Intentionale Handlung: Sprachphilosophische Untersuchungen zum Verständnis von Handlung im Strafrecht [1 ed.] 9783428446117, 9783428046119


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German Pages 233 Year 1980

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Intentionale Handlung: Sprachphilosophische Untersuchungen zum Verständnis von Handlung im Strafrecht [1 ed.]
 9783428446117, 9783428046119

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Urs Konrad Kindhäuser / Intentionale Handlung

S c h r i f t e n zur

Rechtstheorie

Heft 90

Intentionale Handlung Sprachphilosophische Untersuchungen zum Verständnis von Handlung i m Strafrecht

Von

Dr. Urs Eonrad Kindhäuser

DUNCKER & HUMBLOT / BERLIN

A l l e Rechte vorbehalten © 1980 D u n c k e r & H u m b l o t , B e r l i n 41 G e d r u c k t 1980 b e i B u c h d r u c k e r e i R i c h a r d S c h r ö t e r , B e r l i n 61 Printed in Germany I S B N 3 428 04611 0

Für Heike

Vorwort Die nachfolgende Arbeit hat i m Sommersemester 1979 der Juristischen Fakultät der Universität Freiburg als Dissertation vorgelegen. Herr Professor Dr. Alexander Hollerbach hat m i r schon i n seinen rechtsphilosophischen Seminaren die Möglichkeit geboten, juristische Problemstellungen m i t den Methoden der Sprachphilosophie zu behandeln. Er hat m i r auch i n großzügiger Weise die Freiheit gewährt, die nachfolgende Arbeit ganz meinen Interessen entsprechend zu gestalten. Dafür möchte ich i h m an dieser Stelle danken. Für wertvolle Hinweise fühle ich mich zudem Herrn Professor Dr. Thomas Würtenberger verbunden. Mein Dank gilt auch Herrn Professor Dr. Hans-Jürgen Staudinger, der m i r als Naturwissenschaftler m i t philosophischen und wissenschaftstheoretischen Einsichten ein unersetzbarer Gesprächspartner war. Herrn Ministerialrat a. D. Professor Dr. Broermann danke ich für die bereitwillige Aufnahme der Arbeit i n die „Schriften zur Rechtstheorie". Baden-Baden, i m November 1979 Urs Konrad

Kindhäuser

Inhaltsverzeichnis 1.

Einleitung

11

1.1 1.2 1.21 1.22

Z u m sprachphilosophischen Ansatz Z w e i Strömungen Kausalistische Tendenzen Intentionale Tendenzen

11 22 23 27

2.

Einige sprachphilosophische Akzente

32

2.1 2.11 2.12 2.13 2.14 2.15 2.16 2.2 2.3 2.4

Die Wegweiser L u d w i g Wittgensteins Subjektivität Bedeutung u n d Regeln Das Sprachspiel Wesensphilosophie Mentale Begriffe Der W i l l e Das Problem der „privaten Sprache" Die Vermitteltheit der seelischen Erfahrung Gilbert Ryle: Kategorienfehler

32 33 36 41 45 50 53 57 63 70

3.

Ursache, Bedingungen und Basis-Handlungen

74

3.1 3.2 3.3 3.4

Kausalprobleme Die Asymmetrie von Kausalrelationen Modell einer Kausalanalyse Kausalität u n d Basis-Handlungen

74 76 79 84

4.

Kausalität und Handlung

91

4.1 4.2 4.21 4.22 4.23 4.24 4.25 4.26 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7

Handelnder u n d Kausalität Das Gespenst i n der Maschine Der von Ryle angegriffene Dualismus Dispositionsprädikate Willensakte Wahlen F r e i w i l l i g u n d bewußt Einwände: Motive u n d Gründe Verhaltensdispositionen u n d Ursachen Z u r sog. Verträglichkeitsthese Kausalität u n d Verantwortlichkeit Erklären u n d Verstehen Der sog. praktische Syllogismus

93 97 97 98 105 110 114 116 122 129 137 140 146

Inhaltsverzeichnis

10

5.

Z u einer sprachadäquaten Explikation des Handlungsbegriffs

153

5.1 5.2 5.21 5.22 5.3 5.4 5.41 5.42 5.5

Definitionsprobleme Die Komponenten des Handelns u n d ihre Beschreibung Die Komponenten des Handelns Handlungen u n d Ereignisse E i n Plädoyer f ü r Entschuldigungen Das Explikationsverfahren Die stufenweise Bestimmung des Handlungsbegriffs V o r w u r f u n d Widerlegung Tun, Unterlassen, Versuchen

153 156 157 159 166 169 169 172 175

6.

Kritik des strafrechtlichen Handlungsverständnisses

180

6.1 6.11 6.12 6.13 6.14 6.15 6.2 6.21 6.22 6.23 6.24

Einige strafrechtliche Handlungstheorien Die kausale Handlungslehre Die finale Handlungslehre Die soziale Handlungslehre Der „personale Handlungsbegriff" A r t h u r Kaufmanns Z u r Handlungstheorie Joachim Hruschkas Grundzüge eines intentionalen Handlungsbegriffs Intentionale Handlung u n d Kausalität Intentionale Handlung u n d Kontrolle Intentionale Handlung u n d Deliktsaufbau Der intentionale Handlungsbegriff

181 181 185 189 194 197 202 203 209 211 215

Literaturverzeichnis

218

U m die eigentliche Artischocke zu finden, hatten w i r sie ihrer Blätter entkleidet. L. Wittgenstein

1. Einleitung 1.1 Zum sprachphilosophischen Ansatz „Definitionen sind wie Hosengürtel. Je kürzer sie sind, um so elastischer müssen sie sein. Ein kurzer Gürtel sagt noch nichts über seinen Träger: wenn man ihn hinreichend dehnt, kann er fast jedem passen. Und eine kurze Definition, die auf eine heterogene Sammlung von Beispielen angewandt wird, muß gedehnt und zusammengezogen, qualifiziert und umgedeutet werden, bevor sie auf jeden Fall paßt. Aber trotz alledem stirbt die Hoffnung, eine Definition zu finden, die gleichzeitig kurz und erschöpfend ist, immer nur schwer 1 ." Von Stephen Toulmin, einem m i t den Tücken begrifflicher Problemstellungen bestens vertrauten Wissenschaftstheoretiker, stammt dieser Vergleich, und seine Worte treffen auf den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ganz besonders gut zu. Die Formen strafrechtlich relevanten Verhaltens sind vielfältig und, wie es schon Radbruch sah, nur schwer unter einen H u t zu bringen 2 . Der Begriff der Handlung, der diese Herkulesarbeit verrichten soll, muß schon, um i m B i l d zu bleiben, von außerordentlicher Elastizität sein bzw. eine breite Krempe haben. Nicht gerade leicht ist auch die Frage zu beantworten, wo der Begriff der Handlung hergenommen werden soll. Der eine w i r d i h n gern ontologisch bestimmen, der andere lieber aus dem System des Strafrechts erschließen. Auch eine soziologische Analyse mag gewinnbringend sein. M i t der vorliegenden Untersuchung möchte ich eine Stimme anklingen lassen, die i n der strafrechtlichen Gesprächsrunde über den Handlungsbegriff noch nicht zu Wort kam, nämlich die der analytischen Sprachphilosophie. Da es aber vermessen wäre, mit einer nur wenige Seiten umfassenden Arbeit das kaum noch zu überblickende Feld der analytischen Handlungstheorie gewissermaßen i n einer Nußschale darbieten zu wollen, beschränke ich mich auf einige Schwerpunkte. 1 Toulmin (1968), S. 21. Vgl. Radbruch (1904), der sogar f ü r T u n u n d Unterlassen keinen gemeinsamen Oberbegriff gelten lassen w i l l , aaO, S. 140. 2

1. Einleitung

12

Gewichte sollen insbesondere i n zwei Bereichen gesetzt werden: i n dem der Analyse von Begriffen aus dem Umfeld der Sprache, m i t der w i r über Handlungen sprechen, und i n dem der Grundlage des Verstehens von Handlungen. Das Verstehen einer Handlung u n d i h r Beg r i f f sind insoweit untrennbar miteinander verbunden, als das, was nicht verstanden werden kann, auch nicht Handlung genannt werden soll 3 . Edmund Mezger charakterisiert i n dem Resümee seines Vortrags ü b e r „Das Verstehen

als Grundlage

der Zurechnung "

das V e r s t e h e n

als Einreihung seelischen Geschehens i n objektive sinnhafte Zusammenhänge 4 . Dem Verstehen unterstellt er nur den seelischen Bereich und trennt i h n vom körperlichen, der von „außen her kausal e r k l ä r t " werde 5 . Die vorliegende Untersuchung k n ü p f t an Mezgers Betonung der grundlegenden Bedeutung des Verstehens f ü r die (strafrechtliche) Handlungsbeurteilung m i t dem Z i e l an, dem einfühlenden Verstehen i m Sinne Mezgers eine semantische oder linguistische Wendung zu geben und die Orte des Verstehens u n d Erklärens i m Koordinatenkreuz der Handlungsbetrachtung zu verschieben. Die Spaltung von innen und außen, von Seelischem u n d Körperlichem, w i r d sich aus sprachphilosophischer Sicht nicht aufrechterhalten lassen. Vielmehr w i r d man Körperliches und Seelisches i n gewisser Weise als sinnhafte Ausdruckseinheit zu begreifen haben, die sich i n dem Begriff der Handlung wiederfindet u n d als Grundlage eines Handlungsverständnisses dienen kann. Was soll es n u n heißen, wenn gesagt w i r d , die Untersuchung orientiere sich an einigen Ergebnissen der Sprachphilosophie? Die Sprache ist i n unserem Jahrhundert zu einem, vielleicht dem philosophischen Problem geworden. Daß die Sprache von Aristoteles über W i l h e l m von H u m b o l d t bis heute die Aufmerksamkeit abendländischer Denker auf sich zog, ist ein geistesgeschichtlicher Allgemeinplatz. Insoweit ist Sprachphilosophie auch nichts Neues. Kennzeichnend f ü r heutige Ansätze ist nur, daß typische philosophische Fragestellungen, wie z. B. die nach der Realität, der Erfahrung, dem Guten oder der Handlung, als sprachlich bedingte Probleme ange3 Vgl. Lorenz (1971), S. 153. Z u m hier angesprochenen Verstehensbegriff vgl. u. Abschn. 4.6.

4 Mezger (1951), S. 52. 5

Mezger (1951), S. 5; Mezger (1949) schreibt: „ W i r sehen i n diesem ,Verständlich-Sein', genauer gesagt und das Wesentliche schärfer betonend: i n dem Vorhandensein eines wertbezogenen Sinnzusammenhangs der einzelnen Vorgänge das eigentlich Entscheidende alles seelischen Lebens", S. 8 f. Über das „Verstehen" i m Sinne Mezgers vgl. auch Mezger (1949), S. 47 ff.

1.1 Zum sprachphilosophischen Ansatz

13

sehen werden 6 . Diese Eigenart der Fragestellung ist für sprachphilosophische Bestrebungen charakteristisch; dagegen ist die Rede von der Sprachphilosophie wenig sinnvoll, da dieser Ausdruck auch inhaltliche Übereinstimmung auf den einzelnen Forschungsgebieten nahelegt, die jedoch weitgehend fehlt 7 . Obgleich Sprachphilosophie, so gesehen, nur eine formelle Sammelbezeichnung verschiedener, oft genug gegensätzlicher Positionen ist, w i r d man doch i m groben zwei Hauptströmungen zu unterscheiden haben: zum einen die von Frege und Russell ausgehende und sich über den Wiener Kreis zu Goodman, Quine und Stegmüller weiterentwikkelnde Richtung der analytischen Philosophie und Wissenschaftstheorie, deren Hauptanliegen die Klärung der wissenschaftlichen Sprache und die Grundlagenforschung der Theorienbildung ist; zum anderen die von Ryle und Wisdom über Austin zu Strawson, Hampshire und Malcolm zu verfolgende Linie der Begriffsanalyse, die eine Erhellung philosophischer Probleme auf dem Boden der Umgangssprache anstrebt 8 . Bedenkt man, daß Wittgenstein beide Strömungen maßgeblich prägte, so verwundert es nicht, daß er heute — besonders i m anglo-amerikanischen Sprachkreis — von vielen als der einflußreichste Philosoph unserer Zeit angesehen wird 9 . Beide Entwicklungen berühren sich an vielen Stellen; die Arbeiten des eigenständigen Wittgensteinschülers von Wright, denen sich die vorliegende Untersuchung i n besonderem Maße verpflichtet weiß, vereinen formallogische und wissenschaftstheoretische Ansätze mit hermeneutischen Tendenzen der conceptual analysis. Man w i r d sich auch von sprachphilosophischer Seite her dem Begriff der Handlung nicht einspurig nähern können. I n der Rechtsphilosophie werden üblicherweise Fragen der A r t formuliert: „Was ist das Wesen der Handlung?" oder „Was sind die wesentlichen Merkmale des Handlungsbegriffs?". Solche Fragen führen leicht zu Verwirrungen, weil aus dem Auge verloren werden kann, wie der Begriff der Handlung gebraucht wird, d. h. i n welchen konkreten Lebenszusammenhängen dieser Begriff seinen Platz hat. Durch e Vgl. Warnock (1969), S. 112 f. 7 Vgl. Aiston (1964), S. 1. 8 M a n w i r d auch bei der letztgenannten Richtung den „therapeutischen" Ansatz von Cambridge — vgl. hierzu Lorenz (1971), S. 122 f. —, w i e er insbesondere von John Wisdom vertreten w i r d , von der Sprachanalyse des „Oxford-Stils", den Ryle, A u s t i n u n d H a r t prägten, zu unterscheiden haben. 9 Die Bedeutung Wittgensteins ist i n der anglo-amerikanischen Philosophie nahezu unumstritten. Vgl. beispielsweise Warnock (1969), S. 45 ff. oder Pears (1971), S. 45.

1. Einleitung

14

die irreführende Fragestellung verleitet, glaubt man, der Begriff der Handlung bezeichne eine (wie auch immer geartete) Entität, die es nur zu entdecken gelte, um dem Beigriff Bedeutung zu verleihen. Dabei versäumt man es, Rechenschaft darüber abzulegen, welchen Kategorien die eine Handlung charakterisierenden Begriffe überhaupt angehören. I n unserer täglichen Kommunikation fragen w i r nicht, ob ein Fußball mit einem A t o m zusammenstoßen könne oder ob eine Heirat mit der italienischen Nation möglich sei. Fällt jemand die Treppe herunter, so sagt er nicht, die Schwerkraft habe i h n gestoßen. Begriffe wie ,Atom', .Nation' oder ,Schwerkraft' haben i n unserer Umgangssprache nicht die Funktion, Gegenstände, Lebewesen oder Zwänge zu benennen 1 0 . Löst man dagegen Ausdrücke aus dem ihnen Bedeutung verleihenden Kontext, so werden Rätsel und Scheinprobleme geboren, denen w i r auch i m Strafrecht begegnen können. So w i r d die Willensfreiheit angezweifelt, weil der Wille von Gehirnströmen bedingt sein könnte; die Finalität w i r d als ein Phänomen angesehen, das i n der Lage sei, Kausalabläufe überzudeterminieren; und Welzel behauptet gar, man könne sich von kausalen Antrieben befreien 11 . Für solche Trugbilder und Ebenenvermengungen prägte der englische Philosoph Gilbert Ryle den Begriff des Kategorienfehlers. Man könnte auch, ohne ontologisierenden Unterton, schlicht von Sprachwidrigkeiten reden. Sprachwidrigkeiten i n diesem Sinne sind keine grammatikalischen oder syntaktischen Fehler, wie z. B. der falsche Gebrauch des Akkusativs. Es sind vielmehr Verwirrungen, die sich aus der Struktur der sprachlichen Oberfläche ergeben. I n „Other Minds" nannte Austin einen geläufigen Fehlschluß dieser A r t „the descriptive fallacy". I h n begeht z. B. Gössel, wenn er in seiner Einleitung zu „Wertungsprobleme

des Begriffs

der

finalen

Handlung "

apodiktisch

schreibt: „Wörter bezeichnen". Dieser Satz ist i n solch allgemeiner Form schlichtweg falsch. Betrachten w i r das Wort ,schwören'. ,Peter schwor' durchaus eine Situation darstellen: Peter sprach eine bestimmte eine zur Abnahme von Eidesleistungen wesend usw.

W i r können m i t dem Satz symbolisch zusammengefaßt Formel, er hob seinen Arm, berechtigte Person war an-

10 E i n m i t , . . g e k e n n z e i c h n e t e r Begriff zeigt i m folgenden dessen metasprachliche Verwendung an. — Daß unsere Alltagssprache, soweit sie w i s senschaftliche Terme aufgenommen hat, „ e i n merkwürdiges Konglomerat aus Fossilien vergangener u n d toter Theorien ist", w i e Essler (1970), S. 45 schreibt, mag teilweise zutreffen. Was hier lediglich angedeutet werden soll, ist die Tatsache, daß sich i n unserer Alltagssprache unsere Alltagserfahrung widerspiegelt.

« Welzel (1961), S. 51.

1.1 Zum sprachphilosophischen Ansatz

15

Aber m i t dem Satz ,Ich schwöre', einer explizit performativen Äußerung, bezeichnet Peter nichts, sondern vollzieht eine Handlung. Berichten w i r von performativen Äußerungen, so betrachten w i r diese nicht als Aussagen über Tatsachenbehauptungen — wie es bei Aussagen über Bezeichnungen oder Beschreibungen der Fall wäre —, sondern fassen die Äußerung selbst als eine Tatsache auf 1 2 . Sprechhandlungen teilen w i r mit wie körperliche Handlungen, wenn w i r z. B. sagen:,Klaus versprach es', ,Hans zündete seine Pfeife an' oder ,Margot hauchte ihr Ja-Wort' 1 *. Ein anderes Beispiel: Die Mutter stürzt aufgeregt ins Kinderzimmer und fragt: „Wer von Euch beiden hat die Beethovenbüste auf dem Klavier angemalt?" K u r t deutet auf seinen kleineren Bruder: „Der hat's getan!" (Hat K u r t hier etwas beschrieben?) Paul antwortet empört: „Ich war's nicht!" (Was bezeichnet diese Antwort?) Wörter haben viele Aufgaben. W i r hantieren m i t ihnen wie m i t Werkzeugen. Wer Begriffen nur eine deskriptive Funktion zubilligt, reduziert die menschliche Kommunikation auf Hämmern und Hobeln und übersieht z. B. das Sägen. Schließlich möchte ich mich noch einem Einwand stellen, von dem zu erwarten ist, daß er gegen diese Untersuchung erhoben wird. I n einer methodologischen Schrift zum Handlungsbegriff des Finalismus wies K l u g darauf hin, daß eine Definition des Begriffs der Handlung eine Regelung des Sprachgebrauchs sei 14 . Seitdem wurde es zu einem stehenden Epitheton des strafrechtlichen Streitgesprächs, daß der Handlungsbegriff mehr sei „als eine bloße Regelung des Sprachgebrauchs" 15 . Obgleich K l u g keineswegs behauptet, der Handlungsbegriff sei bloß eine Regelung des Sprachgebrauchs, sondern betont, daß der Begriff der Handlung dem System des Strafrechts gerecht werden müsse 16 , offenbart sich i n der pauschalen Ablehnung der Vorschläge Klugs ein tiefsitzendes Mißtrauen. Sprachregelungen tragen den Stempel der Beliebigkeit. Ob etwas eine Handlung ist oder nicht, so w i r d man mit guten Gründen sagen können, kann nicht von einer Subsumtion unter einen w i l l k ü r l i c h konstruierten Begriff abhängen. 12 Vgl. Stegmüller (1969), S. 11 f. oder ders. (1975 a), S. 76 i n der Besprechung der Philosophie Austins. 18 Vgl. hierzu auch von Kutschera (1971), S. 254 ff.; Schneider (1975), S. 11 ff. 14 Klug (1960), S. 33 ff. Vgl. auch Engisch (1974), S. 349 ff. 15 Vgl. z.B. Jescheck (1969), S. 155; Arthur Kaufmann (1966), S. 31; Mayer (1963), S. 137. Mayer unterstellt K l u g gar, dieser wolle die finale Handlungslehre „ m i t den M i t t e l n einer bestimmten Theorie der L o g i k abtun" (1963), S. 137. iö Klug (1960), S. 49.

16

1. Einleitung

Diesem Mißtrauen konnte auch Roxin nicht entgehen, als er die Festlegung des Handlungsbegriffs allein dem Gesetzgeber anheimstellte 17 . Falls dieser z. B. an fahrlässiges Handeln keine Kriminalstrafe mehr knüpfen sollte, wäre ein fahrlässiges T u n eben keine strafbare Handlung mehr. Wer wollte das bestreiten? Nur ist nach Meinung der von Roxin angegriffenen Finalisten durch die gesetzliche Festlegung lediglich geklärt, was eine Stnafhandlung ist und was nicht, nicht aber, was eine Handlung als solche ist, die der Gesetzgeber als etwas Vorgegebenes aufgreift, um nur bestimmte ihrer Erscheinungsformen mit einem Werturteil zu belegen. I m folgenden werde ich darzulegen versuchen, daß der Begriff der Handlung i m allgemeinen weder eine Frage der Sprachregelung 18 noch eine Frage der Wesensschau ist. Der Handlungsbegriff bezeichnet weder ein Ereignis, noch benennt er eine Entität, noch kann er m i t einer Zustandsveränderung gleichgesetzt werden. Vielmehr betrifft er das Hervorbringen von Veränderungen i m Sinne einer Relation zwischen faktischen und kontrafaktischen Ereignissen, das w i r jemandem — als Verantwortlichem — zuschreiben. Eine sprachphilosophische Untersuchung der Handlung hat es nicht mit einer Definition als einer Festlegung des Sachbezugs oder einer sprachlichen Regelung zu tun, sondern mit einer Begriffsexplikation, d. h. mit einer Analyse der Kriterien und Regeln, aufgrund derer dem Handlungsbegriff Bedeutung zukommt. Der Begriff der Handlung ist nicht deskriptiven, sondern askriptiven Charakters und übt eine andere Funktion als die der Beschreibung aus. Kehren w i r noch einmal zur möglichen K r i t i k am sprachphilosophischen Ansatz zurück. Auch wenn dieser nicht von einer w i l l k ü r lichen Regelung des Sprachgebrauchs ausgeht, so wäre es doch denkbar, daß er nicht die Sache selbst erfaßt. Warnend schreibt Welzel: „Die finale Handlungslehre ist jedoch keine Theorie von Wortbedeutungen, sondern von der Sachstruktur der Handlung 1 9 ." N u n ist dieser Satz, soweit er Wortbedeutungen von Sachstrukturen trennt, doppeldeutig und i n beiderlei Hinsicht unzutreffend. Stellt man nämlich auf die Extension eines Wortes ab, so ist der Satz deshalb widersinnig, weil diese gerade i n der Entität besteht, die bei einer gegebenen sprachlichen Festlegung durch das Wort bezeichnet wird. Bezieht man sich dagegen auf die Intension, also auf die Gebrauchsregeln eines AusRoxin (1962); weniger scharf: Bockelmann (1949), S. 32 f., der die Ausgestaltung v o m „allgemeinen Rechtsbewußtsein" begrenzt sehen w i l l . — Auch Mezger (1950), S. 11 ff. geht bei seinen Überlegungen von den gesetzlichen Festlegungen aus. Vgl. hierzu auch Winch (1972 a), S. 29. i» Welzel (1961), S. 13.

1.1 Zum sprachphilosophischen Ansatz

17

drucks, dann wäre die finale Handlungslehre ein sinnloses Unternehmen, w e i l sie Worte außerhalb ihrer bedeutungsverleihenden Regeln verwenden wollte. A b e r abgesehen v o n dieser terminologischen U n k l a r h e i t verbirgt sich hinter dem Z i t a t w o h l die Ansicht, daß Sprache u n d W i r k l i c h k e i t zwei k l a r voneinander zu scheidende Bereiche seien. W i e auch i m m e r die Bedeutungen v o n W ö r t e r n sein mögen, die W i r k l i c h k e i t w i r d hierv o n nicht berührt. Wer daher das Wesen der Dinge erfassen w i l l , darf sein Boot nicht auf dem Meer schillernder Vagheiten treiben lassen, sondern muß auf den G r u n d der Dinge selbst vorstoßen. Nicht n u r das, man k a n n auch von der Sache her Folgerungen ziehen. Ausdrücke w i e Sachlogik oder Natur der Sache, die eine wissenschaftstheoretisch nicht haltbare Präzision vortäuschen, legen f ü r diesen Standpunkt beredtes Zeugnis ab. Erstaunlicherweise wurde neuerdings ausgerechnet Wittgenstein, der diese Position stets bekämpfte, als Kronzeuge solch einer Differenztheorie b e n a n n t . U n t e r d e m T i t e l „Grundfragen der juristischen Methodenlehre und die Spätphilosophie Ludwig Wittgensteins" bietet Roel-

iecke eine Interpretation des F r ü h - u n d Spätwerks an, die zu einigen Unerwarteten Ergebnissen gelangt. A u f die hier angeschnittene Frage nach der Geschiedenheit v o n Sprache u n d W i r k l i c h k e i t sei daher i n einer knappen Auseinandersetzung m i t Roelleckes Schlußfolgerungen eingegangen. Wittgenstein spricht i n seiner Frühschrift, dem „Tractatus logicophilosophicus", davon, daß die Sprache ein „ B i l d " der W i r k l i c h k e i t sei. Roellecke n i m m t diesen Ausdruck wörtlich u n d behauptet ohne Bezug auf den ontologischen Hintergrund, Wittgenstein erörtere das Problem, w i e m a n durch eine sinnvolle Ordnung der Sätze die Tatsachen sinnv o l l ordnen könne 2 0 . Zunächst fällt auf, daß an keiner Stelle des „Tractatus" von dieser Aufgabe der Sprache, nämlich die Tatsachen sinnvoll zu ordnen, auch n u r andeutungsweise gesprochen w i r d . Könnte man Wittgensteins A n liegen tatsächlich so charakterisieren, so wäre der Einfluß des „Tractatus" auf den logischen Positivismus, f ü r den ein solch normatives Geschäft höchst befremdlich wäre, einfach unverständlich. U n d ein „Wittgenstein" m i t diesem metaphysischen Z i e l hätte vielleicht auch, w i e Roellecke philosophiegeschichtlich zu bedenken gibt, „ v o n Hegel lernen können" 2 1 . 20 Roellecke (1970), S. 330; aus den angeführten Tractatus-Sätzen läßt sich diese Schlußfolgerung w o h l k a u m herleiten. Vgl. dagegen Wittgenstein (1963 a), Satz 5.5563, den Roellecke nicht erwähnt.

