Industrielle Arbeitsorganisation und technische Entwicklung: Produktionstechnische Möglichkeiten qualitativer Verbesserung der Arbeitsbedingungen [Reprint 2019 ed.] 9783110838077, 9783110059380


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German Pages 194 [196] Year 1976

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Geleitwort des Herausgebers
Inhalt
Abb. 1. Gedankenflußplan
1. Einführung: Industrielle Arbeit, der Arbeitsbegriff und seine programmatischen Folgen
2. Beschreibung menschlicher und maschineller Aufgaben in Mensch- Maschine Systemen
3. Wert- und Kausalbezug von Mensch-Maschine Systemen
4. Die Arbeitssituation des Menschen und technischer Wandel
5. Technische Bedingungen, Organisationsstruktur und Arbeitssituation
6. Thesen zur Gestaltung der Produktions- und Arbeitsorganisation
Schluß: Die Durchsetzung qualitativer Änderungen der Produktionsbedingungen
Literatur
Sachregister
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Industrielle Arbeitsorganisation und technische Entwicklung: Produktionstechnische Möglichkeiten qualitativer Verbesserung der Arbeitsbedingungen [Reprint 2019 ed.]
 9783110838077, 9783110059380

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Mensch und Organisation 1 herausgegeben von W. H. Staehle

Industrielle Arbeitsorganisation und technische Entwicklung Produktionstechnische Möglichkeiten qualitativer Verbesserungen der Arbeitsbedingungen von

Michael Gaitanides

W DE G Walter de Gruyter • Berlin • New York 1976

Dr. rer. pol. Michael Gaitanides Akademischer Rat am Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Technischen Hochschule Darmstadt Mit Tabellen und 26 Abbildungen im Text

CIP-Kurztitelaufnahme

der Deutschen Bibliothek

Gaitanides, Michael Industrielle Arbeitsorganisation und technische Entwicklung : produktionstechn. Möglichkeiten qualitativer Verbesserungen d. Arbeitsbedingungen (Mensch und Organisation; 1) ISBN 3-11-005938-X

© Copyright 1975 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit 8C Comp., Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Satz: Fotosatz Tutte, Salzweg-Passau. Druck: Grafik + Druck, München. Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer Buchgewerbe GmbH, Berlin.

Geleitwort des Herausgebers

Mit dem vorliegenden Werk wird die Schriftenreihe „Mensch und Organisation" eröffnet. Als Beiträge der Reihe sind interdisziplinäre, innovative Texte zur Erklärung und Gestaltung sozio-ökonomischer Strukturen und Prozesse vorgesehen. Im Mittelpunkt der überwiegend verhaltenswissenschaftlich orientierten Studien stehen die Handlungen und Einstellungen von Individuen und Gruppen in Organisationen. Die Betriebswirtschaftslehre versteht sich auch als Sozial- oder Verhaltenswissenschaft, und betriebswirtschaftliche Fachvertreter räumen dem arbeitenden Menschen und den Beziehungen zwischen ihnen und anderen sozialen Systemen eine zentrale Stellung in Forschung und Lehre ein. Diese programmatische Neuorientierung der Betriebswirtschaftslehre, die auch im Zusammenhang mit den aktuellen Forderungen nach Mitbestimmung, betrieblicher Demokratisierung und Humanisierung der Arbeitswelt zu verstehen ist, zwingt die Fachvertreter, betriebswirtschaftliche Theoriesysteme — vor allem im Hinblick auf das ihnen zugrunde liegende Menschenbild — daraufhin zu untersuchen, inwieweit sie zur praktischen Realisierung der von der neueren Betriebswirtschaftslehre selbst formulierten sowie der von Betroffenen artikulierten Ansprüche theoretische Hilfestellung leisten können. Eine kritische Analyse der betriebswirtschaftlichen Theorieentwürfe zeigt, daß diese überwiegend formalistisch — abstrakt und damit realitätsfern konzipiert sind und daß das ihnen eigene eindimensional ökonomisch geprägte Menschenbild einer dem menschlichen und sozialen Fortschritt dienenden ganzheitlichen personalen Erfassung des Menschen kaum zugänglich ist. Neben der Verbreitung neuer Ansätze zur theoretischen Analyse des Forschungsobjekts „Mensch und Organisation" will die Schriftenreihe Ergebnisse der empirischen Organisations- und Führungsforschung vorstellen. Dabei wird eine situative Sicht des Erkenntnisgegenstandes gefördert, die davon ausgeht, daß es keine generell gültigen optimalen Handlungsalternativen geben kann, sondern lediglich situationsbezogen angemessene. Situative Forschungsansätze wollen u. a. vergleichbare Problemsituationen, deren Einflußfaktoren, mögliche Handlungsalternativen sowie Effizienzindikatoren in einer Vielzahl von Unternehmen im In- und Ausland empirisch erfassen. Die Vergleichsforschung sucht darauf aufbauend nach regelhaften Zusammenhängen zwischen bestimmten Situationsvariablen (unabhängige Variable) und Ausprägungen von Systemstrukturen und Entscheidungshandeln (abhängige Variable). Es muß weiterhin erforscht werden, ob und gegebenenfalls welche Beziehungen — unter Berücksichtigung von intervenierenden — zwischen den unabhängigen Variablen (Situationsgrößen, -faktoren, Kontextvariablen) und den abhängigen Variablen (Dimensionen von Struktur und Verhalten) bestehen, damit die Konsequenzen von Entscheidungen, die einzelne Variablen betreffen, prognostiziert werden können.

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Geleitwort

Konkrete Forschungsobjekte dieser Schriftenreihe lassen sich aus folgender Übersicht entnehmen:

Der vorliegende 1. Band der Reihe untersucht den Einfluß der technischen Entwicklung auf Persönlichkeitsstruktur und Arbeitssituation des Menschen in industriellen Organisationen. Entsprechend der Zielsetzung dieser Schriftenreihe werden Funktionen und Folgen menschlicher Arbeit an Maschinen nicht nur unter ökonomischen Gesichtspunkten analysiert, sondern es werden vor allem auch deren kulturphilosophische, soziologische und psychologische Bezüge diskutiert. Nach einer Beschreibung und Erklärung der objektiven Arbeitssituation wird diese auf ihre Vereinbarkeit mit einer der Würde des Menschen angemessenen, entfremdungsfreien Tätigkeit in industriellen Organisationen untersucht. Diskrepanzen zwischen Sein und Sollen fuhren zur Formulierung eindeutiger Gestaltungsempfehlungen der Allokation von Mensch und Maschine. Dabei wird—ganz im Sinne der Konzeption dieser Schriftenreihe — von einer situativen Analyse gestaltungsrelevanter Einflußfaktoren, wie gesellschaftliche Zweckbestimmung, verfügbare Technologie, gegebene Organisationsstrukturen, ausgegangen. Die Erkenntnis, daß die Gestaltung von Mensch-Maschine-Systemen die aktuelle gesellschaftliche Situation zu berücksichtigen hat, verhindert die Formulierung irrealer, utopischer Forderungen — wie sie im Zusammenhang mit diesem Themenbereich häufig anzutreffen sind — und fördert die nüchterne Beurteilung des situationsgemäß Sinnvollen. So wird z.B. die Forderung nach Erhaltung und Entfaltung der Menschenwürde nicht mit derjenigen nach Abschaffung restriktiver Arbeit verbunden, sofern diese gesellschaftlich notwendig ist. Durch empirische Vergleichsforschung wird andererseits belegt, daß die Verstaatlichung von Produktionsmitteln die Struktur der Arbeitssituation nicht grundlegend zu verändern vermag. Der hier vorgelegte 1. Band der Schriftenreihe liefert die konzeptionelle Grundlage zur Analyse von komplexen Mensch-Maschine-Systemen und deren situationsadäquatem Management (vgl. Abb. 1: Gedankenflußplan). Er trägt so zur Verwissenschaftlichung und damit gleichzeitig zur Versachlichung der Diskussion über die Möglichkeiten qualitativer Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei. Darmstadt, im Sommer 1975

Prof. Dr. Wolfgang H. Staehle

Inhalt

1. Einführung: Industrielle Arbeit, der Arbeitsbegriff und seine programmatischen Folgen

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2. Beschreibung menschlicher und maschineller Aufgaben in MenschMaschine Systemen 2.1. Eigenschaften der ,Systemelemente' 2.2. Klassifikation von Mensch-Maschine Systemen 2.3. Automation als technische Entwicklungsperspektive

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3. Wert- und Kausalbezug von Mensch-Maschine Systemen 3.1. Management als Aktivität der Koordinierung von Mensch und Maschine 3.2. Dimensionen der Koordinierung von Mensch und Maschine 3.2.1. Kulturphilosophische Aspekte der technischen Entwicklung . . . 3.2.2. Soziologische und psychologische Aspekte 3.2.3. Makroökonomische Aspekte 3.2.4. Mikroökonomische Aspekte 3.3. Bewertung der Dimensionen 4. Die Arbeitssituation des Menschen und technischer Wandel 4.1. Beschreibung der objektiven Arbeitssituation 4.1.1. Physische Belastungsfolgen 4.1.2. Folgen für die Qualifikation 4.1.3. Psychische Belastungsfolgen 4.1.4. Zusammenfassung der Belastungsfolgen 4.2. Die subjektive Erfahrung der objektiven Arbeitssituation 4.2.1. Arbeitsmotivation und Zufriedenheit 4.2.2. Einstellungen zur Arbeitsumwelt 4.3. Arbeitsentfremdung und objektive Arbeitssituation 4.3.1. Philosophisch-anthropologische Ansätze zur Erklärung der Entfremdung 4.3.2. Entfremdung als sozial-psychologische Erscheinung 4.3.3. Entfremdung als kognitive Erscheinung 5. Technische Bedingungen, Organisationsstruktur und Arbeitssituation 5.1. Autonomie-und Autoritätsstruktur 5.1.1. Entfremdung durch Subjekt-Objekt-Widersprüche in der Arbeitssituation

37 37 38 38 41 45 52 55 59 59 60 62 68 77 79 79 82 88 88 92 95 99 101 101

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Inhalt

5.1.2. Der Einfluß technischer Bedingungen auf die Handlungsautonomie 5.1.3. Der Einfluß technischer Bedingungen auf die Autoritätsstruktur 5.2. Rollen-und Normenstruktur 5.2.1. Entfremdung durch Individual-Sozial-Widerspriiche in der Arbeitssituation 5.2.2. Soziale Integration als Folge technischen Wandels 5.2.3. Soziale Konflikte als Folge technischen Wandels 5.3. Informationsniveau und Interaktionsstruktur 5.3.1. Entfremdung durch widersprüchliche Rationalitäten in der Arbeitssituation , 5.3.2. Der Einfluß technischer Bedingungen auf das individuelle Informationsniveau 5.3.3. Der Einfluß technischer Bedingungen auf die Interaktionsmöglichkeiten 5.4. Struktur der Arbeitsmotivation 5.4.1. Entfremdung durch Mittel-Zweck-Widersprüche in der Arbeitssituation 5.4.2. Der Einfluß technischer Bedingungen auf die Arbeitsmotivation und Arbeitsorientierung

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6. Thesen zur Gestaltung der Produktions- und Arbeitsorganisation 6.1. Ansätze zur Zweckbestimmung von Mensch-Maschine Systemen . . . . 6.2. Aussagen zur Strukturbildung von Mensch-Maschine Systemen 6.2.1. Gestaltungsaussagen zur Autonomie- und Autoritätsstruktur . . 6.2.1.1. Technische Gestaltungsaussagen 6.2.1.2. Organisatorische Gestaltungsaussagen 6.2.2. Gestaltungsaussagen zur Rollen- und Aufgabenstruktur 6.2.2.1. Technische Gestaltungsaussagen 6.2.2.2. Organisatorische Gestaltungsaussagen 6.2.3. Gestaltungsaussagen zur Interaktions- und Informationsstruktur 6.3. Der Einfluß technisch-organisatorischer Änderungen auf die Produktionskostenentwicklung

133 133 142 147 150 151 154 156 159

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Schluß: Die Durchsetzung qualitativer Änderungen der Produktionsbedingungen

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Literatur

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Sachregister

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6.1.

