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German Pages 308 Year 1993
ULRICH WOLLENTEIT
Informationsrechte des Forschers im Spannungsfeld von Transparenzforderungen und Datenschutz
Schriften zum Recht des Informationsverkehrs und der Informationstechnik Herausgegeben von Prof. Dr. Horst Ehmann und Prof. Dr. Rainer Pitschas
Band 5
Informationsrechte des Forschers im Spannungsfeld von lransparenzforderungen und Datenschutz Zum Datenzugang für Forschungszwecke in den USA und in der Bundesrepublik Deutschland
Von
Ulrich Wollenteit
DUßcker & Humblot . Berliß
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Wollenteit, Ulrich: Informationsrechte des Forschers im Spannungsfeld von Transparenzforderungen und Datenschutz : zum Datenzugang für Forschungszwecke in den USA und in der Bundesrepublik Deutschland / von Ulrich Wollenteit. Berlin : Duncker und Humblot, 1993 (Schriften zum Recht des Informationsverkehrs und der Informationstechnik; Bd. 5) Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 1992 ISBN 3-428-07688-5 NE:GT
Alle Rechte vorbehalten © 1993 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübemahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0940-1172 ISBN 3-428-07688-5
Vorwort Die vorliegende Arbeit ist überwiegend im Rahmen eines Forschungsaufenthalts an der University of California in Berkeley in den Jahren 1988 und 1989 entstanden. Die Hauptteile der Arbeit waren bereits im Sommer 1990 abgeschlossen und wurden seither lediglich fortgeschrieben, soweit die Zugänglichkeit des Materials in Deutschland dies zuließ. Herrn Innenminister Professor Dr. Hans Peter Bull danke ich für die Anregungen sowie die ermutigende Kritik, auf die ich trotz der aufreibenden Belastungen, die mit der Übernahme politischer Verantwortung verbunden sind, zählen konnte. Dank schulde ich auch der Boalt Hall School of Law (University of California at Berkeley), die mich zu einem Forschungsaufenthalt einlud, sowie dem Evangelischen Studienwerk, dessen finanzielle Unterstützung mir ein materiell sorgenfreies Forschen und Arbeiten ermöglichte. Die Arbeit hat dem Promotionsausschuß für den Fachbereich Rechtswissenschaften 11 der Universität Hamburg als Dissertation unter dem Titel "Verwaltungsöffentlichkeit, Datenschutz und Forschungsfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft" vorgelegen. An dem Promotionsverfahren haben Professor Dr. Hans Peter Bull und Professor Dr. Helmut Rittstieg als Gutachter mitgewirkt. Die Disputation hat am 23.4.1992 stattgefunden. Die Veröffentlichung der vorliegenden Arbeit wurde gefördert durch einen Druckkostenzuschuß des Bundesministeriums des Innern, dem ich hierfür danken möchte. Widmen möchte ich die Arbeit meinen Eltern, ohne deren langjährige und vielfältige Unterstützung nicht nur diese Arbeit nicht zustande gekommen wäre. Hamburg, im Sommer 1992
Ulrich Wollenteit
Inhaltsverzeichnis Einleitung ................................................................................
19
J. Kapitel
Datenschutz und Informationszugang für Forschungszwecke in der Bundesrepublik Deutschland I. Konfliktgeschichte ................................................................
23
II. Allgemeine Rechte auf Zugang zu Verwaltungsinfonnationen ..............
26
1. Einfachgesetzliche Infonnationszugangsrechte .............................
26
a) Das Akteneinsichtsrecht des Bürgers nach § 29 VwVfG ........ .....
26
b) Datenschutzrechtliche Infonnationsrechte .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
31
aa) Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch ....................
32
bb) Datenschutzrechtliche Übennittlungsvorschriften .................
34
c) Sonstige einfachrechtliche Vorschriften mit Publizitätsgehalt ........
37
2. Verfassungsrechtliche Infonnationsansprüche ..............................
39
a) Das Demokratieprinzip ...................................................
39
b) Die Infonnationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG ........................
41
c) Weitere verfassungsrechtliche Anknüpfungspunkte....................
46
III. Zugangsrechte für Forschungszwecke ..........................................
48
1. Besondere Zugangsregeln für Forscher .....................................
49
2. Datenzugangsanspruch aus Art. 5 Abs. 3 GG? ............................
55
IV. Die Fortdauer des Geheimhaltungsprinzips als Zugangshindernis ...........
60
2. Kapitel
Wissenschaftliche Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA I. Das Recht des Bürgers auf Zugang zu Verwaltungsinfonnationen: Der FOIA
und sein rechtliches Umfeld .....................................................
63
1. Subjektiv Berechtigte und Gegenstand des Einsichtsrechts ...............
63
8
Inhaltsverzeichnis 2. Sonstige Gesetze mit publizitärem Gehalt ..................................
65
3. Zur verfassungsrechtlichen Dimension des Zugangsrechts ...............
67
4. Die Umkehrung des Verhältnisses von Geheimhaltung und Offenbarung: Der Grundsatz und seine verfahrensmäßige Absicherung ..... . . . . . . . . . . .
70
5. Kosten und Gebühren... ... ... ........ ............ ....... ...... ... ........ ....
73
11. Die Informatisierung der Verwaltung und die Zukunft des FOIA: Vom Aktenzum Informationszugangsgesetz ........... ......... ........ ..... ......... .......
75
III. Die Ausnahmen von der Offenbarungspflicht .................................
79
1. Die Ausnahmen vom Öffentlichkeitsgrundsatz im Überblick ............
80
2. Zusätzliche Geheimhaltungsoptionen von Exekutive und Judikative: Executive privilege und equitable discretion-Doktrin .....................
82
3. Nationale Sicherheit v. Historische Forschung.............................
85
IV. Datenschutz v. Freedom of Information: Die Kollisionsregel der 6. Ausnahme des FOIA ..................................................................
88
1. Department of Air Force v. Rose............................................
90
2. Department of State v. Washington Post .............. ......... ............
92
3. Die Abwägung im Rahmen der 6.Ausnahme .............................. a) Intensität der Privatheitsverletzung .................................... ,. b) Das öffentliche Interesse an der Offenbarung .......................... aa) Beziehung zu den demokratischen Intentionen des FOIA ....... bb) Informationsorientierte oder nutzerorientierte Bestimmung des öffentlichen Interesses? .............................................. cc) Das Ende des nutzerorientierten Ansatzes: Die Supreme-Court Entscheidung U.S. Department oflustice v. Reporters Committee
92 93 95 95
102
V. Sonstige datenschutzrechtliche Kollisionsregeln ...............................
106
1. Berücksichtigung des Datenschutzes im Rahmen der 7. Ausnahme .....
106
2. Spezialgesetzliche Datenschutzvorschriften ................................
108
VI. Die Durchsetzung der Ausnahmevorschriften und der Schutz von Forschungsdaten vor dem FOIA ................................................
111
VII. Zugang zu Informationen für Forschungszwecke im Spannungsfeld von Datenschutz und Informationsfreiheit: Der Lösungsansatz des FOIA .......
117
96
3. Kapitel
Auswirkungen des Rechts auf Privacy auf den Zugang zu Forschungsdaten I. Die Entwicklung des Rechts auf Privacy im Zivilrecht ......................
126
11. Verfassungsrechtliche Dimensionen des Rechts auf Privacy .................
130
1. Schutz des Rechts auf Privacy durch spezifische Grundrechte ..........
130
Inhaltsverzeichnis
9
2. Das Recht auf Privacy als unbenanntes fundamentales Recht ........... a) Privacy als Autonomie .................................................... b) Privacy als Schutz vor Informationsoffenbarung ......................
134 134 137
3. Der verfassungsrechtliche Anspruch auf Geheimhaltung persönlicher Angelegenheiten und der Zugang zu Forschungsdaten ....................
148
111. Der Privacy Act ...................................................................
150
1. Geschichte des Privacy Act ..................................................
150
2. Grundzüge des Privacy Act .................................................. a) Geltungsbereich ............................................................ b) Sammlung und Erhebung personenbezogener Informationen ......... c) Rechte des Betroffenen ................................................... d) Offenbarung von personenbezogenen Informationen.................. aa) Verhältnis zum FOIA ................................................ bb) Übermittlungstatbestände ............................................
153 153 154 156 156 156 158
3. Zugang für Forschungszwecke unter dem PA . ....... .......... ...........
161
IV. Zusammenfassung: Das Recht auf Privacy und der Zugang zu Forschungsdaten ........................ .......................................................
166
4. Kapitel
Zeugnisverweigerungsrechte als Instrumente zum Schutz der Vertraulichkeit von Forschungsdaten I. Der Stellenwert von Zeugnisverweigerungsrechten für den Schutz von For~chungs~aten vor Zweckentfremdung sowie für den Zugang zu VerwaltungsmformatIonen .....................................................................
169
11. Gesetzliche Zeugnisverweigerungsrechte .......................................
170
ill. Academic Freedom als Anknüpfungspunkt für ein verfassungsgestütztes Zeugnisverweigerungsrecht ......................................................
173
IV. Schutz von Forschungsdaten auf der Grundlage der Federal Rules 0/ Civi! Procedure .........................................................................
178
V. Die Debatte um ein Common Law Privilege ..................... .............
183
VI. Zusammenfassung ........................................... . ....................
186
5. Kapitel
Der Zugang zu Mikrodaten I. Vorbemerkung
189
11. Der Zugang zu Mikrodaten unter Geltung des Bundesstatistikgesetzes .....
191
1. Das Statistische Bundesamt ... ... ...... ............ ................. .........
191
Inhaltsverzeichnis
10
2. Das Statistikgeheimnis ........................................................
192
3. Neuere Überlegungen: Einrichtung eines Mikrodatenfiles für Forschungszwecke .........................................................................
195
III. Der Zugang zu Mikrodaten im amerikanischen Recht ........................
199
1. Die statistischen Behörden ...................................................
199
2. Gesetzliche Regelungen des Statistikgeheimnisses ........................ a) Bureau 0/ Census: Das Statistikgeheimnis ............................. aa) Gesetzliche Regelung und Rechtsprechung.. ....... .... ........... bb) Die Praxis des public data use ..................................... b) Das National Center 0/ Health Statistics ............................... c) Die Statistics o/lncome Division........................................ d) Das Office 0/ Research and Statistics ................................... e) Neue Initiative zur Vereinheitlichung des Geheimnisschutzes: Das Enklavenmodell ............................................................
200 201 201 202 204 205 207 208
3. Neue Überlegungen zur Erweiterung des Zugangs zu Mikrodaten für Forschungszwecke ............................................................
210
IV. Einige Schlußfolgerungen........................................................
212
6. Kapitel
Der Institutional Review Process: Selbstregulierung und Datenschutz 215
I. Vorbemerkung 11. Die Regulierungsdebatte in der scientific community .........................
216
III. Grundzüge des institutional review process . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 IV. Die Bedeutung des Kontrollverfahrens für den Zugang zu Verwaltungsinformationen: Verhältnis zu FOIA und PA........................................
229
V. Die IRBs in der Praxis: Die Macht der Experten............. ...... ... .......
231
VI. Rechtspolitische Überlegungen ..................................................
234
7. Kapitel
Exkurs: Zur notwendigen Konkordanz von Datenschutz und Informationsfreiheit in der Informationsgesellschaft I. Vorbemerkung . ....................................... ............................
237
11. Datenschutz, Informationsfreiheit und Transparenz ...........................
242
III. Datenschutz und Aktenzugangsrecht als integrale Bestandteile eines umfassenden Konzepts von Informationsverteilung ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
Inhaltsverzeichnis
11
IV. Datenschutz und Informationsrecht als Mittel zur Wahrung des Informationsgleichgewichts .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 V. Datenschutz und Informationsfreiheit als komplementäre Bedingungen demokratischer Mitwirkung. . .. . .. . . .. ... .. . ... .. .. . . . .. . . . .. . .. .. .. . .. . .. .. ... ..
253
VI. Zusammenfassung ...................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
256
8. Kapitel
Zusammenfassung der Ergebnisse
257
Literaturverzeichnis
267
Abkürzungsverzeichnis A.2d a. a. O. A.D.2d a. F. AblEG Abs. abw. aff'd AK-GG ALR2d Alt. Anm. APA app. ArchivG Art. AS Aufl. BArchG BayArchG BayDSG BayVBI BbgDSG Bd. BDSG BfD BGB!. BGH BGHZ BlnDSG BR-Drucks. BrDSG BSG BStatG BT-Drucks.
= Atlantic Reporter, Second Series = am angeführten Ort
= = = = = = =
= = = =
= = =
= = =
= = = =
= = =
= = = =
= = = = =
American Decisions, Second Series alte Fassung Amtsblatt der EG Absatz abweichend(e) affirmed (bestätigt) Reihe Alternativkommentare - Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland American Law Reports, Second Series Alternative Anmerkung Administrative Procedure Act Appendix Archivgesetz Artikel Amtliche Sammlung Auflage Bundesarchivgesetz Bayrisches Archivgesetz Bayrisches Datenschutzgesetz Bayrische Verwaltungsblätter Brandenburgisches Datenschutzgesetz Band Bundesdatenschutzgesetz Bundesbeauftragter für den Datenschutz Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (amtliche Sammlung) Berliner Datenschutzgesetz Bundesratsdrucksache Bremisches Datenschutzgesetz Bundessozialgericht Bundesstatistikgesetz Bundestagdrucksache
Abkürzungsverzeichnis BVerfGE
= Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (amtliche Samm-
BVerwGE
= Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (amtliche
BWVPr BZRG C.A. c.c.Pa. C.F.R. Cal. Can. cert. den. CIA Cir. Co. Colo. Const. CPS CR Ct. of. App. CuR D.C. D.C. D.C.Cir. D.D.C. d. h. Dec. DeI. dems. Dep. ders. DHEW dies. Diss diss. DöD DöV DSB DSG-LSA DSGMV DSGNW Dtd. DuD DuR DVBI DVR
= Baden-Württembergische Verwaltungspraxis = Bundeszentralregistergesetz
lung)
Sammlung)
= Court of Appeals = Commonwealth Court of Pennsylvannia = Code of Federal Regulations
= California
= Canada = certiorari denied (Rechtsmittel nicht zugelassen)
= Central Intelligence Agency = Circuit (Berufungsgericht) = Company = Colorado = Constitution (Verfassung) = Current Population Survey = Computer und Recht = Court of Appeals = Computer und Recht = District Court = District of Columbia = District of Columbia Circuit = District Court of the District of Columbia = das heißt = December = Delaware = demselben = Department = derselbe = Department of Health, Education and Welfare (heute HHS) = dieselbe, dieselben = Dissertation = dissenting (abweichend) = Der öffentliche Dienst = Die öffentliche Verwaltung = Datenschutzbeauftragte(r) = Datenschutzgesetz Sachsen Anhalt = Datenschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern = Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen = Dated = Datenschutz und Datensicherung = Demokratie und Recht = Deutsches Verwaltungsblatt = Datenverarbeitung im Recht
13
14
Abkürzungsverzeichnis
Entwurf-BDSG = Eastem District = Executive Order = Editor (Hrsg.); Edition (Aufl.) = Editors = Europäische Gemeinschaft = EKD-Datenschutzgesetz = und andere = et cetera (und so weiter) = Europäische Grundrechte-Zeitschrift = Einkommens- und Verbraucherstichprobe = Federal Reporter, Second Series F.2d F.R.o.Civ.Proc. = Federal Rules of Civil Procedure = Federal Rules of Evidence F.R.o.Evid. = Federal Supplement F.Supp. FAC-Act = Federal Advisory Committee Act FamRZ = Familienrechtszeitung = Federal Buro of Investigation FBI ff. = folgende = Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit FGG Fla. = Florida = Fußnote Fn. FOIA = Freedom of Information Act Ga = Georgia Reports = Georgia Ga. GBl. = Gesetzesblatt GBO = Grundbuchordnung = Geschmacksmustergesetz GeschmMG = Grundgesetz GG GI. = Guideline = grundsätzlich grds. = Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen GVNW GVBl. = Gesetz- und Verordnungsblatt H.ofRep. = House of Representatives h.M. = herrschende Meinung H.R. = House Report HCFA = Health Care Financing Administration = Hessisches Datenschutzgesetz HDSG Hess. = Hessisch = Hessisches Archivgesetz HessArchG = Hessischer Verwaltungsgerichtshof HessVGH = Department of Health and Human Services (Gesundheits- und HHS Sozialministerium) = Hamburgisches Archivgesetz HmbArchG HmbDSB = Hamburgischer Datenschutzbeauftragter
E-BDSG E.D. E.O. Ed. Eds. EG EKDSG et al. etc. EuGRZ EVS
Abkürzungsverzeichnis HmbDSG Hrsg. Hs. HStatG HUD HwO i. V. m. Ill. IRB IuR
!UR
IRS JA JöR JuS JZ KJ Kty. L.Ed2d LArchG LDSG LG LT LuftVG M.D. m.w.N. Mass Mass. MedR Mich. Mich.App. MIT MittHV MRRG N.D. N.E.2d N.J. N.W.2d N.Y. N.Y. N.Y.S.2nd NCHS NDSG NlH NJW
= Hamburgisches Datenschutzgesetz
Herausgeber = Halbsatz
= Hochschulstatistikgesetz = Housing und Urban Development = Handwerksordnung = in Verbindung mit = Illinois = Institutional Review Board = Informatik und Recht = Informationsdienst Umweltrecht = Internal Revenue Service = Juristische Arbeitsblätter = Jahrbuch für öffentliches Recht = Juristische Schulung = Juristenzeitung = Kritische Justiz = Kenntucky = Lawyers' Edition, United States Supreme Court Reports = Landesarchivgesetz = Landesdatenschutzgesetz = Landgericht = Landtagsdrucksache = Luftverkehrsgesetz = Middle District = mit weiteren Nachweisen = Massachusetts Reports = Massachusetts = Medizinrecht = Michigan = Michigan Court of Appeals Report = Massachusetts Institutes of Technology = Mitteilungen des Hochschulverbandes = Melderechtsrahmengesetz = Northern District = Northeastern Reporter, Second Series = New Jersey = Northwestern Reporter, Second Series = New York = New Y ork Court of Appeals Reports = New York Supplement, Second Series = National Center of Health Statistics = Niedersächsisches Datenschutzgesetz = National Institutes of Health = Neue Juristische Wochenschrift
15
Abkürzungsverzeichnis
16 NLRB No. Nov. NSDD Nr. NVwZ OIP OLG OMB ORS OVG OVGE ÖVD P.2d PA Pa. Päd. PPSC PStG Pub.L. Rdnr. RDV RuP
S.
S.C.A.D. S.C.N.Y. S.Ct. S.D. S.J. C. Mass. SächsDSG SDSG Sec. Sept. Sess. SGB-X So.2nd SOl SSA Stat. StGB StVZO Sup.Ct. Supp. SW.2d
National Labor Relation Board Number November National Security Decision Directive Nummer = Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht = Office of Information and Privacy = Oberlandesgericht = Office of Management and Budget = Office of Research and Statistics = Oberverwaltungsgericht = Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts (amtliche Sammlung) = Öffentliche Verwaltung und Datenverarbeitung = Pacific Reporter, Second Series = Privacy Act = Pennsylvania = Pädagogik = Privacy Protection Study Commission = Personenstandsgesetz = Public Law = Randnummer = Recht der Datenverarbeitung = Recht und Politik = Seite = Supreme Court Appellate Division = Supreme Court New Y ork = Supreme Court Reporter = Southern District = Supreme Judicial Court of Massachusetts = Sächsisches Datenschutzgesetz = Saarländisches Datenschutzgesetz = Section (Absatz) = September = Session = Sozialgesetzbuch lOtes Buch = Southern Reporter, Second Series = Statistics of Income Division = Social Security Administration = Statutes Strafgesetzbuch Straßenverkehrszulassungsordnung Supreme Court Supplement Southwestern Reporter, Second Series = = = = =
Abkürzungsverzeichnis Tb. ThürDSG u.
u. a. V.S. V.S. V.S.C. u. s. w. VCLA VSLW v. VA VBIBW Verf. VerwArch VG VGH vgl. Vol. VVDStRL VwGO VwVfG WiSta Wyo. z. B. ZfS ZParl ZRP zust.
2 Wollenteit
= Tätigkeitsbericht = Thüringer Datenschutzgesetz = und = und andere = Uni ted States = Vnited States Reports = United States Code = und so weiter = University of California at Los Angeles = United States Law Weekly = versus (gegen) = Verwaltungsakt = Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg = Verfasser = Verwaltungsarchiv = Verwaltungsgericht = Verwaltungsgerichtshof = vergleiche = Volume (Band) = Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer = Verwaltungsgerichtsordnung = Verwaltungsverfahrensgesetz = Wirtschaft und Statistik = Wyoming = zum Beispiel = Zeitschrift für Soziologie = Zeitschrift für Parlamentsfragen = Zeitschrift für Rechtspolitik = zustimmend
17
Einleitung Zwischen den Interessen am Datenschutz und denen der wissenschaftlichen Forschung besteht nach allgemeiner Meinung ein Spannungsverhältnis I. Die Schwierigkeiten betreffen auch und gerade den Zugang von Forschern zu administrativen Informationsbeständen. In der Bundesrepublik spielt dabei das herrschende Geheimhaltungsprinzip 2 eine wesentliche Rolle. Das Geheimhaltungsprinzip schließt ein allgemeines Zugangsrecht zu Behördeninformationen 3, von dem auch Wissenschaftler profitieren könnten, grundsätzlich aus. Anders stellt sich die Lage in den USA dar. Dort ist im Jahre 1967 der "Freedom of Information Act" 4 in Kraft getreten, der ein allgemeines Einsichtsrecht in Behördenunterlagen für jedermann vorsieht. Nach SchererS sind dadurch 1 Vgl. Thesen und deren Erläuterungen zu Datenzugang und Datenschutz, in: Kaase / Krupp u. a.(Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz - Konsequenzen für die Forschung, 1980,281,283; Bull, Hans Peter / Dammann, Ulrich, Wissenschaftliche Forschung und Datenschutz, DöV 1982,213 (214 f.); Simitis, Spiros, Datenschutz und Wissenschaftsfreiheit, in: Kaase / Krupp u. a. (Hrsg.), ebenda, 83 (84). 2 Anzeichen für ein Umdenken sind insbesondere im Umweltbereich zu verzeichnen; ein allgemeines Auskunftsrecht für Umweltdaten wurde in einem Gesetzentwurf des Landes Hamburg (BR-Drucks. 172 / 87), ein allgemeines Einsichtsrecht für Umweltakten von der Fraktion "Die Grünen" (BTDrucks. 11 / 1152) gefordert. Einen verfahrensunabhängigen Akteneinsichtsanspruch für den Bereich der Umweltverwaltung sieht eine Richtlinie des Rates der europäischen Gemeinschaft vor (Richtlinie des Rates vom 7. Juni 1990, AblEG vom 23.6.1990, Nr. L 158/56); dazu Blumenberg, Hildegard, Die Umwelt-Informations-Richtlinie der EG und ihre Umsetzung in das deutsche Recht, NuR 1992,8; Schwanenflügel, Matthias von, Das Öffentlichkeitsprinzip des EG-Umweltrechts, DVBl 1991, 93; die Richtlinie ist bis zum 31. Dezember 1992 innerstaatlich umzusetzen (vgl. Art. 9, Abs. 1) und dürfte danach Direktwirkung entfalten; zur Direktwirkung von EG-Richtlinien Pieper, Ulrich, Die Direktwirkung von Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft, DVBl. 1990, 684; zum Kommissionsentwurf von 1988 Gurlit, Elke, Europa auf dem Weg zur gläsernen Verwaltung, ZRP 1989, 253; einen Überblick über die Umsetzungsdiskussion gibt der Tagungsbericht von Niermann, Susanne, Besserer Umweltschutz durch Information?, Die Umsetzung der EG-Informationsrichtlinie, Fachtagung des Instituts für Umweltrecht am 25. April 1992 in Hamburg, IUR 1992, 180 ff. 3 Für die Einführung eines allgemeinen Informationsrechts hat sich die Parlamentarische Versammlung des Europarats ausgesprochen; vgl. Empfehlung Nr. 854 (1979) vom 1. Februar 1979, Informationsfreiheit und Zugang der Öffentlichkeit zu Regierungsunterlagen, EuGRZ 1979, 187 ff.; in einem Artikel des Magazins "Der Spiegel", Nr. 19, vom 9. Mai 1988 (Ein bißchen Glasnost für deutsche Behörden), S. 72 ff., wird die Forderung nach Einführung eines Aktenzugangsrechts als "das wichtigste Bürgerrechtsthema des kommenden Jahrzehnts" ausgemacht. 4 5 U.S.c. 552; dazu unten 2. Kapitel. S Datenzugang für Forscher unter dem amerikanischen Freedom of Information Act, in: Kaase / Krupp u. a. (Hrsg.), (Fn. 1),37.
2*
20
Einleitung
Daten auch für den Forscher tendenziell leichter zugänglich geworden. Bemerkenswert an dem amerikanischen Beispiel ist, daß seit dem Inkrafttreten des Privacy Act 6 im Jahre 1975 das allgemeine Informationsrecht mit einer differenzierten Datenschutzgesetzgebung koexistiert. Die Diskussion über den Datenzugang für wissenschaftliche Zwecke hat diesen Unterschied bisher kaum zur Kenntnis genommen. In der einflußreichen Stellungnahme des Wissenschaftsrates aus dem Jahre 1982 wurde die Einbeziehung des Prinzips der Aktenöffentlichkeit explizit ausgeklammert? Im Zentrum der bundesrepublikanischen Debatte steht die Forderung nach besonderen Zugangsprivilegien für Wissenschaftler 8 • Ergänzt wird diese Forderung häufig durch ein verfassungsrechtliches Argument, wonach sich der Wissenschaftsfreiheit in Art. 5 Abs. 3 GG ein Anspruch auf Zugang zu administrativen Daten entnehmen lassen soll 9 • Während der Beitrag der Verfassung vielfach überschätzt wird, fehlt es an Untersuchungen, die den möglichen Ertrag einer FOI-Gesetzgebung für das Zugangsproblem im Forschungsbereich ausloten 10. Dabei gibt es durchaus Stellungnahmen, die eine Entspannung des Konflikts im Rahmen einer Informationsfreiheitsgesetzgebung für möglich halten 11. Diesem Defizit möchte die vorliegende Arbeit abhelfen. Ihr liegt die Überzeugung zugrunde, daß eine angemessene Untersuchung der Zugangs bedingungen für Forschungszwecke deutlicher den Kontext bewußt machen muß, in dem sich das Problem stellt: nämlich in einer demokratischen Gesellschaft, die ihren Bürgern erhebliche Freiheits- und Partizipationsmöglichkeiten einräumt. Bei der Wahrnehmung dieser Möglichkeitsräume spielen die Informationschancen und der Schutz der Persönlichkeitssphäre sowie das Machtgleichgewicht zwischen Staat, Bürger und sonstigen gesellschaftlichen Machtträgern (Parteien, Bürgerinitiativen etc.) eine entscheidende Rolle. Eine wichtige Voraussetzung für die Wahrnehmung von Partizipationsmöglichkeiten sowie den Erhalt der Machtbalance ist die Kenntnis der Gesellschaft über sich selbst, d. h. auch ihre wissenschaftliche Erforschung. Die Reflexion der Gesellschaft über sich selbst kann aber nur bei relativ großzügigen Zugangsrechten und gleichzeitiger Respektierung der Geheimhaltungsbedürfnisse der Bürger stattfinden. Insofern ist das Streben 6 5 U.S.C. 552a; dazu unten 3. Kapitel, III.; zum Stand der internationalen Datenschutzgesetzgebung vgl. den Überblick Data Protection Privacy: Stand der internationalen Gesetzgebung, Datenschutzberater 1988, Heft 6, S. 15. ? Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen und Stellungnahmen, Köln 1983,93 ff. (102). 8 Der Gesetzgeber hat vielfach auf diese Forderungen mit der Schaffung sog. Forschungsklauseln in den Datenschutzgesetzen reagiert; im einzelnen unten 1. Kapitel, sub III. 1. 9 Dazu unten 1. Kapitel III. 2. 10 Vgl. jedoch Scherer, (Fn. 5). 11 Vgl. etwa Borchert, Günter, Datenzugang für die Forschung, OVD 1981, Heft 78, 18; Bult / Damrnann, (Fn. 1),222 f.; Rzadtki, Hans Dietrich / Woltenteit, ffirich, Persönlichkeitsrecht und Krebsregistrierung, in: von Elling / Wunder (Hrsg.), Krebsregister, Hamburg 1986, 154, 190, Fn. 15.
Einleitung
21
nach Transparenz von Regierungshandeln eng verknüpft mit dem Streben der Forschung nach einem liberalen Zugang zu staatlichen Informationsbeständen. In der Bundesrepublik ist die Wahrnehmung des Problems bisher durch eine defensive Grundhaltung geprägt. Der Staat schützt sich vor den neugierigen Bürgern durch das Festhalten an seinen überkommenen Geheimhaltungsmaßstäben; die Bürger versuchen, sich durch den Ausbau ihrer Defensivrechte, vornehmlich des Datenschutzes, zu schützen. Bei einem solchen, aus unterschiedlichen Gründen verengten Blickwinkel verstärken sich die Abschottungstendenzen auf allen Seiten. Wenn die Weichen im bundesrepublikanischen Informationsrecht nicht grundlegend anders gestellt werden, ist kaum mit wesentlichen Fortschritten bei der Lösung des Datenzugangsproblems im Forschungsbereich zu rechnen. Deshalb ist die amerikanische Gesetzgebung und Rechtsprechung auf diesem Gebiet von großer Relevanz. In den USA ist das Öffentlichkeitsprinzip als Voraussetzung für aktive staatsbürgerliche Partizipation institutionalisiert und damit das RegelAusnahmeverhältnis von Geheimhaltung und Offenbarung umgekehrt worden. Für die Bundesrepublik spielen die USA deshalb insoweit eine Vorreiterrolle 12. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich vornehmlich mit den Versuchen und Erfahrungen, die in den USA für das hier interessierende Problem gemacht worden sind, sowie mit den Lösungen und Fehlentwicklungen, die sich dabei gezeigt haben. Ausgehend von der bundesrepublikanischen Rechtslage (1. Kapitel) wird der Lösungsansatz untersucht, den das amerikanische Informationsrecht für das Zugangsproblem der Wissenschaft im Konfliktfeld von Datenschutz und Informationsfreiheit anzubieten hat. Im Zentrum steht dabei der amerikanische FOIA, in dem die amerikanische Variante \3 des Öffentlichkeitsprinzips Gestalt gewonnen hat und der Regelungen bezüglich des Ausgleichs von Datenzugangsund Datenschutzinteressen enthält (2. Kapitel). Konflikte zwischen Forschung und Datenschutz beim Zugang zu administrativen Informationsbeständen werden allerdings keineswegs allein auf dem Terrain des FOIA ausgetragen. Wichtige Vorgaben enthält auch der Privacy Act (3. Kapitel). Für den Zugang zu Forschungsdaten spielen ferner Forschungsgeheimnisse und Zeugnisverweigerungsrechte eine nicht unwesentliche Rolle (4. Kapitel). Eine besondere Situation, die in vieler Hinsicht von der bundesrepublikanischen abweicht, besteht beim Zugang zu Informationen der amtlichen Statistik (5. Kapitel). Schließlich muß berücksichtigt werden, daß in den USA für den 12 Vgl. auch jüngst Kneifei, Reiner, Freedom of Infonnation in den USA, Vorbild für deutsches Infonnationsrecht?, eR 1990, 134. \3 Die Zahl der Länder, in denen das Öffentlichkeitsprinzip gilt, nimmt ständig zu; vgl. dazu die Beiträge in: Rowat, Donald C. (Hrsg.), Le Secret Administratif dans les Pays Developpes, BrüsseI1977; ferner Riley, Tom, Assessing Infonnation: Recent Developments, in: Riley (Ed.), Access to Government Records: International Perspectives and Trends, Lund 1986, 89 ff.
22
Einleitung
Zugang zu Forschungsdaten häufig nicht allein die Entscheidung des staatlichen Infonnationsverwalters maßgeblich ist, sondern daß die Zugangs gewährung von dem Ausgang eines weitgehend forschungsinternen Überprüfungsverfahrens (sog. "institutional review process") abhängen kann. Die auch in der Bundesrepublik verbreitete Forderung nach einer Beteiligung von Forschern an der Lösung von Zugangskonflikten hat in diesem Verfahren Gestalt angenommen (6. Kapitel). In einem Exkurs werden einige generellen Überlegungen zum Verhältnis von Datenschutz und Infonnationsfreiheit angestellt (7. Kapitel) bevor die Ergebnisse in einem abschließenden Kapitel (8. Kapitel) zusammengefaßt werden.
1. Kapitel
Datenschutz und Informationszugang für Forschungszwecke in der Bundesrepublik Deutschland I. Konfliktgeschichte Die Debatte über das Verhältnis von Datenschutz und Forschungsinteressen ist nicht neu. Ihr Ausgang kann bis an die Anfange des Datenschutzes in den 70er Jahren zurückverfolgt werden. Schon vor Verabschiedung des Bundesdatenschutzgesetzes wird das besondere Verhältnis von Datenschutz und Forschung als konfliktträchtig identifiziert 1. Jedoch erst nachdem sich die Administration auf die neuen Zulässigkeitsvoraussetzungen für die automatische Datenverarbeitung eingestellt hat, gewinnt die Debatte immer breitere Resonanz 2 • Obwohl es auch schon vor der gesetzlichen Anerkennung der Schutzbedürftigkeit des einzelnen im Informationszeitalter Geheimhaltungsvorschriften 3 sowie eine Judikatur zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht gab, die dem Forscherzugriff auf personenbezogene Daten Grenzen zogen, warfen diese Schranken offenbar wenig Akzeptanzprobleme auf, wohl auch deshalb, weil sie in einigen Bereichen schlichtweg ignoriert wurden 4 • Von den noch schlummernden Datenschutzansprüchen der 1 Vgl. Dammann, Ulrich, Demokratie und Forschungsfreiheit, Konsequenzen und Probleme des Entwurfes eines Bundesdatenschutzgesetzes, DVR 1975/1976,201. 2 Umfassende Aufarbeitung nunmehr bei Bizer, Johann, Forschungsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung, Gesetzliche Forschungsregelungen zwischen grundrechtlicher Förderungspflicht und grundrechtlichem Abwehrrecht, Baden-Baden 1992; guter Überblick bei Berg, Wilfried, Datenschutz und Forschungsfreiheit, JöR 33 (1984), 63 ff. und Lennartz, Hans-Albert, Datenschutz und Wissenschaftsfreiheit, Braunschweig 1989; vgl. ferner die Sammelbände von Eser / Schumann (Hrsg.), Forschung im Konflikt mit Recht und Ethik, Stuttgart 1976; Kilian / Porth (Hrsg.), Juristische Probleme der Datenverarbeitung in der Medizin, 1979; Kaase / Krupp u. a. (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz - Konsequenzen für die Forschung, Königstein / Ts. 1980; Bästlein / Gallwas / Geiger u. a., Datenschutz und Forschungsfreiheit, Die Archivgesetzgebung des Bundes auf dem Prüfstand, München 1986; fehle (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz in der kriminologischen Forschung, Wiesbaden 1987; einflußreich auch die Stellungnahme des Wissenschaftsrates aus dem Jahre 1982 in: Wissenschaftsrat, Empfehlungen und Stellungnahmen 1982, Köln 1983, S. 94 ff. die Aufsatzliteratur ist kaum noch zu überblicken. 3 Vgl. etwa beispielhaft § 45 BDSG in der alten Fassung vom 27. Januar 1977, BGBI. I S. 201, sowie den Überblick bei Bull, Hans Peter, Datenschutz als Informationsrecht und Gefahrenabwehr, NJW 1979, 1177 (1178). 4 Dies dürfte etwa für weite Bereiche der klinischen Forschung gelten, die bis heute unter Mißachtung der ärztlichen Schweigepflicht erfolgt (§ 203 StGB); vgl. 2. Tätigkeitsbericht des Hessischen Datenschutzbeauftragten (1984), 104 f.; Kamlah, Ruprecht, Da-
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
Betroffenen kaum berührt, konnten Forscher so ihre Informationszugangsinteressen relativ ungestört realisieren. Diese Idylle gehört offenkundig der Vergangenheit an. Von der Fülle der Beiträge her zu urteilen, muß sich der Datenschutz für die Informationserwartungen der Forschung als ernsthaftes Problem bemerkbar machen. Glaubt man einigen pointierten Stellungnahmen, haben sich die Verhältnisse in dramatischer Weise geändert. Der "übertriebene" 5 Datenschutz wird als Hindernis ausgemacht, das die Forschung in vielen Bereichen erschwere 6 und in bestimmten Forschungsfeldern gefährliche Forschungsdefizite verursacht habe 7. Diese Kritik vermag aus mehreren Gründen nicht wirklich zu überzeugen. Eine häufig zu beobachtende Schwäche der Datenschutzschelte liegt darin, daß nicht hinreichend zwischen den Konsequenzen richtig angewandten Datenschutzes und anderen Behinderungen unterschieden wird, bei denen Datenschutz als Vorwand herangezogen wird 8. Das seit Jahren durch die Diskussion geisternde tenschutz - Konfliktlösung ohne Übertreibung, in: Gola, Peter (Hrsg.), Datenschutz im Konflikt, München 1983, 59, 72 m. w. N.; vgl. auch Simitis, Spiros, Datenschutz und wissenschaftliche Forschung, in: Waehler (Hrsg.), Deutsch-polnisches Kolloqium über Wirtschaftsrecht und das Recht des Persönlichkeitsschutzes, Tübingen 1985, 87, der zutreffend anführt, daß der Datenschutz "lediglich das Bewußtsein für die Tragweite der ärztlichen Schweigepflicht sensibilisiert und damit ihre offensichtlich verdrängte Geltung auch und gerade gegenüber den Informationswünschen ärztlicher Forschung aktualisiert" (92). 5 Mertens, Peter, Gefahren eines übertriebenen Datenschutzes, DuD 1982,21 (22 f.); Kocka, Jürgen, Übertriebener Datenschutz behindert historische Forschung, MittHV 1986, 193 f. 6 Vgl. Scheueh, Erwin K., Risiko-Interpretation beim Datenschutz, in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Nutzung von anonyrnisierten Einzelangaben aus Daten der amtlichen Statistik, Stuttgart, Mainz 1987, 121, 131 ff.; Nitsch, Kurt, Muß Datenschutz den wissenschaftlichen Fortschritt hemmen?, in: Abel, Ralf Bemd / Sommer, Gemot (Hrsg.), Chancen und Risiken des Datenschutzes, München 1985,64 ff.; Wer schützt die Forschungsfreiheit? Wissenschaftler berichten über massive Behinderungen, MlttHV 1992, 293. 7 Vgl. etwa Greiser, Eberhard, Epidemiologische Forschung und Datenschutzgesetzgebung, in: Überla / Zeiler (Hrsg.), Datenschutz und Wissenschaftsadministration im Gesundheitsbereich, 1983, 38 ff.; ders., Probleme des Datenbedarfs und des Datenzugangs für die epidemiologische Forschung, in: Kilian / Porth (Hrsg.), (Fn. 2), 78 (83); Blohmke, Maria / Kniep, K., Datenschutz aus der Sicht der Sozialmedizin, Öffentliches Gesundheitswesen 44 (1982), 533; dies., Epidemiologische Forschung und Datenschutz, NJW 1982, 1324; dazu kritisch Ringwald, Gerhard, Nochmals: Epidemiologische Forschung und Datenschutz, NJW 1982,2593. 8 Vgl. Bu11, Hans Peter / Dammann, Ulrich, Wissenschaftliche Forschung und Datenschutz, DöV 1982,213,217; Bu11, Hans Peter, Mißverstandener Datenschutz - Datenschutz als Vorwand, Datenschutz - Berater 1981, Heft 11, S.7; ders., Datenschutz oder die Angst vor dem Computer, 1984 ("ganz offensichtlich haben sich einige Behörden hinter dem Datenschutz verschanzt"); Brusten, Manfred, Datenschutz als Vorwand zur Verhinderung institutionskritischer Forschung? Kritische und destruktive Anmerkungen mit konstruktiver Absicht zu tatsächlichen und potentiellen Folgen des Datenschutzes, in: Jehle (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz in der kriminologischen Forschung, (Fn. 2), 116 ff.; vgl. ferner 8. Tätigkeitsbericht des Hessischen Datenschutzbeauftragten (1980), wonach Datenschutz manchmal zu einem ,,Behördenschutzargument" gegen
I. Konfliktgeschichte
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Beispiel der Polizeiakte des Schinderhannes, deren Freigabe für Zwecke historischer Forschung mit dem Datenschutzargument abgelehnt worden war 9 , sollte nicht als Anklage gegen den Datenschutz angeführt werden, sondern vielmehr als augenfälliger Beleg für eine nicht zu rechtfertigende Instrumentalisierung des Datenschutzes. Auch scheint unter Forschern der Befund hinsichtlich der Auswirkungen des Datenschutzes weniger negativ auszufallen, als vielfach suggeriert wird. Anläßlich einer Umfrage wußten viele zu berichten, daß nennenswerte Behinderungen durch Datenschutzanforderungen nicht aufgetreten seien 10. Schließlich wird von vielen nicht hinreichend gesehen, daß in Deutschland Verwaltungsinformationen schon immer schwerer zugänglich waren 11 als in Ländern, die auf eine lange Tradition von Verwaltungsöffentlichkeit zurückblicken können 12. Die Kritik müßte deshalb wenigstens dahingehend präzisiert werden, daß der Datenschutz bereits vorhandene Zugangsschranken zum Teil verstärkt hat 13. Insbesondere die Vernachlässigung des letzten Gesichtspunkts ist bedenklich, da die Nichtberücksichtigung der Auswirkungen des Geheimhaltungsprinzips zu einer Verkürzung der Problemperspektive führt, die Datenschutz und Forschung leicht in eine falsche Frontstellung bringt. Die wissenschaftliche Diskussion hat bisher dem Umfeld der Forderung nach besseren Zugangschancen zu Informationen für Forscher zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Nur in einer solchen erweiterten Perspektive kann überhaupt die Frage gestellt werden, ob die Schafunbequeme Forschung verkommt, S.35; auch in den U.S.A. wurde die Tendenz von Bürokratien beobachtet, sich gegen "Beforschung" abzuschirmen, vgl. Sjoberg, Gideon / Miller, Paula J., Social Research on Bureaucracy: Limitations and Opportunities, 21 Social Problems 129 ff. (1973). 9 Vgl. z. B. Morsey, Rudo1f, Einschränkung historischer Forschung durch Datenschutz, in: Bästlein / Gallwas / Geiger u. a., (Fn. 2), 61, 62; 10. Tätigkeitsbericht des Hessischen Datenschutzbeauftragten (1981), 33 ff. 10 Vgl. die Hinweise bei Bull / Dammann, (Fn. 8), 217, sowie bei Kaase, Max, Datenschutz und sozialwissenschaftliche Forschung, in: fehle (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz in der kriminologischen Forschung, (Fn. 2), 64 ff. 11 Zutreffend die Beschreibung der grundlegenden Weichenstellungen im bundesrepublikanischen Recht bei Simitis, Spiros, Programmierter Gedächtnisverlust oder reflektiertes Bewahren: Zum Verhältnis von Datenschutz und historischer Forschung, in: Fürst / Herzog / Umbach (Hrsg.), Festschrift für Zeidler, Berlin, New York 1987, 1475, 1478.(,,Jeder noch so verständliche Informationswunsch droht zunächst am Amts- und Dienstgeheimnis zu scheitern. Die Unterlagen der Behörden sind kein frei verfügbares Forschungsmaterial"). 12 Hier wären vor allem Schweden sowie seit Mitte der 60er Jahre die USA zu nennen. Zum schwedischen Informationsfreiheitsgesetz, das seine Wurzeln im 18. Jhdt. hat, Conradi, Joachim, Das Öffentlichkeitsprinzip in der schwedischen Verwaltung, Berlin 1968; Petren, Gustav, Die Aktenöffentlichkeit in Schweden, Verwaltungsarchiv 1958, 323 ff.; die Zahl der Länder, die sich für die Einführung des Prinzips der Aktenöffentlichkeit entscheiden, nimmt ständig zu; vgl. Riley, Tom, Assessing Information, in: Riley (Ed.), Access to Govemment Records: International Perspectives and Trends, Lund 1986, 89 ff. 13 Dieser Zusammenhang wird zutreffend gesehen von Müller, Pau1 J., Die Imp1ementation des Datenschutzes im Bereich der wissenschaftlichen Forschung, Zeitschrift für Pädagogik, 18. Beiheft, Weinheim und Basel 1983,407,408 f.
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
fung privilegierender Zugangsregelungen wirklich Abhilfe verspricht, wenn sich der Forscher einer Administration gegenübersieht, deren Praxis und rechtlich vorgegebenes Programm noch weitgehend durch das Geheimhaltungsprinzip bestimmt sind. Im folgenden wird in einem Überblick das bundesrepublikanische Informationszugangsrecht auf seine publizitären Gehalte untersucht. Dabei werden zunächst einige zentrale Vorschriften des einfachen Rechts (11.1.) sowie des Verfassungsrechts (11.2.) auf die Frage hin untersucht, ob sie "allgemeine", nicht auf die speziellen Informationsbedürfnisse des Forschers zugeschnittene Informationszugangsrechte gewähren. Im daran sich anschließenden Teil werden die vornehmlich in den Datenschutzgesetzen enthaltenen, besonderen Zugangsrechte von Forschern in den Blick genommen (111.1.) und wird außerdem die Frage gestellt, ob sich aus Art. 5 Abs. 3 GG ein Zugangsanspruch des Forschers zu Forschungsdaten entnehmen läßt (111.2.). Die Ergebnisse werden schließlich in einer Zwischenbilanz zusammengefaßt (IV.).
11. Allgemeine Rechte auf Zugang zu Verwaltungsinformationen 1. Einfachgesetzliche Informationszugangsrechte a) Das Akteneinsichtsrecht des Bürgers nach § 29 VwVjG Die Informationsrechte des Bürgers werden in der Bundesrepublik entscheidend durch das Verwaltungsverfahrensrecht und das dort vorgesehene Akteneinsichtsrecht geprägt. Es ist deshalb folgerichtig, daß die meisten rechtsvergleichenden Untersuchungen zum amerikanischen und bundesrepublikanischen Informationszugangsrecht das Akteneinsichtsrecht des § 29 VwVfG ins Zentrum gerückt haben 14. Zur Erinnerung: Das Aktenzugangsrecht nach § 29 VwVfG ist noch recht jung. Erst seit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Jahres 1976 15 kann überhaupt von einem Recht auf Akteneinsicht gesprochen werden. Bis zur Kodifizierung der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsverfahrens im Verwaltungsverfahrensgesetz stellten die Rechtsprechung und die herrschende Lehre die Entscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht in das Ermessen der Behörde 16. 14 Vgl. z. B. Scherer, Joachim, Verwaltung und Öffentlichkeit, Baden-Baden 1978, 17 ff.; Gurlit, E1ke, Die Verwaltungsöffentlichkeit im Umwe1trecht, Düsseldorf 1989, 132 ff. 15 BGBL I, S. 1253; zur Entstehungsgeschichte vgl. den Überblick bei Ule, earl Herrman / Laubinger, Hans-Wemer, Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Aufl., 1986, §§ 6,7. 16 Vgl. Düwel, Peter, Das Amtsgeheimnis, 1965, 114; teilweise gewährten Spezialgesetze schon vor Verabschiedung des Verwaltungsverfahrensgesetzes weitergehende Einsichtsrechte; vgl. dazu Haueisen, Fritz, Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren, NJW 1967, 2291.
II. Allgemeine Rechte auf Zugang zu Verwaltungsinfonnationen
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Diese hatte das private Einsichtsinteresse mit dem öffentlichen Geheimhaltungsinteresse abzuwägen. Dem Einsichtsuchenden stand lediglich ein Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens zur Seite, den die Rechtsprechung aus dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit (Art. 20 Abs. 3 GG) herleitete 17. Das Geheimhaltungsprinzip beherrschte nahezu unangefochten das Bild 18. Erst mit dem ab dem 1.1.1977 geltenden § 29 VwVfG (und später auch § 25 SGB-X) fand schließlich das Prinzip der "beschränkten Aktenöffentlichkeit" 19 Eingang in das bundesrepublikanische Verwaltungsrecht. Was beinhaltet nun dieses Recht? Es gewährt den "Beteiligten" eines" Verwaltungsverfahrens" ein Akteneinsichtsrecht, "soweit" die Kenntnis der Akten "zur Geltendmachung oder Verteidigung" von "rechtlichen Interessen erforderlich ist". Das Akteneinsichtsrecht ist demnach im wesentlichen von drei Faktoren abhängig: dem Vorliegen eines Verwaltungsverfahrens, einer BeteiligtensteIlung sowie der Erforderlichkeit der begehrten Informationen zur Geltendmachung von rechtlichen Interessen. Nach der Legaldefinition des § 9 VwVfG liegt ein Verwaltungsverfahren bei einer nach außen gerichteten Tätigkeit der Behörde vor, die auf Erlaß eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist. Diese Definition hat eine Reihe von bedeutsamen Begrenzungen des Akteneinsichtsrechts zur Folge. Ausgeschieden werden etwa Verfahren zum Erlaß von Verordnungen und Satzungen 20 • Für schlicht hoheitliches und fiskalisches Handeln wird allenfalls eine analoge Anwendung des Verwaltungsverfahrensrechts in Betracht gezogen 21 • Mit dem Herausfallen dieser Arten des Verwaltungshandelns aus dem Begriff des Verwaltungsverfahrens sind jedoch durchaus relevante Bereiche der Verwaltungstätigkeit dem Akteneinsichtsrecht entzogen 22 • 17 Vgl. BVerwGE 30,154 (160f.); HessVGH JZ 1965,319 m. Anm. Dagtoglou; OVG-MÜllster OVGE 14, 199; vgl. auch Haueisen, ebenda. 18 Überblick über die Rechtsprechung sowie die Kontroverse in der Literatur bei Knack, Hans Joachim, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 3. Aufl., Köln etc. 1989, § 29, Anm. 2.1 und 2.2. 19 Vgl. Entwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), Amtliche Begründung, BT-Drs. 7/910, S.52; Götz, Volkmar, Das neue Verwaltungsverfahrensgesetz, NJW 1976, 1425, 1427; Badura, in: Erichsen, Hans Uwe / Martens, Wolfgang, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl., Berlin /New York 1988, § 4011 4. 20 Strittig ist, ob § 29 VwVfG auf Satzungen und Verordnungen analog angewandt werden kann; vgl. die Hinweise in der Vorauflage von Kopp, Ferdinand 0., Verwaltungsverfahrensgesetz, 4. Aufl., München 1986, § 29, Anm. 3. 21 Achterberg, Norbert, Privatrechtsfönnige Verwaltung, JA 1985,503,510. 22 Der Akteneinsichtsanspruch wird in Planfeststellungsverfahren noch weiter reduziert, indem § 72 Abs. 1 Satz 3 VwVfG das Akteneinsichtsrecht des § 29 VwVfG nur mit der Maßgabe für anwendbar erklärt, daß Akteneinsicht nach pflichtgemäßen Ennessen zu gewähren ist. Zwar wird teilweise angenommen, daß auch im Planfeststellungsverfahren im Regelfall die Verweigerung von Akteneinsicht ennessensfehlerhaft (vgl. Meyer, Hans / Borgs-Maciejewski, Hennann, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 1982, § 72 Rdnr. 20; Kopp, Ferdinand 0., Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Aufl., München 1991, § 72, Anrn. 6) und, soweit Grundrechte betroffen sind, sogar verfassungswid-
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
Das Erfordernis eines Verwaltungsverfahrens wirkt sich auch in zeitlicher Hinsicht limitierend aus. Nach h. M. entsteht das Einsichtsrecht mit der Einleitung des Verwaltungsverfahrens und endet mit seinem Abschluß23. Die zweite wichtige begriffliche Einschränkung des Akteneinsichtsrechts wird durch die geforderte Beteiligteneigenschaft erreicht. Beteiligte sind nach § 13 Abs. 1 VwVfG der Antragsteller und der Antragsgegner (Nr. 1), der Adressat eines V As (Nr. 2), die Partner eines öffentlich-rechtlichen Vertrages (Nr. 3) sowie der zur Wahrung seiner rechtlichen Interessen beigeladene Dritte (Nr. 4 i. V. m. Abs. 2). Auch wenn danach Beteiligteneigenschaft vorliegt, können für sogenannte Massenverfahren (Planfeststellungsverfahren, Anlagengenehmigungsverfahren) Besonderheiten gelten, die den Beteiligtenstatus noch weiter limitieren 24 • An dieser engen Umgrenzung der subjektiv Berechtigten zeigt sich am deutlichsten die weite Entfernung des bundesrepublikanischen Akteneinsichtsrechts von dem amerikanischen FOIA, der schlicht und einfach jedermann (any person) im Grundsatz ein Einsichtsrecht gewährt 25 • Das Akteneinsichtsrecht der Beteiligten als Voraussetzung für eine wirksame Rechtsverfolgung besteht drittens nur für die das" Verfahren betreffenden Akten". Eine Akte betrifft ein Verwaltungsverfahren, wenn sie mit dem Gegenstand des Verfahrens in Zusammenhang steht und für die Entscheidung von Bedeutung rig wäre (vgl. Blümel, Willi, Die öffentliche Bekanntmachung von Verwaltungsakten in Massenverfahren, VerwArch 1982,5,7; Laubinger, Hans-Wemer, Grundrechtsschutz durch Gestaltung des Verwaltungsverfahrens, VerwAreh 1982,60,75 m. w. N.). Nach dieser Ansicht sollen Einschränkungen nur hinsichtlich Ort und Zeit der Einsichtnahme sowie Entscheidungen nach §§ 17, 18 VwVfG zulässig sein, die das Einsichtsrecht auf einen Vertreter beschränken; vgl. Kopp, ebenda, ebenso BayVGH in BayVb11985, 399 (Flughafen München 11); zur Anwendung von § 29 VwVfG im Produktzulassungsrecht sowie im Anlagengenehmigungsverfahren Gur/it, Die Verwaltungsöffentlichkeit im Umweltrecht, (Fn. 14), S. 139 ff., m. w. N. Diese restriktive Auslegung von § 72 Abs. 1, Satz 3 VwVfG kann jedoch noch keineswegs als gesichert angesehen werden; vgl. z. B. VG Köln DVB11977, 867 (868) sowie die zurückhaltende Kommentierung in Stelkens, Paul/ Bonk, Heinz-Joachim/ Leonhardt, Klaus, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 3. Auf!. München 1990, § 72, Rdnr. 40. 23 BVerwG DVBl. 1984, 55 f.; BVerwGE 67, 300, 303 ff.; OVG Koblenz NVwZ 1992, 384; abgeschlossen soll ein Verfahren nicht schon mit dem Erlaß eines Verwaltungsaktes sein, sondern erst mit dessen Unanfechtbarkeit, vgl. VG-Berlin NVwZ 1982, 576; vgl. dazu auch BSG NVwZ 1992,406 (zu § 25 SGB X), wo die Frage der Anwendbarkeit von § 25 SGB X offengelassen wird, wenn sich dem Verwaltungsverfahren ein Klageverfahren anschließt. 24 Beschränkung des Einsichtsrechts auf einen Vertreter. Die Vertreterbestellung erfolgt nach den Vorschriften der §§ 17, 18 VwVfG bei 50 oder mehr "gleichförmigen Eingaben" (§ 17) oder Eingaben von in "gleicher Interessenlage" (§ 18) Beteiligten. Der Vertretene kann sich sein individuelles Akteneinsichtsrecht erhalten, da er jederzeit das Recht hat, das Vertretungsverhältnis durch einfache schriftliche Erklärung (§ 17 Abs. 3, § 18 Abs. 2) zu beenden oder durch eigene Anträge und Ausführungen die Vertretungsregelungen tatbestandlich auszuschließen; vgl. Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, (Fn. 22), § 17, Rdnr. 3, 14,27; Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, (Fn. 18), § 29, Anm. 4.1 und § 17, Anm. 4. 25 Dazu im einzelnen unten 2. Kapitel.
11. Allgemeine Rechte auf Zugang zu Verwaltungsinformationen
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sein könnte. Dazu sollen z. B. Vorakten, beigezogene Gerichtsakten, Urkunden zählen 26, nicht hingegen ähnlich liegende ParalleWHle oder Musterfälle 27 • Obwohl sich in der Praxis Behörden häufig an solchen Parallelfällen orientieren, besteht nach dem Ansatz des § 29 VwVfG für einen Betroffenen keine Möglichkeit, sich über diese Fälle zu informieren. Eine weitere Einschränkung bewirkt das Erforderlichkeitskriterium. Danach besteht das Akteneinsichtsrecht nur, "soweit" die Kenntnis des Akteninhalts zur "Geltendmachung oder Verteidigung ihrer (der Beteiligten; Anm. d. Verf.) rechtlichen Interessen erforderlich ist". Dem Zugang suchenden muß es auf die Geltendmachung oder Verteidigung eines rechtlich qualifizierbaren Interesses ankommen: wirtschaftliche Interessen, Interessen ideeller Natur 28 oder andere verständliche durch die Sachlage gerechtfertigte Interessen, die von der Rechtsordnung als "berechtigte Interessen" anerkannt werden 29 , genügen daher nicht. Ein rechtliches Interesse liegt nach den üblichen Defmitionen erst dann vor, wenn die Einsichtnahme bezweckt, eine tatsächliche Unsicherheit über ein Rechtsverhältnis zu klären, ein rechtlich relevantes Verhalten nach dem Ergebnis der Einsichtnahme zu regeln oder eine gesicherte Grundlage für die Verfolgung eines Anspruchs zu erhalten 30. Folgenreiche Limitierungen des Akteneinsichtsrechts ergeben sich schließlich aus dem Ausnahmekatalog des § 29 Abs. 2 VwVfG. Danach ist die Behörde zur Gestattung einer Akteneinsicht nicht verpflichtet, "soweit durch sie die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Behörde beeinträchtigt, das Bekanntwerden des Inhalts der Akten dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder soweit die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen, geheimgehalten werden müssen". Es ist allein einer restriktiven Interpretation der Ausnahmevorschriften durch die Rechtsprechung und die Literatur zu verdanken, daß der Effekt des Akteneinsichtsrechts durch diese generalklauselartigen Ausnahmen nicht auf null reduziert wird 31. 26 Meyer / Borgs-Maciewski, Verwaltungsverfahrensgesetz, (Fn. 22), § 29, Rdnr.9; Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, (Fn. 18), § 29, Rdnr. 4.2.; Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, (Fn. 22), § 29, Anm. 6. 27 Kopp, Verwaltungsverfahrensgesetz, (Fn. 22), VwVfG, 5. Aufl., § 29, Anm. 5; a. A. offenbar Preussner, Mathias, Das Recht der Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren, VBIBW 1982, 1,2. 28 Vgl. VGH Mannheim NJW 1984, 1911 (1912); BVerwGE 2, 229; Meyer/ BorgsMaciewski, Verwaltungsverfahrensgesetz, (Fn. 22), § 29, Rdnr. 13; Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, (Fn. 18), § 29, Rdnr. 4.4. 29 Dazu Hirte, Heribert, Datenschutz contra Privatrecht, Zur Auslegung des "berechtigten" Interesses bei der Haltervorschrift nach § 26 StVZO, NJW 1986, 1899, 1900 ff. 30 Stelkens / Bonk / Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, (Fn. 22), § 29, Rdnr. 26; Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, (Fn. 18), § 29; Rdnr. 4.2. 31 Vgl. Preussner, (Fn. 27),4; eine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben der Behörden (Abs. 2, 1. Alt.) muß sich auf hinreichend gewichtige,
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
Der knappe Überblick macht hinreichend deutlich, daß § 29 VwVfG keinen signiftkanten Zuwachs an Publizität beinhaltet. Zwar verbürgt § 29 VwVfG erstmalig einen Anspruch auf Akteneinsicht. Diesem Anspruch sind aber durch die Beschränkung auf ein Verwaltungsverfahren, durch den geforderten Beteiligtenstatus, durch das Erforderlichkeitskriterium sowie durch die Ausnahmetatbestände enge Fesseln angelegt. Das Prinzip der beschränkten Aktenöffentlichkeit hat offenkundig "nicht . . . die Transparenz des staatlichen Machtbereichs für die Öffentlichkeit, sondern die Rechtsverteidigung" 32 zum Ziel. Zutreffend wurde deshalb resümiert, daß § 29 VwVfG keinen erheblichen Transparenzgewinn beinhaltet, sondern das Geheimhaltungsprinzip fortschreibt 33 . Die wichtigste Folge dieses deftzitären Konzepts von Aktenöffentlichkeit liegt darin, daß sich die Lage für Zugangsuchende, deren Zugangsinteressen durch den allein sanktionierten Zweck individueller Rechtswahrung nicht legitimiert sind, praktisch nicht geändert hat. D. h. für ein weites Feld von Zugangswünschen steht die Gewährung von Akteneinsicht nach wie vor im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Der Informationssuchende hat lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung dieses Ermessens 34. Dabei müssen, wie vor der Verabschiedung des Verwaltungsverfahrensgesetzes, die Belange des privaten Einsichtsuchenden mit den Belangen der Allgemeinheit sowie möglicher Betroffener abgewogen werden 35. Auch dieser Anspruch besteht nur bei Vorliegen eines "berechtigten Interesses"36, wobei der Sache nach häuftg ein "rechtliches Interesse" konkret angebbare Gründe stützen, z. B. eine außergewöhnliche, übermäßige Inanspruchnahme von Diensträumen oder lang andauernde Nicht-Verfügbarkeit der betreffenden Akten; vgl. VGH Mannheim DVB11974, 819; Kopp,Verwaltungsverfahrensgesetz, (Fn. 22), § 29, Rdnr. 20; Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, (Fn. 18), § 29, Rdnr. 5. Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes werden erst angenommen, wenn eine Beeinträchtigung oder Gefährdung der äußeren oder inneren Sicherheit des Bundes oder eines Landes, eine erhebliche Störung der öffentlichen Ordnung, des freundschaftlichen Verhältnisses zu anderen Staaten oder internationalen Organisationen zu gewärtigen ist; vgl. Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz, (Fn. 18), § 29, Rdnr. 5.2; Kopp, ebenda, § 29, Rdnr. 23, i. V. m. § 5, 26 f. Ihrem "Wesen nach" geheimhaltungsbedürftig sind Akten erst dann, wenn es um den Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter oder Rechtsgüter einzelner, insbesondere von Geheimnissen geht, deren Schutzbedürftigkeit bereits durch vergleichbare gesetzliche Regelungen anerkannt worden ist; vgl. VGH München BayVBl. 1978, 86 f.; Kopp, ebenda, § 29, Anm. 26 i. V. m. § 5, Anrn. 23; Stelkens I Bonk I Leonhardt, Verwaltungsverfahrensgesetz, (Fn. 22), § 29, Rdnr. 43 i. V. m. § 5, Rdnr. 25 - 30. 32 Schräder, Meinhard, Staatstheoretische Aspekte einer Aktenöffentlichkeit im Verwaltungsbereich, Die Verwaltung 1971,301 (316). 33 So Scherer, Verwaltung und Öffentlichkeit, (Fn. 14),21; dieser Befund wird auch nicht durch den Auskunftsanspruch nach § 25 VwVfG relativiert, der ebenfalls lediglich Zwecken der Rechtswahrung dient; vgl. Scherer, ebenda, 21 ff. 34 BVerwGE 61,15 (22 f.); BVerwG DVBl1984, 1078 (1079); diese Rechtsprechung geht zurück auf ein Präjudiz aus dem Jahre 1968, nämlich BVerwGE 30, 154 (160 f.); vgl. auch OVG-Münster NJW 1989, 544; VG Gießen RDV 1992, 246. 35 Bay VGH BayVBI 1984,758; hier ging es um Auskunfterteilung außerhalb eines Verwaltungsverfahrens.
II. Allgemeine Rechte auf Zugang zu Verwaltungsinfonnationen
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verlangt wird 37 . Die Konsequenz ist, daß außerhalb eines Verwaltungsverfahrens ein Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Verwaltungsermessens nur besteht, wenn die Kenntnis der Akten Voraussetzung für eine wirksame Rechtsverfolgung ist 38. Dies gilt auch für Forscher, deren Zugangsanträge, wenn sie nicht durch spezialgesetzliche Regelungen privilegiert sind 39, an diesen Voraussetzungen gemessen werden. Schwierigkeiten können schon bei der Frage auftauchen, ob die Voraussetzungen eines als "rechtlich" zu qualifizierenden Interesses vorliegen. Der Konflikt um den Zugang von Forschern zu Personenstandsbüchern zeigt, daß Forscher kaum mit Erfolg ein ,,rechtliches Interesse" behaupten können 40 • Selbst wenn man diese Hürde für überwindbar hält, bleibt die Kontrolldichte gering. Entscheidungen werden akzeptiert, wenn sie "sachgerecht, also frei von Willkür und unter angemessener Berücksichtigung des Zwecks des Anliegens"41 getroffen werden. Der reduzierte Umfang von Verwaltungspublizität in der Bundesrepublik Deutschland steht im diametralen Gegensatz zur Rechtslage in den Vereinigten Staaten. Der Freedom of Information Act statuiert ein tatbestandiich voraussetzungloses Jedermannsrecht, das lediglich durch einen enumerierten Ausnahmekatalog begrenzt wird. Eine erhebliche Diskrepanz in der Anerkennung von Informationszugangsrechten ist ferner annähernd für alle übrigen Aspekte des Zugangsrechts festzustellen: zeitliche Unbegrenztheit, Art der Wahrnehmung und Durchsetzung des Zugangsrechts 42.
b) Datenschutzrechtliche Informationsrechte Hoffnungen auf eine Relativierung des Publizitätsdefizits stützen sich teilweise auch auf das Datenschutzrecht 43 . In der Tat gewähren einzelne Vorschriften der 36 BVerwG DVBI. 1984, 1078 (1079). 37 SO Z. B. BVerwG, ebenda, demzufolge das Vorliegen einer ,,konkreten Rechtsbeziehung", eines "Rechtsverhältnisses" verlangt wird. Die Begriffe des "berechtigten" und des ,,rechtlichen Interesses" werden hier offenbar bedeutungsgleich gebraucht. 38 Vgl. Z. B. VG Braunschweig RDV 1986,212. 39 Dazu im einzelnen noch unten III. 1. 40 Vgl. die durch eine Entscheidung des LG-Frankenthal, NJW 1985,2539, ausgelöste Kontroverse zu § 61 Abs. 1 Satz 3 PStG, der für Dritte ein Einsichtsrecht nur bei Glaubhaftmachung ,,rechtlicher Interessen" vorsieht; dazu Bayer, Walter, Die Durchsicht der Personenstandsbücher zum Zwecke historischer Forschung - ein Beitrag zum Spannungsverhältnis zwischen Datenschutz und Forschungsfreiheit, FamRZ 1986,642; Hartmer, Michael, Wissenschaftsfreiheit und Persönlichkeitsrecht, MittHV 1985,322; Kocka, Jürgen, Übertriebener Datenschutz behindert historische Forschung, (Fn. 5). 41 BVerfG NJW 1986, 1243; vgl. auch BVerwG NJW 1986, 1277. 42 Dazu im einzelnen noch unten 2. Kapitel. 43 Zur Verortung des Datenschutzes in einem umfassenden Konzept von Infonnationsverteilung unten 7. Kapitel.
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
Datenschutzgesetze Betroffenen (aa.) aber auch außerhalb der Administration stehenden Dritten (bb.) gewisse Informationsrechte. aa) Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch Die herausragende Stellung, die dem Auskunftsanspruch des Betroffenen über die zu seiner Person gespeicherten Daten im Datenschutzrecht zukommt, ist unbestritten. Ohne Anerkennung eines solchen Informationsrechts wäre das "Recht auf informationelle Selbstbestimmung" leicht zu unterlaufen, da dem Betroffenen jegliche Chance zur Kenntnisnahme ihn berührender Datenverarbeitungsprozesse genommen wäre 44. Der Auskunftsanspruch ist die logische Voraussetzung der von dem Datenschutzrecht bereitgestellten Behelfe (Berichtigung, Sperrung, Löschung 45 ). Mit Rücksicht auf diese Funktion wird das Auskunftsrecht als "magna charta des Datenschutzrechts"46 bezeichnet, dem sogar Verfassungsrang zukommen so1l47. Folgerichtig hat der Auskunftsanspruch Anerkennung in allen Datenschutzgesetzen gefunden 48 . Ursprünglich bezog sich der Auskunftsanspruch lediglich auf Informationen, die in "Dateien"49 gespeichert sind. Mit der Einbeziehung von Akten in den Geltungsbereich der Datenschutzgesetze kann sich nach der Novel-
44 Dammann, in: Similis / Dammann / Mallmann / Reh, Bundesdatenschutzgesetz, Kommentar, 3. Aufl., Baden-Baden 1981, § 13, Rdnr. 1; Ordemann, Hans-Joachim/ Schomerus, Rudolf, Bundesdatenschutzgesetz, 4. Aufl., München 1988, § 13, Anm. 1. 45 Auerhammer, Herbert, Bundesdatenschutzgesetz, 2. Aufl., Köln/etc. 1981, § 13, Anm. 1; Gallwas, Hans-Ullrich / Geiger, Hansjörg / Schwappach, Jürgen / Schweinoch, Joachim, Datenschutzrecht, Loseblattsammlung, § 13 Anm. 1. 46 So Auerhammer, Herbert, Der Regierungsentwurf eines Bundesdatenschutzgesetzes, ÖVD 1974, 123 (123), schon vor Verabschiedung des BDSG; Dammann, in: Simitis / Dammann / Mallmann / Reh, (Fn. 44), § 13, Anm. 7, hält diese Bezeichnung mit Rücksicht auf die Globalausnahmen in § 13, Abs. 3 BDSG (a. F.) sowie die schwierige Durchsetzbarkeit des Rechts für ein zu "emphatisches Attribut". 47 Etwa Schwan, Eggert, Amtsgeheimnis oder Aktenöffentlichkeit, München 1984, S. 39 ff. 48 Vgl. §§ 6, 19, 34 BDSG in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes, vom 20. Dezember 1990, (BGBl. I, S. 201); Art. 8 BayDSG, § 17 LDSG-Baden-Württ., § 16 BlnDSG, § 19 BrDSG, § 18 HrnbDSG, § 18 HDSG, § 13 NDSG, § 18 DSG NW, § 12 LDatG Rheinland-Pfalz, § 8 SDSG; § 18 LDSG Schleswig-Holstein; ferner § 8 MRRG u. § 30 BZRG; § 15 HStatG; vgl. etwa auch § 5 EKDSG (Kirchengesetz über den Datenschutz); auch alle neuen Bundesländer haben inzwischen Datenschutzgesetze verabschiedet, die ein Auskunftsrecht vorsehen; vgl. § 13 ThürDSG, § 17 SächsDSG, § 18 BbgDSG, § 15 DSG-LSA, § 20 DSG MV; zur Datenschutzgesetzgebung in den neuen Bundesländern Stollreither, Konrad, Vier Datenschutzgesetze in den neuen Bundesländern, DuD 1992,277; Einwag, Alfred, Die neuen Bundesländer und das Bundesdatenschutzgesetz, RDV 1992, 1. 49 Zum Dateibegriff vgl. § 3 Abs. 2 BDSG sowie die Kommentierung bei Dammann, in: Simitis / Dammann / Mallmann / Reh, Bundesdatenschutzgesetz, (Fn. 44), § 2, Rdnr. 172 ff., noch zu dem alten § 2 Abs. 3 Nr. 3 BDSG.
11. Allgemeine Rechte auf Zugang zu Verwaltungsinfonnationen
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lierung mehrerer Landesdatenschutzgesetze sowie des BDSG50 das Auskunftsrecht nunmehr auch als Akteneinsichtsrecht aktualisieren. Trotz der allgemein zu verzeichnenden Tendenz zur Ausweitung des Auskunftsrechts auf Akten 51 ist andererseits nicht zu verkennen, daß der Auskunftsanspruch erheblichen Einschränkungen unterliegt. Das BDSG52 sowie die meisten Landesgesetze 53 beschränken das Auskunftsrecht gegenüber Sicherheitsbehörden erheblich 54. Zusätzliche Ausnahmen, die an die Regelungen in § 29 Abs.2 VwVfG angelehnt sind, bewirken eine weitere Schwächung des Auskunftsrechts 55 • So entfallt etwa auch die Verpflichtung zur Auskunfterteilung regelmäßig, wenn diese die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der speichernden Stelle gefährden würde oder wenn sie dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteil bereiten würde 56. 50 § 19 BDSG; ferner § 18 Abs. 4 HDSG vom 11. Nov. 1986 (GVBI. S. 309); § 19 Abs. 1 BrDSG in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Okt. 1987 (GBI. S. 263); § 18 Abs. 2 DSG NW vom 15. März 1988 (GV NW S. 160); § 18 Abs. 1 HmbDSG vom 5. Juli 1990, GVBI 11990, 133; § 16 Abs. 4 BlnDSG in der Fassung vom 17. Dez. 1990, GVBI. 1991, S. 16, ber. S.54; § 17 Abs. 2 LDSG Baden-Württ. vom 27. Mai 1991, GBI. 277; § 13 Abs. 3 ThürDSG vom 29. Okt. 1991, GVOBI. 1991, 516; § 18 Abs. 3 LDSG Schleswig-HoI. vom 30. Okt. 1991, GVOBI.-SchI.H., S. 555; § 17 Abs. 3 SächsDSG vom 11. Dez. 1991, SächsGVBI. S.401; § 2 Abs. 1 BgbDSG vom 20. Jan. 1992, GV.BB I S. 2; § 23 Abs. 1 Nr. 2 DSG-LSA vom 12. März 1992, GVBI.LSA S. 152; § 20 Abs. 2 DSG MV vom 24. Juli 1992, GS Meckl.-Vorp. S. 487; zur Einbeziehung von Akten in den Geltungsbereich der Datenschutzgesetze vgI. Simitis / Walz, Das neue hessische Datenschutzgesetz, RDV 1987, 157 ff. (162 f.); zu den Neuerungen des Nordrhein-Westfalischen DatenschutzgesetzesvgI. Peters, Die Fortentwicklung des Datenschutzes in Nordrhein-Westfalen, CuR 1988,340 ff. (mit Abdruck zahlreicher Stellungnahmen); allgemein zur Problematik, Tuner, Lotte, Zur Einbeziehung von personenbezogenen Daten aus Akten in den Datenschutz, CuR 1987, 183 ff. 51 VgI. etwa den "Wunschzettel" des Schleswig-Holsteinschen Datenschutzbeauftragten vor der Novellierung des Landesdatenschutzgesetzes; Der schleswig-holsteinsche Landesbeauftragte für den Datenschutz, In Schleswig-Holstein soll durch ein neues Landesdatenschutzgesetz alles besser werden, DuD 1989, 302 ff. 52 § 19 Abs. 3 BDSG; vgI. noch deutlicher § 13 Abs. 3 Nr. 4 i. V. m. § 12 Abs. 2 Nr. 1 BDSG in der Fassung von 1977. 53 VgI. z. B. § 17 Abs. 4 LDSG Baden-Württ.; Art. 8 Abs. 2 Bay DSG; § 19 Abs. 2 BrDSG; § 19 Abs. 5 HmbDSG; § 13 Abs. 3 Nr. 4 i. V. m. § 12 Abs. 2 Nr. 1 NDSG; § 18 Abs. 5 DSG NW; § 12 Abs. 2 LDatG RheinI.Pfl.; § 8 Abs. 2, 3 SDSG; § 18 Abs. 3 LDSG Schleswig-HoI.; § 13 Abs. 4 ThürDSG; § 20 Abs. 3 DSG MV; § 17 Abs. 7 SächsDSG; § 15 Abs. 4 DSG-LSA; § 18 Abs. 7 BbgDSG. 54 Auch der amerikanische Privacy Act nimmt den Sicherheitsbereich weitgehend von dem Zugangsrechts aus; vgI. 5 U.S.c. 552a (j). Im einzelnen dazu unter 3. Kapitel, sub 11. 2. b., Text bei Fn. 172-180. 55 V gI. z. B. § 19 Abs. 4 BDSG; hierzu jüngst BVerwG CR 1992, 236; \'gI. auch die Kommentierung bei Dammann, in: Simitis / Dammann / Mallmann / Reh, Bundesdatenschutzgesetz, (Fn. 44), Rdnr. 54 ff. (zu § 13 Abs. 3 Nr. 1-3 BDSG a. F.); zu § 29 Abs. 2 VwVfG oben Fn. 31. 56 VgI. z. B. § 18 Abs. 3 HmbDSG; § 12 Abs. 3 LDatG RheinI.Pfl., § 18 Abs. 3 DSG NW, § 19 Abs. 3 BrDSG; eine Sonderstellung nimmt das hess. Datenschutzgesetz ein, das das Einsichtsrecht durch einen allgemein gehaltenen Abwägungstatbestand begrenzt; vgI. § 18 Abs. 5 HDSG. 3 WoUenteit
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
Von einem voraussetzungslosen Informationsanspruch sind die Auskunftsrechte natürlich insbesondere deshalb weit entfernt, weil den Vorschriften im Kern ein individualrechtliches Schutzkonzept zugrunde liegt. Zwar gehen die AuskunftsanspfÜche in wichtiger Weise über das Rechtswahrungskonzept des § 29 VwVfG insofern hinaus, als sie unabhängig von dem Vorliegen eines Verwaltungsverfahrens, eines Beteiligtenstatus und ·eines Rechtsverfolgungsinteresses zeitlich unbegrenzt gewährleistet sind. Die Forderung nach Transparenz staatlicher Informationsbestände ist aber nur punktuell und individualbezogen anerkannt worden, soweit der einzelne von Datenverarbeitungsvorgängen betroffen ist 57. bb) Datenschutzrechtliche Übermittlungsvorschriften Eine gewisse Durchlässigkeit der Verwaltung gegenüber Informationsinteressen der Öffentlichkeit resultiert ferner aus den Übermittlungsvorschriften der Datenschutzgesetze. Auch diese Vorschriften verdienen deshalb besondere Aufmerksamkeit, weil der Kreis der Begünstigten nicht von vorneherein durch das Erfordernis der Beteiligteneigenschaft im Entscheidungskontext eines Verwaltungsverfahrens klein gehalten wird 58. Alle Datenschutzgesetze enthalten eine inhaltlich weitgehend gleichlautende Vorschrift, die die Übermittlung personenbezogener Daten an Personen oder Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs für zulässig erklären, wenn der Empfanger ein "berechtigtes" oder ,,rechtliches Interesse" an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft macht und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, daß schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden können 59. Von Schoenemann wurde darauf hingewiesen, daß die Übermittlungsvorschriften in jenen Ländern, deren Datenschutzrecht sich auch auf Akten bezieht, u. U. auch zu einer Akteneinsicht führen können 60 • Diese Folge ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der einschlägigen Landesvorschriften 61 , da in ihnen lediglich von der Übermittlung personenbezogener Daten die Rede ist. Trotzdem wird man der Ansicht, nach der die Übermittlungstatbestände in den kürzlich novellierten Gesetzen zu einer Übermittlung personenbezogener Daten im Wege der Akteneinsicht führen können, zustimmen müssen, da der im Datenschutzrecht verwandte Begriff der 57 Zum Verhältnis von Datenschutz und Informationsfreiheit vgl. auch noch unten das 7. Kapitel. 58 So (zu § 13 BDSG a. F.) Dammann, in: Simitis / Dammann / Mallmann / Reh, Bundesdatenschutzgesetz, (Fn. 44), § 13 , Anm. 2; Schoenemann, Peter, Akteneinsicht und Persönlichkeitsrecht, DVBl. 1988, 520. 59 Vgl. z. B. § 16 BDSG, § 16 Abs. 1 HDSG, § 16 Abs. 1 SDSG, § 12 Abs. 1 Nr. 2 DSG-LSA, § 15 Abs. 1 Nr. 2 SächsDSG ("berechtigtes Interesse") sowie z. B. § 17 Abs. 1 Nr. 3 BrDSG, § 16 Abs. 1 c) DSG NW (,,rechtliches Interesse"). 60 Vgl. Schoenemann, Akteneinsicht und Persönlichkeitsrecht, (Fn. 59), S. 520; vgl. ferner Tuner, (Fn. 50), 183. 61 Vgl. Z. B. § 17 BrDSG, § 16 HDSG, § 16 DSG NW.
11. Allgemeine Rechte auf Zugang zu Verwaltungsinfonnationen
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Übermittlung weit gefaßt wird. § 3 Abs. 5 Nr. 3 b) BDSG läßt etwa bereits das bloße Bereithalten eines Datenträgers zur Einsichtnahme genügen. Verfehlt wäre es jedoch, von der verbindlichen Fixierung eines Akteneinsichtsanspruchs auszugehen. Die Übermittlungsvorschriften der Datenschutzgesetze gewähren nämlich grundsätzlich keinen Anspruch auf Übermittlung von Daten 62 • Auch die Wahl der Übermittlungsmodalitäten (Weitergabe, Bereithalten zur Einsichtnahme) ist in das Ermessen der Behörde gestellt. Die Übermittlungsvorschriften im BDSG sowie in den Landesdatenschutzgesetzen gehen über § 29 VwVfG hinaus, weil sie Informationsrechte außerhalb eines Verwaltungsverfahrens und unabhängig von einem Beteiligtenstatus gewähren. In einer Hinsicht dürften diese Informationsrechte auch weiter reichen als der oben angesprochene, außerhalb eines Verwaltungsverfahrens bestehende, traditionelle Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens bei beantragter Akteneinsicht. Die datenschutzrechtlichen Vorschriften erlauben die Übermitt1ung personenbezogener Informationen, deren (ermessensfehlerfreie) Offenbarung auf Grundlage des traditionellen Anpruchs nach dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts ausgeschlossen erscheint 63 • Für Informationszugangsbegehren, die außerhalb eines Verwaltungsverfahrens geltend gemacht werden, stehen beide Ansprüche danach gewissermaßen in einem Ergänzungsverhältnis, da sich die Beschränkung der datenschutzrechtlichen Übermittlungstatbestände auf die Möglichkeit, personenbezogene Informationen zu übermitteln, als eine Grenze auswirkt, die zugleich den Beginn eines möglichen Eingreifens des gesetzlich nicht geregelten Anspruchs auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens markiert 64 •
62 H. M., vgl. SchajJZand, Hans Jürgen / Wiltfang, Noeme, Bundesdatenschutzgesetz, Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: Januar 1992, Nr. 5001, § 16, Rdnr. 27 b; Tinnefeid, Marie-Theres/Tubies, Helga, Datenschutzrecht, München/Wien 1988, S.101 m.w.N. 63 In dem Volkszählungsurteil wird die Übennittlung personenbezogener Daten an die Existenz einer verhältnismäßigen Rechtsgrundlage gebunden (vgl. BVerfGE 65, 1, 43 ff.); Schoenemann, (Fn. 58), 520, geht deshalb zu Recht davon aus, daß nach heutigem Verfassungsverständnis eine positive Ennessensentscheidung auf Grundlage des überkommenen Anspruchs ausgeschlossen ist, wenn es um die Bekanntgabe von Daten Dritter geht. 64 Nicht zu überzeugen vennag Schoenemann, ebenda, 522, wenn er eine mögliche Einsicht in Akten nach datenschutzrechtlichen Übennittlungsvorschriften der Sache nach auf Sachakten erweitert. Schoenemann hält einen Anwendungsfall einer solchen Akteneinsicht für gegeben, wenn sich ein zu Unrecht nicht nach § 13 Abs. 2 VwVfG Beteiligter im Baugenehmigungsverfahren gegen eine heranrückende Bebauung wehren will. Das Einsichtsrecht nach den datenschutzrechtlichen Übennittlungsvorschriften sei unproblematisch, weil Baugenehmigungsakten mehr sachorientiert und nicht sonderlich persönlichkeitssensibel seien (522). Diese Argumentation verkennt, daß sich die in Bezug genommenen Übennittlungsvorschriften gerade auf personenbezogene Daten beschränken; vgl. auch Sasse, Christoph / Abel, Ralf, Der Umfang des Auskunftsanspruchs nach dem Bundesdatenschutzgesetz, NJW 1979, 352; BGH NJW 1981, 1738, 1739.
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
Auch Forscher können von den genannten Übermittlungsvorschriften der Datenschutzgesetze profitieren. Dies gilt allerdings nur sehr beschränkt. Häufig sind nämlich Forscher durch besondere Regeln besser gestellt 65 • Eine Übermittlung nach diesen Vorschriften kann z. B. deshalb ausscheiden, weil die Datenverarbeitung zu wissenschaftlichen Zwecken durch eine sog. ,,Forschungsklausel"66 besonders geregelt ist. Ferner gelten die diskutierten Vorschriften auch beim Fehlen einer Forschungsklausel nur, soweit es sich um Forscher oder eine Forschungseinrichtung handelt, die außerhalb des öffentlichen Bereiches angesiedelt sind. Universitäten und andere öffentlich-rechtliche Forschungseinrichtungen werden durch das Datenschutzrecht wie andere Verwaltungsträger behandelt; d. h. es werden diejenigen Vorschriften angewandt, die die Übermittlung von personenbezogenen Informationen innerhalb des öffentlichen Bereichs regeln und die etwas geringere Anforderungen stellen 67 • Als Barriere wirkt sich ferner die Forderung nach dem Vorliegen eines "berechtigten" oder sogar eines ,,rechtlichen Interesses" aus sowie der Umstand, daß die Übermittlungsvorschriften keinen verbindlichen Anspruch fixieren. Der Publizitätsgewinn der Übermittlungvorschriften ist deshalb nicht nur für Forscher insgesamt als gering zu bewerten. Es wäre sicherlich auch eine Überraschung, wenn eine signifikante Relativierung des bundesrepublikanischen Publizitätsdefizits in einem Gesetzeskontext realisiert würde, der sich ausschließlich auf personenbezogene Informationen bezieht und dessen definierter Zweck der Schutz des Betroffenen vor Beeinträchtigungen seines Persönlichkeitsrechts ist 68 •
65
Dazu noch unten sub III. 1.
66 Forschungsklauseln beziehen sich häufig allerdings nur auf "öffentliche Einrichtun-
gen"; vgl. z. B. § 21 BrDSG. 67 Während § 11 BDSG a. F. ein "berechtigtes Interesse an der Kenntnisnahme übermittelter Daten" forderte, erlaubte § 10 Abs. 1 BDSG a. F. die Übermittlung personenbezogener Daten an Verwaltungsträger, "wenn sie zur rechtmäßigen Erfüllung der in der Zuständigkeit der übermittelnden Stelle oder des Empfängers liegenden Aufgabe erforderlich ist". Es wurde bezweifelt, ob diese Vorschrift für die Forschung wirklich angemessen war, da sie Forschungseinrichtungen gleich jedem anderen Verwaltungsträger behandelte; vgl. Büllesbach, Alfred, Informationstechnologie und Datenschutz, München 1985, 157 ff.; Wissenschaftsrat, Empfehlungen und Stellungnahmen 1982, (Fn. 2), 101 f. Außerdem wurde die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift spätestens seit dem Volkszählungsurteil in Zweifel gezogen; vgl. Schwan, Eggert, Gehorsam gegenüber dem Verfassungsgericht, DVR, Bd. 14, 1985,255,274 ff., m. w. N.; obwohl auch das neue BDSG mit §§ 15, 16 BDSG hinsichtlich der Übermittlung personenbezogener Daten keine substantiell neuen Akzente setzt, dürfte sich die Kritik der Forscher mit der Einführung eines besonderen Abwägungsmechanismus (vgl. § 15 Abs. 1 i. V. m. 14 Abs. 2 Nr. 9 BDSG sowie ferner § 40 BDSG) zum Teil erledigt haben. 68 Vgl. § 1 Abs. 1 BDSG; noch deutlicher § 1 Abs. 1 BDSG a. F. "Schutz personenbezogener Daten vor Mißbrauch" (z. B. bei ihrer Übermittlung); dazu auch noch unten 7. Kapitel, sub. I.
n. Allgemeine Rechte auf Zugang zu Verwaltungsinfonnationen
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c) Sonstige einfachrechtliche Vorschriften mit Publizitätsgehalt
Jenseits der diskutierten verfahrensrechtlichen und datenschutzrechtlichen Einsichts- und Auskunftsrechte wird für einige begrenzte Gegenstandsbereiche Publizität durch die Einrichtung öffentlicher Bücher und Register 69 erreicht. Unterscheiden läßt sich hier zwischen Registern der Zivilrechts- und solchen der Verwaltungsrechtsordnung, wobei die Unterscheidung nicht immer leicht ist. Hinsichtlich der Öffentlichkeit öffentlicher Bücher und Register lassen sich mehrere Stufen ausmachen 70. Die weitestreichende Publizitätswirkung kommt solchen Registern zu, deren Eintragungen in amtlichen Blättern, etwa im Bundesanzeiger erfolgen 7 !. Eine Reihe von Registern gewähren volle Publizität, indem sie voraussetzunglos jedermann die Einsichtnahme gestatten. Dazu zählen etwa die wichtigsten Register der Zivilrechtsordnung wie das Handelsregister 72 , das Schuldnerverzeichnis 73 , das Güterrechtsregister, das Vereinsregister 74, das Geschmacksmusterregister 75, aber auch weniger bekannte Register im Bereich des öffentlichen Rechts wie das Datenschutzregister 76 , die Luftfahrzeugrolle 77 , das Berufsregister für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte und die Anwaltsliste 78 sowie in einigen Bundesländern das Wasserbuch 79. Nach dem Bundesarchivgesetz sind neuerdings
69 Die Begriffe werden häufig synonym gebraucht; vgl. Schmidt- Aßmann, Ulrike, Öffentliche Bücher und Register, Diss. Göttingen 1977, S. 3 ff.; guter Überblick über Register und ihre Zugänglichkeit auch bei Burkert, Herbert, Die Eingrenzung des Zusatzwissens als Rettung der Anonymisierung, DVR 1979, 63 ff. sowie Leue, Jürgen, Einsichtsrechte in öffentliche Register, in: Vollkommer, Max (Hrsg.), Datenverarbeitung und Persönlichkeitsschutz, Erlangen 1986, 83 ff. 70 In Anlehnung an Schmidt-Aßmann, ebenda. S. 200 ff. 7! Vgl. z. B. die Veröffentlichung der Liste jugendgefährdender Schriften im Bundesanzeiger gern. § 19 GjS. In zahlreichen Bundesländern werden auch die Datenschutzregister regelmäßig veröffentlicht, vgl. etwa § 24 Abs. 2 HmbDSG, § 28 BrDSG, § 26 Abs. 3 HDSG; vgl. auch Hämmerlein, Hans, Das amtliche Schrifttum als Mittler der Publizität, DVBl 1962, 402 ff. 72 § 9 HGB; dazu Breidenbach, Wolfgang, Der Zugang zum Handelsregister, DuD 1989,337; zur Mikroverfilmung der gesamten Handelsregister BGH JurPC 1989,258; generell zur kommerziellen Nutzung von Registern Geiger, Klaus, Kommerzielle Nutzung amtlich veröffentlichter Registereintragungen, CR 1992,228; vgl. auch OLGKöln CR 1991,289. 73 § 915 ZPO. 74 '§§ 1563, 1408 ff. BGB; §§ 161 f. FGG (Güterrechtsregister); § 79 BGB (Vereinsregister). 75 § 11 GeschmMG. 76 § 19 Abs. 4 BDSG; Datenschutzregisterordnung v. 9. Febr. 1978 (BGBI. I S. 250). 77 § 3 LuftVG. 78 Zu diesen Registern sowie weiteren Berufslisten der verkammerten Berufe SchmidtI\ßmann, Öffentliche Bücher und Register, (Fn. 69), 108 ff. 79 Dazu die Hinweise bei Schoenemann, Akteneinsicht und Persönlichkeitsrecht, (Fn. 58), 526.
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
auch Archivalien nach Ablauf von 30 Jahren grundsätzlich unbeschränkt zugänglich 80 . Viele Register gestatten die Einsichtnahme nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses 81 . Dazu zählen etwa das Melderegister 82 , das Grundbuch 83, die Handwerksrolle 84, die Auskunft nach § 26 Abs. 5 StVZ085, die in den Landesbauordnungen vorgesehenen Baulastverzeichnisse und die Liegenschaftskataster 86 . Noch enger gezogen ist der Kreis der Einsichtsberechtigten, wenn, wie im Personenstandsrecht, die Glaubhaftmachung eines ,,rechtlichen" Interesses verlangt wird 87. Die Erörterung kann hier abbrechen. Die Aufzählung der bekanntesten registerrechtlichen Vorschriften macht hinreichend deutlich, daß der durch öffentliche Register und Bücher begründete Publizitätsgewinn für Informationswünsche, die auf die Verwaltung gerichtet sind, als gering anzusehen ist. Register haben häufig die Funktion, Verwaltungsvorgänge (intern) zu systematisieren, um so ein ordnungsgemäßes Verwaltungsverfahren zu sichern. Häufig werden ihnen Beurkundungs- und Beweisfunktionen (z. B. negative oder positive Publizität) sowie Konstitutivfunktionen zugemessen 88 . Offenkundig geht es bei den Registern um die Realisierung heterogener Informationsfunktionen, die mit der Kontrolle der Verwaltung nichts zu tun haben. Zur Relativierung der administrativen Geheimhaltungspraxis tragen Register deshalb kaum etwas bei.
80 § 5 Abs. 1 BArchG v. 6.1.1988, BGBl. I, 62; Akten, die sich auf eine natürliche Person beziehen, dürfen erst 30 Jahre nach dem Tod der betreffenden Person genutzt werden; ein "berechtigtes Interesse" verlangen die Landesarchivgesetze; vgl. Art. 10 Abs. 2 BayArchG, § 6 Abs. 1 LArchG Baden-Württ, § 7 Abs. 1 ArchivG NW, § 5 Abs. 1 HmbArchG, § 14 HessArchG, § 3 Abs. 1 LArchG Rheinl.Pfl. 81 Zum Einfluß des Datenschutzrechtes auf die Auslegung des "berechtigten Interesses" Breidenbach, Wolfgang, Das berechtigte Interesse, DuD 1988,61. 82 Sog. erweiterte Melderegisterauskunft; vgl. § 21 Abs. 2 MRRG. Die einfache Melderegisterauskunft nach § 22 Abs. 1 MRRG ist nicht an ein berechtigtes Interesse gebunden; die Gruppenauskunft wird nur erteilt, wenn sie im öffentlichen Interesse liegt; vgl. § 21 Abs. 3 MRRG. 83 § 12 GBO; dazu OLG-Zweibrücken NJW 1989, 531; zur Grundbucheinsicht durch einen Redakteur OLG-Hamm NJW 1988,2482 f. 84 § 6 Abs. 3 HwO. 85 Dazu Hirte, Heribert, Datenschutz contra Privatrecht, Zur Auslegung des "berechtigten Interesses" bei der Halterauskunft nach § 26 V StVZO, NJW 1986, 1899. 86 Zum Baulastverzeichnis Fechtrup, Hermann, Baulast und Baulastverzeichnisse, DVBl1963, 613, 614; Nachweise über die Rechtslage in den Bundesländern bei Krawietz, Werner, Die Baulast als Rechtsinstitut, DVBl 1973, 605; zu den landesgesetzlichen Regelungen der Liegenschaftskataster Schmidt-Aßmann, Öffentliche Bücher und Register, (Fn. 69), 31 ff. 87 § 61 Abs. 1 Satz 3 PStG; zur Kontroverse um den Zugang zu Personenstandsbücher für Forschungszwecke oben, siehe Fn. 40. 88 Im einzelnen Schmidt-Aßmann, Öffentliche Bücher und Register, (Fn. 69), 171 ff.
H. Allgemeine Rechte auf Zugang zu Verwaltungsinformationen
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2. Verfassungsrechtliche Informationsansprüche Vor dem Hintergrund des vorherrschenden Geheimhaltungsprinzips verwundert es nicht, daß zur Begründung besserer Zugangschancen des quivis ex populo verfassungsrechtliche Gewährleistungen mobilisiert werden. Das Demokratieprinzip sowie die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. GG stehen dabei im Zentrum des Interesses 89 . Im folgenden soll deshalb der Frage nachgegangen werden, ob die Optimierung von Zugangschancen durch eine "offensive"90 Interpretation von Grundrechten überzeugende Ansätze zur Behebung des Publizitätsdefizits hervorgebracht hat. a) Das Demokratieprinzip
Demokratie geht von der Leitidee des informierten Staatsbürgers aus 91. Der Zusammenhang von Demokratie und Öffentlichkeit erscheint somit evident. Die Verpflichtung der Staatsgewalt, ihr Handeln dem Volk offenzulegen, ermöglicht erst die für das Gemeinwesen lebenswichtige Kontaktbindung 92 zwischen der partikularen Realität des Staatsbürgers und der Makrorealität des Staates. Schon aus der von der Verfassung vorausgesetzten Staatsform "Demokratie" scheint sich danach ein durchgängiges Öffentlichkeitsgebot für alle staatlichen Gewalten, mithin auch für die Exekutive 93 zu ergeben. Obwohl einerseits der so skizzierte Zusammenhang von Demokratie und Öffentlichkeit prinzipiell unbestritten ist 94, erscheinen andererseits optimistische 89 Für Forscher ergibt sich noch aus Art. 5 Abs. 3 GG eine eigenständige Dimension, auf die unten noch gesondert eingegangen wird; vgl. sub. rn. 2. 90 Diesen Begriff verwendet Scherer, Verwaltung und Öffentlichkeit, (Fn. 14), S. 14, in einem etwas anders gelagerten Kontext. 91 Vgl. Steinmüller / Lutterbeck u. a., Grundfragen des Datenschutzes, BT-Drucks. VI/ 3826, Anlage 1,62 ff., 64; Rotta, Christian, Nachrichtensperre und Recht auf Information, Stuttgart 1986,54; Marcic, Rene, Die Öffentlichkeit als Prinzip der Demokratie, in: Ehmke / Schmidt u. a. (Hrsg.), Festschrift für Adolf Arndt zum 65. Geburtstag, Frankfurt 1969, 267ff. 92 Schräer-Schallenberg, Sabine, Informationsansprüche der Presse gegenüber Behörden, Berlin 1987, 18; vgl. auch Wasserburg, Klaus, Der Schutz der Persönlichkeit im Recht der Medien, Heidelberg 1988, 116 ff.; Kopp, Hans W., Information in der Demokratie, Zürich Köln 1976, 55 ff., 175 f. 93 Vgl. Jerschke, Hans-Ulrich, Öffentlichkeitspflicht der Exekutive und Informationsrecht der Presse, Berlin 1971, 77. 94 Vgl. etwa Smend, Rudolf, Zum Problem des Öffentlichen und der Öffentlichkeit, in: Gedächtnisschrift für Walter Jellinek, München 1955, 11, 16 ff.; Martens, Wolfgang, Öffentlich als Rechtsbegriff, Bad Homburg / etc. 1969,59 ff.; Windsheimer, Hans, Die "Information" als Interpretationsgrundlage für die subjektiven öffentlichen Rechte des Art. 5 Abs. 1 GG, Berlin 1968,39 ff.; Rinken, Alfred, Das Öffentliche als verfassungstheoretisches Problem dargestellt am Beispiel der Wohlfahrtsverbände, Berlin 1971, 248 ff.; Kloepfer, Michael, Öffentliche Meinung, Massenmedien, in: Isensee / Kirchhof! (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. 11, Heidelberg 1987, § 35, insbes. Rdnr. 18 ff.; Habermas, Jürgen, Strukturwandel der Öffentlichkeit, Neuwied und Berlin 1962.
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
Schlußfolgerungen auf eine weitreichende infonnationelle Öffnung des Exekutivbereichs kaum möglich. Schwierigkeiten bereitet die Transfonnierung der demokratischen Publizitätsforderung in rechtlich Verbindliches vor allem deshalb, weil das Grundgesetz nur rudimentäre Aussagen darüber trifft, wie die demokratische Publizitätsforderung zu verwirklichen ist. Das Demokratieprinzip zählt zu jener Art von "Staatsfundarnentalnonnen"95, aus denen sich Rechtsfolgen für ganz konkrete Problemlagen nur selten unmittelbar deduzieren lassen 96. Es herrscht deshalb weitgehend Einigkeit, daß sich aus dem Demokratieprinzip subjektive Infonnationsrechte nicht ableiten lassen 97 . Rechtlich begründete Forderungen nach Publizität staatlichen Handeins müssen deshalb nach Anknüpfungspunkten bei anderen Verfassungsnonnen suchen. Eine Durchsicht des Grundgesetzes nach Regelungen, die explizit die Publizität staatlichen Handelns vorsehen, führt allerdings schnell zu Ernüchterung. Das Grundgesetz enthält gerade 5 Vorschriften, die die Unterrichtung des Einzelnen bzw. der Allgemeinheit zum Gegenstand haben. Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG verpflichtet die politischen Parteien, über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie ihres Vennögens öffentlich Rechenschaft abzulegen. Nach Art. 52 Abs. 3 GG und Art. 44 Abs. 1 GG verhandeln der Bundesrat sowie die Untersuchungsausschüsse des Bundestages öffentlich. Zentrale Bedeutung wird vielfach dem Prinzip der Parlamentsöffentlichkeit in Art. 42 GG beigemessen. Mit Blick auf die Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber der Exekutive wird auf Art. 42 GG ein restriktives Verständnis von grundgesetzlieh gewährleisteter Publizität gestützt, das Verwaltungsöffentlichkeit im wesentlichen auf mediatisierte Parlamentsöffentlichkeit reduziert 98. Als einzige Vorschrift, aus der eine staatliche Infonnationspflicht der Exekutive abgeleitet werden könnte, scheint demnach die Infonnationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG übrig zu bleiben. 95 Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Grundgesetz, Kommentar, Bd. 2, Loseblattsammlung, Stand: 1989, Art. 20, Abs. 2, Rdnr. 2. 96 Vgl. Pieroth, Bodo, Die planende Verwaltung zwischen Geheimhaltung und Öffentlichkeit, JuS 1981, 625, 627 f.; auch Schnapp, Rdnr. 12 zu Art. 20, in: von Münch (Hrsg.), Grundgesetzkommentar, Bd. 1,3. Aufl., München 1985. 97 Vgl. Pieroth, ebenda, 628; Schröer-Schallenberg, Informationsansprüche der Presse gegenüber Behörden, (Fn. 92), 23 ff.; Rotta, Nachrichtensperre und Recht auf Information, (Fn. 91),60; ähnlich auch Gurlit, Die Verwaltungsöffentlichkeit im Umweltrecht, (Fn. 14), 113, und Jerschke, Öffentlichkeitspflicht der Exekutive und Informationsrecht der Presse, (Fn. 93), 115 f. 98 Vgl. etwa HeU, Hans-Jürgen, Die Öffentlichkeit der Parlamentsverhandlungen, das Grundrecht der Informationsfreiheit und Informationspflichten der Exekutive, Frankfurt etc. 1987; Binder, Reinhart, Die "Öffentlichkeit" nach Art. 42 Abs. 1 Satz 1, 44 Abs. 1 Satz 1 GG und das Recht der Massemrnedien zur Berichterstattung, DVB11985, 1112; kritisch zur mangelnden Öffentlichkeit der meisten Ausschußsitzungen Kissler, Leo, Parlamentsöffentlichkeit: Transparenz und Artikulation, in: Schneider / Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, Berlin/New York 1989,993 ff.; nach Art. 17 Abs. 3 der Landessatzung für Schieswig-Hoistein vom 13. Juni 1990 (GVOBl. Schl.-H., S. 391) sind Ausschußsitzungen neuerdings regelmäßig öffentlich.
II. Allgemeine Rechte auf Zugang zu Verwaltungsinfonnationen
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b) Die Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG Art. 5 Abs. 1 2. Hs. GG bestimmt, daß jeder das Recht hat, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Es herrscht Einigkeit, daß das Grundrecht der Informationsfreiheit nicht nur eine abwehrrechtliche Dimension aufweist 99 , sondern auch in einer wichtigen Beziehung zum Demokratieprinzip steht loo. Aus demokratisch-funktionalem Blickwinkel ist danach das Grundrecht der Informationsfreiheit wie das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit eine der wichtigsten Voraussetzungen der freiheitlichen Demokratie. ,,Erst mit seiner Hilfe wird der Bürger in Stand gesetzt, sich selbst die notwendigen Voraussetzungen zur Ausübung seiner persönlichen und politischen Aufgaben zu verschaffen, um im demokratischen Staat verantwortlich handeln zu können" 101. Ob es möglich ist, den demokratisch-funktionalen Aspekt der Informationsfreiheit zur Begründung eines verfassungsunmittelbaren Informationsanspruchs heranzuziehen, wird freilich entscheidend durch die Auslegung des Begriffs der allgemein zugänglichen Quellen bestimmt. Das vom Bundesverfassungsgericht geprägte herrschende Verständnis definiert eine Quelle als allgemein zugänglich, wenn sie "technisch geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, d. h. einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen" 102. Abgestellt wird allein auf tatsächliche Kriterien, d. h. auf die faktische und nicht auf die rechtliche Zugänglichkeit von Informationen 103. Als allgemein zugängliche Quellen sind danach insbesondere Presse, Rundfunk, Fernsehen und Film anerkannt, darüberhinaus aber auch Ausstellungen, Flugblätter, Anschläge und
99 Vgl. etwa Herzog, In: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, (Fn. 95), Art. 5 Abs. I, 11, Rdnr. 83 ff.; v. Mangoldt / Klein / Starck, Das Bonner Grundgesetz, Bd. 1, München 1985, Art. 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 27; von Münch, Rdnr. 1 zu Art. 5, in: von Münch, Grundgesetz-Kommentar, Bd. 1, 3. Aufl., 1985; AK-GG-Hojfmann-Riem, Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1, Neuwied 1989, Art. 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 3 ff., 84; Schmidt-Bleibtreu I Klein, Kommentar zum GG, 7. Aufl., Neuwied u. Frankfurt 1990, Art. 5 Rdnr. 6; Degenhardt, in: Bonner- Kommentar, Zweitbearbeitung, Loseblattsammlung, Art. 5 Abs. 1 u. 2 (1987), Rdnr. 248. 100 Differenzen bestehen jedoch in der Frage, welches Gewicht dem individualrechtlichen und dem demokratischen Aspekt des Grundrechts beizumessen ist; vgl. Herzog, ebenda, Rdnr. 84, der den demokratischen Aspekt gleichberechtigt neben den individualrechtlichen stellt, und dazu die Kritik von Starck, in: von Mangoldt I Klein / Starck, ebenda, Rdnr. 27, der die abwehrrechtliche Komponente dominieren läßt; wie Herzog auch Degenhardt, ebenda, Rdnr. 248. 101 BVerfGE 27, 71, 81 f., unter Bezugnahme auf BVerfGE 7, 198,208. 102 BVerfGE 27, 83. 103 Vgl. BVerfGE 33, 85; die Gegenansicht, die auf die rechtliche Zugänglichkeit abstellen will (so etwa in der 2. Aufl. von Hamann, Andreas, Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Berlin / etc. 1961, Art. 5 Anm. 5 B), würde das Grundrecht zur Bedeutungslosigkeit verurteilen, da der Staat dann auf alle Infonnationsmittel qua Reglementierung der Zugänglichkeit Einfluß nehmen könnte; vgl. Wohland, Wemer, Infonnationsfreiheit und politische Filmkontrolle, Berlin 1968, 116.
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
Litfaßsäulen 104 sowie öffentliche Bücher und Register 105. Nicht allgemein zugänglich soll hingegen der gesamte Behördenbereich sein 106. Diese herrschende Interpretation von Art. 5 Abs. 1 GG, die den behördeninternen Bereich von der Publizitätswirkung des Grundrechts der Informationsfreiheit grundsätzlich ausnimmt, sieht sich allerdings neuerdings Angriffen ausgesetzt. Nach Scherer 107, dem sich jüngst Gurlit lO8 angeschlossen hat, beruht die Ablehnung eines allgemeinen Informationsanspruchs des Bürgers auf einer verfehlten zirkelhaften Interpretation von Art. 5 Abs. I Satz 1 2. Hs GG 109. Ein Zirkelschluß wird darin erkannt, daß Behördenakten nicht als "allgemein zugänglich" angesehen werden, "weil sie der öffentlichen Einsicht nicht allgemein zugänglich sind" 110. Das herrschende Verständnis von Art. 5 Abs. 1 S. I 2. Hs. GG bringt nach Scherer das Informationsrecht in Abhängigkeit von der Qualifizierung einer Informationsquelle durch einen Kommunikator 111. Die Folge davon sei, daß als allgemein zugänglich angesehen wird, was die Verwaltung für allgemein zugänglich erachtet 112. Man wird kaum bestreiten können, daß das herrschende Verständnis von der Informationsfreiheit der Verwaltung die Möglichkeit gibt, Informationsflüsse in die Öffentlichkeit weitgehend nach ihren eigenen Bedürfnissen zu steuern. Ob der Zugang zu einer verwaltungsinternen Information über eine "allgemein zugängliche Quelle" erzwungen werden kann, hängt davon ab, ob die behördliche Informationspolitik das "Arcanum" allgemein zugänglich in der Öffentlichkeit plaziert 113. Zustimmen kann man sicherlich einer Kritik, die ein solches Konzept Vgl. v. Münch, Art. 5, Rdnr. 16, in: von Münch, (Fn. 99). Da die Zugänglichkeit dieser Quellen auf einem Rechtsakt beruht, soll diese allerdings auch von dem Bestand des Rechtsaktes abhängig bleiben; vgl. Starck, in: V. Mangoldt / Klein / Starck, (Fn. 99), Art 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 30; Schmidt-Jortzig, Edzard, Meinungs- und Informationsfreiheit, in: Isensee / Kirchhoff(Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI, Heidelberg 1989, § 141, Rdnr. 33. 106 BVerfG NJW 1986, 1243 (Nichtannahmebeschluß); BVerwG DöV 1979, 102; BVerwG Buchholz 316, § 29 Nr. 2, (1982), BVerwGE 61, 15, 22 (1980); BVerwG DVBl 1966, 575 f.; Bay VGH eR 1988, 245 (246); OVG Münster, OVGE 14, 199, 201; OVG Rheinland-Pfalz AS 3, 134; Jarass, Hans D. / Pieroth, Bodo, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl., München 1992, Art. 5, Rdnr. 13; Langer, Margit, Informationsfreiheit als Grenze informationeller Selbstbestimmung, Berlin 1992, 104 105
144.
107 Verwaltung und Öffentlichkeit, 27, 31; ders., Datenzugang des Forschers zwischen Informationsanspruch und Geheimhaltungsgrundsatz, in: Kaase / Krupp u. a. (Hrsg.), (Fn. 2), 93, 95 ff. 108 Gurlit, Elke, Die Verwaltungsöffentlichkeit im Umweltrecht, Düsseldorf 1989, 99 ff. 109 Scherer, Verwaltung und Öffentlichkeit, (Fn. 14), 27, 31 110 Ebenda, S. 31, bezugnehmend auf die Argumentation des OVG-Münsters in OVGE 14, 199, 201. 111 Insbesondere diese Konsequenz der herrschenden Interpretation hält Scherer für unakzeptabel; vgl. Verwaltung und Öffentlichkeit, (Fn. 14), 32. 112 So Gurlit, Die Verwaltungsöffentlichkeit im Umweltrecht, (Fn. 108), 101.