21 Roellecke (1970), S. 331. 2 Kindhäuser

18

1. Einleitung

Schon ein erster Einblick i n den Tractat zeigt jedoch, daß es sich genau umgekehrt verhält. Gefragt wird, wie die Grenzziehung einer, gemessen an der Wirklichkeit, sinnvollen Sprache zu erfolgen hat. Der Terminus Bild i m Tractat ist nicht i m Sinne einer natürlichen Abbildung irgendwelcher A r t zu verstehen, sondern kommt dem mathematischen Begriff der Isomorphie nahe, also einer komplexen abstrakten Relation 2 2 . Die Sprache zeigt die Wirklichkeit i n drei Weisen2®. Zunächst i n einer deskriptiven A r t : an der äußeren Struktur der Sprache läßt sich vermittels des Isomorphiekorrelators die Anordnung der Elemente ablesen. Sodann betont Wittgenstein ein inneres Zeigen: Sprache und Wirklichkeit haben die logische Form gemeinsam. B i l d und A b b i l d sind kategorial gleich. N u r aufgrund dieser wesentlichen Gemeinsamkeit kann etwas überhaupt ein B i l d von einer anderen Tatsache sein 24 . Schließlich zeigt sich an der Sprache noch das Unaussprechliche, Mystische. Stegmüller vergleicht dieses Zeigen mit dem Postulat der praktischen Vernunft bei K a n t 2 5 . Von einer Differenz von Sprache und Wirklichkeit reden, heißt schlicht, Wittgensteins zentrales Anliegen übersehen: die vielfältige und enge Verzahnung von B i l d und Original. Wittgenstein schreibt z. B. 2 6 : 22 Vgl. Stegmüller (1965 a), S. 540; ders. (1965 b), S. 125 f., 127; von Kutschera (1971), S. 139 ff. — I n der Frühzeit der angelsächsischen Wittgenstein-Rezept i o n w a r auch hier der Roellecke-Fehler weitverbreitet; dies r ü h r t e v o n der inadäquaten Ubersetzung ins Englische her: statt etwa „mapping" wurde „picture" gewählt, vgl. Stegmüller (1965 b), S. 126. — Wittgenstein selbst gebraucht i m „Tractatus" den Isomorphiekorrelator nicht. Erst Stenius (1969) gelang es, auf diese Weise Wittgensteins Abbildtheorie modelltheoretisch widerspruchslos zu präzisieren. — Vgl. auch Kap. 2.11. 23 „ W i r k l i c h k e i t " ist hierbei die Welt als Tatsache, vgl. Stegmüller (1965 b), S. 123. — Z u bemerken ist noch, daß es Wittgenstein nicht n u r auf die deskriptive F u n k t i o n der Sprache („äußeres Zeigen") ankommt, sondern daß seine Auffassung v o m Verhältnis von Sprache u n d W i r k l i c h k e i t n u r dann verständlich ist, w e n n m a n seine Betonung der „logischen Form", die Sprache u n d W i r k l i c h k e i t gemeinsam ist, berücksichtigt. Hier liegt die wesentliche Verbindung v o n Sprache u n d Wirklichkeit, die eine Differenz, von der Roellecke spricht, gerade verneint. Vgl. auch Kap. 2.11. 24 Vgl. Wittgenstein (1963 a), Sätze 2.021, 2.0121, 2.0122; vgl. auch Stegmüller (1965 b), S. 119 f.. — Tatsachen sind nicht die Elemente, isoliert, sondern erst ihre Beziehung zueinander. Z w a r bilden die Dinge die Substanz der Welt, aber die Gegenstände, die Wittgenstein m i t Dingen meint, können ihrer A r t nach nicht anders als i n Tatsachen existieren — zumindest j a i n Zeit und/ oder Raum. — A u f g r u n d der kategorialen Gleichheit von B i l d u n d A b g e b i l detem können die Bilder der Sprache nicht Dinge sein, sondern gehören selbst zur Kategorie der Tatsachen. — Kenny (1973), S. 55 schreibt: "The relationship between the elements of a picture — the fact that the elements are related i n the w a y they are — is itself a fact, and this led Wittgenstein to say that a picture is a fact." 25 Stegmüller (1965 a), S. 559; ders. (1965 b), S. 137 f. i m Anschluß an Stenius. 26 Wittgenstein (1963 a), Sätze 5.4711, 5.62, 4.03; diese Sätze sind aus dem

1.1 Z u m sprachphilosophischen Ansatz

19

„Das Wesen des Satzes angeben, heißt, das Wesen aller Beschreibung angeben, also das Wesen der W e l t " ; „Daß die Welt meine Welt ist, das zeigt sich darin, daß die Grenzen der Sprache (der Sprache, die ich allein verstehe) die Grenzen meiner W e l t bedeuten"; „Der Satz t e i l t uns eine Sachlage m i t , also muß er wesentlich m i t der Sachlage zusammenhängen" 2 ?. U b e r den späten W i t t g e n s t e i n folgendes:

schreibt

Roellecke

unter

anderem

„Der Wittgenstein der Philosophischen Untersuchungen' stellt ähnlich w i e Hegel fest, daß die Sprache die Wirklichkeit, das sinnliche Dieses nicht erreicht, daß sie n u r als Differenz zur W i r k l i c h k e i t begriffen werden kann, w e i l sie i m Verhältnis zu dem, was w i r erleben, das unbestimmte Allgemeine, das Ungefähre ist 5 *." S i e h t m a n e i n m a l v o n d e r i r r i t i e r e n d e n T e r m i n o l o g i e 2 9 ab, so w i r d m a n v e r g e b l i c h fragen, w a n n u n d w o W i t t g e n s t e i n eine solche F e s t s t e l l u n g g e t r o f f e n h a b e n soll. V e r g e b l i c h , w e i l W i t t g e n s t e i n einfach nichts sagt, w a s n u r i m e n t f e r n t e s t e n a u f Roelleckes S c h l u ß f o l g e r u n g e n hinwiese30. W i t t g e n s t e i n h a t i n seinem S p ä t w e r k d i e i m „Tractatus" behauptete k a t e g o r i a l e G l e i c h h e i t v o n B i l d u n d A b g e b i l d e t e m aufgegeben. A b e r w ä r e er i n das v o n Roellecke geschilderte E x t r e m v e r f a l l e n , f o r t a n v o n e i n e r a b s o l u t e n D i f f e r e n z v o n Sprache u n d W i r k l i c h k e i t auszugehen, w ä r e n seine B e m e r k u n g e n i n d e r T a t „ s p i e l e r i s c h g e f ü g t e A p h o r i s m e n " u n d w ä r e n seine Sprachspiele „ P r o b i e r m e t h o d e n " 3 1 , k u r z : sein W e r k w ä r e t r i v i a l u n d philosophisch wertlos. F r e i l i c h l i e g e n d i e D i n g e anders. F ü r d e n späten W i t t g e n s t e i n ist die W i r k l i c h k e i t k e i n feststehendes F a k t u m m e h r u n d d i e F r a g e n a c h der R e a l i t ä t eine sinnlose F r a g e 3 2 . W i n c h sagt i m S i n n e W i t t g e n s t e i n s : Zusammenhang gerissen u n d sollen lediglich verdeutlichen, w i e w e i t Roellecke am klaren W o r t l a u t vorbeigeht. 2 7 Vgl. Kenny (1973), S. 66: "The essential features are the logical form, the logical m u l t i p l i c i t y , w h i c h it must have in common w i t h the Situation i t presents." 2 » Vgl. Roellecke (1970), S. 332; dagegen macht sich Wittgenstein (1963 c), § 38 gerade über diese Auffassung lustig. 29 Ausdrücke w i e das „sinnliche Dieses" sind i n Wittgensteins Sprache unvorstellbar, da sie ebenso gekünstelt w i e nichtssagend sind. — Wittgenstein w i e auch A u s t i n lehnten grundsätzlich eine Terminologie ab, die kontrastlos ist. so M i t der von Roellecke zitierten Stelle (1963 c, § 15) meint Wittgenstein, daß es zur Lösung mancher Probleme hilfreich sei, w e n n m a n sich vorstelle, m a n hefte einem D i n g ein Namenstäfelchen an. Aber schon i n den nächsten Passagen zeigt er, daß dies eben ein einseitiges u n d zu Denkfehlern v e r führendes B i l d ist. 31 Roellecke (1970), S. 332. 32 Vgl. von Kutschera (1971), S. 220: „Es gibt n u n f ü r Wittgenstein nicht mehr eine W i r k l i c h k e i t an sich, die durch die Sprache n u r abgebildet w i r d , deren Strukturen sich also nach den ontologischen S t r u k t u r e n zu richten

2*

20

1. Einleitung

" . . . w e could not i n fact distinguish the real f r o m the unreal w i t h o u t understanding the w a y this distinction operates i n the language. I f then w e w i s h to understand the significance of these concepts w e must examine the use they actually do have — i n the language 3 3 ." Das Sprachspiel, j e n e Z u s a m m e n f a s s u n g v o n S i t u a t i o n , K o m m u n i k a t i o n u n d I n t e r a k t i o n , n a c h dessen R e g e l n B e g r i f f e i h r e B e d e u t u n g e r l a n g e n , b i l d e t d i e L e b e n s f o r m des Menschen. A u s i h r w ä c h s t seine Weltsicht. Erkenntnis u n d Erfahrung werden durch die intersubjektiv v e r m i t t e l t e Sprache e r m ö g l i c h t u n d g e p r ä g t . D i e F r a g e n a c h d e m W e s e n eines P h ä n o m e n s ist eine solche n a c h d e n F u n k t i o n e n d e r W ö r t e r , d i e diese D i n g e z u r Sprache b r i n g e n 3 4 . I n diesem S i n n e sagt auch W i n c h , d e r sich u m d i e Exegese des W i t t gensteinschen S p ä t w e r k aus soziologischer Sicht v e r d i e n t g e m a c h t h a t , ü b e r das V e r h ä l t n i s v o n Sprache u n d W i r k l i c h k e i t : " W e connot say then . . . t h a t the problems of philosophy arise out of language rather t h a n out of the world, because i n discussing language philosophically w e are i n fact discussing w h a t counts as belonging to the world. Our idea of w h a t belongs to the realm of reality is given for us i n the language t h a t w e use. The concepts w e have settle for us the f o r m of the experience w e have of the w o r l d . . . The w o r l d is for us w h a t is presented t h r o u g h those concepts 3 5 ." W i r k ö n n e n nicht ohne weiteres zwischen W o r t b e d e u t u n g e n u n d Sachfragen t r e n n e n . Beides h ä n g t u n t r e n n b a r m i t e i n a n d e r z u s a m m e n 3 6 . M i t dem Gebrauch v o n W o r t e n treibt m a n nicht n u r Wortspiele; m a n b e z i e h t sich v i e l m e h r a u f d i e R e a l i t ä t . U n d m i t d e r K l ä r u n g u n d d e m B e w u ß t s e i n f ü r W o r t b e d e u t u n g e n schärft m a n a u c h d i e W a h r n e h mungsfähigkeit f ü r die uns umgebenden Phänomene. A u s t i n prägte h i e r f ü r d e n B e g r i f f d e r linguistischen Phänomenologie 27. haben, w e n n sie diese A b b i l d u n g leisten sollen, sondern erst i n der sprachlichen Beschreibung erschließt sich uns die Welt. Die W e l t ist nie an sich gegeben, sondern i m m e r n u r i n sprachlicher Interpretation." — Vgl. Habermas (1967), S. 132: „Die grammatisch bestimmte Welt ist n u n der Horizont, i n der die W i r k l i c h k e i t interpretiert w i r d . " — Vgl. auch: Austin (1962); Ryan (1970), S. 20; Warnock (1969), S.60f.; kritisch: Jarvie (1974), S.75ff. 33 Winch (1972 a), S. 13; ebenso Pears (1971), S. 13. 84 Vgl. Wittgenstein (1963 c), §§370, 371; allerdings w i r d die Differenz zwischen Sprache u n d W i r k l i c h k e i t , soweit es u m empirische Forschung geht, nicht geleugnet. 85 Winch (1958), S. 15. — Vgl. Specht (1963), S. 28: „ E i n Sprachspiel ist also eine einheitliche Struktur, i n der W o r t u n d bezeichneter Gegenstand nicht i n der Weise als isolierte Gebilde a u f t r e t e n , . . . " ; vgl. auch Specht (1963), S. 48. 3 « Vgl. Hare (1963), S. 75; m a n könnte sogar sagen, daß die ontologischen Strukturen Projektionen der primären sprachlichen S t r u k t u r e n sind, vgl. von Kutschera (1971), S. 220. 3 ? Vgl. Austin (1970 b); Forguson (1969), S. 132 f.; vgl. hierzu auch Maas/ Wunderlich (1974), S. 92 ff. — Z u bemerken ist noch, daß es f ü r Wittgenstein n u r eine v o n vielen sprachlichen Möglichkeiten ist, über die Welt zu sprechen,

1.1 Zum sprachphilosophischen Ansatz

21

Damit wäre der hier vertretene sprachphilosophische Ansatz schlagwortartig umrissen. Als Fundament dient der skizzierte erkenntnistheoretische Standpunkt des späten Wittgenstein. Hierauf aufbauend soll sich dem Begriff der Handlung zangenartig genähert werden: zum einen durch eine Analyse der Begriffe aus dem Gebiet der Sprache über Handlungen, zum anderen durch Überlegungen zu dem Problemkreis, wie w i r menschliches Handeln verstehen können. Gelenk der Zange ist die Annahme, daß das begriffliche Erfassen und das Verstehen menschlichen Handelns eng zusammengehören. Stellt sich z. B. heraus, daß w i r menschliches Handeln nicht kausal erklären können, so w i r d auch das Merkmal der Kausalität nicht logisch notwendiger Bestandteil des Handlungsbegriffs sein können. Weil die Untersuchung sich wesentlich auf Gedanken Wittgensteins und Ryles stützt, nimmt sie auch m i t der Darstellung einiger Grundpositionen dieser Philosophen ihren Ausgang. I m Anschluß daran soll eine kurze Skizze einer Kausalanalyse die Beantwortung der Frage, der sich das vierte Kapitel zuwendet, vorbereiten, nämlich der Frage nach den Grundlagen eines nicht-kausalen intentionalen Handlungsverständnisses. Einer Anregung Austins folgend soll dann der Begriff der Handlung, an den Kriterien von V o r w u r f und Widerlegung ausgerichtet, expliziert werden. Dem letzten Kapitel sind Überlegungen zur Relevanz des sprachphilosophischen Ansatzes für das strafrechtliche HandlungsVerständnis vorbehalten. Zunächst seien jedoch noch einige wissenschaftstheoretische Vorfragen erörtert, die sich m i t dem Erklären und Verstehen von Handlungen beschäftigen. Anliegen dieser Untersuchung ist es nicht, zu irgendwelchen strafrechtsdogmatischen Fragen Stellung zu nehmen. Ich möchte mich vielmehr der Auffassung A r t h u r Kaufmanns anschließen, daß eine K l ä rung des Handlungsbegriffs ein Wert an sich ist, da sie zum Verstehen vgl. Wittgenstein (1963 c), § 23. Die angebliche Differenz v o n Sprache u n d W i r k l i c h k e i t ist k e i n wichtiges, geschweige denn ein zentrales Problem der „Untersuchungen", es sei denn, m a n sieht i n Wittgensteins A n g r i f f auf die Gegenstandstheorie der Bedeutung (vgl. hierzu ausführlich von Savigny [1974], S. 15 ff.) ein entscheidendes Anliegen. Aber dann ist das, was Roellecke Wittgenstein unterstellt, genau das, was Wittgenstein v e r w i r f t ; vgl. auch Schneider (1975), S. 96. — Möglicherweise w i r d m a n dem i n der vorliegenden Untersuchung vertretenen sprachanalytischen Ansatz eine gewisse „ M e t a p h y s i k - " oder „Ontologiefeindlichkeit" vorwerfen. Insoweit sei auf die Einleitung von Strawson (1959) verwiesen, der eine revisionäre von einer (eigenen) deskriptiven Metaphysik trennt. A b e r auch die Ausführungen anderer Theoretiker, z . B . Bernstein (1975), Chisholm (1966), Charles Taylor (1971 a) zeigen deutlich eine tiefere Auseinandersetzung m i t Fragestellungen der kontinentalen Metaphysik. — V o n philosophiegeschichtlichem Interesse dürfte es auch sein, zu verfolgen, w i e etwa Husserls Intentionalitätslehre bei Sellars eine sprachphilosophische Wandlung erfährt; vgl. hierzu Habermas (1975), S. 319 ff. — Vgl. auch zur Unterscheidung von sprachlogischen u n d ontologischen Untersuchungen bei Ryle Kemmerling (1976) Sp. 781 f.

22

1. Einleitung

des Menschen beiträgt, ohne daß es hierbei auch gleich dogmatischer Ergebnisse bedarf 3 *." 1.2 Zwei Strömungen Anhand eines kurzen Uberblicks über den Verlauf der philosophischen Diskussion i n der handlungstheoretischen Gesprächsrunde sollen die wichtigsten Impulse und Akzentsetzungen hervorgehoben werden. Ganz grob lassen sich die Argumente i n zwei Lager gliedern, einen kausalistischen und einen nicht-kausalistischen (intentionalistischen) Bereich. Der Unterschied beider Richtungen liegt i n der differierenden A n t w o r t auf die Frage, ob Intentionen und/oder Motive Ursachen (oder auf Ursachen reduzierbare Ereignisse) von Handlungen sind. Theoretiker, die eine solche Möglichkeit bestreiten, verweisen auf den Unterschied zwischen Kausalerklärungen und Handlungsinterpretationen, leugnen die Kontingenz von Intentionen und Verhalten und verwerfen damit eine der Grundvoraussetzungen herkömmlichen Kausalverständnisses i m Sinne Humes. Z u dieser Gruppe zähle ich auch Autoren, wie z. B. Malcolm oder Charles Taylor, die den Begriff der Ursache anders definieren als ein von der Wirkung logisch unabhängiges Ereignis 39 . Befürworter einer solchen Möglichkeit bestreiten ihrerseits die NichtKontingenz von Intentionen und Verhalten und betonen die Adäquanz der Kausalerklärung für Handlungen. Z u r ersten Gruppe gehören Autoren, bei denen mehr oder weniger stark die Einflüsse Austins, Ryles und Wittgensteins spürbar sind 4 0 . Zur zweiten Richtung kann man i m wesentlichen alle Autoren (bei der gebotenen Unterscheidung i m Einzelfall) rechnen, die einen methodologischen Monismus i n der Wissenschaft vom Menschen vertreten 4 1 . 38 Vgl. Arthur Kaufmann (1966), S. 27. Die begrifflichen Schwierigkeiten sind beträchtlich. Die beiden Strömungen, die hier, faute de mieux, als „kausal" u n d „intentional" gekennzeichnet werden, sind nach der Terminologie der meisten Autoren der intentionalen Richtung k a u m auseinanderzuhalten. Die von von Wright (1971 a) i m V o r w o r t vorgeschlagene Trennung nach der Gretchenfrage, ob Intentionen als Ursachen i m Sinne Humes aufgefaßt werden oder nicht, soll i m folgenden das durchgängige Einteilungskriterium sein. Daß dabei die Originalität einzelner Autoren, w i e z.B. Daveney, Malcolm oder Charles Taylor, u n t e r schlagen w i r d , ist eine bedauerliche, aber nicht vermeidbare Konsequenz einer Rubrizierung. — Einen guten — vielleicht den bislang besten — Uberblick über den Stand der Diskussion u n d die einzelnen Argumente bietet Macklin (1969). 40 Einige besonders wichtige Autoren: Brown, Kenny, Melden, Peters, Charles Taylor, Richard Taylor, Winch, von W r i g h t u n d der Jurist Hart. 41 Vgl. Nagel (1965), S. 14 f. — Als wichtigste Vertreter wären zu nennen: Abel, Danto, Davidson, Goldman, K a u f m a n u n d Stegmüller. 39

23

1.2 Zwei Strömungen

Schon nach diesen wenigen Bemerkungen w i r d deutlich, daß es sich bei dem heftig geführten Disput um eine seit langer Zeit umstrittene Grundfrage der Methodologie geht, nämlich um die Rechtfertigung einer neuen Variante der von Droysen 4 * und Dilthey 4 3 systematisch ausgearbeiteten Trennung von Erklären und Verstehen. Allerdings w i r d das Verstehen nicht mehr als psychologisches Einfühlen begriffen 4 4 , sondern erfährt eine semantische Wende 45 . 1.21 Kausalistische

Tendenzen

Entscheidende Impulse erhielt die Diskussion u m den methodologischen Monismus durch Hempels Darlegungen zum wissenschaftlichen Explikationsbegriff

i n „ T h e Function

of General

Laws

in

History".

Hierin präzisierte Hempel die Grundlagen eines dedüktiv-nomologischen Erklärungsschemas 46 . Die Wurzeln dieser Erklärungsart lassen sich bis zu J. St. M i l l verfolgen, der schrieb: „Eine individuelle Tatsache nennt man erklärt, wenn man ihre Ursache nachgewiesen, das heißt, das oder die ursächlichen Gesetze festgestellt hat, von deren Wirksamkeit ihre Entstehung ein einzelner Fall ist 4 7 ." Später hatte Ducasse dem Explikationsbegriff folgende Form gegeben: "Explanation essentially consists i n the offering of a hypothesis of fact, standing to the fact to be explained as case of antecedent to case of consequent of some already known law of connection 48 ." So erklärt die Formulierung der Tatsachenhypothese, daß ein Baum geschüttelt wurde, die Tatsache, daß ein Apfel herunterfiel, unter dem generellen, durch Erfahrung gesicherten Satz, daß ein Apfel herunterfällt, wenn man den Baum, an dem er hängt, schüttelt 49 . Ähnlich formulierte Hobart, 42 z.B. i n (1925), S . 9 f f . ; Droysen trennte allerdings noch das Erkennen (philosophisch) v o m Verstehen (historisch) u n d k a m zu einer dreigeteilten Methodenlehre. 4 3 Vgl. die Grundlagen i n (1922), insbesondere Vorrede u n d S. 4 ff., 116 ff. 44 Vgl. Droysen (1925), S. 10: Der A k t des Verständnisses . . . „erfolgt unter den dargelegten Bedingungen als unmittelbare I n t u i t i o n , als tauche sich Seele i n Seele, schöpferisch w i e das Empfängnis i n der Begattung." — Vgl. auch Simmel (1907), S. 29: „Das Verstehen eines ausgesprochenen Satzes besagt, daß die Seelenvorgänge des Sprechenden, die i n die Worte ausliefen, durch eben diese auch i m Hörer erregt werden; sobald eine wesentliche Differenz zwischen den Vorstellungen beider Personen stattfindet, ist das von einem zum anderen gehende W o r t entweder mißverstanden oder u n verstanden." — Vgl. die Gegenposition Wittgensteins i n (1963 c), § 454.

45 Vgl. Winch (1958), Kap. I I ; von Wright Apel (1973 b).

(1971 a), S. 6 und (1972 b), S. 51 ff.;

46 Seit Dray (1957), Kap. I ist auch die Bezeichnung „Covering L a w " M o d e l l üblich. 4 ? Mill (1968), Drittes Buch, Kap. X I I §1, S. 179 i n B a n d 3; die U n t e r suchungen Humes betrafen noch singulare Kausalsätze.

4

® Ducasse (1968), S. 37. » Ducasse (1968), S. 37.

4

24

1. Einleitung

daß ein Geschehen erklären, heiße: zeigen, daß es sich so, wie es sich ereignete, auch ereignen mußte. "That means to exhibit i t as the effect of a cause, i n other words as a case of a l a w 5 0 . " Hempels Explikationsbegriff, der für die moderne Wissenschaftstheorie fundamental wurde, läßt sich dergestalt vereinfacht wiedergeben, daß eine (Einzel)tatsache erst dann erklärt sei, wenn sie unter eine allgemeine Gesetzeshypothese subsumiert ist 5 1 . Die Erklärung besteht somit i n einer logischen Ableitung. W i l l man beantworten, warum ein als E beschriebenes Ereignis i n einer bestimmten raumzeitlichen Situation geschah, so zieht man zur Erklärung eine Reihe anderer Ereignisse C i . . , Cm und ein oder mehrere allgemeine Gesetze G i . . , Gn heran. Wenn das Vorkommen von E (Explanandum) aus der gesetzmäßigen Verknüpfung von E und C i . . , Cm unter G i . . , G w , sowie dem Vorliegen von C i . . , Cm i n einer raum-zeitlichen Situation logisch folgt 5 2 , so ist das Explanandum i n zweierlei Hinsicht erklärt: Z u m einen w i r d gesagt, warum das Explanandum notwendigerweise eintreten mußte — die Gültigkeit des Gesetzes und die Wahrheit der Antecedensdaten unterstellt 5 3 —; zum zweiten w i r d auch mitgeteilt, warum das Explanandum zu erwarten war (es mußte j a eintreten) 54 . Hierbei ist zu bemerken, daß das Explanandum nicht das Ereignis E selbst, sondern der das Ereignis beschreibende Satz ist 5 5 . Des weiteren, daß die Erklärung mit Hilfe zweier Klassen von Sätzen gegeben w i r d : zum einen die die Antecedensdaten beschreibenden Sätze C i . . , C m, zum zweiten die Menge der allgemeinen Gesetze G i . . , G n . Üblicherweise faßt man die Antecedensbedingungen und die Gesetzeshypothesen unter dem Begriff des Explanans zusammen 56 . ßo Hobart (1930), S. 300. Vgl. Hempel (1965 a); Nagel (1961), S.30ff.; Donogan (1957), S. 146 ff. — Dieses Schema w u r d e zuvor schon v o n Popper (1973), S. 31 ff., entwickelt. — Hempel (1965 b), S. 347 ff. — sowie i n Hempel / Oppenheim (1965), S. 250 — beschränkt sein „Covering L a w " - M o d e l l , i m Gegensatz zu Popper (1973), nicht auf Kausalerklärungen. Dies hängt freilich auch eng m i t der Frage zusammen, w i e m a n Kausalerklärungen überhaupt definiert, vgl. Stegmüller (1974), S. 533, A n m . 10. 52 Dient das Schema einer statistischen Erklärung, so w i r d die logische Folgebeziehung durch ein induktives A r g u m e n t ersetzt. 53 Z u den Bedingungen einer korrekten E r k l ä r u n g i m einzelnen vgl.: Hempel / Oppenheim (1965); Pap (1955), S. 158 ff.; Stegmüller (1974), S. 86 ff. 54 Vgl. Pap (1955), S. 155; Popper (1973), S. 32 u n d (1975), S. 324 f.; von Wright (1971 a), S. 13 f. 55 Vgl. Hempel / Oppenheim (1965), S. 247. 56 Vgl. Hempel (1965 a), S. 232 u n d Hempel / Oppenheim (1965), S. 247; anders von Wright (1971 a), S. 10 ff., der n u r die Antecedensdaten Explanans nennt, u m so Tatsachenfeststellungen (Explanans u n d Explanandum) von allgemeinen Gesetzen k l a r abzuheben. — Da eine vollständige Angabe der zur E r k l ä r u n g notwendigen Antecedensbedingungen u n d Gesetze oft nicht

1.2 Zwei Strömungen

25

Für den i n der vorliegenden Untersuchung relevanten Fragenbereich ist das Gesetzesschema der Erklärung insoweit von Interesse, als seine Verfechter dessen Gültigkeit auch für die Anwendung auf menschliche Verhaltensweisen behaupten 57 . Zunächst sei jedoch noch ein Wort zur Erklärung zielgerichteten Verhaltens gesagt. Von typischen Kausalerklärungen; bei denen die Antecedensbedingungen zeitlich vor dem Explanandum liegen, kann man Erklärungen unterscheiden, bei denen ein Ereignis durch die Angabe eines Zweckes unter Bezugnahme auf eine Gesetzeshyppthese erklärt w i r d 5 8 . (z.B.: „Das Herz schlägt, damit das B l u t i m Kreislauf zirkuliert.") Die Erforschung dieser Zielgerichtetheit ist für Verhaltenserklärungen von großer Bedeutung. Durch das von Rosenblueth, Wiener und Bigelow angeregte kybernetische Modell, i n dem Zielgerichtetheit durch eine Verkettung von Kausalsystemen erklärt wird, gelang es, das deduktiv-nomologische Schema mit Hilfe eines höheren Komplexitätsgrades für die — insbesondere biologische — Zielgerichtetheit fruchtbar zu machen 59 . Zweckhaftes Verhalten w i r d gleichbedeutend m i t Verhalten gesetzt, das durch negatives Feedback kontrolliert w i r d : " I n classifying behavior the term 'teleology' was used as synonymous w i t h 'purpose controlled by feedback'®0." Zwar erlaubt es das teleonome Modell, ein Verhalten um eines Zieles w i l l e n zu erfassen, aber es besteht weitgehend Einigkeit darüber, daß die Teleonomie auf Kausalerklärungen reduziert werden k a n n e i . Die Teleonomie nimmt also i m Bereich wissenschaftlicher Erklärung keine Sonderstellung ein. möglich ist, spricht Hempel i n diesem F a l l von „Skizzen" der Erklärung, vgl. Hempel (1965 a). 57 Vgl. Grünbaum (1953), S. 7.66 ff.; Madell (1967), S.34ff.; Hempel I Oppenheim (1965), S. 251 ff.; Stegmüller (1974), S. 530 ff. «8 Vgl. Braithwaite (1968), S. 324. — Zunächst ist hier zu unterscheiden zwischen formaler u n d materialer Teleologie. Bei der ersteren geht es lediglich u m die Frage, ob eine Tatsache durch a-fronte- oder a-tergo-Daten erklärt w i r d , vgl. Stegmüller (1974), S. 526 ff. Die letztere soll terminologisch unterteilt werden i n teleonome Verhaltenserklärungen, d . h . Erklärungen durch Gesetze, u n d teleologische Verhaltenserklärungen, d . h . intentionale Erklärungen, vgl. Ayala (1970). 59 „Zielgerichtetheit" w i r d bei Rosenblueth / Wiener / Bigelow (1942/43), S. 23 f., verstanden als durch „ t r i a l and error" kontrollierte Reaktionen; von Klaus w i r d eine solche Zielgerichtetheit f ü r menschliches Verhalten wegen der Bedeutung des Wissens f ü r unwesentlich angesehen, vgl. Klaus (1961), S. 242 f. — Vgl. hierzu auch von Wright (1971 a), S. 15 ff. «o Rosenblueth / Wiener / Bigelow (1942/43), S. 23. « Vgl. z.B. Braithwaite (1968), S. 325, 328ff.; Nagel (1961), S. 401 ff., insbes. S. 421, 428; Stegmüller (1974), S. 559 ff., 585 ff.; Ducasse (1968), S. 41. — Ayala (1970), S. 11 f., bejaht die Möglichkeit der Reduktion, fügt aber hinzu: " A teleological explanation implies that the system under consideration is directively organized." — Ebenso ist w o h l auch Russell (1952), S. 47 zu verstehen. — Vgl. auch Klaus (1961), S. 290 ff., insbes. S. 304 f.: die lineare Kausalkette w i r d zu einem Spezialfall, aber Ursache bleibt Ursache.

26

1. Einleitung

Es erscheint förderlich, zielgerichtetes Verhalten weiter zu unterteilen. Ayala hat i n dieser Richtung einen Weg gewiesen. Er gliedert finales Verhalten i n drei Gruppen: (1) Das Ziel oder der Endzustand werden von dem Handelnden bewußt antizipiert; (2) das Verhalten steht i m Zusammenhang m i t selbstregulierenden Systemen; (3) das Verhalten bezieht sich auf Strukturen, die anatomisch oder physiologisch dazu bestimmt sind, gewisse Funktionen zu erfüllen (die Hand zum Greifen, das Auge zum Sehen usw.) 62 . Die Frage, die sich nun stellt, lautet, ob auch zielgerichtetes Verhalten (1) kausal — i n einem weiten Sinne, unter Einschluß statistischer Hypothesen — erklärt werden kann, oder ob es eine eigene, teleologische oder intentionale Erklärungsart erfordert. Verfechter des wissenschaftlichen Monimus halten, wie schon gesagt, eine Reduktion für prinzipiell möglich. Soweit Intentionen und Motive i n die Erklärung von Handlungen eingehen, werden sie nicht als Antizipationen zukünftiger Ereignisse, die i n die Gegenwart hineinwirken, interpretiert. Das Eintreten intendierter Ziele sei ohnehin ungewiß und könne Gegenwärtiges nicht bewegen. Vielmehr werden Motive, Intentionen und kognitive Einstellungen des Handelnden als kausale Antecedensdaten angesehen, die Ursachen gleichstehen können6®. Dieses, wie oft gesagt wird, naturwissenschaftliche Erkenntnisinteresse an der Erklärung menschlichen Verhaltens hat sich dem geisteswissenschaftlichen Einwand zu stellen, daß das Verstehen von Handlungen aus Intentionen methodologisch an der Erfassung von Sinnkriterien auszurichten sei; dies kommt der Behauptung der Inadäquanz von Handlungsverstehen aus Gründen und Erklärung aus Ursachen gleich 64 . Dem Einwand wird, bei bleibender Grundhaltung, unterschiedlich begegnet: Dem Verstehen w i r d ein eigenständiger wissenschaftlicher Charakter abgesprochen. Neuraths scharfe Bemerkung ist durchaus repräsentativ: „Einfühlen, Verstehen und Ähnliches mag den Forscher fördern, es geht aber i n die Aussagengesamtheit der Wissen«2 Vgl. Ayala (1970), S. 9; ähnlich unterteilt Stegmüller die materiale Teleologie i n echte materiale Teleologie (zielintendiertes Verhalten) u n d scheinbare materiale Teleologie (Logik der Funktionsanalyse u n d S t r u k t u r teleologischer Automismen), vgl. Stegmüller (1974), S. 526. es Der Begriff der Ursache ist hier i n einer alltagssprachlichen Bedeutung der relevanten Antecedensbedingungen zu verstehen. — Vgl. Hempel ! Oppenheim (1965), S.254; Stegmüller (1974), S. 530 ff. u n d (1965 a), S.457f. 64 Die Begriffe „naturwissenschaftliches" u n d „geisteswissenschaftliches Erkenntnisinteresse" sind hier nicht i m Sinne einer Dichotomie gemeint. Soweit eine Theorie, aus welchem Gebiet auch immer, beansprucht, „wissenschaftlich" zu sein, ist sie an wissenschaftstheoretischen Maßstäben zu messen. Zudem sagt Albert (1975), S. 42, zutreffend: „Überdies sind i n die Begriffsapparate moderner Theorien unzweifelhaft Ideen der griechischen N a t u r philosophie eingegangen u n d haben dort die Fragestellungen mitbestimmt."