Abb. 1. Gedankenflußplan

1. Einführung: Industrielle Arbeit, der Arbeitsbegriff und seine programmatischen Folgen

Arbeitsprozesse, die Menschen mittels Maschinen vollziehen, sind nahezu in allen gesellschaftlichen Bereichen anzutreffen — in einer besonderen Ausprägung aber im Bereich der industriellen Produktion. Das Ausmaß der Substitution menschlicher Handlungen durch maschinelle Verrichtungen zeigt den Stand der gesellschaftlichen Entwicklung im allgemeinen und den der gesellschaftlichen Arbeitsteilung im speziellen. Die Art der Substitution orientiert sich in der Regel an ökonomischen Rentabilitätskriterien. Demzufolge verändert sich auch die Struktur der Industriearbeit, vor allem aber die qualitative Aufgabenverteilung von Mensch und Maschine. Sie verändert sich mit dem Stand der Kapitalakkumulation, d. h. mit der Kapitalintensität der Produktionsmethode und dem dadurch hervorgerufenen Verwertungszwang des Sachkapitals. Auch wenn sich der konkrete Kombinationsprozeß von Menschen und Maschinen an ökonomischen Prämissen orientiert, so können Funktionen und Folgen der menschlichen Arbeit an Maschinen nicht ausschließlich als ökonomische Fragestellung diskutiert werden, ökonomische Entscheidungen haben immer auch technische und soziale Bezugspunkte, so daß ihre Effizienz nicht zuletzt von der Kenntnis dieser Zusammenhänge abhängig ist. Zweifellos hat gerade die Wirtschaftsforschung Einfluß auf die reale Gestaltung der Industriearbeit, zumal die ökonomische und vor allem die betriebswirtschaftliche Theoriebildung auf empirsch gewonnenen Entscheidungskriterien der Wirtschaftspraxis aufbaut. Die Wirtschaftstheorie befaßt sich mit der Kombination von Produktionsfaktoren in grundsätzlich zweierlei Hinsicht: Einmal handelt es sich um die Ermittlung optimaler Investitionsentscheidungen, zu deren Lösung man sich bestimmter Methoden, wie z.B. der Kapitalwertmethode, bedient. Entscheidungen über Investitionsobjekte orientieren sich meist an Verfahren zur Ermittlung von Einnahmeüberschüssen, denen Annahmen über den Kalkulationszinsfuß und die Risikostreuung zugrunde liegen. Zum anderen beschäftigt sich die Wirtschaftstheorie mit menschlicher Arbeit als Produktionsfaktor. Unter Arbeit wird dabei die zielkonforme, erfolgskontrollierte Arbeitsleistung verstanden, deren Einsatz unter den Bedingungen optimaler Ergiebigkeit zu erfolgen hat. Im einzelwirtschaftlichen Bereich werden meist Erkenntnisse der Nachbardisziplinen nur soweit verwandt, als sie sich, zu Techniken umformuliert, der ökonomischen Zweckformel unterordnen lassen. Die psychische und physische Konstitution des arbeitenden Menschen wird als Variable betrachtet, deren input-Variationen output-relevante Wirkungen hervorrufen. Dieser Ansatz fuhrtdazu,daßeinespezifischeArbeitssituationbzw. -Organisation, die

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1. Einführung

aus ökonomischer Sicht optimal erscheint, nicht auf ihre individuellen oder gesellschaftlichen Folgen hin überprüft wird. So werden weder die psychischen und physischen Belastungsfolgen bestimmter Strukturformen noch deren soziale Kosten, wie z. B. Frühinvalidität, im Rahmen der traditionellen Forschungskonzeption überprüft. Aussagen zu ökonomisch rationalem Handeln resultieren aus der Bindung des formalen Optimierungsprinzips von Mittel-Zweck-Beziehungen an eine bestimmte inhaltliche Zweckformel — beispielsweise der Rentabilitätsmaximierung. Durch das Wirtschaftlichkeitsprinzip als Selektionsmechanismus werden nicht adäquate Handlungen und Handlungsfolgen aus dem Kreis möglicher Handlungsalternativen ausgeschlossen. Im Rahmen von Gestaltungsaussagen zu praktischen Fragestellungen muß jedoch der theoretische und pragmatische Ausschließlichkeitsanspruch des ökonomischen Prinzips problematisiert werden: (1) Die nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip vorgenommene und damit erfolgsbezogene Verwendung von Mitteln zur Erreichung angestrebter Zwecke unterliegt der Hypothese, derzufolge die Zielverwirklichung in Hinblick auf einen Zweck nicht anderen angestrebten Zwecken bzw. Zielen abträglich ist. Eine sinnvolle Mittelwahl setzt zumindest voraus, daß die damit erreichte Zielrealisierung in ihren negativen Auswirkungen auf andere angestrebte Ziele nicht überwiegt. Das Rationalitätsprinzip als Gestaltungsgrundlage verlangt daher ein Minimum an Kohärenz und Konsistenz mit den übrigen angestrebten Zielen. Darüber hinaus erstrecken sich Handlungen und Handlungsfolgen über längere Zeiträume. Wert- und Zielsysteme unterliegen Änderungen, gleichzeitig aber ändern sich auch Prämissen und Ausgangsbedingungen der Mittelwahl. Die für rationales Handeln vorausgesetzte Konstanz von Bedingungen und Situationen ist in der Realität nicht gegeben. Die Optimierung der Mittelwahl verlangt weiterhin eine Operationalisierung bzw. Fixierung empirisch erhebbarer Erfolgskriterien. Operationalisierung erfordert eine Auflösung von Zwecken in Mittel, die zueinander in Widerspruch geraten können, wenn sie selbst optimiert werden [146, S. 76]. Endziele und Zwecke müssen in Vor- und Zwischenziele differenziert werden, welche vor- und nachgelagerte Mittel-Zweckrelationen hervorrufen. Unterziele werden somit zu Mitteln ökonomischer Rationalität. Die Prämissen eines solchen handlungstheoretischen Modells verlangen von dem Entscheidungsträger, daß dieser in der Lage ist, sich alle positiven und negativen Einflüsse der erreichten Vorziele auf angestrebte Endziele zu vergegenwärtigen. Zudem gelingt es oft nicht, Mittel bzw. Zwecke als solche zu identifizieren, d. h. die Zwecksetzung kann sich in Abhängigkeit von den Mitteln vollziehen. Es wären in jedem Fall Reflexionen über das gesamte Zielsystem vonnöten. Nicht vermeidbare Nebenwirkungen können den Handelnden immer wieder vor neue, sein Zielsystem beeinflußbare Situationen stellen. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip in seiner idealtypischen Ausprägung übergeht den dia-

1. Einführung

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lektischen Zusammenhang zwischen der Hierarchie der Ziele einerseits und dem an der Zielerreichung ausgerichteten Handeln (Mitteleinsatz) andererseits [97, S. 55], (2) Optimieren als ein durchgängiges Prinzip übersteigt menschliches Auffassungsvermögen. Menschliches Handeln entspricht nicht dem Suchen nach einer,einzig richtigen' Problemlösung unter vielen möglichen Alternativen, sondern orientiert sich an befriedigenden Problemlösungen entsprechend dem individuellen Anspruchsniveau. Schlechthin optimale Lösungen sind realitätsfremd, d.h. empirisch nicht überprüfbar. Zudem existieren in der Realität Nebenbedingungen (Constraints), welche die Reihe brauchbarer Lösungen einschränken. Das idealtypische Handlungsmodell ökonomischer Rationalität wird deshalb durch ein Modell brauchbaren' Entscheidens bzw. ,genügsamer' Rationalität ersetzt. (3) Gestaltungsempfehlungen versuchen definitionsgemäß Realität zu verändern, d. h. reale Zustände zu transformieren. Solche Gestaltungseingriffe in die Realität sollen der Vielschichtigkeit realer Situationen entsprechen. Sie dürfen nicht auf monokausalen Mittel-Zweck-Beziehungen aufgebaut sein, sondern sollen auf einer den Dimensionen des Problembereichs entsprechenden Wirkungsanalyse basieren. Gestaltungsempfehlungen, die an Stelle der Problemorientierung aspektorientiert sind, können keine Problemlösung herbeiführen, da die Folgen der gewählten Handlung nur einseitig, d. h. unabhängig von allen anderen Nebenwirkungen und ausschließlich in bezug auf das Auswahlprinzip analysiert wurden. Wenn die Suche nach Alternativen lediglich im Bereich der Einzeldisziplin vorgenommen wird und darüber hinaus deren Folgen durch disziplinäre Grenzziehung nicht überdacht werden können, so erscheint erstens die Wahl einer optimalen Alternative im Sinne einer anwendungsbezogenen Wissenschaft als problematisch, zum anderen wird die Anzahl möglicher Alternativen von vornherein verkürzt. Selbst wenn man davon ausgeht, daß die disziplinäre Gestaltungsempfehlung nachträglich durch andere Aspekte erweitert bzw. gewichtet wird, d. h. der Anspruch auf Praxisrelevanz nur mittelbar gegeben ist, so ist dies nur möglich, wenn die Verengung des Alternativenhorizonts durch die gewählte Alternative wieder aufgehoben wird bzw. die vernachlässigten Alternativen wieder in den Kreis der potentiell zu realisierenden aufgenommen werden. Disziplinorientierte Forschung leistet durch ihre Fähigkeit der Problemverengung so lange einen Beitrag, als es Forschungsziel ist, bestimmte, d. h. aspektbezogene Wirkungen herbeizuführen. Diese Wirkung ist jedoch meist nicht identisch mit einer Problemlösung, die über die Zweckformel der Wirtschaftlichkeit hinausgeht. Allein die Problemorientierung überlebt die Fiktion der analytischen Unabhängigkeit von Einzeldisziplinen. Die Autonomie der Forschungsinteressen ermöglicht es den Einzeldisziplinen, ihr Untersuchungsobjekt zu isolieren und inhaltlich von den Erkenntnissen anderer

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1. Einführung Disziplinen abzugrenzen. Dieses Vorgehen erlaubt es den Wirtschaftswissenschaften, nicht nach Ursachen und Zusammenhängen empirisch kausal zustande gekommener Zielsetzungen zu fragen, sondern ihre eigenen Interessen oftmals gegen die Argumente psychologischer und soziologischer Verhaltensforschung zu immunisieren. Die analytische Isolierung in Einzeldisziplinen — insbesondere im Bereich von Gestaltungsaussagen - postuliert eine eindeutige Ursache-Wirkungs-Relation im Bereich des realen Problems, über das Aussagen vorzunehmen sind. Die aspektorientierte Suche nach invarianten Beziehungen zwischen je einer Ursache und je einer Wirkung erfolgt abstrahiert von den möglichen Kausalbeziehungen in sozialen Systemen. Damit aber wird der heuristische Sinn wissenschaftlicher Forschung, die Entdeckung von Lösungsalternativen, verkürzt.

Gestaltungsaussagen zur Kombination von Produktionsfaktoren — d. h. von menschlicher Arbeit, Betriebsmitteln und Werkstoffen — erfolgen auf der Basis vorgegebener Ziele. Indem die Wirtschaftstheorie die ontologische Fundierung menschlicher Arbeit aus ihrem Forschungsfeld ausschließt, gelingt es ihr, den Kombinationsprozeß von Produktionsfaktoren in ein formales ökonomisch-technisches Optimierungsmodell zu transformieren. Die Praxis menschlicher Arbeit wird indessen durch diese Betrachtung nur teilweise erfaßt. Versteht man unter,Praxis' einen aktiven Prozeß, d. h. ein die Realität gestaltendes und auf die Zukunft gerichtetes Handeln, so gelingt dem analytischen Theoretiker eine zwar logisch mögliche, aber fiktive Trennung von Wissenschaft und Praxis. Er läßt die Einwirkungen der Empirie auf die wissenschaftliche Fragestellung zu, indem er empirische Ziele in die Theorie übernimmt, Technologien der Mittelwahl entwikkelt, aber jetzt nun nicht mehr den Einfluß des Theoretisierens auf die Praxis jenseits der Mittelentscheidungen reflektiert. In diesem Zusammenhang ist auch die praxeologische Behandlung menschlicher Arbeit in der ökonomischen Forschung, speziell der betriebswirtschaftlichen, zu sehen. Arbeit unterliegt der Kausalrelation von Mitteleinsatz und Erfolgserwartung. Durch das Voranstellen des ökonomischen Zwecks erhält Arbeit die Mittelperspektive. Diese Identität erst erlaubt es, menschliche Arbeit aus dem Verhältnis von Produktionsfaktor und Faktorertrag zu bewerten. Eine solche positive Deutung der Objektivierung menschlicher Arbeitsleistung spricht lediglich ihre Erscheinungsform als Produktionsfaktor an und läßt die über technologisch-ökonomischen Aspekte hinausgehenden Implikationen unberücksichtigt. Um dieses analytische Vorgehen durchhalten zu können, werden in der Betriebswirtschaftslehre zwei grundsätzlich verschiedene Arten von Arbeitsleistungen unterschieden: die objektbezogene und die dispositive. Unter objektbezogener Arbeit werden alle die Tätigkeiten verstanden, die unmittelbar mit der Leistungserstellung und -Verwertung in Zusammenhang stehen; unter dispositiver diejenigen, die Lenkung und Leitung der betrieblichen Vorgänge beinhalten [90, S. 3]. Während der dispositive Produktionsfaktor als das Subjekt des Kombinationsprozesses „die eigentliche bewegende Kraft des betrieblichen Geschehens" [90, S. 130]