11. Allgemeine Rechte auf Zugang zu Verwaltungsinformationen
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von Infonnationsverteilung für defizitär hält. Fraglich ist jedoch, ob dieses Defizit wirklich mit den Mitteln der Grundgesetzinterpretation überwunden werden kann. Zunächst vennag der Einwand der Zirkelhaftigkeit nicht zu überzeugen. Selbst wer den Ausgangspunkt der herrschenden Meinung akzeptiert und die Bedeutung der Infonnationsfreiheit darin sieht, staatliche Einwirkungen auf bereits vorhandene Infonnationsquellen zu disqualifizieren, kann dem Grundrecht eine eigenständige und bedeutende Aussage abgewinnen. Es trifft nicht zu, daß die Aussage "was frei ist, soll frei bleiben" das Grundrecht in eine sinnleere Tautologie auflösen würde 114. Ferner ergeben sich schon vorn Wortlaut der Vorschrift her erhebliche Bedenken, Behördenakten als allgemein zugängliche Quellen anzusehen. Weder rechtlich noch faktisch hat die Verwaltung in der Bundesrepublik Deutschland jemals einern Bild entsprochen, das durch eine allgemeine Zugänglichkeit von Infonnationsbeständen zutreffend charakterisiert wäre. Davon geht auch ein anderer Befürworter des Infonnationsanspruchs aus, wenn ausgeführt wird, daß Art. 5 Abs. 1 GG nicht länger vorn Wortlaut her interpretiert werden könne llS. Mit der Negation des Wortlauts wird aber ein Interpretationsrahmen verlassen, der für viele die Grenzen zulässiger Verfassungsinterpretation markiert 116. Selbst bei vorsichtiger Bewertung des grammatischen Befundes, wonach der Wortlaut letztlich noch keinen eindeutigen Aufschluß zu geben vennag ll7, spricht doch tendenziell der Wortlaut für eine zurückhaltende Interpretation. Darüber hinaus sprechen genetische Argumente gegen "offensive" Interpretationsansätze. Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich, daß das Grundrecht als geschichtlich bedingte Reaktion auf die totalitäre Staatspraxis im Nationalsozialismus, die u. a. Abhörverbote für ausländische Sender vorsah, konzipiert war ll8 . Jerschke gelangt nach Auswertung der Entstehungsgeschichte zu dem Befund, daß die Infonnationsfreiheit vorrangig ein Abwehrrecht gegen jede staatliche 113 Die Einwand kann nicht mit dem Hinweis auf den Informationsanspruch der Presse entkräftet werden. Zum einen ist die verfassungsrechtliche Qualität dieses Anspruchs streitig; vgl. Schräer-Schallenberg, (Fn. 92), 26 ff. Zum anderen beinhaltet der Informationsanspruch kein eigentliches Informationszugangsrecht, sondern lediglich ein Auskunftsrecht. Informationen werden mithin immer durch den Filter einer amtlichen Auskunftsperson vermittelt; vgl. zur Schwäche der Presseinformationsansprüche auch die Anmerkungen unten bei Fn. 172 f. 114 So auch Schwan, Amtsgeheimnis und Aktenöffentlichkeit, (Fn. 47), 112 f.; ferner W oertge, Hans-Georg, Die Prinzipien des Datenschutzrechts und ihre Realisierung im geltenden Recht, Heidelberg 1984, 114. 115 Steinmüller / Lutterbeck u. a., Grundfragen des Datenschutzes, (Fn. 91), 69. 116 Vgl. z. B. Müller, Friedrich, Juristische Methodik, 2. Aufl., Berlin 1976, 153 ff.; Hesse, Konrad, Grundzüge der Verfassungsrechts, 18. Aufl., Heidelberg 1991, Rdnr. 77. ll7 Vgl. auch Pieroth, Die planende Verwaltung zwischen Geheimhaltung und Öffentlichkeit' (Fn. 96), 628 118 Dazu Jerschke, Öffentlichkeitspflicht der Exekutive und Informationsrecht der Presse, (Fn. 93), 107; AK-GG-HoJfmann-Riem, (Fn. 99), Rdnr. 85; Pieroth, ebenda, 628; Langer, (Fn. 106), 145.
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
Beeinträchtigung der individuellen Unterrichtung aus nichtstaatlichen Infonnationsträgern, namentlich von Massenkommunikationsmitteln, darstellt 119. Auch im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte spricht also vieles dafür, die demokratisch funktionale Potenz von Art 5 Abs. 1 S. 1 2. Hs. GG nicht zu überschätzen, da die Gewährleistung eines "staatsfreien" Willensbildungsprozesses ganz offensichtlich mit den ,,klassischen" Mitteln des Eingriffs- und Schrankendenkens erreicht werden sollte. Verfassungsinterpretation braucht freilich bei einer genetischen Interpretation des Grundgesetzes nicht stehen zu bleiben. Es entspricht sogar verbreiteter Überzeugung, daß diesem Interpretationselement eher untergeordnete Bedeutung zukommt 120. Eine Fixierung des Gehalts des Grundgesetzes auf seinen Entstehungszeitpunkt würde nämlich auf lange Sicht zu einer Erstarrung führen, der über kurz oder lang auch die rationalisierende Wirkung des Grundgesetzes zum Opfer fallen könnte. Verfassungsinterpretation verschließt sich deshalb nicht der Möglichkeit der Anerkennung eines Verfassungswandels 121. Es verwundert deshalb nicht, daß der Ansatz zu einem weitergehenden Verständnis von Art. 5 Abs. 1 GG seine Grundlage in der Behauptung eines tiefgreifenden Verfassungswandels findet. Danach ignoriere die traditionelle Interpretation der Infonnationsfreiheit, die an der ursprünglichen ratio von Art. 5 Abs. 1 2. Hs. GG anknüpft, "nahezu vollständig" 122 die gewandelte Verfassungswirklichkeit. Es gelte der Herausforderung gerecht zu werden, die der zunehmende Einsatz moderner Infonnationssysteme im Bereich der Verwaltung für die Machtbalance von Bürger und Staat bedeute. Mit Rücksicht auf eine beängstigende Marktkonzentration im Medienbereich erscheine eine Beschränkung der Infonnationsfreiheit auf den Zugang zu den von den Massenmedien bereitgestellten Infonnationen außerdem nicht mehr angemessen 123. Die kaum bestreitbaren qualitativen Veränderungen einer Wirklichkeit, die zunehmend von dem Aufkommen der Infonnationsgesellschaft geprägt ist 124, erfordern ohne Zweifel die lauernde Aufmerksamkeit des Juristen, auch des 119 Ebenda; zu dem selben Ergebnis gelangt Rotta, Christian, Nachrichtensperre und Recht auf Information, Stuttgart 1986, 50, bei dem die Informationsfreiheit dergestalt durch das Demo~atieprinzip überlagert wird, 4aß sich eine objektiv-rechtliche Pflicht des Staates auf Offnung des administrativen Arkanbereichs durch Installierung einer allgemein zugänglichen Quelle ergibt; vgl. 53 ff., insbesondere 59 ff.; vgl. ähnlich neuerdings wohl auch Zschiedrich, Kout, Der staatsbürgerliche Informationsanspruch aus Art. 5 Abs. I S. 1 GG, Diss. Mainz 1989,54 ff. 120 BVerfGE 1,299 (312); 6, 55 (75); 33,265 (294); 35,263 (278); 62, 1 (45). 121 Vgl. Hesse, Konrad, Grundzüge des Verfassungsrechts, 18. Aufl., Heidelberg 1991, Rdnr.77. 122 Vgl. Gurlit, Die Verwaltungsöffentlichkeit im Umweltrecht, (Fn. 108), 101. 123 Gur/it, ebenda, 101; Steinmüller / Lutterbeck u. a., Grundfragen des Datenschutzes, (Fn. 91), S. 5, 65, 67; ähnlich auch Zschiedrich, Der staatsbürgerliche Informationsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, (Fn. 119),56 f. 124 Vgl. dazu auch noch unten 7. Kapitel.
II. Allgemeine Rechte auf Zugang zu Verwaltungsinfonnationen
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Verfassungsjuristen. Vor einer vorschnellen Übersetzung des Strukturwandels in rechtlich Verbindliches muß allerdings gewarnt werden. Daß die Anerkennung eines Verfassungswandels durch Grundrechtsauslegung äußerste Behutsamkeit verlangt, dürfte kaum streitig sein 125. Dort, wo der parlamentarische Gesetzgeber noch nicht gesprochen hat, setzen sich sonst allzu leicht apokryphe und kaum legitimierte Interessen durch. Dies gilt insbesondere für schwierige Materien, die eine komplizierte Interessenkoordination erfordern. Die Grenzen eines Informationsanspruchs könnten wohl kaum anders als durch die Entscheidung des Gesetzgebers festgelegt werden. Mit dem salopp anmutenden Hinweis, die interpretatorische Umwandlung von Grundrechten in Teilhabe- und LeistungsanspTÜche belege, daß Rechtsprechung und Lehre einen realen "Verfassungswandel" durchaus argumentativ zu bewältigen vermögen 126, ist jedenfalls kaum etwas gewonnen. Der Hinweis führt jedoch auf ein weiteres Konfliktfeld kontemporärer Grundrechtstheorie, auf dem sich zusätzliche Schwierigkeiten für eine "offensive" Interpretation des Begriffs der "allgemein zugänglichen Quelle" türmen. Wer einen allgemeinen Informationsanspruch aus Art. 5 Abs. I GG herleitet, interpretiert das Grundrecht nämlich als individualbezogenes (originäres) Leistungsrecht und mischt sich damit in eine der umstrittensten und schwierigsten Fragen der neueren Grundrechtsdogmatik ein 127. Viele Autoren lehnen bis heute die Anerkennung einer (originären) leistungsrechtlichen Dimension der Grundrechte vollständig ab 128. Selbst wer diese Skepsis nicht teilt, dürfte der These zustimmen, daß das Grundgesetz von seiner Textfassung und seiner Entstehungsgeschichte her primär den Charakter einer an Abwehrrechten orientierten bürgerlich-rechts staatlichen Verfassung trägt l29 • Mit Rücksicht auf die Rechtsetzungsprärogative des parlamentarischen Gesetzgebers bedarf deshalb die Ableitung von Informations125 Vgl. etwa Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, (Fn. 121), Rdnr. 77; vgl. auch Roßnagel, Alexander / Wedde, Peter / Hammer, Volker / Pordesch, Ulrich, Digitalisierung der Grundrechte?, Opladen 1990,251 ff. 126 So Rotta, Nachrichtensperre und Recht auf Infonnation, (Fn. 119), S. 51; darauf bezugnehmend auch Gurtit, Die Verwaltungsöffentlichkeit im Umweltrecht, (Fn. 108), 101 f.; zutreffend Lübbe-Woljf, Gertrude, Der Anspruch auf Infonnation über den Inhalt ennessensbindender Verwaltungsvorschriften, DöV 1980, 594, 595 (.. (D)er Weg über die Verfassungsinterpretation (dürfte) nicht der richtige sein, um hier eine Änderung ... zu bewirken" ... ). 127 Die Literatur ist kaum übersehbar; vgl. grundlegend Häberle, Peter, Grundrechte im Leistungsstaat, VVdStRl 30 (1972), 44 einerseits sowie Martens:. Wolfgang, Grundrechte im Leistungsstaat, VVdStR130 (1972), 7, andererseits; guter Uberblick bei Alexy, Robert, Theorie der Grundrechte, Frankfurt 1986, 395 ff. sowie bei Müller, Friedrich / Pieroth, Bodo / Frohmann, Lothar, Leistungsrechte im Nonnbereich einer Freiheitsgarantie, Berlin 1982, insbes. 60 ff.; zur leistungsrechtlichen Interpretation der Forschungsfreiheit im einzelnen noch unten sub m. 2. 128 Vgl. etwa Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, (Fn. 121), Rdnr. 289; Schtink, Bernhard, Freiheit durch Eingriffsabwehr - Rekonstruktion der klassischen Grundrechtsfunktion, EuGRZ 1984,457,465 ff. 129 Vgl. Alexy, (Fn. 127),397.
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
pflichten besonders sorgfältiger Rechtfertigung. Rotta kommt deshalb zu dem Ergebnis, daß als Informationsanspruch allenfalls ein Minimalanspruch tatsächlicher Art gegenüber der öffentlichen Gewalt angenommen werden könnte, wenn die Ausübung des Grundrechts der Informationsfreiheit in der sozialen Realität nicht mehr gewährleistet wäre J30. Die "offensive" Interpretation der Informationsfreiheit, die den gesamten Exekutivbereich öffentlicher Neugier erschließen will, findet in der eingeschränkten BegTÜndungsflihigkeit leistungsrechtlichen Argumentierens ein ernsthaftes Hindernis. Zusammenfassend ist deshalb festzustellen, daß eine überzeugende Herleitung eines allgemeinen Informationsanspruchs aus der Informationsfreiheit des GG, die den exekutivischen Bereich dem Informationsinteressse des "quivis ex popu10" erschließen könnte, bisher nicht gelungen ist. Wegen der beträchtlichen Schwierigkeiten, die eine solche Herleitung unter Geltung des Grundgesetzes zu überwinden hätte, scheint insoweit auch in Zukunft Skepsis geboten J31. c) Weitere verfassungsrechtliche Anknüpfungspunkte
Neben dem Demokratieprinzip und der Informationsfreiheit werden noch verschiedene andere Grundrechte sowie Verfassungsprinzipien zur Begründung von Informationsrechten herangezogen. Hervorzuheben ist dabei vor allem der moderne Versuch, Grundrechte auch als Verfahrensgarantien zu verstehen und aus dieser neuartigen Bedeutungsschicht Informationsrechte herzuleiten 132. Aufmerksamkeit verdient ferner der Rekurs auf das Rechtsstaatsprinzip 133. "Leading case" für die Anerkennung einer grundrechtlichen Dimension von Verfahren ist die "Mühlheim-Kärlich"-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 134. Die Pointe der Entscheidung liegt darin, daß das Bundesverfassungsge130 Rotta, Nachrichtensperre und Recht auf Information, (Fn. 119), 51; ähnlich wohl auch Bleckmann, Albert, Staatsrecht II - Die Grundrechte, 3. Aufl., 1989,684. 131 Ebenso Opjermann, Wemer, Informationsfreiheit als Voraussetzung von Meinungsfreiheit, in: Hoffmann / Tietze / Podlech (Hrsg.), Numerierte Bürger, Wuppertal 1975, 21, 24 ff.; Schwan, Amtsgeheimnis und Aktenöffentlichkeit, (Fn. 47), 110 ff. 132 Vgl. Häberle, Peter, Grundrechte im Leistungsstaat, (Fn. 27), 86 ff.; Goerlich, Helmut, Grundrechte als Verfahrensgarantien, Baden-Baden 1981; Benda, Ernst, Der soziale Rechtsstaat, in: Benda / Maihojer / Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts, Berlin/New York 1983,477, 494ff. 133 Darüber hinaus wird gelegentlich noch der publizitäre Gehalt des Sozialstaatsprinzips (vgl. Steinmüller / Lutterbeck u. a., Grundfragen des Datenschutzes, (Fn. 91), 69; Jerschke, Öffentlichkeitspflicht der Exekutive und Informationsrecht der Presse, (Fn. 93),83; GurUt, Die Verwaltungsöffentlichkeit im Umweltrecht, (Fn. 108), 115 f.; Zschiedrich, Der staatsbürgerliche Informationsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, (Fn. 119), 61 ff.), des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (GurUt, ebenda, 108 ff.) und des Petitionsrechts (Jerschke, ebenda, 113 f.) untersucht; der Ertrag dieser Vorschriften im Hinblick auf die Begründung eines allgemeinen Informationsrechts wird jedoch übereinstimmend als gering angesehen. J34 BVerfGE 53, 3D, 63 ff.
11. Allgemeine Rechte auf Zugang zu Verwaltungsinfonnationen
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richt hier auch das Verwaltungsverfahren als Verwirklichungschance und Schutzeinrichtung für die Grundrechte begreift 135. Im Kontext einer atomrechtlichen Drittanfechtungsklage führt das Gericht aus: "Eine Verletzung (des Rechts auf Leben; Anm. d. Verf.) kommt ... dann in Betracht, wenn die Genehmigungsbehörde solche Verfahrensvorschriften außer acht läßt, die der Staat in der Erfüllung seiner Pflicht zum Schutz der in Art. 2 Abs. 2 GG genannten Rechtsgüter erlassen hat". Zu den verfahrensrechtlichen Rechten, die durch Grundrechte garantiert werden, können nach allgemeiner Meinung auch Akteneinsichtsrechte zählen 136. Die Leistungsfähigkeit dieser Rechte sowie anderer Partizipationsrechte mit Öffentlichkeitscharakter ist allerdings begrenzt. Grundrechtsschutz durch Verfahren ist bis heute nur dort allgemein akzeptiert, wo der Schutz von Leben und Gesundheit des betroffenen Bürgers namentlich im Umweltrecht Entscheidungsgegenstand ist 137. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Sinne das atomrechtliche Genehmigungsverfahren als grundrechtsadäquate Verwirklichung des "Rechts auf Verfahren" gewertet. Zwar sind Fälle vorstellbar, in denen sich aus den normativen Vorgaben der Grundrechte als Verfahrensgarantien unter dem Gesichtspunkt der Vorverlagerung des Grundrechtsschutzes ein verfahrensunabhängiger Akteneinsichtsanspruch ableiten läßt 138. Es spricht jedoch kaum etwas dafür, daß die Interpretation von Grundrechten als Verfahrensgarantien in relevantem Ausmaß über die anerkannten Akteneinsichtsansprüche hinausgehende Einsichtsrechte zu begründen vermag. Verfahrensrechte können nämlich nur dann grundrechtsrelevant sein, wenn ein Betroffener durch eine Maßnahme der Verwaltung in seinem grundrechtlichen Schutzbereich berührt ist 139. In einem solchen Fall dürfte es aber in der Regel kaum schwierig sein, Einsichtsrechte bereits aus dem einfachen Recht herzuleiten. Publizitätstendenzen ergeben sich schließlich nach allgemeiner Meinung noch aus dem Rechtsstaatsprinzip. Außer Betracht bleiben können hier allgemeine Formen rechtsstaatlicher Publizität, wie die Publikation von Gesetzen, das Gebot Ebenda, 65 f. Vgl. etwa Laubinger, Hans Werner, Grundrechtsschutz durch Gestaltung des Verwaltungsverfahrens, VerwArch 73 (1982), 60, 75; Prümm, Hans Paul, Umweltrecht, Frankfurt 1989, § 9 I 3.; Barsdorjf, Anke / Schwab, Siegfried, Das Recht auf Akteneinsicht, DöD 1989, 164. 137 Vgl. Hq/fmann-Riem, Wolfgang / Rubbert, Susanne, Atomrechtlicher Erörterungstennin und Offentlichkeit, Heidelberg 1984, 42. 138 Vgl. etwa Prümm, Umweltrecht, (Fn. 136), 112 anknüpfend an BVerfGE 53,30, 60; vgl. auch Hahn, Werner, Offenbarungspflichten im Umweltschutzrecht, 1984, 145; unzutreffend Barsdorjf / Schwab, (Fn. 136), die die Möglichkeit eines verfahrensunabhängigen Einsichtsrechts unter Rekurs auf Grundrechte verneinen. 139 Hoffmann-Riem / Rubbert, Atomrechtlicher Erörterungstennin und Öffentlichkeit, (137), 43. 135
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
der Nonnenklarheit, welches durch' das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts eine eindrucksvolle Bestätigung erfahren hat 140, sowie das anerkannte Ideal der Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen 141. Folgerungen für die Publizität staatlichen HandeIns ergeben sich vor allem aus der Rechtsschutzgarantie in Art. 19 Abs. 4 GG. Die dem Gerichtsschutz logisch vorgeschaltete Transparenz der Verwaltungstätigkeit ennöglicht die Ableitung eines Rechts auf Akteneinsicht für das Verwaltungsverfahren. Diese Rechtsschutzgarantie ist allerdings schon dem Wortlaut nach auf den Schutz des einzelnen vor der Verletzung "seiner Rechte" begrenzt. Diese Begrenzung schlägt dergestalt auf die Garantie von Transparenz durch, daß rechtsstaatliche Publizität, wie die einfachrechtlichen Akteneinsichtsrechte, nicht mehr als die "Chance der Rechtswahrnehmung" 142 zu gewährleisten vennag. Für ein Zugangsrecht des quivis ex populo gibt das verfassungsrechtliche Rechtsstaatsgebot mithin nichts her. Als Ergebnis ist festzuhalten, daß dem diagnostizierten Publizitätsdefizit weder durch eine Interpretation der Grundrechte als Verfahrensgarantien noch durch Rekurs auf das grundgesetzliche Rechtsstaatsprinzip beizukommen ist.
111. Zugangsrechte für Forschungszwecke Die Durchsicht der für jedennann geltenden Zugangsrechte hat im Hinblick auf die Infonnationsbedürfnisse der Forschung recht ernüchternde Ergebnisse erbracht. Erschöpften sich die Datenzugangsmöglichkeiten von Forschern auf die allgemeinen Zugangsrechte, stünden die Forscher weitgehend mit leeren Händen da. Es bliebe ein Recht auf Zugang zu den wissenschaftlich kaum bedeutsamen öffentlichen Registern sowie ein Anspruch auffehlerfreie Ausübung des Ennessens bei beantragter Akteneinsicht. Begrenzte zusätzliche Infonnationsmöglichkeiten erwüchsen schließlich noch aus dem Datenschutzrecht. Die Zugangschancen würden auch durch die Berufung auf die Verfassung nicht verbessert. Für die Forschung stellt sich die Lage jedoch etwas anders dar. Neben den allgemeinen Zugangsrechten, die für jedennann gelten, gibt es noch eine Reihe von Vorschriften, die den Zugang zu personenbezogenen Infonnationen für Forschungszwecke gegenüber anderen Nutzungsinteressen ausdrücklich privilegieren (1.). Ferner versprechen sich Wissenschaftler vielfach eine Verbesserung 140 BVerfGE 65, I, 44; dazu Bäumler, Helmut, Nonnenklarheit als Instrument der Transparenz, JZ 1984, 361. 141 dazu Jerschke, Öffentlichkeitspflicht der Exekutive und Infonnationsrecht der Presse, (Fn. 93), 82 f. 142 Gur/it, Die Verwaltungsöffentlichkeit im Umweltrecht, (Fn. 108), 113; Zschiedrich, Der staatsbürgerliche Infonnationsanspruch aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, (Fn. 119), 69 ff.
III. Zugangsrechte für Forschungszwecke
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ihrer Zugangschancen durch die Berufung auf die grundgesetzlich in Art. 5 Abs. 3 GG gewährleistete Forschungsfreiheit (2.).
1. Besondere Zugangsregeln für Forscher Das Recht befaßt sich vergleichsweise häufig mit dem Konflikt von wissenschaftlicher Neugier und Geheimhaltungsinteressen aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes. Wegen der Fülle der unterschiedlichen Lösungsansätze empfiehlt sich eine typisierende Unterscheidung von Regelungsmodellen 143. Das erste Modell (Modell A) geht von einem punktuell-problembezogenen Forschungs- und Informationsbedarf aus und regelt diesen, etwa in Gestalt einer Krebsregistergesetzgebung l44 , in einem besonderen Gesetz, welches alle Fragen des Datenzugangs im Detail regelt. Den Vorteilen dieses Modells, nämlich seine Klarheit und Übersichtlichkeit für alle Beteiligten, steht der Nachteil gegenüber, daß es nur eine isolierte Lösung für einen speziellen Problembereich realisiert und nur mit Hilfe des Gesetzgebers auf andere Problembereiche übertragen werden kann 145. Das zweite Modell (Modell B) geht deshalb den umgekehrten Weg. Hier wird der Datenzugang auf breiter Linie eröffnet, wenn der Empflinger die Daten für wissenschaftliche Zwecke nutzen will. Eine solche großzügige Öffnung für Forschungszwecke kommt allerdings nur dort in Betracht, und hierin liegt der Nachteil des Modells, wo sich wegen des Inhalts der Informationen 146 oder der begrenzten Reidentifizierungsgefahren nur begrenzte Risiken für die Betroffenen ergeben. Als typisches Beispiel für eine solche Vorschrift könnte § 16 Abs.6 BStatG genannt werden, wonach faktisch anonymisierte statistische "Einzelangaben" an Forschungseinrichtungen übermittelt werden können 147. Modell B sind auch die Archivgesetze der Länder zuzuordnen, die regelmäßig Archivalien nach Ablauf bestimmter Schutzfristen auf breiter Front für wissenschaftliche Zwecke zugänglich machen 148. 143 Die Unterscheidung geht auf Bull / Dammann, Wissenschaftliche Forschung und Datenschutz, (Fn. 8), 216, zurück. 144 Dazu Rzadtki, Hans-Dietrich / Wollenteil, Ulrich, Persönlichkeitsrecht und Krebsregistrierung, in: von Elling / Wunder (Hrsg.), Krebsregister, Erfassung als Politik, Hamburg 1986, 154; Scherer, Joachim, Verfassungsrechtliche Probleme des "Musters für ein Krebsregister", ZRP 1982, 291 ff. 145 Bull / Dammann, Wissenschaftliche Forschung und Datenschutz, (Fn. 8), 215. 146 Bull / Dammann, ebenda, 216, führen hier als Beispiel die Gruppenauskunft nach § 23 Abs. 3 MRRG an, die sich allerdings nicht speziell auf Wissenschaftler bezieht und deshalb hier bereits sub II. 1. c. angesprochen wurde. 147 Dazu im einzelnen unten, 5. Kapitel. 148 Die Gesetze priviligieren entweder ausdrücklich die Archivnutzung für wissenschaftliche Zwecke oder stellen klar, daß das geforderte "berechtigte Interesse" bei der
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
Das dritte Modell (Modell C) versucht alle übrigen Datenwünsche jenseits der punktuell problembezogenen und der breiten Öffnung von Informationsbeständen zu erfassen. Es geht dabei vom Prinzip der einzelfallbezogenen Abwägung aus, indem es dem Forschungsinteresse oder dem datenschutzrechtlichen Integritätsinteresse je nach dem Gewicht der individuellen Gefahrenpotentiale und der involvierten öffentlichen Interessen an der Forschung Vorrang einräumt. Typische Verwirklichungsbeispiele für ein Modell einzelfallbezogener Abwägung sind die Regelungen in § 75 SGB-X und die Forschungsklauseln der Landesdatenschutzgesetze sowie auch neuerdings § 15 Abs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 2 Nr. 9 BDSGI49. Es ist durchaus denkbar, daß der Modellkatalog zukünftig durch Zwischenformen zu ergänzen sein wird, wenn mit der verbreiteten Forderung nach einer an den einzelnen Forschungsdisziplinen orientierten (bereichsspezifischen) Ausdifferenzierung von Datenzugangsrechten Ernst gemacht wird 150. Ansätze für eine besondere Behandlung der medizinischen Forschung finden sich bereits in Krankenhausgesetzen der Länder 151. Teilweise wird die Aufnahme einer ForschungsNutzung von Archivalien zu Forschungszwecken gegeben ist; vgl. Art. 10 Abs. 2 BayArchG, § 6 Abs. 1 LArchG Baden-Württ, § 7 Abs. 1 ArchivG NW, § 5 Abs. 1 HmbArchG, § 14 HessArchG; § 5 BArchG statuiert ein Jedermannsrecht und räumt deshalb der Forschung keine besondere Position ein. 149 Vgl. etwa § 21 BrDSG; § 33 HDSG; § 27 HmbDSG; § 28 DSG NW; § 25 LDSG RheinlP; § 28 LDSG-Schleswig-Hol.; § 28 BbgDSG; § 30 SächsDSG; § 27 DSG-LSA; § 75 SGB-X; § 42 BZRG; die Novellierung des BDSG hat allerdings eine recht unübersichtliche Regelung erbracht. § 15 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 14 Abs. 2 Nr. 9 BDSG ermöglicht die Übermittlung von Daten an (öffentliche) Hochschulen, wenn "das wissenschaftliche Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens das Interesse des Betroffenen an dem Ausschluß der Zweckänderung erheblich Überwiegt und der Zweck der Forschung auf andere Weise nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand erreicht werden kann". Private Forschungseinrichtungen werden wie jeder andere Dritte behandelt und können Daten bei Glaubhaftmachung eines "berechtigten Interesses" erhalten, wennn der Betroffene ,,kein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluß der Übermittlung hat" (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 BDSG). Nach § 40 Abs. 2 BDSG ist allerdings jetzt die Übermittlung personenbezogener Daten an private Forschungseinrichtungen erleichtert, wenn diese sich verpflichten, die übermittelten Daten nicht für andere Zwecke zu verarbeiten oder zu nutzen sowie die Daten frühestmöglich zu anonymisieren. Weitere Verarbeitungsregeln für die Forschung sind in § 40 BDSG normiert worden. Bis zur Novellierung des BDSG im Dezember 1990 priviligierte das Gesetz die Forschung nur an einer relativ unbedeutenden Stelle, nämlich bei der Verarbeitung gesperrter Daten; § 14 Abs. 2 Satz 3 BDSG in der Fassung vom 27. Januar 1977 (BGBI. I, S. 201); vgl. auch die Entwurfsfassung in § 3a E-BDSG,BT-Drucks. 10/4437, die m. E. einen übersichtlicheren Regelungsvorschlag enthielt; zu den langandauernden Novellierungsbemühungen sowie der Neuregelung Bizer, Forschungsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung, (Fn. 2), 318 ff.; zum neuen BDSG allgemein Dammann, Ulrich, Das neue Bundesdatenschutzgesetz, NVwZ 1991,640, Walz, Stefan, Das neue Bundesdatenschutzgesetz, Komprorniß als Leitprinzip, eR 1991, 354. 150 Vgl. etwa Simitis, Datenschutz und wissenschaftliche Forschung, in: Waehler (Hrsg.), (Fn. 4), 116 ("zurück zu den Disziplinen"); Bizer, Forschungsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung, (Fn. 2), 178 ff. 151 §§ 30, 31 Saarländischen Krankenhausgesetz v. 15. Juli 1987 (Amtsblatt, S. 921); § 15 Abs. 4 Landeskrankenhausgesetz Berlin in der Fassung v. 1. Januar 1985 (GVBI.
III. Zugangsrechte für Forschungszwecke
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klausel in das "allgemeine" Datenschutzrecht für verzichtbar gehalten, da die Datenzugangsprobleme besser im Rahmen von bereichsspezifischen Regelungen zu lösen seien 152. Im Zuge der Debatte über die unterschiedlichen Regelungsmodelle hat sich eine Fülle von Problemstoff angesammelt, den aufzuarbeiten den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Deshalb beschränken sich die Ausführungen im folgenden lediglich auf eine knappe Diskussion der wichtigsten Problemfelder l53 • Im Zentrum der Kontroverse um das Modell A standen konkrete Gesetzgebungsvorhaben, wie z. B. die Krebsregistergesetzgebung der Länder. Vehementen Befürwortern einer möglichst umfassenden Krebsregistrierung 154 steht eine ebenso beachtliche Anzahl von Skeptikern gegenüber, die den Nutzen solcher Register generell in Zweifel ziehen 155. Wenn aber schon der Nutzen solcher Register zweifelhaft ist, ist es nur folgerichtig, daß einer möglichst umfassenden Realisierung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung größte Aufmerksamkeit gewidmet wird. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß als zweites heftig darüber gestritten wird, ob und unter welchen Voraussetzungen auch ohne Einwilligung des Betroffenen an das Register (durch den Arzt oder durch Entnahme aus anderen Informationsbeständen) gemeldet werden darf 156 • S. 34); umfassende Erörterung bereichsspezifischer Forschungsregelungen bei Bizer, Forschungsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung, (Fn. 2), Kapitel 16-19. 152 Der schleswig-holsteinsche Landesbeauftragte für den Datenschutz, In SchleswigHolstein soll durch ein neues Landesdatenschutzgesetz alles besser werden, DuD 1989, 302, 305. 153 Für eine ausführliche Auseinandersetzung ist insbesondere auf die Literatur in Fn. 2 zu verweisen. 154 Greiser, Epidemiologische Forschung und Datenschutzgesetzgebung, in: Überla / Zeiler (Hrsg.), (Fn. 7); Hain, Erich, Informationsfreiheit für medizinisch-epidemiologische Forschung; dargestellt am Beispiel "Asbest und Mesotheliom", in: Gliss, Hans (Hrsg.), Datenschutzrecht und -praxis im Zeichen der BDSG-Novellierung, Köln 1982, 93; Böhm, Kurt / Wagner, Gustav, Datenschutz und medizinische Forschung, eR 1987, 621,624; Wagner, Kurt, Krebsregister und Datenschutz, in: Kilian / Porth (Hrsg.), Juristische Probleme der Datenverarbeitung in der Medizin, (Fn. 7), 71 ff. 155 Vgl. vor allem die Beiträge von von Elling, Angela, Eine neue Ära der Krebsbekämpfung?, sowie Narr, Wolf-Dieter / Schwandner, Gerd, Die Herrschaftslogik der Krebsregister, in: von Elling / Wunder (Hrsg.), Krebsregister, Erfassung als Politik, Hamburg 1986, S. 52 ff. und 86 ff.; auch Jachertz, Norbert, Widerstreit zwischen Forschungsnutzen und Patienteninteresse, Deutsches Ärzteblatt, Ausgabe B, 80. Jhg., Heft 6 v. 11. Febr. 1983, 17 ff.; Leue, Jürgen, Schutz von Patientendaten in Medizin und Sozialversicherung, in: Vollkommer (Hrsg.), Datenverarbeitung und Persönlichkeitsschutz, Erlangen 1986,227,238. 156 Vgl. Rzadtki / Wollenteit, Persönlichkeitsrecht und Krebsregistrierung, in: von Elfing / Wunder (Hrsg.), Krebsregister, (Fn. 144), insbes. 170 ff.; Leue, ebenda, insbes. 139; Leuze, Ruth, Datenschutz und Krebsregister, Öffentliches Gesundheitswesen 43 (1981),583; dies., Im Spannungsfeld von medizinischer Forschung und Datenschutzein Erfahrungsbericht, in: Gola (Hrsg.), Datenschutz im Konflikt, München 1983, 79, 85 f.; jüngst auch Bizer, Forschungsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung, (Fn. 2), 371 ff. 4*
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
Eines der schwierigsten Probleme, welches dem Bereich des Modells B zuzuordnen ist, betrifft das Anonymisierungsproblem. Der breite, weitgehend unreglementierte Zugang zu Daten für Forschungszwecke setzt deren Nichtidentifizierbarkeit voraus 157. Einigkeit ist inzwischen darüber erzielt worden, daß eine Anonymisierung schon vorliegen soll, wenn die Reidentifizierung einen unverhältnismäßigen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft erfordern würde. Nicht schon jede theoretische Möglichkeit genügt nach dem Konzept "faktischer Anonymisierung" 158, sondern erst das Vorliegen einer Situation, in der der Wert d.er möglicherweise zu erlangenden Infonnation zu dem zur Beschaffung des Zusatzwissens voraussichtlichen Aufwand in einer Relation steht, die es nicht ausgeschlossen erscheinen läßt, daß ein ,,Angreifer" 159 von der Möglichkeit Gebrauch macht. Die Praktikabilität dieser recht komplizierten Fonnel wird häufig kritisiert und mit der Forderung nach Konkretisierung konfrontiert 160. Dies dürfte jedoch alles andere als einfach sein. Die Schwierigkeiten, über Art und Ausmaß der Anonymisierung von Daten Konsens herzustellen, haben nämlich ihren Grund in der Sache selbst. Die sich ständig verkürzenden Frequenzen infonnationstechnischer Innovationen lassen die Hoffnung auf eine Festschreibung dauerhafter Anonymisierungsrichtlinien als kaum realisierbar erscheinen 161. Die dem Modell Centsprechenden Forschungsklauseln haben schließlich zu vielfältigen Einwänden Anlaß gegeben. Kritisiert wird bereits grundsätzlich, daß die Datenschutzgesetze in den Forschungsklauseln "im Prinzip" auch für den Forschungsbereich an der Einwilligung festgehalten haben. Das Erfordernis der infonnierten Einwilligung beschwöre in verschiedenen Forschungssituationen erhebliche Konflikte herauf. Dies gelte etwa für den Bereich medizinischer Forschung, wenn die Einholung der infonnierten Einwilligung die Offenbarung einer medizinischen Diagnose zur Folge hätte, die unter Berufung auf therapeutische Gründe dem Patienten vorenthalten worden ist 162. Das Einwilligungserfordernis Dazu im einzelnen noch unten 5. Kapitel. Vgl. Dammann, in: Simitis / Dammann / Mallmann / Reh, (Fn. 44), BDSG, § 2, Rdnr.36. 159 Diesen Begriff gebrauchen Paaß, Gerhard / Wauschkuhn, Udo, Datenzugang, Datenschutz und Anonymisierung, München / Wien 1985, 13. 160 Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen und Stellungnahmen 1982, (Fn. 2), 112 ff.; Thesen und deren Erläuterung zu Datenzugang und Datenschutz, in: Kaase / Krupp u. a. (Hrsg.), (Fn. 2),281, 291; Kaase, Max, Datenschutz und sozialwissenschaftliche Forschung, in: fehle (Hrsg.), (Fn. 2), 64, 75; Bull / Dammann, Wissenschaftliche Forschung und Datenschutz, (Fn. 8), 221, hielten im Jahre 1982 die Zeit für eine gesetzliche Festlegung präziser Anonymisierungsstandards noch nicht für reif. 161 Zutreffend Simitis, Datenschutz und wissenschaftliche Forschung, in: Waehler (Hrsg.), (Fn. 4), S. 101, der insoweit von der ,,Anonymisierungsillusion" spricht; Ansätze zu einer Rationalisierung von Anonymisierungsstandards fmden sich bei Paaß / Wauschkuhn, (Fn. 159); vgl. im einzelnen auch die Ausführungen im 5. Kapitel sub II. 3. 162 Vgl. etwa Berg, Datenschutz undForschungsfreiheit, JöR 33 (1984),63,97; Böhm / Wagner, Datenschutz und medizinische Forschung, (Fn. 154), 625; Blohmke / Kniep, Epidemiologische Forschung und Datenschutz, (Fn. 7), 1325. Die Zuflucht zu einem 157 158
m. Zugangsrechte für Forschungszwecke
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durchkreuze Forschungsstrategien, die auf Täuschungen der Teilnehmer angewiesen seien. Überhaupt führe die starke Akzentuierung des Einwilligungsprinzips zu einer Entwertung desselben, da bestimmte Institutionen dazu übergehen würden, sich routinemäßig nach bankenbewährter Formularmethode vorsorglich umfangreiche Einwilligungen für die Nutzung personenbezogener Daten (z. B. vor Beginn der Krankenhausbehandlung) unterschreiben zu lassen 163. Auf Skepsis stoßen die Forschungsklauseln ferner, weil befürchtet wird, daß der generalklauselartige Abwägungsmechanismus zu einer bedenklichen "bürokratischen Mitbestimmung"l64 im Forschungsbereich führen könnte. Die Kritik setzt dort an, wo Vorschriften die Darlegung eines "bestimmten Forschungszwecks" 165 oder das Vorliegen eines "bestimmten Forschungsvorhabens"166 verlangen. Solche Anforderungen provozierten die Gefahr administrativer Interventionen im Forschungsprozeß. Deshalb wird gefordert, an dem für das Datenschutzrecht zentralen Prinzip der Zweckbindung im Forschungsbereich grundsätzlich nicht festzuhalten, da Forschungsprozesse ihrer Natur nach nicht auf die Erreichung eines bestimmten Zwecks ausgerichtet seien 167. Schließlich werden ähnliche Schwierigkeiten bei der Beantwortung der Frage gesehen, ob "schutzwürdige Belange des Betroffenen" 168 durch die einwilligungsunabhängige Zugangseröffnung beeinträchtigt wären oder ob ein "öffentliches fragwürdigen ,,Paternalismus" aus Mangel an Bereitschaft, mit dem Patienten in eine Kommunikation über schwerste Erkrankungen einzutreten, wird vielfach kritisiert; vgl. etwa Bok, Sissela, Lügen, Vom täglichen Zwang zur Unaufrichtigkeit, Reinbek 1980, 263 ff.; ferner Buchanan, Allan, Medical Paternalism, 7 Philosophy and Public Affairs 370 (1978); Katz, Jay, The Silent World of Doctor and Patient, New York, London 1984,213; Simitis, Spiros, Datenschutz - Ende der medizinischen Forschung?, MedR 1985, 195, 197 f.; vgl. ferner Herrmann, Joachim, Soll ein Krebspatient über seine Diagnose aufgeklärt werden?, MedR 1988, 1; es liegen übereinstimmende Erkenntnisse vor, nach denen die mangelnde Bereitschaft zur Aufklärung über schwere Erkrankungen häufig in einer persönlichen Abwehr des Arztes begründet liegt. 163 Berg, ebenda, 98. 164 Berg, ebenda, 99; ders., Informationelle Selbstbestimmung und Forschungsfreiheit, CR 1988, 234, 238 ff.; vgl. ferner Scheueh, Erwin K., Risiko - Interpretation beim Datenschutz, in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Nutzung von anonymisierten Einzelangaben aus Daten der amtlichen Statistik, Stuttgart 1987, 121, 131 ff.; Albrecht, HansJörg, Datenschutz und Forschungsfreiheit, CuR 1986, 92, 97 f.; Borchert, Günter, Datenzugang für die Forschung, ÖVD, Heft 7-8, 1981, 18,20; vgl. auch im Vorfeld zur jüngsten Novellierung des BDSG Westdeutsche Rektorenkonferenz, Stellungnahme zur geplanten Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), Stellungnahme des 398. Präsidiums vom 8.2. 1988, S. 2, wo § 36 Abs. 5 des Entwurfes beanstandet wurde, in dem eine Regel an den ,,zweck der Forschung" anknüpfte. 165 Z. B. § 75 Abs. 1 SGB-X (,,zweck der Forschung"). 166 Vgl. z. B. §§ 15 Abs. 1 i. V. m. 14 Abs. 2 Nr. 9 BDSG; § 20 Abs. 1 LDSG BadenWürt, § 25 LDSG RheinlP; § 27 Abs. 1 HmbDSG; kritisch Berg, Datenschutz und Forschungsfreiheit, (Fn. 162), 99 sowie der Wissenschaftsrat, (Fn. 2) , 103. 167 Berg, ebenda; Wissenschaftsrat, ebenda. 168 Vgl. etwa § 21 Abs. 1 BrDSG; § 20 Abs. 1 LDSG Baden-Würt.; § 33 Abs. 1 HDSG; § 25 LDSG RheinlP; § 75 SGB-X.
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens die schutzwürdigen Belange des Betroffenen erheblich überwiegt" 169. Auch hier wird befürchtet, daß die Konkretisierung solcher unbestimmter Rechtsbegriffe sowie die Handhabung einer nur schwach determinierten Abwägungsregel zu einer administrativen Einflußnahme auf Forschungsinteressen führen könne 170. Dieser Kritik wird man zum Teil durchaus zustimmen können. In der Tat spricht vieles dafür, die Datenzugangsbedingungen für Forschungszwecke bereichsspezifisch präziser auszudifferenzieren. Andererseits wird man kaum bestreiten können, daß ein Teil der mit der Kritik anvisierten Schwierigkeiten unvermeidbar sind. Will man weder das Datenschutzinteresse des Forschungsteilnehmers noch das Datenzugangsinteresse des Forscher verabsolutieren, sind bei der Freigabe personenbezogener Informationen zwangsläufig Bewertungsleistungen erforderlich, die leicht als bürokratische Einmischung aufgefaßt werden können. Mit diesen knappen Hinweisen soll es hier sein Bewenden haben. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Stichhaltigkeit der unterschiedlichen Einwände zu leisten, beansprucht diese Arbeit nicht. Allerdings verdient vor dem Hintergrund der anhaltenden Kritik an den Datenzugangsbedingungen für Forschungszwecke ein allzu leicht aus dem Blickfeld geratender Umstand deutlicher hervorgehoben zu werden. Entgegen dem durch den Diskussionslärm verursachten Anschein ist der Gesetzgeber in der Bundesrepublik Forschungsinteressen in beachtlicher Weise entgegengekommen. Die Mehrzahl der vorstehend diskutierten Vorschriften, wie z. B. die Forschungsklauseln, § 16 Abs.6 BStatG, die Krebsregistergesetze, priviligieren den Zugang zu personenbezogenen Informationen für Forschungszwecke gegenüber dem quivis ex populo in erheblichem Ausmaß. Ohne Übertreibung wird man feststellen können, daß es der "scientific community" wie kaum einer anderen gesellschaftlichen Gruppe gelungen ist, für ihre Datenzugangsinteressen eine "lobby" im juristischen Diskurs zu mobilisieren und im Gesetzgebungsprozeß zur Geltung zu bringen. Zieht man zum Vergleich etwa den Informationsanspruch der Presse heran, so wird man kaum leugnen können, daß Forscher besser gestellt sind. Die Landespressegesetze gewähren nämlich kein echtes Informationszugangsrecht, sondern lediglich ein Auskunfts-
§ 33 Abs. 1 HDSG; § 21 Abs. 2 BrDSG. Als Ausweg wird vielfach vorgeschlagen, auf die Prüfung von Forschungsinteressen einerseits und schutzwürdiger Belange andererseits zugunsten von neuen Verfahren "partizipativer Selbststeuerung" zu verzichten; vgl. etwa Lennartz, Datenschutz und Wissenschaftsfreiheit, (Fn. 2), 120; Berg, Informationelle Selbstbestimmung und Forschungsfreiheit, (Fn. 164),239 ff.; weitere Nachweise unten 6. Kapitel, bei Fn. 3. Darunter wird die Einrichtung von Gremien verstanden, die mit Vertretern der Wissenschaft, der Datenschutzbehörden und der Verwaltung besetzt wären und die die Bedingungen von Datenübermittlungen festzulegen hätten sowie im Konfliktfall mit Entscheidungskompetenzen ausgestattet wären; im einzelnen noch unten, 6. Kapitel. 169
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recht 171, das deutlich hinter den gesetzlich garantierten Datenzugangsregelungen für Forscher zurückbleibt 172.
2. Datenzugangsanspruch aus Art. 5 Abs.3 GG? Die Diskussion über das Datenzugangsrecht für Forscher hat sich keineswegs auf die teilweise erfolgreiche "rechtspolitische" Forderung nach privilegierenden Zugangsbedingungen beschränkt. Rechtlich relevante Schlußfolgerungen ergeben sich nach Ansicht vieler Autoren schon aus der in Art. 5 Abs. 3 GG garantierten Forschungsfreiheit. Nach Herleitung eines Infonnationsanspruchs aus Art. 5 Abs. 3 GG gelangt etwa Berg zu der Schlußfolgerung, daß sich für den Forschungsbereich das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Geheimhaltung und Offenbarung umkehre 173. Der Anknüpfungspunkt für die Begründung eines Infonnationsanspruchs des Forschers wird in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gefunden.
171 Ein Akteneinsichtsrecht speziell für die Presse wurde verschiedentlich gefordert; vgl. etwa Hämmerlein, Hans, Public Relations der öffentlichen Verwaltung, DöV 1963, 364,366. 172 Die Schwäche der Presseinformationsansprüche ist vielfach herausgearbeitetet worden; vgl. etwa Scherer, Verwaltung und Öffentlichkeit, (Fn. 14), 23 ff.; Schwan, Amtsgeheimnis und Aktenöffentlichkeit, (Fn. 47), 151 ff.; Büllesbach, (Fn. 67), 125 f.; die in der Bundesrepublik übliche Lancierung von Informationen durch "gewöhnlich gut unterrichtete Kreise", sogenannte Hintergrundgespräche sowie Presseveranstaltungen anderer Art bieten zahlreiche Möglichkeiten der Steuerung von Informationsflüssen durch die Politik. Lohmar, Ulrich, Politik und Sachverstand, in: ders., Auf den Spuren der Zeit, 1987, 193, 195, beschreibt zutreffend die auf Bundespressekonferenzen zu beobachtenden "seltsamen Formen der Kameraderie zwischen politischen und bürokratischen Entscheidern auf der einen Seite und Journalisten auf der anderen Seite". Hintergrundgespräche, deren Abhaltung von Journalisten üblicherweise mit einem Verzicht auf "investigative journalism" erkauft wird, werden ebenfalls zutreffend als "säkularisierte Beichte" und "Anti-Glasnost-Veranstaltung" bezeichnet(195); ähnlich auch Martenson, Sten, Parlament, Öffentlichkeit und Medien, in: Schneider / Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, Berlin / New York 1989, 261. 173 Berg, Datenschutz und Forschungsfreiheit, JöR 33 (1984), 63 (92); vgl. ferner Schmitt-Glaeser, Walter, Die Freiheit der Forschung, in: Eser / Schumann (Hrsg.), Forschung im Konflikt mit Recht und Ethik, 1976,77,82 ff.; Bayer, Walter, Akteneinsicht zu Forschungszwecken - BVerwG, NJW 1986, 1277, und BVerfG, NJW 1986, 1243, JuS 1989, 191; Oldenhagen, Klaus, Überlegungen zu rechtlichen Problemen der Nutzung von Archiven in der Bundesrepublik Deutschland, in: Institut für Zeitgeschichte (Hrsg.), Wissenschaftsfreiheit und ihre Schranken, München, Wien 1978,27,30 ff.; Avenarius, Hermann, Informationszugang - Forschungsfinanzierung - Publikationsfreiheit: Rechtsfragen im Verhältnis zwischen pädagogischer Forschung und Staat, in: Forschung und Lehre sind frei, Weinheim, Basel 1980,69,73 ff.; Büllesbach, Alfred, Informationstechnologie und Datenschutz, München 1985, 155; unklar Albrecht, Datenschutz und Forschungsfreiheit, (Fn. 164),95, der von Grundrechtskollisionen spricht, und Gallwas, Hans-Ullrich, Datenschutz und historische Forschung in verfassungsrechtlicher Sicht, IuR 1986, 150; Miller, Manfred, Datenschutz in der Forschung, DuD 1986,7, 12.
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In der Tat hat dieses Gericht die Gewährleistungsdimension von Art. 5 Abs. 3 GG nach eigenen Worten "in Richtung auf Teilhabeberechtigungen" 174 erweitert. Nach dem Urteil zum niedersächsischen Vorschaltgesetz verpflichtet Art. 5 Abs. 3 GG den Staat, sein Handeln positiv auf die Idee einer freien Wissenschaft einzurichten, d. h. "schützend und fördernd einer Aushöhlung dieser Freiheitgarantie vorzubeugen" 175. Dem einzelnen Träger des Grundrechts erwachse aus der "Wertentscheidung" in Art. 5 Abs.3 GG ein Recht auf solche staatliche Maßnahmen auch organisatorischer Art, die zum Schutz seines grundrechtlich gesicherten Freiheitsraums unerläßlich seien 176.
Trotz dieser deutlichen Betonung der staatlichen Verantwortung für die organisatorischen Voraussetzungen einer freien wissenschaftlichen Betätigung ist die Aktivierung der leistungsrechtlichen Dimension von Art. 5 Abs. 3 GG im Interesse der Verbesserung von Zugangschancen der Erfolg versagt geblieben. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Nichtannahmebeschluß recht eindeutig zu dem Problemkreis Stellung genommen und einen unmittelbaren Anspruch des Wissenschaftlers auf die Gewährung von Einsichtnahme in Behördenakten abgelehnt 177 • Die datenbesitzende Stelle ist danach lediglich aus der "Wertordnung" der Verfassung verpflichtet, bei ihrer Entscheidung den Stellenwert, den das Grundgesetz der Freiheit der Wissenschaft eimäumt, zu beachten. Wissenschaftler können nur verlangen, daß über Einsichtsanträge sachgerecht, also frei von Willkür und unter angemessener Berücksichtigung des Zwecks des Anliegens entschieden wird 178. Das Gericht folgte damit dem Bundesverwaltungsgericht, das schon zuvor eine ebenso reservierte Haltung eingenommen hatte 179. Diese Rechtsprechungsergebnisse werden durch eine verbreitete Skepsis in der Lehre bestätigt, die vielfach noch über das hinausgeht, was in Karlsruhe gedacht wird. Für viele sind die Schwierigkeiten mit dem leistungsrechtlichen Aktivismus grundsätzlicher Natur. Bereits oben wurde darauf hingewiesen, daß die Erweiterung des Grundrechtsverständnisses von einem Abwehrrecht über eine objektivrechtliche Gewährleistung hin zu einem Teilhaberecht bis heute umstritten geblieben ist 180. BVerfGE 35, 79 (114 ff.). Ebenda. 176 Ebenda, 116. 177 BVerfG NJW 1986, 1243. 178 Ebenda. 179 BVerwG NJW 1986, 1277 = BVerwG DöV 1986, 475 f. = Buchholz 11 Art. 5 Nr. 72; vgl. ferner BVerwGE 37, 265 (270); OVG Rheinland-Pfalz DVBI 1983, 600; BayVGH eR 1988,244,246. 180 Vgl. im hier interessierenden Kontext insbesondere das Sondervotum der Richter Simon und Rupp- von Brünneck zum Hochschulurteil, BVerfGE 35, 148 (155); Erichsen, Hans Uwe/ Scherzberg, Arno, Verfassungsrechtliche Determinanten staatlicher Hochschulpolitik, NVwZ 1990, 8, 17; von Kirchbach, Johannes, Wissenschaftsfreiheit und Arzeneimittelkontrolle, 1985, 72 ff., Stein, Ekkehart, Staatsrecht, 13. Aufl., Tübingen 1991, § 32 11, sowie die Nachweise oben bei Fn. 127 ff. 174
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Der ungeklärte Status sowie die mangelnde Präzision leistungsrechtlicher Argumentationen wird beim Nachvollzug der Begründungen der Befürworter eines Informationsanspruchs augenscheinlich. So wird etwa argumentiert, daß die Nichtgewährung von Akteneinsicht unter bestimmten Voraussetzungen einem absoluten Forschungsverbot l81 gleichkomme. Im Kontext der Begründung positiver Leistungspflichten des Staates wird hier mit plakativen Begriffen des Eingriffs- und Schrankendenkens operiert, ohne daß auch nur ansatzweise ein finaler Eingriff im traditionellen Sinn oder auch nur ein faktischer Grundrechtseingriff l82 genannt werden könnte. Auf dieser Linie wird dann behauptet, in Wahrheit ginge es gar nicht um Teilhabe, sondern um Eingriffsabwehr 183. Der strategische Gewinn solchen Argumentierens liegt auf der Hand. Geht es nämlich wirklich um Eingriffsabwehr, dann kann das schrankenlos 184 gewährleistete Grundrecht seine ganze Kraft entfalten, weil Zugangsverweigerungen nach der Theorie der immanenten Grundrechtsschranken dann nur unter Rekurs auf die Grundrechte Dritter oder andere Rechtsgüter von Verfassungsrang möglich wären 185. Leistungsrechtliche Begründungen hingegen pflegen, wenn sie überhaupt erfolgreich sind, üblicherweise wesentlich schwächere Folgen zu zeitigen, indem sie z. B. den Begünstigten auf die Teilhabe im Rahmen des Möglichen 186 beschränken. 181 Berg, Datenschutz und Forschungsfreiheit, (Fn. 173), S. 90; vgl. auch ders., Informationelle Selbstbestimmung und Forschungsfreiheit, (Fn. 164); Hervorhebung d. d. Verf. 182 Zum Begriff grundlegend Gallwas, Hans-Ullrich, Faktische Beeinträchtigungen im Bereich der Grundrechte, Berlin 1970. 183 Berg, Informationelle Selbstbestimmung und Forschungsfreiheit, (Fn. 164), 239; kritisch dazu Mayen, Thomas, Der grundrechtliche Informationsanspruch des Forschers gegenüber dem Staat, Berlin 1992, 132 ff. Mayen lehnt einen [originären] direkten Informationsanspruch des Forschers ab (218 ff.), hält jedoch einen indirekten Informationsanspruch für möglich, der auf die abwehrrechtliche Seite des Grundrechts gestützt wird (134 ff.). Der sehr viel problembewußtere und differenziertere Ansatz von Mayen scheitert meines Erachtens an der nicht begrundbaren Unterscheidung von direkten und indirekten Informationsansprüchen. Die Vielfalt der konkurrierenden Zugangs- und Geheimhaltungsinteressen erfordert eine höchst komplexe Interessenkoordination, die durch ein bloßes ,,Aufschließen des Aktenschrankes" (140 f.) regelmäßig nicht bewältigt, sondern nur unter erheblichem Einsatz sächlicher und personeller Mittel "geleistet" werden kann. Eine systematisch problematische und mit der eigenen skeptischen Deutung der Informationsfreiheit unvereinbare petitio principii liegt auch in der als ,,Prämisse" bezeichneten Ausgangsthese, "daß ( ... ) die eigenständige Nutzung staatlicher Datenbestände (Hervorhebung durch den Verf.), die sog. Eigen- oder Selbstinformation, zu den natürlichen Betätigungsmöglichkeiten des Individuums zählt" (134/135); kritisch zu dem "Eingriffsargument" auch Bizer, (Fn. 2), S. 46 ff. 184 Die Treuepflichtschranke des Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG kann hier unberücksichtigt bleiben. 185 Dazu Maunz, Theodor / Zippelius, Reinhold, Deutsches Staatsrecht, 28. Aufl., München 1991, 191 ff. 186 Vgl. BVerfGE 33, 303, 333; 35,79, 122; 47, 327, 369 ff.; Katz, Alfred, Staatsrecht, 10. Aufl., Heidelberg 1991, Rdnr. 582.
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
Der argumentative Vorteil wird allerdings mit einem bedenklichen Verlust an sprachlich-begrifflicher Klarheit erkauft. Soll überhaupt die Unterscheidung von Abwehrrechten und Leistungsrechten noch einen Sinn machen, dann muß daran angeknüpft werden, daß Leistungsrechte auf ein positives Tun des Staates, Abwehrrechte hingegen auf ein Unterlassen des Staates gerichtet sind. "Jedes Recht auf eine positive Handlung, also ein Tun des Staates ist ein Leistungsrecht. Der Begriff des Leistungsrechts ist damit das genaue Gegenstück zum Begriff des Abwehrrechts, unter den jedes Recht auf eine negative Handlung, also ein Unterlassen des Staates fällt" 187. Auf dem Hintergrund dieser unverzichtbaren Unterscheidung erweist sich die abwehrrechtliche Rhetorik als verfehlt, da der behauptete Informationsanspruch unzweifelhaft eine positive Handlung des Staates "einklagt". An dieser Unterscheidung sollte auch deshalb festgehalten werden, weil nur so die bekannte grundlegende Problematik in den Blick geraten kann, die darin liegt, daß leistungsrechtliche Interpretationen von Grundrechten leicht in Kollision mit dem Prinzip der Demokratie treten. Bereits oben wurde angesprochen, daß originäre Teilhaberechte die Funktionsordnung des Grundgesetzes verschieben und die Entscheidungsprärogative des Gesetzgebers gefährden. Rechte auf positive Handlungen legen den Gesetzgeber nämlich auf die Verfolgung bestimmter Zwecke fest, ohne daß aus Grundrechten wegen ihrer offenen Normstruktur vollzugsfähige Ansprüche ableitbar wären 188. Insoweit wird man grundsätzlich auch nichts anderes annehmen können, wenn es um die Herleitung von Informationsansprüchen aus der Verfassung geht. Es mag zutreffen, daß die haushaltspolitische Prärogative des Gesetzgebers durch die Anerkennung eines Informationsanspruchs aus Art. 5 Abs. 3 GG weniger stark tangiert ist als etwa bei der Frage der materiellen Ausstattung eines Lehrstuhls mit finanziellen Mitteln 189. Diesen Gesichtspunkt zu verabsolutieren, besteht jedoch wenig Anlaß. "Freedom of information", sei es als allgemeines Aktenzugangsrecht oder als besonderes Datenzugangsrecht für wissenschaftliche Zwecke, bindet personelle und sächliche Mittel 190 und kostet deshalb Geld. In der Kontroverse um die Einführung eines Aktenzugangsrechts zählt das Kostenargument zu den Standardeinwänden der Gegner einer solchen Gesetzgebung 191. 187 So mit der nötigen Klarheit Alexy, Robert, Theorie der Grundrechte, Frankfurt 1986,402. 188 Bull / Dammann, Wissenschaftliche Forschung und Datenschutz, (Fn. 8), S. 215; von Kirchbach, (Fn. 180), S.72; vgl. auch Gick, Dietmar, Freiheit und Grundgesetz, JuS 1988,585, 588. 189 Darauf weist insbesondere Bayer, Akteneinsicht zu Forschungszwecken. (Fn. 173), 192 f. hin; auch Berg, Datenschutz und Forschungsfreiheit, (Fn. 173), S. 90. 190 Dies sieht offenbar auch Bayer, ebenda, S. 194, wenn er mögliche fiskalische Argumente erwähnt; ,,rein" fiskalische Argumente darf freilich die Verwaltung nach Ansicht dieses Autors, ohne Angabe von Gründen, bei ihrer Ermessensentscheidung nicht berücksichtigen.
ffi. Zugangsrechte für Forschungszwecke
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Selbst wenn man dieses Kostenmoment und damit den Hinweis auf die haushaltspolitische Prärogative des Gesetzgebers im hier interessierenden Kontext als quantite negligeable betrachtet, dispensiert dies nicht von der Last, den behaupteten verfassungsrechtlichen Anspruch des Wissenschaftlers auf Zugang zu administrativen Informationen vor der Funktionsordnung des Grundgesetzes zu rechtfertigen. Dabei kann die Argumentation mit dem Datenbedarf von Forschern und der Hinweis auf die Funktions- und Konkurrenzfähigkeit des Wissenschaftsbetriebes keineswegs kurzerhand in Anspruchspositionen übersetzt werden. Die Verfechter eines Informationsanspruchs aus Art. 5 Abs.3 GG sind vielmehr begründungspflichtig und müssen darlegen, warum die behauptete Grundrechtsposition vom Standpunkt des Verfassungsrechts aus so wichtig ist, daß sie nicht der parlamentarischen Mehrheit überlassen werden darf l92 • Die bisherigen Begründungsversuche sind weit davon entfernt, dieser Rechtfertigungslast zu genügen. Ferner spielt im Kontext der Herleitung eines allgemeinen Informationsanspruchs für Forschungszwecke (bzw. der Eingriffsqualität VOn ablehnenden Zugangsentscheidungen) häufig das Argument eine Rolle, die Verwaltung verfüge in relevanten Bereichen über Informationsmonopole l93 • Mit dieser zutreffenden Beobachtung wird in der Tat auf ein entscheidendes Defizit des bundesrepublikanischen Informationsrechts aufmerksam gemacht. Die Schwäche des bundesrepublikanischen Datenzugangsrechts begünstigt nämlich eine nur schwer kontrollierbare Sekretierungspraxis und vermag deshalb der Tendenz zur Monopolisierung administrativer Informationsbestände kaum etwas entgegen zu setzen. Diese Monopolisierung von Informationen stellt aber eine Gefahr für das Informationsgleichgewicht und damit für die Machtbalance der Gesellschaft dar 194.
191 So etwa Heilbronner, Andre, Preface, in: Rowat, Donald C. (Ed.), Administrative Secrecy in Developed Countries, New York 1979, IX, Xffi; Maeder, Erich, Geheimhaltungs- und Öffentlichkeitsprinzip im Informationsrecht, Diss. Zürich 1983, 180; ähnlich auch Schräder, Staatstheoretische Aspekte einer Aktenöffentlichkeit im Verwaltungsbereich, (Fn. 32), 322 ff.; auch in den U.S.A. wird vor dem Hintergrund der Kosten immer wieder die Legitimität der FOl-Gesetzgebung in Frage gestellt; vgl. dazu Relyea, Harold c., The Freedom of Information Act in America: A Profile, in: Riley, Tom (Ed.), Access to Government Records: International Perspectives and Trends, Lund 1986, 17, 26. 192 Diesen "Test" schlägt Alexy, Theorie der Grundrechte, (Fn. 187), S.408, als "Leitidee" vor. 193 Berg, Datenschutz und Forschungsfreiheit, (Fn. 173), 90; Eberle, Carl-Eugen, Implikationen des Datenschutzes für die empirische Sozialforschung, ZfS 1981, 196, 203; Bayer, Akteneinsicht zu Forschungszwecken, (Fn. 173), 193; Kuhn, Heinrich, Datenschutz und Forschungsfreiheit, in: Waehler (Hrsg.), Deutsch-polnisches Kolloqium über Wirtschaftsrecht und das Recht des Persönlichkeitsschutzes, Tübingen 1985, 125,
131.
194 In der Debatte um das Verhältnis von Datenschutz und Informationsfreiheit wird vielfach zutreffend geltend gemacht, daß es Aufgabe eines umfassenden Konzepts von Informationsverteilung wäre, Informationsmonopole zu verhindern; dazu noch unten 7. Kapitel.
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
Von diesen negativen Folgen administrativer Informationsmonopole sind allerdings nicht nur Forscher, sondern ebenso Parteien, Bürgerinitiativen oder jeder andere Zugangsinteressent betroffen. Die richtige Antwort auf das Problem kann deshalb kaum im Bereich des Art. 5 Abs. 3 GG liegen 195. Da auch die Begründung eines allgemeinen auf die Verfassung gestützten Informationsanspruchs gescheitert ist 196, sollten die vergeblichen Versuche, die Verfassung zur Begründung besserer Zugangschancen zu mobilisieren, aufgegeben werden. Schließlich ist zumindest Vorsicht geboten, wenn von staatlichen Informationsmonopolen im Zusammenhang mit dem Zugang zu personenbezogenen Informationen die Rede ist. Als Informationsquelle kommt hier nämlich neben dem staatlichen "Monopolisten" noch der Betroffene selbst in Betracht. Ein solcher Verweis auf den Betroffenen mag mit erheblichen zusätzlichen Mühen und Kosten verbunden sein, da die Forschungsteilnehmer zunächst ausfindig gemacht und die benötigten Informationen erhoben werden müssen 197. Auch lassen sich gute Gründe dafür anführen, daß in vielen Fällen staatliche Hilfe bei der Beschaffung personenbezogener Informationen aus administrativen Beständen nötig und wünschenswert ist. Dies kann jedoch nicht bedeuten, daß die Beschaffungsprobleme kurzerhand unter Rekurs auf umstrittene Grundrechtstheorien sowie unter Inkaufnahme einer fragwürdigen Deminuierung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung mit den Mitteln des Verfassungsrechts überwunden werden 198.
IV. Die Fortdauer des Geheimhaltungsprinzips als Zugangshindernis Die Untersuchung hat gezeigt, daß der Zugang zu Forschungsdaten nicht nur, wie der vorherrschende Diskussionshorizont glauben macht, durch den Konflikt zwischen dem Interesse an einem wirksamen Datenschutz und dem Interesse der Forschung an einem möglichst ungehinderten Zugang zu personenbezogenen Daten strukturiert wird. Die übliche, verkürzte Sicht reflektiert nicht hinreichend, daß das Spannungsfeld durch einen dritten Akteur, nämlich den staatlichen Informationsverwalter, und durch das diesem Akteur vorgegebene rechtliche Pro195 Insofern zutreffend Scherer, Joachim, Datenzugang des Forschers zwischen Informationsanspruch und Geheimhaltungsgrundsatz, in: Kaase I Krupp u. a. (Hrsg.), (Fn. 2), 92 ff., dessen Herleitung eines Infonnationsanspruchs aus Art. 5 Abs. 1 GO hier jedoch nicht geteilt wird. 196 Dazu oben sub. 11. 2. 197 So zutreffend jüngst auch Bizer, Forschungsfreiheit und infonnationelle Selbstbestimmung, (Fn. 2), 80 ff.; es ist ohne weiteres möglich, daß die datenbesitzenden Stellen ihre Hilfe anbieten, indem sie eine Kontaktaufnahme zwischen Forscher und Betroffenen vennitteln; dazu 3. Tätigkeitsbericht des BtD, Bt-Drucks. 9/93, 25 f. sowie 63 ff. 198 Das Bundesverfassungsgericht lehnte in diesem Sinne einen Zugangsanspruch vor allem deshalb ab, weil die Forscher der Sache nach die Erleichterung ihrer Forschertätigkeit durch staatliche Unterstützung anstrebten; vgl. BVerfG NJW 1986, 1243.
IV. Fortdauer des Geheimhaltungsprinzips als Zugangshindemis
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gramm entscheidend mitkonstituiert wird. Das Geheimhaltungsprinzip muß zum richtigen Verständnis der Beziehung von Forschung, Forschungsbetroffenen und Verwaltung als wichtige eigenständige Gravitationslinie mitbedacht werden. Zur Erinnerung: Datenzugangsinteressen stehen nach bundesrepublikanischem Recht einem staatlichen Informationsverwalter gegenüber, dessen Informationsgewährungspflichten minimal sind. Für den quivis ex populo hält die Rechtsordnung wenig mehr als den überkommenen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens bereit, soweit sich der Zugangsuchende auf ein rechtliches Interesse berufen kann. Alle übrigen Einsichts- oder Auskunftsrechte, mit Ausnahme einiger öffentlicher Bücher und Register, knüpfen an besondere Beteiligten- oder Betroffeneneigenschaften an und reduzieren damit die Publizität generell auf die Dimension von Rechtswahrung. Die Verfassung gibt für weitergehende Informationsansprüche wenig her. Um Mißverständnissen vorzubeugen: Mit der stärkeren Hervorhebung der Bedeutung des Geheimhaltungsprinzips soll keineswegs behauptet werden, daß individuelle Geheimhaltungserwartungen keine relevanten Barrieren für den Zugang zu Verwaltungsinformationen auslösen. Das Datenschutzrecht hat ohne Zweifel (beabsichtigte) restriktive Konsequenzen für den Zugang zu personenbezogenen Informationsbeständen, sei es für Forscher oder andere Interessenten. Auch insoweit sollte allerdings nicht unterschlagen werden, daß das Datenschutzrecht durchaus auf die Informationserwartungen der Forschung zu reagieren vermochte, indem es der Forschung durch die Einräumung von Sonderregeln teilweise beachtliche Zugangsprivilegien eingeräumt hat, die anderen Zugangsuchenden nicht zur Verfügung stehen. Über die Reichweite und den konkreten Gehalt dieser Regeln wird wohl auch in Zukunft im Einzelfall gestritten werden müssen. Während sich also das Datenschutzrecht durchaus partiell den Informationserwartungen der Wissenschaft geöffnet hat, erscheint die Dominanz des Geheimhaltungsprinzips hingegen ungebrochen. Unmittelbar nachteilig wirkt sich dies für die Forschung dort aus, wo es an besonderen Datenzugangsregeln für wissenschaftliche Zwecke fehlt 199. In diesen Bereichen ist die Gewährung von Zugang weitgehend in das Belieben der Administration gestellt. Dies gilt z. B. bis heute in der Regel für den Zugang zu Aktensammlungen 200 • Nur für Archivalien haben 199 Das gilt für personenbezogene Akten und sachbezogene Informationsbestände gleichermaßen. 200 Etwas anderes kann sich aus der bereits angesprochenen Forschungsklauseln der Länder Berlin (§ 30 BlnDSG), Bremen (§ 21 BrDSG), Hamburg (§ 27 HmbDSG), Hessen (§ 33 HDSG) Nordrhein-Westfalen (§ 28 DSG NW) und Schleswig-Holstein (§ 28 LDSG) für personenbezogene Informationen ergeben, da diese Ländergesetze auch Akten miterfassen. Eine untergesetzliche Vorschrift, die den Zugang zu lustizakten für wissenschaftliche Forschung eröffnet, fmdet sich in Nr. 185 a RiStBV; die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift muß auf dem Hintergrund des Volkszählungsurteils wegen ihres untergesetzlichen Charakters allerdings bezweifelt werden.
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1. Kapitel: Datenzugang für Forschungszwecke in Deutschland
der Bundesgesetzgeber sowie mehrere Landesgesetzgeber mit der Verabschiedung von Archivgesetzen 201 eine lange gerügte Regelungslücke 202 geschlossen und damit wenigstens für diesen Teilbereich die bis dato gültigen untergesetzlichen Benutzungsordnungen abgelöst. Der entscheidende Nachteil, der aus der starken Stellung des Geheimhaltungsprinzips für den Zugang zu Forschungsdaten resultiert, liegt jedoch darin, daß es die Geheimhaltung zur Regel und die Offenbarung zur Ausnahme macht. Nicht die Geheimhaltung, sondern die Offenbarung muß sich rechtfertigen. Im Schatten einer solchen Verteilung von Rechtfertigungslasten lassen sich Ansprüche, die auf Informationsgewährung gerichtet sind, leicht abwehren. Dies Verteilungsprinzip verfestigt so eine bürokratische Geheimhaltungsmentalität, für die insbesondere der Blick in das Innere des administrativen Arkanbereichs die Gefahr unerwünschter Kontrolle und Kritik heraufbeschwört. Weil sich eine solche Mentalität nur ungern öffentlich bekennt, verwundert es nicht, daß Datenschutz häufig als Argument für eine restriktive Informationsgewährungspraxis mißbraucht wird 203. In der amerikanischen Rechtsordnung sind mit der Etablierung eines allgemeinen Aktenzugangsrechts die Akzente anders gesetzt. Im folgenden Kapitel wird am amerikanischen Beispiel genauer untersucht, ob das Prinzip der Aktenöffentlichkeit für Datenzugangsinteressen im allgemeinen und für Forschungsinteressen im besonderen größere Resonanz aufzubringen vermag und ob es dabei zugleic~ individuellen Geheimhaltungsinteressen Rechnung zu tragen vermag.
201 BArchG v. 6.1.1988, BGBl. I, 62; zu den Landesgesetzen Fn. 80 und 148. Zum Bundesarchivgesetz Oldenhagen, Klaus, Archive im Konflikt zwischen Forschungsfreiheit und Persönlichkeitsrechtsschutz, in: Bästlein I Gallwas I Geiger u. a., Datenschutz und Forschungsfreiheit, (Fn. 2), 11 ff.; Polley, Rainer, Das Gesetz über die Sicherung und Nutzung von Archivgut des Bundes, NJW 1988, 2026 f.; zum Landesarchivgesetz Baden-Württ., das vor dem BArchG verabschiedet wurde, Richter, Gregor, Das Landesarchivgesetz Baden-Württemberg, BWVPr 1988,25 ff. 202 Oldenhagen, Klaus, Überlegungen zu rechtlichen Problemen der Nutzung von Archiven in der Bundesrepublik Deutschland, in: Institut für Zeitgeschichte (Hrsg.), Wissenschaftsfreiheit und ihre rechtlichen Schranken, München / Wien 1978, S. 27 (33); Engelhard, Hans, Die Problematik von Reformen im Bereich von Urheber-, Persönlichkeits- und Archivrecht, in: Institut für Zeitgeschichte (Hrsg.), ebenda, 39 (41); vgl. auch Heydenreuter, Reinhard, Datenschutz und Wissenschaftsfreiheit, eR 1988,241. 203 Vgl. dazu die Nachweise Fn. 8.
2. Kapitel
Wissenschaftliche Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA I. Das Recht des Bürgers auf Zugang zu Verwaltungsinformationen: Der FOIA und sein rechtliches Umfeld 1. Subjektiv Berechtigte und Gegenstand des Einsichtsrechts
Nach dem "Freedom of Information Act" 1 von 1967 hat jedermann ("any person") einen grundsätzlichen Anspruch auf Zugang zu jeder Akte, die bei einer bundesstaatlichen Behörde geführt wird (5 D.S.C. § 552 (a) 3». Anders als in der Bundesrepublik ist das Zugangsrecht nicht durch das Erfordernis einer BeteiligtensteIlung in einem Verwaltungsverfahren eingeschränkt. Das Einsichtsrecht ist völlig unabhängig von dem Vorliegen eines Verwaltungsverfahrens und einer rechtlichen Betroffenheit eingeräumt. Es macht nicht einmal an den Grenzen des Staatsgebiets halt. Selbst ein Einsichtsbegehren von Michael Gorbatchow, so ein unter FOI-Beamten beliebtes Beispiel, kann nur unter Rekurs auf eine der Ausnahmen des FOIA abgelehnt werden. Auf die Beschränkung des Zugangsrechts auf Staatsangehörige wurde verzichtet 2 , wohl auch deshalb, weil man dies mit Rücksicht auf die Möglichkeit, einen Strohmann einzuschalten, für sinnlos halten muß. Der Begriff der Akte ("record") wird in der Rechtsprechung sehr weit gefaßt 3 und erstreckt sich auch auf Computer-Bänder4, Photographien5, Filme 6, Video1 Aus der deutschsprachigen Literatur zum FOIA wären hervorzuheben grundlegend Rehbinder, Manfred, Die Informationspflicht der Behörden im Recht der Vereinigten Staaten, 1970, und Scherer, Joachim, Verwaltung und Öffentlichkeit, 1978; Louis, Hans Walter, Datenschutz und Informationsrecht in den USA, München 1985; vgl. ferner Gur/it, Elke, Die Verwaltungsöffentlichkeit im Umweltrecht, Düsseldorf 1989. 2 Vgl. Stone v. Export-Import, 552 F.2d 132 (5th Cir. 1977); cert. den., 434 U.S. 1012 (1978). 3 Umfassende Diskussion in Wolfe v. HHS, 711 F.2d 1077, 1079-1082 (D.C.Cir. 1983). 4 Yeager v. Drug Enforcement Administration, 678 F.2d 315 (D.C.Cir. 1982); Long v. IRS, 596 F.2d 362 (9th Cir. 1979), cert. den., 446 U.S. 917 (1980); schwieriger wird die Lage, wenn ein computerisiertes Informationssystem, dessen Informationsleistungen auch ein beachtlicher ökonomischer Wert zukommt, betroffen ist, z. B. eine Datenbank der National Institutes of Health, in der medizinische Literatur gespeichert ist und die
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
bänder?, Tonbänder 8 sowie andere Dokumente, unabhängig von ihrer Beschaffenheit 9 • Ausgenommen sind lediglich Materialien persönlicher Natur, wie etwa Terminkalender oder Telefonlisten, die sich ein Behördenangehöriger aus Bequemlichkeitsgründen selbst angelegt hat und die häufig aus einem Konglomerat von Notizen privater und dienstlicher Natur bestehen. Keine Akten im Sinne des Gesetzes sind außerdem physische Objekte, z. B. eine Schußwaffe oder Kleidungsstücke, die der ermordete Präsident J. F. Kennedy getragen hatte 10. Schließlich kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Behörde Eigentum an der begehrten Akte hat, sondern vielmehr darauf, ob sie die "Kontrolle" über die Akte im Sinne von amtlicher Verfügungsbefugnis ausübt 11. Nicht ganz geklärt ist die Frage, in welcher Form die Informationen zugänglich gemacht werden müssen. In einer frühen Entscheidung 12, die allerdings nicht in einem FOI-Kontext stand 13, begehrten die Kläger die Freigabe von Informationen in computerisierter Form. Obwohl die Informationen tatsächlich auf Computerband verfügbar waren, lehnte das Gericht diese Art der Freigabe ab und verwies die Kläger auf die gedruckten Unterlagen. Den Einwand der Kläger, für sie sei gegen Entgelt on-line genutzt werden kann; dazu die frühe ablehnende Entscheidung SDC Development Corpor. v. Mathews, 542 F.2d 116 (1976); kritisch dazu: House of Representatives, Committee on Government Operations, Electronic Collection and Dissemination ofInformation by Federal Agencies: A Policy Overview, Twenty-Eighth Report by the Committee on Government Operations, House Report 99-560, Washington 1986, S. 33; vgl. auch Burkert, Herbert, A functional approach to the legal rules of governing secrecy and openess, in: Council of Europe, Conseil de I'Europe, Proceedings of the seventeenth Colloquy on European Law, Zaragossa 21 - 23 October 1987, Secrecy and openess: individuals, enterprises and public administrations, Strasbourg 1988, 40 ff. 5 Weisberg v. Department of lustice, 631 F.2d 824 (D.C.Cir. 1980). 6 Save the Dolphins v. U.S. Department of Commerce, 404 F.Supp. 407, 410-411 (N.D.Cal.1975). ? Murphy v. F.B.I., 490 F.Supp. 1138 (D.C.Dir. 1980). 8 New York Times Co. v. NASA, 852 F.2d 602 (D.C. Cir. 1988); Mobil Oil Corp. v. Federal Trade Commission, 406 F.Supp. 305 (S.D.N.Y. 1980). 9 Häufig wird auf die Definition des Begriffs ,,record" in dem "Records Disposal Act", 44 V.S.C. sec.3301, abgestellt, von dem auch Bücher, Papiere, Karten, Photographien, maschinenlesbares Material und andere Dokumente, unabhängig von ihrer äußeren Form und Beschaffenheit, erfaßt werden; vgl. Forsham v. Harris, 445 V.S. 169 (1980), sowie U.S. Dep. of lustiGe v. Tax Analysts, 57 VSLW 4925, 4928 (1989); zum ähnlich weit gefaßten Aktenbegriff des VwVfG des Bundes z. B. Knack, Hans Joachim, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 3. Aufl., Köln / etc. 1989, § 29, Anm. 4. 10 Vgl. Nichols v. United States, 325 F.Supp 130 (D.C. Kan. 1971); afj' don other grounds, 460 F.2d 671 (10th Cir. 1972); cert. den., 409 V.S. 966 (1972). 11 Dazu insbesondere Kissinger v. Reporters Committee for Freedom of the Press, 445 V.S. 136, 152 (1980); Forsham v. Harris, 445 V.S. 169 (1980), sowie jüngst U. S. Dep. of lustice v. Tax Analysts, 57 VSLW 4925,4927/4928(1989); ferner Note, A Control Test for Determining ,,Agency Records" Status under the Freedom of Information Act, 85 Columbia Law Review 611 (1985). 12 Miller v. Knusper, 445 F.2d 1059 (7th Cir. 1971). 13 Es ging um Zugang zum Wählerverzeichnis des Staates Illinois.
I. Das Recht des Bürgers auf Zugang zu Verwaltungsinfonnationen
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die Bereitstellung der Informationen in computerisierter Form einfacher und kostengünstiger, ließ das Gericht nicht gelten. Ob auch im FOI-Kontext die Behörde die Form, in der sie ihrer Informationspflicht nachkommen will, frei wählen kann, ist allerdings zweifelhaft. Mit Rücksicht auf den Wortlaut der Vorschrift geht man davon aus, daß die Behörde Informationen "wenigstens" in der Form zugänglich machen muß, in der sie selbst die Informationen gespeichert hat 14. Darüber hinaus soll es, sieht man von besonderen Konstellationen ab, möglich sein, die Ausgabe computerisierter Informationen in gedruckter Form zu verlangen. Diese Formenwahl gilt allerdings nicht für den umgekehrten Fall, weil die Transformation gedruckter in computerisierte Informationen kostspielig und zeitaufwendig ist 15.
2. Sonstige Gesetze mit publizitärem Gehalt Der Freedom of Information Act ist keineswegs das einzige Gesetz, welches administratives Handeln öffentlicher Neugier aussetzt. Der Government in Sunshine Act 16 sowie der Federal Advisory Committee Act 17 verpflichten bestimmte herausgehobene Entscheidungskörper innerhalb einer Behörde sowie die Exekutive beratende Gremien zu einem öffentlichen Prozedere 18. Diese sog. "Open Meeting Laws" können auch Universitäten berühren, wenn es sich um staatliche Universitäten handelt. Denkbar ist es z. B., daß die Verhandlungen universitärer "Committees" der interessierten Öffentlichkeit zugänglich werden 19. Vergleicht man die Bedeutung dieser Gesetze mit der des FOIA, zeigt sich allerdings eine überwältigende Disparität zugunsten des FOIA. Die Schlüsselrolle des FOIA, die sich in einer enormen case load dokumentiert 20, rührt daher, daß 14 Das Gesetz spricht von "duplication"; 5 U.S.C. § 552 (a)(4)(A); vgl. Note, Fair Administration of the Freedom of Infonnation Act after the Computer Revolution, 5 Computer / Law Journal 51, 69(1984). 15 Im einzelnen Note, ebenda. 16 5 U.S.C. § 552b. 17 5 U.S.C. app. 2; dazu 0' Reilly, James T., Advisers and Secrets: The Role of Agency Confidentiality in the Federal Advisory Committee Act, 12 Northern Kenntucky Law Review 27 (1986). 18 Der Govemment in Sunshine Act bezieht sich auf Behörden, die durch ein kollegial zusammengesetztes Gremium geführt werden und dessen Mitglieder mehrheitlich vom Präsidenten unter Mitwirkung des Kongresses ernannt worden sind; vgl. 5 U.S.C. § 552b (a)(l). Der FACA betrifft dem Präsidenten oder anderen Behörden zugeordnete Beraterstäbe; vgl. 5 U.S.C. app. 2, § 3. Auch alle Einzelstaaten haben sog. "open meeting laws" verabschiedet; vgl. die Nachweise in: Note, The Wisconsin Supreme Court Lets the Sun Shine in: State v. Showers and the Wisconsin Open Meeting Law, 1988 Wisconsin Law Review 827, 835 Fn. 7, 838 ff. 19 Dazu Vickory, Frank A., The Impact of Open-Meetings Legislation on Academic Freedom and the Business of Higher Education, 24 American Business Law Journal 427 (1986).
5 WoUenteit
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
der FOIA flächendeckend alle Verwaltungsvorgänge erlaßt. Nur in seltenen Ausnahmefällen wurde angenommen, daß der Gesetzgeber durch ein Spezialgesetz eine exklusive Zugangsregel geschaffen hat, die den FOIA zurücktreten läßt 21 • Um die Bedeutung des Öffentlichkeitsprinzips für das amerikanische politische System richtig einzuschätzen, ist darüberhinaus anzumerken, daß inzwischen auch alle Bundesstaaten eine Freedom o/ltiformation-Gesetzgebung haben 22 und somit das Aktenzugangsrecht keineswegs an den Toren der Einzelstaaten Halt macht. Neben diesen "klassischen" access-laws gibt es auch in den USA zahlreiche Einzelgesetze und öffentliche Register, die Zugangsrechte zu Informationen vorsehen. So kann etwa unter dem "Federal Election Campaign Act" 23 Einsicht in eine Liste begehrt werden, in der Kandidaten alle Wahlkampfspenden, die 50 $ übersteigen, namentlich zu verzeichnen haben. Hintergrund dieser Regelung ist die Forderung nach Transparenz der Finanzierungsgrundlagen von Wahlkämpfen, die von der Sorge um den Einfluß des großen Geldes in der Arena des Politischen getragen ist. Unstreitig ist ferner, daß es ein common-law Recht auf Zugang zu Gerichtsakten gibt 24. Zwar kann dieser Zugangsanspruch mit Rücksicht auf entgegenstehende Rechte, wozu auch das Recht auf privacy gezählt wird, entfallen 25. Grundsätzlich gilt aber für Gerichtsakten schon seit langem, was für Verwaltungsvorgänge erst durch den FOIA geschaffen wurde, nämlich eine Vermutung für die Zugänglichkeit dieser Unterlagen. 20 Die im September 1988 erschienene vom Justizministerium herausgegebene FallListe (D.S. Department of Justice, Office of Legal Policy, Office of Information and Privacy, Freedom of Information Case List, Washington, D.C. 1988) führt (seit 1967) 2.878 Entscheidungen auf; unter dem Sunshine- und dem FAC-Act werden für den selben Zeitraum jeweils weniger als 50 Entscheidungen aufgeführt; vgl. S. 299- 305. 21 So ein Gericht für den Presidential Recordings and Materials Act (44 D.S.C. § 2111 ff.) von 1974; vgl. die Entscheidung Richio v. Kline, 773 F.2d 1389 (D.C.Cir. 1985); zur Post-Watergate-Diskussion um den Zugang zu Materialien, die im Amtsbereich des Präsidenten entstehen, Federal Procedure, Lawyers Edition, Bd. 15, 1983, Supp. 1987, § 38:13 (= S. 27 ff.); zeitweise umstritten für das Steuergeheimnis (26 D.S.C. § 6103); vgl. dazu Comment, The Freedom of Information Act and the IRS Confidentiality Statute: A Proper Analysis, 54 Dniversity of Cincinatti Law Review 605 (1985); vgl. jedoch neuerdings Church 0/ Scientology v. IRS, 108 S.Ct. 271, 273(1987). 22 Vgl. die Aufzählung bei 0' Reilly, James T., Federal Information Disclosure, Colorado Springs 1977 & Supplement 1988, Anm. 27, sowie Franklin, Justin D. / Bouchard, Robert F., Guidebook to the Freedom ofInformation and Privacy Acts, 2nd Ed., Loseblattsammlung, New York 1986 ff., Stand: Juni 1987, State Statute Appendix. 23 2 D.S.C. § 438; vgl. auch Buckley v. Valeo, 424 D.S. 1,96 S.Ct. 612,46 L.Ed.2d 659 (1976); Brown v. Socialist Workers, 459 D.S. 87, 103 S.Ct. 416, 74 L.Ed.2d 250 (1982). 24 Vgl. Nixon v. Warner Communications, Inc., 435 D.S. 589,597 ff. (1977); ferner Note, The Common Law Right to Inspect and Copy Judicial Records: In Camera or on Camera, 16 Georgia Law Review 659 (1982); Cross, Harold L., The People's Right to Know, New York 1953, 135 ff. 25 Im einzelnen Nixon v. Warner Communications, Inc., ebenda.
I. Das Recht des Bürgers auf Zugang zu Verwaltungsinfonnationen
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3. Zur verfassungsrechtlichen Dimension des Zugangsrechts Schließlich ist erwähnenswert, daß bis heute die Diskussion um die Existenz einer verfassungsrechtlichen Dimension des Informationszugangsrechts andauert. Die Befürworter eines solchen sog. "affirmative right"26 fundieren den Informationsanspruch auf eine demokratisch-funktionale Interpretation des 1st Amendment 27 , das den Schutz der Kommunikationsgrundrechte sowie der Glaubensfreiheit gewährleistet 28 . Anders als in der Bundesrepublik hat die angloamerikanische Rechtstradition seit jeher Grundrechte und Demokratie sehr viel stärker in einer synthetisierenden Perspektive aufeinander bezogen 29. Im Zentrum des Arguments steht die These, daß der Wählerschaft ein Recht auf Selbstbestimmung (im politischen Sinn) zusteht, das alle politischen Machtstrukturen durchdringt. Akzeptiert man diese Prämisse, muß der Wählerschaft auch ein Instrumentarium zur Seite stehen, sich über diese Machtstrukturen in informierter Weise zu verständigen. Die Beziehung von politischer Selbstbestimmung und Kommunikationsfreiheit setzt deshalb nach dem verbreiteten Begründungsansatz ein allgemeines Informationszugangsrecht voraus 30• Die Gegner eines solchen Anspruchs argumentieren vornehmlich mit der Verletzung des Gewaltenteilungsgrundsatzes, der mit der Anerkennung eines verfassungsrechtlich verbürgten Informationsanspruchs durch die Gerichte verbunden wäre 31 • Bisher schien es, als habe sich der Supreme Court auf diesen Standpunkt 26 Vgl. Reich, Charles, Affinnative Action for Ideas, 38 Case Western Reserve Law Review 632 (1988). 27 Am einflußreichsten die Schriften von Meiklejohn, Alexander, Free Speech and Its Relation to Self-Govemment, ders., Political Freedom, New York 1965, S. 1 ff.; ders., The First Amendment Is an Absolute, 1961 Supreme Court Review, 245 ff.; ferner Emerson, Thomas 1., The System of Freedom of Expression, New York 1970, 673; ders., Legal Foundations of the Right to Know, 1976 Washington University Law Quaterly, S. 1 ff., insbesondere S. 14 ff.; ders., Comment on "Access to Classified information: Constitutional and Statutory Dimensions", 26 William and Mary Law Review 845 ff. (1985); Cross, Harold L., The People's Right to Know, New York 1953, XIII; Lewis, Anthony, A Public Right to Know about Public Institutions: The First Amendment as Sword, 1980 Supreme Court Review 1. 28 "Der Kongreß darf kein Gesetz erlassen, das die Einführung einer Religion zum Gegenstand hat, die freie Religionsausübung beschränkt, die Rede- und Pressefreiheit oder das Recht des Volkes einschränkt, sich friedlich zu versammeln und die Regierung durch Petitionen zur Abstellung von Mißständen zu ersuchen". Übersetzung bei Brugger, Winfried, Grundrechte und Verfassungsgerichtsbarkeit in den Vereinigten Staaten von Amerika, Tübingen 1987,471. 29 Dazu Kriele, Martin, Einführung in die Staatslehre, 2. Aufl., Opladen 1981,335 ff.; Steinberger, Helmut, Konzeptionen und Grenzen freiheitlicher Demokratie, Berlin etc. 1974, 116 ff.; Grimmer, Klaus, Demokratie und Grundrechte, Berlin 1980,26 ff. 30 Vgl. etwa Emerson, Legal Foundations of the Right to Know, (Fn. 27), 14 ff., bezugnehmend auf Meiklejohn; Sunstein, Cass R., Govemment Control of Infonnation, 74 California Law Review 889 (1986). 31 Vgl. etwa O'Brien, David M., The Public's Right to Know, The Supreme Court and the First Amendment, New York 1981, insbesondere S. 21; ders., The First Amend5'
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
gestellt, nachdem er in mehreren Entscheidungen ein auf das 1st Amendment gestütztes Informationszugangsrecht recht deutlich abgelehnt hatte 32 • Neue Nahrung hat die Diskussion jedoch durch eine Reihe von jüngeren Supreme Court-Entscheidungen erhalten, in denen das Gericht in Abkehr von einer früheren Entscheidung 33 ein verfassungsrechtlich verbürgtes Recht auf Zugang zu der Gerichtsöffentlichkeit anerkannt hat 34. Zur Debatte stand jeweils die Anwendung prozeßrechtlicher Vorschriften von Einzelstaaten, die aus unterschiedlichen Gründen einen Ausschluß der Öffentlichkeit erlaubten. Überraschung löste die Kehrtwende des Gerichts weniger wegen ihres Ergebnisses aus. Die Begründung unter Bezugnahme auf das 1st Amendment war es, die aufhorchen ließ. Die Tragweite dieser Bezugnahme ist allerdings bis heute noch nicht geklärt. Strittig geblieben ist, ob sich der Anspruch aus dem First Amendment nur auf die Gerichtsöffentlichkeit bezieht oder darüber hinaus auch die allgemeine Öffentlichkeit in Hinblick auf beliebige Informationen begünstigt 35 • Für die Beschränkung auf die Gerichtsöffentlichkeit spricht der Umstand, daß der Zugang der Öffentlichkeit zu den Gerichtssälen in einer langen Rechtstradition verwurzelt ist, ein Gesichtspunkt, der in den angeführten Entscheidungen auch vom Supreme Court betont worden war. ment and the Public's ,,Right to Know", 7 Hastings Constitutional Law Quaterly 579 (1980); ders., Reassessing the First Amendment and the Public's Right to Know in Constitutional Adjudication, 26 Villanova Law Review 1 (1980); BeVier, Lillian R., An Informed Public, an Informing Press: The Search for a Constitutional Principle, 68 Califomia Law Review 482 (1980), 516 f. 32 Vgl. Pell v. Procunier, 417 V.S. 817 (1974); Saxbe v. Washington Post, 417 V.S. 843 (1974); Houchins v. KQED, 99 S.Ct. 71 (1978); vgl. ferner die Stellungnahme des ehemaligen Supreme Court Richters Potter Stewart, "Or of the Press", 26 Hastings Law Journal 631 ff. (1975) ("The constitution itself is neither a Freedom of Information Act nor an Official Secrets Act"; S. 636); die Stellung der Verfassungsväter zu dem Problem wird unterschiedlich bewertet. Nach Hoffman, Daniel N., Governmental Secrecy and the Founding Farthers, Westport, Conn. / etc. 1981, kam im Hinblick auf die geistesgeschichtlichen Grundlagen nur umfassende Publizität in Betracht. Die Gegenposition vertritt O'Brien, The Public's Right to Know, The Supreme Court and the First Amendment, ebenda, S. 28 ff. 33 Gannet, Co. v. DePasquale, 443 V.S. 368, 99 S.Ct. 2898, 61 L.Ed 2d 608 (1979). 34 Richmond Newspaper, Inc. v. Virginia, 448 V.S. 555 (1980), 100 S.Ct. 2814; Globe Newspaper C. v. Superior Court, 457 V.S. 596 (1982); Press-Enterprise Co (I) v. Superior Court, 464 V.S. 501 (1984); Waller v. Georgia, 467 V.S. 39 (1984); PressEnterprise Co (II) v. Superior Court, 106 S.Ct. 2735 (1986). 35 Gute Darstellung des Streitstandes bei Hayes, Michael J., What Ever Happened to the ,,Right to Know"?: Access to Government-Controlled Information Since Richmond Newspapers, 73 Virginia Law Review 1111 ff. (1987); ferner Note, Opening the Doors to Government Proceedings: the Citizen as Critic, 19 Connecticut Law Review 561 ff. (1987); Note, Public Trials and a First Amendment Right of Access: A Presumption of Openess, 60 Nebraska Law Review 169 (1981); Note, The First Amendment Right of Access to Government - Held Information: Re-Evaluation After Richmond Newspaper, Inc. v. Virginia, 34 Rutgers Law Review 292 (1982).
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Diese restriktive Interpretation der Entscheidungen ist jedoch keineswegs unproblematisch, da das Gericht in den entschiedenen Fällen unmißverständlich das 1st Amendment als Quelle des Zugangsrechts bemüht hatte, während das Traditionsargument verfassungsrechtlich nur von zweifelhafter Dignität ist. Viele Autoren sehen deshalb keine Möglichkeit, die Reichweite des Präjudiz auf die Gerichtsöffentlichkeit zu beschränken 36. Außerdem könnte die Frage gestellt werden, ob nicht inzwischen auch im Hinblick auf Verwaltungsvorgänge eine Tradition von Öffentlichkeit begründet worden ist, nachdem der FOIA sich seit mehr als 20 Jahren in der Praxis bewährt hat 37 • Immerhin hat der Supreme Court eines Staates die demokratisch-funktionale Interpretation des 1st Amendment akzeptiert und deshalb alle staatlichen Informationsbestände im Grundsatz für öffentlich zugänglich erklärt 38 • In einer anderen, bundes staatlichen Entscheidung wurde zwar das auf die Verfassung gestützte Zugangsbegehren von der Mehrheit der beteiligten Richter abgelehnt 39. Auch diese Entscheidung verdeutlicht aber durch einen von 4 Richtern getragenes "dissent"4O, in dem die ältere und jüngere Rechtsprechung des Supreme Court ausführlich gewürdigt wird, daß die Fragen nach den 1st Amendment-Implikationen des Informationszugangsrechts noch keineswegs als geklärt angesehen werden können 41 •
36 Vgl. Hayes, ebenda, 1132, der im übrigen überzeugend anführt, daß das demokratisch-funktionale Argument und das Traditionsargument nicht nur merkwürdig unverbunden nebeneinander gestellt sind, sondern auch kaum vereinbar sein dürften. Für die Logik des demokratietheoretischen Arguments ist nämlich die Berufung auf eine lange Tradition entbehrlich; vgl. ferner Note, The First Amendment Right of Access to Government - Held Information: Re-Evaluation After Riehmond Newspaper, [ne. v. Virginia, ebenda, 348 ff.; Reid, Traciel, An AffIrmative First Amendment Access Right, 10 Communications and the Law 39 (1988). 37 Dieses Argument findet sich bereits in dem Dissent des Richters Gibbons in Capital Cities Media, [ne. v. Chester, 797 F.2d 1164 (3rd Cir. 1986), 1190 ff. (Gibbons diss.). 38 Sheridan Newspaper, [ne. v. City o[ Sheridan, 660 P.2d 785 (Wyo. 1983), wo auf S. 792 auch auf Richmond Newspaper Bezug genommen wird. Kritisch zu der Entscheidung Case Note, Constitutional Law - A Constitutional Right of Access to State Held Information, 19 Land and Water Law Review 719 (1984); vgl. schon früher Houston Cronicle Publishing v. City o[ Houston, 531 S.W.2d 177 (C.A. Texas 1975), sowie Karnenzis, Kristine Cordier, Annotation, Validity, Construction and Application of Statutory Provisions Relating to Public Access to Public Records, 82 ALR2d 19 (1978), § 3, wo teilweise auch unveröffentlichte Entscheidungen referiert werden. 39 Capital Cities Media, [ne. v. Chester, 797 F.2d 1164 (3rd Cir. 1986); zu weiteren untergerichtlichen Entscheidungen Reid, (Fn. 35). 40 Ebenda, 1188 ff. (Gibbons dissenting). 41 Zu weitgehend die Behauptung von Gurlit, (Fn. 1), S. 28, der Supreme Court habe "eindeutig" ein "affIrmative right" abgelehnt. Gurlit übersieht die durch Riehmond Newspaper begründete Rechtsprechungslinie.
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
4. Die Umkehrung des Verhältnisses von Geheimhaltung und Offenbarung: Der Grundsatz und seine verfahrensmäßige Absicherung Nicht zuletzt wegen der Existenz des FOIA spielt die Frage eines umfassenden verfassungsrechtlich begründeten Informationszugangsrechts in der Praxis allerdings nur eine marginale Rolle 42 • Das Zugangsrecht des FOIA gilt natürlich nicht unbegrenzt. Der Zugangsanspruch wird durch Ausnahmeregelungen begrenzt. Nach der 6. Ausnahme des FOIA sind z. B. Personalakten ("personal files"), medizinische Akten ("medical files") und vergleichbare Akten ("similar files"), deren Offenlegung einen eindeutig unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre darstellen würden ("clearly unwarrented invasion of privacy"), von der Informationsverpflichtung ausgenommen. Das Vorliegen einer Ausnahme führt nicht zwingend zu der Geheimhaltung der begehrten Information. Die Freigabe der Information ist dann vielmehr in das Ermessen der Behörde gestellt 43 • Die grundlegende Pointe des FOIA liegt darin, daß er das Verhältnis von Geheimhaltung und Offenbarung umkehrt 44. Die Geheimhaltung und nicht, wie unter Geltung des Geheimhaltungsprinzips, die Offenbarung wird durch das Gesetz unter Rechtfertigungszwang gestellt. Dieser Gesichtspunkt ist von erheblicher Relevanz. Vor den Gerichten gibt in Grenzfallen häufig das Argument den Ausschlag, der FOIA sei auf größtmögliche Öffentlichkeit gerichtet 45 • Diese Tendenz wird insbesondere durch Verfahrens- und Prozeßvorschriften gesichert, die eine konsequente Durchsetzung des Zugangs anspruchs gewährleisten sollen. So ist etwa ausdrücklich festgelegt, daß die Beweislast für das Vorliegen einer Ausnahme bei der Behörde liegt «a) (4) (B»46. Eine ablehnende Entscheidung ist nach Abschluß des Widerspruchsverfahrens voll gerichtlich 47
42 Vgl. jedoch die nachstehenden Entscheidungen, in denen das Problem angesprochen wird: McGhee v. Casey, 718 F.2d 1137, 1147 (D.C.Cir. 1983); AmericanLibraryAssociation v. Faurer, 631 F.Supp. 416 (D.D.C. 1986), affd on other grounds, 818 F.2d 81 (D.C.Cir. 1987); Wolfe v. Froehlke, 358 F.Supp. 1318 (D.D.C. 1973), bestätigt 510 F.2d 654 (D.C.Cir. 1974); Emerson, Legal Foundations of the Right to Know, (Fn. 27), 18, hält trotz der Existenz des FOIA die Anerkennung eines verfassungsmäßigen Informationszugangsrechts nicht für überflüssig. 43 Im Anschluß an Chrysler v. Brown, 441 U.S. 281,99 S.Ct. 1705 (1979), gilt als geklärt, daß der FOIA ein reines Offenbarungsgesetz ("disclosing statute", S. 292 f.) ist, welches beim Vorliegen einer Ausnahme die Entscheidung über die Freigabe von Informationen ins Ermessen der Behörde stellt; vgl. dazu noch unten sub VI., Text bei Fn. 271 - 286, sowie zu den sich daraus ergebenden Konsequenzen für das Verhältnis von FOIA und Privacy Act unten im 3. Kapitel, sub III. 2. d. aa. 44 So zutreffend Scherer, Verwaltung und Öffentlichkeit, (Fn. 1), S. 47. 45 Vgl. z. B. Department of Air Force v. Rose, 425 U.S. 352, 381 (1976); Washington Post Co. v. Department of HHS, 690 F.2d 252, 261 (D.C.Cir. 1982 m. w. N.). 46 Eine dem Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 VwGO) entsprechende Maxime ist dem amerikanischen Verwaltungsprozeßrecht unbekannt.
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überprüfbar (sog. "de novo"- Maßstab; ebenda). Dies ist keineswegs selbstverständlich, geht doch das amerikanische Verwaltungsprozeßrecht in der Regel von einer wesentlich niedrigeren Kontrolldichte aus 48 . Zur Überprüfung der Geheimhaltungsbedürftigkeit kann das Gericht unter Ausschluß der Parteiöffentlichkeit ("in camera") die begehrten Akten einsehen «a) (4) (B». Diese Prozedur schneidet der Behörde die Möglichkeit ab, sich hinter nicht überprüfbaren Geheimhaltungsbehauptungen zu verschanzen. Fristvorschriften zwingen die Behörde zu einer zügigen Bescheidung von Einsichtsanträgen. Die Behörde ist verpflichtet, innerhalb von 10 Tagen dem Antragsteller mitzuteilen, ob sie dem Einsichtsbegehren entsprechen will «a)(6)(A)(i». Über Widersprüche ist innerhalb von 20 Tagen «a)(6)(A)(ii» zu entscheiden. Bei Vorliegen ungewöhnlicher Umstände können die Fristen allerdings um weitere 10 Tage verlängert werden «a)(6)(B»49. Werden die Fristen nicht eingehälten, ist der Rechtsweg sofort eröffnet, da die Ausschöpfung des administrativen Rechtsmittels unterstellt wird 50. Der FOIA trägt mit diesen strikten Zeit"limits"
47 Es ist vorgeschlagen worden, neben der Eröffnung des Rechtsweges noch einen zweiten, verwaltungsinteren Weg zur Lösung von Zugangskonflikten einzurichten; vgl. Grunewald, Mark H., Administrative Mechanisms for Resolving Freedom of Infonnation Act Disputes, Final Report, Submitted to the Administrative Conference of the Uni ted States, December 15, 1986; Vaughn, Robert G., Administrative Alternatives and the Federal Freedom of Infonnation Act, 45 Ohio State Law Journal 185 (1984). Auf Antrag der Parteien sollte es danach möglich sein, das Verfahren vor einem administrativen Tribunal fortzusetzen, welches stärker in Richtung auf Schlichtung konzipiert und nur subsidiär mit Entscheidungskompetenzen versehen wäre. Immerhin hat der Vorschlag zu einem umfangreichen "Hearing" im Kongreß geführt. Nachdem sich in der Anhörung sowohl Behördenvertreter als auch Bürgerrechtsgruppen skeptisch äußerten, scheint der Vorschlag nunmehr ad acta gelegt; vgl. im einzelnen FOIA: Alternative Dispute Resolution Proposals, Hearings before a Subcommittee of the Comrnittee on Govemment Operations, House of Representatives, 100th Congress, 1st Sess., December 1 and 2, 1987, wo die Stellungnahmen dokumentiert sind. 48 Vgl. 5 U.S.c. § 706 (Administrative Procedure Act); üblicherweise werden Entscheidungen nur daraufhin überprüft, ob sie durch hinreichende Tatsachen belegt sind ("substantial evidence test") und nicht willkürlich getroffen wurden ("arbitrary and capricious test"). Subsumtionsschlüsse werden akzeptiert, wenn sie eine rationale Basis im Gesetz finden (,,rational basis test"); vgl. Pierce, Richard J. / Shapiro, Sidney / Verkuil, Paul R., Administrative Law and Process, New York 1985, 357 ff.; Breyer, Stephen G. / Stewart, Richard B., Administrative Law and Regulatory Policy, Boston Toronto 1985, 34 ff.; Davis, Kenneth Culp, Administrative Law Treatise, Bd. 4, St. Paul 1958, mit Supplement 1976,646 ff. 49 Das Vorliegen besonderer Umstände ist im Gesetz näher konkretisiert; vgl. (a)( 6)(B )(i)-(iii). 50 In der Praxis werden die Fristen häufig nicht eingehalten. Besonders schlimm ist die Lage im Bereich des State Deparyrnent (vgl. dazu unten bei Fn. 124). Die Gerichte tolerieren dies, indem sie Verfahren aussetzen, wenn Anträge in der Reihenfolge ihres Eingangs bearbeitet werden und die Behörde ihren Verpflichtungen unter dem Gesetz nicht nachlässig und unter Einsatz aller ihr zur Verfügung stehenden Kräfte nachkommt; vgl. Open America v. Watergate Special Prosecution Force, 547 F.2d 605,615 (D.C.Cir. 1976).
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
dem Umstand Rechnung, daß Informationen schnell altern und Aktualität für viele Nutzer des Gesetzes von großer Bedeutung ist. Die Behörde ist ferner daran gehindert, eine gesamte Akte für geheimhaltungsbedürftig zu erklären, wenn sie abtrennbare Teile (,,reasonably segregable portion") der Akte zugänglich machen könnte «b) Satz 2)51. Seit der Entscheidung Vaughn v. Rosen 52 können die Gerichte bei umfangreichen Einsichtsbegehren von der Behörde verlangen, daß alle geheimhaltungsbedürftigen Teile von Akten in einem besonderen Index aufgelistet werden. Dadurch haben die Gerichte administrative Prozeßtaktiken durchkreuzt, die versuchen, die Gerichte unter Berufung auf umfangreiche Geheimhaltungsbehauptungen mit Akten zu "überschwemmen" . Es ist klar, daß Wissenschaftler wie jeder andere Nutzer von diesen "Segnungen" des FOIA profitieren. Wenn auch genaue Zahlen über die Nutzung des FOIA durch Forscher nicht erhältlich sind 53, so ist dennoch zu erkennen, daß immer wieder auch Wissenschaftler als Kläger auftreten 54 und daß in Teilen der "scientific community" die Brauchbarkeit des FOIA zur Erschließung forschungs51 Ähnlich wird aus dem Gebrauch des Wortes "soweit" in § 29 VwVfG des Bundes für das bundesrepublikanische Recht gefolgert, daß sich das Akteneinsichtsrecht auf Teile von Akten beziehen kann; vgl. Knack, (Fn. 9), § 29, Anm. 5. 52 484 F.2d 820 (D.C.Cir. 1973); die Anforderungen an den sog. Vaughn-Index wurden kürzlich erheblich verschärft; vgl. Wiener v. FBI 943 F.2d 972 (9th Cir. 1991), cert. den., 112 S. Ct. 3013 (1992); kritisch dazu: Supreme Court Lets Wiener Stand, 13 FOIA Update (1992), No. 3, S. 2. 53 Das hat seinen Grund darin, daß die Berichtspflichten, die den Behörden gegenüber dem Congress obliegen (vgl.(d) des FOIA), keine Aufschlüsselung nach Nutzertypen verlangen. Da Zugangsuchende keine Gründe für ihr Zugangsbegehren angeben müssen, war eine solche bisher auch kaum möglich. Die Schätzungen, die dem Autor auf Anfrage bei verschiedenen Behörden mitgeteilt wurden, schwankten zwischen 0-10 %. Nach einer älteren Umfrage durch einen Ausschuß des Repräsentantenhauses waren von der Ablehnung von FOI-Anträgen in ca. 4,5% der Fälle Forscher (,,researcher") betroffen; vgl. United States, Congress, House of Representatives, Committee on Government Operations, Foreign Operation and Government Information Subcommittee, U.S. Government Information Policies and Practices - Administration and Operation of the Freedom of Information Act (Part 4), Hearings Before a Subcommittee of the Committee on Government Operations, March 1972, 92nd Congress, 1st and 2nd Session, Washington D.C. 1972; die Zahl ist mit Vorsicht zu behandeln, da dem Begriff ,,researcher" häufig ein breiterer Wortgebrauch zugrundeliegt als dem deutschen Wort Wissenschaftler. 54 Vgl. etwa Epstein v. Resor, 421 F.2d 930 (9th Cir. 1970), cert. den., 398 U.S. 965 (1970); Vaughn v. Rosen, 484 FR.2d 820 (D.C.Cir. 1973); Getman v. N.L.R.B., 450 F.2d 670 (D.C.Cir. 1971); Federal Open Market Committee v. Merri!, 443 U.S. 340, 347 (1979); Kurzon v. Department 01 Health and Human Services, 649 F.2d 65 (1st Cir. 1981); Kissinger v. Reporters Committeelor Freedom olthe Press, 445 U.S. 136 (1980) (Antragsteller waren u. a. zwei Wissenschaftlerorganisationen); Blakey v. Dept. 01 lustice, 549 F.Supp. 362, 363 (D.D.C. 1982); vgl. auch die "case studies" bei Hedricks, Evan (Ed.), Former Secrets - Government Records Made Public Through the Freedom oflnformation Act, Washington D.C. 1982, wo 500 Fälle einer erfolgreichen Inanspruchnahme des FOIA vorgestellt werden. Zahlreiche Vorhaben waren wissenschaftlich motiviert.
I. Das Recht des Bürgers auf Zugang zu Verwaltungsinformationen
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relevanter Infonnationen bekannt ist 55 • Da die datenbesitzende Stelle durch den FOIA unter Begrundungszwang gestellt wird und mit einer umfassenden gerichtlichen Prüfung der Geheimhaltungsbehauptung rechnen muß, werden administrative Strategien durchkreuzt, die den Datenzugang für Forschungszwecke durch Ausnutzung geeigneter Vorwände zu versperren suchen. Die in der Bundesrepublik von Forschern kritisierte Funktionalisierung des Datenschutzes durch Behörden wird dadurch erheblich erschwert 56. Der "Synergismus" von Geheimhaltungsprinzip und Datenschutz, d. h. die Tendenz zu einer wechselseitigen Verstärkung beider Prinzipien, wird durch ein Gegengewicht aufgebrochen 57.