1.2 Zwei Strömungen

27

schaft ebensowenig ein, wie ein guter Kaffee, der den Gelehrten bei seiner Arbeit förderte 6 5 ." Hempel bemerkt zwar den heuristischen Wert des Verstehens, veranschlagt ihn aber gering 6 6 . Bei der Erklärung der Verhaltensweisen Geisteskranker oder Angehöriger fremder K u l t u r e n müsse der Forscher auf allgemeine Prinzipien zurückgreifen, ohne zu einem einfühlenden Verstehen fähig zu sein 67 . Zudem biete das Verstehen keine hinreichende Garantie der Exaktheit, weil man oft jemanden zu verstehen glaube, obgleich man ihn vollkommen falsch einschätze 68 . U m dies zu vermeiden, müsse die Handlungserklärung — von der Sprache und der Methode her — sich erst vom Gegenstand der Erklärung lösen und dann wieder mit dem Rüstzeug objektivierender Betrachtung nähern. Welche Methode als wissenschaftlich exakt anzusehen ist, ist m. E. eine Frage der Entscheidung, und insoweit verläßt der Streit selbst die Grenzen der Uberprüfbarkeit. A l l e i n ausschlaggebend für die Beantwortung der Frage, ob das Covering Law-Modell der Erklärung für Handlungen anwendbar ist oder nicht, scheint m i r die Beantwortung der Vorfrage zu sein, ob Intentionen und Motive auf Ursachen reduziert werden können oder nicht. Diesem Problem soll i m vierten A b schnitt der Untersuchung nachgegangen werden. 122 Intentionale

Tendenzen

Auch bei der historischen Erklärung, so behauptet Popper, werde auf Gesetze Bezug genommen, dies jedoch nur implizit, da die relevanten Gesetze zu t r i v i a l und allgemein seien, um für Forscher „je ein ernsthaftes Problem darzustellen oder um ihre Aufmerksamkeit zu erregen" 69 . Hierauf antwortet Dray 7 0 , daß es nicht Trivialität oder pure Selbstverständlichkeit sei, die den Historiker von einer subsumtionstheoretischen Erklärung abhielten, sondern daß geschichtliche Erklärung i n der Regel überhaupt keinen Bezug auf Gesetze nehme. Es gehe vielmehr darum, Handlungen durch Gründe zu erklären, d. h. die A n gemessenheit der Handlung i m Hinblick auf die gegebenen Umstände es Neurath (1931), S. 56. 66 Vgl. Hempel (1965 a), S. 239 f., u n d Hempel / Oppenheim (1965), S. 256 f. 67 Vgl. Hempel / Oppenheim (1965), S. 258; Ryan (1970), S. 159 ff. u n d Jarvie (1974), T e i l 12, i n ihrer Auseinandersetzung m i t Winchs Position. — Vgl. auch meine Stellungnahme zu A b e l u n d Stegmüller i n Kap. 4.6. 68 Vgl. Hempel / Oppenheim (1965), S. 258; Neurath (1931), S. 56: „ F ü r diese poetische Tätigkeit gibt es keine Kontrolle, . . . " 69 Popper (1975), S. 327; vgl. hierzu auch Ryan (1970), S. 111 f. 70 Vgl. Dray (1957); zu anderen Gegenstimmen, insbesondere der Anhänger Ryles, vgl. Donogan (1957), S. 152 ff.

28

1. Einleitung

aufzuzeigen. Soweit die Gründe des Handelnden, d. h. seine Intentionen und seine kognitive Einstellung, unter Berücksichtigung der gegebenen Information vernünftig erschienen, könnten w i r sie als rational verstehen. Diese Rationalität ist relativ, da sie die Einschätzung der Lage durch den Handelnden sowie seine Zielsetzung als gegebene Fakten ansieht. Dray verlagert also das Schwergewicht der Handlungserklärung von Gesetzeshypothesen bzw. Erklärungsskizzen i m Sinne Hempels auf das Verstehen der guten Gründe des Handelnden selbst. „Grund" ist hierbei nicht theoretisch, sondern pragmatisch charakterisiert. Für den Handelnden sind seine Gründe nicht die „Ursachen" seines Tuns; infolgedessen muß ein angestrebtes Verständnis von Handlungen diese inneren Momente berücksichtigen — und zwar über die Brücke der Rationalität — und darf nicht den Weg über die Äußerlichkeit allgemeiner Gesetze wählen. Da Dray auch von einem Einfühlen i n den Handelnden spricht, kann man seine Theorie als eine rationale Variante der Verstehensmethode bezeichnen 71 . Genauer läßt sich Drays Ansatz dahingehend charakterisieren, daß er den Handelnden i n die Rolle des Rechtfertigenden drängt. ,Warum hast du das und das getan?' ist dann nicht mehr die Frage nach den Ursachen, auf die Wirkungen folgten, sondern die nach den rationalen Kriterien. „War es angemessen, das und das zu tun?" oder „Mußtest du unter den und den Umständen so handeln 72?" Wie andere Verstehenstheoretiker betont auch Dray das „Vorurteil" des Erklärenden, das durch die Einsicht i n neue Daten langsam eine Selbstkorrektur erfahre 7 3 . I n Abwandlung einer Bemerkung Stegmüllers ließe sich sagen, daß weder der Sinn einer Handlung ein feststehendes Faktum sei, noch dieses Faktum von dem theoretischen Hintergrundswissen des Interpreten methodisch getrennt werden könne 7 4 . Gegen Drays Ansatz lassen sich gewichtige Einwände vorbringen. So arbeitet Dray nicht heraus, daß es eine Reihe von miteinander verträglichen rationalen Entscheidungsprinzipien gibt, die nicht alle auf die Form: „When i n a Situation of type C\.., Cn the thing to do is x " 7 5 zu reduzieren sind, wie Dray es nahelegt7®. Auch der Vorwurf, Dray vermische deskriptive und normative Elemente i n seinem Erklärungsschema der Rationalität, ist insoweit berechtigt, als der Begriff ,rational 4 doppeldeutig ist. „Wenn man eine Handlung als rational bezeichVgl. Dray (1957), S. 118 ff. 72 Vgl. Dray (1957), S. 122 ff.; vgl. auch Abelson (1965), 541 ff. 73 Vgl. Dray (1957), S. 137 ff. 74 Vgl. Stegmüller (1975 b), S. 85. 7« Dray (1957), S. 132. 76 Hiergegen richtet sich insbesondere die K r i t i k Stegmüllers i n (1974), S. 395.

1.2 Zwei Strömungen

29

net, so kann diese Behauptung entweder eine empirische Hypothese beinhalten oder eine kritische Beurteilung 7 7 ." Den entscheidenden Punkt berührt von Wright, wenn er sagt: " B u t he (erg. Dray) obscures his own point unnecessarily by t r y i n g to find these peculiarities i n an element of valuation rather than i n a type of teleology 7 8 ." Dies beachtend suchten i n der Folgezeit Nichtkausalisten auch nicht nach normativen, sondern nach teleologischen Kriterien, u m Handlungserklärungen von Kausalerklärungen absondern zu können. Dies heißt aber nicht, daß man das Element der Rationalität nicht weiterhin zum Verstehen von Handlungen heranziehen könne. Für Winch z. B. sind rationale Erwägungen nicht i m Lichte von Entscheidungsprinzipien zu sehen, die m i t dem deduktiv-nomologischen Erklärungsschema konkurrieren, sondern i m Zusammenhang m i t den gesellschaftlichen Standards für vernünftiges Handeln7®. U m überlegtes Handeln verstehen zu können, so behauptet Winch i m Anschluß an den späten Wittgenstein, müssen w i r versuchen, zumindest partiell an den Konventionen, die für den Handelnden gelten, teilzuhaben. Auch dieser Weg ist insoweit innerlich, als er gesetzesartige Aussagen für das Handlungsverstehen als inadäquat meidet. Allerdings heißt »verstehen' für Winch nicht psychologisches Einfühlen, sondern Partizipation an den kommunikativen Regeln i m Rahmen gesellschaftlicher Interaktionsmuster. Der Interpret muß fähig sein, die Begriffe des Handelnden selbst anwenden zu können. Denn »verstehen 4 bedeutet i m Wittgensteinschen Sinne, die Beherrschung kommunikativer K o n ventionen durch regelgemäßes Verhalten auszuweisen. Schlagwortartig könnte man sagen, daß Winch das psychologische Verstehen linguistisch-pragmatisch umdeutet. Diese Tendenz der sprachanalytischen Philosophen, sich dem Verstehen von einer semantischen Seite her zu nähern, führte auch zu einer Beschäftigung m i t der kontinentalen Philosophie 80 . Allerdings darf man sich durch den Gleichklang vieler Begriffe, wie z. B. Lebensform und Lebenswelt, nicht verwirren lassen und von einer Konvergenz der sprachanalytischen und der phänomenologischen Richtung sprechen. Austins und Wittgensteins Widerlegung der SinnesdatenTheorien und Wittgensteins Sprachspielmodell gehen von der Negierung des privaten phänomenalen Datums aus, und diese Leugnung macht ein Essentiale des ordinary language philosopher aus 81 . 77 Stegmüller (1974), S. 383. 78 von Wright (1971 a), S. 26. 7® Vgl. Winch (1958), S. 82; hierzu auch Habermas (1967), S. 124 ff., 136 ff. so Vgl. z.B. Danto (1976); Ch. Taylor (1971a); Yolton (1966), Abschn. I, S. 14 ff.; Bernstein (1975). 8i Vgl. dagegen die Intentionalanalyse Husserls, nach der j a gerade jeder

30

1. Einleitung

Das Bemühen, Handlungen unter semantischen Aspekten zu analysieren, führte zu einer Reihe interessanter Ergebnisse. Fundamentale Bedeutung erlangten Anscombes Untersuchungen zur begrifflichen Erfassung der Intention 8 2 , insbesondere ihr Nachweis, daß Intentionen sich m i t ihren Objekten verändern, die als Ergebnisse i n eine Handlungszuschreibung aufgenommen werden, d. h. daß sie relativ unter einer Beschreibung sind. Als ein Beispiel für die weitreichenden Folgerungen, die aus dieser Entdeckung gezogen wurden, sei genannt, daß Maclntyre dann von einem Ereignis als einer Handlung spricht, wenn das Ereignis „under some description which is socially recognizable as the description of an action" fällt 8 5 , weil „an agent can do only what he can describe" 84 . Hampshire verdeutlicht den engen Zusammenhang von sprachlichen Regeln und Intentionen so: " I f there is a use of a language, there must be the intention to follow a Convention or rule 8 5 ." "Every Convention or rule that I accept is an intention that I declare 86 ." Des weiteren zeigte man auf, daß die Beziehung zwischen Intentionen und Motiven einerseits und ihren Objekten andererseits eine logische ist und daher das Muster von Ursache und Wirkung, dessen distinktives Merkmal das einer kontingenten Verknüpfung ist, auf teleologische Handlungserklärungen nicht anwendbar ist 8 7 . Auch hier konnten die Handlungistheoretiker auf den Vorarbeiten von Ryle und Wittgenstein aufbauen. Die Beschreibung von Handlungen verlangt mehr als die Beschreibung von Bewegungen organischer Körper i n Zeit und Raum, da sie auch die Intentionen und Motive der Handelnden aufzunehmen hat. Motive und Intentionen sind aber keine diskreten physikalischen Ereignisse, so daß eine Handlung nicht als W i r k u n g einer verursachenden Intention aufgefaßt werden kann 8 8 . Große Bedeutung erlangte i n der Handlungsdiskussion auch der von Anscombe i m Anschluß an Aristoteles wiederauf'gegriffene praktische Syllogismus, der von Autoren wie z. B. Hare, Kenny und insbesondere von Wright ausgearbeitet und weiterentwickelt wurde. Der praktische Gegenstand auf eine korrelative Wesensform der Intentionalität zurückweist, hierzu Claesges (1976) Sp. 474. 82 Vgl. Anscombe (1957) u n d (1968 b). 83 Maclntyre (1962), S. 58. 84 Maclntyre (1962). S. 59. 85 Hampshire (1959), S. 136. 8® Hampshire (1959), S. 99. 87 Vgl. z . B . Abelson (1965), S. 540ff.; Kenny (1963); Melden (1961 a), (1961 b) u n d (1968); R. Taylor (1966); Thalberg (1967) u n d (1972); Ryan (1970), S. 130 ff. 88 Vgl. Anscombe (1957), S. 19 u n d (1968 b); Melden (1961 a), Kap. 5, 8, 9, 10 u n d 11; Peters (1958), S. 27 ff., 12; R. Taylor (1966), S. 120 ff., 139 ff.

1.2 Zwei Strömungen

31

Schluß w i r d heute von vielen Intentionalisten dem Covering L a w Modell der Kausalisten als das für das Verstehen menschlichen Handelns allein adäquate Schema gegenübergestellt.

2. Einige sprachphilosophische Akzente 2.1 Die Wegweiser Ludwig Wittgensteins I n der sprachiamalytischen Diskussion u m den Begriff und das Verstehen von Handlungen werden zahlreiche Selbstverständlichkeiten meist stillschweigend vorausgesetzt, die jemandem, der dieser philosophischen Richtung nicht folgt, höchst suspekt erscheinen können. Insbesondere wäre hier der cartesische Dualismus von Geist und Körper zu nennen, der nur selten von Analytikern ernsthaft vertreten wird, dagegen i n der deutschen Strafrechtswissenschaft (in Modifikationen) als Grundannahme i n allen wichtigen Lehrbüchern zu finden ist. Bei so viel Selbstverständlichem i n beiden Bereichen erscheint es sinnvoll, den Gang der Untersuchung nicht durch eine ständige Rückkehr zu den Quellen zu belasten, sondern einige allgemein wichtige Probleme vor die Klammer zu ziehen. U n d da nahezu alle wichtigen Probleme der Handlungstheorie zumindest ansatzweise i n Wittgensteins Schriften zur Sprache kommen, können sie uns als Wegweiser dienen. Vor solchen Wegweisern w i r d man allerdings oft kopfschüttelnd stehen, da sie keinen geraden oder doch zumindest an einem konkreten Ziel orientierten Weg anzudeuten scheinen. Freilich kann i m folgenden die Wittgensteinsche Philosophie auch nicht ansatzweise ausgeschöpft werden. Hierfür bietet das der Untersuchung gesteckte Ziel auch nicht annähernd den erforderlichen Raum. Vielmehr liegt m i r an einer Kurzfassung der Stellen, die für die Handlungstheorie grundsätzliche Bedeutung erlangten. Die Darstellung ist i n einige Problembereiche gegliedert, ohne daß diese Bereiche voneinander isoliert werden könnten. Eine Einteilung Wittgensteinscher Gedanken i n Kapitel ist ein Ding der Unmöglichkeit. Wie bei einem hermeneutischen Zirkel muß man stetig vom Teil auf das Ganze und vom Ganzen auf die Teile schließen 1 . Wittgensteins Frühphilosophie 2 , wie sie sich uns i m „Tractatus" und i n den „Tagebüchern" darstellt, betont radikal die abbildende Funktion der Sprache. Sätze, die nicht nach dem Schema der Isomorphie 1 Dieser treffende Vergleich stammt von Stegmüller (1965 a), S. 662 f. Z u Wittgensteins philosophischer E n t w i c k l u n g vgl. Engelmann (1970), Malcolm (1958), Kenny (1973), Pears (1971), S. 1 - 1 8 , Specht (1963), S. 12 ff., von Wright (1958). 2

2.1 Die Wegweiser Ludwig Wittgensteins

33

das, was der Fall sein kann, wiedergeben, werden i n den Bereich des Unsagbaren verwiesen 3 . Dem liegt die Idee zugrunde, daß alles Denken auf isomorphes Abbilden zielt 4 . Aufgabe der Philosophie ist es, „das bestreitbare Gebiet der Naturwissenschaft" zu begrenzen. „Sie soll das Denkbare abgrenzen u n d damit das Undenkbare. Sie soll das Undenkbare von innen durch das Denkbare begrenzen." „Sie w i r d das Unsagbare bedeuten, indem sie das Sagbare k l a r darstellt 5 ."

Diese Theorie lieferte, wenn man es einmal überspitzt formuliert, die metaphysische Begründung des logischen Positivismus — metaphysisch, weil die Sätze des „Tractatus" selbst dem Unsagbaren angehören und lediglich eine Erläuterungsfunktion haben — und mündet i n eine Selbstaufhebung der Philosophie. Wittgenstein brach konsequenterweise nach der Fertigstellung des Tractats seine philosophischen Bemühungen ab 6 . Erst i m Jahre 1929 kehrte er, von einigen Zweifeln an seiner früheren Lehre getrieben, nach Cambridge zurück und begann i n einer sehr produktiven Anfangsphase seine früheren Anschauungen langsam zu destruieren 7 . Insbesondere die Betonung der abbildenden Funktion der Sprache kanzelte er als einseitige Diät und Verwirrung des Verstandes durch die Oberfläche der Sprache ab. Seine neue Gebrauchstheorie der Bedeutung fand ihre letzte Fassung i n den posthum veröffentlichten „Philosophischen Untersuchungenüber die Strawson schreibt: " I t w i l l consolidate the philosophical révolution for which, more than anyone eise, its author was responsible 8 ." 211

Subjektivität

Die Thesen der „Philosophischen Untersuchungen" stehen nicht nur, wie es das Vorwort nahelegt, antithetisch zu den Ausführungen des 3 Wittgenstein w a r allerdings insoweit k e i n Positivist, als er den Wert von E t h i k u n d Ä s t h e t i k hoch einschätzte. Aus seinen Briefen an Engelmann ist zu entnehmen, daß er gerade die E t h i k vor den Ubergriffen der N a t u r wissenschaft bewahren wollte, indem er diese durch das Sagbare begrenzte, vgl. Engelmann (1970). Diese Spannung zwischen wissenschaftlicher E x a k t h e i t u n d Offenheit f ü r die Sinnfrage, die das gesamte Werk Wittgensteins charakterisiert, mag zum G u t t e i l die Faszination, die dieser Philosoph ausstrahlt, erklären. 4 Vgl. Wittgenstein (1963 a), Satz 3.001. s Wittgenstein (1963 a), Sätze 4.113, 4.114, 4.115. 6 Vgl. oben A n m . 2. 7 Bis auf „Some Remarks on Logical F o r m " veröffentlichte Wittgenstein nichts mehr zu Lebzeiten. Die Hauptschriften der „ m i t t l e r e n Phase" w u r d e n posthum ediert. 8 Strawson (1968), S. 64; Lenk (1967), S. 458 f., stellt die unterschiedlichen Reaktionen auf die „Philosophische Untersuchungen" schlagwortartig zusammen.

3 Kindhäuser

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2. Einige sprachphilosophische Akzente

„Tractatus". Beide Werke verbindet die Grundauffassung, daß w i r den sprachlichen Raum, i n dem sich die Wirklichkeit widerspiegelt, nicht verlassen können. I n beiden Perioden galt das Wittgensteinsche Interesse der Aufgabe, Grenze und Form der Sprache aufzuzeigen, innerhalb derer sinnvolle Aussagen möglich seien 9 . Z u m Unaussprechlichen gehört i m Tractat der Bereich der Subjektivität. Subjektivität bezieht sich, ähnlich wie bei Kant, auf die Form der Erfahrung i n einem transzendentalen Sinne 10 . Die Form der Erfahrung ist sprachlich, wobei — unter Zugrundelegung der Theorie des logischen Atomismus 1 1 — die innere Struktur der Sprache nach der Relation der Isomorphie die innere Struktur der Wirklichkeit zeigt 12 . Dieses innere Zeigen beruht auf der kategorialen Gleichheit (der Form der Abbildung) von B i l d und Vorbild 1 3 . Während die Form der Erfahrung durch die innere Struktur der Sprache, die die Form der logisch möglichen Welten widerspiegelt, gezeigt wird, zeigt sich (im Sinne eines äußeren Zeigens) der Inhalt der Erfahrung an der äußeren Struktur des deskriptiven Satzes. W i r können den Sinn eines Satzes an seiner äußeren Struktur ablesen, weil der Satz die äußere Struktur der Wirklichkeit isomorph abbildet 1 4 . 0 Vgl. Roche (1973), S.42; Stenius (1969), Kap. X I , u n d Pears (1971), Kap. V, die die Verbindungslinie zu K a n t ziehen; Kenny (1973), S. 219 ff., zeigt die Gemeinsamkeiten v o n F r ü h - u n d Spätwerk auf. io Vgl. Pears (1971), S. 46 f.; zur Problematik des Begriffs „ F o r m " i m Tractat vgl. Stenius (1969), S. 143 f. — Z u Wittgenstein als „ K a n t i a n e r " vgl. auch Stegmüller (1965 a), S. 554 ff. u n d (1965 b), S. 136 ff. Schlagwortartig könnte m a n unter diesem Begriff ein ontologisches Modell der Welt, die aus einer Gesamtheit unabhängiger, elementarer T a t sachen gebildet w i r d , verstehen. Die meisten Sätze des „Tractatus" lassen darauf schließen, daß Wittgenstein von einer festliegenden, also absoluten. Zerfällung der Welt als Tatsache i n Einzeltatsachen ausgeht. — Vgl. auch Kap. 3.3. 12 Den Bildbegriff m i t H i l f e der Isomorphie hat Stenius (1969), Kap. V I , herausgearbeitet; vgl. zu einer ausführlichen Darstellung auch von Kutschera (1971), S. 138, u n d Stegmüller (1970). 13 Stenius (1969) charakterisiert die „ F o r m der A b b i l d u n g " so: „Die »logische F o r m der Abbildung' ist die interne S t r u k t u r des Elementesystems, die ein »logisches4 B i l d u n d sein V o r b i l d i n bezug auf den Schlüssel gemeinsam haben müssen" (S. 135). — M i t „Schlüssel" ist die Interpretationsregel gemeint, nach der die Elemente der jeweils entsprechenden Kategorie von B i l d u n d Original zugeordnet werden, vgl. Wittgenstein (1963 a), Satz 2.17. — Vgl. auch Lorenz (1971), S. 69 ff. 14 Vgl. Kenny (1973), S.54ff.; Stegmüller (1965 a), S. 555. — Die „ F o r m der A b b i l d u n g " ist also unabhängig von der Wahrheit oder Falschheit eines Satzes, w e i l sie allen sinnvollen, d. h. deskriptiven, Sätzen als „kleinster gemeinsamer Nenner" eigen ist. Wahrheit u n d Falschheit hängen dagegen v o n der Wiedergabe der externen S t r u k t u r der W i r k l i c h k e i t ab. — Z u bemerken ist, daß m a n den I n h a l t nicht unabhängig von der F o r m denken kann.

2.1 Die Wegweiser Ludwig Wittgensteins

35

Die Annahme der kategorialen Gleichheit von B i l d und Original erlaubt es Wittgenstein, das Vorstellbare und Intelligible nicht mehr wie Kant als Unterklasse des logisch Möglichen zu sehen, sondern die theoretische Vernunft m i t dem logisch Möglichen zu identifizieren 15 . Damit zieht Wittgenstein m i t der Sprache die Grenze der theoretischen Vernunft 1 6 , und zwar m i t der sinnvollen Sprache, denn: „Der Gedanke ist der sinnvolle Satz" und „die Gesamtheit der Sätze ist die Sprache" 17 . Das Ich, das die Sprache gebraucht und versteht, w i r d so zum metaphysischen Subjekt, dia es nicht mehr Teil der beschreibbaren Welt ist und eigentlich nicht existiert, w e i l es transzendental ist 1 8 . „Das Subjekt gehört nicht zur Welt, sondern es ist eine Grenze der Welt." „ W o i n der Welt ist ein metaphysisches Subjekt zu merken? D u sagst, es verhält sich hier ganz, w i e m i t Auge u n d Gesichtsfeld. A b e r das Auge siehst d u w i r k l i c h nicht. U n d nichts a m Gesichtsfeld läßt darauf schließen, daß es v o n einem Auge gesehen w i r d 1 9 . "

Hiervon ist das empirische Ich zu unterscheiden: Dieses Ich ist Gegenstand der Erfahrungswelt und Teil der i n der Sprache beschreibbaren Wirklichkeit 2 0 . Auch i n den „Philosophischen Untersuchungen" w i r d das Ich zur Grenzziehung der Subjektivität angeführt, und zwar i m Hinblick auf die Unterscheidung zwischen m i r und anderen Personen. Grundlegend w i r d diese Differenzierung für den Gebrauch mentaler Begriffe i n der ersten und dritten Person. Das subjektiv gebrauchte ,Ich' benennt keine Person, sondern mich. Wenn ich sage: ,Ich habe Schmerzen4, dann w i l l ich nicht auf eine Person hinweisen, die Schmerzen hat, sondern auf „mich" 2 1 .

iß Vgl. Stegmüller (1965 b), S. 137; die kategoriale Gleichheit von B i l d u n d Original erlaubt keine synthetischen Sätze apriori. Die Sprache selbst ist j a ein B i l d der logisch möglichen Welten. 16 Stenius (1969), S. 285, 287 ff., spricht insoweit von einem „transzendentalen Lingualismus"; vgl. hierzu auch Habermas (1967), S. 126 ff. 17 Wittgenstein (1963 a), Sätze 4. u n d 4.001. 18 Vgl. Pears (1971), S. 75 f. 19 Wittgenstein (1963 a), Sätze 5.632 u n d 5.633. Das „ I c h " existiert insoweit nicht, als es nicht m i t anderen Gegenständen konfigurierbar ist, vgl. Pitcher (1964), S. 147. Da ein solches „ I c h " ein ausdehnungsloser P u n k t ist, f ä l l t der Idealismus m i t dem reinen Realismus zusammen, vgl. Wittgenstein (1963 a), Satz 5.64. — Vgl. hierzu auch Lübbe (1960/61), S. 232, der auf ein Parallelbeispiel bei Mach hinweist. 20 Vgl. Wittgenstein (1963 a), Satz 5.641. 21 Vgl. Wittgenstein (1963 c), §§404, 410; dieses Problem beschäftigte W i t t genstein schon zu Beginn seiner Rückkehr nach Cambridge; vgl. auch den Hinweis auf die Vorlesungsmitschrift von Moore bei Specht (1963), S. 17. — Vgl. auch Pitcher (1964), S. 283 f.; Scholz (1969), S. 90 f.



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2. Einige sprachphilosophische Akzente V o n dem Subjektgebrauch

des Ausdrucks ,Ich' unterscheidet W i t t -

genstein den Objektgebrauch . ,Mein A r m ist gebrochen' oder ,Ich bin zwei Zentimeter gewachsen' sind Beispiele für den Objektgebrauch; dagegen verdeutlichen Sätze wie: ,Ich versuche meinen A r m zu heben' oder ,Ich sehe so und so' den Subjektgebrauch. „ M a n k a n n auf den Unterschied zwischen diesen beiden Kategorien h i n weisen, indem m a n sagt: Die Fälle der ersten Kategorie machen es erforderlich, daß m a n eine bestimmte Person erkennt, u n d i n diesen Fällen besteht die Möglichkeit des I r r t u m s . . .22."

Andererseits geht es nicht u m das Problem, eine Person zu erkennen, wenn ich sage: ,Ich habe Schmerzen 23 .' Das außerhalb von Definitionen stehende Ich, das nicht objektiviert werden kann, ähnelt dem transzendenten I i n der Sozialphilosophie Meads. Mead stellt diesem nicht determinierten und aktiven Ich (I) das Ich (me) gegenüber, das gesellschaftlich definiert und vom Selbst als Objekt erfahren w i r d 2 4 . 2.12 Bedeutung

und Regeln

Der Tractatus-These, daß die Bedeutung eines Wortes m i t dem Gegenstand, den es bezeichnet, identisch sei, setzte Wittgenstein in den „Untersuchungen " eine Bedeutungstheorie entgegen, die üblicherweise als Gebrauchstheorie definiert w i r d 2 5 . Allerdings sind beide Begriffe, ,Bedeutung' und ,Gebrauch', so unklar, daß sich die These, die Bedeutung eines Wortes liege i n seinem Gebrauch, zunächst nur negativ bestimmen läßt 2 6 : ,Bedeutung' ist weder mit einem benannten Gegenstand oder einer idealen Entität identisch, noch steht sie für psychische Phänomene. ,Bedeutung' ist, kurz gesagt, nicht etwas, das dem 22 Wittgenstein (1970 a), S. 106. 23 Vgl. Wittgenstein (1970 a), S. 107; ähnlich Wittgenstein (1970 c), §472. — Vgl. auch die Erörterung bei Yolton (1966), S. 15. 24 Vgl. Mead (1967), Kap. 22, 25, 27 u n d 35; diese Parallele w i r d auch gezogen von Apel (1973 c), S. 370 f. u n d Roche (1973), S. 43. — Auch i n der Behandlung der I n t e r s u b j e k t i v i t ä t treffen sich Mead und Wittgenstein. Während sich bei Mead die I n t e r s u b j e k t i v i t ä t aus der gegenseitigen E r w a r t u n g der Subjekte bei ihren Interaktionen herausbildet, gewinnen die Begriffe „leih" u n d „ D u " i m Lichte der Sprachspieltheorie ihre Bedeutung durch die E r w a r t u n g des einen und die Manifestation der Verstehensdisposit i o n des anderen Teilnehmers am Sprachspiel. 25 Vgl. Wittgenstein (1963 c), § 43. 26 Vgl. Lenk (1967), S. 462, 473. — Der Ausdruck »Gebrauch' k a n n sowohl für faktisch befolgte Wortverwendungen („usage") stehen, als auch für situationsbedingte Verwendungsweisen des Einzelfalls („use"). — ,Gebrauch' ist hier zu verstehen als die sprachlichen Standards entsprechende, korrekte Verwendungsweise eines Wortes. — Auch der Ausdruck ,Bedeutung' ist mehrdeutig. M a n denke etwa an Sätze w i e : „Die Bedeutung Ns für die Nachwelt" oder „Das Leben bedeutete i h m nicht viel".

