiben – das reicht schon. Vielmehr kann man Jude sein und das Land lieben, in dem man geboren wurde und nützlich oder zumindest nicht schädlich sein für dieses Volk, mit dem wir zwar nicht verwandt, wohl aber auf das Engste durch alle unsere Lebenserinnerungen verbunden sind. Ich glaube, wenn wir uns davon leiten lassen würden, wäre auch die ganze Assimilation unnötig. 31 Ibidem, 62. 32 Ibidem, 63. 33 Ibidem, 66.

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Überlegen Sie doch: verlangt jemand diese Assimilation von uns? Ich glaube nicht. Jedoch erwartet jeder, dass wir ehrliche und nützliche Mitglieder der Gemeinschaft sind, in der wir leben“.34

Der Beitrag von Franko „Semitismus und Antisemitismus in Galizien“, veröffentlicht 1887 in der Zeitschrift „Przegla˛d społeczny“, war auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts aktuell, dafür spricht schon die Tatsache, dass der Verfasser diesen auch in ukrainischer Übersetzung in seinem Buch „Bei Nachbarn im Dienst“ („В наймах у сусідів“) veröffentlichte.35 Sowohl in seinen literarischen Werken („Wegkreuzungen“ – „Перехресні стежки“), als auch in publizistischen Beiträgen wie „Warnsignal“36 kritisiert Franko Pogrome aufs Schärfste. In vielen Dörfern Galiziens erschienen zum Anfang des 20. Jahrhunderts „Agitatoren“, die die Bauern und die Stadtbevölkerung zu Pogromen anstifteten. Franko lenkte im erwähnten Beitrag die Aufmerksamkeit der Leser auf die Mitteilungen einer Reihe von Zeitschriften (insbesondere auch von „Dilo“), die die galizische Stadtbevölkerung und die Bauern vor Anstiftungen zu Pogromen warnten, und appellierte gleichzeitig an Bauern und Geistliche, Pogromen vorzubeugen. In der Zeitung „Die Zeit“ konnte man dazu lesen: „Frei von jeder Favorisierung, national oder parteilich, ist der Beitrag von I. Franko ein wichtiges Warnsignal an die Zentralregierung. Bisher waren österreichische Regierungskreise von einzelnen Pogromen nicht nur überrascht. Diesmal sollen sie vielmehr das Warnsignal wahrnehmen und ihre Untertanen in galizischen Institutionen anweisen, ihre Macht nicht in Repressionen gegen Zeitungsartikel auszuüben, sondern die Voraussetzungen zu schaffen, Pogrome erst gar nicht zum Gegenstand deren Erörterung werden zu lassen“.37

Als einer der Autoren des Programms der „Radikalen Partei“ stellte Ivan Franko im Kapitel „Die Radikale Partei und die Juden“ klar, dass die Mitglieder der „Radikalen Partei“ keine Antisemiten seien, bloß weil Juden aus Palästina kommen; außerdem hätten die Mitglieder der „Radikalen Partei“ keinesfalls vor,

34 „По-мойому, жаден жид не може і не повинен бути ані польським, ані руським патріотом. І не потребує сього. Нехай буде жидом – сього досить. Адже ж можна бути жидом і любити той край, де ми родились, і бути пожиточним, або бодай не шкідливим для того народу, що, хоч не рідний нам, все-таки тісно зв′язаний з усими споминами нашого життя. Мені здаєтся, що якби ми держалися такого погляду, то й уся асиміляція була б непотрібна. Бо подумайте: чи жадає хто від вас тої асиміляції? Здаєтся, ні. Але зате кождому пожадане, щоб ми були чесними і пожиточними членами тої суспільності, серед якої живемо“, Іван Франко, Перехресні стежки, in: Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 20: Повісті та оповідання (1896–1900). Київ 1979, 392. 35 Іван Франко, В наймах у сусідів. Львів 1914, 115–131. 36 „Die Zeit“, 1903, Nr. 253, 3. 37 Ibidem.

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gegen ärmere Juden zu demonstrieren. Die Mitglieder der „Radikalen Partei“ seien gegen das jüdische Schmarotzertum: „Und die Radikalen, die gegen die Juden auftreten, können sehr wohl unterscheiden und wissen, dass dieser Bilderbuchjude im Kaftan und Schläfenlocken, der nach Zwiebeln riecht, für den Bauern ein viel geringerer Feind ist als jener zivilisierte jüdische Financier, Millionär, Spekulant und Großhändler, der nicht nur Millionen umsetzt, sondern auch mit Grafen und Ministern verkehrt und dem Bischof wie auch dem Metropoliten mit freundlichem Lächeln die Hand schüttelt. Gegen diese großen Blutsauger treten die Radikalen am stärksten auf.“38

Wie wir sehen, brachte der große Humanist Ivan Franko in seinen literarischen Werken, wissenschaftlichen und publizistischen Abhandlungen bei seiner Analyse der Lage der Juden in Galizien diesem Volk mit seiner langen Geschichte und seiner jahrhundertealten Kultur nicht nur viel Toleranz entgegen, sondern ließ sich auch für dieses Volk sehr begeistern. Bezeichnungen wie „jüdische Blutegel“, die in seinen Texten vorkommen, betreffen nur bestimmte Typen von Juden, die von fremder Arbeit leben. Das ist im Rahmen einer volkstümlichen Sicht auf Reiche generell zu sehen. Diese Sicht wurde von breiten Kreisen von Ukrainern und Polen in Galizien geteilt. Frankos weite humanistische Perspektive in der jüdischen Frage Galiziens ist kennzeichnend für seine literarischen und wissenschaftlichen Werke der 1880er und 1890er Jahre. Aus dem Ukrainischen von Alois Woldan

38 Ivan Franko, Die Radikalen und die Juden, zit. nach: R. Mnich, Ivan Franko im Kontext mit Theodor Herzl und Martin Buber, 71.

Yaroslav Hrytsak (L’viv)

Between Philo-Semitism and Anti-Semitism. The Case of Ivan Franko

I have been working on Franko and his biography for almost thirty years.1 Even though I have published two books and several dozen articles on this subject, I can hardly claim that I know him perfectly. His bibliography consists of ca. 4,500 entries in belles lettres, political pieces, academic publications, of various length and various quality, written and published in Ukrainian, Polish, German and Russian. He has left also a rich archival collection that is far from being published. Nobody ever has managed to read such a quantity of publications and archival documents, and I am no exception. Therefore each of us who is dealing with Franko welcome every opportunity to discuss his biography and legacy, hoping that such a discussion may bring to light new publication or documents that have been neglected or unknown so far or may raise some important issue. In this sense, I am grateful to Raimund Fastenbauer, the General Secretary for Jewish Affairs of Vienna’s Jewish Community.2 His letter has provoked an interesting conference that gathered many specialists of Franko studies. I am rather disappointed, however, with his arguments.3 They are neither new nor persuasive. They are based on a very selective and tendentious reading. For one, a part of the quotations amassed by Langermann that could be read as anti-Semitic belongs not to Franko himself, but to the heroes of his novels and short stories. Franko treats some of them very negatively – they are rather his anti-heroes, e. g. the one

1 See e. g. my article: Yaroslav Hrytsak: Franko’s Boryslav Cycle. An Intellectual History, in: Journal of Ukrainian Studies 29, 1–2 (2004): 169–189. 2 Letter of Vienna’s Jewish Community to the University of Vienna requesting the removal of the Ivan Franko bust displayed at one of the floors of the Institute for German Studies due to Franko’s anti-Semitism. 3 In this letter R. Fastenbauer argues that Franko prepared with works such as “Borislav smijetsja” and “Perekhresny stezhky”, i. e. their anti-Semitic and xenophobic passages and stereotypes, the ground for the growing fanaticism among large parts of the Ukrainian population in the interwar period that eventually led to pogroms, and inspired Ukrainian nationalists to take part in the Holocaust.

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referring to Walko the teacher4. The quotations that come from Franko’s cycle “Boryslav is laughing” are the words of workers who suffer from the capitalist exploitation at the Galician oil fields in the 1870s.5 The workers were disorganized and uneducated. When they demonstrated even a modicum of class identity they articulated it more often than not in anti-Semitic terms. Their social activity manifested itself in anti-Jewish violence and pogroms – which has been confirmed by recent historical studies.6 As a socialist, Franko deeply deplored this state of affairs. He strove for an organized international worker movement in Galicia. He wrote and treated his literary works instrumentally. He believed in societal progress, and literature, according to him, had to serve as an agent of progress. He wrote his “Boryslav cycle” as a manual of how to organize a workers’ strike. All those comments intended to illustrate an unproductive way of thinking among workers. They were meant to be read as examples of how not to think and act. It was called “false class consciousness”, to use a Marxist term. Franko was very much inspired by Marx when he was working on “Boryslav”. It had to be superseded by an organized worker movement based not on ethnic or religious stereotypes, but on class hatred against capitalists. To that end, Franko coined an artistic type, a class-conscious worker named Benedio Synytsia, who condemns anti-Semitism and related violence among workers. Some literary historians identified the figure of Synytsia with Franko himself. In any case, Fastenbauer reveals his unfamiliarity with the novel and Franko’s intentions. Otherwise, he would stop just quoting the anti-Semitic statements of Franko’s uneducated heroes – and would most probably go further by referring to Franko’s main protagonist, Benedio Synytsia. The same holds true for accusations of Franko as a founder of the Radical party. It was not a nationalistic party, as Fastenbauer claims. Quite to the contrary, it identified itself as an agricultural Marxist party that underscored the priority of social over national issues – at least at the moment when Franko served as its head. Probably the best proof is that both Franko and the party leaders at that moment stood against the idea of a Ukrainian independent state: they saw it as a nationalist idea that distracted Ukrainian peasants from more immediate issues. Franko was aware that, as in the case of the Boryslav workers, Ukrainian peasants were not immune to anti-Semitism. To confront it, he wrote a special pamphlet “Radicals and Jews” (“Радикали і жиди”) in which he explicitly stated:

4 See Franko’s collected works: Zibrannia tvoriv u piatdesiaty tomakh (Kyiv: Naukova dumka, 1976–1986). 5 For the quotations in question please see the appendix. 6 See e. g. Wynn, Workers, Strikes, and Pogroms. The Donbass-Dnepr Bend in Late Imperial Russia, 1870–1905. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1992.

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“Radicals are not anti-Semites. We are stating this openly and explicitly. We are not enemies of Jews just because they come from Palestine, or that they have earlocks and wear [their Jewish] robe or stink of onion. We are indifferent to this, and for such stupid reasons, we will not be spreading among our people a hatred against Jews who, in their majority, live in our land in more miserable and deplorable conditions than our peasants do […] Radicals call and unite people not against Jews, but against a Jewish parasitism and exploitation[…] More so: not against a specific Jewish parasitism, but against any parasitism and exploitation, be it circumcised or not, baptized or not, against any exploiter be he in a Jewish robe, in an official uniform or in a cassock”.7

Note that Franko does not differentiate between various forms of oppression according to ethnic or religious criteria – he is confronting any kind of oppression, be it Jewish, Polish, German and/or Ukrainian. This must serve as a key for understanding Franko’s poems such as the famous “Hymn. An Eternal Revolutionary” (“Гімн. Вічний революціонер”). This is not a national, or for that matter even a nationalist anthem, as Fastenbauer claims. It carries no ethnic names. It is a revolutionary anthem, written very much in the same style as “The Internationale” – and it sounds very international. Moreover, Franko’s prose and poetry were understood in this way by his readers. “With a few exceptions, – wrote one of his Ukrainian readers – we are dealing not with Ruthenians-Galicianers, but with people per se. A hero of Franko might easily be taken for a Ukrainian, Russian, Pole, German, or Italian – whomever you wish him to be.”8

This assessment was seconded by a Polish leftist critic: “He [Franko] is not writing about Ukrainains, Poles or Jews – he is writing for the benighted and suffering people”.9 Since most of Fastenbauer’s accusations are based on the Boryslav stories, allow me to focus specifically on how they were read by Franko’s contemporaries. Felix Daszyn´ski, a leading Polish Marxist, translated “Boa Constrictor” into 7 Франко, Радикальна тактика. Ч.II. Радикали і жиди, 12–13 (“[Р]адикали не є антисемітами. Говоримо се явно і отверто. Ми не є ворогами жидів для того, що вони жиди, що походять з Палестини, що мають пейси і халати і пахнуть цибулею. Байдуже нам до сего і ми певно не будемо задля таких глупих причини ширити в народі ненависти против жидів, котрих більшість у нашім краю ще біднійша і ще нещайсливіша від наших селян.[…] [Р]адикали кличуть і гуртують народ не против жидів, а против жидівського дармоїдства і визиску, проти жидівської бути і збиткованя. Та ні. Не проти самого жидівського дармоїдства, але против усякого дармоїдства і визиску, обрізаного й необрізаного, хрещеного і нехрещеного, против усякої бути і збиткованя, чи вони ходять у халаті, чи в мундурі, чи в реверенді. Вони бють на ті державні і громадські порядки, що позволяють тим пявкам паношитися і запевняють їм не тілько повну безкарність, але в додатку ще всякі почести, пошану і ордери”.). 8 [Агатангел Кримський], [Рец. на:] “В поті чола. Образки з житя робoчого люду. Написав Іван Франко. Львів, 1890”, Зоря 12 (1891): 77 – підпис: А.Хванько. 9 Ossolineum Wrocław (Zakład Narodowy im. Ossolin´skich): 14779/II Stanisław Wasylewski: Materiały i szkice dotyczace Iwana Franko (file: BN, mf. 67675, 83–84, 90).

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Polish. He wrote to Franko: “After reading your Boa, I was shivering as from fever. Show me a person who loves people more than you – and I will say that you are second to none”.10 Natalia Kobryns’ka (1888), the first feminist in Galicia and organizer of the women movement, admitted that it was the Boryslav stories that made her abandon a nationalist position and to accept all human international (European) views.11 Vice-versa: Franko’s Boryslav stories were attacked by nationalists and church hierarchy because of their “international” and (according to them) scandalous leftist character. There is a bitter irony that Fastenbauer chose the Boryslav stories to prove Franko’s alleged anti-Semitism. This irony can yet be extended: for all his philo-Semitism, Franko was denounced by his anti-Semitic enemies as a Jew, whose real name was Frankel. They spread rumours that Franko allegedly changed his name and baptized in order to marry a Christian woman. Talking about perceptions is a final touch here. On the eve of the Holocaust, a Ukrainian newspaper in Cracow published the anonymous article “Franko and the Jewish issue”. The article was ordered by the Nazi administration, and it was intended to deconstruct the popular image of Franko as a philo-Semite. The article was built on more or less similar misquotations and misreading as the letter of Fastenbauer.12 Despite his own will, he seems to find a strange bedfellow. The accusations of anti-Semitism on the part of Franko are not new. In 1956, a journal of American progressive Jews “Forverts” published an article claiming that Franko was an anti-Semite, and that the Soviet power consciously included his works in school curricula to contaminate the growing generation with antiSemitism. Franko was put on par together with Nikita Khruschev, in whose veins – as it was said – boiled the unclean blood of Bohdan Khmelnytskyi.13 There is a strange thing about those accusations. They search for proofs of Franko’s anti-Semitism in places where they hardly exist – and they ignore the texts where Franko’s anti-Semitism is explicit. Fastenbauer falls into the same 10 Viddil rukopysnykh fondiv i tekstolohii, Instytut literatury im. T. H. Shevchenka Natsionalnoi akademii nauk Ukrainy, fond 3 (Ivan Franko), file 1603, fol. 55. 11 Наталя Кобринська, Вибрані твори (Київ, 1980), 402–403. 12 [Анатолій Курдидик], “Іван Франко і жидівське питання”, Краківські вісті 112 (850) (28 травня 1943): 3–4 (Без підпису). Concerning the circumstances of the publication of this article see: John-Paul Himka, “Krakivski visti and the Jews, 1943: A Contribution to the History of Ukrainian-Jewish Relations during the Second World War”, Journal of Ukrainian Studies 21, 1–2 (Summer-Winter 1996): 81–95. Himka had access to the archives of “Краківські вісті” and could thus identify the author of this article but revealed his name only after his death in 2001. ( John-Paul Himka, War Criminality: A Blank Spot in the Collective Memory of the Ukrainian Diaspora (paper presented at the conference Gespaltene Geschichtskulturen? Die Bedeutung des Zweiten Weltkrieges für die Etablierung Nationalstaatlicher Symboliken und Kollektiver Erinerungskulturen in Ostmitteleuropa, L‘viv, 30. Mai – 1. Juni 2003). 13 Цит. за: “Іван Франко … антисеміт”, Свобода 178 (1958). (Без підпису.)

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pattern. Working on my biography of Franko14 I have found two texts that could definitely be identified as anti-Semitic. Even though they are marginal, compared to the bulk of his writings, and they, characteristically, were published anonymously, they reveal that Franko at some point in his life could not stand the temptation of anti-Semitism. I was both hoping and fearing that Fastenbauer had found something new, and thus had managed to extend the list of Franko antiSemitic publications. My hope and fear have the same source: I felt like a physician who has found a new particle or a biologist who has discovered a new species that he or she desires to analyse but that simultaneously would most likely undermine his or her existing theoretical schemes. Either for better or worse, this was not to be the case. Franko’s intellectual thought is very hard to analyze. It is the extreme richness of his legacy that presents a major challenge. Since, as I said, he wrote and published several thousand pieces, one never could know what to single out in his legacy. Franko was a very versatile and at the same time unstable person. He often wrote reacting to the news of the day. Depending on what kind of news it was, his reaction was very different. Throughout his life he was called a weather vane, or a flag in the wind. One can hardly identify a consistent view on any subject. Sometimes you cannot escape the feeling that you are analysing not one, but two different personalities. On one hand, he ardently supported feminism, but on the other hand, some of his statements are profoundly anti-feminist. The same goes for Marxism: he was very close to Marxism in his youth, and very critical to Marx in his later years. He was against Ukrainian independence, but then at some point, to the surprise of his colleagues and followers, he made a U-turn and started fervently supporting this idea. Along the same lines, in one article he ridicules Zionism as a stupid utopia, but praises in a later review Theodor Herzl and claims that his idea of a Jewish state should serve as an example to be followed by the younger Ukrainian generations. In Soviet times, this latter part of his legacy was passed over in silence: Soviet authorities considered it as a covert propaganda of Zionism.15

14 See: Ярослав Грицак, Пророк у своїй вітчизні. Франко та його спільнота. Київ 2006. 15 On March 12 1953, at the height of Soviet anti-Semitic politics, Glavlit (the highest censorsing committee) of the Ukrainian RSR wrote a report “On pernicious practices of the Ukrainian literature Institute, Academy of Sciences, Ukrainian SSR”. The report forbade, among other things, publication of the second volume of Franko’s collected works. The reason was that the volume had his poem “Moses” which, according to Glavlit, “eulogized the promised land” of Jewish people of Palestine,the nostalgia of Jews for Palestine, which is for them their native home, etc. (Tsentral’nyy derzhavnyy arkhiv derzhavnykh hromads’kykh ob’yednan’ Ukrayiny, f. 1, op, 24, spr. 2712, ark. 162). For a list of Franko’s works on the Jewish issue that were never published under the Soviet regime see: Zinoviya Franko, “50-tomne zibrannia tvoriv I.Franka v otsintsi s’ohodennia”, Suchasnist’. 1989 10 (342): 113–114; idem, “Pe-

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In the Ukrainian intellectual tradition, there is no author who has written as extensively on the Jewish issue as Ivan Franko. The bulk of his writing is overtly sympathetic to Jews, their history, their culture, and their political aspirations. Still, there always looms the possibility that someone could come upon some of his writings that would reveal his “other personality”. As I have mentioned, I identified two such pieces. The first one is an article published anonymously in the aftermath of the Russian 1881 pogroms. He both feared and expected that something like this might occur in Galicia. Franko recorded and translated some of the Jewish songs that emerged after pogroms which reflected his fears. His verses were full of sympathy towards the Jewish victims, and he condemned the pogroms.16 Again, Franko’s attitudes towards this issue stood in contrast to the position taken by some socialists (Ukrainian socialists included), who saw in the Russian pogroms a beginning of the great socialist upheaval for which they were waiting.17 And still, he was not consistent in his attitude towards Jews. In 1883, he wrote a large article “Pytannia zhydivske” (“Jewish question”) that was published as an unsigned editorial piece in the leading Ukrainian newspaper “Dilo”. It strikingly diverged from everything that Franko had written before or, by that token, after it. In this article, Franko claimed that anti-Semitism had become a universal phenomenon. As such, it could not be relegated to social or religious issues only. The roots of anti-Semitism, according to him, were deeper and therefore much more dangerous. He saw them in the “demoralizing supremacy of Jewish capital and Jewish exploitation” and in “Jewish impudence and provocation”. Franko wrote that in many cases rich Jews were to be blamed for the eruption of violence: even more, they were allegedly provoking pogroms to get direct profits. Franko suggested a program of how to avert pogroms in the future. Some of his suggestions were in tune with his socialist spirit. He recommended that workers create self-reliance organizations and cooperatives in order to fight back against the exploitations of the Jewish capitalists. But some of Franko’s points sounded strikingly non-socialist. For example, he called upon Greek-Catholic priests to do their best to see that “Christians would not serve Jews and by that token were not alienated from their religion and their folk”.18 The second piece of Franko’s that could be read as anti-Semitic is his unfinished poem “The travels of Shvyndeles Parkhenblyt from the village Derykhlop to America and back” (“Швинеделеса Пархенблита вандрівка з села

redmova”, Ivan Franko. Mozayika. Iz tvoriv, щo ne vviyshly do Zibrannia tvoriv u 50 tomakh, eds. Z.T. Franko, M.H. Vasylenko (L’viv, 2001), 10–12. 16 Franko, Mozaika, 27–32; Ibid., 27, 31.; Ibid., 32. 17 M. Hrushevskyi, Z pochyniv ukrainskoho sotsialistychnoho rukhu. Mykh. Drahomanov i zhenevskyi sotsialistychnyi hurtok (Viden, 1922), 86–87. 18 Ivan Franko, “Pytannia zhydivske”, Dilo, N 94 (August 20 (September 1) 1884, 1–2.

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Дерихлопа до Америки і назад”) from 1884.19 This was not a poem of great artistic value, to say the least. Suffice it to say that here he made a maximum use of Jewish stereotypes, such as that of the Jew as leech, parasite, or exploiter. What is also worth noting is his emphasis on the solidarity of Jews versus their victims. Jews were exploiting peasants because the Talmud seemingly permitted them to do so. Exploitation of Christians is allegedly something that is at the core of Jewish religious identity. In this sense Franko implicitly extends responsibility for this exploitation to the whole Jewish community. The challenge now is to explain: can one construe these two pieces as a programmatic statement of his anti-Semitism? Or, were they just accidental? In other words, how to make sense of this non-sense? This is exactly what we historians are doing: we are trying to find sense in a flow of historical events that seem to be devoid of any sense. There is good advice in such cases: when unable to find such a solution, try to extend the context. Anti-Semitism, as any other “ism”, is a very broad phenomenon that eludes a clear-cut definition.20 There is no consensus, however, whether previous manifestations of Judeophobia and anti-Jewish violence can be defined as antiSemitism, and to what extent the early anti-Semitism of the 19th century is closely connected with its later manifestation, the most criminal expressions of the 20th century.21 In my understanding, the anti-Semitic statements of the young Franko seem to fall into the category of a so-called “progressive anti-Semitism”. This is a brand that seeks to instrumentalize the Jewish issue for a breadth of revolutionary moods and actions. In contradiction to “conservative anti-Semitism”, the “progressive” form opposes chauvinism and racism, and also stands against any attempts to use anti-Semitism for the defense and legitimization of the ancien régime. Even though such a classification of anti-Semitism implies a clear-cut division between “progressive” and “reactionary” types, in the political history of Central Eastern Europe there are not too many cases when public figures positioned themselves only in one or another way. There was, however, a minimal threshold that no progressive anti-Semite would ever cross under any circumstances, and this was his or her 1) support of Jewish assimilation and 2) programmatic resistance to any organized “reactionary” anti-Semitism.22 19 The low artistic values of the poem was admitted by some of Franko’s friends – see: Volodymyr Doroshenko, “Ivan Franko (Zi spomyniv avtora),” Svoboda, 6 June 1957. 20 Peter Pulzer, The Rise of political Anti-Semitism in Germany and Austria, (New York 1964), IX. 21 See: Michael Brown (ed.), Approaches to Antisemitism. Context and Curriculum. (New York, Jerusalem, 1994). 22 Theodore R. Weeks, “Polish Progressive ‘Antisemitism’, 1905–1914,” East European Jewish Affairs 25, 2 (1995): 49–67.

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Franko’s anti-Semitism can hardly be placed within prevailing anti-Judeophobic moods in the various political milieus of his time. Franko proved himself to be relatively immune to that type of anti-Semitism. His anti-Semitism seems to be rather short-lived and rather circumstantial. In any case, it left no deep traces in his ideological evolution. Franko’s anti-Semitism rose from his experience in the socialist movement. Beginning in the late 1870s- early 1880s, he was actively involved in the creation of the Ukrainian-Polish-Jewish Commune. It was supposed to be a mass political movement uniting peasants, artisans and members of the intelligentsia regardless of their ethnic origin, in order to challenge the ruling classes. He and his colleagues succeeded in establishing the editorial boards of the socialist newspaper “Praca” and, later, “Przegla˛d Społeczny”, as prototypes of such a commune. But, on the level of mass politics, their attempts proved to be a major failure. To a certain extent, this was because of the repression and harassment by local authorities of the socialist movement and its leaders. Franko himself was jailed in 1877–78 and then again in 1880 – a fact that Fastenbauer refers to but misinterprets. Franko was jailed, but not for xenophobia, but rather for his attempts to build a local international socialist commune. Harassment and repression could not, however, disguise the basic fact that Galician socialists were not able to find larger support among the “toiling masses” whom they sought to represent – both among Jews and non-Jews. Especially depressing for them was the behavior of the Jewish poor, whom they considered to be their “proletariat”. It was a strange kind of a proletariat: even though it often was starving, it still looked for means of survival through the exploitation of “alien elements”.23 Franko and his fellow socialists believed in a social progress that was about to bring radical changes. Jews, as well as other traditional groups, were to undergo rapid transformation. They were supposed to evolve into “modern” classes and nations. When this did not happen, Franko blamed not his utopian beliefs, but the social strata that resisted the progress: authorities, aristocracy, priests, rabbis – and last but not least, the Jewish proletariat, which failed to reveal class solidarity with paupers of other nationalities.24 Franko defended the poor Jews against any kind of oppression; but he blamed the whole Jewish community, the poors included, for their solidarity in exploiting the Ukrainian peasants. It took him a long time to reconsider the critically socialist ideals of his youth. His long and complicated evolution can be somewhat simplified and presented as a gradual evolution from socialism to nationalism. The climax of that evolution 23 Franko, Mozayika, 324. 24 Franko was especially frustrated by industrial developments in Boryslav, which at some point brought about a large confrontation between Christian and Jewish workers (see my article: “Franko’s Boryslav Cycle: An Intellectual History”, in: Journal of Ukrainian Studies 29 (2004): 169–189.

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was an acceptance, after long hesitations and inner struggle, of the ideal of an independent Ukrainian state.25 It may be expected that along with this evolution, Franko’s anti-Semitism should increase, not decrease. This did not happen. Quite the contrary: among the works that he produced during this stage of his evolution, one can hardly find any anti-Semitic statements similar to those he made in the years of his youth. Moreover, there are strong reasons to believe that his evolution occurred under the influence of Zionism. A telling illustration was his very positive and enthusiastic reaction to Theodor Herzl’s “Judenstaat” in a review that he wrote immediately after the book had been published.26 Another proof is his new, third version of “Boa constrictor”. In the first (1879) and the second edition (1884), Herman Gol’dkremer, the main protagonist, suffers from the capitalistic spirit and makes everybody around him suffer, including his own family. In the third edition (1907), Herman is presented as a positive hero, a civilized entrepreneur and philanthropist. He cares about his workers, and the workers reciprocate with gratitude. In short, this is his aim, not any socialist one, who is building a new progressive society. His main enemy is not the workers or socialists but rather another entrepreneur who runs his business in a style of wild capitalism. For a comprehensive evaluation of Franko’s views, it makes sense to compare them with the attitudes of other Central European intellectuals towards Jewish issues, especially those whom he personally knew, corresponded with, exchanged his ideas, and so on. Of these I have chosen Viktor Adler, leader of the Austrian social-democracy, Eliza Orzeszkowa, Polish poetess, and Czech President Thomas G. Masaryk. Each of them was very articulate on Jewish issues. Each of them, in one way or another, covers a part of Franko’s versatile personality: Viktor Adler as a socialist, Eliza Orzeszkowa as a writer, Thomas G. Masaryk as an ideologue of the “non-state” nation. Each of them tried to develop a very positive image of the Jew. Still, I found that each of them, without any exception, in one or another moment of his or her biography uttered some anti-Semitic statements. The case of Ivan Franko is an illustration of the fact that various manifestations of anti-Semitism cannot be so easily classified and generalized. It seems to undermine the views of those historians who draw a clear and direct line between the anti-Semitism of 1870–1914 and its later manifestations after 1914, especially in the 1930–1940s.27 From the perspective of the studies on Franko, a 25 For details see: Yaroslav Hrytsak, “Ivan Franko pro politychnu samostiynist’ Ukrayiny”, Zeszyty Naukowe Uniwersytetu Jagiellon´skiego. -Prace Historyczne.– Z.103/Ukrain´ska mys´l polityczna w XIX wieku. Materiały z mie˛dzynarodowej konferencji naukowej 28–30 maja 1990. (Kraków, 1993), 45–53. 26 Asher Wilcher, “Ivan Franko and Theodor Herzl: To the Genesis of Franko’s Mojsej”, HUS 1982, 6, 233–243. 27 Pulzer, The Rise of political Anti-Semitism in Germany and Austria.