5. Kosten und Gebühren Den amerikanischen Steuerzahler kostet der FOIA jährlich ca. 61 - 75 Millionen $58. Dies obwohl das Gesetz die Erhebung von Gebühren zuläßt. Das Gebührenaufkommen ist allerdings im Verhältnis zu den Kosten eher gering 59. 55 Vgl. etwa Taeuber, Conrad, The Federal Governrnent as a Source of Data, 394 The Annals 114 (1971), 121; Nathanson, Nathaniel L., Social Science, Administrative Law, and the Information Act of 1966, 21 Social Problems 21 (1973), 25 ff.; Mueller, G. O. W., Prestige und Verantwortlichkeit des Forschers, in: Eser / Schumann (Hrsg.), Forschung im Konflikt mit Recht und Ethik, Stuttgart 1976,326, 336; Boruch, Robert F. / Cecil, Joe S., Country Report United States: The Privacy Act of 1974 and the Social Science Need for Access to Data, in: Mochmann / Müller, Data Protection and SocialScience Research, 1979, 104, 123; P eterson, Trudy H., Archives, Access and the Freedom of Information Act, 72 Law Library Journal 659, 662 (1979); Horowitz, Paul/ Miller, Page P., The Freedom ofInformation Act: Federal Policy and the Writing ofContemporary History, 4 Public Historian 87 ff. (1982); Cook, Blanche / Markowitz, Gerald, History in Shreds: The Fate of the Freedom of Information Act, 26 Radical History Review 173 (1982); Alexander, Lois, Proposed Legislation to Improve Statistical Research Access to Federal Records, in: Boruch / Cecil (Ed.), Solutions to Ethical and Legal Problems in Social Research, 1983, 273 (274/275); Paterson, Thomas G., Thought Control and the Writing ofHistory, in: Curry, Richard O. (Ed.), Freedom at Risk, Philadelphia 1988, 60 ff.; SmalI, Mark A. / Tomkins, Alan J. / Cecil, Joe S., Freedom of Information Laws and Survey Research, unveröffentlichtes Manuskript 1989. 56 Zu dieser Tendenz vgl. die Ausführungen im 1. Kapitel sub 1., insbesondere Text bei Fn. 8. 57 Nach Lenk, Klaus, Datenschutz in der öffentlichen Verwaltung, in: Kilian / Lenk / Steinmüller (Hrsg.), Datenschutz, Juristische Grundsatzfragen beim Einsatz elektronischer Datenverarbeitungsanlagen in Wirtschaft und Verwaltung, Frankfurt 1973, 15 ff. (40), besteht eine Leistung des Prinzips der Aktenöffentlichkeit darin, daß der Datenschutz auf das erforderliche Maß beschränkt wird. 58 Diese Zahl wurde mir von Dan Metcalf, Leiter des Office of Information and Privacy beim Justizministerium, mitgeteilt, der sich bei seiner Schätzung nach eigenen Angaben an einer Studie des Rechnungshofes (Governrnent Accounting Office) aus dem Jahre 1983 orientierte. Die Schätzung der Kosten ist nicht ganz einfach, da in vielen Behörden Mitarbeiter nur Teile ihrer Arbeitszeit auf die Administration des FOIA verwenden; vgl. Relyea, Harold C., The Freedom of Information Act and Its Costs: ABrief Overview, 2 International Journal of Public Administration 117, 121 f.(1980). Für das Jahr 1980 wurden die Kosten auf 57 Mill. $ geschätzt; vgl. die Stellungnahme der vormaligen stellvertretenden Justizministerin Carol E. Dinkins in: United States, Con-
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
Im Jahre 1986 wurde im Zusammenhang mit der letzten größeren Reform des FOIA 60 auch eine gestafftelte Gebührenregelung eingeführt. Gebühren dürfen danach erhoben werden -
für die Suche der Dokumente (document search),
-
für die Vervielfaltigung der Dokumente (duplication)
-
sowie für die Durchsicht der Dokumente auf geheimhaltungsbedürftige Teile (review) 61.
Das Gebührenrecht unterscheidet ferner zwischen 3 Arten von Zugangsuchenden, nämlich kommerziellen Nutzern des FOIA, nicht-kommerziellen Nutzern, wenn der Antrag von einer wissenschaftlichen Einrichtung, die einen Forschungszweck verfolgt, oder von einem Repräsentanten der Nachrichtenmedien gestellt wird, und schließlich allen übrigen Nutzern 62 • Am teuersten ist der Datenzugang für Antragsteller, die FOIA-Anträge in kommerzieller Absicht initiieren 63. Derartige Antragsteller trifft die volle Gebührenlast, d. h. alle drei Gebühren (seareh, duplication, review) werden erhoben 64 • Am billigsten ist der FOIA für wissenschaftliche Einrichtungen und Repräsentanten der Nachrichtenmedien. Diese Nutzer können nur mit den Kopierkosten
gress, House of Representatives, The Freedom of Information Reform Act, Hearing before a Subcommittee of the Committee on Govemment Operations, 98th Congress, 2nd Sess., Washington, D.C. 1985, 770, 771. 59 Im einzelnen Relyea. ebenda. 60 Freedom of Information Reform Act of 1986, Pub.L. No. 99 - 570; zur Debatte, die schließlich zu der Reform geführt hat F erguson. Jr. Eugene, The Freedom of Information Act: A Time for Change?, 1983 Detroit College of Law Review 171. 61 5 U.S.c. § 552 (a)(4)(A)(ii). 62 Ebenda (4 )(A)(ii)(I)-(III). 63 Die "business community" zählt zu den stärksten Nutzern des FOIA. Ihr Anteil wurde Mitte der 80er Jahre in einer Anhörung mit 58% angegeben; vgl. die Stellungnahme der damaligen stellvertretenden Justizministerin Carol E. Dinkins in: United States, Congress, House of Representatives. The Freedom of Information Reform Act, Hearing before a Subcommittee of the Committee on Government Operations, 98th Congress, 2nd Sess., Washington, D.C. 1985,770,771. Es wird behauptet, der FOIA werde von dieser Gruppe als Mittel zur Auskundschaftung von Konkurrenten eingesetzt und habe wirtschaftlich schweren Schaden angerichtet. Ob diese Feststellung wirklich zutrifft, ist sehr umstritten; vgl. die Stellungnahme von Russel B. Stevenson anläßlich einer Anhörung im Congress, United States, Senate, Subcommittee on the Constitution, Freedom of Information Reform Act, Hearings before the Subcommittee on the Constitution of the Committe on the Judiciary (1981), 97th Congress, 1st Sess., Vol. I, Washington, D.C. 1982,209 ff., der nach einer Umfrage keine Bestätigung dafür fand, daß Konkurrenten wirklich durch den FOIA geschädigt worden waren. Mit Rücksicht auf den hohen Anteil von kommerziellen Nutzern wurde schon frühzeitig der Einsatz des Gebührenrechts als Steuerungsinstrument vorgeschlagen; vgl. Kirby. Michael, Forword, FOI and the Coming Counter-Reformation, in: Riley (Ed.), Access to Government Records: International Perspectives and Trends, Lund 1980, 5, 9. 64 5 U.S.C. § 552 (a)(4)(A)(ii)(I).
11. Die Infonnatisierung der Verwaltung und die Zukunft des FOIA
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(duplication) belastet werden 65, wobei die ersten 100 Kopien kostenfrei sind 66 • Die Gebühr kann weiter herabgesetzt werden oder sogar ganz erlassen werden. wenn die angestrebte Offenbarung im Interesse der Öffentlichkeit ist, weil sie wahrscheinlich besonders (significantly) zum allgemeinen Verständnis der Funktionsweise (operations) und der Aktivitäten der Regierung beiträgt 67 • Allen anderen Nutzern werden, unverändert zur Rechtslage vor 1986, Gebühren für die Suche von Dokumenten sowie für deren Vervielfaltigung in Rechnung gestellt 68 , wobei die ersten 2 Stunden Suchzeit sowie die ersten 100 Vervielfältigungen kostenfrei sind 69.
Bemerkenswert an den gebührenrechtlichen Bestimmungen ist vor allem der Umstand, daß zwischen Nutzungszwecken unterschieden wird und daß von dieser Unterscheidung Forscher erheblich profitieren können. In gewissem Gegensatz zu einer Grundtendenz des Gesetzes, wonach jedem Nutzer des FOIA ein gleiches Recht auf Zugang zu Verwaltungs informationen zusteht 70 , wird auf der fiskalischen Ebene zwischen Zugangsinteressen also in beachtlichem Umfang diskriminiert. Das Gebührenrecht wird vom Gesetzgeber als Instrument eingesetzt, um der extensiven Nutzung des FOIA zu kommerziellen Zwecken entgegenzusteuern. Infolge dieser Bemühungen entstand die einzige Vorschrift des FOIA, die Forschungsinteressen explizit gegenüber anderen Zugangsinteressen privilegiert.
11. Die Informatisierung der Verwaltung und die Zukunft des FOIA: Vom Akten- zum Informationszugangsgesetz Während in der Bundesrepublik die Debatte um "freedom of information" gerade erst einsetzt, ist in der USA kürzlich eine neue Diskussionsrunde unter der Überschrift: Der FOIA im elektronischen Zeitalter (The Freedom 0/ Information Act in an Electronic Ager 1 eingeläutet worden. Es geht dabei im Kern um
Ebenda, (A)(ii)(II). Ebenda, (A)(iv)(II). 67 Ebenda, (A)(iii). 68 Ebenda, (A)(ii)(III). 69 Ebenda, (A)(iv)(II). 70 Das ist die Pointe der neueren Rechtsprechung des Supreme Court zur Datenschutzausnahme; vgl. dazu noch unten sub 4. c. aa. ccc. 71 United States, Congress, Office of Technology Assessment, Infonning the Nation, Federal Dissemination in an Electronic Age, Washington D.C. 1988, S. 207 ff.; Vgl. ferner Uni ted States, House of Representatives, Electronic Collection and Dissemination of Infonnation by Federal Agencies: A Policy Overview, Twenty-Eighth Report by the Committee on Govemment Operations, House Report 99-560, Washington 1986, S. 13 ff. Auch das Office of Infonnation and Privacy des Justizministeriums, welches bei der Fonnulierung der FOI-Politik der Administration eine führende Rolle spielt, 65
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
die Frage, ob vor dem Hintergrund einer zunehmenden Informatisierung der Verwaltung die gesteigerte Zugänglichkeit von Informationen nicht auch auf die Zugangsmöglichkeiten im Rahmen des FOIA durchschlagen müsse. Schlagwortartig ausgedrückt, geht es um die Fortentwicklung des FOIAvon einem Aktenzugangsgesetz (access to records) zu einem Informationszugangsgesetz (access to injormation) 72. Mögliche Folgen lassen sich etwa an der Frage verdeutlichen, welche Anforderungen an den Suchaufwand einer Behörde zu stellen sind. Der FOIA verpflichtet derzeit lediglich zu einer Suche nach Informationen, soweit diese vom Antragsteller hinreichend bestimmt beschrieben (reasonably describes; 5 U.S.C. § 552 (a) (3) (A» werden. Die Suche darf sich dabei auf vorhandene Akten oder Aktenstücke beschränken. Die Behörde ist nach ganz herrschender Meinung nicht verpflichtet, zum Zweck der Bescheidung eines FOI-Antrages ein Dokument eigens zu erstellen 73. Unter den modernen Bedingungen elektronischer Aktenführung wird diese Grenzziehung zunehmend fragwürdig. Informationen werden immer mehr in Daten-Pools vorgehalten, die dem üblichen Bild einer begrenzten und unterscheidbaren Informationsträgereinheit nicht mehr entsprechen und die manchmal erst über einfache Prograrnrnierleistungen zugänglich werden 74. Mit Blick auf eine große, traditionell geführte Aktensammlung wird man z. B. ein Einsichtsbegehren, das auf die Offenbarung aller Vorgänge gerichtet ist, die mit einem Ereignis X in Verbindung stehen, kaum als hinreichend bestimmt ansehen können. Ließe man eine solche Beschreibung gelten, müßte die Behörde ihren gesamten Aktenbestand anband der Vorgaben mühselig durchgehen 75. Etwas anderes wird man jedoch annehmen können, wenn die Informationen in computerisierter Form zugänglich sind und die Behörde über ein Suchprogramm verfügt, das große Informationsbestände leicht und ohne großen Aufwand erschließen kann. Da einem Einsichtsbegehren in einem solchen Fall ohne weitebefaßt sich neuerdings mit dem Thema; vgl. die Hinweise in: OIP Takes "Electronic Record" Survey, 10 FOIA Update, No. 2, 1989, 1/2; vgl. ferner: Computer Data Access Is Problem, 13 News Media and the Law (1989), S. 3 ff.; Note, Fair Administration of the Freedom of Information Act after the Computer Revolution, (Fn. 14); ferner Imhoj, Patrick L. / Levine, Edwin, Impact of the Information Age on Access and Dissemination of Govemment Information in Florida, 14 Florida State University Law Review 635 (1986/1987). 72 Office of Technolgy Assessment, ebenda, 208; vgl. auch Sprehe, J. Timothy, Developing a Federal Policy on Electronic Collection and Dissemination, 11 Govemment Publications Review 353, 357 (1984). 73 Forsham v. Harris, 445 U.S. 169, 152 (1980) ("agencies need not create records"); ferner: National Labors Relation Board v. Sears Roebuck, 421 U.S. 132, 161/ 162 (1975); Yeager v. Drug Enforcement Agency, 678 F.2d 315 (D.C.Cir. 1982). 74 Dazu wieder Office ofTechnology Assessment, (Fn. 71), 228; ferner Imhoj / Levine, (Fn. 71). 75 Vgl. zu einem solchen Fall Krohn v. Department oj lustice, 628 F.2d 195 (D.C.Cir. 1980), wo dies mit der Begründung abgelehnt wurde, der Kläger verlange die Herausgabe von "information" und nicht von "agency records".
11. Die Infonnatisierung der Verwaltung und die Zukunft des FOIA
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res entsprochen werden kann, gibt es kaum plausible Gründe, hier das Öffentlichkeitsprinzip am Bestimmtheitserfordernis scheitern zu lassen 76. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Gerichte diesem Problem in Zukunft stellen werden. Schwieriger zu beurteilen ist eine Konstellation, in der zur Aufschließung von Informationsbeständen zunächst eine Programmierleistung erbracht werden muß. Behörden könnten in einem solchen Fall nicht einfach ein bereits vorhandenes Programm einsetzen, sondern müßten ein solches erst erstellen. Dies kann mit mehr oder weniger großem Aufwand verbunden sein. Nach der bisher gültigen Unterscheidung würde durch den Programmierakt eine Akte geschaffen, weshalb die (durch den Programmierakt gewonnene) Information dem FOIA entzogen wäre. Infolge der fortschreitenden Informatisierung der Verwaltung tendiert der FOIA mit anderen Worten zunehmend dazu, sein "fundamentum in re" zu verlieren 77. Gerichte haben sich verschiedentlich mit dem Problemkreis befaßt und haben bisher regelmäßig auf den traditionellen Aktenbegriff zurückgegriffen 78. Die Kläger haben jeweils argumentiert, daß die Programmierung eines Computers zum Zweck der Extraktion oder Umstrukturierung von Informationsteilen etwas anderes sei als die Erstellung einer neuen Akte. Die Erstellung eines Computerprogramms zum Zweck einer "computer-search" sei häufig weniger aufwendig als die traditionelle manuelle Aktensuche. Die Gerichte haben diese Argumentation bisher mit der Begründung nicht akzeptiert, der Gesetzgeber habe Manipulationen oder Umstrukturierungen des Inhalts von Akten nicht ins Auge gefaßt 79 • Zugleich wurde jedoch hervorgehoben, daß Behörden, die ihre Informationen in computerisierten Systemen verwalten, diese nicht zurückhalten müssen, sondern von den vorhandenen Aufbereitungsmöglichkeiten Gebrauch machen dürfen. Ein Gericht erwähnte dabei ausdrücklich auch Anonymisierungstechniken ("disc1osure-avoidance techniques") 80, die die Freigabe vormals personenbezogener Informationsbestände ermöglichen können. Es ist damit zu rechnen, daß diese Frage die Gerichte auch in Zukunft beschäftigen wird. Ferner ist zu erwarten, daß der Kongreß, dessen Office of Technology Assessment in der derzeitigen Diskussion eine Vorreiterrolle spielt, sich der 76 So auch Note, Fair Administration of the Freedom of Infonnation Act after the Computer Revolution, (Fn. 14), 74; diesen Standpunkt nehmen offenbar inzwischen auch Behörden ein; vgl. Note, Developments under the Freedom of Infonnation Act 1988, 1989 Duke Law Journal 686, 731 ff. m. w. N. 77 Dieses Problem wurde bereits früh von Miller, Arthur, The Assault on Privacy, Ann Arbor 1971, 173 ff., erkannt. 78 Public Citizen v. Occupational Safety and Health Administration, Civil Action No. 86-0705 (D.D.C. 1987); Clarke v. Treasury, Civil Action No. 84-1873 (E.D.Pa.1986); Kele v. U.S. Parole Commission, Civil Action No. 85-4085 (D.D.C. 1986) (alle Entscheidungen zitiert nach Office of Technology Assessment, (Fn. 71), S.218220); ferner Yeager v. Drug Enforcement Agency, 678 F.2d 315 (D.C.Cir. 1982). 79 Yeager, ebenda, 315, 322 f. 80 Ebenda, 326 f.
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
neuen Herausforderung auch gesetzgeberisch annehmen wird. Wie im einzelnen die Linien gezogen werden, ist zur Zeit noch offen. Es spricht jedoch vieles dafür, daß in Zukunft der FOIA die mit der Computerisierung verbundene gesteigerte Zugänglichkeit von Informationen in gewissem Umfang an die Nutzer des Gesetzes weitergeben wird. Dies könnte etwa dergestalt geschehen, daß eine computer search, auch wenn sie das Material umordnet, trennt und neu zusammenstellt, noch als FOIA-Antrag akzeptiert wird, wenn sich der Programmieraufwand in vernünftigen Grenzen hält. Die Diskussion verdeutlicht, daß auf dem Hintergrund einer FOIA-Gesetzgebung die einfachere, schnellere und kostengünstigere Zugriffsmöglichkeit auf Informationen eine interessante und über die Datenschutzdiskussion hinausgehende Dimension gewinnt 81. Es liegt auf der Hand, daß diese neue Diskussion auch von Forschern mit Interesse verfolgt wird. In zwei der genannten Gerichtsentscheidungen wurde die Offenbarung von Informationen, die in elektronischen Systemen gespeichert waren, in statistisch aufbereiteter und gegen Deanonymisierung geschützter Form verlangt 82 • Der Kläger in Kele v. U.S. Parole Commission behauptete, daß seinem Zugangs begehren mit der Bedienung einiger weniger Schlüssel einer Tastatur entsprochen werden könne. Die Frage, ob die computerbedingte Effektivierung der Möglichkeiten, Informationen für unterschiedliche Nutzerwünsche zu manipulieren, eine Verbesserung des Datenzugangs durch Einsatz von Anonymisierungsstrategien zulassen könnte, muß jedoch mit großer Vorsicht behandelt werden. Sollen Informationen in computerisierter Form zugänglich gemacht werden, wachsen die Gefahren für Persönlichkeitsrechte ganz erheblich 83. Der Abgleich von Informationen auf
81 Ein erster Gesetzentwurf des zuständigen Ausschusses des Senats liegt nurunehr vor. Der Begriff der "search" wird neu gefaßt und soll auch die automatische Informationssuche umfassen. Die Verwaltung soll ferner verpflichtet werden, angemessenen Aufwand (reasonable effort) bei der elektronischen Zusammenstellung von Akten zu betreiben, selbst wenn Akten üblicherweise nicht in dieser Form vorhanden sind (vgl. Senate FOIA Legislation Introduced, 12 FOIA Update (1991), No. 4, 3 ff.; Abdruck des Gesetzentwurfs im Wortlaut). Das Justizministerium hat sich kürzlich ablehnend zu dem Regelungsvorschlag geäußert (vgl. Justice Department Testimony on S. 1940, 13 FOIA Update (1992), No. 2, S. 3 ff.). Die Berechtigung eines Ansatzes, der die gesteigerten Zugangsmöglichkeiten im elektronischen Zeitalter berücksichtigt, wird auch durch deutsche Diskussionsbeiträge unterstrichen, in denen vor der Monopolisierung elektronisch aufbereiteter Daten gewarnt wird; vgl. insbesondere Podlech, Adalbert, Verfassungsrechtliche Probleme öffentlicher Datenbanken, DöV 1970,473,474; Grimmer, Klaus, Probleme einer Instituierung von Informationssystemen, in: Kilian / Lenk / Steinmüller (Hrsg.), Datenschutz, (Fn. 57) 237 ff. (250); vgl. ferner Capurso, M., The Nature of the New Technologies: Their Effects on Our Civilization, the Role of Law, in: Council of Europe / Conseil de I 'Europe, Beyond 1984: The Law and Information Technology in Tomorrow's Society, Proceedings of the Fourteenth Colloquy on European Law, Straßburg 1985,99, 102, sowie allgemein unten 7. Kapitel. 82 Yeager, (Fn. 78); Kele, zitiert nach Office of Technology Assessment, (Fn. 71), S.219.
III. Die Ausnahmen von der Offenbarungspflicht
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Computerbasis ist ungleich viel einfacher als im Kontext traditioneller "Datenverarbeitungs"prozeduren. So hat etwa die Diskussion um die Freigabe von Einzelangaben aus der amtlichen Statistik sowohl in der Bundesrepublik als auch in den USA gezeigt, daß die Abschätzung von Reidentifizierungsrisiken in einer Welt, in der personenbezogene Informationen zunehmend elektronisch verwaltet werden, ein schwieriges Unterfangen ist 84 • Der FOIA hat den Reidentifizierungsgefahren zwar eine gewisse Aufmerksamkeit geschenkt 85. Ob die bisherigen Überlegungen geeignet sind, den durch die Informatisierungstendenzen gewachsenen Problemdruck zu bewältigen, muß aber bezweifelt werden 86.
111. Die Ausnahmen von der Offenbarungspflicht Die wichtigste Konsequenz der Umkehrung des Verhältnisses von Geheimhaltung und Offenbarung ist die Vermutung für die Öffentlichkeit von Verwaltungsinformationen 87. Dies bedeutet aber nicht, daß das Zugangsrecht grenzenlos gewährleistet ist. Das Öffentlichkeitsprinzip ist vielmehr durch einen Ausnahmekatalog begrenzt, zu dem die oben bereits zitierte Datenschutzausnahme zählt. Die Ausnahmen sollen prinzipiell abschließenden Charakter haben 88 • Bevor im einzelnen auf die Regelung des Konflikts von Freedom of Information und Datenschutz in der 6. Ausnahme des FOIA (IV.), in der 7. Ausnahme sowie in speziellen Datenschutzvorschriften, die über die 3. Ausnahme des FOIA herangezogen werden können (V.), eingegangen wird, soll zunächst der Ausnahmekatalog kurz vorgestellt werden (1.). Angesprochen wird ferner das executive privi83 Dieser Zusammenhang wird auch vom Supreme Court in seiner jüngsten Entscheidung zur 6. Ausnahme des FOIA gesehen; vgl. 109 S.Ct. 1468, 1480 (1989); ferner die interessante Entscheidung eines Staatengerichts Mullin v. Detroit Police Department, 133 Mich.App. 46, 348 N.W.2d 708 (1984), in der die Freigabe von Informationen in computerisierter Form als privacy-Verletzung angesehen wird, während gegen ihre Freigabe in gedruckter Form keine Bedenken bestanden (348 N.W.2d 708, 711); kritisch zu dieser Entscheidung Case Note, Administrative Law - Freedom of Information Act, The release of a computer tape containing a police departrnent's traffic accident reports would be a clearly unwarranted invasion of inidvidual's privacy and therefore is not subject to disclosure under Michigan's Freedom of Information Act, 62 University of Detroit Law Review 363 (1985). 84 Dazu unten 5. Kapitel. 85 Vgl. dazu unten Text bei Fn. 143. 86 Ebenso Note, Fair Administration of the Freedom of Information Act after the Computer Revolution, (Fn. 14),64 ff.; vgl. auch Yeager v. Drug Enforcement Agency, 678 F.2d 315, 322 (D.C.Cir. 1982), wo die Anpassung des FOIA an die Realität des Computers als dringlich bezeichnet wird. 87 Dazu bereits oben sub 1. d. 88 Vgl. dazu den Senate-Report No. 813, 89th Congress, 1st Session (1965), S. 3, wo es heißt, daß das Öffentlichkeitsprinzip nur unter der Voraussetzung einer klar umrissenen gesetzlichen Grundlage ("clearly delineated statutory language") durchbrochen werden soll.
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
lege, welches nach einer verbreiteten Auffassung von den Behörden ergänzend zur Begründung von Geheimhaltung herangezogen werden kann sowie die equitable discretion-Doktrin, die in Sonderfällen ein Gericht berechtigen soll, die Freigabe von Informationen unter Rekurs auf übergeordnete Prinzipien zu versagen (2.). Schließlich soll am Beispiel des Konflikts von nationalen Sicherheitsinteressen sowie Informationsbedürfnissen der historischen Forschung gezeigt werden, daß unter Geltung des FOIA die Zugangsinteressen von Forschern nicht nur auf den Datenschutz als mögliche Barriere stoßen, sondern auch andere höchst brisante Konfliktfelder vorhanden sind (3.).
1. Die Ausnahmen vom ÖtTentlichkeitsgrundsatz im Überblick Die Ausnahmen beziehen sich nicht auf bestimmte Behörden oder auf bestimmte Informationssysteme 89, sondern allein auf bestimmte Arten von Informationen. Im Vergleich zu dem Ausnahmekatalog des § 29 Abs. 2 VwVfG des Bundes 90 sind die Ausnahmetatbestände recht präzise gefaßt. Geheimgehalten werden dürfen danach 91 : -
Aus Gründen der nationalen Sicherheit oder der auswärtigen Politik klassifiziertes Material (exemption 1),
-
Angelegenheiten, die ausschließlich mit internen Regelungen für Bedienstete in Verbindung stehen (exemption 2),
-
Informationen, die durch ein besonderes Gesetz ausdrücklich für geheimhaltungsbedürftig erklärt wurden (exemption 3),
-
Geschäftsgeheimnisse sowie kommerzielle und finanzielle Informationen, die privilegiert (privileged)92 oder vertraulich sind (exemption 4),
-
Die zwischen Behörden oder innerhalb einer Behörde ausgetauschten Memoranden oder Briefe, die auch im Falle eines Rechtsstreites für keine andere Partei als eine Behörde zugänglich wären (exemption 5),
-
Personalakten, medizinische Akten und vergleichbare Akten, deren Offenlegung einen eindeutig unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre darstellen würden (exemption 6),
89 Hierin liegt ein wichtiger Unterschied zum Privacy Act; dazu noch unten 3. Kapitel, sub III. 2. d. aa, Text bei Fn. 197 - 198. 90 Dazu oben 1. Kapitel, Text bei Fn. 31. 91 Bei der folgenden Wiedergabe handelt es sich um einen recht genauen Überblick über die Ausnahmen, nicht jedoch um eine wortgetreue Übersetzung; eine genauere Wiederg~be findet sich bei Scherer, Verwaltung und Öffentlichkeit, (Fn. 1), S. 99 f., dessen Ubersetzung nur hinsichtlich der 7. Ausnahme nicht mehr aktuell ist; vgl. auch den knappen Überblick von Kneifel, Reiner, Ausnahmebestimmungen des U.S. Freedom of Information Act (FOIA), CR 1990, 352. 92 "Privileged Communications" berechtigen im amerikanischen Prozeßrecht zur Zeugnisverweigerung; vgl. dazu auch unter 4. Kapitel.
III. Die Ausnahmen von der Offenbarungspflicht
81
-
Ermittlungsakten, die zum Zweck der Rechtsdurchsetzung zusammengestellt wurden, wenn ein schwebendes Verfahren betroffen ist (A), wenn das Recht zu einem fairen Prozeß gefährdet würde (B), wenn vernünftigerweise zu erwarten ist, daß die Offenbarung einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre darstellen würde (C), wenn die Identität einer vertraulichen Informationsquelle im Kontext strafrechtlicher oder spionagerelevanter Ermittlungen betroffen ist (D), wenn Ermittlungstechniken oder -verfahren berührt sind (E) oder wenn das Leben oder die physische Sicherheit von Ermittlungspersonal betroffen ist (F) (exemption 7) 93,
-
Untersuchungsberichte, die von der für die Überwachung des Finanzwesens zuständigen Behörde gefertigt oder für diese erstellt wurden (exemption 8),
-
Geologische und geophysikalische Informationen (exemption 9).
Seit der letzten größeren Reform des FOIA im Jahre 1986 besteht für die Behörde in bestimmten Fällen auch die Möglichkeit, nicht nur die Offenbarung unter Berufung auf eine Ausnahme abzulehnen, sondern darüber hinaus sogar die Existenz einer Akte überhaupt zu leugnen 94 • Verhindert werden soll dadurch, daß von Ermittlungsverfahren Betroffene bei der negativen Bescheidung eines Einsichtsbegehrens indirekt durch die Begründung der Ablehnung von der Existenz der Ermittlungen in Kenntnis gesetzt und dadurch gewarnt würden. Ferner sollen ähnliche indirekte Offenbarungseffekte vereitelt werden, wenn die Berufung auf eine Ausnahme (z. B. im Spionage- oder Spionageabwehrkontext) wichtige Rückschlüsse, etwa auf die Informanteneigenschaft einer Person, ermöglichen würde. Mit der Schaffung einer solchen Leugnungsmöglichkeit wurde eine schon zuvor von der Administration praktizierte und von den Gerichten tolerierte Verhaltensweise 95 nachträglich legalisiert. Die Datenwünsche von Forschern können von jeder der Ausnahmen des Ausnahmekatalogs vereitelt werden. Für die hier im Vordergrund stehende Datenschutzproblematik sind die 6. Ausnahme 96, die 7. Ausnahme (Teil (C))97 sowie 93 Die Zurückhaltungsmöglichkeiten nach Maßgabe der 7. Ausnahme des FOIA sind auf Initiative der Reagan-Administration im Jalue 1986 erheblich erweitert worden; dazu U.S. Department of Justice, Attomey General's Memorandum on the 1986 Amendments to the Freedom of Information Act, Washington D.C. 1987, 5 ff.; zur Diskussion im Vorfeld der Reform Note, Freedom of Information Act: A time for Change?, 1 Detroit College of Law Review 171 (1983). 94 5 U.S.C. § 552 (c); betroffen sind unter bestimmten Voraussetzungen Informationen, die Ausnahme (7)(A) des FOIA unterfallen (im einzelnen (c)(I)) sowie Unterlagen, die Informanten betreffen «c)(2)) oder Bezug zu Spionage und Spionageabwelu aufweisen «c)(3)); dazu Attorney General's Memorandum, ebenda, 18 ff. 95 Vgl. Philipi v. CIA, 546 F.2d 1009, 1013 (D.C.Cir. 1976); weitere teilweise unveröffentlichte Entscheidungen bei Adler, Allen/ Halperin, Morton, Exemption 1, National Security Information, in: Adler (Ed.), Litigation Under the Federal Freedom of Information Act and Privacy Act, Washington, D.C. 1988,21 ff., 31; die Behörden bescluänkten sich bei iluer Auskunft darauf, die Existenz einer Akte weder zu bestätigen noch zu verneinen (sog. glomarization).
6 Wollenteit
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
die durch die 3. Ausnahme erfaßten Spezialgesetze 98 heranzuziehen. Zugangswünsche von Kriminologen können aber etwa auch durch andere Facetten der 7. Ausnahme vereitelt werden, ebenso wie Ökonomen an der 4. und 8. Ausnahme oder Historiker an der 1. oder 5. Ausnahme scheitern können. Darüberhinaus ist noch immer nicht abschließend geklärt, ob sich für die Exekutive aus dem executive privilege und für die Judikative aus der equitable discretion-Doktrin zusätzliche Geheimhaltungsoptionen ergeben.
2. Zusätzliche Geheimhaltungsoptionen von Exekutive und Judikative: Executive privilege und equitable discretion-Doktrin Die Doktrin des executive privilege hat eine lange Tradition in der amerikanischen Verfassungsgeschichte. Schon in der Amtszeit der ersten Präsidenten des Landes kam es zwischen dem Kongreß und der Exekutive zu Konflikten über die Frage, ob der Präsident bestimmte militärische und diplomatische Geheimnisse vor dem Parlament geheimhalten dürfe 99. Gestützt wurde dieses Recht auf den Gewaltenteilungsgrundsatz sowie auf die außenpolitische Prärogative des Präsidenten 100. Andere Facetten des executive privilege betreffen das sog. informers privilege, welches auch im common law anerkannt ist und die Befugnis gibt, die Identität von Informanten in Rechtverfolgungsangelegenheiten geheimhalten zu dürfen 101, sowie ferner das Recht, interne Verhandlungen auf Regierungsebene nicht offenbaren zu müssen 102. Der Supreme Court hat in United States v. Nixon 103 im Kontext der judiziellen Aufarbeitung von Watergate einerseits die Existenz des executive privilege überraschend deutlich 104 bestätigt, zugleich jedoch einen absoluten Charakter dieses Dazu unten sub IV. Dazu unten sub V. 1. 98 Dazu im einzelnen unten sub V. 2. 99 Vgl. den Überblick bei Shane, Peter M., Legal Disagreement and Negotiation in a Government of Laws: The Case of Executive Privilege, 71 Minnesota Law Review 461 (1987); ferner einerseits: U.S. Congress, House of Representatives, Committee on Government Operations, The Right of Congress to Obtain Information from the Executive and from other Agencies ofthe Federal Government, 84th Congress, 2nd. Sess., Washington D.C. 1956, sowie andererseits: U.S. Department of Justice, The Power ofthe President to Withhold Information from the Congress: Memorandum of the Attorney General, Washington 1958-59. 100 United States v. Nixon, 418 U.S. 683, 705 -706, 708 (1974); Henkin, Louis, Foreign Affairs and the Constitution, 1972, 112 ff. 101 Dazu Tribe, Laurence H., American Constitutional Law, Minneola, N.Y. 1988,276. 102 Ebenda. 103 United States v. Nixon, 418 U.S. 683, 704 (1974); dazu Henkin, Louis, Executive Privilege: Mr. Nixon Loses but the Presidency Largely Prevails, 22 UCLA Law Review 40 (1974). 96
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III. Die Ausnahmen von der Offenbarungspflicht
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Rechts verneint. Im Kontext strafrechtlicher Ermittlungen gegen den Präsidenten ist danach der Administration die Berufung auf das executive privilege abgeschnitten. Deshalb mußten die illegal aufgezeichneten Gespräche im oval office (Amtszimmer des Präsidenten), darunter auch Verhandlungen im engsten Regierungskreise, herausgegeben werden. Zu einem spektakulären Wiederaufleben der Debatte um die Reichweite des executive privilege kam es in der Amtszeit von Präsident Reagan, als im Jahre 1983 die Behördenleiterin der Environmental Protection Agency auf Anweisung des Präsidenten die Vorlage bestimmter Unterlagen an den Kongreß verweigerte. Der Präsident machte geltend, die Unterlagen gehörten zu einem schwebenden Ermittlungsverfahren und würden deshalb durch das executive privilege erfaßt. Erstmalig in der Geschichte der USA kam es zur Anklage einer obersten Behördenleitung wegen Contempt ojCongress. Es bedurfte der Einschaltung der Staatsanwaltschaft sowie eines Bundesgerichtes 105, um den Konflikt mit dem Ergebnis beizulegen, daß dem Kongreß die begehrten Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden 106. Das Verhältnis von FOIA und executive privilege hat Anlaß zu einigen Diskussionen gegeben. In einer frühen Besprechung des FOIA kritisierte Davis, daß der Gesetzgeber die Ausnahmevorschriften nicht auf die executive privilegeDoktrin abgestimmt habe. Eine solche Abstimmung sei mit Rücksicht auf die konstitutionelle Dimension der Doktrin zwingend erforderlich gewesen 107. Auch wenn man sich diesem verfassungsrechtlichen Argument kaum entziehen kann, haben sich andererseits Befürchtungen, die eine Kollision des Öffentlichkeitsprinzips mit dem verfassungsrechtlich vorrangigen executive privilege voraussagten, nicht bestätigt. Entgegen der Ansicht von Davis hat der Ausnahmekatalog des FOIA offenbar die Berufung auf das executive privilege im Verhältnis zum Bürger weitgehend obsolet werden lassen. Drei wichtige Gegenstandsbereiche, die von den Ausnahmen des FOIA erfaßt werden, nämlich: -
Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und Außenpolitik (1. Ausnahme),
-
"Schutz" inneradministrativer Verhandlungen und teilweise auch von Informanten (5. Ausnahme) und
, -:- .Informantenschutz im Rahmen von Aufgaben der Rechtsdurchsetzung (7. Ausnahme) 104 Kritisch Berger, Raoul, The Incamation of Executive Privilege, 22 VCLA Law Review 4, 10 ff.(1974); Mishkin, Paul J., Great Cases and Soft Law: A Comment on United States v. Nixon, 22 VCLA Law Review 76 (1974). 105 United States v. House of Representatives, 556 F.Supp. 150 (D.D.C. 1983). 106 Zu dem Fall Note, The Conflict Between Executive Privilege and Congressional Oversight: The Gorsuch Controversy, 1983 Duke Law Journal 1933; ferner Shane, (Fn. 89),508 ff. 107 Davis, Kenneth Culp, The Information Act: A Preliminary Analysis, 34 Vniversity of Chicago Law Review 761, 763 ff. (1967).
6*
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
sind eben doch weitgehend mit dem executive privilege deckungsgleich 108. In der Praxis hat deshalb das executive privilege im FOI-Kontext kaum Bedeutung erlangt und wird deshalb auch in Zukunft primär im Verhältnis von Legislative und Exekutive bei der Überwachung der Administration durch den Kongreß (sog. congressional oversight 109) eine Rolle spielen. Ähnlich marginal ist die Bedeutung der equitable discretion-Doktrin geblieben. Equitable discretion bedeutet, daß den Gerichten ein von der Tradition her begründetes Recht zusteht, in besonderen Fällen die Anwendung gesetzten Rechts unter Rekurs auf übergeordnete Rechtsprinzipien abzulehnen. Das "Überleben" der equitable discretion-Doktrin im FOI-Kontext wird auf den Wortlaut des Gesetzes gestützt, wonach die Gerichte das Recht (und nicht etwa die Pflicht) haben, die Zurückhaltung der Information durch die Administration zu untersagen (" ... has jurisdiction to enjoin the Agency from withholding agency records ••• " 110). Da das Gesetz nicht ausdrücklich zur Durchsetzung der Offenbarung verpflichte, so wiederum Davis 111 , habe der FOIA die Tradition von equityll2 nicht abgeschnitten und damit den Gerichten die Möglichkeit erhalten, sich der Offenbarung von Informationen trotz Fehlens eines Ausnahmetatbestandes unter Rekurs auf übergeordnete Prinzipien entgegenzustellen. Die Position von Davis ist bis heute umstritten geblieben 113. Obwohl Gerichte in besonders gelagerten Fällen Bereitschaft signalisiert haben, die Grundsätze der equitable discretion anzuwenden 114, ist dies bisher praktisch kaum relevant geworden. Es herrscht deshalb weitgehend Einigkeit, daß, abgesehen von Sonderfällen, der Konflikt zwischen Geheimhaltungs- und Offenbarungsinteresse vor den Gerichten allein auf dem Feld der enumerierten Ausnahmen auszutragen ist 115.
108 Vgl. auch Note, The Freedom of Information Act: A Seven-Year Assessment, 74 Columbia Law Review 895, 930 ff. (1974), wo das "executive privilege" zutreffend als eine unsichtbare (Hervorh. durch d. Verf.) Schranke (,,invisible, albeit inevitable restraint") des FOIA bezeichnet wird. . 109 Zur Untersuchungskompetenz des Kongresses Ogul, Morris S., Congress Oversees The Bureaucracy, Pittsburgh 1977; Kaiser, Frederick M., Congressional Oversight of the Presidency, 499 The Annals 75 (1988); der Ausnahmekatalog des FOIA darf von der Exekutive nicht im Verhältnis zum Kongreß herangezogen werden; vgl. 5 U.S.CO § 552 (d). 110 5 U.S.CO § 552 (a)(4)(B). 111 (Fn. 96), 767. 112 Zum Ursprung der "equity"-Rechtsprechung im englischen und seiner Rezeption im amerikanischen Recht Hay, Peter, Einführung in das amerikanische Recht, Darmstadt 1987,5 ff. 1\3 Vgl. Project, Govemment Information and the Rights of Citizens, 73 Michigan Law Review 971, 1156 (1975); zum Streitstand ferner Marson, Charles, Equitable Discretion to Withhold Records, in: Adler (Ed.), (Fn. 95), 155 ff. 114 Vgl. z. B. General Services Administration v. Benson, 415 F.2d 878, 880 (9th Cir. 1969); Weber Aircraft Corp. v. United States, 688 F.2d 638, 646 (1982); weitere Nachweise bei Marson, ebenda, 157 ff.
III. Die Ausnahmen von der Offenbarungspflicht
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3. Nationale Sicherheit v. Historische Forschung Für die historische Forschung, die sich mit Fragen der Außenpolitik sowie mit Aspekten der militärischen Sicherheit befaßt, hat sich in jüngster Zeit die 1. Ausnahme als besonderes konflikurächtig erwiesen 116. Danach sind dem Öffentlichkeitsprinzip Informationen entzogen, die im Interesse der nationalen Sicherheit oder der auswärtigen Politik aufgrund von besonderen in einer Executive Order (E.O.) aufgestellten Kriterien als geheimhaltungsbedürftig klassifiziert worden sind. Die angesprochenen Exekutiv-Verfügungen werden vom Präsidenten erlassen 117. Für die 1. Ausnahme bedeutet dies, daß der Präsident über das Instrumentarium des Executive Orders die Sekretierungspraxis der Administration in außen- und sicherheitspolitischen Angelegenheiten stark beeinflussen kann. Von dieser Möglichkeit haben die meisten Präsidenten in der jüngeren Geschichte zum Nutzen und Schaden der historischen Forschung Gebrauch gemacht. Hervorzuheben ist die überraschend liberale Executive Order 11652, die von Präsident Nixon im Jahre 1972 herausgegeben wurde und offenbar Transparenzforderungen infolge der sich ankündigenden Schockwellen von Watergate vorwegzunehmen suchte. Die Pointe der Regelung bestand darin, daß Dokumente in der Regel nach Ablauf bestimmter Fristen in der Geheimhaltungsbedürftigkeit herabzustufen waren oder spätestens nach Ablauf von 30 Jahren vollständig deklassifiziert werden mußten 118. Eine noch stärkere Liberalisierung der Sekretierungspraxis erbrachte im Jahre 1978 eine Executive Order der Carter-Administration. Die E.O. 12065 sah vor, daß Dokumente aller Geheimhaltungsstufen (top secret, secret oder confidential) nach 6 Jahren zu deklassifizieren waren. Nur in besonderen Fällen durften Dokumente bis zu 20 Jahre geheimgehalten werden, und im Zweifel sollten Dokumente nicht klassifiziert oder der niedrigeren Geheimhaltungsstufe zugeordnet werden. 115 Vgl. etwa Note, Administrative Law Privacy, Public Interest and Judicial Equitable Discretion within the Freedom ofInformation Act, 6 Toledo Law Review 215 (1974) sowie Marson, (Fn. 113), 159 ff. 116 Vgl. dazu Mitchel, Steve, Classified Information and Historical Research, 10 Government Publications Review 427 (1983). 117 Zum Rechtscharakter und zur verfassungsrechtlichen Verortung von ,,Executive Orders" Noyes, John, Executive Orders, Presidential Intent, and Private Rights of Action, 59 Texas Law Review 837 (1981). 118 Die ,,Executive Order" ist von der scientific community begrüßt worden; 0' Neill, James E., Federal Law and Access to Federal Records, in: Hamby I Weldon (Ed.), Access to the Papers of Recent Public Figures: The New Harmony Conference, Bloomington 1977,38,41; Franklin, William M., The Availibility of Department of State Records, Department of State Bulletin, January 29, 1973, 101 ff.; eole, Wayne S., Access to Government Documents: Current Developments, United States and British Diplomatie Records, in: Government Documents: Papers Presented to a Session of the American Historical Association, Kansas 1972; vgl. auch Barker, Carol, Invading the Government' s Privacy: Problems of Research on National Security Issues, in: Nejelski, Paul (Ed.), Social Research in Conflict with Law and Ethics, Cambridge / Mass. 1976, 51.
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
Zu einer scharfen Abkehr von diesen Liberalisierungsbemühungen kam es nach der Amtsübernahme durch Präsident Reagan. Die im Jahre 1982 herausgegebene und bis heute gültige E.O. 12356 119 fallt in vieler Hinsicht weit hinter die Verfügungen vorangehender Administrationen zurück. So sind etwa feste Deklassifizierungsfristen überhaupt nicht mehr vorgesehen. Stattdessen wird die Geheimhaltung pauschal so lange wie erforderlich ("as long as required"), für zulässig erklärt 120. Die Regel, wonach im Zweifel nicht klassifiziert oder die Klassifizierung aufzuheben war, wurde revidiert. D. h. nach "Executive Order" 12356 setzt sich im Zweifel das Geheimhaltungsinteresse durch. Schließlich sieht die E.O. die Reklassifizierung von Materialien vor, die auf der Grundlage von Vorschriften vorangegangener Administrationen deklassifiziert worden waren 121. Mögliche Folgen dieser Reklassifizierungspolitik für die historische Forschung lassen sich am Beispiel des Buches "Paved with Good Intentions: The American Experience and Iran" (1980) des Historikers Barry Rubin zeigen. Die Publikation beruhte im wesentlichen auf deklassifizierten Dokumenten, die inzwischen wieder geheim sind und deshalb Historikern zukünftig nicht mehr zur Verfügung stehen 122. Die Revision der liberalen Sekretierungspraxis durch die jüngste E.O. hat die Arbeit von Historikern offenbar erheblich erschwert und deshalb scharfe Kritik ausgelöst l23 • Auch der Kongreß meldete Zweifel an und wandte sich gegen eine Verschärfung der Geheimhaltungskriterien und -fristen. Das Committee on Government Operations des Repräsentantenhauses kam nach einer "Anhörung" zu dem Ergebnis, daß es keine schlüssige Basis für die von Präsident Reagan inaugurierte Geheimhaltungspolitik gebe 124. Dabei berief man sich auch auf das Justizministerium, das in der vorangegangenen Informationspraxis unter dem FOIA keine Gefahr für Geheimhaltungsinteressen erkennen konnte 125, sowie den Federal Register 47 (April 6, 1982); 3 C.F.R. 166 (1983). Part 1., Sec. 1.4 (a). 121 Part 1., Sec. 1.5. (c) u. (d); ferner ist es nunmehr auch möglich, Klassifzierungsoder Reklassifizierungsentscheidungen erstmalig im Kontext eines FOI-Antrages zu treffen (Part I, Sec. 1.6. (d». 122 Vgl. zu diesem Fall Paterson, (Fn. 55), 62 sowie ferner Demac, Donna, Keeping America Uninformed, Government Secrecy in the 1980's, New York 1984, 3. 123 Vgl. Paterson, (Fn. 55); Autin, Diana M.T.K., The Reagan Administration and the Freedom of Information Act, in: Curry (Ed.), (Fn. 55), 69 ff.; Horowitz / Miller, (Fn. 55), S. 96 (1982); Ramirez, Christina, The Balance ofInterest between National Security Controls and First Amendment Interests in Academic Freedom, 13 Journal of College and University Law 179, 210 ff. (1986). 124 U.S. Congress, House of Representatives, Committee on Government Operations, Security Classification Policy and Executive Order 12356, 29th Report by the Committee on Government Operations, Washington 1982; vgl. auch U.S. Congress, House ofRepresentatives, Executive Order and Security Classification Hearings Before a Subcommittee of the Committee on Government Operations, 97th Congress, 2nd Sess., Washington 1982; English, Elaine P., FOl SOS, 17 Bill of Rights Journal, Dec. 1984,21 ff. 125 Committee on Government Operations, Security Classification Policy and Executive Order 12356, ebenda, 37. 119 120
III. Die Ausnahmen von der Offenbarungspflicht
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Rechnungshof (General Accounting Office), der unter fiskalischen Gesichtspunkten vor einer Tendenz zur overclassification gewarnt hatte 126. Historiker beklagen sich nicht nur über rigidere Geheimhaltungskriterien, soweit Fragen der Außenpolitik und der nationalen Sicherheit betroffen sind. Eine wichtige weitere Folge der Umkehr der Geheimhaltungspolitik betrifft die Praxis der Informationsgewährung. Zumindest im Bereich einer Behörde ist inzwischen die Informationsversorgung dergestalt ins Stocken geraten, daß die Verpflichtungen unter dem FOIA kaum noch erfüllt werden. Das Außenministerium ist durch die Verschärfung der Klassifizierungsvorschriften sowie die Verpflichtung zur Reklassifizierung mit der Bearbeitung von FOI-Anträgen erheblich in Rückstand geraten. Forscher beklagen sich darüber, daß Anträge an das State Department erst nach extrem langen Wartezeiten bearbeitet werden 127. Schließlich verdient noch ein dritter Aspekt der derzeit gültigen Executive Order 12356 im hier interessierenden Kontext Aufmerksamkeit. Zugangsmöglichkeiten von Forschern werden durch die E.O. nämlich nicht nur mittelbar über die 1. Ausnahme des FOIA berührt. Er stellt darüber hinaus einen eigenständigen Rechtsbehelf zur Überprüfung von Klassifizierungsentscheidungen bereit 128. Dieser Überprüfungsmechanismus steht gleichberechtigt neben dem FOIA und unterscheidet sich in seiner Kontrolltiefe nicht von einem FOI-Antrag 129 • Darüber hinaus sieht die E.O. sogar gewisse Zugangserleichterungen für Historiker im Rahmen eines Forschungsprojektes vor 130, indem Informationen, die eigentlich nur innerhalb der Verwaltung ausgetauscht werden dürfen, ausnahmsweise auch Forschern zugänglich gemacht werden können. Die Bedeutung dieser mit zahlreichen Kautelen versehenen Ermessensvorschrift ist schwer zu überblicken. Anlaß zur Sorge gibt eine Vorschrift, wonach trustworthiness (Vertrauenswürdigkeit) 131 Voraussetzung für den Zugang zu klassifizierten Informationen ist.
126 Ebenda, 43 m. w. N.; vgl. auch Goldman, Patti, Combatting the Opposition: English and United States Restrictions on the Public Right of Access to Governmental Information, 8 Hastings International and Comparative Law Review 249 (1985), 278. 127 Paterson, (Fn. 55), 66 f.; vgl. ferner Charlson, Michael L., The Constitutionality of Expanding Prepublication Review of Govemment Employees Speech, 72 California Law Review 962, 987 (1984), m. w. N., wonach die "initial answer" auf einen FOIAntrag 8 bis 9 Monate beansprucht; zur rechtlichen Beurteilung solcher Fristüberschreitungen oben Fn. 50. In einem Gespräch mit der Präsidentin der ,,American Historical Association", Page Putnam Miller, hat der Autor den Eindruck gewonnen, daß insbesondere wegen des Zeitfaktors viele an der Außenpolitik interessierte Historiker die Zugangsmöglichkeiten nach dem FOlA zur Zeit eher resignativ beurteilen; vgl. Miller, Page Putnam, Status Report on the Freedom of Information Act, 21 Political Science & Politics 87 ff. (1988). 128 Part 3., Sec. 3.4. 129 Auch im Rahmen eines FOI-Antrages muß die Erforderlichkeit einer Klassifizierung "materiell" überprüft werden. 130 Part 4, Sec. 4.3. (a). 131 Part 4, Sec. 4.1. (a).
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
Es entspricht nämlich zunehmend der Praxis der Behörden, die Zugangsgewährung von dem Abschluß einer Geheimhaltungsvereinbarung abhängig zu· machen 132. Derartige Vereinbarungen sind in einer Art Ausführungsbestimmung zur E.O. 12356, der NSDD 84 133 , für alle Regierungsangestellte, sowie Vertragspartner der Administration zur Pflicht gemacht worden. Die gravierendste Folge dieser Vereinbarungen besteht darin, daß auf Lebenszeit alle Angestellten, die mit sensitiven Regierungsinfonnationen in Berührung geraten, gehalten sind, Publikationen vor ihrer Veröffentlichung dem aktuellen oder ehemaligen "Arbeitgeber" zur Durchsicht auf die Verwertung geheimnisgeschützter Tatsachen vorzulegen \34. Da von einem solchenpre-publication review zunehmend auch Historiker betroffen sind, werden nicht nur Eingriffe in die Forschungsfreiheit befürchtet, sondern auch eine zunehmende Tendenz zur Selbstzensur l35 • Die "scientific community" steht derartigen Geheimhaltungsvereinbarungen deshalb mit großer Skepsis gegenüber\36.
IV. Datenschutz v. Freedom of Information: Die Kollisionsregel der 6. Ausnahme des FOIA Die Gewährung eines staatsbürgerlichen Zugangsrechts zu Verwaltungsinformationen durch den FOIA bedeutet natürlich nicht, daß unter Geltung des Öffent132 Demac, Donna, Liberty Denied, New York 1988, 152 ff.; Shattuck, John, Federal Restrictions on the Free Aow of Academic Informations and Ideas, in: Curry (Ed.), Freedom at Risk, Philadelphia 1988, 45, 48; vgl. ferner die Beispiele in Betraying our Trust, A Status Report on First Amendment Rights, Washington D.C. 1988,62 ff. 133 National Security Decision Directive 84, abgedr. in National Security Decision Directive 84, Hearing before the Committee on Govemmental Affairs, United States Senate, 98th Congress, 1st Sess., Sept. 13, 1983, Washington 1984, S. 85 f.; auch der Gesetzgeber hat durch "export laws" den Austausch wissenschaftlicher Ideen gehemmt; vgl. Cheh, Mary M., Government Control of Private Ideas - Striking a Balance between Scientific Freedom and National Security, 23 Jurismetrics Journal 1 (1982); Greenstein, Ruth, Federal Contractors and Grantees: What Are Your First Amendment Rights?, 24 Jurismetrics Journal 197 (1984); Wilson, David A., Federal Control of Information in Academic Science, 27 Jurismetrics Journal 283 (1987); Note, The First Amendment and the Export Laws: Free Speech on Scientific and Technical Matters, 2 George Washington Law Review 368 (1990). 134 NSDD 84, 1. a. und b.; vielfach werden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung geäußert; vgl. z. B. Comment, Freedom of Speech, National Security and Democracy: The Constitutionality of National Security Decision Directive 84, 12 Western State University Law Review 173 (1985). 135 Demac, Liberties Denied, (Fn. 132), 153. 136 Vgl. National Academy of Sciences, Scientific Communication and National Security, Washington D.C. 1982, S. 65; vgl. ferner den Report by the American Association of University Professors anläßlich einer Anhörung des Congress, United States, Committee on Governmental Affairs, National Security Decision Directive 84, Hearing Before the Committee on Governmental Affairs, 98th Congress, 1st Sess., September 13, 1983, Washington 1984, 186.
IV. Privacy v. Freedom of Information: Die 6. Ausnahme des FOIA
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lichkeitsprinzips der Konflikt zwischen Datenschutz und Zugangsinteressen grundsätzlich an Brisanz verliert. Der Kollisionsfall von Datenschutz und Datenzugangsinteresse ist vom Gesetzgeber gesehen und in mehreren Ausnahmevorschriften thematisiert worden 137. Eine Limitierung der Zugänglichkeit personenbezogener Informationen stand dabei keineswegs im Belieben des Gesetzgebers, sondern war ihm vielmehr aufgegeben 138. Das verfassungsrechtliche Recht auf privacy schützt nämlich nach der Rechtsprechung des Supreme Court in gewissem Umfang auch den Bürger vor Informationsoffenbarungen 139. Die Datenschutzausnahmen des FOIA realisieren dabei den Interessenausgleich zwischen dem peopie' s right to know und dem Recht auf privacy in einer Weise, die nach allgemeiner Meinung den Ansprüchen der Verfassung genügtl4O. Die Vorgaben für den Interessenausgleich, welche die wichtigste dieser Vorschriften, nämlich die 6. Ausnahmeregel enthält, sind allerdings eher mager. Der Gesetzgeber hat ein Konzept gewählt, das wenig mehr als eine generalklauselartige Abwägungsregel aufstellt und im übrigen eine nähere Konkretisierung der Rechtsprechung überläßt 141. Dieser Ansatz hat, kaum überraschend, zu Unsicherheiten geführt, die häufig bei der Handhabung wenig präziser Generalklausein zu beobachten sind, nämlich geringe Vorhersehbarkeit und lokale Zersplitterung der Rechtsprechung. Es verwundert also nicht, daß eine berechenbare Ausgestaltung des Abwägungsvorgangs bisher kaum auszumachen war. Ein Überblick über die umfängliche und wechselvolle Kasuistik zu der Datenschutzausnahme des FOIA zeigt, daß die Koordinierung von Zugangs- lind Geheimhaltungsinteressen erhebliche Probleme bereitet. Trotz dieser zu konstatierenden Schwierigkeiten haben sich jedoch inzwischen im case law gewisse Grundlinien herauskristallisiert, die das Feld in mancher Hinsicht berechenbar strukturieren.
Dazu bereits oben Fn. 113-115. Die Verbindung der Datenschutzausnahmen des FOIA zur verfassungsrechtlichen "privacy"-Doktrin wird in der jüngsten Leitentscheidung des Supreme Court zum Datenschutz im Rahmen des FOIA herausgestellt; vgl. United States Department of lustice v. Reporters Committee for the Freedom of the Press, 109 S.Ct. 1468, 1476 (1989). 139 Vgl. unten 3. Kapitel, sub 11. 2. b.; vgl. auch Si/ver, Laurence, A., Reverse Freedom of Information Act: The Case of Professor Doe, 31 Cleveland State Law Review 455, 479 (1982), der das Recht auf "informational privacy" allerdings zu stark auf das 1st und 4th Amendment bezieht. 140 Vgl. dazu die Hinweise im 3. Kapitel, Text bei Fn. 133 -135. 141 Diese Intention ergibt sich recht deutlich aus der Gesetzgebungsgeschichte; vgl. Senate-Report No. 813, 89th Congress, 1st Sess, 1965, S. 9; House-Report No. 1497, 89th Congress, 2nd Session (1966), S. 11. 137 138
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
1. Department 0/ Air Force v. Rose Seit der Entscheidung Department 0/ Air Force v. Rose 142 ist geklärt, daß sich das Erfordernis eines eindeutig unzulässigen Eingriffs in die Privatsphäre ("clearly unwarrented invasion of privacy") nicht nur auf Personalakten und medizinischen Akten vergleichbare Akten ("similar files") bezieht, sondern auch auf Personalakten und medizinische Akten selbst. Die Folge von Rose ist, daß auch diese nach allgemeiner Meinung besonders schutzbedürftigen Unterlagen nicht automatisch, sondern erst nach Abwägung der involvierten Datenschutz- und Datenzugangsinteressen die Schutzwirkung der 6. Ausnahme des FOIA auslösen. In Rose waren Akten betroffen, die im Zuge von Disziplinarverfahren zur Ahndung dienstrechtlicher Vergehen von Kadetten angelegt worden waren. Klägerin in dem Verfahren war der Redaktionsstab einer juristischen Fachzeitschrift, der sich in einem umfassenden Projekt mit juristischen Fragen der militärischen Disziplin befassen wollte. An einer personenbezogenen Offenbarung der Informationen hatte die Klägerin von vornherein kein Interesse. Das Gericht ordnete die Freigabe der Akten mit der Maßgabe an, daß alle unmittelbar identifizierenden Merkmale zu löschen seien. Ob diese Einschränkung den Datenschutzinteressen der Betroffenen hinreichend Rechnung trug, wurde allerdings bezweifelt, da wegen des besonderen öffentlichen Interesses an den disziplinarischen Vorgängen eine Reidentifizierung zumindest im Kreise ehemaliger Kadetten allgemein als möglich angesehen wurde 143.
In seiner letzten großen Leitentscheidung zum Datenschutz im Rahmen des FOIA hat sich der Supreme Court erneut mit Rose auseinandergesetzt. Das Gericht stellte dabei heraus, daß eine positive Bescheidung des Zugangsbegehrens nur deshalb möglich war, weil allein eine redigierte, anonymisierte Offenbarung der Akten zur Debatte stand. Die Bewertung der privacy-Interessen bei der Abwägung dieser Interessen mit dem öffentlichen Interesse an der Offenbarung der begehrten Informationen wäre danach anders ausgefallen, hätten sich die Zugangsuchenden für die Identität der Kadetten interessiert. Gegen eine Durch142 455 V.S. 352 (1976); Note, Freedom of Information and the Individual's Right to Privacy: Department 0/ Air Force v. Rose, 14 Califomia Western Law Review 183 (1978); zum folgenden auch Case Comment, Administrative Law - Freedom ofInformation Act - Privacy Exemption - How Similar Is a "Similar File"? - Pacific Molasses Co. v. NLRB Regional Office No. 15, 577 F.2d 1172 (5th cir. 1978), 2 Western New England Law Review 815 (1980). 143 In anderen Entscheidungen wird betont, daß auch bei Entfernung aller unmittelbaren Identifikatoren berücksichtigt werden muß, ob eine Zuordnung der Information mit Hilfe von allgemein zugänglichen Informationen möglich ist; vgl. Arieffv. United States Department 0/ Navy, 712 F.2d 1462 (D.C.Cir. 1983); Heights Community Congress v. Veterans Administration, 732 F.2d 526 (6th Cir. 1984); vgl. auch im Zusammenhang mit dem verfassungsrechtlichen Recht auf "privacy" (dazu unten 3. Kapitel, sub ll.) Thornburg v. American College o/Obstreticians & Gynecologists, 476 V.S. 751, 764768, 106 S.o. 2169,2180-82 (1986)
IV. Privacy v. Freedom of Information: Die 6. Ausnahme des FOIA
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leuchtung der militärischen Disziplinargerichtsbarkeit ohne Kompromittierung der Datenschutzinteressen der Kadetten habe das Gericht hingegen nichts einzuwenden gehabt, da diese Art von Neugier durch die Zielsetzung des FOIA gedeckt gewesen sejI44. Diese neuerliche Befassung mit Rose läßt die Vermutung zu, daß bei der Interpretation der 6. Ausnahme des FOIA sowie der Vorschrift, die die Zugänglichmachung abtrennbarer Teile (segregable portions) vorschreibt, Anonymisierungstechniken eine wichtige Rolle spielen können. Während der Zugriff auf Personalakten über den FOIA nicht selten erfolgreich war, scheinen medizinische Akten bisher immer in den Genuß des Schutzes der 6. Ausnahme gelangt zu sein 145. Dieser Schutz wird zwar vielfach nicht als verläßlich angesehen 146. Beispiele für die Durchbrechung der Anonymität personenbezogener medizinischer Daten infolge eines FOI-Antrages sind aber nicht bekannt 147. Der Grund hierfür dürfte im Zweck des FOIA zu suchen sein. Zwar sind Personalakten von Behördenangehörigen, Soldaten etc. durchaus als besonders sensibel anerkannt. Zugleich wird aber schon seit jeher ein legitimes und hoch eingeschätztes Interesse der Öffentlichkeit an der Kontrolle der Amtsführung von public officials allgemein angenommen, das mit entsprechenden Intentionen des FOIA korreliert 148. Nach der bis vor kurzem noch herrschenden privilege theory, die die Übernahme eines Amtes als ein Privileg auffaßt, verloren öffentliche Bedienstete weitgehend ihr right ojprivacy. Noch heute wird vielfach argumentiert, daß das datenschutzrechtliche Integritätsinteresse öffentlicher Bediensteter niedriger zu bewerten ist als dasselbe Interesse anderer Bürger, da diese sich freiwillig in die Sphäre der Öffentlichkeit begeben hätten. Außerdem bestehe eine legitime Neugier an ihrem Tun, da die Öffentlichkeit ein Recht habe, public officials für ihr Handeln verantwortlich machen zu können 149. Eine Preisgabe von Informationen aus Personalakten, die, wie in dem Rose-Fall, einen Reporters Committeefor the Freedom ofthe Press, 109 S.Ct. 1468, 1478 f. (1989). Zum Schutz medizinischer Akten vgl. Comment, Public Health Protection and the Privacy of Medical Records, 16 Harvard Civil Rights - Civil Liberties Law Review 265 ff. (1981). 146 Vgl. insbesondere 0' Reilly, James T. 147 Die neue Rechtsprechung des Supreme Court zum "categorical balancing" spricht gegen die Wahrscheinlichkeit einer solchen Durchbrechung in absehbarer Zukunft; dazu noch unten sub IV. 3. b. cc. 148 Vgl. dazu Lenihan, Jerry in: Anderson / Janes (Ed.), Privacy and Public Disclosure under the Freedom of Information Act, 1976, S. 31 ff. 149 Vgl. Lenihan, ebenda, S. 44; ferner die berühmte Entscheidung New York Times Co. v. Sullivan, 376 D.S. 254 (1964), wo im Kontext eines Beleidigungsprozesses festgestellt wurde, daß Beamte nur unter erheblichen Erschwerungen Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung ihres ,,right of privacy" geltend machen können; vgl. auch Waldman, Ellen, Privacy versus Open Government: Section 7(C) Exemption of the Freedom of Information Act, 1986 Annual Survey of American Law 609, 610 ff.; Mordello, Anthony, Rights in Conflict - Reconciling Privacy with the Public's Right to Know, Vortrag auf dem 63rd Annual Meeting ofthe American Association of Law Libraries, 63 Law Library Journal 557 (1970), 559. 144
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
Bezug zur Amtsführung haben, ist mit Rücksicht auf diese Überlegungen durchaus nicht ungewöhnlich.
2. Department 0/ State v. Washington Post Eine weitere wichtige Klärung hat die Entscheidung Department 0/ State v. Washington Post 150 hinsichtlich des Merkmals similar file gebracht. Dieses Merkmal wurde von einem Instanzgericht restriktiv interpretiert, so daß nur noch solche Akten unter die Datenschutzausnahme fielen, die typischerweise vergleichbar sensible Informationen wie medizinische Akten und Personalakten enthielten I51 • Der Supreme Court wies diese Interpretation zurück und stellte klar, daß dem Merkmal similar file eine weite Bedeutung zukommt und daß das Schwergewicht der Prüfung auf die Abwägung der widerstreitenden Interessen und nicht die Art der Akten zu legen sei 152. Zunächst wird also jede personenbezogene Information geschützt, und ihre Sensitivität wird erst im Rahmen der Abwägung relevant. Unter similar files sind danach alle in Akten enthaltene Informationen zu verstehen, die sich auf eine Person beziehen lassen ("Information which applies to a particular individual") 153.
3. Die Abwägung im Rahmen der 6. Ausnahme Nach dieser grundlegenden Weichenstellung ist klar, daß die meisten Zugangsbegehren sich bei der Frage der Zusammenstellung und Gewichtung des Abwägungsmaterials entscheiden 154. Gerichte berücksichtigen dabei eine Fülle unterschiedlicher Gesichtspunkte 155. In der Regel werden wenigstens zwei Faktoren 456 U.S. 595 (1982); "Ieading case" zur 6th Exemption. Vgl. die Vorentscheidung Washington Post v. Department 0/ State, 647 F2d. 197, 198 f. (D.C.Cir. 1981). 152 456 U.S. 595, 602. 153 Ebenda; die Entscheidung führte zu einer Zurückverweisung an den D.C. Cir., der erneut zu Lasten des Datenschutzinteresses entschied; vgl. Washington Post Co. v. Department 0/ State, 840 F.2d 26 (D.C. Cir. 1988). Es ist zu erwarten, daß der Fall erneut vom Supreme Court behandelt werden wird; vgl. 10 FOIA Update, No. 4, 1989, S.2. 154 Vgl. jedoch jüngst New York Times Co. v. NASA, 852 F.2d 602, 606 (D.C.Cir. 1988), wo neben das Kriterium des Bezuges zu einer identifizierbaren Person noch das Erfordernis gestellt wurde, daß es sich um persönliche ("personal in nature") Information handeln müsse. Mit der Begründung, die Konversation der bei der Explosion der Raumfähre getöteten challenger-crew habe keine persönlichen Informationen enthüllt, hat das Gericht die Freigabe der Tonbandaufzeichnungen des bisher nur als Abschrift zugänglichen Sprechfunkverkehrs angeordnet. 155 Gute Zusammenstellung bei Marson, Charles S. / Adler, Allen, Exemption 6 FOIA Exemption for Privacy, in: Adler (Ed.), Litigation Under the Federal Freedom of Information Act, 13. Aufl., 1988,97, 100 ff. ISO
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IV. Privacy v. Freedom of Information: Die 6. Ausnahme des FOIA
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einer ausführlichen Prüfung unterzogen, nämlich der Grad der Beeinträchtigung der Privatsphäre sowie das öffentliche Interesse an der Offenbarung der begehrten Infonnation 156. Schwierigkeiten hat die Frage bereitet, ob das besondere Zugangsinteresse des Zugangsuchenden sowie der Umstand berücksichtigt werden darf, daß die Infonnation anderweitig zugänglich ist (sog. "four factor"-Ansatz) 157. a) Intensität der Privatheitsverletzung
Der herrschende Abwägungsansatz stellt zunächst auf die Existenz und den Grad eines Eingriffs in die Privatsphäre des Betroffenen ab. Es ist deutlich, daß nicht schon jede Offenbarung personenbezogener Daten als "privacy"-Verletzung angesehen wird. Verlangt werden fühlbare Beeinträchtigungen, die mehr als eine bloße Möglichkeit sind 158. Entscheidende Bedeutung wird der Frage beigemessen, ob die Offenbarung der personenbezogenen Infonnation dem Integritätsinteresse des Betroffenen einen Schaden zuzufügen droht 159. Typische Privatheitsverletzungen liegen vor, wenn es um Infonnationen geht, die den Ehestand, die Legitimität von Kindern, Gesundheitszustand, Bezug von Sozialleistungen, Alkoholkonsum, familiäre Auseinandersetzungen o. ä. 160 betreffen. Der FOIA geht also grundsätzlich von einem privacy-Konzept aus, welches, vergleichbar mit der bis zum Volkszählungsurteil 161 in der Bundesrepublik uneingeschränkt gültigen Sphärentheorie 162, personenbezogenen Infonnationen 156 Vgl. jedoch den inzwischen wohl überholten Einfaktoransatz des D.C.Cir. in Reporters Committee for the Freedom of the Press /I v. U.S. Dep. of lustice, 831 F.2d 1124 (1987); im einzelnen dazu noch unten sub 4. c. bb. ddd., bei Fn. 211-233. 157 Sehr strittig hinsichtlich des Faktors: "anderweitige Zugänglichkeit"; einleuchtender erscheint es in der Tat, die anderweitige Zugänglichkeit eher als Verstärkung des Zugangsrechts anzusehen, da es um personenbezogene Informationen geht, die ohnehin bereits in die Öffentlichkeitssphäre gelangt sind; vgl. Department ofState v. Washington Post Co., 456 U.S. 595, 603, Fn. 5, 102 S.Ct. 1957, 1962, Fn. 5, 72 L.Ed. 358 (1982); Washington Post Co. v. HHS, 690 F.2d 252,259 (D.C.Cir. 1982); Tax Analysts v. U.S. Dep. of lustice, 845 F.2d 1060, 1065 f. (D.C.Cir. 1988). Ein ,,tour factor"-Ansatz wird insbesondere im Iurisdiktionsbereich des 9th Circuit vertreten; vgl. Minnis v. Department of Agriculture, 737 F.2d 784 (1984), cer!. den., 105 S.C. 2112 (1985); Van Bourg, Allen, Weinberg & Roger v. NLRB, 728 F.2d 1270 (1984), 1273; Church of Scientology v. U.S. Department of Army, 611 F.2d 738 (1979); vgl. ferner Rural Housing Alliance v. U.SDA., 498 F.2d 73, 77 (D.C.Cir. 1974); ob der "four-factor"-Ansatz nach der Grundsatzentscheidung des Supreme Courts noch Bestand hat, ist fraglich; dazu noch unten bei Fn. 211-233. 158 Department of Air Force v. Rose, 425 U.S. 352, 380 (1976). 159 United States Department ofState v. Washington Post, 456 U.S. 595, 600 (1982). 160 Vgl. Rural Housing Alliance v. USDA, 498 F.2nd 73, 77 (D.C.Cir.1974). 161 BVerfGE 65, 1. 162 Dazu BVerfGE 18, 146 (147) Tagebuchbeschluß; BVerfGE 27, 1 (6f) Mikrozensus; 27,344 (350 ff.); 34, 205 (208 ff.) - Ehescheidungsakten; 32, 373 (378 ff.) - Krankenblattbeschluß; 34, 269 (280) - Soraya; 34, 238 (249) - Tonbandbeschluß; 35,174 (184 f.) - Bundeszentralregister; 35,202 (220) - Lebach-Urteil; 44, 353 (372) - Suchtberatungsstelle; 54, 138 (153) - Eppler-Beschluß; 54, 236 (247) - Böll-
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
je nach Sensitivität der Daten unterschiedliche Schutzbedürftigkeit beimißt. Es werden allerdings nicht nur Infonnationsgefahren erfaßt, die das Ansehen der Personen in der Öffentlichkeit betreffen. Offenbar erkennt auch der Supreme Court, daß unter bestimmten Voraussetzungen ein möglicherweise verfügbares Zusatzwissen einbezogen werden muß. In dem leading case Department 0/ State v. Washington Post richtete sich der Einsichtsantrag auf die scheinbar "belanglose" 163 Infonnation, ob bestimmte Personen im Besitz der amerikanischen Staatsangehörigkeit sind. Das Gericht berücksichtigte hier die möglichen Gefährdungen, die Bediensteten der iranischen Revolutionsregierung drohten, sollte es bekannt werden, daß sie amerikanische Staatsanghörige sind 164. In der Kasuistik spielen bei der Beurteilung des Vorliegens und der Intensität einer Privatheitsverletzung noch eine Reihe weiterer heterogener Gesichtspunkte eine Rolle. Infonnationen, die bereits in die Öffentlichkeits sphäre gelangt sind, genießen regelmäßig geringen oder keinen Schutz 165. Ferner kann es eine Rolle spielen, daß sich die Infonnationen auf eine Person beziehen, die Gegenstand des öffentlichen Interesses ("public figure") ist 166. Fraglich ist, ob ein behördliches Versprechen, bestimmte Infonnationen geheimzuhalten, berücksichtigt werden darf. Offenbar herrschend ist die Ansicht, daß ein solches Versprechen für die Bewertung des Grades der Privatheitsverletzung herangezogen werden kann, diesem jedoch kein entscheidender Einfluß beigemessen werden darf, weil es anderenfalls in der Macht der Behörde stünde, beliebig Materialien dem Zugriff des FOIA zu entziehen 167. Auch common law-Konzeptionen vonprivacy können eine eingeschränkte Rolle spielen 168. Beschluß; 56, 37 (52) - Gemeinschuldner-Beschluß; vgl. ferner Benda, Ernst, Privatsphäre und Persönlichkeitsprofil, in: Leibholz / Faller u. a. (Hrsg.), Festschrift für Willi Geiger zum 65. Geburtstag, Tübingen 1974,23 ff. 163 Dieses Wort wird vom Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil, BVerfGE 65, 1,45, verwandt. 164 456 V.S. 595 ff. (1982); kritisch zu diesem Aspekt der Entscheidung ,,Privacy and the FOIA: The Expectation of Privacy", 14 Access Reports, No. 13, June 29, 1988, S. 3 ff. 165 Vgl. etwa Kiraly v. FBI, 728 F.2d 273,279 (6th Cir. 1984) hinsichtlich Informationen, die in allgemein zugänglichen Justizakten gespeichert sind; Department 01 State v. Washington Post, 456 V.S. 595, 602 Fn. 5 (1982); vgl. ferner Radovich v. United States Att'y, 501 F.Supp. 284, 288 (D.Mo. 1980), auf anderer Grundlage aufgehoben durch 658 F.2d 957 (4th Cir. 1981); vgl. auch jüngst Reporters Committee lor the Freedom 01 the Press (I) v. U.S. Dep. ollustice, 816 F.2d 701 (D.C.Cir. 1987), sowie die Anschlußentscheidung Reporters Committee lor the Freedom 01 the Press (11) v. U.S. Dep. ollustice, 831 F.2d 1124 (1987), und die dazugehörige Revisionsentscheidung des Supreme Courts, (Fn. 144). 166 Fund lor Constitutional Government v. National Archives and Records Service, 656 F.2d 856, 865 (D.C.Cir. 1981, "the degree of intrusion is indeed augmented by the fact that the individual is a weil known figure"). 167 Vgl. Washington Post Co. v. Department 01 HHS, 690 F.2d 252, 263 (D.C.Cir. 1982). 168 Marzen v. Department 01 HHS, 825 F.2d 1148 (7th Cir. 1987); vgl. dazu auch 3. Kapitel, sub I.
IV. Privacy v. Freedom 0/ Information: Die 6. Ausnahme des FOIA
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b) Das öffentliche Interesse an der Offenbarung
aa) Beziehung zu den demokratischen Intentionen des FOIA Ergibt die Prüfung, daß eine Verletzung der Privatsphäre mit der Offenbarung der Information verbunden wäre, muß als nächstes eine Einschätzung des öffentlichen Interesses an der Offenlegung der begehrten Information erfolgen. Das öffentliche Interesse ist dabei von den demokratischen Intentionen des FOIA her zu bestimmen. Der FOIA soll es der Wählerschaft ermöglichen, sich über die Angemessenheit administrativen Handeins eigenständig zu orientieren 169. Auf dem Hintergrund dieses Zwecks kommt allen Zugangsersuchen ein besonderes Gewicht zu, bei denen die Erwartung begründet erscheint, daß die Offenbarung der Informationen die Öffentlichkeit über das Funktionieren der Verwaltung, insbesondere administratives Fehlverhalten aufklärt 170. Ein solches Verständnis des öffentlichen Interesses kann sich für Forscher durchaus positiv auswirken. Ist das Interesse einer Forschungsrichtung überwiegend auf Informationen gerichtet, deren Offenbarung eine Kontrollfunktion im Sinne der Überprüfung staatlichen Handeins beigemessen werden kann, liegen solche Datenwünsche im Zentrum des Gesetzeszwecks des FOIA. Soziologen und Politologen beispielsweise, die sich mit dem Funktionieren staatlicher Institutionen befassen (z. B. die Implementationsforschung) 171, oder Historiker, die sich mit einer Analyse des Verhaltens von Administrationen oder einzelner Amtsträger befassen, werden häufig zu ihren Gunsten ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Offenbarung der begehrten Informationen darlegen können 172. In der Bundesrepublik kommt es häufig dann, wenn es um ein "Beforschen" der Verwaltung selbst geht, zu Schwierigkeiten. Vielfach ist beklagt worden, daß insbesondere Forschungsvorhaben, die sich mit dem Fehlverhalten von Amtsträgem im Nationalsozialismus befassen, erhebliche Behinderungen erfahren haben 173. Hier 169 So bereits die Gesetzgebungsmaterialien: "the theory of an informed electorate is vital to the proper operation of a democracy", Senate-Report, (Fn. 88), S. 3; vgl. etwa auch Internat. Board 0/ Elec. Workers v. V.S. Dep. 0/ HVD, 763 F.2d 435 (D.C.Cir. 1985), 436: "the purpose of the FOIA is to permit the public to decide for itself whether govemment action is proper". 170 V.S. Department o/lustice v. Reporters Committee/or the Freedom o/the Press, 109 S.Ct. 1468, 1481 f. (1989). Paradigmatisch etwa auch die Formulierung, der Zweck des FOIA sei es, Korruption einzudämmen und die Regierenden gegenüber den Regierten verantwortlich zu machen ("check against corruption and to hold the govemors accountable to the govemed"), NLRB v. Robbins Tire & Rubbers Co., 437 U.S. 214, 242 (1978); Multnomah County Medical Society v. Scott, 825 F.2d 1410, 1413 (9th Cir. 1987). 171 Small / Tomkins / Cecil, (Fn. 55), 19 ff. 172 Schwieriger stellt sich die Lage für andere Wissenschaftszweige, etwa die Epidemiologie, dar, deren Datenwünsche kaum einen Bezug zu den demokratischen Intentionen des FOIA herzustellen vermögen. Es ist deshalb kein Zufall, daß der Datenzugang für die Epidemiologie weitgehend über die ,,routine use" -Vorschrift des Prlvacy Act gesteuert wird; vgl. dazu unten 3. Kapitel, III. 3., Text bei Fn. 234-239.
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
zeigt sich, daß ein auf das Demokratieprinzip gegründetes Akteneinsichtsrecht einer Monopolisierung von Informationen, die die Verwaltung selbst betreffen, ein wertvolles Gegengewicht entgegenzusetzen vermag. Der FOIA erleichtert den Datenzugang gerade in solchen Bereichen, in denen die Administration im Gravitationsfeld des Geheimhaltungsprinzips auf Zugangsverweigerung gepolt ist. Der Zwang zur Öffnung administrativer Informationsbestände in diesem Bereich konterkariert darüber hinaus auch die Tendenz, notwendige Forschungsaufgaben als Behördenforschung in administrative Eigenregie zu nehmen 174. bb) Informationsorientierte oder nutzerorientierte Bestimmung des öffentlichen Interesses? Unklar ist, ob bei der Bestimmung des öffentlichen Interesses auch das besondere Nutzungsinteresse des Zugangsuchenden eine Rolle spielen darf. Obwohl die Frage durch eine kürzlich ergangene Entscheidung des Supreme Court weitgehend geklärt ist 175 , lohnt es sich, die mehr als zwei Jahrzehnte beherrschende Diskussion dieses Problems zu beleuchten. Nirgends zeigt sich die Spannung zwischen dem demokratisch motivierten any person-Ansatz des FOI-Prinzips, sowie dem am Verwendungskontext orientierten Ansatz des Datenschutzes deutli cher. Forscher hofften von einer am Verwendungszweck orientierten Interpretation zu profitieren, da dem spezifischen Nutzerinteresse von Forschern üblicherweise größere Dignität beigemessen wird als beispielsweise kommerziellen Nutzungsinteressen 176. 173 Vgl. z. B. 10. Tb. d. Hess. DSB, 1981, S. 34 f.; 12. Tb. d. Hess. DSB, 1983, S. 32 ff.; ferner Morsey, Rudolf, Einschränkung historischer Forschung durch Datenschutz, in: Bästlein I Gallwas I Geiger u. a., Datenschutz und Forschungsfreiheit, Die Archivgesetzgebung des Bundes auf dem Prüfstand, München 1986, 61 ff.; Posset, Anton, Probleme zeitgeschichtlicher Lokalforschung am Beispiel Landsbergs, in: Bästlein u. a., ebenda, 103 ff. 174 So ein geläufiges Argument, wonach eine restriktive Informationsgewährungspraxis für die Forschung notwendige Forschungstätigkeit auf die Behörde selbst verlagert; vgl. etwa Berg, Wilfried, Datenschutz und Forschungsfreiheit, JöR 33 (1984), 63, 100; Albrecht, Hans-Jörg, Datenschutz und Forschungsfreiheit, CuR 1986, 92, 96; Müller, Paul J., Die Implementation des Datenschutzes im Bereich der wissenschaftlichen Forschung, 18. Beiheft der Zeitschrift f. Päd., 1983, 407 (408 f.); Ingenkamp, Karlheinz, Datenzugang bei Erhebungen im erziehungswissenschaftlichen Bereich, in: Kaase I Krupp I Pflanz u. a. (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz, Konsequenzen für die Forschung, Königstein / Ts. 1980, S. 52, 59 ff. 175 Dazu noch unten sub. cc.; in der Praxis wird der FOIA keineswegs immer "unparteiisch" angewandt, sondern die Wahrnehmung des Zugangsuchenden durch die Verwaltung spielt tatsächlich eine beachtliche Rolle; vgl. dazu die instruktive empirische Untersuchung von Divorski, Stanley / Gordon, Andrew / Heinz, John, Public Access to Government Information: A Field Experiment (1973), in: Gordon I Heinz (Ed.), Public Access to Information, New Brunswick / N.J. 1979, 240 ff. 176 Vgl. etwa Scherer, Joachim, Datenzugang des Forschers unter dem amerikanischen Freedom of Information Act, in: Kaase I Krupp I Pflanz u. a. (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz, Konsequenzen für die Forschung, Königstein / Ts. 1980, 37, 38 ff.
IV. Privaey v. Freedom of Information: Die 6. Ausnahme des FOIA
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Die Rechtsprechung zu der Frage, ob das besondere Zugangsinteresse des Zugangsuchenden berücksichtigt werden darf, war von Anfang an gespalten 177. Einer Reihe von Entscheidungen lag die Vorstellung zugrunde, die Offenbarung müsse im Interesse der Öffentlichkeit und nicht nur im persönlichen Interesse des Zugangsuchenden liegen 178. Zugangsbegehren, denen primär private, insbesondere kommerzielle Interessen zugrunde lagen, hatten deshalb häufig schlechtere Chancen 179. Die Zulässigkeit des Schlusses von dem Motiv des Antragstellers auf das Fehlen eines öffentlichen Interesses war allerdings immer umstritten 180. Ähnliche Schwierigkeiten bereiteten alle Fälle, in denen die Realisierung eines öffentlichen Interesses erst als mittelbare Folge der Offenbarung von Informationen eintritt. Die typische Situation, mit der die Rechtsprechung immer wieder konfrontiert war, betrifft die Preisgabe von Listen mit Namen und Anschrift von Individuen 181. In der bloßen Übermittlung von Namen und Anschriften kann bei isolierter Betrachtung wohl kaum die Förderung eines öffentlichen Interesses gesehen werden 182. In vielen Fällen hat die Rechtsprechung deshalb auf den Nutzungszweck abgestellt und dahinterstehende Ziele berücksichtigt. So wurde etwa berücksichtigt, daß die Übermittlung der Namen benötigt wurde, um die Erstattungspraxis einer Behörde in einer Finanzangelegenheit zu überprüfen 183 oder um ein epidemiologisches Forschungsvorhaben durchführen zu können, das u. a. auch Aufschluß über die angemessene administrative Behandlung von möglichen Gesundheitsbeeinträchtigungen im Zusammenhang mit Atomtests in der Wüste Nevadas bringen sollte 184. In einem jüngeren Fall wurde die Preisgabe
Dazu noch unten sub ce. Vgl. etwa Brown v. FBI, 658 F.2nd 71, 75 (2nd Cir. 1981); Nachweis weiterer unveröffentlichter Entscheidungen in: lustice Department Guide to the Freedom of Information Act, abgedruckt in: U.S. Department of Iustice, Office of Legal Policy, Office of Information and Privacy, (Fn. 20), 343, 419. 179 Vgl. Multnomah County, (Fn. 85), 1413; Wine Hobby USA, Ine. v. IRS, 502 F.2d 133, 137 (3d Cir. 1974); Campbell v. CSC, 539 F.2d 58 (1Oth Cir. 1976); dazu Case Note, Freedom of Information Act - Personal Information Exempted from Disc10sure - Wine Hobby USA, Ine. v. IRS, 16 Boston College Industrial and Commercial Law Review 240 (1975). 180 Vgl. etwa Aronson v. HUD, 822 F.2d 182, 185/186 (1st Cir. 1987). 181 Es gab einen Versuch, die Freigabe von Adressen über einen FOI-Antrag durch eine Verschärfung der 6. Ausnahme des FOIA zu durchkreuzen, der sich jedoch nicht durchsetzen konnte; vgl. United States Senate, The Freedom of Information Reform Act, Senate Report 97-690, Washington, D.C. 1987, 17; die neue Rechtsprechung des Supreme Court dürfte derartige Versuche in Zukunft erübrigen; dazu unten sub 3. b. ce., Text bei Fn. 234-235. 182 Vgl. dazu Comment, The Freedom of Information Act's Privacy Exemption and the Privacy Act of 1974, 11 Harvard Civil Rights - Civil Liberties Law Review 596, 621 (1976). 183 Aronson, (Fn. 180). 184 National Association of Atomies Veterans, Ine. v. Direetor of Defense Nuclear Ageney, 583 F.Supp. 1483, 1487 (D.D.C. 1984). 177
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
von Namen und Adressen illegaler Einwanderer an eine public interest group angeordnet, die die Einwanderer über ihre Einbürgerungsrechte informieren woll-
te 185.
Von der Einbeziehung des Nutzerinteresses haben durchaus auch Forscherinteressen profitiert. Dies läßt sich an der frühen und einflußreichen Entscheidung Ge tman v. NLRB 186 zeigen, in der das Gericht fast ausschließlich auf das besondere Zugangsinteresse sowie die Person der Zugangsuchenden abgestellt hat. Zur Durchführung von Interviews für ein Forschungsvorhaben, das sich mit dem Wahlverhalten von Arbeitnehmern in bestimmten Gewerkschaftsangelegenheiten befaßte, benötigten zwei Rechtsprofessoren Namen und Anschriften von Arbeitnehmern. Das Gericht stellte fest, daß ein großes öffentliches Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens bestünde. Bei den Forschern handele es sich um durch Publikationen ausgewiesene Experten ihres Faches. Das Vorhaben genieße die Zustimmung aller führenden Arbeitsrechtier des Landes und werde durch die angesehene National Science Foundation unterstützt 187. Nachdem sich das Gericht solcherart von der Qualifikation der Forscher überzeugt hatte 188, wurde schließlich berücksichtigt, daß die Beeinträchtigung gering wiege, da lediglich 35 von insgesamt 15.000 Wahlverfahren untersucht würden, und daß die Adressen anders nicht zu beschaffen seien 189. Das Gericht ging ferner davon aus, daß jeder richterlichen Entscheidung im Kontext der 6. Ausnahme eine Begrenzung innewohne, nach der die zugänglich gemachte Information nur für die im konkreten Fall abgewogenen Zwecke verwendet werden dürfe 190. Zu einer ähnlich Forschungsinteressen günstigen Entscheidung gelangte ein erstinstanzliches Gericht in National Association 01 Atomic Veterans Inc. v. Delense Nuclear Agency 191. Hier begehrte eine Veteranenorganisation Name und 185 Florida Rural Legal Services, [ne. v. Department 0/ lustice, Civil No. 87 -1264, slip. op. (S.D.Fla. 1988), zitiert nach Justice Department Guide to the Freedom of Information Act, (Fn. 20), 423. 186 450 F.2d 670 (D.C.Cir. 1971); zustimmend zu der Entscheidung Note, The Plain Meaning of the Freedom of Information Act: NLRB v. Getman, 47 Indiana Law Journal 530 (1971-72); dazu auch Scherer, Joachim, Datenzugang des Forschers unter dem amerikanischen Freedom of Information Act, in: Kaase I Krupp I Pflanz u. a. (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz, Konsequenzen für die Forschung, Königstein / Ts. 1980, 37, 38 ff. 187 Ebenda, 676. 188 Das Gericht deutet an, daß es bei einer ungünstigeren Einschätzung der Qualifikation der Forscher zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können (S. 677, Fn. 24); vgl. auch: Recent Decisions, Right to Privacy - ConfIdentiality of Mental Illness Files - State ex rel. Carroll v. lunkers, 79 Wn.2d 12,482 P.2d 775 (1971), 7 Gonzaga Law Review 106 (1971), 117; das Abstellen auf die Qualifikation von Forschern begegnet unter Geltung des Grundgesetzes wegen Art. 5 Abs. 3 GG Bedenken; so zutreffend Scherer, Datenzugang für Forscher unter dem amerikanischen Freedom of Information Act, (Fn. 186), S. 40/41. 189 Ebenda. 190 Ebenda, 677 Fn. 24. 191 583 F.Supp 1483 (D.D.C. 1984).
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Anschrift gegenwärtiger und ehemaliger Militärangehöriger, die an überirdischen Testprogrammen für Atomwaffen in der Wüste von Nevada teilgenommen hatten. Die Daten sollten für die Durchführung zweier epidemiologischer Studien genutzt werden, die Aufklärung über mögliche durch Strahlenbelastungen ausgelöste Gesundheitsbeschädigungen bringen sollten 192. Die beklagte Behörde hatte selbst eine epidemiologische Studie zu der Frage durchgeführt und hatte aus dieser Studie weitreichende Schlußfolgerungen für ihre Verwaltungstätigkeit gezogen. Das Gericht bejahte ein großes öffentliches Interesse an der Offenbarung der Daten unter dem Gesichtspunkt einer öffentlichen Kontrolle der Verwaltungstätigkeit, da die klägerische Partei die Validität der Behördenuntersuchung in Frage stellte und deshalb überprüfen wollte. Die Berücksichtigung des Nutzungsinteresses bei der Herausgabe von Namenslisten wurde jedoch von einem konkurrierenden Verständnis des FOIA von Anfang an äußerst kritisch beurteilt. Die Kritik basiert letztlich darauf, daß nach der Logik dieser zweiten Ansicht die einmalige Preisgabe von Informationen in allen übrigen Fällen zur Freigabe der Informationen ("disclosure to one is disclosure to all") 193 zwingt. In der Konsequenz bedeutet dies für das oben erwähnte Beispiel, daß die Freigabe einer Liste illegaler Einwanderer an eine "public interest group" auch zur Herausgabe der Liste an weniger altruistische Antragsteller, etwa Mitglieder des Ku Klux Klans, verpflichtet. Die skizzierte Gegenposition zu dem nutzerorientierten Ansatz in dem leading case Getman v. NLRB 194 wurde für die Rechtsprechung zuerst in der Entscheidung Robles v. Environmental Protection Agency 195 formuliert. In scharfem Gegensatz zu Getman wurde hier kategorisch ein Eingehen auf die Person des Zugangsuchenden sowie seiner partikularen Zugangsinteressen und -motive abgelehnt. Die Entscheidung des 4th Circuit nimmt die später dominierende Meinung vorweg, wonach die Zugangsgewährung für einen Antragsteller zugleich zur Offenbarung gegenüber allen anderen zwingt 196. Das Gericht stellte in Robles heraus, der FOIA habe im Gegensatz zur älteren Rechtslage, die ein berechtigtes Interesse ("persons properly and directly concemed") verlangte, alle differenzierenden Wissensberechtigungen aufgehoben, indem er auf den unterschiedslosen Jedermann ("any person") abstellte 197. Ein anderes Gericht ergänzte diesen GedankenEbenda, 1485. Vgl. O'Reilly, Federal Information Disclosure, (Fn. 22), Anm. 9.07. 194 450 F.2d 670 (D.C.Cir. 1971). 195 484 F.2d 843 (4th Cir. 1973). 196 So später etwa auch der D.C.Cir.: "Information disclosed to anyone must be disclosed to everyone", Reporters Comm.for the Freed. ofthe Press II v. Dep. of ]ustice, 831 F.2d 1124, 1126 (D.C.Cir. 1987). 197 Robles, (Fn. 195), S. 847; unter Berufung auf den Senate-Report Nr. 813, 89th Congress, 1st Sess, 5 (1965), wo es heißt, die Absicht des FOIA liege darin, alle Bestimmungen zu eliminieren, die unterschiedliche Wissensberechtigungen einräumen ("eliminate(s) the test of who shall have the right to different information"). 192 193
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gang durch einen Rückgriff auf das theoretische Fundament des FOI-Prinzips. Danach leiste die vorzugsweise Behandlung bestimmter Personen oder Interessengruppen genau jenem Mißtrauen Vorschub, dem der FOIA vorbeugen wollte 198. Der Konflikt zwischen Getman und Robles hat die Judikatur zur 6. Ausnahme des FOIA von Anfang an bestimmt, und die Zukunft muß noch zeigen, ob der Konflikt nach der neuen Grundsatzentscheidung zur Ruhe kommt 199. Das Schwanken zwischen einem Ansatz, der bereit ist, dem partikularen Zugangsinteresse eines besonders qualifizierten Zugangsuchenden u. U. auch ausschlaggebende Bedeutung beizumessen, und einem anderen, der das öffentliche Interesse ohne Berücksichtigung des Zugangsuchenden gegen das Datenschutzinteresse abwägt, wird an der Rechtsprechung des einflußreichen Appellationsgerichts für den Jurisdiktionsbereich des Distriet of Columbia (D.C. Cir.) besonders deutlieh 200. Nach der Grundlegung des nutzerorientierten Ansatzes in Getman hat der D.C. Circuit später in Ditlow v. Shultz 201 zu erkennen gegeben, daß er bei der Abwägung der Freigabe personenbezogener Informationen nicht mehr vorrangig den Verwendungszweck eines bestimmten Zugangsuchenden berücksichtigen wollte. Insbesondere wurde nicht mehr an der Theorie festgehalten, nach der einer richterlichen Entscheidung über die Freigabe von personenbezogenen Informationen eine auf den Antragsteller bezogene Zweckbindung (Nutzungsbegrenzung) immanent sei 202. Der Circuit machte sich offenbar jetzt die Ansicht zu eigen, daß der Widerspruch des eigenen früheren Ansatzes zum Ausgangspunkt des FOIA nicht leicht zu überbrücken ist, lag doch gerade eine erklärte Absicht des Gesetzgebers darin, dem jeglicher Spezifikation entkleideten Jedermann ein gleiches Zugangsrecht zu allen Verwaltungsvorgängen einzuräumen 203. Es verwundert deshalb nicht, daß der D.C. Circuit in späteren Entscheidungen immer mehr von der Erörterung des besonderen Zugangsinteresses sowie der Person des Antragstellers abgerückt ist 204 • Ebenso wie schon ein anderes Gericht 198
North Dakota v. Andrews, 581 F.2d 177, 182 (8th Cir. 1978).
Dazu unten sub. cc. Der District of Columbia bezeichnet den Regierungsbezirk in der Hauptstadt Washington. Das Washingtoner Gericht verdankt seinen besonderen Einfluß den Gerichtsstandsvorschriften des FOIA, die eine Klage vor diesem Gericht begünstigen; FOIA-Angelegenheiten können danach entweder im Jurisdiktionsbereich des Wohnsitzes des Antragstellers, dem Ort der Aktenverwahrung (regelmäßig Washington, D.C.), sowie im District of Columbia anhängig gemacht werden (vgl. (a) (4) (B). 40% aller Fälle werden im District of Columbia anhängig gemacht; vgl. Grunewald, (Fn. 47), S.9. Wegen der Fülle des "case law", das sich um den D.C.Cir. gebildet hat, ist dieser Gerichtsstand auch bei Klägern sehr beliebt; vgl. etwa Glitzenstein, Eric / M ey, Katherine, Trial Strategy in FOIA Cases, in: Adler (Ed.), (Fn. 155), 201, 205. 201 517 F.2d 166 (D.C.Cir. 1975) 202 Ebenda. 203 Das Gericht zitiert nunmehr auch den Senate-Report Nr. 813, (Fn. 197). 204 Washington Post Company v. Department of Health etc., 690 F.2d 252, 258 (1982); Durns v. Bureau of Prisons, 804 F.2d 701, 706 (1986); Reporters Committee for the 199
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lehnt der Circuit nunmehr eingehende Untersuchungen der beruflichen Qualifikation von Antragstellern ab 205 • Die Abkehr von Getman wird in die pointierten Worte gefaßt, der Congress habe dem Wissenschaftler und dem Halunken ein gleiches Recht auf Aktenzugang eingeräumt 206 • In den beiden Entscheidungen Reporters Committee 1 und 1[207 wurde schließlich in Zweifel gezogen, ob auf der Linie von Ditlow v. Shultz noch argumentiert werden kann, daß das besondere Interesse des Zugang suchenden deshalb berücksichtigt werden kann, weil der besondere Antragsteller Teil der Öffentlichkeit ist 208. Die Kluft zwischen Getman und Robles schien damit vom D.C. Cir. zu Lasten der eigenen Entscheidung in Getman geschlossen zu sein. Verließ man den Jurisdiktionsbereich des D.C. Cir, traf diese Einschätzung jedoch nur zum Teil zu. Andere Gerichte haben keineswegs durchgängig mit der Radikalität von Robles jegliche Berücksichtigung des besonderen Zugangsinteresses abgelehnt, sondern etwa das partikulare Nutzungsinteresse bei der Frage einfließen lassen, ob die Gefahr der Verletzung von Datenschutzinteressen besteht 209 • Im Jurisdiktionsbereich des 9th Circuit konnte sich unangefochten der Jour Jactor-Ansatz behaupten 210. Weiterhin wurde die These vertreten, die 6. Exemption enthalte eine Ausnahme von der generellen Regel, daß das besondere Zugangsinteresse nicht berücksichtigt werden dürfe 211 • Die Odyssee des D.C. Cir. endete nicht bei der Aufgabe des nutzerorientierten Abwägungsansatzes. Die Unsicherheit erreichte ihren Höhepunkt nach zwei Entscheidungen des Jahres 1987. In Reporters Committee Jor the Freedom oJ the Press 1 und Reporters Committee Jor the Freedom oJ the Press II2l2 stellte das Gericht den üblichen Abwägungsansatz nämlich grundsätzlich in Frage. Die Majorität des Gerichts vertrat die Ansicht, daß Gerichte zu einer Einschätzung des öffentlichen Interesses an der Freigabe von Informationen weder in der Lage Freedom ofthe Press I v. U.S. Dep-.oflustice, 816 F.2d 730 (1987); Reporters Committee for the Freedom of the Press II v. U.S. Dep. of lustice, 831 F.2d 1124, 1126 (1987); vgl. ferner Aronson v. U.S. Department of Housing & Urban Development, 822 F.2d 182 (1st Cir. 1987), sowie Kurzon v. Department of Health & Human Services, 649 F.2d 65, 68. 205 Reporters Committee I, ebenda, 741 (..The court ... cannot inquire into the occupation of the requester"); ebenso Kurzon, ebenda, 68, Fn. 2. 206 Durns v. Bureau of Prisons, 804 F.2d 701, 706 (1986), ..Congress granted the scholar and the scoundrel equal rights of access to agency records". 207 Vgl. Fn. 204. 208 Ditlow, (Fn. 201), 172 Fn. 21. 209 Aronson, 186; vgl. auch U.S. Department of Air Force v. FLRA, 838 F.2d 229, 233 (7th Cir. 1988); in dem Standardkommentar von 0' Reilly, James T., Federal Information Disclosure, (Fn. 22), wird eine unterschiedliche Zugänglichkeit für bestimmte Personen und Personenkreise als zulässig angesehen; vgl. Anm. 16.12. 210 Dazu bereits oben, Fn. 157. 211 National Western Life Insurance Co. v. United States, 512 F.Supp. 454, 460 (N.D. Texas 1980); vgl. auch Marson / Adler, (Fn. 155), 107. 212 (Fn. 204).
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noch dazu berufen seien. Die Bewertung des öffentlichen Interesses an der Herausgabe von Informationen falle nicht in den Kompetenzbereich der Gerichte, da es an nachvollziehbaren Wertpräferenzen fehle. Bei der Abwägung sei deshalb lediglich die generelle politische Tendenz des FOIA zu berücksichtigen, die auf größtmögliche Offenbarung gerichtet sei 213. Der Sache nach lief diese Ansicht auf eine Reduktion des üblichen Mehrfaktorenansatzes auf einen Einfaktoransatz hinaus, der nur noch die Existenz und den Grad der Beeinträchtigung von Datenschutzinteressen thematisiert 214. ce) Das Ende des nutzerorientierten Ansatzes: Die Supreme Court-Entscheidung U.S. Department 0/ lustice v. Reporters Committee In seiner abschließenden Revisionsentscheidung 215 zu den eben angesprochenen Entscheidungen des D.C. Circuit stellte sich der Supreme Court gegen die Aufgabe des Mehrfaktorenansatzes, bestätigte aber zugleich die Abkehr von dem nutzerorientierten Abwägungsansatz. Der Fall spielte im Rahmen der Datenschutzausnahme der siebten exemption 216 , trifft aber ebenso auf die 6. Ausnahme zu, da der Abwägungsansatz beider Ausnahmen gleich strukturiert ist 217 • Journalisten verlangten vom FBI die Herausgabe von Strafregisterauszügen (sog. "rapsheets"), die eine Person des organisierten Verbrechens mit Verbindung zu einem Kongreßabgeordneten betraf. Das erstinstanzliehe Gericht lehnte die Freigabe der Informationen unter Berufung auf die privacy-Ausnahme ab. Der D.C. Cir. hob die Entscheidung auf und verwies an das Gericht zurück, weil er das Vorliegen einer privacy- Verletzung für zweifelhaft hielt. Die begehrten Informationen seien bereits in der Vergangenheit an den Orten, an denen die Verurteilungen stattgefunden hatten, allgemein zugänglich gewesen 218 • Da der D.C. Cir. eine Bewertung 213 Zur Begründung wird hier sogar auf die in der Verfassung (Art. III) niedergelegten Grenzen richterlicher Gewalt verwiesen; Reporters Committee I, 741, bezugnehmend auf die abweichende Meinung der Verfassungsrichter Rehnquist, Burger und White in 460 U.S. 1001, 1004 (1983); vgl. ferner Reporters Committee II, 11~6. 214 So in kritischer Absicht auch die abweichende Meinung des Richters Starr in Reporters Committee II, 1128 ff. Dem reduzierten Ansatz des D.C. Cir. folgte, soweit ersichtlich, nur ein Gericht; vgl. Dep of Air Force v. FLRA, 838 F.2d 229,233 (7th Cir. 1988). Andere Gerichte waren hingegen auf Distanz gegangen und hielten am bisherigen Abwägungsmodus fest; U.S. Dep. of Agriculture v. FLRA, 836 F.2d 1139, 1143 (8th Cir. 1988); Aronson v. U.S. Dep. of Housing & Urban Development, 822 F.2d 182, 185/186 (1st Cir.). 215 U.S. Department of lustice v. Reporters Committee for the Freedom of the Press, 109 S.Ct. 1468 (1989); die Entscheidung wurde durch Department of State v. Ray, 112 S. Ct. 541 (1991) jüngst bestätigt und vertieft; vgl. im einzelnen: Supreme Court Upholds Privacy in Ray, 13 FOPIA Update (1992), No. 1, 1. 216 Vgl. oben Fn. 110; sowie unten V. 1. 217 Vgl. FOIA Counselor, Exemption 6 and Exemption 7 (C): Step-by-Step Decisionmaking, 10 FOIA Update, No. 2, 1989, S. 7.
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des öffentlichen Interesses an der Offenbarung von Infonnationen nicht mehr für möglich hielt, kam es nach dem Einfaktoransatz nur noch auf die Datenschutzimplikationen an. Der Supreme Court nutzte das Rechtsmittel des Justizministeriums, um Stellung zu einigen grundlegenden Fragen zu nehmen, die die Abwägung von Datenschutz- und Offenbarungsinteressen betreffen. Zunächst beanstandete der Supreme Court die Überlegung des D.C. Cir., wonach die Freigabe einer personenbezogenen Infonnationsmenge, die in Einzelbestandteilen zu unterschiedlichen Zeitpunkten allgemein zugänglich war, nicht den Schutz der Datenschutzausnahme auslöste. Es wäre praxisfern, so das Gericht, der Komprimierung verstreuter Infonnationen, die zu irgend einem Zeitpunkt in der Geschichte an irgend einem Ort allgemein zugänglich waren, keine eigenständige Bedeutung beizumessen 219. Unterstrichen wurde diese Argumentation mit einem Hinweis auf die Zugänglichkeit von ,,rap-sheets" in computerisierter Fonn, die die universelle Verfügbarkeit der Infonnationen erheblich steigere 22o • Ferner ließ das Gericht keinen Zweifel daran, daß die beabsichtigte Nutzung der begehrten Infonnationen bei der Freigabeentscheidung keine Rolle spielen dürfe. Jedem Nutzer des FOIA stehe ein gleiches Recht auf Zugang zu Verwaltungsinfonnationen zu 22l • Nur eine auf die 5. Ausnahme des FOIA bezogene Ausnahme erkannte das Gericht ausdrücklich an 222. Bereits in einer anderen Entscheidung 223 hatte der Supreme Court nämlich der Behörde im Rahmen der 5. Ausnahme die Möglichkeit abgeschnitten, Infonnationen unter Rekurs auf das informers privilege 224 auch dann zurückzuhalten, wenn der Zugangsuchende der durch das informers privilege Geschützte ist 225 • Ähnlich würde der Schutzzweck der Datenschutzausnahme ad absurdum geführt, würde man es zulassen, daß dem Zugangsuchenden Datenschutz entgegengehalten werden kann, wenn er Zugang zu ihn selbst betreffenden Infonnationen sucht. Jenseits derartiger Sonderkonstellationen soll es aber nach der Leitentscheidung des Supreme Court auf die Identität und das spezielle Interesse des Zugangsuchenden in keiner Hinsicht ankommen. 218 Reporters Committee I, 816 F.2d 730, 738 (1987); Reporters Committee 11, 831 F.2d 1124, 1127 (1987). 219 Reporters Committeefor the Freedom ofthe Press, 109 S.Ct. 1468, 1477 (1989). 220 Ebenda, 1480. 221 Ebenda, 1480 f. 222 Ebenda, 1480; bezugnehmend auf die in der nachfolgenden Fußnote aufgeführte Entscheidung. Allgemein zur 5. Ausnahme des FOIA Note, The Freedom of Infonnation Act, Shielding Agency Deliberations From FOIA Disclosure, 5 George Wahington Law Review 1326 (1989). 223 United States Department of lustice v. lulian, 108 S.Ct. 1606 (1988). 224 Dazu oben bei Pn. 91 sowie der dazugehörige Text. 225 Allen anderen Zugang suchenden hätte hingegen die 5. Ausnahme erfolgreich entgengehalten werden können; vgl. lulian, (Fn. 223), 613.
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Das Gericht hob ferner den Gesichtspunkt hervor, daß bei der Bewertung des öffentlichen Interesses entscheidend darauf abgestellt werden muß, ob die Offenbarung ein Licht auf die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben von Behörden zu werfen geeignet ist 226 . Diese Erkenntnis war an sich nicht neu 227 • Das Gericht betonte jedoch darüber hinaus in ungewöhnlicher Klarheit, daß personenbezogene Informationen, weil sie wenig oder gar nichts über administratives Handeln aussagen, grundsätzlich von dem zentralen Zweck des FOIA nicht erfaßt würden 228 . Man wird daher annehmen dürfen, daß sich in Zukunft jedes identifizierbare Datenschutzinteresse in der Abwägung durchsetzen wird, wenn es an diesem Nexus zwischen Offenbarungsinteresse und Zweck des FOIA fehlt 229 . Auch bei der Abwägung von personal privacy und dem solcherart definierten öffentlichen Interesse betrat der Supreme Court mit der Forderung nach categorical balancing Neuland. Zwar wird auch in Zukunft die Abwägung häufig einer schwer zu disziplinierenden Abwägung im Einzelfall überantwortet sein. Daneben werden aber zunehmend typisierende Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Was der "Supreme Court" unter "categorical balancing"230 versteht, läßt sich gut am Beispiel der ,,rap sheets" verdeutlichen. In Zukunft wird die Behörde nicht mehr in jedem Einzelfall abwägen müssen, ob ein rap sheet herausgegeben werden kann, sondern die Behörde kann geltend machen, daß rap sheets eine Kategorie von Informationen enthalten, bei denen typischerweise die Balance zugunsten des Datenschutzinteresses ausrallt 231 . Die Hauptintention des neuen Ansatzes ist es, der Behörde bei Informationsbeständen, für die eine große Disparität zwischen privacy-Interessen und Offenbarungsinteressen typisch ist, eine Abwägung im Einzelfall zu ersparen 232 . ,,Rap sheets" können mit anderen Worten schlicht unter Hinweis auf dieses ,,kategorische" Argument vor öffentlicher Neugier abgeschirmt werden. Ob der "categorical balancing approach" wirklich die Abwägung vereinfacht, muß allerdings bezweifelt werden. Es liegt auf der Hand, daß bei großer Disparität der involvierten Datenschutz- und Offenbarungsinteressen auch eine Einzelfallabwägung kaum große Probleme bereitet. Fraglich ist ferner, ob der Ansatz wirklich 226 Dazu bereits oben die Ausführungen sub IV. 1. b. aa. (Fn. 169 ff.). 227 Dazu bereits oben sub. 3. b. aa.; Text bei Fn. 169-174. 228 Reporters Committee, (Fn. 215), 1481. 229 So auch das Justizministerium in: FOIA Counselor, Exemption 6 and Exemption 7 (C): Step-by-Step Decisionmaking, 10 FOIA Update, No. 2, 1989, S. 7. 230 Reporters Committee, (Fn. 211), 1483 ff. 231 Das Gericht expliziert seinen Ansatz an einer spezifischen Klasse von "lawenforcement records" (1184). Daraus könnte man schließen, daß das "categorical balancing" nur im Rahmen der 7. Ausnahme anwendbar ist. Wegen der strukturellen Identität von 6. Ausnahme und Ausnahme 7 (C) wird man allerdings auch insoweit eine Übertragbarkeit des "categorical balancing" auf die 6. Ausnahme für zwingend halten müssen; ebenso OIP Guidance, Privacy Protection under the Supreme Court's Reporters Committee Decision, 10 FOIA-Update, No. 2, 1989, S. 3, 4 sowie 6. 232 Reporters Committee, (Fn. 211), 1485.