1. Einführung

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darstellt, werden die objektbezogenen Faktoren, die Elementarfaktoren Arbeit, Betriebsmittel und Werkstoffe, als Objekte von Entscheidungsprozessen gesehen. Diese Interpretation des Arbeitsbegriffs negiert einmal einen gemeinsamen Fundierungszusammenhang menschlicher Arbeit schlechthin und verkürzt zum anderen menschliche Arbeit auf ausschließlich ökonomische Aspekte, d. h. die Praxis menschlicher Arbeit wird nur im Rahmen wirtschaftlicher Ursache-Wirkungsbeziehungen beschrieben und erklärt. „Innerhalb gesellschaftlich-arbeitsteiliger Produktionsverhältnisse gewinnt der unter biologischem Vorzeichen stehende Arbeitsbegriff (im Sinne der Reproduktion von Leben, Anm. d. Verf.) seine ökonomische Dimension, ohne aber je seine geschichtliche Bestimmung im Sinne der spezifisch menschlichen Praxis zu verwirklichen" [83, S. 669], So unterschlägt die ökonomische Hypostasierung des Arbeitsbegriffes die eigentliche Leistung der Arbeit — ihren Beitrag zur Bedürfnisbefriedigung des Arbeitenden selbst wie der Nutznießer des Arbeitsproduktes. Die monokausale Interpretation des Arbeitsbegriffes ist für Aussagen über Sinn und Funktion menschlicher Arbeit ungeeignet. Die Erweiterung über den ökonomischen Aspekt hinaus ist schon deshalb notwendig, da eine bestimmte Auffassung vom Sinn wirtschaftlichen Handelns präjudiziert wird, was sich schließlich im Aufbau und Inhalt wirtschaftswissenschaftlicher Theorienbildung niederschlägt. Auch verschließt sich der einseitig ökonomisch geprägte Arbeitsbegriff der Relativierung durch andere Disziplinen, so lange ein gemeinsamer Fundierungszusammenhang fehlt. Will man Funktion und Folgen spezifischer Zuordnungen von Mensch und Maschine beurteilen, so erscheint dies nicht möglich, so lange man nicht neben den ökonomischen auch individuelle und gesellschaftliche Aspekte überprüft. Notwendig ist deshalb eine Definition von Arbeit, die offen ist für interdisziplinäre Fragestellungen. Unter ,Arbeit' sollen deshalb alle zweckgerichteten Tätigkeiten verstanden werden, die auf das Überleben des Menschen als Gattungswesen gerichtet sind. Menschliche Arbeit ist letztlich eine Konsequenz des Bedürfnisses nach Selbstbehauptung des Menschen in seiner sozialen Umwelt. Mit dieser Interpretation wird die grundsätzliche Unterscheidung und qualitative Differenzierung von körperlicher und geistiger, dispositiver und objektbezogener Arbeit aufgelöst. Arbeit enthält individuelle und gesellschaftliche Komponenten, sofern die individuellen Handlungen erst durch ihren gesellschaftlichen Bezug ihre Zweckbestimmung erfahren. Dies impliziert zugleich, daß Arbeit zur konstituierenden Variablen im Verhältnis Individuum - Gesellschaft wird, — konstitutiv für die Persönlichkeitsentwicklung, die Sozialisation, aber auch für die individuelle Zufriedenheit. Andererseits sind Formen und Inhalte der Arbeit unlösbar mit der sozialen Struktur verbunden und werden vom sozialen Wandel verändert. Arbeit ist immer auch gesellschaftliche Arbeit, eine soziale Aktivität, die abhängig ist von gesellschaftlichen Bedingungen, wie der verfügbaren Technologie, der Arbeitsteilung und den Wirtschaftlichkeitsvorstellungen. Es ist also die Gesellschaftsstruktur, die spezifische Ansprüche an Arbeitsorganisation und -inhalte stellt. Andererseits kann das arbeitende Individuum selbst in unterschiedlichem Ausmaß auf seine Arbeitsbedingungen einwirken, sie verändern und letztlich sozialen Wandel herbeiführen.

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1. Einführung

Der Inhalt der Arbeit ergibt sich aus der Wirkungsbeziehung zwischen Mensch und Sache. Sachen können Materialien, Maschinen und sonstige Fabrikate sein. Durch die Sache werden die Voraussetzungen, die Form und das Ergebnis des Handelns eingegrenzt. Arbeitsteilung und technischer Fortschritt heben die unmittelbare Beziehung zwischen Mensch und Sache auf, wodurch die gestalterischen Variationsmöglichkeiten der Arbeit verringert werden. Die Form der Arbeit orientiert sich nun nicht mehr am Produkt, sondern an der Leistung, die erledigt werden muß [219, S. 356]. Nicht das Produkt ist Arbeitsergebnis, sondern die zu vollziehende Leistung als verdinglichte Funktion. Die Handlungen erfordern dauerhafte Anstrengung, um Hindernisse zu überwinden, die das Arbeitsobjekt konstituieren. Zur Erleichterung und Entlastung setzt der Mensch Arbeitsmittel ein. Arbeit wird im Kontext der Untersuchung als eine gesellschaftliche Tätigkeit verstanden, die zielgerichtet vollzogen wird. Indem das Individuum durch seine Arbeit in die ,Natur' eingreift und diese für sich nutzbar macht, wird Arbeit zu einem Handlungsprozeß, dessen Funktionalität sich aus der sozialen Umwelt des arbeitenden Menschen ableitet, da das Produkt der Arbeit in einer arbeitsteiligen Gesellschaft von dieser verwertet wird. Durch Arbeitsteilung begründen sich spezifische Institutionen menschlichen Zusammenlebens, die wiederum die Bedingungen des Arbeitsvollzuges bestimmen. Arbeit wird daher als eine Aktivität begriffen, die das Individuum mit der Gesellschaft bzw. mit seiner sozialen Umwelt verbindet und eine bestimmte Beziehungsstruktur zwischen beiden schafft. Die Bedeutung der technischen Arbeitsbedingungen liegt in ihrem Vermögen, das Individuum von den Arbeitsanforderungen der Umwelt zu entlasten — ein Kriterium, dem bei den Überlegungen zur Allokation menschlicher und maschineller Funktionen besonderes Gewicht zukommt. Unter,Funktion' wird dabei die Wirkung einer Handlung auf die Umwelt des Handlungsträgers, unter Funktionalität der Beitrag dieser Handlung zu einem normierten Zustand dieser Umwelt verstanden. Der reale Kombinationsprozeß von Mensch und Maschine rechtfertigt sich aus der Erfordernis gesellschaftlicher Produktion. Die quantitative und qualitative Aufgabenverteilung, welche die Struktur der Mensch-Maschine Systeme prägt, wird im Rahmen der Entscheidungen über Produktionsziele, -Organisation und -prozesse festgelegt. Ihre technisch-organisatorische Realisierung erfolgt auf der Basis historisch gewachsener sozioökonomischer Strukturen in Gesellschaft und im Industriesystem. Ein System von Gestaltungsaussagen, das die vielfältigen Zusammenhänge adäquat berücksichtigen will, muß über die ökonomischen Entscheidungskriterien hinausgehend individuelle und gesellschaftliche Bereiche erfassen, da die Struktur der industriellen Produktion nicht nur die Verhaltensweisen der Individuen im Arbeitsprozeß, sondern ihre gesamte gesellschaftliche Existenz beeinflußt. Dieser Zusammenhang von Produktionsstruktur und gesellschaftlichem Lebensbereich soll den theoretischen und pragmatischen Überlegungen zur Organisation der Industriearbeit voranstehen.

1. Einführung

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Die hier genannten Prämissen schlagen sich auch im Aufbau und Inhalt der vorliegenden Arbeit nieder (vgl. dazu Abb. 1). Entsprechend dem theoretischen Anspruch müssen die Kriterien zweckgerichteten Entscheidens und Realisierens an der Vielfalt des Erkenntnisobjektes ausgerichtet werden. Dies'soll dadurch erreicht werden, daß sogenannte Dimensionen des Problembereichs, d. h. die Aspekte der von den konkreten Handlungen beeinflußten Wert- und Kausalzusammenhänge, reflektiert und in das Kalkül aufgenommen werden. Die Entscheidungen selbst setzen eine Gewichtung dieser Dimensionen voraus, die nur durch Einführung von Wertprämissen bzw. Präferenzordnungen seitens der Entscheidungsträger möglich ist. In der vorliegenden Arbeit wird die Gewichtung der Dimensionen im dialektischen Zusammenhang von individuellen und gesellschaftlichen Wertvorstellungen gesucht. Die konkrete Leistung der Strukturierung von Mensch-Maschine Systemen besteht damit im Ausgleich individueller Ansprüche und gesellschaftlicher Anforderungen. Dieser Ausgleich kann weder statischer noch endgültiger Art sein, sondern verändert sich mit der Struktur der gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse einerseits und dem Anspruchsniveau der Individuen bzw. der subjektiven Interpretation ihrer objektiven Situation andererseits. Die genannten Prämissen schaffen gleichzeitig das Auswahlprinzip bezüglich des Forschungsobjektes. Daher wird zunächst versucht, die Situation des arbeitenden Menschen in einer mechanisierten Arbeitsumwelt zu beschreiben. Die Arbeitssituation wird als eine objektive gekennzeichnet, indem sie einmal als Inbegriff gesellschaftlicher Verhältnisse verstanden wird, deren Erscheinungsform aus gesamtgesellschaftlichen Mechanismen und Strukturen resultiert1. Zum anderen kann die Struktur gesellschaftlicher Arbeit in ihrer jeweiligen historischen Ausprägung als eine reale beschrieben werden. Realität ist indessen nur subjektiv erfahrbar, sei es durch den Betroffenen in seiner Situation, oder sei es durch den Forscher. Ausgehend von den Verhaltensweisen der Individuen, die durch soziale Interaktionen und individuelle Selbsteinschätzung bestimmt sind, kann die objektive Situation nur subjektiv vermittelt werden. Ein objektiver Ansatz ist daher nur durch die Subjekte hindurch möglich, wobei,subjektiv' bedeutet, sich mit den individuellen Sichtweisen und Erfahrungen der Subjekte zu befassen. Eine Beschreibung der objektiven Arbeitssituation kann daher nicht darauf verzichten, auf die subjektiven Erfahrungen der Betroffenen zurückzugreifen. Sie kann 1

Objektivität versteht sich hier nicht als ,Objektivität' im ontologischen Sinne, d. h. sie beansprucht keinen höheren Wahrheitsgehalt des Objektiven gegenüber dem Subjektiven.,Objektiv' wird ein Ansatz zur Beschreibung und Erklärung genannt, der über die individuellen Handlungs- und Erlebnismöglichkeiten der Subjekte hinaus die Summe der gesellschaftlichen Bestimmungen berücksichtigt, die den Subjekten ,mitgegeben' ist und ihre Verhaltensweisen mitbestimmt. Individuen werden demnach nicht als autonome Subjekte, sondern im Zusammenhang mit den objektivierten Gegebenheiten ihrer sozialen Situation gesehen. Damit wird keineswegs auf das Postulat der intersubjektiven Nachprüfbarkeit verzichtet. Intersubjektivität wird als ein methodisches Instrument verstanden; sie soll jedoch nicht zu seinem materialen Objektivitätsbegriff hypostasiert werden.

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1. Einführung

jedoch nicht analytisch von der,Erklärung' getrennt werden, da bereits durch die Beschreibung Ursache-Wirkungsrelationen aufgedeckt werden. Die Beschreibung der objektiven Arbeitssituation erfolgt mit Bezug auf erklärende Aussagesysteme, indem die Beschreibung subjektiver Erfahrung zur Erklärung objektiver Situationen genutzt wird. Der deskriptiven Analyse folgt die Konfrontation mit dem normativen Anspruch, daß menschliche Arbeit möglichst,entfremdungsfrei' zu gestalten sei. Entfremdung wird als eine spezifische Ausprägung der Beziehungsstrukturen Individuum-Gesellschaft erklärt, wobei Entfremdung nicht als ein Extremum konzipiert ist, dem allein Nicht-Entfremdung gegenübersteht, sondern als Grenzmarke einer Dimension, die eine Reihe möglicher Zustände innerhalb eines Kontinuums zuläßt. Um den Anspruch auch hinsichtlich der realen Arbeitssituation überprüfen zu können, bedarf es einer Differenzierung des Entfremdungsphänomens in unterschiedliche Dimensionen des Verhältnisses Individuum-Gesellschaft. Mittels der vergleichenden Analyse soll festgestellt werden, ob und in welchem Ausmaß Entfremdungserscheinungen in der Realität vorliegen, bzw. in welcher Weise sie mit der technischen Struktur der Arbeitssituation korrelieren. Erst auf der Basis dieser Untersuchung können Strukturprinzipien herauskristallisiert werden, die geeignet sind, das Entfremdungsphänomen menschlicher Arbeit durch Gestaltungsmaßnahmen anzugehen. Der Gegenüberstellung der objektiven Arbeitssituation mit den Dimensionen des Verhältnisses Individuum-Gesellschaft liegt der Dualismus von,Fakten' und, Werten' bzw. von ,Tatsachen' und ,Standards' zugrunde. Die Einführung von Standards ermöglicht einen deduktiven Zusammenhang von deskriptiven, präskriptiven und kritischen Aussagen. Die Deskription kann sich in einem normativen Rahmen bewähren, in dem Erkenntnis und Reflexion ermöglicht werden, die allein durch die Deduktion aus Feststellungen nicht erfaßbar sind. In diesem Zusammenhang dient die Einordnung der objektiven Arbeitsbedingungen in die Dimensionen des Verhältnisses Individuum-Gesellschaft dazu, die individuellen und gesellschaftlichen Konsequenzen technischer Veränderungen zu zeigen und daraus Allokationsprämissen abzuleiten. Da die Beschreibung der objektiven Arbeitssituation auf subjektiven Erfahrungen beruht, beinhaltet dieses Vorgehen auch deren Uberprüfung, indem das Zustandekommen der subjektiven Einstellungen zur Arbeitsumwelt durch ihre Einordnung in individual- wie gesellschaftsbedingte Zusammenhänge erklärt wird. Eine solche Analyse erscheint notwendig, da empirische Befragungsergebnisse durch vorhandene Erfahrungen, Einstellungen und Erwartungen vorgeformt, also selbst wiederum vermittelt sind. Zudem werden Beobachtungen durch die Interpretationen der Befragten beeinflußt, bzw. hypothetisch ergänzt. Dies gilt um so mehr, als im vorliegenden Fall die Deskription auf Sekundärliteratur beruht. Die Vorgehensweise der Befragungen entspricht meist nicht den gebräuchlichen Anforderungen der empirischen Sozialforschung, weshalb sie oft zu problematischen Ergebnissen führt.