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much more productive approach for an evaluation of anti-Semitism was suggested by Peter Gay. In a series of essays on German anti-Semitism of the 21th century, he criticized the image of German history “as a prologue to Hitler”. He stated, among others, that: “nineteenth-century German antisemitism, however unpalatable even at the time, however pregnant with terrifying future, was different in kind from the twentiethcentury variety. […]. It was a culture in which clusters of ideas we would regard as grossly contradictory co-existed without strain in the same person”.28

Franko’s attitudes towards Jews were very ambivalent. But so were his attitudes towards Marxists, feminists, peasants, priests and, for that matter, to Ukrainian nationalists. Moreover, at one moment he publicly expressed views that could be defined as anti-Ukrainian: he called Ukrainians “a heavy, сlumsy, sentimental race devoid of temper and will, incapable of political life”29. At least twice, Ukrainian patriots denied Franko the right to call himself a Ukrainian; he was also expelled several times from Ukrainian institutions. Does this make him antiUkrainian? In public discussions of cases like Franko’s we seem to forget a principle that was formulated in belles lettres but which expresses cogently what most professional historians think: “the past is a foreign country: they do things differently there”. I would like to add: they also speak a different language. Even if the language sounds familiar to us, in many cases familiar words convey a different message. This is neither to excuse nor to eulogize Franko. It is just to call attention to the fact that there was more in his attitudes towards Jews than anti-Semitism. To discredit any 21st century intellectual bias of his or her anti-Semitism is an approach to reveal a smack of teleology. Its victims might include Marx, Dostoyevsky, Freud, Masaryk, Thomas Mann – to mention just the most famous historical figures. Anti-Semitism seems to be a universal phenomenon, and even the most “enlightened” intellectuals were not immune to it. Heiko Hauman, a leading expert on the history of Eastern European Jews, has written a paper in which he has reached a similar conclusion. For his title he used a telling quotation of a Swiss lawyer, a sentiment shared by Franz Joseph: “Wir waren alle ein klein wenig antisemitisch”.30 Still, Franz Joseph, as far as I know, was against Lueger. Does

28 Peter Gay, Freud, Jews and Other Germans. Masters and Victims of Modernist Culture (Oxford, New York, Toronto, Melbourne, 1978), 15. 29 Franko, Zibrannia tvoriv. Vol. 31. (Kyiv: Naukova dumka, 1981), p. 31. 30 Heiko Haumann, “‘Wir waren alle ein klein wenig antisemitisch’. Ein Versuch über historische Maßstäbe zur Beurteilung von Judengegnerschaft an den Beispielen Karl von Rotteck

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this make him an anti-Semite or philo-Semite? However, I believe this is not exactly a relevant question, when it comes to the 21st century. To put it differently, it is not enough to state that this or another 21st-century intellectual was an antiSemite, or just to define what kind of anti-Semitism (progressive or reactionary, racial or social, etc.) he or she reflected. It is more important to explore what he or she did with his anti-Semitism. Did he or she make it the core of his intellectual and political activity – or, did she or he try to play it down and to marginalize it? In my opinion, when it comes to Franko, the former, not the latter was the case. His random and, one has to add, very rare anti-Semitic statements have to be judged in the light of the body of his writings about Jews and the Jewish question. Moreover: one should judge him not only by the main body of his writings – but also by his activity. If judged by this criterion, Franko can relatively easily pass the test: he was not programmatically anti-Semitic – he was rather programmatically philo-Semitic. This does not exclude, however, that there may exist some or other antiSemitic texts of his. But so far nobody has identified them. There has been, however, a recent attempt to fabricate an anti-Semitic statement that allegedly was made by him. It was published and spread as a leaflet in hundred of copies in Western Ukraine several years ago. I have checked it: nobody knows where this alleged quotation came from. Nobody, not even the anonymous writer of this leaflet, could indicate the source, that is, a work, an article or an unpublished document. To me, this was obvious proof that it was a fake, an overt manipulation. Even though Fastenbauer misquotes and grossly misinterprets Franko, I nevertheless do not believe that his letter is a manipulation as well. Most probably it has been written with the most noble but still wrong intentions. I would like to finish by saying that the Franko legacy is far from being neutral when it comes to political issues. It has been used, misused, and abused by practically every political power or political party that strove to control Ukraine. This has been true for the last hundred years. Sadly, it is still true now when Ukraine is seeking to enter the EU under not the best conditions, to put it mildly. Therefore we must be extremely careful and cautious to do our best to keep a distance from these manipulations. More so: we have to oppose them and to deconstruct them every time they are becoming dangerous.

und Jacob Burckhardt,” Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 2005, 55/2 (Sonderdruck), 196–214.

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Appendix Fastenbauer’s letter contains a compilation of quotations from “Borislav smijetsja”, “Boa constrictor”, “Domashni promysel”, “Zadlya praznika”, and “Perekhresny stezhky”. The quotations I am referring to here originate from “Borislav smijetsja” (1–8) and “Zadlya praznika” (9), in Ivan Franko, Zibrannia tvoriv, vol. 15 resp. vol. 18. (1) “робiтник мав трохи зароблених грошей, а коли заслаб, жиди вiдiбрали вiд нього грошi, а його доти морили голодом, держали взапертi, поки не вмер. Тiло було страшенно сухе, давно не мите i синє, як боз” (2) “Позавчора ночувала якась жiнка у другого, сусiднього жида. Вночi злягла. Грошей у неї не було, i сейчас на другий день жид викинув її з дитиною з хати. […] Тодi тота жiнка кинула дитину в яму, а сама пiшла до громадського уряду, кричати, щоб її зараз вiшали, бо довше жити не хоче.” (3) “касiєр, молодий улазливий жидок Шмулько Блютiгель” (4) “Леон любив поверховно перед людьми яснiти та блищати, зате в скритностi, в приватних дiлах нiколи не мiг позбутися властивої купецькожидівської скнарості та брудноти” (5) “Не так був зложений i не так шитий Борислав в тiм часi, щоб європейський предриємець з напiввідповідними поняттями о фабрикації, без вічних брудних жидівських крутарств та шахрайств, без фальшування, ошуки на робітниках […] і всіх кого тільки можна було ошукати,– щоб такий чоловік міг удержатися в Бориславі?” (6) “жидівня, що налазилася, як хробів до стерва, крутилася та гомоніла коло кождої хати, як ті пси. […] А скоро жиди, собачі діти, обдурили чоловіка, виссали з нього все, що мож було виссати” (7) “Ходіть, беріть, що хто мае, в руки – сокири, ціпи, коси,– беріть і виженіть тото паршивство з села. Бийте злодіїв жидів” (8) “Люди рвали, що кому впало під руки: кілля з плотів, хворост, поліна, каміння – і валили на жидів. Зчинився такий писк та вайкіт, часть жидів пирсла, мов порох. Люди по кусневі розірвали стіни і повала грохнула на жидів” (9) “жиди, кров нашу п‘єте! Шкіру з нас дерете! Шпіком нашим тучитеся!”

George G. Grabowicz (Cambridge, MA)

Ivan Franko and the Literary Depiction of Jews. Parsing the Contexts

Context is always important, but particularly so in an issue as fraught as this.1 The basic context for the issue addressed here is the historical and social fabric of Ukrainian-Jewish relations in the course of the 19th and early 20th century and its reflection in Ukrainian literature. As much as our general focus is on Galicia, and the immediate context of Franko‘s life and work, the basic fact that he was writing in Ukrainian – and ultimately almost single-handedly implementing the monumental task of integrating western Ukrainian, Galician writing into modern Ukrainian literature, and with it the political goal of unification of the two Ukraines, i. e. of sobornist‘ – provides the broader context for his manifold activities, his reception and impact, and the literary dynamics at hand. Given this political and nation-building component, Franko is an intrinsically canonic figure, whose status is reinforced by the larger frame of Ukrainian nation-formation – and thus all the more resistant to revision.2 Historically speaking, and precisely from the perspective of the canon, it is the Ukrainian literary experience in the Russian Empire in the early 19th century, and for decades before and after that as well, that provides the basic frame for his own work, its poetics, strategies and so on. The totality of that work, in turn, brings up the broad range of his interest in issues pertaining to Jews and Jewish matters – as writer, translator, scholar and literary historian, political activist, publicist and 1 For the extra-scholarly and journalistic run-up to the conference and commentary during and immediately following cf. e. g., Vienna University’s Press release, http://wien.orf.at/news/ stories/2611368/ (access October 2014) and http://www.mkoe.at/weg-ehrentafel-judenhasseriwan-franko-geistiger-wegbereiter-holocaust (access October 2014). Cf. also the response of the Franko Institute of the Ukrainian Academy of Sciences: http://ifnan.gov.ua/publish/3/525/ (access October 2014). 2 For the sake of perspective, and further context, one should add that there is also a sociopsychological moment at work here, in effect, a compensatory apotheosis of the writer and activist after years (if not decades) of abuse and ostracisim by western Ukrainian (Ruthenian) society during his lifetime. The issue of collective bad faith and compensatory apotheosis has still not been adequately examined – but Franko was very much aware of it, and thematized it more than once.

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polemicist;3 each facet, but especially their totality, affects and nuances our understanding of the man and the issues at hand. Finally, and not least of all, the question of anti-Semitism and its literary manifestations provides a frame that must also be considered in this context. In terms of the larger social and political frame, as I had argued in an earlier study, the basic relationship between the Ukrainian and Jewish communities, or, specifically, their prime agendas, whether in the Russian or the Hapsburg Empire, was one of establishing cultural/religious and political identity and attaining collective rights and as such prioritized contacts and arrangements with the dominant political forces, or society, and not with each other, i. e., with other marginalized or subordinate groups.4 The notion of common cause, of seeing political and social reality not in zero-sum relations, and especially the notion of solidarity in the face of the dominant political forces was to appear only at the end of the 19th and basically only in the early 20th century. *** Generally speaking, in the course of the 19th and into the early 20th century Ukrainian literary depictions of Jews and Ukrainian-Jewish relations appear through three stages and modes: the stereotypical-collectivist, the “realist” (ranging from a negative and hostile to a positive and accepting stance) and the political and “solidarist.”5 They constitute stages and in the overall process they appear in succession and establish a basic diachronicity, in effect marking an evolution of literary perceptions and articulations of this relationship. They are also modes, however, that in greater or lesser measure overlap and co-exist – and within this time frame, in effect both the 19th century, and even more so perhaps in the 20th century, they mark out the “levels” or implicit audiences in the literature – again, with particular reference to this relationship.6 The first stage and mode, which draws primarily on stereotypes and articulates an implicitly collective sense of the other is also essentially the most archaic and reflects not only a reliance on tradition, collective othering, and various folkloric or oral versions of historical events but also the distance and lack of 3 Cf. Кудрявцев П. Єврейство, євреї та єврейське справа в творах Івана Франка // Збірник праць єврейської історично-археографічної комісії. – Том II. / Під ред. А.І. Кримського. – Київ, 1929. Cf. also the considerable work done in this direction by Jaroslav Hrytsak, cf. his, Prorok u svojij vitchyzni: Franko ta joho spil’nota, Kyiv, 2006. 4 In the first part of this article I am drawing in large measure on my earlier paper on “The Jewish Theme in Nineteenth and Early Twentieth-Century Ukrainian Literature,” Ukrainian-Jewish Relations in Historical Perspective, Peter J. Potichnyj and Howard Aster eds., Edmonton, 1988, pp. 327–342. 5 Cf. ibid. 6 Cf. ibid., passim.

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interaction between the two societies as well as generalized grievances and perceptions of hostility. Central for this mode and expressed both in the oral dumy (dating back the 17th and 18th centuries and perhaps earlier) and in a critically important work that helps usher in the modern period of both Ukrainian literature and historiography, namely the anonymous Istoria Rusov (published in 1846, but circulating in manuscript already in the 1820s), is the topos of the Jew holding the keys to the Christian church. As presented in the Istoria Rusov, it epitomized the “unnatural” and hostile nature of the Jewish presence, essentially its collusion with the Polish persecution of Othodoxy. In effect, it was the stereotype at its most militant and incendiary.7 In this mode the Jew, as in Nikolai Gogol’s novel Taras Bul’ba (1835 and 1842), or Ievhen Hrebinka’s novel Chaikovsky (1843), Mykola Kostomarov’s drama Pereiaslavska nich (1841), is either a spy or agent of the Poles; at the very least, an untrustworthy go-between or trickster.8 In his poem Hajdamaky (1841–1842) Taras Shevchenko basically follows the same pattern, although the role of the Jewish innkeeper Lejba is more nuanced – he is not monochromatic and he is also presented as a victim of Polish violence. Beyond this poem, moreover, in the overall fabric of Shevchenko’s poetry, the Jewish presence is not emphasized. In his prose, for example his last short novel Progulka z udovolstvijem i ne bez morali (1856–1858), the Jewish characters are presented with some irony, but hardly with hostility. A much more substantive and even programmatic approach to this theme is found in the writings of Pantelejmon Kulish, made all the more important in light of his role as a leader of the mid-19th century Ukrainian literary revival. His early, highly Romantic poem Ukrajina (1843), which itself is stylized as a history told through the medium of oral lore, specifically the dumy, unabashedly elaborates on the “keys to the church” topos.9 Its underlying “historiographic” axiom is 7 Thus: “The churches of those parishioners who did not accept the Union [with Rome] were leased to the Jews and for each service a fee of one/five talers was set, and for christenings and funerals a fee of one/four zlotys. The Jews, unreconciled enemies of Christianity, universal wanderers and outcasts, eagerly took to this vile source of gain and immediately removed the church keys and bell ropes to their taverns. At every Christian need the cantor was obliged to go to the Jew, haggle with him, and depending on the importance of the service, pay for it and beg for the keys. And the Jew meanwhile, having laughed to his heart’s content at the Christian service, and having reviled all that the Christians hold dear, calling it pagan or, in their language, goyish, ordered the cantor to return the keys with the oath that no services that were not paid for had been celebrated”; Istoria Rusov ili Maloj Rossii, Moskva, 1846, pp. 40–41. 8 His role is also highly functional as an intermediary in the plot line; cf. a contemporary commentary: Moskovskii vestnik, “These [i. e., literary] Jews are in great fashion; they take their origin from Shakespeare’s Shylock and Walter Scott’s Isaac. He should be an omnipresent figure, to appear everywhere as a deus ex machina, to tie and untie all the knots of the plot.” 9 Thus the totally formulaic conclusion of duma 10 dealing with the period of Hetman Sahajdachnyj (1616–1622), which also coincides with the repercussions of the Union of Brest of

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evident: if the narod believed it and preserved it in its oral lore it implicitly becomes a historical fact. In some later works Kulish continues to rely on the stereotype and its mode of presentation, for example, in the unfinished drama Koliji (1860). And as editor of the journal Osnova (1860–1862) he publishes, under the highly revealing rubric of “z narodnikh ust” (from the lips of the narod, the people), a story “Zhydivs’ka djaka” ( Jewish gratitude) by Mytrofan Aleksandrovych which expands and melodramatically amplifies the stereotype – and uses the oral/folkloric mode as its own essential justification. At this very time, however, he is undergoing а considerable change of attitude as he begins to consider in a positivist key the question of Ukrainian-Jewish relations, in effect moving from the default mode of populism and the quasi-metaphysics of the narod to a rationalist historical and political perspective. In 1858 he organizes a letter of protest against anonymous anti-Semitic articles published in the journal Illjustracija and gets such fellow writers as Kostomarov, Marko Vovchok, M. Nomys (M. T. Simonov) and Shevchenko to also sign it with him.10 Both the Westernizers and the Slavophiles had expressed their indignation at these articles and in mobilizing several prominent Ukrainian writers to take part in this discussion Kulish, in effect, was also strategically highlighting Ukrainian literature and the Ukrainian cause as part of the all-Russian discourse. To this end, the collective letter allows the signatories to formulate in a more forthright way the fraught nature of Jewish-Ukrainian relations, first in the broader context of Jewish-Christian relations: The Jews became, and could not help but become, sworn enemies of people of other religions who heaped abuse on their [ Jewish] faith, their teachers, their temple schools and their sacred customs. Hampered everywhere by the laws themselves, the Jews unwillingly turned to slyness and trickery, and involuntarily sanctified by their religious teachings every unpunished evil which they were able to inflict upon the Christians. The Jews became fanatical in their hatred of Christians. However disturbing may be for us much of what we know of the Jews from reliable written and printed testimony, it can only serve as a measure of the evils to which the unfortunate descendants of Israel have been subjected for so long and so widely. On the other hand, experience proves very convincingly that the hatred of Christian nations toward the Jews has not led the latter

1596: “Отакеє лихо Ляхи на Вкраїні виробляли! / Ще гірше як до Сагайдачного Вкраїна тогді бідовала, / Тяжку наругу од Лахів і Жидів віра христіянська приймала / Проклята жидова церкви божі на оренді держала, / Горілку в церквах, як у шинку, продавала, / Сама проскури скверними своїми руками пекла, / Велику плату за них назначала, / Сама паски к Воскресенію продавала, / Жидівською рукою значок на їх клала. / Отаку-то наругу віра христіянськая од Ляхів і жидів приймала!” Tvory Pantelejmona Kulisha, Tom 1, L’viv, 1908, p. 66. 10 Cf. Taras Shevchenko, Zibrannja tvoriv u shesty tomakh, (ZTST), Kyjiv, 2003, vol. 6, pp. 534– 537.

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to any good, and that only unhindered education and equality of civil rights can cleanse the Jewish nation of all that is hostile in it to the people of other faiths…

And then more specifically. For the Ukrainian voices raised in this issue, the letter continues, […] are of particular importance in this affair, for they express the opinion on the Jewish question of that nation which more than the Great Russians and the Poles has suffered from the Jews, and in days gone by expressed its hatred toward the Jews in thousands of bloody victims. The [Ukrainian] people could not delve into the cause of the evil, vested not in the Jews but in the religious and civil order of Poland. [They] [a]venged [themselves] on the Jews with such simple-hearted conviction of the justice of the bloodletting, that [they] even glorified [their] terrible feats in [their] genuinely poetic songs.11

As much as Kulish continued to value folklore and oral traditions, he also embarked – precisely in the enlightened spirit of this collective letter – on a revisionism of inherited historical views and cultural attitudes, beginning with the unquestioning, populist justification of peasant rebellions and mass violence. A major focus of his critique, especially in his Maliovana hajdamachchyna (1876) are the hajdamak uprisings of the 18th century, particularly the last and most bloody of these, the kolijivshchyna of 1768 which served as the canvas for Shevchenko’s Hajdamaky.12 In the following decades Ukrainian literature marks, at first quite tentatively, a shift to a more realist, in effect socially and economically focused depiction of Jews. An enabling historical development in the Russian Empire were the reforms of Alexander II (in 1859, 1861 and 1865) which partially opened the Pale of Settlement to different classes of Jews (respectively merchants, university graduates and medical professionals, and craftsmen) and brought them into contact with Russian society. This, of course, was not the case in Galicia and the Hapsburg Empire in general where different social structures and conditions were in play, but the writings of Franko, as we shall see, do become the main component in this development. At the end of the 19th century, as reflected in two short stories by Modest Levytskyj, “Shchastia Peisakha Leidermana” and “Porozhnim khodom,” or Tymofii Borduliak’s short story “Bidnyi zhydok Ratytsia” (1899) Jewish characters are depicted with sympathy and as part of a general frame of shared economic tribulation and even more so shared common humanity. In the first decade of the 20th century, for example in Hnat Khotkevych’s drama Lykholittia and Volodymyr Vynnychenko’s drama Dysharmoniia, both

11 Ibid., pp. 222–223. 12 Cf. my Shevchenko’s “Hajdamaky”: the Poem and its Reception, Kyiv, 2013.

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published in 1906 and still well before the world war, revolution and upheaval of values and attitudes that they generated, the depictions of Jews and JewishUkrainian relations become considerably deeper and probing. In Khotkevych’s work they postulate a solidarity that transcends ethnic and cultural biases. In the case of Vynnychenko – and fully in keeping with the overall complexity of his vision of Ukrainian affairs and their tragic intractability – his play is considerably more somber as it questions the very possibility of such solidarity in the face of massive communal and ethnic violence. In either case, however, UkrainianJewish relations are presented with unprecedented insight and sensitivity. *** Within this development, which spans decades and involves a rapid expansion of the Jewish theme in Ukrainian literature, Franko stands out in at least two ways. Above all for the sheer number of works that address this theme, but also for the intensity and acuity, and at times indeed harshness of his focus. In effect, no other Ukrainian writer of this period devoted so much attention to the relations between Jews and Ukrainians. If one goes beyond the bounds of literary creativity, and includes critical, historical and publicistic work this attention, of course, becomes even more pronounced. At the same time, however, it is nuanced and differentiated, both formally and in terms of its historical development. Thus, not all works in which Jews appear and relate to Ukrainians address this in a deeper or thoughtful way; sometimes, the Jews are merely part of an ambient social reality. For the most part they are presented through a realist poetics— although that is hardly consistent, and at times Franko is not only varying it with non-realist, in effect symbolist moments, but also consciously experimenting with or reformulating that realist poetics. In terms of the larger picture, the Jewish theme in Franko’s fiction is couched in each of the three modes discussed above – the realist and analytical (with its central focus on economic relations), the political and solidarist, and, expected or not, the stereotypical as well. The fact that all three modes appear in his work is significant in its own right and also seems to be an exception to the apparent evolution of the Jewish theme that was discussed earlier. Franko also clearly sharpens and problematizes this theme in an unparalleled way. When approaching Franko and his literary works one needs to address another, indeed essential contextualizing frame. As much as he is writing on the Jewish theme, and as many different works as he devotes to it, he is also at the same continuously involved in a range of other, non-literary activities – to which he is clearly devoting much attention. In short, along with writing fiction and poetry Franko, throughout his career, is intensely involved in publicistic and political work (for which indeed he is three times arrested and imprisoned), in

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scholarship and translating, in various broadly phrased publishing and translating efforts and so on.13 (Not least of all, his literary activities are largely if not exclusively his basic source of income; he is clearly producing – and recycling – literary works, often in various languages, to make ends meet.) While this is not in the center of our focus here, it clearly modulates and contextualizes both the specific theme and his overall belletristic mode – particularly with reference to political and social values, ideas and ideology. The interrelation of these different facets of Franko’s creativity, as we shall see, is crucial to our understanding of both the entirety of Franko’s role as writer and thinker and the character of any constituent moment – specifically here his treatment of the Jewish theme. It will also become abundantly clear that for all the massive attention that has been paid to Franko in the frame of the Ukrainian literary and historical canon, some fundamental issues still have not been adequately formulated and addressed. *** Tellingly, the Jewish theme is broached in Franko’s earliest prose piece, the short novel Petriji i Dovbushchyky (first published in 1875–76 when Franko was only 19 and just beginning his university studies and competing here for a literary prize, as he later put it – to make ends meet14). As artistically problematic and flawed as the novel is, it still clearly deserves our attention and we shall return to it later, but in a frame that involves a symbolic rather than a purely chronological dimension. The emergence of the Jewish theme proper in Franko’s writings is usually seen in the very early stories and novels devoted to the Galician town of Boryslav and its radical transformation by the rampant capitalism of the new oil drilling and mining industries. This includes his cycle of stories Boryslav, subtitled “Kartynky z zhyttja pidhirs’koho narodu” published in 1877 in the journal Druh and later that year as a separate collection, and the novel Boa constrictor, published in installments in 1878 and then as a separate book in a much revised second version in 1884.15 A continuation of the story is found in the unfinished novel Boryslav smijetsja published in installments in the journal Svit in 1881–82.16 In all of these works the agents and implementers of capitalism are the Jews—in fact they are presented exclusively in that capacity. 13 Cf., Bohdan Jakymovych, Ivan Franko—vydavec’: knyhoznavchi ta dzhereloznavchi aspekty, Lviv, 2006. 14 Cf. his Postscriptum to the second edition which appeared in 1913, Ivan Franko, Zibrannja tvoriv u p’jatdesjaty tomakh (ZTPT), 22, Kyiv, 1979, pg. 486. 15 Cf. Ivan Franko, ZTPT, 14, Kyiv, 1978. For an overview of the textual emendations made by Franko between the two editions of Boa constrictor cf. ibid., pp. 453–469. A third edition was written in 1905–07. 16 Cf. Ivan Franko, ZTPT, 15.

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The three stories of Boryslav, “Ripnyk,” “Na roboti” and “Navernenyj hrishnyk” constitute an overarching morality tale: the inexorable destruction of “natural” and organic Ukrainian life by the encroachment of a heartless and exploitative capitalism. While admitting in his foreword to the stories some tangible benefits (the production of oil for local consumption and for export) the overall legacy of Boryslav, is that of a “quagmire into which the whole region [Pidhirja] is sinking and wasting countless lives of the nation’s citizens”; bearing witness to this becomes the writer’s imperative: Довгі літа мав я спосібність придивлятися тій страшенній експлуатації, що, мов зараза, шириться щораз дальше, росте ураз із зростом нужди і недостатку в народі, і мав я спосібність оглядати й немало сумних-сумних наслідків її. Не говорю уже о жителях самого колишнього села Борислава, що з малими виїмками майже всі пішли по жебрах. Борислав висисає вздовж і вшир всі сусідні села, – пожирає молоде покоління, ліси, час, здоров’я і моральність цілих громад, цілих мас.17

The three stories proceed to illustrate this with growing intensity and pathos. The first of these, “Ripnyk” (The Miner) recounts the story of Ivan who leaves his parent’s home in the village, spends all their money, and his inheritance, carousing in Boryslav, gets with child the women who loves him, but then spurns her to continue with his depravity, and only when she dies (literally freezing to death outside his door – while still cuddling her newborn) he realizes his sin and returns to his village with his child determined to right his ways. The second, longer story, “Na roboti,” (At work) departs from the rhetoric and mawkishness of the first as it introduces on the level of technique a collage of monologues of workers recounting back-breaking labor and of hallucinations resulting from prolonged exposure to noxious fumes in the mines. The realism that is putatively proposed here – the inhuman conditions in the mines, merciless exploitation of the workers – is continually pulled in the direction of phantasmagoria and a kind of allegorical symbolism. Through it, however, the underlying ideological proposition identifying capitalist exploitation with the Jews is made palpably clear and indeed given trans-rational, symbolic validation. Thus in the section “Dyvnyj son” (A strange dream) the worker sees a woman-apparition and the following exchange occurs: – А знаєш ти, – питає, – що то таке на тобі, – тоті шнури? – Ну, – кажу, – шнури, линви! Або хіба що? – Дурний ти, – каже, – та й не знаєш? Сліпий ти, та й не видиш! То, небоже, – жидівські руки, жидівська хитрість, що тебе обпутала. От дивися, – ту тепер пусто скрізь, – а перше ту людей багато бувало. А знаєш, де вони тепер?

17 Ivan Franko, ZTPT, 14, 275–6, here p. 276.

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He replies, of course, that he does not. And she then identifies herself as the spirit of the poisonous miasm of the mines, “Zadukha,” and shows him the bottomless pit where he and everyone else who works there is fated to die.18 In a later passage, she elaborates on the practical or realist incarnation of these fetters that keep him shackled to the mines by describing the wiles of the Jews who to maximize their profits collude to keep the workers impoverished, ever in debt and ever dependent.19 In the final and longest story, “The Sinner Redeemed,” the same cautionary tale is told in much greater detail and with a new twist: now the Ukrainian peasants themselves try to emulate the Jews and use their land to try to extract oil from it. After all, the Jews have only success when they engage in these ventures – why should the peasants not try it? But success does not come their way, as the narrator puts it at the outset: Сто їх взялося відразу до копання. Лиш шість-сім прийшло до маєтку. А другі? Другі опісля копали знов на своїх грунтах ями, видобували кип’ячку і віск – для жидів. Чому ж воно так пішло? Чому щастилося жидам, а не щастилося газдам? Згадайте, коли мудрі! 20

In fact the story is doubly cautionary. The hero, the peasant (“gazda”) Vasyl Pivtorak is one of the richest peasant landowners in Boryslav, and he is clever and professes an unsentimental, realist attitude (“life is a struggle, eternal, ceaseless,” one must continually adapt to it, and so on) – and yet the entire story is a catalogue of disasters: two of his sons die in the mine and he has a falling out with the third; all his expectations as to his venture into capitalism turn out to be false (and in the process the Jews trick him in their dealings) and in the end he dies an utter pauper, his life and family destroyed. The very title of the story, his alleged “repentance” is but part of the self-serving, hypocritical and mendacious sermonizing of the Ukrainian priest – a parasitic character as much as any other. No structures, not capitalism, not the church with its tales of salvation and redemption and miracles, certainly not the law with its consistent collusion with the rich (i. e., the Jews), and also certainly not other peasants can offer any help or remedy. As Ivan, Vasyl’s last remaining and estranged son senses as he sits in a tavern, as always drinking away his money and numbing his consciousness: “the people whose voices he heard around him were just like him, wretched, homeless, without kith or kin and only with their babble trying to shake off the ceaseless

18 Thus: “You are stupid, you know, and you haven’t a clue. You’re blind and you don’t see. That, my dear, are Jewish arms, Jewish cunning that has entangled you.” Ibid., pp. 295–6. 19 Cf. the section “Zhyttja ripnykiv,” ibid., pp. 305–306. 20 Ibid., p. 309.

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fear and searing misery.”21 The answer why this is so is not given directly, but it is certainly implicit – and ambient. Franko’s major continuation of this inquiry in the novel Boa constrictor (1878), also does not give the answer directly, but instead presents a new and more extensive examination of the basic problem – as the author sees it. The earlier Boryslav stories had anatomized the fate of the victims, with the last of them, “Navernenyj hrishnyk,” suggesting that victimhood is perhaps the “natural” Ukrainian order of things. (For other than through some transcendent “fate,” why should someone as successful in all things as Vasyl Pivtorak, begin, like Job, to suffer disaster after disaster as soon as our attention is turned to him? And this “naturalness,” or inevitability, or fate is in the air – and is reinforced by the “natural,” implicitly traditionally Ukrainian, i. e., folkloric/oral mode of the narrative.22) Now, the novel (formally a povist’, i. e., short novel) provides a detailed look at the life, deeds and especially the making of a capitalist, a boa constrictor. The story of Herman Gol’dkremer, the Jewish capitalist, is also, as is now generally asserted, an articulation of Franko’s then current fascination with naturalism, especially as practiced by Emile Zola.23 A number of the features usually associated with the naturalism of his rendition were already in play in Franko’s Boryslav stories – the general sense of pessimism and an implacable fate hanging over the setting, or specifically over the victims; the ambient sense that the degraded environment, the unremittingly bleak landscape and destitution of Boryslav, have a determining influence on the events and characters in the drama; and the presumption – given the often outlandishly unrealistic, melodramatic, mawkish and, in short, pot boiler plot more a conceit than actualized presumption – that the author is presenting us with an objective picture of 21 Ibid., p. 367. One reading of this predicament – which has become conventional and is often repeated on the internet—is that Franko is depicting the collapse of a “natural,” patriarchal order; thus Tamara Hundorova: “‘Ripnyk,’ ‘Na roboti,’ ‘Navernenyj hrishnyk’ are stories that in almost a serial way anatomize the collapse of a traditional patriarchal way of life and of the ‘natural’ peasant character, and particularly the moral laws of friendship (‘pobratymstvo’), family ties, the law of the father, and religious faith which are their bases.” Franko ne kameniar / Franko i kameniar, Kyiv, 2006, pp. 39–40. A closer reading might find this to be somewhat problematic – especially, as can readily be shown, regarding the question of religious faith, and its structured carrier, the Church. The larger issue still remains: what is the nature of the “good life” that is being destroyed and that Franko clearly so passionately decries. Cf. below. 22 Thus e. g., “Василь Півторак був свого часу один із найзаможніших газдів на весь Борислав. Поля у нього було достатком, худоби, і хліба, і шмаття, – ба й грошенят готових дещоденещо найшлося. Прцьовитий, ощадний, любив порядок,—тож і все йшло у ньогоі порядком і статком”; ZTPT, 14, pp. 307–308. The diction is indistinguishable from that of Kvitka or Marko Vovchok – i.e, of one or even two (literary) generations earlier. 23 Franko’s interest in Zola is reflected in several articles written at this time, cf. especially “Emil’ Zola, zhytttjepys,” published in Svit in 1881; cf. ZTPT, 26, Kyiv 1980, pp. 109–114. Cf. also Tamara Hundorova, op. cit., the chapter on “Naturalizm,” pp. 36–95.