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für alle Fallkonstellationen tragfähig ist. In einem dissent wurde in diesem Sinne geltend gemacht, daß der Ansatz in bestimmten Fällen zu keinen überzeugenden Ergebnissen führe, etwa dann, wenn ein rap sheet die Information offenbaren würde, daß ein Kandidat für den Kongreß vor einigen Jahren Steuern hinterzogen hatte 233. Es kann kein Zweifel bestehen, daß die neue Entscheidung des Supreme Court den Datenschutz unter Geltung des FOIA gestärkt hat 234 • Es bleibt abzuwarten, wie die Untergerichte die neuen Vorgaben umsetzen werden. Einige grundsätzliche Veränderungen wird es bei der Herausgabe von Namenslisten geben. Da der Rekurs auf den Nutzungszweck abgeschnitten ist, wird man ein öffentliches Interesse an der Herausgabe solcher Listen, die ja in keiner Weise über Aktivitäten der Administration aufklären, fast ausnahmslos verneinen müssen. Die Frage, ob derartige Informationen freigegeben werden können, hängt danach alleine von den privacy-Implikationen einer solchen Freigabe ab. In diesem Sinne hat der D.C. Circuit in seiner ersten privacy-Entscheidung nach dem klärenden Judikat die mit der 6. Ausnahme begründete Zurückhaltung der Namensliste pensionierter Behördenbediensteter für rechtmäßig erklärt 235. Eine privacy- Verletzung erkannte das Gericht darin, daß die Preisgabe der Informationen die Betroffenen als Bezieher von Pensionsgeldern oder Frührenten identifizieren würde und ferner höchstwahrscheinlich für den Betroffenen mit Belästigungen (Werbematerial, Telefonwerbung, Hausbesuche) verbunden wäre. Für Forscher bedeutet die neue Leitentscheidung vor allem die endgültige Abkehr von Getman v. NLRB236, d. h. jener Rechtsprechungslinie, die bei der Abwägung dem Nutzerinteresse herausragende Bedeutung zumaß. Im Rahmen des FOIA kann nicht mehr geltend gemacht werden, daß an der Durchführung eines bestimmten Forschungsvorhabens ein großes öffentliches Interesse besteht. Nicht mehr zutreffend ist die auf Getman gestützte Einschätzung Scherers, maßstäblich für die rechtliche Beurteilung des Zugangs zu Daten für Forscher sei eine "einzelfallbezogene Konkretisierung des Grundsatzes der Verhältnismäßig233
bei.
109 S.Ct. 1468, 1485 (1989), Blackmun diss; Richter Brennan trat diesem "dissent"
234 Ebenso Reporters Committee Decided Broadly, 10 FOIA Update, No. 2, 1989, S. 1; Tolley IlI, George S., The Freedom of Information Act: Competing Interests in the Supreme Court, 1990 Annual Survey of American Law 497, 520. 235 NARFE v. Horner, 879 F.2d 873 (D.C. Cir. 1989); als entscheidend wurde die Frage angesehen, welche Charakteristika (z. B. Bezieher von Leistungen, etc.) mit einer Namensliste verbunden sind; 877; ebenso Note, Applying the Freedom of Information Act's Privacy Exemption to Requests for Lists of Names and Adresses, 58 Fordham Law Review 1033 (1990); vgl. auch jüngst Reed v. NLRB, 927 F. 2d 1249 (D. C. Cir. 1991). 236 Dazu oben den Text bei Fn. 186-190; dazu auch: OIP Guidance, Privacy Protection Under the Supreme Court's Reporters Committee Decision, 10 FOIA Update, No. 2, 1989, 3, 5 (" ... Reporters Committee effectively overruled the longstanding ,Getman public interest' approach" ... ); ebenso Tolley IlI, The Freedom of Information Act: Competing Interests in the Supreme Court, (Fn. 234), 521.
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
keit" unter Einbeziehung des Forschungszwecks 237 • Wissenschaftler werden in Zukunft wie jeder andere Nutzer darlegen müssen, daß an der Offenbarung der begehrten Infonnationen unabhängig von ihrem Nutzungszweck ein "öffentliches Interesse" besteht. Trotz dieser Revision der herrschenden Meinung zu Lasten des nutzerorientierten Ansatzes bleibt es bei den oben erwähnten Vorteilen für die Forschung. Durch die Berücksichtigung der demokratischen Intentionen des FOIA bei der Bewertung des öffentlichen Interessen an der Infonnationsoffenbarung wird der Zugang auch zu personenbezogenen Infonnationsbeständen, die Rückschlüsse auf die Funktionsweise des staatlichen Verwaltungsapparates zulassen, erleichtert 238 • Auf die Frage nach der Bedeutung des Nutzungszwecks bei der Offenbarung personenbezogener Infonnationen wird am Schluß noch einmal zurückzukommen sein (VIL). Im folgenden sollen zunächst die übrigen datenschutzrechtlich relevanten Kollisionsregeln diskutiert werden (V.) sowie der vieldiskutierten Frage nachgegangen werde, ob Forschungsdaten selbst möglicher Gegenstand eines Einsichtsbegehrens sein können (VL).
V. Sonstige datenschutzrechtliche Kollisionsregeln 1. Berücksichtigung des Datenschutzes im Rahmen der 7. Ausnahme Neben der 6. Ausnahme kommt insbesondere der Ausnahme 7 (C), auf die bereits verschiedentlich eingegangen wurde 239 , großes Gewicht zu. Die 7. Ausnahme erfaßt Akten, die zum Zweck der Rechtsdurchsetzung (law enforcement) angelegt wurden. Die Ausnahmeregelung ist deshalb wichtig, weil unter sie u. a. alle Ennittlungsakten von Polizeibehörden (z. B. FBI) fallen. Wie die Falliste des lustizministeriums belegt, steht die Ausnahme auch hinsichtlich ihrer "case load" um nichts der 6. Ausnahme nach 24O • Die kürzlich zugunsten des Datenschutzes verschärfte Ausnahmevorschrift dispensiert in der hier interessierenden Alternative alle Infonnationen von der Veröffentlichungspflicht, bei denen die Erwartung begründet ist, daß ihre Preisgabe die Privatsphäre eines Betroffenen verletzen könnte 241 • Das Fehlen des in der 237 Scherer, Datenzugang des Forschers unter dem amerikanischen Freedom of Information Act, (Fn. 186),43 sowie 44. 238 Dazu bereits oben sub IV. 3. b. aa. 239 Vgl. Text bei Fn. 110, 216 ff. 240 Vgl. Freedom of Information Case List, (Fn. 20), 552/553. 241 Abschnitt (b) (7) (C): " ... could reasonably be expected to constitute an unwarrented invasion of personal privacy"; zuvor hieß es " ... would ... constitute an unwarranted invasion of privacy"; schon im alten Recht fehlte das Wort "c1early".
V. Sonstige datenschutzrechtliche Kollisionsregeln
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6. Ausnahme gebrauchten Wortes clearly sowie der Gebrauch der Wendung could reasonably be expected to indizieren, daß der Schutz der Privatsphäre im Rahmen der 7. Ausnahme stärker sein soll 242 • Der weiterreichende Schutz wird mit dem besonderen Integritätsinteresse begründet, welches bei Ermittlungsakten darin gesehen wird, daß niemand gerne mit einer öffentlichen Untersuchung durch Polizeibehörden oder ähnliche Behörden in Verbindung gebracht zu werden wünscht 243. Der Verstärkung der Schutzwirkung durch den Gebrauch des Wortes clearly wurde in der Praxis bisher allerdings kaum Bedeutung beigemessen. Die Ursache hierfür wird darin gesehen, daß es kaum vorstellbar erscheint, einen nicht erforderlichen Eingriff in die Privatsphäre festzustellen, der nicht zugleich auch eindeutig (c1early) ist 244. Folgenreicher könnte demgegenüber die jüngste Änderung sein, mit der die Wendung could reasonably be expected to Eingang in das Gesetz fand. Der Supreme Court beschränkte sich bisher allerdings lediglich auf den Hinweis, daß der Schutz unter der Ausnahme 7 (C) irgendwie (somewhat) breiter sei245 • Ohne daß die Tragweite dieser Änderung daher bereits einzuschätzen wäre, scheinen Gerichte unter Bezug auf den neuen Wortlaut nunmehr eine Herabsetzung der behördlichen Darlegungslast anzunehmen; d. h. die Behörde braucht nicht mehr das positive Eintreten einer Verletzung der Privatsphäre darzutun, sondern genügt ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn eine solche Verletzung wahrscheinlich erscheint 246. Hervorzuheben ist ferner, daß im Rahmen eines Zugangsbegehrens Behörden nicht nur die Informationsoffenbarung unter Rekurs auf 7 (C) versagen können, sondern dazu übergegangen sind, die Existenz einer Akte weder zu bestätigen noch zu leugnen. Der Sinn dieser Praxis, in der sich das lustizministerium durch Department 0/ lustice v. Reporters Committee tor Freedom 0/ the Press 247 bestätigt sieht, besteht darin zu verhindern, daß die Berufung auf die privacy-Ausnahme immerhin die Existenz einer brisanten Information (z. B. eines "rap sheets") 242 Noch zur alten Rechtslage Department of Air Force v. Rose, 425 U.S. 352, 378279 (1976); Fund for Constitutional Government v. National Archives and Records Services, 656 F.2d 856,862 (D.C.Cir. 1981); Deering Milliken, Inc. v. Irving, 548 F.2d 1131,1136, Fn. 7 (4th Cir. 1977). 243 Vgl. Congressional News Syndicate v. Dep. of lustice, 438 F.Supp. 538, 541 (D.D.C. 1977) mit Hinweisen auf die Gesetzgebungsgeschichte; Iglesias v. CIA, 525 F.Supp. 547, 565 (D.D.C. 1981). 244 So Marson / Adler, in: Adler (Ed.), (Fn. 155), 112. 245 U.S. Department of lustiGe v. Reporters Committee for the Freedom of the Press, 109 S.Ct. 1468, 1473 (1989). 246 Vgl. Keys v. Dep. of lustice, 830 F.2d 337,346 (D.C.Cir. 1987): Allen v. Department of Defense, 658 F.Supp 15, 23 (D.D.C. 1986); Nishnic v. Dep. of lustice, 671 F.Supp 776, 788 (D.D.C. 1987). 247 109 S.ct. 1468 (1989).
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offenbart 248. Bemerkenswert ist diese Praxis (sog. "glomarization") wenn man berücksichtigt, daß sich die gesetzliche Schaffung eines Leugnungsrechts nicht auf die Ausnahme 7 (C) (sondern nur auf 7 (A)249) bezieht. Sieht man von dieser Besonderheit ab, entspricht im übrigen die Lösung des Konflikts zwischen Datenzugangsinteressen und Datenschutzinteressen im Rahmen der 7. Ausnahme dem Abwägungsmodell der 6. Ausnahme 250. Gesonderte Überlegungen sind deshalb entbehrlich.
2. Spezialgesetzliche Datenschutzvorschriften Schließlich ist jenseits der expliziten Datenschutzausnahmen in gewissem Umfang ein bereichsspezifischer Datenschutz über die 3. Ausnahme des FOIA gewährleistet. Streng genommen handelt es sich gar nicht um eine "autonome" Ausnahmeregelung. Vielmehr nimmt die Vorschrift alle Informationen von dem Zugangsrecht aus, die durch ein Spezialgesetz besonders gegen Offenbarung geschützt sind. Die 3. Ausnahme markiert gewissermaßen eine Einbruchstelle, die es dem Gesetzgeber ermöglicht, unter Überspielung der allgemein geltenden Ausnahmeregeln besondere Geheimhaltungsbedürfnisse anzuerkennen. Damit diese Vorschrift nicht als Globalausnahme genutzt wird, hat der Gesetzgeber in der wichtigen Reform des Jahres 1975 251 bestimmte Anforderungen normiert, denen das Spezialgesetz entsprechen muß 252. Entweder muß es sich um eine zwingende (nicht ermessensgebundene) Geheimhaltungsverpflichtung oder um ein Gesetz handeln, welches spezifische Geheimhaltungskriterien aufstellt. Die Anzahl der Vorschriften, die auf diese Art bestimmte Materien allgemein dem Zugriff des neugierigen Dritten entziehen, ist schwer zu überblicken 253. Bei den 248 Vgl. FOIA Counselor, 10 FOIA Update, No. 3, 1989, S. 5. 249 Dazu im einzelnen oben Fn. 111. 250 Lesar v. Departement o[Justice, 636 F.2d 472, 486 (D.C.Cir. 1980); Congressional News Syndicate v. Department o[ Justice, 438 F.Supp. 538,542 (D.D.C. 1977). 251 Zu der Reform RodelI, Fred, Holding Government Accountable: The Amended Freedom of Information Act, 84 Yale Law Journal 74 (1975). 252 Ob die reformierte Version der 3. Ausnahme die Gefahr gebannt hat, einer Aushöhlung des FOIA durch Spezialgesetze vorzubeugen, wird teilweise bestritten; vgl. United States, Commission on Federal Paperwork, Washington D.C. 1977, S. 155 ff., wo eine Streichung der 3. Ausnahme gefordert wird. Vgl. ferner die Stellungsnahme von Senator Jim Sessar, Freedom of Information Act: A Personal Report, in: Riley I Relyea (Ed.), Freedom of Information Trends in the Information Age, London 1983, 86, 103, der zwar nicht für eine Streichung der 3. Ausnahme votiert, sich jedoch darüber beklagt, daß häufig "exemption 3 statutes" in Gesetzgebungvorschläge eingeschmuggelt würden und unbemerkt passierten. Sessar plädiert für eine Art parlamentarisches ,,Frühwarnsystem", das solche Strategien durchkreuzen würde. 253 Eine Aufstellung von Vorschriften, die von Behörden als ,.Exemption 3 Statutes" reklamiert werden, findet sich bei Braverman, Burt A. / Chetwynd, Frances J., Information Law, Freedom of Information, Privacy, Open Meetings, Other Access Laws, Loseblattsammlung, New York 1985, S.1023-1040.
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datenschutzrechtlichen Vorschriften handelt es sich in der Regel um eng geschneiderte Ausnahmevorschriften, in denen der Gesetzgeber eine über den dominierenden Abwägungsansatz hinausgehende Feinabstimmung vorgenommen hat. Von größerer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang das Steuergeheimnis und das Statistikgeheimnis. Das Steuergeheimnis 254 entzieht Informationen in Steuererklärungen ("income tax return information") grundsätzlich dem Regime des FOIA. Die lange strittige Frage, ob das Steuergeheimnis ein "Exemption 3 statute" ist oder generell dem FOIA vorgeht, hat der Supreme Court zugunsten der ersten Ansicht entschieden 255. Für Forscher war die Einführung stringenterer Grundsätze der Vertraulichkeit ins Steuerrecht von besonderem Interesse, weil es die Zugänglichkeit von Mikrodaten aus Steuererklärungen erschwerte 256 • Bis in die 70er Jahre war es ferner auch üblich, daß Forscher von der Steuerverwaltung Namenslisten zur Erstellung von Erhebungsrahmen erhielten 257. Diese Praxis wurde nach Verabschiedung des Tax Reform Act im Jahre 1976 nicht mehr als zulässig angesehen. Für den Zugang zu Mikrodaten spielt ferner vor allem das Statistikgeheimnis eine große Rolle 258 , das alle Einzelangaben, die aus der alle 10 Jahre nach der Verfassung durchzuführenden Volkszählung 259 sowie aus verschiedenen anderen ständig laufenden Erhebungen 260 gewonnen werden, vor Offenbarung schützt. Versuche, das Bundesamt für Statistik ("Bureau of Census") über den FOIA zur Preisgabe von Mikrodaten zu zwingen, sind an den Gerichten gescheitert, die das Statistikgeheimnis als Spezialgesetz im Sinne der 3. Ausnahme anerkannten 261. Verschiedene Einzelstatistiken anderer Behörden sind durch besondere Statistikgeheimnisse geschützt, die ebenfalls als Ausnahmevorschriften im Sinne von Exemption 3 anerkannt sind 262 • Die recht sorgfältige Abschirmung von statistischen Einzelangaben bedeutet allerdings nicht, daß Einzelangaben für die Forschung gänzlich unzugänglich 26 U.S.c. Sec. 6103. Vgl. Church 0/ Scientology v. IRS, 108 S.Ct. 271 (1987); im einzelnen unten 5. Kapitel, sub II. 2. c. 256 Dazu im einzelnen 5. Kapitel, sub II. 2. c., Text bei Fn. 105-107. 257 Vgl. Boruch, Robert F. / Cecil, Joe S., Country Report United States: The Privacy Act of 1974 and the Social Science Need for Access to Data, in: Mochmann / Müller, Data Protection and Social-Science Research, 1979, 104. 258 13 U.S.C. §§ 8,9; zur Geschichte der Vorschrift vgLinstruktiv Baldridge v. Shapiro, 455 U.S. 345, 356 ff. (1982); im einzelnen auch unten 5. Kapitel, sub 11. 2. a. aa. 259 Art. I, Sec. 2 der Verfassung. 260 Vgl. dazu Flaherty, David, Privacy and Government Data Banks - An International Perspective, London / Can. 1979, S. 247 ff. (Sources of Microdata); sowie unter 5. Kap. 11. 2. a. 261 Vgl. Baldridge v. Shapiro, 455 U.S. 345, 362 (1982); Seymour v. Barabba, 559 F.2d 806 ff. (D.C.Cir. 1977). 262 Z.B. 42 U.S.c. § 242 m; dazu sowie zum Statistikgeheimnis in der Sozialverwaltung unten 5. Kapitel, II. 2. b)-d); vgl. ferner 15 U.S.c. § 176a; 16 U.S.C. § 1854 (a). 254 255
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
wären. Die amerikanischen statistischen Ämter praktizieren nämlich seit Jahren eine Politik des public data use, die der konsequenten Geheimhaltung von Mikrodaten die Schärfe nimmt, indem Mikrodatensätze in anonymisierter Form allgemein zugänglich gemacht werden 263. Durchaus im Einklang mit der ratio des FOIA betont das amerikanische Informationsrecht auch für Einzelangaben stärker den nicht diskriminierenden Zugang der Allgemeinheit zu Informationen. Zu erwähnen sind weiterhin einige Gesetze, die sich explizit mit der Geheimhaltung von Forschungsdaten befassen 264. Diese recht unterschiedlichen Vorschriften 265 gewähren Forschern ein begrenztes Zeugnisverweigerungsrecht oder Herausgabeverweigerungsrecht im Hinblick auf Forschungsinformationen. Als Gegenrechte können diese Vorschriften auch im Rahmen der 3. Ausnahme des FOIA eine Rolle spielen, wenn es um personenbezogene Forschungsdaten in staatlichen Forschungseinrichtungen geht. So reklamiert beispielsweise das Department of Health and Human Services (HHS) mehrere dieser Vorschriften als taugliche Rechtsgrundlagen für die Zurückhaltung von personenbezogenen Informationen nach der 3. Ausnahme des FOIA266. Dieses Problem ist in der Praxis durchaus nicht ohne Bedeutung. Es ist nämlich versucht worden, die Preisgabe von Forschungsdaten, etwa der wissenschaftlichen Rohdaten von Forschungsstudien 267, über den FOIA zu erzwingen 268. Obwohl der Privacy Act (PA), das Herzstück der Datenschutzgesetzgebung für den öffentlichen Bereich, ohne Zweifel in mancher Hinsicht von großer Relevanz für das Zugangsproblem im Forschungsbereich ist 269 , spielt er im Rah263 Dazu im einzelnen 5. Kap., sub 11. 2. a) bb). 264 21 U.S.c. § 872 (Controlled Substances Act); 42 U.S.C. § 242a (Pub1ic Health Services Act); 42 U.S.c. § 242 m (Health Service Research, Health Statistics and Medical Library Act); 42 U.S.c. 247 c (Forschung über Geschlechtskrankheiten); 42 U.S.C. § 290 dd-3 (Aicoho1 Abuse and Aicohol Prevention, Treatment and Rehabilitation Act); 42 U.S.C. § 290 ee-3 (Drug Abuse Office and Treatment Act); zu diesen Vorschriften Knerr, Char1es / Carrol, James, Confidentiality and Criminological Research, the Evolving Body of Law, 69 Journal of Criminal Law and Criminolgy 311 (1978); Boruch, Robert F. / Cecil, Joe S., Assuring the Confidentiality of Social Research Data, 1979, 240 ff.; Nelson, Robert/ Hedrick, Terry E., The Statutory Protection of Confidential Research Data: Synthesis and Evaluation, in: Boruch / Cecil (Ed.), Solutions, (Fn. 16), 213 ff. 265 Im einzelnen unten 4. Kapitel, sub 2. 266 Im Jahre 1987 hat sich das Ministerium lediglich in einem Fall auf 42 U.S.c. § 242 m berufen; vgl. Freedom of Information Activities, Annual Report of the Department of Health and Human Services, 1987, S. 1; in einem Anhang zu dem Report (Tab c., p. 1 u. 2) werden darüber hinaus als mögliche Rechtsgrundlagen genannt: 21 U.S.c. § 1175 Qetzt: 42 U.S.C. § 290 ee-3); 42 U.S.c. § 242a; 42 U.S.C. § 247c; 42 U.S.C. § 1306 (a)(3); 42 U.S.C. § 4582 Qetzt: 42 U.S.C. 290 dd-3). 267 Forsham v. Harris, 445 U.S. 169 (1980), 100 S.Ct. 978 (1980); vgl. auch die Vorentscheidung 587 F.2d 1128 (D.C.Cir. 1978); ferner Ciba-Geigy v. Mathews, 428 F.Supp. 523 (S.D.N.Y. 1977). 268 Dazu noch unten sub. 6. 269 Vgl. nur Boruch / Cecil, Assuring the Confidentiality, (Fn. 264), 245 ff.
VI. Der Schutz von Forschungsdaten vor dem FOIA
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men des FOIA keine Rolle. Der PA ist nämlich kein Gesetz im Sinne der 3. Ausnahme des FOIA. Der Privacy Act kommt deshalb erst zum Zuge, wenn eine Datenschutzausnahme des FOIA personenbezogene Informationen von der Offenbarungspflicht ausnimmt. Stehen die 6. Ausnahme oder die Ausnahme 7 (C) einer Offenbarung nicht entgegen, muß die Information ohne Rücksicht auf den PA herausgegeben werden 270.
VI. Die Durchsetzung der Ausnahmevorschriften und der Schutz von Forschungsdaten vor dem FOIA Nicht selten interessieren sich Zugangsuchende für Informationen, die mit einem Forschungsprojekt in Zusammenhang stehen oder im Zuge eines solchen Vorhabens gesammelt werden 271. Der FOIA kann als Mittel zur Befriedigung einer solchen Neugier eingesetzt werden, wenn Forschungsunterlagen einer bundesstaatlichen Forschungseinrichtung zugeordnet sind 272 . Da solche Einrichtungen dem agency-Begriff des FOIA unterfallen, können sie mögliche Adressaten eines Einsichtsantrages sein. Betroffen sind etwa die "National Institutes of Health" (NIH), die die größten und wichtigsten Forschungseinrichtungen des Landes auf dem Gebiet der Verhaltensforschung und der biomedizinischen Forschung versammeln 273. Forscher sowie Forschungseinrichtungen können dabei in unterschiedlicher Weise von FOI-Anträgen betroffen sein. Das Interesse eines Zugangsuchenden kann sich z. B. auf Forschungsanträge für staatliche Forschungsgelder 274, auf Zwischenberichte zu einer klinischen Langzeitstudie 275 , auf die Unterlagen eines Expertengremiums, das Empfehlungen über die Förderungswürdigkeit ausspricht (sog. "peer review boards"276), oder auf die Rohdaten von Forschungsstudien richten 277. Forscher sind häufig aus eigenem Interesse oder im Interesse des 270 Im einzelnen zum Verhältnis von FOIA und PA unten, 3. Kapitel, sub. III. 2. d)
aa).
271 Vgl. bereits die Hinweise oben bei Fn. 267 und 43. 272 Auf Staatenebene stellt sich das Problem kaum anders; vgl. Weber, Kenneth A., State Public Records Act: The Need to Exempt Scientific Research Relating to State Universities from Indiscriminate Public Disclosure, 10 Journal of College and University Law 129 (1983-84); Small / Tomkins / Cecil, Freedom of Information Laws and Survey Research, (Fn. 55), 13 ff. 273 Vgl. Ethics Advisory Board, Department of Health and Human Services, The Request of the National Institutes of Health for a Limited Exemption from the Freedom of Information Act, Bethesda / Maryland 1980. 274 Vgl. Z. B. Kurzon v. Department otHHS, 649 F.2d 65 (1st Cir. 1981); Washington Research Project, [nc. v. Department ot HEW, 504 F.2d 238 (D.C. Cir. 1974), cert. den., 421 U.S. 963 (1975). 275 Dazu Ethics Advisory Board, (Fn. 273),7. 276 Wu v. National Endowment tor the Humanities, 460 F.2d 1030 (5th cir. 1976); vgl. ferner 6. Kapitel, sub III.
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
Forschungsteilnehmers stark daran interessiert, derartige Anträge abzuwehren. In der Rolle als möglicher Adressat eines FOI-Antrages werden für den Forscher die bei der Zugangsuche hinderlichen Ausnahmeregelungen des FOIA zum begehrten Schutzschild. Bei der Abwehr von Einsichtsanträgen durch betroffene Dritte ist grundlegend zu beachten, daß dem durch eine Informationsoffenbarung Betroffenen nach dem FOIA kein Recht auf Einhaltung einer Ausnahmebestimmung erwächst. In der Leitentscheidung Chrysler v. Brown 278 stellte der Supreme Court klar heraus, daß der FOIA ein reines Offenbarungsgesetz (disclosing statute) sei, welches niemandem ein subjektives Recht auf Beachtung der Ausnahme gewährt. Weder der durch die Datenschutzausnahme Geschützte noch die Gesellschaft, die um die Offenbarung eines Geschäftsgeheimnisses fürchtet, kann danach die Behörde zur Berufung auf eine Ausnahme des FOIA zwingen. In der business community wird wegen dieses Defizits des FOIAs seit Jahren, nicht ohne Erfolg 279 , für eine Verbesserung der Stellung des Informationssubmitters unter dem FOIA gekämpft 280. Rechtsschutz vor Informationsoffenbarungen besteht wegen des Ausfalls des FOIAs nur nach Maßgabe der wenig stringenten Vorgaben des Administrative Procedure Act (APA)281, der willkürliche (arbitrary), mutwillige (capricious), mißbräuchliche (abuse) oder sonstige gesetzeswidrige Ermessensausübungen untersagt und sich im übrigen mit der Beanstandung behördlicher Ermessensentscheidungen sehr zurückhält. Für Forscher sowie betroffene Forschungsteilnehmer bedeutet die gefestigte Rechtsprechung der Gerichte, daß Möglichkeiten zur Einflußnahme auf die Freigabeentscheidung nur im Rahmen des APAs gegeben sind 282 . Insgesamt dokumentiert sich im Hinblick auf den Datenschutz hier ein nicht unproblematisches Defizit des FOIA. Es fehlt nicht nur eine Möglichkeit für den 277 Forsham v. Harris, 445 U.S. 169 (1980),100 S.Ct. 978 (1980); ferner Ciba-Geigy v. Mathews, 428 F.Supp. 523 (S.D.N.Y. 1977). 278 441 U.S. 281 (1979). 279 Präsident Reagan erließ Mitte 1987 eine ,,Executive Order", der die Administration verpflichtete, vor der Offenbarung vertraulicher kommerzieller Informationen die betroffene Firma oder Person zu unterrichten und anzuhören; E.O. 12600,52 Federal Register 23781 (daily ed. lune 25, 1987). 280 Casey, William / Marthinsen, lohn / Moss, Laurence, Entrepreneurship, Productivity, and the Freedom ofInformation Act, Lexington / etc. 1983; Note, Public Disclosure of Confidential Business Information under the Freedom of Information Act: Toward a More Objective Standard, 60 Cornell Law Review 109 (1974); O'Reilly, lames T., Govemment Disclosure of Private Secrets under the Freedom of Information Act, 30 Business Lawyer 1126 (1975); Pitt, Harvey L. / Wachtel, Herben M., Preserving Corporate Confidentiality in Legal Proceedings, New York 1981. 281 5 U.S.C. § 706; vgl. bereits oben Fn. 48. 282 Vgl. z. B. St. Pauls Benevolent Educ. and Miss. Institute v. United States, 506 F.Supp. 822 (N.D. Ga 1980).
VI. Der Schutz von Forschungsdaten vor dem FOIA
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Betroffenen, eine Offenbarung zu verhindern. Der Betroffene muß nicht einmal von der Offenbarung in Kenntnis gesetzt werden, geschweige denn um seine Einwilligung gebeten werden. Von der Realisierung eines Konzepts informationeller Selbstbestimmung im Rahmen einer Informationsfreiheitsgesetzgebung, das dem einzelnen die Einschätzung ermöglichen würde, wer welche Information über ihn hält, ist der FOIA ebenso wie die amerikanische privacy-Doktrin insgesamt 283 noch recht weit entfernt. Ein gewisser Widerspruch ergibt sich auch im Verhältnis von FOIA und Privacy Act. Immerhin setzt der Privacy Act bei Informationsoffenbarungen den Akzent auf das Prinzip der Einwilligung, indem er die Einwilligung als zentrales Legitimationskriterium vorgesieht. Daß eine vergleichbare Mitwirkung des Betroffenen an der Entscheidung über die Freigabe von ihn betreffenden Informationen unter Geltung des FOIA nicht vorgeschrieben ist 284, wurde deshalb verschiedentlich kritisiert. In der Tat scheint hier ein Wertungswiderspruch vorzuliegen, der nur schwer zu rechtfertigen ist 285. Das Beispiel eines anderen Landes belegt, daß es durchaus möglich ist, in die Datenschutzausnahme eines Informationsfreiheitsgesetzes die Einwilligung als einen möglichen Rechtfertigungstatbestand aufzunehmen und den Betroffenen mit stärkeren Durchsetzungsinstrumentarien hinsichtlich seiner Datenschutzinteressen zu versehen 286. Zurück zu den Abwehrmöglichkeiten von Forschern und Forschungseinrichtungen. Die größte hier interessierende Fallgruppe betrifft den Zugang zu Forschungsförderungs- und Finanzierungsentscheidungen. Behörden haben versucht, diese Informationen unter Berufung auf die 4., 5. und 6. Ausnahme zurückzuhalten. In Washington Research Project, [nc. v. Department 0/ HEW287 wurde grundsätzlich die 4. Ausnahme für unanwendbar erklärt, da diese Vorschrift in einen kommerziellen Kontext gehöre und Wissenschaft nichts mit "trade und commerce"288 zu tun habe. Teile der Unterlagen sah das Gericht allerdings durch die 5. Ausnahme, die interne Entscheidungsprozesse einer Behörde schützen soll, 283 Vgl. dazu unten 3. Kapitel, sub 11. 2. b), Text bei Fn. 119-122. 284 Vgl. etwa Maxwell, Kimera/ Reinsch, Roger, The Freedom of Information Act Privacy Exemption: Who Does it Really Protect?, 7 Communications and the Law, No. 2, 1985,45. 285 Vgl. etwa Hixson, Richard, Privacy in a Public Society, New York / Oxford 1987, 200 ff. 286 Vgl. z. B. die Vorschriften des kombinierten Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes des kanadischen Staates Ontario, ,,An Act to Provide Freedom of Information and Protection of Individual Privacy, Assented to June 29th, 1987"; Statutes of Ontario, Chapter 25, § 21, (1) (a). 287 504 F.2d 238 (D.C. Cir. 1974), cert. den., 421 U.S. 963 (1975). 288 Ebenda, 244; zu idealisierend dieser Ansatz nach Adler, Judith Lowitz, The Impact of FOIA on Scientific Research Grantees, 17 Columbia Journal of Law and Social Problems 1,5 ff. (1981); vgl. auch kritisch Weber, State Public Records Act: The Need to Exempt Scientific Research Relating to State Universities from Indiscriminate Public Disclosure. (Fn. 272), S. 143 ff. 8 Wollenteit
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
als "predecisional" an 289. Für den Forschungsantrag selbst sowie die abschließende Entscheidung der Behörde galt dies jedoch nicht. In Kurzon v. Department 01 HHS290 war ein Antragsteller erfolgreich, der eine Namens- und Adressenliste aller abgelehnten Bewerber für Forschungsgelder herausverlangte. In der Entscheidung, deren Gültigkeit auf dem Hintergrund der neuen Rechtsprechung des Supreme Court bezweifelt werden muß291, wurde eine Verletzung der 6. Ausnahme des FOIA vemeint 292 . Die Haltung der ,,research community" zu dem Problem ist keineswegs eindeutig. Natürlich bestehen Befürchtungen, daß eine frühzeitige Offenbarung von Forschungsanträgen dem Diebstahl geistigen Eigentums Vorschub leistet und geistiges Eigentum gefährdet 293. Andererseits interessieren sich fast ausschließlich Forscher für den Zugang zu Forschungsanträgen. In diesem Sinne wird etwa argumentiert, daß der Zugang zu "grant proposals" Einsichten über erfolgreiche Antragsstrategien zu vermitteln vermag 294. Außerdem kann die Transparenz von Finanzierungsentscheidungen durchaus im Interesse der Forschung liegen. Inzwischen hat sich offenbar eine weitgehend akzeptierte Praxis durchgesetzt, die den Zugang zu Forschungsanträgen vor und nach der abschließenden Behördenentscheidung unterschiedlich behandelt. Danach werden grant applications und "contract proposals" erst nach der Finanzierungsentscheidung zugänglich gemacht 295 . Diese Vorgehensweise hat auch die Zustimmung der National Commission lor the Protection 01 Human Subjects 01 Biomedical and Behavioral Research gefunden 296. Nach Ansicht des Ethics Advisory Board des Department of Health and Human Services 297 sind auch klinische Langzeitstudien im Bereich der NIH durch einen FOI-Antrag gefährdet. Die Offenbarung von Zwischenberichten, die einen Trend (sog. "trend data") erkennen lassen, kann offenbar solchen Studien beachtlichen 289 Ebenda, 249 ff. 290 649 F.2d 65 (1st Cir. 1981). 291 Dazu oben Text bei Fn. 234 und 235. 292 649 F.2d 65, 68 ff. (1st Cir. 1981). 293 United States, National Commission for the Protection of Human Subjects of Biomedical and Behavioral Research, Report and Recommendations, Disclosure of Research Information under the Freedom ofInformation Act, 1977, S. 16 f.; Morris, Robert A. / Sales, Bruce D. / Berman, John J., Research and the Freedom of Information Act, 36 American Psychologist 819, 822 (1981); vgl. auch die Leserbriefe von Wheelock, Frederick, Plagiarism and Freedom of Information Laws, Lancet, Vol. I, No 8172, April 12, 1980, S. 826, und von Hummer, John L., Misuse of the Freedom of Information Act, 235 Science 144 (1987), wo jeweils in konkreten Fällen der Vorwurf des Plagiats erhoben wird. 294 National Commission for the Protection of Human Subjects of Biomedical and Behavioral Research, ebenda, 25; Morris / Sales / Berman, ebenda, S. 822. 295 Dies läßt sich z. B. für die NIH aus internen Schulungsunterlagen entnehmen, die dem Verfasser vorliegen. 296 (Fn. 293), S. 33. 297 (Fn. 273).
VI. Der Schutz von Forschungsdaten vor dem FOIA
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Schaden zufügen 298 • Wird zum Beispiel eine Tendenz bekannt, wonach ein bestimmtes Medikament bessere Resultate als ein anderes erzielt, kann dies die Partizipation an einer Studie untergraben. Es wird befürchtet, daß Teilnehmer einer Vergleichs gruppe, die dieses Medikament nicht erhalten, die Loyalität zu einer Forschungsstudie aufkündigen 299 und die Verabreichung des günstigeren Medikaments anstreben, obwohl die Ergebnisse noch nicht gesichert sind. Da man bei den NIH mit vorzeitigen Presseveröffentlichungen offenbar schlechte Erfahrungen gemacht hat, versucht man mit allen rechtlichen Mitteln, die Offenbarung von trend data zu verhindem 3°O. Wegen der unsicheren Rechtslage und der Fragwürdigkeit von Verzögerungs strategien 301 bemühen sich die NIH seit Jahren ohne Erfolg um eine Reform des FOIA, die die NIH in begrenztem Umfang von seinen Verpflichtungen nach dem FOIA entbinden würde. Dieses Anliegen hat die Unterstützung des "Ethics Advisory Board" des "Department of Health and Human Services" gefunden, welches die schwierigen ethischen Fragen sorgfältig abwog 302 • Schließlich wurde verschiedentlich versucht, wissenschaftliche Rohdaten von Forschungsstudien über den FOIA zu erhalten. In zwei Fällen ging es um die Daten einer Diabetes-Longitudinalstudie, die von einer privaten Forschungseinrichtung durchgeführt und aus Bundesmitteln finanziert wurde 303 • Die Einsichtsanträge scheiterten daran, daß die Gerichte die begehrten Informationen nicht als agency records ansahen, da das Ministerium keine Verfügungsbefugnis über die Daten erlangt hatte. Die bloße Finanzierung einer Studie aus Bundesmitteln mache die im Zug einer Studie erstellten Unterlagen nicht 'zu Akten im Sinne des FOIA 304. Kommentatoren machen jedoch geltend, daß die Gefahr der Offenbarung von Rohdaten (sowie damit verbundenen Forschungsunterlagen) dadurch noch nicht gebannt sei 30s • Zum einen erstrecke sich die ,,ratio decidendi" von 298 Ebenda, S. 7; ferner StalIones , Reuel A., The Effects of the Freedom of Information Act on Research, 72 American Journal of Public Health 335, 335/336 (1982); zur Lage in der Bundesrepublik Eberbach, Wolfram H., Einzelfall und wissenschaftliche Methode - ein Widerspruch?, MedR 1988,7. 299 Ebenda. 300 Dies wurde mir in einem Gespräch mit der zuständigen FOI-Beamtin der NIH mitgeteilt. 301 Dazu StalIones, (Fn. 298), 336 m. w. N. 302 (Fn. 273); ein ähnlich lautendes Begehren des Center of Disease Control fand hingegen nicht die Unterstützung dieses Gremiums; vgl. United States, Departrnent of Health and Human Services, Ethics Advisory Board, The Request of the Center of Disease Control for a Limited Exemption from the Freedom of Information Act, Washington, D.C. 1980. ' 303 Forsham v. Harris, 445 U.S. 169 (1980), 100 S.Ct. 978 (1980); vgl. auch die Vorentscheidung Forsham v. Califano, 587 F.2d 1128 (D.C.Cir. 1978); ferner CibaGeigy v. Mathews, 428 F.Supp. 523 (S.D.N.Y. 1977). 304 Forsham v. Harris, ebenda, 179. 305 Vgl. Z. B. 0' Reilly, Medical Privacy and Medical Research: Is Govemment the Problem or the Solution?, 12 University of Dayton Law Review 243, 265 ff. (1985).
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
F orsham v. Harris nicht auf Rohdaten, die sich in staatlichen Forschungseinrichtungen befinden 306• Ferner versage Forsham v. Harris, wenn Forschungsunterlagen, darunter auch Rohdaten, an die fördernde Verwaltungseinheit übergeben würden 307. In einem solchen Fall könne der Zugang zu Forschungsunterlagen nur über den Ausnahmekatalog des FOIA abgewehrt werden.
Für die Auftragsforschung werden auf dem Hintergrund der verfügbaren Präjudizien teilweise pragmatische Lösungsstrategien vorgeschlagen, wonach Forschungsverträge so gestaltet werden sollten, daß die im Zuge des Vorhabens generierten Daten nach Forsham nicht als agency records angesehen werden können 308. Externen Forschern wird ferner geraten, sich genau zu vergegenwärtigen, ob Forschungsdaten zu irgendeinem Zeitpunkt bei Behörden landen könnten 309 , oder Rohdaten nur in aggregierter Form an eine Behörden zu übergeben, damit die Vertraulichkeit der Forschungsdaten nicht kompromittiert wird 31O • Forschern in bundesstaatlichen Einrichtungen helfen solche Strategien allerdings nicht. Das Problem sollte trotzdem nicht überschätzt werden, da kaum Fälle bekannt sind, in denen tatsächlich Rohdaten offenbart worden sind 311 • Insgesamt wird die Rechtslage von der scientific community in mancher Hinsicht als unbefriedigend angesehen. Die Ungleichbehandlung staatlicher und nicht-staatlicher Forschungseinrichtungen, die sich eigenartig spiegelverkehrt zu der Rechtslage in der Bundesrepublik verhält 312, wird von vielen Forschern in staatlichen Forschungseinrichtungen unter Wettbewerbsgesichtspunkten beklagt 313 • Als besonders problematisch stellen sich die Probleme für große staatliche Forschungseinrichtungen, wie etwa die NIH, dar, da die vertrauliche Behandlung von Forschungsdaten (gerade in der medizinischen Forschung) vielfach als Z. B. Adler, (Fn. 288), 17 ff. Vgl. etwa St. Pauls Benevolent Educ. and Miss. Institute v. United States, 506 FR.Supp. 822 (N.D. Ga 1980). 308 Vgl. 0' Reilly, (Fn. 305), 273. 309 Small / Tomkins / Cecil, Freedom of Information Laws and Survey Research, (Fn. 55), 18. 310 Morris / Sales / Berman, Research and the Freedom ofInformation Act, 36 American Psycho1ogist 819, 826 (1981). 311 Soweit ersichtlich, ist lediglich ein einziger Fall, der sich unter dem Informationszugangsrechts des Staates Texas abspielte, bekannt; dazu Morris / Sales / Berman, ebenda, 820. 312 Während in den USA private Forschungseinrichtungen wegen der Möglichkeit, Forschungsdaten durch entsprechende Vertragsgestaltungen vor Zweckentfremdung zu schützen, bessere Zugangsbedingungen garantieren können, finden in der Bundesrepublik in der Regel staatliche Forschungseinrichtungen durch die Privilegierung in den Forschungsklause1n bessere Bedingungen beim Zugang zu admAnistrativen Informationsbeständen vor. Nach § 40 Abs. 2 BDSG ist allerdings jetzt die Ubermitt1ung personenbezogener Daten an private Forschungseinrichtungen möglich, wenn diese sich verpflichten, die übermittelten Daten nicht für andere Zwecke zu verarbeiten oder zu nutzen sowie die Daten frühestmöglich zu anonymisieren. 313 Vgl. z. B. Weber, (Fn. 272), 143 ff.; Adler, The hnpact of FOIA on Scientific Research Grantees, 17 Co1umbia Journal of Law and Social Problems 1,26/27 (1981). 306
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VII. Zusammenfassung: Forschung und Datenschutz unter dem FOIA
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conditio sine qua non für eine erfolgreiche Forschertätigkeit angesehen wird. Trotz der verbreiteten Forderung nach Schutz von Forschungsdaten vor dem FOIA ist die Schaffung einer Ausnahmeregelung nicht unumstritten. Dies hat einen Grund darin, daß innerhalb der research community ein möglichst ungehinderter Datenaustausch (sog. data sharing) als wünschenswert angesehen wird 314 • Sieht man einmal von der Offenbarung von Forschungsförderungsanträgen ab, mit der sich die scientific community offenbar abgefunden hat, überwiegt jedoch die Forderung nach einem konsequenten Forschungsgeheimnis, welches Forschungsunterlagen auch vor dem FOIA schützen würde 315 •
VII. Zugang zu Informationen für Forschungszwecke im Spannungsfeld von Datenschutz und Informationsfreiheit: Der Lösungsansatz des FOIA Mit Ausnahme der angesprochenen Regeln des Gebührenrechts 316 kennt der FOIA keine Bestimmungen, die den Datenzugang für Forschungszwecke besonders privilegieren. Unmittelbar profitieren kann der Forscher deshalb nur, wie jeder andere Nutzer, von der allgemeinen auf Publizität gerichteten Tendenz des Gesetzes. Diese Leistung des Öffentlichkeitsprinzips für die Zugangsmöglichkeiten der Wissenschaft kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden 317 • Die Umkehr der Rechtfertigungslast konterkariert den in der Bundesrepublik häufig zu beobachtenden Synergismus von Datenschutz und Geheimhaltungsprinzip. Die Rechtsschutzmöglichkeiten im Rahmen des FOIA erlauben durch eine "in camera"-Überprüfung eine effektive Kontrolle der Geheimhaltungsbehauptung. Die relativ stringenten Fristvorschriften kommen einem Bedürfnis der Forschung entgegen, das mit Rücksicht auf einen besonderen Aktualitätsdruck lange Bescheidungs- und Gerichtsverfahren nicht in Kauf zu nehmen gewillt ist. Eine weitere Leistung des FOIA besteht darin, daß er Forschungsanliegen unterstützt, die sich mit der Funktionweise politischer Institutionen und Administrationen befassen. Die demokratischen Intentionen des FOIA durchkreuzen damit tendenziell Bestrebungen der Verwaltung, sich selbst gegen "Beforschung" 314 In diesem Sinne wurde etwa die Entscheidung St. Pauls Benevolent Educ. and Miss. Institute v. United States, 506 FR.Supp. 822 (N.D. Ga 1980) begrüßt; vgl. Cecil, Joe Shelby / Grifjin, Eugene, The Role of Legal Policies in Data Sharing, in: Fienberg, Stephen E. / Martin, Margaret E. / Straf, Miron L., Sharing Research Data, Washington, D.C. 1985, 148, 159; kritisch dazu 0' Reilly, (Fn. 300), 262 f. 315 Dazu Morris / Sales / Berman, (Fn. 310), 826; Adler, (Fn. 313), 39 / 40.; vgl. ferner unten 4. Kapitel. 316 Dazu oben sub I. 5. 317 Ebenso Scherer, Datenzugang des Forschers unter dem amerikanischen Freedom of Information Act, (Fn. 186).
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
abzuschinnen. Besteht danach ein öffentliches Interesse an der Infonnationsoffenbarung, kann dies auch bedeuten, daß ursprünglich personenbezogene Infonnationen in einer redigierten, anonymisierten Fassung zugänglich zu machen sind. Datenzugangswünsche der Wissenschaft können an jeder der 9 Ausnahmevorschriften des FOIAs scheitern. Für Historiker, die sich mit Angelegenheiten der nationalen Sicherheit oder der Außenpolitik befassen, hat sich z. B. die 1. Ausnahme des FOIAs als größte Barriere erwiesen. Da die Geheimhaltungskriterien, die für die 1. Ausnahme verbindlich sind, weitgehend von der Administration selbst festgelegt werden, konnte für diesen Bereich die traditionell restriktive Sekretierungspraxis weniger deutlich zurückgedrängt werden. Die Handhabung der Ausnahmevorschrift durch die Administration wird Datenzugangswünschen von Forschern nicht gerecht und ist deshalb beachtlicher Kritik ausgesetzt. Das Beispiel schärft auch das Bewußtsein dafür, daß eine einseitige Zuspitzung des Konflikts zwischen staatlichen Infonnationsverwaltern und Forschern auf den Datenschutz verkürzend ist 318 • Den Konflikt zwischen Datenschutz und Zugangsinteressen hat der Gesetzgeber durch die Etablierung einer Abwägungsregel zu lösen gesucht. Die Auswertung der Rechtsprechung zur Abwägung von personal privaey und publie interest hat dabei gezeigt, daß es alles andere als einfach ist, der Datenschutzausnahme überzeugende Konturen zu verleihen 319 • Das bisherige Oszillieren der Rechtsprechung zwischen einem abstrakten (,,release to one is release to all") und einem nutzerorientierten Abwägungsansatz hat seinen Grund in einer fundamentalen Schwierigkeit. Die Abwägungsregeln stehen im Sog zweier tendenziell gegenläufigen Gravitationslinien. Aus der Perspektive des amerikanischen Freedom of Information-Prinzips müssen alle Zugangsuchenden gleich behandelt werden. Dies ergibt sich aus den demokratischen Prämissen des Freedom of Infonnation Act, der sich als Ennöglichungsbedingung für das Entstehen einer infonnierten Wählerschaft versteht und deshalt> der allgemeinen, nicht mediatisierten Öffentlichkeit ein gleiches Zugangsrecht einräumen will. Für ein auf das Demokratieprinzip gestütztes Datenzugangsrecht ist eine Differenzierung zwischen mehr oder weniger Zugangsberechtigten problematisch 320 • Der individualrechtliche Datenschutz stellt hingegen auf die Gefährdungen des Individuums durch das Bekanntwerden personenbezogener Infonnationen in der Öffentlichkeit ab. Da die Gefährdungen des einzelnen je nach den Besonderheiten des Verwendungszwecks der Daten unterschiedlich beurteilt werden können, legt der Datenschutz eher eine partikulare Betrachtungsweise nahe. Die 318 Dies verdient hervorgehoben zu werden, da die Zentrierung der bundesrepublikanischen Diskussion um den Datenschutz bisher die nötige Sensibilität für andere mögliche Zugangskonflikte hat vermissen lassen. 319 Im einzelnen dazu sub IV. 320 So zutreffend Scherer, Datenzugang im Bereich der öffentlichen Verwaltung, DuD 1982, 14 (15).
VII. Zusammenfassung: Forschung und Datenschutz unter dem FOIA
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Forderung nach Ausdifferenzierung des Datenschutzes in "bereichsspezifische" Regelungen, die den besonderen Verarbeitungsbedingungen unterschiedlicher Gebiete Rechnung tragen, dürfte geradezu eine Quintessenz der bisherigen Erfahrungen mit den eher generalisierenden Datenschutzgesetzen in der Bundesrepublik und auch international sein 321. Die Situation läßt sich aus der Perspektive des Entscheidenden als Paradoxie beschreiben. Während das FOI-Prinzip einen nutzerorientierten Einzelfallbezug verbietet, kann das Datenschutzprinzip einem solchen tendenziell aufgeschlossen gegenüberstehen. Das Aufbrechen dieser Paradoxie im Bereich der Rechtsanwendung war in gewisser Weise vorprogrammiert, weil es der Gesetzgeber versäumt hat, die generalisierende (demokratietheoretisch begründete) und die partikulare (individualrechtlich begründete) Perspektive im Detail aufeinander abzustimmen, und sich stattdessen auf die Statuierung einer wenig präzisen Generalklausel beschränkt hat. Die Schwierigkeiten einer solchen Abstimmung sind, zugegeben, immens. Letztlich wird man selbst im Fall einer detaillierten gesetzlichen Regelung anerkennen müssen, daß bei der Entscheidung eines FOI-Beamten, ob im konkreten Fall einem Dritten Zugang zu personenbezogenen Informationen gewährt werden soll, Konflikte unvermeidlich sind 322 • Daraus den Schluß zu ziehen, daß Datenschutz und "freedom of information" unvereinbar sind, wäre allerdings verfehlt 323 • Für die Forschung sind die Resultate also zwiespältig. Zum einen hat sich gezeigt, daß das Öffentlichkeitsprinzip mit großen Vorteilen für die Forschung verbunden ist. Zugleich ist allerdings deutlich geworden, daß die Zugangsmöglichkeiten zu personenbezogenen Daten dadurch begrenzt sind, daß eine Berücksichtigung des Verwendungszwecks der Daten nicht möglich ist. Wie das folgende Kapitel zeigen wird, spielt der Verwendungskontext bei der Freigabe personenbezogener Införmationen erst im Rahmen des ,,Privacy Act" eine um so prominentere Rolle 324 • Diese zwiespältige Situation wirft die grundsätzliche Frage auf, ob nicht über die Einbeziehung des Verwendungszwecks die besonderen Zugangsbedürfnisse der Forschung im Rahmen eines Informationsfreiheitsgesetzes einbezogen wer321 Vgl. etwa Bull, Datenschutz oder die Angst vor dem Computer, München 1984, S. 355; 4. Tb.~des BfD, 1982,41 f.; 16. Tb. des Hess. DSB, 1987, 15 ff.; Similis, Spiros, General Report, in: Council of Europe / Conseil de I'Europe, Beyond 1984: The Law and Information Technology in Tomorrow's Society, Proceedings of the Fourteenth Colloquy on European Law, Strasbourg 1985, 109 ff. (110); ders., Data Protection Experiences and Tendencies, 18 Law /Technology, No. 5, 1985,3 ff. (15-18). 322 Vgl. Hanus, Jerome / Relyea, Harold, A Policy Assessment of the Privacy Act of 1974,25 American University Law Review 555, 589f (1976). 323 Vgl. dazu noch unten 7. Kapitel. 324 Den besonderen Zugangsinteressen der Forschung wird hier relativ unreglementiert durch eine fragwürdige Inanspruchnahme des Routinegebrauches auch ohne ausdrückliche gesetzliche Privilegierung Rechnung getragen; dazu im einzelnen 3. Kapitel, IH. 3.
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
den könnten. Der Supreme Court hat für den FOIA in seiner jüngeren Rechtsprechung, wie im einzelnen dargelegt wurde 325, auf diese Frage eine recht eindeutige Antwort gegeben, indem er die Berücksichtigung des konkreten Verwendungskontexts bei der Freigabeentscheidung generell für unzulässig erklärt hat. Für den amerikanischen FOIA überzeugt diese Lösung aus einem wichtigen Grund. Nämlich weil es rechtlich an Möglichkeiten fehlt, Daten nach ihrer Offenbarung auf die Nutzung in einem spezifischen Kontext zu beschränken. Dies folgt nicht nur aus der inzwischen hinreichend klar herausgearbeiteten Intention des FOIA, wonach die Offenbarung an einen Nutzer zur Offenbarung an alle anderen zwingt. Es fehlt auch an Geheimhaltungsvorschriften (z. B. Forschungsgeheimnisse), die zu Forschungszwecken übermittelte Informationen vor unkontrollierter Weiterverbreitung schützen könnten. Auch können Forschungsdaten kaum unter Berufung auf Zeugnisverweigerungsrechte, deren Existenz und Reichweite unsicher sind 326, durch Forscher selbst effektiv vor Zweckentfremdung bewahrt werden. Es ist aber nicht plausibel, den Verwendungskontext bei der Begründung von Zugangsmöglichkeiten in einem Zusammenhang heranzuziehen, in dem der Verwendungskontext gar nicht garantiert werden kann 327. Diese Einschätzung bedeutet keineswegs, daß nicht Bedingungen vorstellbar wären, unter denen überwiegende Gründe für eine partielle Reflexion von besonderen Datenzugangsinteressen der Wissenschaft im Rahmen einer FOI-Datenschutzausnahme sprächen. Wer in diese Richtung weiterdenken will, sollte aber nicht verkennen, daß auch für den generalisierenden Ansatz vieles spricht. Ein Ansatz, der auf eine Berücksichtigung des besonderen Verwendungszwecks verzichtet, erscheint in vieler Hinsicht praktikabler. Die Administration wird von der häufig schwierig durchzuführenden Aufgabe entlastet, Zugangsinteressen auf dem Hintergrund gesetzlicher Vorgaben zu beurteilen und unterschiedlich zu bewerten. Die Regel, wonach die Freigabe von personenbezogenen Informationsbeständen zukünftige Entscheidungen der Behörde vorwegnimmt, begrenzt den Verwaltungsaufwand nicht unerheblich. Die Preisgabe von Informationen durch eine gerichtliche Entscheidung würde alle übrigen Prozesse hinsicht1ch derselben Informationen präjudizieren oder nach der stare decisis-Doktrin sogar ausschließen 328 und dadurch mit richterlichen Ressourcen sparsam umgehen. Diesen Vorteilen stehen jedoch mehrere erhebliche Nachteile gegenüber. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß der Verzicht auf die Berücksiehtigung des Dazu oben sub IV. 3. b. cc., Text bei Fn. 215 ff. Dazu unten 4. Kapitel. 327 Dieses Problem wurde letztlich bereits in Getman gesehen, weshalb das Gericht mit Blick auf die beabsichtigte Nutzung durch die Wissenschaftler in die Freigabeentscheidung eine implizite Verwendungsbeschränkung hineininterpretierte; vgl. 450 F.2d 670,677 Fn. 24 (D.C. Cir. 1971). Die Antwort auf die Frage, wie diese Verwendungsbeschränkung garantiert werden könnte, blieb das Gericht allerdings schuldig. 328 Comment, The Freedom of Information Act's Privacy Exemption and the Privacy Act of 1974, 11 Harvard Civil Rights - Civil Liberties Law Review 596, 616 (1977). 325
326
Vll. Zusammenfassung: Forschung und Datenschutz unter dem FOIA
121
Verwendungszwecks im Rahmen des FOIA das Problem nicht erledigt. Wie die sich anschließende Untersuchung des Privacy Act zeigen wird, entfaltet das "Verdrängte" im Bereich des Privacy Act eine um so stärkere Eigendynamik. Die mit der generalisierenden Abstraktion vom Verwendungszweck verbundene Vereinfachung der Abwägung im Rahmen der 6. Ausnahme des FOIA verschiebt den Problemdruck letztlich nur in den Bereich des allgemeinen Datenschutzrechts. Ferner indiziert das Ringen der Rechtsprechung mit dem generalisierenden Ansatz des FOIA, daß in der Praxis eine vom Verwendungskontext abstrahierende Harmonisierung des Konflikts von Datenschutz und Informationsfreiheit sehr schwierig ist. Ein Lösungsweg, der mit einem generalisierenden release to one is release to all Ernst macht, steht vor der schwer zu lösenden Aufgabe, Datenschutz und öffentliche Interessen ohne Rücksicht auf jedwede konkrete Besonderheit gegeneinander abwägen zu müssen. Dies kann eigentlich nur bedeuten, daß die Entscheidung für die Freigabe von Informationen alle möglichen Verwendungszwecke antizipieren müßte. Schon für die Offenbarung von scheinbar "harmlosen" personenbezogenen Informationen lassen sich aber nicht selten Risiken denken, ebenso wie Situationen vorstellbar sind, die selbst die Preisgabe hochsensibler personenbezogener Informationen legitim erscheinen lassen 329. Eine gesetzliche Regelung könnte etwa unter Rekurs auf seltene aber durchaus realistische Gefahrenszenarien von einem stringenten Datenschutzverständnis ausgehen und konsequent den Zugang zu personenbezogenen Informationen generell untersagen. Umgekehrt hat einmal ein amerikanisches Gericht unter Vernachlässigung durchaus realistischer Gefahrenpotentiale die Prämisse verallgemeinert, daß bei der Beurteilung der Frage, ob die Preisgabe personenbezogener Informationen im öffentlichen Interesse liegt, der Standpunkt eines altruistischen Antragstellers maßgeblich ist 330. Von dieser Prämisse ausgehend läßt sich ein Kriterium, das die Preisgabe personenbezogener Informationen limitieren könnte, kaum denken. Die Beispiele zeigen, daß generalisierende Ansätze dazu tendieren, den Datenzugang entweder übermäßig stark zu beschränken oder Datenschutzinteressen über Gebühr zu beeinträchtigen. Wiedergespiegelt wird diese Situation gewissermaßen durch die ambivalente Kritik der 6. Ausnahme in der Literatur, die die Datenschutzausnahme sowohl wegen einer zu weitgehenden Beschränkung des Zugangsrechts 331 als auch wegen einer zu weitreichenden Beeinträchtigung des Rechts auf Privatheit 332 angreift. Zwar mögen Zwischenlösungen vorstellbar sein, die weniger radikal ausfallen. Auch diese müßten aber notwendigerweise schemaSo zutreffend AK-GG-Podlech, Bd. 1, 1984, Art. 2 Abs. 1, Rdnr. 37. So Aronson v. HUD, 822 F.2d 182, 186 (1st Cir. 1987). 331 Hixson, Privacy in a Public Society, (Fn. 175), 199 ff. 332 Easterbrook, Frank, Privacy and the Optimal Extent of Disclosure under the Freedom of Information Act, 9 Journal of Legal Studies 775 (1980) (..extraordinary piece of antiprivacy legislation"; S. 776). 329 330
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
tisieren, da nur solche Abgrenzungen akzeptabel wären, die mit dem Grundsatz release to one is release to all vereinbar sind. Nimmt man die vorstehenden Einwände ernst, kann nur einer differenzierenden Lösung der Vorzug gebühren. Ausgangspunkt einer solchen gesetzlichen Regelung darf allerdings durchaus die am FOIA orientierte demokratietheoretische Grundlegung sein, daß Informationszugang grundsätzlich ohne Berücksichtigung der spezifischen Besonderheiten zu gewähren ist. Durch den Verwendungszweck definierte Abweichungen von dieser Regel sollten jedoch nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Solche abweichende Rechtfertigungsmöglichkeiten tragen dem Umstand Rechnung, daß sich aus datenschutzrechtlicher Perspektive die Risiken für Betroffene in spezifischen Verwendungskontexten sehr unterschiedlich darstellen können. Wann und in welchem Umfang eine gesetzliche Regelung Resonanz für derartige Unterschiede aufbringen und Zugang unter priviligierenden Voraussetzungen (z. B. ohne Einwilligung des Betroffenen) ermöglichen sollte, hängt von einer Fülle von Faktoren ab. Im Grunde genommen ist hier der gesamte Diskussionshorizont der bisherigen Datenschutzdebatte relevant, der zu einer noch keineswegs abgeschlossen Ausdifferenzierung von bereichsspezifischen Verarbeitungsregeln geführt hat. Trotz der Erkenntnis, daß es das sog. "belanglose" Datum nicht mehr gibt, wird die jeweilige Sensibilität der in Rede stehenden personenbezogenen Informationen eine Rolle spielen müssen. Bei privilegierenden Zugangsmöglichkeiten zählt ferner das Gebot der Zweckbindung zu den essentials 333. Nur dann, wenn es verläßliche Gründe für die Annahme gibt, daß die überniittelten Informationen nicht an Dritte weitergegeben werden oder zu anderen Zwecken genutzt werden als denjenigen, die die Übermittlung der Daten legitimiert haben, kann ein Schritt in Richtung erleichterter Zugangs bedingungen getan werden. Derartige verläßliche Gründe wird man in der Regel nur dort annehmen können, wo zusätzliche gesetzliche Regelungen eine Zweckbindung (z. B. durch Geheimhaltungsverpflichtung auf seiten des Rezipienten) zu gewährleisten vermögen 334. Schließlich ist es weder einzusehen noch geboten im Rahmen einer Datenschutzausnahme auf die Einwilligung als mögliches Rechtfertigungskriterium zu verzichten 335. 333 Vgl. auch Simitis, Spiros, Datenschutz und wissenschaftliche Forschung, in: Waeh[er (Hrsg.), Deutsch-polnisches Kolloqium über Wirtschaftsrecht und das Recht des Persönlichkeitsschutzes, Tübingen 1985, 87, 121. 334 Im Hinblick auf die Forschungsproblematik geht in diese Richtung die verbreitete Forderung nach "functional separation" von Forschungsdaten von sonstigen Verwaltungszwecken; vgl. Privacy Protection Study Commission, Personal Privacy in an Information Society, Washington D.C. 1977, 572 ff.; Europarat, Empfehlung No. R(83)10 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten zum Schutz personenbezogener Daten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und Statistik, abgedr. als Anlage 3 zum 6. Tb. des BfD, 1984, S. 69, 70; vgl. auch Simitis, Spiros, Data Protection and Research: A Case Study of Control, 29 American Journal of Comparative Law 583, 597 ff. (1981).
VII. Zusammenfassung: Forschung und Datenschutz unter dem FOIA
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Angesichts der Komplexität eines solchen Lösungsvorschlages kann natürlich die Frage gestellt werden, ob es nicht doch praktikabler wäre, an dem generalisierenden Ansatz des amerikanischen FOIA festzuhalten und eine nach dem Verwendungszweck differenzierende Feinsteuerung dem hergebrachten Datenschutzrecht (Privacy Act) zu überlassen. Eine solche segmentierende Herangehensweise mag auf dem Hintergrund vorhandener Normenbestände Praktikabilitätsgesichtspunkte für sich reklamieren können. Sie ist jedoch aus grundsätzlichen Erwägungen unbefriedigend. Sie verfehlt die grundlegende Erkenntnis, daß in der Informationsgesellschaft Datenschutz und Informationszugangsrecht zusammengehören und deshalb die traditionelle Trennung beider Rechtsgebiete nicht mehr plausibel ist 336. An der Forschung läßt sich zudem besonders deutlich zeigen, daß ein Bedürfnis nach Zugangsvergünstigungen häufig in einem Bereich entsteht, der demfreedom ofinformation-Kontext nahe steht. Ein solches Zugangsrecht sollte dann aber auch konsequent als Informationszugangsrecht und nicht als Ausnahme vom Datenschutz aufgefaßt werden 337. Daß sich die Datenschutzausnahme eines Informationsfreiheitsgesetzes einer solchen Herausforderung durchaus zu stellen vermag, belegt die Freedom of Information and Proteetion of Individual Privacy-Gesetzgebung des kanadischen Staates Ontario 338 • Einige Hinweise auf dieses keineswegs in jeder Hinsicht gelungene Pioniervorhaben sollen hier genügen. In dem Gesetz, welches konsequent Datenschutz und Informationsfreiheit als zusammengehörige Materien in einem Gesetz regelt, wird der Zugang zu personenbezogenen Daten für Dritte nicht nur über eine Abwägungsregel gesteuert. Das Gesetz rechtfertigt den Datenzugang zu personenbezogenen Informationen in seinem FOI-Teil auf der Basis der Einwilligung des Betroffenen und erlaubt darüber hinaus die Freigabe von individualisierten Informationen für verschiedene andere Zwecke 339; ein besonderer Abschnitt befaßt sich auch mit dem Zugang zu Forschungsdaten 34O • Die 335 Auch in der amerikanischen Diskussion wurde verschiedentlich gefordert, die Einwilligung als mögliche Rechtsgrundlage für die Freigabe von personenbezogenen Informationen im FOI-Kontext vorzusehen; vgl. Maxwell / Reinsch, The Freedom of Information Act Privacy Exemption: Who Does it Really Protect?, 7 Comunications and the Law, No. 2, 1985,45,45; Hixson, Richard, Privacy in a Public Society, New York / Oxford 1987, 201. 336 Vgl. nur die Empfehlung der Parlamentarische Versammlung des Europarates, Recommendation 1037 (1986), Data protection and freedom of information, in: Council of Europe / Conseil de L 'Europe, Information Sheet No. 20 (May October 1986, 98 ff.; ferner ausführlich noch unten im 7. Kapitel. 337 Vgl. Ontario, Commission on Freedom of Information and Individual Privacy, Public Govemment for Private People: The Report of the Commission on Freedom of Information and Individual Privacy, Toronto 1980,333. 338 Statutes of Ontario, Chapter 25, § 21. 339 Sub (1) (b)-(d); bei Gefahrdung der Sicherheit oder Gesundheit eines Betroffenen (b); Informationen die zur Erstellung einer allgemein zugänglichen Akte gesammelt werden (c); personenbezogene Informationen, deren Offenbarung in einem Spezialgesetz vorgesehen sind (d). 340 Sub (1) (e).
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2. Kapitel: Forschung und Datenschutz unter der Geltung des FOIA
Abwägungsregel, die schließlich Offenbarungen zu rechtfertigen vennag, wird in mehreren Unterabschnitten jeweils bezugnehmend auf besondere Verwendungszwecke (z. B. durch Vennutungsregeln) konkretisiert 341 • Zusammenfassend ist festzustellen: Angemessene Lösungen des Konflikts zwischen dem people' s right to know und dem right 0/ privacy können nicht mehr auf Grundlage eines generalisierenden Abwägungsansatzes erwartet werden. Eine FOI-Gesetzgebung muß sich der schwierigen Aufgabe stellen, Datenzugangsbedingungen unter Berücksichtigung der sich aus dem jeweiligen Verwendungskontext ergebenden Risiken für den Betroffenen auszubuchstabieren. Damit wird zugleich an einen Diskussionsstand angeknüpft, der die bereichsspezifische Ausdifferenzierung des Datenschutzes als vordringliche Aufgabe erkannt hat. Im Rahmen eines solchen umfassenden Ansatzes kann sich auch die Wissenschaft, dem Selbstverständis vieler Forscher entsprechend, sehr viel leichter als eine Instanz entfalten, die durch eine "außerhalb und unabhängig von der Exekutive verarbeitete Infonnation Kritik- und Reflexionsfähigkeit in der Gesellschaft garantiert" 342.
Sub (1) (0; (2) (a)-(i); (3) (a)-(h); (4) (a)-(c). Simitis, Datenschutz und Wissenschaftsfreiheit, in: Kaase I Krupp I Pflanz u. a. (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz - Konsequenzen für die Forschung, 1980, 81, 86. 341
342
3. Kapitel
Auswirkungen des Rechts auf Privacy auf den Zugang zu Forschungsdaten Der Zugang zu personenbezogenen Infonnationen für wissenschaftliche Zwekke wird nicht allein über den FOIA gesteuert. Der FOIA detenniniert die Grenzen, innerhalb derer der Forscher ein subjektives Recht auf Datenzugang geltend machen kann. Beruft sich die Behörde im Einklang mit einer Ausnahmeregelung des Gesetzes auf eine Einschränkung des Zugriffs, entfallt der grundsätzlich garantierte Zugangsanspruch. Wie im vorherigen Kapitel gezeigt wurde, liegt für die Forschung ein Nachteil der Datenschutzausnahmen des FOIA darin, daß sie eine Berücksichtigung der besonderen Nutzungsinteressen des Zugangsuchenden nicht zulassen. Diese Schwäche des FOIA mag von Forschern bedauert werden. Sie ist jedoch auf dem Hintergrund der demokratischen Prämissen des FOIA konsequent und aus systematischer Perspektive sogar geboten, da die gesetzlichen Rahmenbedingungen eine selektive Behandlung unterschiedlicher Nutzer nicht zulassen. Beim Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes stellt der FOIA die Freigabe der begehrten Infonnationen allerdings ins Ennessen der Behörde. Dieses Ennessen wird, wie in diesem Kapitel gezeigt werden wird, durch die verfassungsrechtliche privacyDoktrin sowie die Datenschutzgesetzgebung gebunden. Welche Restriktionen sich aus der privacy-Doktrin sowie aus dem Privacy Act ergeben, ist deshalb hier von großem Interesse. Im folgenden wird zunächst knapp das vor allem entstehungsgeschichtlich wichtige zivilistische Recht auf privacy 1 und seine möglichen Auswirkungen auf den Datenzugang im Forschungsbereich diskutiert (1.). Danach wird die verfas1 Schon wegen der Fülle der Bedeutungsschichten, die dem Begriff im fachspezifischen Sprachgebrauch zukommt, ist eine angemessene Übersetzung des Begriffs kaum möglich. Der deutsche Begriff Datenschutz ist nicht nur wesentlich enger gefaßt, sondern trifft auch die Sache nicht. Schutzbedürftig sind nämlich nicht Daten, sondern Menschen; vgl. Bull, Hans Peter, De fundamentale problemen van het informatierecht - Die Grundprobleme des Informationsrechts, Zwolle 1985, S. 27; vgl. auch jüngst Schwartz, Paul, Das Übersetzen im Datenschutz: Unterschiede zwischen deutschen und amerikanischen Konzepten der ,,Privatheit", RDV 1992,8; zum amerikanischen ,,right ofprivacy" vgl. die noch immer interessante Studie von Kamlah, Ruprecht, Right of Privacy, Das allgemeine Persönlichkeitsrecht in amerikanischer Sicht unter Berücksichtigung neuer technologischer Entwicklungen, Köln / etc. 1969; ders., Datenschutz im Spiegel der anglo-amerikanischen Literatur, in: Steinmüller I Lutterbeck u. a., Grundfragen des Datenschutzes, BT-Drucks. VI/3826, Anlage 2, S. 195 ff.
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3. Kapitel: Recht auf Privaey und Zugang zu Forschungsdaten
sungsrechtliche Dimension des Rechts auf privacy und die sich daraus ergebenden Schlußfolgerungen für die Übermittlung personenbezogener Informationen an Forscher thematisiert und mit entsprechenden Vorgaben des bundesrepublikanischen Verfassungsrechts verglichen (11.). Im Anschluß daran wird der Privacy Act, das Herzstück der amerikanischen Datenschutzgesetzgebung, untersucht, der neben dem FOIA die wichtigsten Vorgaben für den Zugang zu personenbezogenen Informationen enthält (III.). Schließlich werden die Ergebnisse zusammengefaßt und diskutiert (IV.).
I. Die Entwicklung des Rechts auf Privacy im Zivilrecht Seine von Geburt an enorme Anziehungskraft verdankt das Recht auf Privacy dem berühmten am Ende des letzten Jahrhunderts veröffentlichen Aufsatz "The Right to Privacy"2, der eine bis heute nicht abgeschlossene Rechtsentwicklung einleiten sollte 3. Das Revolutionäre an dem Unterfangen der beiden Autoren Warren und Brandeis lag in dem Versuch, im Rahmen des common law eine Antwort auf die Gefahrdung des "Rechts, in Ruhe gelassen zu werden" (right to be let alone)4, im sich ~ündigenden Zeitalter moderner Massenkommunikation zu finden. Sie versuchten auf der Grundlage zahlreicher verstreuter Entscheidungen den Nachweis zu führen, daß dem überlieferten Recht ein bisher nicht hinreichend deutlich erkannter Rechtsgedanke, das right to privacy, immanent sei 5. Die Entwicklungslinien des common law werden von dieser Prämisse her neu gedeutet. Als Sinn einer Entwicklung, die sich von der traditionellen Orientie2 Warren, Samue1 D. / Brandeis, Louis D., The Right to Privacy, 4 Harvard Law Review 193 (1890); der Beitrag gilt als herausragendes Beispiel für ein im amerikanischen Rechtskreis nur selten zu beobachtendes Phänomen, nämlich den bahnbrechenden Einfluß eines Aufsatzes auf die Rechtsentwicklung; vgl. Prosser, William L., Handbook of the Law ofTorts, 2nd Ed. 1955, S. 635; ferner Kalven, Harry, Privacy and Tort Law: Were Warren and Brandeis Wrong?, 31 Law and Contemporary Problems 326 (1966); "most influential law review artic1e of all" (327). 3 Trotz der unbestrittenen Zäsur, die Warrens und Brandeis' Problemformulierung markiert, haftet ihrer Hervorhebung auch etwas Willkürliches an. Vgl. Flaherty, David, Privacy in Colonial New England, Charlottsville 1972, der dezidiert der verbreiteten Aufassung widerspricht, die die Forderung nach privaey als modernes Phänomen begreift; vgl. auch Westin, Alan F., Privacy and Freedom, New York 1967,330 ff. 4 Warren / Brandeis, (Fn. 2), S. 195; die Formulierung geht zurück auf Cooley, Thomas M., A Treatise on Law of Torts or the Wrongs which Arise Independent of Contract, Chicago 1880, S. 29. 5 Daß es sich in Wahrheit um eine durch Analogien brillant getarnte "creatio ex nihilo" gehandelt hat, wird zutreffend erkannt von Feleher, Peter L. / Rubin, Edward L., Privacy, Publicity, and the Portrayal of Real People by the Media, 88 Yale Law Journal 1577, 1581 (1979), wonach Warren und Brandeis auf ihrer Suche nach einer Anspruchsgrundlage erfolgreich waren, indem sie sie erfanden; vgl. auch Dworkin, Ronald, Taking Rights Seriously, London 1977, S. 119 (,,kind of brilliant fraud", der "at least sound in its ambition" war).
1. Die Entwicklung des Rechts auf Privacy im Zivilrecht
127
rung am Schutz der physischen Person und des Eigentums gelöst hat, um auch den Schutz von Gedanken, Emotionen und Gefühlen zu erfassen, offenbart sich jetzt das Recht auf privacy 6. Dem privacy tort, einer Unterform des Rechts der unerlaubten Handlung ("law of torts"), wird die Aufgabe zugedacht, die Integritätsinteressen der Betroffenen zu schützen, indem er bei Eingriffen in die Privatsphäre durch die Sensationspresse zum Schadensersatz verpflichtet. Das Anliegen von Warren und Brandeis findet 15 Jahre nach dem Erscheinen des Artikels erstmalig Anerkennung. In der Entscheidung Pavesich v. New England Life Insurance CO.7 entschied der Supreme Court des Staates Georgia, daß die nicht autorisierte Verwendung des Fotos einer Person zu Werbezwecken einen Eingriff in das right ojprivacy beinhalte, der zum Schadensersatz verpflichte. Der danach einsetzende Entwicklungsschub hat zu einer flächendeckenden Anerkennung des "privacy tort" im common law durch die Rechtsprechung oder zu entsprechenden Kodifikationen durch den Gesetzgeber geführt. In Anknüpfung an das Anliegen von Warren und Brandeis wurde Mitte der 50er Jahre die unübersehbare Zahl der Präjudizien, die der Siegeszug des right to privacy hervorgebracht hatte S, von William L. Prosser 9 analysiert und in Fallgruppen eingeteilt. Seine sorgfältige Analyse und Einteilung markiert den zweiten wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu dem gegenwärtigen schadensersatzrechtlichen right to privacy nach der erfolgreichen Grundlegung durch Warren und Brandeis lO • Die Systematisierung der Rechtsprechung erbrachte eine Einteilung in 4 Fallgruppen. Eine Verletzung des Rechts auf privacy liegt danach vor: -
beim Eindringen in die Privatsphäre einer Person ("umeasonable intrusion"),
-
bei der Verwendung von Namen, Photos oder anderen Merkmalen einer Person zu kommerziellen Zwecken ("appropriation"),
Warren / Brandeis, (Fn. 2), 194/195. 122 Ga 190, 201 (S.Ct. of Ga. 1905); in Robertson v. Rochester Folding Box, 171 N.Y. 583 (C.A.N.Y. 1902) wurde in einem Parallelfall die Anerkennung eines Schadensersatzanspruches noch mit der Begründung abgelehnt, dem common law des Staates New Y ork sei das right to privacy unbekannt. S Bis 1960 hatten sich mehr als 300 Präjudizien angesammelt, die als privacy-Entscheidungen fmnierten; vgl. Parent, W.A., A New Definition of Privacy for the Law, 2 Law and Philosophy 305, 322 (1983). 9 Handbook on the Law of Torts, (Fn. 2), 655 ff.; ders., Privacy, 48 California Law Review 383 -423 (1960); Prossers Systematisierung ist bereits im Jahre 1956 ins Deutsche übersetzt worden; vgl. ders., Das Recht auf die Privatsphäre in Amerika, Zeitung für ausländisches und internationales Privatrecht 1956,401. 10 Vgl. Parent, (Fn. 8); die Bedeutung der Arbeit Prossers wird durch den Umstand 6
7
dokumentiert, daß seine Unterscheidungen Eingang in die ,,Restatements" gefunden haben; vgl. American Law Institute, Restatements of the Law, Torts 2 d, Vol. 3, St. Paul 1965, § 652 B - § 652 E; die "Restatements" genießen höchstes Ansehen und nehmen deshalb im amerikanischen Rechtskreis eine Sonderstellung ein; vgl. Blumenwitz, Dieter, Einführung in das Anglo-Amerikanische Recht, 3. Aufl., München 1987, 53 f.
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-
3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
bei Veröffentlichung peinlicher persönlicher Tatsachen ("public disclosure of private facts") sowie der öffentlichen Präsentation einer Person in einem falschen Licht ("false light in the public eye") 11.
Obwohl die Prossersche Einteilung in mancher Hinsicht umstritten geblieben ist, hat sie sich in der Praxis durchgesetzt. Die Kritik richtet sich sowohl gegen die einzelnen "torts" 12 als auch gegen die Unterteilung insgesamt 13. Ob sie im einzelnen überzeugt, kann hier dahingestellt bleiben. Zuzustimmen ist der Beobachtung, daß es auf der Basis des herrschenden Ansatzes bisher nicht gelungen ist, den privacy tort in relevanter Weise für den Bereich der Datenverarbeitung fruchtbar zu machen 14. Die Einschätzung von Richter Biggs, nach der das zivilrechtliche Recht auf privacy wenig mehr als ein Heuhaufen in einem Hurrikan sei 15, hat insofern nichts an Aktualität eingebüßt. Prossers Systematisierung bleibt demselben Problemhorizont verhaftet, der das Erkenntnisinteresse von Warren und Brandeis am Ausgang des 19. Jhdts. geleitet hat, nämlich der Publizierung privater Angelegenheiten durch die Presse. Auf die neuen schwierigen Fragen, die durch Phänomene wie elektronische Überwachungstechniken, Austausch computerisierter Informationen und die Entwicklung umfangreicher Datenbanken aufgeworfen werden, vermag das common law in seiner gegenwärtigen Verfassung keine Antwort zu geben 16. 11 Vgl. die Zusammenfassung der jeweiligen Prüfungsmaßstäbe in Keeton / Dobbs / Keeton / Owen, Prosser and Keeton on the Law of Torts, 5th Ed., St. Pau11984, 849 ff. 12 Z. B. Nimmer, Melville B., The Right to Publicity, 19 Law and Contemporary Problems 203 (1954), und Gavison, Ruth, Privacy and the Limits of Law, 89 Yale Law Journal 421 (1980), 440, die geltend machen, daß die Fallgruppe "appropriation" ins Bereicherungsrecht gehörten. Kalven, Harry, Privacy and Tort Law: Were Warren and Brandeis Wrong, 31 Law and Contemporary Problems 326, 332 (1966), und Zimmermann, Diane, False Light Invasion of Privacy: The Light that Failed, 64 New York University Law Review 364 (1989), möchten die "false-light"-Fä1le durch das Diffamierungsrecht (defamation) erfassen. Verfassungsrechtliche Einwände richten sich unter dem Gesichtspunkt des 1st Amendment gegen den "public disc10sure of private facts tort"; vgl. Cox Broadcasting Corp. v. Cohn, 420 U.S. 469, 95 S.Ct. 1029 (1975); Zimmermann, Diane, Requiem for a Heavyweight: A Farewell to Warren and Brandeis' s Privacy Tort, 68 Comell Law Review 291 (1983); Hili, Alfred, Defamation and Privacy under the First Amendment, 76 Columbia Law Review 1205 (1976). 13 Bloustein, Edward J., Privacy as an Aspect of Human Dignity: An Answer to Dean Prosser, 39 New York University Law Review 962 (1964), 964; Wacks, Raymond, Personal Information, Oxford 1989, 86 m. w. N. 14 V gl. Karst, Kenneth L., "The Files": Legal Controls over the Accuracy and Accessibility of Stored Personal Data, 31 Law and Contemporary Problems 342 (1966); Goldstein, Abraham S., Legal Control of the Dossier, in: Wheeler (Ed.), On Records, Files and Dossiers in American Life, New York 1969, 415, 422 ff.; Trubow, George B., Microcomputers: Legal Approaches and Ethical Implications, in: Hoffman / Lance (Ed.), Computers and Privacy in the Next Decade, New York/ London 1980,23,26/27; Note, The Constitutional Right to Confidentiality, 51 George Washington Law Review 133 (1982),134, Fn. 8; vgl. auch Wacks, Raymond, Personal Information, Oxford 1989, 189. 15 Ettore v. Phi/co Television Broadcasting, 229 F.2d 481, 485 (3rd Cir. 1956); ,,haystack in a hurricane".
I. Die Entwicklung des Rechts auf Privacy im Zivilrecht
129
Es verwundert deshalb nicht, daß sich das Schadensersatzrecht wegen Verletzung des right to privacy auf das Problem des Datenzugangs sowie der Datennutzung für wissenschaftliche Zwecke allenfalls am Rande auswirkt 17. Zwar ist es theoretisch vorstellbar, daß das Sammeln von Informationen in Ausnahmefällen den Verletzungstatbestand des Eindringens ("intrusion") erfüllen kann. Der Tatbestand der intrusion liegt aber erst dann vor, wenn die Informationssarnmlung als hochgradig belästigend oder beleidigend empfunden wird 18. Die verdeckte Beobachtung von sexuellen Aktivitäten in einer öffentlichen Bedürfnisanstalt zu wissenschaftlichen Zwecken wird man u. U. als intrusion ansehen können 19. Denkbar ist auch eine Schadensersatzpflicht wegen der Veröffentlichung privater Tatsachen ("disclosure of private facts"). Der Tatbestand könnte unter Umständen durch eine unzulässige Übermittlung ausgelöst werden. Aber auch hier ist die Latte so hoch gelegt, daß eine Ersatzpflicht praktisch ausscheidet. Voraussetzung ist die Veröffentlichung von privaten Tatsachen, die ein vernünftiger Mensch als höchst beleidigend und belästigend empfindet und für deren Veröffentlichung ein berechtigtes Interesse nicht vorliegt 20 • Da Forscher in der Regel kein Interesse an einer personenbezogenen Veröffentlichung von Forschungsdaten haben, ist ein Vorliegen dieses Haftungstatbestandes kaum vorstellbar. Schließlich wird man nicht grundsätzlich ausschließen können, daß in Ausnahmefällen der Mißbrauchstatbestand ("appropriation") oder der Entstellungstatbestand ("false light") gegeben sind 21. Die Abwesenheit von Fallbeispielen dokumentiert aber auch für diese Fallgruppen, daß das überkommene zivilistische 16 Dies wird in Note, Privacy, Computers, and the Commercial Dissemination of Personal Information, 65 Texas Law Review 1395, 1411 / 1412, 1417 (1987), verkannt, wo zwar die Defizite des Prosserschen Ansatzes scharfsirmig herausgearbeitet werden, jedoch zugleich eine Lösung im Rahmen des "common law" für möglich gehalten wird. In einer Wendung gegen Spiros Simitis (Reviewing Privacy in an Information Society, 135 University of Pennsylvania Law Review 707 (1987» werden legislative Initiativen zum Schutz des einzelnen vor den Gefahren der Informatisierung als überflüssig verworfen, da Gerichte über die Anwendung des "common law" wesentlich flexibler auf den technischen Wandel reagieren könnten (1419, 1425/1426). Dagegen Vache, James M. / Makibe, Michael J., Perspectives and Proposals for Legislation, 14 Georgia Law Review 515, 523(1979), die von der "common law" - Entwicklung ein problemadaequates Eingehen auf die Herausforderungen des sich abzeichnenden technischen Wandels nicht erwarten. 17 Ein Schadensersatzanspruch wegen "invasion of privacy" wird von Teitelbaum, Lee E., Spurious, Tractable, and Intractable Legal Problems: A Positivist's Approach to Law and Social Science Research, in: Boruch I Cecil (Ed.), Solutions to Ethical and Legal Problems in Social Research, New York u. s. w. 1983, 11 ff., für den Fall verneint, daß ein Forscher aufgrund einer "subpoena" (d. h. einem gerichtlichen Befehl; dazu unten 4. Kapitel, sub. IV.) Forschungsdaten offenbart. 18 Dazu Restatements of the Law, (Fn. 10),652 B. 19 Zu diesem Fall Katz, Jay, Experimentation with Human Beings, New York 1972, 325 ff., m. w. N.; ferner unten 6. Kapitel, Sub 11., Text bei Fn. 12. 20 Dazu Restatement of the Law, (Fn. 10),652 D. 21 Im Rahmen der Veröffentlichung historischer Forschungsergebnisse wäre z. B. in Extremfällen ein Anspruch wegen Entstellung denkbar.
9 WoUenteit
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
Recht auf privacy Datenzugang und Datennutzung im Forschungskontext keine relevanten Beschränkungen auferlegt 22
11. Verfassungsrechtliche Dimensionen des Rechts auf Privacy Eine Pflicht zur Respektierung der Privatsphäre der Bürger kann sich auch aus der US-Verfassung ergeben. Ob die Verfassung Vorgaben enthält, die dem staatlichen Informationsverwalter Restriktionen bei der Datenverarbeitung auferlegen, ist allerdings umstritten. Die amerikanische Debatte ist für den deutschen Juristen deshalb von besonderem Interesse, weil auch in der Bundesrepublik der Datenschutz in jüngster Zeit durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung entscheidende neue Impulse erhalten hat. Zunächst ist festzustellen, daß es eine explizite Anerkennung des Rechts auf privacy in der Verfassung 23 nicht gibt. Sie enthält lediglich eine Reihe von Vorschriften, die privacy in räumlich-gegenständlicher Hinsicht schützen. Ein Recht auf Geheimhaltung von Einstellungen und bestimmten Handlungen wird ferner teilweise aus der Kommunikationsfreiheit abgeleitet. Jenseits dieser im Verfassungstext verorteten Aspekte von privacy (l.) hat der Supreme Court darüber hinaus aber auch in einer Kette von Entscheidungen das Recht auf privacy als eigenständiges, fundamentales Recht anerkannt (2.). Die Folgerungen, die sich daraus für den Zugang zu Forschungsdaten ergeben, werden abschließend diskutiert (3.).
1. Schutz des Rechts auf Privacy durch spezifische Grundrechte Die Privatsphäre des Bürgers wird durch den 3., den 4. und den 5. Zusatzartikel der Verfassung unmittelbar angesprochen. Der 3. und 5. Zusatzartikel sind für den modemen Datenschutz allerdings ohne Bedeutung und können deshalb vernachlässigt werden 24. Der 4. Zusatzartikel hat hingegen in der datenschutzorien22 Ebenso Teilelbaum, (Fn. 17), 27 ff., der ferner ausführt, daß ein zivilrechtlicher Anspruch wegen "breach of contract" in Ausnahmefallen gegeben sein kann, wenn ein Forscher Informationen trotz eines Vertraulichkeitsversprechens offenbart (29 ff.). 23 Unter Verfassung wird hier nicht nur die eigentliche "Constitution" verstanden, sondern darüberhinaus auch die "Amendments" (Zusatzartikel), die in der ursprünglichen "Bill of Rights" (1. bis 10 Zusatzartikel) die wichtigsten Grundrechte enthalten. 24 Der praktisch obsolet gewordene 3. Zusatzartikel der Verfassung sieht vor, daß Soldaten nur unter besonders eng gefaßten Voraussetzungen zwangsweise in ein Haus einquartiert werden dürfen. Das 5th Amendment schützt vor dem Zwang zur Selbstbezichtigung. In datenschutzrechtlicher Hinsicht kommt dieser Vorschrift nur eine Randbedeutung zu, insofern sie der zwangsweisen Erhebung von Daten Grenzen zieht; dazu Couch v. United States, 409 U.S. 322 (1972).
11. Verfassungsrechtliche Dimensionen des Rechts auf Privacy
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tierten privacy-Diskussion seit jeher eine große Rolle gespielt. Das 4th Amendment schützt gegen die Durchsuchung von Räumen, Gegenständen und Personen, die Beschlagnahme von Gegenständen und die Festnahme von Personen, indem es die Zulässigkeit solcher Eingriffe von dem Vorliegen eines warrant (Durchsuchungsbefehl, Haftbefehl o. ä.) abhängig macht 25 • Anknüpfend an das 4th Amendment versuchte wiederum Brandeis das Recht auf privacy über seine zivilistischen (common law) Implikationen hinaus in der Verfassung zu verankern. In seinem berühmten "dissent" in Olmstead v. U.S.26 bezeichnet Brandeis das Recht, in Ruhe gelassen zu werden. ("right to be let alone"), als das umfassendste aller Rechte 27 • In dem Fall ging es um die verfassungsrechtliche Beurteilung einer staatlichen Abhörmaßnahme. Brandeis sowie 3 weitere Richter waren bereit, den Durchsuchungsbegriff ("search") auch auf das Abhören und Aufzeichnen von Telefongesprächen anzuwenden. Eine knappe Mehrheit der Richter ist diesem Vorschlag, gestützt auf eine enge Wortlautinterpretation, nicht gefolgt. Erst im Jahre 1967 gibt der Supreme Court in Katz v. U.S.28 diese restriktive Haltung auf. Wiederum ging es um eine staatliche Abhörmaßnahme. Mehrere Gespräche eines Beschuldigten waren mittels einer von außen an einer Telefonzelle angebrachten Abhöreinrichtung aufgezeichnet worden. Die neue Doktrin lautet nunmehr: Der 4. Zusatzartikel schütze Menschen und nicht Plätze 29 • Die Emanzipation von dem räumlich-gegenständlichen Durchsuchungsbegriff eröffnet die Möglichkeit, auch elektronische Überwachungsvorgänge dem Schutz des 4th Amendment zu unterstellen. Allerdings wurde bereits in Katz in dem zustimmenden Votum des Richters Harlan 30 ein Maßstab eingeführt, der den Schutzumfang des 4. Zusatzartikels gegenüber elektronischen und anderen technischen Überwachungsformen in vielen Fällen erheblich relativiert. Harlan hielt nämlich Überwachungen nicht schlechthin, sondern nur dann für verfassungsrechtlich relevant, wenn sie sich auf eine Kommunikation oder ein Handeln beziehen, das der Betroffene erkennbar geheimzuhalten wünscht, und wenn dieses Geheimhaltungsbedürfnis von der 25 "Das Recht des Volkes auf Sicherheit der Person und der Wohnung, von Urkunden und Eigentum gegen willkürliche Durchsuchung, Verhaftung und Beschlagnahme darf nicht verletzt werden, und Haussuchungs- und Haftbefehle dürfen nur bei Vorliegen eines eidlich oder eidesstattlich erhärteten Grundes ausgestellt werden ..."; Übersetzung bei Brugger, Winfried, Grundrechte und Verfassungsgerichtsbarkeit in den Vereinigten Staaten, Tübingen 1987,473. 26 277 U.S. 438, 471 ff. (1927); vgl. später auch Goldman v. U.S., 316 U.S. 129 (1942). 27 ebenda, 478 (abw. Votum, Brandeis): auf das Brandeis "dissent" beruft sich der Richter Goldberg in seinem zustimmenden Votum in der Leitentscheidung Griswold v. Connecticut, 381 U.S. 479, 494 (1965), zust. Votum, Goldberg. 28 Katz v. U.S., 389 U.S. 347 (1967). 29 Unter expliziter Aufgabe von Olmstead; vgl. ebenda. 351. Die Doktrin wird später manchmal wieder stark in Richtung auf ein eigentumorientiertes Verständnis des 4th Amendment relativiert; vgl. z. B. Rakas v. lllinois, 439 U.S. 128,99 S.Ct. 421 (1978). 30 Ebenda, 360 ff.
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
Gesellschaft als erforderlich anerkannt ist (sog. reasonable expectation of privacy)31. Ein Telefongespräch, das wie in Katz aus einer verschlossenen (!) Telefonzelle geführt wird, genügt nach Harlan diesen Ansprüchen. Da die Harlansche Interpretation von Katz schnell zur herrschenden Meinung avancierte, ist heute die Frage nach dem Vorliegen einer reasonable expectation olprivacy unbestritten ins Zentrum der Judikatur zum 4th Amendment gerückt 32 . Dabei werden die Grenzen offenbar immer enger gezogen. Inzwischen führt fast jede wissentliche Preisgabe von Informationen zu einem Verlust dieses Geheimhaltungsvertrauens und damit auch der Schutzwirkung des 4. Zusatzartikels. So verstößt etwa die an eine Telefongesellschaft gerichtete polizeiliche Anordnung, alle von einem Verdächtigten angewählten Telefonnummern zu offenbaren, trotz Fehlens eines warrant nicht gegen den 4. Zusatzartikel, weil die Telefongesellschaft ohnehin aus Abrechnungsgründen die Nummern der angewählten Gesprächsteilnehmer registriert und dieser Umstand dem Anschlußnehmer bekannt ist 33 . Ebensowenig widerspricht es dem 4th Amendment, wenn Polizisten ohne "warrant" einen Miniatursender an ein Fahrzeug anbringen, um die Bewegung des Fahrzeuges verfolgen zu können 34. Mit der erstaunlichen Begründung, die Fortbewegung eines Fahrzeuges im Straßenverkehr vollziehe sich unter den Augen der Öffentlichkeit (sog. "open fields" - Doktrin), werden die beiläufige und belanglose Wahrnehmung durch eine uninteressierte Person und die systematische Überwachung durch Polizeibehörden gleichgesetzt 35 . In California v. Cirial0 36 fehlte es an einem Geheimhaltungsvertrauen, obwohl der Beschuldigte die auf seinem rückwärtigen Grundstücksteil angebaute illegale Marihuanapflanzung durch hohe Zäune sorgfaltig gegen Einsichtnahme abgeschirmt hatte. Mit der Begründung, für jedes "fliegende" Mitglied der Öffentlichkeit sei der hinter dem Wohnhaus gelegene Gartenteil einsehbar, wurde die Existenz eines Vertrauens in die Geheimhaltung verneint 37. An einer reasonable expectation 01 privacy fehlt es schließlich auch, wenn ein Bewohner seinen Müll, 31 Ebenda, 36l. 32 Vgl. z. B. California v. Greenwood, 108 S.Ct. 1625, 1628 (1988); California v. Ciraolo, 476 U.S. 207, 211 (1986); Oliver v. United States, 466 U.S. 170, 177 (1984); United States v. Knotts, 460 U.S. 276, 280/181 (1983); Smith v. Maryland, 442 U.S.
735, 740 (1979). 33 Smith v. Maryland, 442 U.S. 735, 740 (1979); dazu ausführlich Smith, Glenn
Chatrnas, We 've Got Your Number! (Is It Constitutional to Give It Out?): Caller Identification Technology and the Right to Privacy, 37 UCLA Law Review 145 (1989); zur Diskussion über die Telefondatenüberwachung in der Bundesrepublik Rott, Georg, Telefondatenerfassung und Psychologengeheimnis, RDV 1989, 117, mit umfangreichen Nachweisen. 34 United States v. Knotts, 460 U.S. 276 (1983). 35 Ebenda, S. 282 ff. 36 476 U.S. 207 (1986). 37 Ebenda, S. 213 / 214; die Pflanzung war nach einem anonymen Hinweis von einem Polizeiflugzeug aus entdeckt und fotografiert worden.
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der bekanntlich Rückschlüsse auf höchst private Gewohnheiten zuläßt, zum Zweck des Abtransports in einem undurchsichtigen und verschlossenen Plastikbeutel an den Straßenrand stellt 38 • Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die immer restriktivere Anwendung des 4th Amendment durch den Supreme Court noch im Einklang mit der Leitentscheidung Katz v. U.S. steht 39. Die strenge Haltung des Supreme Court führt letztlich dazu, daß das 4th Amendment nur eine sehr eingeschränkte Rolle bei der Disziplinierung staatlicher Informationssammlungsvorgänge spielen kann. Damit wurde die durch Katz begründete Hoffnung enttäuscht, das 4th Amendment könne allgemein Schutz vor der EDV-gestützten Überwachung der Bürger bieten und so zu einem Datenschutzgrundrecht fortentwickelt werden. Als zweiter wichtiger Anknüpfungspunkt für die Entwicklung eines Datenschutzgrundrechts wird vielfach das 1st Amendment 40 ins Spiel gebracht. Geheimhaltungsrechte kommunikativer Natur hat der Supreme Court nämlich aus der Rede-, Presse- und der Versammlungsfreiheit abgeleitet. Der informationsrechtliche Gehalt des ersten Zusatzartikels wird dabei auf Überlegungen der Grundrechtseffektivität gestützt. Es soll verhindert werden, daß durch die Erforschung der Meinungen der Bürger die Ausübung der kommunikativen Freiheiten indirekt erschwert wird 41 • Deshalb verstößt z. B. der Zwang zur Preisgabe von Mitgliedschaftslisten einer politischen Organisation gegen das 1st Amendment 42 • Derartige Auskunftsverlangen sind nur ausnahmsweise zulässig, nämlich dann, wenn sie durch ein überragendes öffentliches Interesse gerechtfertigt sind und der Grundrechtseingriff nicht vermieden werden kann 43. Auch hinsichtlich des 38 Die Polizeidurchsuchung wurde mit dem Hinweis gerechtfertigt, der Betroffene habe damit rechnen müssen, daß ,,Penner", Neugierige und eventuell auch wilde Tiere die Plastiksäcke durchwühlen und damit öffentlicher Kenntnisnahme zugänglich machen; California v. Greenwood, 108 S.Ct. 1625, 1628/ 1629 (1988); kritisch zu dieser Entscheidung Note, California v. Greenwood: Supreme Court Decides to Keep the Fourth Amendment out of the Trash, 67 North Carolina Law Review 1191 (1989). 39 Katz fordert lediglich ein erkennbares Vertrauen in die Geheimhaltung auf Seiten des Betroffenen sowie objektiv eine (abstrakte) Anerkennung dieses Geheimhaltungsbedürfnisses durch die Rechtsgemeinschaft. Dies bedeutet wohl kaum, daß mit jeder denkbaren Gefährdung subjektiver Geheimhaltungserwartungen gerechnet werden müßte. Eine ausführliche Kritik der Rechtsprechung des S.C. findet sich bei Serr, Brian J., Great Expectation of Privacy: A New Model for Fourth Amendment Protection, 43 Minnesota Law Review 583 (1989). 40 Zum Wortlaut oben, 2. Kapitel, Fn. 28. 41 Nixon v. Administrator o[ General Services, 433 D.S. 425, 467 (1977). 42 Vgl. NAACP v. Alabama ex rel. Patterson, 357 D.S. 449, 462 (1958); Shelton v. Tucker, 364 D.S. 479 (1969); Brown v. Socialist Workers Party, 459 D.S. 87, 95 (1982). Dnklar ist die Rechtslage bezüglich eines Auskunftverlangens, das auf die Offenbarung der Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei gerichtet ist; vgl. Tribe, Laurence H., American Constitutional Law, St. Paul 1988, 1020 m. w. N. 43 Nixon v. Administrator o[General Services, (Fn. 41), 467 m. w. N.; vgl. ferner die Entwicklung des Prüfungsmaßstabes in Buckley v. Valeo, 424 D.S. 1,64--66 (1976) (zur Verhinderung der Verzerrung von Wahlentscheidungen durch fmanzielle Macht
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
ersten Zusatzartikels haben sich jedoch weitergehende Hoffnungen nicht bestätigt, die in der negativen Kommunikationsfreiheit Potentiale für die Entwicklung eines allgemeinen Datenschutzgrundrechts verortet sahen 44 •
2. Das Recht auf Privacy als unbenanntes fundamentales Recht a) Privacy als Autonomie Jenseits der in der Verfassung aus dem Text begründbaren Aspekte kommt dem Recht auf privacy vor allem als unbenanntes Freiheitsrecht eine erhebliche Bedeutung zu. Während in der grundlegenden Entscheidung Griswold v. C onnecticut 45 der Richter Douglas dieses Grundrecht implizit in den Randzonen (penumbras) verschiedener anderer Grundrechte verortet sah 46 , wird das Recht später auf die due process-Klausel des 14. Zusatzartikels 47 gestützt 48 • Das Freiheitspostulat des 14. Zusatzartikels wird dabei substantiell gedeutet. Der Artikel soll danach nicht nur die Anwendung der genannten Grundrechte im Bereich der Einzelstaaten gewährleisten 49 , sondern auch dem Schutz fundamentaler Interessen dienen, die, obwohl nicht explizit in der Verfassung erwähnt, in Ausformung und Schutzwürdigkeit den ausdrücklich genannten Garantien vergleichbar sind 50. kann der Staat in einem "Federal Election Campaign Act" , 2 U.S.c. 438, verlangen, daß Geldzuwendungen an Kandidaten unter namentlicher Nennung des Zuwenders veröffentlicht werden) sowie Brown v. Socialist Workers Party, ebenda. 44 Vgl. z. B. Westin, Alan F., Civil Liberties Issues, in: ders. (Ed.), Information Technology in a Democracy, Cambridge/Mass. 1971,301,307. 45 381 U.S. 479 (1965); vgl. auch Garcia v. U.S., 666 F.2d 960, 965 (1982), cert. den., 103 S.ct. 73 (1982). 46 Vgl. Griswold, ebenda, 484; die Entscheidung befaßte sich mit einem Staatengesetz, welches den Gebrauch von Verhütungsmitteln unter Strafe stellte. Ursprünglich wollte Justice Douglas die Entscheidung auf eine ,,right of association between married partners" stützen, gab diesen Gedanken jedoch nach einem Vorschlag von Justice Brennan auf, der das ,,right to privacy" ins Spiel brachte; vgl. Peck, Robert S., Extending the Constitutional Right to Privacy in the New Technological Age, 12 Hofstra Law Review 893, 903 (1984). 47 Die "due-process"-Klausel des 14th Amendment lautet: "Keiner der Einzelstaaten darf Gesetze erlassen oder durchführen, die die Vorrechte oder Freiheiten von Bürgern der Vereinigten Staaten beschränken, und kein Staat darf irgend jemandem Leben, Freiheit oder Eigentum ohne vorheriges ordentliches Gerichtsverfahren nehmen ... "; Übersetzung nach Brugger, (Fn. 25),477. 48 Vgl. etwa Moore v. East Cleveland, 431 U.S. 494, 501 (1977) sowie Roe v. Wade, 410 U.S. 113, 153 (1973); die Richter Harlan und White hatten bereits in ihren zustimmenden Voten in Griswold den 14. Zusatzartikel als Quelle des Rechts auf privacy ausgemacht, vgl. 381 U.S. 479, 500 u. 502. 49 Hierin liegt die Hauptfunktion des 14th Amendment; vgl, dazu Hay, Peter, Einführung in das Amerikanische Recht, 2. Aufl., Darmstadt 1987, 31 ff. 50 Griswold v. Connecticut, 381 U.S. 471, 495 (1965) (zust. Votum des Richters Goldberg); zur Inkorporationsdebatte, insbesondere der herrschenden These von der selektiven Inkorporation, Comment, The Constitution and the Family, 93 Harvard Law
11. Verfassungsrechtliche Dimensionen des Rechts auf Privacy
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Die Unterschiede in der dogmatischen Begründung des Rechts auf privacy rühren daher, daß die substantielle Deutung des 14. Zusatzartikels seit Mitte der 30er Iahre in Verruf geraten war. In der aktivistischsten Phase des Gerichts, der sog. Lochner Ära 51 (ca. 1900 - 1934), hatte der Supreme Court in zahlreichen Entscheidungen unter Rekurs auf recht oberflächliche Freiheitspostulate die Sozial- und Wirtschaftsgesetzgebung der Roosevelt-Administration torpediert und dadurch eine regelrechte Verfassungskrise heraufbeschworen. Erst die Drohung des Präsidenten, die Mehrheitsverhältnisse des Gerichts durch Ernennung zusätzlicher Richter zu verändern, führte schließlich zu einer Kehrtwendung des Gerichts. Da seither die substantive due process doctrin der Lochner-Ära diskreditiert ist, verwundert es nicht, daß Iustice Douglas in Griswold jegliche Anklänge an die Doktrin zu vermeiden suchte und das Recht auf privacy auf seine penumbra-Theorie 52 stützte 53. Die Schärfe, mit der die Debatte um das verfassungsrechtliche Recht auf privacy geführt wurde, wird nur verständlich, wenn man diesen Zusammenhang im Auge behält. Die Frage nach der Existenz und den Grenzen dieses Rechts wirft nämlich zugleich die Frage nach den Grenzen und der Zuordnung der Kompetenzbereiche von Gesetzgeber und Supreme Court auf5 4 • Die moderne, eingeschränkt substantielle Deutung der due-process-Klausel hat das Fundament für eine Vielzahl von privacy-Entscheidungen abgegeben. Die ,,klassischen" Fälle sind um die "Freiheit der Wahl in den Basisentscheidungen des Lebens, soweit sie Ehe, Scheidung, Zeugung, Empfängnisverhütung sowie die Erziehung und Aufzucht von Kindern betreffen" 55, zentriert. In der Leitentscheidung Griswold sowie später Eisenstadt v. Baird 56 wurde die staatliche Review 1156, 1171 ff. (1980); ferner Brugger, (Fn. 25), 47 ff. sowie jüngst Bungert, Hartwin, Zeitgenössische Strömungen in der amerikanischen Verfassungsinterpretation, AöR 1992, 71 (80 f). 51 Benannt nach der Entscheidung Lochner v. New York, 198 D.S. 45, 76 (1905). 52 Die Begründungsfähigkeit der penumbra-theory wird ihrerseits von vielen bezeifelt; vgl. etwa Note, Toward a Constitutional Theory of Individuality: The Privacy Opinions of Justice Douglas, 87 Yale Law Journal 1579, 1599 f (1978). 53 Das Dilemma, welches das "Gespenst der Lochner-Ära" für die Begründung der verfassungsrechtlichen privacy-Doktrin bedeutete, hat Brugger, Winfried, Der grundrechtliche Schutz der Privatsphäre in den Vereinigten Staaten von Amerika, AöR 108(1983),25,35 ff., präzise herausgearbeitet. 54 Vgl. Garfield, Helen, Privacy, Abortion and Judicial Review: Haunted by the Ghost of Lochner, 61 Washington Law Review 293 (1986); Ely, John H., Democracy and Distrust, 1980, 14 ff., 43 ff.; in Griswold hat diesen Zusammenhang der Richter Black ins Zentrum seines abweichenden Votums gestellt; vgl. 381 D.S. 479, 507, 510 ff. (1965); Pricket, Morgan, The Right of Privacy: A Black View of Griswold v. Connecticut, 7 Hastings Constitutional Law Quaterly 777 (1980); vgl. zu Blacks interpretivistischen Deutung der Verfassung auch Brugger, Grundrechte und Verfassungsgerichtsbarkeit in den Vereinigten Staaten, (Fn. 25), 348 ff., dessen Kapitel "Methoden der Verfassungsin-. terpretation" (beginnend S. 344) den Meinungsstand auch im übrigen umfassend referiert. 55 Doe v. Bolton, 410 D.S. 179,211 (1973), zustimm. Vot. von J. Douglas. Teilweise konnte die Rechtsprechung an Judikate aus den 40er Jahren anknüpfen; z. B. an Skinner v. Oklahoma, 316 D.S. 535 (1942). 56 405 D.S. 438, 453 (1972).
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
Reglementierung der Benutzung von Verhütungsmitteln als Beeinträchtigung des Rechts, sich für oder gegen Kinder entscheiden zu können, interpretiert. Später wurde in Roe v. Wade 57 , der wohl umstrittensten privacy- Entscheidung des Supreme Court 58, das Recht einer Frau auf Beendigung ihrer Schwangerschaft als fundamental anerkannt. Die Geburt eines unerwünschten Kindes beraube die Frau ihres bevorzugten Lebensstils und zwinge ihr eine radikal andere und unerwünschte Zukunft auf. Weitere "fundamentale" Rechte betreffen Heirat und Scheidung 59, das Erziehungsrecht 60 sowie das Recht auf Respektierung von Familienbanden durch den planenden Staat 61 • Die Pointe des fundamental rights-Ansatzes liegt darin, daß das Gericht in allen Fällen Eingriffe der öffentlichen Gewalt nur unter äußerst strengen Voraussetzungen aufrecht erhält. Nach dem sog. strict scrutiny test haben gesetzgeberische Regelungen nur dann Bestand, wenn der beabsichtigte Eingriff zur Verwirklichung eines überragenden Gemeinschaftsgutes notwendig ist und wenn der Eingriff verhältnismäßig ist 62 • Die Anerkennung eines Interesses als fundamental führt also regelmäßig zu einer richterlichen Kontrolle, die fast immer zur Aufhebung staatlicher Eingriffe führt. 57 410 U.S. 113 (1973); vgl. ferner Planned Parenthood v. Danforth, 428 U.S. 52 (1976); zur Kontroverse um die Abtreibungsentscheidung vgl. Ely, John H., The Wages of Crying Wolf: A Comment on Roe v. Wade, 82 Yale Law Journal 930 (1973), sowie Morgan, Richard G., Roe v. Wade and the Lessons of the Pre-Roe Case Law, 77 Michigan Law Review 1724 (1979); Garfield, Privacy, Abortion, and Judicial Review, (Fn. 54). Die jüngste Entscheidung des Supreme Court hat den Staaten neue Gesetzgebungsspielräume eröffnet; vgl. Webster v. Reproductive Health Services, 57 USLW 5023 (1989); dazu Note, The Supreme Court's Abortion Jurisprudence: Will the Supreme Court Pass the ,,Albatros" Back to the States, 65 Notre Dame Law Review 731 (1990). Ob die Abtreibungsfreiheit grundsätzlich in Frage gestellt worden ist, muß jedoch bezweifelt werden; vgl. dazu insbesondere das verärgerte "dissent" von Richter Scalia, 5034 f, der die Entscheidung als halbherzigen Formelkompromiß kritisiert und ein klares "overruling" von Roe v. Wade bevorzugt hätte. Teilweise wird vermutet, daß Roe v. Wade langfristig ausgehöhlt werden wird; vgl. Wohl, Alexander, The Abortion Cases, 76 ABA Journal, Febr. 1990,68,69; vgl. auch jüngst Walther, Susanne, Schwangerschaftsabbruch in den USA: Neue Rechtsentwicklungen, EuGRZ 1992,45. 58 V gl. Note, Griswold Revisited in Light of Uplinger: An Historical and Philosphical Exposition of Implied Autonomy Rights in the Constitution, 13 New York University Review of Law and Social Change 51, 53 (1984/85); "most controversial decision of this century". 59 Loving v. Virginia, 388 U.S. 1, 12 (1967). 60 Wisconsin v. Yoder, 406 U.S. 205 (1972), bezugnehmend auf Pierce v. Society of Sisters, 268 U.S. 510 (1925) sowie Meyer v. Nebraska, 262 U.S. 390 (1923), zwei Entscheidungen aus den 20er Jahren, die das ,,Purgatorium" der Post-Lochner-Ära überlebt hatten. 61 Moore v. East Cleveland, 431 U.S. 494 (1977). Die neueste sich abzeichnende Problemakquisition des Autonomiestranges könnte das Recht auf Bestimmung des eigenen Todeszeitpunkts sein; vgl. Comment, The Right to Die: An Extension of the Right to Privacy, 18 John Marshall Law Review 895 (1985); Note, Guaranteeing the Right to Privacy: AProposal, 17 Rutgers Law Review 615 (1986). 62 Vgl. die Ausformung des Prüfungsmaßstabes in Griswold v. Connecticut, 381 U.S. 479,497 fund 502--504 (zust. Votum von White).