2. Beschreibung menschlicher und maschineller Aufgaben in Mensch-Maschine Systemen 2.1. Eigenschaften der ,Systemelemente' Die Untersuchung der zweckgerichteten Koordination von Menschen und Maschinen beinhaltet die Frage nach Prinzipien und Auswirkungen der Kombination menschlicher Arbeit und maschineller Verrichtungen in sozialen Systemen. In der Terminologie der Systemtheorie handelt es sich dabei um Systeme, deren ,Elemente' oder ,Subsysteme' aus Personen und Sachmitteln bestehen. Derartige Mensch-Maschine Systeme entsprechen dem Kriterium der Offenheit (,äußere Dynamik'), da sie mit ihren Umweltsystemen in vielfachen Austauschbeziehungen stehen. Informationen, Energie und Materie gelangen aus der Umwelt als Input in das System, werden hier transformiert und in dieser Form wiederum an die Umweltsysteme abgegeben. Während die Beziehungen der Maschine als Element zu Umweltsystemen durch strukturell-funktionale Beziehungen relativ einfach zu beschreiben sind, unterhält das ,Element' Mensch differenziertere Beziehungsstrukturen zu seiner Umwelt, da es gleichzeitig,Element' anderer Systeme, z. B. bestimmter Gruppen, seiner Familie oder sonstiger gesellschaftlicher Institutionen ist. Individuen interagieren in ihrer gesellschaftlichen Umwelt, die durchsetzt ist mit Macht-, Kommunikations-, Wert-, Rollen- und Bewußtseinsstrukturen. In diese sind sie integriert, wobei sich jeder einzelne zu der Gesellschaft - vermittelt durch die jeweilige soziale Umwelt - ein spezifisches Verhältnis schafft. Schon aus den verschiedenartigen Beziehungsstrukturen der Systemelemente zu ihrer Umwelt wird deutlich, daß es sich bei den zu koordinierenden,Elementen' um solche von grundsätzlich unterschiedlichen Eigenarten handelt. Für das maschinelle System oder Sachgüter existieren im Gegensatz zu den personalen,Systemen' lediglich ökonomische Wertvorstellungen. A priori besitzen Sachgüter keinen Wert, sondern ihrr ökonomischen Werte erhalten sie durch ihre ökonomisch-technische Mittelfunktion. Anders verhält es sich bei Menschen, denen neben ihrem ökonomischen Wert als Produktionsfaktoren Werte immanent sind, die sich als ein soziales, speziell ideelles Phänomen darstellen. Sachgütern wird diese natürliche Eigenschaft nicht zugesprochen. Die Werte von Wirtschaftsgütern sind abgeleiteter Art, die aus deren Beitrag zur Zweckerfüllung wie auch aus ihrer Knappheit resultieren. Da sich die Funktion von Sachgütern aus deren Mittelcharakter ergibt, müssen sie als Objekte qualifiziert werden, die nur im Zusammenhang mit der menschlichen Verwertung ihre Wertbestimmung erfahren. Personen werden auch als sinnkonstituierende und sinnverwendende Wesen beschrieben. Wenn man Sinn als eine Ordnungsform ausschließlich menschlichen Erlebens definiert [ 148, S. 31 ], ist auch Sinn eine Kategorie, die Menschen von Maschinen

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2. Beschreibung menschlicher und maschineller Aufgaben

abhebt. Ebenso wie der Wertbezug ist Sinn eine subjektbezogene, spezifisch menschliche Eigenart, die unmittelbar an menschliches Sein geknüpft ist und daher nicht als eine Qualität materieller Güter verstanden werden kann. Dieser idealtypischen Differenzierung von Person und Sache tragen die heutigen betriebswirtschaftlichen Theorien nur ungenügend Rechnung [143, S. 85 f]. Menschliche und maschinelle Verrichtungen werden als grundsätzlich substituierbar angesehen. Beide ,Produktionsfaktoren' unterliegen der Annahme der Gleichartigkeit und damit auch dem Grundsatz gleicher Einsatzregeln, wenn auch Unterschiede hinsichtlich der ökonomischen Qualität festgestellt werden. Dies gilt in besonderem Maß für die Kosten- und Produktionstheorien (z. B. Minimalkostenkombination, Verbrauchsfunktionen) . Die Überlegungen zur Allokation von Menschen und Maschinen nehmen ihren Ausgang von den unterschiedlichen Qualitäten und Eigenschaften der ,Systemelemente', die sich folgendermaßen zusammenfassen lassen: — Der menschliche Wertbezug läßt sich nicht allein aus einer technisch-ökonomischen Mittelfunktion ermessen, sondern ist metaökonomisch fundiert, d. h. Menschen unterliegen nicht den Kategorien von Gebrauchs- oder Tauschwert. — Der Mensch ist mit Kreativität und Individualität ausgestattet, die es ihm ermöglichen, als Subjekt selbständig zu handeln und zielbewußt seine Umwelt zu verändern. Seine Leistungsabgabe ist nicht nur von seinen Fähigkeiten, sondern auch von seinem Willen abhängig. — Der Mensch ist gleichzeitig Mitglied mehrerer sozialer Systeme. Sein Verhalten wird nicht allein durch ökonomische Normen determiniert, sondern auch durch seine soziale Umwelt beeinflußt. Der Mensch ist aufgrund seiner Vielseitigkeit zur Erfüllung auch inhaltlich äußerst unterschiedlicher Tätigkeiten geeignet. Im Gegensatz dazu sind Struktur und Verrichtungen des maschinellen Systems in der Regel funktional durch seinen Beitrag zum ökonomischen Erfolg des Handlungssystems determiniert. Dieser Anteil an der Zweckerfüllung zeigt sich als ein historischer Prozeß fortschreitender Objektivation menschlicher Arbeit und zunehmender Entlastung des Menschen von Arbeitsverrichtungen [81, S. 19], Auf der Stufe des Werkzeugs als technisches Hilfsmittel wird die physische Kraft, ebenso wie der geistige Aufwand, von dem Subjekt — dem Menschen — erbracht. In einer zweiten Phase technischer Entwicklung wird die physische Kraft durch den Einsatz von Kraft- und Arbeitsmaschinen technisch objektiviert, d. h. zu einem Bestandteil der Außenwelt des arbeitenden Menschen transformiert. Das maschinelle Element ersetzt den Menschen bei größerem Erfolg und geringerer physischer Anstrengung. Schließlich wurde in einer vorläufig letzten Phase auch der geistige Aufwand des Menschen bei dem Vollzug von Arbeitsprozessen zumindest partiell entbehrlich gemacht. Die Objektivationsfunktion technischer Veränderungen, durch welche dem arbeitenden Menschen bestimmte Tätigkeiten entzogen und in dessen Außenwelt verlagert werden, wird zwangsläufig auch die Beziehungsstruktur des Individuums zu seiner sozialen Umwelt tangieren. In welcher Weise die Transformation manueller und gei-

2.2. Klassifikation von Mensch-Maschine Systemen

21

stiger Arbeiten in technisch autonome Prozesse auf dieses Verhältnis wirkt, kann indessen nicht unabhängig davon geprüft werden, daß technischer Fortschritt in seiner Richtung, seiner Intensität und seiner Ausprägung den gesellschaftlichen Interessen unterliegt [5, S. 1], die auch die Beziehungen der Gesellschaftsmitglieder untereinander bestimmen. Die Funktion der Technik, die arbeitenden Individuen von den Anforderungen der Produktionssituation zu entlasten, scheint sich vor allem in ,automatisierten' Arbeitsprozessen zu erfüllen. Da annähernd jede Leistungserstellung durch Menschen mittels maschineller Hilfsmittel als ein Mensch-Maschine System bezeichnet werden kann, bedarf es einer exakteren Charakterisierung und Klassifizierung. Zu diesem Zweck sollen im folgenden die technischen Eigenschaften, sowie die Beschaffenheit der menschlichen Aktivitäten zur Strukturbeschreibung solcher Systeme herangezogen werden.

2.2 Klassifikation von Mensch-Maschine Systemen Die Beschreibung realer Strukturvarianten von Mensch-Maschine Systemen ist notwendig, um mögliche Wirkungen spezifischer Arbeitssituationen analysieren zu können. Erst auf der Grundlage einer solchen Klassifikation kann die These überprüft werden, daß die verschiedenartigen Strukturformen in jeweils unterschiedlicher Weise die individuellen Arbeitsverhältnisse, aber auch die gesellschaftliche Lebenssituation maßgeblich beeinflussen. Mit der analytischen Isolierung der Mensch-Maschine Systeme aus ihrem organisatorischen und gesellschaftlichen Kontext soll jedoch keineswegs die Aussage verbunden werden, daß ihre Strukturen autonom, d. h. unabhängig von der.gesellschaftlichen Situation zustande gekommen sind; vielmehr sind diese selbst wiederum ein Bestandteil der gesellschaftlichen Mechanismen und Strukturen, auf deren Basis sie sich historisch entwickeln konnten. Die Differenzierung der möglichen Allokationsarten menschlicher und maschineller Funktionen führt zu einer Klassifikation empirisch beobachtbarer Eigenschaften (properties) von Mensch-Maschine Systemen. Die dabei unterstellte Integration dieser Funktionen in,Systemen' soll der Problemabgrenzung dienen, wodurch die angestrebte Differenzierung Modellcharakter erhält. Das Anliegen kann verdichtet werden zu der Fragestellung, welche spezifisch menschlichen und maschinellen Arbeitsinhalte bzw. Tätigkeitsfolgen in der Realität anzutreffen sind und wie diese sich in ein formales Modell einordnen lassen. Ein naheliegendes Vorgehen besteht darin, Mensch-Maschine Systeme als Systeme schlechthin zu betrachten und diese nach ihrer Struktur bzw. den in ihnen ablaufenden Prozessen zu unterscheiden. Folgt man diesem Ansatz, dann lassen sich die beobachteten Systeme nach der Zahl ihrer Elemente und deren Beziehungen zueinander klassifizieren. Die Eigenschaften offener Systeme werden in der Systemtheorie durch ihre Zustandsänderungen in Form eines Fließgleichgewichts (steady State dynamics) charak-

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2. Beschreibung menschlicher und maschineller Aufgaben

terisiert, das entfernt von dem „Entropiemaximum" erreicht wird [204, S. 109]. Dieses tritt ein, wenn Strömungsgrößen als Input von Material, Energie und Information aus der Umwelt in das System einfließen und unter bestimmten Zielsetzungen durch die Systemelemente transformiert werden. Die Funktionsstruktur des Systems wird durch seine Leistungen an die Umwelt aufrechterhalten. Sie ist dann als Gleichgewichtszustand beschreibbar, wenn der jeweilige Ordnungszustand den Umweltanforderungen angepaßt ist. Zustandsänderungen hängen ab von den Austauschrelationen mit der Umwelt, von dem Transformationsprozeß selbst und von der Fähigkeit des Systems, diesen selbständig zu regeln. Beer [18, S. 27 ff] unterscheidet Systeme entsprechend ihrer,Komplexität' in einfache, komplexe und äußerst komplexe. Der Beer'sche, an der Beschreibbarkeit von Systemen orientierte Komplexitätsbegriff ist nicht hinreichend geeignet, die Art der Zuordnung von Elementen in einem Mensch-Maschine System anzugeben. Die Beschreibbarkeit bietet schon deshalb kein geeignetes Eigenschaftsmerkmal, da sie ein subjektives, vom Beobachter definiertes Kriterium darstellt. Systeme, die einem Beobachter als unbeschreibbar erscheinen und damit als,äußerst komplex' klassifiziert werden müßten, können für einen anderen durchaus als beschreibbar gelten [180, S. 24], Beer geht deshalb das Klassifikationsproblem von einer weiteren Dimension an, indem er, ausgehend von dem Bestimmtheitsgrad ihres Verhaltens, determinierte und probabilistische Systeme unterscheidet. Letztere umfassen jene Systeme, deren Elemente untereinander Beziehungen aufweisen, die nur in Wahrscheinlichkeitswerten voraussagbar sind. Ist das Verhalten von Systemelementen determiniert, so lassen sich durch das Feststellen des Zustandes eines Elements die Zustände aller anderen Elemente eindeutig bestimmen. Die betrachteten Mensch-Maschine Systeme müssen daher in die Kategorie probabilistischer Systeme eingereiht werden, da das Verhalten des,Elements' Mensch nicht in jeder Situation als Aktion oder Reaktion zum Element Maschine voraussagbar ist. In Abweichung zu Beer sollen diese Systeme im Zusammenhang mit der Eigenschaftsbeschreibung als probabilistisch gekennzeichnet werden, da Störungen selbst nicht unwahrscheinlich und Verhaltensweisen bei ihrem Auftreten nicht unbedingt programmierbar sein müssen. Menschliches Verhalten gilt ohnehin als generell nicht deterministisch. Auch lassen Imponderabilien der Maschine nur auf eine beschränkte Determiniertheit schließen [106, S. 36]. McFarland[ 170, S. 16] zählt drei formale Kriterien auf, nach denen sich der Komplexitätsgrad (Varietät) von Systemen bestimmen läßt: „(1) the number and variety of its components; (2) the extent and incidence of relational interdependence among the components; (3) the variability of the components and their relationships through time". Die Komplexität eines Systems bestimmt sich danach weniger durch die Anzahl seiner Elemente, als durch das Ausmaß und die Intensität seiner Beziehungen. Untersucht man die Art und Häufigkeit dieser Beziehungen, so lassen sich Rückschlüsse auf die Varietät des Systems vornehmen.