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objective reality. The other key element that is clearly a mainstay of Zola’s fictional world and is now introduced by Franko quite directly is the issue of heredity – with its corollary of degeneracy. Accompanying that, in turn, and already evident in the earlier stories is an augmented awareness of Darwinism and its projection of “the survival of the fittest.”24 (The degree to which this interest in Darwin and evolution impacts his understanding of social reality, in effect translates into some acceptance of social-Darwinism is an open question, although one may assume that Franko’s basic democratic and humanist bent, and the decisive influence on him of Drahomanov would temper such proclivities; cf. below.) At the same time the naturalist features predating and first activated in Boa constrictor coexist with a range of traditionalist, particularly populist and melodramatic moments that make Franko’s fictional work, as is often the case, highly eclectic – and highly flawed. The conflation of the two, the naturalist (cum-Darwinist) on the one hand and the sentimental on the other, is evident in the way the eponymous boa constrictor – i. e., the capitalist Herman Gol’dkremer – is prefigured and introduced at the very opening of the novel. It comes by way of a detailed, page-long description of a painting that hangs in Herman’s Boryslav office and which has a special fascination for him and which he is wont to contemplate – of a python in a Bengali forest crushing in his coils a gazelle (and as the narrator cannot resist in informing us, it is most likely the mother of the other gazelles that are depicted as scattering – all of them now doomed to be orphans, alas). The namby-pamby of this Bambi-avant-la–lettre detail (and literature – like science and Darwinism – is in the details) is telling; more telling still is the drawn-out attention the narrative pays to this allegory – imputing literary (symbolic? pragmatic? existential?) validity to a sentimental and kitschy trope. Much of the plot of Boa constrictor – to the extent it deals with the workings of the adult Herman Gol’dkremer, the capitalist, his making of deals, his machinations with his workers, etc. – revisits themes and topoi we already saw in the Boryslav stories and does not bear repeating. What is interesting, however, is the focus on the young Herman, his childhood and early years, which constitutes a significant departure for Franko’s treatment of the Jewish theme. In short, within the frame of his childhood and youth Herman becomes much more real and altogether human; in fact, at this stage, quite sympathetic. In fact, through this sketchy depiction of Herman’s youth, not just he, but the larger Jewish environment is introduced here in the guise not of exploiters or parasites, but of poverty, and of common humanity. Apart from his destitute beginnings, the depiction of which, and especially the death of Herman’s mother from cholera, is 24 Cf. his articles, “Mysli o evoljuciji v istoriji ljudskosti,” (Svit, 1881), ZTPT, 45, Kyiv, 1986, pp. 84–90 and passim and “Shcho take postup,” (Postup, 1903), ibid., pp. 300–348.

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brought out in stark naturalist images, the basic emphasis is on the still more fundamental contrast between city and countryside – to which the young Herman is taken by Itsyk Shubert who takes him in when his mother dies. Itsyk’s pleasant and supportive nature and the change from the fetid environment of the town to the openness and freshness of the countryside is nothing short of lifegiving: […] малому Германові, що на своїм віку не зазнав ні ласки, ні вигоди, ні пестощів, аж тепер відкрилася нова, ясніша сторона людського життя. Уже само життя на чистім,– здоровім воздусі було для нього великим щастям. Він, що довгі літа, перші свої літа, душився в затхлім, нездоровім воздусі перелюдненого, нехлюйного передмістя, тепер повними грудьми, розкішно надихувався чистого сільського воздуху, аж йому кров живіше грала в тілі і світ крутився, мов п’яному.25

With Itsyk, the young Herman works as a rag picker, travelling the byways of the Pidhir’ja region26 collecting rags and ekeing out a living. For all the privations, the subsistence existence and the constant haggling of their trade, their dealings with the peasants are described without a hint of enmity: the Jews and peasants are shown as part of a larger and implicitly organic whole. Thus when later in the story Itsyk is mortally injured in an accident during a storm the peasants solicitously bring him back to his house and give him the first aid they would to any member of the community – and commiserate at his demise.27 This idyllic picture of healthy and organic co-existence is not only set in the countryside – it is also in the past, which Herman recollects in his musings on his childhood and early years that occupy the first part of the novel. In the present, and in the city, the relations between the Jews and the Ukrainian deracinated peasants are thus melodramatically cast in the mold of a Darwinian struggle for survival imposed by a primordial and ruthless capitalist system, a Manichean jungle where the prominent (indeed only) players are the naïve and heedless gazelles and the cold and calculating boa constrictors. In turn, organicity and the healing power of nature are replaced by a landscape of trash, degradation and corruption. These archetypal moments, adumbrated by Darwinian and Marxian readings and ideologems, and even more by the thinking of Mykhailo Drahomanov, merge into Franko’s version of naturalism, in which he openly invokes the practice and authority of Emile Zola, the foremost literary practitioner of that

25 Ivan Franko, ZTPT, vol. 14, p. 381. 26 I.e. the foothills of the Carpathians where Boryslav and Drohobych are located. 27 Thus for example: “При помочі селян, котрі почали увиватися, немов тут ішлося про рятyнок їх наймилішого свояка, перемито рани, і тоді аж можна було розглянути, що таке покалічено у Іцка.” ZTPT, vol. 14, p. 391.

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style.28 Along with an emphasis on the bleakness of the setting and on the unchallenged power of capital and its suborning of all aspects of social life, there is, as noted, also the focus on heredity and, inevitably, degeneracy as well. Thus the story of Herman’s life seems to follow a pattern of double determinism: on the one hand by virtue of his cleverness and business instinct, and strategic moments of good luck, he is almost fated to become a financial success, a millionaire. At the same time, just as in a morality tale, his personal life turns into a nightmare: his marriage – which from the beginning he saw as a way of improving his finances and swelling his business – quickly becomes loveless and his wife, Ryfka, who in her youth was attractive and vivacious, if neither well-educated nor talented, turns into a harridan. His son, Gotlib, even as a child, is an unruly, vicious, goodfor-nothing, a degenerate: Готліб відмалу перемінювався поволі в якогось кобольда, в якогось духа-мучителя, котрому все на заваді, все в дорозі і котрий все старається змести і знищити, до чого може тільки руку приложити. Стіни в його покої повні були дір, виверцених в мурі ножиками, а тут-таки в тих дірах, виднілися ще поламані вістря ножиків. Слуги і служниці мали з ним істе пекло: ніколи не дав їм спокійно перейти попри себе, щоб не швякнути батогом, не вдарити каменем, не бризнути болотом.29

Later, when he is older, his major plot function is to demand money from his father, as he does in a fit of rage at the end of Chapter II.30 The full meaning of his degeneracy, however, is revealed at the very end of the novel. In a dream Herman sees himself transported into that primordial jungle scene, i. e., the setting of the boa constrictor which he so often contemplated in his study. He sees the running gazelles, takes a few steps and then feels himself seized by that very python; his coils wind around him, crushing him to death; his end is near. But with a superhuman effort he breaks free – and wakes to see that it was Gotlib trying to suffocate him. When he throws him off and in a daze asks what this is all about, all Gotlib can do is curse and demand “money!” “now!”: “Прокляття на тебе, прохрипів ідіот. –Грошей хочу, давай сюди!”31 Gotlib’s role as incarnate comeuppance for Herman’s life in the service of mammon is about as obvious as this melodramatic attempt at parricide. To make totally sure that the reader does not miss any of the symbolism here Franko provides a final vision in which Herman sees the boa constrictor for what it really is – the all-powerful, crushing coils of money, silver and gold: Га! Що за думка блисла на раз у Германовій голові! Се не вуж, се безмірно довга, зросла докупи і оживлена чарівною силою зв’язка грошей, срібла, золота блиску28 29 30 31

Cf. fn. 23. Op cit., ZTPT, 14, pp. 402–403. Ibid., pp. 406–407. Ibid., p. 432.

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чого! О, так, се певно так! Хіба ж весь блеск, що б’є в очі від вужевої луски —хіба ж се не блеск золота і срібла? А сесі різнобарвні латки на нім, хіба се не різні векслі, контракти, банкноти?.. О се, певно, се не вуж його обводив своїми велетними звоями а його власне багатство! А як злобно, як люто глядить на нього зацарована потвора! Вона певна сбоєї добичі, вона знає, що її металевими перстенями, її горючому блескові ніхто не уйде! Вона знає що найнапевніше не уйде їй Герман, бо він на дні пропасті, він жертва розпуки, в—й вона, вона завела його сюди.32

At this epiphany Herman roars like a wounded beast (“Він заревів, мов ранений звір, аж вікна задзвеніли від його реву”) and rushes out of his house, to wander the streets pursued by pangs of guilt at his deeds, especially the mysterious disappearance of one of his workers, Ivan Pivtorak. Finally, at the outskirts of the city he comes upon some huts where his miners live in abject poverty, peers into the one where a widow is lit, and, lo and behold, sees the widow of Ivan talking with his friend and from their conversation realizes that Ivan was murdered for his wages and that Herman’s foreman, Moshko, is the likely perpetrator. Overcome by guilt, Herman throws a handful of silver coins through the window and flees the scene. In a second redaction published in 1884 as a separate book, along with editing some of his egregious over-writing, Franko adds a short final passage where in a jaded tone he informs his readers that in the end nothing really changed, Herman did not become a good man and remained a cold and scheming speculator. And Moshko was not found out for his murder, despite attempts at legal recourse by Pivtorak’s widow and friend; for no court can help the oppressed – they must do so for themselves.33 In a still later, considerably longer and revised third version published in 1907, the plot is significantly changed: Franko introduces Herman’s Jewish partner Volf who helps him get a start in business, and opens an adventure subplot of a run-in with Jewish gangsters who kill Volf and try to frame Herman, amplifies on Herman’s wife Ryfka and her madness, and especially expands on the character of Herman’s son, here called Duvidko. His degeneracy is not simply asserted as in the earlier versions, but dramatized as when (after reading crime novels like Rinaldo Rinaldini or those of Eugene Sue) he tells his father that he wishes to torture people and listen to their moans or, near the end, when he acts out his sadism as on a whim he sets his father’s mine worker’s barracks on fire – and causes the death of a number of workers – just for the thrill of it. For his part, Herman, unexpectedly dies in a mine blast set off by his bitter Jewish rival Itsko Tsanshmertz (who is also killed by the blast).

32 Ibid., pp. 434–435. 33 Ibid., pp. 468–469.

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In all three versions the melodramatic tone and content, and the pot-boiler plots, are all-too-obvious. (The last version, to be sure, shows considerably greater control and mastery of the plot – even as it introduces lurid and sensationalist details – thus at the end the blast that kills Herman also blows up Itsko and projects his head, as a kind of canon ball, from his mine shaft into that of Herman.34) One might wonder whether the author is toying with the reader, or injecting a subtle form of self-parody (as for example with the reference to Rinaldo Rinaldini, which clearly impacted Franko’s own Petriji i Dovbushchyky) – were it not for the consistency with which he skirts, or indeed slides off into, bad writing: the infantile-sensationalist plots, the lack of any psychological depth to any of the characters, the constant preaching, the unabashed sentimentalism and so on. More specifically, and to the same point, one can see that the constant recycling of stories – not just by re-writing them in different versions, but also recasting them in other languages, i. e., Polish and Russian35 – and the sheer mass of the production (which also results in many unfinished works), as well as the straitened circumstances of Franko’s life at the time, clearly point to fiction writing that is at times generated by economic rather than artistic exigencies; by hack work, in short. The fact that this issue has not been confronted in a straightforward manner in the critical literature is a problem – and directly impacts the theme in question. Both the first (1878) and the second (1884) versions of Boa constrictor already suggest that the task the writer is setting for himself is not just to represent reality-as-it–is, but to also show it as it ought-to-be – whether for ideological or moralistic reasons or, indeed, for pot-boiler effect. The caricature, or cartoon, nature of Gotlib is a case in point. Another is the ending of the first version of Boa constrictor, i. e., Herman’s attempt at expiation by throwing the money (the “silver coins”) through the window – which is then thematized and overwritten in the second, 1884 version. The case of Franko’s “continuation” of the novel in his unfinished Boryslav smijetsja will make this amply clear. But already in Boa constrictor it is apparent that the picture of city life, and within that the workings of capitalism, and along with that the world of the Jews and of his main character Herman – are only faint approximations: Franko does not know this world well at all. In large measure he knows (and certainly empathizes with) the world of his Ukrainian characters, and when the context is the village and the countryside – then also the world of the Jews that live there. But the city he shows is also seen through this perspective, and while it may intimate the tensions that exist across the Ukrainian-Jewish divide it does not come to grips with the Jewish world – even while claiming to depict it. At most it does so as a simulacrum, an ap34 Cf. ZTPT, vol. 22, p. 207. 35 Cf. fn. 47.

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proximation; at worst, through a set of stereotypes. Its overall depiction of Jews is not guided, however, by an innate or essentialist sense of confrontation or hostility, rather it grounds this opposition on the economic sphere – and on an archetypal contrast of city and countryside. For his immediate, pragmatic purposes his version suffices perhaps: it tells his implied Ukrainian audience a cautionary tale, “unmasking” as it were the inner world of the capitalist and revealing its joylessness, and the delusion that wealth and power can be an end in themselves. Herman’s epiphany in the first version and his demise in the third seem to provide a symbolic victory over the seemingly all-powerful python, but the larger issues, including moral ones, were not really confronted or even well articulated. Boryslav smijetsja was serialized in the journal Svit in 1881 and 1882 and left unfinished after the 20th chapter when Svit stopped appearing after September 1882. Franko’s archive shows plans for seven more chapters.36 In various respects (and echoing the practice of Emile Zola) it continues the earlier Boa constrictor by presenting the same core characters – Herman, Ryfka and Gotlib – and introducing a cast of new ones.37 It continues or alludes to some plot lines from the earlier work (the killing of Ivan Pivtorak, Ryfka’s madness, etc.). Most importantly, however, it introduces the theme of workers rights, agitation and strikes and thus attained a highly prioritized role in the Soviet Ukrainian critical canon. By virtue of this theme the Ukrainian-Jewish opposition is cast as a confrontation of labor and capital – although the ethnic and implicitly essentialist divide also remains.38 For its part, the introduction of new Jewish characters, specifically the capitalist Leon Hammershlag, allows Franko to differentiate and nuance that setting, in effect to humanize it through the liberal and enlightened attitudes of Leon, but it’s overall profile remains largely the same as in Boa constrictor even while particular moments – more details as to Ryfka’s mad behavior (her scandalous treatment of Leon when he visits their home),

36 CF. ZTPT, vol. 15, pp. 499–500. 37 In a letter to A. Wislicki, the editor of Przegla˛d Tygodniowy, Franko speaks of Boryslav smijetsja as “the second part” of Boa constrictor; cf. ZTPT, vol. 48, p. 466; cf. also Mykola Lehkyj, “Shche odna zahadka frankovoho tekstu”, Visnyk lvivs’koho universytetu, Serija filolohichna, 2010, Issue 51, pp. 10–16. In this same letter one can see Franko speaking about his honoraria, i. e., yet again confirming how his writing was also a means of making a living. 38 A particularly telling moment in the novel when one event is given both an “ethnic” or essentialist and a “class” interpretation is when the ritual of laying a sacrificial object (here a bird) at the foundation of a building is given this commentary, purportedly coming from the Ukrainian workers themselves: “Случай з Бенедьом щемів іще всім унутрі, ба і весь той дивний жидівський обряд закладин дуже їм не сподобався. Хто вигадав живу пташину замуровувати? Ніби то принесе щастя? А втім, може, й так… Адже добре то якийсь вигадав: панам весілля, а курці смерть”; PZTP, vol. 15, p.268.

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Gotlib’s own frenzied schemes to extract money from his father and his openness to criminal acts – amplify on the earlier work. On the surface and plot level the novel’s major innovation is its thematization of the workers’ response to the oppression of capitalism through two radically different courses of action: of revenge for injustice, and resorting to violence and crime, as exemplified by the brothers Andrus’ and Sen’ Basarab and such characters as Derkach, Stasjura, Projdevolja, and others on the one hand and on the other the main hero, Bened’o Synytsia who articulates the cause and course of worker self-organization and self-reliance – but not violence.39 As much as this theme and plotline is central to the work and to its critical reception it does not introduce fundamentally new moments into Franko’s depiction of Jews and Jewish-Ukrainian relations: as critics have observed, Jews continue to be defined through the overriding issue of capitalist exploitation, but also implicitly through their ethnicity.40 For its part, Franko’s actual understanding of capitalist exploitation also requires rethinking. The dominance of the plotline (with its genuinely or quasi-marxian ideologems41) and its subsequent interpretations tend to blur two important developments in Franko’s approach to his fiction. One is the fact that this novel also introduces Franko’s discovery of the “idealist” component of his “realist” agenda, in effect his realization that in the social frame, in “social reality,” “the real,” not only may, but should contain elements of the “typical” or “ideal” – and thus show the “true direction” or “development” of society. This, in effect, is what he articulates in his letter to his colleague and then friend Mykhajhlo Pavlyk where he speaks of his need to articulate an “ideal realism.”42 As his later practice 39 Cf. Chap. 4 where they begin articulating their plans; Chap. 13 for the depiction of the robbery of one of the capitalists, Itsyk Bauch; Chap. 14 for the beginning of the strike, etc. 40 Cf. e. g., Alois Woldan, Die “Hölle von Boryslav” – Arbeiterelend in Galizien, in: Literatur im Kontext: Ein gegenseitiges Entbergen, hg. von Herbert van Uffelen/ Wynfried Kriegleder/ Ewald Mengel/ Alois Woldan, Wien 2010, 67–82. 41 Thus in his piece on “Marxism” in the Ukrainian Encyclopedia John-Paul Himka argues that, “Drahomanov, Pavlyk, and, later, Franko developed radicalism as an alternative to Marxian socialism.” cf. http://www.encyclopediaofukraine.com/display.asp?linkpath=pages%5CM% 5CA%5CMarxism.htm. 42 “Тай ще одно щодо самого реалізму. Штука хитра, але далеко не позитивна. Який реаліст Доде і, на око, так дуже на документах стоїть, а більша часть його типів – скривлені, виїмкові, нетипові люди. […] А мені здається, що замість тратити силу на студіювання тисячі дрібниць (мало значущих і мало характеристичних) à la Золя і Флобер, ліпше б нам робити так, як реалісти німецькі, як Шпільгаген у своїх кращих творах. […] Звісна річ, реалізм не такий яркий, як у французів, але не о то йому йде, щоб змалювати не само, що так скажу, тіло сучасного чоловіка і сучасної суспільності, але думки, змагання, боротьбу. Се є реалізм ідеальний котрий приймає реалізм яко методу, а ідеалізм (не ідеалізування людей, але представлення людей з їх добрими і злими боками, а главноє – представлення типів, котрі б уособляли в собі думи і змагання даної доби, – представлення розвитку суспільності) – яко зміст, яко ціль” [ZTPT, vol. 48, p. 331]; cited in Mykola Lehkyj, “Shche

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would show, this would devolve on his depiction not so much of reality as oughtto-be-reality – and as such anticipates the canonized practice of Soviet socialist realism (without, of course, implying support for the attendant censorship, regimentation, mendacity and so on).43 To this we shall return. The second, more general moment is that Franko is increasingly predisposed to link literary and publicistic writing, in effect to establish a kind of synergy of genres. Thus at the same time as he is publishing in Svit his novel Boryslav smijetsja he is also publishing in that same journal in the course of 1881 a long piece entitled “Mysli o evoljuciji v istoriji ljuds’kosty” which attempts a broad overview of the human condition, but also specifically focuses on the exploitative and destructive nature of capitalism.44 More to the point, just a year or so before he begins serializing Boryslav smijetsja in Svit, he publishes in 1880, in Polish, in the Lviv newspaper Praca (in which from 1878 he was a coworker), a long, serialized untitled piece (under the rubric “Korrespondencya. Drogobycz”) that describes in great detail the emergence of the oil and paraffin industry in Drohobych and Boryslav, their specific, real, owners, Lejsor Hartenberg & Co., Selig Lauterbarch and Hersh Goldhammer, and their inhuman exploitation of workers and the horrific conditions of the workplace.45 The correspondence of detail between this reportage and the Boryslav stories is striking. And it ends with an appeal that is clearly a herald of the fictional work that will soon come to flesh out his argument: Але ви, браття – дрогобицькі робітники – невже ви не відчуваєте своєї недолі, невже вічно думаєте гнути шию і терпляче схилятися, невже власні злидні не переконали вас, що сучасне “покірне телятко” не ссе не тільки двох маток, але й жодної.46

*** Franko’s subsquent fiction focusing on the Jewish theme can arguably be said to develop both the search for an underlying “general” or “ideal” type and a search for an “ideal” solution – even if it is in the realm of “ought-to-be-reality.” The

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odna zahadka frankovoho tekstu,” Visnyk l’vivs’koho universytetu, Seria Filolohichna 2010, Vyp. 51, pp. 10–16. Cf. also Tamara Hundora’s discussion of Franko’s “idealism” in Chap. 1 of her Franko ne kamenjar/ Franko i kamenjar, Kyiv, 2006, pp. 20–35. In fact, late Soviet Ukrainian literary criticism argues, with all apparent seriousness, that the roots of socialist realism – purportedly a world-wide phenomenon, coterminous with Emile Zola and others, and not a Soviet abberation—is to be found in Franko’s Boryslav smijetsja; cf. D. S. Nalyvajko, “‘Boryslav smijetsja’ Ivana Franka v porivnjal’no-typolohichnnomu aspekti,” Ivan Franko – majster slova i doslidnyk literatury, Kyiv, 1981, pp. 332–362, esp. pp. 333, 360 and passim. Cf. esp. Chap. 9, ZTPT, vol. 45, pp. 124–134. Cf. [“Fabryka parafinu j cerozynu u Drohobychi”], PZTP, vol. 44, pp. 52–65. Ibid., p. 65.

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works in question form a series of sketches or vignettes of various Jewish characters written in the late 1880s and early 1890s. In the order of writing these are the short stories “Hava” subtitled “Obrazok z zhyttja pidkarpats’koho narodu,” and first appearing in Polish in 1888 and then also that year in Russian in the Kyivan Kievskaja starina (the Ukrainian version also appeared that year as a separate booklet);47 “Hava i Vovkun” (1890); “Hershko Goldmacher” (1890); and in a different key – but belonging to this series of sketches, “Do svitla,” also in 1890. The short story “Chysta rasa” (1896) provides an ironic counterpoint to the whole search, so to speak. And though appearing in 1900, the novel Perekhresni stezhky also fits into this series, in fact providing a sui generis “ideal” culminating take on the subject. By Franko’s own account, and as reflected in their narrative structure, the short stories “Hava,” “Hava i Vovkun” and “Hershko Goldmacher” were conceived as parts of a projected, but ultimately unfinished novel, “Ne spytavshy brodu,” on which he worked in the mid 1880s until in 1886 he basically gave up the idea; subsequently he published the segments as separate short stories.48 As one can see from such stories as “Na loni pryrody,” “Henij,” “Borys Hrab” and others, the focus was not just on the Jewish characters but on a cross section of society, in effect including Polish and Ukrainian characters and on their interaction in a multi-ethnic Galician community. For this reason, too, the Jewish characters of these stories become somehow markedly “typical” – and this is reinforced by the fact that they are not exclusively defined by economic power, as Leon Hammershlag or Herman Gol’dkremer in Boryslav smijetsja. In the story that is chronologically the first, “Hershko Goldmacher,” the eponymous hero has dramatic ups and downs: a village tavern keeper, he is first rich, manipulating the local landlord at his will, then poor, as the peasants turn on him and burn his place. His sons Hava and Vovkun grow up as urchins and vagabonds. But Hershko again begins to thrive – this time by managing a gang of thieves and everything goes well for a while until the local peasants take the law into their own hands and start killing the thieves – and Hershko too. The story ends with Hava and Vovkun striking out on their own. “Hava” traces the early years of the older son. With no schooling or inheritance he makes his living by his wits – whatever it takes, he survives, and makes a small profit, and turns it into a larger profit, and then into still further profit, until at the end of the story he is a small, but successful capitalist – a petty operator, but clever enough to fool and manipulate the locals into working for him and allowing him to make money on them. The world in which he operates is totally binary: he is clever and the gentile is stupid, and in every situation – not 47 I.e., in Kurjer Warszawski and Kurjer Lwowski; cf. ZTPT, vol. 18, p. 467. 48 ZTPT, vol. 18, p. 479–482.

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many, not most, but in every situation – he can outwit and manipulate him. In effect, this appears as a kind of predestination or fate. In “Hava i Vovkun” the two brothers are reunited again – and again they are out on their luck: Vovkun never was good at making money, but Hava was, and yet he lost it all. They are now back in the countryside having been forced to leave the city – and they are still intent on making their fortune, again. As Vovkun says to Hava as they look over the countryside from a high promontory: Гляди вниз! Бачиш ті ліси чудові, не тикані ще вирубом, ті полонини, ті стада волів і овець, що по них пасуться, мов плавають, у зелені? Все це мусить бути наше! Не віриш? Вір або не вір, а я тобі кажу, що так воно буде, і не за десять ані за п’ятнадцять літ а за рік або два! 49

The scary part of the story is that this may not be a vain boast: the dynamic and evidence of the earlier stories, especially of “Hava,” and before that of the Boryslav stories, is that in a confrontation with the peasants, or the city proletariat who only yesterday were peasants, the Jew will always outsmart them. The story ends with just that as the two brothers are turning a small shooting accident into an opportunity to insinuate their way into the manor house of the local Polish landlord and presumably start a new project of manipulating and outwitting the locals. Their parasitic nature seems altogether apparent, and all but explicit. But the pattern of depictions, or the “national character,” is not all that consistently displayed. In “Do svitla,” a story told in the form of a skaz by an unidentified inmate, the action takes place in a prison and the Jewish character, Jos’ko, who is thrown into a cell with the other prisoners, turns out to be very different – not only in that he, a Jew, is now also a victim, unjustly accused and persecuted, but in that he has noble aspirations – not to make quick money, to turn a shady deal, but to learn, to study. In a pattern that is all too predictable, his fated role of victim plays itself out as he is shot dead by a guard for standing too close to the cell window, which he did because he wanted to be close to the light – so he could read. We also learn at the very end that he was found innocent and was to be released that very day. The sentimental thrust of the story is telling, particularly since it is put at the author’s service, so to speak, of justifying the Jewish character, of stressing his common humanity. Also telling – although at first glance hardly politically correct – is the narrator’s emphasis on Jos’ko’s physical appearance, on the fact that while to all appearances a Jew, he does not behave as a Jew: І бачите, ще одна несподіванка в тім хлопчиськові! Постать на скрізь жидівська, аж відразлива, а в натурі його бачилось, що нічого, ані крихітки нема жидівського. Тихий послушний, без жодної дрібочки тої жидівської самохвалби, до говірки 49 ZTPT, vol. 18, p. 170.

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неохочий, але коли йому було казати що зробити, то звивався як іскра. Було щось таке натуральне, хлопське в цілій його поведінці. Як не було що робити—а що у нас в казні за робота!—любив сидіти в кутику мовчки, скорчений, обчепивши руками коліна та опершися бородою о коліна, тільки очі йому блищаться з темного кутика, як у цікавої мишки.50

This dissonance between the position of the author, whose story generally argues the positive nature and common humanity of Jos’ko, and that of the unidentified but emphasized narrator, whose voice recounts the story that articulates the author’s will, but does so as if reluctantly, as if against his prejudice as to what the Jewish characters are supposed to be (“Постать на скрізь жидівська, аж відразлива…”), is perhaps most telling. In a sense, it seems a planned counterpoint, almost a thematization of cognitive dissonance, where the nature of who and what Jos’ko was and existentially is, has a hard time getting through, and comes through, in fact, against the reflexes and “common sense” that accompany this narrator like they would any other “normal” narrator with all his prejudices; in effect, it is realized through an aporia.51 A direct thematization of this – of the notion of race and of national character as not just a prejudice, but as a hoax, an aporia writ large – is the story “Chysta rasa.” In it the narrator, who sounds very much like Franko, the author, tells of an encounter on a train ride from Budapest to Galicia in the summer of 1895 during which he has occasion to listen to a fellow traveler, a stately Hungarian nobleman, rich and self-assured, traveling with his young and handsome adolescent son, hold forth on various things, not least of them race. (The Jewish theme is very much in the center of the story, there is a Jewish character that ends up taking part in the trip in precisely this compartment through a benign but self-serving gesture of the Hungarian; the notorious ritual blood libel case and trial of Tiszaeszlar of 1882–1883 is alluded to; and even the different status, the pecking order of Jews vis à vis the Hungarians above them and the Ruthenians/Ukrainians below them is all brought out, but this is the background not the central focus of the story.) The focus is straightforward: the Hungarian nobleman holds forth on race, or more exactly on racial purity – and, naturally, its desirability – and his argument is pointed and deadly. There are superior and inferior races. Take the Jews, he says, pointing to his fellow traveler, a poor Jew whom he has just 50 ZTPT, vol. 18, p. 104. 51 Thus too cf. the beginning of part 3, where the narrator tells how the inmates first came to see Jos’ko in the daylight: “Тільки другого дня ми могли добре оглянути новака. Аж смішно мені стало, що а міг учора підразу не пізнати в ним жида. Рудий, з пейсами, ніс витягнутий, як у старого яструба, постава скорчена, хоть на свої літа зовсім не марна, і доброго росту. Поглянувши на нього, бачилося, що на десять кроків чуєш запах жида. А вчора, коли ми його натирали напотемки і тільки слова його чули, зовсім того не було можна доміркуватися!”; ibid.