2.1 Die Wegweiser Ludwig Wittgensteins

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Gebrauch eines Wortes noch hinzuzufügen wäre. Der Grundgedanke ist also die Ablösung einer realistischen Semantik durch eine Pragmatik. Als Beispiel sei erwähnt, daß die Bedeutung des Wortes ,Sokrates' nicht m i t der Person des Sokrates identisch sein kann, weil nach dem Tode des Sokrates der Name ,Sokrates' offensichtlich seine Bedeutung nicht verlor 2 7 . Häufig w i r d i n Wittgensteininterpretationen die Auffassung vertreten, die Bedeutung eines Ausdrucks hinge m i t der Leistung eines Wortes i m Sinne eines Instruments zusammen. Die Bedeutung eines Ausdrucks bestehe i n dem Effekt, der durch den Gebrauch des betreffenden Ausdrucks unter bestimmten Umständen i n einer bestimmten Weise erzielt werde 2 8 . Eine solch instrumentalistische Deutung der Gebrauchstheorie mag teilweise berechtigt sein, darf aber nicht verallgemeinert werden. Beispiele, i n denen Wittgenstein von Worten als Instrumenten spricht, verweisen oft auf perlokutionäre Sprechakte 29 . I n den meisten Fällen hat für Wittgenstein ein Wort dann Bedeutung, wenn es den Regeln eines Sprachspiels entsprechend geäußert w i r d und die Teilnehmer der Kommunikation ebenfalls regelmäßig reagieren können, d. h. wenn das Wort i n dem gegebenen Zusammenhang verständlich ist. Doch dazu später mehr. Neben der intentionalen Dimension der Kommunikation, der gegenseitigen Erwartung und Reaktion der Interaktionspartner, hat der Gebrauch der Sprache auch eine kognitive Dimension. Man spricht auch über die Welt. Wie ist dies m i t dem bloßen Gebrauch von Worten zu vereinbaren? Bei einem beliebigen Satz können w i r eine phrastische oder deskriptive Komponente 3 9 und eine neustische Komponente unterscheiden 31 ; z. B. haben die Sätze ,Die T ü r ist offen.', ,Ist die T ü r offen?' 27 Vgl. Wittgenstein (1963 c), §40; von Savigny (1974), S. 27 f.; Searle (1967), S. 117. 28 Vgl. Aiston (1964), S. 33 f. (der i m Anschluß an Wittgenstein eine Theorie entwickelt, die Wesentliches der späteren Theorie Searles vorwegnimmt); von Kutschera (1971), S. 256; Lübbe (1960/61), S. 229; von Savigny (1974), S. 72 ff.; Schnelle (1973), S. 173; Searle (1969 a), S. 146 ff. 29 z.B. i n Wittgenstein (1964), S. 59, (1969), S. 140 u n d (1963 c), §§6, 11, 421, 569; — Pitcher nennt Wittgensteins Behandlung der Sprechakte allerdings: „ . . . paying lip-service to this aspect . . . " , (1964), S. 239. — Gegen eine instrumentalistische Deutung spricht die von von Savigny (1974), S. 74, angeführte Stelle i n Wittgenstein (1963 c), § 498. 30 Wittgenstein nennt sie i n Analogie zur Chemie „Satzradikal", (1963 c), Fußn. S. 299. 31 Vgl. Hare (1952), S. 17 ff.

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2. Einige sprachphilosophische Akzente

und ,Öffne die Tür! 4 eine gleichlautende phrastische Komponente, nämlich die ,offene Tür'. Wer von der Auffassung ausgeht, daß alle Sätze die Funktion des Beschreibens haben, könnte die beiden letzten Sätze umwandeln i n die Beschreibung eines Zustandes der Unsicherheit , bzw. i n die Beschreibung eines Zustandes des Willens . Solche Umwandlungen erscheinen aber höchst artifiziell und sind zudem inadäquat, da offensichtlich der Sinn der Sätze auf etwas anderes abzielt als auf die Beschreibung innerer Zustände. Hare folgert daher, daß der Sinn der drei Sätze nicht von ihrem deskriptiven Gehalt, sondern von ihrem Modus, der sog. neustischen Komponente abhinge 32 . Der indikative Modus des ersten Satzes verweist auf eine Behauptung, der interrogative Modus des zweiten Satzes zielt auf eine Frage ab, und der imperative Modus des dritten Satzes drückt einen Befehl aus. Freilich darf man daraus nicht schließen, alle Sätze seien doch versteckte deskriptive Sätze 33 . Die Bedeutung des Satzes ,öffne die Tür! 4 liegt darin, daß der Angesprochene i n einer bestimmten Weise reagiert, nämlich die T ü r öffnet. W i r d der Satz dagegen auf einem offenen Kornfeld geäußert, so ist der Satz nicht falsch, wie es eine Beschreibung i n diesem Zusammenhang wäre, sondern sinnlos. Die deskriptive Komponente steht nicht für eine Bestimmung eines Gegenstandes, sondern drückt die Bezugnahme auf einen Gegenstand aus 34 . Ich kann auf Gegenstände i n der Welt z. B. behauptend, fragend oder befehlend Bezug nehmen, und diese Bezugnahme ist dann sinnvoll und verständlich, wenn sie Regeln folgt, aufgrund derer ein sprachkompetenter Dritter die Bezugnahme durch ein bestimmtes, regelentsprechendes Verhalten nachvollziehen kann. Die Begriffe ,Bedeutung' und ,Gebrauch' dürfen nach Wittgenstein allerdings nicht immer gleichgesetzt werden, denn auch für diese Begriffe gibt es nicht nur eine Verwendung 3 5 . Was Wittgenstein m i t dem Begriff des »Gebrauchs', der dem Zeichen Leben gibt3®, zeigen w i l l , läßt sich anschaulich an seinem Pfeil-Beispiel demonstrieren: „ W i e k o m m t es, daß der Pfeil zeigt? Scheint er nicht schon etwas außerhalb seiner selbst i n sich zu tragen? — ,Nein, es ist nicht der tote Strich; 32 Vgl. Hare (1952), S . 1 7 - 3 1 ; Kenny (1973), S. 121 ff.; Stegmüller (1965 a), S. 574 ff.; Stenius (1969), S. 206 ff. 33 Wittgenstein verweist darauf, daß w i r nach diesem Muster auch alle Sätze i n versteckte Fragesätze u m w a n d e l n könnten, (1963 c), §22. — E r gänzend sei noch hinzugefügt, daß die äußere F o r m eines Satzes i n der Regel seine F u n k t i o n angibt, aber es ist zu beachten, daß ein Satz, n u r w e i l er beispielsweise i m I n d i k a t i v steht, deshalb noch nicht behauptend sein muß. — Die jeweilige F u n k t i o n aufzuspüren, ist die Aufgabe „tiefengrammatischer" Untersuchungen. 34 Vgl. f ü r Behauptungssätze von Kutschera (1971), S. 255 f. 35 Vgl. Wittgenstein (1963 c), §§1, 43, 421; Specht (1963), S. 109 f. 38 Vgl. Wittgenstein (1963 c), § 432.

2.1 Die Wegweiser Ludwig Wittgensteins

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n u r das Psychische, die Bedeutung, k a n n dies. 4 — Das ist w a h r u n d falsch. Der Pfeil zeigt n u r i n der Anwendung, die das Lebewesen v o n i h m macht. Dieses Zeigen ist nicht ein Hokuspokus, welches n u r die Seele vollziehen kann37."

M i t „das ist falsch" lehnt Wittgenstein die Auffassung ab, daß p r i vate geistige Akte, wie z. B. des Meinens, dem Zeichen seine Bedeutung verleihen 3 8 . „Wahr" dagegen ist, daß w i r als bewußt lebende Wesen das Zeichen i n einem Zusammenhang von Wahrnehmung, Kommunikation und Handlung erlernt haben: Wenn w i r dieses Zeichen sehen, schauen oder gehen w i r nach rechts. Daß w i r uns so verhalten, beruht auf der Beherrschung der Regeln, deren Bestandteil das Zeichen des Pfeils ist. Wer die Regeln beherrscht, kann die Bedeutung des Zeichens verstehen. Sehen w i r also den Pfeil vor dem Hintergrund eines Regelzusammenhangs von Kommunikation und Handlung, so gewinnt die Behauptung, die Bedeutung eines Wortes beruhe auf seinem korrekten Gebrauch, Konturen 3 9 . Gebrauch und Bedeutung stehen nicht isoliert da, sondern basieren auf Regeln, die sich i n der Anwendung zeigen. Ähnlich wie Wittgenstein i m „Tractatus" die logische Form für unausdrückbar hält, so betont er i n seinem Spätwerk die Unmöglichkeit, das Wesen von Regeln zu fixieren. "The activity 'goes beyond' the precepts 40 ." Regeln sind i n gesellschaftlichen Konventionen eingebettet, sie sind praktische Formen des Zusammenlebens und beruhen nur i n Ausnahmefällen auf intellektueller Übereinkunft. „Darum ist ,der Regel folgen 1 eine Praxis 4 1 ." Ist Wittgenstein ein Konventionalist reinsten Wassers? Wittgenstein wendet sich einerseits gegen einen Regelskeptizismus, demzufolge jedes Verhalten eine Regelausübung ist, weil für jede Handlung eine Regel er- oder gefunden werden kann, ein Verhalten also nie gegen eine Regel verstoßen könne. Und er verwirft andererseits einen Regelplatonismus, nach dem Regeln unabhängig von menschlichen Verhaltensweisen schon festliegen und separat existieren 42 . Schließlich weicht Wittgenstein noch einem Regelregreß aus. Ein solcher entsteht bei dem Versuch, die Anwendung einer Regel durch eine weitere Regel festzuhalten. Zur Erläuterung einer sekundären Regel, die eine primäre erklärt, bedürfte es nämlich des weiteren einer tertiären Regel usw. 37

Wittgenstein (1963 c), §454. » Vgl. Searle (1967), S. 117 f. 39 Vgl. hierzu auch Schneider (1975), S. 92, 95 ff. 40 Winch (1958), S. 55.

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« Wittgenstein (1963 c), § 202. « Vgl. hierzu die gründliche Exegese v o n Kemmerling (1975), S. 104 ff., m i t zahlreichen Hinweisen auf Wittgenstein (1963 c) u n d (1974).

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2. Einige sprachphilosophische Akzente

ad infinitum 4 3 . Wittgenstein dreht den Spieß um: Nicht die Regel legt die Bedeutung des Handelns fest, sondern das Verhalten drückt die Regel aus. Wie man sich zu verhalten hat, sagt eine Regel nur dann, wenn es schon ein Verhalten gibt, an dem sich eine Regel zeigt 44 . Dies scheint ebenso einleuchtend wie zirkulär zu sein. Denn wenn ein Verhalten regelgeleitet sein soll, dann kann es doch nicht seinerseits die Regel bestimmen. Den zirkulären Charakter verliert Wittgensteins Argumentation, wenn man i h m dahingehend folgt, daß der Begriff ,Regel' keine wie auch immer geartete Entität bezeichnet. Regelgeleitetes Verhalten ist vielmehr institutionalisiertes Verhalten, nicht mehr und nicht weniger. Nicht mehr, weil über den institutionalisierten Verhaltensweisen keine Entitäten schweben, denen sie entsprechen. Nicht weniger, weil institutionalisiertes Verhalten sich von spontanem unterscheidet. A n institutionalisiertem Verhalten muß man teilhaben und die herrschende Praxis erlernen können 4 5 . Regeln beruhen teilweise auf Erziehung; sie werden uns selbstverständlich 4®. M i t dem Begriff ,Regel' sind die Begriffe Regelmäßigkeit' und ,gleich' verknüpft 4 7 . Ein wichtiges K r i terium für die Annahme einer Regel ist die Möglichkeit des Fehlermachens und damit verbunden die Möglichkeit der Kontrolle 4 8 . Wittgensteins Beispiele zum regelgeleiteten Verhalten leiden darunter, daß ihr Verfasser seine mathematische und logische Herkunft nicht verleugnen kann. I n den „Untersuchungen " und i n den „Bemerkungen

über die Grundlagen

der Mathematik "

greift Wittgenstein zu-

meist auf explizite Regeln zurück. Die Frage, wann implizite Regeln vorliegen, scheint ihn nicht zu interessieren. So war es ein leichtes, Wittgenstein hermeneutisch zu vereinnahmen. Man sollte allerdings daran denken, daß er i n § 54 der „Untersuchungen " auf die Möglichkeit hinweist, daß auch ein außenstehender Beobachter die i n einer Gruppe befolgten Regeln verstehen kann: „Es wäre möglich, zu erkennen, daß Einer dies tut, auch wenn w i r seine Sprache nicht verstehen 49 ." 43 Vgl. Kemmerling (1975), S. 107; von Kutschera (1971), S. 258; von Savigny (1970), S. 66; Winch (1958), Kap. I I , Abschn. 3, m i t dem Beispiel v o n Achilles m i t der Schildkröte. 44 Vgl. Wittgenstein (1963 c), § 87, (1970 c), § 277 u n d (1974), S. 35 ff., 336 f. 45 Vgl. Wittgenstein (1963 c), §§ 237, 323. 46 Vgl. Wittgenstein (1963 c), § 238. 47 Vgl. Wittgenstein (1963 c), §§ 208, 225, 350 u n d (1974), S. 334. 48 Vgl. Wittgenstein (1970 c), § 319. 40 A u f diese Stelle macht Kemmerling (1975), S. 127, A n m . 36, aufmerksam. — Freilich ist diese Stelle nicht so zu verstehen, als könne man v o m reinen Beobachten eine Regel erschließen. M a n hat vielmehr eine Regel dann verstanden, w e n n m a n fortfahren, d. h. sie auf neue Situationen applizieren kann. Das Beobachten dient lediglich dem Herausfinden der Kriterien, nach denen das Sprachspiel abläuft oder die es begleiten. — Was Wittgenstein

2.1 Die Wegweiser Ludwig Wittgensteins

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Wittgenstein ist insoweit kein Konventionalist, als er die Preisgabe aller „Spielregeln" für unvorstellbar hält 5 0 . Hierin liegt der von Winch aufgegriffene soziologische Ansatz der Wittgensteinschen Spätphilosophie: „,So sagst d u also, daß die Übereinstimmung der Menschen entscheide, was richtig u n d was falsch ist?' — Richtig u n d falsch ist, was Menschen sagen; u n d i n der Sprache stimmen sie überein. Dies ist keine Übereinstimm u n g der Meinungen, sondern der Lebensformsi."

Gesellschaft beruht auf der Übereinstimmung i n den Möglichkeiten für richtiges und falsches Verhalten, also auf einem normativ und konventionell geregelten Zusammenleben 52 . Dieser, eigentlich traditionelle, soziologische Ansatz erfährt bei Wittgenstein eine sprachliche Deutung, da bei i h m der Sinn menschlichen Handelns i n kommunikativen Interaktionen liegt, die an bedeutungsverleihenden Regeln und Kriterien ausgerichtet sind 5 0 . 2.13 Das Sprachspiel

Regeln, Gebrauch und Bedeutung finden sich zusammen i n Wittgensteins Fundamentalbegriff des Sprachspiels. Wittgenstein war fasziniert von den schier unerschöpflichen Möglichkeiten der Menschen, sich Bedeutsames mitzuteilen. Nicht nur rein verbales Verhalten, auch Handlungen und Situationen dienen i n einer organischen Verwobenheit der Kommunikation. „Ich werde auch das Ganze: der Sprache und der Tätigkeiten, m i t denen sie verwoben ist, das ,Sprachspier nennen 5 4 ." Sprachspiele sind bei Wittgenstein bestimmte Lebensausschnitte,

also w o h l meint, ist, daß m a n sich nicht i n die Teilnehmer eines Sprachspiels „hineinversetzen" muß, u m eine Regel zu verstehen, sondern daß m a n lediglich die K r i t e r i e n erfassen muß, die es einem erlauben, die Regel selbst anzuwenden. so Vgl. Kemmerling (1975), S. 123 ff.; Kenny (1973), S. 176 f.; Stegmüller (1965 b), S. 149 f. 51 Vgl. Wittgenstein (1963 c), § 241. 52 Vgl. Melden (1961 b), S. 153. 53 Vgl. Roche (1973), S. 45 f.; Ryan (1970), S. 133 ff.; zur A n w e n d u n g dieser Gedanken auf das Recht, vgl. Hart (1961 a), S. 121 ff.; Hruschka (1976), S. 12 f. — Wittgensteins Spätphilosophie ist also keineswegs, w i e oft behauptet w i r d , „konservativ", z. B. von Albert (1969), S. 145 f.; Gellner (1959), S. 53 ff., 250 ff.; Roellecke (1970), S. 335. Die B i l d u n g von A l t e r n a t i v e n zum Gegenwärtigen w i r d bei Wittgenstein nirgends, auch n u r andeutungsweise, bestritten. 54 Wittgenstein (1963 c), § 7; Wittgenstein gebraucht den Begriff des Sprachspiels sehr unterschiedlich: die Palette reicht von der Sprache als Ganzes bis zu einzelnen Ausrufen w i e „ H i l f e ! " , vgl. Specht (1963), S. 41 ff. — Typisch gebraucht w i r d er aber von Wittgenstein m i t dem Bezug auf einen bestimmten Lebensausschnitt.

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2. Einige sprachphilosophische Akzente

i n denen Sprechaktivitäten und Handlungen i n bestimmten äußeren Situationen zu einer sinnverleihenden Einheit zusammengefügt sind 55 . Der Begriff des Spiels, und zwar des Schachspiels, wurde von W i t t genstein wohl zum erstenmal i n einem Gespräch mit Schlick erwähnt, u m das Vorgehen mit mathematischen Zeichen an Zügen mit Figuren zu veranschaulichen 56 . I n den Untersuchungen bildet Wittgenstein mehrere Gruppen von Spielen, insbesondere Kalküle, Gemeinschaftsspiele und strategische Spiele wie Schach. Situationen, i n denen typische Interaktionen vorkommen, werden anhand der Analogie des Spiels zur Klärung begrifflicher Streitfragen als Sprachspiele herangezogen. I m Gegensatz zu Austin oder Chomsky untersucht Wittgenstein nicht die Funktion des einzelnen Sprechakts bzw. die Regeln, nach denen sprachliche Ausdrucksmöglichkeiten generativ entwickelt werden. Vielmehr stehen für i h n die pragmatischen Aspekte des gesamten Kommunikations- und Interaktionszusammenhangs i m Vordergrund des Interesses. Wenn daher Wittgenstein von einer Grammatik des Sprachspiels spricht, so bezieht er sich damit nicht auf syntaktische Regeln, sondern auf die sprachlichen Strukturen i m allgemeinen, die sinnvolles, einvernehmliches Kommunizieren ermöglichen 57 . Das Modell des Spiels erlaubt es Wittgenstein, den technischen Aspekt der Kommunikation zu verdeutlichen: Wie die Spieler den Regeln entsprechend Züge ausführen, so operieren die Teilnehmer am Sprachspiel m i t sprachlichen Ausdrücken. Wer nicht weiß, was mit einem Zug gemeint ist, muß sich nach den Regeln erkundigen. Wer dagegen einen Zug versteht, beherrscht die dem Spiel zugrundeliegenden Regeln, und seine Kompetenz zeigt sich daran, daß er die Fähigkeit demonstriert, weitere Züge i m Spiel zu vollziehen. Hier w i r d erneut einsichtig, warum Wittgenstein die explizite Formulierung von Regeln ablehnt: Die Beschreibung einer Regel besagt als solche noch nichts; erst i n der Anwendung erweist sich ihre Leistungsfähigkeit. Wer ein Spiel zu beschreiben vermag, zeigt damit noch nicht, daß er einzelne Spielzüge versteht; dies manifestiert sich vielmehr erst, wenn er kreativ eine Regel appliziert 5 8 . Illustriert sei dies an einem Beispiel: Angenommen, ein Schüler beherrscht die Grundzahlreihe. N u n w i r d i h m beigebracht, auch andere Reihen von Kardinalzahlen aufzuschreiben, indem er auf Anweisungen der Form , + n ' Reihen der Form ,0, n, 2n, 3n* notiert, also z.B. auf die Anordnung , + 1' 5ß Vgl. hierzu auch Habermas (1967), S. 137 ff. u n d (1968), S.212; Lenk (1967), S. 463; Lorenzer (1970); Pitcher (1964), S.239f. 56 Vgl. Wittgenstein (1967), S. 103 f., 150 f., 163, 170. 57 Vgl. Cavell (1968), S. 158, 165; Stegmüller (1965 a), S.586; von Wright (1963 a), S. 6. 58 Vgl. Melden (1961 b), S. 153 f.

2.1 Die Wegweiser Ludwig Wittgensteins

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die Reihen der natürlichen Zahlen schreibt. Übungen und Stichproben seines Verständnisses wurden bis zur Zahl ,1000' gemacht. A u f den Befehl nun, die Reihe , + 2 ' über ,1000' fortzusetzen, schreibt er ,1000, 1004, 1008, 1012 usw. 4 . „ W i r sagen: ,Du solltest doch zwei addieren! 4 — Er antwortet . . . ,Ich b i n doch auf die gleiche Weise fortgefahren 5 9 ! 4 " Die bisherigen Erklärungen und Beispiele zu wiederholen, nützte nichts. Es gibt keine Garantie für richtiges Verstehen 60 . W i r gehen vielmehr davon aus, daß es dem Menschen natürlich sei, durch die Einübung exemplarischer Fälle das Allgemeine der zugrundeliegenden Regeln zu verstehen und dann die Fertigkeit zu haben, unbestimmt viele Operationen nach den Regeln zu vollziehen 81 . Fortfahren ist also kein Kopieren, sondern eine Kompetenz 62 . Daraus könnte man schließen, daß das Verstehen ein Zustand sei, woraus die richtige Verwendung entspränge 65 . Doch die Frage, ob man die korrekte Anwendung einer Regel versteht, kann man nicht von der Frage trennen, ob man auf die Weise fortfährt, die w i r richtig nennen 64 . Daher ist das Können ein K r i t e r i u m des Verstehens. „ W e n n m a n sagt, das Wissen des A B C sei ein Zustand der Seele, so denkt m a n an den Zustand eines Seelenapparates (etwa unseres Gehirns), mittels welches w i r Äußerungen dieses Wissens erklären 6 5 ."

Dann gerät man i n die Schwierigkeit, einen geistigen Apparat zu konstruieren, der ex hypothesi unabhängig von seinen Wirkungen identifiziert werden könnte — aber dies ist unmöglich. „ D a möchte ich zuerst sagen: Deine Idee sei die gewesen, jenes Meinen des Befehls habe auf seine Weise alle jene Übergänge doch schon gemacht: deine Seele fliege beim Meinen, gleichsam, voraus u n d mache alle Übergänge, ehe d u körperlich bei dem oder jenem angelangt b i s t 6 6 . "

Doch das Meinen ist nicht unabhängig von der Anwendung. „ W i r sagen z. B. Einem, der ein uns unbekanntes Zeichen gebraucht: ,Wenn d u m i t ,x\2' meinst x 2 , so erhältst d u diesen Wert f ü r y, w e n n d u 2x damit meinst, jenen/ — Frage dich n u n : Wie macht m a n es, m i t ,x!2* das eine, oder das andere m e i n e n 6 7 ? "

Nur indem man schreibt, welchen Wert man für y einsetzt, zeigt sich, was man meint. Der Gebrauch ist ein K r i t e r i u m des Meinens 68 . »9 Wittgenstein (1963 c), § 185. 69 Vgl. Stegmüller (1965 a), S. 638. 6 * Vgl. ausführlich von Kutschera (1971), S. 245 ff. 62 Vgl. Winch (1958), S. 59. ö3 Wittgenstein (1963 c), § 146. " Vgl. Malcolm (1968 a), S. 71. 65 Wittgenstein (1963 c), §149; vgl. auch von Savigny (1974), S. 39. 66 Wittgenstein (1963 c), § 188. 67 Wittgenstein (1963 c), § 190. 6 ® Vgl. Malcolm (1968 a), S. 72.

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2. Einige sprachphilosophische Akzente

Neben dem operativen Gesichtspunkt des Sprachspiels betont W i t t genstein den Interaktionszusammenhang. I n der Grammatik des Sprachspiels ergeben sich die Sinnzusammenhänge aus einem Ineinandergreifen von Sätzen, Handlungen, Situationen und körpergebundenen Ausdrücken, wie Mienen oder Gebärden 69 . Auch verbalen Äußerungen kommt i m Sprachspiel Handlungscharakter zu 7 0 . Der Teilnehmer an einem Sprachspiel partizipiert an einer Lebensform. „Denke, d u kämst als Forscher i n ein unbekanntes L a n d m i t einer d i r gänzlich fremden Sprache. U n t e r welchen Umständen würdest d u sagen, daß die Leute dort Befehle geben, Befehle verstehen, befolgen, sich gegen Befehle auflehnen usw.? Die gemeinsame menschliche Handlungsweise ist das Bezugssystem, mittels welches w i r uns eine fremde Sprache deuten 7 1 ."

A n diesem Beispiel organisch gewachsener Regeln w i r d zugleich deutlich, daß man die Analogie der Sprache mit künstlichen Spielen nicht überziehen darf. Zwar sind grammatische Regeln i m Sinne W i t t gensteins ebenso wie die Regeln künstlicher Spiele konstitutiv, d. h. sie beziehen sich nicht auf Verhaltensweisen, die unabhängig von der Aufstellung von Regeln schon existieren 72 , aber dennoch sind eine Reihe von Unterschieden zwischen beiden Arten von Regeln zu sehen. W i r können Kunstspiele isoliert betrachten, ihre Regeln darlegen, erlaubte Züge meist scharf von unerlaubten abheben, Zwecke einzelner Spiele bestimmen usw. Dagegen stehen Sprachspiele i n einem zeitlichen Ablauf, die i n ihnen vorkommenden Ausdrücke tauchen i n anderen Sprachspielen ebenfalls auf und unterliegen damit einem Bedeutungswandel, die Regeln der einzelnen Sprachspiele überlappen sich, und die Sprachspiele sind auch als solche geschichtlichen Veränderungen unterworfen 7 3 . Zudem vermitteln die Regeln der Sprachspiele die Möglichkeit von Erfahrungen und bilden das Fundament, auf dem sich Intersubjektivität herausbilden kann 7 4 . 69 Vgl. Malcolm (1968 a), S. 91. 70 Vgl. Searle (1965), S. 221 f. 71 Wittgenstein (1963 c), §206; m a n k a n n diese Stelle m i t §54 zusammen lesen — s. o. A n m . 49 —, da es i n beiden Fällen u m das Verstehen von Regeln geht. — „Partizipation" soll heißen, daß ein Verstehen eines Sprachspiels insoweit Teilhabe an einer Lebensform verlangt, als m a n die zugrundeliegenden Regeln beherrschen muß. I m Unterschied zum Verstehen i m hermeneutischen Sinne geht es bei Wittgenstein u m ein „ K ö n n e n " u n d nicht u m einen besonderen psychischen A k t . 72 Vgl. zu „ k o n s t i t u t i v e n " u n d „regulativen" Regeln Searle (1969 a), S. 33 ff. 73 Vgl. Stegmüller (1965 a), S. 593 ff. 74 Vgl. Lenk (1967), S. 474 f. Soweit die hier vertretene Wittgenstein-Interpretation i n etwa angemessen ist, w i r d der Unterschied zu Roelleckes Deutung der Spätphilosophie besonders deutlich an Roelleckes Behauptung, Wittgenstein sei w i e Savigny ein „Volksgeisttheoretiker", vgl. Roellecke (1970), S. 335 f. — Z u den Schwierigkeiten der Historischen Schule, den Begriff des Volksgeistes zu packen, schreibt Bohnert (1973), S. 49, u. a. folgendes: „Der einzige Zugang zum Begreifen des Volksgeistes, diesen als

2.1 Die Wegweiser Ludwig Wittgensteins 2.14 Wesensphilosophie Der Angriff Wittgensteins auf den Essentialismus gehört zu den destruktiven Teilen der Spätphilosophie 75 . Wittgensteins Ablehnung jeglicher Wesensphilosophie ist eng m i t seinem Nachdenken über die Aufgabe der Philosophie verbunden. „Wie häufig kommt es i n der Philosophie vor", so sagt Stegmüller, „daß ein Cocktail gemischt w i r d aus ein bißchen Problematisieren, ein bißchen begrifflicher und theoretischer Betätigung und ein bißchen M y s t i k ! 7 6 " Rätsel, Paradoxien und Scheinprobleme, die sich zwangsläufig nach dem Genuß solcher Cocktails einstellen, wollte Wittgenstein kurieren, indem er der Theorie die Therapie entgegensetzte. Die Befreiung von Fehldeutungen der Sprache und die Abkehr von dem Streben nach dem Wesen der Dinge mögen hierbei die wichtigsten Intentionen der Wittgensteinschen Spätphilosophie sein 77 . Wenn i m rechtsphilosophischen Bereich vom Wesen einer Handlung ode* von einer ontischen Entität namens Finalität gesprochen wird, u m nur zwei markante Beispiele herauszugreifen, so liegt dem eine Reihe von linguistischen und essentialistischen Fehldeutungen zugrunde. Zunächst wäre der deskriptive Fehlschluß zu nennen, demzufolge die Begriffe ,Handlung' und ,Finalität' etwas bezeichnen 78 . Die Frage, ob dies denn überhaupt der Fall sei, w i r d erst gar nicht gestellt. Problematisiert w i r d nur, welches denn der Gegenstand sei, der durch das Wort beschrieben w i r d 7 9 . Mag auch die Finalität nicht einfach vorhanden sein wie ein Stein oder ein Tisch, so „ist" sie dennoch „auch ein Etwas, wenn es auch nicht die Seinsweise der Faktizität, sondern diejenige der Finalität, der Bedeutung, des Geltens besitzt" 8 0 . Sieht man einmal von dem Rätsel ab, wie etwas, das nicht faktisch existiert, einen kausalen Ablauf beherrschen soll 8 1 , so w i r d Grundlage verstanden, f ü h r t zum Aufweis des Denkzusammenhanges, als dessen Grundlage u n d G r u n d der Volksgeist sich schon deutlich machte, nämlich als Ergebnis u n d Voraussetzung der Geschichtlichkeit, . . . Der Volksgeist hat sich als Geschichtliches selbst schon expliziert, . . . , i n der Sprache, . . e r hat sich schon v e r w i r k l i c h t u n d diese W i r k l i c h k e i t ist schon an ihm." M a n k a n n sich w o h l k a u m einen schärferen Gegensatz zu W i t t g e n steins „Lebensform" vorstellen, als einen so verstandenen Volksgeistbegriff. Treffend sagt auch von Savigny (1974), S. 65: „ M a n macht von solchen Zitaten zuviel her, wenn m a n aus Wittgenstein den K ü n d e r der Lebensform macht." 75 Z u dieser „anti-sokratischen" H a l t u n g vgl. Lübbe (1960/61), S. 220 ff. 76 Stegmüller (1965 a) ,S. 604. 77 Vgl. Stegmüller (1965 a), S. 605. 78 Wie z. B. Gössel (1966), S. 13 behauptet. 79 Vgl. hierzu auch die bissige K r i t i k von von Savigny (1974), S. 25 ff. so Arthur Kaufmann (1966), S. 33. 81 Wie Kaufmann (1966) weiter ausführt.