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Bei der Anerkennung eines Interesses als "fundamental" übt der Supreme Court jedoch erhebliche Zurückhaltung. Keineswegs sind generell die Entscheidungen für einen persönlichen Lebensstil vor gesetzgeberischen Beeinträchtigungen in Schutz genommen 63. Erfolglos blieb z. B. der Versuch, allgemein die Wabl eines sexuellen Lebensstils als "fundamental right" zu propagieren und unter den Schutz des privacy-Konzepts zu stellen. Zum wiederholten Mal passierte ein Strafgesetz, das SOdomy 64 unter Strafe stellt 65 • Auch in anderen Fragen des lifestyle, wie etwa des persönlichen Auftretens, insbesondere der Haartracht 66, und Regelungen der Berufswahl und Berufsausübung 67 , sah der Supreme Court keine fundamentalen Interessen berührt, die Anlaß für eine umfassende Prüfung am strict scrutiny-Maßstab gegeben hätten. In allen diesen Fällen beschränkte sich das Gericht darauf, zu prüfen, ob die Regelung im Zusammenhang mit einem anerkannten öffentlichen Interesse (sog. rational basis test) steht. Praktisch impliziert der rational basis test ganz im Gegensatz zum strict scrutiny-Maßstab einen weitgehenden Verzicht auf eine wirksame richterliche Kontrolle 68 • Dieses Auseinanderklaffen von strict scrutiny einerseits und rational basis anderseits führt, wie sich noch zeigen wird, insbesondere im Bereich des datenschutzrechtlich relevanten Strangs von privacy zu erheblichen Schwierigkeiten. b) Privacy als Schutz vor Informationsoffenbarung Die Rechtsprechung des S.c. hat das Recht auf privacy nämlich nicht nur als Schutzschild gegen die Einmischung des Staates in Basisentscheidungen des Lebens konzipiert. Daneben soll dem Recht auf privacy auch eine datenschutzrechtliche Komponente zukommen. Am deutlichsten wird dies in der häufig verwandten Formel in Whalen v. Roe ausgesprochen, wo es heißt, daß das Recht 63 So aber Wilkinson, S. Harrie / White, G. Edward, Constitutional Protection ofPersonal Lifestyles, 62 Comell Law Review 563, 577-581 (1977); Note, Griswold Revisited in the Light of Dplinger, (Fn. 58), 51 ff. 64 Dnter "sodomy" fällt im amerikanischen Sprachgebrauch eine Fülle unterschiedlicher Sexualpraktiken, wie zum Beispiel auch Oral- und Analverkehr; vgl. Wilkinson / White, ebenda, 591. 65 Doe v. Commonwealth Attorney, 425 D.S. 901 (1976); Bowers v. Hardwick, 106 S.Ct. 2841 (1986); Bowers basierte auf einer knappen 5: 4-Entscheidung. Kritisch zur konservativen Sexualmoral des Supreme Court Tribe, Laurence H., American Constitutional Law, 2. Aufl. 1988, 1422 ff. insbes. 1431 f, der den Fall für den Kläger vor dem Supreme Court vertreten hatte (vgl. 1422); schon früher Grey, Thomas, Eros, Civilization and the Burger Court, 43 Law and Contemporary Problems 83, 88 (1980) 66 Karr v. Schmidt, 460 F.2d 609 (1972), vom Supreme Court nicht zur Entscheidung angenommen 409 D.S. 982 (1972) (Regulierung der Haartracht von Schülern); Kelly v. Johnson, 425 D.S. 982 (1972) (Regulierung der Haartracht von Polizisten). 67 Williamson v. Lee Optical ojOklahoma, 348 D.S. 487 (1955); Ferguson v. Skrupa, 372 D.S. 726 (1963). 68 Vgl. auch Brugger, Der grundrechtliche Schutz der Privatsphäre in den Vereinigten Staaten von Amerika, (Fn. 53), 35 f.
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
auf privacy "zwei unterschiedliche Arten von Interessen umfaßt. Das eine ist das individuelle Interesse, die Offenbarung privater Angelegenheiten zu verhindern, das andere Interesse besteht darin, bestimmte Arten von wichtigen Entscheidungen unabhängig fallen zu können"69. Trotz dieser scheinbar deutlichen Formulierung in Whalen ist der informationsrechtliche Gehalt des Rechts auf privacy allerdings umstritten geblieben. Vergleichsweise einfach sind nur jene Fälle, die im Überschneidungsbereich des datenschutz und autonomieorientierten Stranges des Rechts auf privacy angesiedelt sind. So beinhaltete z. B. ein Gesetz eine verfassungswidrige Einschränkung des Rechts auf Abtreibung, weil es umfangreiche Registrierungspflichten vorsah und Informationen betreffend den Arzt, die Frau sowie die näheren Umstände der Abtreibung der Öffentlichkeit zugänglich machte 70. Bei manchen Autoren verwischt sich die Unterscheidung zwischen den zwei Strängen des Rechts auf privacy, indem schon der Leitentscheidung Griswold v. Connecticut ein informationsrechtlicher Gehalt beigemessen wird. Die ratio der Entscheidung liegt danach nicht nur darin, die Benutzung von Verhütungsmitteln als Basisentscheidung für oder gegen Kinder unter verfassungsrechtlichen Schutz zu stellen. Vielmehr sei es auch darum gegangen, polizeiliches Informationssammeln durch Herumschnüffeln in den Schlafzimmern der Bürger zu disqualifizieren 7 !. Diese Interpretation von Griswold ist jedoch keineswegs herrschend 72. Deutlich wird dieser Sachverhalt vor allem darin, daß die Frage nach einem allgemeinen 69 429 U.S. 589, 599/600 (1979) (Übersetzung durch den Verfasser); vgl. ferner Nixon v. Administrator of General Services, 433 U.S. 425, 457 (1976); United States Department oflustiGe v. Reporters Committeefor Freedom ofthe Press, 109 S.Ct. 1468, 1476 (1989); Ramie v. City of Hedwig Village, 765 F.2d. 490, 492 (5th Cir. 1985); Gorman v. Univeristy ofRhode lsland, 646 F.Supp. 799 (D.C.R.1. 1986); auch Staatengerichte rekurrieren häufig auf die Formulierung in Whalen; vgl. z. B. Attorney General v. Bailey, 386 Mass. 367, 436 N.E. 2d 139, 149 (S.J.C. Ma 1982); Fischer v. Com. Dept. of Publ. Welfare, 543 A.2nd 177, 179 (C.C. Pa 1988). 70 Thornburg V. American College of Obstreticians & Gynecologists, 476 U.S. 751, 764-768, 106 S.Ct. 2169, 2180-82 (1986); zwar verlangten die Berichtspflichten keine ausdrückliche Nennung der Namen von Frau und Arzt. Der Umfang der verlangten Informationen war jedoch so groß, daß die Reidentifizierbarkeit nicht nur als wahrscheinlich, sondern vom Gericht sogar als verdeckter Zweck der Registrierung qualifiziert wurde (767); zu einem ähnlichen Fall vgl. auch Shulman V. New York City Health and Hospital Org., 335 N.Y.S. 2d 343 (Sup.Ct. 1972), aufgehoben und zurückverwiesen, 41 A.D. 2d 714, 341 N.Y.S. 2d 242 (S.C.A.D. 1973), Urteil wieder eingesetzt durch 346 N.Y.S. 2d 1920 (Sup.Ct. 1973); ein deutlich schwächeres Registrierungsgesetz, welches im wesentlichen statistischen Zwecken diente, hielt dem kritischen Blick der Supreme-Court-Richter stand; vgl. Planned Parenthood v. Danjorth, 428 U.S. 52, 7981 (1976). 7! Ely, The Wages of Crying Wolf: A Comment on Roe V. Wade, (Fn. 57), 930; Baker, Tyler, Roe and Paris: Does Privacy Have a Principle, 26 Stanford Law Review 1161,1164/65 (1974). 72 Vgl. etwa Henkin, Louis, Privacy and Autonomy, 74 Columbia Law Review 1410, 1424 (1974); die Zweideutigkeit von Griswold stellt heraus Hujf. Thomas, Talking Clearly about Privacy, 55 Washington Law Review 777, 785 ff. (1980).
11. Verfassungsrechtliche Dimensionen des Rechts auf Privacy
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Schutz personenbezogener Informationen durch das Recht auf privacy üblicherweise unter Berufung auf andere Präjudizien diskutiert wird. Die erste wichtige Entscheidung, die sich im Kontext des Bank Secrecy Act 73 mit der Offenbarung personenbezogener Informationen beschäftigte, war California Bankers Association v. Shultz 74 • Die eigentliche Bedeutung der Entscheidung wird in den zustimmenden und abweichenden Voten von insgesamt 5 der beteiligten Richter gesehen 75, die mehr oder minder deutlich "substantielle und schwierige verfassungsrechtliche Fragen"76 ausmachten. Finanzielle Transaktionen, so Justice Powell, könnten viel über die Aktivitäten, Verbindungen und Ansichten einer Person aussagen und könnten deshalb legitime und schutzwürdige Geheimhaltungserwartungen der Bürger auslösen 77. Trotz der Bedenken beanstandete das Gericht jedoch weder in dieser Entscheidung noch in der darauffolgenden Entscheidung U.S. v. Miller 78 die angegriffenen Vorschriften des Bank Secrecy Act. Eine vergleichbar restriktive Position nahm das Gericht in der Entscheidung Paul v. Davis 79 ein. Ein hoher Polizeibeamter hatte eine Flugschrift an Geschäftsleute verteilen lassen, die die Namen festgenommener, aber nicht notwendig verurteilter Ladendiebe ("active shoplifters") enthielt. Die Schadensersatzklage eines Betroffenen wies das Gericht ab. Bloße Reputationsinteressen seien nicht hinreichend gewichtig, um rufschädigendes staatliches Verhalten unter die Kuratel des strict scrutiny test zu stellen 80. Als Begründung wurde u. a. angeführt, daß bisher lediglich Interessen als fundamental angesehen wurden, die einen Bezug zu Ehe, Zeugung, Empfängnisverhütung, Familienbeziehungen, Kinderaufzucht und -erziehung hätten 81. 73 12 U.S.C. § 1829 b (a); zur heutigen Gestalt des Bank Secrecy Act ausführlich Green, Mary c., The Bank Secrecy Act and the Cornrnon Law: In Search of Financial Privacy, 7 Arizona Journal of International and Comparative Law 261 (1990). 74 416 U.S. 21 (1973); in Wisconsin v. Constantineau, 400 U.S. 433, 91 S.Ct. 507 (1971), wurde allerdings schon früher ausgesprochen, daß der Staat vor der Verbreitung personenbezogener Informationen durch öffentliche Aushänge den Betroffenen benachrichtigen und ihm Gelegenheit zur Anhörung geben muß; die Autorität dieser auf die "due-process"-Klausel gestützten Entscheidung ist jedoch wegen der nachfolgenden Entscheidung Paul v. Davis (dazu noch unten) schwierig einzuschätzen. 75 Vgl. etwa Tribe, Arnerican Constitutional Law, (Fn. 65), S. 1399. 76 416 U.S. 21, 78 (zust. Votum Powell). 77 Ebenda, 79. 78 425 U.S. 435 (1976); die Entscheidung wird von der einflußreichen Privacy Protection Study Commission als typisches Beispiel für ein verkürztes Verständnis von privacy angeführt; vgl. Privacy Proteetion Study Commission, Personal Privacy in an Information Society, Washington D.C. 1977, 6 ff.; der Right to Financial Privacy Act (12 U.S.C. §§ 3401- 3422) war eine legislative Reaktion auf U.S. v. Miller; vgl. Rogovin, Michael, Privacy of Financial Records, 1986 Annual Survey of American Law, Vol. 2, 587, 588 ff. 79 424 U.S. 693 (1976). 80 Justice Rehnquist, der die Entscheidung für die Mehrheit formulierte, bezog sich stark auf die Judikatur des Gerichts in den 50er Jahren, in der die Stigmatisierung einer Person als "Kommunist","illoyal" oder "subversiv" unbeanstandet blieb; vgl. ebenda, 701 ff. 81 Ebenda.
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
Die Überzeugungs- und Wirkkraft der Entscheidung Paul v. Davis wird recht unterschiedlich eingeschätzt. Vielfach wird Paul v. Davis als entscheidendes restriktives Präjudiz für alle Fälle angesehen, in denen sich persönliche Geheimhaltungsinteressen und Gemeinschaftsinteressen im Bereich staatlicher Strafrechtspflege gegenüberstehen 82 • Wegen Paul soll der Schutz von Justizakten, die die kriminelle Vergangenheit von Personen zum Gegenstand haben (criminal history data) , praktisch allein gesetzlichen Regelungen und Verwaltungsvorschriften überantwortet sein 83 • Andere Autoren vertreten eine wesentlich gemäßigtere Einschätzung des Präjudiz, die ihm vieles der ihm zugeschriebenen Wirkung nimmt 84 • Ein starkes Argument gegen eine Überschätzung von Paul kann man wohl darin sehen, daß die Zuschreibung einer kontrollierenden präjudiziellen Bedeutung kaum mit einigen Formulierungen in der nachfolgenden Entscheidung Whalen v. Roe 85 harmonisiert werden könnte, der üblicherweise das größte Gewicht im Datenschutzkontext beigemessen wird 86 • In Whalen stand die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes des Staates New York zur Debatte, welches die Speicherung des Namens und der Anschrift von Patienten vorsah, denen bestimmte Medikamente von Ärzten verordnet worden waren. Bei den Medikamenten handelte es sich um Präparate, für die es nicht nur einen legalen, sondern in der Drogenszene auch einen illegalen Markt gab 87. Mehrere (legale) Nutzer des Medikaments fühlten sich durch die Registrierungsmaßnahme in ihrem Recht auf privacy verletzt. Das erstinstanzliehe Gericht gab den Klägern Recht. Es akzeptierte zwar das Vorliegen eines herausragenden staatlichen Interesses an der Informationsoffenbarung im Sinne des strict scrutinyMaßstabes, hielt jedoch die namentliche Speicherung der Patientendaten für nicht erforderlich 88. 82 Vgl. Adams, Bemard R., Medical Research and Personal Privacy, 30 Villanova Law Review 1077 (1985),1106; zu demselben Ergebnis kommt Cooper, Phillip, Acquisition, Use and Dissemination of Information: A Consideration and Critique of the Public Law Perspective, 33 Administrative Law Review 81 (1981), S.94, Fn. 53, in einer Zusammenschau von Paul v. Davis und U.S. v. Miller. 83 Diese Konsequenz zieht Hammons v. Scott, 423 F.Supp 625 (N.D.Cal. 1976); noch weitergehender Rowlett v. Fairjax, 446 F.Supp. 186, 188/189 (W.D.Mo. 1978: "Paul hat allen Klagen das Licht ausgeblasen, die die Aktenführungspraxis von Beamten angreifen" (Übers. d. Verf.); vgl. auch Chwat, Anne, Privacy Interests in Criminal Records: Accuracy and Dissemination, 1986 Annual Survey of American Law, Vol. 2, 545. 84 Nach Tribe, American Constitutional Law, (Fn. 65),1396 ff., standen Kompetenzfragen im Verhältnis von Einzelstaaten und Bund im Vordergrund; diese Sicht wird durch die Interpretation der Entscheidung durch den beteiligten Richter Stevens in Ingraham v. Wright, 430 U.S. 651, 702 (1977) (abw. Votum Stevens), bestätigt. 85 429 U.S. 589, 97 S.Ct. 869, 880 (1977). 86 Vgl. für viele Comment, The Constitutional Right to Withhold Private Information, 77 Nortwestem University Law Review 536, 551(1982). 87 Ebenda, 591. 88 Roe v. Ingraham, 403 F.Supp 931, 936-937 (S.D.N.Y. 1975).
11. Verfassungsrechtliche Dimensionen des Rechts auf Privacy
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Der Supreme Court hob die Entscheidung auf und erklärte das Gesetz für verfassungsgemäß. Zwar wurde das individuelle Interesse an der Geheimhaltung persönlicher Angelegenheiten als ein Aspekt des Rechts auf privacy ausgemacht. Das Gericht sah die Privatsphäre der Betroffenen aber nicht als gefährdet an, da das Gesetz ausreichende Vorkehrungen gegen eine unbefugte Offenbarung der Informationen getroffen hatte 89. Der insoweit scheinbar klare Ertrag der Entscheidung wurde in dem abschließenden Teil der Mehrheitsmeinung 90 allerdings durch einen merkwürdigen Rückzieher wieder in Zweifel gezogen. Dort heißt es nur noch, daß das Recht auf Schutz vor nicht erforderlichen Offenbarungen möglicherweise (arguably) durch die Verfassung geschützt sei 91 • Dieser Widerspruch wurde durch die zustimmenden Voten der Richter Brennan und Stewart noch verschärft, da beide Richter hinsichtlich der Frage der Anerkennung eines verfassungsrechtlichen Anspruchs des Bürgers auf Geheimhaltung personenbezogener Informationen zu dezidiert unterschiedlichen Ergebnissen gelangten 92. Angesichts dieser präjudiziellen Unklarheiten ist es nur verständlich, daß sich auch nachgeordnete Gerichte nicht immer in der Frage einigen konnten, ob der Supreme Court in Whalen ein Recht auf Schutz personenbezogener Informationen gegen ihre Verbreitung anerkannt habe. Während eine deutliche Mehrheit diese Frage bejaht 93, haben einige Gerichte anders entschieden 94 • Ein Staatengericht 89 429 U.S. 589, 601; das Gericht setzte sich hinsichtlich der Speicherungsmodalitäten ausführlich mit Aspekten der Datensicherung auseinander. 90 Ebenda, 605 f. 91 Ebenda, 605. 92 Während Brennan nur mit Rücksicht auf die Besonderheiten des Falles eine Rechtsverletzung ausschloß und erklärte, unter anderen Umständen sogar die Anwendung von "strict scrutiny" in Betracht zu ziehen (606), bestritt Stewart bereits die Existenz eines Rechts auf ,,non-disclosure" (607 ff.). 93 Vgl. Shachter v. Whalen, 581 F.2d 35 (2nd Cir. 1978); Barry v. City 0/ New York, 712 F.2d 1554 (2nd Cir. 1983), cert. den., 464 U.S. 1017 (1983); United States v. Westinghouse Elec. Corp., 638 F.2d 570, 577 (3rd Cir. 1980); Shoemaker v. Hendel, 795 F.2d 1136, 1144 (3rd Cir, 1985), cert. den., 479 U.S. 986 (1986); Fraternal Order 0/ Police v. City 0/ Philadelphia, 812 F.2d 102, 112, 118 (3rd Cir. 1987); Plante v. Gonzales, 575 F.2d 1119, 1127 ff. (5th Cir. 1978), cert. den., 439 U.S. 1129 (1979); Duplantier v. United States, 606 F.2d 654, 669 (5th Cir. 1979); Fadjo v. Coon, 633 F.2d 1172, 1175 (5th Cir. 1981); General Motors Corp. v. Director o/Nationallnstitute o/Occupational Sa/ety and Health, 636 F.2d 163, 166 (6th Cir 1980); Pesce v. J. Morton High School, Dist., 830 F.2d 789, 795ff (7th Cir. 1987); Mageis v. Pena, 789 F.2d 836, 839 (10th Cir. 1986); ferner Hawaii Psychiatry Society v. Ariyoshi, 481 F.Supp. 1028, 1043 (D.C. Hawaii 1979); McKenna v. Peekskill Housing Auth., 497 F.Supp. 1217, 1224 (S.D.N.Y. 1980); McKenna v. Fargo, 451 F.Supp. 1355, 1379 (D.C.N.J. 1978), bestätigt ohne Begründung 601 F.2d. 575 (3rd Cir. 1979); Lora v. Board 0/ Education, 74 F.R.D. 565, 575 (E.D.N.Y. 1977). 94 Vgl. J. P. v. DeSanti, 653 F.2d 1080 (6th Cir. 1981); ob diese Entscheidung noch uneingeschränkt Gültigkeit beanspruchen kann, ist auf dem Hintergrund von In Re Zuniga, 714 F.2d 632, 642f (6th Cir. 1982), unklar; Saint Michaels Convalescent Hosp. v. Calijornia, 643 F.2d 1369, 1374/75 (9th Cir. 1981); vgl. ferner Crain v. Krehbiel, 443 F.Supp. 202, 209 (N.D.Cal. 1977); kritisch zu J. P. v. DeSanti Case Comment, A
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
hat zwar grundsätzlich akzeptiert, daß Whalen ein Recht auf disclosural privacy etabliert habe. Zugleich hat es jedoch Paul v. Davis zum kontrollierenden Präjudiz erklärt, weil es der Supreme Court versäumt habe, in Whalen einen verläßlichen Prüfungsmaßstab zu präzisieren 95. Trotz der bestehenden Unklarheiten sprechen überwiegende Gründe für die von der Mehrheit der Gerichte geteilte Auffassung, daß der Supreme Court das Interesse an der Geheimhaltung personenbezogener Informationen durch einen eingeschränkt grundrechtlichen Geheimhaltungsanspruch absichern wollte. Der widersprüchliche Rückzieher am Ende der Mehrheitsmeinung kann mit Rücksicht auf die Entscheidung als Ganzes kaum als maßgeblich angesehen werden. Der Begründungs- und Diskussionsaufwand der Entscheidung setzt nämlich die grundrechtliche Anerkennung des Geheimhaltungsinteresses voraus. Das New Yorker Gesetz entging dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit nicht schon deshalb, weil es einen Geheimhaltungsanspruch gar nicht gibt, sondern weil auf dem Hintergrund stringenter Vorkehrungen eine Verbreitung der brisanten Informationen nicht zu befürchten und deshalb Geheimhaltungsinteressen nach Ansicht des Gerichts nicht gefährdet waren 96. Die Gegenansicht müßte erklären können, warum sich das Gericht ausführlich mit der Effizienz vorhandener Datensicherungssysteme sowie mit rechtlichen Barrieren gegenüber sonstigen Gefahren der Weiterverbreitung auseinandersetzt, obwohl das dadurch geschützte Nichtverbreitungsinteresse verfassungsrechtlich irrelevant sein soll. Ein sinnvolles Verständnis der Entscheidung ist nicht möglich, wenn man die verfassungsrechtliche Relevanz des Geheimhaltungsinteresses leugnet. Diese Lesart von Whalen läßt sich außerdem besser mit einer nachfolgenden Supreme-Court-Entscheidung in Einklang bringen. In Nixon v. Administrator 0/ General Services 97 setzt sich das Gericht ausführlich mit der Frage auseinander, ob die Durchsicht der schriftlichen Unterlagen, die während der Präsidentschaft Nixons in dessen Amtsbereich angefallen waren, durch einen staatlichen Archivar mit dem Recht auf privacy des ehemaligen Präsidenten vereinbar ist. Die gesetzlich definierte Aufgabe des Archivars bestand darin, amtliche von rein persönliConstitutional Right to Avoid Disclosure of Personal Matter: Perfecting Privacy Analysis inl. P. v. DeSanti, 653 F.2d 1080 (6th Cir. 1981),71 Georgetown Law Journal 219 (1982). 95 Vgl. Shevin v. Byron, Harless, Schaffer, Reid & Assoc., 379 So. 2nd 633, 637/ 638 (S.c. Florida 1980); zu der Entscheidung Note, Constitutional Law: Individual's Right to Disclosural Privacy as Lirnited by the Public Records Act, 10 Stetson Law Review 376, 395 (1981). 96 Besonders deutlich: "We are persuaded, that the New York program does not ... pose a sufficiently grievious threat to either interest (= interest in avoiding disclosure of personal matters sowie das interest in making certain kinds of important decisions; Anm. d. Verf.) to establish a constitutional violation"; 429 U.S. 589, 600. 97 433 U.S. 425 (1976); vgl. ferner U.S. Department oflustiGe v. Reporters Committee for Freedom of the Press, 109 S.Ct. 1468, 1476 (1989) sowie New York v. Ferber, 458 U.S. 747 (1982), wo das Gericht, bezugnehmend auf Whalen, das "individual interest in avoiding disclosure of personal matter" (759, Fn. 10) erwähnt.
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chen Schriftstücken zu separieren und letztere an den Präsidenten zurückzugeben 98. Das Gericht kam zu dem Schluß, daß die Durchsicht (screening) der Unterlagen zwar als begrenzter Eingriff in das Geheimhaltunginteresse des Präsidenten gewertet werden müsse, dieser aber eine verfassungsrechtliche Disqualifizierung noch nicht rechtfertige. Ähnlich wie in Whalen scheitert das privacyArgument daran, daß mit Rücksicht auf die vertrauliche Behandlung der Unterlagen durch das Archivpersonal sowie verschiedene andere Faktoren eine Gefährdung der Privatsphäre des ehemaligen Präsidenten kaum zu befürchten war 99 • Läßt sich demnach auf Grundlage von Whalen und Nixon dem Recht auf privacy auch eine Datenschutzkomponente entnehmen, stellt sich des weiteren die wichtige Frage nach der Reichweite dieses Rechts. Bekanntlich hat das deutsche Bundesverfassungsgericht in seinem grundlegenden Volkszählungsurteil alle Phasen der Datenverarbeitung, d. h. Speicherung, Veränderung und Übermittlung von personenbezogenen Informationen, unabhängig von ihrer Sensibilität, unter grundrechtlichen Schutz gestellt 100. Die wichtigste Pointe des Volkszählungsurteils liegt darin, daß Eingriffe in das Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" der Einwilligung des Betroffenen oder einer verfassungsmäßigen Rechtsgrundlage bedürfen. Die gesetzliche Eingriffsgrundlage muß sich an Gemeinwohlbelangen rechtfertigen lassen sowie den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips entsprechen 101. Von einem solchen "flächendeckenden" Schutz des Bürgers vor den Datenverarbeitungsmöglichkeiten des Staates ist die Rechtsprechung des Supreme Court noch weit entfernt. Unterscheidet man zwischen der Speicherung und der Übermittlung personenbezogener Informationen, so ergibt sich folgendes Bild: Nach Whalen muß der Staat bei der Speicherung personenbezogener Informationen gewährleisten, daß Datenbanken gegen die mißbräuchliche Nutzung durch Unbefugte abgeschirmt sind. Staatliche Informationsbestände, die gegen "Angriffe" von außen nicht genügend gesichert sind, werden durch die Verfassung diskredi98 Dieses Verfahren war in dem Presidential Recordings Preservation Act des Jahres 1974,44 U.S.C. § 2107 (Supp. V 1975), festgelegt; im einzelnen dazu Note, Government Control of Nixons Presidential Material, 87 Yale Law Journal 1601 (1978). 99 Der Sache nach hat das Gericht eine Abwägung zwischen dem Datenschutzinteresse und dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des historisch wertvollen Materials vorgenommen. Dabei wurden als Gesichtspunkte berücksichtigt (vgl. S. 465): a) die Intensität des mit dem "screening" verbundenen Eingriffs in die Privatsphäre des ehemaligen Präsidenten; b) der Umstand, daß der ehemalige Präsident eine Person des öffentlichen Interesses ist; c) das Fehlen einer legitimen Geheimhaltungserwartung, soweit die überwältigende Menge amtlichen Materials betroffen ist; d) die Unmöglichkeit, amtliches von persönlichem Material zu trennen, ohne Einsicht in die Schriftstücke, Tonbänder und andere Aufzeichnungen zu nehmen; e) die in der Vergangenheit bewiesene Diskretion des Archivpersonals; f) der Umstand, daß Vorkehrungen für die Rückgabe rein persönlicher Materialien an den ehemaligen Präsidenten durch das Gesetz getroffen worden waren. 100 BVerfGE 65, 1, 45. 101 Ebenda, 1 (Leitsatz 2), 41.
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
tiert lO2 • Daraus folgt umgekehrt, daß die Speicherung personenbezogener Informationen keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt, wenn die Daten hinreichend vor öffentlicher Verbreitung geschützt sind. Für Übermittlungen ergeben sich ähnliche Konsequenzen aus der Entscheidung Nixon v. Administrator ofGeneral Service. Der Staat darf danach personenbezogene Informationen an eine andere staatliche Stelle offenbaren, wenn gesichert ist, daß diese Offenbarung nicht zu einer allgemeinen Verbreitung der Informationen führt. Hier spielen aber neben dem Nichtverbreitungs- und Sicherheitsaspekt noch andere Gesichtspunkte, nämlich z. B. die Sensitivität der Daten sowie der Zweck der Übermittlung eine Rolle 103. Dem Datenschutzkonzept des Supreme Court liegt zwar erkennbar die Absicht zugrunde, dem Interesse des einzelnen an der Kontrolle der ihn betreffenden Informationsflüsse partiell Rechnung zu tragen. Die bisher vom Supreme Court gezogenen Linien legen dem staatlichen Informationsverwalter aber kaum vergleichbar relevante Beschränkungen auf, wie sie sich für die Bundesrepublik aus der Anerkennung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ergeben. Die Speicherung von personenbezogenen Informationen unterliegt nicht dem disziplinierenden Reglement eines Gesetzesvorbehalts, gepaart mit einer Verhältnismäßigkeitsprüfung. Auch bei der Übermittlung personenbezogener Daten wird, wie Nixon v. Administrator ofGeneral Services zeigt, vornehmlich auf den Gesichtspunkt abgestellt, ob auf der Rezipientenseite die Vertraulichkeit der übermittelten Informationen gewährleistet ist. Die bei Datenübermittlungen darüber hinaus zu berücksichtigende Sensibilität der personenbezogenen Information wirft weiter Schwierigkeiten auf. Unklar ist nämlich, welche Informationen als sensibel und somit als schutzbedürftig angesehen werden können. Die Antwort des deutschen Bundesverfassungsgerichts auf diese Frage lautet, daß auch das Bekanntwerden eines scheinbar belanglosen Datums Risiken in sich birgt, da die Kenntnis dieses Datums in einem anderen Verwendungskontext erhebliche Gefahrenpotentiale freisetzen kann. Folgerichtig wird deshalb jedes personenbezogene Datum unter Schutz gestellt 104. Derartig weitreichende Schlußfolgerungen sind auf der Grundlage der herrschenden privacy-Doktrin jedoch nicht möglich. Zur Erinnerung: Der strict scrutiny-Maßstab bedeutet, daß in fundamentale Rechte nur eingegriffen werden darf, wenn sich der Staat auf herausragende Gemeinschaftsgüter berufen kann, während 102 Vgl. auch Tribe, Arnerican Constitutional Law, (Fn. 65), 1399, wonach bei unzureichender Sicherung von Informationssystemen gegen Datenmißbrauch ein Eingriff in das Recht auf privacy des Datenverarbeitungsbetroffenen vorliegt; der Datensicherungsaspekt von Whalen wird betont in: In Re Zuniga, 714 F.2d 632 (6th Cir. 1983), sowie General Motors Corp. v. Director of National Institute of Occupational Safety and Health, 636 F.2d 163 (6th Cir. 1980). 103 Vgl. Fn. 99. 104 BVerfGE 65, 1,45.
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der ,,rational basis test" unterhalb der Schwelle fundamentaler Rechte Eingriffe nur dann beanstandet, wenn sie eine Verbindung zu einem anerkannten öffentlichen Interesse vermissen lassen 105. In diesem Rahmen lassen sich die komplexen Problemstellungen, die sich aus der Forderung nach Datenschutz ergeben, kaum angemessen bewältigen. Nur wenn man davon ausgeht, daß ein begrenzter innerer Kern der Privatsphäre informationell geschützt ist, läßt sich ein strenger Maßstab rechtfertigen und in der Praxis durchhalten. Der Schutz eines "belanglosen" personenbezogenen Datums anband von strict scrutiny 106 müßte praktisch zum Erliegen zahlreicher Informationsflüsse und zum Zusammenbruch ganzer Informationsnetzwerke führen. Die Zweiteilung des Prüfungsmaßstabes in strict scrutiny einerseits und rational basis andererseits führt also offenkundig im Bereich von Informationsoffenbarungen zu weitgehend unangemessenen Ergebnissen 107. Der Supreme Court hat sich diesem Problem weder in Whalen noch in Nixon wirklich gestellt. Dabei hätte eigentlich bereits Whalen dazu Anlaß gegeben. In Whalen ging es nämlich keineswegs um Informationen, die sich durch einen Bezug zu dem Autonomiestrang des Rechts auf privacy und damit dem eindeutig als schutzbedürftig anerkanntenprivacy-Bereich (Ehe, Zeugung, Empfängnisverhütung, Familienbeziehungen, Kinderaufzucht) auszeichneten 108. Immerhin enthält Nixon durch die Art der Entscheidungsfindung Hinweise auf eine mögliche Lösung jenseits von strict scrutiny und rational basis. Das Gericht gelangt nämlich zu seinem Ergebnis der Sache nach im Wege einer Abwägung, bei der die involvierten Geheimhaltungs- und Offenbarungsinteressen gegenübergestellt werden 109. Untergerichte haben einen ähnlichen Weg eingeschlagen und haben ihrerseits versucht, Lösungsansätze zu entwickeln, die zwischen strict scrutiny und rational basis angesiedelt sind 110. Als Resultat dieser Bemühungen hat sich Dazu bereits oben Text bei Fn. 63 -68. Yeager v. Hackensack Water Co., 615 F.Supp. 1087 (D.C.N.J. 1985), ist, soweit ersichtlich, der einzige Fall, in dem die Anwendung des "strict scrutiny"-Maßstabes zur Aufhebung eines Gesetzgebungsaktes führte. Aufgrund eines Gesetzes zur Rationierung von Wasser in einer DÜITeperiode wurde von den Bürgern die Preisgabe der Namen aller in einem Haushalt lebenden Personen verlangt. Mit der Begründung, die erzwungene Preisgabe könne Details familiärer Beziehungen offenbaren, die zum eindeutig schutzbedürftigen privacy-Bereich gehören, wurden unter Anwendung des "strict scrutiny"-Maßstabes Teile des Gesetzes für verfassungswidrig erklärt (1092/ 1093). 107 Vgl. auch Brugger, Grundrechte und Verfassungsgerichtsbarkeit, (Fn. 25), 129. 108 Das Gericht hätte sich also seine Entscheidung durch eine sphärenmäßige Zuordnung und einen schnellen Rückgriff auf den ,,rational basis"-Standard leicht machen können. 109 Vgl. oben Fn. 99. 110 Eine gute Begründung für die Notwendigkeit eines solches Maßstabes wird iq Slevin v. City o/New York, 551 F.Supp. 917 (1982), geboten, soweit das hier interessierende Problem betroffen ist, bestätigt durch die Berufungsinstanz, Barry v. City 0/ New York, 712 F.2d 1554, 1559 (2nd Cir. 1983), cert. den. 464 U.S. 1017 (1983); auf eine Prüfung anband des ,,rational basis"-Maßstabes haben sich beschränkt lacobucci v. City 0/ Newport, Ky., 785 F.2d 1354 (6th Cir. 1986), wo Registrierungsmaßnahmen, die Fingerabdrücke und Fotografien umfaßten, für unbedenklich gehalten wurden, weil sie 105
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in den Iurisdiktionsbereichen mehrerer Appellationsgerichte Abwägung als neuer Lösungsansatz durchgesetzt 111. Der Abwägungsmodus ist allerdings erst in Grundzügen erkennbar. Dabei zeigen sich Parallelen zur Abwägung im Rahmen der 6. Ausnahme des FOIA. Berücksichtigt werden zunächst die involvierten privacy-Interessen, indem z. B. die Fragen gestellt werden, ob die Offenbarung zu einer Beeinträchtigung der Reputation des Betroffenen führen könnte, ob die Offenbarung exzessive Neugier oder Nachstellung auslösen würde und ob die Geheimhaltungserwartung des Betroffenen als vernünftig anerkannt ist 112. Im Einklang mit der Grundtendenz der privacy-Doktrin betrifft ein wichtiger Abwägungsfaktor ferner den Datensicherungs- und Zweckentfremdungsaspekt, d. h. die Frage, ob die Übermittlung die Gefahr einer unkontrollierten Verbreitung der Information beinhaltet. Auf der anderen Seite der Abwägung steht die Frage, ob eine Offenbarung durch hinreichend gewichtige öffentliche Interessen gerechtfertigt werden kann. Die Aussagen über die erforderliche Tragweite der öffentlichen Interessen sind allerdings widersprüchlich. So heißt es etwa, die Interessen müßten weder herausragend sein 113, noch müsse die Regierung einen Weg wählen, der das privacyInteresse des Betroffenen am stärksten schütze 114. Demgegenüber wird verschiedentlich gefordert, daß auf der Seite des Offenbarungsinteresses ein wichtiges öffentliches Interesse stehen müsse ("substantially further important govemment interests") 115. Es spricht vieles dafür, daß sich in Offenbarungsfallen Abwägung als neue Form von "intermediate scrutiny" 116 durchsetzen wird. Schon die Entscheidung Nixon v. Administrator 0/ General Services scheint auf einen Abwägungsansatz in vernünftiger Beziehung zu einem legitimen öffentlichen Interesse (,,rational relationship to a legitimate govemmental interest", 1355/1356) standen; ferner Holy Spirit Assoc. v. Hodge, 582 F.Supp. 582 (D.C.N.D. Texas 1984), wo wegen des Fehlens eines solchen rationalen Konnexes ein Registrierungsstatut, welches zugleich Einsichtsrechte für die Öffentlichkeit statuierte, scheiterte. III Vgl. Plante v. Gonzales, 575 F.2d 1119, 1134 (5th Cir. 1979); Duplantier v. United States, 606 F.2d 654,672 f. (5th Cir. 1979); Barry v. City 0/ New York, 712 F.2d 1554, 1559 (2nd Cir. 1983); United States v. Westinghouse Electric Corp., 638 F.2d 570, 578 (3rd cir. 1980); Slevin v. New York, ebenda, 93; auch einige Staatengerichte haben teilweise sogar schon vor Whalen einen Abwägungsansatz verfolgt; vgl. z. B. Montgomery County v. Walsh, 336 A.2d 97, 106 f. (C.A. Maryland 1975); Stein v. Hawlett, 289 N.E.2d 409, 413 (Sup.Ct. Ill. 1972); Illinois State Employees Assoc. v. Walker, 315 N.E.2d 9, 17 (Sup.ct. Ill. 1974). 112 So die Zusammenstellung der Abwägungstopoi bei Smith, (Fn. 33), 176 sowie 183 ff. m. w. N. 113 So etwa Plante v. Gonzales, 575 F.2d 1119, 1134 (5th Cir. 1979); herausragende Interessen zu verlangen, würde einen Rückfall in den "strict scrutiny-test" bedeuten. 114 Barry v. City o/New York, 712 F.2d 1554, 1563 (2nd Cir. 1983); Fraternal Order 0/ Police v. City 0/ Philadelphia, 812 F.2d 102,113 (3rd Cir. 1987). 115 Vgl. Duplantier v. United States, ebenda, 672; auch Plante v. Gonzales, 1134 ("important state concems"). 116 Smith, (Fn. 33), 206.
11. Verfassungsrechtliche Dimensionen des Rechts auf Privacy
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hinauszulaufen 117. Abwägung unterläuft das Dilemma von strict scrutiny und von rational basis, die in einer zu weitgehenden oder einer unzureichenden Prüfungsdichte liegen. Der Ansatz kommt dem Bedürfnis der Praxis nach einer Regel entgegen, die eine Ausdifferenzierung am Einzelfall zuläßt. Als Vorteil wird ferner gesehen, daß Abwägung der gegenwärtigen Handhabung der 6. Ausnahme des FOIA durch die Rechtsprechung entspricht 118. Vergleicht man den Ertrag der Rechtsprechung amerikanischer Gerichte zum verfassungsrechtlichen Gehalt des Rechts auf disclosural privacy (Informationsschutz) mit den Resultaten des Volkszählungsurteils des BVerfG, so fallt die Bilanz in datenschutzrechtlicher Perspektive ohne Zweifel zugunsten des bundesrepublikanischen Rechts aus 119. Die Stellungnahme eines Kritikers, wonach sich der Supreme Court des Datenschutzproblems nur halbherzig angenommen hat ("somewhat less than enthusiastic") 120, erscheint berechtigt. Das in den U.S.A. im Verfassungsrecht verbreitete Datenschutzverständnis ist einseitig am Gedanken des Offenbarungsschutzes ausgerichtet und überstrapaziert den Gesichtspunkt der Datensicherung 121. Informationen werden erst als schutzwürdig angesehen, wenn sie eine gewisse Sensibilität erreichen. Einen Gesetzesvorbehalt für die Speicherung und die Übermittlung personenbezogener Informationen sowie einen stringenten Rekurs auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip122 kennt das amerikanische Verfassungsrecht nicht. Die Supreme-Court-Rechtsprechung beruht nicht auf einem Konzept informationeller Selbstbestimmung, sondern auf einem defizitären Datenschutzverständnis, das veraltete Geheimhaltungsvorstellungen in den Vordergrund stellt.
117 Vgl. Fn. 99; daß der Supreme Court in Nixon die Weichen in Richtung auf Abwägung gestellt hat, wird m. E. von Brugger, Grundrechte und Verfassungsgerichtsbarkeit, (Fn. 25), S. 129, sowie von dems., Der grundrechtliche Schutz der Privatsphäre, (Fn. 53), 65, nicht hinreichend berücksichtigt. 118 Vgl. die Hinweise bei Smith, (Fn. 33), 180, sowie 183 ff. 119 Vgl. auch jüngst Schwartz, Paul, The Computer in German and American Constitutional Law: Towards an American Right ofInformationai Self-Determination, 37 American Journal of Comparative Law 675 (1989); ders., Die neuesten Entwicklungen im amerikanischen Datenschutzrecht, RDV 1989, 153. 120 Seng, Michael P., The Constitution and Informational Privacy, or How so Called Conservatives Countenance Intrusion Into a Person's Private Affairs, 18 John Marshall Law Review 871, 892 (1985). 121 Datensicherheit ist auch im bundesrepublikanischen Recht eine wichtige Komponente des Datenschutzrechts; vgl. § 9 BDSG. Die Reduktion des Datenschutzes auf Datensicherungsaspekte enthält jedoch gefährliche Verkürzungen, da sie persönlichkeitsrechtlich wichtige Schutzdimensionen im Datenverarbeitungskontext nicht hinreichend erfaßt; vgl. dazu Nowak, Richard, Datenschutz ist nicht identisch mit Datensicherheit, Die Wirtschaftsprüfung 1984, 153. 122 Vgl. insoweit auch kritisch Bazelon, David L., Probing Privacy, 12 Gonzaga Law Review 587, 614 (1977).
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
3. Der verfassungsrechtliche Anspruch auf Geheimhaltung persönlicher Angelegenheiten und der Zugang zu Forschungsdaten Die Rechtsprechung des Supreme Court sowie anderer Gerichte zur verfassungsrechtlichen Dimension des Rechts auf privacy berührt natürlich auch die Datenverarbeitung im Forschungsbereich. Unterschiedliche Auswirkungen ergeben sich auch insoweit jeweils für die Speicherung und Übermittlung personenbezogener Daten für Forschungszwecke. Die herrschende informationsrechtliche privacy-Doktrin zieht der Speicherung von Forschungsdaten unter dem Zweckentfremdungs- und Datensicherungsaspekt Grenzen. Dies bedeutet, daß die Speicherung personenbezogener Daten für Forschungszwecke nur dann beanstandet werden kann, wenn die Informationssysteme nicht hinreichend gegen die Gefahr einer unkontrollierten Informationsverbreitung abgeschottet sind. Vorherrschend ist die Ansicht, daß die bloße Registrierung zu Forschungszwecken noch keine Risiken für die Betroffenen beinhaltet 123. Auch bei der Beurteilung der Übermittlung personenbezogener Daten an Forschungseinrichtungen kommt es für die verfassungsrechtliche Beurteilung in erster Linie auf die Frage an, ob auf Rezipientenseite, also im jeweiligen Forschungsenvironment, die Vertraulichkeit der personenbezogenen Informationen gewährleistet ist. Dabei wird man die Anforderungen an die Abschottung um so strenger formulieren müssen, je sensibler die Daten sind. Ob im Rahmen einer Abwägung wegen der besonderen Sensitivität bestimmter Informationsbestände eine Informationsübermittlung scheitern kann, ist schwer zu beantworten, da es an Fallbeispielen fehlt. Die sich abzeichnende Dominanz eines Abwägungsansatzes im Jurisdiktionsbereich mehrerer Berufungsgerichte bedeutet wenig mehr, als daß die Offenbarung personenbezogener Informationen zu Forschungzwecken in der Regel einer Einzelfallprüfung überantwortet ist, bei der die Sensitivität der Daten, der Zweck der Offenbarung und Aspekte der Datensicherung eine Rolle spielen 124. Es spricht also vieles dafür, daß auch im Forschungsbereich das verfassungsrechtliche Gebot, Vorsorge gegen eine unkontrollierte Verbreitung dieser Informationen zu treffen 125, häufig entscheidend ist. Als mögliche Sicherungsmechanismen kommen dabei sowohl gesetzliche Regeln 126 als auch technischer Datenschutz in Betracht 127. Gerichte und Behörden 123 Vgl. auch Kilian, Wolfgang, Organisationsrecht für die medizinische Forschung in den Vereinigten Staaten von Amerika, DVR, Bd. 14, 1985, 191, 194. 124 Im einzelnen oben den Text bei Fn. 110-118. l25 Vgl. auch Adams, Medical Research and Personal Privacy, (Fn. 82), 1110 f. 126 Hier wäre insbesondere an Forschungsgeheimnisse zu denken; es verwundert nicht, daß die Diskussion über Forschungsgeheimnisse in den U.S.A. eine weitaus größere Rolle gespielt hat als in der Bundesrepublik; dazu noch unten 4. Kapitel. 127 Vgl. insbesondere Fraternal Order 0/ Police v. City 0/ Philadelphia, 812 F.2d 105, 118 (3rd Cir. 1987). Daß Datensicherungsmaßnahmen im Forschungskontext eine
11. Verfassungsrechtliche Dimensionen des Rechts auf Privacy
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stehen also bei Datenübermittlungen vor der praktisch schwierigen Aufgabe, immer das normative Umfeld sowie die konkreten Sicherheitsbedingungen auf der Forscherseite in ihre Überlegungen einbeziehen zu müssen. Welche Unwägbarkeiten dabei auftreten können, wird z. B. deutlich, wenn man berücksichtigt, daß bis heute über die Existenz von Zeugnisverweigerungsrechten für Forscher gestritten wird 128. Ein Beispiel soll die Lage verdeutlichen. In Dupont v. Finklea 129 erklärte ein Distriktgericht die Offenbarung von personenbezogenen Gesundheitsdaten an das Nationale Institut für Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin unter Berufung auf Whalen 130 für zulässig, weil das Institut durch ministerielle Verordnung an strikte Datensicherungsstandards gebunden war. Die Daten sollten für eine epidemiologische Untersuchung genutzt werden. Eine Offenbarung der Informationen durch das Institut ohne Einwilligung des Betroffenen war durch die Verordnung untersagt. Das Gericht machte allerdings zugleich klar, daß es nicht jede Möglichkeit einer Zweckentfremdung der Daten für beachtlich hielt 131. Dabei konnte sich das Distriktgericht an Whalen anlehnen, wo ausgeführt wird, daß nicht jede entfernte Möglichkeit einer Offenbarung personenbezogener Informationen zur Verfassungswidrigkeit von Informationsspeicherungen führt 132. Das Gericht berücksichtigte auch die Möglichkeit einer Informationsoffenbarung infolge eines FOI-Antrages. Eine mögliche Verfassungsverletzung wurde jedoch verneint, da durch die 6. Ausnahme des FOIA sowie das Ineinandergreifen von FOIA und Privacy Act 133 eine hinreichend zuverlässige Barriere gegen die Offenbarung persönlicher Angelegenheiten errichtet worden sei 134. Verfassungsrechtliche Probleme bei Informationsoffenbarungen werden nach dieser Entscheidung bereits auf der Ebene des einfachen Rechts abgefangen 135. große Rolle spielen, belegt der Aufsatz von Nehls, Gerald/ Hayes, Carl G. / Nelson, William c., Confidentiality and Freedom of Information for Epidemiological Data in Govemmental Research, 25 Environmental Research 160 (1981). Der Zugang zum Aufbewahrungsort der Daten ist durch Eingangspförtner, Außenbeleuchtung, TV-Kameras, Außenwachen, doppelte Schlösser, password-Kontrollen festungsartig gesichert (163). 128 Dazu unten 4. Kapitel. 129 442 F.Supp 821 (D.C.Virg. 1977). 130 Ebenda, 824. 131 Ebenda, 825; gemeint war wohl die Möglichkeit der Offenbarung von Informationen im Rahmen einer "subpoena"; dazu noch im einzelnen unten 4. Kapitel unter IV. 132 Whalen v. Roe, Fn. 85. 133 Dazu unten sub ill. 2. c. aa. 134 442 F.Supp. 821, 825. 135 Umgekehrt spielen im FOI-Kontext verfassungsrechtliche Argumente praktisch kaum einer Rolle; in Florida Medical Associaton v. Department 0/ Health, Education, and Welfare , 479 F.Supp. 1291 (M.D. Fla. 1979), wurde auf eine Prüfung der verfassungsrechtlichen Dimension einer Informationsoffenbarung verzichtet, da sich eine datenschutzfreundliche Lösung bereits aus der Anwendung von FOIA und Privacy Act ergab (vgl. 1311, Fn. 10).
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
111. Der Privacy Act 1. Geschichte des Privacy Act Bereits seit den 50er Jahren findet die Forderung nach Anerkennung eines stringenteren Schutzes des Individuums gegenüber den Risiken der modernen Informationstechnologien zunehmend Resonanz in der Öffentlichkeit. Verantwortlich dafür waren einige vielbeachtete Bücher, die die Leserschaft aufrüttelten 136. Die Autoren stimmen darin überein, daß der verbreitete Gebrauch technischer Überwachungsinstrumentarien (z. B. eines Abhörgerätes), die Nutzung von Lügendetektoren und Persönlichkeitstests 137 sowie die Automatisierungspläne in Richtung auf ein nationales Datenverarbeitungszentrum (National Data Center) 138 zu einer erheblichen Gefahr für die Privatsphäre der Bürger geworden seien. Zugleich wird im Lichte des sich abzeichnenden technologischen Wandels das vorhandene zivilrechtliche Instrumentarium sowie der corpus verfassungsrechtlicher Präjudizien als defizitär erkannt und deshalb der Gesetzgeber zum Handeln aufgefordert. Der Kongreß reagiert zunächst Ende der 60er bis Mitte der 70er Jahre mit der Durchführung zahlreicher Anhörungen, die verschiedene Aspekte des Datenschutzproblems betreffen. Unterauschüsse des Kongresses befassen sich mit fragwürdigen Überwachungsmaßnahmen durch Militärbehörden, die die politische Betätigung von Bürgern zum Gegenstand haben, mit den Datenverarbeitungsaktivitäten des Justizministeriums im Bereich der Verbrechensbekämpfung, mit dem Inhalt der Volkszählungsbögen, mit der Praxis der Nutzung von Lügendetektoren 136 Zu nennen wären Dash, Samuel, The Eavesdroppers, 1959; Packard, Vance, The Naked Society, New York 1964; Westin, Alan F., Privacy and Freedom, New York 1967; Wheeler, Stanton (Ed.), On Record: Files and Dossiers in American Life, New York 1969; Miller, Arthur, The Assault on Privacy, Ann Arbor 1971. 137 Bewerber für den öffentlichen Dienst mußten Fragebögen ausfüllen, die Fragen nach ihrem Sexualleben enthielten; vgl. die Nachweise bei Joyce, John F., The Privacy Act: A Sword and a Shield but sometimes neither, 99 Military Law Review 113, 120 ff. (1983) m. w. N.; zum Einsatz so1cherTests sowie zur verbreiteten Nutzung von Lügendetektoren in den 60er Jahren Creech, William A., The Privacy of Govemment Employees, 31 Law and Contemporary Problems 413 (1966), 418 ff., m. w. N., wonach im Jahre 1965500 Lügendetektoren bei Behörden im Einsatz waren, die bei 20.000 Einstellungen verwandt wurden. Kürzlich wurde der Einsatz von Lügendetektoren im privaten Bereich erheblich reglementiert; dazu Cross, Jeffry L., The Employee Polygraph Protection Act of 1988: Background and Irnplications, 1989 Labor Law Journal 663, wo man auch nachlesen kann, daß bis heute bei den Nachrichtendiensten sowie bestimmten Polizeibehörden der Einsatz von Lügendetektoren üblich ist (667/668). 138 Dazu V.S. Congress, House ofRepresentatives, Cornrnittee on Government Operations, Subcommittee on Invasion of Privacy, 89th Congress, 2d Session, App. 1, 1966, S. 195-213; ferner Miller, The Aussault on Privacy, (Fn. 136),71 ff., sowie Pearson, Robert W., Researchers' Access to V.S. Federal Statistics, 41 Items Heft 1/2, 1987, 6 (7); die Idee der Errichtung eines National Data Center wurde wegen des sich abzeichnenden Widerstandes aufgegeben, vgl. Miller, ebenda.
III. Der Privacy Act
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und Persönlichkeitstests in einzelnen Bundesstaaten, den Infonnationssammlungsaktivitäten im Bereich des Kreditgewerbes sowie der Vertraulichkeit von Ausbildungs- und Steuerakten 139. Aber auch im Bereich der Administration wird über die Rechte des Bürgers als Datenverarbeitungsbetroffener nachgedacht. Der in dem sog HEW-Report 14O aufgestellte "code of fair infonnation practices" hat sowohl die weitere privacy-Diskussion maßgeblich beeinflußt als auch auf die Gestalt des Privacy Acts eingewirkt 141. Das erste Gesetz mit datenschutzrechtlichem Gehalt, welches der Kongreß verabschiedet, ist der "Fair Credit Reporting Act" des Jahres 1970 142 • Es folgt der "Crime Control Act" des Jahres 1973 143 , der erstmalig Fragen des Zugangs zu personenbezogenen Infonnationen in Strafakten (criminal records) behandelt. Im Jahre 1974 verabschiedet der Kongreß den Family Educational Rights and Privacy Act (sog. Buckley Amendments) 144, der den Umgang mit personenbezogenen Infonnationen in Ausbildungsinstitutionen (Schulen, Universitäten) zum Gegenstand hat. Das Gesetz schreibt für Ausbildungsinstitutionen, die staatliche Subventionen beantragen, Regeln vor, die den Eltern oder Studenten Zugang zu Ausbildungsakten (educational records) gewähren, Korrekturrechte vorsehen und die Offenbarungen von Infonnationen an Dritte limitieren 145. Im Jahre 1974 gewinnt die Diskussion um einen umfassenderen Schutz der Privatsphäre infolge des Bekanntwerdens zahlreicher Übergriffe der Nixon Administration 146 erheblich an Schubkraft. Ende der zweiten Hälfte der 93. Legislaturperiode beginnen intensive Beratungen in verschiedenen Ausschüssen des Senats 139 Die FundsteIlen der "Hearings" sind nachzulesen bei Hanus, Jerome / Relyea, Harold, A Policy Assessment of the Privacy Act of 1974, 25 American Dniversity Law Review 555 (1976), 566/567. 140 D.S., Department of Health, Education and Welfare, Report of the Secretary's Advisory Committee on Automated Personal Data Systems, Records, Computers, and the Rights of Citizens, Washington D.C. 1973. 141 Zur Bedeutung des Reports 0' Brien, David M., Privacy, Law, and Public Policy, New York 1979,208; der "code" wird von der Privacy Protection Study Commission, Personal Privacy in an Information Society, (Fn. 78), S. 501 ff., aufgegriffen und ergänzt. 142 15 D.S.C. § 1681; regelt die Informationsweitergabe durch Kreditauskunfteien; dazu Mallmann, Otto, Kreditauskunfteien und Datenschutz in den Vereinigten Staaten, in: Kilian, Wolfgang / Lenk, Klaus / Steinmüller, Wilhelm (Hrsg.), Datenschutz, juristische Grundsatzfragen beim Einsatz elektronischer Datenverarbeitungsanlagen in Wirtschaft und Verwaltung, Ffm 1973, 311 ff. 143 Pub.L. 93 - 83, 87 Stat. 197; kodifiziert als 42 D.S.C. § 3701 (1977) ff. 144 20 D.S.C. § 1232g (1976). 145 Diese Art der indirekten Verhaltens steuerung hat seinen Grund in der fehlenden bundestaatlichen Kompetenz für den Erziehungsbereich; vgl. Louis, Hans Walter, Datenschutz und Informationsrecht in den D.S.A., München 1984, 109. 146 Gemeint sind die durch die Nixon Administration angeordneten Einbrüche in das Watergate Hotel, der Einbruch in das Büro des Psychaters Daniel ElIsberg, verschiedene Lauschangriffe sowie die versteckte Aufzeichnung privater Gespräche im Weißen Haus; vgl. Sirica, John J., To Set the Record Straight: The Break-In, the Tapes, the Conspirators, New York 1980.
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
und des Repräsentantenhauses 147, die schließlich noch im Jahre 1974 zur Verabschiedung des Privacy Acts l48 führen. Der Privacy Act wurde mit den gemeinsamen Stimmen von Demokraten und Republikanern verabschiedet. Die schnelle Verabschiedung des Privacy Act ereignete sich für viele Beobachter überraschend, da sich zunächst erhebliche Differenzen zwischen den Vorstellungen des Senats und des Repräsentantenhauses abgezeichnet hatten. Der Senat favorisierte die Etablierung eines unabhängigen privacy boards, das die Datensammlungs- und Datenübermittlungspraxis der Administration überwachen und mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet sein sollte. Hiergegen richtete sich nicht nur erheblicher Widerstand in dem zuständigen Ausschuß des Repräsentantenhauses, sondern auch in den Reihen der Administration, die durch das dem Präsidenten unterstellte Office of Management and Budget (OMB) an den Gesetzesberatungen von Anfang an beteiligt war. Da die Ausräumung dieser und anderer Differenzen erhebliche Zeit beansprucht hätte, die am Ende der Legislaturperiode fehlte, einigte man sich kurzerhand darauf, die Ausarbeitung einer Kompromißvorlage den Vorsitzenden der beteiligten Ausschüsse des Senats und des Repräsentantenhauses zu überantworten. Prominentestes Opfer der Kompromißversion wurde die Senatsvorstellung, die auf die Etablierung eines unabhängigen "Privacy Boards" gerichtet war 149 • Stattdessen wurde das OMB mit einer deutlich abgeschwächten Überwachungsfunktion betraut 150. Der Privacy Act ist im Laufe seiner Geschichte mehrfach geändert worden. Hervorzuheben ist die Reform des Jahres 1984, die zu einer Klärung des Verhältnisses von PA und FOIA führte l51 • Die wichtigste Veränderung brachte der Computer Matching and Privacy Protection Act des Jahres 1988 152 , der die verbreitete Praxis des Datenabgleichs zur Aufdeckung eines ungerechtfertigten Bezuges von Sozialleistungen 153 auf eine gesetzliche Basis stellte 154. 147 Im einzelnen Committee on Government Operations, United States, Senate and the Committee on Government Operations, House of Representatives, Subcommittee on Governrnent Information and Individual Rights, Legislative History of the Privacy Act of 1974 (Public Law 93 -579), Source Book on Privacy, Washington D.C. 1976, S. 858 ff. 148 5 U.S.C. § 552a; in einer nicht mehr ganz aktuellen Version übersetzt bei Dammann / Mallmann / Simitis, Data Protection Legis1ation: An International Documentation - Die Gesetzgebung zum Datenschutz, Frankfurt 1977, S. 146 -176. 149 Die überhastete Verabschiedung des PA wird von Kritikern für einige seiner Schwächen verantwortlich gemacht; vgl. etwa Ehlke, Richard, The Privacy Act after a Decade, 18 John Marshali Law Review 829, 845 f. (1985). 150 Die Ausübung dieser Funktion durch das OMB ist erheblicher Kritik ausgesetzt; vgl. O'Reilly, James T., Who's on First?: The Ro1e of the Office of Management and Budget in Federal Information Policy, 10 Journal of Legislation 95 (1983). 151 Dazu noch unten sub III. 2. c. aa.; zur aktuellen Entwicklung auf dem Gebiet des Datenschutzes vgl. jüngst Tinnefeid, Marie-Theres, Der Datenschutz in den Vereinigten Staaten, RDV 1992, 216. 152 Pub.L. 100-503; zum data-matching in Kanada Burkert, Herbert, Kanada: Data Matching and Control of the Social Insurance Number (interne Anweisung), DuD 1989, 381.
III. Der Privacy Act
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2. Grundzüge des Privacy Act a) Geltungsbereich Der Privacy Act bezieht sich ausschließlich auf personenbezogene Akten, die bei einer Bundesbehörde geführt werden. Nicht erfaßt werden Aktensysteme von Behörden der Einzelstaaten oder regionaler Körperschaften 155. Der Datenschutz für den privaten Sektor ist Spezialgesetzen überantwortet, deren bedeutendste der Right to Financial Privacy Act 156 und der Fair Credit Reporting Act 157 sind. Der PA übernimmt explizit den Behördenbegriff des FOIA; d. h. erfaßt wird jede Behördeneinheit, die Bundespost, öffentlich-rechtliche Gesellschaften sowie Gesellschaften, die durch die öffentliche Hand kontrolliert werden 158. Das Gesetz findet ferner auch dann Anwendung, wenn sich die Behörde bei der Verarbeitung ihrer Daten eines Außenstehenden bedient 159. Im Unterschied zum Begriff person im FOIA werden dem Begriff "individual" im PA nur Bürger der U.S.A. sowie Ausländer subsumiert, die einen permanenten Aufenthaltsstatus genießen 160. Ge153 Zum Umfang des Computer Matching in den USA vgl. Committee on Govemmental Affairs, Oversight of Computer Matching to Detect Fraud and Mismanagement in Govemment Programs, Hearings before the Subcommitte on Oversight of Govemment Management of the Committee on Govemmental Affairs, United States Congress, 97th Congress, 2nd Sess. 1982; zum Streitstand und zur Kritik an dieser Praxis Nimmer, Rymond T., The Law of Computer Technology, Boston New York 1985, Anm. 12.08 und 12.06; ferner Albinger, Lisa, Personal Information in Government Agency Records: Toward an Informational Right to Privacy, 1986 Annual Survey of American Law 625, 627 ff.; Regan, PrisciIla, Privacy, Govemment Information, and Technology, 46 Public Administration Review 629 (1986); vgl. auch laffes v. Secretary 0/ the HEW, 393 F.Supp. 626 (S.D.N.Y. 1975). 154 Vgl. insbes. 5 U.S.C. § 552a (o)-(t) sowie (u); vgl. auch unten sub 2. d. bb.; zur Kontrolle der Abgleichspraxis sind sogenannte "data integrity boards" einzurichten, die die Einhaltung der Prozeduren überwachen sollen, die dem Beginn eines "matching"Programms vorangehen müssen. Es ist unschwer zu erkennen, daß die alte Idee eines "privacy boards" hier teilweise wieder aufgegriffen wurde. Die Gremien können allerdings kaum als unabhängig bezeichnet werden, da sie aus Angehörigen der Behörde gebildet werden, bei der Datenabgleiche durchführt werden «u) (5) (B)). Eine ablehnende Entscheidung des Gremiums bezüglich eines beantragten Datenabgleichs kann durch das OMB aufgehoben werden (vgl. (u) (5) (A)-(C)). 155 Dazu Smith, Robert EIlis, Compilation of State and Federal Privacy Laws, Washington D.C. 1988.; ferner Privacy Protection Study Commission, The Report of the Privacy Protection Study Commission, Appendix 1, Privacy Law in the States, Washington, D.C. 1977. 156 12 U.S.C. § 3401 ff.; regelt die Weitergabe personenbezogener Informationen von Finanzinstituten an Behörden (Bankgeheimnis); dazu Rogovin, Michael, Privacy of Financial Records, 1986 Annual Survey of American Law, Vol. 2, 587 ff. 157 15 U.S.C. § 1681 ff. 158 § 552a (a) (1). 159 § 552a (m). 160 § 552a (a) (2); kritisch dazu Note, Proposals to Amend the United States Privacy Act to Foreign Nationals and Nonresident Aliens, 22 Cornell International Law Journal 285 (1989).
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
schützt werden durch den PA nur Infonnationen, die einer Person zugeordnet werden können. Als· Zuordnungsmerkmale kommen nach dem Gesetz aber auch Fingerabdrücke, Stimmabdrücke (voice prints) sowie Fotografien in Betracht 161. Anders als die Mehrheit der bundesrepublikanischen Datenschutzgesetze gilt der Privacy Act nicht nur für automatisierte Dateien, sondern auch für manuell geführte Aktenbestände. Von großer Relevanz ist die Frage, ob ein Infonnationsbestand über ein identifizierendes Merkmal (sog. retrievability) 162 erschlossen wird. Dieses Erfordernis ist nämlich von Behörden dazu mißbraucht worden, die Bestimmungen des Privacy Acts zu umgehen, indem personenbezogene Infonnationen z. B. unter dem Namen des zuständigen Sachbearbeiters abgespeichert wurden 163.
b) Sammlung und Erhebung personenbezogener Informationen Wie das BDSG erfaßt auch der PA alle relevanten Phasen der Datenverarbeitung. Der Privacy Act enthält jedoch, anders als das BDSG, keinen generellen Gesetzesvorbehalt für die Speicherung von personenbezogenen Infonnationen. Eine Ausnahme gilt insoweit nur für die Speicherung von Infonnationen, die im Zusammenhang mit der Ausübung von Rechten stehen, die unter dem Schutz des 1st Amendment stehen 164. Es gibt ferner eine Reihe von Vorschriften, die der Behörde bei der Aktenführung bestimmte Pflichten auferlegen, die zu einer nicht unbeachtlichen Limitierung der Datenverarbeitungsmöglichkeiten führen. Zu diesen Regeln zählt die Verpflichtung, nicht mehr Daten zu speichern, als zur Erreichung des Zweckes, für den die Infonnationen benötigt werden, erforderlich sind 165. Daten sollen ferner grundsätzlich bei dem Betroffenen erhoben werden 166. Die Behörde unterliegt dabei einer Belehrungspflicht, die u. a. Zweck, Freiwilligkeit sowie Folgen einer Aussageverweigerung betreffen 167. Der PA enthält ferner Sorgfaltspflichten, die die Behörden zu größtmöglicher Akkuratheit bei ihrer Aktenführung, insbesondere für den Fall einer Infonna§ 552a (a) (4). Vgl. § 552a (a) (5); in Betracht kommen Name, eine identifizierende Nr., ein Symbol oder ein anderes identifizierendes Merkmal, welches dem Individuum zugeordnet werden kann. 163 Dazu Privacy Protection Study Commission, Personal Privacy in an Information Society, (Fn. 78), 503 f. 164 § 552a (e) (7); diese Regelung ist eine logische Konsequenz der Rechtsprechung des Supreme Court, die die Registrierung von Meinungen, Teilnahme an Versammlungen u. s. w., die den Schutz des 1st Amendment genießen, grds. verbietet; dazu bereits oben Text bei Fn. 42-44. 165 § 552a (e) (1); Datensammlungen auf Vorrat sind danach unter dem PA ebensowenig zulässig wie im bundesrepublikanischen Datenschutzrecht (vgl. BVerfGE 65, 1,46); die Vorschrift des PA ist allerdings anfällig für Ausnahmen; dazu unten bei Fn. 172 - 180. 166 § 552a (e) (2). 167 § 552a (e) (3). 161
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III. Der Privacy Act
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tionsoffenbarung, verpflichten. Es müssen Maßnahmen der Datensicherung getroffen werden, die die personenbezogenen Informationen vor dem Zugriff Unbefugter schützen 168. Wichtig sind ferner eine Reihe von Veröffentlichungs- und Meldepflichten. Vergleichbar den entsprechenden Regeln des BDSG 169 müssen Behörden alle Informationssysteme, die dem Reglement des PA unterliegen, im "Federal Register" bekanntgeben 170. Vor Einführung neuer Datenverarbeitungsysteme sind ferner der Kongreß sowie das OMB zu benachrichtigen 171. Einschränkend muß hier jedoch angemerkt werden, daß von manchen Behörden die Anwendung vieler der genannten Vorschriften gesteuert werden kann. Der Privacy Act enthält nämlich weitreichende (und recht komplizierte) Ausnahmevorschriften 172. Eine general exemption erlaubt der CIA und bestimmten Strafverfolgungsbehörden eine Dispensierung von annähernd allen Vorschriften des PA 173. Erforderlich sind lediglich eine entsprechende Politik der Behördenspitze sowie die Veröffentlichung einer Notiz im Federal Register unter Einhaltung bestimmter Prozeduren und einer besonderen Frist 174. Die zweite sog. specijic exemption ermöglicht allen anderen Behörden unter gleichen prozeduralen Voraussetzungen (Veröffentlichung im Federal Register etc.) eine Freistellung von ausgewählten Vorschriften des PA 175, wenn die Datensammlung, die ausgenommen werden soll, sich auf bestimmte (enumerierte) Materien bezieht 176. Von einer Ausnahme können Datensammlungen betroffen sein, die im Zusammenhang mit Aufgaben der Nationalen Sicherheit stehen 177, Strafverfolgungsangelegenheiten betreffen und die nicht schon durch die general exemption erfaßt werden 178, Material, das von Gesetzes wegen nur für statistische Zwecke genutzt werden darf 179 , sowie Materialien, die mit der Einstellung und Beförderung von Beamten (z. B. Eignungstests, Beurteilungen, etc.) zu tun haben 180. § 552a (e) (10). Vgl. § 26 Abs.5 BDSG sowie die Datenschutzregisterordnung v. 9. Febr. 1978 (BGBL I S. 250). Eine Veröffentlichung des Registers ist allerdings nicht vorgesehen. 170 Zum Umfang der bekanntzugebenden Infonnationen vgl. § 552a (e) 84) (A)-(C). 171 § 552 a (r). 172 Ausführlich dazu Louis, Datenschutz und Infonnationsrecht in den U.S.A., (Fn. 145), 71 ff. 173 Vgl. 5 U.S.C. § 252a (j); einige wenige Vorschriften bleiben unberührt; dazu zählt immerhin auch der Tatbestandskatalog, der Datenübennitt1ungen autorisiert. 174 (j) i. V. m. 5 U.S.c. § 553. 175 Dazu zählen etwa so wichtige Vorschriften, wie die Regelung, die der Behörde Datensammlungen nur im erforderlichen Umfang «e) (1» erlaubt, sowie das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht. 176 (k) (1)-(7). 177 (k) (1); rechtstechnisch wird hier auf die Ausnahme (b) (1) des FOIA Bezug genommen, die sich auf Material bezieht, das aus Gründen der nationalen Sicherheit klassifiziert wurde. 178 Im einzelnen (k) (2). 168 169
179 180
(k) (4). (k) (5) - (7).
156
3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten c) Rechte des Betroffenen
Wie das BDSG statuiert auch der Privacy Act Zugangsrechte des Betroffenen zu Infonnationen, die seine Person betreffen 181. Vorgesehen ist ferner ein Korrektunnechanismus für den Fall, daß sich der Akteninhalt aus der Perspektive des Betroffenen als falsch erweist 182 • Wenn sich die Behörde weigert, die beantragte Korrektur vorzunehmen, kann der Betroffene nach erfolglosem Widerspruch eine Stellungnahme zur Akte nehmen lassen, die seine Einwände gegen den strittigen Akteninhalt enthält (sog. "statement of disagreement") 183. Bei allen nachfolgenden Übennittlungen der umstrittenen Infonnationen ist auf den Dissens hinzuweisen und das "statement of dis agreement" mit zu übennittein 184. Zugangsrecht und Korrekturanspruch sind gerichtlich durchsetzbar l85 • Bei der Verweigerung des Zugangsrechts ist, wie bei entsprechenden FOI-Klagen, eine volle gerichtliche Überprüfung (sog. "de novo" -Maßstab) 186 sowie ein "in camera" -Verfahren möglich 187. Das Zugangsrecht des Betroffenen kann ebenso wie der Korrekturanspruch durch eine general sowie eine specijic exemption ausgehebelt werden 188. Die Folge davon ist, daß insbesondere für den gesamten sicherheitsrelevanten Bereich das Zugangsrecht praktisch ausgeschlossen ist. Da der FOIA keine generelle Ausnahme für bestimmte Behörden oder Infonnationssysteme kennt, führen die Klauseln zu einer merkwürdigen Inkongruenz des datenschutzrechtlichen Zugangsrechts und des Zugangsrechts unter Geltung des FOlAs 189.
d) Offenbarung von personenbezogenen Informationen aa) Verhältnis zum FOIA Will man die Bedeutung des Privacy Act für den Zugang zu Verwaltungsinformationen richtig einschätzen, ist sein Verhältnis zu dem FOIA vorab zu klären. Der PA ist kein Gesetz im Sinne der 3. Ausnahme des FOIA. Dieser Sachverhalt war vorübergehend hinsichtlich sog. "first party requests" streitig, nämlich wenn ein Betroffener Zugang zu ihn selbst betreffenden Infonnationen suchte. Einige Gerichte sahen in dem datenschutzrechtlichen Akteneinsichtsanspruch, der durch 181 (d) (1); da der PA nicht nur automatisierte Dateien erfaßt, läuft dieses Recht auf ein Akteneinsichtsrecht hinaus. 182 183 184 185 186 187 188 189
(d) (2)- (4). (d) (3). (d) (4). (g).
Dazu bereits oben im 2. Kapitel, sub I. 4. Text bei Fn. 47 ff. (g) (3) (A). (j) und (k).
Dazu noch unten, sub d. aa., Text bei Fn. 197 und 198.
ill. Der Privacy Act
157
den PA eingeräumt wird, eine Spezialvorschrift im Sinne der 3. Ausnahme, die ein Zugangsrecht des Betroffenen nach dem FOIA ausschloß 190. Da der datenschutzrechtliche Akteneinsichtsanspruch durch die erwähnten weitreichenden Ausnahmevorschriften beschränkt werden kann, hätte diese Ansicht zu der Anomalie geführt, daß nach dem FOIA ein Dritter eher Zugang zu bestimmten personenbezogenen Informationen hätte gewinnen können als der Betroffene selbst 191. Der Gesetzgeber hat den Streit im Jahre 1984 kurz vor einer anstehenden Entscheidung des Supreme Court 192 in einem Addendum zu dem CIA-Information Act 193 zugunsten der Ansicht entschieden, die in dem PA kein Spezialgesetz im Sinne der 3. Ausnahme sah, indem eine entsprechende Klausel in den PA (Abschnitt (q) des PA) eingefügt wurde 194. Das Verhältnis der 6. Ausnahme des FOIA zum Privacy Act hat offenbar nur am Anfang zu einer gewissen Irritation geführt. Nach Abschnitt (b)(3) des PA gehen Offenbarungen nach dem FOIA den Bestimmungen des Privacy Act vor. Daraus folgt: Immer dann, wenn die Datenschutzausnahme des FOIA der Preisgabe personenbezogener Informationen nicht entgegensteht, wenn, mit anderen Worten, die Behörde zur Freigabe der Informationen zwingend verpflichtet ist, setzt sich der FOIA gegenüber dem PA durch. Der Privacy Act gewinnt nur dann Bedeutung, wenn die 6. Ausnahme des FOIA oder eine andere Datenschutzausnahme des FOIA einschlägig sind. Liegt eine Ausnahme nach dem FOIA vor, steht normalerweise die Freigabe der begehrten Information im Ermessen der Behörde. Die Wirkung des PA liegt nun darin, daß er der Behörde das Ermessen nimmt und eine Offenbarung personenbezogener Informationen nur nach seinen eigenen Regeln zuläßt 195. Daraus ergeben sich Konsequenzen für Forschungsinteressen und Datenschutz, auf die einzugehen sein wird 196. 190 Painter v. FBI, 615 F.2d 689, 690 (5th Cir. 1980); Terkel v. Kelly, 599 F.2d 214, 216 (7th Cir. 1979), cert. den., 44 U.S. 1013 (1980); Shapiro v. Drug Eniorcement Administration, 721 F.2d 215, 218 ff. (7th Cir. 1983). 191 So das wichtigste Gegenargument der anderen Ansicht; vgl. Greentree v. U.S. Customs Service, 674 F.2d 74 (D.C.Cir. 1982); Porter v. U.S.Dep. oi Justice, 717 F.2d 787 (3rd Cir. 1983); Provenzano v. U.S. Dep. oi Justice, 717 F.2d 799 (3rd Cir. 1983). 192 105 S.Ct. 413 (1984). 193 Public Law 98-477, 98 Stat. 2209. 194 Zu der Debatte vgl. ferner Note, Access to Information? Exemptions from Disclosure under the Freedom of Information Act and the Privacy Act of 1974, 13 Willamette Law Journal 135 (1976); Note, Administrative Law -Privacy Act Exemption (j) (2) Does not Specifically Preclude ..., 56 Temple Law Quaterly 127 (1982); Case Comment, Greentree v. United States Customs Service: AMisinterpretation of the Relationship Between FOIA Exemption 3 and the Privacy Act, 63 Boston University Law Review 507 (1983); Note, Is the Privacy Act an Exemption 3 Statute and Whose Statute Is It Anyway?, 52 Fordham Law Review 1334 (1984). 195 Vgl. Privacy Protection Study Commission, (Fn. 78); ferner Singer, Michael Jay, United States, in: Rowat (Ed.), Administrative Secrecy in Developed Countries, New York 1979,309,335. 196 Vgl unten sub. 3.
158
3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
Obwohl die dringendsten Fragen zum Verhältnis von Privacy Act und FOIA geklärt sind, wird darüber hinaus insgesamt die Abstimmung beider Gesetze vielfach als unbefriedigend empfunden 197. Schwierigkeiten ergeben sich daraus, daß weder die technische Ausgestaltung der Ausnahmen des PA noch deren Inhalt mit dem Ausnahmekatalog des FOIA kongruent sind. Während der FOIA bestimmte Arten von Informationen von dem Zugangsrecht ausnimmt, können sich nach dem PA bestimmte Behörden insgesamt oder Teile ihrer Informationsbestände von dem datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch dispensieren. Ein datenschutzrechtliches Auskunftsbegehren könnte z. B. das FBI ohne weiteres unter Hinweis auf eine general oder specijic exemption abwehren, während unter dem FOIA das FBI, wie jede andere Behörde, eine Ausnahmevorschrift reklamieren müßte. Umgekehrt kann das Zugangsrecht unter dem PA weitergehen, wenn etwa die Behörde unter dem FOIA einen Vorgang als internen Abstimmungsvorgang, der einer anderen Verwaltungsentscheidung vorgelagert ist (sog. predecisional communications)198, geheimhalten könnte. Weitere Unstimmigkeiten betreffen Verfahrensvorschriften sowie Fristen. Während über einen FOIA-Antrag innerhalb einer Frist von 10 Tagen sowie über einen Widerspruch innerhalb von 20 Tagen entschieden werden muß 199, enthält der PA nicht nur keine entsprechenden Fristen 200, sondern sieht für die Ablehnung einer Zugangsentscheidung nicht einmal ein Widerspruchsverfahren vor. bb) Übermittlungstatbestände Die für den Zugang zu Forschungsdaten interessanteste Frage betrifft die Zulässigkeit von Übermittlungen personenbezogener Informationen an dritte Personen. Sie wird unter der Überschrift conditions of disclosure im Abschnitt (b) des Gesetzes thematisiert. Ähnlich wie im bundesrepublikanischen Recht ist die Offenbarung von Informationen, anders als die Speicherung von Daten unter dem PA, ohne Einwilligung des Betroffenen grundsätzlich verboten. Ohne Einwilligung ist sie nur dann zulässig, wenn die Voraussetzungen eines der 12 in der Vorschrift aufgeführten Erlaubnistatbestände vorliegt. Anders als §§ 4, 15, 16, 28 BDSG enthält die Übermittlungsvorschrift des PA eine abschließende Enumeration 201. 197 Dazu 0' Brien, David M., Privacy and the Right of Access: Purposes and Paradoxes of Information Contro1, 30 Administrative Law Review 45 (1978),87 ff. 198 Geschützt durch die 5. Ausnahme des FOIAs. 199 5 U.S.C. § 552 (a) (6) (A) (i) und (ii). 200 Fristen sind lediglich für die Bescheidung eines Korrekturantrages vorgesehen, nämlich 10 Tage für den Antrag sowie 30 Tage für die Widerspruchsentscheidung; vgl. 5 U.S.C. § 552a (d) (2) (A) und (B). 201 Von den Erlaubnistatbeständen kann sich keine Behörde, nicht einmal die CIA, dispensieren; vgl. (j).
III. Der Privacy Act
159
Das Bild wird durch eine Reihe von Vorschriften abgerundet, die verfahrensmäßige Aspekte der Informationsoffenbarung sowie die Folgen einer unzulässigen Datenübermittlung regeln. Ein interessanter Unterschied zum BDSG liegt darin, daß die Behörde verpflichtet ist, Adressat, Art und Zweck der Übermittlung zu protokollieren, diese Information aufzubewahren und auf Verlangen dem Betroffenen zugänglich zu machen 202 . Unzulässige Offenbarungen können strafrechtliche Folgen 203 für den verantwortlichen Beamten sowie bei vorsätzlicher Offenbarung Schadensersatzansprüche auslösen 204. Hervorgehoben werden muß in diesem Zusammenhang, daß auch das amerikanische Datenschutzrecht, wie das bundesrepublikanische, das Prinzip der Einwilligung als zentrales Legitimationskriterium für die Übermittlung personenbezogener Daten vorsieht, obwohl dieses Kriterium bei der Speicherung oder Erhebung von Informationen keine Rolle spielt. In bemerkenswerter Parallelität zur Judikatur des Supreme Court scheint auch der Gesetzgeber der Ansicht gefolgt zu sein, daß gegen die Verbreitung personenbezogener Informationen besondere Schutzmauern zu errichten sind, während das bloße Erheben und Speichern einem deutlich schwächeren Reglement unterstellt werden kann 205 . Einige Bestimmungen des Ausnahmekatalogs bergen jedoch die Gefahr in sich, daß das Erfordernis der Einwilligung von der Administration leicht umgangen werden kann. Verantwortlich dafür sind insbesondere die 1. Ausnahme, wonach personenbezogene Informationen denjenigen Angestellten der aktenführenden Behörde (agency) zugänglich gemacht werden dürfen, die mit ihnen dienstlich befaßt sind (sog. need to know), sowie die 3. Ausnahme, wonach eine Offenbarung als Routinegebrauch (routine use)206 zulässig sein kann 207 . 202 Vgl. im einzelnen § 552a (c); auch diese Vorschriften sind mit Ausnahme des Zugangsrechts gegen ihre Aushebelung durch eine Ausnahme resistent; vgl. (j) und (k). Eine entsprechende Vorschrift gibt es auch im hessischen Datenschutzgesetz; vgl. § 10 Abs. 3 Nr. 6 HDSG; dazu Simitis, Spiros / Walz, Stefan, Das neue hessische Datenschutzgestz, RDV 1987, 157, 165; vgl. auch § 10 Abs. 2 Nr. 6 DSG NW sowie § 6 Abs. 2 Nr. 6 BrDSG. 203 § 552a (i) (1)- (3). 204 § 552a (g) (4) (A); ersetzt wird der tatsächlich entstandene Schaden, wenigstens jedoch $ 1.000,-. 205 Insofern die Verbreitung personenbezogener Informationen zweifellos eine sehr viel größere Gefahr für Persönlichkeitsrechte darstellt, ist diese Differenzierung zwar plausibel. Hierüber darf aber nicht vergessen werden, daß bereits das bloße Sammeln von Informationen, wenn der einzelne nicht mehr weiß, wer welche Informationen über ihn hält, den Betroffenen in seiner Spontanität und seinen Handlungsmöglichkeiten hemmen kann; vgl. zutreffend Miller, Arthur R., The Right of Privacy: Data Banks and Dossiers, in: Privacy in a Free Society, Final Report, Annual Chief Justice Earl Warren Conference on Advocacy in the United States, Cambridge Mass. 1974,72 ff. Ähnlich Rule, James B. / McAdams, Douglas / Stearns, Linda / Uglow, David, Preserving Individual Autonomy in an Information-Oriented Society, in: Hoffmann, Lance (Ed.), Computer and Privacy in the Next Decade, New York 1980,65,73 ff.; vgl. auch Bazelon, Probing Privacy, (Fn. 122), 598. 206 § 552a (b) (4); dazu noch unten.
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
Die Gefahr einer unkontrollierten Informationsverbreitung rührt bei der "need to know"-Ausnahme daher, daß die Bedeutung des Behördenbegriffs im Rahmen dieser Ausnahmevorschrift umstritten ist. Die Unklarheit hängt mit Abgrenzungsfragen zusammen, die sich aus der Größe einiger Behörde ergeben 208. Das J ustizministerium vereinigt z. B. unter seinem Dach zahlreiche Behörden mit eigenständigem Aufgabenbereich (etwa FBI, Drug Enforcement Agency, Civil Rights Administration, Antitrust Division etc.). Da alle Untereinheiten eines solchen Mega-Ministeriums als eine einheitliche Behörde betrachtet wurden, kam es zwischen ihnen auf der Grundlage recht fordergründig behaupteter dienstlicher Notwendigkeiten zu einem kaum kontrollierbaren Datenaustausch 209 • Noch größere Gefahren gehen von der routine use-Ausnahme aus. Als Routinegebrauch können Übermittlungen zulässig sein, wenn die Informationen zu einem Zweck genutzt werden sollen, der mit dem ursprünglichen Verarbeitungszweck kompatibel ist «a)(7». Eine Offenbarung als routine use setzt voraus, daß zuvor im Federal Register zusammen mit der Systembeschreibung der Routinegebrauch unter Angabe der Nutzerkreise und der Nutzungszwecke bekanntgemacht wurde «e)(4)(D». Ist im Einklang mit diesen Vorschriften einmal ein Routinegebrauch etabliert worden, ist fortan eine Übermittlung auch ohne Einwilligung zulässig. Die routine use-Vorschrift des Privacy Acts zählt zu den umstrittensten Vorschriften des Gesetzes 210. Es ist belegt, daß die Administration von der Einladung 207 Die wichtigsten übrigen Ausnahmen betreffen Offenbarungen: a) aufgrund des FOIA; b) an das statistische Bundesamt; c) an einen Empfänger, der schriftlich versichert, die Daten nur zu statistischen Zwecken zu nutzen und zu anonymisieren; d) an das Nationalarchiv bei historisch wertvollem Material; e) für bestimmte durch Gesetz autorisierte Vorhaben der Rechtsdurchsetzung (law enforcement, gemeint sind insbesondere Informationen für Strafverfolgungszwecke; Anm. d. Verf.), wenn ein schriftliches Ersuchen des Behördenleiters unter Angabe von Gründen etc. vorliegt; f) Offenbarungen aufgrund richterlicher Anordnung. 208 Vgl. Belair, Robert R., Less Govemment Secrecy & More Personal Privacy?, 4 Civil Liberty Review, No. I, 10, 16f. (1977). 209 Zu dieser Gefahr: United States, Commission on Federal Paperwork, AReport of the Commission on Federal Paperwork, Confidentiality and Privacy, Washington D.C. 1977, 66 ff.; vgl. auch Harader, William H., Need to Know: An Attitude on Public Access, 10 Government Publications Review 441, 442 (1983). Einen ähnlichen Gedanken haben Rupert Scholz und Rainer Pitschas für den bundesrepublikanischen Behördenbereich entwickelt; vgl. dies., Informationelle Selbstbestimmung und staatliche Informationsverantwortung, Berlin 1984. Zwar stellen die Autoren nicht auf die zufällige Zusammenfassung breitgefächerter Aufgabenbereiche in einer großen Behörde ab, sondern vielmehr auf den Grundsatz der Zweckidentität und Funktionsgleichheit (124). Jedoch gelangen sie so für weite Bereiche, insbesondere den gesamten Sicherheitsbereich (vgl. 157 ff.), sogar über Behördengrenzen hinausgehend, zu einem weitgehend ungehinderten Informationsaustausch (124 sowie 178: ,,zweckverbund"); kritisch dazu Schlink, Bemhard, Datenschutz und Amtshilfe, NVwZ 1986, 249, 255, sowie Rohlf, Dietwald, Der grundrechtliche Schutz der Privatsphäre, Berlin 1980, der bezugnehmend auf BVerfGE 33, 125, 158 darauf hinweist, daß die staatliche Kompetenzverteilung ein wesentliches Element der Freiheitssicherung für den einzelnen Bürger ist und damit auch dem Grundrechtsschutz dient; vgl. auch Bult, Hans Peter, Datenschutz und Amtshilfe, DÖV 1979, 689,692 f.
III. Der Privacy Act
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Gebrauch gemacht hat und insbesondere die zwischenbehördliche Datenübermittlungspraxis durch die großzügige Etablierung von ,,routine uses" abgesichert hat 21l • Dabei ist das Kompatibilitätskriterium offensichtlich vielfach auf der Strecke geblieben. Als zweckkompatibel wurden Übermittlungen von Sicherheitsbehörden an bestimmte Einstellungsbehörden, an einzelne Mitglieder des Congress und sogar von medizinischen Daten aus der Sozialverwaltung an Sicherheitsbehörden angesehen 212 • Bis zur gesetzlichen Regelung der Praxis des Datenabgleichs in der Sozialverwaltung durch den Computer Matching and Privacy Protection Act des Jahres 1988 wurden etwa auch Übermittlungen im Rahmen eines solchen Abgleichs als "routine use" durchgeführt 213 • Aus der Gesetzgebungsgeschichte ergibt sich, daß der Routinegebrauch als Sicherheitsventil für bestimmte überkommene Datenübermittlungen gedacht war. Zugleich sollte jedoch durch die Verfahrensvorschriften über die Einrichtung eines routine use erreicht werden, daß die Administration ihre Übermittlungspraxis kritisch überprüft. Es herrscht jedoch Einigkeit darüber, daß dieser Effekt nicht eingetreten ist 214 • Die Hauptschwierigkeit liegt darin, daß es keine Möglichkeit gibt, die Etablierung eines routine use durch einen gerichtlichen oder auch nur behördeninternen Rechtsbehelf zu überprüfen 215.
3. Zugang für Forschungszwecke unter dem PA Der Privacy Act geht auf Forschungsinteressen nur am Rande explizit ein. Obwohl im Definitionsteil des Gesetzes die Merkmale eines "statistical record" ausdrücklich festgelegt werden 216 , bleiben diese Setzungen praktisch weitgehend 210 Vgl. Privacy Protection Study Commission, Personal Privacy in an Information Society, (Fn. 78), 517 ff.; United States, Commission on Federal Paperwork, Confidentiality and Privacy, ebenda, 65 f.; Note, Narrowing the ,,Routine Use" Exemption of the Privacy Act of 1974, 14 University of Michigan Journal of Law Reform 126 (1980). 211 Vgl. insbesondere United States, Commission on Federal Paperwork, ebenda. 212 Vgl. zur Aufzählung weiterer Beispiele Belair, Robert R., Agency Implementation of the Privacy Act and the Freedom of Information Act, 10 John Marshali Journal of Practice and Procedure 465 (1977), 500 ff. 213 Vgl. etwa U.S. Department ofHealth and Human Services, Privacy Act Issuances, 1985 Compilation from the Federal Register, S. 249 (Systemnr. 09-90-0017) sowie die Nachweise in Fn. 179 und 180. 214 Belair, (Fn. 212),471; an anderer Stelle spricht Belair von ,,routine abuse", ders., Less Government Secrecy & More Personal Privacy - Experience with the Freedom of Information Act and Privacy Act, (Fn. 208), 10 ff. 215 Vgl. Boyer, Barry B. Computerized Medical Records and the Right to Privacy: The Emerging Federal Response, 25 Buffalo Law Review 37 ff. (1975), 99. 216 (a) (6); danach ist ein "statistical record" ein Informationsträger, der Bestandteil einer Informationssammlung ist, die allein für statistische Forschung (research) oder Unterrichtung (reporting) genutzt wird und die weder ganz noch teilweise dazu genutzt wird, Entscheidungen bezüglich einer Person zu treffen.
11 Wollenteit
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
folgenlos 217. Der Computer Matching und Privacy Protection Act von 1988 hat "matches" (Abg1eichprogramme) zur Unterstützung eines Forschungsvorhabens oder eines statistischen Vorhabens, soweit die Daten nicht zugleich für bestimmte Personen betreffende Entscheidungen genutzt werden dürfen, von seinem Geltungsbereich ausgenommen 218. Derartige Programme müssen also nicht den Weg über die Genehmigung durch ein data integrity board 219 gehen. Für den Zugang zu Informationen für Forschungszwecke ist der Katalog der Erlaubnistatbestände, der die Offenbarung personenbezogener Informationen ohne Einwilligung des Betroffenen ermöglicht, von besonderem Interesse. In einer Vorschrift ist vorgesehen, daß die Weitergabe von personenbezogenen Informationen zulässig ist, wenn der Empfänger schriftlich versichert, daß die Angaben ausschließlich zu statistischen Zwecken verwendet und bei ihm anonymisiert werden 220. Die Vorschrift wird als nützlich empfunden, wenn auch andererseits wegen ihres beschränkten Geltungsbereichs kritisiert 221. Im übrigen fehlt es in dem Katalog der Erlaubnistatbestände an einer Vorschrift, die die Offenbarung personenbezogener Informationen für Forschungszwecke umfassend thematisiert. Die Forderung nach einem besonderen Übermittlungstatbestand hat schon früh Eingang in die Diskussion gefunden und ist auch bei der einflußreichen Privacy Protection Study Commission (PPSC) auf positive Resonanz gestoßen 222 • Die PPSC wurde gleichzeitig mit der Verabschiedung des PA eingesetzt und mit der Aufgabe betraut, eine Bestandsaufnahme über die Verarbeitung von personenbezogenen Informationen in Informationssystemen im öffentlichen und privaten Bereich zu erstellen, die Implementation des Gesetzes zu überwachen und Vorschläge zu seiner Verbesserung zu machen 223. Der umfängliche Bericht nebst einem Konvolut von Anlagen gilt bis heute als die wichtigste Studie, die zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung in den U.S.A. erschienen ist 224. Die PPSC hat die Schaffung einer Vorschrift vorgeschlagen, die den Zugang zu personenbezogenen Informationen für die Forschung erleichtern sollte. Der 217 Der Tenninus wird relevant im Kontext einer specific exemption (k) (4); das Zugangsrecht des Betroffenen sowie verschiedene andere Vorschriften des PA können danach für "statistical records" von der Behörde ausgehebelt werden; dazu bereits oben Text bei Fn. 175 ff. 218 (a) (8) (B) (ii); vgl. auch (a) (8) (B) (i) wonach Abgleiche, die auf Erstellung aggregierter statistischer Daten abstellen, ausgenommen sind. 219 Dazu bereits oben Fn. 154. 220
(b) (5).
Vgl. etwa Cecil, Joe S. / Griffin, Eugene, The Role of Legal Policies in Data Sharing, in: Fienberg / Martin / Straf (Eds.), Sharing Research Data; Washington, D.C. 1985, 163 ff., insb. 165. 222 Privacy Protection Study Commission, (Fn. 78), S. 567 ff. 223 Sec. 5 of Pub. L. 93-579, amend. by Pub. L. 95-39, June 1977,91 Stat. 179. 224 Vgl. Flaherty, David H., Privacy and Data Protection, An International Bibliography, London 1984, S. 67. 221
III. Der Privacy Act
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hier interessierende Teil des Vorschlages sieht die Offenbarung personenbezogener Informationen an Forscher auch ohne Einwilligung des Betroffenen vor, soweit mehrere Bedingungen erfüllt sind. Die Offenbarung darf nicht irgendwelche bei der Erhebung der Daten bestehenden Nutzungsbeschränkungen verletzen. Die datenbesitzende Stelle muß feststellen, daß die Nutzung personenbezogener Informationen zur Erreichung des Forschungszwecks erforderlich ist. Ferner muß der mit der Realisierung des Forschungszwecks zu erwartende gesellschaftliche Vorteil ("social benefit") das mit der Offenbarung für den Betroffenen verbundene Risiko rechtfertigen. Schließlich muß die datenbesitzende Behörde dafür Sorge tragen, daß ausreichende Datensicherungsmaßnahmen getroffen werden und daß eine weitere Nutzung der Informationen ohne Einwilligung des Betroffenen verboten ist 225 • Die scientific community hat sich immer wieder auf die Empfehlung der PPSC bezogen, um für die Realisierung besonderer Zugangsbedingungen für Forscher zu werben 226. Manchmal ist allerdings auch Kritik an den Vorschlägen laut geworden, weil die angestrebten Zugangsprivilegien als Gefahr für den Datenschutz angesehen wurden 227. Der Gesetzgeber hat die Vorschläge der PPSC bisher nicht umgesetzt, auch wenn sie nicht gänzlich ungehört verhallt sind, wie einige Gesetzgebungsvorhaben belegen 228. Im Ergebnis sind jedoch alle Vorhaben 225 Guideline Nr. 3, S. 602; zur Forschung mit Krankenkassendaten S. 306; insgesamt hat die PPSC 9 Guidelines aufgestellt. Sie betreffen: a) Die gesetzliche Festschreibung des Prinzips der funktionalen Trennung ifunctional separation, GI. Nr. 1, S. 601); b) Datensicherungsmaßnahmen sowie den Grundsatz frühestrnöglicher Anonymisierung (GI. Nr. 2, S. 601); c) Die Anforderungen an einen informed consent (GI. Nr. 4, S. 602); d) Die Implementation eines Verfahrens (institutional review), das die Einwilligung in Fällen fehlender Kompetenz (Minderjährigkeit, Geisteskrankheit, captive populations) und in Fällen, in denen die Aufklärung über das Forschungsvorhaben den Forschungszweck vereiteln würde, "ersetzen" soll (GI. Nr. 5, S. 603); d) Die Festlegung einer Informationspflicht zum Erhebungszeitpunkt mit dem Inhalt, daß eine Nutzung von Daten zu Forschungszwecken möglich sei (GI. Nr. 6, S. 603); e) Die Einräumung eines begrenzten Zugangsrecht zu den Forschungsdaten für den Betroffenen (GI. Nr. 7, S. 604); f) Die Statuierung einer Protokollierungspflicht für Fälle der Offenbarung von Informationen für Forschungszwecke (GI. Nr. 8, S.604) g) sowie weitere Rechte, die mit der Offenbarung von Forschungsdaten verbunden sind (GI. Nr. 9, S. 604). 226 Vgl. z. B. Alexander, Lois / Jabine, Thomas B., Access to Social Security Microdata Files for Research and Statistical Purposes, in: Departrnent of the Treasury, Intemal Revenue Service, Statistics of Income Division, Statistical Uses of Administrative Records: Recent Research and Present Proposals, Vol. 2, Washington D.C. 1984, S. 487 ff. (499 f.). 227 Vgl. etwa Adams, Medical Research and Personal Privacy, (Fn. 82), 1095 (1985); Robins, Lee, Privacy Regulations and Longitudinal Studies, in: Wuljf, Keith M. (Ed.), Regulation of Scientific Inquiry, Boulder, Colo. 1979, 185, 193. 228 Am weitesten forgeschritten war dabei ein Vorhaben, das Aspekte der medizinischen Forschung betraf; U.S. Congress, Senate, Committee on Govemmental Affairs, Legislation to Protect the Privacy of Medical Records, Hearings before the Committee on Govemmental Affairs, United States Senate, 96th Congress, 1st Sess., on S. 503 and S. 865, June 27, August 3, andNovember 13,1979; U.S., Congress, House ofRepresentatives, Committee on Ways and Means, Subcommittee on Health, Federal Privacy of
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
in verschiedenen Ausschüssen des Congress versandet 229. Möglicherweise sind bestimmte Aspekte der Vorschläge der PPSC bei der Neudefinition der Aufgaben der sog. "institutional review boards", die u. a. die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorschriften im Forschungsbereich überwachen sollen, von der Administration aufgegriffen worden 230 . Es scheint demnach unter Geltung des Privacy Act bezüglich des Zugangs zu Forschungsdaten grundsätzlich beim Prinzip der Einwilligung zu bleiben. In der Tat wird Klage geführt, daß der PA mit dem Einwilligungserfordernis eine "frustrierende Hürde" (frustrating hurdle)231 für manche Forscher errichtet habe. Trotz solcher Stellungnahmen wäre es jedoch verfehlt, die Bedeutung des Einwilligungsprinzips zu überschätzen. Das Einwilligungserfordernis muß nämlich auch im Forschungsbereich wegen der routine use- Vorschrift erheblich relativiert werden 232. Da die Übermittlung von Informationen als Routinegebrauch dabei keineswegs auf den inner-administrativen Bereich beschränkt ist, sondern ebenso außerhalb der Verwaltung stehende Personen oder Einrichtungen begünstigen kann 233 , können auch Forscher vom Routinegebrauch profitieren. Insbesondere im Bereich der medizinischen Forschung und beim Zugang zu den großen medizinischen Datenbanken 234 spielt der Routinegebrauch eine erhebliche RoHe 23S • Der routine use kann sich dabei auf bestimmte ForschungseinrichMedical Information Act, H.R. 5935, 96th Congress, 2nd Sess., Committee Print WMCP: 96-57, Washington D.C. 1980; U.S., Congress, House of Representatives, Committee on Ways and Means, Subcommittee on Health, Federal Privacy of Medical Information Act, Hearing before the Subcommittee on Health ofthe Committee on Ways and Means, House of Representatives, 96th Congress, 2nd Sess. on H.R. 5935, April 17, 1980, Washington D.C. 1980; U.S., Congress, House of Representatives, Committee on Govemment Operations, Federal Privacy of Medical Information Act, Report together with Additional and Dissenting Views to accompany H.R. 5935, 96th Congress, 2nd Sess., H. of Rep., Rep. 96-832, Washington, D.C. 1980; dazu auch Nye, Sandra G., Patient Confidentiality and Privacy: The Federal Initiative, 50 American Journal of Orthopsychiatry 649 (1980). 229 Vgl. die Darstellung verschiedener Vorhaben bei Alexander, Lois, Proposed Legislation to Improve Statistical and Research Access to Federal Records, in: Boruch / Cecil (Ed.), Solution to Ethical and Legal Problems in Social Research, New York / London / etc. 1983, 273 ff. 230 Dazu im einzelnen noch unten, 6. Kapitel; teilweise haben Behörden die Vorschläge der PPSC bei der Etablierung von ,,routine uses" unter dem Privacy Act übernommen; dazu unten Text bei Fn. 235-239. 231 Boruch, Robert F. / Cecil, Joe S., Country Report United States: The Privacy Act of 1974 and the Social Sciences' Need for Access to Data, in: Mochmann / Müller (Ed.), Data Protection and Social Science Research, Frankfurt / New York 1979, 104, 111. 232 Vgl. Jabine, Thomas, Access to Administrative Data Records for Statistical and Research Uses, schriftliche Fassung eines Vortrages anläßlich einer "Panel Session on ,Access to Govemment Data''', 116th Annual Meeting, American Public Health Association, Boston / Mass., Nov. 15, 1988. 233 Dies zu betonen, ist wichtig, weil Forschungseinrichtungen in den U.S.A., anders als in der Bundesrepublik, in der Regel nicht öffentlich-rechtlich organisiert sind. 234 Dazu Kilian, (Fn. 123).
III. Der Privacy Act
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tungen 236 , auf Forscher, die als Vertragspartner der Behörde bestimmte Forschungsaufgaben wahmehmen 237 , aber auch allgemein auf nur umrißartig definierte Forschungsvorhaben 238 beziehen. In vielen Fällen erfüllt der Routinegebrauch offenbar die Funktion einer Forschungsklausel, die damit praktisch durch die Hintertür eingeführt wird. Um es in der Sprache der Psychologie auszudrükken: Die Wiederkehr des "Verdrängten" wird darin überdeutlich, daß manche routine uses in vielen Details mit den Empfehlungen der PPSC für den Datenzugang im Forschungsbereich übereinstimmen 239 • Die Bewertung dieser Praxis in der scientific community ist zwiespältig. Zum einen wird natürlich die großzügige Praxis als äußerst hilfreich empfunden. 235 So bereits zutreffend beobachtet von Kilian, Wolfgang, Rechtsgrundlagen der medizinischen Forschung mit Patientendaten in den USA, NJW 1984, 1792 (1795). 236 Vgl. z. B. U.S. Department ofHealth and Human Services, Privacy Act Issuances, 1985 Compilation from the Federal Register, S.308, 309, wo eine Universität zur Durchführung eines bestimmten Vorhabens begünstigt wird; ferner S. 305,312 237 Die Formel für einen derartigen ,,routine use" kann etwa lauten: Für einen Vertragspartner des Dep. of HHS zum Zweck der Analyse ... der Akten. Relevante Akten werden einem solchen Vertragspartner nur für statistische und Forschungszwecke übermittelt. Die Einhaltung der Vorschriften des Privacy Acts über Datensicherungsmaßnahmen ist vertraglich zu vereinbaren (Übersetzung durch den Autor); vgl. ebenda, S. 317; ferner S. 284,289,297,304, etc. 238 Aus einer Datei mit dem Dateinamen: Health Care Program Violations (Verstöße gegen Sozialprogramme) können etwa Informationen an Forscher übermittelt werden ("scholars or other researchers investigating trends and characteristics in the health care field"); zahlreiche ,,routine uses" beziehen sich auf epidemiologische Forschungsvorhaben, vgl. z. B. S. 298, 308, 319. 239 Vgl. ebenda, z. B. S. 298, 308/309,333; der Wortlaut eines ,,routine use" zu dem Informationssystem "Medicare Bill File" (Syst.nr. 09-70-0005, S. 298) lautet: "Disclosure may be made: (... ) (4) To an individual or organization for a research, evaluation, or epidemiological project related to the prevention of disease or disability , or the restoration or maintenance of health if HCFA: a. Determines that the use or disc10sure does not violate legal limitations under which the record was provided, collected, or obtained: b. Determines that the purpose for which the disc10sure is to be made: (1) Cannot be reasonab1y accomplished unless the record is provided in individually identifiable form. (2) Is of sufficient importance to warrant the effect and / or risk on the privacy of the individual that additional exposure of the record might bring, and (3) There is reasonable probability that the objectives for the use would be accomplished; c. Requires the information recipient to: (1) Establish reasonable administrative, technical, and physical safeguards to prevent unauthorized use or disc10sure of the record, and (2) Remove or destroy the information that allows the individual to be identified at the earliest time at which removal or destruction can be accomplished consistent with the purpose of the project unless the recipient presents adequate justification of a research or health nature for retaining such information, and (3) make no further use or disc10sure of the record except: (a) In emergency circumstances affecting the health or safety of any individual. (b) For use in another research project, under the same conditions, and with written authorization of HCFA. (c) For disc10sure to a properly identified person for the purpose of an audit related to the research project, if information that would enable research subjects to be identified is removed or destroyed at the earliest opportunity consistent with the purpose of the audit or (d) when required by law; d. Secures a written statement attesting to the information recipient's understanding of and willingness to abide by these provisions."
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
Manche Autoren betrachten den PA wegen seiner routine use-Ausnahme als forschungsfreundlich, indem sie konstatieren, daß er praktisch keine relevanten Barrieren für den Datenzugang für wissenschaftliche Zwecke errichte 24O • Andere sehen die Praxis jedoch durchaus skeptisch. Es wird bezweifelt, ob die routine use-Praxis bei einer ehrlichen Interpretation des Kompatibilitätskriteriums noch Bestand hätte 241 • Eine klare gesetzliche Ermächtigung wird deshalb offenbar für wünschenswert gehalten 242.
In der Tat scheint die Praxis nicht nur unter dem Blickwinkel des Zweckbindungsgebots fragwürdig. Sie birgt ferner die Gefahr in sich, daß die Administration die Informationsflüsse in den Forschungsbereich weitgehend nach eigenem Gusto steuert. Es gibt keine Möglichkeit, die Einrichtung eines routine use zu erzwingen. Ob Forscher oder Forschungseinrichtungen von einer Behörde durch einen Routinegebrauch "unterstützt" werden, hängt deshalb wohl im wesentlichen von der Frage ab, ob der Forscher oder das Institut in der entsprechenden Behörde über eine lobby verfügt. Möglichkeiten zur Ausgrenzung von unliebsamen Forschungsfragen sowie anderen Formen der Forschungssteuerung sind damit Tür und Tor geöffnet. Gegenüber einer solchen wildwüchsigen Praxis verdient in der Tat eine gesetzliche Regelung des Datenzugangs (nicht nur) für den Forschungsbereich den Vorzug. Dadurch können die negativen Folgen für die Betroffenen, die das Informationsnetzwerk nicht durchschauen, das durch die Nutzung des routine use entstanden ist, sowie für den Forscher, der durch eine selektive Steuerung von Informationsflüssen benachteiligt werden kann, vermieden werden.
IV. Zusammenfassung: Das Recht auf Privacy und der Zugang zu Forschungsdaten Das Recht auf privacy findet im amerikanischen Rechtskreis zunächst im Zivilrecht Anerkennung. Die zunehmende Durchstrukturierung dieses Rechtsgebiete führt jedoch zu einer dogmatischen Erstarrung mit der Folge, daß das zivilistische right to privacy auf die Herausforderungen, die mit dem Aufkommen der modemen Datenverarbeitungstechnologien verbunden sind, keine Antwort zu geben vermag. Für den Zugang zu Forschungsdaten spielt das common law deshalb gegenwärtig praktisch keine Rolle. Die Versuche, unter Anknüpfung an das 4th Amendment und das 1st Amendment ein allgemeines Datenschutzgrundrecht aus der Verfassung abzuleiten, blei240 Jabine, (Fn. 232), 2; Beebe, Gilbert W., Record Linkage and Needed Improvements in Existing Data Resources, Departement ofTreasury, Internal Revenue Service, Statistics of Income Division, Statistical Uses of Administrative Records: Recent Research and Present Prospects, Vol. 1, 1984, 291, 294. 241 Alexander, (Fn. 229), 276 f.; Boruch / Cecil, (Fn. 231), 113. 242 Boruch / Cecil, ebenda, 113.