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befriended by paying for his ticket, but also just threatened to throw out of the train (like he did his pipe) because he, the Jew, didn’t want to right away smoke the cigar the nobleman had offered him instead of his stinking pipe: they are a used up race (“Ся раса пережила вже своє. То стара, зужита проржавіла раса… Є в ній зароди цивілізації, та нема того розмаху, тої сили росту , що в нашій мадярській.”). Yes, the Hungarian race is an up-and-coming race – “…се найважніше. Широкий розмах, енергія!” For look, he continues, pointing through the window at Ukrainian peasants trudging by the track – for they can’t pay for the train ticket: Прошу поглянути на он тих дикарів. – Поперед вікна вагона знов мигнула компанія русинів, мов ключ сірих журавлів у лету на південь. – Тут один позирк вистарчить щоби зрозуміти, що се знов інша раса, дика, непосібна до цивілізації, вимираюча, мов американські індіани при зближенні європейців. До тих руснаків ніякий поступ не доходить, їх ніякий розвій не доторкається, над ними страчена всяка культурна робота. Вони мусять вигинути тай годі.

That is the core of the Ukrainian predicament: to be cast as an ultimately “other, wild race, incapable of civilization, fated to disappear, like the American Indians at the approach of the Europeans.” And then the narrator adds, he must have known what he was talking about, but I didn’t (“Він сказав се так рішуче, безапелаційно, що я й не думав сперечатися з ним. Він мусив се знати, а я не знав”).52 While the Hungarian keeps holding forth on how the Hungarian race should not even think of mixing its blood with an inferior race, no Magyarization of the Rusyns, thank you, he also waxes eloquent about his servant Janos (“отсе расовий мадяр! Чудо не чоловік. …душа в тобі росте, кріпшає віра в велику будущину нації, що може видавати такі одиниці”) 53. For all practical purposes the story could end here. For today’s reader it would be enough. But Franko is writing for his reader – before political correctness and not knowing yet of the Holocaust. So Franko provides a pointe: at the end of the story he reads in a Hungarian paper in Lviv of a gentlemen by the same name as his fellow traveler on the train who was robbed and abducted by a gang of thieves of unknown nationality, whose ringleader was a certain Janos. No trace of victim or robbers had been found. One may question the realism of the story: in its pragmatics it is a cautionary tale, almost a moral allegory. But its realism is also not to be doubted: were there no robberies and murders in Hungary of the kind described here? And did not many of such victims hold precisely the views espoused by the noble gentleman? The real question, but also a rhetorical one, is how could the author, Franko,

52 ZTPT, vol. 20, p. 22. 53 Ibid., p. 23.

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having shared this with the reader, be considered a believer in superior and inferior races? The issue of “ideal realism” – as both oxymoron and as a plausible narrative strategy – is summarized in the novel Perekhresni stezhky (1900), which may also be considered Franko’s most developed, and “mature” statement on the Ukrainian-Jewish relations. (It certainly comes closer to the end of his work on it, and it follows by some years his dramatic break in 1897 both with the Polish community, i,e., the “Ein Dichter des Verrates” imbroglio regarding the role of Mickiewicz, and his clash with his own Ukrainian community with “Nie kocham Rusinów” also in that year. His readiness to speak his mind on controversial issues would seemingly have ripened also with respect to the Jewish-Ukrainian question.) In itself, the novel may also be considered the closest Franko comes to writing his “ideal” social novel, in effect finally touching all the bases he had wanted to touch. But that, alas, is no compliment and literally a mixed achievement. While written with much improved narrative skill, certainly much better than his debut piece, it remains a pot-boiler, mixing symbolic autobiography (one’s own unrequited earlier love; one’s self-projection as a Ukrainian activist pained by the obtuseness of his own people, especially the ever-suspicious and conservative peasantry, and with even a detour into the language question, i. e., why write in Ukrainian?), with extensive social commentary and intrigue (with much attention to class warfare, but no less to the obtuseness of the local bureaucracy and the local petty bourgeoisie) and above all with the ever-present sensationalism and lurid melodrama (again the long-lost love; the former tutor and now false friend and out-and-out sadist, who is that love’s brutish husband; her killing of that brute, with both a mallet and cleaver – and in a raging storm at that; robbery; and then her suicide-drowning assisted by the degenerate and homicidal servant Baran) and much more. Within this mix, the “serious” issues, as I have argued elsewhere, cannot but be affected by the totality, they are only as strong as the fabric that binds them together.54 This is particularly true of the Jewish character Vagman who appears here as a kind of anti-Boa constrictor, a rich Jew, a usurer in fact, who outraged by the iniquity of the Poles, which led to the death of his son, now wants in revenge to economically help the Ukrainian peasants bring down their common enemy, the Poles. As interesting and fraught as his discussions with Resselberg, his fellow Jew, and now town mayor, may be on the Jewish question in general and specifically on the animosity that non-Jews have towards them, seeing them as parasites, and so on, they are all still part of the perfervid fabric of the novel – and as such are constricted and ultimately vitiated by it.55 The “ideal realism” postulated by Franko many years earlier is now 54 Cf. my “The Jewish Theme in Ukrainian Literature,” pp. 337–338. 55 Thus, e. g., Vagman’s exhortation to Resselberg: “…нарід нас уважає своїми найбільшими

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brought up short by his own eclectic, ad hoc and contradictory artistic practice. The work of fiction cannot fulfill the tasks placed upon it and as an esthetic entity basically collapses under the weight of its disparate unassimilated and distorting elements. This pattern – because it is hardly an isolated issue, it is in fact a context – brings into sharp focus a major aporia in the critical tradition, in effect, of consistently turning a blind eye to Franko’s various artistic failures. It almost seems that a major consequence of the “kamenjar” paradigm, of “Franko-thehewer-of-the-rock,” the “giant of labor” (veleten’ praci), etc., which informs not only the popular and populist discourse but is fully integrated into the critical and indeed the academic discourse as well, is to programmatically, ontologically, disregard and thus delegitimize the central issue of esthetic value. Ideological value becomes paramount. The consequences of this are far-reaching for the critical reception of the writer for it blurs not only the esthetic import of his works, but also their pragmatics and ideology. *** Before summing up this issue, however, one must still briefly address the paired phenomena of Franko’s seemingly totally unmediated and polar – both negative and positive – depictions of Jews within the frame of Jewish-Ukrainian relations. The first, the negative, is arguably best expressed by the poem “Shvindelesa Parkhenblyta vandrivka z sela Derykhlopy do Ameryky i nazad” published in the satiric journal Zerkalo in 1884. The work is an unfinished satiric and burlesque poem written, as his recent biographer argues, at the height of Franko’s critical inlovement with the Jewish question in Galicia: in fact, along with his long, but unsigned article, “Pytannja zhydivs’ke” that had appeared in 1883 on the first page of the leading Ukrainian Galician newspaper Dilo, this poem, he avers, constitutes the heart of Franko’s anti-Semitism.56 Virtually all the critics who п’явками, а прийде що до чого – найменша іскра, і вибухне огонь, і жиди – ми всі, винні й невинні – будуть відповідати за всі ті гріхи, яких не раз ані вони не сповнили, ані їх батьки, ані діди”; ZTPT, vol. 20, p. 387. This is also the very text that was cited in the Profil article http://www.profil.at/articles/1343/560/368421/iwan-franko-denkmalstreit-nationalhelden (last access October 2014) and then again in an open letter rebutting it by several Ukrainian critics and writers, http://zaxid.net/news/showNews.do?ivan_franko_ta_yevreyi_z_privodu_ falsifikatu_v_zhurnali_profil&objectId=1297806 (last access October 2014). 56 Yaroslav Hrytsak, “A Strange Case of Antisemitism,” Shatterzone of Empires, Omer Bartov and Eric D. Weits, editors, Indiana University Press, 2013, pp. 228–242, here pp. 231–235. “Pytannja zhydivs’ke” (Dilo, No. 1994, 20 August (1 September), p. 1) is not easily available and I was not able to consult it. (Kudriavtsev does not feel it is Franko’s and does not include it in his bibliography; the recent consensus is that it is, although the arguments for ascribing it to Franko are not given: cf. Hrytsak, op. cit.) It was not included in the 50 vol. edition of Franko’s works (ZTPT), nor in the 2 volumes of Ivan Franko’s works that were bypassed by it, i. e., Ivan Franko, Mozajika I, Lviv, 2001 and Ivan Franko, Mozajika II, Lviv, 2009 – but that, of course,

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comment on this poem refer to it as marginal and esthetically weak;57 none of them, however, devote any attention to the poem – other than passing references. But what needs to be noted at this juncture is that satire is unquestionably one of Franko’s strongest suits: he devotes much attention to it, both in poetry and prose and to the extent that it is commensurate with publicistic writing – and it certainly is – in his various essays as well. Characteristically, he does not pull punches and gladly satirizes various targets – in terms of ethnicity, both Poles and Jews, as we have seen, and Ukrainians not least of all (cf. his “Botokudy,” or “Tsekhmistr Kyprian,” or “Nie kocham Rusinów”); virtually every class or profession (capitalists, teachers, priests, peasants, landowners, academicians and others); and in virtually all the genres he writes in (thus his much acclaimed “lyrical drama,” Zivjale lystja [1896, 1910] is replete with satiric elements, not to speak of such narrative works as Lys Mykyta, “Pans’ki zharty” and others). He is also capable of satirizing and parodying himself, particularly in moments relating to his symbolic autobiography.58 In effect, this is a default mode for Franko and his satiric or parodic works deserve special attention: they convey, I would argue, a presumption of centrality, and perhaps quality as well. “Shvindeles Parkhenblyt” is not a comedic masterpiece, and it clearly is not politically correct, drawing as it does on the basic stereotype of the wily and duplicitous Jew – with his name itself highly derogatory and insulting.59 But in its mode of the trickster tale it is at times funny – and it achieves this primarily through the bad Ukrainian that Shvindeles speaks, where gender and case endings are seldom if ever correct, and where the numerous yiddishisms give the narrative a kind of presumption of authenticity. The gentiles, here the Ukrainian peasants, are also depicted exclusively through presumed Jewish stereotypes – as “marks” to be conned, or as brutes to be avoided. In this it continues the attitudes described in the earlier Boryslav stories and in the stories from the “Ne spytavshy brodu” cycle discussed earlier; as such it cannot be said to depict a greater sense of conflict than those stories do, and unlike Boa constrictor and Boryslas smijetsja merely reflects the pattern of omitting practically everything on the Jewish theme that Franko wrote. In the introduction to Mozajika I both the article and the poem are mentioned, but merely to cryptically note that they were too “sensitive” to handle in this edition (op. cit., p. 11). The article was not reprinted by the MAUP publishing house which specializes in printing provocative and anti-Semitic material; however, “Shvindeles Parkhenblyt” was published, cf. Pantelejmon Kulish, Mykola Kostomarov, Ivan Franko, Zhydotrepanije, MAUP, Kyiv, 2005, pp. 318–355; cf. below. By framing certain writings in this way MAUP was also promoting its own anti-Semitic agenda; cf. below. 57 Cf. Jakym Horak, “Lysty Volodymyra Shukhevycha do Ivana Franka,” Ukrajins’ke literaturoznavstvo, Zbirnyk naukovykh prac’, Vypusk 68, 2006, pp. 306–343; here, p. 310; cf. also Yaroslav Hrytsak, ibid., p. 232. 58 Cf. my “Vozhdivstvo i rozdvojennja: ‘valenrodyzm’ Franka,” in Teksty i masky, Kyiv, 2005. 59 “Shvindeles,” of course, plays on “swindling” and “Parkhenblyt” could be a variant of “Drachenblut” with the substitution of the Ukrainian root from “parkhy/parkhatyj” (scabby).

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it does not substantiate with “analysis” and narrative the topos of Jewish exploitation (although it does refer to it, especially at the outset). Instead, and more directly, it plays the otherness of Jews and the vagaries of the trickster tale largely for laughs. Most of all, the first person narrative, for all its comic and derogatory tinges, does lead the reader, nolens volens, to identify with the title character. If the poem is anti-Semitic, as various features suggest and as critics like Hrytsak and Roman Mnich argue, it is not of a programmatic and dehumanizing kind, and its hero is hardly more rapacious than various characters that Franko had depicted earlier.60 The suggestion that the entire Jewish community is depicted in the mode of Shvindeles is not born out.61 In general, the comic and parodic elements of the poem dilute its hero’s negativity. Much more nuance, however, is introduced by the texts that precede and then follow this poem in Franko’s broader development of the Jewish theme. In the aftermath of the pogroms of 1881 Franko wrote two other poems, “Pir’ja” (1882) and “Sambation” (1883), that subsequently became part of his cycle “Zhydivs’ki melodiji,” in the collection Z vershyn i nyzyn (1887) and then again in the greatly expanded second edition of 1893. In a footnote he directly refers to the pogroms in Russian Ukraine and speaks of the various forms of the popular Jewish response to it in Galicia, ranging from psalm-like laments imploring God’s help to humorous mockery of excessive fears.62 The two poems included here are thus a kind of preliminary illustration for this range of responses. Both also reflect Franko’s interests in Jewish folklore and apocrypha. The first tells the story of how King David will come from the other world, the 60 Cf. e. g., Hrytsak, “A Strange Case of Antisemitism” and his “Mizh semityzmom i antysemityzmom: Ivan Franko i jevrejs’ke pytannja” and Roman Mnich, “Franko i jevreji”, http://www.historians.in.ua/index.php/doslidzhennya/937-roman-mnykh-ivan-franko-i-iev rei; cf. also his Ivan Franko im Kontext mit Theodor Herzl und Martin Buber, Konstanz, 2012. 61 Hrytsak’s argument that one of the stereotypes being utilized here is that the entire Jewish community is in on the exploitation of the “goyim” and that religious authority, the Talmud, condones it (“What is also worth noting is his emphasis on the solidarity of Jews versus their victims. Jews were exploiting peasants because Talmud permitted them to do so. So exploitation of Christians, according to him, was at the core of Jewish identity. Franko implicitly extends responsibility for this exploitation to the whole Jewish community”; “A Strange Case of Antisemitism”, pp. 232–233; cf. also his “Mizh semityzmom i antysemityzmom”) is not born out by the poem itself. When Shvindeles goes to visit the Tsadyk (part 3), this issue is not discussed and all the rabbi says to him, other than to get him to make a donation, is basically “Не лякайся жадне цурес,/ Ворогів ти всіх обдуриш—/ А сам вийдеш ціло! Klal,— “, Zhydotrepanie, p. 335. 62 “Після відомих жидівських погромів на Вкраїні в р. 1881 панувало між нашими жидами, особливо на Підгір’ю, велике занепокоєння. Носились дивовижні слухи, тривожні оповісті, зловіщі пророкування. Жидівські народні співаки склали навіть пісні про ті факти, то гумористично висміваючи жидівську тривогу, то наслідуючи тон давніх псалмів і благаючи Єгову о поміч… Оце й були сюжети двох перших “Жидівських мелодій”.” Mozaika I, p. 27.

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fantastic boiling sea of Sambation, to save his people in their moment of extreme trial. The second, “Pir’ja,” (actually written earlier) is a lament at the destruction unleashed by the pogroms, but one that is undercut by the bathos of adding to the various stanzas of the poem (e. g., the opening lines: Розвіяне злими юрбами,/ Мов снігу платки з-над руїн,/ Летиш ти до хмари з вітрами,…) the refrain, “О, пір’я з жидівських перин” i. e. the flying feathers from the feather beds.63 The incongruity may be comic, but it is also, especially from our perspective today, insensitive: it ends up mocking not so much the “Jewish fears” that Franko mentions in the note, as the victimization itself.64 That discordant note aside, these poems do set the scene, and they introduce the fundamental issue of a Jewish perspective on the Jewish predicament. But they hardly prepare the reader for the remarkable evolution of the Jewish theme that occurs between the first and second edition of Z vershyn i nyzyn. Its articulation was both intense and rapid, in effect, in the course of four weeks in the late summer of 1889, by his own dating between August 21 and September 20, during which time Franko was in prison (i. e., between Aug. 16 and Oct. 20, 1889) on trumped up charges of supposedly seeking the break-up of the Austro-Hungarian Empire (by hosting some students from Russian Ukraine). While in prison, among other works, he wrote 6 poems – “Asimilatoram,” “Zapovit Jakova,” “Surka,” “U Tsadyka,” “Z ljubovy,” and “Po ljuds’ky” (totaling almost 2,200 lines) – which would constitute the great bulk (more than 90 %) of the whole cycle of “Zhydivs’ki melodiji.” This period of incarceration was generally productive for his creativity: in addition to the poems for “Zhydivs’ki melodiji” he also wrote his “Tjuremni sonety” (Prison sonnets) and the already discussed story “Do svitla”.65 In fact we learn from his own words – his letter to Drahomanov of Nov. 11, 1889, after he had been released, that it was a particularly difficult time for him, when compared to his earlier imprisonment – and that his conversations with the Jewish prisoners had been particularly meaningful for him: “Мене самого тюрма сим разом страшно придавила. Я думав, що зійду з ума, хоч сам не знав, що саме мене так болить. В казні я цілими днями нідокого не говорив і слова, особливо, коли не стало жидів, з котрими всяка розмова була інтересна”.66 In effect it became a rare opportunity to con63 Ibid., pp. 32–33. 64 To cast it, as does Hrytsak, as “true sympathy for the victims” (“Mizh semityzmom i antysemityzmom,” p. 89) is to miss the basic tone of the poem – and the central aporia here. The Zhydotrepanie published by MAUP includes the poem, along with “Shvindeles Parkhenblyt” (cf. pp. 359–360) – presumably intuiting an echo of animus or mockery. This, however, is not real evidence: the other Franko poem that is included in this edition, “Opivnich. Hlukho. Zymno. Viter vije” has no apparent relation to the Jewish theme. 65 Cf. Jakym Jarema, Khronolohija zhyttja i tvorchosti Ivana Franka, Lviv, 2006, pp. 50–51. 66 Cf. ZTPT, vol. 49, p. 219.

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front – personally and existentially – the issue of common humanity. The results of this are far-reaching, especially for his elaboration of the Jewish theme. The formal and structural feature that differentiates these poems from the bulk of his other writings is that they are all told from the Jewish perspective, they are all told from within. They may, as with “Asymilatoram,” continue in the mode of a collective response to general oppression (as did “Sambation” and “Pir’ja”) by presenting an apocryphal version of the story of Jacob and the Pharaoh (Genesis 47,7) where instead of the Patriarch bowing to Pharaoh and blessing him, God himself keeps him from having to acknowledge Pharoah’s dominance. Similarly, “Zapovit Jakova” will provide not a canonic, but an apocryphal story: Jacob’s prophecy will concern not his sons and the future of the twelve tribes of Israel (Genesis 49), but will tell his descendants how to bury him by the roadside so he can hear their suffering, how they should await the dawn of freedom and the punishment of Egypt for its persecution of the Jews, and finally his request that his bones be taken to the promised land when the Jews depart from Egypt. The final four poems, which are well over three fourths of the cycle, tell personal stories, however, – and they develop a remarkable and affecting turn of the theme. “Surka,” as Franko later tells his mentor Drahomanov, is a story he heard in prison from his Jewish cellmate, Hershon, the horse thief.67 It is the personal account of a poor Jewish woman, homely and uneducated, who is exploited by her masters, a Jewish tavern keeper and his wife. The man gets her with child, and when his wife sees it, she drives Surka away, penniless, without her wages, into a freezing storm; the man, of course, does not intervene to help. As she is about to freeze along with her child in the storm (the echoes of Shevchenko’s “Kateryna” are apparent) she comes upon a peasant house and leaves her child by the window and then goes off to die in a snowdrift. But she is rescued by a policeman; and the peasants had taken in the child, and take her in as well. It is a wonder to her that common people can show basic compassion. At the end, even though she faces prison (for attempting suicide?) she is happy that she has her child with her. “U Tsadyka” tells the story of a Jewish merchant, Elkun, who begins to have pangs of conscience when he sees the destruction of his Jewish competitor in whose downfall he had a hand (forcing his bankruptcy). He sees no future in continuing his usual scheming and moneymaking and in the end he disappears. It later turns out he left the city and hired himself out as a worker to a local farmer – there he felt happy and unsullied. Now his wife has had him kidnapped and brought to the Tsadyk (the story is told in her voice) whom she asks to exorcise the dybbyk (devil) that now possesses her husband – i. e., the new conscience that Elkun has acquired. 67 Cf. Lystuvannja Ivana Franka ta Mykhajla Drahomanova, Lviv, 2006, p. 389.

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“Z ljubovy,” a longer narrative (subtitled in its first edition “opovidannja konokrada,” i. e., of the same Hershon68), tells the sad story of a Jewish man who marries not for money, but for love and encounters setbacks and unhappiness at every step. Out of love he is even willing to divorce his wife so they can live separately, but not in misery. Indeed he himself wants to live not from money grubbing, or from crime (he in fact is a horsethief), but off the land. His constant setbacks somehow give the story a certain moral authenticity – they show not a Geschäftsmann but a simple and sympathetic individual who cannot seem to find personal happiness in the dominant value system of his community. In the frame of Franko’s earlier stories, it again draws attention to the general human predicament – because the issue of outsiders (gentiles, etc.) is not brought in: the unhappiness and misery emerges from one’s own environment. And finally the longest of the poems,”Po ljuds’ky,” – an involved narrative that traces the story of Khaim over his seventy odd years as he is transformed from an accomplice of the Polish gentry’s exploitative and cruel rule, the basic lawlessness of serfdom, to a kind and normal individual. Though a Jew, he lives at the end of his life with his sons and extended family on the land, drawing happiness and sustenance from it. In many ways, of course, this anticipates the Zionist ideal – of organic self-sufficiency, of renewal and hope through work and contact with the land; and specifically here, too – engaging the peasant community as a neighbor. This of course, comes over many years, with much suffering and setbacks – but it is shown as achievable. This can be seen, of course, as a form of ideal realism, even a kind of precursor of socialist realism69, but here it seems to work precisely because a narrative authenticity has been found; the characters speak for themselves and sound authentic, because their authenticity is anchored in their own voices – not the author’s various literary and often hackneyed devices. The overall effect, is one of real, or “found” sociology – not a stage set. As already seen in “Do svitla” (a story also stemming from the prison experience), the key enabling moment here is the narrating of experience. But there is a final component to Khaim’s story, an ethical one – in which God himself plays a role. And He comes into the picture through the workings of a genuinely righteous man, Shaja Lajb, who appears at the end of the poem (parts 9– 68 Cf. ZTPT, vol 1, p. 481. 69 Characteristically, the Soviet approach was to censor Franko’s “Zvydivs’ki melodiji,” and thus the first four poems of the cycle were not reprinted in the 50 vol. “academic” edition. And understandably so: why disseminate a perspective on national identity, i. e., the Jewish national identity that places so much emphasis on the transcendent, symbolic and indeed religious? The latter four poems, however, were seemingly well-suited to a socialist-realist interpretation, but the Jewish theme was basically taboo and critical commentary on it was not encouraged.

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12), first as one who saves Khaim from destruction at the hands of the ruthless Polish landlord to whom Khaim is indebted, and then emerges as a man who is both simple and honest, and at the same time highly successful; in fact he is a paragon of virtue, committed to doing good and fighting evil, not by words, but by deeds – as by funding a hospital for the poor in the town of Zhovkva. Shaja Lajb’s end is most telling. He goes to the funeral of a Jewish tavernkeeper, Majlekh, known for his piety, but in fact, along with other family members, a usurer. Majlekh was renowned in his community for never turning a poor man or beggar away, but giving him ten cents – and recording it; thus in his lifetime he gave away 28,000 ten cent pieces (shistky). Hearing the constant repetition of this feat Shaja Lajb decides to tell the gathered mourners a dream he had. It was of Majlekh’s last judgment where he comes to God bearing the many sacks of his coins which he had given to the poor, which God asks him to put on the scales and then asks Majlekh whether this money was earned honestly, and the little “no” that he has to say is also put on the scales on the other side and the bags of coins fly up like a feather. God banishes the cheat from His presence. For their part the community is outraged at this parable – they turn on Shaja Lajb (a true righteous man) and nearly beat him to death. He flees to find refuge in Khaim’s place and soon dies there. The poem’s last lines contextualize this tale even further: the community without such true righteous people like Shaja Lajb, and without enlightenment is destined to be “dark and rotten”; the times of the patriarchs may have been the golden age of the Jews, but the people were still in slavery in Egypt. And it was only the revolutionary prophet, Moses, who could raise them from slavery to build a new world: Без таких людей земля би Сталась темна і гнила. Може, то й за патріархів Золоті часи були, Та все-таки патріархи Люд жидівський завели У Єгипет у неволю, Аж пророк-убійця встав, З невгомонним, диким серцем, Тих невольників підняв. Вивів їх в пустиню дику, Водив блудом сорок літ, Та навчив їх здобувати, Збудувати новий світ.70

The centrality of “Zhydivs’ki melodiji” in Franko’s work on the Jewish theme, and indeed in his entire corpus, is evident. Apart from further developing the con70 ZTPT, vol. 1, p. 269.

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stituent theme of social justice, which carries over from earlier works and will continue on to the end of his writing, its most striking contribution is the validation of the Jewish experience and the Jewish perspective – associated, to be sure, with the social perspective. The breakthrough moment of the entire cycle, culminating with the broad narrative sweep of “Po ljuds’ky” and its various Jewish voices, is the stress on the ethical dimension, the conviction that it trumps other values, if necessary, even that of community solidarity. As such it can be seen as a new fundamental criterion for progress and interethnic peace between the Ukrainian and Jewish communities. *** The unequivocally positive projection of the Jews and the Jewish question occurs, of course, in Franko’s final long poem, Mojsej (1905, 1913). It also culminates his virtually life-long engagement with the Jewish theme. On the thematic, surface and ideological level, and as consistently argued in a long critical tradition, it is effected through the identification between two oppressed, and, as many, especially recent Ukrainian commentators rushed to add, stateless peoples – the Ukrainians and the Jews. Beneath this evident and more-or-less plausible parallel lies the more fundamental common ground: the role of prophecy that Franko takes upon himself and – assuming the heroic model of Moses – implicitly casts himself as the nation’s poet-prophet, leading it out of slavery into a new world.71 A couple of qualifications are in order. To begin, the notion of “unequivocally positive” does not mean not seeing flaws: both the Jews of Moses’ time and the Ukrainians of Franko’s are shown with all their flaws, respectively in both the poem and Franko’s overall oeuvre; the sense of the positive inheres in the unqualified value that the nation poses, and the prophet’s, and poet’s commitment to it. This, in fact, is the basic common ground that allows Franko to assume Moses’ role and in the process – as distant from each other as they may seem to be in historical time – to equate the roles and destinies of the Jewish and Ukrainian peoples. Clearly, too, this spells the end of any incipient or latent Judeophobia: the power of this model of self-abnegation in the face of serving one’s people – now directly shown to be patterned on the “other” – is so strong that it cannot tolerate the pettiness and meanness of stereotype and prejudice.72 The poet, in short, is also recasting himself as a spokesman for universal human values (a process initiated some fifteen years earlier in his “Zhydivs’ki melodiji”). Along with the ethical comes an opening up to the role of the sacred, to a sense that the 71 Cf. my “Franko i proroctvo,” Teksty i masky, op. cit. 72 Arguably, this is also born out in his partially autobiographical, partially publicistic “Moji znajomi zhydy,” 1907–08 (?), Mozajika, I, pp. 335–347.

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poetry that changes the thinking and reorients the path of whole collectives, whole nations, cannot but be, or strive to be, prophetic. In effect, this reorients basic priorities and values: the empirical and the satiric, realism and even “ideal realism,” as well as the tactics of struggle for social equality, become less important in the face of poetry’s new prophetic role and are reoriented by it. *** Finally, one can briefly note three moments, which point to some unexamined facets of Franko’s creativity – and directly or indirectly cast light on the Jewish theme. While different, all are interconnected. The first pertains to what in earlier treatments I had referred to as Franko’s “symbolic autobiography,” in effect his readiness to project his deeper, concealed and fraught sense of himself onto his creative work. This is primarily located in his late poetry, such long poems as “Smert’ Kajina,” “Ivan Vyshens’kyj,” “Pokhoron,” and “Mojsej,” which deal with such fundamental questions as doubt in one’s own calling and claim to authority (fundamentally in “Mojsej”) and indeed in one’s identity (the motif of the double, particularly in “Pokhoron”). If we now look back at Franko’s earliest prose work, the jejune and pot-boiler Petriji i Dovbushchyky, we can see in the peripeteia of the plot, in the character of the Jew, Isaac Blejberg, who is in many respects a quintessential Jewish go-between and facilitator, and also the one intent on reforming the Jewish community and who is rejected by it, and who in the end turns out not to be a Jew at all, not only a precursor of the character Vagman, and some of the characters of “Zhydivs’ki melodiji,” but, more fundamentally, a kind of concealed alter ego of the author himself. The nuances of this are still to be examined, but the essential cathexis, it seems to me, is there – and the fact that during his life Franko, in some quarters, was considered a Jew is not inconsequential here.73 The second and third moments are closely connected. As was noted more than once, the critical literature – primarily the philological – still has not come up with a persuasive canonic take on the various facets of Franko’s creativity, their immanent weight or importance. There are surely differences between attitudes expressed in a journalistic article (“Pytannja zhydivs’ke”) and a satirical, popular poem (“Shvindeles Parkhenblyt”). How does one parse them? If there are differences between them, which expresses the “more authentic” or “more essential” Franko? (The question might seem specious, were it not for the fact that in what is one of his most important works, i. e. “Pokhoron,” Franko himself directly postulates a radical disconnect between himself as a public figure and as a 73 That this is given only passing mention in Hrytsak’s otherwise interesting and detailed biography is something of a missed opportunity; cf. op cit., pp. 59 and 458.