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2. Einige sprachphilosophische Akzente

von dieser Auffassung doch nachdrücklich betont, daß ein Etwas da sei, das von dem Begriff der ,Finalität' bezeichnet werde. Und wenn weiter behauptet wird, daß w i r ohne die Existenz dieses Seienden überhaupt nicht i n der Lage wären, über den Begriff ,Finalität' zu sprechen 82 , so impliziert dies die zusätzliche Annahme, daß alles Sprechen (und Benken) auf Aussagen über reale und ideale Entitäten abzielt. Eine zirkuläre Angelegenheit: Begriffe bezeichnen etwas. Was? — Nun, das w i r d sich finden. Es muß ja da sein, denn Begriffe bezeichnen. Die Haltbarkeit dieses Zirkels verlangt eine erstaunliche A r t i s t i k i m Jonglieren m i t Seinsweisen. Wie schon i n der Einleitung angedeutet wurde, gebrauchen w i r Worte oft performativ, indem w i r m i t ihnen Handlungen vollziehen. Wenn man einen Eid leistet, so beschreibt man damit genausowenig, wie wenn man eine Vase auf den Tisch stellt. Aber die Verwirrung sitzt tiefer. Die Bilder der Finalität und der Handlung sind es, die die Handlungsontologen gefangenhalten und die als die Sachen selbst angesehen werden. Sich ein B i l d von etwas i m Sinne der Wittgensteinschen Spätphilosophie machen, heißt, „die Sache unter einem bestimmten Gesichtspunkt zu betrachten, sie i n bestimmter Weise zu anderen Gegenständen i n Beziehung zu setzen oder v o n ihnen abzugrenzen, der Charakterisierung dieser Sache bestimmte Modelle zugrundezulegen, i n Analogie zu denen sie beschrieben w i r d 8 3 . "

Bilder i n diesem Sinne wurden insbesondere von der finalen Handlungslehre entwickelt: Das B i l d vom planenden, stets das Ziel vor Augen habenden und seine Schritte überlegt vollführenden Handelnden; die Uberdeterminierung eines Kausalablaufs; der steuernde Wille; der bewußte Wille; die Befreiung von kausalen Antrieben; die Schichten der Persönlichkeit und vieles mehr 8 4 . Zweifellos sind Modelle brauchbar, ja unentbehrlich; w i r können uns bestimmte Probleme verdeutlichen usw 8 5 ; aber man darf nicht vergessen, daß w i r es hier m i t Bildern und nichts als Bildern zu t u n haben. Wer dagegen Bilder mit Sachen verwechselt, läuft notgedrungen Gefahr, u m seine Theorie konsistent zu halten, doktrinär zu werden. So lassen sich dann die unausbleiblichen Konflikte m i t anderen sinnvollen Verwendungsweisen des Begriffs ausschalten; man wähnt sich j a i n Kenntnis der allein wirklichen Entität, die der Begriff bezeichnet. N u n ist anzunehmen, daß die Gefahr, die Bildhaftigkeit unserer Sprache zu verkennen, als solche noch nicht davon überzeugt, daß ,Finalität 1 und »Handlung4 keine ontischen Entitäten bezeichnen. Wer 82 83 84 85

Vgl. Kaufmann (1966), S. 33. Stegmüller (1965 ä), S. 608 f.; vgl. auch Scholz (1969), S. 8 f. Vgl. insbesondere Welzel (1961), §§ 1 u n d 6. Vgl. Wittgenstein (1963 c), § 449.

2.1 Die Wegweiser Ludwig Wittgensteins

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wissen w i l l , was eine Handlung wirklich ist, so könnte man sagen, muß deren Wesen erkennen. Und dies kann z. B. dadurch geschehen, daß w i r aus der Mannigfaltigkeit der Erscheinungen das Zugrundeliegende, Gemeinsame, Allgemeine erfassen. Wenn man die einzelnen Erscheinungsweisen unter den sie bezeichnenden Allgemeinbegriff subsumiert, so müßte man doch das allen Gemeinsame erschließen können. Wenn z. B. der Begriff des ,Spiels4 kein Sein i n diesem Sinne hätte, so könnten w i r diesem Begriff keine Bedeutung beimessen 86 . Auch ein abstrakter Begriff wie der der ,Zahl 4 wäre bedeutungslos, wenn es nicht eine Seinsweise der Zahl gäbe. Die Vorstellung, es müsse etwas Gemeinsames da sein, was den Begriffen Bedeutung verleihe, präokkupiert Theoretiker oft i n eigentümlicher Weise, denn es läßt sich nichts dergleichen finden 87. Wenn man so unterschiedliche Spiele wie Patience, Würfel-, Brett- und Ballspiele, Wettkämpfe, Glücks- und Gesellschaftsspiele usw. ansieht, w i r d man keine durchgängige Gemeinsamkeit herauskristallisieren können 8 8 . Auch Mathematiker sind nicht gezwungen z. B. transfinite Ordinalund Kardinalzahlen, Rationalzahlen, reelle Zahlen ,Zahlen 4 zu nennen und andere mathematische Zeichen, wie z.B. bestimmte Zeichen der Mengenlehre, nicht als »Zahlen4 zu bezeichnen. Vielmehr werden bestimmte Spiele oder Zahlen, die neu eingeführt werden, deshalb ,Spiel 4 oder ,Zahl 4 genannt, weil sie Verwandtschaften mit einigen anderen Spielen und Zahlen haben 89 . Der Begriff der Verwandtschaft führt Wittgenstein dazu, Essenzen durch Familienähnlichkeiten zu ersetzen 90 . M i t dieser Metapher w i l l er verdeutlichen, daß es sich m i t den einzelnen Spielen oder Zahlen ebenso verhält wie mit den einzelnen M i t gliedern einer größeren Familie: Manche ähneln sich i m Temperament, i n der Stirn-, Nasen- oder Kinnpartie, i n der Haltung oder i n ihren Gesten, aber es gibt kein durchgängiges Merkmal, das allen eigen ist. Formal ausgedrückt heißt dies, daß A die Eigenschaften a, b, c besitzt, B die Eigenschaften b, c, d, C die Eigenschaften c, d, c, D die Eigenschaften d, e, jy aber dennoch gehören A und D zur selben Familie, obwohl ihnen kein Merkmal gemeinsam ist 9 1 . So ist w o h l Kaufmann (1966), S. 33, zu verstehen. Vgl. von Savigny (1974), S. 28 ff., der die Gegenposition Wittgensteins ausführlich schildert. 88 Vgl. Wittgenstein (1963 c), §66; Toulmin (1968), S. 21 ff. 89 Vgl. Stegmüller (1965 a), S. 611 ff. 99 Vgl. Wittgenstein (1969), S. 75 f., (1970), S. 37 f., 127 f., 179, (1963 c), § 67. — Vgl. hierzu auch: Austin (1962), S. 64; Pitcher (1964), S. 220 f.; von Wright (1963 b), S. 15 f.; zur Fruchtbarkeit dieser Theorie ausführlich von Kutschera (1971), S. 267 ff. 91 Z u einer A n w e n d u n g dieser These auf das Recht, vgl. Hart (1961 a), S. 14 ff. u n d A n m . S. 234, ebenso (1953). — Dies zeigt, daß Wittgenstein weder Realist noch Nominalist ist. Während der Realist einen Begriff B einem 87

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2. Einige sprachphilosophische Akzente Wittgenstein vergleicht einen Allgemeinbegriff mit einem Faden:

„ U n d w i r dehnen unseren Begriff der Z a h l aus, w i e w i r beim Spinnen eines Fadens Faser an Faser drehen. U n d die Stärke des Fadens liegt nicht darin, daß irgend eine Faser durch seine ganze Länge läuft, sondern darin, daß viele Fasern einander übergreifen 9 2 ."

Auch die Frage, was eine Handlung wirklich sei, ist nebelhaft 95 . Eine A n t w o r t könnte man z. B. dadurch geben, daß man sich um eine Ableitung des Begriffs aus der Wirklichkeit selbst bemüht oder, um m i t A r t h u r Kaufmann zu sprechen, aus dem „Sein des Seienden" 94 . Doch abgesehen davon, daß man bei dem letztgenannten Aspekt das unscheinbare Hilfszeitwort ,sein' aus den ihm Bedeutung verleihenden Kontexten herausreißt, ist mit der Frage nur eine sprudelnde Quelle philosophischer Scheinprobleme angebohrt, wie die nach den Eigenschaften des Seins, nach seiner Form und seinem Inhalt. Auch W i r k lichkeit gibt es nur da. wo w i r an ein Paradigma für Faktoren anknüpfen können, die die Rede von Wirklichem sinnvoll machen. Ein wirklicher Kater stellt sich nicht nach einem Glas Bier ein; eine w i r k liche Oase ist keine Fata Morgana; eine wirkliche Uhr ist keine Attrappe; das Aufstapeln von Konservenbüchsen ist keine wirkliche Kunst (oder doch?); ein F i l m ist nicht das wirkliche Leben 95 . „Die Frage nach der »Wirklichkeit' des vermeintlich Erkannten k a n n n u r aufgeworfen werden, w e n n ein konkretes u n d spezifisches Verdachtsmoment vorliegt, das diese Frage rechtfertigt 9 6 ."

Ob eine Handlung als solche wirklich gegeben ist, ob eine ontische Entität dieses Namens i n irgendeiner Seinsweise existiert, sind unsinnige Fragen, weil es kein Ja oder Nein der Beantwortung gibt. W i r können nur i n konkreten Fällen fragen, ob jemand gehandelt hat oder nicht. Und diese Entscheidung hängt davon ab, nach welchen Regeln von i h m unabhängigen Begriff C zuordnet, dem die Objekte unterfallen, die m i t B bezeichnet werden, besteht nach Ansicht des Nominalisten f ü r die m i t B bezeichneten Objekte keine Gemeinsamkeit als eben die, m i t B bezeichnet zu werden. F ü r Wittgenstein besteht dagegen das K r i t e r i u m weder i m Begriff C, noch i n der w i l l k ü r l i c h e n A n w e n d u n g von B, sondern i n der durch den Gebrauch des Begriffes B zutage getretenen Familienähnlichkeit. M. E. fehlerhaft ist daher die Darstellung von Eckmann (1969), S. 103 f., der, w e i l er Wittgensteins Position verkennt, auch Harts Rechtsbegriffstheorie nicht korrekt wiedergibt. 92 Wittgenstein (1963 c), § 67. 03 Vgl. Warnock (1969), S. 60 f. 94 Vgl. Arthur Kaufmann (1966), S. 33; dazu, daß das „Sein" als Entität nicht weniger f i k t i v u n d nutzlos ist als der „ M a n n i m Mond", vgl. Stegmüller (1969), S. 134. Das „Sein des Seienden" eröffnet darüber hinaus das Tor zu einem i n f i n i t e n „Seinsregreß", dessen erkenntnistheoretischer Wert gleich N u l l sein dürfte, vgl. Stegmüller (1969), S. 135. 05 Vgl. Austin (1962); Ryan (1970), S. 20. 06 Stegmüller (1965 a), S.618; vgl. Warnock (1969), S.60f.

2.1 Die Wegweiser Ludwig Wittgensteins

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w i r die Beurteilung vornehmen. U m also zu erkennen, was eine Handlung ist, bedarf es keiner metaphysischen Spekulation über deren Wesen, sondern eines Ausschauens nach den Regeln dafür, wann und unter welchen Umständen w i r von einer Handlung sprechen. Ebenso ist es sinnlos, über das Wesen der Finalität zu spekulieren 97 . Der Biologe verwendet z.B. den Begriff ,Finalität 4 dann, wenn er Reaktionen eines Organismus i m Sinne eines kybernetischen Erklärungsmodells unter dem Aspekt des um willen betrachtet. Diese Zielgerichtetheit ist weitgehend verschieden von der Finalität eines planenden Menschen. U n d wollte man das für beide Fälle Gemeinsame der Finalität entdecken, so verdunkelte man eher, u m was es dem Biologen und dem Handlungstheoretiker i n den jeweiligen Fällen geht, als daß man durch das Aufdecken von Essenzen wissenschaftlich Wertvolles und Klärendes beitragen könnte 9 8 . Z u m Abschluß sei noch ein Mißverständnis erwähnt, dem Wittgenstein leicht ausgesetzt ist. Wittgenstein zeigt, daß vielen Begriffen nicht nur eine einheitliche Bedeutung fehlt, sondern auch eine feste 99 . Daraus könte der Schluß gezogen werden, daß das Streben nach Begriffsexplikationen überflüssig sei. Nun ist dieses Problem für die Empirie nichts Neues, da bekannt ist, daß lediglich i m Bereich der Mathematik abschließende Definitionen möglich sind. I m empirischen Bereich weisen Begriffe grundsätzlich eine Vagheit auf, die man nur bedingt ausschließen kann. I m Sinne Wittgensteins ließe sich sagen, daß sich Begriffe i n ihren Bedeutungen auf bestimmte pragmatische Regeln festlegen lassen, doch daß eine Bedeutungsbegrenzung für alle denkbaren Möglichkeiten ausgeschlossen ist. U m ein Beispiel Pitchers anzuführen, ist unseres Wissens jeder vollraffinierte Zucker weiß. Daher gehört ,weiß 4 zu dem Bedeutungsbüschel des Begriffs ,Zucker 4 . Aber es ist denkbar, daß durch ein neuartiges Raffinationsverfahren ein bläulicher „Zucker 44 gewonnen werden könnte, den w i r durchaus wieder als ,Zucker 4 i m üblichen Sinne bezeichnen könnten 1 0 0 . I n den wissenschaftlichen Disziplinen ist ein Mindestmaß an Begriffsstarre unumgänglich. Gegen solche Bedeutungsfestlegungen wendet Wittgenstein lediglich ein, daß man auch hier nicht zu einem Essentialismus neigen darf. Denn i m wissenschaftlichen Fortschritt werden durch die Ausarbeitung neuer Theorien alte, ehemals privilegierte Eigenschaften aus den Bedeutungsbüscheln entfernt und durch neue ergänzt 1 0 1 . 97 Wie sich dies z. B. an der unterschiedlichen Finalitätsauffassung Arthur Kaufmann (1966) u n d Welzel (1961) zeigt. 98 Vgl. hierzu auch Ryle (1954), S. 82 ff., 87 f. 99 Vgl. Wittgenstein (1963 c), §§ 68, 71 - 75, 79. 199 Vgl. Pitcher (1964), S. 222; vgl. auch von Savigny (1970), S. 65.

4 Kindhäuser

von

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2. Einige sprachphilosophische Akzente

„Das Schwanken wissenschaftlicher Definitionen: Was heute als erfahrungsmäßige Begleiterscheinung des Phänomens A gilt, w i r d morgen zur Definition v o n ,A 4 benutzt1«**."

2.15 Mentale Begriffe Wörter und Sätze als solche sind tot. Sie sind geschrieben Striche und Zeichen und gesprochen Schwingungen i n der Luft. U m ihnen Bedeutung zu verleihen, so könnte man ganz selbstverständlich sagen, bedarf es bestimmter geistiger A k t e 1 0 5 . Wie w i r schon beim Pfeil-Beispiel sahen, betont Wittgenstein demgegenüber, daß es der Gebrauch sei, der den Worten Leben verleiht. Dies scheint oberflächlich zu sein und an Grundlegendem vorbeizugehen. Wittgenstein leugnet keineswegs, daß geistige Vorgänge das Meinen, Verstehen usw. begleiten können. Er zeigt vielmehr, daß mentale Verben nicht immer und nur geistige Zustände oder Prozesse bezeichnen und daß es daher ein essentialistischer Trugschluß ist, sich vorzustellen, »verstehen* oder »meinen4 seien Namen bestimmter, fest umrissener A r t e n geistiger Handlungen, wie etwa parallel ,gehen4 oder »schlagen4 öffentliche Verhaltensweisen bezeichneten 104 . Verdeutlicht sei dies am Ausdruck ,meinen 4 1 0 5 . Wie immer, wenn Wittgenstein einem Problem nachgeht, verweist er auf die Vielfalt der Sprachspiele, i n denen w i r die zu untersuchenden Begriffe verwenden, u m zu illustrieren, wie die Sehnsucht nach Einheitlichkeit zu Fehlannahmen führt. Wenn jemand sagt: „Ich gehe heute Abend zum Fußballspiel 44 und sich auch abends i n die Westkurve stellt, dann können w i r davon ausgehen, daß er meinte, was er sagte, ohne daß ein spezifischer paralleler Bewußtseinsvorgang neben dem Sprechen stattgefunden hätte. Hier bedeutet ,meinen 4 schlicht, etwas ohne Vorbehalte und Zweifel äußern. Das Meinen als solches ist nicht ein bestimmtes Ereignis, das immer neben dem Sprechen einherläuft. Vielmehr hängt es von weiteren Umständen (Tonfall, M i m i k , Gestik usw.) ab, ob man meint, was man sagt, und ob man ein charakteristisches Gefühl bei manchen Äußerungen hat, z. B. beim Lügen oder beim Verabreden eines Rendezvous. Wie soll man sich vorstellen, daß neben dem Sagen auch ein den Worten Bedeutung verleihender A k t parallel loi v g l . Pitcher (1964), S. 223. Wittgenstein (1963 c), §79, Schlußsatz, los v g l . Wittgenstein (1969), S. 39 ff., 106 ff. u n d (1963 c), § 430. Vgl. Wittgenstein (1970 a), S.73f.; Hartnack (1962), S . 7 4 1 *os Ausführlich hierzu: Kenny (1973), Kap. 8, S. 139 ff.; von Savigny (1974), S. 34 ff. Vgl. zu der dazu verschiedenen Auffassung Husserls Claesges (1976 a), Sp. 475.

2.1 Die Wegweiser Ludwig Wittgensteins

51

läuft? Wenn man etwas anderes sagt, als man meint, spricht man dann den gemeinten Satz zu sich selbst? Könnte man , a b c ' sagen und damit meinen ,morgen regnet es4? — was möglich sein müßte, wenn das Meinen ein eigenständiger Prozeß neben dem Sprechen wäre 1 0 6 . I n dem Satz ,Herr Schweizer ist ein Schweizer 1 steht das erste ,Schweizer* für einen Eigennamen, das zweite für einen Gattungsnamen. Man versuche einmal, das erste ,Schweizer 4 für einen Gattungsnamen zu verwenden und das zweite für einen Eigennamen! Man blinzelt dabei m i t den Augen vor Anstrengung, spöttelt Wittgenstein, aber das Unterfangen w i r d keinen Erfolg haben 1 0 7 . Man kann den Worten beim Sprechen nicht i n einer A r t freien Geistigkeit jeden beliebigen Sinn verleihen 1 0 8 . Wenn aber das Meinen kein beim Reden immer vorliegender, fest umrissener geistiger A k t ist, ist dann der Begriff ,meinen 4 hoffnungslos mehrdeutig 1 0 9 ? Wittgenstein antwortet, daß die Bedeutung des Begriffs ihren inneren Halt durch das Büschel der Bedeutungsmerkmale bekommt und auf den Regeln beruht, die sich i n bestimmten pragmatischen Situationen zeigen 110 . N u n gibt es auch Fälle, i n denen jemand einen Satz m i t dem Wort W äußert und damit die Vorstellung eines Dinges D verbindet. Z. B. kann man sagen „ M i t : das ist blau, habe ich das Hemd gemeint und nicht das Sofa 44. Offensichtlich liegt hier doch ein Bewußtseinsvorgang des Meinens vor. Wittgenstein konzediert, daß uns oft Vorstellungen begleiten, wenn w i r ein Ding D m i t dem Wort W bezeichnen; aber er wendet sich dagegen, daß solche Empfindungen hinreichende Bedingungen dafür seien, daß jemand m i t W auch D meint 1 1 1 . Angenommen 1 1 2 , P gibt Q eine Hinweisdefinition für ,rund 4 , indem er auf eine weiße Billardkugel zeigt und sagt,, Dies hier ist rund 4 4 . M i t ,dies hier 4 meint P die Kugel, m i t ,rund 4 die Form. Wie geschieht es nun, daß P die Form der Kugel meint und nicht ihre Größe, i h r Material, ihre Farbe, ihre Lage usw.? Hat P vielleicht seine Aufmerksamkeit gerade auf die Form gerichtet? Kann man seine Aufmerksamkeit so auf die Kugel richten, daß man sie nur als Form — die Formheit — sieht und Farbe, Material, Lage und Größe ausscheidet? Nehmen w i r an, dies sei i m vorliegenden Fall möglich, dann kann dennoch 106 v g l . Wittgenstein 107 v g l . Wittgenstein

(1963 c), § 509. (1963 c), §§ 487, 510.

Vgl. Wittgenstein (1963 c), §665; zu den i r r i g e n Bildern, die zu einer Annahme paralleler geistiger A k t e führen, vgl. von Savigny (1974), S. 38 ff. 109 vgl. Pitcher (1964), S. 160 f. n ° Vgl. Stegmüller (1965 a), S. 629. i n Vgl. Kenny (1973), S. 142; Pitcher (1964), S. 262. uz Beispiel nach Pitcher (1964), S. 262 ff.; vgl. auch Stegmüller S. 632 ff.; Winch (1958), S.24ff. 4*

(1965 a),

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2. Einige sprachphilosophische Akzente

die Aufmerksamkeit auf die Form nicht das Meinen v o l l ersetzen. Beispielsweise könnte P glauben, ,rund* treffe auf alle Schnitte durch kreisförmige Gegenstände zu. Dann könnte sein Meinen, die Kugel sei rund, sich nicht auf die besondere Form der Kugel allein richten. Daß jemand lediglich seine Aufmerksamkeit auf die Form richtet, ist ohne Einbeziehung seiner sonstigen Kenntnisse und Verhaltensweisen eine Leerformel. Vielleicht könnte bei P's Meinen das B i l d eines weißen Kreises auftauchen. Aber wie sollte das Auftauchen dieses Kreisbildes beim Sprechen für sich bedeuten, daß P m i t ,rund' die Form der Kugel meint? Angenommen R meint irrtümlich m i t ,rund' die Farbe ,weiß' und stellt sich während des Sprechens von „Dies hier ist rund" ebenfalls eine runde, weiße Scheibe vor. Dann müßte R m i t ,rund' auch die Form der Kugel meinen, weil Kugel und Vorstellungsbild von derselben Form sind. Aber er meint gerade nur die Farbe der Kugel. Ex hypothesi muß dann R m i t seinem Vorstellungsbild das Gestaltmerkmal und P m i t seinem das Formmerkmal meinen. Wenn man für den A k t des Meinens auf Vorstellungsbilder zurückgreift, dann kann man offensichtlich das Problem nicht lösen, wie jemand m i t einem Wort W ein Ding D meinen kann. Immer ist es prinzipiell denkbar, daß zwei Leute das gleiche Vorstellungsbild haben, m i t diesem aber jeweils verschiedene Merkmale verbinden. U n d es läßt sich kein B i l d finden, das nicht zumindest zwei Merkmale aufweist. Kurz: Die These, daß ein A k t des Meinens die Brücke zwischen Wort und Designat schlägt, indem er eine Vorstellung herbeiführt, bietet keine brauchbare Lösung11®. Wie Pitcher sagt, könnte das jeweilige Vorstellungsbild genauso gut durch eine Zeichnung auf einem Blatt Papier ersetzt werden, ohne daß der Graben zwischen Gegenstand und B i l d übersprungen wäre. Und wollte man die Verknüpfung von Vorstellungsbild und Gegenstand durch weitere A k t e des Meinens herstellen, dann fiele man i n den Strom eines infiniten Regresses 114 . Wittgensteins A n t w o r t auf das Problem lautet, daß es nicht ein bestimmter mentaler A k t sei, der die Verbindung zwischen Vor- und Dargestelltem knüpft, sondern daß dies durch die Anwendung des Vorstellungsbildes geschehe. Wenn P sich mit ,rund' bildhaft die Form der Kugel vorstellt, dann wendet er dieses B i l d i m allgemeinen auf Gegenstände an, die rund sind, und nicht auf solche, die z. B. quadratisch sind. Ebenso gebraucht R sein B i l d ,rund' für weiße und nicht etwa für blaue Gegenstände. Und wie gebrauchen sie ihre Bilder? Nun, indem sie das Wort ,rund' jeweils nur zur Bezeichnung von runU3 vgl. Searle (1967), S. 119. ii4 vgl. Pitcher (1964), S. 265.

2.1 Die Wegweiser Ludwig Wittgensteins

53

den bzw. weißen Gegenständen heranziehen. Ein Vorstellungsbild kann P oder R jeweils bei dem Gebrauch des Wortes ,rund' leiten, aber dies kann i n sehr unterschiedlicher Weise erfolgen. Das bloße Haben des Vorstellungsbildes ist ohne Wirkung; man kann damit keinen A k t des Meinens vollziehen. Vielmehr muß das Vorstellungsbild i n einer bestimmten Weise gemeint sein, und eben dies ergibt sich aus dem Gebrauch des Wortes ,rund' 1 1 5 . Das Vorstellungsbild ist also ein bloßes Anhängsel zu dem Gebrauch des Wortes: Es illustriert gewissermaßen die Verwendung des Wortes wie eine Zeichnung eine Erzählung. Ob sich der Sprechende beim Meinen überhaupt ein Vorstellungsbild macht, verhält sich kontingent zu den Umständen des einzelnen Falles 1 1 6 . Daß P m i t ,rund' die Form meint, R dagegen die Farbe, hängt von dem Gebrauch ab, den sie üblicherweise von diesem Wort machen. Was i n jemandes Geist i n der Zeitspanne vorgeht, in der er das Wort W ausspricht, ist irrelevant für die Festlegung dessen, was er damit meint. Es kommt auf die konkreten Umstände des jeweiligen Falles und auf den sonstigen Gebrauch des Wortes durch den Sprecher an, wenn man herausfinden w i l l , was jemand m i t einem bestimmten Wort meint 1 1 7 . Wer geistige Begriffe i n ihrer Bedeutung verstehen w i l l , der darf sich nicht, wie Stegmüller es ausdrückt, auf eine „Momentphotographie" beschränken, i n der ein augenblicklicher geistiger Zustand abgebildet ist. Denn genau dieser Zustand, so ist es jedenfalls prinzipiell denkbar, kann i n einer anderen Situation etwas anderes bedeuten. Was i n einer Situation ernst gemeint sein kann, kann i n einer anderen Situation, bei identischer Momentphotographie, schelmisch gemeint sein 1 1 8 . 2.16 Der Wille A m 4.11.1916 notierte Wittgenstein i n seinem Tagebuch u.a. folgende Bemerkungen: „Der Willensakt ist nicht die Ursache der Handlung, sondern die Handlung selbst. M a n k a n n nicht wollen, ohne zu t u n . . . Geschieht denn nicht die gewollte Bewegung des Körpers geradeso, w i e jedes Ungewollte i n der Welt, n u r daß sie v o m W i l l e n begleitet ist? . . . W i r fühlen uns sozusagen f ü r die Bewegung verantwortlich . . . Daß ich einen Vorgang w i l l , besteht darin, daß ich den Vorgang mache, nicht darin, daß ich etwas anderes tue, was den Vorgang verursacht 1 1 9 ." Iis v g l . Wittgenstein (1963 c), §§139 ff.; Pitcher (1964), S.266; Searle (1967), S. 118 f. lie vgl. Pitcher (1964), S. 266. 117 Vgl. hierzu auch die Diskussion bei Hare (1963), S. 7 ff. 118 Vgl. Stegmüller (1965 a), S. 630. 119 Wittgenstein (1963 b), S. 180 f.