2.2. Klassifikation von Mensch-Maschine Systemen

23

Im Zusammenhang mit der Varietät von Systemzuständen muß daher näher auf die Kommunikationsbeziehungen zwischen Mensch und Maschine eingegangen werden. Kommunikation besteht in der Übertragung von Signalen, Zeichen oder Nachrichten und der durch sie hervorgerufenen Reaktion. Der Vorgang der Übertragung findet zwischen mindestens einem Sender und Empfänger statt. Dabei benutzt der Sender einen Übertragungskanal, um Signale dem Empfänger zuzuleiten[42, S. 41]. Im speziellen Fall der Mensch-Maschine- bzw. Maschine-Mensch-Kommunikation können beide Systemelemente jeweils Sender wie Empfänger sein. „Jede Maschine stellt zusammen mit ihrem Bedienungsmann ein Mensch-Maschine System aus zwei interdependenten miteinander agierenden Teilen dar" [96, S. 20]. Cherry [37, S. 261] unterscheidet zwischen direkter Verursachung, die eine „einfache und unvermeidliche Beziehung zwischen Ursache und Wirkung bedingt" (z. B. ein Stoß) und der Kommunikation, bei der sich diese Relation nur nach Wahrscheinlichkeiten bestimmen läßt. Diese Ungewißheiten treten in allen Bereichen der Semiotik auf. Neben Störungen auf syntaktischer und semantischer Ebene sind im pragmatischen Bereich Reaktionen von der Beurteilung des Senders bzw. Empfängers abhängig. Handelt es sich bei dem Expedienten oder Perzipienten um einen Menschen, so lassen sich die pragmatischen Eigenschaften nur durch subjektive Wahrscheinlichkeiten erklären; sie sind also nicht unwesentlich von psychologischen Faktoren abhängig. Die Aktivitäten zwischen den ,Systemelementen' eines Mensch-Maschine Systems können daher durch direkte (determinierte) Ursache-Wirkungs-Relationen oder durch informations-vermittelte Beziehungen hervorgerufen werden. Lediglich im letzten Fall ließen sich Systeme von hoher Varietät aufgrund ihres probabilistischen Charakters unterstellen. Aus diesen Ausführungen geht hervor, daß der Komplexitätsbegriff eine komparativistische Qualität hat, die isoliert auf das Systemelement Maschine (Maschinensystem) angewendet, durchaus Erklärungswert besitzt, jedoch kaum zur Beschreibung von Mensch-Maschine-Systemen geeignet ist, da der Mensch ohnehin als,komplexes System' definiert werden muß. Nun ist aber unter informationstheoretischen Aspekten nicht nur das maschinelle Systemelement selbst,komplex', sondern auch die Aufgabe, die es zu erfüllen hat. Die Komplexität' einer Aufgabe wird gemessen an der Zahl der zu verknüpfenden Elementaraufgaben. Je mehr Verknüpfungen innerhalb eines Systems herzustellen sind, desto ,komplexer' ist die zu erfüllende Aufgabe [229, S. 358], Als plausible Hypothese kann daher unterstellt werden, daß die Struktur des maschinellen Systemelements entweder durch die ,Komplexität' der zu erfüllenden Aufgabe determiniert wird, oder aber der Mensch übernimmt entsprechende Anteile an der Aufgabenerfüllung. Damit aber wird deutlich, daß der Komplexitätsbegriff kaum einen Aussagegehalt zur Kennzeichnung von Mensch-Maschine Systemen besitzt. Aus dem Begriff ergibt sich nicht, inwieweit eine Tätigkeit vorwiegend vom Menschen oder der Maschine vollzogen wird. Deshalb soll der Begriff des Mechanisierungsgrades von Mensch-Maschine Systemen — unter Berücksichtigung dieser Ausführungen als definitorisches Konstitutivum — beschreiben, in welchem Ausmaß maschinelle Elemente in der Lage sind, Eingabein-

24

2. Beschreibung menschlicher und maschineller Aufgaben

formationen aufzunehmen, sie zu verarbeiten und auf Umweltsysteme eine Wirkung zu erzielen. Der Begriff der Maschine wird durch diese Anforderung von einem Gebilde von Eisen und Zahnrädern erweitert zu einem „System, das etwas erreichen soll" [18, S. I I ] . 2 Das System durchläuft mehrere Transformationsprozesse, um das Systemziel in einer Reihe aufeinanderfolgender Zustände zu realisieren. Die Beschreibung der Struktur des Maschinensystems läßt sich nach Zahl und Arten der zu einer bestimmten Transformation notwendigen isomorphen Maschinen vornehmen. Im einfachsten Falle (z.B. des Fliehkraftreglers von Watt) liegt eine Isomorphie zwischen Regler und geregelter Maschine vor. Bei äußerst differenzierten Aufgaben (z. B. der Steuerung einer Volkswirtschaft) ist es auf Grund der Vielzahl der Variablen nicht möglich, ein isomorphes Modell der Wirklichkeit zu konstruieren. Entsprechend der maschinellen Aufgabe innerhalb eines Transformationsprozesses lassen sich hier schon verschiedenartige Strukturen von Mensch-Maschine-Systemen festhalten. Zunächst wird von der Struktur der Mensch-Maschine-Kommunikation ausgegangen, die sich aus den unterschiedlichen Aufgaben von Mensch und Maschine bei der Informationsübertragung und -Verarbeitung ergibt. 3 Folgende grundsätzliche Formen von Prozeßabläufen lassen sich beobachten [ 1 7 3 , S. 2]: (1) Transformationsprozesse, die operativ und strategisch vom Menschen geführt Vgl. auch Ashby [7, S. 24 u. 42]. Zu beachten ist jedoch, daß der Beer'sche Maschinenbegriff im Sinne eines allgemein definierten zweckorientierten Systems zu weit gefaßt ist, um noch spezifische Unterscheidungsmerkmale von Menschen und Maschinen herausarbeiten zu können. Der Aussagegehalt des Terminus Mensch-Maschine System würde demnach eine Tautologie beinhalten [18, S. 56]; Kosiol/Szyperski/Chmielewicz [135, S. 363] bezeichnen „komplexe Mechanismen mit Bewegungsvorgängen" als Maschinen, wobei sie Mechanismen ohne Bewegungsabläufe (z. B. elektronische oder chemische Geräte) „Apparate" nennen. Unter diesen Prämissen läßt sich menschliche Arbeit entsprechend den Mechanisierungsgraden folgendermaßen differenzieren: 2

Menschenarbeit Mensch- Werkzeug Arbeit MenschMechanismen Arbeit

MenschAggregat Arbeit

MenschApparat Arbeit MenschMaschine Arbeit

Abb. 2. Klassifikation menschlicher Arbeit nach

Kosiol/Szyperski/Chmielewicz

Menßen [175, S. 92—105] unterscheidet die formale Struktur von Mensch-Maschine-Kommunikationsprozessen nach mittelbaren und unmittelbaren, einfachen und differenzierten, kontinuierlichen und diskontinuierlichen, einseitigen und zweiseitigen Kommunikationsprozessen.

3

2.2. Klassifikation von Mensch-Maschine Systemen

25

werden. Der Mensch kommuniziert hier mit der Maschine, weniver Daten aus der Datenbank benötigt o d e r Informationsverarbeitungsvorgänge a n die Maschine delegieren kann. (2) Die Maschine bewältigt selbsttätig strategische und operative Prozesse; sie konsultiert den Menschen in Ausnahmesituationen, bei Überschreiten bestimmter Toleranzgrenzen oder bei nicht programmierten Zielkonflikten. Die formale Darstellung soll nun auf ihre materielle Ausprägung im spezifischen Fall von Mensch-Maschine Systemen untersucht werden. Eine klare Fixierung der technischen Struktur des Maschinensystems ist insbesondere dann notwendig, wenn Hypothesen über Auswirkungen technologischer Veränderungen formuliert werden, die möglicherweise noch empirisch zu überprüfen sind. Aussagen über Auswirkungen, welche die ,Automatisierung' schlechthin hervorruft, sind deshalb nur wenig brauchbar, da widersprüchlich. Einige Autoren behelfen sich mit der Konstruktion des ,Automatisierungsgrades'. Aber auch derartige Differenzierungen sind meist aus der konkreten Situation des untersuchten Objektes abgeleitet. Die Definitionskriterien wurden induktiv ermittelt, was zur Folge hat, d a ß die Untersuchungsergebnisse nur schwer vergleichbar sind. Im folgenden soll, ausgehend von einigen Beispielen technischer Klassifizierungen, der Versuch unternommen werden, unter Berücksichtigung systemtheoretischen Gedankenguts eine Klassifikation möglicher technologischer Situationen zu entwickeln. Die Klassifikations- und Typisierungsvorhaben können sich an unterschiedlichen Auswahlmerkmalen orientieren. Beispielsweise mißt die anthropologische Forschung die technische Entwicklung daran, in wieweit menschliche Organe den spezialisierten Anforderungen nicht mehr entsprechen. In diesem Sinne erklärt Gehlen [81, S. 8] u. [82, S. 9 ff.] technische Erscheinungsformen als „Verstärketechniken", wenn die Organleistungen mechanisch unterstützt werden; als „Ergänzungstechnik", wenn fehlende organische Fähigkeiten durch technische Leistungen bewirkt werden; und schließlich als „Entlastungstechniken", die neben der Organentlastung auch deren Ausschaltung, beispielsweise aus Gründen der Arbeitsersparnis, zum Gegenstand haben. Gerade im letzten Fall handelt es sich um Maschinensysteme von hohen Mechanisierungsgraden. Gutenberg [90, S. 93 f] differenziert Mechanisierungsgrade aus einer spezifisch fertigungstechnischen Sicht. Auch er unterscheidet drei Fälle, wobei Fall A vorliegt, wenn die Funktionsfähigkeit einer Maschine nur durch ständige manuelle Führung gewährleistet wird. Bei Fall B wird die manuelle Führung durch eine maschinelle ersetzt, dergestalt, d a ß bestimmte Arbeitsgänge von der Maschine selbständig vollzogen werden. Dieser Fall der „manuellen Steuerung" ist nicht mehr gegeben, wenn der Arbeitsvollzug bereits innerhalb des Systems, d.h. der Maschine, fixiert und programmiert ist. Im Fall C leistet der Mensch lediglich Hilfstätigkeiten, da wesentliche Teile des Informationsverarbeitungsprozesses vom Menschen auf die Maschine übertragen werden. Die Übernahme der Steuerungsfunktion auf maschinelle Aggregate ist nach Gutenberg untrennbar mit dem Prinzip der Rückkopplung verbunden.

26

2 . Beschreibung menschlicher und maschineller Aufgaben

Auch die Gutenberg'sehen Typisierungsmerkmale leiten sich aus menschlichen Verrichtungsinhalten ab. Bei Wegner [275, S. 43 ff.] findet sich der Versuch, weitere Typisierungskriterien zu schaffen, indem Sachmittelkategorien aus dem organisatorischen Kontext heraus gebildet werden. Neben den Kosiol'schen Aufgabemerkmalen Verrichtung und Objekt wird eine Reihe von weiteren Typisierungskriterien geschaffen, wie die Art der Aktionen von Sachmitteln (Transformation oder Transport), ihre temporale und lokale Bindung sowie deren Bindung an den Menschen. Die wohl bekannteste Typisierungsskala wurde von Bright [25, S. 39 ff.] u. [27, S. 149] entwickelt, der als Kriterium zur Abgrenzung von Mechanisierungsprofilen von der Frage ausging, welches Element — Mensch oder Mechanismus - Energie und Kontrolle zur Bewältigung der Arbeitsaufgabe ausübt. Die einzelnen Stufen unterscheiden sich durch eine jeweils weitergehende Substitution von menschlichen Aktivitäten durch die Maschine, wobei jede Stufe durch drei Dimensionen charakterisiert werden muß: (1) Ausdehnung als das Ausmaß, in dem auch vor- und nachgelagerte Prozesse mechanisiert sind. (2) Stufe als Ausmaß der Mechanisierung, mit der eine bestimmte Aufgabe durchgeführt wird. (3) Durchdringung als das Ausmaß, mit dem auch zweit- und drittrangige Aufgaben (z.B. Instandhaltung, Schmierung, Einstellen) mechanisch abgewickelt werden. Die Inhalte von Mensch-Maschinen-Arbeit werden in vier Stufen gegliedert. Auf der ersten erscheinen die Tätigkeiten, die mit Hilfe von Werkzeugen vollzogen werden. Auf einer weiteren wird der Mensch bei zunehmenden Mechanisierungsgraden von der „Führung" des Werkzeuges entlastet, da Prozeßabläufe in der Maschine vorprogrammiert sind. Auf einer dritten Stufe erfolgt die Überwachung durch Mechanismen, die programmierte Tätigkeitsfolgen testen, d. h. die Maschine besitzt die Fähigkeit des Messens. Steuerungsentscheidungen werden in dieser Phase noch vom Menschen durch Signale ausgelöst. Auf der letzten Stufe werden auch diese von der Maschine selbsttätig vorgenommen. Der Mechanismus besitzt die Fähigkeit, sich selbst zu korrigieren, Arbeitsgänge im feed-forward-Verfahren vorauszusehen und auf veränderliche Umwelteinflüsse selbsttätig zu reagieren und adäquat zu entscheiden. Auch bei Bright zeigt sich deutlich, daß der Übergang von einer Mechanisierungsstufe zur nächst höheren gekennzeichnet ist durch einen jeweils höheren Mechanisierungsgrad und den damit verbundenen Informationsverarbeitungsprozeß. Dieser aus der industriellen Praxis rein induktiv entwickelten Typisierung mechanisierter Arbeitsabläufe soll nun der auf der Basis der Systemanalyse entwickelte Gliederungsvorschlag von Kosiol/Szyperski/Chmielewicz gegenübergestellt werden. Aufbauend auf den Gutenberg'sehen Kriterien wird die Stufe der Automatisierung als realtechnische Integration beschrieben. Automatisierte Aggregate werden als „geschlossene Mehraggregat-Mensch-Systeme" [135, S. 366] interpretiert. Der Begriff der Automatisierung wird definitorisch als Unterfall der Mechanisierung angesiedelt.