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poet – and does so in a highly inspired and esthetically satisfactory way.) Clearly, this cannot but have importance for our understanding of his articulation of the Jewish theme. In effect, as much as he himself is blurring the boundaries between his self-expression in poetry, prose and journalism by writing on similar issues in all of these modes, the “specific gravity” of what is expressed by them is different. Risking premature generalization, I would argue that over his creative life-span the privileged mode is the poetry, then the publicistic-journalistic work, and lastly the prose, which is all-too-often hack work. (Scholarship, obviously, stands apart: Franko is a fine and competent critic – although predisposed to be acerbic and at times inordinately polemical; with respect to some fellow writers, for example, Pantelejmon Kulish, he is consistently mean-spirited.) In matters of self-definition, the primacy of the poetry is unquestionable. The third moment is altogether general and systemic: the state of Franko studies seems to persuasively show that volume does not signify quality (and that the bulk of Soviet and post Soviet Frankiana is stillborn) and that some areas of investigation, the Jewish theme especially, are still in their infancy. One can take comfort in the expectation, stemming from the new research now appearing, that what will come will be markedly better. Part of that improvement, one may hope, will be a recalibration of analytical tools, terms and reference points. The tactic of positioning Franko between the poles of “philosemitism” and “anti-Semitism” may perhaps intimate the range and contradictory nature of his attitudes, but is hardly satisfactory. The qualities inferred are not symmetrical: the historical negativity of anti-Semitism, especially after the Holocaust, is so laden and essential that it easily overshadows any positive moments projected by the opposite term, the philosemitism.74 More fundamentally, the issue at hand concerns not labels or positions but clusters of attitudes, values and narrative strategies – which are in movement, often ambivalent, and clearly evolving. Most importantly, as I had hoped to show, the mechanical transposition of notions and categories from political science or historical study to the realm of literature is done at some peril: while the terms (or labels) may be the same, their content is different. It goes without saying that the literary content – which reaches psychological and archetypal depths not always open to political and historical commentary – can be adequately accessed and examined only by the tools and means appropriate to it. 74 It should be noted that Hrytsak does speak to the fact, with reference to Peter Gay, etc., that the phenomenon of anti-Semitism has undergone significant evolution in the course of the decades; cf. also his reference to “progressive antisemitism”; “A Strange Case of antisemitism,” op cit., pp. 235–238. While part of the historical context, the notion of “progressive antisemitism” is also inherently problematic, however – and the response of those who took umbrage at it is not surprising: one cannot be expected to accept such qualifications if one is implicitly looking at the phenomenon not in historical, but in ethical terms.

Alois Woldan (Wien)

Jüdische Bilder und Stereotypen in Ivan Frankos „Boryslaver Zyklus“

Mit dem „Boryslaver Zyklus“ wurde Ivan Franko als Schriftsteller berühmt, Boryslav als Inbegriff der gewaltigen sozialen Veränderungen, die mit den Erdölfunden ab 1850 diese Stadt betrafen, das war quasi „sein Thema“, mit dem er im literarischen Leben Galiziens von sich reden machte, bevor noch andere dieses Thema aufgriffen. Boryslav lag nahe beim Geburtsort des Autors, Nahujevycˇi, und noch näher bei Drohobycˇ, wo Franko das Gymnasium besuchte – er konnte also aus nächster Nähe und über Jahrzehnte lang das Geschehen in Boryslav beobachten, war vertraut mit dem harten Alltag der Arbeit in den Gruben wie auch mit der Psyche seiner bäuerlichen Helden. Trotzdem haben wir es hier nicht mit einer mimetischen Darstellung, sondern mit einer künstlerischen Konstruktion zu tun, worauf nicht nur manche Interpreten verweisen1, sondern auch der Autor selbst. Franko spricht später von „wunderlichen und schauerlichen Geschichten“2, die er schon im Elternhaus gehört hatte und die seine Einbildungskraft beschäftigten. Für den trotz des mimetischen Anspruchs3 fiktiven Charakter der Darstellung des Erdölbooms mit allen seinen Folgen sprechen

1 So unterscheidet Yaroslav Hrytsak deutlich zwischen „Boryslav as it really was“ und „Boryslav as it was depicted by Franko“: Franko’s Boryslav Cycle: An Intellectual History, in: Journal of Ukrainian Studies 2004, 29, 1–2, 170. Dieser Aufsatz ist in überarbeiteter Form in Hrycaks große Franko-Biographie eingegangen: Франко та його Борислав, in: Ярослав Грицак, Пророк у своїй вітчизні. Франко та його спільнота. Київ 2006, 277–302. Auch Danuta Szymonik verweist auf den fiktionalen Charakter des Bildes von Boryslav in Frankos Prosa („he presented his vision of „Galician California“ in short stories …“, 163), betont aber zugleich die realistische Schreibweise des Autors. Vgl. „Kalifornia Galicyjska“ w prozie Iwana Franki, in: Porównania. Czasopismo pos´wie˛cone zagadnieniom komparatystyki literackiej oraz studiom interdyscyplinarnym 2013, 12, 163–175. 2 Ivan Franko, Meine jüdischen Bekannten (1903), zit. nach: Roman Mnich, Ivan Franko im Kontext mit Theodor Herzl und Martin Buber. Hg. v. Erhard Roy Wiehn. Konstanz 2012, 81. 3 Was Alison Fleig Frank in Bezug auf eine der Boryslaver Erzählungen feststellt – „Franko’s tale of workers committed to cooperation against their foremen and bosses may have been realistic, but it was not real“ – kann für den gesamten Zyklus behauptet werden. Vgl. Oil Empire. Visions of Prosperity in Austrian Galicia. Cambridge, MA – London 2005, 123.

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auch die Stereotypen, die vom Autor zur Charakterisierung seiner Figuren eingesetzt werden. Geht man von der Bedeutung des griechischen Begriffs „Stereotyp“ aus, so könnte man diesen mit „verfestigten Verallgemeinerungen“ umschreiben. Die „Festigkeit“ dieser Vorstellungen bedeutet, dass sie ein Eigenleben entwickelt haben und übernommen werden, ohne hinterfragt zu werden. Wichtig ist auch, dass Stereotypen keinen Autor haben – wenn Franko antijüdische Stereotypen übernimmt, so hat er diese nicht erfunden, sie aber auch nicht hinterfragt. Spätestens hier ist anzumerken, dass antijüdische Stereotypen in Galizien vor allem in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts besonders verbreitet waren, zum einen in den zahlreichen Texten, die der literarischen Beschreibung des Öl-Booms gewidmet sind4, zum anderen auch im Stadttext von Lemberg5. Mit diesen frühen Arbeiten wollte Franko sicher auch eine politische Wirkung erzielen – die drastischen Schilderungen mit oft naturalistischem Charakter sollten die Öffentlichkeit aufrütteln, vielleicht auch die politisch Verantwortlichen anklagen; das politische Engagement des Dichters, der zu dieser Zeit noch überzeugter Sozialist war, ist hier deutlich zu spüren6. 1877 erschienen in der Lemberger Zeitschrift Druh (Der Freund) die ersten drei Erzählungen unter dem Titel Boryslav. Kartyny z zˇyttja pidhirs’koho narodu (Boryslav. Bilder aus dem Leben des Volks im Vorgebirge). Die längste dieser Erzählungen, Navernnenyj hrisˇnyk (Der bekehrte Sünder) ist auch deswegen von Bedeutung, weil sie Konstellationen aufweist, die in späteren Texten des Boryslaver Zyklus wiederkehren – allen voran die wirtschaftliche Konkurrenz von ruthenischen Bauern und Juden und in diesem Zusammenhang sowohl stereotype wie auch individualisierte Bilder jüdischer Figuren. Hinter dem „bekehrten Sünder“ verbirgt sich Vasyl’ Pivtorak, der Protagonist der Erzählung, der am Beginn der Handlung einer der wohlhabendsten Bauern der Umgebung, an ihrem Ende ein vom Alkohol abhängiger Bettler ist. Schuld an dieser Veränderung ist zum einen der „Sünder“ Pivtorak selbst, der seine bäuerliche Existenz 4 Vgl. dazu Alois Woldan, Die „Hölle von Boryslaw“ – Arbeiterelend in Galizien, in: Literatur im Kontext: ein gegenseitiges Entbergen (Hg. v. Herbert Van Uffelen, Wynfried Kriegleder, Ewald Mengel, Alois Woldan). Wien 2010, 67–82. 5 Der erste Beleg für solche Stereotypen findet sich im lateinischen Poem Roxolania (1584) des polnischen Autors Sebastian Fabian Klonowic (1545–1602); einen negativen Höhepunkt erreicht dieses Vorurteil gegenüber der jüdischen Bevölkerung der Stadt Lemberg in Band III der Neuesten physikalisch-politischen Reisen … durch die Dacischen und Sarmatischen oder Nördlichen Karpathen des französisch-österreichischen Professors Balthasar Hacquet (1739– 1815), Nürnberg 1794. 6 „Franko’s works on Boryslav had a clear ideological agenda. He used the case of Boryslav as a main counter-argument against ideological rivals among Galician socialists who claimed that socialist theories were not applicable to Austrian Galicia…“: Hrytsak, Franko’s Boryslav Cycle, 176.

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aufgibt um Erdöl zu fördern, was prinzipiell nicht gut gehen kann (hier vertritt Franko eine deutlich antimoderne Auffassung7), zum anderen der Jude Sˇmilo, der den Bauern schrittweise um seinen gesamten Besitz bringt. Dabei spielt der Alkohol eine große Rolle – nur mit dessen Hilfe kann der Jude, der zunächst Schankwirt ist, Macht über seinen ursprünglichen Konkurrenten erlangen. Hier ist zum einen die Macht des Stereotyps vom jüdischen Schankwirt8, der die nichtjüdischen Bauern vom Alkohol abhängig macht, zu spüren, zum anderen aber auch das Anliegen einer engagierten Literatur, die mit einem drastischen Beispiel vor den Folgen des Alkoholkonsums warnen will. Sˇmilo, der Gegenspieler des Helden, ist nicht individualisiert, sondern nach Schablone gezeichnet, ganz im Unterschied zu den ruthenischen Helden dieser und anderer Erzählungen. Das zeigt sich schon an seiner äußerer Erscheinung: er ist hager, bleich und „karpfenäugig“ (карповоокий); seine schwarze Kleidung ist schmutzig, sein dichter roter Bart verleiht ihm etwas Dämonisches9. Er ist in dieser Erzählung auch sprachlich markiert – er spricht ein defektes Ukrainisch (abgesehen von manchen jiddischen Einschüben), er kann gewisse Konsonanten nicht aussprechen; auch eine solche Sprachmaske passt zur negativen Charakteristik. In der Schenke zeigt Sˇmilo ein weiteres stereotypes Kennzeichen – das des Blutsaugers: er saugt aus Pivtorak heraus, was nur aus ihm herauszubringen ist10. Diese Metapher, in der galizischen Literatur seit Jahrhunderten bekannt11, wird in der Erzählung wie folgt realisiert: der Jude kauft zunächst die Gründe des Bauern mit den reichen Ölvorkommen, um ihn schließlich noch um Haus und Hof zu bringen, was nur mit Hilfe von Alkohol gelingt. Das Ende der Erzählung schildert aber nicht den Triumph des Juden, sondern den eines Pfarrers – der Held der Erzählung, der einfache Bauer, hat einen zweiten Widersacher, der auf 7 Auf die Frage der komplexen Einstellung Frankos zum Phänomen der Modernisierung, das sich im Ölboom von Boryslav exemplarisch zeigt, wird in diesem Zusammenhang nicht weiter eingegangen. Sie wurde bereits von Martin Sander thematisiert: Mehrdeutigkeit des Raums – der Einbruch der Moderne als Problem der literarischen Topographie am Beispiel von Ivan Franko und Bruno Schulz, in: Другий міжнародний конгрес Україністів. Доповіді і повідомлення. Літературознавства. Львів 1993, 263–267. 8 „The existence of Jewish laborers was rarely acknowledged in contemporary sources that presented a stereotypical image of Jews as foremen, small business owners, and tavernkeepers“: Alison Fleig Frank, Oil Empire, 128. 9 „Руде волосся ледве декуди виказувалося із-під пом’ятого капелюха, а червона, як жар, борода стріміла долі його щоками, остра, мов огненний клин“: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 14: Повісті та оповідання (1875–1878), Київ 1978, 324. 10 „Хитрий жидюга, видячи, що у Василя газдівсто велике, … поволі-поволі виссав із нього все, що далося виссати“: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 14, 336. 11 Vgl. das entsprechende Stereotyp aus dem erwähnten Poem Roxolania von F.S. Klonowic: „Non secus ut sensim consumit robora cossus / atque citam cariem lenta teredo facit, / et velut a tacita potatur hirundine sanguis…“: Roxolania/Roksolania, czylie ziemie Czerwonej Rusi [Biblioteka Pisarzy staropolskich, 6]. Warszawa 1996, 20.

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den ersten Blick nicht als solcher zu erkennen ist, weil er nicht stereotyp, sehr wohl aber typologisch-verallgemeinernd gezeichnet wird. Hier zeigt sich, dass die jüdische Problematik bei Ivan Franko zumeist in Verbindung mit anderen Problemen auftritt und in einen weiteren Kontext eingebettet ist: so geht es in der erwähnten Erzählung nicht um den ukrainisch-jüdischen Gegensatz, sondern, wie schon der Titel nahelegt, um eine religiöse Problematik, verbunden mit massiver Kritik an Kirche und Klerus, die an der Person des Pfarrers festgemacht wird. Auch dieser Pfarrer ist ein Ausbeuter, wenn er für die Begräbnisse der Söhne des Helden, die bei Grubenunfällen umgekommen sind, so viel Geld verlangt, dass Pivtorak Grundstücke verkaufen muss und damit in die Abhängigkeit des Juden gerät. Sprachliche Mittel, die zur Charakteristik des Pfarrers eingesetzt werden – er wird mit „jehomost’“ angesprochen, was erstens eine Anrede für einen Adeligen ist und zweitens polnisch klingt („jegomos´c´“) – betonen seine Andersheit und seine Distanz zu den ruthenischen Bauern. Der Pfarrer, der Hirt für seine Gemeinde sein soll, ist de facto Herr über diese. Einmal mehr kommt dem Alkohol auch in der Beziehung zwischen dem Bauern und dem Pfarrer große Bedeutung zu: der Alkoholismus ist die Sünde, von der der Bauer, der nur aus Verzweiflung über den Tod seiner nächsten Angehörigen zum Trinker geworden ist, bekehrt werden muss. Pivtorak steht in einem ähnlich fatalen Verhältnis der Abhängigkeit zum Pfarrer, der ihn in seinen Predigten vor der Gemeinde an den Pranger stellt, wie zum Juden, der ihm den letzten Groschen aus der Tasche zieht. Und es ist nicht die Ausbeutung durch den Juden, die den Protagonisten in den Tod führt, sondern die Überheblichkeit des Pfarrers, der sich in der letzten Szene mit der Bekehrung des Sünders von der Kanzel brüstet, während der Bekehrte bereits tot am Boden liegt. Damit ist diese Erzählung primär antiklerikal, und nicht antisemitisch, ungeachtet der antijüdischen Stereotype, die bei der Charakteristik des jüdischen Antagonisten zum Einsatz kommen. Der andere, wichtigere Opponent Pivtoraks, der Pfarrer, wird nicht mit übernommenen Stereotypen, sondern sehr subtil mit wohl überlegten Mitteln gezeichnet, die dessen Charakteristik noch negativer ausfallen lassen als der Einsatz von Stereotypen vom griechisch-katholischen Landgeistlichen, die es in der galizischen Tradition ebenso reichlich gibt. Vom „bekehrten Sünder“ aus 1877 führt eine thematische Linie zur Erzählung Jac’ Zelepuha12, die zehn Jahre später zunächst in polnischer, dann auch in ukrainischer Sprache entstand und den Titelhelden, einen ukrainischen Bauern, 12 Ein einziges Mal verwendet Franko hier einen sprechenden Nachnamen: „zelepuha“ bedeutet so viel wie „grünes, unreifes Obst“ – diese Bedeutung soll laut Zenon Huzar darauf verweisen, dass der Träger seines Namens seiner Aufgabe noch nicht gewachsen ist. Vgl. Зенон Гузар, Стежками життя і творчості Івана Франка. Дрогобич 2004, 45.

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im direkten Kampf mit dem Juden zeigt. Schon der Untertitel Obrazok z boryslavs’koho zˇyttja (Bild aus dem Leben von Boryslav) weist auf die Zugehörigkeit zum Boryslaver Zyklus, und chronologisch lässt sich diese Erzählung in die mittlere Phase von Frankos Erdöl-Texten einordnen. Trotz des zeitlichen Abstands erinnert dieses Boryslaver Genrebild deutlich an die zuvor erwähnte Erzählung13, wie etwa das Motiv des Alkoholismus und dessen fatale Folgen, oder auch die religiöse Deutung wirtschaftlichen Handelns; die Figurenkonstellation ist im Vergleich zum Bekehrten Sünder vereinfacht, der Pfarrer fehlt, es gibt nur mehr den ukrainischen Bauern auf der einen und den jüdischen Unternehmer auf der anderen Seite, und in dem Moment, in dem sich der Bauer entschließt, auf seinem Boden nach Öl zu graben, weiß er, dass er sich auf einen „Krieg“14 mit den Juden einlässt. Die Verteilung der Ressourcen ist in diesem (und nicht nur in diesem) Text aus dem Boryslaver Zyklus ethnisch geregelt: die Juden empfinden die Ölförderung als ihr Privileg und wollen nicht tolerieren, dass Nicht-Juden hier mitmischen15, aber auch die ruthenischen Bauern sind überzeugt, dass das Schürfen nach Öl dem Christen nur Unglück, ja Fluch bringt, weil es eine jüdische Sache sei16. Der Titelheld ist hier eine Ausnahme, er will selbst den Reichtum nutzen – für gute Zwecke übrigens –, der auf seinem Boden schlummert, anstatt diesen an den Juden zu verkaufen. Sein Schicksal allerdings scheint die oben angeführte Aufteilung der Arbeitsbereiche zu bestätigen: er scheitert an dem Reichtum, den ihm das Öl bringt. Eine derartige These von der quasi „natürlichen“ Aufteilung der Ressourcen – hie Landwirtschaft, da die Ausbeutung von Bodenschätzen – scheint eine der zentralen Voraussetzungen in der künstlerischen Konstruktion von Boryslav im Werk von Franko zu sein. Eine solche Annahme wird noch dazu von einer Semiotik des Raums bestätigt: der redlichen, angestammten und gerechten Arbeit auf der Erde, der Landwirtschaft, wird eine verdächtige, neue und zu sozialer Ungerechtigkeit führende Tätigkeit unter der Erde entgegengestellt17.

13 Zu den späteren Erzählungen des Boryslaver Zyklus bemerkt Hrytsak: „Their thematic scope and ideas are very close to those in early stories and novels“: Franko’s Boryslav Cycle, 186. 14 „… що треба би війну починати з жидами“: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 16: Повісті та оповідання (1882–1887), Київ 1978, 352. 15 „Перший хлоп взявся до такого діла, котре досі жиди вважали за свою виключну привелію“: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 16, 356. 16 „Чоловікові християнському гріх навіть нею [нафтою – A.W.] бабратись. То жидівське ремесло“: Ibid., 351. 17 Danuta Szymonik unterscheidet bei ihren Überlegungen zur Funktion des Raums im Frankos Boryslaver Zyklus zwei Typen von Landschaft, eine heile, natürliche Landschaft über Tag, und eine bedrückende, fremde und gefährliche Landschaft in den Schächten und Stollen, die jeweils über symbolische Bedeutungen verfügen. Vgl. „Kalifornia Galicyjska“, 171f. Roman Mnich spricht von einer generellen Dämonisierung der Stadt im Gegensatz zu einer Verklärung des Landlebens in der ukrainischen Literatur des späten 19. Jahrhunderts. Vgl. ders., „Дрогобич, Дрогобич…“

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Zu diesem Mythologem von der „natürlichen“ Verteilung der Ressourcen, unterstützt noch durch eine Dichotomie von oben und unten, die auch eine moralische Bedeutung hat – was oben geschieht, ist gut, was unten passiert, ist schlecht –, passt eine ähnlich bipolare Anlage der Figuren, die diesen Raum bevölkern: es sind eigentlich nur zwei nationale Gruppen, die in Frankos Boryslav zu finden sind – Ruthenen und Juden, von anderen in diesem Raum belegten Gruppen, Polen oder Österreichern, ist nicht die Rede18. Die Juden haben die Ruthenen aus ihrem angestammten Bereich der Landwirtschaft vertrieben, zu Arbeitern in den Ölgruben gemacht, sie quasi unter die Erde verbannt. Eine solche binäre Struktur des literarischen Boryslav ist anfällig für stereotype Zuschreibungen, die nur zwei miteinander konkurrierende ethnische Gruppen kennen, Ukrainer und Juden. Die Juden überschwemmen Boryslav förmlich, kaum, dass die ersten Ölfunde bekannt geworden sind; sie kaufen den Bauern deren Grundstücke billig ab, um dort nach Öl zu graben und zu reichen Geschäftsleuten zu werden (wie etwa Mendel’ Sˇechter, der Antagonist des Titelhelden in Jac‘ Zelepuha). Die Juden sind die eigentliche Macht in Boryslav: sie haben die Behörden bestochen, sie können tun und lassen, was sie wollen, bis hin zu Verbrechen und Totschlag, die dann als Arbeitsunfälle kaschiert werden19. Auf den Zusammenhang zwischen dem Besitz eines bestimmten Raumes und einer stereotypen Funktionszuschreibung verweist Martin Sander: „Sie [die Juden – A. W.] geraten, unter Umständen auch gegen den Willen des Autors, zu Repräsentanten des Ausbeuterischen und Unmoralischen auf einem Terrain, das sie völlig in Besitz nehmen, während den anderen, der Gruppe der ukrainischen

Топос Дрогобича у творах Івана Франка та Бруно Щульца (фрагмент), Франкознавчі студії. Збірник наукових праць 3, Дрогобич 2005, 64–73. 18 Diesbezüglich differiert Frankos Konstruktion von Boryslav wohl am deutlichsten von den Angaben zur historischen Situation, die zumindest drei ethnische Gruppen unter den Arbeitern in der Ölindustrie kennen. Alison Fleig Frank spricht von einer gemischten, ukrainisch-polnischen Arbeiterschaft („The working population was mixed among two „nationalities“, Ruthenian and Polish, and three confessions, Jewish, Roman Catholic, and Greek Catholic“: Oil Empire, 126); Hrytsak nennt ungefähre Prozentangaben: „According to some estimates, by the end of the nineteenth and the beginning of the twentieth century, Ruthenians (Ukrainians) accounted for forty-five to fifty percent, Poles for twenty to thirty percent, and Jews for twenty to thirty percent of the workers in Galicia“: Franko’s Boryslav Cycle, 173. Franko selbst macht in seiner publizistischen Arbeit über eine der Fabriken in Drohobytsch aus 1880 statistische Angaben, denen zufolge die Arbeiterschaft aus drei ethnischen Gruppen besteht: 45 % Ukrainer, 30 % Polen, 25 % Juden: Іван Франко, Фабрика парафіну й церезину у Дрогобичі, in: Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 44, кн. 1: Економічні праці (1878– 1887), Київ 1984, 52–67. 19 „Часті нещастя в ямах уходили властивцям безкарно, а до тої рубрики „нещастя в ямах“ зачислювано богато дечого й такого, в чім перелякані бориславські люди бачили очевидні злочинства і забійства“: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 16, 351.

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Arbeiter und Bauern, nur ihre Berufung auf angestammte Rechte im Hinblick auf eben dieses Terrain bleibt“20. Diese generelle Behauptung von der Rolle der Juden als Ausbeuter im Zusammenhang mit ihrer Stellung im Raum von Boryslav wird vom Antagonisten des Textes, dem Juden Mendel’, bestätigt. Mendel’ geht zunächst auf den enormen Kaufpreis für die fündig gewordenen Gruben des Jac’ – eine Million Gulden – ein, lässt aber von einem bestochenen Notar statt „Gulden“ „Kreuzer“ in den Kaufvertrag schreiben; auf den Betrug aber folgt das schlimmere Verbrechen: In der Nacht nach dem Vertragsabschluß entwendet Mendel’ dem schlafenden Bauern dessen Geldsack und steckt dessen Hütte in Brand. Am nächsten Morgen sieht alles wie ein Unfall aus, der betrunkene Jac’ hätte nicht auf das offene Feuer in seiner Behausung geachtet und sei deshalb samt seinem Geld verbrannt. Der jüdische Widersacher des ruthenischen Bauern wird in diesem Fall durch sein Handeln diskreditiert, nicht aber durch äußere Attribute aus dem Katalog der antijüdischen Stereotype: er ist nicht schmutzig, nicht rothaarig, kein Blutsauger, spricht kein defektes Ukrainisch, er ist kein Schankwirt, sondern Unternehmer, der zunächst auf reelle Weise sein Vermögen erworben hat. Am ehesten passt noch der Betrug im Kaufvertrag ins stereotype Bild des Juden als Betrüger, der dem Christen intellektuell überlegen ist21; auch als Mörder und Brandstifter ist Mendel’ eine individualisierte, wenn auch negative Figur, die zwar typisch „jüdische“ Handlungsweisen praktiziert, ohne aber mit Hilfe von Stereotypen gezeichnet zu sein. Von großer Bedeutung im Ensemble der jüdischen Figuren in dieser Erzählung ist eine Nebenfigur, Judka Lybak, der trotz seines abstoßenden Äußeren ein sympathischer Mensch ist, allen hilft und bei allen beliebt ist. Er kommt nach langen Jahren einer mühseligen Existenz ans große Geld, er hilft aber mit seinem Geld dem ukrainischen Protagonisten in einer aussichtslosen Situation. Hier liegt ein eindeutiger Bruch mit dem Stereotyp vor – die stereotype Figur des jüdischen Geschäftemachers kennt immer nur die Übervorteilung, den Betrug am Christen, nicht aber die Hilfe. Dieser Bruch mit dem Stereotyp, hin zu einer positiven Gestaltung jüdischer Figuren, kann als ein Versuch gesehen werden, die jüdische Bevölkerung in Boryslav differenzierter zu sehen – so wie es gerade in dieser Erzählung auch auf Seiten der Ukrainer negativ gezeichnete Figuren gibt.

20 Sander, Mehrdeutigkeit des Raums, 266. 21 Manche Interpreten übersehen, dass auch diese intellektuelle Überlegenheit der Juden über die ruthenischen Bauern ein Stereotyp darstellt, das nicht unbedingt den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen muss. So schreibt Olha Witochynska: „En tout objectivité, Franko souligne la superiorité d’esprit et d’intelligence des juifs“: Le phenomen juif dans l’œuvre d’Ivan Franko, in: Acte de la journée Ivan Franko (Sorbonne, le 12 novembre 1977). ParisMunich 1977, 132.

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Eine solche Differenzierung unterläuft auch das skizzierte dichotomische Weltmodell, das in den frühen Erzählungen aus dem Boryslaver Zyklus vorherrscht. Noch vor dieser Erzählung verfasste Franko 1881 seinen unvollendeten Roman Boryslav smijet’sja (Boryslav lacht), der in Bezug auf die jüdische Problematik im ganzen Zyklus sehr wichtig ist – wir finden dort einmal mehr die Gegenüberstellung von Ruthenen und Juden in einem Kampf ums Überleben, der wiederum als „Krieg“ bezeichnet wird22; jetzt stehen einander nicht mehr – so wie bisher – Einzelpersonen gegenüber, sondern Gruppen, aus denen sich Führerpersönlichkeiten herausbilden, Bened’o Synycja, ein idealisierter Arbeiterführer auf der ukrainischen, und der jüdische Aufseher Mortko, Handlanger des Kapitals, der im entscheidenden Augenblick den Arbeitern die mühsam angesparte Streikkasse stiehlt, auf der Gegenseite. Die Organisation der Arbeiter zur Selbsthilfe um den Protagonisten Bened’o Synycja, der einen Ausweg aus dem Elend zeigt, namentlich den Streik als einen Kampf mit unblutigen Mitteln, ist allerdings nur einer von drei Handlungssträngen in dem groß angelegten Roman23. Auch der zweite Handlungsstrang ist für unsere Thematik interessant, er zeigt die Gegenseite der Arbeiterbewegung, das Kapital: zwei jüdische Großunternehmer, Herman Gol’dkremer, der Protagonist des bekannteren Romans Boa Constrictor, und seinen Gegenspieler Leon Hammersˇljah, die im Wettlauf um eine neue Technologie – das Verfahren zur Herstellung von Ceresin – zu erbitterten Gegnern werden. Die Vertreter des Großkapitals treten dabei aber primär im Kampf miteinander und nicht als Ausbeuter der ukrainischen Arbeiter auf. Sie sind Juden, werden aber im Unterschied zur jüdischen Basis differenziert gezeichnet und verfügen im Fall Gol’dkremers auch über positive Züge. Auf die dritte Linie, eine Liebesgeschichte zwischen Gol’dkremers Sohn Gottlieb und Hammersˇljahs Tochter Fanni, soll hier nicht näher eingegangen werden. Die Konfliktparteien stehen sich in diesem Text im ersten Handlungsstrang gegenüber: die große Masse der Arbeiter in den Ölschächten, den Raffinerien und Fabriken sind Ukrainer, Bauern, die aus einer Notlage zu Industriearbeitern werden. Ihre Vertreter finden sich in der Hütte des alten Matij, in der auch der Protagonist dieses Lagers, Bened’o Synycja, sich einquartiert. Ihnen stehen die „kleinen“ Juden gegenüber: Quartiergeber, Schankwirte, Fuhrleute, Grubenaufseher, die, wiewohl sie materiell kaum besser stehen als die ukrainischen Lohnarbeiter, nach einem simplen Schema gezeichnet werden: sie arbeiten nicht in der Produktion, sondern leben von dem, was die ukrainischen Arbeiter pro22 „… доки вони не скінчать своєї війни з жидами“: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 15: Повісті та оповідання (1878–1882), Київ 1978, 433. 23 Boryslav smijet’sja ist in der Textausgabe mit der Gattungsbezeichnung „povist“ („Erzählung“) versehen, entspricht aber viel eher der Gattung des Romans. Franko selbst bezeichnete diesen Text als Roman. Vgl. Гузар, Стежками життя і творчості Івана Франка, 48.