2. Einige sprachphilosophische Akzente

54

Das Erstaunliche an dieser Eintragung ist, daß schon Grundsätzliches der Handlungsauffassung i m Spätwerk vorweggenommen wird. I m Tractat dagegen, den die Tagebücher begleiten, findet sich kein Niederschlag dieser Gedanken. W a r u m nicht? Wittgenstein gibt am Ende der zitierten Notiz selbst die A n t w o r t : „Es scheint nämlich durch die Betrachtung des Wollens, als stünde ein T e i l der Welt m i r näher als ein anderer (was unerträglich wäre). Aber freilich ist es j a unleugbar, daß ich i n einem populären Sinne gewisses tue u n d anderes nicht tue. So stünde also der W i l l e der Welt nicht äquivalent gegenüber, was unmöglich sein m u ß 1 2 0 . "

W a r u m „muß" die Annahme i n einem „populären Sinne" unmöglich sein? Nun, sie steht i n offenem Widerspruch zu den Thesen des „Tractatus" 121, u n d Wittgenstein w a r noch zu sehr von dem B i l d seines Frühwerks gebannt, als daß er der Alltagserfahrung eine grundlegende F u n k t i o n zugebilligt hätte. Erkenntnis i m Sinne des Tractats ist theoretisch. Die Beziehung des Menschen zu seiner Welt w i r d durch den Satz vermittelt, der, wie oben erwähnt 1 2 2 , zweierlei ausweist: die Form und den I n h a l t der Erfahrung. I n dieser Welt hat das Wollen — „ i n einem populären Sinne" — keine erkenntnistheoretische Funktion, denn es zielt j a auf Veränderung und nicht auf A b b i l d u n g von Tatsachen. Während der Satz i m Bereich theoretischer Erkenntnis einem Plan i m Sinne einer Aufzeichnung gleicht, ähnelt der Satz i m Bereich praktischer Erkenntnis einem Plan i m Sinne eines Projektes 1 2 3 . Der Tractat versucht, den letztgenannten Bereich aufzulösen. Schauen w i r uns dies näher an. Wittgenstein unterscheidet zwischen dem Willen als Phänomen, der n u r die Psychologie interessiert, u n d dem Willen als dem Träger des Ethischen, von dem nicht gesprochen werden k a n n 1 2 4 . Zwischen dem W i l l e n als Phänomen und der intendierten Handlung besteht ein V e r hältnis, das durch dieselbe logische Unabhängigkeit gekennzeichnet ist, wie dies auch f ü r zwei kontingente Phänomene gilt, die als Ursache u n d W i r k u n g interpretiert werden können 1 2 5 . Dies heißt, daß der phänomenale W i l l e ebenso außerhalb meiner Kontrolle liegt w i e andere Phänomene: Die Welt ist unabhängig von meinem Willen, aber der

120

Wittgenstein (1963 b), S. 181. Was Roche (1973), S. 50 f., i n seiner Wittgensteinkritik übersieht. 122 Kap. 2.11. 12 3 Vgl. Kenny (1966), S. 71. 124 Vgl. Wittgenstein (1963 a), Satz 6.423; Hruschka (1976), S. 6 ff. 12 5 Vgl. Wittgenstein (1963 a), Satz 6.374 u n d (1963 b), S 170; dies übersieht Roche und wendet daher Wittgensteins frühe Willenskonzeption ins Gegenteil, vgl. (1973), S. 50. 121

2.1 Die Wegweiser Ludwig Wittgensteins

55

Wille als Phänomen ist von der Welt abhängig 1 2 6 . Willensfreiheit besteht insoweit, als „zukünftige Handlungen noch nicht gewußt werden können. Nur dann könnten w i r sie wissen, wenn die Kausalität eine innere Notwendigkeit wäre, wie die des logischen Schlusses" 127 . Die Voraussage unserer eigenen Handlungen unterscheidet sich i n keiner Weise von der Voraussage anderer Ereignisse. Und da, nach Wittgensteins Auffassung der Kausalität, eine Voraussage, die sich auf einen Kausalzusammenhang gründet, nie Gegenstand der Erkenntnis sein kann — „der Glaube an den Kausalnexus ist ein Aberglaube" 1 2 8 —, können w i r auch kein Wissen zukünftiger Handlungen haben. Denn: „Der Zusammenhang von Wissen und Gewußtem, ist der der logischen Notwendigkeit 1 2 9 ." M i t anderen Worten: Ob sich etwas Gewolltes tatsächlich ereignet, hängt von anderen Bedingungen ab als der des bloßen Gewolltseins 130 . Daß sich körperliche Bewegungen nicht von anderen Ereignissen unterscheiden, formuliert Wittgenstein an einer Stelle der „Tagebücher" so: „ E i n Stein, ein K ö r p e r eines Tieres, der K ö r p e r eines Menschen, m e i n Körper, stehen alle auf gleicher Stufe. D a r u m ist, was geschieht, ob es v o n einem Stein oder v o n meinem K ö r p e r geschieht, weder gut noch schlecht 1 8 1 . 4 4

Vom Willen als dem Träger des Ethischen kann nicht gesprochen werden, da er transzendent und nicht Gegenstand der Welt selbst ist 1 8 2 . Er kann nicht i n Beziehung zu individuellen Phänomenen treten, ohne selbst ein Phänomen der Welt zu werden. Daher kann er uns nur i n eine Beziehung zur Welt als Ganzes bringen und dadurch die Weltsicht verändern 1 8 3 . „Die Welt des Glücklichen ist eine andere als die des Unglücklichen 1 3 4 ." Die Ausübung des ethischen Willens besteht i n einer „Stellungnahme des Subjekts zur Welt" 1 ® 5 . Winch vergleicht diese Stellungnahme m i t Kierkegaards Geduld i n „Reinheit des Herzens"; sie ist eine Geisteshaltung, nach der ein Mensch etwas t u t oder erleidet 1 3 6 . 126 v g l . Winch (1972 c), S. 137; der Exegese Winchs i n (1972 b) u n d (1972 c) sind die Anregungen f ü r meine Darstellung entnommen. 127 Wittgenstein (1963 a), Satz 5.1362. 128 Wittgenstein (1963 a), Satz 5.1361. i » Wittgenstein (1963 a), Satz 5.1362. 130 vgl. Winch (1972 b), S. 115. 181

Wittgenstein (1963 b), S. 177. Vgl. hierzu auch Hampshire (1965), S. 62 f. iss vgl. Pears (1971), S. 89 ff.; Winch (1972 b), S. 116. 134 Wittgenstein (1963 a), Satz 6.43. Wittgenstein (1963 b), S. 180. 136 v g l . Winch (1972 b); der Vergleich ist auch insoweit nicht unberechtigt, als Wittgenstein Kierkegaard f ü r den „tiefsten" Denker des letzten J a h r hunderts hielt, vgl. Malcolm (1958).

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2. Einige sprachphilosophische Akzente

Somit wäre die Ausgangsfrage knapp beantwortet: Die Betrachtung des Wollens derart, daß ein T e i l der W e l t m i r näher stände als ein anderer, ist nach der Tractatus-Lehre unmöglich. Weder der W i l l e als Phänomen noch der W i l l e als Träger des Ethischen bringen mich einzelnen Phänomenen der Welt näher als anderen. Z u m einen nehme ich zur W e l t als Ganzes Stellung, zum anderen unterscheidet sich der Status des Willens nicht von anderen Phänomenen u n d hat daher auch nicht zu einigen eine ausgezeichnete Beziehung. Auch die Wurzel dieser Annahme wurde schon genannt: das theoretische Denken, die theoretische Erkenntnis i n ihrer Ausschließlichkeit. Wie aus der eingangs zitierten Tagebuchaufzeichnung erschlossen werden kann, sind die Grundgedanken zu einer Wende schon i m F r ü h w e r k enthalten. W i t t genstein gruppiert i n seiner späteren Sicht die Begriffe um. Während i m „Tractatus" der W i l l e gegenüber der Handlung als der grundlegendere ausgewiesen w i r d , gewinnt die i m Sprachspiel eingebettete Handl u n g i n den „Untersuchungen " die Rolle des p r i m i t i v e r e n Begriffs 1 3 7 . Das Sprachspiel ist das Bezugssystem, i n dem der Willensbegriff seine Bedeutung erlangt. Geistige Prozesse u n d körperliche Bewegungen werden nicht mehr isoliert gedacht oder gar nach dem Muster von Ursache u n d W i r k u n g konstruiert, sondern als Sinneinheit vor dem H i n t e r g r u n d des konkreten Lebenszusammenhanges verstanden. Die Trennung zwischen dem W i l l e n qua Phänomen u n d dem W i l l e n als dem Träger des Ethischen w i r d hinfällig: Über die W e l t als Totalität der Tatsachen u n d über die Grenzen dieser Totalität kann m a n nicht mehr sprechen, denn Unterschiede i n der Frage, was ein Phänomen ist u n d was nicht, lassen sich n u r unter den Aspekten einer gegebenen Lebensform treffen 1 3 8 . Weder läßt sich der W i l l e als Phänomen durch Extrapolation aus Schachspielzügen gewinnen, noch läßt sich die Dimension des Ethischen durch eine Differenzierung des Sagbaren innerhalb v o n dem Unsagbaren außerhalb der W e l t erfassen. Was Wittgenstein i m „Tractatus " rundweg verwarf, bejaht er i n seinem Spätwerk nachdrücklich, nämlich daß ich wissen kann, was ich t u n werde. Handeln, i m Rahmen regelgeleiteter Sprachspiele, heißt, an K r i t e r i e n orientiert fortfahren können 1 3 9 . Die Intention äußert sich i m Verhalten. Das Wollen „darf nicht vor dem Handeln stehen bleiben". „Das Wollen, w e n n es nicht eine A r t Wünschen sein soll, muß das Handeln selber sein . . . Ist es das Handeln, so ist es dies i m gewöhnlichen Sinne des Wortes; also:

137 vgl. Winch (1972 b), S. 125. 138 vgl. Winch (1972 b), S. 126. 139 vgl. Wittgenstein (1963 c), § 660.

2.2 Das Problem der „privaten Sprache"

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sprechen, schreiben, gehen, etwas heben, sich etwas vorstellen. Aber auch: trachten, versuchen, sich bemühen . . . 1 4 °." „ W e n n ich meinen A r m hebe, so habe ich nicht gewünscht, er möge sich heben. Die w i l l k ü r l i c h e Handlung schließt diesen Wunsch aus. M a n k a n n allerdings sagen: ,Ich hoffe, ich werde den Kreis fehlerlos zeichnen.' U n d damit drückt m a n einen Wunsch aus, die H a n d möge sich so u n d so bewegen 1 4 1 ."

Der Gedanke, daß das Wollen vom Handeln isoliert werden könne, beruht auf der Fähigkeit des Menschen, sich sein Handeln vorher vorzustellen, über es zu sprechen usw. Wenn w i r einen Begriff der Handlung bilden, so gewährt uns dieser die Möglichkeit, i h n von der Intention, die die konkrete Handlung begleitet, begrifflich zu lösen. W i r können einen theoretischen K e i l zwischen Handlung und Intention treiben 1 4 2 . Dies verleitet zu der Annahme, daß Handlung und Intention eigenständige Entitäten seien. Doch es ist zu bedenken, daß w i r das Wollen, wenn es kein bloßes Wünschen ist, nur i m Zusammenhang m i t einer Handlung erfahren können. Dies ist i m Auge zu behalten, weil sonst die Fehldeutung des „Tractatus" zu der Annahme verführen könnte, daß der Wille sowohl innerhalb als auch außerhalb der Welt liege 1 4 3 . 2.2 Das Problem der „privaten Sprache" Von großer Bedeutung für die Erkenntnistheorie ist Wittgensteins Leugnung der Möglichkeit einer privaten Sprache. Hierbei geht es um die Frage, ob die Sprache, i n der w i r unsere Sinnesdaten ausdrücken, privater Natur ist, oder ob es ihr eigen ist, Kriterien allgemeiner Zugänglichkeit aufzuweisen 144 . M i t dem Terminus Privatsprache kann man i m wesentlichen drei leicht miteinander verwechselbare Fragenbereiche ansprechen: (1) Kann man sich eine Sprache zurechtlegen, die man nur selbst spricht? (2) Kann es eine Sprache geben, die de facto nur von einer einzigen Person gebraucht wird, die aber von jedermann verstanden und erlernt werden könnte? (3) Kann es eine Sprache geben, die nur ihr Sprecher kompetent ist zu begreifen, bei der es also logisch unmöglich ist, daß ein ande14

° Wittgenstein (1963 c), § 615. Wittgenstein (1963 c), § 616. 142 E i n solcher begrifflicher K e i l verleitet leicht zu paramechanischen B i l d e r n v o m W i r k e n des Geistes i m Körper u. ä. m., vgl. Kenny (1973), S. 141, 144 ff. u n d Gustafson (1968), S. 1 ff. 143 v g l . Winch (1972 b), S. 129. 141

144

Z u r allgemeinen Problemstellung vgl. Winch (1958), Kap. I, Abschn. 9.

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2. Einige sprachphilosophische Akzente rer sie verstehen kann oder die Möglichkeit hat zu erkennen, ob ein bestimmter Name konsistent gebraucht w i r d 1 4 5 .

Frage (1) kann unumwunden bejaht werden. Jeder, der schon die Fähigkeit hat, eine natürliche Sprache zu sprechen, kann sich eine Geheimsprache ausdenken, i n der er seinem Tagebuch verschwiegene Leidenschaften anvertraut 1 4 6 . Frage (2) kann unbeantwortet bleiben. Es ist eine empirische Frage, ob es einen, wie Ayer und Strawson unterstellen, einsamen Robinson auf einer Insel geben kann oder gibt, der eine sonst nicht mehr vorkommende Sprache beherrscht 147 . Entschieden werden kann diese Frage nur dann, wenn die Sprache des Einsiedlers eine Kommunikation tragen kann; aber dann ist sie auch keine private Sprache mehr. Jedenfalls nach unserem Verständnis von Sprache: "Language is something that is spoken 148 ." Das eigentliche Piivatsprachenproblem w i r d m i t Frage (3) berührt. Eine bejahende A n t w o r t auf (3) ist Voraussetzung jeder Theorie, die die Realität der Außenwelt als interpretierte Konstruktion von Sinnesdaten erkenntnistheoretisch zu begründen versucht. Man findet diese Annahme i n der cartesischen Philosophie, i n den ideas des klassischen und in den Sinnesdaten-Theorien des modernen Empirismus ebenso wie i n der Phänomenologie unserer Zeit 1 4 9 . Für die Annahme einer Privatsprache i m Sinne von (3) 1 5 0 könnte folgendes Argument sprechen: (Pi) Meine Empfindungen sind privat. Niemand kann meine Schmerzen haben. (P2) U m meine Empfindungen auszudrücken, gebrauche ich gewöhnlich Wörter, die diese Empfindungen bezeichnen. 145 v g l . zur Fassung von (3): Wittgenstein (1963 c), §243; Malcolm (1968 a), S. 66, 97; Scholz (1969), S. 75; die Diskussion des Problembereichs leidet darunter, daß (1), (2) u n d (3) nicht exakt getrennt werden. V e r w i r r e n d daher Strawson (1968), S. 44: "Suppose he also mastered the ordinary common language, and then t o l d us t h a t he had been (or was still) using a private language." Strawsons E i n w a n d gegen (3) sticht daher nicht.

146 vgl. Wittgenstein

(1963 c), §243; Ayer (1954), S.63.

147 Vgl. Ayer (1954), S.69ff.; Garver (1959/60), S. 389 ff.; Strawson (1968), S. 43 ff., die die Möglichkeit bejahen. Malcolm (1968 a), S. 65 ff.; Rhees (1954), S. 83; Winch (1958), Kap. I, Abschn. 9, verneinen die Möglichkeit. — F ü r die letztere Auffassung spricht, daß unser gesamtes Begriffssystem, w i e »Sprache 4, ,Regel', »Wörter' usw., angesichts des Verhaltens eines Robinson versagt. W i r können nicht aus den Reaktionen anderer Teilnehmer am Sprachspiel schließen, ob Robinson sich überhaupt Regeln entsprechend verhält. 148 Rhees (1954), S. 83. 149 Vgl. Malcolm (1968 a), S. 66; Pears (1971), S. 145 f.; Rüssel (1952), S. 21 f.; Kenny (1973), S. 16 f.; Stegmüller (1965 a), S. 648. Vgl. etwa zu Husserls Intentionalitätsbegriff Claesges (1976 a), Sp. 475. 150 v o n einer Privatsprache sei i m folgenden n u r i m Sinne v o n (3) gesprochen.

2.2 Das Problem der „privaten Sprache"

59

(P3) Die Bedeutung der Wörter, die ich gebrauche, besteht i n eben den Empfindungen, die ich bezeichne. (C) Folglich kann die Bedeutung der Wörter, die ich gebrauche, um meine Empfindungen zu benennen, von niemand anderem erfaßt werden. I m Wege der Analogie nehme ich daher an, daß es auch jedem anderen so ergeht, der seine Empfindungen bezeichnet 151 . Dieses Argument ist zwar nicht deduktiv, besitzt aber ein hohes Maß an Plausibilität. Daß es dennoch unhaltbar ist, soll i m folgenden in einer knappen Skizze gezeigt werden. Prämisse (P3) bedarf an dieser Stelle keiner erneuten Erörterung. Sie ist nur eine Aussage i m Sinne einer realistischen Semantik, die schon oben zugunsten einer Gebrauchstheorie der Bedeutung aufgegeben wurde 1 5 2 . A u f die Frage, wie sich Worte auf Empfindungen beziehen, verweist Wittgenstein auf das Erlernen von Empfinduixgsbegriffen. Wenn sich z.B. ein K i n d verletzt hat und schreit, können i h m die Erwachsenen zureden und i h m bestimmte Ausrufe, später bestimmte Sätze beibringen. So erlernt, ersetzt der Ausdruck »Schmerz4 i n den Kontexten des Schmerzäußerns das ursprüngliche Schreien 153 . Oder man erklärt einem Ausländer die Bedeutung des Wortes ,Schmerz 4, indem man ein Schmerzverhalten simuliert und sagt, dies sei »Schmerzen haben 4 . Empfindungsbegriffe werden also durch Bezugnahme auf Verhaltensweisen erlernt. Die Bedeutungsregeln von ,Schmerz 4 hängen m i t Verhaltensdispositionen zusammen, basieren aber nicht auf einem privaten inneren Erlebnis 1 5 4 . Die Frage nach der Beziehung von Worten zu Empfindungen braucht man nicht durch einen Rückgriff auf innere Erlebnisse zu beantworten. I n diesem Licht verliert auch Prämisse (P2) ihre Überzeugungskraft 155 . 151 Das A r g u m e n t lehnt sich an Garvers Darstellung an, vgl. (1959/60), S. 390. !52 Vgl. Kap. 2.12; auf die Untauglichkeit des Referenzmodells f ü r E m p findungen w i r d auch i m nächsten Abschnitt eingegangen. 153 vgl. Wittgenstein (1963 c), § 244; T e i l I X , S. 499; K . Baier (1958), S. 269 f.; Malcolm (1968 a), S. 78; Stegmüller (1965 a), S. 664; ausführlich auch Scholz (1969), S. 89 f. 154 v g l . hierzu auch: Garver (1959/60), S.391; Pears (1971), S. 148 ff.; Strawson (1959), S. 107 f., 109; konträr, Russell (1952), S. 54 ff. — »Schmerz 4 k a n n sowohl deskriptiv gebraucht werden, indem er sich auf das Verhalten einer bestimmten Person bezieht (meist Sätze i n der 3. Person), als auch „klagend" (meist Sätze i n der 1. Person). — U n t e r pragmatischem Aspekt k a n n der Satz ,Ich habe Schmerzen 4 viele Funktionen haben, darunter freilich auch eine deskriptive, z.B. zur Ermöglichung einer ärztlichen D i a gnose, vgl. Pitcher (1964), S. 303 ff. u n d Scholz (1969), S . 9 1 1 , 103 ff.; kritisch Pap (1955), S. 192. iss Vgl. Malcolm (1968 b), S. 380 ff.

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2. Einige sprachphilosophische Akzente

Bei den beiden Sätzen der Prämisse (Pi) hat es zunächst den A n schein, als seien sie empirischen Charakters. Z. B. könnte m i t ihnen ausgedrückt werden, daß bei zwei Personen, die beide an einer Gallenkolik leiden, zwar eine qualitative Ähnlichkeit, nicht aber eine numerische Identität der Schmerzen vorliege 1 5 6 . Allerdings w i r d der Philosoph das Problem anders verstanden wissen wollen. Er w i r d den Satz »Niemand kann meine Schmerzen haben' so deuten, daß nur ich meine eigenen Schmerzen haben kann, daß also dieser Satz durch keine empirische Tatsache zu widerlegen sei und apriorische Geltung beanspruche. Die Unmöglichkeit der Widerlegung beruht nach Wittgenstein darauf, daß die Begriffe dieses Satzes aus ihrem üblichen Kommunikationszusammenhang gelöst und damit funktionslos werden. Funktionslose Sätze sind aber vor dem Hintergrund der Kontrasttheorie sinnlose Sätze 157 . Allerdings gewinnen solche Sätze dann eine Bedeutung, wenn man sie als grammatische interpretiert. Unter grammatischen Sätzen versteht Wittgenstein Sätze, deren Wahrheitswert allein von dem Sprachgebrauch der i n ihnen enthaltenen Begriffe abhängt und die daher der Möglichkeit einer empirischen Widerlegung nicht ausgesetzt sind 1 5 8 . Dies verbindet sie m i t analytischen Sätzen, von denen sie jedoch zu unterscheiden sind. Während die Verneinung analytischer Sätze zu einem formalen Widerspruch führt, stellt die Verneinung eines grammatischen Satzes eine Absurdität dar. Warum? Die i n analytischen Sätzen vorkommenden Begriffe können klassifiziert und gegenüber anderen Begriffen abgegrenzt werden. Sonst könnte man von einem Satz nicht sagen, daß er analytisch sei, wenn er durch Ersetzung von Synonyma i n einen logisch wahren Satz überführt werden könne 1 5 9 . Z. B. verweist der Satz ,Duett singt man zu zweit 4 auf grundlegende Begriffe (,zu zweit singen', »Musikstücke* usw.), die schon vor Einführung des Begriffs »Duett' klassifiziert werden konnten. Anders ist es bei Begriffen, die die Grundstruktur unserer Vgl. Malcolm (1968 a), S. 75, A n m . 2; zur numerischen Identität und Gleichheit, vgl. von Savigny (1974), S. 45 f. 15 7 M i t Kontrasttheorie bezeichnet Gellner (1959) die Argumentationsweise Wittgensteins u n d Austins, Sätze, die nicht verneint werden können, als funktions- u n d sinnlos anzusehen. Es gibt k e i n K r i t e r i u m , nach dem man die Richtigkeit eines funktionslosen Satzes bezweifeln könnte. Vgl. auch Austin (1970 a), S. 87. Vgl. Specht (1963), S. 129; der Begriff des „grammatischen Satzes" ist von Wittgenstein selbst geprägt; er erläutert i h n u. a. i n (1963 c), §§ 251 f., 458. 159 Diese Festlegung des analytischen Satzes ist oberflächlich. Da es aber bei grammatischen Sätzen i m Sinne Wittgensteins nicht auf den Ausgang des Streites über die Begriffe »analytisch'-,synthetisch' ankommt (vgl. hierzu von Savigny [1970], S. 103 ff.; Specht [1963], S. 134), bedarf es keiner genaueren Ausführung.

2.2 Das Problem der „privaten Sprache"

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Sprache, m i t der w i r die Welt sehen, bilden. Begriffe wie »Raum4, ,Zeit 4 , »Eigenschaft 4, »Empfindung' usw. spiegeln unsere Weltsicht wider. W i r können nicht von den Strukturen der Welt her die Sprache formen, weil w i r durch die Sprache schon die Welt in einer bestimmten A r t und Weise sehen. Von dieser Sicht können w i r uns nicht befreien, um die Welt so zu sehen, wie sie von Natur aus ist 1 6 0 . Die sprachlichen Strukturen der Weltsicht, die sich aus den Lebensformen ergeben, sind i m Hinblick auf eine andere Lebensform als veränderlich vorstellbar 1 6 1 . „ I c h w i l l n u n sagen: eine ganz andere Erziehung als die unsere könnte auch die Grundlage ganz anderer Begriffe s e i n 1 6 2 . " „ D e n n es w ü r d e hier das Leben anders verlaufen. — Was uns interessiert, w ü r d e sie nicht i n t e r essieren. Andere Begriffe wären da nicht mehr unvorstellbar. Ja, wesentlich andere Begriffe sind n u r so vorstellbar 1 «»."

Der Satz ,Niemand anderes kann meine Schmerzen haben* drückt, ihn grammatisch verstanden, aus, daß es aus der Weltsicht der gegebenen Kommunikationsgemeinschaft unsinnig wäre zu sagen, ,Ein x-Beliebiger kann meine Schmerzen haben4. Der Wahrheitsgehalt dieses Satzes hängt allerdings nicht von empirischen Befunden, sondern von den sprachlichen Gebrauchsregeln der Begriffe »niemand4, ,Schmerzen haben 4 und »können4 ab. Der Satz »Niemand kann meine Schmerzen haben 4 teilt uns also etwas über die deutsche Sprache mit, nämlich daß es i m Normalfall ohne Sinn bleibt zu sagen, jemand leide an meinen Schmerzen 164 . Daraus folgt, daß die Prämisse (Pi) auf der Grammatik des Wortes ,Schmerz 4 basiert und es deshalb entgegen dem Schluß (C) für den Begriff ,Schmerz 4 eine allgemeine und nicht eine private, nicht mitteilbare Bedeutung geben muß 1 6 5 . Die Argumentation gegen die Möglichkeit einer privaten Sprache wendet sich auch gegen die Auffassung, daß der Körper vom Geist zu trennen sei, und zwar i n dem Sinne, daß es keine begriffliche Verbindung zwischen körperlichen und geistigen Phänomenen gebe. Wendet man die angegriffene Auffassung ins Sprachphilosophische, so kann man ihr unterstellen, daß nach ihr Empfindungsbegriffe nicht iöo Vgl. Austin (1962), S. 100 f.; Cavell (1968), S. 153; Ch. Taylor (1970), S. 65; Giegel (1969), S. 126 f. i« 1 Vgl. Cavell (1968), S. 158 f. i * 2 Wittgenstein (1970 c), §387; vgl. auch (1963 c), T e i l X I I , S. 542. Wittgenstein (1970 c), §388; vgl. auch Winch (1972 a), S.27ff. 164 Vgl. Gardiner (1952), S. 127; vgl. auch Wittgenstein (1963c), §247: „ , N u r d u kannst wissen, ob d u die Absicht hattest.* Das könnte m a n jemandem sagen, w e n n m a n i h m die Bedeutung des Wortes »Absicht 4 erklärt. Es heißt dann nämlich: so gebrauchen w i r es." i « Vgl. Carney (1960), S.565; Garver (1959/60), S.392; Rhees (1954), S.88; Ch. Taylor (1970), S. 77 f.

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2. Einige sprachphilosophische Akzente

m i t natürlichen Schmerzäußerungen (z. B. schreien, sich winden usw.) verbunden werden dürfen. Jeder lernt demnach diese Begriffe, indem er sie m i t persönlichem Empfinden assoziiert 166 . Wie lautet dann die A n t w o r t auf das von Wittgenstein angeschnittene Problem: „ A b e r wie, w e n n ich keine natürliche Äußerungen der Empfindung, sondern n u r die Empfindung besäße? U n d n u n assoziiere ich einfach Namen m i t den Empfindungen u n d verwende diese Namen i n einer Beschreibung 1 ® 7 ."

Zunächst ist zu bemerken, daß eine Kommunikation nicht möglich wäre. Keiner wüßte, wie der andere die betreffenden Namen verwendet. Denn für jeden wäre ja das Wort »Schmerz1 synonym m i t ,von m i r empfundener Schmerz' 168 . Auch läßt sich nicht verifizieren, ob diese Worte überhaupt Empfindungsbegriffe sind, da letztere, wie oben dargelegt wurde, an die Stelle von natürlichen Äußerungen getreten sind oder m i t Bezug auf sie erlernt wurden, solche körperlichen Ausdrucksformen nach der Trennungsthese aber gerade ausgeschlossen sind 1 6 9 . Halten läßt sich diese Auffassung nur dann, wenn es auch ein privates Verstehen von Empfindungsbegriffen geben kann. Es müßte z. B. möglich sein, eine Empfindung m i t dem Zeichen ,E' zu assoziieren und ,E' immer bei der Wiederkehr der betreffenden Empfindung zu notieren 1 7 0 . Damit tauchen aber alle Probleme wieder erneut auf: Falls ,E' ein Name für eine Empfindung ist, bedarf es auch einer grammatikalischen Definition des Begriffs 1 7 1 . U m diese auszuschalten, bleibt nur die Möglichkeit einer privaten Hinweisdefinition: Man konzentriert sich allein auf die Empfindung, wenn man das Zeichen ,E' schreibt 1 7 2 . Damit die Definition sinnvoll sein kann, bedarf es eines Kriteriums für ihre Richtigkeit. ,E' soll ja nur eine bestimmte Empfindung und nicht irgend etwas benennen. Ein K r i t e r i u m für die Richtigkeit läßt sich aber nicht finden, es sei denn, man akzeptiert den Glauben des Betreffenden, daß er erneut eine identische Empfindung hat. U m aber zu glauben, daß es sich i n mehreren Fällen u m eine identische Emp* 6 6 Vgl. Garver (1959/60), S. 393; Malcolm (1968 a), S. 66. 107 Wittgenstein (1963 c), § 256. " 1 6 8 Vgl. Stegmüller (1965 a), S. 654. Vgl. Carney (1960), S.560f.; Garver (1959/60), S.393; Rhees (1954), S.85. 170 v g l . Wittgenstein (1963 c), § 258; w i e Scholz (1969), S. 76, nachgewiesen hat, bedeutet die Beschränkung auf einzelne * Zeichen keine Verschiebung des Problems. Was f ü r einzelne Zeichen gilt, g i l t nach einer realistischen Semantik auch f ü r ein ganzes Sprachsystem. 171 Vgl. Wittgenstein (1963 c), §261; hierzu auch Carney (1960), S. 5601; Scholz (1969), S. 81 f. 172 Vgl. Ayer (1954), S. 69.

2.3 Die Vermitteltheit der seelischen Erfahrung

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findung handelt, bedarf es wiederum eines Kriteriums für die Richtigkeit oder Falschheit des Glaubens: Man kann nicht von etwas überzeugt sein, was weder wahr noch falsch sein kann 1 7 3 . Das K r i t e r i u m der Richtigkeit kann nicht der persönliche Eindruck sein, bei der Benennung der Empfindung m i t ,E' einer Regel zu folgen, wenn es kein K r i t e r i u m gibt, das den Eindruck selbst als korrekt ausweist 174 . Wollte man sagen, daß das K r i t e r i u m für die Richtigkeit des Eindrucks selbst ein Eindruck sei, so wäre das genauso, wie wenn man mehrere Exemplare einer Morgenzeitung kauft, u m sich zu vergewissern, daß sie die Wahrheit schreibt 175 . Ohne ein Identitätskriterium ist eine Definition sinnlos — und einer privaten Hinweisdefinition mangelt es an jeglicher Regel zur Identifizierung und damit auch an der Möglichkeit, sich für den Gebrauch zu rechtfertigen 176 . " A sound that I can use as I please is not a w o r d 1 7 7 . , , Da w i r aber tagtäglich Empfindungen m i t Worten korrekt bezeichnen, beruht offensichtlich deren Definition — und damit deren Uberprüfbarkeit — nicht auf ostentativen Privatdefinitionen. Vielmehr gehen die Bedeutung eines Empfindungsbegriffs und seine Verwendung nach den Regeln der Umgangssprache Hand i n Hand 1 7 8 . 2.3 Die Vermitteltheit der seelischen Erfahrung Bei der Suche nach einer A n t w o r t auf die Frage, wie w i r die seelischen Vorgänge anderer (und auch die eigenen) erfahren können, sei wieder auf einige Gedanken Wittgensteins zurückgegriffen. W i t t gensteins Philosophie verbindet nämlich auf originelle Weise zwei bislang als miteinander unvereinbar angesehene Auffassungen. A u f der einen Seite weist Wittgenstein den Behaviorismus zurück, ohne dabei den Bezugspunkt des Verhaltens aus dem Auge zu verlieren. A u f der 173 Das Konzentrieren auf eigene Empfindungen ist, w i e von Morstein (1964), S. 137, betont, k e i n Verifikationsprozeß. — Kenny (1973), S. 191 f., u n d von Savigny (1954), S. 55, weisen zu Recht nachdrücklich darauf hin, daß Wittgenstein nicht die Zuverlässigkeit des Gedächtnisses bezweifelt. Die Pointe besteht vielmehr darin, daß w i r n u r dann überhaupt v o n einer Zuverlässigkeit des Gedächtnisses sprechen können, w e n n w i r öffentlich zugängliche K r i t e r i e n anführen können. Die Zuverlässigkeit des Gedächtnisses verliert i n einer privaten Sprache ihren Sinn. 174 v g l . Wittgenstein (1963 c), §259; Hartnack (1962), S.82ff. 175 vgl. Wittgenstein (1963 c), §265; Stegmüller (1965 a), S. 650. 176 Vgl. Malcolm (1968 a), S. 73 f. u n d (1968 b), S. 381 f.; von Morstein (1964), S. 132; von Savigny (1970), S. 71 f.; Winch (1958), S. 32. 177 Malcolm (1968 a), S.73; vgl. auch Wittgenstein (1963 c), §202: „ U n d einer Regel zu folgen glauben ist nicht: der Regel folgen. U n d darum k a n n man nicht der R e g e l , p r i v a t i m ' folgen, w e i l sonst der Regel zu folgen glauben dasselbe wäre, w i e der Regel folgen." 178 Vgl. Garver (1959/60), S. 394, 396.

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2. Einige sprachphilosophische Akzente

anderen Seite wendet er sich gegen den cartesischen Dualismus, ohne das seelische Moment zu verkennen 1 7 9 . Wittgenstein leugnet nicht den seelischen Vorgang, sondern greift das falsche B i l d von seelischen Erlebnissen an: „Bist d u nicht doch ein verkappter Behaviorist? Sagst d u nicht doch, i m Grunde, daß alles F i k t i o n ist, außer dem menschlichen Benehmen? 1 — Wenn ich v o n einer F i k t i o n rede, dann von einer grammatischen Fiktion 1 8 «."

Wie schon beim Privatsprachenproblem gezeigt wurde, wendet sich Wittgenstein gegen die Auffassung, daß die Bedeutung der Wörter, die man gebraucht, um von seinen Empfindungen zu sprechen, von anderen nicht verstanden werden m i t der Konsequenz, daß man die Empfindungen anderer nur i n Analogie zu eigenen Empfindungen erfassen kann 1 8 1 . Zunächst fällt hier der Zirkelschluß auf, daß man, u m i m Wege der Analogie von einem anderen sagen zu können ,Er hat Schmerzen 4, den Begriff ,Schmerz 4 gebraucht 182 . Die eigenen Schmerzen bieten allein keine Grundlage der Analogie. Verdeutlicht sei dies an einem längeren Beispiel von Wittgenstein: „ W e n n ich v o n m i r selbst sage, ich wisse n u r v o m eigenen Fall, was das W o r t »Schmerz* bedeutet, — muß ich das nicht auch von A n d e r n sagen? U n d w i e k a n n ich denn den einen F a l l i n so unverantwortlicher Weise v e r allgemeinern? Nun, ein Jeder sagt m i r von sich, er wisse n u r von sich selbst, was Schmerzen seien! — Angenommen, es hätte Jeder eine Schachtel, d a r i n wäre etwas, was w i r ,Käfer 4 nennen. Niemand k a n n j e i n die Schachtel des A n d e r n schaun; u n d Jeder sagt, er wisse n u r v o m A n b l i c k seines Käfers, was ein Käfer ist. — Da könnte es j a sein, daß Jeder ein anderes D i n g i n seiner Schachtel hätte. Ja, m a n könnte sich vorstellen, daß sich ein solches D i n g fortwährend veränderte. — A b e r w e n n n u n das W o r t ,Käfer* dieser Leute doch einen Gebrauch hätte? — So wäre er nicht der der Bezeichnung eines Dings. Das D i n g i n der Schachtel gehört überhaupt nicht zum Sprachspiel; auch nicht einmal als ein Etwas: denn die Schachtel könnte auch leer sein. — Nein, durch dieses D i n g i n der Schachtel k a n n »gekürzt werden 4 ; es hebt sich weg, was i m m e r es ist. Das heißt: Wenn m a n die G r a m m a t i k des Ausdrucks der Empfindung nach dem Muster von »Gegenstand u n d Bezeichnung' konstruiert, dann f ä l l t der Gegenstand als irrelevant aus der Betrachtung heraus 1 8 3 ."

Wittgenstein w i l l also nicht den inneren Vorgang vergegenständlichen; er sieht i m Seelischen nicht einen Gegenstand für die Psychologie, wie parallel die Physik ihren Gegenstand i m Körperlichen hat. Der behavioristische I r r t u m lautet für ihn: Seelisches überhaupt zu Vgl. Donogan (1968), S. 332 ff., 337 ff. Wittgenstein (1963 c), §307; vgl. Malcolm (1968 a), S.94; Pears (1971), S. 164 f. 181 Vgl. hierzu auch Malcolm (1968b), S. 371 ff.; anders z.B. Russell (1952), S. 54 ff. 182 vgl. Wittgenstein (1970 c), §548; Malcolm (1968 b), S. 380. iss Wittgenstein (1963 c), § 293. 18

2.3 Die Vermitteltheit der seelischen Erfahrung

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l e u g n e n oder es i m B e r e i c h d e r K ö r p e r l i c h k e i t v e r m i t t e l s R e d u k t i o n a n z u s i e d e l n 1 8 4 . D i e F r a g e n a c h d e m Seelischen i s t f ü r W i t t g e n s t e i n n i c h t d i e n a c h d e n E n t i t ä t e n des Wesens, s o n d e r n die n a c h d e r Grammatik. Es g e h t also n i c h t u m d i e A n a l y s e eines P h ä n o m e n s , s o n d e r n eines B e g r i f f s u n d dessen A n w e n d u n g 1 8 6 . B e g r i f f l i c h e V e r w i r r u n g e n t s t e h t d u r c h das V e r k e n n e n d e r u n t e r s c h i e d l i c h e n F u n k t i o n s w e i s e n d e r Sprache. B e g r i f f e w i e »Denken 4 , , W o l l e n ' u s w . erscheinen d a n n als r ä t s e l h a f t , w e n n m a n u n t e r s t e l l t , sie seien i n n e r e V o r g ä n g e , d i e p a r a l l e l zu äußeren Vorgängen verlaufen 186. W i t t g e n s t e i n s L e i t g e d a n k e b e i d e r B e r i c h t i g u n g d e r logischen G e o g r a p h i e d e r E m p f i n d u n g s s p r a c h e ist, daß seelische Z u s t ä n d e n i c h t u n v e r m i t t e l t identifiziert werden können. E i n innerer Vorgang bedarf äußerer K r i t e r i e n ; e r i s t i n e i n e n g r ö ß e r e n b e g r i f f l i c h e n Z u s a m m e n hang einzuordnen187. I n t e n t i o n e n r i c h t e n sich a u f e i n e n Gegenstand. Z w a r ist es n i c h t n ö t i g , daß das i n t e n d i e r t e O b j e k t e x i s t e n t sein m u ß 1 8 8 . A b e r d a r a u s k a n n n i c h t geschlossen w e r d e n , daß d e r B e g r i f f d e r I n t e n t i o n ohne d e n B e g r i f f des O b j e k t s gedacht w e r d e n k a n n : m a n »beabsichtigt 4 n i c h t n u r , s o n d e r n m a n »beabsichtigt e t w a s 4 1 8 9 . 184 v g l . Wittgenstein (1963 c), §571; Apel (1973 a), S.260f.; Ch. Taylor (1970), S. 56; da es Wittgenstein u m den Sinn der Begriffe f ü r menschliches Verhalten geht, könnte m a n — m i t Einschränkungen — v o n einem „ S i n n behaviorismus" sprechen, vgl. Stegmüller (1965 a), S. 639. iss vgl. Wittgenstein (1963 c), §§308, 371, 383; Giegel (1969), S. 65. is« Vgl. Wittgenstein (1963 c), T e i l X I , S.537; Donogan (1968), S. 347 ff.; Gustafson (1968), S . 2 f . 187 v g l . Wittgenstein (1963 c), §580; Giegel (1969), S.73f.; Strawson (1968), S. 53 f.: „ . . . the m a i n hostility is the doctrine of immediacy."; ausführlich behandelt das Problem M a c l n t y r e i n (1958), S. 50 ff. * 8 8 Vgl. Anscombe (1968 a), S. 160 f., 176. is® Vgl. Giegel (1969), S. 75. Der intentionale Gegenstand ist also die sprachliche Erfassung eines Objekts u n d nicht — w i e bei Husserl — das Vermeinte als solches i m Sinne eines irreellen Gehalts des Bewußtseins. Wenn i m folgenden von I n t e n t i o n oder intentionalem O b j e k t die Rede ist, dann ist dies inhaltlich scharf von der Husserlschen Terminologie zu trennen. Z u m Intentionalitätsbegriff Husserls vgl. Claesges (1976 a), Sp. 475. Vgl. i m übrigen zu Wittgensteins Intentionsbegriff Habermas (1975), z.B. S.326: „ E r (Wittgenstein) trennt die intentionalen Gehalte von den intentionalen E r lebnissen: sie haben m i t Bewußtseinsakten oder inneren Episoden zunächst einmal nichts zu tun. Wittgenstein zufolge ist der Sinn von Intentionen nicht n u r nach dem Modell sprachlicher Bedeutungen aufzufassen, vielmehr besteht er d a r i n : i n der Sprache selbst berühren sich die I n t e n t i o n u n d die E r f ü l l u n g der I n t e n t i o n . . . Der Sinn des Satzes ist nicht pneumatisch; er erfährt nicht dadurch eine K l ä r u n g , daß m a n i h n auf Intentionen oder bedeutungsverleihende A k t e bezieht; der Sinn v o n I n t e n t i o n ist vielmehr umgekehrt n u r m i t Bezugnahme auf den Sinn von Sätzen zu präzisieren . . . Eine I n t e n t i o n verstehen, heißt daher, die Rolle eines Satzes i n einem Sprachsystem verstehen." — Z u beachten ist jedoch, daß Sellars den Versuch unternommen hat, eine sprachlogische Bewußtseinstheorie zu entwickeln. 5 Kindhäuser

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2. Einige sprachphilosophische Akzente

Ähnlich verhält es sich m i t Gefühlen. Furcht z. B. w i r d durch die Umstände definiert, die sie hervorrufen 1 9 0 . Nach einem Vorschlag Taylors könnte man Intentionen und Gefühle als Weisen verstehen, m i t denen w i r uns Dinge, Zustände oder deren Möglichkeiten verdeutlichen. " . . . i f w e consider emotions and feelings as ways of being aware affectively of the things, states of affairs or possible states of affairs w e call their objects 1 9 1 ."

Dies gilt auch für den Bereich des Unterbewußten bzw. Unbewußten. Auch hier nimmt man in die Beschreibung oder Analyse des psychischen Zustands einer Person Objekte auf. Taylor weist i m einzelnen nach, daß w i r so, mag es auch auf den ersten Blick paradox erscheinen, Gefühle wie ,namenlose Furcht' oder gegenstandslose Angst' identifizieren. Eine ,sinnlose Niedergeschlagenheit' ist z. B. ein Gefühl, das sich auf Umstände bezieht, die vor kurzer Zeit noch Freude und gute Laune auslösten; es läßt sich kein Sinn erkennen, in dieser Situation bedrückt zu sein, gerade weil ihr Gegenstand inadäquat ist 1 9 2 . Wie Taylor sagt, implizieren Gefühle ein affektives Bewußtsein zu ihren Objekten. Daher greift man oft auf Gefühle zur Erklärung von Handlungen zurück: man kann m i t ihnen auf Dispositionen verweisen, sich i n einer bestimmten Weise zu verhalten 1 9 3 . I m Gegensatz zu Intentionen beziehen sich Gefühle nicht durchweg so auf einen Gegenstand, daß sich ein Verhalten nach ihm ausrichtet 194 . Vielmehr werden Gefühle oft durch Handlungen bezeugt, z. B. durch expressive Handlungen wie ,vor Freude in die L u f t springen' oder ,Wehklagen'. Gefühl und Verhalten werden durch in Interaktionen

Ansatzpunkt ist hierbei, daß die Bewußtseinsakte am Modell des Sprechaktes erklärt werden. Obgleich auch bei Sellars, der keine transzendentallogische Theorie v e r t r i t t , scharfe inhaltliche Differenzierungen gegenüber Husserl vorzunehmen sind, treffen Husserl u n d Seilars ähnliche U n t e r scheidungen: der „intentionale A k t " u n d der „intentionale Gegenstand" finden i n Seilars Begriffen der „representings" u n d des „content" ihre E n t sprechungen. Vgl. Seilars (1968), S. 60; vgl. zur Intentionalitätslehre Sellars i m H i n b l i c k auf Husserl u n d K a n t auch Habermas (1975), S. 319 ff. 10 o Vgl. Kenny (1963), S. 60; den Begriff definieren' gebrauche ich hier nicht i n einem streng wissenschaftstheoretischen Sinne. Seelische Begriffe sind i n der Regel dispositional u n d daher nicht definierbar, sondern n u r quasianalytisch bestimmbar, vgl. Kap. 4.22.

M Ch. Taylor

(1970), S. 67.

192

Dispositional erklärt heißt dies i m groben: E i n der Disposition entsprechendes Verhalten manifestiert sich, obgleich die die Disposition normalerweise auslösenden Bedingungen nicht gegeben sind.

«3 Vgl. Ch. Taylor (1970), S. 68 ff. 104 vgl. Ch. Taylor (1970), S. 73.

2.3 Die Vermitteltheit der seelischen Erfahrung

67

eingeübte Regeln verbunden, sich i n bestimmten Situationen in bestimmter Weise auszudrücken 195 . Auch Empfindungen können wir, wie schon beim Privatsprachenproblem dargelegt wurde, nur i n Zusammenhang m i t einem Verhalten definieren 196 . W i r können einen Empfindungsausdruck ,E' nicht i n die Sprache einführen, ohne i h n m i t einer Verhaltensdisposition zu verknüpfen. Auch hier w i r d deutlich, warum w i r ebenfalls Empfindungen als Erklärungsgründe für Handlungen anführen können: Ihre Definition basiert wie die von Intentionen und Gefühlen auf spezifischen Verhaltensweisen 197 . Aber identifiziert man denn Schmerzen durch Schmerzverhalten? Wittgenstein führt zur Bejahung das Beispiel an, daß jemand Schmerzen hat und, während sie andauern, zu Stein verwandelt wird. Er könnte dann sagen, daß er zwar wisse, was ,Schmerz' heiße, aber ob das Schmerzen seien, was er jetzt habe, wisse er nicht. Daraus folgert Wittgenstein: „Daß ich hier versucht bin, zu sagen, m a n könne die Empfindung f ü r etwas anderes halten, als was sie ist, k o m m t daher: Wenn ich das normale Sprachspiel m i t dem Ausdruck der Empfindung abgeschafft denke, brauche ich n u n ein K r i t e r i u m der Identität für sie; u n d dann bestünde auch die Möglichkeit des I r r t u m s 1 9 8 . "

Daher ist bei eigenen Schmerzen nicht das Benehmen selbst das Kriterium: „ I c h sage es nicht auf die Beobachtung meines Benehmens hin. Aber es hat n u r Sinn, w e i l ich mich so benehme 1 9 9 ." „ I c h identifiziere meine E m p f i n d u n gen freilich nicht durch K r i t e r i e n , sondern ich gebrauche den gleichen A u s drucksoo.«

Das heißt aber, daß auch die eigene Erfahrung seelischer Vorgänge nicht unvermittelt sein kann, weil sie sich wie jede Erfahrung begrifflicher Strukturen bedienen muß, die sich auf die intersubjektiv geregelte Sprache stützen 2 0 1 . Taylor deutet hier auf eine Schranke unserer Erfahrung hin: 19

s Vgl. Ch. Taylor (1970), S. 87. « Vgl. hierzu auch: von Morstein (1964), S. 132; Pitcher (1964), S. 292 ff.; Scholz (1969), S. 96; Strawson (1959), S. 105; Ch. Taylor (1970), S. 77; als Gegenmeinung, vgl. Putnam (1960), S. 138 ff. 197 Vgl. Ch. Taylor (1970), S. 77 f. 198 Wittgenstein (1963 c), § 288. 199 Wittgenstein (1963 c), § 357. 200 Wittgenstein (1963 c), § 290; damit umgeht Wittgenstein auch das Problem der Sinnesdatentheoretiker, die einerseits den dispositionalen Charakter der Empfindungsbegriffe nicht leugnen, andererseits aber die Feststellung der Empfindung durch Introspektion vornehmen wollen, was bei Dispositionen gerade nicht möglich ist. Vgl. zu dieser Position Pap (1955), S. 197 f. 201 Vgl. Austin (1970 a), S. 110; Giegel (1969), S. 108; zur Gegenposition: Russell (1952), S. 54 ff. 19

5*

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2. Einige sprachphilosophische Akzente

" I t reflects a l i m i t to our experience as well, or perhaps a structural feature of this experience*««."

Das Wissen u m die eigenen Empfindungen basiert also auf der Begrifflichkeit der Erfahrung, und dies deckt sich m i t der Kantischen Einsicht, diaß Wissen überhaupt nur aufgrund begrifflicher Erfahrung möglich ist 2 0 3 . Austin weist i n seiner Analyse der Sicherheit und Gewißheit seelischer Vorgänge auf die Grammatik der Sätze ,Ich weiß, was ich fühle 4 hin. Bei ,was4 handelt es sich nicht u m ein Relativpronomen, sondern u m ein Interrogativpronomen. ,Ich weiß, was ich fühle* heißt also nicht ,Es gibt ein X , das ich weiß und fühle 4 , sondern ,Ich kenne die A n t w o r t auf die Frage: Was fühle ich?4. Man empfindet, so zeigt Austin, etwas, was man als Gefühl erkennt, und weiß, daß es ein bestimmtes Gefühl, z.B. Zorn, ist 2 0 4 . Hier kann man unter Vorbehalt eine Parallele zu Sellars ziehen, der betont, daß zwar Empfindungen unmittelbar seien, daß aber das Wissen von Empfindungen Sprachkompetenz voraussetze 206 . Empfindungen sind insoweit unmittelbar und auf eine spezifische Weise d i r e k t 2 0 6 , als man i h r Vorliegen nicht bezweifeln kann 2 0 7 . Wenn jemand sagt, er habe Schmerzen, und lügt dabei nicht, dann kann diese Aussage nicht falsch sein 2 0 8 . Auch unsere Wahrnehmung ist an ein Verhalten gebunden. Durch dieses w i r d es möglich, sich i n einer bestimmten A r t und Weise zu benehmen; sie gibt die Möglichkeiten an, i n denen gehandelt werden kann. „ D i e Realität, i n die die Wahrnehmung eingelassen ist, ist zugleich die Realität, i n der gehandelt w i r d . Die Handlungsorientierung ist nicht etwas, das nachträglich zur Wahrnehmung hinzukommt, sondern Wahrnehmung k a n n n u r als solche erfahren werden, w e n n sie Handlungen steuert 2 **."

Die Handlung verbindet Inneres und Äußeres . 202 ch. Taylor (1970), S. 78. 203 v g l . Giegel (1969), S. 115; Hampshire (1959), S.99f.; Sellars (1963), S. 175 f. 204 Vgl. Austin (1970 a), S. 96 f.; über dieses „Wissen" k a n n m a n freilich auch jemanden falsch informieren. Daher ist Ayers Darlegung hierzu k e i n Widerspruch, (1968), S. 31. 2 °5 Vgl. Sellars (1963), S.46; vgl. hierzu auch: Ayer (1968), S. 33; Baier (1958), S. 270; Hampshire (1965), S. 38. 206 vgl. Strawson (1959), S. 111; Wisdom (1952), S. 218 u n d Aufsatz I I I . 207 Vgl. von Morstein (1964), S. 134 f. 208 vgl. Ayer (1968), S.30; Stegmüller (1969), S . 8 f . 209 Giegel (1969), S.79, unter Bezug auf Wittgenstein (1963 c), §§357, 377 u n d (1970 c), §§619, 629; vgl. auch Adams (1965), S. 552; Hampshire (1959), S. 134 f.

2.3 Die Vermitteltheit der seelischen Erfahrung

69

Der Raum, i n dem w i r seelische Vorgänge erfahren, enthält neben Handlungen noch bestimmte Situationen. Z . B . w i r d die Erwartung einer Explosion nur einer Situation entspringen, i n der auch m i t einer Explosion zu rechnen ist 2 1 0 . Intentionen entstehen nicht plötzlich. Sie erwachsen aus einem Zusammenhang von Handlung und Situation, i n dem sie — freilich i n einem weiten Sinne — eingeübt wurden 2 1 1 . So geht der Identifizierung eines seelischen Erlebnisses die Interpretation einer Situation und einer Handlung voraus, d . h . das Verstehen eines typischen Zusammenhanges 212 . „ , A l s ich das sagte, w o l l t e ich i h m n u r einen W i n k geben/ — Wie k a n n ich wissen, daß ich es n u r sagte, u m i h m einen W i n k zu geben? N u n die Worte ,Als ich es i h m sagte etc.* beschreiben eine bestimmte uns verständliche Situation. Wie schaut die Situation aus? U m sie zu beschreiben, muß ich einen Zusammenhang beschreiben 2 1 8 ."

Wenn man ein fremdes Verhalten aus einem Zusammenhang von Situation und Handlung interpretiert, etwa als absichtliches Handeln, dann erwartet man, daß der Beobachtete sich dieselbe Interpretation zuschriebe, wenn er dazu aufgefordert würde — allerdings ohne dabei seine Aussage auf eine Erfahrung durch Beobachtung zu stützen 2 1 4 . Empfindungsbegriffe verwenden heißt nun aber nicht, alle auf sie bezogenen Lebenszusammenhänge vor Augen haben. Vielmehr beruhen Empfindungsbegriffe auf den erlernten und verstandenen Regeln, die einen korrekten Gebrauch der Begriffe ermöglichen. Das sprachund handlungskompetente Subjekt ist selbst Teil des Lebenszusammenhanges und bewegt sich i n ihm. Die Sprache enthält und verdeutlicht die intersubjektive Erfahrung des Seelischen, und der einzelne weiß — durch die Teilnahme an der gegebenen Lebensform — von seinen inneren Vorgängen durch die Sprache; diese steht zur Empfindung nicht i n einem äußerlichen Verhältnis 2 1 5 . Kommen w i r nun zu unserer Eingangsfrage zurück: Wie können w i r vom Fremdseelischen, z.B. den Intentionen anderer, wissen? I n der Anfangsphase der menschlichen Entwicklung drücken sich seelische Erlebnisse spontan i n einem Verhalten aus — ein Säugling kann sich nicht verstellen 2 1 6 . Erst wenn man erlernt hat, die Begriffe des See210 v g l . Wittgenstein (1963 c), § 581. 211

S. 12 f.

Vgl. Malcolm (1968 a), S.85f.; Scholz (1969), S.97f.; Ch. Taylor (1971a),

212 Vgl. Wittgenstein (1963 c), §441 u n d (1970 c), §§27, 170, 469; Giegel (1969), S. 84; Kenny (1963), S.67f.; Malcolm (1968 a), S.86f.; Strawson (1968), S. 54. 21 » Wittgenstein (1970 c), § 17. 2 " Vgl. Strawson (1959), S. 111 f. 21 * Vgl. Austin (1970 a), S.1041, 110 f.; Giegel (1969), S.86ff. 21« vgl. Wittgenstein (1963 c), §249; Giegel (1969), S.135f.

70

2. Einige sprachphilosophische Akzente

lischen zu handhaben, kann man sein Inneres verbergen. Aber dies darf nicht -darüber hinwegtäuschen, daß es Situationen gibt, die Fremdseelisches offenlegen. Nur die Möglichkeit, durch Verstellung Zweifel an den wahren Absichten zu erwecken, darf nicht zu dem Schluß verführen, innere Ereignisse seien immer privat 2 1 7 . Dabei darf nicht übersehen werden, daß auch die Motive zu einer Verstellung sich aus einem kulturellen Lebenszusammenhang ergeben 218 . Es sei daran erinnert, daß seelische Begriffe nur die Sinnhaftigkeit des Geschehens i n bestimmten Zusammenhängen ausdrücken, nicht aber einen materialen Gehalt 2 1 9 . Daher ist die Annahme verfehlt, daß zwei Personen, A und B, i m Rahmen von vergleichenden Schilderungen sich genau entsprechende Intentionen hätten — diese Identität ist für die Struktur der sie zur Sprache bringenden Begriffe irrelevant 2 2 0 . Der Begriff der ,Identität' und der Begriff ,gleich' haben nur dort eine Funktion, wo man auch vergleichen kann. Wenn die Qualität der Empfindungen keinen Vergleichen zugänglich ist, dann ist auch der Zweifel an der Gleichheit sinnlos 2 2 1 . 2.4 Gilbert Ryle: Kategorienfehler Während es Wittgenstein darauf ankommt zu zeigen, daß das Seelische nicht vergegenständlicht werden darf, daß also der Cartesische Dualismus von Geist und Körper eine sprachliche Verwirrung sei, bietet Gilbert Ryle in „The Concept of Mind" eine Untersuchung zum Charakter mentaler Begriffe 2 2 2 .

217 V g l .Kenny (1963), S.62ff.; Austin (1970 a), S. 104, formuliert dies pointiert: "The feelings of royalty, for example, or fakirs or bushmen or Wykehamists or simple eccentrics — these may be very hard to divine: unless you have had a prolonged acquaintance w i t h such persons, and some intimacy w i t h them, you are not i n any sort of position to k n o w w h a t their feelings are, especially if, for one reason or another, they can't or don't t e l l you." Vgl. zu dem „Wissen v o m Fremdseelischen" auch: Austin (1970 a), S. 86 ff., 112 ff.; Gardiner (1952), S. 126 f.; Giegel (1969), S. 139 f.; Malcolm (1968 a), S. 87; Lorenzer (1970), S. 67 f.; Pitcher (1964), S. 285 ff.; von Savigny (1974), S. 47 ff.; Stegmüller (1965 a), S . 6 6 0 1 ; Wittgenstein (1963 c), §§246, 303, T e i l X I , S. 536 f. u n d (1970 c), § 571. 218 Vgl. Giegel (1969), S. 142; Ryle (1954), S. 95 ff. 219 Vgl. Anscombe (1968 a), S. 160 ff.; Giegel (1969), S. 144. 220 v g l . Wittgenstein (1963 c), §272; Geach (1971), S. 3 f. 221 Vgl. Giegel (1969), S. 147; Malcolm (1968 a), S.74f., 76; von Morstein (1964), S. 139. 222 Dieses, zuerst 1949 erschienene, weitgehend systematische W e r k ist die einflußreichste A r b e i t zur englischen „mind-philosophy". Ryle zählt daher, auch w e n n er i n der kontinentalen Philosophie noch nicht gewürdigt wurde, m i t A u s t i n u n d Wittgenstein zu dem klassischen Dreigestirn der „ordinary language philosophy". Vgl. auch Kemmerling (1976), Sp. 781 f.

2.4 Gilbert Ryle: Kategorienfehler

71

U m Ryles Ansatz von Mißverständnissen freizuhalten, muß gleich zu Anfang betont werden, daß er, obgleich auch er den Cartesischen Dualismus scharf bekämpft, nicht die Unterscheidung zwischen freiwilligen und unfreiwilligen Handlungen verneint. Vielmehr hebt er gerade die Berechtigung einer solchen Differenzierung hervor 2 2 3 . Er hat i n besonderer Weise den Humanismus der analytischen Schule freigelegt, und seine nicht tautologisch gemeinte Tautologie, ein Mensch sei ein Mensch, soll einer Charakterisierung des Menschen als einer frei handelnden, verantwortlichen Person dienen 2 2 4 . Einem verengten naturwissenschaftlichen B i l d vom Menschen als einem höheren Säugetier hält er entgegen: "There has yet to be ventured the hazardous leap to the hypothesis that perhaps he is a man 2 2 5 ." Ryles K r i t i k richtet sich also nicht gegen freiwilliges menschliches Handeln, sondern gegen das allgemeine philosophische B i l d vom W i l len, das er m i t der gewöhnlichen Verwendungsweise mentaler Begriffe vergleicht. Die Stoßrichtung zielt gegen die fehlerhafte Abstraktion des Konkreten, gegen die Ungenauigkeit der Verallgemeinerung des Besonderen. Fehlerhafte Abstraktionen liegen in der Vorstellung vom Menschen als einer Maschine — und ebenso in deren Gegenteil, der Vorstellung vom Willen als Epiphänomen nichtkörperlicher Vorgänge, soweit er doch gleichwohl i n quasi-mechanischen Begriffen gefaßt w i r d 2 2 6 . Ryle greift an, daß bei der letztgenannten Theorie die Beschreibung geistiger Tätigkeit nur m i t Hilfe barer Verneinung von körperlichen Vorgängen vorgenommen wird, dennoch aber die W i r kungsweise des Geistigen durch Analogie zum Körperlichen gedacht wird. Pointiert formuliert er: "Minds are not bits of clockwork, they are just bits of not-clockwork 2 2 7 ." Dennoch neigt Ryle eher der von ihm angegriffenen Cartesischen idealistischen Auffassung zu, die die normalen Verwendungsweisen der mentalen Begriffe nur mystifiziert, als der Hobbes folgenden mechanistischen Theorie, die mentale Begriffe völlig verdreht 2 2 8 . Ryle wurde vorgeworfen, er spreche von einem category mistake, ohne anzugeben, welcher Kategorie denn nun das Geistige unterfalle. Nur Begriffe für Eigenschaften heranzuziehen, bliebe der Klärung mentaler Vorgänge fern 2 2 9 . 223 Vgl. Ryle (i960), S. 63. 224 Vgl. Ryle (1960), S.81; Roche (1973), S. 58. 225 Ryle (i960), S. 328. 226 trägt 227 228

Vgl. Roche (1973), S. 53; eine Ryle verwandte, scharfsinnige auch Hamlyn (1953), S. 104 f. vor. Ryle (1960), S. 20. Vgl. Roche (1973), S.53; Wisdom (1952), S.225f.