27

2.2. Klassifikation von Mensch-Maschine Systemen

Die Mechanisierungsstufen werden entsprechend der Aufgabenverteilung zwischen Mensch und Maschine unterschieden (vgl. Abb. 3 [135, S. 367]).

Aufgabenverteilung im Mechanismus

Stufe

Menschliche Führung Menschliche Steuerung (Mechanische Führung)

I II

Menschliche Kontrolle (mechanische Steuerung) Partiale mechanische Steuerung Totale mechanische Steuerung

Bezeichnung der Mechanisierungsstufe des Mechanismus

Mechanisierung (Mechanismus)

III 1 III 2

Menschliche Bedienung (mechanische Kontrolle) Menschliche Korrektur

IV1

Mechanische Korrektur

IV2

.

Automatisierung (Automatismus)

Abb. 3. Klassifikation der Mechanisierungsstufen nach

Vollautomatisierung (Vollautomatismus) Kosiol/Szyperski/Cbmielewicz

Automatisierte Prozesse (d. h. die Stufen III 2 bis IV 2) bedingen folgende Voraussetzungen: „1. Eine Integration automatisierter Einzelaggregate..., 2. Eine hochgradige Mechanisierung des Transports der Arbeitsobjekte . . . (Realgüter und Informationen, Anm. d. Verf.), 3. Eine Automatisierung des lenkenden Informationssystems, das aus dem zusammenhanglosen Gefüge aufgestellter Einzelaggregate ein sinnvoll abgestimmtes und integriertes Mensch-Aggregat-System macht". Eine Synthese der empirisch induktiv festgestellten Stufenfolge Brights und der auf systemanalytischen Überlegungen basierenden Klassifizierung von Kosiol und Mitarbeitern findet sich bei Drumm (vgl. Abb.: 4) [54, S. 24 ff], Automatisierung tritt mit totaler mechanischer Steuerung ein. Die erste Phase ist gekennzeichnet durch menschliche Kontrolle bei mechanischer Steuerung aller Verrichtungen. Die nächsthöhere Phase unterscheidet sich vor allem durch die mechanische Kontrolle, die in einer er-

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2. Beschreibung menschlicher und maschineller Aufgaben

Bezeichnung der Stufen

Stufennummer

Mechanische Korrektur der Qualität während der Operation

1

Mechanische Korrektur der Qualität nach der Operation

2

Mechanische Kontrolle

Mechanische Korrektur der Verfahrensbedingungen

3

Mechanische Korrektur

Mechanische Korrektur des Materialflusses

4

Mechanische Korrektur von Funktionsstörungen des Aggregates

5

Ausscheiden des Arbeitsobjektes bei Qualitätsabweichungen

6

Selbsttätiges Abschalten des Aggregates bei Qualitätsabweichungen

7

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Selbsttätiges Abschalten des Aggregates bei Verfahrensabweichungen

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158

6. Thesen zur Gestaltung der Produktions- und Arbeitsorganisation

Wenn die prozeßabhängigen Funktionen wie Transport und Auslösungsaufgaben mechanisiert werden, dann können die menschlichen Aufgabeninhalte auf prozeßunabhängige Verrichtungen (Einrichten, Wartung oder Instandhaltung) an mehreren Anlagen bzw. Anlagensystemen konzentriert werden. Dieser sicherlich idealtypische Ansatz, dessen Realitätsbezug durch die situative Relativierung mittels technischer und ökonomischer Nebenbedinungen hergestellt werden kann, läßt sich an dem Verhältnis von Struktur und Prozeß in Mensch-Maschine Systemen verallgemeinern. Ist die technische Situation so beschaffen, daß die technische Produktionsstruktur die menschlichen Handlungsprozesse funktional eindeutig festlegt, dann bedeutet dies gleichzeitig auch eine quantitative und qualitative Verengung der menschlichen Aufgabeninhalte. Bestimmt andererseits der menschliche Arbeitsanteil die Struktur des Produktionsprozesses (z. B. durch individuelle Anlagen-, Aggregat-, Werkzeug- oder Materialwahl in zeitlicher und funktionaler Hinsicht), dann ermöglichen auch organisatorische Maßnahmen die Erweiterung der Arbeitsinhalte über größere Teile des Verrichtungszusammenhanges. Die Wirksamkeit organisatorisch-prozessualer Maßnahmen ist mithin nicht mehr durch technische Bedingungen limitiert. Der prinzipielle Zusammenhang von technischer Situation und möglichem Aufgabenumfang wird in Abbildung 22 verdeutlicht. potentieller Aufgabenumfang

^ i

II III IV technische Situation (Mechanisierungsstufen)

V

Legende siehe Abb. 18. Abb. 22. Zusammenhang von technischer Situation und potentiellem Aufgabenumfang

Während bei handwerklichen Produktionsbedingungen sowie prozeßgesteuerten Fertigungsprozessen ganzheitliche Arbeitsinhalte arbeitsorganisatorisch realisierbar sind, wird bei mittleren Mechanisierungsstufen der menschliche Arbeitsanteil auf einzelne Prozeßphasen bzw. bestimmte Griffolgen an Einzelaggregaten reduziert. Der Standardisierung menschlicher Verrichtungen kann jedoch eine multifunktionale Auslegung der Aggregate entgegenwirken, wenn dadurch das Variationspotential menschlicher Handlungsprozesse innerhalb des technischen Bedingungsrahmens erweitert wird. Die prozessuale Determinierung menschlichen Handelns durch technische Strukturen wird bei Montageprozessen relativ leicht aufzulösen sein. Anders verhält es sich bei der Verarbeitung von Rohmaterial, da hier meist spezifische Ver-

6 . 2 . Aussagen zur Strukturbildung von Mensch-Maschine Systemen

159

richtungen am Material mittels einfunktionaler Anlagen vorzunehmen sind. Oftmals unterliegt die Teilefertigung (z. B. an Pressen oder Stanzen) limitationalen Produktionsfunktionen, so daß sie organisatorischen Entlastungen nicht zugänglich ist. Die fertigungstechnische Fixierung der menschlichen Arbeitsaufgabe kann in solchen Situationen allein durch technische Lösungen (Veränderung der Produktionsfunktion) aufgehoben werden. Dies würde indessen bedeuten, daß die Prozeßphasen einschließlich der Transportvorgänge mechanisiert werden müßten. Technische Problemlösungen liegen demnach wiederum in extremen Strukturformen, soll eine Erweiterung und Verselbständigung der Arbeitsaufgaben gewährleistet werden. In beiden Situationen verliert die menschliche Aufgabe als Bestandteil der Mensch-Maschine-Verrichtung den vornehmlich prozessualen Charakter und erhält einen strukturbestimmenden (dispositiven) Stellenwert für Verrichtungsprozeß und -ergebnis. Eine generelle Forderung nach Änderung von Produktionsfunktion und Produktionsbedingungen erscheint unrealistisch. Immerhin aber kann als Begleiterscheinung technischer Innovation eine Integration bislang arbeitsteilig wahrgenommener Einzelaufgaben zumindest in einigen Industriezweigen — beispielsweise bei prozeßgesteuerten Walzstraßen oder chemischen Verarbeitungsprozessen — festgestellt werden. 6.2.2.2.

Organisatorische

Gestaltungsaussagen

Das Verhältnis ,Individuum-Organisation' bestimmt im Sinne dieses Anspruchs die Rolle des Arbeiters einmal durch das kooperative Verantwortungsgefüge, in das die eigenen Tätigkeiten, aber auch die Verrichtungen der Umwelt, integriert sind. Verantwortung wird dem einzelnen bewußt, wenn er über die Konsequenzen seiner Handlungen Rückkopplungs-Informationen erhält und aufgrund dieser zur Selbstkontrolle gezwungen ist. Da sich die Verantwortungsinhalte nicht über kurze repetitive Teilarbeiten, sondern über Bereiche des Produktionsprozesses erstrecken sollen, trägt der einzelne auch die Verantwortung für die Funktionserfüllung paralleler und nachgelagerter Positionen bei gefugeartigen Kooperationsbeziehungen. Diese Integration der Verantwortungsinhalte, die in prozeßgesteuerten Mensch-Maschine Systemen die Teamarbeit der Meßwartenarbeiter erfordert, bedingt ein entsprechendes Rollenverhalten. Die kooperativen Bindungen, welche die eigentliche Neudefinition der Rolle des Arbeiters in prozeßgesteuerten Mensch-Maschine Systemen ausmachen, basieren auf der gemeinsamen Durchführung der Arbeitsaufgabe. Jeder einzelne kann für jeden seiner Kollegen dessen Zuständigkeitsbereich verantwortlich übernehmen, indem er auch im fremden Zuständigkeitsbereich Störmeldungen registriert, Instrumente kontrolliert, Unregelmäßigkeiten beseitigt usw. [128, S. 134]. Die Zweckerfüllung wird zu einer gemeinsamen Aufgabe aller Beteiligten. Eine im kooperativen Verantwortungsgefüge verankerte Rolle trägt wesentlich dazu bei, das Phänomen der sozialen Isolation — zumindest im betrieblichen Sozialsystem — zu vermeiden; zudem bietet diese formelle Struktur der Arbeitsinhalte auch Möglichkeiten zur Entfaltung informeller Kontakte. Solche Kooperationsstrukturen

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6. Thesen zur Gestaltung der Produktions- und Arbeitsorganisation

setzen voraus, daß Interaktionen zwischen allen Personen einer Arbeitsgruppe möglich sind. Werden Verantwortungsinhalte einem Arbeitsteam kollektiv übertragen, so können dadurch partikularisierte Arbeitsverrichtungen aufgelöst und Tätigkeiten auf den gesamten Produktionsbereich erweitert werden. Gerade durch teambezogene Zuordnung von Funktionen wird die Beziehung zwischen subjektiver Rolle und dem Identifikationsvermögen mit objektiven Aufgaben genützt [127, S. 362], Die Identifikation wird erschwert, wenn die zu verrichtende Arbeit von der sozialen Umwelt nicht respektiert wird. Zudem kann die Identifikation dadurch verhindert werden, daß das arbeitende Individuum dem Produkt seiner Arbeit keinen gesellschaftlichen Nutzen zusprechen kann. Die Arbeitsinhalte müssen für den Aufgabenträger einen Bedeutungsgehalt besitzen. Er sollte mit Funktionen betraut werden, die nicht einen vertikalen Ausschnitt des gesamten Arbeitsprozesses beinhalten, sondern sich über längere Sequenzen des Prozesses erstrecken (wie das z.B. bei Wartungs- und Kontrollaufgaben der Fall ist). Nur solche in ihrem Bedeutungsgehalt erweiterte Arbeitsinhalte können den Arbeiter aus den Leistungszwängen in den,Lücken mechanisierter Produktionsketten' herauslösen. Diese Forderung zielt nicht nur auf die Erweiterung der Arbeitsinhalte, sondern vor allem auf die Transparenz der eigenen Position innerhalb des Stellengefüges. Dazu ist es zunächst notwendig, eine Integration arbeitsteiliger Einzelfunktionen vorzunehmen, d. h. den Arbeiter neben Überwachungsaufgaben auch mit Aufgaben der Instandhaltung und Qualitätskontrolle sowie personalen Funktionen zu betrauen und den Verantwortungsbereich über eine Vielfalt von Aufgabeninhalten auszudehnen. Die Anforderungen der Umwelt an das Individuum erweitern sich dadurch, daß der einzelne seinen Standort in einer produzierenden Umwelt nicht monokausal erfährt, sondern objektive intentionale Zusammenhänge begreifen muß, um seine Aufgabe in der sozialen Umwelt erfüllen zu können. Technische und personelle Gestaltungsmaßnahmen, welche die Struktur von Mensch-Maschine Systemen betreffen, müssen daher zum Inhalt haben, Informationsniveau und Entscheidungsbefugnisse von der Vorgesetzten- auf die Operatorenebene zu verlagern. Dies ist zweifellos nicht unabhängig von der technischen und personellen Situation zu verwirklichen. Letzteres impliziert die Notwendigkeit zu permanenten Lernprozessen [273, S. 103 ff.]. Individuelle Lernprozesse werden vor allem dann notwendig, wenn es gelingt, die Trennung von Entscheidung und Ausführung aufzulösen und größere Segmente des Produktions- bzw. Arbeitsprozesses in autonomen Arbeitsgruppen zusammenzufassen. Erlaubt die technische Struktur die Bildung solcher Arbeitsgruppen, dann verlangen die Arbeitsinhalte von dem Operateur qualifizierte Fertigkeiten und Anlagenkenntnis. Bezüglich dieser Konsequenz schlägt Whitfield [276, S. 158 f.] zwei voneinander abhängige Kriterien für Allokationsentscheidungen vor. Das Konzept der „integrated tasks" verlangt, daß die Bedienungsperson eine vollständige Sequenz exekutiver Funktionen auszuüben hat. Andererseits will das Konzept der „tasks of graded difficulty" die Entwicklungsfähigkeiten von Qualifikationen unterstützen, indem die Systemstruktur bereits Lernprozesse berücksichtigen soll. Im Zusammenhang mit den Veränderungen der Auf-