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duzieren, sind also Parasiten. Hier kommt einmal mehr ein bekanntes galizisches antijüdisches Stereotyp zum Tragen. Prompt werden sie vom ukrainischen Lager als der Hauptfeind wahrgenommen, nicht aber das Großkapital. Wie wird die Gegenseite dargestellt? Die Leiden des ruthenischen Bauern auf seinem Weg zum Industriearbeiter und das Elend seiner Situation in Boryslav werden besonders aus der Lebensgeschichte des Andrij Basarab im vorletzten Kapitel des Romanfragments deutlich, die zeigt, wie aus einem der reichsten Bauern der Umgebung ein armer Lohnarbeiter geworden ist. Schuld daran sind die Juden, die Andrijs Vater vergiftet, seine Mutter ins Grab gebracht und die Söhne um ihr Erbe betrogen haben, sodass Andrij und seinem Bruder nur mehr eines bleibt: die Rache an den Juden schlechthin, der „Krieg“ gegen sie, um es mit seinen Worten zu sagen24. Demgegenüber vertritt Bened’o ein anderes Programm: den organisierten gewaltfreien Kampf, der durch einen Generalstreik die Lage der Arbeiter verbessern soll. Es gelingt ihm auch, den „Bund der Rächer“ von diesem konstruktiveren Weg zu überzeugen, nur wissen wir aufgrund des fehlenden Endes nicht, welcher Weg sich schlussendlich durchsetzt: der des friedlichen Streiks, auch nachdem die Streikkasse gestohlen wurde25, oder der der Rache – die Industrieanlagen sollen in Brand gesetzt werden. Auf alle Fälle zeigt Franko in seinem positiven Helden Bened’o eine Alternative zum blinden Hass gegen die jüdische Gruppe: Der Streik richtet sich gegen die Unternehmer als solche, und nicht gegen die Juden. Die erwähnte Dichotomie von Ruthenen und Juden in Boryslav, die noch in den oben erwähnten Erzählungen dominierend ist, kommt ins Wanken, wird vom Autor selbst zurückgenommen: wenn der positive Held sein Programm des Streiks verwirklicht, ist der nationale Gegensatz und damit auch die antijüdische Einstellung überwunden. Eine geplante Fortführung dieses Romans verweist darauf, dass Franko diese Lösung bevorzugt26 und damit sich auch in Boryslav lacht schon vom oben skizzierten dichotomischen Weltmodell gelöst hatte. Prompt finden wir in der Kritik zwei Lesarten dieses unvollendeten Romans; es versteht sich fast von selbst, dass die sowjetische Literaturwissenschaft aus Boryslav smijet’sja vor allem die Organisation der werktätigen Massen herauslas27 24 „Ні, побратими, наша війна з жидами іно що зачалася, але ще зовсім не скінчилася“: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 15, 473. 25 Zenon Huzar sieht das von Bened’o propagierte Programm der gewaltfreien Methoden gescheitert, er konstatiert einen unversöhnlichen Konflikt zwischen den ansässigen Arbeitern und den fremden Ausbeutern: „Тому і його ідея (Бенедья – A.W.) зазнала краху. Конфликт між бориславцями, підгірцями і чужинцями-загарбниками виявився непримиренним“: Стежками життя і творчості Івана Франка, 50. 26 In dem geplanten Roman über das weitere Schicksal eines der Rächer, Andrus’ Basarab, wollte Franko eine Abkehr seines Helden von der Idee des „Kriegs“ schildern. Vgl. Hrytsak, Franko’s Boryslav Cycle, 180. 27 Vgl. Р.С. Міщук, Повість Івана Франка як результат взаємодії національної і європейської

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und damit die „soziale“ Lesart bevorzugte. In der Forschung außerhalb der Sowjetunion, aber auch in der postsowjetischen Franko-Forschung in der Ukraine gibt es Beispiele für die „nationale“ Lesart, wenn etwa Olesja Rjazanova schreibt, dass „es nicht übertrieben ist zu sagen, dass im Roman eine der Hauptideen nicht die der Klasse, sondern die der Nation sei“28. Deutlicher hatte sich zu diesem Roman der Österreicher Karl Treimer in seinem Franko-Buch von 1971 geäußert: „Die Zeichnungen jüdischer Finanzleute bei Franko sprechen sehr dafür, dass unter aller Mimikry der im Slawentum schlummernde Antisemitismus auch bei ihm im Keim vorhanden war und dass diese Vorurteile das klassenkämpferische Element nicht uneingeschränkt in den Vordergrund gelangen ließen“29. Auch wenn man dem Vorurteil des generell „im Slawentum schlummernden Antisemitismus“ nicht zustimmen wird, so hat Treimer doch klar die Ambivalenz in der Aussage des Romans erkannt. Nebenbei gesagt, bedauert er jedoch das Fehlen des klassenkämpferischen Elements, er hätte wohl lieber einen Franko im Sinn des Sozialistischen Realismus gehabt. Es bleibt die große Frage, warum Franko diesen Roman – den von der Konzeption her größten und von der Gattung her einzigen Roman aus dem Boryslaver Zyklus – nicht abgeschlossen hat. Konnte er den Roman aus dem Grund nicht fertigstellen, weil der Streik, den er beschrieb, zur Zeit der Abfassung absolut undenkbar war und erst 1904, also fast zwanzig Jahre später stattfand? 30 Waren es nur praktische Umstände einer geänderten Lebenssituation, die Übersiedlung nach Lemberg und das Abgehen von den sozialistischen Überzeugungen, oder hatte sich Franko mit dieser Anlage in eine gewisse ideelle Sackgasse hineinmanövriert, aus der er keinen Ausweg mehr sah?

літературних традицій, in: Іван Франко і світова культура. Матеріали міжнародного симпозіуму (Львівь, 11–15 вересня 1986 р.) кн. 1. Київ 1990, 244–247; Л.Т. Сенник, Новаторство повістей і романів Івана Франка у контексті європейського роману, in: Іван Франко і світова культура, кн. 1, 248–251. 28 „Не буде перебільшенням сказати, що в романі однією з основних є ідея не класова, а національна“: Олеся Рязанова, Нове прочитання роману „Борислав сміється“, in: Іван Франко – письменник, мислітель, громадянин. Матеріали Міжнародної наукової конференції (Львівь 25–27 вересня 1996 р.). Львівь 1998, 459. 29 Karl Treimer, Ivan Franko. Wien 1971, 23f. 30 „In his new novel, Boryslav smiietstsia … he [Franko – A.W.] described what at that time could exist only in a socialist’s imagination – an organized strike of Boryslav workers“: Hrytsak, Franko’s Boryslav Cycle, 177. Für Alison Fleig Frank ist die Beschreibung des Streiks in Frankos Roman eine mögliche Anleitung für die Organisation zukünftiger Streiks, nicht aber das Echo realer Vorkommnisse: „…providing the oil workers with a striker’s text-book, a sort of manual, how to act collectively and effectively“: Oil Empire, 122. Ähnlich sieht Zenon Huzar in der Darstellung des Streiks eine Prognose dessen, was noch kommen wird, aber auch eine nicht zu verwirklichende Utopie: „це, с одного боку, роман-теза, роман-прогноз… Однак це роман-утопія“: Гузар, Стежками життя і творчості Івана Франка, 50.

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1878, nur wenige Jahre vor dem erwähnten Romanfragment, veröffentlichte Franko seine Erzählung Boa constrictor, deren Titel er wohl von einem gleichnamigen Roman des heute vergessenen deutschen Autors Karl Spindler (1796– 1855) übernommen hatte – es handelt sich dabei um den wohl bekanntesten und auch am häufigsten übersetzten Text aus dem Boryslaver Zyklus, der sich von allen bisher erwähnten Erzählungen dadurch unterscheidet, dass zum einen der Hauptheld Jude ist und dass es zum anderen keinen „Krieg“ zwischen dem ruthenischen und dem jüdischen Teil der handelnden Personen gibt – die Welt ist nicht mehr in Ruthenen und Juden aufgeteilt. Der Abgang vom dichotomen Weltbild, der sich in Boryslav smijet’sja andeutet, ist hier bereits drei Jahre früher vollzogen. Boa constrictor schildert den Aufstieg des jüdischen Unternehmers Herman Gol’dkremer vom Halbwaisen in den jüdischen Elendsvierteln bis zum Millionär, was aus der Retrospektive erzählt wird. Die Handlung gipfelt in jener Szene, da der debile Sohn Gol’dkremers, Gotlib, seinen Vater anfällt und zu erwürgen droht, um ihm Geld abzupressen. Damit wird jenes Bild, das in Gol’dkremers Arbeitszimmer hängt und zugleich den metaphorischen Titel abgibt, realisiert – so wie auf dem Bild eine Gazelle von einer Riesenschlange aus dem Hinterhalt angefallen und erwürgt wird, so geht es dem Protagonisten: aber nicht der missratene Sohn, dessen Angriff sich Herman erwehren kann, ist die Verwirklichung der Boa constrictor, sondern das eigene Geld hat den Protagonisten in einem Würgegriff, aus dem er nicht mehr entkommt („Das ist kein Reptil, das ist die unendlich lange, ausgewachsene und von geheimer Kraft zum Leben erweckte Schlange des Geldes, des Silbers und des glänzenden Goldes!“31). Zunächst scheint Gol’dkremer aus diesem Vorfall gelernt zu haben: Er will dem Fluch des Geldes entgehen, sein Leben ändern und seiner Verantwortung für die Leute, aus deren Arbeit sein Reichtum stammt, gerecht werden. Aber, wie uns der letzte Absatz – eine Art Epilog – belehrt, ist dieser Gesinnungswandel nur von kurzer Dauer, wenige Tage später ist Herman wieder der alte. Wen das Geld in seinem Würgegriff hat, den lässt es nicht mehr los, so wie die Boa auf dem Bild ihr Opfer. Der Protagonist ist nicht nur Jude, er ist auch frei von üblichen Stereotypen gestaltet; im Aufsatz Meine jüdischen Bekannten (1903) betont der Autor selbst, dass „dieser Jude ganz wie ein Mensch gezeichnet wurde, ohne eine Spur der in der bisherigen ruthenischen und auch polnischen Literatur üblichen Karikierung“32. Gol’dkremers Gier nach Geld und Besitz ist deterministisch zu verstehen, 31 „Се не вуж, се безмірно довга, зросла докупи і оживлена чарівною силою зв’язка грошей, срібла, золота блискучого!“: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 14: Повісті та оповідання (1875–1878), Київ 1978, 434. Die Deutung von Danuta Szymonik, dass mit der Würgeschlange der Sohn des Protagonisten gemeint sei, scheint deshalb nicht zutreffend. Vgl. Kalifornia Galicyjska, 170. 32 Ivan Franko, Meine jüdischen Bekannten, 81.

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ganz im Sinne der naturalistischen Poetik von Emile Zola33; das wird besonders deutlich, wenn man das Ende der Erzählung betrachtet – die Herkunft hat den Protagonisten so tief geprägt, dass er auch nach der Katharsis durch den Würgeangriff des eigenen Sohns sich nicht ändern kann. Je reicher Gol’dkremer wird, desto mehr regen sich zwar die Zweifel am Sinn und der Überdruss an diesem Dasein, und fast könnte er ihm ja auch entkommen; aber es gibt bei Franko aufgrund des erwähnten Determinismus keine Bekehrung, weder für den ukrainischen Bauern aus der Erzählung Der bekehrte Sünder noch für den jüdischen Millionär aus der Boa constrictor, dessen Figur aber ohne stereotype antijüdische Zuschreibungen auskommt. Eine solche Zeichnung des jüdischen Protagonisten ist nicht rassistisch und gibt absolut keinen Anlass zu einer antisemitischen Interpretation des Texts. Um den jüdischen Protagonisten sind jüdische Nebenfiguren angeordnet, die auch für das Bild vom Judentum in dieser Erzählung wichtig sind – eine sehr positiv und eine sehr negativ gezeichnete, die nicht nur ein kompositorisches Gegenpaar erzeugen, sondern auch ein differenzierteres Bild vom Judentum vermitteln, als es bisher der Fall war. Da ist zunächst Icyk Sˇubert, ein fahrender Händler, der sich des Waisenkindes Herman annimmt und ihm damit das Überleben ermöglicht. Icyk verkörpert eine Genügsamkeit, die in krassem Gegensatz zur Geldgier Hermans steht – so lang Icyk lebte, war Herman mit dem Wenigen zufrieden, was er hatte, und er war glücklich. Auch Icyk ist eine jüdische Figur, die nicht in die erwähnte ukrainisch-jüdische Dichotomie des Boryslaver Weltbilds passt und ein starkes Gegengewicht zu den vielen negativ gezeichneten jüdischen Figuren darstellt34. Das Gegenstück zu Icyk ist Mosˇko, der als Gol’dkremers Vertrauensmann bei den Gruben in Boryslav große Machtbefugnisse hat. Geld ist für Mosˇko alles, und um an das sauer ersparte Geld eines Ölarbeiters zu kommen, begeht er einen Raubmord, der jedoch nie geahndet wird, auch weil Herman seinen Angestellten deckt. Die Nähe dieses Mosˇko zu Mortko aus Boryslav lacht ist groß, nicht nur 33 Auf Frankos Bewunderung für Zola verweist Olha Witochynska, Le phenomene juif dans l’œuvre d’Ivan Franko, in: Actes de la journée Ivan Franko,135; Zolas Einfluß auf Franko betont George Grabowicz in einem Aufsatz aus 1983: Єврейска тема в українській літературі XIX та початку XX ст., in: Григорій Габович, До історії української літератури. Київ 2003, 218–236; in letzter Zeit haben Alison Fleig Frank (Oil Empire, 122) und Danuta Szymonik (Kalifornia Galicyjska, 168) darauf hingewiesen. 34 Für Alla Kolesnyk wird Icyk Sˇubert deshalb vom Autor positiv dargestellt, weil er arm ist, im Unterschied zu den vermögenderen Juden, die von Franko negativ dargestellt werden: Українсько-єврейскі стосунки та перспективи їх розвітку (На матеріалі художних творів Івана Франка), in: Франкознавчі студії. Збірник наукових праць 5, Дрогобич 2012, 99–104. Eine solche Unterscheidung lässt sich nicht halten – wir finden in der Gestalt des Herman Gol’dkremer aus Boa constrictor sowie des Judka Lybak aus Jac Zelepuha reich gewordene Juden, die über positive Charakterzüge verfügen, wir finden aber umgekehrt auch arme Juden, z. B. in Boryslav smijet’sja, die durchwegs negativ gezeichnet sind.

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was die Namen beider Figuren betrifft. Die Geldgier, die keine Rücksicht auf moralische Grenzen kennt, ist ein stereotyper Zug, den wir bei vielen jüdischen Figuren Frankos finden, seien es Haupt- oder auch nur Nebenfiguren. Stereotype Schilderungen jüdischer Vorgehensweisen finden sich auch in solchen Passagen der Boa constrictor, wo generelle Entwicklungen geschildert werden, etwa die Zunahme der jüdischen Bevölkerung in Boryslav im Zusammenhang mit dem Erdölboom: Alle, vor allem aber die Juden, drängten wie eine Lawine nach Boryslav, die einen mit Geld in der Tasche, andere aber nur, um ihr Glück zu versuchen. Ein Kampf setzte ein, wie ihn Galizien bislang nicht gesehen hatte. Das glatte, schlüpfrige jüdische Element drang, wie das Wasser bei einer Überschwemmung, in alle Winkel und alle Ritzen, wie Tausende von Würmern, und zeigte sich überall, auch wo man es nicht erwartete. Die perfekte Kenntnis des einfachen Volkes, die Fähigkeit dieses auszunutzen, es in kleinen Dingen auf Schritt und Tritt zu betrügen, verleiht den Juden einen großen Vorteil gegenüber den deutschen Kapitalisten und allen Fachleuten35.

Man findet auch hier wieder die mehrfach erwähnte antijüdische Tendenz, quasi als die Kehrseite der Herauslösung des Haupthelden aus diesen Stereotypen. Wichtig ist es aber auch zu sehen, dass Franko in der zweiten Fassung dieses Romans diese Passage stark gekürzt und diese Tendenz deutlich gemindert hat. Die im Druck vorliegende zweite Fassung ist, wie Yaroslav Hrytsak gezeigt hat, eigentlich die dritte36, und diese, vom Autor in der Skizze über die Jüdischen Bekannten bereits erwähnte Umarbeitung, die dann 1907 auch als Buch erschien, unterscheidet sich deutlich von der Erstfassung. Herman Gol’dkremer ist in der dritten Fassung weniger denn je der typisch jüdische Unternehmer, er ist viel mehr ein moderner Unternehmer im europäischen Sinn, seine Kontakte mit ausländischen Firmen zeugen davon. Auch die deterministische Prägung ist zurückgenommen, sein wirtschaftlicher Erfolg rührt nicht mehr aus dem Zwang zur Kompensation der Armut in Kindertagen, sondern aus seiner Professionalität. Damit verliert auch das Bild der Boa constrictor seine Bedeutung, es wird in seiner metaphorischen Bedeutung nicht mehr im Sujet realisiert (die Szene, in 35 „Всі, а особливо жиди, лавою поперли в Борислав, хто з готовими грішми, а хто і так, на щастя. Почалася боротьба, якої досі не бачила Галичина. Слизький, влізливий елемент жидівський, мов вода під час повені, вдирався у всі закутини, всі шпарки, немов тисячі хробаків, і показувався всюди, де його ніхто й не надіявся. Докладне знання простого люду, умілість використувати його, ошукувати в дрібницях на кождім кроці – надавали жидам велику перевагу над німецькими капіталистами і всякими фаховими людьми“: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 14, 400. 36 Die zweite Version von Boa constrictor erschien 1884 zunächst in der Zeitschrift Zorja, dann als Buchausgabe und unterscheidet sich von der ersten nur unwesentlich. Vgl. Hrytsak, Franko’s Boryslav Cycle, 185. Die dritte Version von 1907 ist in der 50-bändigen Gesamtausgabe als „Друга редакція“ gekennzeichnet. Vgl. Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 22: Повісті та оповідання (1904–1913), Київ 1979, 109–207.

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der der Sohn seinen Vater erwürgen will, fehlt in dieser Fassung) und eignet sich nicht länger als Romantitel37. Gol’dkremer ist nicht mehr Gefangener seines Geldes, sondern verfügt souverän über dieses. Mit seiner unternehmerischen Energie bahnt er dem Fortschritt den Weg, der vielen kleinen Leuten zugute kommt: „Er gibt ihnen die Möglichkeit auszubrechen aus der alten Enge und der Ratlosigkeit des patriarchalischen Lebens, mehr von der Welt kennen zu lernen, den eigenen Willen zu entwickeln“38. Seine Arbeiter wissen das zu schätzen, akzeptieren nicht nur seine Bedingungen, sondern sind damit zufrieden, ja dankbar39, was Hrytsak von einer„Harmonie zwischen den Klassen“ sprechen lässt40; wichtiger aber scheint es, auf das Fehlen eines jeden nationalen Konflikts hinzuweisen – von einem jüdisch-ukrainischen Antagonismus kann in der dritten Fassung noch weniger die Rede sein als in der ersten. Der moderne Unternehmer jüdischer Herkunft, Gol’dkremer, fällt der Intrige eines jüdischen Konkurrenten im „alten Stil“ – des einmal mehr stereotyp gezeichneten Icko Cansˇmerc – zum Opfer: aus Wut und Neid sprengt Icko einen neuen Stollen seines Konkurrenten in die Luft, und dabei wird eher versehentlich denn mit Absicht Gol’dkremer von einem Steinbrocken tödlich getroffen, während den Bösewicht eine gerechte Strafe ereilt – er wird von einer Folgeexplosion in Stücke gerissen (mit dem wahrlich naturalistischen Bild seines abgerissenen Kopfes, der durch die Luft fliegt, endet diese Fassung des Romans). Was sind die strukturellen Dominanten des Bildes von Boryslav, das Franko zeichnet, was sind die Voraussetzungen, die er dem Leser stillschweigend suggeriert? In seinem Boryslav gibt es nur zwei nationale Gruppen, Juden und Ukrainer, ganz gleich ob es sich um Bauern oder Industriearbeiter handelt. Eine solche binäre Anlage legt einen ebenso binären, auf einem ethnischen Unterscheidungsmerkmal basierenden Konflikt nahe. Die historische Forschung betont in der Regel die multinationale Zusammensetzung der Boryslaver Arbeiterschaft, aber auch den internationalen Charakter des Boryslaver Kapitals – bei Franko ist davon nicht die Rede. Diese Bipolarität ist auch kennzeichnend für die Verteilung der Ressourcen und Rollen: die Ukrainer sind Bauern bzw. nach ihrem Abwirtschaften Industriearbeiter, die Juden sind als Schankwirte und Händler, vielmehr aber noch als Aufseher, Kassierer u. a. im Ölgeschäft tätig, auch wenn sie nicht Grubenbesitzer 37 „Hence, the original title loses its meaning“: Hrytsak, Franko’s Boryslav Cycle, 187. 38 „Він дає ім можність вийти зі старої тісноти та безрадності патріархального життя, пізнати більше світу, розвинути свою волю“: Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 22, 193. 39 Vgl. Іван Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 22, 196. 40 „The new edition oft the novel, however, bore no hint of class conflict. On the contrary, it presented a picture of class harmony between Goldkremer and his workers“: Franko’s Boryslav Cycle, 187.

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oder Großkapitalisten sind. Das Ausbrechen aus diesen Rollen – vgl. das erwähnte Beispiel des Bauern, der Öl fördern möchte – scheitert und zeigt umso mehr, wie undurchlässig die Grenze zwischen den beiden Bereichen ist. Diese beiden Bereiche, die Landwirtschaft auf der Erde und das Schürfen nach Öl unter der Erde, sind nicht nur räumlich entgegengesetzt, sondern auch semiotisch: die Arbeit auf der Scholle ist gut und gerecht, die Arbeit unter der Erdoberfläche führt nicht nur zu großem sozialen Unrecht, sondern – wie im Fall vieler bäuerlicher Lohnarbeiter – auch zum Tod derer, die sich aus ihrem angestammten Bereich entfernt haben. Hier stoßen wir auf ein deutlich vormodernes Mythologem, die moralische Besetztheit dieser Räume. Immer wieder betont Franko die fatalen Folgen, welche die Arbeit in den Ölgruben für die Betroffenen hat – die umfassende Chiffre dafür ist der Alkoholismus. Es verwundert also nicht, dass im Rahmen einer solchen, wertbesetzten Grundkonzeption auch die Figuren zum einen in binären Oppositionen, zum anderen nicht wertfrei gezeigt werden. Das in der galizischen literarischen Tradition deutlich ausgebildete antijüdische Stereotyp des Blutsaugers und Parasiten bietet sich zur Charakterisierung der einen Seite an, während die positive Darstellung der Ruthenen auf das nationale Engagement des Autors – Franko fühlt sich immer als der Anwalt seiner ethnischen Gruppe – zurückgeht. Es gibt nur wenige Ausnahmen aus dieser Zuteilung, wie Judka aus der Erzählung Jac’ Zelepuha oder Icyk aus Boa constrictor. Erst dort, wo die Binarität der Welt von Boryslav wegfällt und diese nicht mehr in zwei exklusive nationale Lager aufgeteilt ist, kommen prinzipiell andere Helden ins Spiel – die beiden Gol’dkremers aus der ersten und der letzten Variante der Boa constrictor. Der erste Herman wird ein Opfer seines Geldes – hier klingt die erwähnte moralische Bewertung des Ölgeschäfts nach: auch wer vom Profit des unter der Erde erbeuteten Guts lebt, lebt von einem „unrechten Gut“, das ihm letzten Endes zum Verhängnis wird. Gol’dkremer aus der späteren Variante des Roman ist dagegen ein säkularer Typ von Geschäftsmann, der sein Kapital auch zum Nutzen eines allgemeinen Fortschritts einsetzen kann – ob auch dieses Kapital, das einmal mehr aus der Erde kommt, ganz von deren Fluch befreit ist, ist nicht sicher; eine Spur vom Fluch des Geldes scheint dort noch nachzuwirken, wo Gol’dkremer am Ende der dritten Variante durch die Rache eines Neiders ums Leben kommt. Auf alle Fälle lässt sich im Boryslaver-Zyklus, wo sich zahlreiche antijüdische Passagen finden, eine Evolution des Autors beobachten, die weg von der unreflektierten Übernahme von Stereotypen, weg von antijüdischen Schuldzuschreibungen und hin zu einer individualisierten, psychologisch vertieften Darstellungen jüdischer Protagonisten führt. Auch die Geschichte der Rezeption dieses Zyklus zeigt, dass Frankos Zeitgenossen nicht die antijüdischen Tendenzen, sondern die beeindruckende menschliche Problematik dieser Texte be-

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merkten. So verweist etwa die ukrainischen Autorin und Frauenrechtlerin Natalija Kobryns’ka auf die allgemeinmenschliche Botschaft der Boryslaver Erzählungen, die bei ihr allerdings eine Wandlung zum Engagement für die Sache der Ruthenen bewirkt hätten41 – nicht aber eine antisemitische Einstellung.

41 In einem Brief Mychajlo Pavlyk vom 28. 11. 1888 schreibt Kobryns’ka: „Eine interessante Periode in meinem Leben, die Zeit einer umfassenden Hinwendung zu all dem, was ruthenisch ist. Das ist zu aller Erst das Verdienst Frankos, seine ersten Erzählungen über das Leben in Boryslav machten mich betroffen und halfen mir die in mir schon ausgeformten allgemeinmenschlichen Ideen auf nationale Umstände auszurichten. Umso erstaunlicher ist, dass, während Franko, Sie und andere in Galizien gesamteuropäischen Ideen zum Durchbruch verholfen haben, und so manche Anschauung sich feindlich gegen den herrschenden Nationalismus stellte, bei mir das Gegenteil passierte. [„Цікавий період в моїм життю комплектної анастазії і до всього що руське. Тут доперва виступає заслуга Франка, його перші повісті про життя бориславське поразили мене і помогли вироблені вже у мені загальнолюдські ідеї оперти на національних услов’ях. Що тим більше дивне, для того що власне Франко і Ви другі впровали-сьте в Галичину загальноєвропейські ідеї, коли в многих виглядах станули ворожо против пануючого націоналізму, а у мене сталося наоборот“], in: Наталя Кобринська, Вибрані твори. Київ 1980, 402.

Jevhen Pshenychnyj (Drohobycˇ)

Ivan Franko und Hermann Barac. Ein Dialog, der nie stattgefunden hat

Die grundlegenden Arbeiten Ivan Frankos zur älteren ukrainischen Literatur sind für die ukrainische Literaturwissenschaft von zentraler Bedeutung. Es gibt kaum eine Problemstellung aus der Literatur des Mittelalters, an der Franko sich nicht erfolgreich versucht hat. Dabei beschränkte sich sein Interesse nicht nur auf die ukrainische Literatur. Franko hat mit Erfolg auch die älteren Literaturen anderer Völker studiert: die altgriechische, altindische, die alte hebräische Literatur. Noch als Gymnasiast in Drohobytsch schrieb Franko 1875 an den Redakteur des Lemberger Studentenblatts Druh („Der Freund“), dass er eine paraphrasierende Übersetzung der zwölf Teile des Buches Hiob angefertigt habe. Dabei sei ihm diese Paraphrase, nach den Worten des Autors selbst, „…ein seelisches Bedürfnis gewesen“1. Diese Paraphrase des Buches Hiob stellt den ersten Versuch des jungen Franko dar, die Schönheit und den philosophischen Gehalt der hebräischen Literatur zu erschließen. In diesem Zusammenhang ist auch auf das alttestamentarische „Lied der Debora“ (Richter 5) zu verweisen, ein Denkmal der hebräischen Literatur, das Franko 1912 übersetzte und kommentierte. Aber nicht nur die alte hebräische Literatur erweckte Frankos Interesse, sondern auch die neuere. Er übersetzte Werke des bekannten, aus der heutigen Ukraine stammenden hebräischen Dichters Wolf Ehrenkranz und auch von Moritz Rosenfeld. Was Frankos eigene Werke in Bezug auf Motive aus der jüdischen Geschichte angeht, so ist es kein Wunder, dass die Geschichte des jüdischen Volkes, eines Volkes des Buches, sowohl den Wissenschaftler wie auch den Literaten Franko begeisterte. Unter den unzähligen wissenschaftlichen Artikeln von Franko finden sich auch Bemerkungen zu Fragen der Judaistik. 1894 erschien als Sonderdruck zur Chronik der historisch-philologischen Gesellschaft an der Kaiserlichen Universität in Novorossijsk eine Arbeit des Kiever Judaisten Hermann Barac mit dem Titel „Spuren jüdischer Anschauungen im

1 Лист Івана Франка до Василя Давидяка від 3 липня 1875 року, in: Івана Франко, Зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 48 Лісти (1847–1885). Київ 1986, 31.

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altrussischen Schrifttum“.2 Diese Arbeit ist der Analyse eines bekannten Denkmals der altukrainischen Literatur, der „Predigt Kyrills des Philosophen“ (Слово Кирилла Философа) gewidmet. Barac verfasste die Abhandlung um zu zeigen, dass dieser Text, ähnlich wie andere Denkmäler, die dem heiligen Kyrill bzw. Konstantin zugeschrieben werden, eine Nähe zu jüdischen Traditionen und Anschauungen aufweist. Als Beweisgrundlage dienten für Barac bei der Klärung dieser Fragen Fragmente aus dem Talmud, aus jüdischen Gebetssammlungen und dem Kodex des Maimonides, ebenso wie aus dem berühmten, auf Aramäisch verfassten Buch „Sohar“ (Das Leuchten) – dieser Bibel der Kabbalisten, wie dieses Buch auch genannt wird. Nach der Lektüre der Arbeit von Hermann Barac, schrieb Ivan Franko eine Besprechung zu dessen Text für die „Mitteilungen der Sˇevcˇenko-Gesellschaft der Wissenschaften“3. Darin betont er, dass das Thema, über das Barac geschrieben hatte, nicht neu und in der europäischen Wissenschaft schon gut erforscht sei. Franko greift die Thesen von Hermann Barac auf, um auf die Mängel von dessen Arbeit hinzuweisen, vor allem auf die fehlende komparatistische Betrachtung, die mangelnde Kenntnis des weltliterarischen Kontexts, sowie der Anfänge des Talmuds, auf den Barac am häufigsten zurückgreift. Insgesamt kommt Franko jedoch zu einer positiven Beurteilung der Arbeit von Barac: „Ich sage das alles nicht zum Nachteil der Arbeit des Herrn Barac. Als genauer Kenner des Talmuds führt er in seiner Arbeit sehr viel Material an, das besonders wertvoll für diejenigen Gelehrten ist, die über Kenntnisse der jüdischen Sprache verfügen, und darin liegt der größte Wert dieser Arbeit. Dazu kommt, dass diese Arbeit ohne Eigendünkel verfasst ist und davon zeugt, dass ihr Verfasser die wissenschaftlichen Arbeiten in Russland und Westeuropa gut kennt“.4

Ein zweites Mal äußerte sich Franko zur literaturwissenschaftlichen Arbeit von Barac, als dieser in der Zeitschrift Kievskaja Starina seine Abhandlung „Epen und Legenden der altrussischen Literatur, die einen Bezug zu Juden und dem Judentum aufweisen“ (Повести и сказания древне-русской письменности, имеющие отношение к евреям и еврейству) veröffentlichte.5 Franko schrieb dazu eine Rezension, die in den Mitteilungen der Sˇevcˇenko-Gesellschaft der 2 Г. Барац, Следы иудейских воззрений в древне-русской письменности, in: Летопись историко-филологигеского общества при императорском Новороссийском университете, Band IV, 1–52. 3 Ivan Franko, Следы иудейских воззрений в древне-русской письменности. Слово КириллаФилософа. Одеса 1894, in: Mitteilungen der Sˇevcˇenko-Gesellschaft der Wissenschaften in Lemberg (Записки наукового товариства імени Шевченка), 1896, Bd. XI, 2–4. 4 Ibidem, 4. 5 Г. Барац, Повести и сказания древне-русской письменности, имеющие отношение к евреям и еврейству. Два рассказа Киево-Печерского Патерика, in: Киевская старина, 1906, 1, 399– 411.