Kritik

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2. Einige sprachphilosophische Akzente

M. E. gehen solche Vorwürfe an den Zielen Ryles vorbei. Ryle kommt es nicht darauf an, eine neuartige kategoriale Einteilung von Geist und Körper vorzulegen, sondern m i t pedantischer Genauigkeit metaphysischen Theorien auf die Finger zu klopfen, wenn sie sich i n verbotenes Terrain vorwagen. Ryles Credo lautet, daß sich über menschliches Verhalten alles klar sagen läßt, solange man nicht die Begriffe des Naturwissenschaftlers m i t den Begriffen unserer Alltagserfahrung zu einem Brei vermengt, aus dem man dann glaubt, Erkenntnisse gewinnen zu können. Für den Philosophen ergeben sich zwei Aufgabent Z u m einen muß er Begriffskonflikte beilegen. Z u m anderen hat er sich der Analyse der Begriffe anzunehmen, die unsere i n der Umgangssprache enthaltene Erfahrung ausdrücken. Die vorliegende Untersuchung kann an Ryles Position i n dreierlei Hinsicht anknüpfen. Zunächst kann sie sich seines Begriffs des Kategorienfehlers bedienen. Dies w i r d insbesondere i m Bereich der W i l lensakttheorien von Nutzen sein. Wer z. B. fragt, wie das Wollen eine Bewegung i m Raum hervorrufen könne, entlehnt Bilder aus der Mechanik, u m sie auf geistige Vorgänge zu übertragen. So w i r d die W i l lensfreiheit zum Problem, w e i l die Hypothese, Geistiges m i t der Begrifflichkeit aus dem Gebiet der Mechanik erfassen zu können, m i t der Einsicht i n Einklang zu bringen ist, daß menschliches Verhalten sich grundlegend von maschinellen Arbeitsweisen unterscheidet 230 . Des weiteren hat Ryle einen wichtigen Beitrag zum Charakter mentaler Begriffe geleistet. Er zeigte, wie fundamental die Unterscheidung von dispositionalen und manifesten Prädikaten für die Sprache ist, m i t der w i r über Seelisches sprechen. A n dieser Differenzierung w i r d keine Analyse, die sich dem Geist-Körper-Problem widmet, mehr vorbeigehen können. Schließlich eröffnete Ryles Kampf gegen Begriffskonflikte einen neuen Dualismus , den Begriffsdualismus von physikalischen und mentalen Begriffen 2 3 1 . Damit wurde er zu einem der radikalsten Verfechter der sog. Verträglichkeitsthese. Die Kategorien der Willensfreiheit, Verantwortlichkeit und Schuld sind m i t mechanischen Kategorien widerspruchslos zu vereinbaren. Die Gesetze und Begriffe z.B., m i t 229 v g l . Chomsky (1966), S. 12; der Begriff des Kategorienfehlers ist ein R e l i k t aus Ryles früheren, ontologisch ausgerichteten Überlegungen, vgl. Warnock (1969), S. 68 ff. Z u den Schwächen des Ryleschen Kategorienk r i t e r i u m s vgl. Kemmerling (1976), Sp. 781. Weniger mißverständlich wäre es gewesen, w e n n Ryle schlichter von „Sprachwidrigkeiten" gesprochen hätte, vgl. von Savigny (1970), S. 83.

230 vgl. Ryle (1960), S. 20. 231 Vgl. Abelson (1965), S. 540; der Begriff des „neuen Dualismus" stammt von Landesman (1965).

2.4 Gilbert Ryle: Kategorienfehler

73

denen der Physiker die Bewegungen der Kugeln beim Billard zu erklären versucht, vertragen sich m i t dem Begriffsraster der Umgangssprache, das w i r zur Charakterisierung des Spiels als elegant, geschickt oder ungelenk heranziehen 232 .

232 Vgl. unten Abschn. 4.4.

3. Ursache, Bedingungen und Basis-Handlungen 3.1 Kausalprobleme Handlungen beziehen sich auf Veränderungen. Veränderungen werfen, soweit man sich m i t ihnen philosophisch oder juristisch befaßt, Kausalprobleme auf. Aus der Fülle dieser Probleme sind für den hier zu besprechenden Bereich nur die Fragen von Interesse, die das Verhältnis von Handlung und Kausalität zum Gegenstand haben 1 . Die Begriffe ,Kausalität' und »Handlung', ,Schuld' und ,Ursache' wurden i n ihrer ideengeschichtlichen Entwicklung vielfach miteinander und ineinander verwoben 2 . So ist etwa der Begriff ,Kausalität' ein Abkömmling des römischen Rechtsbegriffs causa 3. M i t aitia bezeichneten die Griechen Ursache und Schuld zugleich: Straf recht und Vorstellungen ausgleichender Gerechtigkeit waren Ausgangspunkte für die Kausaltheorien griechischer Naturphilosophen. Dies beruhte auf einer Naturauffassung i n Analogie zu einem durch Gesetze wohlorganisierten Bereich. „ F ü r die Ordnung, als die m a n das Ganze der Welt zu begreifen sucht, liefert . . . die autoritäre Gemeinschaft, der Staat, das Urschema, w e i l man eben den Staat als die Ordnung schlechthin, w e i l m a n i h n dank der v i e l älteren theologischen Spekulation als absoluten Wert zu nehmen gewohnt ist*."

Auch i n unserer Sprache schwingen bei dem Wort ,Ursache' mannigfaltige Bedeutungen mit, z. B. Ursprünglichkeit, bewegende K r a f t oder Schuldzuschreibungen. Und wenn man einmal von allen Kausalitätsbegründungen der Philosophiegeschichte von Plato bis Spengler absieht 5 und ins Triviale hinübergleitet, so spürt man die Begriffsverquickung noch, wenn man einen verschnupften Mitmenschen sagen hört, schuld an seinem Unwohlsein sei das stundenlange Warten in der Kälte. 1

Auch hier sei der rechtswissenschaftlich-dogmatische Bereich ausgeklammert. 2 Vgl. hierzu Cohen (1942); Hart ! Honoré (1959), Introduction. 3 Vgl. Cohen (1942), S. 13; Nagel (1965), S. 17. * Kelsen (1941), S. 237; vgl. hierzu auch: Austin (1970 b), S. 202; Cohen (1942), S. 13; Kelsen (1941), K a p . V ; Nagel (1965), S. 17; R. Taylor (1966), S. 10 ff.; Tieisch (1964); R. Specht (1976), Sp. 798 f.; Scheibe (1976 b), Sp. 799 ff. 6 Z u einer kurzen Skizze vgl. Cohen (1942), S. 14 ff.

3.1 Kausalprobleme

76

Auch i m Strafrecht hängen die Begriffe ,Kausalität 4 und ,Handlung 4 eng miteinander zusammen. Die dogmatische Lehre unserer Tage unterstellt diesen Zusammenhang als Selbstverständlichkeit 6 . So nennt z. B. Welzel die Kausalität „ein Teilmoment jeder Handlung 44 , oder es ist i m Lehrbuch von Mezger / Blei zu lesen, daß der Handlungsbegriff nicht nur final, sondern auch kausal sei 7 . Handlung ohne Kausalität scheint nicht vorstellbar zu sein, wohl aber Kausalität ohne Handlung. Freilich ist diese Begriffszusammenziehung, die meist noch ontologisch untermauert wird, nicht unbedenklich 8 . Handgreiflich werden die Schwierigkeiten bei den sog. unechten Unterlassungsdelikten. Einerseits liegen bei solchen Straftaten offensichtlich Handlungen vor, andererseits versagt aber die allseits als Grundlage der Kausalität anerkannte Prüfung der conditiones sine quibus non, weil etwas nicht Vorhandenes oder nicht Geschehenes keine notwendige Bedingung eines eingetretenen Ereignisses sein kann 9 . Aus diesen Schwierigkeiten kann man m. E. nur die Konsequenzen ziehen, zum einen die zu enge und unzureichende conditio sine qua non-Formel dem Common sense entsprechend zu erweitern, zum zweiten die Begriffe ,Handlung 4 und »Kausalität 4 neu zu strukturieren. Angesichts der Tatsache, daß die modernen Naturwissenschaften ohne die traditionellen Kausalbegriffe auskommen können, stellt sich zunächst die Frage, ob man nicht auch i n anderen wissenschaftlichen Bereichen auf so unklare und vieldeutige Begriffe, wie z. B. »Ursächlichkeit 4 oder ,Wirkung 4 , verzichten kann. Schon 1912 bemerkte Russell: . . that the w o r d 'cause' is so inextricably bound up w i t h misleading associations as to make its complété extrusion from the philosophical vocabulary desirable."

Und er fährt fort: "To me i t seems that philosophy ought not to assume such legislative functions (auf Kausalität bezogen, U.K.K.), and that the reason w h y physics has ceased to look for causes is that, i n fact, there are no such t h i n g s 1 0 . " 6

Als Ausnahme wäre n u r der v o m „Kausaldogma" befreite Handlungsbegriff Maihofers zu nennen, vgl. Maihof er (1953) u n d (1961). 7 Welzel (1967), S.39; Mezger-Blei (1968), §20,1. 8 Eine ontologische Begründung tragen beispielsweise Arthur Kaufmann (1966) u n d Welzel (1961) vor. 9 Selbst Engisch (1931), S. 30, übersieht, daß ein Unterlassen niemals notwendige Bedingung sein kann. Soweit bei Unterlassungen überhaupt Bedingungsfragen auftauchen, k a n n es sich n u r u m hinreichende Bedingungen handeln. Irreführend erscheint darüber hinaus die Behauptung Engischs (1931), S. 30, daß zwischen einem Unterlassen und einem Ereignis eine „gesetzmäßige Beziehung" bestehen könne. I n einem Beispiel spricht er von „Gesetzen der Maschinenbautechnik" (S. 31), die den Zusammenhang zwischen einem Unterlassen u n d dem Bau von Geschützen herstellen sollen. Offensichtlich geht es aber hierbei u m Kunstregeln, u m ein „ k n o w how", u n d nicht u m „notwendige" Naturgesetze.

76

3. Ursache, Bedingungen und Basis-Handlungen

I n einer vorsichtigen K r i t i k an dieser berühmten Untersuchung weist von Wright darauf hin, daß zwar Russells Auffassung, soweit sie das Kausalprinzip betreffe, grundsätzlich berechtigt sei, daß aber die von i h m vorgeschlagene Aufgabe des Begriffs »Ursache4 zugunsten von Funktionen der Lösung einer Reihe traditioneller philosophischer Probleme, z. B. der Interaktion von Geist und Körper oder der W i l lensfreiheit, nicht näher komme 1 1 . Von Wright plädiert daher für ein wissenschaftstheoretisch haltbares, zugleich aber von der Regularitätsthese Humes abweichendes Kausalmodell, das man aktionistisch oder interventionalistisch nennen könnte 1 2 . Da dieses Modell eng m i t der Vorstellung des Handelns als eines Eingriffs i n einen Naturverlauf verbunden ist, erscheint es für die vorliegende Untersuchung besonders ergiebig zu sein und soll i m folgenden diskutiert werden. Gerade dieser Ansatz von Wrights wie auch einige andere Beiträge der wissenschaftstheoretischen Diskussion der letzten Zeit sprechen dafür, i n einer praktischen Wissenschaft wie der des Rechts die Frage nach dem Verhältnis von Kausalität und Handlung anders als herkömmlich zu stellen, etwa: Können w i r uns nicht dem Begriff der Kausalität nur unter Zuhilfenahme der Vorstellung einer Intervention i n einen Verlauf der Welt nähern, den Begriff der Handlung dagegen ohne Zugriff auf die Kausalität explizieren 13 ?

3.2 Die Asymmetrie von Kausalrelationen Bei der Erörterung der Möglichkeit, Kausalabläufe m i t Hilfe von Bedingungsrelationen zu analysieren, empfiehlt es sich, einige Vorfragen über den Charakter von Bedingungen zu klären. io Russell (1912/13), S. 1; „gemildert" i n Russell (1952), S. 311 ff.; vgl. Scheibe (1976 a), Sp. 794. — Vgl. auch Melden (1961a), S.205: "'Cause', then, is one of the square words i n both ordinary and philosophical speech, and here every attention to the precise manner i n w h i c h i t is employed is essential." u Vgl. von Wright (1971 a), S. 35 f.; vgl. a u d i Gasking (1955), S. 486 f.; Nagel (1965), S. 12; das Problem besteht hauptsächlich darin, daß m i t H i l f e von Funktionen die Asymmetrie v o n Kausalrelationen nicht darstellbar ist. Das Problem w i r d auch diskutiert i n Engisch (1965), 116 ff. — Z u r Behandlung des „Kausalprinzips" i n der Wissenschaftstheorie vgl. Pap (1955), S. 137 ff.; Stegmüller (1974 a). 12 Vgl. von Wright (1971 a), Kap. I I ; vgl. auch Gasking (1955). Z u Humes Position vgl. Hobart (1930). 13 Vgl. Gasking (1955); Hart l Honoré (1959), S. 26 ff.; R. Taylor (1962/63) u n d (1966), S. 262; vgl. Chisholm (1966), S. 22: " . . . w e m a y plausibly say . . . that i t is only b y understanding our o w n causal efficacy, as agents, that w e can grasp the concept of cause at all." — Über den Zusammenhang v o n Begriffsbildung u n d Kausalvorstellung bei der Naturbeschreibung vgl. Sellars (1963), S. 352 ff.

3.2 Die Asymmetrie von Kausalrelationen

77

Werfen w i r zunächst einen Blick auf einige rechtswissenschaftliche Bemerkungen zur Kausalität. Welzel z.B. erblickt i n der Kausalität nicht nur eine „logische", sondern auch eine „gesetzliche" Verknüpfung von Ereignissen 14 . Spendel stellt die Behauptung auf, daß der nach der positiven Fassung der conditio sine qua non-Formel bejahte Kausalzusammenhang stets logisch zwingend (notwendig) gefolgert sei 15 . Proebsting sieht i n der conditio-Formel die Feststellung einer logischen Beziehung zwischen menschlicher Körperbewegung und strafrechtlichem Erfolg 1 6 . Das Problematische an diesen Bemerkungen, die allerdings nicht repräsentativ für die Strafrechtswissenschaft sind 1 7 , ist, daß i n ihnen eine (erstmals von Hume scharf herausgearbeitete) Unterscheidung verletzt wird, nämlich die Unterscheidung von Logik und Empirie. Hume schreibt: " A l l the objects of h u m a n reason or enquiry may n a t u r a l l y be divided into t w o kinds, to w i t , Relations of Ideas, and Matters of Facti®."

Nach dieser Unterscheidung hat es die Relation von Ursache und W i r k u n g m i t Tatsachen zu t u n und ist empirisch. Davon abzuheben ist die Relation von Grund und Folge, die begrifflich und logisch ist 1 9 . Gleichgültig, ob man i n dem heute noch unentschiedenen Streit die Gesetzlichkeit kausaler Zusammenhänge als akzidentelle universelle Kookurrenz i m Sinne Humes 2 0 oder vor modallogischem Hintergrund als notwendig 2 1 ausweist, kann als derzeitiges Allgemeingut wissenschaftstheoretischer Kausalbegründung angesehen werden, daß U r sache und W i r k u n g sich auf zwei isoliert identifizierbare, d . h . kon14 Welzel (1967), S.40, schreibt: „ A u c h ist er (erg. Kausalbegriff, U.K.K.) keine bloß logisgen könnten. Damit w i r d aber auch das B i l d des Verbrechens als einer auf den Kopf gestellten Pyramide, deren Grundlage die Handlung als Punkt darstellt und die sich nach oben bis zur Strafbarkeit immer mehr erweitert, aufgegeben. Die strafbare Handlung ist vielmehr ein einheitlicher Block, der durch Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe nicht gespalten werden konnte. Daraus ergibt sich für den Deliktsaufbau folgendes Prüfungsverfahren: Die Vorfrage lautet: Gibt es einen Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten eines bestimmten Menschen und dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses? I n diese Kausalerklärung fließen nicht nur notwendige Bedingungen ein, sondern auch hinreichende bzw. hinreichende und notwendige. Das eigentliche intentionale Prüfungsver88 Arthur

Kaufmann

(1961), S. 183.

6.2 Grundzüge eines intentionalen Handlungsbegriffs

213

fahren beginnt dann m i t der Frage: Hat der Beschuldigte gehandelt, d. h. kann ihm ein Handlungssatz zugeschrieben werden m i t dem Inhalt, daß er in der Lage war, das betreffende Ereignis durch ein entscheidbares Tun herbeizuführen? W i r d diese Frage bejaht, so ist nun zu untersuchen, ob diese Handlung auch als tatbestandsmäßig angesehen werden kann. W i r d diese Frage ebenfalls positiv beantwortet, so ist zu prüfen, ob Rechtfertigungsgründe eingreifen und, falls nicht, ob Entschuldigungsgründe vorliegen. A u f dieses Verfahren soll nun näher eingegangen werden. Zunächst sei zwischen Akt-Typen und individuellen Handlungen unterschieden. Eine individuelle Handlung ist die Interpretation einer bestimmten Verhaltensweise durch den Handelnden selbst oder einen Beobachter. Ein A k t - T y p liegt demgegenüber vor, wenn ausgedrückt werden soll, daß mehrere Personen dieselbe Handlung begehen können 8 9 . I n einem A k t - T y p sind bestimmte Merkmale einer Handlungszuschreibung enthalten, die von beliebig vielen Personen exemplifiziert werden können u n d denen daraufhin diese Handlung zugeschrieben wird. Für Zuschreibungen von Akt-Typen sind die individuellen Bewegungen eines Handelnden zumeist irrelevant — man denke nur daran, auf wieviele Weisen ein Vertrag unterschrieben oder Schach gespielt werden kann. Straftatbestände stellen Akt-Typen i n diesem Sinne dar, und sie sind erfüllt, wenn ein Täter die Akt-Merkmale durch sein individuelles Handeln exemplifiziert hat 9 0 . Wie knüpft nun der A k t - T y p des Tatbestandes an die individuelle Handlung an? Auch hierbei läßt sich wieder ein Generierungszusammenhang herstellen. I m Rahmen einer topologischen Handlungsfigur muß es zwischen der Beschreibung der individuellen Handlung und der Zuschreibung des Akt-Typs eine lineare Verbindung geben. Linear deshalb, weil der Handelnde durch den Vollzug der Basis-Handlung (der individuellen Handlung) i n der Lage sein muß, den Erfolg der generierten Handlung herbeizuführen. Verletzt ein Handelnder durch ein T u n mehrere Straftatbestände, so können freilich die einzelnen Tatbestände vertikal zueinander angeordnet werden. Ist eine solche Generierung möglich, so ist noch nicht gesagt, daß der strafrechtliche Erfolg auch Objekt der Intention des Handelnden war. Es ist lediglich festgestellt, daß der Beschuldigte überhaupt intentional handelte und daß diese Handlung die Merkmale des Tatbestands exemplifiziert. Noch ungeklärt ist also, ob der Handelnde sich zu rechtfertigen vermag, oder ob er vorsätzlich bzw. fahrlässig han8» Z u m Begriff des „ A k t - T y p s " vgl. Goldman (1971). 90 Vgl. hierzu auch die ausführlichen Untersuchungen zur Typizität des Tatbestandes aus hermeneutischer Sicht von Hassemer (1968), Kap. 3.

214

6. Kritik des strafrechtlichen Handlungsverständnisses

delte. I n der Strafrechtsdogmatik ist heftig umstritten, ob das Merkmal des Vorsatzes zur Tatbestands- oder zur Schuldprüfuiig gehört. Ich möchte mich m i t einem einfachen Argument der letztgenannten Position anschließen. I m täglichen Leben ist es so, daß man seine Verantwortlichkeit für das Zustandebringen eines unerwünschten Ereignisses m i t dem Hinweis auf den mangelnden Vorsatz mindern, d.h. sich entschuldigen kann. Es wäre ganz einfach unverständlich, wenn jemand während eines Festessens gierig nach der Salatplatte schnappt, dabei sein Glas umstößt, das weiße Kleid der neben ihm sitzenden Dame m i t Rotwein bespritzt und lächelnd sagt, er brauchte sich nicht zu entschuldigen, da er diesen bedauerlichen Zwischenfall gar nicht gewollt und damit auch nicht gehandelt habe. Die Gepflogenheiten des täglichen Lebens verlangen es jedenfalls nicht, den Vorsatz von der Schuld zu trennen. Da diese Trennung auch nicht von der Erkenntnistheorie gefordert wird, bleibt das entscheidende Wort der juristischen Dogmatik überlassen. Welche Theoretiker ein höheres Maß an Plausibilität ihrer Argumente für sich verbuchen können, sei hier dahingestellt. Es muß nur festgehalten werden, daß die Trennung von Vorsatz und Schuld nicht den Regeln der umgangssprachlichen Handlungszuschreibung entspricht. Damit gewinnt der Deliktsaufbau, der insgesamt als Verbrechenseinheit anzusehen ist, i m groben folgende Konturen: Ausgangspunkt ist eine Handlung, also ein entscheidbares Tun, durch das der Handelnde i n der Lage ist, ein Ereignis herbeizuführen. Diese Handlung muß in einen Generierungszusammenhang m i t einer tatbestandsmäßigen Handlungszuschreibung gebracht werden, d. h. das Tun des Handelnden und dessen Konsequenzen müssen so beschrieben werden können, daß sie den A k t - T y p eines Tatbestands erfüllen. Auf der Ebene des Unrechts sind die möglichen Rechtfertigungsgründe des Handelnden zu überprüfen. Es ist zu untersuchen, ob die pejorative Einschätzung der Handlung aufrechterhalten werden kann. Die Schuldprüfung dient dem Handelnden dazu, die subjektive Komponente des Handlungszusammenhangs ins Spiel zu bringen. Er kann den tatbestandsmäßigen Erfolg als nichtintendierte Konsequenz seiner Handlung bezeichnen oder die tatbestandliche Handlungszuschreibung als für ihn nicht vermeidbar oder unvorhersehbar ausweisen. Zudem ist i h m der Kodex der gesetzlich fixierten Entschuldigungsgründe zur Hand. Abschließend sind eventuell die objektiven Bedingungen der Strafbarkeit zu berücksichtigen. Dieser Abriß mag genügen, um zu zeigen, daß der hier vorgeschlagene intentionale Handlungsbegriff i m Rahmen der Exemplifizierung einer Straftat auf die Merkmale des Verbrechens nicht vorgreift und

6.2 Grundzüge eines intentionalen Handlungsbegriffs

215

dennoch als Grundstein dienen kann. Soweit ein Mensch intentional gehandelt hat, d. h. soweit er i n der Lage war, ein Ereignis durch ein entscheidbares T u n herbeizuführen, kann i h m der widerlegbare Vorwurf gemacht werden, ein strafbares Delikt erfüllt zu haben.

„Was die Menschen als Rechtfertigung gelten lassen, — zeigt w i e sie denken u n d leben." L . Wittgenstein

6.24 Der intentionale

Handlungsbegriff

Den frühen Wittgenstein hielt das B i l d einer deskriptiven, besser: der deskriptiven Sprache, gefangen. Aber nicht nur deskriptiv sollte diese Sprache sein, sie sollte darüber hinaus die ontologische Struktur der Welt wiedergeben, dies i n einem strengen Sinne: Welt und Sprache zerfallen i n Bausteine, Atome, die jeweils derselben ontologischen Kategorie angehören. Wittgenstein brach i n seinem Spätwerk radikal m i t seiner früheren Metaphysik. Er erkannte nicht nur den Reichtum der Sprache und ihrer Funktionen, er durchschaute auch seinen philosophischen Grundfehler, den Grundfehler aller Metaphysik. Und dieser besagt i n einem handlichen Schlagwort: V o n der Sache prädizieren, was i n der Darstellungsweise liegt, bzw. die Grenzen zwischen Empirie und Sprachlogik verwischen. Der Fehler wurzelt i n einem Bild, das die Oberfläche der Sprache vorgaukelt und auf das man sich so sehr konzentriert, daß man die Vielfältigkeit der sprachlichen Funktionen nicht mehr wahrnimmt. Wittgenstein hat diesen Fehler immer wieder an dem Beispiel eines Mannes verdeutlicht, der sich i n einem Zimmer befindet und auf alle möglichen Weisen aus i h m zu entkommen versucht, statt sich einfach umzudrehen und zu bemerken, daß die T ü r die ganze Zeit über offen steht. Wittgensteins Spätphilosophie vermag der Rechtswissenschaft viele Impulse zu geben. Zunächst entspricht die Warnung vor metaphysischen Bildern gerade i m Bereich des Strafrechts dessen Erkenntnisinteresse, das Engisch so formuliert: „Es ist eine der i m strengsten Sinne grundlegenden Überzeugungen der modernen Strafrechtswissenschaft u n d K r i m i n a l p o l i t i k , daß das Strafrecht keine metaphysische Sendung zu erfüUen hat . . . ö l . "

A u f einen speziellen Anwendungsbereich der Wittgensteinschen Lehre wollte die vorliegende Untersuchung aufmerksam machen, nämlich auf den Aspekt des menschlichen Handelns. Auch hier treffen sich *

Engisch (1931), S. 1.

216

6. Kritik des strafrechtlichen Handlungsverständnisses

Empirie und Sprachlogik, und es gilt, die Grenzen zwischen beiden genau abzustecken. Dem Aspekt der Empirie unterfallen die Vorgänge, die man i m groben als die kausalen bezeichnen kann. Solche Vorgänge haben ebensowenig per se einen Sinn, wie ihnen Sinn zugedacht werden kann. Sinn entwickelt sich vielmehr i m Rahmen menschlicher Kommunikation und Interaktion, i m Rahmen der sprachlich gestalteten Intersubjektivität also. Der Begriff des Handelns ist eindeutig dem letztgenannten Bereich zuzuordnen. Er verdeutlicht die Beziehung des Menschen zu seiner Welt als einer sinnhaften, als einer intentionalen. Diese Beziehung liegt keineswegs als solche fest, sie ist nicht ontologisch als „ewige Wahrheit" 9 2 gegeben. Aber sie läßt sich zeigen, und zwar anhand der Rechtfertigungen und Entschuldigungen, die die Menschen gelten lassen. Die Bedeutung und die Strukturen des Handelns lassen sich aus dem Bereich der Sprache analysieren, m i t dem über das Handeln gesprochen wird. Wo anders soll sich die Erfahrung des Menschen niederschlagen als i n seiner Sprache? Die Explikation des Handlungsbegriffs aus diesem Bereich der Sprache führte zu folgender Formulierung: Eine Handlung ist ein entscheidbares Tun, durch das der Handelnde in der Lage ist, ein Ereignis herbeizuführen. Die Redewendung durch das der Handelnde in der Lage ist drückt zweierlei aus: Sie spielt zum einen auf die Erfahrung des Menschen, auf die Kenntnis seiner Fähigkeiten an, und sie deutet zum zweiten das intentionale Moment des Handelns an. Man t u t nicht nur etwas, sondern man w i l l dadurch etwas herbeiführen. Das intentionale Moment geht i m Handeln selbst auf. I m „Tractatus" war es Wittgenstein nicht möglich, den Willen als Phänomen m i t dem Willen als dem Träger des Ethischen zu verbinden. Aber der Mensch steht nicht nur der Welt gegenüber, er hat i h r gegenüber nicht nur eine Einstellung, und sein Wille ist des weiteren nicht nur ein Phänomen, das zu Handlungen die Funktion einer kontingenten Ursache hat (und die Willensfreileit gründet sich auch nicht auf diese Kontingenz). Der Mensch erfährt sich vielmehr durch das Handeln selbst als wollendes Subjekt. Diese Erkenntnis, die unsere Sprache enthält, ist unabdingbar m i t einer Korrektur der Bedeutung des Willensbegriffs verbunden. Wer i n dem Willen den Namen eines Phänomens, einer isoliert zu identifizierenden Entität erblickt, wer also die Bedeutung mentaler Begriffe nach dem Muster von Name und Gegenstand konstruiert, der w i r d von seiner Lehre verpflichtet, einen theoretischen K e i l i n die praktische Erfahrung des Handelns zu treiben. Er spaltet die Einheit der intentionalen Handlung, aber nicht nur das, er teilt auch den als Subjekt, als Einheit erfahrenen Menschen i n Geist und Körper. 82 Welzel (1955), S. 197 f., behauptet von dem finalen daß er eine „ewige W a h r h e i t " ausdrücke.

Handlungsbegriff,

6.2 Grundzüge eines intentionalen Handlungsbegriffs

217

Aber gibt die Philosphie der „conceptual analysis" eine befriedigende Antwort? Vielleicht. Nur ist diese Antwort verblüffend. Sie lautet, daß die Frage unsinnig sei, und sie ist m i t der Aufforderung verbunden, endlich durch die offene T ü r aus dem Zimmer zu gehen. Mentale Begriffe haben nicht die Bedeutung von Namenstäfelchen für private Entitäten. Sie empfangen ihre Bedeutung vielmehr durch ihren Gebrauch, sie beruhen auf kommunikativen und interaktiven Regeln und sind i n ihrem Sinn m i t menschlichem Handeln selbst verknüpft. Ein Handlungsbegriff, so interpretiert, hat eine gute Stütze, nämlich die Sprache selbst. Daß . er auch in der Lage ist, dem Verstehen strafbaren Handelns m dienen, sollte gezeigt werden. „Richtig war, daß unsere Betrachtungen nicht wissenschaftliche Betrachtungen sein durften. Die Erfahrung, ,daß sich das oder das denken lasse, entgegen unserem Vorurteil' — was immer das heißen mag — konnte uns nicht interessieren. (Die pneumatische Auffassung des Denkens.) . . . Diese (erg. philosophischen Probleme, U.K.K.) sind freilich keine empirischen sondern sie werden durch eine Einsicht in das Arbeiten unserer Sprache gelöst, und zwar so, daß dieses erkannt w i r d : entgegen einem Trieb, es mißzuverstehen 93 ."

•» Wittgenstein

(1963 c), § 109.

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