6.2. Aussagen zur Strukturbildung von Mensch-Maschine Systemen

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gabenstruktur müssen daher auch deren Folgen für das individuelle Lernverhalten beachtet werden. Lernvorgänge haben zunächst eine ökonomische Funktion, sofern die Ausbringungsmenge im Zeitablauf vom Ausmaß des Lernfortschritts abhängig ist. In der Literatur werden fertigungswirtschaftliche Lernvorgänge meist als eine Potenzfunktion formuliert, welche die Produktivitätssteigerung auf Grund sich wiederholender Tätigkeiten angibt [248, S. 71 ff.]. Die Maßgröße des Lernfortschritts ist in der Regel die Fertigungszeit, deren Verlauf in Abhängigkeit von der Anzahl der Arbeitsverrichtungen (kumulierten Produktionsmenge) beschrieben wird. Dabei wird angenommen, daß sich die Fertigungszeit mit jeder Verdoppelung der produzierten Menge in einem konstanten Prozentsatz (Lernrate) vermindert. Der Lerneffekt nimmt mit zunehmender Wiederholung der Arbeitsverrichtungen ab, bis die sogenannte Normalzeit erreicht wird. Der Verlauf der Lernkurve resultiert aus Einflußfaktoren wie: - Arbeitsschwierigkeit - Anlerngrad - Arbeitsunterbrechungen während der Lernphase [245, S. 99 ff.]. Der in der Literatur oftmals als Gesetzmäßigkeit qualifizierte Lerneffekt hat jedoch plausiblerweise nur bei geringer Mechanisierung (z. B. Hand- oder Fließarbeit) unmittelbar ökonomische Relevanz, da die Produktionsmenge und -qualität bei komplexen Maschinen-Systemen von deren technischen Eigenschaften bestimmt wird. Dennoch muß auch in diesen Situationen das individuelle Lernverhalten in arbeitsorganisatorische Gestaltungsüberlegungen einbezogen werden. So kann beispielsweise die zeitliche Verlängerung der Lernphase, die durch eine Erweiterung des Verrichtungszyklusses bzw. die Verringerung der Stationenzahl hervorgerufen wird, nur durch präventives Anlernen schon vor Umstellungen verkürzt werden. Die Berücksichtigung des Lernverhaltens bereits vor Veränderung der Arbeitsbedingungen ist auch eine Konsequenz der subjektiven Folgen des Wandels der objektiven Arbeitssituation. Tritt nämlich nach deren Realisierung für das betroffene Individuum eine neue Lernphase auf, die mit Einarbeitungsschwierigkeiten verbunden ist, dann wird die neue Erfahrung am Erfolg in der historischen Arbeitssituation gemessen. Technischorganisatorischen Änderungen, die hinsichtlich Arbeits- und Aufgabeninhalten mit innovativer Erfahrung verbunden sind, müssen daher Lernprozesse vorausgehen, die nach der Realisierung des Wandels die Lernphase verkürzen. Diese Vorbereitung ist vor allem bei Übergang zu höheren Mechanisierungsstufen notwendig, da sich die Lerninhalte von motorischen Fertigkeiten auf sensorische Fähigkeiten und Anlagenkenntnisse verlagern. Die Lernfortschritte objektivieren sich bei Tätigkeiten an komplexen Anlagesystemen nicht in der Ausbringungsmenge, sondern im Abbau von Unsicherheiten gegenüber dem mechanisierten Verrichtungsablauf. Auch ist die Normalleistung selbst nicht mehr meßbar. Mithin kann durch präventive Lernprozesse vermieden werden, daß sich eine mögliche objektive Entla-

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6. Thesen zur Gestaltung der Produktions- und Arbeitsorganisation

stung aufgrund technisch-organisatorischen Wandels subjektiv als zusätzliche Belastung niederschlägt. 6.2.3. Gestaltungsaussagen zur Interaktions- und Informationsstruktur Zunächst wird wiederum versucht, die Erscheinungsformen der realen Situation in Form von Wenn-Dann-Hypothesen zu kennzeichnen, um sie anschließend mit normativen Hypothesen zu konfrontieren. Die Kausalhypothesen beschreiben in der Wenn-Komponente die technische Situation, in der Dann-Komponente die Folgen für Interaktions- bzw. Kommunikationsstrukturierung. (1) Manuelle Verrichtung Handwerkliche Produktionsformen erlauben meist teamartige Gruppenstrukturen. Entsprechende Interaktions- und Kommunikationsmöglichkeiten ergeben sich aus der geringen zeitlichen und lokalen Bindung. Da sich auch die Arbeitsunterbrechungen individuell regeln lassen, können Kontaktaufnahmen entsprechend den individuellen Bedürfnissen vollzogen werden. Bei repetitiver Handarbeit weichen die ungebundenen Interaktionsbeziehungen einer Beziehungsstruktur, die von einer festgeschriebenen Systematik der Arbeitsorganisation dominiert wird. Die Kommunikationsinhalte und -wege werden sich bei vorwiegend manuellen, arbeitsplatzgebundenen Tätigkeiten während des Arbeitsprozesses auf die formal vorgesehenen beschränken, zumal Entlohnungssysteme einen entsprechenden Disziplinierungseffekt ausüben. Auch bei der Bandarbeit sind Kooperationsformen standardisiert und formalisiert. Die Interaktionsstruktur unterliegt dem technisch determinierten Verrichtungszusammenhang, d. h. vor- und nachgelagerte Arbeitsfunktionen vermitteln den sozialen Kontakt. Taktzwang und Zeitdruck sowie die damit verbundene Einschränkung der Bewegungsmobilität und Handlungsautonomie erlauben Kommunikationsbeziehungen allenfalls innerhalb der unmittelbaren Arbeitsgruppe. Formelle Kommunikationsbeziehungen haben aufgrund des standardisierten Arbeitsprogramms, der problemlosen Arbeitsinhalte und der Wiederholungshäufigkeit der Arbeitsaufgabe nur geringe Bedeutung. Sie werden erst bei Störungen handlungsrelevant, wenn zu deren Bewältigung übergeordnete Entscheidungen formalisiert sind und die Behebung arbeitsteilig durchgeführt wird. (2) Menschliche Steuerung Steuerungsaufgaben werden meist in funktionaler Isolierung an Einzelaggregaten wahrgenommen. Die Interaktionsmöglichkeiten sind im Gegensatz zur Bandarbeit nicht durch den Produktionsprozeß technisch vermittelt, sondern ergeben sich aus der räumlichen Anordnung der Produktionsmittel innerhalb der Werkstattorganisation. Die Interaktionsbeziehungen können auch kooperative Elemente enthalten, z. B. durch gegenseitige Unterstützung und Beratung bei Störungen, sofern der Produktionsprozeß gefügeartig organisiert ist. Allgemeine Hypothesen zur Interaktionssituation bei Steuerungsaufgaben lassen sich kaum vor-

6.2. Aussagen zur Strukturbildung von Mensch-Maschine Systemen

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nehmen, da die räumliche Anordnung der Arbeitsplätze entsprechend der Produktionssituation divergiert. So sind Steuerungstätigkeiten an einer Krananlage und an einer Drehbank hinsichtlich des Interaktionspotentials nur mit Einschränkungen vergleichbar. Dennoch kann festgehalten werden, daß die Interaktionsstruktur durch die Bindung an Einzelarbeitsplätze bestimmt wird. Kommunikationsbeziehungen sind in der Regel nur möglich, wenn der Arbeitsplatz aufgrund von Pausen und sonstigen Arbeitsunterbrechungen verlassen wird. Formale Kommunikationsbeziehungen unterliegen ebenfalls den Bedingungen der Arbeitssituation. Sie werden vorwiegend als Instruktionen über Auftragswechsel, Änderungen der Fertigungsmethoden oder ähnliche prozeßrelevante Verfahrenstechniken aktualisiert. Kommunikationswege und -inhalte orientieren sich an der klassischen Rolle des Meisters oder Vorarbeiters. (3) Menschliche Kontrolle bei maschineller Steuerung Auch Kontrolltätigkeiten werden als Einzelarbeiten vollzogen, sofern sie dezentral angelegt sind. Zwar sind in räumlicher Hinsicht Kontaktmöglichkeiten gegeben, ihre Aktualisierung wird jedoch durch die Aufmerksamkeitsbelastung erschwert. Die sensorische Bindung an den Produktionsprozeß zeigt, daß auch hier wiederum die technische Situation die individuelle Arbeitssituation maßgeblich beeinflußt. Beispielsweise können numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen so ausgelegt sein, daß auch während des Prozeßablaufes — und nicht nur bei Unterbrechungen - Soziierungsmöglichkeiten, d. h. individuell disponierbare Kommunikationsbeziehungen bestehen. Die formalisierten Beziehungen zur Vorgesetztenebene weisen eine der Struktur der Arbeitssituation entsprechend geringe Intensität auf, da bei störungsfreiem Prozeßablauf die fertigungstechnischen Determinanten durch die Eigenschaften der Anlage vorgegeben sind. Die Kommunikationsbeziehungen orientieren sich an der Übertragung relevanter Daten, wie der Sollgrößenvorgabe oder Rückmeldungen bei Überschreitung von Toleranzgrenzen. (4) Maschinelle Kontrolle Tätigkeiten der Anlagenüberwachung, die partiell von der Kontrollfunktion spezifischer Einzelaggregate entlastet sind, unterscheiden sich hinsichtlich Interaktions- und Kommunikationsmöglichkeiten grundsätzlich von der bisher beschriebenen Einzelarbeit. Da die Überwachung von Anlagensystemen vorwiegend auf die Wahrnehmung bereits eingetretener bzw. latenter Störungen gerichtet ist, wird die unmittelbare sensorische Bindung an den Prozeßablauf bzw. an die Instrumentierung aufgehoben. Passive Arbeitsanteile und Bewegungsmobilität ermöglichen anstelle isolierter Einzelarbeit kollektive Kooperationsformen. In diesem Zusammenhang erhält die Informationsfunktion als Bestandteil des Aufgabeninhalts zunehmende Bedeutung, da formale Kommunikationsbeziehungen auch in horizontaler Richtung institutionalisiert werden, die teils gegenseitige Beratung und Unterstützung, teils Arbeits- und Verhaltensanweisungen für vor- und nachgelagerte Prozesse beinhalten. (5) Maschinelle Kontrolle und Korrektur Die Arbeitssituation unterscheidet sich von der ,maschinellen Kontrolle' im we-

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6. Thesen zur Gestaltung der Produktions- und Arbeitsorganisation

sentlichen durch die Zentralisierung von Meß- und Kontrollständen sowie durch den Umfang selbsttätiger Regelungsmechanismen. Die Meßwartentätigkeit wird üblicherweise durch Arbeitsgruppen vollzogen, deren Mitglieder abwechselnd Teilfunktionen wahrzunehmen in der Lage sind. Die Arbeitssituation erlaubt aufgrund eines großen passiven Arbeitsanteils informelle Interaktionsmöglichkeiten. Zu den wesentlichen Aufgabeninhalten zählt die Informationsaufnahme, ihre Verarbeitung (Soll-Ist-Vergleiche) und Informationsabgabe, sowohl im Bereich der Mensch-Maschine-Kommunikation zur Prozeßsteuerung, als auch zu Arbeitskollegen und Vorgesetzten. Die horizontale Kommunikation ist wiederum im Falle latenter oder bereits eingetretener Störungen handlungsrelevant. Da Folgeschäden durch die maschinelle Kontrolle abgesichert sind, zielen die menschlichen Überwachungsaufgaben vor allem auf die Reduzierung möglicher Ausfallzeiten ab. Bei potentiellen Störungen oder Stillstand ist deshalb zunächst die Informationsverteilung primärer Handlungsinhalt, sofern die Ursachen nicht vom Bedienungspersonal selbst behoben werden können. Formalisierte Informationskanäle bestehen demnach zu Arbeitskollegen, Instandhaltungspersonal und Vorgesetzten. Die Hypothesen zum Verhältnis von technischer Situation und Interaktionsstruktur gehen also wiederum von der Annahme aus, daß im Bereich handwerklicher Produktionstechnik teamartige Interaktionsbeziehungen vorherrschend sind. Diese werden im Zuge der Mechanisierung einzelner Prozeßphasen (wie z.B. Input-OutputTransport) und funktionsspezifischer Arbeitsteilung in ein gefügeartiges, der technischen Rationalität verpflichtetes Interaktionssystem überführt, um schließlich aufgrund der technischen Integration operativer Teilfunktionen in komplexen, selbstregelnden Anlagesystemen wiederum teamartige Handlungsvollzüge zuzulassen (vgl. Abb. 23). Dieser Zusammenhang soll jedoch nicht als gesetzmäßige Kausalrelation verstanden werden, sondern als hinreichende Bedingung der Gestaltung formaler Kommunikationsprozesse, während als notwendige Komponente entsprechende organisatorische Gestaltungsvariable, wie Autoritätsstruktur oder Aufgabenstruktur zu berücksichtigen sind. Folgt man der Hypothese, daß die technisch erlaubten Interaktionsmöglichkeiten die Kommunikationsstruktur in Abhängigkeit von der individuellen Realisierung der Kontaktchancen maßgebend beeinflussen, dann müssen organisatorische Gestaltungsmaßnahmen zunächst auf eine Veränderung der technischen Situation ausgerichtet sein. Wie gezeigt wurde, sind die kritischen Mechanisierungsgrade bzw. Prozeßphasen wiederum Bandarbeit sowie menschliche Schalt- und Kontrolltätigkeiten. Bei Steuertätigkeiten muß als relevante Größe zudem die Arbeitsplatzstruktur berücksichtigt werden. Produktionstechnische Umgestaltungen müssen deshalb an der Isolierung durch Einzelarbeitsplätze bzw. an den Ursachen der motorischen wie sensorischen Bindung ansetzen. Alternative technische Strukturen, die der Arbeitsplatzisolierung entgegenwirken,