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Wissenschaften 1906 erschien.6 Hier übt der Rezensent heftige Kritik am Verfasser des Artikels, wirft ihm Dilettantentum und eine nur oberflächliche Kenntnis der altukrainischen (für Barac ist das die altrussische) Literatur vor. Wenn Barac das „Väterbuch“ des Kiewer Höhlenklosters analysiere, so Franko, um dort Spuren, „die einen Bezug zu Juden oder zum Judentum aufweisen“ zu finden, so sollte er sich zumindest des Originaltextes bedienen, dessen Redaktionen und Varianten kennen und sich nicht auf die „Nacherzählung“ von Malysˇevskij verlassen. Dabei hatte Franko die Hoffnung, dass seine kritischen Bemerkungen zum oben zitierten Aufsatz von Barac zu einer gründlicheren Auseinandersetzung mit den Denkmälern der älteren Literatur seitens jüdischer Gelehrter führen sollten. Hermann Barac antwortete weder auf die erste, noch auf die zweite kritische Rezension Frankos. Es ist festzuhalten, dass Barac nicht nur von Franko kritisiert wurde, sondern auch von anderen Wissenschaftlern aus Russland und Westeuropa. Franko wusste von dieser Kritik aus der Lektüre der wissenschaftlichen Periodika. So war eine Kritik an Barac im Istoricˇeskij Vestnik (Historischer Bote), der Byzantinischen Zeitschrift, dem Archiv für Slavische Philologie und dem Zˇurnal Ministerstva narodnogo prosvesˇˇcenija (Zeitschrift des Ministeriums für Volksaufklärung) erschienen. Die Verfasser dieser Arbeiten behaupteten einstimmig, dass den Arbeiten von Barac jeder tiefere komparatistische Hintergrund für jene Probleme, die der Autor aufgreife, fehle. Man warf ihm sogar Unkenntnis der altrussischen Texte vor, was auch Franko betont hatte. Bedauerlicherweise zog Barac, der die Mehrheit dieser kritischen Stimmen kannte, aus allen diesen Kritikpunkten keine Konsequenzen und fuhr unbeirrt fort, seine Vorhaben in seinem Stil zu verwirklichen. Wie bereits nach Barac’ Tod der Leiter der Jüdischen historisch-archäographischen Kommission, Illja Halant, deutlich machte, stand die Frage „nach den jüdischen Einflüssen im altukrainischen Schrifttum nicht nur im Zentrum von Barac’ Interessen, diese Idee stellte vielmehr sein einziges wissenschaftliches Interesse dar. Hermann Barac verkörperte den „seltenen Typ des Wissenschaftlers, der nur eine Idee kennt“7. Die nächste und letzte wissenschaftliche Arbeit von Barac, die Franko rezensierte, war die große Abhandlung „Über das biblisch-ahadische Element in den Epen und Legenden am Beginn der russischen Chroniken“8. Auf diese Arbeit von Barac hatte der galizische Moskophile Julian Javors’kyj, zu dieser Zeit Lehrer am 6 Ivan Franko, Г. Барац. Повести и сказания древне-русской письменности, имеющие отношение к евреям и еврейству. Два рассказа Киево-Печерского Патерика. (Киевская Старина 1906, кн. за март і цвітень, с. 289–311), in: Mitteilungen der Sˇevcˇenko-Gesellschaft der Wissenschaften in Lemberg, 1906, 72, 190–193. 7 Збірник праць єврейской історично-археографічної комісії. T. II. Київ 1929, 403. 8 Г. Барац, О библейско-агадическом элементе в повестях и сказаниях начальной русской летописи, in: Україна, 1907, Bd. III, 362–382; Bd. IV, 41–60; Bd. IV, 314–346.

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Ersten Kiewer Gymnasium, in einem Brief an Ivan Franko bissig geschrieben: „Haben Sie schon den verrückten Aufsatz dieses Besessenen gesehen? Er beruft sich in vieler Hinsicht auf Sie. Dieser Jude hat wohl den Verstand verloren“9. Auf diese antisemitische Bemerkung des galizischen Moskophilen reagierte Franko nicht. Es ist bezeichnend, dass diese Arbeit von Hermann Barac mit einem langen Epigraph aus Frankos Arbeit „Das Gleichnis vom Blinden und vom Lahmen“ beginnt, die 1905 in St. Petersburg erschienen war. „Es besteht kein Zweifel, dass in den Denkmälern unseres älteren Schrifttums, wo man bislang immer nur nach griechisch-byzantinischen Vorbildern gesucht hatte, bei aufmerksamen Vergleichen mit jüdischen Quellen, vor allem mit dem Talmud, das eine oder andere klar wird, was bislang rätselhaft war. Forschungen in dieser Richtung sind umso sinnvoller, weil das Judentum des 10.–13. Jahrhunderts einer der wichtigsten Vermittler bei der Übermittlung von Elementen der orientalischen Kultur in den Westen war, so wie es auch im Orient selbst eine wichtige Vermittlerrolle zwischen den alten Kulturen und den Arabern und Persern spielte“.10

Am Beginn des Aufsatzes findet sich noch ein Hinweis auf Franko, jetzt aus der Enzyklopädie von Brockhaus-Efron, wo im Band 81 dessen Abhandlung mit dem Titel „Südrussische Literatur“ abgedruckt ist.11 In einer Reihe von Beiträgen für die Zeitschrift Ukrajina analysiert Hermann Barac „die so genannte Nestor-Chronik“, wobei er schon von Beginn an behauptet, dieser Text leide an „Abschweifungen und Heterogenität der Darstellung in einem solchen Maß, dass wir auf fast jeder Seite Abschnitte finden, die nichts anderes sind als eine Anhäufung von sinnlosen Worten, die in ihrer Gesamtheit auch nicht den geringsten Sinn ergeben…“12. Barac wollte die Fehler der ursprünglichen Kompilatoren des Textes mit Hilfe „aller möglichen historischphilologischen Verfahren, vor allem aber einer besonderen Kritik und mittels der Umstellung von Sätzen und Wortverbindungen von einer Stelle an die andere verbessern…“13. Einen derart willkürlichen Umgang, wie ihn Barac vorgeschlagen hatte, wollte Franko nicht unbeantwortet lassen. In den Mitteilungen der Sˇevcˇenko-Gesellschaft der Wissenschaften14 veröffentlichte er 1907 eine Rezension auf die ge9 Лист Юліяна Яворского до Івана Франка від 5 жовтня 1907 року, in: Інститут літератури ім. Т. Шевченко НАН України. Відділ рукописних фондів і текстології. Фонд 3, Од. зб. 1635, 529. 10 Г. Барац, О библейско-агадическом элементе в повестях и сказаниях начальной русской летописи, in: Україна, 1907, Bd. III, 362. 11 Иван Франко, Южнорусская литература, in: Брокгауз-Эфрон, Bd. 81, 300–326. 12 Г. Барац, О библейско-агадическом элементе в повестях и сказаниях начальной русской летописи, in: Україна, 1907, Bd. III, 363. 13 Ibidem. 14 Іван Франко, Г. Барац. О библейско-агадическом элементе в повестях и сказаниях

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nannte Arbeit von Barac, in der er, strenggenommen, dem Erforscher der jüdischen Altertumskunde jedes Recht absprach, ein Fachmann auf dem Gebiet der Mediävistik zu sein und obendrein seine philologischen Kompetenzen überhaupt anzweifelte. So wie auf die früheren Rezensionen antwortete Hermann Barac auch auf diese Rezension nicht. Vielleicht las er auch die Mitteilungen der Sˇevcˇenko-Gesellschaft der Wissenschaften nicht, wusste vielleicht nicht einmal von deren Existenz. Und auch von Franko wusste Barac sehr wenig, weil er ihn hartnäckig immer mit den Initialen I.I. für Vor- und Vatersnamen bezeichnete, wo doch der Vatersname „Jakovycˇ“ lautete. Auch Ivan Franko wusste nur wenig über Hermann Barac, und er bezeichnet ihn in einer seiner Arbeiten, in den „Beiträgen zur Quellenkritik einiger altruthenischer Denkmäler“15 als „jungen Kiever Gelehrten“ zu einem Zeitpunkt, da Barac bereits 72 Jahre alt war. Bedauernswert ist aber nicht dieser Umstand. Es ist zu bedauern, dass die zwei Wissenschaftler nicht einen intellektuellen Dialog aufnehmen konnten. Hätte es einen solchen gegeben, dann hätten beide Seiten, die ja jeweils zutiefst mit dem Kontext der eigenen Geschichte vertraut waren, einander behilflich sein können bei der Klärung von strittigen Fragen im Bereich des alten ukrainischen Schrifttums, das Ivan Franko bestens kannte, das aber auch Barac nicht fremd war. Ivan Franko ist als Person in der europäischen Wissenschaft gut bekannt, es ist also nicht nötig Angaben zu seiner Biographie zu machen. Wer aber war Hermann Barac, der mit seinen Arbeiten eine so harsche Kritik in der Fachwelt auslöste? Man kann sagen, dass Barac heute völlig vergessen ist, sowohl bei ukrainischen wie auch bei jüdischen Historikern und Philologen. Er ist so sehr in Vergessenheit geraten, dass es auch in zeitgenössischen jüdischen Enzyklopädien kein Todesdatum von ihm gibt – in ukrainischen Nachschlagewerken fehlt Hermann Barac überhaupt. In der ukrainischen Fachliteratur taucht er im Kommentarteil des 54. Zusatzbandes zur 50-bändigen Werkausgabe von Ivan Franko als ein „russischer Jurist, Gelehrter und Publizist“16 auf. Die ukrainischen Forscher müssten daher zum zweiten Band des „Sammelbandes von Arbeiten der jüdischen historisch-archäographischen Kommission“ (Збірник праць єврейской історично-археографічної комісії), der in Kiew 1929 erschienen ist, greifen. Dort könnten sie eine Rezension zu zwei Büchern von Barac finden, die in Paris und Berlin in den Jahren 1924 und 1927 erschienen sind. Der erste und начальной русской летописи, in: Mitteilungen der Sˇevcˇenko Gesellschaft der Wissenschaften, 1907, Bd. 80, 207–210. 15 Ivan Franko, Beiträge zur Quellenkritik einiger altrussischer Denkmäler, in: Archiv für Slavische Philologie, 1907, 29, 282–304. 16 Іван Франко, Додаткові томи до зібрання творів у п’ятдесяти томах. Т. 54, Київ 2011, 927.

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zweite Satz der anonymen Besprechung – sie könnte vom Leiter dieser Kommission, Illja Halant, der von den Faschisten in Babij Jar ermordet wurde, stammen – lauten: „Am 26. März 1922 starb im Alter von 87 Jahren German Markovycˇ Barac. Er gehört ganz der Ukraine: er ist in Dubno geboren, hat in Zˇytomyr das Gymnasium und in Kiew die Universität besucht; sein ganzes Leben als Wissenschaftler verbrachte er in Kiew, wo er auch starb.“17

Nachfolgend erlaube ich mir, die erwähnte Rezension aus dem Sammelband der Jüdischen historisch-archäographischen Kommission zur Gänze zu zitieren: „In der ukrainisch-jüdischen Literatur ist German Barac eine sehr originelle Erscheinung. Seine gesamte literarische Tätigkeit diente der Entwicklung eines zentralen Themas: der Aufdeckung jüdischer Elemente in den Denkmälern des alt-ukrainischen Schrifttums. Zum ersten Mal war Barac mit diesem Thema 1889 hervorgetreten („Notizen eines Dilettanten…“), seine letzte diesbezügliche Arbeit stammt aus dem Juni 1921.“

1924 bis 1927 gaben die Kinder des Verstorbenen einen zweibändigen Sammelband mit den Arbeiten ihres Vaters heraus: der erste Band „Gesammelte Werke zur Frage des jüdischen Elements in Denkmälern des altrussischen Schrifttums“ (Собрание трудов по вопросу о еврейском элементе в памятниках древне-русской письменности) erschien 1927 in Paris in zwei Teilen mit insgesamt 915 Seiten; der zweite Band „Über die Kompilatoren der Nestor-Chronik und ihre Quellen, vor allem die jüdischen“ (О составительях повести временных лет и ее источниках, преимущественно еврейских) wurde 1924 in Berlin mit einem Umfang von 363 Seiten veröffentlicht. In diese zwei Bände wurden alle Werke von Barac über die jüdischen Elemente im altukrainischen Schrifttum aufgenommen, die in verschiedenen, zum Teil wenig bekannten Zeitschriften verstreut waren, mit Ausnahme jedoch des Aufsatzes „Über das jüdische Element in den altrussischen Chroniken“ (О еврейском элементе в древне-русской летописи) 18 und der großen Abhandlung „Vergleichend-kritische Analyse der Verträge der Rus’ mit Byzanz“19 (Критикосравнительный анализ договоров Руси с Византиею). An ihrer Stelle wurden in den Sammelband zwei Aufsätze von Barac aufgenommen, die zu früheren Zeiten aus verschiedenen Gründen nicht gedruckt worden waren, und zwar die „Erklärung der sog. Radnaja Tesˇata des 13. Jahrhunderts, eines Friedensschlusses zwischen zwei Juden“ (Объяснение т. наз. Рядной Тешатой в., как мировой записи, заключенной между собою двумя евреями) 20 und die „Analyse der Bestim17 18 19 20

Збірник праць єврейской історично-археографічної комісії, 402. Dieser war 1909 in Evrejskaja Starina erschienen (Band 2, 297–302). Diese war 1910 in Kiew mit einem Umfang von 355 Seiten erschienen. Собрание трудов по вопросу о еврейском элементе в памятниках древне-русской письменности, 302–316.

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mungen der ‚Russkaja pravda‘ über die Begrenzung der Schuld aus finanziellen Verpflichtungen“ (Разбор постановлений Русской Правды об ограничении роста по денежным объязательствам) 21. So finden wir also in diesem Sammelband fast alles, was Barac über den jüdischen Einfluss auf das altukrainische Schrifttum verfasst hat. Hier ist nicht der Ort, um auf die einzelnen Arbeiten näher einzugehen oder sie auch einer kritischen Analyse zu unterziehen. Aufgrund der Vielfalt und der Komplexität der Themen, die der Verfasser aufgreift, würde das viel mehr Raum erfordern, als hier zur Verfügung steht. Hier geht es nur darum, das Wichtigste hervorzuheben, das, was für das wissenschaftliche Werk von Barac wesentlich ist. Der Platz, den Hermann Barac in der Wissenschaft einnimmt, ist ungewöhnlich. Die Ideen, die er einbrachte, waren damals nicht neu. Zum jüdischen Einfluss auf verschiedene Denkmäler des alten slawischen Schrifttums hatten sich schon mehrere Fachleute geäußert, z. B. das Akademiemitglied Suchomlinov (zur „Legende vom Blinden und vom Lahmen“ wie auch zu einzelnen Episoden aus der „Tolkovaja Paleja“), Veselovskij (kleine Bemerkungen zu den Bylinen), Harkavyj (Spuren der hebräischen Sprache in älteren Denkmälern); ebenso haben Wissenschaftler, die zeitgleich mit Barac forschten, sich mit dieser Frage beschäftigt (z. B. Sobolevskij, Franko, Speranskij, Sˇambinago, V. Peretc). Barac brachte also keine großen neuen Entdeckungen hervor; er entwickelte eine Idee, die schon von den Fachleuten auf dem Gebiet der altukrainischen Literatur aufgegriffen worden war. Nur verfolgte Barac diese Idee so konsequent, energisch und auch hartnäckig, wie noch niemand vor ihm. Die Frage nach dem jüdischen Einfluss auf die ältere ukrainische Literatur stand nicht nur im Zentrum seines Interesses, dieser Idee galt auch sein gesamtes wissenschaftliches Interesse. Barac war der seltene Fall eines Wissenschaftlers, der von nur einer Idee beherrscht war. Seine diesbezügliche Verbissenheit ist umso erstaunlicher, als er nicht mit Unterstützung seitens der Kritik rechnen konnte. Diese bezog im Gegenteil eine eindeutig negative Position gegenüber seinen Arbeiten22, welche die Unwissenschaftlichkeit seiner Methoden, den willkürlichen Umgang mit den Texten der alten Denkmäler, die Unbegründetheit seiner Hypothesen sowie nicht zutreffende Schlussfolgerungen kritisierten. Ungeachtet all dieser Schwächen scheint die Behauptung, dass die Arbeiten von Barac diese seine Grundidee nur diskreditiert und ihr geschadet hätten, nicht gerechtfertigt. Barac’ Arbeiten haben zweifellos auch positive Bedeutung. Er war ein Wissenschaftler, der die alten Denkmäler der hebräischen Literatur bestens und auch im Original kannte und 21 Ibidem, 317–328. 22 Vgl. u. a. die Rezensionen von Hrabovs’kyj, Istoricˇeskij Vestnik, 1904, 3, 1108–1110; Solomon, Byzantinische Zeitschrift, 1911, 2; Jagic´, Archiv für Slavische Philologie, 1912, 580; Mejcyk, Zˇurnal Ministerstva Narodnogo Prosvesˇcˇenija, 1915, 6, 353–361, 368–372.

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der für seine Schlussfolgerungen ausführlich Material aus der rabbinischen Literatur schöpfte. Nicht wenige von diesen Belegen hat Barac als erster in den wissenschaftlichen Diskurs eingebracht und sie auf diese Weise auch für weitere Kreise ukrainischer und russischer Gelehrter zugänglich gemacht. Noch wichtiger sind das Engagement, die Begeisterung und die Konsequenz, mit der Barac im Lauf von zwanzig Jahren seine Ansichten verteidigte. Es ist gut möglich, dass eben diese Unerschütterlichkeit des Forschers Barac das Interesse an seinen Thesen geweckt hat und zu ihrer Verankerung beigetragen oder zumindest zum Nachdenken darüber angeregt haben. Schließlich ist auch noch auf die Breite hinzuweisen, welche Barac den Thesen, die er verfocht, angedeihen ließ. Er spricht schließlich nicht von einzelnen, isolierten Momenten des jüdischen Einflusses auf das ukrainische Schrifttum, es ist vielmehr die ganze ältere Literatur (Chroniken, Russkaja Pravda, Igorlied), die von jüdischen Elementen durchdrungen ist. Eine solche Breite der Fragestellung und eine solche Zuspitzung haben zum einen extremen Charakter, haben aber zum anderen ihre Rolle erfüllt, indem sie zur Auseinandersetzung anregten. Es bleibt zu hoffen, dass auf die legitime Antithese die Zeit der Synthese folgt und die Frage nach dem jüdischen Einfluss auf die alte ukrainische Literatur mittels vielseitiger und kompetenter Forschung den ihr zustehenden Platz erhält. Das ist eine sehr komplexe und verantwortungsvolle Aufgabe, um sie zu lösen bedarf es nicht nur einer großen Objektivität, sondern auch umfassender Kompetenzen sowohl auf dem Gebiet der alten hebräischen wie auch der alten ukrainischen Literatur, die nur sehr selten in der Person eines einzigen Wissenschaftlers gegeben sind. Vorläufig wäre auch eine kritische Sammlung von bereits zu diesem Thema veröffentlichten Arbeiten von Nutzen, als eine Vorstufe zu weiteren Untersuchungen. In einer solchen Sammlung würde auch den Arbeiten von Hermann Barac der ihnen gebührende Platz zukommen.“23 Große Sympathie für die Ukraine zeigte auch Barac’ Sohn, L.G. Barac, Absolvent der Juristischen Fakultät der Kiewer Universität, der 1927 nach Paris übersiedelte. Nach dem tragischen Tod seines Sohnes Mark übergab L.G. Barac einen großen Teil der Familienbibliothek der Bibliothek der Kiewer Hochschule für Volkswirtschaft, seinerzeit die Handelshochschule. In jedem der geschenkten Bücher findet sich ein Exlibris in ukrainischer Sprache: „Aus der Buchsammlung des ehemaligen Dozenten der Kiewer Handelshochschule L.G. Barac zum An-

23 Збірник праць єврейской історично-археографічної комісії, 402–404.

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denken an seinen verstorbenen Sohn, Student der Hochschule für Elektrotechnik in Nancy, Mark Barac. Kiew 1927“.24 Aus dem Ukrainischen von Alois Woldan

24 Яков Бердичевский, Народ книги. К истории еврейского библиофильства в России. Киев 2009, 42.

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Two Views on the Problems of Ukrainian-Jewish Relations. Ivan Franko and Vladimir (Zeev) Jabotinsky

Ivan Franko (1856–1916) and Vladimir Jabotinsky (1880–1940) are outstanding public figures who analyzed Ukrainian-Jewish relations from their respective national positions, Ukrainian or Jewish, and often came to familiar conclusions. Ivan Franko is unique among Ukrainian intellectuals of his times in his deep understanding of the Jewish people and its cultural tradition. As a novelist and writer of political essays he wrote more on Jewish subjects than any of his Ukrainian contemporaries. Vladimir (Zeev) Jabotinsky who was a generation younger than Ivan Franko is on the Jewish scene a fitting analogue to Ivan Franko on the subject of UkrainianJewish relations. No Jewish leader before or after him paid so much attention to the Ukrainian national issues and to the ways of solving the so called Jewish question in Ukraine. There are a number of similarities in their life histories. Both Franko and Jabotinsky tried to be elected to parliament—the Austrian Reichsrat in the case of Franko and the Russian Duma in the case of Jabotinsky, who was running for parliament as a candidate from Volhynia, and both were unsuccessful – falling victims to political machinations of well entrenched pro-government party machines. Thus, their attempts to become active parliamentarians defending the interests of their electorate were thwarted by their corrupt opponents. Both Franko and Jabotinsky were influential journalists, writers and thinkers during their lifetime, and remained inspiring figures for generations to come. There are, however, many differences between these two figures. Ivan Franko is ambivalent in his relation to the Jews. Some of his statements and characterizations of Jews can be considered philo-Semitic while other ones contradict them and can be seen as anti-Semitic.1 His positions on the Jewish question shifted with time and according to circumstances and his audiences.2 I wonder if 1 Кудрявцев, П. 1929. Єврейство, євреї та єврейська справа в творах Івана Франка. In: Збірник праць єврейської історично-археографічної комісії. Т. 2. Київ: 1–81. 2 Hrytsak, Yaroslav. 2013. A Strange Case of Anti-Semitism. Ivan Franko and the Jewish Issue. In:

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it is a coincidence that most of his anti-Semitic pronouncements were published in Ukrainian for the Ukrainian readers, while most of his philo-Semitic ones appeared in Polish and German. In contrast to Franko’s shifts Jabotinsky’s position on the Ukrainian-Jewish relations and his support of the Ukrainian national struggle remained permanent through his life. You would find in his writings only a positive attitude towards Ukrainians.3 Jabotinsky as a Zionist leader was also an active fighter and military man. He founded the Jewish battalion, a unit of the British Army in the First World War which became the basis for the creation of the future Haganah, the underground army of the Jews fighting for their national state in Palestine. He organized the Jewish self-defense forces in Palestine and the diaspora and also the youth paramilitary organization Betar. Both Franko and Jabotinsky made major contributions to the creation of their respective national states. They did not live long enough, though, to see the parliament, as envisaged in their work, and national dreams come true—the Ukrainian National Republic was created the year after Franko’s death, and Israel —eight years after Jabotinsky’s demise. Franko’s position on the relations between Ukrainians and Jews was based throughout his life on his defense of the economic interests of the Ukrainian peasants and workers. As a Ukrainian radical and nationalist, he acknowledged the national rights of the Jewish minority in Galicia but demanded that the Ukrainian peasantry and working class be protected from Jewish exploitation. Franko, unlike many of his Ukrainian contemporaries, deeply understood the various facets of Galician Jewry and the problems surrounding it. The mass of 800,000 poorly clad in black Hassids, who made their living as petty merchants and tavern keepers, he regarded as parasites. Franko wrote that this was a funny kind of paupers who existed by exploiting Ukrainian peasants who were even poorer than themselves. On the other side of the social divide he saw Jewish industrialists and bankers, owners of enterprises where those exploited Ukrainian workers were employed. And in the middle there were assimilated Jews, who were either Polonized or Germanized, and had little contact with the Jewish proletariat. Franko supported the recognition of Jews as a separate nation – with full equality of rights and obligations. Jews could either assimilate, emigrate or reO. Bartov, D. Wetz (eds). Shatterzone of Empires. Coexistence and Violence in the German, Habsburg, Russian and Ottoman Borderlands. Bloomington: Indiana University Press: 228– 242; Mnich, Roman. 2012. Ivan Franko im Kontext mit Theodor Herzl und Martin Buber. Antisemitismus und Philosemitismus in Ostgalizien 1836–1916. Konstanz. Hartung-Gorre Verlag. 3 Kleiner, Israel. 2000. From Nationalism to Universalism. Vladimir (Zeev) Jabotinsky and the Ukrainian Question. Edmonton-Toronto. CIUS Press.

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main in Galicia as aliens without the right to possess or farm the land.4 An internal Jewish reform was depriving rabbis of the power to excommunicate any Jew from the Jewish community. As the Jewish community showed strong cohesion and solidarity in protecting the economic interests of its members, Franko saw it necessary for Ukrainians to defend their economic position by creating cooperative institutions that would eliminate eventually the Jewish middlemen. A particular danger for the Ukrainian peasants he saw in the campaign by the ‘Alliance Israelite’ that sought to bring Jewish colonists from the Russian pale of settlement to Galicia. He warned the Austrian authorities that uncontrolled settlement in Galicia of thousands of Jewish paupers from Russia might cause a catastrophe that he wished neither the state nor the Jews. Franko was presumably the first non-Jewish reviewer of Theodor Herzl’s book ‘Der Judenstaat’. His sympathy toward the Zionist idea does not originate in his deep Christian beliefs, as was the case with many Christian supporters of Zionism, but from the realization that the dire economic conditions of Ukrainians in Galicia, which he rationalized as Jewish exploitation, demanded the emigration of Jews as a safety valve. At the same time Herzl’s idea of a national state for Jews stimulated his own dreams of an independent Ukrainian state, which is reflected in several of his works. He did not consider these plans realistic for his times. As for the future, their realization could be achieved by the will of the Ukrainian people.5 Franko did not support any Jewish assimilation in Galicia that strengthened the Polish hold on the province. He wrote that for some reason Jews had a tendency to assimilate to the more powerful nation closest to them, but not to the poorer one, the oppressed one. Why there are no Ruthenian Jews?—asks his protagonist Vagman in the novel ‘Crossroads’ (‘Перехреснi стежки’). We forget —confirms Vagman—that more than half the Jewish people live now on Ruthenian soil, and the Ruthenian hatred, accumulated over the centuries, may burst into such a flame and assume such forms that our protectors, the Poles and the Russians, will be unable to help us with. Vagman calls for efforts to reach an understanding with the Ruthenian peasants. As soon as they advance a little and attain some strength—says Vagman —more and more Jews will begin to shift to their side. But it is important to assist them now, when they are still weak, downtrodden and unable to strengthen up.

4 Hrytsak, A Strange Case of Anti-Semitism. Ivan Franko and the Jewish Issue. 5 Franko, Iwan. 1896. Pan´stwo z˙ydowskie. In: Tydzien´. Dodatek literacki do Kuriera Lwowskiego, We Lwowie. March: 73–74.

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The positive program for a Galician Jew as expressed by Vagman is to remain a Jew and yet love the country where he was born, and be useful, or at least not harmful to Ruthenians. No assimilation is necessary.6 When a real representative of such a rare type of Jew appeared on Franko’s horizon, he warmly accepted and supported him. This was the case of the Ukrainian poet Hryts’ko Kernerenko (Grigory Kerner, 1863–1920s?). During 1904–1908 Franko printed over ten of Kernerenko’s publications, most of them translations from Yiddish of works by Simon Frug and Sholem Aleichem, in the magazine ‘Літературно-науковий вістник’ (Literary-scholarly herald), which was edited by him and Mykhailo Hrushevs’kyi.7 In the same magazine Franko published his own translation of the Yiddish poet and folklorist Wolf Ehrenkranz (Zbarazher), including an introduction. Franko, it seems, who apparently knew Yiddish from childhood, also published on various occasions his translations of the Yiddish folk verses. Magdalena Laszlo-Kut,iuk cites a passage from Franko’s ‘Crossroads’ where Vagman speaks of two parts of the Jewish soul: the noble one of the Biblical prophets and Jewish fighters against the Romans, and the mercantile one of diaspora Jews. She notices that as a rule Franko uses Yiddish names such as Leiba, Hershko, Shloimko, Berko for characters who run after money but evades mentioning first names for Vagman and Resselberg, who represent the dignity of the Jewish people. Motyo Parnas, another character of ‘Crossroads’, loses his first name from the moment he begins to help the Ukrainian workers to hold their meeting.8 Vladimir Jabotinsky wrote most of his articles on Jewish-Ukrainian relations in the period between 1904 and 1914. I did not find any evidence that he was personally acquainted with Franko, though perhaps he knew his works and was in contact with several Ukrainian and Polish intellectuals close to Franko. Jabotinsky met in this way Eliza Orzeszkowa in Grodno in 1905 and called her ‘a friend of the Jews and in general a noble representative of the naïve generation of nineteenth-century humanists’. He began to cooperate with the journal ‘Ukrainskii vestnik’ (The Ukrainian Herald) edited by Mykhailo Hrushevs’kyі in 1906, and with ‘Ukrainskaia zhizn’ (Ukrainian life) edited by Symon Petliura in 1912. When Jabotinsky started his political career, Ukrainian-Jewish political cooperation did not exist (except for some elements in Galicia), and he began to work incessantly, against the unwillingness of Jewish circles, for the cause of 6 Франко, Іван. 1900. Перехресні стежки // Літературно-науковий вісник. Львів. 7 Петровський-Штерн, Йоханан. 2013. Молитва за Україну: Химерна ідентичність Грицька Кернеренка. In: Єгупець. Київ. № 22: 260–315. 8 Laszlo-Kut,iuk, Magdalena. 1993. Diachrony and Synchrony in the Rendering of Jewish Proper Names in Ukrainian Literary Sources. In: W. Moskovich et al. (eds). Jews and Slavs. Vol. 1. Jerusalem-St. Petersburg: 267–280.

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cooperation of Ukrainian and Jewish national forces. The fact that Ukrainian democratic parties had a positive attitude toward Jewish national aspirations was a major factor for doubling his efforts. Jabotinsky saw the similarity of the national destinies of both peoples who, not having their own states and being oppressed, strove to preserve their national identities. As the author of the so called Helsinki program adopted by the Zionist organization in 1906, Jabotinsky defended the thesis of the democratization of Russia on the basis of national autonomy, parliamentarism and the acknowledgement of full national rights of national minorities. He saw the Ukrainian national movement as a natural ally of Jews in the fight for the realization of this idea. The future of the Russian empire—wrote Jabotinsky—depended upon the direction in which Ukraine would turn. To become democratic Russia had to become a nation state, a “Nationalitätenstaat”. Ukrainians had to be given territorial and cultural autonomy. In his polemics with the Russian Kadet Petr Struve, who did not consider Ukrainian to be a language different or separate from Russian, Jabotinsky asserted that Ukrainians have a separate self-consciousness, which for him was sufficient reason for Ukrainian to be considered an independent language. He elaborated on this idea in his article ‘A Lesson from Shevchenko’s Anniversary’ (Урок юбилея Шевченко) calling on the Jewish national movement not to ignore the rising Ukrainian national-liberation movement.9 Assimilation of the Jews into the dominant Russian culture, their identification with Russian imperialist forces, their political blindness in face of a developing Ukrainian nationalist drive might have dire consequences for them in the future—predicted Jabotinsky. In his article ‘Non multum, sed multa’, which appeared in 1906 in ‘Ukrainskii vestnik’, he describes the grave situation in Galicia where Jews played the role of auxiliaries in the economic and national oppression of Ukrainians. He wrote: “When the struggle began among different nationalities that possessed either territorial bases or some kind of territorial support, even here Jewry was allotted the hated role of a tool, an instrument for someone else’s gain. In every single instance, the side whose influence or wealth gave it stronger means of exerting pressure forced local Jews to join it in the subjugation of another nationality. In Galicia this stronger side was that of the Poles, who took extensive ‘advantage’ of the downtrodden, uneducated Galician Jews and ‘utilized’ them for the national oppression of the Ukrainian people.”10

9 Жаботинский, Владимир. 1913. Урок юбилея Шевченко. In: Фельетоны. 2nd ed. St. Petersburg: 231–241. 10 Жаботинский, Владимир. 1906. Non multum, sed multa. In: Украинский вестник. St. Petersburg. No. 9. (16 July): 645–650, 646.

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He refers several times to the figure of Moshko, after a tragicomic character Leiba, introduced by Taras Shevchenko, describing the reprehensible behavior of Galician Jewish assimilators: “The groveling depths to which the Galician assimilator, the infamous Moshko, has now descended are well known. He runs hither and thither, ready to offer his soul to Poland. He will crush both Ruthenian and Jew for the sake of Polish culture. As for the Germans, who are oppressing ‘his brothers’ in Poznan´, he hates them beyond all measure. Do you not wish to know the history of this enthusiasm for being Polish? The late deputy Emil Byk offers a transparent example of it. He died a determined Polonizer and a member of the Polish circle in 1906. Yet back in 1873 he was German to the depths of his soul and traveled through Galicia agitating for Jews to join the German party. But when he took a closer look and saw which way the wind was blowing, he ‘left off ’ being German and ‘transformed himself ’ into a Pole… From then on, the Poles had no more faithful lackey in Galicia and the Germans had no fiercer enemy. The entire older generation of assimilators ran the course of this evolution.”11

Jabotinsky does not stop here directing his merciless criticism against assimilationists and warning of the dangerous path taken by them: “The Poles in Galicia no longer fear the Germans, but a new enemy. A new claimant is taking the stage ever more decisively—the Ruthenians. They number 3 million in Galicia, and in its eastern portion they are the vast majority. Lviv lies in Eastern Galicia, and that is why they lay the most resolute claim to it. It is neither Lemberg nor Lwów, but Lviv, they say, the capital of Austrian Ukraine. That should be our place; the Ukrainian language should rule in the courts, the police force, and in the university. There’s enough room in Cracow for Polish… The spiritual brothers of Emil Byk should have the slogan: ‘Haidamaks out!’ with the lack of foresight typical of all renegades—forgetting that in thirty years those ‘Haidamaks’ will inevitably become full masters of Eastern Galicia… Still, what is the problem? Moshko will then become a turncoat to a third nationality.”12

Time and again Jabotinsky refers in his works to two kinds of anti-Semitism: the anti-Semitism of people (which is subjective) and the anti-Semitism of circumstances, which is objective. The latter is a result of the dispersion of Jews in foreign lands, and has as its source an instinctive enmity of any normal person toward ‘aliens’, not our own. This is an ineradicable consciousness in the heart of every non-Jew that his neighbor is an alien. This consciousness does not hurt normal neighborly relations, even friendship, while the public climate is quiet. But in situations of social tension it bodes disaster for Jews. Circumstances in Galicia—wrote Jabotinsky—were against the Jews. Therefore the only viable solution for Galician Jews that remained was to return to Zion and create a 11 Жаботинский, Владимир. 1913. На ложном пути. In: Фельетоны. 2nd ed. St. Petersburg: 259–260. 12 Жаботинский, На ложном пути, 260.

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national state in Palestine. Jabotinsky sharply criticizes the Soviet plan of the Jewish colonization in Crimea which could cause hatred of the Ukrainian peasantry. “In Ukraine, circumstances are against us. They were formed historically and will remain as they are. It is futile to search for who was responsible for that in the seventeenth century—whether it was we Jews, the Poles or the Ukrainians. If we face the situation as it is today, we find anti-Semitic poison being carried in the wind there, and any disturbance, whether it be an uprising or colonization, would suffice to stir that atmosphere and make the poison spill over into active hatred.”13

Some of Jabotinsky’s pronouncements were not acceptable for other Jewish leaders who criticized him for a statement such as: “Because it is considered by us very distingué not to mention Jews an extremely senseless consequence occurred: one can be considered an anti-Semitic for the very word Jew or for the most innocent remark on Jewish peculiar features… Only Jews are turned into some forbidden taboo that you cannot even mildly criticize, and out of this habit Jews themselves lose the most of all.”14

The sharpest criticism was drawn for signing the Jabotinsky-Slavinsky agreement in 1921 which promoted the formation of Jewish self-defense units in the Petliura army. Jabotinsky tried to put himself right with his Jewish critics, but to no avail. Nevertheless, under Jewish public pressure, he declined the offer to appear at the Schwartzbard trial with a statement on Petliura being innocent of the pogroms. After the trial Jabotinsky ceased to write on the Ukrainian-Jewish relations. He considered his attempt at reaching cooperation with the Ukrainian nationalliberation movement his great achievement, the value of which would be appreciated after his death. Comparing the main points of the two approaches by the philo-semite Franko and the ukrainophile Jabotinsky to Ukrainian-Jewish relations we can discern the following common features: – democratization of Ukraine and Galicia on the basis of national autonomy and parliamentarism, recognition of rights of all national groups and minorities; – full equality of Ukrainians and Jews; – recognition of national rights of Jews as an autonomous nation; – the right of Jews to develop in the direction which they consider appropriate with recognition of the same rights for Ukrainians and Poles; – disapproval of Jewish assimilation to dominant nations;

13 Jabotinsky,Vladimir. 1926. Di Krim Kolonizatsie. In: Der Morgn. Zhurnal. New York. 4 June. 14 Жаботинский,Владимир. 1913. Асемитизм. In: Фельетоны. 2nd ed. St. Petersburg: 77–83, 77.

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– Jewish emigration to Palestine as a safety valve for lowering the tensions in Galicia and support of the Zionist idea of the creation of a Jewish national state in Palestine; – rejection of Jewish colonization of Ukrainian lands (Franko—in Galicia, Jabotinsky—in the Crimea). Absent in Jabotinsky’s approach is the internal reform of the Jewish community, which would deprive the rabbis of the right to excommunicate straying members of the Jewish community. Jabotinsky was far from being religious but he did not want to antagonize religious circles while pursuing his Zionist agenda. Jabotinsky understood that due to the historical background it would be difficult to persuade Jewish leaders to cooperate with Ukrainians, and therefore underlined the importance of (their) common interests: “I am not an optimist and I do not believe in ‘love’ between nations. In particular I do not in any way conceal from myself the fact that a certain antagonism exists between the Jews and Ukrainians in Galicia, one that sometimes takes on uncivilized forms. I am certain that those uncultured forms will disappear with the growth of education, but tribal conflicts will persist until there are fundamental changes in the political and ethnographic map of the world and in the socio-economic system.”15

He goes on to say: “But I am not appealing here for ‘love’. I am stating that at this moment there is a concurrence of interests between Galician Ukrainians and Galician Jews. While each pursues an individual course, they can today assist each other. That is what needs to be done.”16 Jabotinsky suggests a concrete plan of action: “What should Jewish assistance to the Galician Ukrainians consist of ? It means in the first place a complete break with the Poles—obviously not to hand over votes to the Ukrainians, but to live and develop independently and in our own way, preventing anyone from ‘taking advantage’ of us so as to enslave another group. In the second place, it means doing joint work with Ukrainian populists for the complete democratization of the corrupt political order in Austria generally, and in Galicia in particular. In the third place, it means supporting the Eastern Galician autonomists, who are demanding home rule for the Ukrainian half of today’s ‘Crown’ Galicia.”17

From the modern point of view Ivan Franko was a combination of philo-Semite and anti-Semite. Whereas his critical attitude toward Jews is understandable in the light of Galician socioeconomic realities, his humiliating mocking description of some Jewish characters and his cruel jokes are unacceptable. Jabotinsky in his turn considered a critical attitude toward Jews admissible. 15 Жаботинский, Non multum, sed multa, 648f. 16 Ibid. 17 Ibid., 649f.

Two Views on the Problems of Ukrainian-Jewish Relations

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“We do not have to excuse ourselves. We are a people as all the peoples: we do not have any claim to be better. As one of the first conditions of our equality we demand to permit us the right to have our scoundrels in the same way as other peoples have theirs. Yes, we have agents provocateurs, conscription evaders, procurers of prostitutes, and it is strange that there are so few of them in the present conditions. Other nations have also a lot of such characters, but they also have embezzlers of state funds, pogrom makers and torturers, and nonetheless our neighbors live and are not ashamed.”18

In Jewish memory Franko remained a philo-Semite who warned that democrats had to beware of anti-Semitism as an infectious disease. In the Russian-language Short Jewish Encyclopedia (Kratkaia Evreiskaia Entsiklopediia) published in Jerusalem in the 1990s Franko is presented as a major figure in the establishment of contacts between Ukrainians and Jews. Franko demanded equal rights for Ukrainians and Jews and in his public and political life always stood up for Jews as a humanist and a liberal. At the same time, however, he depicts Jews in an unfriendly manner in some of his works of fiction and poetry.19

18 Жаботинский, Владимир. 1913. Вместо апологии. In: Фельетоны. 2nd ed. St. Petersburg: 195–205, 198. 19 Украина. 1996. In: Краткая еврейская энциклопедия. И. Орен Надель, Н. Прат (eds). Jerusalem. The Society for Research on Jewish Communities and the Hebrew University. Jerusalem. Vol. 8: 1209–1210.

Christoph Augustynowicz (Wien)

Blutsauger-Bilder und ihre antijüdischen Implikationen in Galizien

Auch wenn der Autor des vorliegenden Beitrages kein ausgewiesener FrankoSpezialist ist, so hat er doch zu stereotypen Ausprägungen gearbeitet, die aus sozialen Hierarchien und ökonomischen Abhängigkeiten entstehen, vor allem unter dem Vorzeichen ethnischer und kultureller Diversität im östlichen Europa1. Ein Motiv, das dabei wiederholt und auch bei Ivan Franko vorkommt, ist das des Parasiten; konkret des galizischen Schankwirts2 als Inbegriff der Rückständigkeit und der Verhaftung in vormodern-feudalen, nicht aus eigener Kraft lebensfähigen Gesellschaftsverhältnissen; der Großteil dieser Schankwirte gehörte der jüdischen Bevölkerung an. Ohne zu relativieren, soll dieses Bild in diesem Beitrag kontextualisiert und zur Einführung in den vorliegenden Band vor allem die Geschichte seiner Verwendung vor Ivan Franko aufgezeigt werden. Es wird mit dem Motiv des saugenden, zumeist Blut saugenden Parasiten zusammengeführt, der Figur des Vampirs zugeordnet und daher 1) kurz in die Sozialstruktur Galiziens im 19. Jahrhundert eingeführt, 2) gezeigt, dass das Motiv des saugenden Parasiten auch von als durchaus semitophil beleumundeten und belegbaren, teilweise auch jüdischen AutorInnen nachweisbar ist und 3) gezeigt, dass der Topos des saugenden Parasiten keineswegs nur auf/gegen Juden angewandt wurde.

1 Der vorliegende Beitrag basiert wesentlich auf Christoph Augustynowicz „Trag mich nach Südamerika“. Schauplätze der osteuropäischen Vampirliteratur des 19. Jahrhunderts und ihre Konnotationen. (www.kakanien.ac.at/beitr/fallstudie/CAugustynowicz1.pdf); ders., Von Branntweinmaßen, Klöstern und Waisenhäusern oder Galizien, langes 19. Jahrhundert und Vampirmotive. In: Augustynowicz, Christoph/Reber, Ursula (Hg.), Vampirglaube und magia posthuma im Diskurs der Habsburgermonarchie. Wien, Berlin 2011, 179–198; ders., Blutsaugen als othering oder Reiseerfahrungen aus dem Galizien des 18. Jahrhunderts. Einige Beobachtungen zu Postkolonialismus und Vampir(ismus)-Diskurs. In: Historyka. Studia Metodologiczne 42 (2012), 61–76 (http://historyka.edu.pl). 2 Klemens Kaps, Von der Zivilisierung der Peripherie. Wirtschaftliche Entwicklung, überregionale Verflechtung und Modernisierungsdiskurse im habsburgischen Galizien (1772–1914). Diss. Wien 2011, 433.

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1.

Christoph Augustynowicz

Die Sozialstruktur Galiziens im 19. Jahrhundert

Das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben Galiziens war mit der hier notwendigen Vereinfachung gesagt das eines funktional definierten und ethnisch konnotierten Dreiecks; seine Eckpunkte bildeten die stereotypen Figuren des polnischen Adeligen, des ruthenischen Bauern und des jüdischen Zwischenhändlers. Die Urbanisierung war vor allem im Osten des Kronlandes schwach entwickelt; die Bauernbefreiung von 1848 blieb de facto weitestgehend wirkungslos3. Wesentliche Funktionen, die der Zwischenhändler neben der Waren(um) verteilung ausübte, bestanden in der Umsetzung adeliger Vorrechte: Juden traten als Pächter adeliger Güter und vor allem auch als Schankwirte auf. Sie profitierten vom adeligen Vorrecht auf Produktion und Distribution von Alkohol – noch um 1900 waren etwa 80 % der jüdischen Bevölkerung Galiziens zumindest auch im Schankwesen tätig. Bauern nahmen also vor allem Juden als ihre unmittelbaren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Antagonisten wahr; Juden hatten in ihrer unmittelbaren Lebenswelt diejenige Rolle inne, die im System eigentlich vor allem der Adel, in abgeschwächtem Maße auch der Staat spielte. Momente der sozioökonomischen Dynamisierung wie Urbanisierung, Industrialisierung auch der Alkoholproduktion, Eisenbahnbau oder Erdölförderung4 gab es zwar im Galizien des 19. Jahrhunderts – an den im alltäglichen Leben, im gesellschaftlichen Umgang und in der kulturellen Wahrnehmung verfestigten Bildern änderten sie jedoch wenig.

2.

Das Motiv des saugenden Parasiten I: Semitophile/jüdische Autoren

Einzuführen ist hier Leopold von Sacher-Masoch; seine gelegentliche Einschätzung als semitophil geht hauptsächlich auf seine Contes Juifs. Récits de famille (1888, dt. Jüdisches Leben in Wort und Bild, 1891) zurück, in denen er den Antisemitismus vor allem als Ausdruck des Neides gegen die Juden als ältestes Kulturvolk Europas demaskiert. Unbestritten ist sein Interesse an den galizischen Juden in einer Reihe von Erzählungen vor historischem oder aktuellem Hintergrund5. 3 Vgl. dazu Christoph Augustynowicz, Geschichte Ostmitteleuropas. Ein Abriss. Wien 2010, 67– 69. 4 Vgl. dazu zuletzt Alison Fleig Frank, Oil Empire.Visions of Prosperity in Austrian Galicia. Cambridge, London 2005. 5 Maria Kłanska, Das Bild der jüdischen Gemeinschaft in Galizien beziehungsweise Polen im Schaffen Sacher-Masochs. In: Spörk, Ingrid/Strohmaier Alexandra (Hg.), Leopold von Sacher-

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Sacher-Masoch rekurrierte in seinen Galizien-Bildern und vor allem in seinen Frauen-Darstellungen wiederholt auf parasitär-saugerische, vampirische Motive. Dies verdichtet sich etwa in der folgenden Stelle aus der Novelle Don Juan von Kolomea (1866), in der die Frau eines jüdischen Schankwirts charakterisiert wird: „Schmerzen, Schande, Fußtritte, Peitschenhiebe haben lange in dem Antlitz ihres Volkes gewühlt, bis es diesen glühend-welken, wehmütig-höhnischen, demütig-rachelustigen Ausdruck bekam. Sie krümmte ihren hohen Rücken, ihre feinen durchsichtigen Hände spielten mit dem Branntweinmaß, ihre Augen hefteten sich auf den Fremden. Eine glühende, verlangende Seele stieg aus diesen großen schwarzen, wollüstigen Augen, ein Vampir aus dem Grabe einer verfaulten Menschennatur, und saugte sich in das schöne Antlitz des Fremden“.6

Diese Passage macht auch die sozial- und mentalitätsgeschichtliche Sichtweise des Historikers Sacher-Masoch deutlich: Kritisch markiert er die angenommene Fixierung der jüdischen Bevölkerung auf wirtschaftliche und gesellschaftliche Rollen(bilder) 7, die durch das Branntweinmaß metonymisiert werden. Er stand ja anarchistisch-kommunistischen Vorstellungen von Eigentum und Gesellˇ ernysˇevskij etwa schaft nahe; der russische Sozialist und Sozialutopist Nikolaj C 8 war bekennender Anhänger seines Werkes . Im westlichen sozialistischen Diskurs waren vampirisch-blutsaugerische Motive ebenfalls gut bekannt und hatten schon den jungen, noch lyrisch veranlagten Marx geprägt, der sie zum Bild des vampirischen, (blut)saugenden Kapitals transformieren sollte9. Noch unmittelbarer mit der Konnotation zivilisatorischer Rückständigkeit aufgeladen ist dieses Vampir-Motiv bei der Autorin Bertha Pappenheim. Im neoorthodoxen Milieu in Wien aufgewachsen und an einer katholischen Schule erzogen, war Pappenheim Mitbegründerin des Jüdischen Frauenbundes im Deutschen Reich und eine Pionierin im Kampf gegen den Handel mit jüdischen Mädchen10, Hauptterrain ihres Engagements war Galizien11. Pappenheim plädierte für die Verdichtung der medizinisch-hygienischen Versorgung und des Netzes jüdischer Schulen für Mädchen: In nicht-jüdischen

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Masoch. Graz, Wien 2002, 193–221, hier 193; vgl. dazu auch Hannah Burdekin, The Ambivalent Author. Five German Writers and their Jewish Characters, 1848–1914. Oxford, Bern, Berlin u. a. 2002, 135–198. Zit. nach Larissa Cybenko, Galicia miserabilis und/oder Galicia felix? Ostgalizien in der österreichischen Literatur. Lwiw, Wien 2008, 94. Burdekin, 195. Larissa Polubojarinova, Sacher-Masoch und die Slawen. In: Spörk/Strohmaier, 222–250, hier 241. Schulte, Günter: Kennen Sie Marx? Kritik der proletarischen Vernunft. Frankfurt, New York 1992, 16f. Rüthers, Monica: Frauenleben verändern sich. In: Haumann, Heiko (Hg.), Luftmenschen und rebellische Töchter. Zum Wandel ostjüdischer Lebenswelten im 19. Jahrhundert. Köln, Weimar, Wien 2003, 223–307, hier 277f. Brentzel, Marianne: Anna O. – Bertha Pappenheim. Biographie. Göttingen 2002, 106f.

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Schulen würden sie zwar die weltlichen Mehrheitssprachen Deutsch und Polnisch vermittelt bekommen, dann aber der Arbeitslosigkeit überlassen und dem Milieu ihrer Herkunft entfremdet12. Auf den galizischen Straßen erlebte Pappenheim die Versuche vieler Jüdinnen, durch Kleinhandel und Hausieren zu überleben. Mit der Industrialisierung in den polnischen Teilgebieten eröffneten sich vor allem den Jungen und Unverheirateten viele neue Verdienstmöglichkeiten, ihre materielle Selbstständigkeit trug aber weiter zur Auflösung der Familie, zum Abdriften in die Prostitution und somit zur Korrosion der traditionellen jüdischen Lebenswelt bei13. Pappenheim ließ sich persönlich in Bordelle führen und sich mit dem Stereotyp konfrontieren, dass Prostituierte und Bordellbetreiber wie selbstverständlich jüdisch waren14. Der in diesem Zusammenhang ausgewählte Text dokumentiert die bewusst persönlich gehaltenen, gelegentlich polemisch formulierten Eindrücke Pappenheims während ihrer Galizien-Reise von 190415: „Mir ist wiederholt versichert worden, dass der Verdienst manchen Familienvaters wöchentlich eben hinreicht, das Sabbatbrot und die Sabbatkerzen zu kaufen. Die ganze Lebenshaltung jener Juden, im Jargon der Antisemiten „Vampyre, die die christliche Bevölkerung aussaugen“, ist eine solche, dass kein christlicher Bauer oder Handwerker im Hinblick auf dieselbe eine Regung des Neids zu empfinden braucht. Hungerkünstler sind es, deren Bedürfnislosigkeit die einfachsten Existenzberechtigungen so sehr hinabgedrückt hat, dass bei den meisten ein Zustand dauernder Unterernährung herrscht“.16

Auch hier wird die Vampir-Figur eingesetzt, um die Fixierung der jüdischen Bevölkerung auf stereotype sozioökonomische Rollen zu kritisieren. Allerdings wird Pappenheim damit in ihrer vor-literarischen Ausprägung konfrontiert und referiert dieses Bild aus der Vorstellung breiter Bevölkerungsschichten. Sie bringt es in Zusammenhang mit ihrer Kritik am Festhalten an der reinen Form des konservativ-orthodoxen Judentums, wenn beispielsweise Frauen zwar auf Fei-

12 Britta Konz, Bertha Pappenheim (1859–1936). Ein Leben für jüdische Tradition und weibliche Emanzipation. Frankfurt am Main, New York 2005, 85. 13 Rüthers, 274–279. 14 Brentzel, 111. 15 Vgl. dazu Judith Lorenz-Wiesch, Gelehrte Schnörkel stören in Wort und Schrift. Bertha Pappenheim als Schriftstellerin. In: Heuer, Renathe/Wurhenow, Ralph-Rainer (Hg.), Gegenbilder und Vorurteil. Aspekte des Judentums im Werk deutschsprachiger Schriftstellerinnen. Frankfurt am Main, New York 1995, 109–132, hier 117–120; Brentzel, 108. 16 Pappenheim, Bertha: Zur Lage der jüdischen Bevölkerung in Galizien. Reiseeindrücke und Vorschläge zur Besserung der Verhältnisse (1904). In: Heubach, Helga (Hg.), Bertha Pappenheim, Die Anna O. Sisyphus: Gegen den Mädchenhandel – Galizien. Freiburg im Breisgau 1992, 43–106, hier 66.

Blutsauger-Bilder und ihre antijüdischen Implikationen in Galizien

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ertage, Speisegesetz und sonstige Vorgaben achten mussten, gleichzeitig aber durch die materielle Not in die Prostitution gezwungen wurden17.

3.

Das Motiv des saugenden Parasiten II: Nicht-jüdische Objekte

Im Bezug zu Galizien speist sich das Parasiten-Motiv zunächst aber aus der Reise und der Administration – es war dabei keineswegs rein (anti)jüdisch konnotiert. Kaiser Josef II., der Galizien bereist hatte, forderte etwa 1782, „insgesammt und für beständig (…) die Pächter als wahre Blutigel des Staats und der Unterthanen“18 zu beseitigen. Franz Kratter, Beamter und Reisender, erzählte in seinen Briefen über den itzigen Zustand von Galizien (1786) eine Reihe (blut)saugerischer Geschichten über den galizischen Adel19. Auch die Juden des Landes nahm er als ausgesaugt wahr, v. a. durch ein obskures Bündnis aus Adel und einer sonderbar amorphen jüdischen Oberschicht, welche die Bauern „bis auf den letzten Tropfen ihres Schweisses auskeltern“20. Kratter erfasste als habsburgischer Beamter die rückschrittliche Situation Galiziens kurz und bündig: Juden waren zum einen Verwalter adeliger Vorrechte und somit21 der Wahrnehmung durch die Unterschichten als Ausbeuter denkbar exponiert, zum anderen aber vor dem Hintergrund ständiger Vertreibung auf das Wohlwollen des Adels angewiesen. Täter und Opfer eines derartigen Parasiten-Diskurses sind somit bei Kratter nicht explizit angesprochen, sehr wohl aber implizit angelegt und gleichermaßen, als Täter, aber eben auch als Opfer, jüdisch konnotiert. War Kratter in seiner Reisebericht-Erstattung noch stärker unterhaltend, so entsprach der Naturforscher Balthasar Hacquet mit seinen Neuesten physikalisch-politischen Reisen (…) durch die Dacischen oder Sarmatischen oder Nördlichen Karpathen (1788–1794) stärker dem Bild eines aufgeklärten, gleichermaßen unterhaltenden, informierenden und erbauenden Reisenden. Eines der zentralen Mittel Hacquets zur Schaffung von Authentizität bestand darin, einheimische Begleiter zu zitieren und daraus implizit Bestätigung seiner Perspektive zu konstruieren22. Seine Beobachtungen und Analysen sind in hohem

17 Lorenz-Wiesch, 118f. 18 Zit. nach Roman Rozdolski, Die große Agrar- und Steuerreform Josephs II. Ein Kapital zur österreichischen Wirtschaftsgeschichte. Warszawa 1961, 17. 19 Franz Kratter, Briefe über den itzigen Zustande von Galizien. Ein Beitrag zur Statistik und Menschenkenntnis. Erster Theil. Leipzig 1786 [Reprint Berlin 1990], 169–193. 20 Kratter, 37f. 21 Vgl. Michael Brenner, Kleine jüdische Geschichte. München 2008, 154. 22 Anna de Berg, „Nach Galizien“. Entwicklungen der Reiseliteratur am Beispiel der deutsch-

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Ausmaß einem naturwissenschaftlichen Diskurs zuzuordnen23; so beobachtete er etwa in den Karpaten den Umstand, dass der Körper eines enthaupteten osmanischen Knechts noch weiter funktionierte, ähnlich lakonisch wie die Flora des Raumes24 Obwohl noch wesentlich expliziter antijüdisch eingestellt als Kratter, vermied Hacquet im hier ausgewählten Textbeispiel der sozioökonomischen Verhältnisse die Assoziation Jude – Blutsauger. Bei ihm kommt die Blutsauger- und ParasitenMetapher konzentriert an einer Stelle über die Moldau zur Charakterisierung der Griechen vor: „Da aber die ganze Last auf das Landvolk, fremde Einwanderer oder auch Moldauer, (…) und nicht auf den habsichtigen Griechen, der sein Beherrscher und Blutsauger ist, fällt, ausser wenn die Pforte eine ausserordentliche Auflage macht, wo weder Edelmann noch Pfaffe frey ist; so steht dem Pachter alle Freyheit offen, zu drucken, zu hintergehen und auszusaugen, so viel nur möglich ist, wie war aller orten, wo man das Pachtsystem eingeführt hat, bey welchem die Herren meistens in der größten Verschwendung und Müssiggang, den Blutschweis der armen Unterthanen verzehren“.25

Hacquet behält somit die Figur des saugenden Parasiten über das Konstrukt des Karpatenraumes im Galizien-Diskurs und schreibt die Praxis des ethnisch-kulturellen othering von Inhabern sozio-ökonomischer Schlüsselpositionen über die jüdische Bevölkerung hinaus fort. Hacquet kann somit zu Franko und seinen Diskursen überleiten: Die Ethnisierung der Schankwirte und ihrer sozioökonomischen Funktion erfolgte nämlich über derartige orientalisierende Diskurselemente, die auf viele der hier genannten Stereotypen und Bilder zurückgriffen. Der Ingenieur, Unternehmer und Politiker Stanisław Szczepanowski, der das Bild von der Ne˛dza Galicyjska, vom Galizischen Elend prägte, bezeichnete in den späten 1880er Jahren die Schankwirte als „Blutegel“; Ivan Franko verglich sie im Rahmen dieser Diskussion und im Gleichklang mit Szczepanowskis Argumentation mit „Parasiten“26. In diesem Beitrag konnte gezeigt werden, wie sehr die zumeist jüdische Konnotation des Schankwirts – nicht zuletzt über die belletristische Arbeit – zu diesem Zeitpunkt bereits etabliert war.

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sprachigen Reiseberichte vom 18. bis zum 21. Jahrhundert. Frankfurt am Main, Wien u. a. 2010, 42f., 78. Vgl. de Berg, 68–75. Kurt Scharr (Hg.), Die Karpathen. Balthasar Hacquet und das „vergessene“ Gebirge in Europa. Innsbruck, Wien, München, Bozen 2004, 52f. Hacquet, 124f. Vgl. dazu Kaps, 433.

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Die Figur des Parasiten, die Franko in seiner Kritik an mangelndem zivilisatorischem Fortschritt in Galizien benutzt und die hier mit der zunächst im Volksglauben und später in der Literatur angelegten Vampir-Figur zusammengeführt wurde, geht somit auf einen langen, dichten Diskurs zurück, der viele Funktionen erfüllte. Sprache und Diskurs der aufgeklärten Vampir(ismus)-Diskussion wurden bereits im 18. Jahrhundert von Verwaltenden und Reisenden als Mittel genutzt, um das Kronland Galizien als sozioökonomisch distinkt darzustellen; die Vampir-Figur ist darüber hinaus paradigmatisch für den GalizienDiskurs der ethnisch-sprachlich-religiösen Differenz. Bei Sacher-Masoch steht sie weiters für eine Kritik am frühen Kapitalismus mit Mitteln des Othering, bei Pappenheim wird sie zurück in ihre vorliterarische Form referiert und in den Dienst der Aufklärungsarbeit und der Propaganda gestellt; Franko und Szczepanowski schließlich strapazieren das Bild noch stärker im Sinne von Modernisierungsappellen. Das Bild des blutsaugenden Parasiten wurde dabei zunehmend explizit zur Markierung der jüdischen Bevölkerung verwendet, ausschließlich antijüdisch war diese Konnotation jedoch in ihren jeweiligen diskursiven Kontexten ausdrücklich nicht.