IV. Das Recht auf Privacy und der Zugang zur Forschungsdaten
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ben ohne Erfolg. Die Supreme Court-Rechtsprechung erkennt jedoch in Anlehnung an verschiedene Zusatzartikel der Verfassung sowie das 14th Amendment ein eigenständiges "fundamentales" Recht auf privacy an. Diesem vielschichtigen Recht kommt nach überwiegender Auffassung in der Rechtsprechung und der Literatur auch eine datenschutzrechtliche Komponente zu. Für die Erhebung und Speicherung von Daten bleibt dieses Recht allerdings weitgehend folgenlos, solange die gespeicherten Daten hinreichend gegen Zweckentfremdung gesichert sind. Die Übermittlung unterliegt hingegen einem etwas strikteren Reglement. Die von der Verfassung geforderten Kriterien für die Offenbarung personenbezogener Informationen sind allerdings noch nicht hinreichend präzisiert. Der Versuch, entlang der üblichen dogmatischen Rechtfertigungslinien einen angemessenen Interessenausgleich durch die Unterscheidung von Materien zu gewinnen, die einem strict scrutiny test oder einem rational basis test zu unterziehen sind, ist gescheitert. Die Entscheidung über die Freigabe VOn personenbezogenen Informationen wird deshalb aufgrund einer Abwägung im Einzelfall getroffen. Im Vordergrund steht dabei die Frage nach den Risiken einer unkontrollierten Weiterverbreitung der Informationen durch den Rezipienten. Die Übermittlung von personenbezogenen Informationen an eine Forschungseinrichtung, in deren Bereich die Daten vor Zweckentfremdung durch Geheimhaltungsvorschriften oder andere Geheimhaltungsvorkehrungen 243 hinreichend gesichert sind, ist danach in der Regel ohne Verstoß gegen die Verfassung zulässig. Die wichtigsten Konsequenzen für den Zugang zu personenbezogenen Informationen ergeben sich aus dem im Jahre 1974 in Kraft getretenen Privacy Act. Der PA legt der Administration bei der Verwaltung personenbezogener Informationen erhebliche Restriktionen auf. Die Übermittlung von Informationen darf nur nach Einwilligung durch den Betroffenen oder aufgrund der Rechtfertigung durch einen abschließenden Ausnahmekatalog erfolgen. Die besonderen Zugangsinteressen der Forschung haben sich trotz eines vielbeachteten Vorschlags der Privacy Proteetion Study Commission in dem Ausnahmekatalog nicht niedergeschlagen. Ebenso wie der FOIA enthält somit auch der PA, abgesehen von einer praktisch kaum bedeutsamen Ausnahme 244 , keine expliziten Vorgaben, die den Datenzugang für Forschungszwecke thematisieren. Trotzdem stellt sich die Lage für die Forschung unter dem PA recht günstig dar. Die Verwaltung hat nämlich Forscher und Forschungseinrichtungen verhältnismäßig großzügig in die routine use-Praxis miteinbezogen. Der Routinegebrauch ist jedoch höchst umstritten, da er der Verwaltung einen kaum kontollierbaren Spielraum gibt, Informationsflüsse, die dem Reglement des PA unterliegen, 243 Deshalb erscheint es durchaus sinnvoll, wenn in der "scientific community" über eigene Geheimhaltungsstrategien (prozeduraler oder statistischer Art) nachgedacht wird. Dazu im einzelnen unten im 6. Kapitel, sub II., Text bei Fn. 40 ff. 244 Dazu oben Text bei Fn. 220 und 221.
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3. Kapitel: Recht auf Privacy und Zugang zu Forschungsdaten
nach eigenen Vorstellungen zu steuern. Viele Forscher würden deshalb eine klare Vorschrift bevorzugen, zumal die Freigabe von Informationen zu Forschungszwecken als Routinegebrauch häufig an die Einhaltung von Regeln gebunden wird, die den Anforderungen der Forschungsklausel der Privacy Protection Study Commission 245 entsprechen. Das Zusammenspiel von Freedom of Information Act und Privacy Act unterstreicht die Bedeutung des Öffentlichkeitsprinzips für das amerikanische Informationsrecht. Der FOIA setzt sich nämlich ohne Rücksicht auf den PA durch, wenn die Voraussetzungen für die Zurückhaltung personenbezogener Informationen nach Maßgabe der Datenschutzausnahmen des FOIA nicht gegeben sind. Erst wenn eine Datenschutzausnahme des FOIA eingreift, nimmt der PA der Behörde das Ermessen, indem er die Freigabe von personenbezogenen Informationen nur noch nach seinen eigenen Regeln zuläßt. Im übrigen sind die Vorschriften des FOIA und des PA in vieler Hinsicht (Anknüpfung der Ausnahmen, Fristen, Rechtsbehelfe etc. 246) nur ungenügend aufeinander abgestimmt. Unabhängig davon, wie man die Praxis bewertet, zeigt die großzügige Privilegierung des Datenzugangs für Forschungszwecke auf Grundlage des Routinegebrauchs, daß (erwartungsgemäß) der PA, anders als der FOIA, stärker am Verwendungskontext von Informationen orientiert ist und deshalb eine selektive Behandlung unterschiedlicher Zugangsinteressen nicht grundsätzlich ablehnt. Bemerkenswert daran ist insbesondere, daß es zu der großzügigen Praxis kommen konnte, obwohl im Regelungswerk des PA Forschungsinteressen nur am Rande Berücksichtigung finden. Es liegt nahe, die fragwürdige Nutzung des Routinegebrauchs als Kehrseite dieses Defizits anzusehen. Die Praxis weist auf ein starkes Bedürfnis nach besonderen Zugangsrechten für die Forschung hin, das sich offenbar auch auf apokryphen Wegen durchzusetzen vermag, wenn es an eindeutigen Regeln fehlt. Obwohl insgesamt das amerikanische Informationsrecht durch seine starke Akzentuierung des Öffentlichkeitsprinzips Forschungsinteressen entgegenkommt, leidet es aus der Perspektive der Forschung darunter, daß der Datenzugang für Forschungszwecke weder im Rahmen des FOIA noch im Rahmen des PA einer eigenständigen Regelung zugeführt wurde. Eine im Detail überzeugende Lösung steht deshalb noch aus. Wie im folgenden Kapitel gezeigt werden wird, ergibt sich für ein wichtiges Folgeproblem, das mit der liberalen Freigabepraxis in engem Zusammenhang steht, ein ähnliches Defizit. Es liegt in der Logik einer großzügigen Informationsfreigabepolitik, daß sich die Frage nach der Sicherung des Verwendungszwecks mit besonderer Schärfe stellt. Der Suche nach Lösungen für das Problem, wie einmal für Forschungszwecke freigegebene Informationen gegen Zweckentfremdung geschützt werden können, soll deshalb im folgenden nachgegangen werden. 245
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Dazu oben Text bei Fn. 225-230 sowie Fn. 239. Im einzelnen oben Text bei Fn. 197 und 198.
4. Kapitel
Zeugnisverweigerungsrechte als Instrumente zum Schutz der Vertraulichkeit von Forschungsdaten I. Der Stellenwert von Zeugnisverweigerungsrechten für den Schutz von Forschungsdaten vor Zweckentfremdung sowie für den Zugang zu Verwaltungsinformationen Die Diskussion um die Anerkennung von Zeugnisverweigerungsrechten für Forscher hat in den USA erheblich breiteren Raum eingenommen als die vergleichbare Diskussion um die Etablierung eines Forschungsgeheimnisses in der Bundesrepublik 1. Dafür lassen sich wenigstens zwei Gründe angeben. In den USA gibt es zwischen Forschung und Staat sowie möglichen anderen Interessenten eine Konfliktgeschichte, die durch zahlreiche Versuche vornehmlich des Staates gekennzeichnet ist, gegen den Willen der Forscher sowie der Forschungsteilnehmer vertrauliche Forschungsdaten für andere als Forschungszwecke zu nutzen. Anders als in der Bundesrepublik hat sich der Schutz der Vertraulichkeit von Forschungsdaten für den amerikanischen Forscher von Anfang an als eminent praktisches Problem gestellt. Während die Weigerung von Forschern, sich staatlichen Zwangsandrohungen zu beugen, für diese mit empfindlichen Sanktionen bis hin zu Gefängisstrafen verbunden war, drohte auf Seiten der Forschungsteilnehmer bei Nichteinhaltung von Vertraulichkeitsverprechen eine Akzeptanzkrise, die der Forschung auf andere Weise gefährlich werden konnte 2. Zweitens kann, wie im vorherigen Kapitel gezeigt wurde, die Möglichkeit, Forschungsdaten gegen Zweckentfremdung zu schützen, auf der Grundlage der 1 Die Forderung nach einem Forschungsgeheimnis findet sich z. B. bei Berg, Wilfried, Informationelles Selbstbestimmungsrecht und Forschungsfreiheit, eR 1988, 234, 239; Simitis, Spiros, Datenschutz und kriminologische Forschung, in: fehle (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz in der kriminologischen Forschung, Wiesbaden 1987,47,54 f.; vgl. auch: Thesen und deren Erläuterung zu Datenzugang und Datenschutz, in: Kaase / Krupp / Pflanz u. a. (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz - Konsequenzen für die Forschung, Königstein/Ts. 1980,281,289 f.; ein Schaffung von Beschlagnahmeverboten und Zeugnisverweigerungsrechten wird erwogen in der Erklärung zum Verhältnis von Datenschutz und kriminologischer Forschung vom 21. September 1987, die von vielen auf dem Gebiet der Kriminologie wissenschaftlich tätigen Hochschullehrern unterzeichnet wurde, abgedruckt in: fehle (Hrsg.), ebenda, S. 405,410. 2 Vgl. dazu noch unten 6. Kapitel, sub 11., Text bei Fn. 20 ff.
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4. Kapitel: Zeugnisverweigerungsrechte des Forschers
amerikanischen Vorstellung von Datenschutz für die Zugangschancen von Bedeutung sein. Die privacy-Doktrin des Supreme Court stellt bei Datenübermittlungen häufig entscheidend auf den Schutz personenbezogener Daten vor Zweckentfremdung ab. Fehlt es auf der Adressatenseite an wirksamen Schutzmöglichkeiten, kann dies zur Verfassungswidrigkeit von Datenübermitlungen führen 3 • Auch bei der Überprüfung von Forschungsvorhaben durch "institutional review boards"4 können Forschungsgeheimnisse eine Rolle spielen. Das Fehlen von tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten, die Vertraulichkeit von "brisanten" Forschungsdaten zu garantieren, kann zur Ablehnung eines Forschungsvorhabens führen 5. Angesichts der Bedeutung einer wirksamen Abschirmung von personenbezogenen Forschungsdaten für die Kooperationsbereitschaft in der Bevölkerung sowie wegen der Relevanz des Schutzes vor Zweckentfremdung für die Zugangschancen von Forschern verwundert es nicht, daß in der amerikanischen Diskussion alle greifbaren rechtlichen Anknüpfungspunkte für die Begründung von Zeugnisverweigerungsrechten mobilisiert werden. In einigen Spezialgesetzen sind Zeugnisverweigerungsrechte ausdrücklich vorgesehen (11.). Darüberhinaus wird versucht, ein Zeugnisverweigerungsrecht aus der Verfassung (III.), aus den Federal Rules of Civil Procedure (IV.) sowie aus dem common law (V.) herzuleiten. Der Ertrag dieser Gegenrechte fallt jedoch weniger eindrucksvoll aus, als die Fülle der Begründungsversuche erwarten läßt (VI.).
11. Gesetzliche Zeugnisverweigerungsrechte Das US-amerikanische Bundesrecht 6 kennt eine Reihe von Vorschriften, die sich explizit mit der Geheimhaltung von Forschungsdaten befassen 7 • Sie sind wegen ihres Vorbildcharakters 8 auf große Aufmerksamkeit gestoßen und hin3 Dazu bereits oben 3. Kapitel, sub 11. 3., Text bei Fn. 123 ff. 4 Dazu noch unten 6. Kapitel. 5 Vgl. dazu die Hinweise bei Nelson, Robert L. / Hedrick, Terry E., The Statutory Protection of Confidential Research Data: Synthesis and Evaluation, in: Boruch / Cecil (Ed.), Solutions to Ethical and Legal Problems in Social Research, 1983, 213, 227; Boruch, Robertl Dennis, Michael! Cecil, Joe, Fifty Years of Empirical Research on Privacy, Report No.: A-365 Draft, Prepared for Jointly Sponsered Syposium on Empirical Research on Ethics, University ofNebraska Applied Ethics Program and Law I Psychology Program, and the American Psychological Association, Lincoln, Nebraska, March 1986, 26; ferner Holder, Angela R., When Researchers are Served Subpoenas, 7 IRB - A Review of Human Subject Research, Heft 4, 1985, 5 ff. 6 Zur Lage in den Einzelstaaten vgl. Knerr, Charles, Confidentiality of Research and StatisticaI Data: A Compendium of State Legislation, Washington, D.C. 1978. 7 21 U.S.C. § 872 (ControUed Substances Act); 42 U.S.C. § 242a (Public Health Services Act); 42 U.S.C. § 242 m (Health Service Research, Health Statistics and Medical Library Act); 42 U.S.c. 247 c (Forschung über Geschlechtskrankheiten); 42 U.S.C. § 290 dd-3 (Alcohol Abuse and Alcohol Prevention, Treatment and Rehabilitation Act); 42 U.S.c. § 290 ee-3 (Drug Abuse Office and Treatment Act); 42 U.S.C. § 3789g (Crime Control Act).
II. Gesetzliche Zeugnisverweigerungsrechte
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sichtlich Reichweite und Wirkungsweise recht genau analysiert worden 9• Durch die gesetzlich verankerten Gegenrechte der Forscher werden Forschungsvorhaben begünstigt, die mit besonders brisanten personenbezogenen Informationen arbeiten. Die geschützten Informationen über Drogen- und Alkoholmißbrauch, kriminelle Aktivitäten, medizinische und psychatrische Erkrankungen haben sich für Zwangsmaßnahmen als besonders anfällig erwiesen. Die Ausgestaltung der Vorschriften ist alles andere als einheitlich. Die Vorschriften statuieren keine Geheimhaltungsverpflichtung des Forschers, sondern gewähren lediglich (teilweise begrenzte) Zeugnis- oder Herausgabeverweigerungsrechte, die es dem Forscher ermöglichen, die Geheimhaltungsinteressen der Forschungsteilnehmer gegenüber staatlicher Ermittlungstätigkeit, aber auch privater Neugier zur Geltung zu bringen. Ein Anspruch auf Geheimhaltung für die Forschungsteilnehmer besteht jedoch nicht. Allerdings sind Konstellationen denkbar, in denen sich ein solcher Anspruch aus einer zusätzlichen Vereinbarung ergibt, deren Nichteinhaltung dann unter dem Gesichtspunkt des Vertragsbruchs (breach of contract) zum Schadensersatz verpflichten kann 10. Die Wirkung der Zeugnisverweigerungsrechte entfällt manchmal dann, wenn es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt 11. Sie beziehen sich dann lediglich auf Ermittlungsverfahren oder auf Aufklärungsmaßnahmen im Rahmen von vorprozessualen Zivilrechtsstreitigkeiten ("discovery"). Manche Vorschriften betreffen nur identifizierende Angaben 12, während andere auch sonstige Informationen schützen 13 • Werden nur identifizierende Angaben 8 Vgl. Madden, Thomas J. / Lessin, Helen S., Statutory Approaches to Ensuring the Privacy and Confidentiality of Social Science Research Information: The Law Enforcement Administration Experience, in: Boruch / Cecil (Eds.), Solutions to Ethical and Legal Problems in Social Research, 1983, (Fn. 5), 264, 265; vgl. auch Lanman, Robert B., The Federal Confidentiality Protections for A1cohol and Drug Abuse Patients Records: A Model for Mental Health and Other Medical Records, 50 American Journal of Orthopsychiatry 666 (1980). 9 Vgl. z. B. Knerr, Charles / Carrol, James, Confidentiality and Criminological Research, the Evolving Body of Law, 69 Journal of Criminal Law and Criminolgy 311 (1978); Boruch, Robert F. / Cecil, Joe S., Assuring the Confidentiality of Social Research Data, 1979,240 ff.; Nelson / Hedrick, (Fn. 5), 213 ff.; vgl. auch: Legal Opinions on the Confidentiality of A1cohol and Drug Abuse Patient Records 1975 - 1978, Rockville, Md / etc. 1980. 10 Vgl. Teitelbaum, Lee E., Spurious, Tractable and Intractable Legal Problems: A Positivist Approach to Law and Social Science Research, in: Boruch / Cecil (Ed.), Solutions to Ethical and Legal Problems in Social Research, 1983, 11,27 ff. 11 Vgl. etwa 42 U.S.C. § 290ee-3. 12 z. B. 42 U.S.c. § 242 (a); 21 U.S.c. § 872 (c); vgl. dazu Poeple v. Still, 48 A.D. 2d 366, 369 N.Y.S. 2d 759 (S.C.A.D. 1975); etwas weitergehend die Vorschrift 21 U.S.C. § 1175, durch die auch identifizierende Angaben, Diagnose, Prognose und Behandlung erfaßt werden; dazu Anastasi v. Morgenthau, '373 N.Y.S.2d 751 (S.C.N.Y. 1975). 13 Recht weitgehend 42 U.S.c. 3789 g; illustrativ zu dieser Vorschrift der Aufsatz von Peterson, Joseph, Promises, Compromises and Commitrnents, the Protection of Confidential Research Data, 27 American Behavioral Scientist 453 (1984); an der Schaf-
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4. Kapitel: Zeugnisverweigerungsrechte des Forschers
erfaßt, verlieren die Vorschriften praktisch ihre Schutzwirkung, sobald einem Interessenten ein Forschungsteilnehmer bekannt ist 14. Gelegentlich wird das Zeugnisverweigerungsrecht erst durch "Verleihung" erzeugt. Die Gegenrechte des Forschers entstehen dann erst kraft besonderer ministerieller Genehmigung 15. Schließlich ist nicht immer klar, ob sich die Verweigerungsrechte des Forschers nur auf Aufzeichungen oder auch auf die Erinnerungen des Forschers beziehen 16. Gerichtliche Entscheidungen zu den Vorschriften sind selten. Die wohl wichtigste betraf ein New Yorker Methadonzentrum 17. Ein Zeuge wollte einen Verdächtigen, der eines Totschlagdelikts beschuldigt wurde, in dem Zentrum gesehen haben. Eine grand jury 18 verlangte daraufhin von dem Methadonzentrum die Vorlage von Fotografien aller männlicher Teilnehmer des Methadonprogramms im Alter von 21 - 35 Jahren. Der Direktor des Zentrums war gleich von zwei Bestimmungen betroffen, die ein Zeugnisverweigerungsrecht begründen konnten, nämlich von einem ministeriell verliehenen Recht nach 42 U.S.c. § 242a sowie von einem Zeugnisverweigerungsrecht nach 21 U.S.C. § 872. Da letztere Vorschrift jedoch ausdrücklich grand jury-Verfahren ausnahm, hätten danach die Fotographien herausgegeben werden müssen. Obwohl 21 U.S.C. § 872 zeitlich nach 42 U.S.c. § 242a verabschiedet worden war, wandte das Gericht beide Vorschriften nach einer sorgfältigen Auslegung ihrer Entstehungsgeschichte kumulativ an und hob die Zwangsmaßnahme der grand jury auf l9 • Die Gegenrechte können übrigens auch im Rahmen der 3. Ausnahme des FOIA relevant werden, nämlich wenn es um personenbezogene Forschungsdaten in staatlichen Forschungseinrichtungen geht. Das Department of Health and Human Services (HHS) reklamiert mehrere dieser Vorschriften als taugliche Rechtgrundlagen für die Zurückhaltung von personenbezogenen Informationen nach der 3. Ausnahme des FOIA 20. Das Problem hat durchaus praktische Relefung dieser Vorschrift waren offenbar auch Wissenschaftler beteiligt; vgl. die Hinweise bei Madden / Lessin, (Fn. 8), 265/266. 14 Vgl. Boruch / Cecil, Assuring the Confidentiality of Social Research Data, (Fn. 9), 250. 15 Ebenda; Zahlenmaterial zu dieser Praxis findet sich bei Nelson / Hedrick, (Fn.5), 223 ff. 16 Vgl. 42 U.S.C. § 290ee-3; 42 U.S.c. § 3789 g; dazu Boruch / Cecil, Assuring the Confidentiality of Social Research Data, (Fn. 9), 247 f. 17 People v. Newman, 32 N.Y.2d 379,345 N.Y.S.2d 502, 298 N.E.2d 651 (C.A.N.Y. 1973); cert. den. 414 U.S. 1163 (1974); weitere Entscheidungen in Fn. 12. 18 Grand juries werden zu zwei Zwecken gebildet. Zum einen haben sie in bestimmten (schwerwiegenden) Fällen über den Fortgang von Ermittlungen zu bestimmen (sog. investigative grand jury). Weitaus häufiger werden grand juries eingesetzt, um zu entscheiden, ob in einem konkreten Fall Anklage zu erheben ist (sog. charging grand jury); im einzelnen Newman, Donald J., Introduction to Criminal Justice, 2nd Ed., 1978, 90f; vgl. auch die Anmerkungen in Branzburg v. Hayes, 408 U.S. 665 (1972) 686 f. 19 People v. Newman, 345 N.Y.S.2d 502, 509 f. 20 Im Jahre 1987 hat sich das Ministerium lediglich in einem Fall auf 42 U.S.C. § 242m berufen; vgl. Freedom of Information Activities, Annual Report of the Depart-
III. Academic Freedom als Basis für ein Zeugnisverweigerungsrecht
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vanz. Es ist nämlich nicht nur versucht worden, die Preisgabe von Forschungsdaten im Rahmen von Straf- und Zivilverfahren zu erzwingen, sondern auch über den FOIA21. Da die gesetzlich anerkannten Zeugnis- und Herausgabeverweigerungsrechte nur einige eng begrenzte Forschungsfelder betreffen, wird vielfach versucht, weitergehende Gegenrechte grundsätzlicherer Art herzuleiten. Insbesondere im Bereich der Kriminologie wurde die Lage als unbefriedigend empfunden. Im Zuge von Forschungsvorhaben über hidden crime (unaufgeklärte Verbrechen, Dunkelzifferforschung) wurden z. B. Straftaten offenbart, deren Bekanntwerden für die Forschungsteilnehmer mit erheblichen Nachteilen verbunden gewesen wären 22. Es leuchtet ein, daß die Fähigkeit von Forschern, derartige brisante Informationen vor ihrer Kennisnahme durch Ermittlungsorgane zu schützen, großen Einfluß auf die Möglichkeiten von Wissenschaftlern hat, solche Forschungen überhaupt durchzuführen.
III. Academic Freedom als Anknüpfungspunkt für ein verfassungsgestütztes Zeugnisverweigerungsrecht Obwohl nicht explizit in der Verfassung erwähnt, wird nach herrschender Meinung auch die Wissenschaftsfreiheit ("academic freedom") durch den ersten Zusatzartikel zur Verfassung (First Amendment) geschützt 23 . An der grundsätzlichen Anerkennung dieses besonderen Aspekts der Kommunikationsfreiheit hat der Supreme Court trotz mancher Schwankungen keinen Zweifel gelassen 24 . Dies ment of Health and Human Services, 1987, S. 1; in einem Anhang zu dem Report (Tab C., p. 1 u. 2) werden darüberhinaus als mögliche Rechtsgrundlagen genannt: 21 D.S.C. § 1175 Uetzt: 42 D.S.C. § 290 ee-3); 42 D.S.C. § 242a; 42 D.S.C. § 247c; 42 D.S.C. § 1306 (a) (3); 42 D.S.C. § 4582 Uetzt 42 D.S.C. 290 dd-3). 21 Vgl. Z. B. Forsham v. Harris, 445 D.S. 169 (1980), 100 S.Ct. 978 (1980); vgl. auch die Vorentscheidung 587 F.2d 1128 (D.C.Cir. 1978); ferner Ciba-Geigy v. Mathews, 428 F.Supp. 523 (S.D.N.Y. 1977); im einzelnen oben, 2. Kapitel, sub VI. 22 Wolfgang , Marvin, Ethical Issues of Research in Criminology, in: Nejelski (Ed.), Social Research in Conflict with Law and Ethics, Cambridge / Mass 1976,25 ff., berichtet über mehrere solcher Studien. Eins Studie in Philadelphia förderte 4 Totschlagsdelikte und 75 Vergewaltigungen zu Tage; zur Diskussion in der Bundesrepublik Feuerhelm, Wolfgang, Perspektiven kriminologischer Forschung unter den Bedingungen der heutigen datenschutzrechtlichen Lage, in: Jehle (Hrsg.), Datenzugang und Datenschutz in der kriminologischen Forschung, Wiesbaden 1987,381, 396 f. 23 Grundlegend Sweezy v. New Hampshire, 354 D.S. 234, 77 S.Ct. 1203, 1 L.Ed.2d 1311 (1957); ferner Regents 0/ the Univers. 0/ Calif. v. Bakke, 438 D.S. 265, 312; 98 S.Ct. 2733, 2759; 57 L.Ed.2d 750 (1978); vgl. ferner Emerson, The System ofFreedom of Expression, New York 1970, 593 ff.; ferner Davidson, Michael D., First Amendment Protection for Biomedical Research, 19 Arizona Law Review 893 (1977); Byrne, J. Peter, Academic Freedom: A ,,special Concern of the First Amendment", 99 Yale Law Journal 251 (1989); vgl. auch Joughin, Louis, Academic Due Process, 28 Law and Contemporary Problems 573 (1963), zu einer möglichen anderen Dimension des Schutzes der Forschungsfreiheit.
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4. Kapitel: Zeugnisverweigerungsrechte des Forschers
hat Forschern zu der Hoffnung Anlaß gegeben, die Begründung eines Zeugnisverweigerungsrechts sowie eine Immunisierung von Forschungsunterlagen gegenüber staatlichen Zwangsmaßnahmen ließe sich über das Verfassungsrecht erreichen 25 • Der Rekurs auf das Verfassungsrecht ist vor Gerichten mehrfach getestet worden. Die wichtigste Supreme-Court-Entscheidung, die dabei berücksichtigt werden mußte, war die Entscheidung Branzburg v. Hayes 26 • In Branzburg wurde die Frage diskutiert, ob Journalisten aus der Verfassung ein Zeugnisverweigerungsrecht bezüglich der Identität ihrer Informanten zustehen kann. Die in der Entscheidung aufgestellten Grundsätze gelten nicht nur für den Journalisten, sondern werden auch für den Wissenschaftler als verbindlich angesehen 27. Es ging um mehrere Fälle, in denen Journalisten im Zusammenhang mit einer grand jury-Untersuchung 28 zur Preisgabe von Informationen gezwungen werden sollten 29. In einer offenbar auch im Gericht umstrittenen Entscheidung 30 wurde mit ausführlicher Begründung das verfassungsrechtliche Argument zurückgewiesen. Die Mehrheitsmeinung verneinte eine Verfassungsverletzung, da die Pflicht, an 24 Dazu im einzelnen Byrne, ebenda, 288 ff.; Comment, In Persuit of Academic Freedom: The Peer Evaluation Privilege, 28 Santa Clara Law Review 441 (1988); Note, Academic Freedom and Federal Regulation ofUniversity Hiring, 92 Harvard Law Review 879 (1979), 881 ff.; Note, Forced Disclosure of Academic Research, 137 Vanderbilt Law Review 585 (1984), 611, Fn. 183. 25 Vgl. z. B. Murphy, William P., Academic Freedom An Emerging Constitutional Right, 28 Law and Contemporary Problems 447 (1963); Nejelski, Paul / Lerman, Lindsey Miller, A Researcher - Subject Testimonial Privilege; What to Do Before the Subpoena Arrives, 1971 Wisconsin Law Review 1085 (1147); Comment, Academic Researchers and the First Amendment: Constitutional Protection for Their Confidential Sources, 14 San Diego Law Review 876 (1977), 898 ff. 26 408 U.S. 665 (1972). 27 Die Entscheidung selbst legt dies nahe, da die Tätigkeit von Jounalisten und Forschern im Hinblick auf das First Amendment als funktional äquivalent bezeichnet werden; ebenda, S. 705; vgl. ferner Boruch / Cecil, Assuring the Confidentiality of Social Research Data, (Fn. 9), 237; 0' Neill, Robert M., Scientific Research and the First Amendment: Academic Privilege, 16 U.c. Davis Law Review 837 (1983), 848; Tyler, Robert M. / Kaufman, Doris, The Public Scholar and the First Amendment: A Compelling Need for Compelling Testimony, 40 George Washington Law Review 995 (1972), 1009 ff. 28 Dazu bereits oben Fn. 18. 29 Gute Darstellung der Vorgeschichte in Case Comment, Constitutional Law -In Re Grand Jury Matter Granowicz: Qualified Newsperson's Privilege Does Not Extend to Authors, 61 Notre Dame Law Review 245 (1986), 249 Fn. 27; als Vorentscheidungen wären zu nennen Caldwell v. U.S., 311 F.Supp. 358 (N.D. Calif. 1970); 434 F.2d 0181 (9th Cir. 1970); In re Pappas, 358 Mass. 604, 266 N.E. 2d 297 (S.J.C. Mass 1971); Branzburg v. Pound, 461 SW.2d 345 (C.A.Kty 1970). 30 Die Entscheidung brachte 4 abweichende Meinungen hervor; 3 Richter (Stewart, Brennan, Marshall) hätten im konkreten Fall ein Zeugnisverweigerungsrecht angenommen (725 ff.); Richter Douglas ging noch weiter, indem er Journalisten sogar das Recht einräumte, grand-jury-Untersuchungen vollständig fern zu bleiben (711 ff.).
III. Academic Freedom als Basis für ein Zeugnisverweigerungsrecht
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einem grandjury- Verfahren mitzuwirken, in keiner Weise das Recht eines Journalisten berühre, Informationen für Publikationszwecke zu sammeln 3\. Außerdem sah das Gericht einen Widerspruch zwischen der Anerkennung eines generellen Zeugnisverweigerungsrechts des Journalisten und der historisch gewachsenen Funktion einer grand jury. Die grand jury sei in der Verfassung verankert, habe sich in mehreren Jahrhunderten anglo-amerikanischer Rechtsgeschichte bewährt und spiele eine wichtige Rolle bei der fairen und effektiven Anwendung der Strafgesetze 32 • Das Recht einer grand jury, Aussagen erzwingen zu können, sei für die Anwendung von Strafgesetzen von besonderer Relevanz. Im Zentrum einer fairen Anwendung der Strafgesetze stehe die Beachtung des Grundsatzes, daß die Öffentlichkeit Zugang zu allen relevanten Beweismitteln haben müsse 33. Die Betroffenen argumentierten, journalistisches Arbeiten sei darauf angewiesen, daß der Ursprung bestimmter Informationen im Dunkeln bliebe. Der Zwang, Informanten zu identifizieren, schrecke mögliche Informationsgeber ab und behindere deshalb den durch das 1st Amendment geschützten freien Fluß der Informationen 34. Branzburg wurde in der scientific community von vielen als eine Schlüsselentscheidung angesehen, die die Illusion zerstört habe, Forscher könnten erfolgreich daß First Amendment als Recht auf Infonnationsschutz mobilisieren 35. In der Tat kann die Haltung der Untergerichte im Anschluß an Branzburg nur als zurückhaltend bezeichnet werden 36• Lediglich in zwei Fällen haben die Gerichte
Branzburg v. Hayes, 408 V.S. 665 (1972), 68l. Ebenda, 687 f. 33 Ebenda, 688; "the public ... has a right to every man's evidence". 34 Vgl. die Problemformulierung in Branzburg, ebenda, 679 f.; ferner Comment, Academic Researchers and the First Amendment, (Fn. 25), 898 ff. sowie Tyler / Kaufrnan, (Fn. 27), to12 ff.; Blasi, Vince, The Newsman's Privilege: An Empirical Study, 70 Michigan Law Review 229 (1971). 35 Vgl. z. B. Boness, Frederick H. / Cordes, John F., The Researcher-Subject Relationship: The Need for Protection and a Model Statute, 62 Georgetown Law Journal 243 (1973), 246; Nejelski, Paul / Finsterbusch, Kurt, The Prosecutor and the Researcher: Present and Prospect Variations on the Supreme Court's Branzburg Decision, 21 Social Problems 3 (1973), 8; Boruch / Cecil, Assuring the Confidentiality of Social Research Data, (Fn. 9), 236; Knerr / Carrol, (Fn. 9), 320, m. w. N.; Feuillan, Jacques, Every Man's Evidence versus a Testimonial Privilege for Survey Researchers, 40 Public Opinion Quaterly 39 (1976), 49; für die Presse hatte Branzburg die Folge, daß viele Staaten sog. "press-shield laws" erließen, die den Journalisten ein Zeugnisverweigerungsrecht zum Schutz von Informanten gaben; vgl. O'Brien, David M., The Public's Right to Know, The Supreme Court and the First Amendment, New York 1981, 63 sowie Appendix C (S. 183/184). 36 Für das Zeugnisverweigerungsrecht des Journalisten ergibt sich in der Folgejudikatur ein uneinheitliches Bild. Während der Supreme Court in Zureher v. Stanford Daily, 436 V.S. 547 (1978) die Durchsuchung von Redaktionsräumen zum Zweck der Sicherung von Beweismitteln im Rahmen einer sog. "third party search" für verfassungrechtlich unbedenklich erklärte und damit den Schutz von Journalisten gegenüber staatlichen Zwangsmaßnahmen erneut restriktiv interpretierte (zur legislativen Antwort darauf Note, 3\
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4. Kapitel: Zeugnisverweigerungsrechte des Forschers
die Anregung aufgegriffen und jeweils in obiter dicta ausgeführt, daß die erzwungene Offenbarung von Forschungsdaten ein Eindringen in das akademische Leben beinhalte, welches mit einem niederdrückenden (chilling) Effekt für die Ausübung der Wissenschaftsfreiheit verbunden wäre 37. In Dow Chemieal v. Allen 38 wollte die Firma Dow Chemical die Preisgabe von Daten aus einer laufenden Tetrachlordibenzo-p-Dioxin Studie erzwingen, um so die Ungefährlichkeit einer von ihr hergestellten Chemikalie im Zusammenhang mit einem "Hearing" vor der Umweltbehörde zu belegen. Der Forscher wurde zunächst von der Umweltbehörde, die das Recht hat, eine subpoena 39 zu erlassen, zur Vorlage der begehrten Information verpflichtet. Die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts, die subpoena aufzuheben, hatte im Rechtsmittelverfahren Bestand. Das Gericht wog die Belastungen, die für den Forscher mit der Befolgung der subpoena verbunden gewesen wären, mit den Nachteilen ab, die Dow Chemical durch die Nichterreichbarkeit der begehrten Informationen zu gewärtigen hatte. Es kam zu dem Ergebnis, daß die Interessen des Forschers überwogen 4O • Nachdem schon die Abwägung zugunsten des Forschers ausgefallen war, kam den Erwägungen zur Forschungsfreiheit nur noch ergänzender Charakter zu 41. In Deitehman v. E. R. Squibb & Sons, [ne. wurde eine erstinstanzliche Gerichtsentscheidung 42 aufgehoben, in der sich ein Forscher zunächst erfolgreich gegen eine subpoena durchgesetzt hatte. Ein Mediziner hatte in lOjähriger Kleinarbeit ein umfangreiches Register aufgebaut, das einen Zusammenhang zwischen der Einnahme eines bestimmten Präparates durch schwangere Frauen und der Entstehung von Vaginalkrebs in deren weiblichen Nachkommenschaft belegte. Eine The Privacy Proteetion Act of 1980: Curbing Unrestricted Third-Party Searches in the Wake of Zureher v. Stanford Daily, 14 University of Michigan Journal of Law Reform 519 (1981)), scheinen einige Untergerichte die Entscheidung Branzburg v. Hayes zunehmend auszuhöhlen; vgl. Von Bulow by Auersperg v. von Bulow, 811 F.2d 136 (2nd. Cir, 1987); In re Grand Jury Matter Granowiez, 764 F.2d 983 (3rd Cir. 1985); vgl. auch Note, Promises and the Press: First Amendment Limitations and New Source Recovery for Breach of Confidentiality Agreement, 73 Minnesota Law Review 1553 (1989), 1565/1566 m. w. N.; Case Comment, Constitutional Law -ln re Grand Jury Matter Granowiez: Qualified ... , (Fn. 29), 250. 37 Dow Chemieal v. Allen, 672 F.2d 1262 (7th Cir 1982),1274 ff.; Deitehman v. E. R. Squibb & Sons, Ine., 740 F.2d 556 (7th Cir 1984); explizit gegen eine verfassungsrechtliche Anerkennung eines Zeugnisverweigerungsrechts von Forschern Wright v. Jeep Corporation, 547 F.Supp. 871 (E.O.Mich. 1982); vgl. ferner United States v. Doe, 460 F.2d 328 (1st Cir. 1972), 333 ff. 38 672 F.2d 1262 (7th Cir 1982); dazu: Court Upholds Privacy of Unpublished Oata, 216 Science 34 (1982). 39 Zum Rechtscharakter einer subpoena noch unten sub IV.; zur Anwendung der Federal Rules of Civil Procedure auf Verwaltungsverfahren unten, Fn. 81. 40 Dow Chemieal v. Allen, 672 F.2d 1262 (7th Cir 1982), 1278. 41 Vgl. insbes. ebenda, 1277. 42 Andrews v. EU, Lilly and Co, 97 F.R.O. 494 (N.O.Ill. 1983).
III. Academic Freedom als Basis für ein Zeugnisverweigerungsrecht
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pharmazeutische Firma, die an der Produktion des Präparates beteiligt war, wollte gewisse Schlußfolgerungen des Forschers anhand der gesamten Forschungunterlagen auf ihre Plausibilität überprüfen. Das Ausgangsgericht ließ die Abwägung zugunsten des Forschers ausfallen, ohne auf Verfassungsfragen einzugehen. Im Rechtsmittelverfahren wurde das Zugangsrecht des Beweispflichtigen zu dem beweisrelevanten Material stärker hervorgehoben. Zwar beanstandete das Gericht den einseitigen Interessenausgleich zu Lasten der Firma. Es wurde aber auch anerkannt, daß ein zu breites Herausgabeverlangen begrenzt werden müsse, um so den Interessen des Forschers Rechnung zu tragen 43. Insbesondere die Freigabe identifizierender Informationen hielt das Gericht nicht für erforderlich 44 • Auch hier führte das Gericht lediglich ergänzend aus, daß academic freedom durch eine subpoena berührt sein könne 45 und daß keine Aufklärung zwangsweise durchgesetzt werden sollte, wenn es um Informationen ginge, die noch in der Entwicklung befindliche Ideen oder noch nicht publizierte Schlußfolgerungen beträfen 46. Obwohl die Propagierung eines auf das First Amendment gestützten Zeugnisverweigerungsrechts noch nicht als gescheitert gelten kann 47, müssen auf dem Hintergrund der angesprochenen Entscheidungen die Erfolgsaussichten dieses Begründungsansatzes skeptisch beurteilt werden 48 • Nicht nur bei Gerichten, sondern auch in der Literatur gibt es eine starke Gegenansicht, die die Anerkennung eines verfassungsrechtlichen Zeugnisverweigerungsrechts für Forscher ablehnt. Die Bemühung des Verfassungsrechts wird als zu weitgehend angesehen und es wird deshalb nach einer weniger "exzessiven" Lösung gesucht, die den Schutz der Interessen des Forschers im Bereich des einfachen Rechts verortet 49 •
740 F.2d 556 (7th Cir 1984), 564. Ebenda, S. 565. 45 Ebenda, S. 560. 46 Ebenda. 47 Vgl. etwa Boruch, Robert/Cecil, Joe Shelby, Compelled Disclosure ofResearch Data, 12 Law and Human Behavior 181(1988), 186. 48 Vgl. dazu insbesondere Note, Forced Disclosure of Academic Research, (Fn. 24), 615 ff. 49 Vgl. etwa Note, Academic Freedom Privilege: An Excessive Solution to the Problem of Protecting Confidentiality, 51 Cincinatti Law Review 326 (1982); Kaplan, David A. I Logan, Brian M., The Case Against Recognition of a General Academic Privilege, 60 University of Detroit Journal of Urban Law 205 (1983); Note, Forced Disclosure of Academic Research, (Fn. 24); vgl. auch Ladenson, Robert F., Is Academic Freedom Necessary, 5 Law and Philosophy 59 (1986). 43
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4. Kapitel: Zeugnisverweigerungsrechte des Forschers
IV. Schutz von Forschungsdaten auf der Grundlage der Federal Rules 0/ Civil Procedure Ein solcher einfachrechtlicher Ansatz geht davon aus, daß ein angemessener Ausgleich des Interessenkonflikts zwischen Sachverhaltsaufklärung und Schutz der Informationsquellen und Forschungsunterlagen zumindest für den Bereich des Zivilrechts auf der Grundlage der für alle geltenden zivilprozeßrechtlichen Regeln möglich ist. Regel (Rule) 45 sowie Regel 26 der Federal Rules of Civil Procedure 50 spielen bei Erlaß und Durchsetzung einer subpoena im hier interessierenden Zusammenhang eine wichtige Rolle. Bei einer subpoena handelt es sich um einen gerichtlichen Befehl, der an eine Partei oder einen Zeugen gerichtet ist und den Adressaten unter Androhung von Zwangsmaßnahmen zur Aussage oder zur Vorlage von Beweismitteln verpflichtet 51 • Die subpoena wird vom zuständigen Rechtspfleger (clerk) unter dem Siegel des Gerichts ohne Rechtsprüfung erlassen 52. Nach Rule 45 sind zwei Arten von subpoenas zu unterscheiden, die beide im Forschungskontext von Interesse sind. Zum einen kann nach Rule 45 (a) ein Gericht eine subpoena erlassen, um die Anwesenheit und Aussage eines Zeugen (oder einer Partei) zu erzwingen (sog. subpoena ad testificandum). Zum anderen kann nach Rule 45 (b) die Vorlage von Dokumentenbeweisen (documentary evidence) erzwungen werden (sog. subpoena duces tecum) 53. Die Unterscheidung ist nicht ganz unwichtig, da beide Arten von subpoenas im Detail voneindander abweichenden Regelungen unterstellt sind. Trotz der Unterschiede, auf die noch einzugehen sein wird, hat die Rechtsprechung für beide Arten von subpoenas gemeinsame Rechtmäßigkeitsvoraussetiungen entwickelt, die seit einer Reform des Jahres 1983 in Rule 26 (b) ihren Niederschlag gefunden haben 54. 50 Die Federa1 Rules of Civil Procedure sind sog. "court rules", die vom Supreme Court aufgestellt worden sind und die a1le Bundesgerichte binden. Die Vorschriften sind seit 1938 in Geltung und sind in ihrer Geschichte mehrfach vom S.C. geändert worden. Die Ermächtigungsgrundlage zur Schaffung der F.R. o. Civ.Proc. durch das oberste Gericht des Landes findet sich in 28 U.S.c. § 2072; im einzelnen zur Geschichte und den Änderungen der Regeln farnes, Fleming, Jr. / Hazard, Geoffrey, Civil Procedure, Boston 1977,20 ff.; Tobias, Carl, Public Law Litigation and the Federa1 Rules of Civil Procedure, 74 Comell Law Review 270 (1989), 271 ff.; die F.R. o. Civ.Proc. sind als Anhang zu title 28 in U.S.C.A. abgedruckt und kommentiert. 51 Dabei geht es nicht einmal vornehmlich um die Anwesenheit eines Zeugen oder die Vorlage von Beweismitteln vor Gericht, sondern ebenso um die Durchsetzung von Aussagepflicht und Vorlagepflicht in außergerichtlichen Verhandlungen (sog. Depositions); vgl. Rule 45 (d). 52 Rule 45 (a); vgl. dazu Moore, James/ Lueas, Jo Desha, Moore's Federa1 Practice, 2nd Ed., Vol. 5A, Loseblattsammlung 1989, Anm. 46.03 (1). 53 Zur Unterscheidung Moore's Federal Pracitce, ebenda, 45.04 sowie 45.05. 54 Dazu und zum folgenden vgl. insbes. Note, Forced Disclosure of Academic Research, (Fn. 24), 595 ff. sowie Heat and Control, Ine. v. Hester Industries, 785 F.2d 1017, 123 f. (Fed.Cir. 1986).
IV. Vertraulichkeitsschutz durch das Zivilprozeßrecht
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Da die subpoena zunächst ohne Rechtsprüfung ergeht, kommt es auf die Rechtmäßigkeitsvoraussetungen allerdings erst dann an, wenn sich ein Betroffener gegen eine subpoena wehrt und ihre Aufhebung oder Modifizierung beantragt. Die Gerichte prüfen dann zunächst, ob die begehrte Information relevant ist 55 • Dies ist sie dann, wenn vernünftigerweise zu erwarten ist, daß die subpoena zur Entdeckung von zulässigen Beweismitteln führen kann 56. Zweitens muß die begehrte Information zur Beweisführung tatsächlich notwendig sein (sog. need)57. Ist nicht zu erwarten, daß der Beweis einen Beitrag zur Lösung des Falles zu leisten vermag, wird eine subpoena in der Regel aufgehoben oder vorn Gericht neu gefaßt. Aufgehoben wird ein subpoena auch dann, wenn die Information aus einer anderen Quelle beschafft werden könnte 58. Schließlich muß auf einer dritten Stufe das Bedürfnis des Beweispflichtigen nach Offenbarung der begehrten Informationen mit den Belastungen abgewogen werden, die für den in Anspruch Genommenen entstehen. Das Erfordernis einer Abwägung ergibt sich für die subpoena duces tecum 59 unmittelbar aus Rule 45 (b), wo es heißt, daß auf Antrag eine subpoena aufzuheben ist, wenn sie unbillig und übermäßig belastend ist (unreasonable and oppressive). Ferner können nach Rule 26 (b)(l)(iii) generell Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung daran scheitern, daß sie unangemessen belastend (unduly burdensome) sind. Diese Vorschrift erfaßt, anders als Rule 45 (b), nicht nur die subpoena duces tecum sondern auch die subpoena ad testificandum. Gerichte berücksichtigen bei der Frage nach dem belastenden Charakter einer subpoena die Breite der subpoena, ob die Kostenerstattung gesichert ist 60 , die zeitliche Inanspruchnahme, die mit einer subpoena verbunden ist und das Gewicht der Gründe, die für das Beweisbegehren vorgebracht werden 61. Beruht das Beweisinteresse auf einer 55 26 (b) (1); vgl. sowie Appieella v. MeNeil Laboratories, Ine., 66 F.R.D. 78, 82 (E.D.N.Y. 1975); Andrews v. Elli, Lilly and Co., 97 F.R.D. 494, 498 (N.D. Ill. 1983); Continental Coatings Corp. v. Meteo, Ine., 50 F.R.D. 382, 384 (N.D.Ill. 1970). 56 United States v. IBM, 83 F.R.D.97, 105-106 (S.D.N.Y. 1979); Gray v. Higher Board 0/ Edueation, 92 F.R.D. 87, 90 (S.D.N.Y. 1981), rev' don other grounds, 692 F.2d 901 (2nd Cir. 1982); United States v. AT&T, 461 F.Supp. 1314, 1341-43 (D.D.C. 1978). 57 Dow Chemieal v. Allen, 672 F.2d 1262, 1272-73 (7th Cir 1982); E.E.o.C. v. Univ. 0/ Notre Dame Du Lae, 715 F.2d 331, 338 (7th Cir 1983). 58 Dazu United States v. IBM, 83 F.R.D.97, 106 (S.D.N.Y. 1979); E.E.O.C. v. Notre Dame Du Lae, ebenda, 338; Eglin Federal Credit Union v. Cantor, 91 F.R.D. 414, 41617 (N.D. Ga. 1981). 59 Für die subpoena ad testifieandum kommt es in der Regel erst zu einer Abwägung im Rahmen der Frage, ob ein Adressat nach einer beantragten proteetive order im Rahmen von Rule 26 (c) vor übermäßigen Belastungen geschützt werden kann; dazu noch unten. 60 Dazu Rule 45 (b) (2); vgl. etwa MeGowan v. General Dynamies Corporation, 794 F.2d 361, 363 f. (8th Cir 1986). 61 Dazu im einzelnen Note, Forced Disclosure of Academic Research, (Fn. 24), 599 ff.; vgl. auch Rule 26 (b) (1) 2. Abs.
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4. Kapitel: Zeugnisverweigerungsrechte des Forschers
bloßen Mutmaßung und bewegt es sich deshalb in die Nähe einer unzulässigen Ausforschung (fishing expedition), gehen Gerichte mit der Auferlegung von Offenbarungslasten zurückhaltend um 62. Die Aufhebung einer subpoena im Rahmen einer Abwägung ist allerdings nicht das einzige Mittel, um unverhältnismäßige Belastungen abzuwehren. Eine subpoena duces teeum (die auf Vorlage von Unterlagen gerichtet ist) kann nach 45 (b) durch eine Schutzauflage (proctective order) so abgeändert werden, daß die Belastung auf ein akzeptables Niveau heruntergeschraubt wird. Dasselbe gilt allgemein für beide Arten von subpoenas gemäß Regel 26 (c), wonach auf Antrag eine Schutzauflage entwickelt werden kann, die allgemein eine Partei oder eine Person vor Schikane, Beschämung oder unbilliger Härte (oppression) im Zuge einer Aufklärungsmaßnahme (discovery) bewahren soll. Die Vorschrift sieht verschiedene Möglichkeiten der Modifizierung von Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung durch proteetive orders vor 63 , bis hin zur Nichtdurchsetzung einer solchen Maßnahme (26 (c)(1)). Für Forscher ist dabei von besonderem Interesse die Schutzauflage 26 (c)(7), wonach Vorkehrungen getroffen werden können, die sicherstellen sollen, daß vertrauliche Forschung nicht offenbart oder nur in ordnungsgemäßer Weise offenbart wird ("that ... confidential research ... not be disc10sed or be disc10sed only in adesignated way"). Eine Durchsicht der Gerichtsentscheidungen, die sich mit der Offenbarung von Forschungsdaten im Zuge von Zivilverfahren befassen, zeigt, daß sich das Instrumentarium der Federal Rules of Civil Procedure im Bereich des Zivilrechts durchaus zum Schutz von Forschungsinteressen einsetzen läßt. In Riehards of Roekford, [ne. v. Paeifie Gas & Eleetrie Company64 sollten Wissenschaftler über Gespräche mit Forschungsteilnehmern, die unter einem Versprechen der Vertraulichkeit geführt worden waren, als Zeugen vernommen werden sowie die Vorlage von Aufzeichnungen erzwungen werden. Das Gericht wog das Aufklärungsinteresse mit dem Interesse der Forscher ab und entschied zugunsten der Forscher. Entscheidend war hier der Gesichtspunkt, daß die begehrten Informationen nur am Rande etwas mit dem Beweisthema zu tun haben konnten ("largely supplementary")65. Außerdem wurde die Belastung der Wissenschaftler als hoch eingeschätzt, weil die Forscher die vertrauliche Behandlung der Informationen zugesichert hatten und Forscher bei Nichteinhaltung eines solchen y ersprechens mit 62 Vgl. etwa Andrews v. EU, Lilly and Co., 97 F.R.D. 494, 498 (N.D.IlI. 1983); Sheley lndus., lne. v. New Jersey Wine and Spirit Wholesalers Assoe., 272 F.Supp 972, 88687 (D.N.J. 1967); ferner Strait v. Mehlenbacher, 526 F.Supp. 581, 584 (W.D.N.Y. 1981); Zahorik v. Cornell University, 98 F.R.D. 27, 31 (N.D.N.Y. 1983). 63 Im einzelnen Rule 26 (c); vgl. auch Miller, Arthur R., Confidentiality, Protective Orders and Public Access to the Courts, 105 Harvard Law Review 428 (1991). 64 71 F.R.D. 388 (N.D. Cal 1976); dazu Note, Protection frorn Discovery of Researcher's Confidential Information: Riehards 0/ Roekford, lne. v. Paeifie Gas & Eleetrie Co., 71 F.R.D. 388 (N.D.Cal. 1976),9 Connecticut Law Review 326 (1977). 65 Ebenda, 390.
IV. Vertraulichkeitsschutz durch das Zivilprozeßrecht
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einem Glaubwürdigkeitsverlust zur rechnen hätten 66 • Der Entscheidung läßt sich allerdings auch entnehmen, daß unter anderen Bedingungen, etwa bei größerer Nähe der begehrten Informationen zum Beweistherna, die Abwägung durchaus anders hätte ausfallen können 67 • Auch in Dow Chemical und in Andrews v. Eli, Lilly and Co. wurde den Wissenschaftlern auf der Grundlage der Federal Rules of Civil Procedure geholfen. In Andrews stellte das Gericht in der Abwägung fest, daß die Durchsetzung der subpoena das gesamte wissenschaftliche Vorhaben gefahrden würde und den einmaligen (truly unique) Charakter des Registers zerstören würde 68 • Als unangemessen belastend (unduly burdensome) wurde auch eine subpoena eingestuft, die zur Vernehmung eines Forschers sowie zur Vorlage sämtlicher Rohdaten einer sehr umfangreichen Studie geführt und die mehrere Tage in Anspruch genommen hätte. Ziel dieser subpoena war es, im Rahmen eines Haftungsprozesses anband der gesamten Unterlagen zu belegen, daß der beklagten Firma nachteilige Schlußfolgerungen des Forschers fehlerhaft waren 69 • In mehreren Entscheidungen versuchten Gerichte den Bedenken von Forschern durch protective orders Rechnung zu tragen. In Lampshire v. Procter & Gamble Company70 wehrten sich die Antragsteller gegen eine umfangreiche subpoena, durch die das Center of Disease Control (CDC) zur Herausgabe der Rohdaten einer Forschungsstudie gezwungen werden sollte 71. Das CDC beantragte eine Schutzauflage (protective order), die die Identität der Forschungsteilnehmer schützen sollte. Das Gericht akzeptierte die Argumentation des CDC, wonach wegen der Sensibilität der medizinischen Daten hier eine Schutzauflage angemessen sei 72. Die Entscheidung hatte auch in der Rechtsmittelinstanz Bestand 73. Es besteht auch die Möglichkeit, den Informationssuchenden durch einen protective order auf die Nutzung der begehrten Informationen ausschließlich zu Prozeßzwecken zu verpflichten. Auf das 1st Amendment gestützte Einwände gegen eine solche Praxis hat der Supreme Court zuTÜckgewiesen 74• Ebenda. Deshalb wird die Entscheidung als wenig verläßlich angesehen; vgl. etwa Teitelbaum, (Fn. 10),24; Note, Protection from Discovery of Researcher's Confidential Information: Richards 0/ Rockford, [nc. v. Pacific Gas & Electric Co., (Fn. 64), 333; Boruch / Cecil, Assuring the Confidentiality of Social Research Data, 1979, 237 ff. 68 97 F.R.D. 494, 496 (N.D.Ill. 1983). 69 Buchanan v. American Motors Corporation, 697 F.2d 151 (6th Cir 1983). 70 94 F.R.D. 58 (N.D.Ga 1982). 71 Es ging um einen Produkthaftungsfall, in dem der Zusammenhang zwischen der Nutzung von Tampons mit dem "toxic shock syndrome" zur Debatte stand. Eine Studie des CDC hatte insoweit eine statistisch signifikante Häufung festgestellt; vgl. ebenda, 59. 72 Ebenda, 60; vgl. auch Laxalt v. McClatchy, 809 F.2d 885 (D.C.Cir. 1987), wo in einem discovery Kontext argumentiert wird, daß die Vorlage von Dokumenten, die unter den Privacy Act fallen, durch angemessene protective orders abzufedern sind (889); vgl. aber auch United States v. Hooker Chemieals & Plastics, 112 F.R.D. 325, 331 (W.D.N.Y. 1986). 73 Vgl. Farnsworth v. Procter & Gamble Company, 758 F.2d 1545 (11th Cir. 1985). 66 67
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4. Kapitel: Zeugnisverweigerungsrechte des Forschers
In Deitehman v. E. R. Squibb & Sons, [ne. 75 wurde zwar eine Entscheidung korrigiert, mit der ein erstinstanzliches Gericht eine subpoena aufgehoben hatte 76. Das Gericht zeigt sich aber durchaus den Argumenten des Forschers aufgeschlossen. Anders als die Vorinstanz hielt es das Beschwerdegericht jedoch für möglich, eine Schutzauflage (proteetive order) zu entwickeln, die der Firma Zugang zu wenigstens einigen Daten ermöglichte und zugleich die Einwände des Forschers berücksichtigte 77. Die diskutierten Entscheidungen belegen, daß das Zivilprozeßrecht in gewissem Umfang dem Interesse an der Geheimhaltung von Forschungsdaten Rechnung tragen kann. Zu Recht wird jedoch eingewandt, daß die Schutzwirkungen der Federal Rules of Civil Procedure nicht als verläßlich angesehen werden können. Der Schutz von Forschungsdaten hängt von einer Abwägung im Einzelfall ab, die durch einen großen richterlichen Ermessensspielraum geprägt ist. Ein Kritiker hat mit Rücksicht auf dieses breite Ermessen der Gerichte in diesem Sinne ausgeführt: Wenn ein Gericht dem Bedürfnis des Forschers aufgeschlossen gegenübersteht, kann es Rule 26 (c) anwenden, um die vertrauliche Information zu schützen. Bei einer weniger wohlmeinenden Einstellung des Gerichts verbleibe dem Forscher hingegen kaum eine andere Möglichkeit, als die begehrten Informationen zu offenbaren 78 • Daß diese Befürchtungen nicht grundlos sind, belegt die Entscheidung Wright v. Jeep Corporation 79 , in der ein Forscher seine Forschungsunterlagen nicht vor dem Zugriff einer Prozeßpartei schützen konnte 80. Schließlich folgt eine wichtige Einschränkung der Schutzwirkung daraus, daß zivilprozessuale Regeln auch grundsätzlich nur in zivilrechtlichen Streitigkeiten hilfreich sind 81. Wird eine subpoena, wie etwa in dem Popkin Fall 82, durch eine "grand jury" in einem Strafverfahren erlassen, versagen die Federal Rules of Civil Procedure. Trotz dieser Kritik lohnt es sich festzuhalten, daß die Suche nach Schutzmöglichkeiten für vertrauliche Forschungsdaten in den Federal Rules of Civil Procedu74 Vgl. Seattle Times Co. v. Rhinehart, 467 U.S. 20 (1984); dazu Note, Protective Orders and the Use of Discovery Materials Following Seattle Times, 71 Minnesota Law Review 171 (1986). 75 740 F.2d 556 (7th Cir 1984). 76 Andrews v. EU, Lilly and Co., 97 F.R.D. 494 (N.D.Ill. 1983). 77 740 F.2d 556, 564 (7th Cir 1984). 78 Note, Preventing Unnecessary Intrusions in University Autonomy, 69 Califomia Law Review 1538 (1981), 1544. 79 547 F.Supp 871 (E.D. Mich. 1982). 80 In einer protective order wurde lediglich aufgegeben, daß alle Kosten für die Zugänglichmachung von Dokumenten sowie sonstige Unannehmlichkeiten zu ersetzen seien; vgl. ebenda, 877. 81 Allerdings ist eine entsprechende Anwendung im Verwaltungsverfahren möglich und auch üblich, wenn andere Vorschriften nicht entgegenstehen; vgl. Rule 81 (a) (3); vgl. z. B. Dow Chemical v. Allen, 672 F.2d 1262, (7th Cir. 1982) 82 Dazu auch noch unten im 6. Kapitel, sub 11., Text bei Fn. 23 ff.
V. Die Debatte um ein Common Law Privilege
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re offenbar einen Anknüpfungspunkt gefunden hat, auf den die Praxis am häufigsten zurückgegriffen hat. Das relativ flexible Instrumentarium der Federal Rules of Civil Procedure scheint am ehesten auf Konsens rechnen zu können. Nimmt man die gesamte Diskussion über die Existenz eines Zeugnisverweigerungsrechts von Forschern in den Blick, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß ein absoluter Schutz von vielen nicht einmal für wünschenswert gehalten wird. Der die Voraussetzungen einer gerechten richterlichen Streitentscheidung regierende Grundsatz, daß jedermann Zugang zu allen relevanten Beweismitteln haben muß, genießt hohes Ansehen und wird deshalb nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Fehlt es aber an der Bereitschaft, diesen Grundsatz zugunsten des Interesses an der Vertraulichkeit von Forschungsdaten zu relativieren, bleibt kaum eine andere Möglichkeit, als zu einem am Einzelfall orientierten Ausgleich von Forscherund Aufklärungsinteresse zu gelangen. Die Federal Rules of Civil Procedure stellen dafür ein wenn auch unberechenbares so doch gebrauchsfähiges Instrumentarium bereit 83 •
v. Die Debatte um ein Common Law Privilege Außer den Versuchen, das Zeugnisverweigerungsrecht auf spezialgesetzliche und verfassungsrechtliche Regeln sowie die Vorschriften der Federal Rules of Civil Procedure zu stützen, gibt es schließlich noch den Versuch, ein allgemeines Zeugnisverweigerungsrecht aus dem common law abzuleiten 84 • Inhalt eines solchen common law privilege wäre das Recht, vertrauliche Gespräche zwischen dem Forscher und dem Forschungsteilnehmer sowie Aufzeichnungen, die sich auf eine solche Kommunikation beziehen, nicht offenbaren zu müssen. Der Vorteil des common-law-Zeugnisverweigerungsrechts läge darin, daß es flächendeckend Forscher vom Zeugniszwang sowie vom Zwang zur Vorlage von Forschungsunterlagen in Straf- und Zivilverfahren 85 sowie sonstigen Verfahren 86 befreien würde. Anknüpfungspunkt für das common law privilege ist Rule 501 der Federal Rules of Evidence 87 , wonach das Zeugnisverweigerungsrecht ( privilege) einer Vgl. bereits Fn. 49. Vgl. z. B., Recent Decision, Evidence - Privilege - A Privilige Based on Academic Freedom Does not Insulate a Universty from Disclosing Confidential Employment Information, 52 Mississippi Law Review 493 (1982). 85 Die Federal Rules of Civil Procedure nehmen explizit alle Angelegenheiten aus, die unter ein solches Zeugnisverweigerungsrecht zu subsumieren sind; vgl. 26(b) (1); (,,(p)arties may obtain discovery regarding any matter, not privileged (Herv. durch Verf.), that is relevant to the subject matter involved in the pending action ... ". 86 Rule 501 gilt auch dann, wenn eine subpoena in einem Verwaltungsverfahren erlassen wird. Dies ergibt sich wiederum aus der in Rule 81 (a) (3) angeordneten entsprechenden Anwendung der Fed. R. of Civ. Proc.; vgl. bereits Fn. 81. 87 Anders als die F.R. o. Civ.Proc. handelt es sich bei den F.R. o. Evid. nicht um "court rules", sondern um ein rein legislatives Produkt. Der Supreme Court hatte zwar 83
84
184
4. Kapitel: Zeugnisverweigerungsrechte des Forschers
Person, einer Regierung, eines Staates oder einer Untereinheit von diesen durch die Prinzipien des common law, wie sie von den Gerichten der Vereinigten Staaten im Lichte von Vernunft und Erfahrung interpretiert werden, regiert werden solle 88. Rule 501 ennöglicht es Gerichten, bei der Schaffung neuer Zeugnisverweigerungsrechte eine ,,kreative" Haltung einzunehmen 89. Nach ganz herrschender Meinung müssen für die Anerkennung eines common-law-Zeugnisverweigerungsrechts vier Voraussetzungen gegeben sein, die von Wigmore verbindlich kanonisiert worden sind 90. Die generellen Prinzipien priviligierter Kommunikation ("priviliged communication") sind in § 2285 dieses Standardwerkes niedergelegt. Danach muß die Kommunikation in dem Vertrauen geführt werden, daß sie nicht offenbart wird. dieses Element von Vertraulichkeit (confidentiality) für die volle und befriedigende Aufrechterhaltung der Beziehung zwischen den Beteiligten unerläßlich (essential) sein. -
es sich bei der Beziehung um eine handeln, die nach Ansicht der Gemeinschaft (community) sorgfältig protegiert (sedulously fostered) werden sollte.
-
der Schaden für die Beziehung, der durch die Offenbarung ausgelöst würde, größer sein als der Vorteil, der für die korrekte Erledigung des Verfahrens gewonnen würde 91 •
einen eigenen Entwurf zum ,,Law of Privileges" vorgelegt, der die bis dahin von der Rechtsprechung anerkannten Zeugnisverweigerungsrechte kodifizierte. Der Kongreß lehnte diesen Entwurf jedoch vollständig ab und setzte an seine Stelle als einzige Regel Rule 501; zur Geschichte Louisell, David W. / Mueller, Christopher B., Federal Evidence, Bd. 2, Rochester, New York 1979,389 ff.; die Regel wurde von vielen Staaten übernommen. Einige Staaten haben allerdings auch den Katalog des Supreme-Court-Vorschlags rezipiert; vgl. im einzelnen Weinstein, Jack B. / Berger, Margaret A., Weinstein' s Evidence, Volume 2, Loseblattsammlung 1989,501, Abschnitt (07). 88 Satz 1 von Rule 501 lautet vollständig: ,,Except as otherwise required by the Constitution of the United States or provided by Act of Congress or in rules prescribed by the Supreme Court persuant to statutory authority, the privilege of a witness, person, govemment, State, or political subdivision thereof shall be govemed by the priciples of the common law as they may be interpreted by the courts of the United States in the light of reason and experience. (... )". 89 Vgl. Trammel v. United States, 445 U.S. 40, 47 (1961); in der Praxis wird von der Möglichkeit allerdings nur zurückhaltend Gebrauch gemacht; vgl. In re Dinnan, 661 F.2d 426, 430 (5th Cir 1981); Larkin, Murl A., Federal Testimonial Privileges, Loseblattsammlung, New York 1987, § 10, S. 1. 90 Wigmore, John Henry, Evidence in Trials at Common Law, Revised by John T. McNaughton, Boston, Toronto 1961, Band VIII mit 1989 Pocket Supplement, by Reiser, Walter A., Jr. 91 Ebenda, § 2285; zur schulmäßigen Anwendung dieser Kriterien in einem universitären "employment discrimination" Fall E.E.O.C. v. University ofNotre Dame, 551 F.Supp. 737,741 f. (N.D.In. 1982).
V. Die Debatte um ein Common Law Privilege
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Die Anwendung dieser Grundsätze auf die Beziehung von Forschern und Forschungsteilnehmern hat bisher in den praktisch entschiedenen Fällen noch nie zur Anerkennung eines generellen common law privilege geführt, wie es etwa für die Beziehung Anwalt - Mandant oder das Beichtgeheimnis allgemein akzeptiert ist. Die Gründe hierfür sind unterschiedlicher Art. In Wright v. Jeep Corporation scheiterte die Annahme eines privileges schon daran, daß die Kommunikation zwischen Forscher und Teilnehmern nicht als vertraulich angesehen werden konnte 92. Soweit ersichtlich haben Gerichte außerdem noch nie die Beziehung zwischen Forscher und Teilnehmer generell als schutzwürdig angesehen 93. Schließlich erscheint es auch schwierig, bei der Abwägung zwischen dem Schaden für die Forscher / Teilnehmer-Beziehung einerseits und dem Bedürfnis nach gerechter Entscheidung des Streitfalls anderseits generell zugunsten des Geheimhaltungsinteresses des Forschers zu entscheiden. Hier besteht offenbar wiederum ein großes Bedürfnis nach einer am Einzelfall orientierten Beurteilung, die die Anerkennung eines absoluten Zeugnisverweigerungsrechts auf der Grundlage des common law fraglich erscheinen läßt 94 • Die Schwierigkeiten lassen sich gut an der Entscheidung In re Grand Jury Subpoena Dtd. January 4,1984 95 zeigen. In einem Beschwerdeverfahren wurde ein Gerichtsbeschluß korrigiert, mit dem ein Doktorand erfolgreich eine grand jury subpoena abgewehrt hatte. Im Wege der teilnehmenden Beobachtung in einem Restaurationsbetrieb hatte der Wissenschaftler ein Journal angelegt, welches zur Vorbereitung einer Doktorarbeit ,,zur Soziologie des amerikanischen Restaurants" benötigt wurde. In dem Restaurant brach später ein Feuer aus, das vermutlich auf Brandstiftung zurückzuführen war. Zur Aufklärung des Vorfalls erließ die grand jury eine auf Vorlage des Journals gerichtete subpoena (duces tecum). Das erstinstanzliche Gericht akzeptierte die Argumentation des Klägers, daß Forscher auf ein verläßliches Umfeld von Geheimhaltung angewiesen seien. Es bestünde auch ein starkes öffentliches Interesse an dem Schutz dieser vertraulichen Beziehung 96. Das Gericht nahm ein researcher-subject privilege an, das Zwangsmaßnahmen gegen den Doktoranden ausschloß. Das Beschwerdegericht verschloß sich diesen Überlegungen nicht prinzipiell, hielt es jedoch im konkreten Fall nicht für möglich, ein Zeugnisverweigerungsrecht anzunehmen. Auf der Basis der gegebenen Faktenlage lehnte es das Gericht 547 F.Supp 871, 874-876 (E.D.Mich. 1982). Vgl. Note, Forced Disc10sure of Academic Research, 137 Vanderbilt Law Review 585 (1984), 609. 94 Insofern erweist sich auch hier für viele das Instrumentarium der Federal Rules of Civil Procedure als vorzugsWÜTdig; dazu bereits oben Text bei Fn. 83 sowie Note, Free Press, Privacy, and Privilege: Protection of Researeher - Subject Communications, 17 Georgia Law Review 1009 (1983), 1043 f. 95 750 F.2d 223 (2nd Cir. 1984). 96 In re Grand Jury Subpoena Dtd. January 4, 1984, 583 F.Supp. 991 (E.D.N.Y. 1984),993 f. 92
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4. Kapitel: Zeugnisverweigerungsrechte des Forschers
ab, ein generelles, praktisch unbegrenztes Zeugnisverweigerungsrecht von Forschern zu begründen 97. Ob es unter qualifizierten Voraussetzungen ein solches Recht annehmen würde, ließ das Gericht ausdrücklich offen und gab zugleich einige ergänzende Hinweise. Es hielt bestimmte Mindestdarlegungen für erforderlich, damit ein solches Recht überhaupt geprüft werden könnte. Danach müßten wenigstens das Forschungsvorhaben erläutert, die Forschungsziele dargelegt sowie die Methoden offengelegt werden. Erst anband dieser Informationen könne geprüft werden, ob eine Vertraulichkeitszusicherung für die Durchführung des (konkreten) Vorhabens wirklich unerläßlich und ob die Offenbarung der Information mit dem gegebenen Vertraulichkeitsversprechen unvereinbar wäre 98. Das Zeugnisverweigerungsrecht könne sich auch nur auf Gegenstandsbereiche erstrecken, für die eine Vertraulichkeitszusage gegeben wurde 99. Schließlich gab das Gericht noch zu verstehen, daß es für den Fall einer tatsächlichen Beobachtung von strafbaren Handlungen ein Zeugnisverweigerungsrecht von vornherein für ausgeschlossen hielt 100. In re Grand Jury belegt, daß die erhoffte flächendeckende Abschirmung der researcher-subject-Beziehung durch eine common law privilege im Sinne von Rule 501 nicht zu erwarten ist. Allenfalls ein qualifiziertes privilege, das sich an den konkreten Bedingungen eines Forschungsvorhabens orientieren würde, ist in der Entscheidung nicht generell ausgeschlossen worden. Der Umstand, daß die meisten Gerichte bei ihrer Entscheidung über ein Zeugnisverweigerungsrecht des Forschers Rule 501 nicht einmal geprüft haben, indiziert allerdings auch insoweit, daß in der Praxis das common law-gestützte Zeugnisverweigerungsrecht kaum eine bedeutende Rolle spielen kann. In re Grand Jury bestätigt damit frühere Einschätzungen, die einen zuverlässigen Schutz der Vertraulichkeit von Forschungsdaten durch das common law nicht gewährleistet sahen 101.
VI. Zusammenfassung Obwohl das amerikanische Bundesrecht zahlreiche Anknüpfungspunkte für den Schutz von Forschungsdaten gegenüber zwangs weiser Offenbarung bietet, fallt der Ertrag der einzelnen Begründungsversuche nicht sehr ergiebig aus. Als wenig aussichtsreich muß der Versuch angesehen werden, Gegenrechte von Forschern auf den ersten Zusatzartikel zur Verfassung zu stützen. Seit der 750 F.2d 223 (2nd Cir. 1984), 225. Ebenda, 225. 99 Ebenda, 226. 100 Ebenda. Vgl. auch Derrick, John H., Annotation, Scholars Privilege under Rule 501 of Federal Rules of Evidence, 81 A.L.R. Fed 904 (1987). 101 Vgl. etwa Boness / Cordes, (Fn. 35), 245; Nelson / Hedrick, (Fn. 5), 219; Boruch / Cecil, Assuring the Confidentiality of Social Research Data, (Fn. 67), 234. 97
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VI. Zusammenfassung
187
Entscheidung Branzburg v. Hayes, die sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht von Journalisten bezieht, aber auch für Forscher verbindlich ist, steht dieser Ansatz unter einem ungünstigen Stern. Immerhin haben zwei Gerichte die academic freedom-Argumentation in obiter dicta akzeptiert. In der Praxis ist sie im übrigen folgenlos geblieben 102. Auch verspricht der Rekurs auf ein common law privilege nach Rule 501 der Federal Rule of Evidence keine Abhilfe. Ein generelles Zeugnisverweigerungsrecht scheitert daran, daß die in dem Standardwerk von Wigmore aufgestellten Kriterien 103 als nicht vorliegend angesehen werden. Ein Gericht hat angedeutet, daß es möglicherweise unter qualifizierten Voraussetzungen im Einzelfall ein Zeugnisverweigerungsrecht als Bestandteil des commom law akzeptieren würde. Insgesamt ist der common law-Argumentation bisher ebenso der Erfolg versagt geblieben wie der verfassungsrechtlichen. Neben den spezialgesetzlichen Gegenrechten, die ausdrücklich für den Bereich der Drogen-, Gesundheits- und kriminologischen Forschung normiert worden sind 104, scheinen allein die Federal Rules of Civil Procedure im Bereich des Zivilrechts eine gewisse Schutzwirkung zu entfalten. Gerichte haben an Forscher adressierte subpoenas gelegentlich als übermäßig belastend eingestuft. Außerdem hat ein Gericht die Veröffentlichung von Rohdaten einer noch nicht abgeschlossenen und noch nicht veröffentlichten Studie unter Ausübung des in den Federal Rules of Civil Procedure eingeräumten Ermessens abgelehnt. Schließlich wird das Instrument der protective orders dazu verwandt, die Zeugnis- und Vorlagepflicht von Forschern zu begrenzen. Eine protective order kann auch zum Schutz der Anonymität von Forschungsteilnehmern eingesetzt werden 105. Die Abschirmung von Forschungsdaten durch die Federal Rules of Civil Procedure gleicht allerdings eher einem Flickenteppich als einem verläßlichen Schutzmantel. Der Grund dafür liegt darin, daß die Anwendung der Regeln, insbesondere auch der Erlaß von protective orders, im Ermessen des Richters steht. Die zivilprozessualen Vorschriften orientieren sich am Einzelfall und greifen deshalb, gemessen an der Forderung nach einem generellen Zeugnisverweigerungsrecht, zu kurz. Indem der Schutz von Forschungsdaten einem set von Regeln überantwortet wird, welches flexible Einzelfallentscheidungen ermöglicht, wird ein Mittelweg eingeschlagen. Eine solche Lösung scheint am ehesten auf Konsens rechnen zu können, da es außerhalb der scientific community an Bereitschaft fehlt, die Vertraulichkeit von Forschungsdaten generell gegenüber dem Aufklärungsinteresse zu priviligieren 106. 102 103 104 105
106
Im einzelnen oben sub. III., bei Fn. 37 ff.
Dazu oben sub V., Text bei Fn. 90 ff. Dazu oben sub 11., Text bei Fn. 7 ff. Im einzelnen oben sub IV., Text bei Fn. 72. Oben, sub IV., Text bei Fn. 83.
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4. Kapitel: Zeugnisverweigerungsrechte des Forschers
Die von Forschern erhobene Forderung nach Etablierung allgemeiner und verläßlicher Gegenrechte von Forschern ist damit nach wie vor aktuell. Wegen der schlechten Aussichten, eine solche Gesetzgebung in Zukunft zu realisieren, behalten auch die unter amerikanischen Forschern verbreiteten Überlegungen Aktualität, die die Vertraulichkeit von sensitiven Forschungsdaten durch Einbau statistischer und prozeduraler Sicherungen in das Forschungsdesign 107 zu schützen suchen.
107
Dazu noch unten 6. Kapitel, sub II., Text bei Fn. 40 ff.
5. Kapitel
Der Zugang zu Mikrodaten I. Vorbemerkung Unter Mikrodaten werden statistische Einzelangaben verstanden, die in großer Masse in den statistischen Ämtern aufbewahrt werden. Mikrodaten sind in häufig umfangreichen Datensätzen enthalten, die sich auf eine konkrete Person beziehen. Üblicherweise werden sie durch Erhebungen (Volkszählung, Mikrozensus, Verbraucherstichprobe, sonstige Stichproben oder Einzelerhebungen etc.) gewonnen. Das Problem des Zugangs von Forschern zu den Daten der amtlichen Statistik wirft auf den ersten Blick kaum Besonderheiten gegenüber dem allgemeinen Problem des Datenzugangs auf. Dieser Anschein erweist sichjedoch bei genauerer Hinsicht als falsch. Die Lage wird nämlich dadurch kompliziert, daß neben dem Forscher und dem Forschungsteilnehmer hier mit dem amtlichen Statistiker noch eine dritte Person ins Spiel kommt 1. Die Interessenlage des Statistikers deckt sich nicht ohne weiteres mit der eines Verwaltungsbeamten, dein in anderem administrativem Kontext eine gate-keeper-Funktion bei der Herausgabe von informationen zukommt. Der Statistiker hat ein eigenständiges, vitales Interesse an der effektiven Abschirmung von Einzelangaben vor zweckentfremdenden Zugriffen 2. Die Funktionsfähigkeit der amtlichen Statistik lebt davon, daß das Vertrauen in die Geheimhaltung der von ihr häufig unter Androhung von Zwangsmitteln erhobenen Daten erhalten bleibt. Wird dieses Vertrauen enttäuscht, kann dies erhebliche Auswirkungen auf die Verläßlichkeit von Angaben und die Kooperationsbereitschaft in der Bevölkerung haben. Mit empfindlichen Einbußen 1 Die ,,Dreipoligkeit" der Interessenlage wird deutlich in der Podiumsdiskussion zum Thema: Vielseitige Nutzung statistischer Einzelangaben und Datenschutz, Allgemeines Statistisches Archiv 64 (1980), 39, in der ein Statistiker, ein Wissenschaftler und ein Datenschützer aufeinandertrafen. 2 Vgl. etwa Monz, Heinz, Statistisches Gesetz, Göttingen 1967, § 12Anm. a)m. w. N.; Hölder, Egon, Bundesstatistik heute und morgen - Strategien fürihre Weiterentwicklung, in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Bundesstatistik in Kontinuität und Wandel, Festschrift für Hildegard Barteis zu ihrem 70. Geburtstag, Bd. 1 der Schriftenreihe Forum der Bundestatistik, Stuttgart Mainz 1984, 14, 22; Wingen, Max, Herausforderung der amtlichen Statistik durch den gesellschaftlichen Wandel, Allgemeines Statistisches Archiv 73 (1989) 16,20; Baumann, Reinhold, Datenschutz und Statistik - Gegner oder Verbündete, in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Datennotstand und Datenschutz, Stuttgart / Mainz 1985, 38, (39).
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5. Kapitel: Der Zugang zu Mikrodaten
an Kooperationsbereitschaft sowie Wahrheitsliebe muß schon dann gerechnet werden, wenn bloß der Eindruck entsteht, daß die Angaben von Erhebungsbetroffenen gegen ihre Verbreitung nicht hinreichend gesichert sind 3 • In diesem Sinne wird vielfach bei Erhebungen mit Auskunftspflicht die strikte Geheimhaltung von Einzelangaben als unverzichtbares Korrelat zur Aukunftspflicht angesehen 4 • Die Interessenlage des Statistiker scheint demnach der des Datenschützers zu entsprechen 5. Diese Affinität ist jedoch nur eine Seite im Dreieck von Datenschutz, Statistik und Forschung. Es gibt nämlich durchaus auch kräftige Konvergenzlinien zwischen Statistik und Forschung, die mit dem Informationsauftrag des Amtes zusammenhängen 6 • Amtliche Statistik versteht sich in Übereinstimmung mit einem verbreiteten Selbstverständnis von Forschern als eine Form von "Selbstreflexion einer Gesellschaft" 7. Esser konstatiert, daß Statistik und empirische Sozialforschung ein gemeinsames Anliegen haben, nämlich "verlorengegangene Transparenz wiederherzustellen und gesellschaftliche Entwicklungen nicht der Willkür selbstherrlich-uninformierter Entscheidungen der gerade Regierenden zu überlassen"8. Auch die Statistik beansprucht die Verortung ihres Informationsauftrages in einem umfassenden Konzept von Informationsverteilung 9 • Die detaillierten Einzelangaben, über die die amtliche Statistik verfügt, sind heute für die Wissenschaft von großem Interesse 10. Diese Feststellung wird man 3 Das beste Anschauungsmaterial für einen solchen Effekt dürfte die Volkszählung des Jahres 1985 in Schweden liefern. Im Zuge der Befragung war der Eindruck entstanden, Volkszählungsdaten wären an Steuerbehörden weitergegeben worden. Die öffentliche Kontroverse, in deren Gefolge es zur Aufdeckung anderer Unregelmäßigkeiten kam, führte dazu, daß die "nonresponse rate" innerhalb kurzer Zeit von 5 auf 10 % heraufschnellte; vgl. Dalenius, Tore, The Debate on Privacy and Surveys in Sweden, 1 Chance: New Directions for Statistics and Computing 43 (1988), 44; zu den Akzeptanzproblemen der Volkszählung 1987 in der Bundesrepublik Miller, Manfred, Volkzählung 1987 Zwischen "entzauberter Wissenschaft" und sozialstaatlichem Anspruch, RuP 1989,45. 4 Vgl. dazu das Volkszählungsurteil des BVerfG (BVerfGE 65, 1,50) sowie Statistisches Bundesamt, Das Arbeitsgebiet der Bundesstatistik 1981, Stuttgart Mainz 1981, 24; Süd/eid, Erwin, Anonymisierungsstandards und generelle Abwicklungsregelungen für Anforderungen nach anonymisierten Einzelangaben im Statistischen Bundesamt, in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Nutzung von anonymisierten Einzelangaben aus Daten der amtlichen Statistik: Bedingungen und Möglichkeiten, Stuttgart / Mainz 1987, 146. 5 V gl. H ölder, Egon, Durchblick ohne Einblick, Die amtliche Statistik zwischen Datennot und Datenschutz, Osnabrück 1985, 56. 6 Vgl. Formen und Wege der Verbreitung statistischer Informationen, WiSta 1986, 793. 7 Vgl. Wingen, (Fn. 2), S. 16 m. w. N. 8 Esser, Hartrnut, Amtliche Statistik und empirische Sozialforschung, Bemerkungen zu einem (scheinbar) schwierigen Verhältnis, Allgemeines Statistisches Archiv 73 (1989) 70,80. 9 Vgl. etwa Walter, Jean-Philippe, La protection de la personalite lors du traitement de donees ades fin statistiques, Fribourg / Suisse 1988, 1 ff. sowie 46 ff.; Lehnen, Robert G., Statistical Policy for State and Local Govemment, 42 American Statistician 10 (1988); Bonnen, James T., Federal Statistical Coordination Today: A Disaster or a Disgrace?, 37 American Statistician 179 (1983), 190.
11. Zugang zu Mikrodaten unter Geltung des Bundesstatistikgesetzes
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keineswegs im gleichen Ausmaß für die Vergangenheit treffen können. Grohmann etwa konstatiert, daß ein Bedürfnis der Konsumenten nach Zugang zu Einzeldaten bis vor wenigen Jahren noch kaum bestand 11. Auch hier war Auslöser der Expansion der Informationsbedürfnisse die modeme EDV -Technik, die die Grenzen der Anwendung statistischer Verfahren weit hinausgeschoben hat 12. Die Kehrseite des zunehmenden Einsatzes moderner Informationstechnologien ist die Sorge um die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen, die durch eine zunehmend schwieriger werdende Einschätzung des Reidentifizierungsrisikos wächst. Daß es auf dem Hintergrund gestiegener Analysepotentiale auf seiten der Wissenschaft bei gleichzeitigem Anstieg von Gefährdungspotentialen auf seiten der Betroffenen zu Spannungen im Dreieck von Wissenschaft, Statistik und Datenschutz kommt, ist deshalb nur verständlich. Im Zentrum der Debatte um die Freigabe von statistischen Einzelangaben für Forschungszwecke steht naturgemäß das Anonymisierungsproblem. Die Frage lautet: Unter welchen Voraussetzungen kann ein individualisierter Datensatz l3 als anonym angesehen werden, so daß eine Freigabe unter Risikogesichtspunkten unbedenklich erscheint? Im folgenden wird das Problem für die Bundesrepublik auf dem Hintergrund des Bundestatistikgesetzes (11.) und für die USA anband der einschlägigen bundesrechtlichen Regelungen (III.) diskutiert. In einem daran anschließenden Teil werden einige Schlußfolgerungen gezogen (IV.).
11. Der Zugang zu Mikrodaten unter Geltung des Bundestatistikgesetzes 1. Das Statistische Bundesamt In der Bundesrepublik Deutschland ist die amtliche Statistik fachlich zentralisiert. Hierin liegt ein wichtiger Unterschied zu dem US-amerikanischen statistischen System, in dem die dezentralisierte Ressortstatistik dominiert. Statistiken werden auf Bundesebene von dem Statistischen Bundesamt 14 sowie von den 10 Vgl. etwa Blien, Uwe/ Papaste!anou, Georgios, Der Informationsbedarf in den Sozialwissenschaften, eR 1988, 935, 936 f.; Müller, Walter, Empirische Sozialwissenschaft und amtliche Statistik aus der Sicht der empirisch orientierten Forschung, in: Sonderdruck, Referate zum Thema "Interdependenzen zwischen amtlicher Statistik und empirischer Sozialwissenschaft" anläßlich der 29. Tagung des Statistischen Beirats am 8. Juni 1982, Beilage WiSta 1982, 3, 7 f. 11 Diskussionsbeitrag Grohmann zum Thema: Vielseitige Nutzung statistischer Einzelangaben und Datenschutz, (Fn. 1), S. 40. 12 Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Gegenwarts- und Zukunftsaufgaben der amtlichen Statistik, Stuttgart Mainz 1972, 73/74. 13 Es handelt sich dabei um einen Datensatz, dessen Angaben sich auf eine konkrete Person beziehen, der jedoch keine identifizierenden Merkmale enthält. 14 Dazu Hütter, Karl, Das statistische Bundesamt, Bonn 1971.
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5. Kapitel: Der Zugang zu Mikrodaten
statistischen Ämtern der Länder und der Gemeinden bearbeitet. Rechtsgrundlage für das Statistische Bundesamt ist das Bundestatistikgesetz l5 • Danach wird das Bundestatistikamt als eine selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern geführt 16.
2. Das Statistikgeheimnis Das Statistikgeheimnis ist in § 16 des BStatG geregelt. In seiner heutigen Gestalt existiert es erst seit Anfang 1987. Ein wichtiger Unterschied zu Vorgängergesetzen liegt darin, daß nunmehr Einzelangaben nicht mehr an gesetzgebende Körperschaften oder oberste Bundes- und Länderbehörden übermittelt werden dürfen. Nur noch in Tabellenform werden Daten für Zwecke der Planung, nicht jedoch zur Regelung von Einzelfällen zugänglich gemacht l7 • Damit wurde erstmalig der Grundsatz der functional separation von Verwaltungsvollzug und Statistik, den das Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil eindrucksvoll postuliert hatte, konsequent festgeschrieben 18. Eine Novität enthält auch § 16 Abs. 6 BStatG, der die Übermittlung von anonymisierten Mikrodaten an Forschungseinrichtungen regelt. Danach dürfen für die "Durchführung wissenschaftlicher Vorhaben ... Einzelangaben an Hochschulen oder sonstige Einrichtungen mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung übermittelt werden, wenn die Einzelangaben nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft zugeordnet werden können und die Empfänger Amtsträger, für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter oder Verpflichteter nach Absatz 7 sind". Die Vorschrift ist nicht nur deshalb bemerkenswert, weil sie erstmalig eine Legaldefinition des Begriffs der "faktischen Anonymisierung" liefert. Beachtlich ist auch, daß es für den Bereich der wissenschaftlichen Forschung zu einer Revision des Erfordernisses einer absoluten Anonymisierung gekommen ist. Sowohl das Statistische Gesetz 19 als auch das Bundestatistikgesetz von 1980 20 waren weniger wissenschaftsfreundlich angelegt. Während das Gesetz von 1953 Veröffentlichungen ausschließlich in aggregierter Form 21 zuließ, erlaubte das Gesetz vom 14. März 15 Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke (BStatG) vom 22. Januar 1987, BGBl. I S. 462 ber. S. 565. 16 § 2 Abs. 1 BStatG; für eine noch größere Verselbständigung des Amtes, um so die Akzeptanz des Amtes in der Öffentlichkeit zu steigern, Wingen, (Fn. 2), 32. 17 § 16 Abs. 4 BStatG; die Tabellen dürfen allerdings noch bestimmte Einzelfelder
enthalten; vgl. dazu auch die Kommentierung in: Dorer, Dieter / Mainusch, Helmut / Tubies, Helge, Gesetz über die Statisitk für Bundeszwecke, Kommentar, München 1988, § 16, Rdnr. 35 ff. 18 Vgl. auch § 1 Satz 6 BStatG, der eine ausschließliche Zweckbindung "präambelhaft" voranstellt. 19 Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke vom 3. Sept. 1953, BGBl. I S. 314. 20 Gesetz über die Statistik für Bundeszwecke vom 14. März 1980, BGBl. I S. 289.
11. Zugang zu Mikrodaten unter Geltung des Bundesstatistikgesetzes
193
1980 eine Übennittlung von Einzelangaben nur, wenn diese so anonymisiert wurden, "daß sie Auskunftspflichtigen oder Betroffenen nicht mehr zuzuordnen sind" 22. Außer im Falle dieser allgemeinen Übennittlungstatbestände konnten sich früher erweiterte Zugangsmöglichkeiten für die Wissenschaft nur noch dann ergeben, wenn ein statistisches Einzelgesetz solchen Zugang ausdrücklich vorsah 23. Die Regelung des Datenzugangs nach dem alten § 11 Abs. 5 BStatG ist von Wissenschaftlern zum Teil recht kritisch beurteilt worden 24. In ihm wurde ein typisches Beispiel für die Behinderung der Wissenschaft durch Anforderungen des Datenschutzes gesehen. Die "hysterische Diskussion um den Datenschutz" 25 wird für eine Krise verantwortlich gemacht, die schon in den 70er Jahren zum Erliegen der Datenversorgung mit microanalytischen Modellen geführt haben so1l26. Die Schuldzuweisung an den Datenschutz soll hier zunächst außer Betracht bleiben. Zutreffend ist, daß die Handhabung von § 11 Abs. 5 BStatG durch die statistischen Ämter recht restriktiv war 27 . Zur Begründung der zurückhaltenden Praxis ließ sich die Gesetzgebungsgeschichte heranziehen. In einer Beschlußempfehlung des Innenauschusses des Bundestages zu § 11 Abs. 5 BStatG wurde für eine Anonymisierung verlangt, "daß nach den in den Statistischen Ämtern vorliegenden Kenntnissen die Möglichkeit einer Deanonymisierung der übennittelten - nach Auffassung der statistischen Ämter ausreichend anonymisierten - Einzelangaben zweifeisfrei (Hervorh. durch d. Verf.) ausgeschlossen"28 sein müsse. Aufgrund des Wortlauts der Vorschrift sowie der Gesetzgebungsgeschichte spricht also vieles dafür, daß die statistischen Ämter kaum eine andere Alternative hatten, als von einern absoluten Konzept der Anonymisierung auszugehen, welches Reidentifizierungsrisiken "zweifelsfrei" ausschloß. Die Folge davon war, daß sich lediglich die Veröffentlichung anonymisierter Einzelangaben in Tabellen sowie die Übennittlung anonymisierter Einzelangaben in Kurzbandsätzen 29 rela21 Vgl. § 12 Abs. 3, Abs. 4 (Stat.G. v. 3. Sep. 1953). 22 § 11 Abs. 5 (BStatG v. 14. März 1980). 23 Dazu im einzelnen Bürgin, Gerhard / Reimann, Brigitte, Empirische Sozialwissenschaften und amtliche Statistik aus der Sicht der amtlichen Statistik, in: Sonderdruck, Referate zum Thema "Interdependenzen zwischen amtlicher Statistik und empirischer Sozialwissenschaft", Beilage zu WiSta 1982, 15, 18 f. 24 Vgl. etwa Heilig, Gerhard, Probleme bei der Beschaffung von Daten aus der amtlichen Statistik, ZfS 1986, 221, 222; Müller, Empirische Sozialwissenschaft und amtliche Statistik aus der Sicht der empirisch orientierten Forschung, (Fn. 10), 7. 25 Heilig, ebenda, 221. 26 Vgl. etwa Paaß, Gerhard/ Wauschkuhn, Udo, Datenzugang, Datenschutz und Anonymisierung, München / Wien 1985, 8. 27 Dazu Süd/eid, Erwin, (Fn. 4). 28 BT-Drucks. 8/3413 v. 20.11.1979, S. 14. 29 Kurzbandsätze sind Datensätze mit geringer Merkmalsausprägung; für viele Anwendungswünsche der Nutzer der amtlichen Statistik werden lediglich ausgewählte Merkmale einer statistischen Erhebung benötigt; vgl. Kühn, Joachim, Automatisierte 13 Wollenteit
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5. Kapitel: Der Zugang zu Mikrodaten
tiv unproblematisch gestaltete. Zwar führen Anonymisierungsverfahren auch bei Kurzbanddatensätzen zu Infonnationsverlusten. Wegen der geringen Merkmalsausprägung solcher Datensätze werden die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Analysepotentials jedoch als zumutbar angesehen 30• Bei Langdatensätzen kam es hingegen zu erheblichen Schwierigkeiten. Das Gebot, jegliches "Restrisiko" im Bereich der Anonymisierung auszuschließen, hatte zur Folge, daß die Freigabe von public use samples 31 , sei es auch nur selektiv für wissenschaftliche Zwecke, ausschied. Langdatensätze bieten wegen ihrer hohen Merkmalsausprägung zahlreiche Ansatzpunkte zur ReidentifIkation 32 • Eine Freigabe kam deshalb nur mit Rücksicht auf die Datenwünsche im Einzelfall, deren ModifIzierung auf das Erforderliche sowie unter Einhaltung strikter Anonymisierungsverfahren in Betracht 33 • Im Hinblick auf Langdatensätze erwies sich also in der Tat das Statistikgeheimnis als Hindernis und ließ Forderungen von Forschern nach Verbesserung des Zugangsbedingungen dringlich erscheinen 34• Ob dieser Befund der Datenschutzkritik Recht gibt, ist jedoch fraglich. Zweifel müssen schon wegen der oben angesprochenen "Dreipoligkeit" des Verhältnisses von Wissenschaft, Datenschutz und amtlicher Statistik aufkommen. Die Tradition des Statistikgeheimnisses ist viel zu alt, als daß seine Auswirkungen heute umstandslos auf die moderne Vorstellung des Datenschutzes zurückgeführt werden könnten 35 • Es ist bemer-' kenswert, daß das BDSG die traditionelle Handhabung des Statistikgeheimnisses unberührt gelassen hat, indem es der relevanten Bestimmung des BStatG Vorrang gegenüber dem Datenschutz eingeräumt hat 36 Bei unvoreingenommenem Blick lassen sich auch die gesetzgeberischen ModifIkationen des Statistikgeheimnisses kaum als immer restriktivere Ausgestaltung des Datenzugangsrechts beschreiben. Auf dem Hintergrund der tendenziell immer unbefriedigten Zugangswünsche wird offenbar übersehen, daß die NovellierunAnonymisierungsverfahren für Kurzbanddatensätze, in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Nutzung von anonymisierten Einzelangaben aus Daten der amtlichen Statistik, (Fn.4), 1Ol. 30 ebenda; sowie Süd/eid, (Fn. 4), 15l. 31 Dazu im einzelnen noch unten sub 2. 32 Vgl. PaaßIWauschkuhn, (Fn. 26), 162ff., zusammenfassend 17. 33 Süd/eid, (Fn. 4), 152 f.; außer über Einzelfallbehandlung und Anonymisierungsverfahren wurden ferner vertragliche Vereinbarungen zwischen Forscher und statistischem Amt getroffen, die einen sorgfältigen, eine Weitergabe ausschließenden Umgang mit den relevanten Daten garantieren sollten (153 f.). 34 Vgl. insbesondere Müller, Empirische Sozialwissenschaft und amtliche Statistik aus der Sicht der empirisch orientierten Forschung, (Fn. 10), 7 f. 35 Vgl. auch Allerbeck, Klaus, Einführung in das Thema, in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Nutzung von anonymisierten Einzelangaben aus Daten der amtlichen Statistik, (Fn. 4), 7, 9. 36 § 1 Abs. 4 BDSG vom 20. Dez. 1990, BGBL I, 2954; vgl. auch § 45 Satz 2 Nr. 1 BDSG alte Fassung.
11. Zugang zu Mikrodaten unter Geltung des Bundesstatistikgesetzes
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gen des Bundestatistikgesetzes in den Jahren 1980 sowie 1987 gegenüber dem Vorzustand jeweils Ausweitungen der Zugangsmöglichkeiten erbrachten. Zum Beispiel heißt es noch in der Kommentierung des Bundestatistikgesetzes von Monz aus dem Jahre 1967, in der das Wort Datenschutz noch nirgends auftaucht, lapidar: "Die Weitergabe von Einzelangaben zu wissenschaftlichen Zwecken an nicht Auskunftsberechtigte ist unstatthaft" 37. Für die von Wissenschaftlern beobachtete Abnahme der Zugänglichkeit von Mikrodaten aus der amtlichen Statistik wird daher im wesentlichen wohl ein anderer Umstand verantwortlich sein. In den zurückliegenden Jahren hat der Gesetzgeber in statistischen Einzelgesetzen nur noch selten Ausnahmen von der Geheimhaltung für die Datenwünsche der Wissenschaft vorgesehen 38. Daß datenschutzrechtliche Motive bei der Einnahme einer solchen restriktiven Haltung eine Rolle gespielt haben könnten, ist auf dem Hintergrund des allgemein gestiegenen Datenschutzbewußtseins nicht unwahrscheinlich. Bezweifelt werden muß allerdings, ob diese Zurückhaltung datenschutzrechtlich unbedingt gefordert war. Im Volkszählungs urteil blieb § 9 IV Volkszählungsgesetz 1983, der die Weitergabe von Einzelangaben für Forschungszwecke zum Gegenstand hatte, ausdrücklich unbeanstandet. Das Bundesverfassungsgericht begründete diese wissenschaftsfreundliche Haltung mit der bekannten Erwägung, daß die Wissenschaft regelmäßig nicht an der Person, sondern lediglich an dem Individuum als Träger bestimmter Merkmale interessiert sei. Außerdem sei auf Forscherseite regelmäßig kein Zusatzwissen vorhanden, welches eine Reidentifizierung ermöglichen könnte 39 •
3. Neuere Überlegungen: Einrichtung eines Mikrodatentiles für Forschungszwecke Der neue Spielraum, den § 16 Abs. 6 BStatG mit dem Konzept der faktischen Anonymisierung eröffnet, hat Überlegungen in Richtung auf die Schaffung eines anonymisierten Mikrodatenfiles für wissenschaftliche Zwecke ausgelöst. Ein Forschungsprojekt mit dem Ziel der Schaffung einer solchen Stichprobe wird zur Zeit in Zusammenarbeit von Sozialwissenschaftlern der Universität Mannheim und Vertretern des statistischen Bundesamtes durchgeführt 40 •
37 38
Monz, (Fn. 2), § 12, Anm. 2 d). Vgl. Bürgin Ißeimann, (Fn. 23), 18; konsequent insofern die Forderung nach Errich-
tung besonderer Ubermittlungsregelungen in fachstatistischen Gesetzen den "Thesen und deren Erläuterung zu Datenzugang und Datenschutz", in: Kaase I Krupp I Pflanz u. a., Datenzugang und Datenschutz, Konsequenzen für die Forschung, Königstein / Ts. 1980,281,297; kritisch zum Fehlen einer Ausnahmeregelung für die Wissenschaft im Volkszählungsgesetz 1987 Miller, (Fn. 3), 49. 39 BVerfGE 65, 1, 69 f. 40 Vgl. Forschungs-. und Entwicklungsplan des statistischen Bundesamtes, WiSta 1988, 623 (626); ferner der Hinweis bei Blien I Papastefanou, (Fn. 10), 939 sowie bei \3*
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5. Kapitel: Der Zugang zu Mikrodaten
Wegweisende Überlegungen zur Bewertung von Reidentifizierungsrisiken wurden von Wissenschaftlern der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung angestellt 41 • Untersucht wurden die Gefahren einer Reidentifizierung von Haushalten aus dem Mikrozensus (1978) und der Einkommens- und Verbraucherstichprobe 1978 (EVS). Dabei wurden unterschiedliche Angriffsszenarien zugrundegelegt, um die Abhängigkeit von Reidentifikationsrisiko und Zusatzwissen abschätzen zu können 42. Nach diesen vielbeachteten Reidentifizierungsexperimenten hängt das Risiko einer Deanonymisierung von mehreren Faktoren ab, nämlich von -
der Zahl und dem Informationsgehalt der ÜberschneidungsmerkmaIe. Je mehr übereinstimmende Variablen im anonymisierten Datensatz und im Identifilcationsfile vorhanden sind und je höher der Informationsgehalt dieser Variablen (z. B. 8 Kinder) ist, desto einfacher ist eine genaue Reidentifikation 43 • der Größe des anonymisierten Mikrodatenfiles sowie des Identifikationsfiles im Verhältnis zur Grundgesamtheit. Sind beide Datensätze nur Stichproben, sinkt das Reidentifikationsrisiko erheblich 44 • Die Stichprobeneigenschaft bildet daher bei umfangreichem Zusatzwissen den hauptsächlichen Schutzfaktor vor Reidentifzierung 45 •
-
den Fehlern in beiden Datensätzen. Bei steigender Zahl der (unvermeidlichen) Beobachtungsfehler sinkt das Deanonymisierungsrisiko 46 •
Krupp, Hans-Jürgen / Preissi, Brigitte, Die Neufassung des BDSG und die wissenschaftliche Forschung, eR 1989, 121, 123. 41 Paaß / Wauschkuhn, (Fn. 26); ferner Paaß, Gerhard, Identifizierbarkeit und Anonymisierung von Mikrodaten, Allgemeines Statistisches Archiv 70, 1986,344; ders., ReIdentifizierungsrisiko von Einzelangaben, in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Nutzung von anonymisierten Einzelangaben aus der amtlichen Statistik, (Fn. 4), 89. 42 Überblick über die Szenarien bei Paaß / Wauschkuhn, (Fn. 26), 162 ff.; beim Staatsanwaltsszenario gab es zwischen Mikrodatenfile (MDF) und Identiflkationsfile (=verfügbares Zusatzwissen) 68 gemeinsame Variablen, beim Steuerfahndungsszenario 45, Kriposzenario 15, Adreßverlagsszenario 7 und beim Konzernszenario 11 gemeinsame Variablen; vgl. den Überblick bei Paaß, Re-Identifikationsrisiko von Einzelangaben, ebenda, 98. 43 Im Konzem- und Adreßverlagsszenario konnte wegen der geringen Zahl der Überschneidungsmerkmale kein einziger Datensatz des Mikrodatenfiles deanonymisiert werden; vgl. Paaß / Wauschkuhn, (Fn. 26),202 ff. sowie 205 ff. 44 Obwohl die Reidentifikationserfolge wegen der Dichte der Überschneidungsmerkmale im Kripo-, Staatsanwalts- und Steuerfahndungsszenario erheblich anstiegen, waren wegen der Stichprobeneigenschaft (die EVS erfaßt 0,2%, der Mirkrozensus 1% der Bevölkerung) die Erfolgschancen eines Angreifers maximal 0,11 %; vgl. die ÜberblickstabeIle bei Paaß, Re-Identifikationsrisiko von Einzelangaben, (Fn. 41), S. 98. 45 Vgl. auch Kirschner, Hans Peter, Stichprobenverfahren und Auswahlsätze als Mittel der Anonymisierung, in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), (Fn. 4), 113; Rapaport, Edmund, Für oder gegen die Freigabe von anonymisierten Daten aus der Perspektive einer statistischen Behörde, in: Kaase / Krupp / Pflanz u. a.(Fn. 38), 46, 48. 46 Paaß / Wauschkuhn, (Fn. 26), 163 ff.
11. Zugang zu Mikrodaten unter Geltung des Bundesstatistikgesetzes
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Aus diesen Ergebnissen wurden wiederum drei Schlußfolgerungen gezogen. Danach können bei niedrigem Informationsgehalt des Zusatzwissens (d. h. in den untersuchten Szenarien bei weniger als 15 Merkmalen) Datenbestände ohne Auflage als "public use sampie" freigegeben werden 47 • Bei mittlerem Informationsgehalt (zwischen 15 - 30 Merkmalen) können die Reidentifizierungsrisiken durch begrenzte Anonymisierungsmaßnahmen bei einzelnen gefahrdeten Datensätzen beseitigt werden, ohne daß dies die Qualität der Daten zu stark beeinträchtigen würde 48. Erst bei sehr hohem Informationsgehalt des Zusatzwissens wäre eine ausreichende Anonymisierung mit einer starken Beeinträchtigung des Analysepotentials verbunden 49. Daraus folgt, daß umfangreiche Mikrodatenfiles nicht in befriedigender Qualität als public data use files verfügbar gemacht werden können 50. Die Untersuchung kommt deshalb zu dem Ergebnis, daß sich der Konflikt zwischen Datenschutz und Forschung nicht über public data use vollständig lösen lasse 51 • Als Ausweg aus diesem Dilemma wurde jedoch später vorgeschlagen, den Empfangerkreis auf Einrichtungen der unabhängigen wissenschaftlichen Forschung zu beschränken, um so die Verknüpfung eines (umfangreichen) Mikrodatenfiles mit umfangreichem Zusatzwissen zu verhindern. Dem liegt die vom Bundesverfassungsgericht geteilte Annahme zugrunde, daß bei Forschern ein umfangreiches Zusatzwissen regelmäßig nicht vorhanden ist 52 • Ferner wurde vorgeschlagen, durch zusätzliche Regelungen, nämlich ein Verbot der Weitergabe der übermittelten Daten sowie durch ein ausdrückliches Reidentifizierungsverbot, weitere Sicherungen einzubauen. Unter Berücksichtigung des geringen Zusatzwissens sowie der komplementierenden Sicherungen könne, so die Pointe des Vorschlags, für den Forschungsbereich nur von dem Adreßverlags- und dem Konzernszenario ausgegangen werden, die beide eine Reidentifizierung nicht zuließen 53. Diesen allgemeinen Überlegungen wird man im Grundsatz folgen können. Problematisch wird es jedoch, wenn in jedem Einzelfall die Zulässigkeit einer Datenübermittlung von dem Zusatzwissen eines Nutzers abhängig sein soll 54. Ebenda, S. 17. Vgl. Paaß, (Fn. 44), 100. 49 Untersucht wurden verschiedene Anonymisierungstechniken (Tripleaggregation, Scheibenbildung, Verknüpfung). Verhältnismäßig am besten schnitt dabei die Technik der Scheibenbildung ab (die EVS wird in Scheiben a 15 Merkmale zerlegt); vgl. Paaß / Wauschkuhn, (pn.26), 15 sowie ausführlich 209-278. Alle Verfahren waren mit mehr oder weniger erheblichen Verlusten der Analysefähigkeit von Daten verbunden. 50 ebenda, 17. 51 ebenda, 7. 52 Vgl. BVerfGE 65, 1, 68 f. 53 Vgl. Paaß, (Fn. 44),100; Blien / Papastefanou, (Fn. 10),939; Krupp / PreissI, (Fn. 40), 125; Müller, Walter / Hauser, Richard, Der Bedarf der Wissenschaft an anonymisierin: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), (Fn. 4), 61, 69 f. ten Einzelang~Il, . . 47
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5. Kapitel: Der Zugang zu Mikrodaten
Ein solches "systemorientiertes" 55 Konzept von faktischer Anonymisierung, das primär den Nutzer ins Visier nähme, provoziert mehr Schwierigkeiten, als es zu lösen vermag. Zum einen hat es sich bereits als undurchführbar erwiesen, das allgemein verfügbare Zusatzwissen einzugrenzen 56. Zu vielfältig und unübersichtlich sind die Informationsquellen, als daß noch eine verläßliche Risikoa~ schätzung möglich wäre. Ferner dürften die statistischen Ämter überfordert sein, müßte in jedem Einzelfall das besondere Zusatzwissen eines Übermittlungsadressaten zuverlässig ermittelt werden. Um eine unkontrollierte Erweiterung des Zusatzwissens zu verhindern, müssen systemorientierte Konzepte dem Gesichtspunkt der Abschottung maßgebliche Bedeutung beimessen. Es dürfte aber sehr schwierig sein, die Effektivität und Einhaltung von Schutzvorkehrungen, die eine wirksame Abschottung zu gewährleisten hätten, im Einzellfall einer zuverlässigen Kontrolle zu unterziehen 57. Schließlich erheben auch Wissenschaftler Einwände gegen ein einseitig systemorientiertes Konzept der faktischen Anonymisierung, da es leicht zu unterschiedlich weitreichenden Datenzugangsberechtigungen innerhalb der scientific community führen könnte. Solche Unterschiede sind aber unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit bedenklich 58. Zurück zu § 16 Abs. 6 BStatG. Es ist offenkundig, daß § 16 Abs. 6 BStatG den Vorschlag einer selektiven Öffnung von Mikrodatenbeständen für wissenschaftliche Zwecke aufgegriffen hat 59 • Indem die Freigabe von Mikrodaten an Forschungseinrichtungen an das Konzept der faktischen Anonymisierung gebunden ist, wird ein Maßstab eingeführt, der durch die begrenzte Inkaufnahme von Restrisiken die Geheimhaltungsschwelle für den begünstigten Forscher herunter54 Einen solchen Ansatz vertritt Steinmüller, Wilhelrn, Ein organisationsunterstütztes Verfahren zur Anonymisierung von Forschungsdaten, in: Kaase / Krupp / Pflanz u. a. (Fn. 38), Datenzugang und Datenschutz, Konsequenzen für die Forschung, Königstein / Ts. 1980, 111 ff.; ders., Erfordernisse des Datenschutzes bei der wissenschaftlichen Auswertung von Informationen der gesetzlichen Krankenversicherung, Bonn 1979; vgl. auch Podlech, Adalbert, Datenschutzprobleme einer Dokumentation in vertrauensärztlichen Diensten und der gemeinsamen Forschung der gesetzlichen Krankenversicherung, München 1978 55 Zur Unterscheidung von systemorientierten und datenorientierten Anonymisierungsstandards, Hamacher, Bernd, Resümee der Diskussion über Anonymisierung, in: Kaase / Krupp / Pflanz u. a., ebenda, 219, 222 f. 56 Vgl. dazu Burkert, Herbert, Die Eingrenzung des Zusatzwissens als Rettung der Anonymisierung?, DVR 1979,63; in den USA gibt es neuerdings immerhin ein Nachschlagewerk, welches umfassend alle statistischen "data bases" der Bundesverwaltung sowie solche Informationsbestände erfaßt, die ohne große Mühe zu statistischen Zwecken genutzt werden könnten; vgl. Evinger, William R., Federal Statistical Data Bases: A Comprehensive Catalog of Government Machine - Readible and Online Files, New York 1988. 57 Vgl. auch Rzadtki, Hans-Dietrich / Wollenteit, Ulrich, Persönlichkeitsrecht und Krebsregistrierung, in: Von Elling / Wunder (Hrsg.), Krebsregister, Erfassungs als Politik, . Hamburg 1986, 154, 168 f. 58 Müller / Hauser, (Fn. 53), 70. 59 Dazu Dorer / Mainusch / Tubies, Gesetz über die Statisitk für Bundeszwecke, (Fn. 17), § 16, Rdnr. 50 ff.
III. Der Zugang zu Mikrodaten im amerikanischen Recht
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schraubt. Diese Liberalisierung des Datenzugangs ist mit Sicherungsmaßnahmen verbunden, die den Forscher hinsichtlich der Geheimhaltung der nur faktisch anonymisierten statistischen Daten streng in die Pflicht nehmen. § 16 Abs. 7 BStatG stellt sicher, daß die nicht absolut anonymisierten Mikrodaten nur an Personen herausgegeben werden dürfen, die unter der Strafandrohung des § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB ihrerseits zur Wahrung des Statistikgeheimnisses verpflichtet sind. § 21 BStatG enthält ferner ein striktes Reidentifizierungsverbot. Wie sich die neue Freigaberegelung in der Praxis bewährt, bleibt abzuwarten. Festzustellen ist, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für eine großzügigere Praxis vorliegen.
III. Der Zugang zu Mikrodaten im amerikanischen Recht 1. Die statistischen Behörden
Im Vergleich zur Bundesrepublik ist das statistische System in den USA extrem dezentralisiert. Auf Bundesebene gibt es nicht ein singuläres, besonderes ,.Amt", welches umfassend mit der Wahrnehmung statistischer Aufgaben betraut wäre. Vielmehr verfügt fast jedes größere Ministerium über einen eigenen statistischen Zweig. Das Aufgabenspektrum dieser verselbständigten Teilbehörden erstreckt sich auf spezifische Programmevaluationen (sog. program statistics), aber auch umfangreiche programmunabhängige Statistik (sog. general purpose statistics)60. Als Beispiel für statistical agencies wären zu nennen: das "Bureau of Census", welches formal dem Handelsministerium zugeordnet ist 61 , das "Office of Research and Statistics" (Sozialverwaltung), das "National Center for Health Statistics" (Gesundheitsverwaltung) 62 sowie z. B. ,das "Center of Education Statistics" (Sozialverwaltung), das "Bureau of Labor Statistics" (Arbeitsministerium) und das Bureau of "Economic Analysis" (Handelsministerium). Eine herausragende Stellung unter den statistischen Behörden nimmt das traditionsreiche "Bureau of Census"63 ein, welches am ehesten mit dem bundesrepubli60 Dazu Jabine, Thomas B. / Scheuren, Fritz, Statistical Uses of Administrative Records in the United States: Where Are We and Where Are We Going?, paper presented at the International Symposium on Statistical Uses of Administrative Data, Ottawa, Ontario, November 23-25, 1987,7. 61 Kritisch zu der Anbindung dieses wichtigsten statistischen Amtes an eine Behörde, die Aufgabe der Eingriffsverwaltung wahrnimmt, Duncan, Joseph, W., Discussion, in: American Statistical Association, 1983 Proceedings of the Seetion of Survey Research Methods, Washington D.C. 1983, 611, 613; Zarejsky, David / Chemerinsky, Erwin / Loewinsohn, Alan S., Government Statistics: the Case for Independent Regulation A New Legislative Proposal, 59 Texas Law Review 1223 (1981). 62 Auf diese drei Behörden konzentriert sich die Untersuchung von Flaherty, David H., Privacy and Government Data Banks - An International Perspective, London / Can. 1979, 247 ff.
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5. Kapitel: Der Zugang zu Mikrodaten
kanischen statistischen Bundesamt verglichen werden könnte. Seit 1790 ist dieses Amt für die Durchführung der im 10-Jahres-Rhythmus in der Verfassung vorgeschriebenen Volkszählung verantwortlich 64. Daneben führt das Bureau jährlich ca. 250 Stichprobenuntersuchungen durch, deren wichtigste die monatliche "Current Population Survey" (CPS) ist. Diese "größte sozialwissenschaftliche Untersuchung dieser Art in der Welt" 65 produziert monatlich Informationen über Arbeitslosigkeit und andere Entwicklungen aus dem Bereich der Arbeits- und Lebenswelt. Das Amt spielt ferner eine wichtige Rolle als Serviceinstitution für andere Teile des statistischen Systems, in dem es seinen besonders trainierten Mitarbeiterstab 66 auch für Stichprobenbefragungen anderer Behörden zur Verfügung stellt. Das Bureau of Census bezieht seine Daten keineswegs nur aus eigenen Erhebungen. Häufig werden Informationen aus anderen Verwaltungsinformationssystemen gewonnen 67. Das gesetzliche Instrumentarium dafür ist vorhanden. Der Privacy Act nimmt Übermittlungen von personenbezogenen Informationen an das Bureau of Census ausdrücklich von dem Einwilligungserfordernis aus 68. Auch der Tax Reform Act, der das Steuergeheimnis normiert, läßt Übermittlungen von Steuerdaten an das Bureau of Census ZU 69 •
2. Gesetzliche Regelungen des Statistikgeheimnisses Ebenso zersplittert wie die Organisation des statistischen Systems sind auch die gesetzlichen Vorschriften, die die Vertraulichkeit statistischer Einzelangaben schützen sollen. Jede der statistischen Behörden verfügt über eine eigene mehr oder weniger stark ausgestaltete Geheimhaltungsvorschrift.
63 Zur Geschichte Eckler, A. Ross, The Bureau of Census, New York Washington London 1972. 64 Art. 1 Abs. 3 Satz 2 der Const.; vgI. ferner 13 U.S.C. §§ 141 ff.; zur Zulässigkeit von Volkszählungsfragen, die Arbeitsstelle, Gesundheit und soziale Angelegenheiten betreffen, U.S. v. Little, 321 F.Supp. 388 (D.C. DeI. 1971). 65 Flaherty, (Fn. 62), S. 247. 66 Das Bureau beschäftigt 4000 Mitarbeiter; zu den Serviceleistungen des Bureaus für andere statistische Behörden Alexander, Lois / Jabine, Thomas, Access to Social Security Files for Research and Statistical Purposes, 8 Review of Public Data Use 203 (1980),211; Miller, Arthur, the Assault on Privacy, Ann Arbor 1971, 140 ff. 67 Dazu Cartwright, David W. / Armknecht, Paul A., Statistical Uses of Administrative Records, 8 Review of Public Data Use 13 (1980), 17; es gibt auch Überlegungen, Befragungen bis hin zu der in der Verfassung vorgesehenen Volkszählung durch Auswertung von Verwaltungsakten zu ersetzen; vgI. Jabine / Scheuren, Statistical Uses of Administrative Records in the United States: Where Are We and Where Are We Going?, (Fn.60). 68 5 U.S.c. § 552a (b) (4). 69 26 U.S.c. § 6103 U).
III. Der Zugang zu Mikrodaten im amerikanischen Recht
a) Bureau
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0/ Census: Das Statistikgeheimnis
aa) Gesetzliche Regelung und Rechtsprechung Auch hinsichtlich der Vertraulichkeit statistischer Einzelangaben nimmt das Bureau of Census eine Sonderstellung ein. Das Statistikgeheimnis schreibt unmißverständlich vor, daß Informationen im Bereich des Bureaus of Census nur für statistische Zwecke genutzt werden dürfen, daß personenbezogene Informationen nur anonym publiziert werden dürfen und daß allein auf das Statistikgeheimnis eingeschworene Bedienstete Zugang zu den personenbezogenen Informationen haben dürfen 70. Durchschriften von Antwortbögen aus Volkszählungen, die beim Befragten verbleiben, sind "immun" und dürfen weder beschlagnahmt noch als Beweismittel in administrative oder gerichtliche Verfahren eingeführt werden 7!. Verstöße gegen diese Vorschriften können strafrechtlichen und schadensersatzrechtliche Folgen in Verbindung mit dem Privacy Act haben 73 • Die Rigorosität der für das Bureau of Census geltenden Geheimhaltungsvorschrift ist einmalig und gilt im statistischen "environment" der USA als vorbildlich 74. Auch im geschichtlichen Rückblick hat es sich bewährt. Das Amt hat bisher selbst unter erheblichem Druck allen Versuchen widerstanden, individualisierte Einzelangaben für administrative Zwecke zu nutzen. Im Zweiten Weltkrieg wurde etwa versucht, das Bureau of .Census zur Preisgabe von Namen und Adressen amerikanischer Staatsangehöriger japanischer Herkunft zu zwingen, da diesen eine illoyale Haltung unterstellt wurde. Sie sollten deshalb in Lagern zusammengefaßt und unter Aufsicht gestellt werden 75 • Der Schutz der Census-Daten wird durch Gerichtsentscheidungen komplettiert, die die strikte Haltung des Bureaus in allen Fällen bestätigt haben 76 • Versuche, 70 71
13 U.S.C. § 9 (a). § 9 (a), Satz 2 und 3; eingeführt durch ein Gesetz im Jahre 1962 (Publ.L. 87 -813,
76 Stat. 922) als Antwort auf die Supreme Court Entscheidung St. Regis Paper Co. v. U.S., 368 U.S. 208 (1961), in der das Gericht Durchschriften von Census - Bögen für beschlagnahmefähig hielt (insbes. 218). 72 Vgl. 13 U.S.C. § 214. 73 Dazu 3. Kapitel, sub III. 2. d. bb. 74 Vgl. Confidentiality of Statistical and Research Data, 1977 Statistical Reporter 115, 122 ff. 75 Vgl. zu diesem Fall sowie anderen Versuchen der Administration, das Bureau zur Preisgabe von Informationen zu bewegen, Barabba, Vincent, The Right of Privacy and the Need to Understand, in: Dalenius I Klevmarken (Ed.), Proceedings of a Symposium on Personal Integrity and the Need for Data in the Social Sciences held at Hässelby Slott, Stockholm, March 15-17, 1976,89,93-95; vgl. ferner Eckler, (Fn. 63), 68 sowie Peterson, William, The Protection of Privacy in the United States Census, in: Bulmer, Martin (Ed.), Census, Surveys and Privacy, New York 1979, 176, 182. 76 Vgl. Baldridge v. Shapiro, 455 U.S. 345, 102 S.Ct. 1103,71 L.Ed. 2d 199 (1982); Carey v. Klutznick, 653 F.2d 732 (2nd Cir. 1981), cert. den. 455 U.S. 999 (1982); McNichols v. Klutznick, 644 F.2d 844 (lOth Cir. 1981) bestätigt durch Baldridge v. Shapiro, ebend,a; U.S. v. Becton, Dickinson & Co. 210 F.Supp. 889 (D.C.N.J. 1963).
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5. Kapitel: Der Zugang zu Mikrodaten
individualisierte Daten als Beweismittel in Rechtsstreitigkeiten 77 einzuführen, sind danach ebenso gescheitert wie der Versuch, solche Daten über einen FOIA Antrag zu erhalten 78 • Die Geheimhaltungsvorschrift des Bureaus of Census gilt als typisches Beispiel für ein besonderes Geheimhaltungsgesetz im Sinne der 3. Ausnahme des FOIAs, welches die durch sie geschützten Informationen dem Öffentlichkeitsprinzip entzieht 79. Die Konsequenzen des Statistikgeheimnisses für den Zugang zu Mikrodaten liegen auf der Hand. Ebenso wie alle anderen "Interessenten" ist auch Forschern der Zugang zu individualisierten Einzelangaben verwehrt. Diese Restriktion wird allerdings im Forschungsbereich nicht selten durch einen "Trick" umgangen, indem Forschern die Möglichkeit eingeräumt wird, ein kurzfristiges Beschäftigungsverhältnis mit dem Bureau of Census zu begründen. Nachdem sie auf das Statistikgeheimnis eingeschworen worden sind, kann ihnen, wie allen anderen Bediensteten des Amtes, Zugang zu den gewünschten personenbezogenen Datensätzen gewährt werden 80. Als Bediensteter des Amtes ist der Forscher bei Geheimnisverletzungen den strafrechtlichen und schadensersatzrechtlichen Sanktionsdrohungen ausgesetzt. bb) Die Praxis des publie data use Die Möglichkeit für Forscher, ein Beschäftigungsverhältnis mit dem Bureau of Census zu begründen, ist nicht das einzige Mittel, das die Folgen der strikten Geheimhaltung herabmildert. Noch wichtiger ist die seit mehr als 25 Jahren verbreitete Praxis, Stichproben (public use sampies) aus Erhebungsdaten zu erstellen und der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Bei der ~inführung des publie data use Anfang der 60er Jahre befand sich das Bureau of Census international in einer Pionierrolle. Ein publie use sample enthält in der Regel eine Stichprobe von Mikrodatensätzen, die beispielsweise aus dem lO-JahresCensus gezogen wird und dann in einer gegen Deanonymisierung geschützten Form auf Magnetband gespeichert, vervielfältigt und zum Kauf angeboten wird. Dabei ist es die erklärte Politik des Bureau of Census, unterschiedliche Nutzertypen nicht zu diskriminieren. Publie use samples sind also keineswegs nur für Forscher zugänglich. Als Begründung für diese Haltung wird angeführt, daß sich Vereinbarungen, die eine Weitergabe der sampies verhindern sollten, nicht be77 Baldridge v. Shapiro, ebenda, 360 ff.; Carey v. Klutzniek, ebenda, 739; McNichols v. Klutznick, ebenda, 845. 78 Baldridge v. Shapiro, ebenda, 352 ff.; Seymour v. Barabba, 559 F.2d 806 (D.C.Cir. 1982). 79 Vgl. auch Flaherty, (Fn. 62), 275 f.; Boruch, Robert F. / Cecil, Joe S., Country Report United States: The Privacy Act of 1974 and the Social Science Need for Access to Data, in: Mochmann / Müller (Eds.), Data Protection and Social-Science Research, 1979, 104, 118. 80 Zu dieser verbreiteten Praxis Flaherty, (Fn. 62), 262.
III. Der Zugang zu Mikrodaten im amerikanischen Recht
203
währt hätten. Außerdem basiere das amerikanische Informationsrecht, wie der FOIA zeige, auf einer generellen Politik der Offenheit 81 • Bei den Anforderungen an die Anonymisierung von public use sampies orientiert man sich ebenfalls an einem Konzept faktischer Anonymisierung 82. Im internationalen Vergleich wurden die Anonymisierungsmaßstäbe gelegentlich als recht großzügig eingeschätzt 83 • Neben der Entfernung aller unmittelbar identifizierenden Angaben werden als ,,harte" Anonymisierungsgrundsätze die 100.000 Personen- und die 100.000 Dollarregel angewandt. D. h. zur Minimierung des Reidentifizierungsrisikos werden detaillierte geographische Angaben, die sich auf einen Ort mit weniger als 100.000 Personen beziehen, sowie Einkommensgrößen, die $ 100.000 übersteigen, nicht berichtet. Alle anderen Reidentifizierungsrisiken werden im Einzelfall unter Abschätzung des allgemein zugänglichen Zusatzwissens sowie unter Einbeziehung des in der Vergangenheit in ähnlichen Fällen gewonnenen Erfahrungschatzes bewertet 84 • In jüngster Zeit scheint sich allerdings im Bereich des Bureau of Census zunehmend eine restriktivere Tendenz bei der Entwicklung und Freigabe von public data use sampies abzuzeichnen. Ein erstes Anzeichen dafür war die Einrichtung eines Prüfungsverfahrens vor der Zulassung von public data use sampies. Seit 1980 bedarf die Freigabe eines Mikrodatenfiles der zustimmenden Entscheidung eines "Microdata Review Panel". Hauptaufgabe dieser Commission 85 ist die Bewertung von Reidentifizierungsrisiken, die auf dem Hintergrund eines gewachsenen Problembewußt-seins offenbar nach größerer Expertise verlangt. Längerfristig angestrebt ist die Herausbildung verläßlicher Maßstäbe für die Abschätzung von Offenbarungsrisiken 86. Wichtiger noch ist die neue Politik des Bureau of Census, keine public data use sampies mehr herauszugeben, die aus einer Zusammenführung von unterschiedlichen Informationsbeständen hervorgegangen sind. Das Bureau hat früher 81 Vgl. Flaherty, (Fn. 62), 273; die ersten public use sampies, die das Bureau of Census zugänglich gemacht hatte, sind trotz entgegenstehenden Vereinbarungen erwiesenermaßen in großer Zahl weitergegeben worden; vgl. Cox, Lawrence H., The Practice of the Bureau of Census with the Disclosure of Anonymized Microdata, in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Nutzung von anonymisierten Einzelangaben aus Daten der amtlichen Statistik: Bedingungen und Möglichkeiten, Stuttgart / Mainz 1987, 26, 29. 82 Vgl. United States, Federal Committee on Statistical Methodology, Subcommittee on Disclosure-Avoidance Techniques, Statistical Policy Working Paper 2, Report on Statistical Disclosure and Disclosure-Avoidance Techniques, Washington, D.C. 1978, 6 ff. 83 Flaherty, (Fn. 62), 272. 84 Cox, (Fn. 81), 31; vgl. ferner Statement by the Bureau of Census, Policies and Proceedures for Avoiding Disclosure in the Release of Statistical Tabulations, in: Federal Committee on Statistical Methodology, Subcommittee on Disclosure Avoidance Techniques, (Fn. 82), 45 ff. 85 Zur Zusammensetzung Cox, (Fn. 81), 31. 86 Dazu Cox, ebenda, 33.
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5. Kapitel: Der Zugang zu Mikrodaten
auch Stichproben entwickelt, die aus Befragungen einerseits und zugelieferten administrativen Informationen andererseits entstanden waren. Derartige aus einer data linkage entstandene Statistiken werden neuerdings nicht mehr als Mikrodatenfile freigegeben, da die Gefahr erkannt worden ist, daß die kooperierende Behörde unter Rückgriff auf ihr Zusatzwissen das sampIe deanonymisiort. Diese neue Politik in Verbindung mit einer allgemeinen Neubewertung von Reidentifizierungsrisiken, zu der die jüngere Diskussion Anlaß gab 87, scheint einer Ausweitung des public data use entgegenzustehen 88 • Die zunehmend restriktivere Haltung des Bureau of Census bei der Entwicklung und Freigabe von public data use sampIes hat in der scientific community neue Überlegungen über die Verbesserung des Zugangs zur amtlichen Statistik in Gang gesetzt 89. b) Das National Center
0/ Health Statistics
Die für den Bereich der medizinischen Forschung wichtigen Gesundheitsstatistiken werden im wesentlichen durch das National Center of Health Statistics (NCHS)90 entwickelt. Die Behörde ist organisatorisch der Gesundheits- und Sozialverwaltung zugehörig. Auch das NCHS verfügt über eine eigene Geheimhaltungsvorschrift und gibt zahlreiche eigene public data use Stichproben, ohne zwischen Nutzem zu unterscheiden, an jedermann heraus 91 • Die für das Center einschlägige Geheimhaltungsvorschrift 92 schreibt vor, daß personenbezogene Informationen, die das NCHS verarbeitet, ohne Einwilligung des Betroffenen zu keinem anderen Zweck als dem ursprünglichen Erhebungszweck genutzt werden dürfen. Die Festschreibung des Prinzips der funktionalen Trennung hat offenbar zu einer effektiven Abschirmung statistischer Gesundheitsdaten geführt 93. Die konsequente Anwendung dieses Prinzips schließt offenbar Zweckentfremdung aus und führt zu Schutzeffekten, die deutlich über die "durchschnittliche" Geheimhaltung personenbezogener Daten durch den Privacy Act 87 Dazu Pearson, Robert W., Researchers' Access to U.S. Federal Statistics, 41ltems 6 (1987); ferner Jabine, Thomas B. / Scheuren, Fritz, Goals for Statistical Uses of Administrative Records: The Next Ten Years, 3 Journal of Business and Economic Statistics 380 (1985). 88 V gl. Scheuren, Fritz, Methodological Issues in Linkage of Multiple Data Bases, in: Department of the Treasury, Intemal Revenue Service, Statistics of Income Division, Record Linkage Techniques 1985, Proceedings of the Workshop on Exact Matching Methodologies, Arlington, Virginia, May 9-10, 1985, 155, 157. 89 Dazu noch unten sub c. 90 Aufgabenbeschreibung in 42 U.S.C. § 242k. 91 Näheres zu Praxis und Umfang des public data use bei Flaherty, (Fn. 62), 282 ff. 92 42 U.S.C. 242m (d). 93 Vgl. Mugge, Robert H., Issues in Protecting Confidentiality in National Health Statistics, in: American Statistical Association, 1983 Proceedings of the Section of Survey Research Methods, Washington D.C. 1983, S. 592; eine Vorschrift, die es dem Minister ermöglichte, sich im Einzelfall von der Geheimhaltungsverpflichtung zu dispensieren, ist Anfang der 60er Jahre gestrichen worden (Mugge, ebenda, 292).
1lI. Der Zugang zu Mikrodaten im amerikanischen Recht
205
hinausgehen 94. Auch ist die Geheimhaltung der Daten nicht durch einen FOIAntrag gefährdet, da die Vorschrift als spezifische Ausnahme im Sinne der 3. Ausnahme des FOIA anerkannt ist 95 • Der Schutz der Vertraulichkeit statistischer Gesundheitsdaten erreicht dadurch eine Sicherheit, die dem des Bureau of Census kaum nachsteht 96 • c) Die Statistics olIncome Division
Die Statistics ofIncome Division (SOl) ist der statistische Zweig der Steuerverwaltung und ist deshalb ebenfalls dem Finanzministerium zugeordnet 97 • Die SOl verfügt über keine eigene Geheimhaltungsvorschrift. Sie partizipiert vielmehr lediglich an dem Schutz personenbezogener Informationen durch das Steuergeheimnis, welches generell die gesamte Steuerverwaltung betrifft 98 • Das Steuergeheimnis stellt Informationen aus Steuererklärungen ("tax return information") unter Geheimnisschutz und erlaubt ihre Offenbarung nur aufgrund ausdrücklich enumerierter Ausnahmetatbestände. Die Veröffentlichung von Steuerdaten ist nur in einer Form zulässig, die mit einem bestimmten Steuerpflichtigen nicht direkt in Verbindung gebracht werden kann und auch nicht einen solchen in anderer Weise indirekt identifiziert 99 • Eine Zweckentfremdung von Steuerdaten über einen FOI-Antrag ist nach inzwischen einhelliger Ansicht ausgeschlossen. Zeitweise war unklar, ob dieses Ergebnis über eine Qualifizierung des Steuergeheimnisses als Spezialgesetz im Sinne der 3. Ausnahme des FOIA oder über die Annahme erreicht würde, das Steuergeheimnis gehe als spätere Gesetzgebung generell den Regeln des FOIAs vor 100 • Der Supreme Court hat die Frage zugunsten der Ansicht entschieden, die den Vorrang des Steuergeheimnisses über die 3. Ausnahme begründet lOl • 94 Unter dem PA kommt das Center ferner in den Genuß einer spezifischen Ausnahme, die es dem Center ermöglicht hat, seine statistischen Dateien von Zugangsrecht, Korrekturrecht sowie von bestimmten Sorgfaltspflichten auszunehmen; vgl. Mugge, ebenda, 492. 95 Vgl. Mugge, ebenda, 493; Flaherty, (Fn. 62), 256. 96 Vgl. auch Alexander, Lois, There Ought to Be a Law, in: American Statistical Association, 1983 Proceedings of the Section on Survey Research Methods, Washington, D.C. 1983,586,588. 97 Zu den Aufgaben Wilson, Robert / DiPaolo, John, Statistics of Income: An Overview, in: Department of the Treasury, Internal Revenue Service, Statistics of Income Division, Statistical Uses of Administrative Records: Recent Research and Present Prospects, Vol. 1, 1984, S. 81 ff. 98 26 U.S.c. § 6103. 99 26 U.S.c. § 6103(b)(2)(B); zur Veröffentlichung tabulierter Daten vgl. § 6108; vgl. auch Benedict, James N. / Lupent, Leslie A., Federal Income Tax Returns - The Tension between Government Access and Confidentiality, 64 Corell Law Review 940 (1979). 100 Vgl. Grasso v. IRS, 785 F.2d 75 (3rd Cir. 1986) einerseits mit Cheek v. IRS, 703 F.2nd 271 (7th Cir. 1983) andererseits. 101 Vgl. Church 0/ Scientology v. IRS, 108 S.Ct. 271 (1987),273
206
5. Kapitel: Der Zugang zu Mikrodaten
Die Einführung des Steuergeheimnisses in das amerikanische Steuerrecht ist noch verhältnismäßig jung und zählt zu jenen Gesetzgebungsereignissen, die ihren Grund in der traumatischen Erfahrung von Watergate hatten 102. Präsident Nixon hatte nämlich versucht, mißliebige politische Gegner unter Nutzung von deren Steuerangaben in der Öffentlichkeit zu diskreditieren 103. Bis Mitte der 70er Jahre war das Steuergeheimnis noch recht schwach ausgeprägt. Traditionell wurden Steuersachen eher als öffentliche Angelegenheit angesehen 104. Die Einführung strengerer Vertraulichkeitsmaßstäbe im Steuerrecht ist teilweise auf heftige Kritik von Forschern gestoßen. Bis zur Implementation der neuen Grundsätze war es offenbar relativ leicht, Mikrodaten aus Steuererklärungen für Forschungszwecke zu nutzen. Insbesondere das bei Forschern beliebte Continous Work History Sampie, in dem Sozial- und Steuerdaten zusammengeführt werden, um umfassend Entwicklungen des Arbeitsmarktes und in der Arbeitswelt zu dokumentieren 105, wird seit Mitte der 70er Jahre infolge des Tax Reform Act für externe Forschung nicht mehr zugänglich gemacht 106. Die Offenbarung dieser Daten sei, so der Haupttenor der Kritik, abrupt beendet worden, ohne daß Forschern Gelegenheit gegeben worden sei, ihre Bedenken in den Gesetzgebungsprozeß einzubringen 107. Trotz der durch den Tax Reform Act induzierten Restriktionen ist der Zugang zu Steuerdaten für Forschungszwecke keineswegs vollständig versperrt. Auch die SOl-Division erstellt public use sampies und macht diese ohne selektive Beschränkungen der Öffentlichkeit zugänglich. Eines der wichtigsten dieser pubUc use sampies ist das tax-model, eine Stichprobe individualisierter Daten aus Steuererklärungen 108. Allerdings scheint sich auch im Bereich der SOl derzeit Der Tax Reform Act ist 1976 in Kraft getreten. Auch die Reform des FOIA im Jahre 1975 sowie der Privacy Act des Jahres 1975 haben viele Impulse aus der Erfahrung mit Watergate bezogen; vgl. u. a. Iustice Department Guide to the Freedom of Information Act, in: U.S. Department of lustice, Office of Legal Policy, Office of Information and Privacy, Freedom of Information Case List, Washington 1988, 343, 346. 104 Vgl. dazu den guten historischen Überblick bei Wilson, Oliver H. / Smith, William J., Jr., Access to Tax Records for Statistical Purposes, in: American Statistica! Association, 1983 Proceedings of the Section on Survey Research Methods, Washington, D.C. 1983, 595 ff. 105 Das sampie wird durch das Office of Research and Statistics (ORS) im Bereich der Socia! Security Administration (SSA) geführt; da es aus einem Abgleich von SSADaten und Steuerdaten entsteht, müssen von dem ORS nicht nur die Vorgaben der eigenen Geheimhaltungsregeln beachtet werden, sondern auch das Steuergeheimnis; vgl. dazu Alexander I Jabine, (Fn. 66),214. 106 Vgl. dazu Buckler, Warren / Smith, Creston, The Continous Work History Sampie (CWHS): Description an Content, in: Department of the Treasury, Interna! Revenue Service, Statistics of Income Division, Statistic Uses of Administrative Records, Recent Research and Present Prospects, Vol. 1, 1984, 205, 213. 107 Boruch I Cecil, Country Report United States: The Privacy Act of 1974 and Social Science Need for Access to Data, in: Mochmann I Müller (Ed.), (Fn. 79), 107. 102 103
III. Der Zugang zu Mikrodaten im amerikanischen Recht
207
eine Neubewertung von Reidentifizierungsrisiken abzuzeichnen. Das tax-modell ist kürzlich durch die Herausnahme bestimmter Datenfelder sowie durch blurringTechniken 109 modifiziert worden, um so neu erkannte Reidentifizierungsrisiken zu eliminieren. Wie schon beim Bureau of Census setzt sich auch im Bereich der SOl eine restriktivere Praxis bei der Herausgabe und Entwicklung von public data use durch IIO. d) Das Office
0/ Research and Statistics
Die letzte wichtige statistische Behörde, auf die hier eingegangen werden soll, ist das Office of Research and Statistics (ORS), welches der dem Gesundheitsund Sozialministerium (HHS) zugehörigen Social Security Administration (SSA) zugeordnet ist. Hinsichtlich der Freigabe von Mikrodaten durch "public use samples" unterscheidet sich die Politik des ORS kaum von der Praxis der vorgenannten Behörden 11I. Allerdings stellt sich das gesetzliche environment für die Arbeit des ORS weniger sicher dar als für die zuvor diskutierten Behörden. Das ORS verfügt nämlich über keine eigene Vertraulichkeitsvorschrift und unterfallt deshalb lediglich den weniger strengen Geheimhaltungsregeln im Bereich der Sozialverwaltung. Nach 42 U.S.C. § 1306 (a) dürfen Informationen, die ein Bediensteter des Department of Health and Human Services (HHS) in Ausübung seines Amtes erfährt, grundsätzlich nicht offenbart werden, es sei denn, eine solche Offenbarung wird ausdrücklich durch ministerielle Richtlinie (regulation) erlaubt. Da der Erlaß von Richtlinien 112, die eine Durchbrechung des Sozialgeheimnisses erlauben, im Ermessen der Administration steht, kann § 42 U.S.c. § 1306 (a) nicht als Vorschrift angesehen werden, die als spezialgesetzliche Regelung im Sinne der 3. Ausnahme des FOIA eine Offenbarung der statistischen Daten verhindern könnte I I3. Personenbezogene statistische Informationsbestände im
108 Dazu Strudler, Michael/ Scheuren, Fritz, Protection of Taxpayer Confidentiality with Respect to the Tax Model, in: Department of Treasury, Intemal Revenue Service, Statistics of Income Division, Statistics of Income and Related Administrative Record Research 1986 - 1987, 1987, 279. 109 Dazu im einzelnen Strudler IScheuren, ebenda. 110 Dieser Eindruck hat sich für den Autor auch in Gesprächen mit Fritz Scheuren und Robert Wilson von der SOl bestätigt. III Vgl. dazu Flaherty, (Fn. 62), 284 ff., der 7 "sampies" aufführt; sowie Alexander I Jabine, (Fn. 66), 203 ff. 112 Als Beispiel solcher Richtlinien könnten genannt werden: 42 C.F.R. § 401.101 ff.; 20 C.F.R. § 401.100 ff. II3 Bis zur Reform des FOIA im Jahre 1974 (dazu oben 2. Kapitel, sub V. 2.) wurde die 3. Ausnahme als ausreichende Grundlage für die Verweigerung des Datenzugangs angesehen. Die Präzisierung der Ausnahme ließ ein solches Verständnis nicht mehr zu; vgl. Alexander I Jabine, (Fn. 66), 213.
208
5. Kapitel: Der Zugang zu Mikrodaten
Bereich des ORS sind mit anderen Worten anfällig für einen FOI-Antrag 114 • Bei der Entscheidung, ob Informationen freizugeben sind, kommt es deshalb entscheidend auf die 6. Ausnahme des FOIA an. Zwar wird hier regelmäßig wegen der erheblichen Sensibilität der Sozialdaten eine Offenbarung nicht in Betracht kommen. Bei einem starken öffentlichen Interesse an der Informationsoffenbarung, dem ein weniger gewichtig bewertetes Integritätsinteresse (z. B. bei geringer Sensibilität von Daten) gegenübersteht, kann eine Abwägung aber durchaus auch zugunsten des Offenbarungsinteresses ausfallen. e) Neue Initiative zur Vereinheitlichung des Geheimnisschutzes: Das Enklavenmodell Die Zersplitterung des amerikanischen statistischen Systems und die damit verbundene Inkongruenz der Geheirnhaltungsvorschriften wird vielfach als unbefriedigend empfunden 115. Die unterschiedliche Rigidität der Geheimhaltungsvorschriften läßt es nicht zu, daß personenbezogene Informationen zwischen den verschiedenen statistischen Behörden ausgetauscht werden können. Einem solchen Austausch steht insbesondere entgegen, daß die statistischen Zweige der Behörden nicht gegen Zugriffe auf ihre Datenbestände durch ihre "Mutter"Behörden geschützt sind 116. Da auf seiten der Behördenstatistiker ein großes Interesse an der Ausweitung der eigenen Analysemöglichkeiten besteht, gab es in der Vergangenheit Bestrebungen, gesetzliche Voraussetzungen für eine leichtere Austauschbarkeit von statistischen Informationen zu schaffen 117. Das "Office of Management and Budget" legte Anfang der 80er Jahre einen Entwurf für eine omnibus confidentiality legislation vor. Die Grundidee dieses VorschliJ,ges bestand darin, durch eine starke und einheitliche GeheimhaItungsgesetzgebung und strikte Festschreibung des Prinzips der funktionalen Trennung ein Umfeld zu garantieren, in dem Daten unter Eingehung minimaler Risiken geteilt werden könnten 118. Zugelassen werden 114 Vgl. Schechter v. Weinberger, 506 F.2d 1275 (D.C.Cir. 1974); schon zuvor Stretch v. Weinberger, 495 F.2d 639 (3rd Cir. 1974). 115 Bonnen, Jarnes T., Federal Statistical Coordination Today: A Disaster or a Disgrace?, (Fn. 9); Bonnen, Jarnes T. / Clemence, TheodorG. / Fellegi, IvanP. / Jabine, Thomas B. / Kutscher, Ronald E. / Roberson, Larry K. / Waite, Charles A., Improving the Federal Statistical System: Report of the President's Reorganization Project for the Federal Statistical System, 80 Statistical Reporter 197 (1980). 116 Nur im Fall des Bureaus of Census sowie mit geringfügigen Einschränkungen für das NCHS ist das Prinzip der funktionalen Trennung konsequent realisiert. 117 Zum Folgenden vgl. insbes. die Beiträge unter der Überschrift "Disclosure an Confidentiality in the Federal Statistical Environment", in: American Statistical Association, 1983 Proceedings of the Section on Survey Research Methods, Washington D.C. 1983, S. 575 ff. 118 Clark, Cynthia Z. / Coffey, Jerry L., How Many People Can Keep a Secret? Data Interchange within a Decentralized System, in: ebenda, 580 ff.; Alexander, There Ought to Be a Law, in: ebenda, 586 ff.
III. Der Zugang zu Mikrodaten im amerikanischen Recht
209
sollten eine beschränkte Anzahl besonders geschützter statistischer Enklaven ("protected statistical centers"), die allein mit der Befugnis ausgestattet wären, besonders geschützte statistische Informationen ("protected statistical files") zu nutzen. Wäre eine Information einmal Bestandteil eines "protected statistical files" geworden, dürfte sie grundsätzlich nur noch im Kreis der "protected statistical centers" übermittelt werden. Ein administrativer Zugriff auf die Informationen, die nur in den Enklaven zirkulieren dürfen, wäre unzulässig l19 . Der Vorteil eines solchen Konzepts im Hinblick auf die Verbesserung der Analysemöglichkeiten im Bereich der Behördenstatistik liegt auf der Hand. Unter dem Schutz einer strengen Abschottung durch rigide Geheimhaltungsvorschriften könnten Daten zusammengeführt werden, die bisher in den meisten statistischen Behörden (mit Ausnahme des Bureau ofCensus) nicht zugänglich waren. Fraglich ist allerdings, ob davon auch Forscher profitieren können, die außerhalb der Administration stehen. Besondere Überlegungen hierzu sind offenbar nicht angestellt worden. Die notwendige Rigidität der Abschottung spricht aber deutlich gegen eine solche Möglichkeit. Es wäre auch kaum zu erwarten, daß die Zusammenführung unterschiedlicher Datenbestände zu einer signifikanten Ausweitung des public data use führen würde. Mit Blick auf das in den Einzelbehörden vorhandene Zusatzwissen würde die Preisgabe von public data use sampies, die aus zusammengeführten Daten gewonnen wurden, das Prinzip der funktionalen Trennung kompromittieren. Der Vorschlag scheint demnach primär demfederal researcher in einem protected statistical center zu nützen. Das Enklaven-Modell scheint inzwischen trotz starker Anhängerschaft und einer intensiven Debatte ad acta gelegt zu sein 120. Dies hat im wesentlichen seinen Grund darin, daß letztlich Sicherheitsbedenken überwogen. Der Titel von Clark/ Coffey: "Wieviele Menschen können ein Geheimnis bewahren?"121, benennt in Frageform den kritischsten Punkt. In einem extrem dezentralisierten statistischen System steigen auch ohne bösen Willen der Beteiligten mit jeder Offenbarung die Proliferationsgefahren 122. Ein weiteres wichtiges Hindernis lag darin, daß das Interesse an der Realisierung des Enklaven-Modells recht unterschiedlich war. Das NCHS zeigte sich nur mäßig interessiert, da man mit der herrschenden Rechtslage zufrieden war l23 • Im Umfeld des Bureau of Census überwog die Skepsis, da man befürchtete, daß die gute Reputation durch die 119 Clark I Cojfey, ebenda, 583; der Vorschlag sah einige wenige Ausnahmen vor, nämlich die Übermittlung von Informationen zur Ablage im Nationalarchiv, die Offenbarung zur internen Überprüfung der statistischen Programme, Offenbarungen zur Untersuchung von Geheimnisverletzungen und Offenbarungen mit Einwilligung des Betroffenen. 120 Vgl. etwa die resignierenden Nachbemerkungen von Bonnen, James T., Comment, 42 American Statistician 16 (1988), 17. 121 (Fn. 118). 122 Auch in der Tagespresse wurden insofern Befürchtungen geäußert; vgl. Washington Post, Friday, November 25, 1983, S. AlO (,'plan to Share Data Dropped"). 123 Vgl. Mugge, (Fn. 93), 594.
14 Wollenteit
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5. Kapitel: Der Zugang zu Mikrodaten
Verteilung von Census-Daten in einem nicht allein von dem Amt kontrollierten Infonnationsnetzwerk Schaden nehmen könnte. Außerdem sah man in einem statistischen "overgrazing" mögliche Gefahren für die Akzeptanz von Befragungen 124. Die Steuerverwaltung fürchtete eine Beeinträchtigung des Wahrheitsgehaltes von Steuererklärungen, da der Eindruck in der Öffentlichkeit entstehen könnte, daß Steuerdaten nicht sicher gegen Offenbarungen abgeschinnt würden 125.
3. Neue Überlegungen zur Erweiterung des Zugangs zu Mikrodaten für Forschungszwecke Die sich abzeichnende restriktivere Haltung verschiedene statistischer Behörden bei der Freigabe von Mikrodaten in Fonn von allgemein zugänglichen Stichproben hat im Kreis des Committees on National Statistics 126 und im Bereich des Social Science Research Councils Überlegungen zur Verbesserung des Zugangs zu Mikrodaten für Forschungszwecke ausgelöst 127. Seit Mitte 1987 wird über die Realisierung einer umfangreichen Panelstudie nachgedacht, in der untersucht werden soll, wie das gegenwärtige Niveau des Datenzugangs für externe Forschung erhalten und ggf. sogar ausgebaut werden könnte 128. Die Finanzierung der Studie ist inzwischen gesichert und die Mitglieder des Panels stehen fest. In der Studie soll vor allem das neuerlich dringlich gewordene Problem untersucht werden, wie der Zugang zu Mikrodatenbeständen verbessert werden kann, die aus einer Zusammenführung unterschiedlicher Datenquellen entstanden sind. Diskutiert werden im wesentlichen 3 Modelle. Modell] knüpft an die bereits geübte Praxis des Bureau ofCensus an, Forscher als besonders eingeschworene Angestellte ("special sworn employees") auf Zeit zu kooptieren. Eine Ausweitung dieser Praxis könnte zu einer Steigerung des Zugangs für Forschungszwecke führen. Die Schwäche dieses Modells liegt vor allem darin, daß Datenzugang nur am Ort des Bureau of Census möglich wäre. Modell 2 zielt ebenfalls auf die Ausweitung der Serviceleistungsdimension des Bureau of Census ab. Das bereits vorhandene "Data Resource Center"129
124 Vgl. Kincannon, c.L., Discussion, in: American Statistical Association, (Fn. 93),
609.
125 ebenda. 126 Das Committee ist der einflußreichen Academy of Science zugehörig. 127 Die folgenden Ausführungen basieren im wesentlichen auf einem persönlicheIt Gespräch mit Dr. Miron Straf und Edwin D. GoldjieId vom Committee on National Statistics, das im Februar 1989 geführt wurde, sowie auf unveröffentlichten Materialien, die dem Autor überlassen wurden. 128 Der Forschungsantrag liegt dem Autor vor. 129 Dazu Cavanaugh, Fred, SIPP as an Initiator of a Data Resource Center at the Census Bureau, in: American Statistical Association, Proceedings of the Section on Statistical Computing, Washington, D.C. 1987, 149 ff.
III. Der Zugang zu Mikrodaten im amerikanischen Recht
211
soll danach in den Stand gesetzt werden, unterschiedliche Anfragen von Forschern zu bearbeiten. Die Anfragen könnten auf telekommunikativem Wege übermittelt werden. "Outputs" würden auf ihre Reidentifikationspotentiale überprüft, bevor sie dem Forscher übermittelt würden. Die Schwäche des Ansatzes liegt darin, daß Forscher selbst keine Möglichkeit hätten, auf die Korrellierung und Tabulierung der Mikrodaten (spontan) einzuwirken. Zur Vermeidung dieses Nachteils wurde erwogen, das Modell unter Einschluß einer solchen Möglichkeit zu modifizieren. Danach sollten ausgewählte regionale Zentren des Bureau of Census an verschiedenen Universitäten des Landes eingerichtet werden. Die Einrichtungen wären dergestalt mit dem Bureau of Census vernetzt, daß ein interaktiver Zugang zu den Datenbeständen des Bureaus auf besonders gesicherten Computern 130 möglich würde. Forscher könnten an diesen Orten zunächst unreglementiert mit Mikrodatensätzen arbeiten. In jeder Einrichtung wäre ein Bediensteter des Bureau of Census anwesend, der am Ende über die Freigabe von Mikrodaten entscheidet, indem er outputs auf ihre Reidentifizierungspotentiale überprüft (sog. gatekeeper arrangement). Von manchen wird auch die Möglichkeit gesehen, diesen Vorschlag vollständig als Online-Modell zu verwirklichen 131.
Modell 3 geht den traditionellen Weg über die Einwilligung mit dem Ziel, ein public use sampie aus verschiedenen Datenquellen zu entwickeln. Das Bureau of Census würde danach von den Teilnehmern einer Befragung die Einwilligung zur Freigabe eines public use sampies erbitten, welches aus einer Zusammenführung unterschiedlicher Datenquellen entstanden ist. Die Einwilligung würde die strikte Geheimhaltungsregel, die das Bureau of Census an der Veröffentlichung zusammengeführter Datensätze hindert, überwinden 132. Als entscheidender Vorteil dieses Modells wird angesehen, daß die Freigabe eines public use sampies einen unkomplizierten und kostengünstigen Zugang zu Forschungsdaten ermöglichen könnte. Schwierigkeiten werden vor allem im Bereich des Bureau of Census gesehen, das die Belastung der Bürger durch reguläre Befragungen (reporting burden) bereits für unangemessen hoch hält 133 •
130
dern.
Aufgabe der besonderen Sicherungen wäre es, den Diebstahl der Daten zu verhin-
131 Als Beispiel wird vielfach die Luxembourg Income Study (LIS) angeführt; vgl. Rainwater, Lee / Smeeding, Timothy, The Luxembourg Income Study: The Use of International Telecommunications in Comparative Social Research, 495 The Annals 95 (1988), bes. S. 102 ff. 132 Selbstverständlich enthielte ein solches sampie keine unmittelbar identifizierenden oder sonstige einmalige Merkmale. Bei der Einwilligung müßte darauf hingewiesen werden, daß das Reidentifizierungsrisiko bei der Freigabe zusammengeführter Datenbestände steigt, da die kooperierenden Datenkontributoren über Zusatzwissen verfügen könnten, welches eine Deanonymisierung von Datensätzen zuließe. 133 Vgl. auch bereits Miller, Arthur R., The Aussault on Privacy, (Fn. 65), 140 ff.
14*
212
5. Kapitel: Der Zugang zu Mikrodaten
Es gibt Anhaltspunkte dafür, daß das Bureau of Census trotz der genannten Bedenken der Einwilligungslösung eine begrenzte Chance geben will. Im Jahre 1988 wurde ein Pilotversuch für das Einwilligungsverfahren im Zusammenhang mit einer Routinebefragung ins Auge gefaßt 134. Es wird auch mit Lösungen nach Modell 2 experimentiert. Im Jahre 1988 sind Vereinbarungen zwischen dem Bureau of Census und einem Harvard-Forscher getroffen worden, die die Nutzung von nicht öffentlichen Mikrodaten auf einem Kleincomputer in einer regionalen Einrichtung des Bureaus in Boston zuließ 135.
IV. Einige Schlußfolgerungen Die unterschiedliche Zugänglichkeit zu Mikrodaten in den USA und der Bundesrepublik überrascht kaum. Es paßt ins Bild, daß die amerikanischen Tradition auch im Bereich der amtlichen Statistik (durch public data use) stärker den nicht diskriminierenden Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen akzentuiert. Dabei werden Deanonymisierungsrisiken hingenommen, die in der Bundesrepublik als nicht akzeptabel gelten. In der Bundesrepublik hat hingegen das herrschende Verständnis des Statistikgeheimnisses zu einer weitaus gründlicheren Abschottung statistischer Einzeldaten geführt. Neben diesen Unterschieden lassen sich allerdings zur Zeit auch Tendenzen beobachten, die auf eine gewisse Konvergenz der Entwicklungen in beiden Ländern hindeuten. Während in der Bundesrepublik die Diskussion um die selektive Freigabe von Mikrodaten für Forschungszwecke auf der Grundlage von § 16 Abs. 6 BStatG Schubkraft gewinnt, scheint in den USA eine vorsichtigere Praxis im Vordringen befindlich. Die traditionell großzügige Freigabepraxis des public data use wird als Reaktion auf die Neubewertung von Reidentifikationsrisiken zunehmend restriktiver gehandhabt. Trotz dieser Annäherung überwiegen jedoch ohne Zweifel die Differenzen. Es gibt keinerlei Anzeichen für eine tiefgreifende Revision der Politik des "public data use" in den USA. Umgekehrt sind in der Bundesrepublik nicht einmal zaghafte Ansätze zu einer non-selektiven Freigabe von Mikrodaten aus der amtlichen Statistik erkennbar. Diese Unterschiede werden wohl auch in Zukunft erhalten bleiben. Verantwortlieh dafür dürften in erster Linie Akzeptanzprobleme im Tätigkeitsfeld der amtlichen Statistik sein 136. Die Hinnehmbarkeit eines Reidentifzierungsrisikos hängt Über Ergebnisse dieses Versuches liegen dem Autor keine Erkenntnisse vor. Diese Informationen können dem Forschungsantrag entnommen werden, der dem Autor vorliegt. 136 Die Bedeutung des Akzeptanzproblems für die Datenproduktion im Bereich der amtlichen Statistik ist allerdings noch weitgehend unerforscht; vgl. Wagner, Gert. Analysepotentiale und -grenzen der gegewärtigen amtlichen und nichtamtlichen Datenproduk134 135
IV. Einige Schlußfolgerungen
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nicht nur von der Frage ab, ob dem Betroffennen ein Schaden entstehen könnte, sondern auch davon, ob das Risiko die Fähigkeit einer statistischen Behörde beeinträchtigt, in Zukunft Daten zu sammeln 137. Trotz einer durchaus kritischen Diskussion über die datenschutzrechtlichen Gefahren großer personenbezogener Datenmengen 138 werden Datensammlungen zu statistischen Zwecken in der amerikanischen Öffentlichkeit in viel größerem Ausmaß akzeptiert und für notwendig gehalten. Der Schutz der Vertraulichkeit von personenbezogenen Informationen durch die amtliche Statistik wird allgemein als hervorragend wahrgenommen 139. Zu spektakulären Akzeptanzeinbrüchen, wie sie für die Volkszählung 1985 in Schweden sowie 1983 und 1987 in der Bundesrepublik typisch l40 waren, ist es bisher in den USA nicht gekommen. Auch in Bürgerrechtskreisen wird eine funktionsfähige Statistik als ein wichtiger Baustein in der Informationskultur des Landes angesehen. Pläne der ReaganAdministration, statistische Programme zurechtzustutzen 141, trafen daher auf Kritik 142. Im Juli 1989 klagten amerikanische Bürgerrechtsgruppen, denen sich später verschiedene Großstädte anschlossen (z. B. New York und Los Angeles), gegen das Bureau of Census, um dieses zur Durchführung von zusätzlichen Befragungen zur Korrektur möglicher Zählungsfehler (in der Volkszählung 1990) zu zwingen. Die Legitimität der Volkszählung selbst wurde nicht in Frage gestellt. Die Kläger befürchteten vielmehr, daß der Verzicht auf eine post-enumeration survey zur Feststellung von Unterzählungen mit Nachteilen für Minoritätengruppen bei der späteren Alldkation von Finanzmitteln verbunden sein könnte. In einem Vergleich verpflichtete sich das Bureau schließlich, in gewissem Umfang Zusatzbefragungen durchzuführen 143. Auf der Grundlage eines solchen Akzeptanz"überschusses" fällt es leicht, eine vorsichtige aber dennoch relativ großzügige Freigabepolitik zu verfolgen. Die amtliche Statistik in der Bundesrepublik bewegt sich hingegen auf sehr viel tion für einen 'Problemlösungsoperator Sozialwissenschaft', in: Müller / Stachowiak (Hrsg.), Problemlösungsoperator Sozialwissenschaft, Bd. 11, Stuttgart 1987, 41, 103 f. 137 Vgl. Subcommittee on Disclosure Avoidance Techniques, (Fn. 82), 17. 138 Vgl. etwa Miller, Arthur, The Assault on Privacy, Ann Arbor 1971, 141 ff. 139 Vgl. etwa Smith, Robert Ellis, Privacy, New York 1979,98 ff.; Peterson, (Fn. 75), 182. 140 Miller, Manfred, (Fn. 3),49 f., der wegen der Akzeptanzprobleme davon ausgeht, daß die Volkzählung 1987 die letzte ihrer Art war. 141 Dazu Congress of the United States, Senate Hearings 100-603, OMB Proposals for Severe Cuts in the 1990 Census, Hearing Before the Joint Ecenomic Committee, Congress of the United States, l00th Congress, 1st Sess., August 7, 1987, Washington D.C. 1987 142 Vgl. etwa Demac, DonnaA., Liberty Denied, New York 1988, S. 117 f.; American Library Association, Commission on Freedom and Equality of Access to Information, Freedom and Equality of Access to Information, Chicago & London 1986,57. 143 Vgl. zu diesem Verfahren Fienberg, Stephen E., An Adjusted Census in 1990?, 2 Chance: New Directions for Statistics and Computing 23 (1989), wo auch der Wortlaut des Vergleichs abgedruckt ist.
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5. Kapitel: Der Zugang zu Mikrodaten
dünnerem Eis. Man denke nur an die Sensibilität, mit der die bundesrepublikanische Öffentlichkeit auf mögliche und vermeintliche Gefahren des "Erfassungsstaates" im Zusammenhang mit der zurückliegenden Volkszählung reagiert hat. Eine Freigabepolitik, die solche Sensibilitäten ignorieren würde, könnte der Statistik leicht beträchtlichen Schaden zufügen. Es besteht daher wenig Aussicht, zu einer ähnlich großzügigen Praxis bei der Freigabe von Mikrodaten zu gelangen. Trotz dieser Bedenken spricht jedoch einiges dafür, daß es auch in der Bundesrepublik einen begrenzten Raum für die Einrichtung von "public data use" gibt. Die Reidentitizierungsexperimente von Gerhard Paaß u. a. 144 haben ergeben, daß Datenfiles mit niedriger Merkmalsausprägung praktisch gegen Deanonymisierung immun sind. Es sollte daher erwogen werden, ob nicht solche Datenfiles ohne Restriktionen als public use sampies freigegeben werden könnten. Eine Verbesserung der Zugangsmöglichkeiten, die datenschutzrechtlich unter keinem Gesichtspunkt kompromittiert werden könnte, dürfte kaum unkalkulierbare Akzeptanzrisiken aufwerfen. Da Datenfiles mit niedriger Merkmalsausprägung in allen Szenarien auch bei großen Mengen von Zusatzwissen gegen Deanonymisierung resistent waren, gibt es auch keinen Grund, solche Mikrodatensätze exklusiv nur für Wissenschaftler freizugeben. Im Gegenteil: Vielleicht birgt die Erweiterung des Kreises der Zugangsberechtigten die Chance eines Akzeptanzgewinns, da der potentielle Nutzen statistischer Informationsmöglichkeiten stärker ins allgemeine Bewußtsein rücken könnte 145.
144
145
Dazu oben sub 11. 3., Text bei Fn. 41 ff. In diesem Sinne etwa auch Wagner, (Fn. 136),71 f.
6. Kapitel
Der Institutional Review Process: Selbstregulierung und Datenschutz I. Vorbemerkung Eine Erörterung des Zugangs zu administrativen Daten für Forschungszwecke wäre unvollständig, würde man die Wirkungen des institutional review process außer acht lassen. Bei dem institutional review process handelt es sich um ein Kontrollverfahren, das annähernd jedes Forschungsvorhaben im Bereich der Humanforschung durchlaufen muß. Der interessanteste Aspekt dieses Verfahrens liegt darin, daß in den Kontrollkommissionen mehrheitlich Wissenschaftler vertreten sind 1. Die Forderung nach Integration von Formen "partizipativer Selbststeuerung"2 in das Datenzugangsrecht als mögliche Alternative zur Lösung von Zugangskonflikten im Forschungsbereich ist auch in der Bundesrepublik vernehmbar 3 • Das amerikanische Beispiel ist deshalb auch insoweit von Interesse 4 • Die Etablierung 1 Ein ähnliches Verfahren gibt es auch in den Niederlanden; vgl. Bergkarnp, Lucas, Research Ethics Committees and the Regulation of Medical Experimentation with Human Beings in the Netherlands, 7 Medicine and Law 65 (1988). 2 Diesen Begriff gebraucht Lennartz, Hans-Albert, Datenschutz und Wissenschaftsfreiheit, Braunschweig 1989, S. 120. 3 Vgl. etwa Lennartz, ebenda; ferner Berg, Wilfried, Informationelle Selbstbestimmung und Forschungsfreiheit, CR 1988,234 (239 f.); Thesen und deren Erläuterung zu Datenzugang und Datenschutz, in: Kaase I Krupp I Pflanz u. a., Datenzugang und Datenschutz, Konsequenzen für die Forschung, Königstein / Ts. 1980, 281, 289; Greiser, Eberhard, Epidemiologische Forschung und Datenschutzgesetzgebung, in: Überla / Zeiler (Hrsg.), Datenschutz und Wissenschaftsadministration im Gesundheitsbereich, 1983, 38 ff., 42; zur Debatte um "Codes of Ethics" in Deutschland auch unten Fn. 34/35. 4 So auch Bork, Reinhard, Das Verfahren vor den Ethikkommissionen der medizinischen Fachbereiche, Berlin 1984,25 ff.; ders., Ethik-Kommissionen in den USA, NJW 1983, 2056 f.; vgl. auch die Hinweise bei Kilian, Wolfgang, Rechtsgrundlagen der medizinischen Forschung mit Patientendaten, NJW 1984, 1792, 1795 f.; die Bezeichnung der institutional review boards als Ethikkommissionen scheint mir allerdings verfehlt. Unter Ethikkommissionen versteht man in Deutschland auf freiwilliger (nicht gesetzlicher) Basis errichtete Organe ständischer Selbstkontrolle (so auch Bork, Das Verfahren vor den Ethikkommissionen der medizinischen Fachbereiche, (Fn. 4), 33 und 47; vgl. ferner aus medizinischer Sicht Philipp, Michaela, Die Behandlung ärztlich-ethischer Probleme mit Hilfe von Kommissionen, besonders in der medizinischen wissenschaftlichen Forschung, Diss Med. Erlangen-Nürnberg i983, 175 f.). Zwar spielt auch beim
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6. Kapitel: Der Institutional Review Process
eines Mechanismus von Selbstkontrolle durch den amerikanischen Gesetzgeber dokumentiert den großen Einfluß der scientific community auf die Regulierung des Forschungsbereichs s. Am Ausgangspunkt der Regulierungsdebaue, die sich später generell mit der Stellung des Forschungsteilnehmers im Forschungsprozess befaßte, stand die Frage nach der Zulässikeit von Humanexperimenten. Im folgenden sollen zunächst einige Schlüsselereignisse, die für die Regulierungsdebaue in der scientific community und für einige Weichenstellungen von herausragender Bedeutung waren, beleuchtet werden (11.). Im Anschluß daran wird ein Überblick über die Einzelheiten des institutional review process gegeben (III.) und der Einfluß dieser Regeln auf den Zugang zu administrativen Daten untersucht (IV.). Schließlich werden verschiedene Aspekte des Verfahrens kritisch untersucht (V.) sowie einige rechtspolitische Schlußfolgerungen gezogen (VL).
11. Die Regulierungsdebatte in der scientijic community Die Frage nach der Zulässigkeit von Humanexperimenten hat die Weltöffentlichkeit seit dem Bekanntwerden der furchtbaren Menschenversuche der Nationalsozialisten beschäftigt 6 • Eine erste normative Antwort auf die schockierenden Offenbarungen versucht der im Kontext des Ärzteprozesses entstehende ,,Nuremberg Code" (1949)7 zu geben. Als absolut unverzichtbare (absolutely essential) Voraussetzung für die Zulässigkeit von experimenteller Forschung wurde dabei die freiwillige Zustimmung der Betroffenen angesehen. In der "Declaration of Helsinki" (1964) des Weltärztebundes wird das Prinzip der informierten Einwilligung (informed consent) als wichtigstes Kriterium für die Zulässigkeit jeglicher medizinischer Forschung aufgestellt. Zugleich wird der Respekt für die Privatsphäre des Forschungsteilnehmers und der Schutz desselben im Forschungsprozeß als hochrangiges Leitprinzip für den medizinischen Forscher verankert 8 • institutional review process der Gedanke der Selbstkontrolle eine wesentliche Rolle. Das Verfahren ist jedoch durch Gesetz in vieler Hinsicht determiniert, de facto flächendeckend verankert und nicht lediglich auf die Bio-Medizin beschränkt (im einzelnen dazu unten sub 11.). Außerdem gibt es in den USA jenseits des institutional review process in Krankenhäusem Ethik-Kommissionen, die viel mit den deutschen Ethikkommissionen gemeinsam haben, aber mit IRBs nicht verwechselt werden dürfen; vgl. Kanoti, George, Ethics, Medicine and the Law, in: Vevaina / Bone / Kassoff(Ed.), Legal Aspects of Medicine, New York, Berlin 1989, 67 ff.; Sass, Hans Martin, Bioethik in den USA, Berlin / etc. 1988, 72 ff.; zur Terminologie auch Deutsch, Erwin, EthikKommissionen für medizinische Versuche am Menschen: Einrichtung, Funktion, Verfahren, NJW 1981, 614 f.; zum Stand des Einsatzes von Ethikkommissionen in der bundesrepublikanischen Forschung Czwalinna, Joachim, Ethik-Kommissionen, Forschungslegitimation durch Verfahren, Frankfurt a. M. 1987, insbes. 119 ff. 5 Dazu noch unten sub 11. 6 Die Schriftsätze und Kreuzverhöre im Nürnberger Ärzteprozeß sind auszugsweise abgedruckt bei Areen, Judith / King, Patricia A. / Goldberg, Steven / Capron, Alexander Morgan, Law Science and Medicin, Mineola, N.Y. 1984,907 -932. 7 Wiederabgedruckt bei Levine, Robert, Ethics and Regulation of Clinical Research, Baltimore-Munich 1986,285 f.; deutschsprachige Fassung in NJW 1949,377.
11. Die Regulierungsdebatte in der scientific community
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In der amerikanischen Diskussion wurde die Schutzbedürftigkeit des Forschungsteilnehrners durch eine Reihe von Forschungsskandalen noch zusätzlich deutlich 9. Die größten Erschütterungen im Bereich der biomedizinischen Forschung löste die Tuskegee Syphilis Study aus. Seit Beginn der 30er Jahre untersuchte ein Forscherteam im Auftrag des Gesundheitsministeriums den Verlauf von unbehandelter Syphilis unter Schwarzen in einem ländlichen Gebiet des Südens. 400 infizierte Männer sowie eine Kontrollgruppe von 200 gesunden Männern nahmen an der Studie teil. Obwohl seit Anfang der 50er Jahre Penicillin als relativ effizientes Medikament zu Verfügung stand, wurde es den Männern vorenthalten, um das Forschungsvorhaben nicht zu gefährden. Erst nachdem das Experiment im Jahre 1972 durch die Presse bekannt geworden war, wurde die Studie abgebrochen. Zu diesem Zeitpunkt waren wenigstens 28 Männer, wahrscheinlich jedoch mehr als 100 Menschen an Syphilis verstorben 10. Anfragen an die moralische Vertretbarkeit von Forschungsvorhaben beschränkten sich keineswegs auf die experimentelle medizinische Forschung. Empörung lösten auch mehrere Verhaltensstudien der US-Army aus, in denen getestet wurde, wie sich Soldaten in Streßsituationen verhalten. In einem Fall wurde der Absturz einer manövrierunfähig gewordenen und nur noch mit wenig Treibstoff versehenen Militärmaschine simuliert. Den Soldaten wurden mehrere Formulare ausgehändigt, u. a. ein Formular zur Errichtung eines Testaments, ein Fragebogen sowie ein Formular, das als Beleg für eine Art von Lebensversicherung (für Armeeanghörige) dienen sollte. Nach Abschluß der "Schreibarbeiten" landete die Maschine unbeschadet. In einem anderen Fall wurde eine Gruppe von Soldaten mit einem Auftrag in einem Manövergebiet zurückgelassen. Später wurden sie 8 World Medical Association, Declaration of Helsinki: Recommendations Guiding Medical Doctors in Biomedical Research Involving Human Beings, 2 Britisch Medical Journal 177 (1964); wiederabgedruckt in einer revidierten Fassung in deutscher Sprache im Bundesanzeiger, Jahrgang 28 (1976), Nr. 152, S. 3 f.; die neueste Fassung ist abgedruckt bei Giesen, Dieter, International Malpractice Law, Tübingen u. s. w. 1988, S. 731 ff. 9 Medizinische Forscher infizierten z. B. institutionalisierte geisteskranke Kinder, die an einer leichten Form von Gelbsucht litten, mit anderen Hepatitis-Viren. Die Eltern der Kinder hatten dem Experiment zwar zugestimmt, es fehlte aber an der erforderlichen Aufklärung, da über die möglichen Risiken nicht informiert wurde; zu diesem sowie zahlreichen weiteren Fällen der vielbeachtete Aufsatz von Beecher, Henry, Ethics and Clinical Research, 274 New England Journal of Medicine 1354 (1966); vgl. ferner den Aufsehen erregenden Fall Heymann v. Jewish Cronic Disease Hospital, 248 N.Y.S.2nd 245 (Sup.Ct. 1964); 251 N.Y.S.2d 818 (S.C.A.D. 1964); 206 N.E.2d 338 (C.A. 1965), wo Wissenschaftler schwerkranken Patienten des Hospitals virulente Krebszellen injizierten, um Abwehrreaktionen zu erforschen. 10 Vgl. Brandt, Allan M., Racism and Research: The Case of the Tuskegee Syphilis Study, zit: nach Areen / King / Goldberg / Capron, (Fn. 4), S. 937 ff. Die Regierung wurde später auf Schadensersatz in Höhe von 1,8 Milliarden Dollar verklagt. In einem Vergleich verpflichtete sich die Regierung zur Zahlung von $ 37.500 an jeden Überlebenden sowie $ 15.000 an den Nachlaß eines verstorbenen Teilnehmers; vgl. die Hinweise bei Areen / King / Goldberg / Capron, ebenda, 950.
218
6. Kapitel: Der lnstitutional Review Process
von echtem Artilleriefeuer eingekreist. Die Soldaten mußten davon ausgehen, daß ihre Anwesenheit im Zielgebiet des Artilleriefeuers vergessen worden war 11. Auch jenseits von biomedizinischer Forschung und Armeeforschung gerieten Forschungsstrategien ins Zwielicht. Eine heftige Kontroverse löste eine Studie mit dem Titel: "Impersonal Sex in Public Places" aus. Ein Soziologe beobachtete verdeckt über einen längeren Zeitraum die sexuellen Aktivitäten von Homosexuellen in einer öffentlichen Bedürfnisanstalt. Es blieb nicht bei diesem schon für sich genommen zweifelhaften wissenschaftlichen Voyeurismus. Der Wissenschaftler notierte sich darüberhinaus die Autokennzeichen der Betroffenen und suchte sie unter einem Vorwand auf. Ohne daß der Forscher seine vorangegangenen Aktivitäten offenbarte, wurden die Betroffenen interviewt. Über die ethische Fragwürdigkeit dieses Vorgehens herrschte weitgehend Einigkeit l2 • Große Publizität verursachte schließlich das nach dem Namen des verantwortlichen Wissenschaftlers benannte sog. Milgram-Experiment. In einer Versuchsanordnung wurde einer Testperson vorgetäuscht, sie habe für die Disziplinierung eines Schülers in einem Lernzusammenhang zu sorgen. Falsche Antworten waren mit simulierten Stromstößen zunehmender Intensität bis hin zu einer Dosis, die mit einem dreifachen X gekennzeichnet war, zu sanktionieren. Trotz lebensnah vorgetäuschten Schmerzreaktionen des "Schülers" war ein hoher Prozentsatz der Testpersonen bereit, Stromstöße bis hin zu der besonders gekennzeichneten, möglicherweise lethaien Dosis zu verabreichen. Aufkommende Zweifel wurden in vielen Fällen durch die autoritative Anweisung des "Testleiters" zerstreut. Das Milgram-Experiment erbrachte die schockierende Erkenntnis, daß aus Gehorsam viele Menschen bereit sind, im Auftrag autoritativ legitimierter Zwecke anderen Menschen erhebliche Qualen mit nicht auszuschließendem tödlichen Ausgang zuzufügen 13. Das Experiment wurde wegen seiner Folgen für die Teilnehmer von anderen Wissenschaftlern teilweise heftig kritisiert. Die Versuchsteilnehmer seien in unverantwortlicher Weise in eine schwere Konfliktsituation, die erheblichen Streß verursacht habe, gebracht worden 14. Viele hätten nach Bekanntwerden des Zwecks der Studie ihr Verhalten als "Versagen" verarbeitet und mit Schuldgefüh~ len zu kämpfen gehabt l5 • Milgram akzeptierte diese Kritik nicht und stellte auf
11 Beide Fälle sowie einige mehr sind mit weiteren Literaturnachweisen dokumentiert bei Diener, Edward / Crandall, Rick, Ethics in Social and Behavioral Research, Chicago
1978, 5 ff.
12 Vgl. zu dem Fall Katz, Jay, Experimentation with Human Beings, New York 1972, 325 ff., m. w. N. 13 Vgl. Mi/gram, Stanley, Behavioral Study of Obidience, 67 Journal of Abnormal
and Social Psychology 371 (1963). 14 Diese Kritik wird teilweise durch die Schilderung des Experiments von Milgram bestätigt; danach hätten die Teilnehmer teilweise mit extrem nervösen Reaktionen, z. B. mit Schwitzen, Zittern und Stottern reagiert; vgl. Mi/gram, ebenda, 371.
11. Die Regulierungsdebatte in der scientific community
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der Grundlage einer nachfolgenden Befragung die Behauptung auf, keiner der Teilnehmer habe durch das Experiment einen bleibenden Schaden erlitten 16. In der ethischen Bewertung des Versuchs besteht bis heute offenbar ein Dissens 17 • Die anhaltende Diskussion über fragwürdige Forschungsstrategien führte zu einer beachtlichen Sensibilisierung der scientific community für die Lage des Forschungsteilnehmers im Forschungsprozeß. Dabei emanzipiert sich das Problembewußtsein zunehmend von seinem Ausgangspunkt, nämlich den zahlreichen Skandalen in der biomedizinischen Forschung. Im Vordergrund steht nicht mehr allein der Gesichtspunkt, daß Risiken für den Forschungsteilnehmer minimiert werden sollen. Unter Wissenschaftlern gewinnt die Einsicht an Boden, daß Forschungsstrategien, auch wenn sich unmittelbare Risiken physischer oder psychischer Art nicht erkennen lassen, im Hinblick auf die Lebenswelt des Forschungsteilnehmers problematisch sein können. Der Soziologe Edward Shils ruft in diesem Sinne die Zunft der Sozialwissenschaftler auf, durch eine Art scientific self-restraint dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die empirisch gewordene Soziologie in dem Privatbereich der Personen operiert, die sie "beforscht" 18. Mehr noch: Shits sieht in der neuzeitlichen Expansion des Erkenntnisimpulses ein wichtiges Moment, das zur Penetration der Privatsphäre des Menschen beigetragen habe. Ein kognitiver Appetit, der einer Sättigung tendenziell nicht fähig ist, führt nach Shits leicht zu einer Reduktion des Beforschten auf einen bloßen Datenträger, dessen Integritätsinteresse von der wissenschaftlichen Neugier nur noch als störendes Rauschen wahrgenommen wird l9 • Weiteren Zündstoff erhielt die Diskussion um die Verbesserung des Schutzes von Forschungsteilnehmern durch einige spektakuläre Verfahren, in denen versucht wurde, Forscher zur Preisgabe von personenbezogenen Informationen zu zwingen, deren Bekanntwerden den Betroffenen erheblichen Schaden zugefügt hätte. Die Debatte berührte damit wichtige Aspekte des Datenschutzes, wie z. B. das Gebot der Zweckbindung sowie die Forderung nach Geheimhaltung sensibeler personenbezogener Informationen. Eine Untersuchung aus den 70er Jahren belegte, daß eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Forschern, häufig Kriminolo15 Vgl. Baumrind, Diana, Some Thoughts on Ethics of Research: After Reading Milgram's "Behavioral Study of Obedience", 19 American Psychologist 421 (1964); ähnliche Probleme warfen eine Anzahl sog. "entrapment studies" auf. In diesen Studien versuchten Forscher die Stabilität moralischer Orientierungsmuster zu testen, indem Teilnehmer zur Begehung strafbarer Handlungen (z. B. Fundunterschlagungen) durch die künstliche Installierung verführerischer Situationen (z. B. herumliegende hohe Geldbeträge etc.) motiviert wurden; zu diesen Studien Diener I Crandall, (Fn. 11), 19 ff. 16 Mi/gram, Stanley, Issues in the Study of Obidience: A Reply to Baumrind, 19 American Psychologist 848 (1964). 17 Vgl. zur Debatte Diener I Crandall, (Fn. 11),28 ff. 18 Vgl. Shi/s, Edward, Privacy and Power, in: ders. (Ed.), Center and Periphery, Chicago/London 1975,317 (330). 19 Ebenda, 330 ff.
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6. Kapitel: Der lnstitutional Review Process
gen, von einer sog. "subpoena" bedroht worden waren 20 • Eine subpoena ist ein straf- oder zivilprozessuales Mittel, mit dem unter Androhung von Zwangsmaßnahmen die Vorlage von Beweismitttein oder eine Aussage erzwungen werden S01l21. Ins Visier des FBI geriet etwa das renommierte Kinsey Institut, welches im Zuge einer Studie über das zeitgenössische Sexualverhalten eine Person interviewt hatte, die später eines Sittlichkeitsverbrechens beschuldigt wurde. Die Strafverfolgungsbehörden erhofften sich von der Einsicht in die Forschungsunterlagen mögliche Hinweise auf eine Täterschaft des Verdächtigten. Erst nachdem das Institut angedroht hatte, ihre sämtlichen Unterlagen zu vernichten, falls es zu einer subpoena käme, ließen die Strafverfolgungsbehörden von ihrem Vorhaben ab 22 • Das größte Aufsehen erregte der Fall des Harvard-Historikers Samuel Popkin 23. Popkin hatte über den Pentagon-Paper 24 -Fall geforscht und dabei verschiedene Verwaltungsbeamte interviewt, die als mögliche Beteiligte an der (rechtswidrigen) Veröffentlichung der Papiere in Betracht kamen. Im Zuge eines Strafverfahrens, das die illegale Veröffentlichung der Papiere zum Gegenstand hatte, weigerte er sich u. a., die Namen seiner Gesprächspartner bekannt zu geben. Daraufhin wurde er wegen "contempt of court" (für 8 Tage) in Zwangshaft genommen 25 • Verschiedene andere Forschungsvorhaben, z. B. eine Studie des ,,American Council on Education" über die Studentenunruhen in den 60er Jahren 26, das 20 Vgl. Knerr, Charles R. / Carroll, James D., Confidentiality and Criminological Research: The Evolving Body of Law, 69 Journal of Criminal Law and Criminolo~y 311 (1978), wonach in 22 Fällen Forscher mit einer "subpoena" bedroht worden seien. In 6 Fällen kam es zu Zwangsmaßnahmen wegen "contempt of court". In 3 Fällen kam es zur Verhängung von Zwangshaft (312). Die Zahl der angedrohten Zwangsmaßnahmen dürfte sich inzwischen, wie durch mehrere neuere Entscheidungen belegt wird (dazu im einzelnen bereits oben, 4. Kapitel), erheblich erhöht haben. 0' Neill, Robert M., Scientific Research and the First Amendment: An Academic Privilege, 16 U.c. Davis Law Review 837 (1983), S. 842 nennt für den lO-Jahres-Zeitraum bis 1976 eine Zahl von 50 subpoenas. 21 Im einzelnen bereits oben 4. Kapitel. 22 Der Fall ist mit Nachweisen dokumentiert bei Diener / Crandall, (Fn. 11), 70. 23 United States v. Doe (Appeal 0/ Samuel Popkin), 460 F.2d 328 (1st Cir. 1972), cert. den. 411 U.S. 909 (1973). 24 Durch die Veröffentlichung dieser geheimen Papiere aus dem Verteidigungsministerium im Jahre 1971 geriet die amerikanische Kriegsführungsstrategie in Vietnam von dem provozierten Beginn bis zur militärisch sinnlosen Bombardierung Nordvietnams ins Zwielicht; vgl. Ungar, Sanford, The Papers & The Papers, An Account of the Legal Battle over the Pentagon Papers, New York 1972. 25 Popkin war nicht der einzige Wissenschaftler, der im Zusammenhang mit der Pentagon-Paper-Affäre Zwangsmaßnahmen ausgesetzt war. Betroffen waren ferner Noam Chomsky (Linguist, MIT), Richard Falk (Prof. für internationales Recht, Princeton), Leonard Rodberg und Ralph Stevens (Institute für Policy Studies); guter Überblick bei Tyler, Robert M. / Kaufmann, Doris, The Public Scholar and the First Amendment, 40 George Washington Law Review 995 (1972), insbes. S. 995, Fn. 1; vgl ferner United States v. John Doe 332 F.Supp. 930 (D.Mass 1971); U.S. v. Doe 332 F.Supp. 938 (D.Mass 1971).
11. Die Regulierungsdebatte in der scientific community
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negative income-tax experiment, in dem alternative Formen der Gewährung von Sozialleistungen in einer Forschungsstudie getestet werden sollten 27, sowie das Woodlawn-Project, welches sich mit den internen Strukturen von Jugendbanden befaßte 28 , waren Sanktionen- oder Sanktionsdrohungen ausgesetzt, die in einem Fall (Woodlawn-Project) die Arbeit der Forscher nicht nur erheblich erschwerten, sondern sogar zum Abbruch des Vorhabens zwangen. Diese Schwierigkeiten gepaart mit der durch andere Untersuchungen belegten Befürchtung, daß die Akzeptanz von Befragungen in der Bevölkerung abnahm 29, verlangten nach neuen Überlegungen, wie die Vertraulichkeit (confidentiality) von Forschungsdaten gewährleistet werden könnte. Sie mündeten in die auf das vorhandene Recht gestützte oder rechtspolitisch begründete Forderung nach Etablierung eines Forschungsgeheimnisses 30 sowie in die pragmatische Suche nach dem möglichen Eigenbeitrag der Wissenschaft zur Lösung des confidentiality-Problems 31 •
Die mannigfaltigen Gefahren nicht nur für die Privatsphäre von Forschungsteilnehmern, sondern auch für das Forschungsklima führte zu einem praktisch bedeutsamen Einstellungswandel in der scientific community. Der Gedanke der Kooperation wird stärker im Bereich der Forschung mit human subjects akzentuiert. In Codes 01 Ethics, die sich zahlreiche professionelle Organisationen von Wissenschaftlern zulegten 32, wird der Grundsatz festgeschrieben, daß Forscher die Privatsphäre der Beforschten zu respektieren haben. Wissenschaftliche Interessen sollen sich nicht mehr ohne weiteres über den Willen der Betroffenen hinwegsetzen können. Forscher verpflichten sich ferner, Forschungsteilnehmer gegen informationelle "Angriffe" durch Dritte abzuschirmen. Eine bis heute gültige Regel der American Political Science Association fordert von den Mitgliedern dieser 26 Walsh, John, ACE Study on Campus Unrest: Questions for Behavioral Scientists, 165 Science 157 (1969) sowie Coburn, Judith, Confidentiality is Not the On1y Issue Causing Unrest among Student Critics of the Effort to Study Student Protests, 165 Science 160 (1960). 27 Dazu Kershew, David N. / SmalI, Joseph S., Data Confidentiality and Privacy: Lessons from the New Jersey Negative Income Tax Experiment, 20 Public Policy 257 (1972). 28 Dazu Boruch, Robert / Dennis, Michael / Cecil, Joe, Fifty Years of Empirical Research on Privacy, Report No: A-365 Draft, Prepared for Jointly Sponsered Symposium on Empirical Research on Ethics, University of Nebraska Applied Ethics Program and Law / Psycho10gy Program, and the American Psychological Association, Lincoln, Nebraska, March 1986, S. 27 f. 29 Vgl. American Statistical Association, Is the Public Acceptibility of Social Survey Declining (1974), in: Bulmer, Matin(Ed.), Censuses, Surveys and Privacy, New York 1979, S. 112 ff., 118; National Research Council, Panel on Privacy and Confidentiality as Factors in Survey Response, Washington D.C. 1979. 30 Dazu bereits oben 4. Kapitel. 31 Dazu unten Text bei Fn. 40-43. 32 Vgl. dazu Bowers, Robert T. / DeGasparis, Priscilla, Ethics in Social Research 1978,70 ff.; Boruch, Robert F. / Cordray, David S., Professional Codes and Guidelines in Data Sharing, in: Fienberg I Martin I Straf, Sharing Research Data, Washington, D.C. 1985, 199 ff.
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6. Kapitel: Der Institutional Review Process
Organisation den Schutz der Anonymität von Forschungsteilnehmern bis hin zur Leistung von zivilem Ungehorsam für den Fall, daß der Staat oder ein anderer Interessent die Preisgabe von personenbezogenen Informationen erzwingen will 33. Gelegentlich wurde in der Verankerung von derartigen Schutzkonzepten im Verantwortungsbereich der Wissenschaft oder deren professionellen Organisationen die eigentliche Lösung der ethischen oder datenschutzrechtlichen Probleme im Forschungsbereich gesehen 34. Die Diskussion konnte jedoch nicht bei der Forderung nach Anerkennung der Schutzbedürftigkeit des Forschungsteilnehmers durch "Codes of Ethics" stehen bleiben. Die Schwäche eines Konzepts, welches im Kern auf die Selbsorganisationskräfte der scientific community vertraut, liegt auf der Hand 35. Die Existenz und die Stringenz von Codes 0/ Ethics ist allein vom Willen der Mitglieder einer Wissenschaftlerorganisation abhängig, der nicht einmal alle Forscher angehören müssen. Eine Studie ergab, daß ein Viertel der untersuchten Wissenschaftlerorganisationen keinerlei ethische Regeln aufgestellt hatte. Viele verfügten lediglich über höchst lückenhafte oder wenig explizite Regeln 36. Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß eine adäquate Antwort auf die vielschichtigen Problemlagen, die die Stellung des Forschungsteilnehmers in der Forschung betreffen, auf innerdisziplinärer Ebene nicht nur in den USA, sondern auch international als unangemessen angesehen wurde 37 • Erwartungsgemäß blieb deshalb der Ruf nach staatlicher Regulierung dieses Bereiches inklusiv des Umgangs mit personenbezogenen Informationen in der Forschung nicht aus. Forscher in den USA haben sich keineswegs fundamental gegen solche Überlegungen gewandt, sondern haben sich frühzeitig in die Diskussion mit eigenen Vorschlägen eingebracht, um so einen möglichst großen Einfluß auf die Gestaltung von Regelungskonzepten zu gewinnen 38. Dies ist, wie sich 33 Vgl. Advisory Opinion No. 13 (August 16, 1973), abgedruckt in: Schier, Richard F., A Guide to Professional Ethics in Political Science, Washington, D.C. 1985, S. 8. 34 Vgl. etwa: Panel on Privacy and Behavioral Research, 155 Science 535 (1:967); Überblick über die Diskussion bei Boruch Boruch / Cordray, (Fn. 32),209 f., m. w. N.; aus der deutschsprachigen Lit. vgl. insbesondere die Beiträge in dem Sammelband von Kaase / Krupp / Pflanz u. a., Datenzugang, Datenschutz - Konsequenzen für die Forschung, Königstein/Ts. 1980, von Mangold, Werner, Selbsregulierung der Forschung als Teil des Datenschutzes und Voraussetzung für Datenzugang, S. 243 ff.; Ziegler-Jung, Bärbel, Codes of Ethics und forschungspezifisches Datenschutzgesetz, 248 ff.; Scheueh, Erwin K., Die Weiterentwicklung des Datenschutzes als Problem der Sozialforschung, in: Kaase / Krupp / Pflanz u. a., (Fn. 3), 252 ff. 35 Dazu für viele Simitis, Spiros, Datenzugang, Datenschutz und Wissenschaftsfreiheit, in: Kaase / Krupp / Pflanz u. a., ebenda, 83, 86. 36 Bowers / DeGasparis, (Fn. 32), 79. 37 V gl. z. B. Simitis, Spiros, Data Protection and Research: A Case Study of Control, 29 American Journal of Comparative Law 583(1981), 586 ff. 38 Vgl. etwa Etzioni, Amitai, Regulation on Human Experimentation, 182 Science 1203 (1973); Reynolds, Paul, On the Protection of Human Subjects and Social Science, 24 International Social Science Journal 693 (1972), 718.
11. Die Regulierungsdebatte in der scientific community
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am Beispiel des institutional review process mit seinem Akzent auf Selbskontrolle zeigen läßt, teilweise auch gelungen 39 • Ein weiterer wichtiger Aspekt der privacy-Diskussion in der amerikanischen scientific community muß schließlich noch darin gesehen werden, daß sich frühzeitig in der Literatur ein Problembewußsein herausgebildet hatte, welches jenseits von professioneller Verantwortung in Codes 0/ Ethics und Regulierung von Forschung durch den Staat nach pragmatischen eigenen Schutzkonzepten bezüglich des privacy-Problems im Forschungsbereich fragt. Eine wichtige Pointe des führenden Standardwerks von Boruch / Cecil4(J liegt darin, daß das Methodenarsenal der Wissenschaft auf seine Instrumentalisierbarkeit zum Schutz der Anonymität von Forschungsteilnehmern abgeklopft wird. Die Autoren entwickeln zahlreiche Vorschläge zur Gestaltung des Forschungsprozesses, die mit erstaunlicher Phantasie dem Geheimhaltungsinteresse des Beforschten Rechnung zu tragen suchen. Anonymität kann durch statistische Methoden (Microaggregation, Kontamination, Randomized Response) 41 sowie durch prozedurale Techniken kontrollierter Datenzusammenführung (link-Jile-Systeme)42 gewährleistet werden. Die ausführliche Diskussion der Vor- und Nachteile dieser Ansätze sollen es dem Forscher ermöglichen, die Praktikabilität der Methoden im Hinblick auf das eigene Forschungsvorhaben abzuschätzen. Datenschutz wird so als ein Problem aufgefaßt, das bereits in der Phase des Forschungsdesigns Berücksichtigung finden sollte 43 • Das intensive Nachdenken über wissenschaftsimmanente Strategien indiziert, daß sich die Wissenschaft auf dem Hintergrund des gewachsenen Problemdrucks 39 Daß die Etablierung des institutional review process auf Vorstellungen aufbaut, die in der scientific community favorisiert wurden, arbeitet Dalglish, Thomas Killin, Protecting Human Subjects in Social and Behavioral Research: Ethics, Law and DHEW Rules: A Critique, Berkeley 1976, 28, heraus; vgl. ferner die vorgenannten Autoren. 4(J Boruch, Robert F. / Cecil, Joe S., Assuring the Confidentiality of Social Research Data, 1979. 41 Im einzelnen Boruch / Cecil, ebenda, 127 -173. 42 Ebenda, 93-126; ferner Steinberg, Joseph, Social Research Use of Archival Records: Procedural Solutions to Privacy Problems, in: Boruch / Cecil (Ed.), Solutions to Ethical and Legal Problems in Social Research, New York / etc. 1983, 249; bei Techniken kontrollierter Datenzusarnmenführung wird in der Regel einen Datentreuhänder eingeschaltet; ein Modell wird unten vorgestellt (vgl. bei Fn. 45); für private Forschungseinrichtungen wird neuerdings ein link-file System vom BDSG vorgeschrieben (vgl. § 40 Abs. 3 BDSG). Das Modell bietet wegen des Verzichts auf die Einschaltung eines Treuhänders naturgemäß nur eingeschränkten Schutz. 43 Gelegentlich stößt man auf die Forderung nach Einbeziehung der Methodenentwicklung und Methodenlehre auch in Deutschland; vgl. Martin-Ballhoff, Arnhild, Die Offenbarung von Sozialdaten für Zwecke der Forschung oder Ausbildung - Ein regelungsbedürftiges Problem?, in: Frommann / Mörsberger / Schellhorn (Hrsg.), Sozialdatenschutz, Positionen, Diskussionen, Resultate, Franfurt / a. M. 1985, 148, 154; für den Einsatz von Datentreuhändern insbesondere Müller, Paul J., Datentreuhänder: Ein Plädoyer für eine volle Ausschöpfung von Datenschutzmaßnahmen, in: Kaase / Krupp / Pflanz u. a. (Fn. 34), 225 ff.
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6. Kapitel: Der lnstitutional Review Process
nicht auf gesetzgeberische Lösungen verlassen wollte. Es wurden Modelle entworfen, die trotz Fehlens verläßlicher Geheimhaltungsbestimmungen 44 die Anonymität von Forschungsdaten im Konfliktfall (z. B. bei Zugriffsversuchen der Strafverfolgungsbehörden) sichern und zugleich die Aufrechterhaltung des Personenbezuges nicht beeinträchtigen sollen 45 • So wurde etwa zum Schutz brisanter personenbezogener Forschungsdaten der Aufbau eines link-file-Systems bestehend aus 3 Dateien vorgeschlagen. Dabei enthält eine Datei nur die Forschungsdaten, die zweite nur die Identifikatoren und die dritte schließlich den Schlüssel, mit dessen Hilfe eine Zusammenführung der ersten beiden Daten erst ermöglicht wird 46. Die "Schlüsseldatei" wird durch einen Datentreuhänder verwaltet. Zur Perfektionierung des Schutzes kann dieser seinen Sitz im Ausland haben, und zwar an einem Ort, an dem ein Beschlagnahmeversuch wegen des Fehlens eines Rechtshilfeabkommens erfolglos bliebe. Um die mittelbare Erzwingung der Datenoffenbarung über eine an den verantwortlichen Wissenschaftler gerichtete "subpoena" auszuschließen, wird schließlich daran gedacht, noch einen Vertrag abzuschließen, der die Zugriffsmöglichkeiten des Forschers auf die Schlüsseldatei im ,,Ernstfall" ausschließt 47 • Vergleicht man die Diskussion in den USA mit der in der Bundesrepublik so fallen einige bemerkenswerte Unterschiede auf. Die Debatte um den Schutz der Privatsphäre von Forschungsteilnehmern hat in den USA wesentliche Impulse aus der Wissenschaft selbst erhalten. Die Kontroverse um die ethische Vertretbarkeit von Humanexperimenten hatte dabei den Blick für die Herausforderungen der modemen Datenschutzproblematik frühzeitig geschärft. Wenn auch der Einfluß von Wissenschaftlern auf die Datenschutzgesetzgebung der 70er Jahre insgesamt eher als gering einzuschätzen ist 48 , muß anderseits konstatiert werden, daß es ihr gelungen ist, mit der Etablierung des institutional review process ihre Vorstellung von Forschungsregulierung in der Praxis zu verankern. Bemerkenswert ist schließlich, daß sich Wissenschaftler stärker mit den eigenen Möglichkeiten befassen, dem Geheimhaltungsinteresse des Forschungsteilnehmers durch Einsatz des Methodenarsenals Rechnung zu tragen. Demgegenüber nimmt die Diskussion über die Stellung des Forschungsteilnemers im Forschungsprozess in der Bundesrepublik einen anderen Verlauf. Zwar Dazu im einzelnen bereits oben im 4. Kapitel. Zum folgenden Nejelski, Paul / Lerman, Lindsey Miller, A Researcher-Subject Testimonial Privilege: What to Do Before the Subpoena Arrives, 1971 Wisconsin Law Review 1085, 1097, Fn. 37; ferner Teitelbaum, Lee E., Spurious, Tractable and Intractable Legal Problems: A Positivist Approach to Law and Social Science Research, in: Boruch I Cecil (Ed.), (Fn. 42), 11, 26. 46 Zur Anwendung eines solchen Systems bei der ACE Studie vgl. Walsh, (Fn. 26), 158 f. 47 Vgl. Nejelski I Lerman, (Fn. 45), 1097. 48 Weder der FOIA noch der PA enthalten Regeln, die den Datenzugang für Forschungszwecke explizit thematisieren; vgl. dazu ausführlich die Ausführungen im 2. Kapitel, insbesondere sub VII., sowie im 3. Kapitel, sub III. 3. 44 45
ill. Grundzüge des institutional review process
225
gab es auch in der Bundesrepublik eine durchaus breite Debatte über die Zulässigkeit von Humanexperimenten 49 • Es fehlte aber an dem evolutionären Moment eines kontinuierlichen Diskussionszusammenhangs, der frühzeitig zu einer angemessenen Erkenntnis der Datenschutzproblematik hätte führen können. Codes 0/ Ethics sind in der Bundesrepublik unter Forschern bis heute weitgehend unbekannt. Es fehlen ferner produktive Auseinandersetzungen mit den Möglichkeiten des wissenschaftlichen Methodenarsenals, die ein den Schriften amerikanischer Autoren vergleichbares Problembewußtsein erkennen ließen und die durch einen USA-spezifischen Problemdruck induziert wurden. Insgesamt kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, daß die Wissenschaft auf die Herausforderungen des Datenschutzes in der Bundesrepublik weitgehend unvorbereitet reagiert hat 50. Die Schärfe mancher Stellungnahme rührt vermutlich daher, daß man sich auf dem Hintergrund des eigenen unausgebildeten Problernhorizonts von der Datenschutzproblematik "überrollt" fühlte.
111. Grundzüge des institutional review process Der Gedanke einer Kontrolle der Forschung durch sog. institutional review boards wird erstmalig praktisch relevant im Bereich der biomedizinischen Forschung. Im Jahre 1966 werden vom "U.S. Public Health Service" Richtlinien für die Forschungsförderung erlassen, die vorschreiben, daß alle Institutionen, die Förderungsmittel des Gesundheitsministeriums erhalten, Kommissionen zur Überprüfung von Forschungsvorhaben einrichten müssen 51. Die Richtlinien reagieren zunächst auf die angesprochenen Forschungsskandale, die einen erheblichen Bedarf nach Regulierung experimenteller Forschung deutlich werden lies. Die eigentliche Geburtsstunde des institutional review process wird durch die Verabschiedung des "National Research Act"52 im Jahre 1974 markiert. Infolge dieses Gesetzes werden für den gesamten Bereich der Gesundheits- und Sozialver49 Vgl. dazu die Kommentierung und Literaturnachweise bei Heimchen, Hanfried/ Böckle, Franz / Eser, Albin, zum Stichwort Humanexperimente / Heilversuche, in: Eser / von Lutteroti u. a., Lexikon, Medizin, Ethik, Freiburg etc. 1989,487 ff. sowie die Nachweise bei Laufs, Adolf, Der ärztliche Heilauftrag aus juristischer Sicht, Heide1berg 1989, S. 17, Fn. 25; auch jüngst Keller, Rolf, Das Recht und die medizinische Forschung,
MedR 1991, 11. 50 Die erste und einzige Stellungnahme, die schon vor Verabschiedung des BDSG auf den Konflikt von Datenschutz und Forschungsinteressen aufmerksam machte, stammte aus der Feder eines Juristen; vgl. Dammann, Ulrich, Demokratie und Forschungsfreiheit, Konsequenzen und Probleme des Entwurfes eines Bundesdatenschutzgesetzes, DVR 1975/76,201. 51 Zur Entwicklung dieser Vorschriften sowie ihrer Umsetzung in der University of California at Berkeley vgl. den Überblick bei Dalglish, lllOmas Killin, Protecting Human Subjects in Social and Behavioral Research: Ethics, Law and DHEW Rules: A Critique, Berkeley 1976, 339 ff. 52 42 D.S.C. § 2891- 3 (Pub.L. 93 -348). 15
Wollenteit
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6. Kapitel: Der Institutional Review Process
waltung Richtlinien (regulations) erlassen, die die Vergabe von Forschungsmitteln von der Überprüfung des Forschungsvorhabens durch ein review board, welches seine Mitglieder überwiegend aus der Fachöffentlichkeit rekrutiert, abhängig macht 53 . Viele andere Behörden sind später dem Beispiel des Department of Health and Human Service (HHS) gefolgt und haben für ihren Bereich entsprechende Richtlinien erlassen 54. Dabei sind die Richtlinien des HHS meist vollständig oder aber weitgehend übernommen worden 55 . Auch bei diesen Richtlinien bestand die Hauptintention darin, die Betroffenen gegen Forschungsrisiken zu schützen. Von Anfang an spielten aber auch datenschutzrechtliche Überlegungen eine nicht unerhebliche Rolle. Insbesondere der datenschutzrechtliche Aspekt ist durch eine Verschärfung der Vorschriften im Jahre 1981 erheblich gestärkt worden. Diese Verschärfung war eine Reaktion auf den sog. Belmont-Report der National Commissionfor the Proteetion ofHuman Subjects in Biomedical and Behavioral Research 56 , die durch den National Research Act mit dem Auftrag errichtet worden war, ethische Prinzipien für die Humanforschung aufzuzeigen. Die Commission identifizierte einige recht allgemein gehaltene ethische Prinzipien, die die Forschung anleiten sollen. Nämlich: Respekt für Personen (respect for persons), Allgemeinwohlorientierung (beneficence) und Gerechtigkeit (justice) 57. Zur Erreichung dieser Ziele machte die Commission Vorschläge zur konsequenten Realisierung des Prinzips der Einwilligung, zur Risiko-Vorteil-Abschätzung (risk - benefit relation) sowie zu fairen Prozeduren bei der Auswahl von Forschungsteilnehmern 58 . Die Forderungen des Belmont-Reports haben sich dergestalt in den reformierten Richtlinien niedergeschlagen, daß der Schutz der Freiwilligkeit der Teilnahme an Forschungsvorhaben und der Schutz der Privatsphäre durch eine Präzisierung der Anforderungen an die informierte Einwilligung (informed consent)59 sowie eine generelle Aufwertung des Vertraulichkeitserfordernisses 60 verstärkt wurden. 53 Das Subventionsrecht wird häufig zu politischen Zwecken genutzt, wenn es der bundestaatlichen Zentralgewalt an der Gesetzgebungszuständigkeit fehlt; siehe z. B. die vergleichbaren Regeln des Family Educational Rights and Privacy Act, 20 U.S.C. § 1232g. 54 Vgl. etwa für die Food and Drug Administration, 21 C.F.R. § 50.3. 55 Vgl. Robertson, John A., The Law of Institutional Review Boards, 26 UCLA Law Review 484 (1979), 489, Fn. 35. 56 National Commission for the Protection of Human Subjects of Biomedical and Behavioral Research, The Belmont Report: Ethical Priciples and Guidelines for the Protection of Human Subjects of Research, Washington, D.C. 1978; der datenschutzrechtliche Aspekt wurde auch schon frühzeitig in einem anderen ,,report" betont; vgl. Executive Office of the President, Office of Science and Technology, Privacy and Behavioral Research, Washington, D.C. 1967. 57 Vgl. ebenda, 4 f. 58 Durch die Prozeduren sollte verhindert werden, daß sozial Schwache und Angehörige von Minoritäten übermäßig stark als Teilnehmer für Forschungsvorhaben ausgewählt würden; vgl. ebenda, 5, 8 ff. 59 45 C.F.R. § 46.116.
III. Grundzüge des institutional review process
227
Der Geltungsbereich der Richtlinien ist inzwischen erheblich ausgeweitet worden. Ihre Auswirkungen erstrecken sich nicht mehr nur auf staatlich unterstützte Forschung, sondern betreffen annähernd alle Forschungsvorhaben, in die Personen involviert sind. Dieser Effekt wurde dadurch erreicht, daß die Vergabe von staatlichen Forschungsgeldern nicht nur von der Durchführung eines Kontrollverfahrens im Einzelfall abhängig gemacht wurde, sondern von der allgemeinen Einrichtung des Kontrollverfahrens für alle Forschungsvorhaben im Bereich der begünstigten Forschungsinstitution. Damit im Einzelfall Forschungsgelder vergeben werden können, muß die beantragende Einrichtung versichern, daß sie flächendeckend und unabhängig von der finanzierenden Stelle (regardless of source of funding) ein institutionelles Prüfungsverfahren zum Schutz der Rechte und des Wohles von Forschungsteilnehmern (rights and welfare of human subjects of research) 61 durchführt 62 • Da auch in den USA die Forschung auf staatliche Gelder angewiesen ist, haben fast alle Einrichtungen entsprechende "institutionalreview"-Prozeduren eingeführt. Nach einer Schätzung des Office ofTechnology Assessment haben 96% der wichtigsten 500 Forschungseinrichtungen des Landes Verfahren installiert 63. Die Funktion des Kontrollverfahrens wird in den Richtlinien klargestellt. Die Überprüfung von Forschungsvorhaben durch institutionelle "review boards" soll sicherstellen, -
daß Risiken für die Betroffenen minimiert werden (§ 46.111 (a) (1)).
-
daß Risiken in vernünftigem Verhältnis zu dem prognostizierten Vorteil für den Betroffenen und zu der Wichtigkeit der zu erwartenden Forschungsresultate stehen (§ 46.111 (a) (2)).
-
daß die Forschungsteilnehmer nach gerechten Kriterien ausgewählt werden (§ 46.111 (a) (3)).
-
daß die informierte Einwilligung des Betroffenen eingeholt wird (§ 46.111 (a) (4)).
-
daß die informierte Einwilligung hinreichend dokumentiert wird (§ 46.111
(a) (5))64.
-
daß erhobene Daten sicher aufbewahrt werden (§ 46.111 (a) (6)).
45 C.F.R. § 46.111 (a) (7). 45 C.F.R. § 46.103; vgl. auch 46.101 (f). 62 V gl. auch Robertson, (Fn. 55), 498 f., der die über den Förderungsmechanismus erzwungene Erstreckung des ,,review"-Verfahrens auf staatlich nicht finanzierte Forschung für verfassungsrechtlich bedenklich hält (508 ff.); vgl. auch Dalglish, (Fn. 51), 501 f. sowie Note, Academic Freedom and Federal Regulation of University Hiring, 92 Harvard Law Review 879 (1979), 892, wo dieses Problem diskutiert wird. 63 Office of Technology Assessment, Science Policy Study, The Regulatory Environment for Science, U.S. House of Representatives, 99th Congress, 2nd Session, 1986, S.75. 64 Dazu im einzelnen § 46.117. 60 61
15*
228
-
6. Kapitel: Der Institutional Review Process
daß, soweit erforderlich, angemessene Vorkehrungen zum Schutz der Privatsphäre der Teilnehmer sowie der Vertraulichkeit der Daten getroffen werden (§ 46.111 (a) (7».
Gelingt es einem Forscher nicht, das institutional review board von der Unbedenklichkeit seines Forschungsvorhabens zu überzeugen, kann das Forschungsvorhaben nicht durchgeführt werden. Es ist riskant, die negative Entscheidung eines IRB zu ignorieren, da ein solches Verhalten die finanzielle Förderungsfähigkeit der Forschungseinrichtung aufs Spiel setzten würde 65 Eine besondere Vorschrift befaßt sich mit den Anforderungen an den informed consent. Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer informierten Einwilligung sind in einem bemerkenswert ausführlichen Katalog durch acht Merkmale definiert 66 • Die Zusammensetzung der Ausschüsse ist weitgehend in das Ermessen der jeweiligen Forschungseinrichtung gestellt. Mindestregeln, die eine gewisse Vielfalt der Kommissionen gewährleisten sollen, sind allerdings vorgegeben 67 • Jedes IRB soll wenigstens fünf Mitglieder haben. Ausgewählt werden sollen die Mitglieder nach ihrer Qualifikation aus unterschiedlichen Fachrichtungen sowie auf der Grundlage eines gewachsenen Erfahrungshorizonts auf dem jeweiligen Gebiet. Mitgebracht werden soll ferner Sensibilität für die Belange der lokalen (potentiell forschungsbetroffenen) Bevölkerung 68 • Der Ausschuß soll nicht ausschließlich aus weiblichen oder männlichen Mitgliedern oder Mitgliedern einer Fachrichtung zusammengesetzt sein. Wenigstens ein Mitglied soll nicht dem Universitätsbetrieb entstammen. Ferner soll mindestens eine Person in keinerlei Verbindung zu der Forschungsinstitution stehen 69 • Mitglieder eines IRB, die ein persönliches Interesse an einem Forschungsvorhaben haben, dürfen wegen dieses Interessenkonflikts nicht an dem review process beteiligt werden 70. Wichtige Abweichungen gelten schließlich für besonders schutzbedürftige "Klassen" von Forschungsteilnehmern. Forschung an Föten, an schwangeren Frauen sowie im Bereich der in-vitro Fertilisation werden zusätzlichen Schutzvorschriften unterworfen 71. Besondere Regelungen sind auch für Strafgefangene vorgesehen 72. Strafgefangenen sollen keine Forschungsrisiken aufgebürdet wer65 Trotzdem scheint es immer wieder vorzukommen, daß Forscher den institutional review process erfolgreich umgehen oder Auflagen ausweichen; im einzelnen unten sub V., bei Fn. 95, 96. 66 § 46.116; Überblick auch bei Kilian, (Fn. 4), 1795. 67 Vgl. § 46.107. 68 Ebenda (b). 69 Vgl. § 46.107 (c), (d); genannt werden als mögliche Kandidaten Juristen, Moralphilosophen (ethicists) und Kirchenvertreter; nach Bork, NJW, (Fn. 4), 2058, beteiligen 3/ 4 aller IRBs einen Juristen; zum Vergleich: Nach Czwalinna, (Fn. 4), 123, sind in 2/ 3 aller bundesrepublikanischen Ethik-Kommissionen Juristen vertreten. 70 § 46.107 (e). 71 § 46.201 ff. 72 § 46.301 f.
IV. Verhältnis des Kontrollverfahrens zu FOIA und PA
229
den, die von captive populations mit Rücksicht auf ihre besonderen Lebensumstände schon für minimale, häufig nur erhoffte Gratifikationen in Kauf genommen werden 73. Schließlich gelten besondere Regeln für die Forschung an Kindern 74. Im Zentrum steht dabei das Problem der Zustimmungsfähigkeit 75 • Nicht ganz klar ist, ob die Unterlagen eines IRB in einer bundesstaatlichen Forschungseinrichtung für einen FOIA-Antrag anfällig sind. Es gibt gute Gründe für die Annahme, daß der größte Teil der Informationen unter Berufung auf die 5. Ausnahme des FOIA zurückgehalten werden kann. Die Entscheidung eines IRB gilt als predecisional zu einer abschließenden Förderungsentscheidung und kann deshalb zum Schutz des inneradministrativen Entscheidungsfindungsprozesses abgeschirmt werden 76.
IV. Die Bedeutung des Kontrollverfahrens für den Zugang zu Verwaltungsinformationen: Verhältnis zu FOIA und PA Um die Bedeutung des Kontrollverfahrens für den Zugang zu administrativen Informationsbeständen richtig einzuschätzen, ist es erforderlich, zwischen zwei Situationen sorgfältig zu unterschieden. Zum einen kann sich das Interesse des Forschers "exklusiv" auf die bloße Auswertung von Informationen beziehen, die 73 Vgl. dazu Privacy Protection Study Commission, Personal Privacy in an Information Society, Washington D.C. 1977,596 ff., wo die Installierung eines institutional review process für "captive populations" als Gegengewicht zu einer Überakzentuierung des Einwilligungsprinzips konzipiert wird. 74 § 46.401 ff. 75 Nach § 46.408 (b) wird die Erlaubnis der Eltern sowie die Zustimmung ("assent") des Kindes verlangt. Die Zustimmungsfähigkeit wird auf der Grundlage einer umfassenden Würdigung ermittelt (§ 46.408 (a». Die Frage nach der Zustimmungsfähigkeit von Kindern wird intensiv diskutiert; vgl. etwa Holt, John M., The Right of Children to Informed Consent, in: Van Eys, Jan (Ed.), Research on Children, Baltimore London Tokyo 1978,5 ff.; Morrisey, James M. / Hofmann, Adele D. / Thrope, Jeffrey c., Consent and Confidentiality in the Health Care of Children and Adolescents, New York, N.Y. 1986; Sears, Robert R., In Defense of Privacy, 76 School Review 23 (1968); National Commission for the Protection of Human Subjects of Biomedical and Behavioral Research, Report and Recommendations, Research Involving Children, Bethesda / Maryland 1977; zu den Schwierigkeiten der Einwilligung bei Senilität Sehwartz, Robert L., Informed Consent to Participation in Medical Research Employing Elderly Human Subjects, 1 Journal of Contemporary Health Law and Policy 115 (1985); zu komatosen Patienten Fentiman, Linda c., Privacy and Personhood rivisited: A New Framework for Substitute Decisionmaking for the Incompetent Incurable III Adult, 57 George Washington Law Review 801 (1989). 76 So für den "peer-review" im Rahmen des Forschungsförderung Wu v. National Endowmentfor the Humanities, 460 F.2d 1030 (5th Cir. 1972); eert. den. 410 D.S. 926 (1973); vgl. auch ferner Hoover v. United States Dep. of the Interior, 611 F.2d 1132, 1138 (5th Cir. 1980); Lead Industr. Assoe., Ine. v. Oeeupational Safety & Health Adm., 610 F.2d 70, 83 (2nd Cir. 1979); vgl. ferner die Ausführungen im 2. Kapitel, sub VI.
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6. Kapitel: Der lnstitutional Review Process
vorhandenen Verwaltungs akten entnommen werden können. Im anderen Fall sollen die personenbezogenen Informationen im Rahmen eines Forschungsvorhabens genutzt werden, welches z. B. wegen beabsichtigter zusätzlicher Befragungen über den Rahmen einer bloßen Auswertung vorhandener Informationsbestände hinausgeht. Für den Fall der bloßen Auswertung vorhandener Informationsbestände treffen die Richtlinien eine besondere Regelung. Danach entfallt das Kontrollverfahren, wenn sich die Forschung auf die Nutzung vorhandener Daten, Dokumente etc. beschränkt, soweit diese Daten öffentlich zugänglichen Quellen entstammen oder soweit der Forscher die Daten in einer Weise speichert, daß Betroffene weder direkt noch durch andere persönliche Merkmale identifiziert werden können 77 • Wenn der Forscher sich von vornherein auf öffentlich zugängliche Informationen oder auf die bloße Auswertung vorhandener Informationsbestände beschränkt und im übrigen mit anonymisierten Daten arbeitet, wird also auf das Kontrollverfahren verzichtet. In einem solchen Fall hängt aus der Perspektive des Forschers die Zugänglichkeit der begehrten Informationen praktisch allein von den Vorschriften des FOIA, des PA oder möglicher anderer Spezialgesetze ab. Anders sieht es aus, wenn die begehrten personenbezogenen Informationen nicht lediglich zur Auswertung vorhandener Aktenbestände genutzt und anonym verarbeitet werden sollen. Werden die personenbezogenen Informationen benötigt, um auf ihrer Grundlage weitere Forschungsschritte zu initiieren (z. B. Ziehung einer Stichprobe für Befragungen)78, kann sich der Forscher nicht darauf beschränken, die Freigabe dieser Informationen über den FOIA oder den PA durchzusetzen. Zusätzlich muß das Forschungsvorhaben durch ein "IRB" bestätigt werden. Dies ist allerdings nur für den Forscher sowie die Forschungseinrichtung, der der Forscher angehört, wichtig. Für den FOI-Beamten oder den Privaey Aet-otJieer spielt dieser Gesichtspunkt keine Rolle, da deren Entscheidungen allein an den einschlägigen Gesetzen auszurichten sind. In einem FlO-Fall wie Getman v. NLRB79, bei dem die erfolgreich erzwungene Herausgabe der Adressen von Gewerkschaftsangehörigen Voraussetzung für die Durchführung der weiteren Forschungsschritte war, müßte heute der Forscher auf der Grundlage der Richtlinien des HHS aus dem Jahre 1981 zuvor die Durchführung eines institutional review process anstreben. Da das FOI-Verfahren sowie das Verfahren vor einem IRB regulativ nicht miteinander verschränkt sind, § 46.101 (a) (5). 78 Als Beispiel aus der Judikatur zum FOIA wären hier zu nennen: Getman v. NLRB, 450 F.2d 670 (D.C.Cir. 1971) oder National Association of Atomie Veterans lne. v. Defense Nuclear Ageney, 583 F.Supp. 1483 (D.D.C. 1984); vgl. dazu im einzelnen 2. Kapitel, sub IV. 3. b. bb., Text bei Fn. 186 ff. und 191 ff.; die beiden Präjudizien sind durch die neue Rechtsprechung des Supreme Court in Frage gestellt; dazu 2. Kapitel, sub IV. 3. b. ce. 79 Ebenda. 77
V. Die IRBs in der Praxis: Die Macht der Experten
231
müßten beide Verfahren unabhängig voneinander durchgeführt werden. Fraglich ist allenfalls, ob aus der Perspektive des institutional review process der Antrag auf Akteneinsicht nach dem FOIA bereits durch das Kontrollverfahren "abgesegnet" sein müßte. Dies wird man wohl bejahen müssen. Zum einen sollten die Daten in Getman von vornherein nicht lediglich ausgewertet und anonym, sondern für eine Befragung genutzt und personenbezogen gespeichert werden. Auch wird man Verwaltungsakten, trotz des FOIA, nicht als "öffentlich zugängliche Quelle" ansehen können 80 • Das Prinzip der Aktenöffentlichkeit, welches der FOIA normiert, wird durch Ausnahmeregeln begrenzt. Gerade im Bereich der Forschung mit personenbezogenen Informationen dürfte es in vielen Fällen zu einer Anwendung der 6. Ausnahme des FOIA kommen. Verwaltungsakten wird man deshalb kaum, vergleichbar Registern oder lustizakten 81 , als "öffentlich" und für jedermann zugänglich im Sinne der Richtlinien ansehen können.
v. Die IRBs in der Praxis: Die Macht der Experten Obwohl der institutional review process unter maßgeblicher Beteiligung der scientific community zustande kam, ist er bei manchen Wissenschaftlern umstritten geblieben. In der Implementationsphase haben sich z. T. Forscher gegen die flächendeckende Einführung des Verfahrens mit der Begründung gewehrt, die Einmischung von outsidern in die Entscheidung über Forschungsvorhaben beeinträchtige die Forschungsfreiheit (academic freedom 82) der betroffenen Wissenschaftler 83 • Auch wurde vermutet, daß IRBs umstrittene Forschungsvorhaben nicht nur wegen Risiken für die Betroffenen oder datenschutzrechtlichen Problemen ablehnen würden, sondern wegen ihres Gegenstandes 84 • Eine Durchsicht einschlägiger Untersuchungen bestätigen diese Bedenken jedoch nicht. Im Gegenteil: Sie stimmen in der Erkenntnis überein, daß das Verfahren einen durchschlagenden "bias" (Voreingenommenheit) zugunsten der Wissenschaftler aufweise 85. Das Übergewicht dokumentiert sich bereits deutlich darin, daß in den Ausschüssen wegen des Auswahlmodus Forscher in der Regel Das Problem wird, soweit ersichtlich, in der Literatur nicht diskutiert. Dazu Cox Broadcasting Corp. v. Cohn, 420 U.S. 469 (1975); Crain v. Krehbiel, 443 F.Supp. 202, 209 (N.D.Cal. 1978) 82 Zum Schutz von "academic freedom" durch die Verfassung bereits oben 4. Kapitel, sub III. 83 Vgl. Cleary, Robert F., The Impact of IRBs on Political Science Research, 9 IRB - A Review of Human Subjects Research, Heft 3, 1987, S. 6 f. 84 Apperson, Melissa, Privacy and Confidentiality, Can They Be Protected, Boston 1982, 51; Report of the Committee on National Statistics, in: Fienberg I Martin I Straf (Ed.), (Fn. 32), 1, 21. 85 Vgl. Gray, Bradford H., An Assessment of Institutional Review Committees in Human Experimentation, 13 Medical Care 318 (1975), 327; ferner Dalglish, (Fn. 51), 870; vgl. auch Cleary, (Fn. 83). 80 81
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6. Kapitel: Der Institutional Review Process
über eine deutliche Mehrheit verfügen 86. Bis heute ungelöst ist offenbar das Problem, wie die Interessen der Forschungsteilnehmer effektiv in den Ausschüssen zur Geltung gebracht werden können 87 • In der Universität Berkeley wurde lange Zeit als einziges nicht der Universität angehörendes Mitglied ein Theologe kooptiert, der einer eng mit dem Campus verbundenen theologischen Fakultät angehörte 88 • Inzwischen sind allerdings viele Einrichtungen dazu übergegangen, Laien, die aus der lokalen Gemeinschaft rekrutiert werden, in die Ausschüsse aufzunehmen 89. Es ist jedoch bekannt, daß sich diese in einer minoritären Position befindlichen Laienmitglieder in den Ausschüssen gegenüber den "Experten" nicht behaupten können. Umfragen belegen, daß solche Mitglieder ihre Aufgabe fast ausschließlich darin sehen, die Einhaltung der Einwilligungsprozeduren, die in den Vorschriften präzise vorgegeben sind, anband der Einwilligungsformulare zu überprüfen 9O • Man ist geneigt, diese Zurückhaltung auf dem Hintergrund der Komplexität vieler moderner Forschungsproblematiken für nur allzu verständlich zu halten. Dieser Einwand hat sicherlich einiges für sich. Anderseits darf jedoch nicht aus dem Auge verloren werden, daß die Entscheidungen eines IRB für den Forschungsteilnehmer sehr folgenreich sein können. Deshalb erscheint es fragwürdig, die Auswahl der Mitglieder weitgehend dem Ermessen der Forschungseinrichtung zu überantworten, die naturgemäß mit dem Forschungsinteresse stark identifiziert ist. Im Hinblick auf die Datenschutzproblematik läge es beispielsweise nahe, die Beteiligung eines Datenschutzexperten zwingend vorzuschreiben. Nicht nur die Zusammensetzung der Kontrollkommissionen indiziert das professionelle Übergewicht der Wissenschaft in dem institutional review process. Auch Zahlenmaterial belegt, daß sich Forschungsinteressen in der Praxis meistens durchsetzen. Die Umfrage von Cleary ergab, daß im politikwissenschaftlichen Bereich nicht ein einziges Forschungsvorhaben am Widerstand eines IRB gescheitert war 9 !. Nur in 1 / 5 aller Fälle wurden die Projekte nicht schon ohne jegliche Änderungen, sondern erst nach Realisierung meistens geringfügiger (den 86 Über die Zusammensetzung der IRBs entscheidet die Forschungseinrichtung, an der das Verfahren installiert werden soll, im Rahmen der Vorgaben, die die ,,regulations" machen; dazu bereits oben, sub 3.; nach Bork, NJW, (Fn. 4), 2058, sind im Durchschnitt 70% der Mitglieder eines IRB Forscher; zur Beteiligung von Juristen oben Fn. 69. 87 Dazu Dalglish, (Fn. 51), 258 ff. 88 Vgl. ebenda, 270. 89 Vgl. Porter, Joan P., How Unafiliated, Nonscientist Members of Institutional Review Boards See Their Roles, 9 IRB - A Review of Human Subjects Research, Heft 6, 1987, S. 1 ff.; Ghio, Joan M., Inquiry: What is the Role of a Public Member in an IRB, 2 IRB - A Review of Human Subjects Research, Heft 7, 7 ff.; gegen eine Beteiligung von Laien im Kontext experimenteller medizinischer Forschung spricht sich Stanridge, Linda W., Regulation of Medical Research Involving Experimentation on Humans, 18 Jurismetrics Journal 132, 147 (1977), aus. 90 Porter, ebenda, 5. 9! Cleary, (Fn. 83), 9; lediglich ein Antrag wurde freiwillig zurückgenomI!len.
V. Die IRBs in der Praxis: Die Macht der Experten
233
informed consent betreffender) Modifikationen gebilligt92. Die Zahlen mögen in anderen Forschungsbereichen weniger eindeutig ausfallen. Aber auch an einer medizinischen Hochschule wurden von 1000 in einem Jahr entschiedenen Projekten lediglich 1% abgelehnt 93. Ältere Untersuchungen bestätigen diese Zahlen 94 • Eine andere Schwäche betrifft die Einhaltung der Vorschriften. Bereits frühe Untersuchungen ließen die Vermutung zu, daß das institutionelle Kontrollverfahren trotz seiner flächendeckenden Ausgestaltung nicht lückenlos befolgt wurde. In einer Umfrage des Jahres 1973 räumten 9% der Wissenschaftler freiwillig und ohne dazu direkt gefragt worden zu sein ein, daß sie an Forschungsvorhaben beteiligt waren, die nicht durch ein IRB gebilligt worden waren 95. Andere Studien bestätigen den Verdacht, daß eine nicht unbeachtliche Anzahl von Forschern die Einhaltung der Vorschriften offenbar zu umgehen versucht 96 • Ein wichtiges Problem liegt schließlich darin, daß die IRBs nach ihrer Entscheidung in der Regel den Kontakt zu dem Forschungsvorhaben verlieren 97. Eine genauere Beobachtung der Einhaltung von Auflagen und Einwilligungsprozeduren wird jedoch vielfach als notwendig angesehen 98. Gray wußte bereits im Jahre 1975 zu berichten, daß von 15 befragten Forschern zwei nach Billigung des Vorhabens durch ein IRB ihre Meinung änderten und auf die Einholung der Einwilligung verzichteten, obwohl die Beachtung der Einwilligungsregel ausdrücklich von dem IRB verlangt worden war 99 • Als Grund für die Anmaßung solcher Freiheiten wurden pauschale Rationalisierungen angeboten, wie etwa der Hinweis auf das hohe und gesellschaftlich anerkannte Ziel medizinischer Forschung, welches solche Abweichungen rechtfertige 100. 92 Ebenda, 8 ff. 93 Vgl. die Nachweise für die Medical School der University of Califomia bei Bork; Das Verfahren vor den Ethikkommissionen der medizinischen Fachbereiche, (Fn. 4), 30, wonach 1% der Projekte endgültig abgelehnt, 5,5% zurückgenommen und 47% nach einer Überarbeitung genehmigt wurden. 94 Vgl. Gray, (Fn. 85), 320 f. 95 Barber, Bemard / Lally, John J. / Makarushka, Julia L., Research on Human Subjects, New York 1973, 149. 96 Vgl. Gray, (Fn. 85), 324 ff., ders., Human Subjects in Medical Experimentation and Regulation of Clinical Research, New York 1975; Cleary, (Fn. 83), 9 f.; insbesondere im Umfeld des Grenzbereichs von Therapie und Forschung wird leicht aus Forschung Therapie, die dann dem kontrollierenden Mechanismen des institutional review process entzogen ist; vgl. Katz, Jay, The Regulation of Human Experimentation in the United States: A Personal Odyssey, 9 IRB - A Review of Human Subjects Research, Heft 1,
1987, 1 (5). 97 Dazu Christakis, Nicholas A., Should IRBs Monitor Research More Strictly, 10 IRB - A Review of Human Subjects Research, Heft 2, 1988, 8, wonach in 63 % der
Fälle IRBs den Kontakt zu dem gebilligten Forschungsvorhaben verlieren. 98 Vgl. zur Kontroverse Christakis, ebenda, 8, m. w. N. 99 Gray, An Assessment of Institutional Review Committees in Human Experimentation, (Fn. 85), 324. 100 Ebenda, 325.
234
6. Kapitel: Der Institutional Review Process
Das Fehlen adäquater Durchsetzungs- und Kontrollmöglichkeiten begünstigt eine solche Haltung 101. Ein subjektives Recht auf Beachtung der Vorschriften ist nur in besonderen Ausnahmefällen denkbar 102. Zwar wird die Einhaltung der Vorschriften durch das "Office for Protection from Research Risks" überwacht 103. Die Aufsicht beschränkt sich jedoch offensichtlich nur auf die Beachtung der allgemeinen Regeln, die die Einrichtung eines IRB betreffen, und läßt deshalb die erforderliche individualisierende Tiefenschärfe vermissen. Soweit ersichtlich ist bisher auch noch nie einer Forschungseinrichtung wegen Verstoßes gegen die ,,regulations" die Förderungswürdigkeit aberkannt worden. Trotz der angesprochenen Schwierigkeiten wäre es verfehlt, den institutional review process als völlig ineffektiv zu kritisieren. Auch Kritiker des Verfahrens konzedieren, daß die Richtlinien des HHS die Stellung des Forschungsteilnehmers im Forschungsprozeß durchaus beachtlich verbessert hätten 104. Der Zwang zur Begründung eines Forschungsvorhabens vor einer Gruppe von peers verbürgt offenbar eine gewisse disziplinierende Wirkung. Forschungsskandale, die in den 60er und 70er Jahren die amerikanische Öffentlichkeit schockierten, hat es in jüngster Zeit nicht mehr gegeben 105.
VI. Rechtspolitische Überlegungen In der Praxis sind in der Bundesrepublik Ansätze zur Beteiligung von Wissenschaftlern erst vereinzelt erkennbar geworden 106. Mögliche Anwendungsbereiche 101 Es gibt weder Strafen noch Ordnungsgelder, wenn Auflagen oder Vorschriften mißachtet werden; vgl. Dalglish, (Fn. 51), 399. 102 Einen solchen Ausnahmefall betraf die Entscheidung Crane v. Mathews, 417 F.Supp. 532 (N.D.Ga 1976); hier ging es um ein soziales Experiment, das sich mit den Auswirkungen von Selbstbeteiligungen bei der Krankenversicherung befassen wollte. Dazu war es erforderlich, temporär durch Ministerentscheidung für die von dem Experiment betroffenen Bevölkerungskreise bestimmte sozialrechtliche Leistungsansprüche aufzuheben. Von einer für solche Fälle geschaffenen Ermächtigungsgrundlage ("waiver" nach 42 D.S.C. § 1315) machte der Minister Gebrauch. Dies, obwohl ein IRB zu der Überzeugung gelangt war, daß das Experiment die Betroffenen einem erheblichen Risiko aussetze. Es sei zu befürchten, daß wegen der nicht unerheblichen Kostenbelastung im Krankheitsfall auf notwendige medizinische Behandlung verzichtet würde. Das Gericht hob auf die Klage betroffener Bürger die Entscheidung des Ministeriums mit Rücksicht auf das entgegenstehende Votum des lRB als ermessensfehlerhaft auf; vgl. auch Breger, MarshaIl J., Randomized Social Experiments and the Law, in: Boruch / Cecil, Solutions to EthicaI and Legal Problems in Social Research, New York / etc. 1983, 97 ff.; vgl. ferner die Beiträge in Rivlin, Alice M. / Timpane, P. Michael (Ed.), Ethical and Legal Issues of Social Experimentation, Washington, D.C. 1975. 103 Diese KontroIlinstanz ist beim National Institute of Health angesiedelt; vgl. § 46.103 (a) (3); Fn. 1. 104 Vgl. Dalglish, (Fn. 51), 865; Cleary, (Fn. 83), 10. 105 Hierin sehen Boruch / Dennis / Cecil, (Fn. 28), S. 17, eine positives Ergebnis der Aktivitäten von IRBs.
VI. Rechtspolitische Überlegungen
235
und Ausgestaltungen weitergehender Fonnen "partizipativer Selbststeuerung" 107 sind noch nicht hinreichend deutlich geworden 108. Für die amerikanische Situation ist charakteristisch, daß der institutional review process sowie die staatliche Entscheidung über den Zugang zu personenbezogenen Infonnationen selbständig nebeneinander stehen. In der Regel benötigt der Forscher sowohl die Zustimmung des staatlichen Informationsverwalters als auch der peers in der zuständigen Kontrollkommission, die das Vorhaben umfassend würdigen. Die beiden Regelungsansätze unterscheiden sich darin, daß der eine allein unter staatlicher Verantwortung steht, während der andere weitgehendst der Selbstregulierung überlassen bleibt. Die Übertragung dieses zweigleisigen Modells würde fraglos die bundesrepublikanische Forderung nach Beteiligung von Forschern an der Verwaltungsentscheidung verfehlen. Die Pointe dieser Forderung liegt ja gerade darin, daß die Administration nicht mehr allein über das Zugangsrecht verfügen können soll 109. Aber trotz der fehlenden Verzahnung von institutional review process und administrativer Zugangsentscheidung lassen sich auch für die Bundesrepublik wichtige Einsichten aus dem amerikanischen Beispiel gewinnen. Dazu zählt die Erkenntnis, daß eine übermäßige Verlagerung von Entscheidungskompetenzen in die scientific community nicht unproblematisch ist. Die Hauptschwierigkeiten liegen darin, daß eine vornehmlich aus Wissenschaftlern konstituierte Kontrollinstanz zu stark mit dem Zugangsinteresse identifiziert ist und deshalb Datenschutzinteressen in Gefahr geraten können. Solange es an einem überzeugenden Konzept fehlt, wie die Datenschutzinteressen der Forschungsteilnehmer bei Zugangsentscheidungen wirkungsvoll zur Geltung gebracht werden können, ist bei emphatischen Forderungen nach Selbstregulierung Vorsicht geboten. Da der Staat das Recht der Bürger auf informationelle Selbsbestimmung zu achten verpflichtet ist, muß er nach geltendem Recht dafür Sorge tragen, daß die von ihm verwalteten personenbezogenen Informationsbestände nur im Einklang mit dem Recht der Bürger auf informationelle Selbsbestimmung zugänglich gemacht werden. Daraus folgt nicht, daß eine Beteiligung 106 Partizipative Elemente, die allerdings auf Zugangsfragen allenfalls mittelbar Einfluß haben, finden sich in verschiedenen Statistikgesetzen. Gern. § 4 Abs. 3 Nr. 9 BStatG ist die Mitwirkung von zwei Vertretern der Hochschulen im wissenschaftlichen Beirat vorgesehen. § 13 Abs. 3 Mikrozensusgesetz sieht einen wissenschaftlichen Beirat, bestehend aus zwei Hochschullehrern aus dem Bereich der Statistik und 2 Vertretern der Sozialforschung vor, der über alternative Fragetechniken forschen soll. Auch im Bereich der Hochschulstatistik ist eine Mitwirkung von Wissenschaftlern vorgesehen; vgl. § 17 HStatG v. 21.4.1980. BGBl. 1,453. 107 Lennartz, (Fn. 2). 108 Die Notwendigkeit einer Beteiligung von Wissenschaftlern wird insbesondere dort angemahnt, wo forschungsrelevante Fragen unmittelbar berührt sind, z. B. wenn zu entscheiden ist, ob die Nutzung personenbezogener Daten zur Durchführung eines Forschungsvorhabens "erforderlich" ist; vgl. etwa Berg, (Fn. 3), 239 f. 109 Vgl. Berg, ebenda, 239.
236
6. Kapitel: Der lnstitutional Review Process
von Forschern an Zugangsentscheidungen unzulässig oder unerwünscht wäre. Der Installierung eines Entscheidungsgremiums, welches aus Fachvertretern, Vertretern der datenbesitzenden Stellen sowie Vertretern des Dateschutzes 110 zusammengesetzt wäre, steht grundsätzlich nichts entgegen. Fragwürdig wäre lediglich ein Verfahren, welches die Zugangsentscheidung aus dem Bereich staatlicher Verantwortung herausnähme und sie in die Hand einer Instanz legte, die einseitig mit dem Zugangsinteresse identifiziert ist.
110
Lennartz, (Fn. 2), 120, spricht von Vertretern der "schutzwürdigen Belange".
7. Kapitel
Exkurs: Zur notwendigen Konkordanz von Datenschutz und Informationsfreiheit in der Informationsgesellschaft I. Vorbemerkung Die vorangegangenen Kapitel haben insbesondere bei der Analyse des amerikanischen FOIA und des PA gezeigt, daß eine problemadäquate politische Bestimmung des Verhältnisses von Datenschutz und Informationsfreiheit keineswegs einfach ist. Im Unterschied zur Bundesrepublik haben die immensen Schwierigkeiten den amerikanischen Gesetzgeber jedoch nicht davon abgehalten, eine gleichzeitige Regelung beider Rechtsgebiete in Angriff zu nehmen. Auch in der Bundesrepublik scheint allerdings neuerdings die Ansicht an Boden zu gewinnen, daß Datenschutz und Freedom of Information zusammengehören. Scherer stellt in einem Aufsatz des Jahres 1982 fest, daß Datenschutz "nur ein (... ) Ansatz zur umfassenden Kontrolle und rechtlichen Regelung der Informationsverarbeitung durch das 'Inforrnationsrecht'" sei, und konstatiert zugleich, daß "das Recht des Bürgers auf Zugang zu Daten der öffentlichen Verwaltung einen Teilbereich dieses in der Entwicklung begriffenen Rechtsgebietes darstellt" 1. Eine oberflächliche Durchsicht der Literatur belegt, daß diese Ansicht keine Einzelmeinung ist 2. Dieser erfreulichen Erkenntnis sind allerdings leider bisher in der Bundesrepublik rechtspolitisch noch keine Taten gefolgt. Insbesondere muß sich, noch der Gedanke durchsetzen, daß auch für die bundesrepublikanische Rechtsordnung die Realisierung eines allgemeinen Aktenzugangsrechts auf der Tagesordnung steht. Es fehlt nicht an Stimmen, die der Einbindung des Datenschutzes in ein 1 Scherer, Joachim, Zum Datenzugang im Bereich der öffentlichen Verwaltung, DuD 1982, 14. 2 Vgl. etwa Podlech, Adalbert, Datenschutz im Bereich der öffentlichen Verwaltung, Berlin 1973, S. 43 ff.; Bult, Hans Peter, De fundamentale problemen van het informatierecht - Die Grundprobleme des Informationsrechts, Zwolle 1985, insbesondere 29 ff.; Fiedler, Herbert, Datenschutz und Gesellschaft, in: Steinmülter (Hrsg.), Informationsrecht und Informationspolitik, München / Wien 1976, S. 79 ff.; ders., Vom Datenschutz zum Informationsrecht, DuD 1981, 10 ff.; in internationaler Perspektive auch Simitis, Spiros, Data Protection - Experiences and Tendencies, 18 Law / Technology, No. 4, 1985,20 ff.
238
7. Kapitel: Zur Konkordanz von Datenschutz und Informationsfreiheit
umfassend konzipiertes Infonnationsrecht skeptisch gegenüberstehen und den Datenschutz auf seine abwehrrechtliche Funktion beschränkt wissen wollen 3. Vielfach wird eine Konvergenz von Amtsgeheimnis und Datenschutz nahegelegt4, die die Abstimmung eines allgemeinen Aktenzugangsrechts mit einem Recht auf infonnationelle Selbsbestimmung von vornherein ausgeschlossen erscheinen lassen. Dabei scheinen die Gegner einer Verbindung beider Rechtsgebiete auf den ersten Blick im Recht zu sein. Augenscheinlich gibt es zwei gegensätzliche Interessen an Infonnationen: nämlich ein Interesse an ihrer Kenntnis, Verwertung und Verbreitung sowie eines anderen an ihrer Abschinnung und Geheimhaltung. Während eine Infonnationsfreiheitsgesetzgebung üblicherweise mit dem ersteren beider Interessen identifiziert wird, betrifft das Datenschutzrecht eher das letztere. Wie sollen bei einer solchen gegenläufigen Interessenlage Datenschutz und "Freedom of Infonnation" unter ein gemeinsames Dach passen? Der Gesetzgeber des Bundesdatenschutzgesetzes hat sich ganz offensichtlich für einen rein individualrechtlichen Ansatz entschieden. An keiner Stelle hat sich das Gesetz Vorstellungen geöffnet, die das Datenschutzrecht in den Kontext eines umfassenden Konzepts von Infonnationsverteilung stellen wollten. Stattdessen wurde die individuelle Schutzdimension als zentrale Aufgabe des Datenschutzrechts in § 1 Abs. 1 BDSG5 hervorgehoben. Diese Beschränkung wurde, wie sich anband der Gesetzgebungsgeschichte nachweisen läßt 6 , in voller Absicht gewählt. Weitergehende Vorstellungen, wie sie etwa Steinmüller u. a. im Zuge der Novellierung des BDSG eingebracht hatten 7 , konnten sich nicht durchsetzen.
3 Vgl. z. B. Schomerus, Rudolf, Datenschutz oder Datenverkehrsordnung? , ZRP 1981, 291 ff.; dazu, kritisch Bull, Hans Peter, Datenschutz oder Datenverkehrsordnung?, ZRP 1982,55 f.; Schindel, Jost, Informationsfreiheit und Datenschutz, ÖVD 1983,99, spricht
von einem "latenten Dissens" im Datenschutzrecht. 4 Vgl. z. B. Krause, Peter, Datenschutz und Grundgesetz, DVR 1980, 229 ff., bei dem das Amtsgeheimnis" ... den Charakter eines verfassungsrechtlich gewährleisteten subjektiven Rechts auf Bewahrung personenbezogener Daten im öffentlichen Bereich" (251) gewinnt; Düwel, Peter, Das Amtsgeheimnis, Berlin 1965,97 ff.; mit rechtshistorischen Argumenten auch van Rienen, Wolfgang, Frühformen des Datenschutzes? - Die historische Entwicklung der Amtsverschwiegenheit vom Beginn der Neuzeit bis zur Datenschutzgesetzgebung als Beispiel der Beschränkung der verwaltungsinternen Informationsweitergabe, Diss. Bonn 1984; dagegen Schickedanz, Erich, Gesetzlichkeitsaufsicht durch Informationshilfe, Diss Frankfurt 1978, 136. 5 ,,zweck dieses Gesetzes ist es, den einzelnen davor zu schützen, daß er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird"; vgl. auch § 1 Abs. 1 BDSG in der alten Fassung ,,Aufgabe des Datenschutzes ist es, durch den Schutz personenbezogener Daten vor Mißbrauch ... der Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange des Betroffenen entegenzuwirken". 6 Vgl. dazu Schindel, (Fn. 3), 100, m.w .N . 7 Steinmüller / Lutterbeck u. a., Grundfragen des Datenschutzes, BT -Drucks. VI/ 3826, Anlage 1, 5, 62 ff.
I. Vorbemerkung
239
Anders sieht es allerdings in einigen Landesdatenschutzgesetzen aus. Das hessische Datenschutzgesetz hat die Forderung nach Bewahrung eines Informationsgleichgewichts zwischen den Verfassungsorganen des Landes sowie den Organen der kommunalen Selbstverwaltung in die Aufgabendefinition des Gesetzes aufgenommen 8 sowie Zugriffsrechte auf Datenbanken und Auskunftsrechte für den Landtag und die kommunalen Vertretungsorgane gegenüber der Landesregierung normiert 9. Andere Landesdatenschutzgesetze enthalten ähnliche Vorschriften 10. Den landesgesetzlichen Regelungen liegt damit ein erweitertes Verständnis von Datenschutz zugrunde, das partiell über den üblichen rein individualrechtlichen Ansatz hinausgeht. Der Gegensatz der Landesgesetze zu der individualrechtlichen Konzeption des BDSG ist allerdings recht beschränkt. Die Vorschriften befassen sich ausschließlich mit Fragen der Informationsverteilung zwischen Administration und Parlament bzw. nachgeordneten (kommunalen) Verwaltungsträgem. Allgemeine Informationsrechte des Bürgers werden nicht angesprochen. Die Dominanz des Geheimhaltungsprinzips wird weder durch die Datenschutzgesetzgebung der Länder noch durch das BDSG gebrochen. Demgegenüber stellt die durch den FOIA etablierte Vermutung für die Öffentlichkeit administrativer Informationsbestände eine echte Zäsur im amerikanischen Informationsrecht dar. Die gleichzeitige Anerkennung eines people' s right to know und eines right to privacy durch den FOIA und den Privacy Act hat natürlich auch in den USA die Frage nach der Vereinbarkeit beider Konzepte aufgeworfen. Dabei überrascht den bundesrepublikanischen Beobachter zunächst, daß die Kompatibilität von Datenschutz und Informationsfreiheit grundsätzlich kaum in Frage gestellt wird. Der Gesetzgeber ist im Jahre 1975 mit erstaunlicher Selbstverständlichkeit davon ausgegangen, daß die Verabschiedung des Privacy Act' s und die gleichzeitige Verstärkung des Zugangsrechts nach dem FOIA 11 keinen Widerspruch darstellen. Senator Kennedy stellt in der Debatte lapidar fest, daß beide Gesetze weder in ihre Absicht noch in ihrem Zweck in Konflikt stünden" 12. Zu demselben Ergebnis kommt die Privacy Protection Study Commission. Ihren Empfehlungen zur Stärkung des Rechts auf privacy hat die Kommission die § 1 Nr. 2 HDSG. § 38 HDSG. 10 Z. B. §§ 27, 28 LDSG Bad.-Württ.; 1, 23 LDatG Rheinl.-Pfalz; 15 SDSG; neue Grundsatzüberlegungen zum Verhältnis von Datenschutz und Informationsfreiheit werden vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung Deutschlands angestellt; vgl. dazu den instruktiven Aufsatz von Tinnefeid, Marie-Theres, Brauchen wir eine neue Informationsgrundordnung?, DuD 1992,456. 11 Zur Reform des Jahres 1975 vgl. die Hinweise im 2. Kapitel, sub V. 2. sowie RodelI, Fred, Holding Govemment Accountable: The Amended Freedom of Information Act, 84 Yale Law Journal 74 (1975). 12 "These laws are not conflicting in intent and purpose", Congressional Record, S. 18144-18145, daily ed. Oct. 9, 1975, 18145 (remarks of Sen. Kennedy). 8
9
240
7. Kapitel: Zur Konkordanz von Datenschutz und Informationsfreiheit
Einschätzung zugrundegelegt, daß eine solche Stärkung den Zielen der FOIGesetzgebung nicht widerspricht 13. Die theoretischen Bezugspunkte für diese konvergenzorientierte Sicht sind vielfältig und decken sich, wie sich noch unten zeigen wird, durchaus mit Einsichten, die auch in der Bundesrepublik von vielen Autoren geteilt werden. Hervorhebung verdient insbesondere die in den U.S.A. verbreitete Einstellung, daß Öffentlichkeit des Handeins der Regierenden ein wichtiges Mittel zum Schutz von privacy ist 14. Das üblicherweise mit demokratischen Argumenten begründete Akteneinsichtsrecht des FOIA wird so durch einen rechtsstaatlichen Begründungsstrang ergänzt. Die Vorstellung, daß die Institutionalisierung von Mißtrauen gegenüber den Herrschenden durch ein allgemeines Aktenzugangsrecht auch den Schutz des Individuums gegen Machtmißbrauch bezweckt, hat einen festen Platz im Argumentationsrepertoire vieler Autoren 15. Solches Denken kann offenbar auf eine längere Tradition zurückblicken. Brandeis, einer der Autoren des bahnbrechenden Aufsatzes über das Right to Privacy 16, hat sich später mit gleicher Leidenschaft für größtmögliche Publizität ausgesprochen. Sein dictum: Sunlight is said to be the best desinfectant l7 , hat der sog. "Sunshine legislation" 18 den Namen gegeben und wird auch heute noch ebenso gerne zitiert wie die berühmte Formulierung in seinem dissent in Olmstead v. United States l9 , in der das ,,right to be let alone" als das umfassendste und von allen zivilisierten Menschen am höchsten geschätzte Recht charakterisiert wird 20. Daß in der gleichzeitigen Forderung nach Öffentlichkeit und nach Anerkennung einer geschützten Privatsphäre ein unüberwindbarer Widerspruch liegen könnte, kam Brandeis offenbar gar nicht in den Sinn. Die Haltung von Brandeis, die Einschätzung der Privacy Protection Study und die Stellungnahme von Senator Kennedy sind symptomatisch für die amerikanische Rechtskultur. ,,Privacy of information" wird z. B. von Relyea im Verhältnis zuJreedom ofinformation als valuable symbiont (wertvoller Partner) bezeichnet 21. Dieser Konsens bedeutet allerdings keineswegs, daß mögliCommis~ion
13 Privacy Protection Study Commission, Personal Information in an Information Society, Washington D.C. 1977, S. 24. 14 Ebenda, S. 293. 15 Vgl. z. B. Hemphill, Robert W., Individual Rights in aChanging Society, in: Institute of Government, University of Georgia, The Right to Privacy vs. the Right to Know, ca. 1977, S. 1 ff., 9; vgl. auch Hanus / Relyea, A Policy Assessment ofthe Privacy Act of 1974, 125 American University Law Review 555 (1976),561. 16 Warren, Samuel D. / Brandeis, Louis D., The Right to Privacy, 4 Harvard Law Review 193 (1890); dazu oben 3. Kapitel, sub I. 17 Brandeis, Louis Dembitz; das dictum entstammt der Schrift: Other Poeple's Money and How the Bankers Use It, 1914, 388. 18 Dazu oben 2. Kapitel, sub. I. 2. 19 277 V.S. 438, 478 (1928) 20 277 V.S. 478.
I. Vorbemerkung
241
che Konfliktfelder beider Prinzipien geleugnet würden. Es gibt eine ebenso verbreitete wie überzeugende Kritik, die die mangelnde Kongruenz der Regelungen beider Gesetze herausstellt 22 • Als skandalös wurde insbesondere empfunden, daß die wichtige Frage, ob der Privacy Act als Spezialvorschrift im Sinne der 3. Ausnahme des FOIA qualifiziert werden muß, erst nach mehr als einem Jahrzehnt und nachdem sich die Gerichte über die Frage zerstritten hatten einer gesetzgeberischen Entscheidung zugeführt wurde 23 • Trotz dieser Abstimmungsprobleme ist aber die Feststellung gültig, daß die grundlegende Vereinbarkeit beider Konzepte kaum in Zweifel gezogen wird. Diese Einstellung läßt sich auch in zahlreichen Schriften der 50er und 60er Jahre nachweisen, in denen im Zuge der Auseinandersetzung mit der McCarthyÄra das Verhältnis von publicity (Öffentlichkeit),privacy (Privatheit) und secrecy (Geheimhaltung aus Gründen der Staatsräson) thematisiert wurde, ohne daß der mit dem Heraufkommen des Informationszeitalters verbundene Problemdruck bereits spürbar wäre. Sie sind stark von der Vorstellung geprägt, daß das politische System der westlichen Demokratien auf einer delikaten Balance dieser drei Faktoren beruht 24 • Shits' vielbeachtetem Werk "The Torment of Secrecy" 25 liegt der Gedanke zugrunde, daß die Wahrung eines Gleichgewichts (equilibrium) aller drei Momente Funktionsbedingung einer demokratischen Gesellschaft ist. Das Gleichgewicht kann nach Shits nur dann Bestand haben, wenn die durch die Prinzipien (publicity, privacy, secrecy) begünstigten Interessen die grundsätzliche Legitimität der von den anderen Prinzipien geforderten Informationsbedürfnisse und -barrieren akzeptieren und wenn darauf vertraut werden kann, daß von keiner Seite Möglichkeiten genutzt werden, das Gleichgewicht zu eigenen Gunsten zu destabilisieren 26 • Die komplexe Beziehung der drei Momente, wie Shits sie sieht, kann hier nur angedeutet werden. Geheimhaltung aus Gründen der Staatsräson wird in einem Gegensatz zu privacy und publicity gesehen und nur dann als gerechtfertigt angesehen, wenn sie funktional (functional secrecy) ist, d. h. durch hinreichend gewichtige Staatsinteressen gerechtfertigt werden kann 27. 21 Relyea, Harold C., Freedom of Information, Privacy, and Official Secrecy: the Evolution of Federal Govemment Information Policy Concepts, 7 Social Indicators Research 137 (1980), 137; ähnlich Oettinger, Eimer R., Comment on ,,Nonuniform Privacy Laws: Implications and Attempts at Uniformity", in: Hoffmann, Lance (Ed.); Computer and Privacy in the next decade, New York 1980, 151, 153. 22 Dazu bereits oben im 3. Kapitel sub m. 2. d. aa. 23 So die Kritik von 0' Reilly, James T., Medical Privacy and Medical Research: Is Govemment the Problem or the Solution, 12 University of Dayton Law Review 243, 246 (1986). 24 Friedrich, Carl J., Secrecy Versus Privacy: ,The Democratic Dilemma, in: Pennock / Chapman (Ed.), Nomos xm, Privacy, New York 1971, S. 105,120; Goldschmidt, Maure L., Publicity, Privacy and Secrecy, 7 Western Political Quaterly 401 (1954); vg1. auch Wiggins, James R., Freedom or Secrecy, New York 1956. 25 Shits, Edward A., The Torment of Secrecy, Glencoe / 111. 1956. 26 Ebenda, 26 / 27. 27 Ebenda, 235.
16 Wollenteit
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7. Kapitel: Zur Konkordanz von Datenschutz und Informationsfreiheit
Privacy und publicity werden hingegen tendenziell als Verbündete gesehen. Shils führt aus: "Die pluralistische Gesellschaft ist eine Gesellschaft der Privatheit und der Öffentlichkeit" 28. Stärker als in der bundesrepublikanischen Diskussion hat offenbar in dem amerikanischen Diskussionshorizont die Erfahrung Niederschlag gefunden, daß die Bereiche des Privaten und des Öffentlichen in ihrer Existenz voneinander abhängig sind 29. Privacy und publicity sind in diesem Denken als Konstitutionsbedingungen einer demokratisch strukturierten Gesellschaft unauflöslich aufeinander angewiesen. In der breiten Verwurzelung dieses Denkens dürfte ein Grund für die Bereitschaft zu suchen sein, informational privacy undfreedom ofinformation prinzipiell als vereinbar anzusehen. Mit dem Aufkommen der modemen Datenverarbeitungstechnologien wird die Frage nach dem Verhältnis von Datenschutz und Informationsfreiheit allerdings sehr viel dringlicher auf die Tagesordnung gesetzt. Im folgenden werden verschiedene Ansätze einer Verhältnisbestimmung diskutiert, indem zwischen einem Transparenzargument (11.), einem Verteilungsargument (111.), einem Gleichgewichtsargument (IV.) sowie einem Komplementaritätsargument (V.) unterschieden wird. Jedes dieser Argumente versucht eine Bestimmung des Verhältnisses von Datenschutz und Informationsfreiheit entlang bestimmter typischer Begründungslinien zu leisten. Da die Argumentationsmuster genetisch und axiomatisch auf vielfältige Weise miteinander verflochten sind, sind sie hier in erster Linie aus heuristischen Gründen voneinander getrennt worden. Die Argumente sind sowohl in der bundesrepublikanischen als auch in der amerikanischen Diskussion aufweisbar. Es zeigt sich also, daß trotz erheblicher Unterschiede in den positivrechtlichen, geistesgeschichtlichen und realgeschichtlichen Voraussetzungen die modemen, durch die Entwicklung der Informationstechnologien ausgelösten, Problemhorizonte wenig divergent sind.
11. Datenschutz, Informationsfreiheit und Transparenz Ein gemeinsames Anliegen von Datenschutz und Informationsfreiheit wird von dem Transparenzargument darin erkannt, daß beiden Prinzipien Transparenzforderungen eigentümlich sind. Die Durchschaubarkeit der staatlichen Verwal28 Ebenda, 235: "The pluralistic society is the society ofprivacy and publicity. Privacy and publicity are the parallels in the focus of knowledge and sensitivity, of autonomy and co-operation based on affinity. The freedom of individuals and corporate bodies is secured in their combination". 29 Arendt, Hannah, The Human Condition, Chicago 1958, deutsch: Vita activa oder vom tätigen Leben, Stuttgart 1960, S. 57 f.; vgl. auch Cook, Thomas, Individual Liberty Today: Challenge and Prospect, in: Berger I Morroe u. a. (Ed.), Freedom and Control in Modem Society, Toronto, New York, London 1954, 177 ff.; Emerson, Thomas, The System of Freedom of Expression, New York 1970, 546; vgl. auch Kriele, Martin, Einführung in die Staatslehre, 2. Aufl., Opladen 1981, 335 ff.
11. Datenschutz, Infonnationsfreiheit und Transparenz
243
tung wird nicht nur von dem demokratisch motivierten Fundament des FOIPrinzips gefordert; "transparenz schaffende Elemente" 30 gibt es ebenso im Datenschutzrecht. Das BDSG31 sowie alle LDSG32 enthalten Vorschriften, die regeln, daß die Tatsache der Speicherung personenbezogener Daten zu veröffentlichen ist. Die Verwaltung wird dadurch gezwungen, die Art der von ihr gespeicherten personenbezogenen Daten, die Aufgabe, zu deren Erfüllung die Kenntnis dieser Daten erforderlich ist, den betroffenen Personenkreis, die regelmäßigen Übermittlungsadressaten sowie die Art der zu übennittelnden Daten zu offenbaren (§§ 18 Abs. 2, 26 Abs. 5 BDSG). Für das individuelle Anliegen, Datenverarbeitungsprozesse, die die eigene Person betreffen, zu durchschauen, kommt dem datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch 33 noch größere Bedeutung zu. Die Pointe des Tranparenzarguments besteht darin, daß durch die Hervorhebung dieser Konvergenzlinien von Datenschutz und Aktenöffentlichkeit der Gegensatz zwischen beiden relativiert wird. Bei Schwan besteht zwischen dem Prinzip der Aktenöffentlichkeit, dem Amtsgeheimnis und dem Datenschutz ein Dreiecksverhältnis 34 . Danach steht das Prinzip der Aktenöffentlichkeit einerseits im Gegensatz zum Datenschutz; andererseits sind sie jedoch auch Verbündete, weil sich beide, insofern sie Transparenz intendieren, gegen Geheimhaltungsinteressen des Staates behaupten müssen. In dem Dreiecksverhältnis findet somit jedes Moment in dem jeweils anderen einen Gegner sowie einen Verbündeten 3s . Die Beziehung von Datenschutz und Aktenöffentlichkeit wird so von der verbreiteten Vorstellung eines exklusiven Gegensatzes befreit. Eine auf die amerikanische Rechtsordnung bezogene Variante des Transparenzarguments hat Hixson formuliert. Der FOIA sei auf eine Steigerung des Zugangs der Öffentlichkeit zu staatlichen Informationen gerichtet, der Privacy Act hingegen auf die individuelle Kontrolle von Informationen. Der Privacy Act sei so etwas wie ein FOIA für das Individuum. Das wichtigste gemeinsame Moment beider Gesetze liege in dem offenen Zugang zu Informationen einmal für den quivis ex populo nach dem FOIA und zum anderen nach dem PA für den einze1nen 36 . Auch Hixson sieht mit anderen Worten in den Tranparenzelementen beider Prinzipien einen wichtigen Konvergenzpunkt. 30 Kneifel, Rainer, Infonnationsfreiheit und Datenschutz, DANA, Heft 3/4, 1984, S. 40 (41); vgl. ferner, Dammann, Ulrich, Transparenz der Datenverarbeitung, ZRP 1980, 81, der hervorhebt, daß Transparenz zugleich eine Forderung der Demokratie ist (81). 31 §§ 18 Abs. 2, 26 Abs. 5 BDSG; vgl. auch 12 BDSG a. F.; entsprechende Vorschriften enthält auch der amerikanische Privacy Act in 5 U.S.C. § 552a (e) (4). 32 Vgl. Z. B. § 12 BerlinDSG, § 17 LDSG-Baden-Württ., Art. 7 BayDSG, §12 BrDSG, § 13 HmbDSG, § 26 HDSG, § 12 NiedsDSG, § 23 DSG NW, § 13 LDatG-Rheinl.-Pfalz, § 7 SDSG, § 13 LDSG-Schleswig-Holstein. 33 Vgl. § 19 BDSG; vgl. bereits oben im 1. Kapitel sub 11. 1. b. aa. 34 Schwan, Eggert, Aktenöffentlichkeit oder Amtsgeheimnis, München 1984, S. 215 f. 3S Ebenda, 215. 36 Vgl. Hixson, Richard, Privacy in a Public Society, New York, Oxford, 1987 , S. 227. 16*
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7. Kapitel: Zur Konkordanz von Datenschutz und Infonnationsfreiheit
Eine ähnlich interessante Version des Transparenzarguments findet sich bei Rodata 37 • Rodata kommt in Anknüpfung an den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch zu dem Resultat, daß dem Datenschutzrecht eine evolutionäre 38 Ausweitungstendenz, gerichtet auf die Entfaltung eines allgemeinen Informationsrechts, eigen sei. Die Transparenzgebote des Datenschutzes verlangen nach Rodata eine Ausweitung von Zugangsrechten, weil die Effektivität des datenschutzrechtlichen Informationsanspruchs letztlich davon abhängt, daß die Aktivitäten derjenigen Institutionen, die personenbezogene Informationen vorhalten, größtmöglicher Offenheit ausgesetzt werden 39 • In einer solchen erweiterten Perspektive erscheint die Differenz von datenschutzrechtlichem Auskunftsanspruch und allgemeinem Informationsrecht als bloße Maßfrage 4O • Die Leistung des Transparenzarguments liegt in dem Nachweis, daß eine vorschnelle Identifikation der Interessen des Datenschutzes und des Geheimhaltungsprinzips fehl am Platz ist. Datenschutz ist keineswegs ein Anliegen, dessen sich die Administration zur Rechtfertigung von Geheimhaltung bequem bedienen darf. Exzessive Geheimhaltung widerspricht der auch dem Datenschutz eigentümlichen Publizitätstendenz und wird deshalb durch den Datenschutz nicht gefordert.
111. Datenschutz und Aktenzugangsrecht als integrale Bestandteile eines umfassenden Konzepts von Informationsverteilung Verschiedentlich wird das Verhältnis von Informationszugang und Datenschutz in dem Kontext eines umfassenderen Verteilungsproblems gesehen. Ein wichtiger Ausgangspunkt des Verteilungsarguments ist die Erkenntnis, daß in modemen Gesellschaften Information Ressource ist 41 • Dies gilt nicht nur für den wirtschaftlichen Bereich, wo der hohe Stellenwert von Information als Produktionsfaktor längst erkannt ist 42 • Die Verfügung über Informationen entscheidet auch in vielen 37 Rodata, Stefano, Policies and Perspectives for Data Protection, in: Council of Europe / Conseil de I'Europe, Beyond 1984: The Law and Infonnation Technology in Tomorrow's Society, Proceedings ofthe Fourteenth Colloquy on European Law, Straßbourg 1985, 13 ff. 38 Auf S. 27 spricht Rodata von "legislative evolution". 39 Ebenda, S. 26; ähnlich auch Kutscha, Martin, Datenschutz als Barriere gegen den Sicherheits staat, DuR 1987, 414, 423. 40 Rodata, ebenda; auch Schwan, Aktenöffentlichkeit und Amtsgeheimnis, spricht von einer ,.Fortentwicklung" des Auskunftsanspruchs des Betroffenen, (Fn. 34), S. 216; ähnlich auch Hondius, Frits, Gleichgewicht zwischen Infonnationsfreiheit und Infonnationsschutz in Europa, in: Barthel (Hrsg.), Gefährdet die Infonnationstechnologie unsere Freiheit?, München Wien 1980, 203, insbes. 211. 41 V gl. etwa Bull, De fundamentale problemen van het infonnatierecht, (Fn. 2), S. 25; Brinckmann, Hans, Infonnationsverwaltung als Ressourcenverwaltung, in: Steinmüller (Hrsg.), Infonnationsrecht und Infonnationspolitik, München / Wien 1976, 36 ff.;
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anderen Bereichen über Handlungschancen und ist deshalb in einer Fülle unterschiedlicher Zusammenhänge beachtlich. Die herausragende Bedeutung von Information in der sog. Informationsgesellschaft ist auf die fortschreitende Informatisierung aller gesellschaftlichen Bereiche zurückzuführen. Der Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen gewinnt z. B. auch für die Analysemöglichkeiten von Wissenschaftlern immer größere Relevanz 43 • Die Schnelligkeit und Leistungsfahigkeit von moderner Datenverarbeitungstechnologie steigern die Entscheidungskapazität des Nutzers und verschaffen damit häufig dem Besitzer der Technologie einen entscheidenden Vorsprung 44. Ein solcher Vorsprung kann sich in einem ökonomischen Kontext als Konkurrenzvorteil, in politischen Zusammenhängen als Machtzuwachs, in der Forschung als wichtiger Vorteil im Wettlauf um Forschungsergebnisse und damit um die Anerkennung wissenschaftlicher Leistungen auswirken. Insofern Handlungschancen auch Partizipationschancen sind, weist das Argument deutliche Bezüge zu demokratietheoretischen Überlegungen auf. Das Verteilungsargument, das - wie die meisten anderen Argumente - fast nie isoliert auftritt, gelangt zu der Schlußfolgerung, daß Informationsfreiheit und Datenschutz in einem umfassenden Recht der Informationsbeziehungen gemeinsam zu regeln sind 45 • Ein solches umfassendes Informationsrecht müßte sich darüberhinaus noch für vielfaltige andere Materien öffnen 46. Das Verteilungsargument 42 Vgl. z. B. Zimmermann, Dieter, Produktionsfaktor Infonnation, Neuwied Berlin 1972; Steinbuch, Karl, Die desinfonnierte Gesellschaft, Herford 1989, 123 ff.; ferner Altenpohl, Dieter / Lohmar, Ulrich, Die Infonnation als Ressource, Frankfurter Zeitung, Blick durch die Wirtschaft v. 24. Februar 1984, Nr. 40. 43 Wie die folgende Episode belegt, ist dies von der Wissenschaft schon früh erkannt worden. Ein schwedischer' Sozialwissenschaftler hat in den 60er Jahren an viele seiner Kollegen die Frage gerichtet: "what do you regard as the most important event in your field of research?" Die überwältigende Mehrheit der so Befragten antwortete: "The new possibility of data analysis with the help of computers"; vgl. Segerstedt, Torgny, Introduction, in: Dalenius / Klevmarken, Proceedings of a Symposium on Personal Integrity and the Need for Data in Social Science, held at Hässelby Siott, Stockholm March 15 - 17, 1976, S. 7; dazu auch Schoenfeldt, Lyle F., Data Archives as Ressources for Research, Instructing and Policy Planning, 25 American Psychologist 605 (1970), 609/ 610; Weingarten, Fred W. / Garcia, Linda, Public Policy Conceming the Exchange and Publication of Scientific Infonnation, 495 The Annals 61 (1988). 44 Vgl. Steinmülter, Wilhelm, Datenschutz als Teilaspekt gesellschaftlicher Infonnationskontrolle, in: Löchner / Steinmülter (Hrsg.), Datenschutz und Datensicherung, Karlsruhe 1975,35 ff. (55); vgl. auch ders., Datenverkehrsrecht oder infonnationelles Selbstbestimmungsrecht des Bürgers, in: Hansen / Schröder / Weihe (Hrsg.), Mensch und Computer, München Wien 1979, S. 137 (139). 45 Vgl. Z. B. Podlech, Datenschutz im Bereich der öffentlichen Verwaltung, (Fn. 2), S. 43 ff. 46 Nach Bult, De fundamentale problemen van het infonnatierecht, (Fn. 2), geht es um die Zusammenfassung verschiedener bisher getrennt behandelter Gebiete. Dazu zählen z. B. Verschwiegenheitspflichten, Geheimhaltungsgebote, Infonnationsansprüche, aber auch so traditionsreiche Gebiete wie Urheber- und Patentrecht (28); vgl. auch ders., Vom Datenschutz zu1ll Infonnationsrecht - Hoffnungen und Enttäuschungen, in: Hohmann (Hrsg.), Freiheitssicherung durch Datenschutz, Frankfurt 1987.
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7. Kapitel: Zur Konkordanz von Datenschutz und Informationsfreiheit
mündet in die Forderung nach Etablierung einer Datenverkehrsordnung 47 oder sogar eines politisch verantworteten Informationshaushaltes 48 • Die Forderung nach einem zu verantwortenden Informationshaushalt mag eine nicht ganz unbedenkliche Konnotation enthalten, insofern auf ihrer Grundlage zu weitreichende und politisch illusionäre Informationssteuerungsmaßnahrnen als erstrebenswert angesehen werden könnten. Die Befürchtung, das Verteilungsargument rede einem Informationsdirigismus das Wort, erweist sich bei näherer Hinsicht jedoch als unbegründet. Es geht offensichtlich nicht um eine rigorose Zuteilung oder Umverteilung von Informationen durch eine Verteilungsinstanz, sondern eher um eine Kompatibilisierung von teils konfligierenden Informationsund Geheimhaltungsinteressen. Dies erfordert steuernde Eingriffe in Informationsflüsse, die allerdings nicht die Unterdrückung von Kommunikation, sondern eine Kanalisierung von Kommunikationschancen intendieren. "Eine ,Verkehrsordnung' schreibt nicht Ziele vor und teilt nicht Rationen zu, sondern macht es möglich, daß viele gleichzeitig die begrenzte Ressource nutzen und sich nicht gegenseitig überfahren" 49. Auch in der amerikanischen Diskussion finden sich Stellungnahmen, die auf der Linie des Verteilungsarguments die Kompatibilisierung des Rechts auf "informational privacy" und des Datenzugangsrechts im Rahmen eines umfassenden Informationsrechts vorschlagen 50. Die rasante Computer-Diffusion in allen gesellschaftlichen Bereichen im Verbund mit dem ebenso rasanten Ausbau der neuen Medien schafft nach Katsh 51 eine Situation, der nur eine umfassende Perspektive bei der Regulierung des flow of information angemessen sein kann. Katsh geht davon aus, daß alle traditionellen legaldoctrines (copyright, privacy etc.), die bisher die Verbreitung von Informationen zum Gegenstand hatten, durch die Informatisierungstendenzen unter erheblichen Veränderungs druck geraten und deshalb einer neuen Sinngebung zugeführt werden müssen, die nur dann 47 Das Bild geht zurück auf Steinmüller, Datenverkehrsrecht oder informationelles Selbstbestimmungsrecht des Bürgers, (Fn. 44); ferner Bull, ZRP 1982, 55; vgl. auch Page, Gerard, Le droit d'access et de contestation dans traitement des donnees personelles, Zürich 1983, zusammenfassend S. 165 -168. 48 Steinmüller, Datenschutz als Teilaspekt gesellschaftlicher Informationskontrolle, (Fn. 44), S. 94. 49 Bull, ZRP 1982,55; ders., Auf dem Weg zum Recht der Informationsbeziehungen, Recht und Politik 1980, 150,152. 50 Vgl. etwa Sprehe, J. Timothy, Developing a Federal Policy in Electronic Collection and Dissemination, 11 Government Publications Review 353 (1984), 357; Cooper, Phillip J., Acquisition, Use and Dissemination of Information: A Consideration and Critique of the Public Law Perspective, 33 Administrative Law Review 81 (1981); Gordon, Hedy, The Interface of Living Systems and Computers: The Legal Issue of Privacy, 2 Computer / Law Journal 877 (1980); schon frühzeitig für eine möglichst breite Perspektive bei der Regulierung des "flow of information": Miller, Arthur R., The Assault on Privacy, 1971, 138 f. 51 Katsh, M. Ethan, The Electronic Media and the Transformation of Law, New York, Oxford 1989.
III. Datenschutz, Infonnationsfreiheit und Infonnationsverteilung
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erfolgreich sein kann, wenn die Verteilung von Informationen umfassend thematisiert wird 52. Das Verteilungs argument bezieht Datenschutz und Informationsrecht nicht direkt, sondern nur mittelbar aufeinander. Indem sowohl Datenschutzrecht als auch ein Aktenzugangsrecht als "legitime" Kinder eines universellen Rechts der Informationsbeziehungen anerkannt werden, verlagert sich das Schwergewicht der Problematik von einem Gegensatz auf Kompatibilisierung, ohne daß allerdings mögliche Reibungspunkte beider Konzepte geleugnet würden. Das Argument basiert letztlich auf der Erkenntnis, daß die durch komplexe Phänomene wie die Automatisierungstendenzen in Verwaltung und Wirtschaft ausgelösten sozialen Probleme nur durch ein hinreichend komplexes, leistungsfähiges und abgestimmtes Informationsrecht gemeistert werden können 53. Die Stärke des Verteilungsarguments liegt darin, daß es von den zuletzt skizzierten realgeschichtlichen gesellschaftlichen Veränderungen ausgeht und sich deshalb soziologischen, politikwissenschaftlichen Erkenntnissen und Erkenntnissen anderer Disziplinen öffnen kann. Das Wissen darum, daß wir uns in immer rasanteren Schritten 54 in Richtung auf die Informationsgesellschaft 55 bzw. die programmierte Gesellschaft 56 zubewegen, ist heute bereits zu einem Allgemeinplatz geworden. Die Fülle der Probleme, die mit dem ubiquitären Aufkommen dieses neuen Gesellschaftstyps verbunden sind, bedürfen ohne Zweifel der konzertierten Anstrengung unterschiedlicher Methoden und Disziplinen 57 • Trotz erheblicher Bewertungsunterschiede, die etwa den Aufstieg der Informationsgesellschaft in ein ideales "computopia" 58 oder in eine total verwaltete Welt Orwellscher Ebenda, 168 ff., 193 und 266 ff. Vgl. Bull, Auf dem Weg zu einem Recht der Infonnationsbeziehungen, (Fn. 49), 153; daß die Forderung nach einem umfassenden Infonnationsrecht nicht zu Lasten einer bereichs spezifischen Ausdifferenzierung des Datenschutzes gehen darf, wird zutreffend von Eberle, Carl-Eugen, Infonnationsrecht - der große Wurf?, Notwendigkeit bereichs spezifischer Regelungen, CR 1992, 757, angemahnt, der jedoch meines Erachtens die Forderungen nach bereichs spezifischer Ausdifferenzierung und "Infonnationsgrundordnung" in einen falschen Gegensatz bringt. 54 Das Entwicklungstempo wird insbesondere deutlich im Bereich der Mikrocomputerisierung. Ein von der amerikanischen Luftwaffe im Jahre 1958 in Dienst genommener und erst 1983 ausgemusterter Computer der EDVAC/ENIAC-Generation bestand aus 25.000 Vacuurnröhren und 85.000 Dioden. Mit seinem Gewicht von 175 Tonnen sowie einem Kaufpreis von 13 Millionen US $ verfügte er über die Leistungsfähigkeit heutiger Personal Computer; vgl. zu diesem Beispiel die Nachweise bei Junker, Abbo, Computerrecht, Baden-Baden 1988, Rdnr. 21; nach Haefner, Klaus, Grundrechtsentfaltung durch Infonnationstechnik, in: Roßnagel (Hrsg.), Freiheit im Griff, Stuttgart 1989, 31, 37, muß damit gerechnet werden, daß die "Bundessozialdatenbank" in einigen Jahren in einen ,,zuckerwürfel" passen wird. 55 Vgl. Bell, Daniel, Die nachindustrielle Gesellschaft, Frankfurt 1976, S. 353 56 Tourraine, Allain, Die postindustrielle Gesellschaft, 1972, 7 ff. 57 Vgl. z. B. Mettler-Meibom, Barbara, Soziale Kosten der Infonnationsgesellschaft, Frankfurt a. M. 1987,99 f. 52 53
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7. Kapitel: Zur Konkordanz von Datenschutz und Infonnationsfreiheit
Prägung 59 münden sehen, herrscht in allen Einschätzungen Übereinstimmung, daß das Ausmaß des Wandels gar nicht tiefgreifend genug eingeschätzt werden kann 60. Vielfach ist von einer neuen technischen Revolution die Rede 61 , deren Veränderungspotentiale noch gar nicht angemessen begriffen worden sind. Auf dem Hintergrund solcher Einschätzungen gewinnt im Bereich der Informationspolitik und in der Diskussion um die zukünftige Gestalt eines Informationsrechts ein Konzept erheblich an Plausibilität, das zunächst möglichst umfassend und ohne falsche Segmentierungen ansetzt.
IV. Datenschutz und Informationsrecht als Mittel zur Wahrung des Informationsgleichgewichts Das Gleichgewichtsargument stellt die Machtverschiebungen, die mit der einseitigen Anhäufung von Informationen verbunden sind, in den Vordergrund. Schon dem Verteilungsargument liegt letztlich die Erkenntnis sehr nahe, daß Information Macht ist und daß Informationsvorsprünge das Informationsgleichgewicht gefahrden 62 • Informationsvorsprünge gibt es im Verhältnis von Exekutive und Legislative 63 aber natürlich auch zwischen dem einzelnen und der Verwaltung 64 • 58 M asuda, Y oneji, The Infonnation Society as Post -Industrial Society, Washington D.C. 1981; dazu kritisch Kielbowicz, Richard B., Book Review: The Infonnation Society as Post-Industrial Society, 1983 Communications and the Law, 79 ff. 59 Strauzs-Hupe, Robert, Technology's Uninvited Guests, in: Westin (Ed.), Infonnation Technology in a Democracy, Cambridge Mass 1971, 175 ff. 60 Nach Tietz, Bruno, Wege in die Infonnationsgesellschaft, Bonn 1987, wird der Überg~g in die Infonnationsgesellschaft "weitreichendere Veränderungen bewirken ... als der Ubergang von der Agrar- in die Industriegesellschaft" (1109). 61 Vgl. Kübler, Hans Dieter, "Computem" Infonnationstechnologien und ihre Folgen für die Sozialbeziehungen, in: Ulrich, Otto (Hrsg.), Die Infonnationsgesellschaft als Herausforderung an den Menschen, Frankfurt 1984, 165 ff., 189; ferner Brunnstein, Klaus, Perspektiven und Risiken der infonnationstechnischen Entwicklung aus Europäischer Sicht, in: Ulrich, Otto (Hrsg.), ebenda, 14 f. 62 Bult, Hans Peter, Infonnationswesen und Datenschutz als Gegenstand von Verwaltungspolitik, in: ders., Verwaltungspolitik, Neuwied, Dannstadt 1979, S. 119; Lenk, Klaus, Gesamtgesellschaftliche Implikationen der technischen Kommunikation, in: Hansen / Schröder / Weihe (Hrsg.), (Fn. 44), 87, 93 ff.; Steinmülter, Datenschutz als Teilaspekt gesellschaftlicher Infonnationskontrolle, (Fn. 44), 54 f. 63 Dazu schon früh Lutterbeck, Bemd, Entscheidungstheoretische Bemerkungen zum Gewaltenteilungsprinzip, Zur Problematik parlamentarischer Infonnationskontrolle, in: Kilian / Lenk / Steinmülter (Hrsg.), Datenschutz, Juristische Grundsatzfragen beim Einsatz elektronischer Datenverarbeitungsanlagen in Wirtschaft und Verwaltung, Frankfurt 1973, 187 ff.; Geiger, Hansjörg, Datenschutz und Gewaltenteilung, in: Kilian / Lenk / Steinmülter (Hrsg.), ebenda, 173; Jarass, Hans D., Das "Infonnationsgleichgewicht" zwischen Parlament und Verwaltung, in: DVR 3 (1974), 369 ff.; gute Zusammenstellung des Diskussionsstandes bei Woertge, Hans Georg, Die Prinzipien des Datenschutzes und ihre Realisierung im geltenden Recht, Heidelberg 1984, S. 108; zur Lage in den U.S.A. Jarass, Hans D., Machtverteilung zwischen Parlament und Verwaltung in der Infonna-
IV. Datenschutz, Infonnationsfreiheit und Infonnationsgleichgewicht
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Die Wahrung des Informationsgleichgewichts zwischen Legislative und Exekutive ist in der bundesrepublikanischen Diskussion schon frühzeitig als ein Anliegen des Datenschutzes begriffen worden. Vorschriften, die das Informationsgleichgewicht von Exekutive und Legislative betreffen, fanden sich schon in dem hessischen Datenschutzge~etz aus dem Jahre 1970 65 • Bis heute sehen mehrere Landesdatenschutzgesetze Informationsrechte des Parlaments gegenüber der Regierung vor 66. Anlaß für das bemerkenswert frühzeitige Reagieren war die Sorge, daß die durch den Datenschutz eingeleitete Entwicklung zu einer einseitigen exekutivischen Verfügung über Datenbanken führen könnte 67 , der den vielfach diagnostizierten Informationsvorsprung der Regierung 68 noch verstärken würde. Die Auswirkungen des Informationsvorsprungs zeigten sich insbesondere in der ureigensten Domäne des Parlaments, nämlich dem Gesetzgebungsverfahren. Es ist bekannt, daß die überwiegende Mehrheit der im Bundestag· beschlossenen Gesetzesvorhaben dem exekutivischen Bereich entstammen 69. Die Vormachtstellung der Regierung im Gesetzgebungsprozeß wird durch politikwissenschaftliche Untersuchungen belegt, die eindrucksvoll zeigen, daß Interessengruppen ihre Einflußchancen bevorzugt durch Einwirkung auf die Regierungsebene zu maxitionsgesellschaft am Beispiel der U.S.A., in: Hoffmann / Tietze / Podlech (Hrsg.), Numerierte Bürger, Wuppertall975, 54 ff.; vgl. auch jüngst die: Empfehlungen der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente zum Infonnationsrecht der Abgeordneten und des Parlaments sowie zu den Infonnationspflichten der Regierung, ZParl 1992,573. 64 Vgl. Fehlau, Klaus-Peter / Nedden, Martin, Bürgerinfonnation im politischen Willensbildungsprozeß, Göttingen 1975, 51; darüber hinaus kann es nach Fiedler, Herbert, Vom Datenschutz zum Infonnationsrecht, DuD 1981, 10, 12, auch zu einer Verschiebung der Machtbalance zwischen Bund, Ländern und Kommunen kommen. Das Verhältnis von Exekutive und Judikative ist ebenfalls für eine Verschiebung der Machtbalance durch Infonnationsvorsprunge anfallig; vgl. Steinmüller, Datenschutz als Teilaspekt gesellschaftlicher Infonnationskontrolle, (Fn. 44), S. 57 f. 65 Immerhin hat es sich bei dem hessischen Datenschutzgesetz um das weltweit erste seiner Art gehandelt, dessen Pionierrolle anerkannt ist; vgl. z. B. Flaherty, David, Privacy and Government Data Banks, London 1984, S. 145 66 Vgl. dazu oben Fn. 9 und 10. 67 V gl. dazu Lenk, Datenschutz in der öffentlichen Verwaltung, in: Kilian / Lenk / Steinmüller (Hrsg.), (Fn. 63), 15, 40. 68 Vgl. z. B. Bodenheim, Dieter G., Kollision parlamentarischer Kontrollrechte, Hamburg 1979,40 ff., insbes. S. 41 m. w. N.; Krebs, Walter, Kontrolle staatlicher Entscheidungsprozesse, Heidelberg 1984, 159 ff.; Schneider, Hans-Peter, Entscheidungsdefizite der Parlamente, AöR 105 (1980), 4 ff. 69 Vgl. dazu die statistischen Angaben bei Bryde, in: Münch, Ingo von, Grundgesetzkommentar, Bd. 3, München 1987, Art. 76 nach Rdnr. 26. Danach kamen 484 von 718 Vorhaben in der 7. Wahlperiode aus dem Bereich der Regierung. Die Statistik würde noch ungünstiger ausfallen, wenn der Umstand berücksichtigt würde, daß aus taktischen Gründen vielfach Regierungsentwürfe durch Abgeordnete eingebracht werden; vgl. dazu Hett, Hans Jürgen, Die Öffentlichkeit der Parlamentsverhandlungen, das Grundrecht der Infonnationsfreiheit und Infonnationspflichten der Exekutive, Diss. Kiel 1987, S. 152 ff. m.w.N.
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mieren suchen 70. Eine wichtige Erklärung für diese Übermacht der Regierung im Gesetzgebungsverfahren ist im informationellen Bereich zu suchen, nämlich den besseren Informationsverarbeitungskapazitäten auf seiten der Exekutive 71. Soll sich also der Informationsvorsprung. der Regierung nicht noch weiter verschärfen, muß gesichert werden, daß die im Bereich der Ministerialbürokratie versammelten Informationsbestände dem Parlament nicht verschlossen bleiben. Die Diskussion über die Wahrung oder die Restituierung des Informationsgleichgewichts zwischen Regierung und Parlament mündet folgerichtig in die Forderung nach Zugriffsrechten des Parlaments auf Regierungsdatenbanken 72 und die erfolgreiche Festschreibung solcher Rechte in einigen Landesdatenschutzgesetzen. Wesentlich globaler setzt das Gleichgewichtsargument an, wenn in der Akkumulation von exekutivischen Datenverarbeitungskapazitäten eine Gefährdung der Machtbalance zwischen Individuen und der Verwaltung gesehen wird 73 • Augenscheinlich ist im Verhältnis von Bürokratie und Bürger die Überlegenheit der einen Seite noch deutlicher. Diese Erkenntnis war einer der wichtigsten Ausgangspunkte für die amerikanische Datenschutzdiskussion. Die Forderung nach Wiederherstellung eines aus der Balance geratenen Informationsgleichgewichts 74 hat im Vorfeld der Datenschutzgesetzgebung eine wichtige Rolle gespielt7 5 • Der Forderung lag die Erfahrung zugrunde, daß der einzelne ungleich viel verletzlicher ist, wenn es zur unkontrollierten Verbreitung personenbezogener Informationen kommt. Wegen der neuen technischen Möglichkeiten ist es sehr viel 70 Vgl. Weber, Jürgen, Interessengruppen im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 1977, 245 m. w. N.; Steinberg , Rudolf, Parlament und organisierte Interessen, in: Schneider / Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentsöffentlichkeit, Berlin / New York 1989,217, Rdnr. 41; zur personellen Verflechtung von Interessengruppen und Ministerialbürokratie Benzer, Bodo, Ministerialbürokratie und Interessengruppen, Baden-Baden 1989. 71 Vgl. Woertge, (Fn. 63), 109; Geiger, (Fn. 63), 180. 12 Vgl. Simitis, Spiros, Informationskrise des Rechts und Datenverarbeitung, Karlsruhe 1970, 109 ff.; Lutterbeck, Bemd, Entscheidungstheoretische Bemerkungen zum Gewaltenteilungsprinzip, Zur Problematik parlamentarischer Informationsrechte im Datenschutzrecht, (Fn. 63), 187 ff.; Geiger, Hannsjörg, Datenschutz und Gewaltenteilung, in: Kilian / Lenk / Steinmüller (Hrsg.), (Fn. 63), 173 ff.; vgl. jüngst auch Leister, Wolfgang, Grenzen eines Direktzugriffs des Parlaments auf Datenbanken der Regierung und anderer Hoheitsträger, ZRP 1989,212 ff.; Schneider, (Fn. 68), 32; Schindel, (Fn. 3), S. 102, hält es für erwägenswert, die abnehmende Kontrollflihigkeit des Parlaments durch die Anerkennung eines allgemeinen Informationsrechts zu kompensieren. 73 Z. B. Demant, Bemd, Die Verwaltungsautomation und das Gleichgewicht zwischen Individuum und Gesellschaft, in: Hoffmann / Tietze / Podlech (Hrsg.), (Fn. 63), 51; Kevenhörster, Paul, Politik im elektronischen Zeitalter, Baden-Baden 1984,289 f. 74 Vgl. Z. B. Westin, Alan F., Science, Privacy, and Freedom: Issues and Proposals for the 1970's, 66 Columbia Law Review 1003 und 1205 ff. (1966); Miller, Arthur R., The Assault on Privacy, 1971, 220 f. 75 Vgl. auch LasweIl, Harold, Policy Problems of a Data-Rich Civilization, in: Westin (Ed.), Information Technology in a Democracy, Cambridge / Mass 1971, 187 ff.
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schwieriger geworden, einmal in Gang gekommene Informationsflüsse, die den Betroffenen nachteilig berühren, zu neutralisieren 76. ADV-Techniken steigern die ohnehin bestehende Übermacht der Makroorganisation Verwaltung gegenüber dem nicht "formal verfaßten Alltag"77 der Bürger noch zusätzlich 78 . Die Gefahren für die "Kommunikationsökologie" der Gesellschaft sind die Kehrseite der neuen Möglichkeiten der Informationsverwaltung. Im Verhältnis Bürger - Staat führt die Informatisierung der Verwaltung dazu, daß Schranken für die Verteilung von Informationen zusammenbrechen, die vormals Folge der sektoralen Aufgliederung der Verwaltung waren und die dem einzelnen einen gewissen "natürlichen" Schutz gegen die Zweckentfremdung der ihn betreffenden Daten gewährten 79 . Die Computerisierung steigert die multifunktionale Nutzbarkeit personenbezogener Informationen in historisch ungekanntem Ausmaß. Nirgends läßt sich dies deutlicher zeigen, als an der in Amerika üblichen Praxis des data-matching in der Sozialverwaltung 8o . Die personenbezogenen Informationen, die hier der Bürger dem Staat anläßlich der Gewährung von Sozialleistungen oder ähnlichen Leistungen zur Verfügung stellt, werden zur Durchleuchtung seines übrigen Verhaltens als Bezieher von staatlichen Leistungen genutzt. Ohne den Einsatz von leistungsfähigen Rechnern wären solche umfassenden Datenabgleiche unvorstellbar. Data-matching belegt bespielhaft, daß die durch Einsatz von EDV möglich gewordenen Überwachungsinstrumentarien Strategien von Verhaltenssteuerung als Mittel der Politikdurchsetzung erheblich erleichtern können 81. Das Bundesverfassungsgericht hat die möglichen Gefahrenpotentiale zumindest für den Bereich der politischen Betätigung erkannt und in prägnante Worte gefaßt: "Wer damit rechnet, daß etwa die Teilnahme an einer Versammlung oder einer Bürgerinitiative behördlich registriert wird und daß ihm dadurch Risiken entstehen können, wird möglicherweise auf eine Ausübung seiner entsprechenden Grundrechte (Art. 8, 9 GG) verzichten"82.
76 Vgl. Bult, Infonnationswesen und Datenschutz als Gegenstand von Verwaltungspolitik, (Fn. 62), 120. 77 Lenk, Gesamtgesellschaftliche Implikationen der technischen Kommunikation, in: Hansen / Schröder / Weihe (Hrsg.), (Fn. 44), 87,93; vgl. auch Pitschas, Rainer, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, München 1990, 378 f. 78 Vgl. auch Steinmülter, Wilhelm, Nationale Infonnationsordnung in einer infonnatisierten Gesellschaft als Voraussetzung für eine internationale Infonnationsordnung, 1 Comparative Law Review (Ed. Nie. Copernicus Univ.) 67, 73 (1989). 79 Vgl. Wedde, Peter, Verwaltungsautomation und Verfassungsrecht, in: Roßnagel (Hrsg.), (Fn. 54), 67 ff.; ähnlich Steinmüller, Wilhelm, Quo Vadis Computer? - Vennutungen über alternative künftige sozio-ökonomische Entwicklungen, in: Hoffmann / Tietze / Podlech (Hrsg.), (Fn. 63), 139, 145 f. 80 Dazu bereits oben im 3. Kapitel, sub. III. 1., Text bei Fn. 151-153. 81 Lenk, Gesamtgesellschaftliche Implikationen der technischen Kommunikation, in: Hansen / Schröder / Weihe (Hrsg.), (Fn. 44), 87, 93 f. 82 BVerfGE 65, 1,43.
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7. Kapitel: Zur Konkordanz von Datenschutz und Informationsfreiheit
Eine unmittelbar einleuchtende Folgerung aus dem individualbezogenen Gleichgewichtsargument ist die Anerkennung eines Rechts auf "infonnationelle Selbstbestimmung", welches der Datenverarbeitung zu administrativen Zwecken bestimmte Schranken zieht und dem Betroffenen rechtlich gesicherte Einflußchancen (Auskunft, Berichtigung, Löschung) gibt, soweit er von Datenverarbeitungsprozessen betroffen ist. Durch die Anerkennung solcher Einflußmöglichkeiten wird die Datenverarbeitung der Administration sowie ihre möglichen Folgen für den Betroffenen kalkulierbar. Das Datenschutzrecht dient insoweit der Aufrechterhaltung des Infonnationsgleichgewichts, indem es die Datenverarbeitungsmacht der Verwaltung kanalisiert und begrenzt. Eine weitere mögliche, in der Bundesrepublik unterschätzte Antwort liegt in der Etablierung eines allgemeinen Infonnationszugangsrechts, das auch als Korrelat zur Forderung nach Datenschutz begriffen werden kann 83. Indem ein solches Recht dem Individuum die Möglichkeit eröffnet, seinerseits Zugriff auf die Informationsbestände der Verwaltung zu nehmen, wirkt es einer Monopolisierung von Infonnationen entgegen. Nicht nur die Verwaltung soll einseitig Nutzen aus den Infonnationssystemen ziehen können 84 • Zugleich wird die Datenverarbeitungsmacht der Administration einer Außenkontrolle durch den Bürger unterzogen und dadurch die abnehmende Kontrollfähigkeit des Parlaments kompensiert. Das Bedürnis nach einer solchen Kontrolle wird durch Untersuchungen bestätigt, wonach schon heute nicht selten das Parlament Infonnationsdefizite in äußerst brisanten Bereichen erst aufgrund der Problemwahrnehmung im außerparlamentarischen Bereich (Presse, Rundfunk) aufgreift 85 • Der Stärkung der Infonnationsrechte des Bürgers kommt in dieser Perspektive eine wichtige stabilisierende Funktion zu 86. Die Realisation von Datenschutz sowie die Etablierung eines Infonnationszugangsrechts, sind so verstanden unentbehrliche Mittel zur Wahrung oder Wiederherstellung des Infonnationsgleichgewichts einer Gesellschaft.
83 Scheueh, Erwin K., Datenschutz als Machtkontrolle, in: Dammann I Karhusen I Müller ISteinmüller (Hrsg.), Datenbanken und Datenschutz, Frankfurt New York 1974, 171,175. 84 So auch Stadler, Gerhard, Vom Datenschutz zur Informationspolitik, DuD 1981, 5,8. 85 Dazu Frank, Götz, das Informationsungleichgewicht zwischen Regierung und Verwaltung, Publizistik, Bd. 33, 1988, 633, 641. 86 So auch Steinmüller, Rechtspolitik im Kontext einer informatisierten Gesellschaft, in: ders. (Hrsg.), Verdatet und vernetzt, Frankfurt 1988, 142, 151 f.; ders., Nationale Informationsordnung in einer informatisierten Gesellschaft als Voraussetzung für eine internationale Informationsordnung, (Fn. 78), 80 und 82; in diese Richtung wohl auch Fiedler, (Fn. 64), 12; Endres, Elisabeth, Datenerfassung und Probleme der Demokratisierung, in: Hoffmann I Tietze I Podlech (Hrsg.), (Fn. 63), 63, 69; Büllesbach, Alfred, Informationstechnologie und Datenschutz, München 1985, 124 ("Die Forderung, die der Gefahr des ,gläsernen Menschen' gegenüber gesetzt wird, müßte dann lauten ,gläserne Verwaltung' ... ").
V. Datenschutz, Infonnationsfreiheit und demokratische Mitwirkung
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V. Datenschutz und Informationsfreiheit als komplementäre Bedingungen demokratischer Mitwirkung Ein Ergänzungsverhältnis nimmt schließlich auch das Komplementaritätsargument an. Noch stärker als das Gleichgewichtsargument rekurriert es auf fundamentale demokratietheoretische Grundannahmen. Im Zentrum des Arguments steht die These, daß in einer demokratischen Gesellschaft Informationsfreiheit und Recht auf informationelle Selbstbestimmung über den Begriff der Partizipation miteinander vermittelt sind. Als Ermöglichungsbedingung der individuellen und der kollektiven Selbstbestimmung seien Freedom of Information einerseits und Datenschutz andererseits zwei Seiten derselben Münze 87 . Ähnlich wie das Gleichgewichtsargument löst auch das Komplementaritätsargument das Datenschutzrecht aus seiner ,,klassischen" abwehrrechtlichen Fixierung heraus. Datenschutz wird nicht mehr allein als Ausschlußrecht verstanden, das dem einzelnen die Verteidigung einer Sphäre des Alleinseins ermöglicht, sondern vielmehr als ein Recht, das die Kommunikationsfähigkeit des einzelnen schützen so1l88. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß die Kommunikationsfähigkeit des einzelnen durch eine unkontrollierte Verteilung von personenbezogenen Informationen zerstört werden kann. Eine möglichst unverzerrte Kommunikation setzt mithin voraus, daß der Kommunikator den Überblick darüber behält, welche Informationen bezüglich seiner Person zirkulieren. Diesen Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht mit erfreulicher Klarheit im Volkszählungsurteil herausgestellt. Dort heißt es: "Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffenden Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus seiner eigenen Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden" 89. Da eine solche Situation auch eine erhebliche Gefahr für die politische Kultur der Gesellschaft beinhaltet, ist es folgerichtig, privacy als eine condition of participation aufzufassen 90. 87 Dieses Bild ist in der amerikanischen Diskussion recht verbreitet, vgl. etwa 0' Brien, David M, Privacy, Law, and Public Policy, New York, 1979, S. 220; Eaton, Joseph W. Card-Carrying Americans, Totowa, New Jersey 1986; Hayden, Trudy, Issues in Personal Privacy, in: Institute of Govemment, University of Georgia, ca. 1977, 15 (15); vgl. ferner Günther, Andreas, Infonnationszugang und Datenschutz, Jur-Pc 1992, 1416 (Tagungsbericht). 88 Daß dies eine wichtige Pointe des Volkszählungsurteils des BVerfG ist, haben verschiedene Rezensenten der Entscheidung herausgestellt; vgl. z. B. Simitis, Spiros, Die infonnationelle Selbstbestimmung - Grundbedingungen einer verfassungsmäßigen Infonnationsordnung, NJW 1984,398,400; Mückenberger, Ulrich, Das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts, KJ 1984, 1,7 ff.; Steinmüller, Wilhelm, Das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts, DuD 1984,91 ,93. 89 BVerfGE 65, 1,43. 90 Simitis, Spiros, Reviewing Privacy in an Infonnation Society, 135 University of Pennsylvania Law Review 707 (1987), 732; Similis, Spiros/Walz, Das neue hessische
254
7. Kapitel: Zur Konkordanz von Datenschutz und Informationsfreiheit
Das Komplementaritätsargument geht ferner davon aus, daß in einer demokratischen Gesellschaft die politische Mitwirkung des einzelnen auf ein Maximum allgemein verfügbarer Informationen angewiesen ist 91 . Dies bedeutet u. a., daß ein möglichst umfassender Zugang zu Verwaltungsinformationen gewährleistet sein muß. Auch Informationen über einzelne Glieder der Gesellschaft dürfen allerdings nicht grundsätzlich ausgenommen werden. Der Soziologe Georg Simmelleitet seine Erörterung über "Das Geheimnis und die geheime Gesellschaft" mit dem Satz ein: "Alle Beziehungen von Menschen untereinander ruhen selbstverständlich darauf, daß sie etwas voneinander wissen"92. Die paradox anmutende Schwierigkeit liegt darin, daß Menschen etwas voneinander wissen müssen, um kollektiv handeln zu können, und zugleich nicht zuviel voneinander wissen dürfen, damit ihre Handlungsfähigkeit nicht zerstört wird. "Partizipation des einzelnen an der politischen Willensbildung ist ohne Information über die Lage, über Personen und Zustände nicht sinnvoll, sie setzt Informationsgleichgewicht und Öffentlichkeit voraus" 93 . Eine in der amerikanischen Diskussion weithin anerkannte Version des Komplementaritätsarguments findet sich bei 0' Brien 94 • Danach erkennt der Datenschutz das Recht des Individuums auf Selbstbestimmung ("self determination") an. Dieses Recht habe aber nicht nur einen Bezug zur individuellen, sondern auch zur kollektiven demokratischen Selbstbestimmung ("self govemment"). Umgekehrt erkenne die FOI-Gesetzgebung an, daß die Individuen in einer freien Gesellschaft über die Aktivitäten ihrer Regierung informiert sein müssen, damit Selbstbestimmung möglich ist. Datenschutz und Zugangsrecht seien deshalb, so 0' Brien 95, politische Korrelate, die beide mit dem Recht der Individuen zu tun haben, Informationsflüsse zu kontrollieren, die für ihre Selbstbestimmung wichtig sind. Selbstbestimmung wird sowohl als Freiheit, seinen selbstgewählten tagtäglichen Geschäften nachzugehen, als auch im erweiterten Sinn als Freiheit, kollektiv die Geschicke des politischen Gemeinwesens zu bestimmen, aufgefaßt 96 . Datenschutzgesetz, RDV 1987, 157, 159; vgl. auch Denninger, Erhard, Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, in: Hohmann (Hrsg.), (Fn. 46), 127, 134. 91 Vgl. Capurso, M., The Nature of the New Technologies: Their Effects on our Civilisation, in: Council of Europe / Conseil de I'Europe, Beyond 1984: The Law and Information Technology in Tomorrow's Society, (Fn. 37), "information is the key to democracy"(102); auch Büllesbach, (Fn. 85), 126. 92 Soziologie(1908), 5. Aufl., Berlin 1968,256. 93 Brinckmann, Hans, Datenschutz und Recht auf Information, in: Kilian / Lenk / Steinmüller (Hrsg.), (Fn. 63),77; ebenso Grimmer, Klaus, Demokratie und Grundrechte, Berlin 1980, 272 ff.; vgl. auch Silber, John R., Masks and Fig Leaves, in: Pennock / Chapman (Ed.), Nomos XIII, Privacy, New York 1971,227,235. 94 O'Brien, David M., (Fn. 86),S. 219 ff.; ders., Privacy and the Right of Access: Purposes and Paradoxes of Information Control, 30 Administrative Law Review 45 (1978), 83 ff.; vgl. auch Gavison, Ruth, Privacy and the Limits of Law, 89 Yale Law Journal 421 (1980), 455. 95 Ebenda, Privacy, Law and Public Policy, (Fn. 86), 220. 96 0' Brien, Privacy and the Right of Access, (Fn. 93), 84.
V. Datenschutz, Infonnationsfreiheit und demokratische Mitwirkung
255
Vielleicht zeigt sich die Pointe des Komplementaritätsarguments am deutlichsten in der Institution des Wahlgeheimnisses 97 • Im "Übergang vom Privaten zum Öffentlichen"98 gewährleistet das Wahlgeheimnis, daß der einzelne frei von äußerem Druck seine Wahlentscheidung treffen kann. Nur im Rahmen eines Denkens, das Demokratie und Freiheit in einen polaren Gegensatz bringt, erscheint die "Methode der geheimen Einzelabstimmung" als undemokratisch und als Ausdruck eines fragwürdigen "liberalen Individualismus" 99. Für ein Demokratieverständnis hingegen, in dem sich die Einheitsbildung nicht über die Köpfe der Subjekte hinweg vollzieht 100, kann das Wahlgeheimnis sehr viel eher als Voraussetzung für einen authentischen Willensbildungsprozeß begriffen werden. Der Zusammenhang von freedom of information und Datenschutz, der sich aus dem Komplementaritätsargument ergibt, beruht auf manchen Prämissen, die heute nicht mehr ungeteilt Zustimmung finden 101. Wer bereit ist, die auf politische Selbstbestimmung ausgerichteten Prämissen der rechtstaatlichen Demokratie auch unter den Bedingungen der heutigen technischen Zivilisation als verbindliches Konzept zu akzeptieren, wofür sich nach wie vor gute Gründe angeben lassen 102, wird nicht umhin können, dem Argument ein hohes Maß an Plausibilität zu bescheinigen. Die Teilhabe der Bürger an der politischen Willens bildung ist auf ein allgemeines Informationsrecht angewiesen, ebenso wie die Einheitsbildung in der politischen Demokratie die Kommunikationsfähigkeit der Subjekte voraussetzt 103. Die Verbindung von freedom of information und Datenschutz gewinnt auf Grundlage dieser Überlegungen erheblich an innerer Überzeugungskraft.
97 Vgl. Friedrich, (Fn. 24),115; Rourke, Francis E., Secrecy and Publicity, Dilemmas of Democracy, Baltimore 1961, 103. 98 Schmitt, Carl, Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus, 5. Aufl., Berlin 1979, 50. 99 Schmitt, Carl, Verfassungslehre (1928), 6. Aufl., Berlin 1983,244. 100 Der lockeanischen politischen Philosophie, deren Einfluß auf die amerikanische Verfassungsentwicklung unbestritten ist (vgl. z. B. Steinberger, Helmut, Konzeptionen und Grenzen freiheitlicher Demokratie, Berlin etc. 1974,82; Koelinger, Jefrey, Substantive Due Process Analysis and the Lockean Tradition: Rethinking the Modem Privacy Cases, 65 Indiana Law Journal 723 (1990», entspricht eine solche Denkungsart sehr viel mehr als die in Deutschland seit jeher geistesgeschichtlich dominierenden politischen Philosophien von Hobbes, Kant und Hegel; vgl. dazu z. B. Preuß, Ulrich K., Politische Verantwortung und Bürgerloyalität, Frankfurt 1984, S. 58 ff.; vgl. insbesondere auch überzeugend Relyea, (Fn. 21), 137 ff., der geistesgeschichtlich die dem amerikanischen Konvergenzdenken eigentümliche Vorstellung einer Balance von Privacy und Publicity in der lockeanischen politischen Philosophie verortet; ferner Kriele, (Fn. 29). 101 V gl. dazu im einzelnen Vesting, Thomas, Politische Einheitsbildung und technische Realisation, Baden-Baden 1990. 102 Zur Auseinandersetzung damit Simitis, Spiros, Selbstbestimmung, KJ 1988,32 ff. 103 Ähnlich auch SchoUer, Heinrich, Person und Öffentlichkeit, München 1967,73.
256
7. Kapitel: Zur Konkordanz von Datenschutz und Informationsfreiheit
VI. Zusammenfassung Die Untersuchung des Transparenzarguments, des Verteilungsarguments, des Gleichgewichtsarguments sowie des Komplementaritätsarguments haben gezeigt, daß die These von der Unvereinbarkeit von Datenschutz und Öffentlichkeitsprinzip der Informationsgesellschaft nicht entspricht. Eine stärker konvergenzorientierte Sicht, die in der amerikanischen Rechtskultur sehr viel deutlicher vorgezeichnet ist, ist auch für die Bundesrepublik angezeigt. Die Etablierung eines allgemeinen Informationszugangsrechts bedarf danach einer sorgfältigen Koordinierung mit den Forderungen des Datenschutzes. Im Rahmen der Etablierung eines solchen umfassenden Rechts der Informationsbeziehungen werden auch die Informationsbedürfnisse der Wissenschaft ihren Platz finden.
8. Kapitel
Zusammenfassung der Ergebnisse I. 1. In der Bundesrepublik wird bei der Diskussion über das Spannungsverhältnis von Datenschutz und Forschungsfreiheit nicht hinreichend berücksichtigt, daß das Konfliktfeld durch das Geheimhaltungsprinzip entscheidend mitkonstituiert wird. Die Informationsgewährungspflichten des Staates sind nach wie vor äußerst gering 1. Deutlich wird dies für den Bereich der Forschung insbesondere dann, wenn es an besonderen Zugangsrechten für Wissenschaftler fehlt. In einem solchen Fall ist der Zugang praktisch weitgehend in das Belieben der Administration gestellt. Alle bisherigen Versuche, den nachteiligen Wirkungen des Geheimhaltungsprinzips durch die Mobilisierung von Verfassungsbestimmungen beizukommen, sind gescheitert 2 • 2. Im Schatten eines Verteilungsprinzips, das Informationsoffenbarungen zur Ausnahme stempelt, hat es auch die Forschung schwer. Mit dieser Einschätzung soll nicht in Abrede gestellt werden, daß verglichen mit einer eher sorglosen Praxis in der Vergangenheit der Datenschutz Barrieren für den Datenzugang errichtet hat, die nur zum Teil durch besondere Zugangsrechte für die Forschung relativiert worden sind. Die restriktiven Effekte werden aber nur dann angemessen begriffen, wenn sie aus einem Zusammenwirken von Datenschutz und traditionellem Geheimhaltungsprinzip erklärt werden. Diese Verstärkungswirkung zeigt sich z. B. besonders deutlich dann, wenn sich Arkanisierungsbestrebungen, die ihre Ursachen in der überkommenen Geheimhaltungsmentalität haben, unter mißbräuchlicher Berufung auf den Datenschutz legitimieren 3•
11. 1. Durch die Verabschiedung des Freedom of Information Act (FOIA) hat demgegenüber Mitte der 60er Jahre der amerikanische Gesetzgeber mit der Dominanz des Geheimhaltungsprinzips gebrochen, indem er das Informations1 2 3
1. Kapitel, Ir. 1.; III. 1. 1. Kapitel, 11. 2.; III. 2. 1. Kapitel, IV.
17 Wollenteit
258
8. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse
recht grundlegend auf die Vermutung der Öffentlichkeit administrativer Informationsbestände umstellte 4 • Seither kommt dem amerikanischen Beispiel auch für das bundesrepublikanische Informationsrecht eine Vorbildfunktion zu. Es lohnt sich deshalb auch im Rahmen der Debatte um die Reichweite von Zugangsrechten für die Forschung die amerikanische Rechtsentwicklung sorfaltig auf ihre Vorzüge sowie ihre Mängel zu befragen 5• 2. Das Informationsrecht des FOIA ist als Jedermannsrecht gefaßt 6 • Dies bedeutet, daß der Forschung nach dem Gesetz keine besondere Position eingeräumt ist. Die besonderen Zugangsinteressen der wissenschaftlichen Forschung werden lediglich bei der Erhebung von Gebühren berücksichtigt, indern bei der Nutzung des Gesetzes für Forschungszwecke niedrigere Gebührensätze oder sogar ein Gebührenverzicht vorgesehen sind 7• 3. Trotz des Fehlens besonderer Zugangsrechte für die Forschung profitieren Wissenschaftler von der allgemeinen auf Publizität gerichteten Tendenz des Gesetzes erheblich. Die Umkehrung der Rechtfertigungslast wirkt sich positiv auf die Zugangschancen von Forschern aus, weil sie die Verwaltung zu einer sorgfaltigen Begründung ihrer ablehnenden Zugangsentscheidung zwingt. Die liberale Handhabung des Zugangsrechts ist beim Vorliegen einer administrativen Geheimhaltungsbehauptung durch Verfahrensvorschriften, z. B. durch stringente Fristvorschriften sowie eine gerichtliche in camera-Überprüfung, abgesichert 8 • 4. Der Informationsanspruch ist allerdings nicht unbegrenzt, sondern wird durch einen abschließenden Ausnahmekatalog umrissen. Wie der Datenzugangswunsch jedes anderen Nutzers können auch Forscher an einer der 9 Ausnahmen des FOIAs scheitern 9. Für Historiker, die sich mit Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und der Außenpolitik befassen, hat sich z. B. die 1. Ausnahme des FOIA als größtes Hindernis erwiesen. Der Grund hierfür liegt darin, daß der FOIA in diesem besonderen Bereich der Administration weitgehend ihren steuernden Einfluß auf die Sekretierungspraxis erhalten hat lO • 5. Der Konflikt zwischen Datenschutz und Datenzugangsinteressen beim Zugang zu personenbezogenen Informationen ist in zwei Ausnahmen explizit geregelt. Die 6. Ausnahme 11 und die 7. Ausnahme «b) (7) (C))12 statuieren recht allgemein gehaltene Abwägungsregeln, die der Konkretisierung bedürfen. Bei 2. Kapitel, I. 4. 2. Kapitel, Einleitung. 6 2. Kapitel, I. 1. 7 2. Kapitel, I. 5. 8 2. Kapitel, I. 4. 9 2. Kapitel, III. 10 2. Kapitel, III. 3. 11 2. Kapitel, IV. 12 2. Kapitel, V. 1. 4
5
8. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse
259
der Festlegung der Abwägungskriterien für das Vorliegen eines eindeutig unzulässigen Eingriffs in die Privatsphäre, hat sich die Rechtsprechung allerdings schwer getan 13. Neben einer Reihe heterogener Gesichtspunkte steht im Zentrum der Abwägung die grundlegende Frage nach der Intensitiit des Eingriffs in die Privatsphäre 14 einerseits sowie das öffentliche Interesse an der Offenbarung der begehrten Information 15 andererseits. 6. Größere Schwierigkeiten bereitete in der Praxis die Frage, wie das öffentliche Interesse an der Offenbarung einer Information zu bestimmen ist. Einigkeit herrschte lediglich dahingehend, daß für die Bestimmung des öffentlichen Interesses die demokratischen Intentionen des FOIA verbindlich sind. Das Einsichtsrecht soll nach dem Willen des amerikanischen Gesetzgebers der Wählerschaft ein eigenständiges Urteil über die Angemessenheit des Verwaltungshandelns ermöglichen. Auch für die Wissenschaft impliziert dieses Moment der Abwägung eine Erleichterung des Datenzugangs, wenn Zugang zu Informationen begehrt wird, die Auskunft über die Funktionsweise der Verwaltung zu geben vermögen 16. 7. Ein langjähriger Dissens trat jedoch in der Rechtsprechung bezüglich der Frage auf, ob das partikulare Nutzunginteresse des Zugangsuchenden bei der Bestimmung des öffentlichen Interesses an der Offenbarung Berücksichtigung finden darf 17 • Hier standen sich noch bis vor kurzem zwei gegensätzliche Positionen gegenüber. Nach dem einen durch die Entscheidung Robles v. Environmental Protection Agency 18 repräsentierten Ansatz, durfte das besondere Nutzungsinteresse nicht berücksichtigt werden, während nach der lange dominierenden durch Getman v. NLRB 19 begründeten Rechtsprechungslinie dem Nutzungszweck erhebliche Bedeutung zukam. 8. Das Schwanken der Rechtsprechung zwischen einem abstrakten Ansatz ("release to one is release to all") und einem nutzerorientierten Ansatz weist auf eine grundlegende Schwierigkeit hin, die die Harmonisierung von Datenschutz und Informationszugangsrecht betrifft. Während für ein auf das Demokratieprinzip gestütztes Datenzugangsrecht eine Differenzierung zwischen mehr oder weniger Zugangsberechtigten problematisch ist, steht der individualrechtliche Datenschutz einer am Verwendungszweck orientierten Perspektive aufgeschlossen gegenüber. Die Analyse der amerikanischen Judikatur zur Datenschutzausnahme fördert diesen letzten irreduziblen Konflikt zwischenfreedom of information und privacy zutage 20. 13 14
15 16 17
18 19
20 17*
2. Kapitel, IV. 3. 2. Kapitel, IV. 3. a). 2. Kapitel, IV. 3. b). 2. Kapitel, IV. 3. b) aa). 2. Kapitel, IV. 3. b) bb). Dazu oben 2. Kapitel, sub IV. 3. b) bb), Text bei Fn. 195 ff. Dazu oben 2. Kapitel, sub IV. 3. b) bb), Text bei Fn. 186 ff. 2. Kapitel, VII.
260
8. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse
Die grundsätzliche Frage, mit der sich auch eine deutsche Informationsfreiheitsgesetzgebung zu befassen hat, ist deshalb die nach der Bedeutung des Verwendungskontexts. Darf der Verwendungskontext bei der Entscheidung über die Freigabe personenbezogener Informationen im Rahmen eines Informationsfreiheitsgesetzes eine Rolle spielen, oder muß man sich bei der Abwägung auf eine abstrahierende Perspektive beschränken?21 9. Der Supreme Court hat in seiner jüngsten Judikatur den Verwendungskontext für unbeachtlich erklärt. Unter Berücksichtigung der Vorgaben des FOIA sowie seines rechtlichen Umfelds überzeugt diese Lösung. Das Konzept eines Jedermannsrechts gibt tendenziell einem generalisierenden Ansatz recht. Ferner vermögen weder der FOIA noch andere rechtliche Regelungen derzeit die Weiterverbreitung von offenbarten Informationen zu disziplinieren. Dies gilt auch für die Forschung, für die es in der Regel an wirksamen Abschottungsmöglichkeiten fehlt. Es wäre aber nicht folgerichtig, den Verwendungkontext bei der Freigabeentscheidung zu berücksichtigen, obwohl der Verwendungskontext gar nicht garantiert werden kann 22 . 10. Das amerikanische Beispiel sollte deshalb nicht als Endpunkt einer möglichen Entwicklung begriffen werden 23. In einem neueren Informationsfreiheitsgesetz wird bereits mit einem Konzept experimentiert, daß dem Nutzungszweck sehr viel größere Bedeutung beimißt 24. Eine Fortentwicklung des amerikanischen Ansatzes ist also keineswegs unmöglich. Die Erfahrung mit dem FOIA zeigt allerdings, daß die Ausgestaltung einer Datenschutzausnahme unter Einbeziehung des Nutzungszwecks sehr viel komplexere Überlegungen erfordert. Der Verzicht auf die Einbeziehung der Einwilligung als Rechtfertigungskriterium kann im Rahmen einer solchen Fortentwicklung keinen Bestand haben. Ferner muß dann eine überzeugende Antwort auf die notwendige Sicherung des Verwendungskontexts gefunden werden 25.
111. 1. Vorgaben für den Zugang zu personenbezogenen Daten ergeben sich nicht nur aus dem FOIA, sondern auch aus dem Recht auf privacy. Während das traditionelle common law-Recht für das Datenschutzrecht gegenwärtig praktisch keine Rolle spielt 26, ist zunehmend die Verfassung in den Blickpunkt des Interesses gerückt. In einer Kette von Entscheidungen hat der Supreme Court ein
21 22 23 24 25 26
2. 2. 2. 2. 2. 3.
Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,
VII, bei Fn. 324. IV. 3. b) ce). VII, bei Fn. 327. VII, bei Fn. 338 ff. VII, bei Fn. 332 ff.
1.
8. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse
261
vielschichtiges Recht auf privacy als eigenständiges fundamentales Recht anerkannt, dem nach überwiegender Auffassung auch eine datenschutzrechtliche Komponente zukommt 27 • Die Offenbarung von Informationen wird in der Rechtsprechung der Gerichte durch einen Abwägungsansatz diszipliniert, bei dem neben der Sensitivität der Daten vor allem der Gesichtspunkt Berücksichtigung findet, ob die Offenbarung von Informationen mit dem Risiko einer unkontrollierten Weiterverbreitung der Information verbunden ist 28. Für die Forschung bedeutet dies, daß Übermittlungen an Einrichtungen generell unbedenklich sind, wenn in deren Bereich die Daten vor Zweckentfremdung durch Geheimhaltungsvorschriften oder andere Vorkehrungen hinreichend geschützt sind 29. 2. Wichtige Schlußfolgerungen für den Zugang zu personenbezogenen Informationen für Forschungszwecke ergeben sich aus dem Privacy Act (PA)3°. Wie schon der FOIA enthält allerdings auch der PA, abgesehen von einer praktisch wenig bedeutsamen Vorschrift, keine besonderen Regelungen für den Zugang zu Forschungsdaten 31 • Ein Vorschlag der Privacy Proteetion Study Commission, der auf die Einführung einer solchen Regel gerichtet war, konnte sich nicht durchsetzen 32 • Auf die Breite des Datenzugangs für Forschungszwecke hat sich dieses Defizit im Ergebnis allerdings kaum nachteilig ausgewirkt. Die Verwaltung hat nämlich unter Ausnutzung der routine use-Vorschrift des PA die Forschung durch Einrichtung großzügiger Datentransfermöglichkeiten begünstigt 33. Diese Praxis ist jedoch in vieler Hinsicht umstritten. Es ist zweifelhaft, ob sie wirklich mit dem Kompatibilitätskriterium, das eine Zweckidentität voraussetzt, vereinbar ist. Ferner besteht die Gefahr, daß die Verwaltung den Datenfluß zu stark nach ihren eigenen Vorstellungen beeinflußt 34 • 3. Das Zusammenspiel von FOIA und PA betont die Bedeutung des Öffentlichkeitsprinzips für das amerikanische Informationsrecht. Der FOIA setzt sich gegenüber dem PA durch, wenn sich die Behörde auf keine Datenschutzausnahrne des FOIA stützen kann. Erst wenn eine Ausnahme des FOIA eingreift, geht das Regime auf den PA über 35. 4. Eine Zusammenschau von FOIA und PA ergibt folgendes Bild: Während der FOIA eine Einbeziehung der besonderen Nutzungsinteressen der Forschung nicht zuläßt, setzt sich im Bereich des PA der Verwendungszweck vergleichsweise ungezügelt über den Routinegebrauch durch. Diese eigentümliche Disparität 27
28
29 30
31 32
33 34
35
3. 3. 3. 3. 3. 3. 3. 3. 3.
Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,
11. 2. 11. 2. b). 11. 3. III. III. 3. III. 3. bei Fn. 222. III. 3. bei Fn. 232 ff. III. 3. bei Fn. 240 ff. III. 2. d) aa).
8. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse
262
bestätigt indirekt einen Regelungsansatz, der dem Verwendunszweck und insbesondere auch den Datenzugangsbedürfnissen der Forschung zumindest partiell Rechnung tragen will. Die Kehrseite des sowohl für den FOIA als auch den PA zu konstatierenden Regelungsdefizits ist offenbar die prinzipienlose Praxis des routine use. Wenn aber das Bedürfnis nach besonderen Regeln für die Forschung im Rahmen des Datenschutz Anerkennung verdient, dann sollte diese nach einer auch in der USA verbreiteten Forderung besser durch eine klare Regelung erfolgen 36.
IV. 1. Die Analyse des FOIA und des PA hat sich auf die Frage nach dem Stellenwert und der Sicherung des Verwendungskontexts zugespitzt. Normativ wird der Verwendungskontext durch das Zweckbindungsgebot bzw. durch das Gebot der functional seperation garantiert. Forschungsdaten dürfen nur zu Forschungszwecken und nicht zugleich als Interventionswissen genutzt werden. Im Forschungsbereich führt das Gebot der Zweckbindung seit jeher zu der Forderung nach Forschungsgeheimnissen, Zeugnisverweigerungsrechten und Beschlagnahmeverboten für Forschungsunterlagen. Die Relevanz einer solchen Forderung in den USA ist nicht nur auf dem Hintergrund der herrschenden privacy-Doktrin zu verstehen, die in erster Linie eine unkontrollierte Verbreitung von Informationen verhindern will, sondern erklärt sich auch daraus, daß Forscher sehr viel häufiger als in der Bundesrepublik staatlichen Zwangsandrohungen ausgesetzt waren, mit denen die Preisgabe vertraulicher Forschungsinformationen erzwungen werden sollten 37.
2. Als Anknüpfungspunkte für Zeugnisverweigerungsrechte und Beschlagnahmeverbote haben sich verschiedene Ansätze als wenig aussichtsreich erwiesen. Der Vorschlag, Gegenrechte von Forschern auf den ersten Zusatzartikel der Verfassung zu stützen, ist weitgehend der Erfolg versagt geblieben. Dasselbe gilt für den Versuch, ein Zeugnisverweigerungsrecht auf die traditionellen Beweisregeln des common law zu stützen 38. 3. Neben den gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrechten, die ihrerseits häufig lückenhaft sind 39, werden relevante Schutzeffekte lediglich durch Anwendung der zivilprozessualen Regeln (Federal Rules of Civil Procedure) erreicht 4O • Übermäßig belastende Aussageverpflichtungen oder Beschlagnahmen können danach abgewehrt werden 41 • Ebenso ist es im Rahmen der Regeln möglich, die Daten36 37
38 39
40 41
3. 4. 4. 4. 4. 4.
Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,
IV.
I.
V. 11. IV. IV., bei Fn. 59 ff.
8. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse
263
schutzinteressen der Forschungsteilnehmer durch Schutzauflagen zu sichern, die die Nichtidentifizierbarkeit der Betroffenen gewährleisten 42. Insgesamt ist der Schutz aber lückenhaft, da den Gerichten ein erheblicher Ermessensspielraum verbleibt 43 • 4. Auf dem Hintergrund solcher unzulänglichen Regeln ist die Forderung nach einer effektiven Abschirmung von Forschungsdaten noch immer aktuell 44 • Der lückenhafte Schutz bestätigt die jüngste Rechtsprechung des Supreme Court zur Abwägung im Rahmen der Datenschutzausnahme (des FOIA). Eine Einbeziehung des Verwendungskontexts im Rahmen der Abwägung läßt sich kaum rechtfertigen, wenn die vorhandenen Gegenrechte von Forschern eine effektive Abschottung der Informationen vor Drittzugrifffen nicht zu gewährleisten vermögen.
v. 1. Sowohl in der Bundesrepublik als auch in den USA ist der Zugang zu Mikrodaten der amtlichen Statistik einem besonderen rechtlichen Regime unterstellt 45. In den U.S.A. werden die Daten der einzelnen statistischen Behörden durch besondere Statistikgeheimnisse abgeschirmt, die in der Regel als Spezialgesetze im Sinne der 3. Ausnahme des FOIA gelten und dadurch den Zugang zu diesen Informationen versperren 46. Die Geheimhaltung ist jedoch keineswegs einheitlich ausgestaltet. Im Bereich der statistischen Behörde der Sozialverwaltung sind Daten sogar anfällig für einen FOI-Antrag 47 • Diese Situation schließt einen Datenaustausch zwischen den statistischen Behörden aus.
2. Der Versuch, eine Vereinheitlichung des Geheimnisschutzes durch eine besondere Gesetzgebung zu erreichen, ist gescheitert. Das Enklavenmodell sollte auf dem Hintergrund einer strikten Geheimhaltung den Austausch von Daten zwischen den statistischen Behörden ermöglichen 48. 3. Auch im Bereich des Zugangs zu Mikrodaten akzentuiert das amerikanische Informationsrecht aber im übrigen stärker den nicht diskriminierenden Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen. Vehikel für eine liberale Freigabepolitik ist die Praxis des public data use 49 • Bei der Herstellung dieser allgemein zugänglichen Stichproben werden Anonymisierungsgrundsätze angewandt, die in der Bundesrepublik als nicht akzeptabel gelten. Infolge der Neubewertung von 42 43 44 45
46 47
48 49
4. 4. 4. 5. 5. 5. 5. 5.
Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel. Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,
IV., bei Fn. 63 ff. u. 70 ff. IV., bei Fn. 79 ff. VI. III. III. III. III.
2. 2. d). 2. e). 2. a) bb).
8. Kapitel: Zusanunenfassung der Ergebnisse
264
Reidentifizierungsrisiken zeichnet sich allerdings auch in den U.S.A. neuerdings eine etwas restriktivere Praxis ab 50. Obwohl eine grundsätzliche Revision des public data use nicht zu erwarten ist, hat diese restriktivere Tendenz Überlegungen zu Erweiterung des Datenzugangs speziell für Forschungszwecke ausgelöst 51 • 4. In der Bundesrepbulik fehlt es hingegen an einer vergleichbaren Politik des public data use. Diskutiert wird über die selektive Freigabe von Microdaten für Forschungszwecke 52 • Für diese zurückhaltende Politik lassen sich auf dem Hintergrund großer Akzeptanzproblem im Bereich der amtlichen Statistik durchaus gute Gründe angeben 53. Allerdings gibt es auch in der Bundesrepublik Raum für die Einrichtung allgemein zugänglicher Stichproben, der zur Zeit nicht genutzt wird. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, daß Stichproben mit niedriger Merkmalsausprägung keine Deanonymisierungsrisiken aufwerfen 54. Für derartige Stichproben käme daher eine non-selektive Freigabe in Betracht. Eine großzügigere, nicht nur auf die Forschung beschränkte Freigabepolitik könnte stärker den potentiellen Nutzen der amtlichen Statistik ins allgemeine Bewußtsein rücken 55.
VI. 1. Die auch in der Bundesrepublik verbreitete Forderung nach Beteiligung von Wissenschaftlern an der Zugangsentscheidung findet in dem amerikanischen institutional review process ein interessantes Vorbild. Auch in den U.S.A. ist allerdings keine unmittelbare Beteiligung der Forschung an der Zugangsentscheidung vorgesehen, da das überwiegend im universitären Bereich verankerte institutionelle Prüfungsverfahren und das allgemeine Datenzugangsrecht selbständig (kumulativ) nebeneinander stehen 56.
2. Trotzdem lohnt es sich, die amerikanischen Erfahrungen mit diesem Modell von Selbstregulierung genauer zu untersuchen. Der ursprünglich allein als Mittel zur Kontrolle experimenteller Forschung gedachte institutional review process hat immer mehr Bedeutung auch für den Datenschutz erlangt. Obwohl es offenbar gelungen ist, durch diesen Kontrollmechanismus die in der Vergangenheit schokkierenden Humanexperimente 57 auszuschließen, haben sich die Schutzeffekte in mancher Hinsicht als defizitär erwiesen.
50 51 52 53
54 55
56 57
5. 5. 5. 5. 5. 5. 6. 6.
Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,
III. 2. a) bb), bei Fn. 84 ff. III. 3. ll. 3. IV. II. 3., bei Fn. 47. IV. IV. 11.
8. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse
265
3. Ein zentrales Defizit liegt in dem professionellen Übergewicht der Wissenschaft, das Zweifel an der Wirksamkeit des Schutzes der Forschungsteilnehmer aufkommen läßt. Es fehlt an überzeugenden Konzepten, wie die Interessen der Forschungsteilnehmer in dem Verfahren effektiv zur Geltung gebracht werden können. Eine fast ausschließlich aus Wissenschaftlern konstituierte Kontrollinstanz ist zu stark mit dem Zugangsinteresse identifiziert und läßt deshalb Gefahren für den Datenschutz entstehen 58. 4. Auf dem Hintergrund dieser Erfahrungen erscheint gegenüber Forderungen, das Datenzugangsrecht stärker auf Selbstregulierung umzustellen, Zurückhaltung geboten. Diese Skepsis bedeutet nicht, daß eine Beteiligung von Forschern an Zugangsentscheidungen oder an der Lösung von Zugangskonflikten ausgeschlossen sein muß. Bedenklich wäre jedoch ein Verfahren, das die Zugangsentscheidung aus dem Bereich staatlicher Verantwortung herausnähme und in die Hände einer Instanz legte, die schon wegen ihrer institutionellen Verortung einseitig mit dem Zugangsinteresse identifiziert ist 59 •
VII. 1. Mit dem Aufkommen der modemen Informationstechnologien wird die Frage nach der Vereinbarkeit von Datenschutz und Informationsfreiheit in seiner ganzen Schärfe auf die Tagesordnung gesetzt. Auf dem Hintergrund einer anderen Rechtstradition konnte sich in den USA sehr viel leichter eine konvergenzorientierte Sicht durchsetzen. Danach stehen die Forderung nach Öffentlichkeit und Datenschutz allenfalls in einem sehr beschränkten Widerspruch 60 • 2. Konvergenzlinien zwischen Datenschutz und Informationsfreiheit lassen sich aus unterschiedlicher Perspektive gewinnen. Nicht nur dem Öffentlichkeitsprinzip, sondern auch dem Datenschutz ist in begrenztem Umfang die Forderung nach Transparenz des Verwaltungshandelns eigentümlich. Das "Transparenzargument" weist deshalb zutreffend daraufhin, daß eine vorschnelle Identifikation von Datenschutz und Geheimhaltungsprinzip fehl am Platz ist 61 • 3. Durch die Computerrevolution wird die Frage nach der Verteilung der Ressource Information aufgeworfen. Zugang und Verfügung über Informationen entscheiden über Handlungschancen, Konkurrenzvorteile etc. Das "Verteilungsargument" bezieht Datenschutz und Informationszugangsrecht nicht direkt sondern nur mittelbar aufeinander. Beide werden als wichtige Bestandteile und Steuerungsinstrumente im Rahmen eines umfassenden Rechts der Informations58 59
60 61
6. 6. 7. 7.
Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,
V. VI. I. II.
266
8. Kapitel: Zusammenfassung der Ergebnisse
beziehungen angesehen. Nur ein umfassender Verteilungsansatz vermag aus der Sicht des Verteilungsarguments die durch die Automatisierungstendenzen in allen gesellschaftlichen Bereichen ausgelösten sozialen Probleme zu meistern 62 • 4. Zu ähnlichen Schlußfolgerungen gelangt das "Gleichgewichtsargument". Das Gleichgewichtsargument weist auf die Gefahren technologiegestützter Informationsvorsprünge hin und kritisiert deren Auswirkungen auf die Machtbalance in einer Gesellschaft. Die einseitige Akkumulation von Datenverarbeitungskapazitäten steigert das Übergewicht der Administration gegenüber dem Parlament sowie dem Bürger. Aus der Perspektive des Bürgers stellen sich beide, nämlich sowohl der Datenschutz als auch die Gewährleistung eines allgemeinen Informationszugangsrechts als notwendige Kompensationen für das gefährdete Informationsgleichgewicht dar 63 • 5. Ein Ergänzungsverhalten zwischen Datenschutz und Informationsrecht besteht schließlich auch noch nach Auffassung des "Komplementaritätsarguments". Danach müssen in einer demokratischen Gesellschaft Datenschutz und Informationsfreiheit als komplementäre Bedingungen von Selbsbestimmung aufgefaßt werden. Die Kommunikationsfahigkeit des einzelnen wird durch eine unkontrollierte Verteilung personenbezogener Informationen gefahrdet. Der Schutz der Komrnunikationsfahigkeit des einzelnen ist aber ebenso Voraussetzung für die politische Selbstbestimmung wie ein allgemeines Zugangsrecht für die politische Willensbildung 64. 6. Die These von der Unvereinbarkeit von Datenschutz und Öffentlichkeitsprinzip entspricht der Informationsgesellschaft nicht. Eine stärker konvergenzorientierte Sicht ist geboten. In einem umfassenden Recht der Informationsbeziehungen werden beide Forderung zu berücksichtigen sein. Auch die Forschung wird von einer solchen umfassenden Sicht profitieren 65 •
62
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7. 7. 7. 7.
Kapitel, Kapitel, Kapitel, Kapitel,
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