Zentralisierung des Informationsflusses

vorwiegend Routine-Komm. ad hoc-Komm.

gefügeartig

teamartig

Maschinelle Kontrolle

Maschinelle Korrektur

vorwiegend Routine-Komm.

gefügeartig

Menschliche Kontrolle

vorwiegend Routine-Komm.

uajrussSuruaisiuEipajAi eher ungebunden

eher gebunden

eher gebunden

eher gebunden

dezentral

zentral

zentral

zentral

a) ad hoc-Komm. a) eher ungebunden a) dezentral b) Routine-Komm. b) eher gebunden b) zentral

verrichtungsgebunden

a) teamartig b) gefügeartig

Formalisierung des Standardisierung Informationsflusses des Informations(der Kommunika- flusses tionsstruktur)

Menschliche Steuerung

Manuelle Verrichtung

Interaktionsgefüge

Interaktions- und Informationsstruktur

vorwiegend zweiseitig

vorwiegend einseitig

vorwiegend einseitig

vorwiegend zweiseitig

a) vorwiegend zweiseitig b) vorwiegend einseitig

Informationsrichtung

hoch

mittel

gering

hoch

a) hoch b) mittel

informelle Kommunikationsmöglichkeiten

6.2. Aussagen zur Strukturbildung von Mensch-Maschine Systemen

166

6. Thesen zur Gestaltung der Produktions- und Arbeitsorganisation

wurden bereits im Zusammenhang mit den Gestaltungsmaßnahmen von Autoritätsund Rollenstruktur entwickelt. Auch im Bereich der Interaktionsbeziehungen erscheint die Annahme plausibel, daß die Arbeitsplatzbindung bei mittleren Mechanisierungsgraden durch Kombinationen differenzierter Mechanisierungsstufen reduziert werden kann. Die technische Integration unterliegt auch hier - in Analogie zu den Überlegungen zur Handlungsautonomie - den Beschränkungen, die durch die Art des herzustellenden Produktes und die inhaltliche Ausgestaltung der Prozeßphasen gesetzt werden. Darüber hinaus ist zu prüfen, in welcher Weise durch die Mechanisierung bestimmter Prozeßphasen teamartige Gruppenstrukturen geschaffen werden können. Dazu ist beispielsweise notwendig, die Transporttechnik so zu ändern, daß die lokale Anordnung der Arbeitsplätze den Gruppenerfordernissen entspricht. Hinsichtlich der motorischen und sensorischen Bindung an Prozeßabläufe können maschinelle Verriegelungen und Regeltechniken, aber auch individuell variierbare Prozeßsteuerungstechniken, Interaktionspotential freisetzen. Die Schaffung technischer Voraussetzungen, die geeignet sind, sowohl die Isolierung durch Einzelaggregate wie auch durch die Anlagenbindung zu bewältigen, unterliegt hinsichtlich ihrer ökonomischen Realisierungschance neben der bereits vorhandenen Produktionstechnik auch den Einschränkungen, die durch das Produkt bzw. das Produktionsprogramm, die Interessen der Organisationsmitglieder und der Organisationsumwelt gegeben sind. Organisatorische M a ß n a h m e n , welche die Gestaltung der Interaktionsbeziehungen zum Inhalt haben, betreffen vorwiegend die Formalisierung der Kommunikationsstruktur. Dabei ist wiederum von den Prämissen der Autoritäts- und Aufgabenstruktur auszugehen. Der Wandel der Arbeitssituation von statisch fixierten Arbeitsinhalten zu universelleren prozeßabhängigen Funktionen, von individuellen Fertigkeiten zu kollektiver Verantwortung, muß auch adäquate Veränderungen der Formalisierung von Informationswegen und der Informationsverarbeitung nach sich ziehen. So deutet die Reintegration von Arbeitsinhalten und Prozeßabläufen auf die Errichtung ungebundener Kommunikationsstrukturen. i Die Limitierung von Informationsflüssen - auch in Anlehnung an das Kompetenzsystem - läßt sich aufgrund der vergrößerten Funktionsmobilität und der erweiterten Arbeitsinhalte nur schwer aufrecht erhalten. Z u m einen ist in Ausnahmesituationen bzw. Ausfällen eine schnelle Informationsübermittlung - gegebenenfalls über die Vorarbeiter- und Meisterebene hinaus — notwendig, zum anderen werden informelle Interaktionen in zunehmendem Ausmaß ermöglicht, die zentralisierte und gebundene Kommunikationswege nicht mehr verhaltensrelevant erscheinen lassen. Zunehmende Komplexität von Produktionstechnik und individuell wahrzunehmenden Aufgabenumfang bedingen eine entsprechende Komplexität der zulässigen Kommunikationsmöglichkeiten. Die Vereinigung von Entscheidung und Durchführung auch in den operativen Bereichen erfordert eine schnelle und sichere Informationsübermittlung, d. h. ein zumindest in der horizontalen Kommunikationsebene of-

6.3. Der Einfluß technisch-organisatorischer Änderungen

167

fenes Kommunikationssystem, um das Erkennen von Störungen zu erleichtern, deren Behebung zu beschleunigen und Folgeschäden zu vermeiden. Die Kongruenz von erweiterten Aufgaben- und Verantwortungsinhalten sowie der Komplexität der Kommunikationsstrukturen muß nicht notwendige Folge komplexer Technologie, vergrößerten Aufgabeninhalts und erweiterter Handlungsautonomie sein, sie ist vielmehr zu verstehen als eine Bedingung effizienter Organisationsgestaltung, aber auch eine Bedingung zur Integration menschlicher Teilaktivität in die Gesamtaktivität eines produktiven sozialen Systems.

6.3. Der Einfluß technisch-organisatorischer Änderungen auf die Produktionskostenentwicklung Die betriebswirtschaftlichen Kostenkonsequenzen der Arbeitsteilung stellen ein historisches Problem darj das schon von Smith, Taylor oder Bücher diskutiert wurde. Hypothesen über Kostenverläufe, die sich aus der Erweiterung der Arbeits- und Aufgabeninhalte ergeben, können freilich keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben. Annahmen über den Verlauf einzelner Kostengrößen können daher allenfalls tendenzielle Gültigkeit besitzen, d. h. sie müssen im Einzelfall situativ relativiert werden. Auf der Basis der bisherigen Ergebnisse erscheinen jedoch nachfolgende Generalisierungen als zulässig. Zunächst sollen Kostengrößen diskutiert werden, deren Verlauf mit hinreichender Sicherheit vorausgesagt werden kann [259, S. 77 ff.]. (1) Ausbildungskosten Als plausible Annahme kann gelten, daß die Ausbildungskosten bzw. die Lerndauer eine Funktion von Inhalt und Ausmaß der Arbeitsaufgaben ist, d. h. mit zunehmendem Arbeitsinhalt vergrößern sich auch die Anlernkosten. (2) Ausschußkosten und Kosten der Qualitätskontrolle Desgleichen kann unterstellt werden, daß mit zunehmenden Aufgabeninhalten eine größere Arbeitsmotivation und Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme auftritt. Mängel sind personell eindeutig lokalisierbar, die Bereitschaft zur Selbstkontrolle nimmt zu. (3) Überwachungskosten Bei Tätigkeiten mit geringem Arbeitsinhalt wird die Arbeitsmotivation vorwiegend extrinsisch angelegt sein. Die Überwachungsintensität und Überwachungskosten können mit zunehmendem Aufgabenumfang reduziert werden, was auch den subjektiven Bedürfnissen des Bedienungspersonals entspricht. (4) Fluktuations- und Abwesenheitskosten Die Abnahme von Fluktuation und Absentismus auf Grund der Zunahme von Inhalt und Ausmaß der Arbeitsaufgabe gilt als empirisch bestätigt. Neben den Lernund Einarbeitungskosten sind auch die Kosten der Anwerbung und Einstellung zu berücksichtigen.

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(5)

6. Thesen zur Gestaltung der Produktions- und Arbeitsorganisation

Lohnkosten Weiterhin kann als plausible Annahme gelten, daß die Lohnkosten mit dem Umfang der Arbeitsaufgaben ansteigen. Dies kann einmal mit notwendigerweise höheren Qualifikationen begründet werden, zum anderen ist nicht auszuschließen, daß die Arbeitsproduktivität vergleichsweise zu repetitiver Teilarbeit abnimmt.

Fragwürdiger sind Annahmen über folgende Kostengrößen: (6) Kosten für Werkzeuge sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Hinsichtlich der Entwicklung dieser Kostengrößen ist bei langen Arbeitszyklen zu vermuten, daß aufgrund der längeren Lernphasen Ausschuß- und Abfallkosten zumindest in der Anlaufzeit höher ausfallen. Umgekehrt wird bei fortschreitender Arbeitsteilung aufgrund fehlender Arbeitsmotivation mit gleichermaßen hohen Verschleißerscheinungen und Ausschuß zu rechnen sein. (7) Kosten der Kapitalbindung Die Frage nach der Kapitalkostenentwicklung läßt sich generell nicht beantworten. Unterstellt man eine limitationale Produktionsfunktion, dann zieht eine Erweiterung der Aufgabeninhalte notwendigerweise auch die Veränderung der Produktionsfunktion nach sich. Kennzeichnet sich die neue Produktionssituation durch selbsttätige Steuer- und Regelungstechniken, so muß auf eine Erhöhung der ,Kapitalkosten' geschlossen werden. Andererseits kann eine Variation der Produktionsfunktion auch zu arbeitsintensiverer Produktionstechnik führen, was eine Verringerung der Kapitalkosten und möglicherweise auch der Arbeitsproduktivität zur Folge hätte. Liegt eine Produktionsfunktion vor, die eine Substitution von Arbeit und Kapital zumindest in bestimmten Grenzen erlaubt, dann können trotz Aufgabenerweiterung die Kapitalkosten konstant gehalten werden. Selbes gilt, wenn die Vergrößerung des Aufgabenumfanges durch ausschließlich organisatorische Maßnahmen (job enlargement, job enrichment) erreicht wurde. (8) Kosten der Anpassung In der Literatur werden in der Regel verschiedene Formen der Anpassung an den Beschäftigungsgrad unterschieden [90, S. 336 ff.]. Geht man von den Grundformen der intensitätsmäßigen, zeitlichen und quantitativen Anpassung aus, dann gilt zumindest für den quantitativen Fall, daß der Anpassungsvorgang bei geringer Arbeitsteilung schneller und kostensparender vollzogen werden kann. Beispielsweise wird bei Beschäftigungsgradänderungen der Begrenzungsfaktor der Limitationalität weitgehend neutralisiert, da Arbeiter einem teamartig organisierten Produktionsprozeß entzogen werden können, ohne Lücken im Verrichtungsgefiige zu verursachen. Nicht anders verhält es sich bei der zeitlichen und intensitätsmäßigen Anpassung. Auch hier können Beschäftigungsänderungen ohne großen Planungsaufwand aufgrund der dezentralisierten Produktionsorganisation aufgefangen werden. Ebenso wirkt das Ausmaß der Arbeitsteilung auf die Flexibilität des Produktionssystems hinsichtlich Produkt- und Programmänderungen, wenn bei vergrößertem

6.3. Der Einfluß technisch-organisatorischer Änderungen

169

Aufgabenumfang Universalmaschinen zum Einsatz kommen. Diese Annahme erscheint realistisch, da in der Praxis versucht wird, das Risiko der Kapitalintensivierung bei gleichzeitig erhöhter Ausbringungsmenge durch die Verwendung von Universalmaschinen zu vermindern. NachScoville [235, S. 231 f.] können die einzelnen Kostengrößen als Funktion vom Aufgabenumfang und Zahl der Arbeiter wie folgt beschrieben werden: Für die Stückkosten gilt: K = C (n, j) + Ü (n, j) + W(j) + wobei: n: = j: = C (n,j): = Ü (n,j): = w(j): = 1: = qn: = und qn = wobei: p (j) f (j): Tj(j): T 2 (j):

+ 1/qn

Zahl der Arbeiter Umfang der Aufgabenelemente je Arbeiter Kapitalkosten Überwachungskosten Kosten der Qualitätskontrolle Lohnsatz zu Marktpreisen Nettoarbeitsproduktivität

p(j)xfÜ)-T1ü)xT2(j)

f(i) = durchschnittliche Bruttoarbeitsproduktivität = Fluktuationsrate = Zeitverlust in der Lernphase = Dauer der Lernphase

Durch partielle Differenzierung von 6 2 K/Sj 2 > 0 , etc. ließe sich nun das Kostenminimum ermitteln, sofern die einzelnen Kostenverläufe bekannt sind. Scoville glaubt folgende qualitative Zusammenhänge (Abb. 24) feststellen zu können: K

gering

Arbeitsumfang

groß

Abb. 24. Der Zusammenhang von Arbeitsumfang und Kostenkomponenten

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6. Thesen zur Gestaltung der Produktions- und Arbeitsorganisation

Die allgemeinen Abhängigkeiten sagen indessen noch nichts über die tatsächliche Kostenentwicklung bei Erweiterung des Arbeitsumfanges aus. Anhaltspunkte zur Prognose einzelner Kostengrößen ergeben sich einmal aus der Personalplanung. Die in der Praxis verwendeten Methoden zur Ermittlung des Personalbedarfs können in der Regel auf folgende Definitionsgleichung zurückgeführt werden [134, S. 2 2 f.]: PB, =

Q

^

A;

wobei: PB,: