Hegel-Studien Band 47: 2014 9783787334667

Bochumer Hegel-Vorlesung Charles Larmore: Die Freiheit verstehen, aufzubrechen, wohin man will Abhandlungen Brady Bow

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Hegel-Studien Band 47: 2014
 9783787334667

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HEGEL-ST U D IE N / BA N D 47

HE G E L- STU DIEN

In Verbindung mit Walter Jaeschke und Ludwig Siep sowie der Hegel-Kommission der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste herausgegeben von

m ichae l quante

und

b irg it sandkaule n

band

47

fe lix meine r ve r lag ham burg

© Felix Meiner Verlag, Hamburg 2013. ISSN 0073-1578 Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung vorbehalten. Dies betrifft auch die Vervielfältigung und Übertragung einzelner Textabschnitte durch alle Verfahren wie Speicherung und Übertragung auf Papier, Transparente, Filme, Bänder, Platten und andere Medien, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Satz: work:at:book / Martin Eberhardt, Berlin. Druck und Bindung: Druckhaus Beltz, Bad Langensalza.Werkdruckpapier: alterungsbeständig nach ANSI-Norm resp. DIN-ISO 9706, hergestellt aus 100% chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Printed in Germany. www.meiner.de/hegel-studien

I N H A LT

B O C H U M E R H E G E L - VO R L E S U N G E N C har le s L armore Die Freiheit verstehen, aufzubrechen, wohin man will ........................

11

ABHANDLUNGEN B ra dy B ow ma n Labor, Publicity, and Bureaucracy: The Modernity of Hegel’s Civic Humanism .........................................................................................

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C h ri st i an S c h m i d t Autonomie und Freiheit. Politische Aspekte des Selbstbewußtseins bei Hegel ........................................................................................... 75 O l i v e r S c h l au d t Über den Begriff der Gleichgültigkeit in Hegels „Wissenschaft der Logik“ und seine Anwendung in der Analyse des Größenbegriffs bei Hegel und Marx ........................................................................... 93 Pe t e r R o h s Wahrheit ohne Universalienrealismus ................................................. 117

6

Inhalt

L I T E R AT U R B E R I C H T E U N D K R I T I K A) Untersuchungen zur Klassischen Deutschen Philosophie Eckart Förster: Die 25 Jahre der Philosophie. Eine systematische Rekonstruktion (Peter Rohs, Münster) ............................................................................. 135 Axel Honneth: Das Recht der Freiheit. Grundriß einer demokratischen Sittlichkeit (Charles Larmore, Providence, RI) .......................................... 145 Nectarios Limnatis: German Idealism and the Problem of Knowledge: Kant, Fichte, Schelling, and Hegel (Andreas Arndt, Berlin) ........................ 151 Stefan Schick: Contradictio est regula veri. Die Grundsätze des Denkens in der formalen, transzendentalen und spekulativen Logik (Rainer Schäfer, Peking) .......................................................................... 157

B) Editionen G. W. F. Hegel: Fenomenología del espíritu. Ed. y trad. de A. Gómez Ramos [Phänomenologie des Geistes. Herausgegeben und übersetzt von A. Gómez Ramos] (Andrés Alonso Martos,Valencia) .......................... 162 Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts. Auf der Grundlage der Edition des Textes in den Gesammelten Werken, Band 14, herausgegeben von Horst D. Brandt (Hermann Klenner, Berlin) ...................................................................... 165 G. W. F. Hegel: La philosophie de l’histoire. Ed. dirigé par M. Bienenstock. Appareil critique N. Waszek. Trad. M. Bienenstock, Ch. Bouton, J.-M. Buée, G. Marmasse et D. Wittmann G. W. F. Hegel: Introduction à la philosophie de l’histoire. Traduction, présentation, notes et index par M. Bienenstock et N. Waszek (Claudia Melica, Roma) .......................................................................... 168

C) Literatur zu Hegel Alfredo Bergés: Der freie Wille als Rechtsprinzip. Untersuchungen zur Grundlegung des Rechts bei Hobbes und Hegel (Holger Glinka, Bochum) ....... 173 Susan Buck-Morss: Hegel und Haiti. Für eine neue Universalgeschichte. Aus dem Englischen von Laurent Faasch-Ibrahim (Young Woo Kwon, Heidelberg/Daejeon, KR) ...................................................................... 176 Karin de Boer: On Hegel. The Sway of the Negative (Christophe Bouton, Bordeaux) .............................................................. 182

Inhalt

7

Gianluca Garelli: Lo spirito in figura. Il tema dell’estetico nella „Fenomenologia dello Spirito“ di Hegel [Der Geist in der Gestalt. Das Thema der Ästhetik in Hegels „Phänomenologie des Geistes“] (Valentina Ricci, Irvine, CA) ... 184 Gianluca Garelli: Hegel e le incertezze del senso [Hegel und die Ungewißheiten des Sinnes] (Alberto L. Siani, İstanbul) ..................................................... 187 Stefan Gruner: Hegels Ätherlehre. Including a Summary in English: Hegel’s Aether Doctrine (Daniel Elon, Bochum) ...................................... 192 Peter C. Hodgson: Shapes of Freedom. Hegel’s Philosophy of World History in Theological Perspective (Tim Rojek, Essen) ........................................ 195 Heikki Ikäheimo/Arto Laitinen (Eds.): Recognition and Social Ontology. (Lu De Vos, Leuven) ................................................................................. 199 Christoph Jamme/Yohichi Kubo (Hgg.): Logik und Realität. Wie systematisch ist Hegels System? (Kazunobu Shimoda, Bochum/Kyoto) ........................ 202 Christian Georg Martin: Ontologie der Selbstbestimmung. Eine operationale Rekonstruktion von Hegels „Wissenschaft der Logik“ (Catia Goretzki, Bochum) ....................................................................... 206 Angelica Nuzzo: Memory, History, Justice in Hegel (Stefania Achella, Chieti-Pescara) ............................................................. 209 Michael Quante: Die Wirklichkeit des Geistes. Studien zu Hegel. Mit einem Vorwort von Robert Pippin (Claudia Wirsing, Braunschweig/Jena) .......... 212 Giacomo Rinaldi: Absoluter Idealismus und zeitgenössische Philosophie. Bedeutung und Aktualität von Hegels Denken (Filippo Ranchio,Venezia/Frankfurt a. M.) .............................................. 216 Erzsébet Rózsa: Modern Individuality in Hegel’s Practical Philosophy (Amir Mohseni, Münster) ........................................................................ 221 Frank Ruda: Hegel’s Rabble. An Investigation into Hegel’s Philosophy of Right. Preface by Slavoj Žižek (Tim Rojek, Essen) .............................. 224 Sergio Soresi: Il soggetto del pensiero. Modi e articolazioni della nozione di pensiero in Hegel [Das Subjekt des Denkens. Formen und Spielarten des Begriffs des Denkens bei Hegel] (Georg Sans SJ, Roma) .................. 227 Alexander Tikal: Leben als absolute Erkenntnis. Zum philosophischen Anspruch Hegels an der Schwelle zum System Thomas Hanke: Bewusste Religion. Eine Konstellationsskizze zum jungen Hegel (Oliver Koch, Bochum) ............................................. 231 Ioannis Trisokkas: Pyrrhonian Scepticism and Hegel’s Theory of Judgement. A Treatise on the Possibility of Scientific Inquiry (Lu De Vos, Leuven) ...... 236

8

Inhalt

Jean-Louis Vieillard-Baron: Hegel. Système et structures théologiques (Jean Grodin, Montréal, CDN) ................................................................ 242 Klaus Vieweg: Das Denken der Freiheit. Hegels „Grundlinien der Philosophie des Rechts“ (Georg Sans SJ, Roma) ........................................................ 245 Mirko Wischke/Andrzej Przylebski (Hgg.): Recht ohne Gerechtigkeit? Hegel und die Grundlagen des Rechtsstaates (Azelarabe Lahkim Bennani, Fès, MA) ..................................................... 250 Thomas Wyrwich (Hg.): Hegel in der neueren Philosophie (Sebastian Ostritsch, Stuttgart) ................................................................. 255

D) Neuerscheinungen zu einzelnen Autoren der Klassischen Deutschen Philosophie

Andreas Arndt: Karl Marx.Versuch über den Zusammenhang seiner Theorie. 2., durchgesehene und um ein Nachwort ergänzte Auflage (Hans-Georg Bensch, Hannover) ............................................................. 261

Charles Fourier: Über das weltweite soziale Chaos. Ausgewählte Schriften zur Philosophie und Gesellschaftstheorie. Herausgegeben von Hans-Christoph Schmidt am Busch (Tim Rojek, Essen) .............. 266

BIBLIOGRAPHIE Literatur zur Hegel-Forschung 2011/2012 ....................................................... Abhandlungen zum Berichtszeitraum 2011 .............................................. Abhandlungen zum Berichtszeitraum 2012 .............................................. Nachträge zum Berichtszeitraum 2010 ....................................................

269 270 284 298

Neue Bücher zu Hegel 2011/2012 ................................................................... 301 Berichtszeitraum 2011 ............................................................................ 301 Berichtszeitraum 2012 ............................................................................ 307 Zusammenstellung und Redaktion: Holger Glinka (Bochum)

Autoren ........................................................................................................... 315 Siglenverzeichnis ..............................................................................................

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SIGLEN

AA

Kant, Immanuel: Gesammelte Schriften. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 1900 ff.

AA

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Historisch-kritische Ausgabe. Im Auftrag der Schelling-Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben von Hans Michael Baumgartner, Wilhelm G. Jacobs, Hermann Krings und Hermann Zeltner. Stuttgart 1976 ff.

B

Briefe von und an Hegel. Herausgegeben von Johannes Hoffmeister und Rolf Flechsig bzw. Friedhelm Nicolin. Hamburg 1960–1981.

GA

Fichte, Johann Gottlieb: Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Herausgegeben von Reinhard Lauth und Hans Jacob. Stuttgart-Bad Cannstatt 1964 ff.

GW

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegeben von der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Hamburg 1968 ff.

JWA

Jacobi, Friedrich Heinrich: Werke. Gesamtausgabe. Herausgegeben von Klaus Hammacher und Walter Jaeschke. Hamburg/Stuttgart-Bad Cannstatt 1998 ff.

KFSA

Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Herausgegeben von Ernst Behler unter Mitwirkung von Jean-Jacques Anstett und Hans Eichner. Paderborn/München/Wien 1958 ff.

KGA

Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Kritische Gesamtausgabe. Berlin/New York 1980 ff.

StA

Hölderlin, Johann Christian Friedrich. Sämtliche Werke. Große Stuttgarter Ausgabe. Herausgegeben von Friedrich Beißner und Adolf Beck. Stuttgart 1943–1985.

SW

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph: Sämmtliche Werke. Herausgegeben von K. F. A. Schelling. Stuttgart und Augsburg 1856–1861.

TWA

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Werke in zwanzig Bänden. Auf der Grundlage der Werke von 1832–1845 neu edierte Ausgabe. Redaktion Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel. Frankfurt a. M. 1970 ff.

V

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte. Hamburg 1983 ff.

W

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Sämtliche Werke. Vollständige Ausgabe durch einen Verein von Freunden des Verewigten. Berlin 1832–1845.

B O C H U M E R H E G E L - VO R L E S U N G E N

c har le s larmore D I E F R E I H E I T V E R S T E H E N, AU F Z U B R E C H E N, WO H I N M A N W I L L

abstract: Taking its inspiration from Hölderlin’s insight that to understand our freedom is to learn to be thankful for it, this essay reconstructs and then criticizes Kant’s arguments for the view that our freedom must ultimately consist in the empirically unconditioned ability to initiate a series of events. We must instead understand our freedom as part of the natural order of cause and effect, though at the same time recognize that to the extent that the causes of our thought and action are reasons, our freedom involves the possibility of creativity and the capacity, as Hölderlin wrote, “to set off where we will.”

I. In dem Taschenbuch für Frauenzimmer von Bildung, auf das Jahr 1799 erschien von Friedrich Hölderlin eine Reihe von kleinen Gedichten – darunter eines mit dem Titel Lebenslauf –, die er dem Herausgeber, seinem Freund Christian Ludwig Neuffer, ein Jahr zuvor gesandt hatte. Die hier versammelten Gedichte markieren eine wichtige Etappe in seiner poetischen Entwicklung. In ihnen hat Hölderlin den weltlosen Enthusiasmus seiner früheren philosophischen Hymne hinter sich gelassen, um, wie Schiller ihm in einem Brief vom 24. November 1796 geraten hatte, eine „Nüchternheit in der Begeisterung“ zu erzielen.1 Wie die anderen dieser Gedichte bringt Lebenslauf, das ich jetzt zitiere:

Vgl.: Friedrich Hölderlin: Sämtliche Werke. Siebenter Band. Erster Teil. Briefe an Hölderlin. Dokumente 1770–1793. Herausgegeben von Adolf Beck. Stuttgart 1968. 46. (Große Stuttgarter Ausgabe. Herausgegeben von Friedrich Beißner und Adolf Beck. Stuttgart 1943–1985. Im Folgenden: StA + Band- + Seitenzahl) 1

Hegel-Studien 47 (2013) · © Felix Meiner Verlag · ISSN 0073-1587

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C h ar l e s L ar m o r e

Hoch auf strebte mein Geist, aber die Liebe zog Schön ihn nieder; das Laid beugt ihn gewaltiger; So durchlauf ich des Lebens Bogen und kehre, woher ich kam.2 die Erfahrung zum Ausdruck, daß die Welt, trotz unserer Anstrengungen, sie nach unseren Vorstellungen zu gestalten, ihren eigenen Gesetzen folgt. Im Hintergrund zu diesem Gedicht steht offenbar die leidvolle Liebesaffäre mit Susette Gontard: Lebenslauf wurde einige Monate vor Hölderlins Weggang aus dem Hause der Gontards Ende September 1798 verfaßt. Daß dieses Gedicht, wie auch die anderen von Neuffer 1799 veröffentlichten, so kurz war, hat wahrscheinlich etwas zu tun mit einem anderen Rat, den Hölderlin bekommen hatte. Vor seiner Abreise aus Jena Ende Mai 1795 hatte Goethe ihm geraten, „kleine Gedichte zu machen und sich zu jedem einen menschlich interessanten Gegenstand zu wählen“.3 Lebenslauf konnte er aber nicht klein halten. Im Sommer 1800 entstand eine zweite Fassung, in der die urspüngliche Strophe revidiert wurde, um drei neue darauffolgende Strophen vorzubereiten: Größers wolltest auch du, aber die Liebe zwingt All uns nieder, das Laid beuget gewaltiger, Doch es kehret umsonst nicht Unser Bogen, woher er kommt. Aufwärts oder hinab! herrschet in heil’ger Nacht, Wo die stumme Natur werdende Tage sinnt, Herrscht im schiefesten Orkus Nicht ein Grades, ein Recht noch auch? Diß erfuhr ich. Denn nie, sterblichen Meistern gleich, Habt ihr Himmlischen, ihr Alleserhaltenden, Daß ich wüßte, mit Vorsicht Mich des ebenen Pfads geführt. Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen, Daß er, kräftig genährt, danken für Alles lern’, Und verstehe die Freiheit, Aufzubrechen, wohin er will.4

2 3 4

StA 1,1, 247. StA 7,2, 109. StA 2,1, 22.

Die Freiheit verstehen, aufzubrechen, wohin man will

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Durch diese Erweiterung hat sich das Anliegen des Gedichts geändert, oder besser: Es ist tiefer geworden. Wenn unser Streben, unser „Größeres-Wollen“ dem Widerstand der Welt begegnet und wir Leid erfahren, uns aber wieder einmal dem Bogen des Lebens gemäß in einer Lage finden, in der wir aufbrechen und über das Gegebene hinausgehen möchten, dann läßt sich daraus – das ist jetzt Hölderlins Gegenstand – etwas Wichtiges lernen: „Es kehret umsonst nicht/ Unser Bogen, woher er kam“. Diese Lektion betrifft das Wesen der menschlichen Freiheit, und zwar den Umstand – wie die letzten drei Zeilen des Gedichts andeuten –, daß wir, von der Erfahrung genährt, Dankbarkeit empfinden lernen müssen, um unsere Freiheit richtig zu verstehen: Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen, Daß er, kräftig genährt, danken für alles lern’, Und verstehe die Freiheit, Aufzubrechen, wohin er will. Daß Hölderlin sein Epigramm zu einer Freiheitsode ausbaute, war nun keineswegs zufällig. Bis zum Ende der 90er Jahre arbeitete er ständig an seinem Hyperion (1797; 1799), der als eines seiner Leitmotive eben das richtige Verständnis menschlicher Freiheit hat. Hölderlins Behandlung dieses Themas in seinem Roman zielte wie seine Lyrik dieser Jahre auf die Überwindung des Subjektivismus und die Anerkennung der Eigengesetzlichkeit der Welt. Von dem Freund Alabanda, von dessen unerbittlichem Gerechtigkeitseifer und damit verbundener Überzeugung seiner bedingungslosen Freiheit muß sich Hyperion losreißen, um sich bewußt zu werden, daß Freiheit nur mittels eines Sinnes für Schönheit und durch eine Versöhnung mit der Natur angemessen verstanden werden kann. In der Gestalt von Alabanda, in dessen stolzem Freiheitsbekenntnis – „Ich fühl in mir ein Leben, das kein Gott geschaffen, und kein Sterblicher gezeugt. Ich glaube, daß wir durch uns selber sind“5 – ist zudem Fichtes Philosophie des absoluten Ich verkörpert, an der Hölderlin zu dieser Zeit eine grundlegende Kritik entwickelt hatte. Diese Kritik, die sich hauptsächlich in dem in Jena verfaßten und heute unter dem Titel Urtheil und Seyn bekannten Fragment des Jahres 1795 findet und die durch seine Lektüre von Jacobis Über die Lehre des Spinoza (1785; 1789) tief inspiriert war, ging dahin zu zeigen, wie das Subjekt und mithin seine Freiheit in einem ihm vorhergehenden, Subjekt und Objekt vereinigenden Sein verankert sein muß. Dies ist der Kern seiner sog. „Vereinigungsphilosophie“, die einen so großen Einfluß auf die philosophische Entwicklung seiner alten Freunde aus der Tübinger Zeit, Schelling und Hegel, ausüben würde.

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StA 3, 141.

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C h ar l e s L ar m o r e

Alle drei Dimensionen seines Schaffens zu dieser Epoche – Lyrik, Roman, Philosophie – gingen daher in dieselbe Richtung. Ihr gemeinsames Ziel war ein besseres Verständnis menschlicher Freiheit, ein Verständnis, das in der zweiten Fassung von Lebenslauf zum Ausdruck kommt. Um unsere Freiheit zu verstehen, sagt das Gedicht, müssen wir Dankbarkeit lernen, da Freiheit und Natur, die eben „werdende Tage sinnt“, in keinem Gegensatz zueinander stehen. Damit setzt Hölderlin sich selbst in Gegensatz nicht nur zu Fichte, sondern auch zu der großen Figur, die hinter Fichte steht, nämlich Kant. Nach Kant müssen wir uns eine Freiheit zuschreiben, die es uns unabhängig von allen empirischen Bedingungen ermöglicht, durch unser Handeln eine Reihe von Ereignissen ganz von selbst anzufangen. Anscheinend hat Hölderlin Kants Theorie der Freiheit nicht direkt kommentiert, obwohl er sicherlich wußte, daß sie Fichtes Auffassung zugrunde lag. Indirekt aber, durch seine Kritik an Fichte, hat er sein eigenes Freiheitsverständnis in Entgegensetzung zu Kant entwickelt. Zu beachten ist etwa, daß, wenn er an einer berühmten Stelle eines Briefes an seinen Bruder vom 1. Januar 1799 schreibt, „Kant ist der Moses unserer Nation, der sie aus der ägyptischen Erschlaffung in die freie, einsame Wüste seiner Spekulation führt und der das energische Gesetz vom heiligen Berg bringt“, der Satz unmittelbar zuvor von der „neuen Philosophie“ der Deutschen sagt, daß „sie schon sich zu einseitig an die große Selbsttätigkeit der Menschennatur hält“.6 Wir haben nach Hölderlin ein einseitiges Verständnis unserer Freiheit, solange wir unser Augenmerk allein auf unsere Fähigkeit richten, selbsttätig zu sein, und nicht zugleich auf die Bedingungen, durch die wir als Teil der Natur diese Fähigkeit erst erwerben und die nicht gleichermaßen unter unserer Kontrolle stehen. Seine Einsicht, daß wir unsere Freiheit nur dann richtig verstehen, wenn wir lernen, für sie dankbar zu sein, deutet in der Tat auf das hin, was an Kants Auffassung der Freiheit grundsätzlich verfehlt ist. Dies ist die Annahme der folgenden Überlegungen, in denen ich versuche, meine eigene, langjährige Unzufriedenheit mit der Kantischen sowie mit ähnlichen „inkompatibilistischen“ Auffassungen des Verhältnisses zwischen Natur und Freiheit systematisch zu artikulieren. Bei Kant finden sich einige der stärksten und auch bis heute häufigsten Argumente zugunsten des Inkompatibilismus, und die merkwürdige Theorie ihres Verhältnisses, zu der er am Ende kommt, zeugt meines Erachtens von der Konsequenz, mit der er einen derart abwegigen Ansatz verfolgte. Aus der Analyse seiner Fehler können wir also viel über das Wesen der menschlichen Freiheit lernen. In dieser Kritik an Kant lasse ich mich von Hölderlins Einsicht leiten und komme am Ende wieder auf Hölderlin selbst zurück. Denn mehr als andere, mehr auch als diejenigen – etwa Hegel –,

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StA 6,1, 304.

Die Freiheit verstehen, aufzubrechen, wohin man will

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die sein vereinigungsphilosophischer Ansatz beeinflußte, scheint mir Hölderlin angedeutet zu haben, wie eine angemessenere Auffassung der Freiheit aussehen würde. II. Zunächst sei klargestellt: Wenn hier von Freiheit die Rede ist, dann nicht von Freiheit im Sinne einer Abwesenheit von Hindernissen, die uns seitens anderer Menschen oder externer Umstände im Wege stehen, das zu tun, was wir sonst tun könnten. Das ist die Art von Handlungsfreiheit, die in der Fähigkeit besteht, so zu handeln, wie wir wollen. In diesem Zusammenhang geht es aber um die Freiheit, selbst zu bestimmen, was wir wollen, d. h. um das, was in der Tradition Willensfreiheit heißt. Denn der Wille als solcher (um diesem etwas dunklen Begriff eine klarere Bedeutung zu geben) ist das Vermögen, zwischen gegebenen Handlungsmöglichkeiten zu wählen und dadurch zu entscheiden, was wir tun werden, wobei sich unser Wille insofern als frei bezeichnen läßt, als wir – ganz allgemein gesagt (aber der Teufel steckt im Detail!) – selbst bestimmen, wie wir dieses Vermögen ausüben. In der Kritik der reinen Vernunft merkt Kant nun an, daß es eine Art von Freiheit in diesem Sinne gibt, die „durch Erfahrung bewiesen werden“7 kann. Gemeint ist das, was er „praktische Freiheit“ nennt und was in der philosophischen Tradition „freie Willkür“ (arbitrium liberum) heißt. „Wir erkennen […] durch Erfahrung“, schreibt Kant dort,8 daß wir das Vermögen haben, sinnlichen Reizen, seien sie auch noch so heftig, aufgrund unserer Vorstellung von dem zu widerstehen, was „auf entferntere Art nützlich oder schädlich“ oder auch, wie er natürlich hinzufügen würde, von dem, was moralisch richtig ist. Allgemeiner formuliert besteht diese Freiheit oder „Kausalität der Vernunft in Bestimmung des Willens“ darin, nach unserem besten Verständnis der relevanten Gründe zu handeln, und Kant hat sicherlich recht: Jeder von uns weiß aus eigener Erfahrung, daß er aufgrund von Gründen handeln kann, sei es durch Reflexion, aus Gewohnheit oder aus einem Gespür für die jeweilige Situation. Diese „praktische“ Auffassung unserer Freiheit hält Kant aber für unzureichend, da sich die Frage stellen muß, ob die Ausübung der freien Willkür nicht selbst kausal bedingt ist. Wenn wir dem Drang sinnlicher Reize widerstehen oder – welcher Art auch immer die Alternativen sein mögen – so handeln, wie

Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft. Nach der 1. und 2. Originalausgabe herausgegeben von Jens Timmermann. Mit einer Bibliographie von Heiner Klemme. Hamburg 1998. A 802, B 830. (Im Folgenden: KrV zitiert unter Seitenangabe nach der ersten [1781 = A] und zweiten [1787 = B] Originalausgabe) 8 KrV, A 803, B 831. 7

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es unseres Erachtens am besten begründet ist, könnte es immer noch so sein, daß unsere Einschätzung der relevanten Gründe – und daher unsere Entscheidung selbst – von weiteren Faktoren abhängen, die nicht in unserer Gewalt liegen. Wie kann unser Handeln als wirklich frei angesehen werden, wenn die Art und Weise, in der wir die Gründe dafür beurteilen, von unserem Charakter,9 unserer Erziehung, unserem sozialen und historischen Kontext geprägt ist? Es stellt sich daher die Frage, wie Kant es formuliert, „ob die Vernunft selbst in diesen Handlungen, dadurch sie Gesetze vorschreibt, nicht wiederum durch anderweitige Einflüsse bestimmt sei, und das, was in Absicht auf sinnliche Antriebe Freiheit heißt, in Ansehung höherer und entfernterer wirkenden Ursachen nicht wiederum Natur sein möge“.10 Kant geht davon aus, daß Freiheit – unser Vermögen, selbst zu bestimmen, wie wir handeln wollen – und Natur – die Totalität aller, also auch in der Geschichte einander kausal bedingender Zustände und Ereignisse – in einem Gegensatz zu einander stehen. Zwar will er letztendlich zeigen, wie „Natur und Freiheit miteinander zu vereinigen“11 sind, wie „Natur der Kausalität aus Freiheit […] nicht widerstreite“,12 indem er Handlungen – sofern sie frei – einer intelligiblen Welt und Handlungen – sofern sie kausal bedingt sind – der Erscheinungswelt zurechnet; auf diesen Versuch werde ich weiter unten (VI) noch zurückkommen. Trotzdem muß Kant nach der heute üblichen Terminologie als „Inkompatibilist“ gelten, da er davon überzeugt ist, daß unsere Handlungen, gerade insofern sie frei sind, nicht zur kausalen Ordnung der Welt gehören können. Auf den ersten Blick mag es so aussehen, daß er recht hat. Denn normalerweise nehmen wir an, daß eine Handlung frei ist, wenn jemand selbst entscheidet, so zu handeln, und daß sie im Gegenteil unfrei ist, wenn er durch etwas außer sich gezwungen wird, so zu handeln. Wie könnte dann eine Handlung als Ausdruck unserer Freiheit gelten, wenn sie auch ein kausal bedingter Teil der Natur ist? So lautet die Frage, die Kant sich stellt und die viele andere noch heute, erklärtermaßen oder stillschweigend, gleichfalls dazu führt, eine Inkompatibilität zwischen Freiheit und der kausalen Ordnung der Welt oder – wenn man die letztere deterministisch auffaßt – zwischen Freiheit und Determinismus zu sehen. Bekanntermaßen handelt es sich um ein altes Thema. Präzisieren wir aber, um welches alte Thema es geht, da unterschiedliche Probleme unter der Bezeichnung „Freiheit und Determinismus“ gefaßt worden sind. Gegenwärtig

Von unserem „empirischen“ Charakter, hätte Kant präzisiert, da er davon unseren sog. „intelligiblen“ Charakter unterscheidet, der es uns ermöglichen soll, unabhängig von allen naturhaften Bedingungen zu handeln. – Siehe: KrV, A 539, B 567; A 549 f., B 577 f.; A 554 f., B 582 f. 10 KrV, A 803, B 831. 11 KrV, A 537, B 565. 12 KrV, A 558, B 586. 9

Die Freiheit verstehen, aufzubrechen, wohin man will

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gibt es eine lebhafte Kontroverse darüber, ob unser alltägliches „mentalistisches“ Vokabular von Entscheidung, Überlegung, Gründen und Freiheit vollständig durch eine neuro-wissenschaftliche Theorie des Gehirns ersetzt werden kann. Ich glaube nicht, daß eine solche Reduktion möglich ist (siehe IV. unten). Aber das ist nicht die Frage, die uns hier beschäftigt. Es geht eher darum, ob unsere Handlungen auch dann noch als frei gelten können, wenn die Entscheidungen, die wir ja aufgrund unseres Verständnisses der relevanten Gründe treffen, kausal von, wie Kant sagt, „höhere[n] und entferntere[n] wirkenden Ursachen“ abhängen. Zudem kommt es nicht so sehr darauf an, ob die Kausalordnung der Natur, von der wir vielleicht nur ein Teil sind, eine deterministische Struktur hat, in der jeder Zustand und jedes Ereignis eine notwendige Folge von vorhergehenden Ursachen ist. Selbst wenn bestimmte Kausalbeziehungen (wie die Quantenmechanik behauptet) nicht deterministisch sind, sollte niemand Freiheit mit indeterministischen Lücken als solchen, d. h. mit dem reinen Zufall, identifizieren, so als ob frei sein hieße, ganz launenhaft zu handeln. Relevanter als die Annahme des Determinismus ist das universale Kausalitätsprinzip. Denn die Frage ist, ob wir dann frei sind, wenn unsere Entscheidungen von Faktoren, die außerhalb unserer Gewalt liegen, kausal geprägt, wenn nicht sogar determiniert sind. Gibt es hier aber wirklich ein Problem? Selbst wenn der Mensch, wie Spinoza sagte, kein „Reich in einem Reich“ („imperium in imperio“) ist,13 warum sollte die Natur nicht (wie nochmals Spinoza und, ihm darin folgend, auch Hölderlin dachten) als Ermöglichungsgrund der menschlichen Freiheit begriffen werden? Sind die Einflüsse, die unsere Fähigkeit geprägt haben, aufgrund eines Verständnisses der relevanten Gründe zu handeln, als Bedingungen zu verstehen, durch die wir gezwungen werden, so zu handeln, wie wir es tun, oder sind sie nicht besser als Bedingungen aufzufassen, die uns überhaupt erst ermöglichen, vernünftig zu handeln? In letzterem Fall wäre jeder Anschein eines Konflikts aufgehoben. Um meine Gegenfrage etwas konkreter zu formulieren: Wir sind zwar frei, soweit wir Kontrolle über uns selbst und über unsere Umwelt ausüben können, aber wenn die Fähigkeiten, die uns diese Kontrolle gewähren, selbst in hohem Maße auf Bedingungen beruhen, die nicht unserer Kontrolle unterliegen, ist nicht eine solche Fundierung, weit davon entfernt, die Wirklichkeit unserer Kontrolle oder unserer Freiheit zu unterminieren, vielmehr als die Voraussetzung derselben zu begreifen? Denn welchen Sinn hätte es zu unterstellen, daß ein Wesen, um wirklich frei zu sein, so frei sein muß, daß es seine eigene Freiheit erzeugt?

13 Vgl.: Baruch de Spinoza: Ethica. Pars Tertia, Præfatio. – In: ders.: Opera. Im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften herausgegeben von Carl Gebhardt. Band II. Heidelberg [1928]. 39–308; hier: 137.

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Es stimmt, daß viele Philosophen in ihren Bemühungen, die Möglichkeit von Freiheit zu definieren oder im Gegenteil zu verneinen, vom entgegengesetzten Standpunkt ausgegangen sind. Das zeigt sich in zwei der heute zentralen, allerdings bereits seit Jahrhunderten gut bekannten Argumente in diesem Bereich. Nach dem „Konsequenzargument“ von Peter van Inwagen (der zur ersten Gruppe gehört) können unsere Handlungen nicht in unserer Gewalt liegen, wenn sie die Folgen von vergangenen Ereignissen und Naturgesetzen sind, die selbst nicht in unserer Gewalt liegen.14 Und nach dem „Basisargument“ von Galen Strawson (der zur zweiten Gruppe gehört) kann man nur dann für sein Handeln verantwortlich sein, wenn man auch für die geistigen Beschaffenheiten, aufgrund derer man handelt, verantwortlich ist, so daß man überhaupt nur dann frei sein könnte, wenn man tatsächlich eine „causa sui“ wäre.15 Wenn aber die Freiheit des Willens in der Fähigkeit besteht, aufgrund unseres Verständnisses der relevanten Gründe zu bestimmen, wie wir unter den gegebenen Handlungsmöglichkeiten wählen werden, warum wäre diese Fähigkeit dadurch beeinträchtigt, daß wir sie nicht von selbst hervorgebracht haben? Das Ausmaß unserer Freiheit schiene eher davon abzuhängen, wie gut wir diese Fähigkeit ausüben können. Beide Argumente unterstellen, daß, wenn X nicht unter unserer Kontrolle steht und Y eine Folge von X ist, Y sich gleichfalls unserer Kontrolle entzieht. Diese Annahme mag einleuchtend erscheinen. Aber wenn Y gerade unsere Fähigkeit ist, eine Kontrolle über uns selbst und über unsere Umwelt auszuüben, d. h. nach unserem besten Verständnis von Gründen zu handeln, dann verlieren die Argumente ihre Plausibilität. Aus verschiedenen Gründen war Kant nicht bereit, einen Kompatibilismus der angedeuteten Art ernst zu nehmen. Ein Grund hängt mit seiner vielleicht tiefsten philosophischen Überzeugung zusammen: Ich meine Kants Lehre der Autonomie der Vernunft, nach der die Vernunft ihrem Wesen nach selbstgesetzgebend ist. Unsere Fähigkeit, Gründe zu bewerten und daher „Gesetze vorzu-

14 Vgl.: Peter van Inwagen: An Essay on Free Will. Oxford 1983. v, 16, 56. – In der Kritik der praktischen Vernunft beruft sich Kant auf dasselbe Argument: Aus der „Notwendigkeit im Kausalverhältnisse […] folgt, daß eine jede Begebenheit, folglich auch jede Handlung, die in einem Zeitpunkte vorgeht, unter der Bedingung dessen, was in der vorhergehenden Zeit war, notwendig sei. Da nun die vergangene Zeit nicht mehr in meiner Gewalt ist, so muss jede Handlung, die ich ausübe, durch bestimmende Gründe, die nicht in meiner Gewalt sind, notwendig sein, d.i. ich bin in dem Zeitpunkte, darin ich handle, niemals frei“. – Siehe: Immanuel Kant: Kritik der praktischen Vernunft. – In: Kant’s gesammelte Schriften. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Band V. Erste Abtheilung: Werke. Fünfter Band. Berlin 1913. 1–163; hier: 94. (Im Folgenden: AA V) – Siehe auch: Ebd., 96 f. 15 Galen Strawson: Freedom and Belief. Oxford 22010. 24 f.; 291. – Zur gemeinsamen Prämisse der beiden Argumente siehe: Marcus Willaschek: Inkompatibilismus und die absolutistische Konzeption der Vernunft. – In: Philosophisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft. Freiburg/München. 115 (2008), 397–417.

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schreiben“ (wie er an der oben angeführten Stelle der ersten Kritik sagt16 ), dürfe, damit wir wirklich als freie Wesen gelten, umso weniger von empirischen Einflüssen geprägt sein, als es die Aufgabe unserer Vernunft ist, aufgrund der Prinzipien des Denkens und Handelns, die sie sich selbst gibt, zu bestimmen, welche Zustände in der Welt als Gründe zählen sollen, etwas zu denken oder zu tun. Keine Tatsache als solche – kein empirischer Befund, kein Leid eines anderen Menschen – kann nach Kant an und für sich eine Überzeugung oder Handlung rechtfertigen, da die Welt selbst normativ stumm sei. Es liege an uns festzulegen, welches Gewicht die Tatsachen der Erfahrung für uns haben werden, und das tun wir aufgrund allgemeiner Prinzipien – Evidenzregeln, moralischer Regeln –, von deren Autorität, wie es in der Grundlegung heißt,17 unsere Vernunft kraft ihrer Selbstgesetzgebung als „Urheberin“ verstanden werden sollte. Sofern wir dieses Grundvermögen unserer Vernunft ausüben, könne die Weise, in der wir Gründe beurteilen, nicht von empirischen Faktoren wie unserem Charakter, unserer Erziehung oder unserem historischen Kontext bestimmt sein, da wir gerade dabei seien, selbst zu bestimmen, was für Gründe es geben wird.Vernünftige Wesen müssen freie Wesen sein, und zwar in einem Maße, daß ihre Freiheit durch nichts in der Natur bedingt sein kann. In meinem Buch Vernunft und Subjektivität habe ich dargelegt, wie widersprüchlich Kants Auffassung der Vernunft als Autonomie ist.18 Die Vernunft ist nicht imstande, sich ihre eigenen Gesetze zu geben, da selbst in den wenigen Fällen, in denen wir uns eindeutig eine Denk- oder Handlungsregel (z. B. künftig kein Geld mehr zu leihen) auferlegen, die sonst keine Autorität für uns hätte, wir immer noch Gründe (etwa daß Schulden zurückzuzahlen und wir zu leihfreudig sind) einsehen müssen, so zu verfahren. Im allgemeinen sollte die Vernunft als das Vermögen begriffen werden, sich nach Gründen zu richten, deren schon bestehende Gültigkeit sie einfach anerkennen muß und die daher das Gesetz ihres Operierens ausmachen. Zudem besteht dieses Sich-Richten-nach-Gründen nicht nur aus einer Beziehung zu Gründen, sondern offensichtlich auch aus einer Beziehung, in der wir zu uns selbst stehen, und zwar, so habe ich dort gezeigt, aus der grundlegenden Selbstbeziehung, die jeden von uns überhaupt erst zu einem Selbst oder Subjekt macht. Vernunft und Subjektivität stehen in einem intimen Verhältnis zueinander, und Freiheit – was im gegenwärtigen Zusammenhang besonders von Belang ist – gehört gleichermaßen dazu. Denn freiwillig zu handeln heißt

KrV, A 803, B 831. Vgl.: Immanuel Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten. – In: Kant’s gesammelte Schriften. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Band IV. Erste Abtheilung: Werke. Vierter Band. Berlin 1911. 385–463; hier; 431; 448. (Im Folgenden: AA IV) 18 Charles Larmore: Vernunft und Subjektivität. Berlin 2012. 16 17

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soviel wie von selbst zu handeln, was diesem Ansatz nach nichts anderes bedeutet als: aus Gründen zu handeln. Da nun das Wesen eines Grundes darin besteht, daß etwas in der Welt für eine unserer Denk- oder Handlungsmöglichkeiten spricht, muß die Freiheit unserer Handlungen schon in einer wesentlichen Hinsicht durch die Natur kausal bedingt sein. Denn aus Gründen zu handeln bedeutet, daß unsere Handlung von den relevanten Gründen – und das heißt auch von den natürlichen Ereignissen oder Zuständen, auf denen diese Gründe beruhen – geleitet wird. Es ist nicht meine Absicht, diese ganze Theorie von Vernunft und Subjektivität im gegenwärtigen Zusammenhang wieder aufzurollen, obwohl ich mich im Folgenden auf ihr angedeutetes Korollar – eben den Gedanken, daß die Willensfreiheit in der Fähigkeit besteht, aufgrund von Gründen zu handeln, die ihrerseits darin bestehen, daß Aspekte der Welt, d.h. der Natur, für diese oder jene unserer Möglichkeiten sprechen – des Öfteren berufen werde. Hier wollte ich hauptsächlich einen wichtigen Hintergrund zu Kants Entgegenstellung von Freiheit und Natur erwähnen und dabei bereits auf einen Bezug hinweisen, in dem sich dieser Gegensatz als unhaltbar erweist (mehr dazu unten in VI.). Wenden wir uns jetzt den Überlegungen zu, die Kant explizit zur Begründung dieses Gegensatzes anführt. III. Kants Begründung der Annahme, daß Freiheit und Natur in einem Gegensatz zueinander stehen, findet sich am ausführlichsten in seiner Darlegung der dritten Antinomie in der Kritik der reinen Vernunft. Zuerst zu seiner Bestimmung der beiden Ausdrücke: Unter „Natur“ versteht er (deterministisch) „de[n] Zusammenhang nach allgemeinen Gesetzen sich einander notwendig bestimmender Erscheinungen“, in dem diese Gesetze Kausalgesetze sind, nach denen „alles, was geschieht, einen vorigen Zustand voraus[setzt], auf den es unausbleiblich nach einer Regel folgt“.19 Die Freiheit bestehe dagegen im Vermögen, „einen Zustand, mithin auch eine Reihe von Folgen desselben schlechthin anzufangen“,20 oder genauer, „einen Zustand von selbst anzufangen, deren [sc. der Freiheit] Kausalität also nicht nach dem Naturgesetze wiederum unter einer anderen Ursache steht, welche sie der Zeit nach bestimmte“.21 Freiheit in diesem tiefsten oder, wie Kant sagt, „transzendentalen“ Sinne enthält in der Tat zwei gleich wichtige Aspekte, da sie nicht weniger negativ die „Unabhängigkeit

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KrV, A 451, B 479; A 444, B 472. KrV, A 445, B 473. KrV, A 533, B 561; siehe auch: A 448, B 476.

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von empirischen Bedingungen“ als positiv das Vermögen bedeutet, „eine Reihe von Begebenheiten von selbst anzufangen“.22 Denn die Unabhängigkeit von empirischen Bedingungen erklärt, wie das „von selbst anzufangen“ genau zu verstehen sei, nämlich, wie Kant an anderer Stelle noch präziser und mit Unterstreichung schreibt, als ein „ganz von selbst anzufangen“23 ohne naturhafte Vorbedingungen. Daß ebendiese Begriffe von Natur und Freiheit gegensätzlich sind, daß eine menschliche Handlung, soweit sie als ein Phänomen der Natur angesehen wird, keine freie Handlung im angeführten Sinne sein kann, ist klar genug. Die Frage aber ist: Was spricht für eine solche transzendentale Auffassung von Freiheit? Warum kann man sich nicht mit dem bescheidenen „praktischen“ Freiheitsverständnis begnügen, nach dem frei sein heißt, nach unserem besten Verständnis der relevanten Gründe zu handeln, und dabei gerne zugeben, daß dieses Vermögen selbst, in seiner Entwicklung ebenso wie in seiner Ausübung, empirisch bedingt ist? Gilt es nicht als ein Vorteil dieser praktischen Auffassung, daß sie der alltäglichen Ansicht gerecht wird, gemäß welcher Freiheit etwas Komparatives ist – wir sind mehr oder weniger frei, und zwar je nachdem, wieviel Kontrolle wir über uns selbst und über unsere Welt ausüben können –, während Kant in seiner Kritik der praktischen Vernunft24 bekanntlich jeden „komparativen“ Freiheitsbegriff zugunsten einer transzendentalen Freiheit zurückweist, die offenbar eine Sache von Allem oder Nichts sein muß? In Kants Erörterung der dritten Antinomie sowie in anderen seiner Schriften lassen sich zwei Gedankengänge erkennen, die zu diesem nicht-empirischen Freiheitsbegriff zu führen scheinen. Ich spreche hier absichtlich von „Gedankengängen“ und nicht von „Argumenten“, da es nicht unmittelbar deutlich ist, ob jeder davon als ein Argument für sich (beide sind von der Kant-Rezeption oft so verstanden worden) oder stattdessen nur als ein Teilschritt eines übergreifenden Arguments gemeint ist. Diese Unklarheit werde ich im Folgenden zu lösen versuchen. Der erste Gedankengang findet sich häufig in Kants Schriften und wird, wie gesagt, gewöhnlich für das Fundament seiner Freiheitslehre gehalten. Ich meine seine wohlbekannte „Zwei-Standpunkte-Lehre“. Bereits in der Kritik der reinen Vernunft,25 ohne hier explizit von „Standpunkten“ zu reden, aber dann ausführ-

KrV, A 553 f., B 581 f. – Dieser positive Aspekt der Freiheit wird in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten weiter erläutert als das Vermögen des Willens, „sich selbst ein Gesetz zu sein“, d. h. als Autonomie. – Siehe: AA IV, 446 f. – Zu diesem Begriff siehe den II. Abschnitt des vorliegenden Beitrags. 23 KrV, A 534, B 562. 24 Vgl.: AA V, 96. 25 Vgl.: KrV, A 550, B 578. 22

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licher im dritten Abschnitt der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten26 macht Kant geltend, daß, wenn wir als Handelnde überlegen und entscheiden, wie wir handeln sollen, wir nicht umhin können, „unter der Idee der Freiheit“ vorzugehen: Wir müssen uns als freie Wesen ansehen, die selbst bestimmen, wie sie handeln wollen. Wenn wir aber den Standpunkt der Erkenntnis – d. h. denjenigen der theoretischen anstatt der praktischen Vernunft – einnehmen, müssen wir uns als Teil der Welt der Erfahrung betrachten, in der sich unsere Handlungen durch ihre kausale Verbindung mit anderen empirischen Ereignissen erklären lassen. Ob nun Kant mit Hilfe dieser Unterscheidung allein nachweisen wollte, daß unsere Handlungen vom Standpunkt der Erkenntnis aus ihren Anschein von Freiheit verlieren müssen und ihn nur dann wiedergewinnen können, wenn wir sie spekulativ auf eine uns innewohnende empirisch unbedingte Freiheit zurückführen, und ob das an sich ein gutes Argument ist, lasse ich zunächst dahingestellt. Unmittelbarer Gegenstand ist die Zwei-Standpunkte-Lehre selbst, die, nebenbei bemerkt, Kant gar nicht eigentümlich ist und heute oft unter anderen Namen wie etwa demjenigen einer Unterscheidung zwischen Teilnehmer- und Beobachterperspektiven auftritt.27 Das Herzstück dieser Lehre ist die Behauptung, daß wir als Handelnde unter der Idee der Freiheit handeln müssen. Das hat bereits Aristoteles geltend gemacht,28 dessen Auffassung der menschlichen Freiheit, des Vermögens, freiwillig (hekon) und willentlich (proairoumenos) zu handeln, die Welt der Erfahrung niemals verläßt – schon ein Zeichen dafür, daß dieser erste Gedankengang nicht genügt, Kants transzendentalen Freiheitsbegriff zu rechtfertigen. Der Grundgedanke lautet genauer: Jemand, der überlegt, was er tun sollte, geht davon aus, daß es nicht schon ausgemacht ist, wie er handeln wird, da es an ihm liegt zu entscheiden, und zwar in einer Entscheidung, die widerrufbar ist, welche der ihm möglichen Handlungen er vollziehen wird. Die Möglichkeiten, die er vor sich sieht und zwischen denen er sich zu entscheiden hat, müssen Möglichkeiten sein, die seines Erachtens durch die gegebenenen Umstände offen gelassen sind. Denn niemand macht etwas zum Gegenstand seines Überlegens, was seines Wissens schon vorausbestimmt ist. Zu dieser, wie man sagen kann, negativen Dimension seiner Freiheit kommt im Denken des Handelnden natürlich auch die positive Freiheit hinzu, durch seine Entscheidung dann bestimmen zu können, welche der ihm vorliegenden Möglichkeiten er verwirklichen wird.

Vgl.: AA IV, 448, 450 ff. So z. B.: Jürgen Habermas: Freiheit und Determinismus. – In: ders.: Zwischen Naturalismus und Religion. Philosophische Aufsätze. Frankfurt a. M. 2005. 155–186. 28 Aristoteles: Die Nikomachische Ethik. Zürich/München 1967. – Siehe insbesondere: Drittes Buch, 5, 1112a 30–31: „Wir überlegen uns also die Dinge, die in unserer Gewalt und ausführbar sind.“ 26

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Aus diesem Grundgedanken folgt aber nicht, daß die Freiheit, die sich der Handelnde zuschreiben muß, eine Freiheit ist, die außerhalb des Bereichs der Natur liegt. Denn warum muß die negative Dimension seiner Freiheit eine, wie Kant behauptet, „Unabhängigkeit von empirischen Bedingungen“ bedeuten? Und warum muß ihre positive Dimension, die Wirksamkeit von Entscheidungen, durch die wir selbst bestimmen, daß gewisse Dinge geschehen werden und die daher zu Recht als Ausdruck unseres Vermögens, „eine Reihe von Begebenheiten von selbst anzufangen“, bezeichnet werden können, aber so begriffen werden, daß das „von selbst“ nur ein „ganz von selbst“, also eine empirisch unbedingte Spontaneität sein könne? Obwohl der Handelnde davon ausgehen muß, daß es noch nicht ausgemacht ist, was er tun wird, da es an ihm liegt, welche der ihm vorliegenden Möglichkeiten er ergreifen wird, scheint es, wie ich (II.) angedeutet habe, gar nicht ausgeschlossen zu sein, daß die Fähigkeiten, die ihm seine Entscheidung ermöglichen, selbst durch die Erfahrung gebildet worden und daher Teil der Natur sind. Nun gibt Kant zu, daß der Handelnde selbst keine andere Vorstellung seiner Freiheit haben muß als diejenige seiner freien Willkür, d. h. seines Vermögens, nach den Vorschriften seiner Vernunft zu handeln, das er „praktische Freiheit“ nennt und dessen Existenz durch die Erfahrung bewiesen sein soll. Obwohl Kant diesen Freiheitsbegriff für unzureichend hält, da sich die Frage stellt, ob „die Vernunft selbst in diesen Handlungen, dadurch sie Gesetze vorschreibt, nicht wiederum durch anderweitige Einflüsse bestimmt sei“,29 fügt er an dieser Stelle unmittelbar hinzu: Das „geht uns im Praktischen, da wir nur die Vernunft um die Vor schr ift des Verhaltens zunächst befragen, nichts an, sondern ist eine bloß spekulative Frage, die wir, so lange als unsere Absicht aufs Tun oder Lassen gerichtet ist, bei Seite setzen können.“ Wenn diese Frage seines Erachtens am Ende unumgänglich ist und uns dazu veranlassen muß, eine tiefere, transzendentale Auffassung unserer Freiheit zu entwickeln, nach der frei sein eben heißt, unabhängig von allen empirischen Bedingungen „eine Reihe von Begebenheiten ganz von selbst anzufangen“,30 und damit zu erkennen, „daß auf diese transzendentale Idee der Freiheit sich der praktische Begriff derselben gründe[t]“,31 dann muß im gegenwärtigen Kontext die kritische Frage lauten: Was ist genau das Problem, das uns dazu führen soll, die Frage nach den Bedingungen unseres Vernunftgebrauchs zu stellen, und zwar auf eine Weise, durch die wir angeblich genötigt sind, eine solche nicht-empirische Idee von Freiheit anzunehmen?

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KrV, A 803, B 831. KrV, A 534, B 562. KrV, A 533, B 561.

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IV. Man könnte leicht glauben, die Antwort liege auf der Hand: Das Problem sei eines, das sich unmittelbar stellt, wenn wir eben den Standpunkt des Handelns zugunsten des Standpunkts der Erkenntnis verlassen. Denn dann scheinen wir unvermeidlich festzustellen, wie sehr unsere Ausübung der Vernunft tatsächlich „anderweitigen Einflüssen“ ausgesetzt ist und unsere Entscheidungen und Handlungen durch andere Ereignisse im kausalen Zusammenhang der Welt bestimmt sind. Das Problem liege folglich darin, wie wir weiterhin annehmen können, daß wir freie Wesen sind, wenn wir den Standpunkt der Erkenntnis einnehmen und dabei anerkennen, daß wir ein kausal bedingter Teil der Natur sind. Sagt Kant nicht selbst, daß es sich um „eine spekulative Frage“ handelt? Erinnern wir uns an das, was ich Kants Grundgedanken genannt habe: Jemand, der überlegt, wie er handeln sollte, geht davon aus, daß es noch nicht ausgemacht ist, was er tun wird, da es an ihm liegt zu bestimmen, welche der ihm vorliegenden Möglichkeiten er verwirklichen wird. Kann er dabei auch denken, daß der Gang seiner Überlegung durch Erfahrung und Charakter geprägt ist, und zwar in solchem Maße, daß der Schluß, zu dem er kommen wird, vielleicht der einzige Schluß ist, zu dem er unter diesen Umständen gelangen kann? Wie könnte er dann zugleich glauben, daß er mehrere Möglichkeiten und doch letzten Endes nur eine Möglichkeit hat? Doch sofern das tatsächlich Kants Argumentation ist, hat er einen falschen Weg eingeschlagen. Ein erster Haken besteht darin, daß sich die beiden Standpunkte des Handelns und der Erkenntnis (oder wie man heute manchmal zu sagen pflegt: die Teilnehmer- und Beobachterperspektiven) nicht scharf voneinander trennen lassen; in vielen Hinsichten sind sie wesentlich miteinander verschränkt. Einerseits muß der Handelnde – und zwar in seiner Eigenschaft als Handelnder – seine Handlungen als einen Teil der kausalen Ordnung der Natur ansehen. Um die Vor- und Nachteile der möglichen Handlungsoptionen, die ihm in einer Situation offen stehen, zu beurteilen, muß er u. a. ihre kausalen Voraussetzungen und Auswirkungen erkennen. Und wenn es ihm darum geht, eine mehr oder weniger komplexe Handlung auszuführen (etwas an die Tafel zu schreiben, anstatt bloß seinen Arm zu heben), muß er darauf achten, daß er jeden Schritt (in seiner Handhabung der Kreide) physisch so vollzieht, daß der nächste dadurch kausal ermöglicht wird. Warum soll also die Betrachtung unserer selbst und unserer Handlungen als kausal bedingt die Überzeugung erschüttern, daß wir frei sind, wenn diese Betrachtung zum Standpunkt selbst gehört, den wir als Handelnde einnehmen müssen? Andererseits setzt der Standpunkt der Erkenntnis dieselbe Art von Freiheit voraus, die Kant in Bezug auf den Standpunkt des Handelns „praktische Freiheit“ nennt. Wer den Anspruch erhebt zu erkennen, wie die Dinge wirklich

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sind, geht davon aus, daß es nicht vorausbestimmt ist, zu welchen Urteilen er gelangt, da es an ihm liegt, seine Urteile aufgrund einer Bewertung der relevanten Gründe zu bilden. Darauf weist Kant selbst in einer Rezension (1783) von J. H. Schulz hin, wenn er diesem seinen Fatalismus vorwirft: Er hat aber im Grunde seiner Seele, obgleich er es sich selbst nicht gestehen wollte, voraus gesetzt: daß der Verstand nach objectiven Gründen, die jederzeit gültig sind, sein Urtheil zu bestimmen das Vermögen habe und nicht unter dem Mechanism der blos subjectiv bestimmenden Ursachen, die sich in der Folge ändern können, stehe; mithin nahm er immer Freiheit zu denken an, ohne welche es keine Vernunft giebt. Eben so muß er auch Freiheit des Willens im Handeln voraus setzen, ohne welche es keine Sitten giebt […].32 Auch das Vollziehen von Erkenntnisurteilen fällt schließlich unter die Handlungen, die wir ausführen. Wie also kann es sein, daß die Betrachtung unserer Handlungen vom Standpunkt der Erkenntnis aus unser Selbstverständnis als freie Wesen in Frage stellt? Dabei wird, nebenbei bemerkt, offensichtlich, wie die Art von neuro-wissenschaflichem Reduktionismus, die die Willensfreiheit überhaupt verneinen will, sich selbst unterminiert, da die in Anspruch genommenen wissenschaftlichen Theorien ihre Autorität gerade daraus schöpfen, daß man nicht bloß zu ihrer Annahme gezwungen wird, sondern angeblich gute Gründe sieht, sie zu akzeptieren. Die Hauptschwierigkeit aber liegt darin, daß die kausale Bedingtheit unserer Überlegungs- und Entscheidungsprozesse – die Tatsache, daß die Art und Weise, wie wir Gründe beurteilen, von unserer Erfahrung und unserem Charakter abhängt – nicht als solche die Freiheit unserer Handlungen kompromittiert. Denn diese Tatsache ändert nichts daran, daß wir dann nach unserer Einschätzung von Gründen handeln. Warum stellt eine solche „praktische Freiheit“ nicht einfach alles dar, was Freiheit wesentlich heißt?33 Denn wenn jemand, der überlegt, welche der ihm möglichen Handlungen er wählen sollte, zugleich darüber nachdenkt, daß seine Überlegungsweise durch Erfahrung und Charakter geprägt ist, und zwar so sehr, daß der Schluß, zu dem er dabei kommen wird, vielleicht der

Siehe: Immanuel Kant: Recension von Schulz’s Versuch einer Anleitung zur Sittenlehre für alle Menschen, ohne Unterschied der Religion, nebst einem Anhang von den Todesstrafen. 1. Theil. – In: Kant’s gesammelte Schriften. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Band VIII. Erste Abtheilung: Werke. Achter Band. Berlin 1923. 9–14; hier: 14. 33 „Nicht etwas anderes wollen zu können als das, was man für richtig hält – darin liegt die verläßliche Freiheit der Entscheidung.“ – Siehe: Peter Bieri: Das Handwerk der Freiheit. Über die Entdeckung des eigenen Willens. München 2001. 83. – In vielen Hinsichten decken sich Bieris Ansichten mit den meinigen. 32

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einzige ist, zu dem er unter diesen Umständen gelangen kann, gerät er damit nicht in Konflikt mit sich selbst. Es ist keineswegs so, daß er dann gar nicht mehr zu überlegen habe, sondern seinen Schluß einfach aufgrund seiner Erkenntnis dieser Faktoren voraussagen könne. Nein, er muß tatsächlich überlegen, da diese Faktoren ihren Einfluß auf seinen Schluß angeblich dadurch ausüben, daß sie den Gang seiner Überlegung bestimmen. Natürlich könnte er ferner seine Erkenntnis derselben in sein Überlegen selbst einbeziehen und damit seine Überlegungssituation ändern, so daß er wahrscheinlich anders überlegen und vielleicht sogar zu einem anderen Schluß kommen würde – aber noch einmal: ohne durch den Gedanken gestört werden zu müssen, daß ein solches Vorgehen sicherlich ebenfalls eine Folge seines Charakters und seiner Erfahrung ist.34 Es stimmt auch nicht, daß dieser Mensch, wenn er überlegt und zugleich den bestimmenden Einfluß verschiedener Kausalfaktoren auf sein Überlegen anerkennt, dabei ist, sich im direkten Widerspruch zu sich selbst zu sagen, er habe mehrere Möglichkeiten und habe doch nur eine. Wenn er denkt, daß er mehrere Möglichkeiten hat, meint er, daß er unabhängig von seiner Überlegung nicht gezwungen ist, eine bestimmte dieser Optionen auszuführen. Wenn er aber denkt, daß er nur eine Möglichkeit hat, meint er etwas anderes und mit dem ersten Gedanken Verträgliches, nämlich, daß er eben aufgrund seiner Überlegung, so wie sie durch Erfahrung und Charakter geprägt ist, letztendlich nur eine seiner Möglichkeiten ergreifen kann.Wenn er auch überzeugt ist, daß diese Faktoren – seine Erfahrung und sein Charakter –, wie sehr sie auch seine Überlegung bestimmen, ihm gleichwohl gestatten, die guten Gründe zu erkennen, so und nicht anders zu handeln: Welche Art von Freiheit müßte er sich dann noch wünschen? Sollte er es etwa bedauern, daß sein Wille überhaupt durch Gründe und durch das, was es ihm ermöglicht, Gründe zu erkennen, überhaupt bedingt ist? Wäre nicht, wie Peter Bieri bemerkt, ein Wille, der nicht dadurch bedingt wäre, „ein Alptraum, denn es hieße, daß [unser] Wille seinen launischen Weg nimmt, ganz gleich, was [wir] denken“?35 In welchem Sinne könnten wir sogar einen solchen Willen noch als den unseren ansehen? Auf ähnliche Weise läßt sich verständlich machen, warum der typische Gedanke jedes Handelnden, „ich könnte etwas anderes tun, als das, was ich jetzt tue“, mit der kausalen Bestimmung seiner tatsächlichen Entscheidung kompatibel ist. Damit meint man letztlich nichts anderes, als daß man anders handeln

Vgl.: Max Planck: Vom Wesen der Willensfreiheit. – In: ders.: Vorträge und Erinnerungen. Stuttgart 1949. 301–317 (308 ff., auch wenn Planck davon ausgeht, daß Freiheit und kausale Bedingtheit einander ausschließen). 35 Siehe: Peter Bieri: Das Handwerk der Freiheit. Über die Entdeckung des eigenen Willens. A.a.O. 81. 34

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könnte, wenn man irgendeinen Grund erkennte, so zu handeln.36 Denn selbst dann, wenn man, wie ja möglich ist, trotzig entschiede, gerade das Gegenteil von dem zu tun, wofür man gute Gründe zu haben glaubt, verführe man so, weil man einen Grund sieht, ein Stück Selbstbehauptung zu betreiben37 – eine Entscheidung, die sich ebenfalls durch seinen Charakter, der ihn veranlaßt hat, einen solchen Grund zu sehen, kausal erklären ließe. Was damit nicht gemeint ist (oder nicht gemeint sein soll), ist, daß man unter genau den gleichen Bedingungen – und d. h. ohne irgendeinen weiteren Grund (welcher Art auch immer) zu sehen, anders zu handeln – anders handeln könnte. Denn eine solche „Handlung“ wäre etwas rein Zufälliges, eine absichtslose Bewegung, die nicht nur kein Ausdruck seiner Freiheit, sondern überhaupt keine Handlung wäre. Wenn also der Handelnde überzeugt ist, daß, sollte es einen besseren Grund geben, etwas anderes zu tun, dieselben Faktoren – seine Erfahrung und sein Charakter –, die seine tatsächliche Entscheidung bestimmt haben, sein Denken in die Richtung dieser besseren Option gesteuert hätten: Welche Art von Freiheit sollte er dann vermissen? Im allgemeinen handeln wir frei, wenn wir aufgrund unseres Verständnisses der relevanten Gründe handeln, und diese motivationale Beziehung wird nicht dadurch aufgehoben, daß unser Verständnis selbst durch verschiedene Faktoren kausal geprägt ist. Eines scheint also sicher zu sein: Es versteht sich keineswegs von selbst, daß eine Handlung, sobald sie vom Standpunkt der empirischen Erkenntnis aus betrachtet wird, aufhören muß, als frei zu erscheinen. So zu denken setzt voraus, daß empirische Bedingtheit und Freiheit wesentlich inkompatibel sind, und das ist eine These, die – weit davon entfernt, evident zu sein (ich habe eben gezeigt, wie die beiden doch in verschiedenen Hinsichten miteinander in Einklang gebracht werden können) – gerade diejenige These ist, die Kant rechtfertigen muß. Ich schließe nicht aus, daß Kant sich gelegentlich eines solchen wesentlich zirkulären Arguments bedient. Doch sollte er sich nicht darauf verlassen, und in jedem Fall bildet es nicht das eigentliche Fundament seines transzendentalen Freiheitsbegriffs.

Damit übernehme ich, wenn auch sorgfältiger als üblich formuliert, die sog. „konditionale Analyse“ des Gedankens, „auch anders handeln zu können“, durch die Philosophen wie G. E. Moore diesen Gedanken als gleichbedeutend mit dem Ausdruck „anders handeln könnte, wenn man sich dazu entschiede“ verstehen wollen. – Vgl.: George Edward Moore: Ethics. Oxford 1912. Chapter 6. 37 Diesen Punkt hat etwa Descartes in seinen beiden Briefen an den Père Mesland vom 2. Mai 1644 und vom 9. Februar 1645 einleuchtend dargelegt. – Siehe: ders.: Oeuvres complètes. Éd. par Charles Adam et Paul Tannery. Paris 1964–76. Tome IV. 111–120, 173–175. 36

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V. In der Tat ist es ein anderes Element des praktischen Lebens, das seines Erachtens zu dieser Auffassung der Freiheit führt – nicht der prospektive Standpunkt, aus dem wir handeln, sondern der retrospektive Standpunkt, aus dem wir die Handlungen anderer (oder sogar unserer selbst) beurteilen. Auf ihm beruht der zweite Gedankengang, den ich eingangs erwähnte. Man betrachte die Stelle in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, in der Kant klarstellt, warum Freiheit „kein Erfahrungsbegriff“ ist: Alle Menschen denken sich dem Willen nach als frei. Daher kommen alle Urtheile über Handlungen als solche, die hätten geschehen sollen, ob sie gleich nicht geschehen sind.38 Dieselbe Argumentation taucht aber bereits an verschiedenen Stellen der Kritik der reinen Vernunft auf, etwa dort, wo Kant behauptet, „die Aufhebung der transzendentalen Freiheit [würde] zugleich alle praktische Freiheit vertilgen“: „Diese setzt voraus“, fährt er fort, daß, obgleich etwas nicht geschehen ist, es doch habe geschehen sollen, und seine Ursache in der Erscheinung also nicht so bestimmend war, daß nicht in unserer Willkür eine Kausalität liege, unabhängig von jenen Naturursachen und selbst wider ihre Gewalt und Einfluß etwas hervorzubringen [...], mithin eine Reihe von Begebenheiten ganz von selbst anzufangen.39 Im Kern lautet dieser zweite Gedankengang wie folgt: Wenn wir jemanden tadeln, weil er unmoralisch gehandelt hat, obwohl wir sein schlechtes Benehmen durch seine Umstände und seinen Charakter kausal erklären können, nehmen wir an, daß er trotzdem anders und besser hätte handeln können und daß er mithin frei sein mußte, auch trotz solcher empirischen Bedingungen, das Richtige zu tun. Diesem Gedankengang liegt das bekannte Prinzip ,Sollen impliziert Können‘ zugrunde, nach dem die Behauptung, daß jemand etwas tun oder getan haben sollte, voraussetze, daß er es tun kann oder konnte. Oder besser gesagt: Ihm liegt ein besonderes Verständnis des ‚Sollen-Können-Prinzips‘ zu Grunde, und auf Kants Deutung dieses Prinzips kommt es eigentlich an. Aber zuerst zur Rolle dieses Gedankengangs. Offensichtlich stellt er in sich ein Argument – und meines Erachtens Kants bestes (wenn nicht vielleicht einziges) – für seine Lehre der transzendentalen Freiheit dar. Zwar beruht dieses Argument ebenfalls auf der Annahme, daß wir, wenn wir versuchen, eine Hand-

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Siehe: AA IV, 455. KrV, A 534, B 562; s. auch: A 547 f., B 575 f.; A 550, B 578 und A 555, B 583.

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lung empirisch zu erklären, feststellen müssen, wie sehr sie von einer ganzen Reihe kausaler Faktoren bestimmt wurde. Doch soweit Kant auf diese Weise argumentiert, macht entgegen der üblichen Ansicht die Zwei-Standpunkte-Lehre nicht für sich genommen das entscheidende Fundament seiner Freiheitstheorie aus – und umso besser für ihn, da sich empirische Bedingtheit und Freiheit nicht als solche auszuschließen scheinen. Das vorliegende Argument stützt sich nicht auf die Eigenart des Erkenntnisstandpunkts allein, sondern nur in Verbindung mit einem anderen Prinzip, nämlich dem ‚Sollen-Können-Prinzip‘, das zum Standpunkt der Beurteilung von Handlungen gehören soll. Kants bestes Argument besteht also in der Kombination der beiden Gedankengänge, die ich unterschieden habe, und die Unzulänglichkeit des „praktischen“ Verständnisses von Freiheit soll demzufolge ihre Quelle in einem Bestandteil des praktischen Lebens selbst haben. Dieses aussichtsreichere Argument ist jedoch schließlich nur so stichhaltig wie das ‚Sollen-Können-Prinzip‘, auf dem es basiert. Nun läßt sich kaum verneinen, daß das Sollen vom Können abhängig ist: Es hätte keinen Sinn zu sagen, daß jemand etwas tun sollte, wenn die fragliche Handlung – etwa eine Meile in weniger als drei Minuten zu laufen – an sich unmöglich wäre. Kant hat aber eine besonders strenge Auffassung des Verhältnisses, in dem das Sollen zum Können steht.Wenn gesagt wird, daß jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt etwas tun oder getan haben sollte, dann müsse dabei – so Kant – unterstellt werden, daß er genau zu diesem Zeitpunkt auf die angedeutete Weise handeln kann oder konnte: Die ihm zugeschriebene Freiheit im Sinne der inneren Fähigkeit, so zu handeln, müsse eine solche sein, die er – was auch immer seine Erfahrung gewesen sein und welchen Charakter er haben mag – schon besitzt oder besaß, und nicht etwa eine solche, die er hätte erwerben können oder die er noch erwerben könnte. Diese Kantische Interpretation des Prinzips weicht beträchtlich von unseren gewohnten Denkweisen ab. Wenn wir beispielsweise versuchen, unsere Kinder dazu zu erziehen, sich richtig zu verhalten, dann gehen wir davon aus, daß sie noch nicht fähig sind, das zu tun, was sie – wie wir nicht zögern, ihnen gegenüber zu betonen – gleichwohl schon tun sollten. Denn diese Fähigkeit ist es schließlich, die wir ihnen beibringen wollen, wenn wir sie die Wichtigkeit gewisser Unterschiede lehren; und daß sie noch nicht tun können, was sie doch tun sollten, zeigt sich u. a. deutlich darin, daß ein Teil dieses Lernprozesses in Zurechtweisungen der Art: „Du hast nicht getan, was du tun solltest!“ besteht. Natürlich würden wir nicht sagen, daß sie sich so verhalten sollten, wenn sie nicht die Fähigkeit erwerben könnten, das Richtige zu tun. Aber wir nehmen nicht an, daß sie diese Fähigkeit in irgendeinem „transzendentalen“ Sinne schon besitzen. Es handelt sich um eine Freiheit, die nur durch Erfahrung erlangt werden kann. Ähnlich gehen wir auch gewöhnlich davon aus, daß man die Fähigkeit,

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angemessen oder richtig zu handeln, verlieren kann, ohne daß sich etwas daran ändert, daß man sich so verhalten sollte. Das trifft insbesondere zu, wenn man diese Fähigkeit durch eigene Schuld verliert. Wenn Hans, der früher durchaus imstande war, das moralisch Richtige zu tun, infolge einer ausschweifenden Lebensweise so schlechte Gewohnheiten angenommen hat, daß es ihm einfach unmöglich wird, irgendein Interesse daran zu nehmen, werden wir trotzdem nicht zögern, ihn zu tadeln, wenn er unmoralisch handelt. Aristoteles, der hier wie so oft dem Alltagsdenken nahesteht, hat diesen Gedanken bündig zusammengefaßt: „So hatten es auch der Ungerechte und der Zügellose am Anfang in der Hand, nicht derart zu werden; insofern sind sie es freiwillig. Wenn sie es aber einmal geworden sind, haben sie es nicht mehr in der Hand.“40 Das heißt, es steht ihnen nicht mehr frei, so zu handeln, wie sie immer noch handeln sollten. Was diese beiden Szenarien zeigen, ist, daß das Sollen-Können-Prinzip, wie wir es im täglichen Leben anwenden, nicht so interpretiert wird, wie Kant es versteht. Wenn wir sagen, daß jemand etwas tun sollte, setzen wir nicht voraus, daß er gerade dann fähig sein müsse, es zu tun. Es kann sein, daß er wegen seiner Erfahrung und seines Charakters unfähig ist, es zu tun, und wenn wir trotzdem darauf beharren, daß es etwas ist, das er tun sollte, dann deshalb, weil wir meinen, daß er für sein Unvermögen verantwortlich ist oder daß er die Fähigkeit, es zu tun, durch Erziehung erwerben (oder wieder erwerben) könnte. M.a.W.: Das Können, das wir ihm zuschreiben, ist eine kausal bedingte Freiheit, richtig zu handeln. Ähnlich ist es auch, wenn jemand tatsächlich die Fähigkeit hat, sich so zu verhalten, wie es sich gehört, es aber in einem gegebenen Fall nicht tut, weil er etwa falsch überlegt oder einem entgegengesetzten Wunsch nachgibt. Wir denken zwar, daß er dann imstande war, stattdessen das Richtige zu tun, meinen aber damit allein die Fähigkeit dazu, die er angeblich hatte. Wir meinen nicht, daß er trotz all der Faktoren, die ihn in der Tat dazu gebracht haben, falsch zu überlegen oder dem Wunsch nachzugeben, noch so handeln konnte, wie er handeln sollte. D. h. wir schreiben ihm keine transzendentale, empirisch unbedingte Freiheit zu. Wenn wir darauf bestehen, daß er richtig gehandelt haben sollte, dann noch einmal deshalb, weil wir glauben, daß er sich selbst durch seine früheren Handlungen zu jemandem gemacht hat, der jene Fehler begehen würde, sich aber zukünftig besser bemühen kann, ähnliche Fehlgriffe zu vermeiden. Man möchte vielleicht einwenden: Erachten wir nicht jemanden (und sei es auch uns selbst), der durch seinen Charakter dazu veranlaßt ist, sich für eine schlechte Handlung zu entscheiden, nichtsdestoweniger als den Täter seiner Tat? Allerdings. Aber damit setzen wir gewöhnlich nicht voraus, daß er unabhängig

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Aristoteles: Die Nikomachische Ethik. A.a.O. Drittes Buch, 7, 1114a 19–22.

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von seinem Charakter frei sein mußte, besser zu handeln. Wir halten ihn verantwortlich für diese Handlung, gerade weil er aufgrund seines Charakters – und nicht etwa aufgrund der Drohung eines Anderen – entschieden hat, so zu handeln. Und wenn wir ihn noch dazu für seinen Charakter selbst verantwortlich halten, wie das häufig passiert, dann schreiben wir ihm damit nicht, wie etwa Schopenhauer in seiner Verteidigung des Kantischen Arguments behauptet, eine intelligible, nicht-empirische Freiheit zu, durch die er diesen Charakter hervorgebracht haben soll.41 Wir meinen einfach, daß dieser Charakter das antizipierbare Resultat seiner früheren Handlungen ist. Kant zum Trotz gibt es also nichts in unserem praktischen Leben selbst – weder unser Selbstverständnis als Handelnde noch die Perspektive, aus der wir die Handlungen anderer beurteilen –, das uns die Unterstellung aufzwingt, wir müßten, um als wirklich freie Wesen zu gelten, imstande sein, unabhängig von allen empirischen Ursachen „eine Reihe von Begebenheiten ganz von selbst anzufangen“. Die sog. „praktische“ Auffassung ist vollkommen ausreichend, nach der frei sein heißt, nach unserer besten Einschätzung der relevanten Gründe zu handeln, wie sehr diese Fähigkeit auch durch Erfahrung und Charakter bestimmt sein mag. Im Sinne dieser Vorstellung sind wir ja fähig, von selbst – wenn auch nicht „ganz von selbst“ – eine Reihe von Ereignissen zu beginnen. Das tun wir, wann immer wir entscheiden, durch unsere Handlung eine Änderung in der Welt hervorzubringen, die sonst (ohne diese Entscheidung) nicht vorgekommen wäre. Das „von selbst“ bedeutet, wir handeln dann aufgrund unserer Entscheidung, so zu handeln, und d. h. – wie ich weiter oben (II.) angedeutet habe – aufgrund dessen, was uns erst zu einem Selbst oder Subjekt macht, nämlich aufgrund unseres Vermögens, uns nach Gründen zu richten. Mehr als das müssen wir nicht beanspruchen, um als frei zu gelten.

VI. Daß wir nicht mehr als das verlangen sollten, ist überdies ein Schluß, der unwiderstehlich wird, wenn wir die Absurditäten, in die sich Kant durch die weitere Ausarbeitung seines transzendentalen Freiheitsbegriffs verwickelt, zur Kenntnis nehmen. Das anschaulichste Beispiel dafür ist das Resultat seiner Anstrengung, der Zwei-Standpunkte-Lehre unter Berufung auf seine erkenntniskritische Unterscheidung zwischen der Welt der Erfahrung und der intelligiblen Welt der

41 Vgl.: Arthur Schopenhauer: Preisschrift über die Freiheit des Willens. (1839) – In: ders.: Sämtliche Werke. Herausgegeben von Wolfgang Frhr. von Löhneysen. Band III. Kleinere Schriften. Frankfurt a. M. 1986. 618 ff.

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Dinge an sich eine ontologische Bedeutung zu verleihen. Es wird oft behauptet, daß dieser Schritt ein Fehler gewesen sei und daß Kant besser daran getan hätte, sich mit der Zwei-Standpunkte-Lehre allein ohne jede Ontologisierung derselben zufriedenzugeben. Das ist jedoch falsch. Einem Prinzip der Leibnizschen Schulphilosophie folgend dachte Kant – und dies nicht zu Unrecht –, daß kein Begriff so lange als widerspruchsfrei gelten darf, als die Möglichkeit eines unter diesen Begriff fallenden Gegenstandes nicht nachgewiesen ist.42 D. h. in diesem Fall: Wenn man eine Sache von zwei verschiedenen Standpunkten aus betrachten kann und beide Standpunkte berechtigt sein sollen, dann muß man zeigen, daß die Sache selbst so beschaffen sein könnte, daß jeder der beiden etwas von ihr richtig wiedergibt. Wenn Kant nun in der Kritik der reinen Vernunft43 wie auch in der Grundlegung44 die Zwei-Standpunkte-Lehre in die Sprache seiner Zwei-Welten-Lehre ontologisch übersetzt, gelangt er zu dem verblüffenden, ihn aber anscheinend nicht beunruhigenden Ergebnis, unsere Handlungen seien zugleich frei und unfrei:45 Unfrei seien sie insofern, als sie zur Erfahrungswelt gehören und sich darin vollständig durch andere empirische Zustände und Ereignisse kausal erklären lassen; gleichzeitig seien sie aber auch insofern frei, als sie zu einer intelligiblen Welt gehören, in der wir die Freiheit haben sollen, unabhängig von allen Naturursachen zu handeln: „So würde denn Freiheit und Natur, jedes in seiner vollständigen Bedeutung, bei eben denselben Handlungen, nachdem man sie mit ihrer intelligibelen oder sensibelen Ursache vergleicht, zugleich und ohne allen Widerstreit angetroffen werden.“46 Wie aber eine Handlung zugleich unfrei und frei sein kann, wie sie als „Erscheinung“ ihren Platz in Raum und Zeit haben und ebenfalls als „Ding an sich“ außerhalb des Rahmens von Raum und Zeit liegen und doch (auf diese letztere Inkonsequenz wies Hermann Andreas Pistorius47 bereits 1786 hin) gerade als Handlung die zeitliche Eigenschaft

42 Siehe etwa: Gottfried Wilhelm Leibniz: Meditationes de Cognitione, Veritate et Ideis. – In: Die philosophischen Schriften von Gottfried Wilhelm Leibniz. Herausgegeben von C. J. Gerhardt. Vierter Band. Unveränderter Nachdruck der Ausgabe Berlin 1880. Hildesheim 1960. 422–426; hier: 424 f. 43 KrV, A 538 ff., B 566 ff.; A 542 ff., B 570 ff. 44 AA IV, 451 ff. 45 Schopenhauer will das Ergebnis ein bißchen anders verstehen: Unsere Handlungen seien unfrei, aber unser Wille frei. – Siehe: Arthur Schopenhauer: Preisschrift über die Freiheit des Willens. (1839) A.a.O. 622–624. – Es kann nicht gesagt werden, daß die Kantische Theorie dadurch an Plausibilität gewinnt. 46 KrV, A 541, B 569. 47 Vgl.: Hermann Andreas Pistorius: Rezension von J. Schulzes Erläuterungen zur Kritik der reinen Vernunft. – In: Bernward Gesang (Hg.): Kants vergessener Rezensent. Die Kritik der theoretischen und praktischen Philosophie Kants in fünf frühen Rezensionen von Hermann Andreas Pistorius. Hamburg 2007. 3–25; hier: 16. (Kant-Forschungen. Band 18)

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besitzen soll, „eine Reihe von Begebenheiten“ anzufangen – wie all das ohne Widerspruch zusammen gedacht werden kann, ist ein vollständiges Mysterium. Diese Ungereimtheiten verschwinden nicht in der Kritik der praktischen Vernunft (1788), in der Kant eine wichtige Korrektur an seiner Freiheitslehre vornimmt: Da wir uns selbst seiner Erkenntniskritik zufolge nur Erscheinung seien, dürfen wir nicht – betont er jetzt – einfach davon ausgehen, daß wir als Handelnde Glieder einer intelligiblen Welt sind, und können wir uns daher unserer Freiheit nur dadurch versichern, daß wir sie uns aufgrund des kategorischen Anspruchs des Sittengesetzes zuschreiben.48 Mit dieser erst in seiner zweiten Kritik dargelegten Lehre des „Faktums der Vernunft“ verschwinden die Ungereimtheiten deshalb nicht, weil die Freiheit, die er aus diesem deduziert, immer noch dieselbe empirisch unbedingte, „transzendentale“ Freiheit ist. Kant mag zugeben, daß diese transzendentale Freiheit ein „Postulat“ sei und daß wir im strikten Sinne nicht wissen können, daß sie uns wirklich gehört; sofern er jedoch darauf besteht, daß wir unsere Handlungen so betrachten müssen, als ob sie in diesem Sinne frei wären – auch wenn wir zugleich erkennen, wie sehr sie empirisch bedingt und somit (angeblich) unfrei sind –, hat er sich in eine wenn nicht widersprüchliche, dann zumindest schwer zu ergründende Position hineinmanövriert. In Erwiderung auf meinen Versuch, die Verträglichkeit von Freiheit und empirischer Bedingtheit nachzuweisen, hätte Kant wahrscheinlich wiederholt, was er an einer berühmten Stelle der Kritik der praktischen Vernunft sagt: Zu denken, daß man frei handelt, da seine Handlung der Entscheidung, so zu handeln, entspringt, obwohl diese Entscheidung selbst durch vorhergehende Zustände wie Charakter und Erfahrung kausal bestimmt ist, bedeute, zu einem „elenden Behelf“ zu greifen und „nichts besser als die Freiheit eines Bratenwenders“ anzubieten.49 Nach Kant führt jede derartige Auffassung unsere Entscheidungen als Bestimmungsgründe unserer Handlungen – mögen sie auch in unserem Denken und nicht außer uns liegen – einfach auf den Rang von Ereignissen unter anderen Ereignissen in der allgemeinen Verkettung von Ursache und Wirkung zurück. So reduktionistisch ist diese Freiheitsauffassung jedoch nicht. Denn eine Entscheidung, so oder anders zu handeln, stellt einen qualitativen Unterschied in der Kette von Ursache und Wirkung dar, selbst wenn sie keine Ausnahme dazu bildet. Mag unsere Fähigkeit, Handlungsgründe abzuwägen und zu bewerten,

Hier folge ich der hervorragenden Darstellung dieser Kehre in Kants Denken von: Bernd Ludwig: Die „c o n s e q u e n t e D e n k u n g s a r t der speculativen Kritik“. Kants radikale Umgestaltung seiner Freiheitslehre im Jahre 1786 und die Folgen für die Kritische Philosophie als Ganze. – In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie. Berlin. 58 (2010), 4, 595–628. 49 AA V, 96 f. 48

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auch noch so sehr von unserem Charakter und unserer Erfahrung kausal geprägt sein, ist sie nichtsdestoweniger dafür verantwortlich, daß wir damit nicht einfach durch vorangehende Zustände in der Welt, sondern durch solche Zustande, die unseres Erachtens gute Gründe für unsere Handlungen darstellen, dazu gebracht werden, so oder anders zu handeln. Die Zustände, auf die wir reagieren und die deshalb auch zu den Ursachen unserer Handlungen gehören, sind dann nur insoweit Ursachen davon, als sie auf uns in der Form von Gründen einwirken. Ist das nicht schließlich der entscheidende Punkt, durch den sich Freiheit von Zwang unterscheidet – nämlich daß wir in unseren freien Handlungen nicht von bloßen Ursachen bewegt, sondern von Gründen geleitet werden? Hierin läßt sich überdies die Lösung eines hartnäckigen Dilemmas erblicken, auf das philosophische Bemühungen, die menschliche Freiheit zu verstehen, regelmäßig stoßen: Entweder seien unsere Handlungen die notwendige Folge vorhergehender Ursachen – und ich gebe dem Inkompatibilisten darin recht, daß der universale Determinismus eine spekulative These und im allgemeinen nicht ohne Verzerrungen auf den Bereich des Handelns anwendbar ist – oder ihre Ursachen seien, wie Inkompatibilisten heute gerne sagen,50 „indeterministisch“ (d. h. nicht determinierend), wobei es dann jedoch schwer fällt zu begreifen, wie Handlungen, soweit sie nicht durch ihre vorhergehenden Ursachen determiniert sind, in diesem Ausmaß nicht rein zufällig, unkontrolliert und demnach alles andere als frei wären. Das Problem verschwindet mit der Erkenntnis, daß die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung im Falle von Handlungen von einer besonderen Art ist. Soweit die unser Handeln veranlassenden Ereignisse und Zustände in der Welt auf uns in der Form von Gründen für dieses Handeln einwirken, so daß wir insofern freiwillig handeln, ist die Kausalbeziehung eben auch eine Rechtfertigungsbeziehung, was bedeutet, daß unsere Handlung durch diese Ursachen vollständig bestimmt, d. h. durch sie als Gründe motiviert ist, ohne aber zugleich mit so etwas wie Notwendigkeit – im üblichen Sinne einer rein kausalen Nötigung – aus ihnen zu erfolgen. (Hierin liegt vielleicht der Sinn des Leibnizschen Satzes, daß Gründe geneigt machen, ohne zu nötigen.) Auf einige wichtige Konsequenzen dieses Umstands, daß das Handeln aufgrund von Gründen einen qualitativen Unterschied in der Kette von Ursache und Wirkung darstellt, werde ich am Ende (VII.) zurückkommen.51 So z. B.: Robert Kane: The Significance of Free Will. Oxford 1996. – Ebenso: Geert Keil: Willensfreiheit. Berlin/New York 2007. (Grundthemen Philosophie. Herausgegeben von Dieter Birnbacher, Pirmin Stekeler-Weithofer, Holm Tetens) 51 Hier möchte ich aber auch auf ein weiteres Problem hinweisen, nämlich wie Gründe selbst (und nicht nur unsere Auffassungen von ihnen) eine kausale Rolle in der Motivation unseres Handelns spielen können. Daß Gründe kausal wirksam sein können, nehmen wir an, wann immer wir davon ausgehen, daß wir uns in unserem Denken und Handeln von den Gründen lenken lassen, die es für die von uns erwogenen und gewählten Optionen wirklich gibt. Gründe 50

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Nun ist klar, wie Kant an der eben angeführten Stelle der zweiten Kritik bemerkt, daß eine Handlung, die in dem hier vertretenen Sinne frei hieße, auf „Bedingungen der vergangenen Zeit [beruht], die also, wenn das Subjekt handeln soll, nicht mehr in seiner Gewalt sind“. Aber daraus folgt nicht, wie Kant fortfährt, daß für eine solche Handlung „kein moralisch Gesetz, keine Zurechnung nach demselben möglich ist“. Das Sollen-Können-Prinzip läßt sich, wie wir gesehen haben, in Übereinstimmung mit der empirischen Bedingtheit der Fähigkeit zum moralischen Handeln ganz einleuchtend interpretieren. Zudem ist der Freiheitsbegriff, von dem Kant hier behauptet, er allein könne diesem Prinzip gerecht werden – nämlich der Begriff einer transzendentalen Freiheit, die „als Unabhängigkeit von allem Empirischen und also von der Natur überhaupt gedacht werden muß“52 –, keineswegs Kants erkennbarer Ambition zum Trotz dem „schwere[n] Problem“ gewachsen, „an dessen Auflösung Jahrtausende vergeblich gearbeitet haben. […]“.53 Denn der Gedanke eines freien Wesens, das, wie er sagt, „ganz von selbst“ eine Reihe von Begebenheiten anfangen kann, ohne auf Bedingungen zu beruhen, die nicht in seiner Gewalt liegen, ist am Ende nichts anderes als eine Phantasie – die Phantasie eines reinen Selbstbewegers, der seine eigene Freiheit irgendwie, in jedem Fall aber frei, erzeugen soll. Diese Phantasie ist reiner Unsinn, und es besteht kein Anlaß, sie ernst zu nehmen. Kant ist sicherlich nicht der einzige, der sich auf einen solchen Gedanken, sei es auch nur als Postulat, berufen hat. Man denke etwa an die Theorie von Roderick Chisholm u. a., nach der wir die Urheber unserer Handlungen aufgrund einer besonderen Art von Akteurskausalität (agent causation) seien, die nicht selbst von der kausalen Wirkung vorangehender Ereignisse abhängig sein soll.54

haben jedoch einen wesentlich normativen Charakter – ein Grund (siehe II. weiter oben) besteht darin, daß etwas in der Welt für eine unserer Möglichkeiten spricht, so daß wir diese Möglichkeit ergreifen sollten, wenn nichts anderes dagegen spricht –, und wie die kausale Wirksamkeit von etwas Normativem angesichts der gewöhnlichen Vorstellung von kausalen Beziehungen, nach der Ursache und Wirkung eine Position in Raum und Zeit haben müssen, zu begreifen ist, versteht sich nicht von selbst. – Siehe dazu: Charles Larmore: Vernunft und Subjektivität. A.a.O. 51. – Diesem Problem kann ich hier nicht weiter nachgehen. Ich nutze aber die Gelegenheit, darauf aufmerksam zu machen, daß die Verträglichkeit von Freiheit und Natur, so wie ich sie hier darlege, deshalb nichts mit der Art von philosophischem „Naturalismus“ zu tun hat, der behauptet, die Wirklichkeit enthalte nichts Normatives, sondern bestehe allein aus dem, was Gegenstand der modernen Naturwissenschaften werden kann. 52 AA V, 97. 53 Ebd., 96. 54 „If we are responsible and if what I have been trying to say is true, then we have a prerogative which some would attribute only to God: each of us, when we act, is a prime mover unmoved. In doing what we do, we cause certain events to happen, and nothing – or no one – causes us to cause those events to happen.“ – Siehe: Roderick M. Chisholm: Human Freedom and the Self. Lawrence, KS 1964. § 11. – Den entscheidenden Einwand gegen den Begriff der

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Ferner habe ich weiter oben (II.) darauf hingewiesen, wie viele Philosophen sich durch die berühmten Konsequenz- und Basisargumente haben überzeugen lassen, nach denen ein freies Wesen, damit es frei entscheiden könne, auch für alle die Bedingungen seiner Entscheidungsfähigkeit verantwortlich und somit eine Art causa sui sein müsse. Nichts in unserem praktischen Leben nötigt uns zu solchen Ansichten, und alles, was wir aus Erfahrung wissen, spricht dagegen.

VII. Dennoch sind philosophische Extravaganzen häufig lehrreich, und sei es nur dadurch, daß sie uns auf die elementaren, aber oft wichtigen Wahrheiten aufmerksam machen, die sie vernachlässigt haben. Das gilt auch für diesen Fall. Ein reiner Selbstbeweger wäre ein Wesen, dessen Freiheit, so zu handeln, wie er will, auf keine ihm vorgegebene Bedingung angewiesen ist. Seine Freiheit verdankte er keinen Umständen, die nicht zu jeder Zeit in seiner Gewalt liegen. Seine Devise ähnelte daher Alabandas Freiheitsbekenntnis in Hölderlins Roman Hyperion: „Ich glaube, daß wir durch uns selber sind […], weil ich frei im höchsten Sinne, weil ich anfangslos mich fühle […].“55 So wird deutlich, was Kant (und ähnlichen Denkern) völlig abgeht, nämlich die Erkenntnis, daß es sinnvoll ist, für unsere Freiheit dankbar zu sein. Nicht nur unser Grundvermögen selbst, uns nach Gründen zu richten, sondern auch welche Reichweite, welche Unterscheidungskraft und welchen Sinn für Relevanz und Bedeutsamkeit dieses Vermögen gewinnt, verdanken wir Faktoren, die letztendlich außer unserer Kontrolle liegen. Wir sind Wesen, die nur unter dem Druck der Erfahrung zu freien Wesen werden. Damit sind wir zu Hölderlin zurückgekehrt. Denn in der Tat: Daß unsere Freiheit nicht in einem Gegensatz, sondern in einem Verhältnis des Verschuldet-seins gegenüber der Natur steht, ist eine Wahrheit, von deren Wichtigkeit für unser Leben und Denken er zutiefst überzeugt war. Diese hatte er im Sinn, als er in einem Brief an seinen Bruder vom 4. Juni 1799 die Notwendigkeit hervorhob, daß sich der Mensch, dem die Natur zum Stoffe seiner Thätigkeit sich hingiebt, den sie, als ein mächtig Triebrad, in ihrer unendlichen Organisation

Akteurskausalität hatte schon C. D. Broad erhoben: Wenn meine Handlung nicht durch vorangehende Ereignisse, sondern allein durch mich selbst als Akteur verursacht würde, dann ließe sich nicht erklären, warum ich jetzt und nicht früher oder später die Handlung vollziehe. – Vgl.: Charlie Dunbar Broad: Determinism, Indeterminism, and Libertarianism. Cambridge 1934. (Neudruck in: ders.: Ethics and the History of Philosophy. London 1952. 195–217.) 55 StA 3, 141.

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enthält, daß er sich nicht als Meister und Herr derselben dünke und sich in aller seiner Kunst und Thätigkeit bescheiden und fromm vor dem Geiste der Natur beuge, den er in sich trägt, den er um sich hat, und der ihm Stoff und Kräfte giebt […].56 Und der gleiche Gedanke, wie wir eingangs bemerkt haben, kommt in der letzten Strophe seines ungefähr zur gleichen Zeit entstandenen Gedichts Lebenslauf zum Ausdruck: Alles prüfe der Mensch, sagen die Himmlischen, Daß er, kräftig genährt, danken für alles lern, Und verstehe die Freiheit Aufzubrechen, wohin er will. Diesem Gedicht läßt sich nun aber noch Weiteres zur Vertiefung der hier vorgeschlagenen Interpretation der menschlichen Freiheit entnehmen: Das Wesen unserer Freiheit, sagen die letzten Zeilen, verstehen wir nur dann, wenn wir lernen, für die Prüfungen der Welt dankbar zu sein, und diese Dankbarkeit, erklärt das Gedicht als Ganzes, lernen wir vor allem durch die Erfahrung des Leids.57 Dies ist nicht nur so, weil Leid den Widerstand darstellt, den die Welt unseren Projekten entgegenbringt; es kommt nicht bloß darauf an, uns der Grenzen unserer Freiheit oder unserer Kontrolle bewußt zu werden. Der Widerstand als solcher, die Abweichung von einem ebenen Pfad – […] nie, sterblichen Meistern gleich, Habt ihr Himmlischen, ihr Alleserhaltenden, Daß ich wüßte, mit Vorsicht Mich des ebenen Pfads geführt58 – ist ein Umstand, den wir von außen feststellen könnten, wie wenn wir den Zusammenstoß zweier Bälle beobachten. An unserem Leid aber leiden wir und erkennen damit von innen, wie sehr wir Teil der Natur sind, und zwar selbst in der Ausübung unserer Freiheit, über das Gegebene hinauszustreben und Größeres zu wollen. Daß wir uns dadurch verletzbar machen, deutet auf die Zugehörigkeit unseres innersten Wesens zur kausalen Ordnung der Natur hin. Allem Aufbruch zum Trotz kehren wir immer, woher wir kommen, da das Leben, so

StA 6,1, 329. Zum Verhältnis von Freiheit und Dankbarkeit, so wie es in diesem Gedicht behandelt wird, siehe auch: Dieter Henrich: Der Grund im Bewußtsein. Untersuchungen zu Hölderlins Denken (1794–1795). Stuttgart 1992. Bes. 649. – Für seine bahnbrechenden Interpretationen der philosophischen Gedanken Hölderlins stehe ich wie viele andere tief in Henrichs Schuld. 58 StA 2,1, 22. 56 57

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Hölderlin im Anschluß an Heraklit,59 ein Bogen und der Weg „aufwärts oder hinab“ ein und derselbe ist. Nichts zeigt das deutlicher als die Liebe, auf deren Sorgen in den ersten Zeilen hingewiesen wird. Denn in der Liebe erleben wir am eigenen Leib, in den Gefühlen der Begeisterung und der Hingabe, mit denen wir die Verbindung zu einem Menschen oder einer Sache eingehen, wie sehr wir uns dadurch auch der Möglichkeit von Leid aussetzen. In dieser Hinsicht läßt sich mit Hölderlin sagen, die Liebe als solche „zwingt all uns nieder“, obwohl natürlich das Leid selbst, wenn es uns tatsächlich widerfährt, noch „gewaltiger“ beugt. Es wäre nun ebenso ein Fehlschluß wie eine Fehlinterpretation von Hölderlins Lebenslauf zu vermuten, wir sollten angesichts des zu erwartenden Leidens aufhören, Größeres zu wollen. Im Gegenteil: Über das Gegebene hinauszugehen, Entscheidungen zu treffen, ist eben, was es heißt, frei zu sein, und das Gedicht will uns belehren, nicht Freiheit als eine Illusion aufzugeben, sondern unsere Freiheit richtig zu verstehen. Es kommt darauf an zu begreifen, wie die Freiheit, d. h. das Größeres-Wollen, zum Bogen des Lebens gehört. Zum Teil ist das schon klar: Unsere Freiheit verdanken wir einer kausalen Ordnung der Natur, die nicht in unserer Kontrolle steht, und gerade dadurch finden wir uns dem Leid unausweichlich ausgesetzt. An dieser Grundstruktur der menschlichen Existenz läßt sich nichts ändern, wie das Gedicht durch seine eigene Bogenform deutlich zu verstehen gibt. Denn selbst wenn wir, seinen letzten Zeilen entsprechend, voll Dankbarkeit für die nährenden Quellen unserer Freiheit erneut aufbrechen, wohin wir wollen, sind wir dabei, irgendetwas Größeres zu wollen und müssen daher immer noch mit der in den vorhergehenden Zeilen beschriebenen Erfahrung des Leidens rechnen. Die Liebe wird weiterhin niederzwingen, und die Himmlischen werden nicht aufhören, uns eines unebenen Pfads zu führen. Gerade die allerletzte Zeile von Lebenslauf könnte nun aber den Einwand nahelegen, die Art von Kompatibilismus, die ich hier skizziert habe, werde weder der menschlichen Freiheit noch Hölderlins Gedicht selbst völlig gerecht. Denn in dieser Zeile wird die Freiheit etwas emphatisch als das Vermögen bezeichnet, aufzubrechen, wohin man will, und ein Aufbruch besteht darin, etwas Neues, nicht Vorhersagbares hervorzubringen, in eine ungewohnte Richtung zu steuern. Wie können unsere Handlungen (was unbestreitbar der Fall ist) ein solches Maß an Freiheit besitzen, wenn die Entscheidungen, die ihnen zugrundeliegen, durch Charakter und Erfahrung kausal bestimmt sind?

59 Vgl.: Die Fragmente der Vorsokratiker. Griechisch und deutsch von Hermann Diels. Neunte Auflage herausgegeben von Walther Kranz. Erster Band. Berlin 1960. 22 [12]. Herakleitos. Fragmente 48, 60.

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Der Einwand übersieht jedoch die Implikationen eines Sachverhalts, den ich bereits weiter oben (VI.) unterstrichen habe. Eine Entscheidung stellt, indem sie durch unser Verständnis der relevanten Gründe vermittelt ist, einen qualitativen Unterschied in der Kette von Ursache und Wirkung dar, und gerade aufgrund dieses Unterschieds können unsere Handlungen die Art von Originalität aufweisen, um die es geht. Ich erkläre, was ich meine: Zustände der Welt, soweit sie unsere Handlungen veranlassen, wirken auf uns in der Form von Gründen ein, da wir, um zu entscheiden, ob wir so oder anders handeln, etwas in der Welt sehen müssen, das unseres Erachtens für eine bestimmte Handlung spricht. Wie sehr nun auch unser Verständnis dieser Gründe von Erfahrung und Charakter geprägt ist, so bleibt doch wahr, daß Gründe selbst in solchen Relevanzbeziehungen bestehen, und was in der Welt für die eine oder die andere unserer Möglichkeiten relevant erscheinen kann, mag immer überraschend sein. Daß der Erwerb unserer Urteilsfähigkeit kausal bestimmt ist, bedeutet nicht, daß die Einsichten, zu denen sie fähig ist, vorhersagbar sein müssen. Damit erschließt sich uns aber ein weiterer, wichtiger Aspekt des Verhältnisses zwischen Freiheit und Natur, den dieses Gedicht gerade durch die beiden emphatischen Ausdrücke – Größers wollen und Aufbrechen –, mit denen Hölderlin am Anfang und Ende die Ausübung der Freiheit umschreibt, auch zum Vorschein bringt: Unsere Zugehörigkeit als freie Wesen zur kausalen Ordnung der Natur weist eine innere Spannung auf. Wie sehr auch immer die Fähigkeit, Gründe abzuwägen und Entscheidungen zu treffen, durch vorhergehende Umstände geformt worden ist und wie sehr wir auch immer diese Ermöglichung unserer Freiheit mit Dankbarkeit anerkennen, ist es doch die Absicht jeder Handlung, anstatt den Dingen ihren Lauf zu lassen, etwas an ihnen zu ändern, und sei es nur zu sichern, daß sie ihren gewöhnlichen Lauf fortsetzen. Kein Handelnder will als solcher im Schoß der Natur ruhig bleiben, sondern beabsichtigt, die Dinge nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Dadurch wird, wie wir gesehen haben, die empirische Bedingtheit seiner Freiheit nicht irgendwie aufgehoben. Es bedeutet aber, daß sich jede Handlung hinsichtlich ihres Ziels dem Verlauf von Ursache und Wirkung, von dem sie zugleich in anderen Hinsichten ein Glied ist, entgegensetzt. Das ist die „innere Spannung“, die ich erwähnt habe, die eben von dem qualitativen Unterschied herrührt, den die durch Gründe motivierte Handlung in der Kette von Ursache und Wirkung bildet, und die darauf hindeutet, daß man unter Kompatibilismus – im Gegensatz vielleicht zu den Konnotationen des Begriffs, sicherlich aber zu manchen seiner üblichen Darstellungen – keine reibungslose Deckung der Freiheit mit der Natur verstehen sollte. Dies bedeutet wiederum, daß jede Handlung ihrer Tendenz nach auch der Dankbarkeit und sogar allen anderen Einstellungen, in denen wir weniger aktiv als empfänglich sind, zuwiderläuft. In der Tat macht neben dem Handeln die

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Empfindlichkeit eine zweite wesentliche Dimension unseres Seins aus, in der wir uns, wie etwa bei der Betrachtung einer Landschaft, in der Freude an der Anwesenheit eines Freundes oder in einem körperlichen Wohlgefühl, immer als Teil irgendeines umfassenderen Ganzen fühlen. Die inhärente Gegenläufigkeit dieser beiden Dimensionen – Handeln und Empfinden – war Hölderlin selbst wohl bewußt. Er beschrieb sie in den verschiedenen Fassungen seines Hyperion als den „Widerstreit“ zwischen den zwei Grundtendenzen des Lebens oder „Trieben“, die uns dazu drängen, „uns zu befreien, zu veredlen, fortzuschreiten ins Unendliche“ bzw. „bestimmt zu werden, zu empfangen“:60 „Der Mensch“, bemerkt er (hier in umgekehrter Reihenfolge), „möchte gerne in allem und über allem seyn“,61 aber jeder dieser Triebe kann sich alleine unter Ausschluß des anderen so weit steigern, daß oft uns ist, „als wäre die Welt Alles und wir Nichts, oft aber auch, als wären wir Alles und die Welt Nichts.“62 Der zweiten Einstellung entspricht Alabandas und Kants Phantasie einer selbsterzeugten Freiheit, der ersten vielleicht, um bei philosophischen Beispielen zu bleiben, Heideggers Seinsdenken. Nach Hölderlin verkörpert jede dieser beiden einseitigen Übersteigerungen den vergeblichen Versuch, aus sich selbst heraus das vor aller Teilung zwischen Subjekt und Objekt und vor allem Widerstreit zwischen den Grundtendenzen des Lebens bestehende „Sein schlechthin“ wiederzuerlangen. Stattdessen sollte es unsere Absicht sein, die beiden Triebe – vor allem durch die Liebe (in der wir zugleich handeln und empfinden) – miteinander zu vereinigen, und auch dann wird ihr Widerstreit nie völlig aufhören, da ihre Vereinigung „nur in unendlicher Annäherung“63 zu realisieren ist. Ob es einen Sinn hat, von einem solchen „Sein schlechthin“ zu reden, kann hier dahingestellt bleiben. Wichtiger ist es, ein einheitliches sowie unserer Erfahrung gemäßes Bild des Verhältnisses von Freiheit und Welt zu entwickeln, das alle Extreme vermeidet und den unüberwindlichen Dissonanzen des Lebens gerecht wird. Das habe ich in diesem Aufsatz mit Hilfe Hölderlins versucht.

60 61 62 63

StA 3, 194. Ebd., 163. Ebd., 236. Ebd.

ABHANDLUNGEN

b ra dy b o w m a n L A B O R , P U B L I C I T Y, A N D BU R E AU C R AC Y The Modernity of Hegel’s Civic Humanism1

abstract: Opposition und öffentliche Debatte spielen eine wichtigere Rolle bei H. als das Konsensmodell geläufiger Interpretationen erkennen läßt. Im Rückgriff auf H.s Landständeschrift, die Heidelberger Vorlesung zur Rechtsphilosophie und die Grundlinien der Philosophie des Rechts wird argumentiert, daß die sog. „Korporation“ eine politische Schlüsselrolle spielt, wobei auch die bürokratisch organisierte Regierung ein korporatives Gebilde darstellt. Es wird gezeigt, daß scheinbar vormoderne Abweichungen von der modernen Bürokratie Weberschen Typs den Zweck verfolgen, Publizität und Debatte in die Regierung einzutragen, um Amtsmißbrauch zu verhindern und öffentliche Transparenz zu gewährleisten. Aufgrund dieser Strukturmerkmale und Kontrollmechanismen läßt sich H. in die Tradition des Bürgerhumanismus bzw. des Republikanismus einreihen, wie er von Baron und Pocock bzw. Pettit charakterisiert worden ist.

I. Introduction: Hegel between Liberalism and Civic Humanism The myth that Hegel was an apologist of Prussian authoritarianism or indeed a precursor of totalitarianism has long since been dispelled.2 A trend in more A shorter version of this paper was presented at the 29th International Conference of the International Hegel Society: Hegel Contra Hegel, Istanbul (Turkey), October 3–6, 2012, and will be published in German in 2014 as part of the conference proceedings in the Hegel-Jahrbuch. Suggestions by an anonymous referee were helpful in revising the original paper for the Hegel-Studien. 2 In English-language scholarship the turning point was: T. M. Knox: Hegel and Prussianism. – In: Philosophy. Cambridge. 15 (1940), 57, 51–63; reprinted in: John Stewart (Ed.): The Hegel Myths and Legends. Evanston, IL 1996. 70–81. – Since then the evidence against the earlier view has been further multiplied. – See: Kenneth Westphal: The Basic Context and Structure of Hegel’s Philosophy of Right. – In: Frederick Beiser (Ed.): The Cambridge Companion to Hegel. Cambridge 1993. 234–269; also see: Franz Grégoire: Is the Hegelian State Totalitarian? – And: Shlomo Avineri: Hegel and Nationalism. – In: John Stewart (Ed.): The Hegel Myths and Legends. Loc. cit. 104–108, 109–129. 1

Hegel-Studien 47 (2013) · © Felix Meiner Verlag · ISSN 0073-1587

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recent studies has been to argue rather that his political theory is largely compatible with mainstream liberalism, despite his acknowledged rejection of its methodological individualism and (at least some versions of) social contract theory.3 In a sense, this approach may be said to have history on its side. As Henning Ottmann has shown, the myths of Hegel the authoritarian, the totalitarian, etc., ultimately find their roots in the charged atmosphere of the German Vormärz, notably among disillusioned members of the Hegelian left. The traditions started there have served to obscure the political liberalism of the Hegelian center, prominently represented by Karl Rosenkranz.4 But thinkers with commitments on either side have also questioned the extent of compatibility between Hegelianism and liberalism.5 For critics of some more austere formulations of liberal theory, one way of latching onto the differences has been to view Hegel as belonging to the civic humanist tradition.6

Karl-Heinz Ilting has portrayed Hegel as a fundamentally liberal thinker who made accomodations in published work to escape persecution following the Carlsbad Decrees. – See his introduction to: G. W. F. Hegel: Die Philosophie des Rechts. Die Mitschriften Wannenmann (Heidelberg 1817/18) und Homeyer (Berlin 1818/19). Herausgegeben von Karl-Heinz Ilting. Stuttgart 1983. 17–34. (Henceforth: VPRW) – Ilting’s accomodationist thesis has been called into question, e.g. by: Rolf-Peter Horstmann: Ist Hegels Rechtsphilosophie das Produkt der politischen Anpassung eines Liberalen? – In: Hegel-Studien. Bonn. 9 (1974), 241–252. – Also see: Ludwig Siep: Hegels Theorie der Gewaltenteilung. – In: Hans-Christian Lucas/Otto Pöggeler (Hgg.): Hegels Rechtsphilosophie im Zusammenhang der europäischen Verfassungsgeschichte. Stuttgart-Bad Cannstatt 1986. 387–420; esp. 403 f. – Differently from Horstmann, who casts doubt on the very attempt to construe Hegel as a liberal theorist, Siep is sympathetic to key elements of Ilting’s interpretation but suggests a more nuanced account of why the liberal provisions of the Heidelberg conception disappear in the later published version of the Philosophy of Right. – Regarding Hegel’s attitude to liberal political theory, see the comparison of Hegel’s criticism of social contract theory with various formulations of the theory, including the inadequate formulations by Hegel’s German contemporaries that may have been his immediate target, in: Allen Patten: Hegel’s Idea of Freedom. Oxford 1999. 104–138. – On methodological atomism and social contract theory cp. also: Frederick Neuhouser: Foundations of Hegel’s Social Theory: Actualizing Freedom. Cambridge, MA 2000. 175–224. 4 Henning Ottmann: Hegel and Political Trends: A Criticism of the Political Hegel Legends. – In: John Stewart (Ed.): Hegel Myths and Legends. Loc. cit. 53–69; here: 63. 5 For an even-handed discussion of similarities and differences see: Stephen Houlgate: Hegel, Rawls, and the Rational State. – In: R. Williams (Ed.): Beyond Liberalism and Communitarianism: Studies in Hegel’s Philosophy of Right. Albany, NY 2001. 249–273. – Also see Rawls’s own response to Hegel’s critique of social contract theory in: John Rawls: Political Liberalism: Expanded Edition. New York 2005. 285–288. 6 Charles Taylor counts Hegel as a “member” of the “long tradition of civic humanism.” – See: Charles Taylor: Hegel’s Ambiguous Legacy for Modern Liberalism. – In: Drucilla Cornell/Michael Rosenfeld/David Gray Carlson (Eds.): Hegel and Legal Theory. London 1991. 64–77; here: 67, 71. – Allen Patten is more cautious, finding an illuminating “philosophical affinity” between Hegel and civic humanists, but also recognizing significant points of divergence; he therefore refrains from “claiming that Hegel himself belongs to the civic humanist tradition”. – See: Hegel’s Idea of Freedom. Loc. cit. 39. – An historical argument for Hegel’s civic humanist lineage is given by: Lawrence Dickey: Hegel: Religion, Economics, and the Politics of Spirit. Cambridge 1987. E.g. 227–230; also cp. the introduction to: Lawrence Dickey/Hugh Barr Nisbet (Eds.): Hegel: Political Writings. Cambridge 3

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“Civic humanism” has come to signify different things to different people, albeit with a good deal of overlap. In this paper I highlight three aspects in particular. The first is a belief that political life in the republics of ancient Greece and Rome represents a paradigm and point of orientation for modern political life. Although such a belief must be qualified in substantive ways before it can be attributed to Hegel, its value as a starting point for understanding his conception of political life can hardly be disputed.7 Closely related is, secondly, that civic humanists view the secular state as the site where human freedom is practically achieved and human value realized. We can recognize this attitude when, for example, Hegel criticizes Catholicism for allegedly having stamped out people’s political conscience and sense of accountability in public affairs, while praising Lutheranism for having reconciled religious conscience with secular law, thereby re-orienting humans toward a virtuous life in the state: duty to what is highest – to God – is continuous with political existence.8 For all that,

1999, where he underscores the elements of Hegel’s political thought that are incompatible with mainstream liberal political theory and identifies them with a peculiarly German strain of civic humanism. A position close to that presented in this paper is defended by: Andrew Buchwalter: Hegel, Modernity, and Civic Republicanism. – In: Public Affairs Quarterly. Chicago, IL. 7 (1993), 1, 1–12. – On the other side Dana Villa rejects the civic humanist reading of Hegel, pointing to his criticism of Rousseau and insisting particularly on the incompatibility of his rejection of methodological individualism with a strong affirmation of individual rights. – See: Dana Villa: Hegel, Tocqueville, and “Individualism”. – In: The Review of Politics. Notre Dame, IN. 67 (2005), 4, 659–686; here: 661. 7 Cp. the discussion of “substantial ethical life [substantielle Sittlichkeit]” in the ancient polis and the desideratum of integrating it with the modern “principle of subjective freedom” in: G. W. F. Hegel: Outlines of the Philosophy of Right. Translated by Hugh Barr Nisbet. Edited by Allen Wood. Cambridge 1991. § 185. (Henceforth cited as PR, followed by the section number and, where appropriate, R [Remark] or A [Addition, i. e. Zusatz].) – For an extensive analysis of the way Hegel’s critique of classical republican life motivates his views in the Philosophy of Right, see: Bernard Yack: The Rationality of Hegel’s Concept of Monarchy. – In: American Political Science Review. New York. 74 (1980), 3, 709–720. 8 Cp. for example: Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. – In: Werke in zwanzig Bänden. Auf der Grundlage der Werke von 1832–1845 neu edierte Ausgabe. Redaktion Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel. Frankfurt a. M. 1970 ff. 535, 539. (Henceforth cited as: TWA 12) – See esp.: Ibid. 112, where Hegel asserts that by separating religious duty from secular conscience Catholicism undermines the foundations of social trust. The special blend of Hegel’s interpretation of Lutheranism, his philosophical understanding of the relation of modern to ancient republican life, and his civic humanism go some distance in explaining his pronouncements on the role of religion in the state and his belief in the historical role of Protestantism in the genesis of the modern state. – Cp. the valuable analysis in: Timothy Brownlee: Conscience and Religion in Hegel’s Later Political Philosophy. – In: The Owl of Minerva. Journal of the Hegel Society of America. Chicago, IL. 43 (2011/12), 1/2, 41–73. – For an illuminating account of political accountability and conscience in the context of trust, which is especially relevant to the topic of this paper, see: Jason Howard: Political Identity and the Dynamics of Accountability in Hegel’s Philosophy of Right: Patriotism and Trust in the Modern State. – In: Philip T. Grier (Ed.): Identity and Difference: Studies in Hegel’s Logic, Philosophy of Spirit, and Politics. Albany, NY 2007. 233–254.

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however, he does not identify freedom and the good with civic engagement alone; alongside of and even above the vita activa stands the vita contemplativa.9 Thirdly, social self-mastery plays a key role in civic humanist thought: to be free is generally to be in conscious control of one’s desires and actions, and this naturally extends to political freedom and to the freedom of the state as a whole. The concept of self-determination is arguably the fundamental concept of Hegelian metaphysics and of the whole system. To cite one instance among many, he criticizes Spinoza’s substance monism for not having achieved the insight that the absolute is not simply being, but an absolutely creative process of self-determination.10 More particularly, the theme of self-discipline and the mastery of contingent desires run through the Philosophy of Right as a common thread connecting both Hegel’s discussions of the psychology of subjective willing and of the requirements on rational political institutions.11 Civic humanism has been closely associated with various forms of communitarianism, a stream of thought that sometimes also claims Hegel as an illustrious ancestor. In this paper I do not address the complicated questions surrounding this issue. However, there are three extreme positions sometimes attributed to communitarians that Hegel certainly does not hold, but which he does take to characterize facets of life in the classical republic that are neither retrievable nor

Hegel’s lengthy quotation of Aristotle, Metaphysics 1072b 18–30, at the end of the 1830 edition of the Encyclopedia of Philosophical Sciences (§ 577) bears eloquent witness to this conviction. However, the relation between speculative thought and political action is not without complexities. – See: Hans Friedrich Fulda: The Rights of Philosophy. – In: Robert Pippin/Otfried Höffe (Eds.): Hegel on Ethics and Politics. Cambridge 2004. 21–48. 10 Cp. for example: Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Nürnberger Gymnasialkurse und Gymnasialreden (1808–1816). Herausgegeben von Klaus Grotsch. Band 10,1. Gymnasialkurse und Gymnasialreden. – In: Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegeben von der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Band 10 in zwei Teilbänden. Hamburg 2006. (Henceforth cited as: GW 10,1) 11 This point is made by Lydia Moland, who stresses the role of the institutions of ethical life in enabling the subject to shape and reflectively endorse desires in light of broader normative commitments. – See: Lydia Moland: Hegel on Political Identity: Patriotism, Nationality, Cosmopolitanism. Evanston, IL 2011. 11–21; 24–46. – A fourth respect in which Hegel belongs to the civic humanist tradition can, for reasons of space, only be mentioned here: The humanists of Renaissance Florence advocated a fusion of humanistic scholarship and political action, recommending humanistic study of the Greek and Roman classics as a requirement for entrance into the service of the state. (For details see: Anthony Grafton: Humanism and Political Theory. – In: J. H. Burns [Ed., with assistance of Mark Goldie]: The Cambridge History of Political Thought. Vol. 3. 1450–1700. Cambridge 1995. 9–29.) Hegel too recommends such a fusion and in his capacity as the rector of a Bavarian Gymnasium he both put it into pedagogical practice and used his influence with Immanuel Niethammer, a close friend and Bavaria’s central commissioner for education, to help anchor it in state policy. – Cp. the texts from that period in: GW 10,1, 449–507. – A brief general account of Hegel’s philosophy of education is given in Allen Wood: Hegel on Education. – In: Amelie Rorty (Ed.): Philosophers on Education: New Historical Perspectives. London 1988. 300–317. 9

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desirable in a modern society.12 First, Hegel is not a particularist; he does not believe that patriotic identification with a commonwealth can forego mediation through reflective endorsement on the basis of universal principles of right. Consequently, a subject’s commitment to a community can never be merely to this community in its singularity, just as the customs of a community in their singularity are not adequate to ground normative commitments.13 Secondly, a life in which people are unreflectively absorbed into communitydefined social roles that determine their values and duties and from which they cannot in principle distance themselves is not a life Hegel could accept as free. To take a prominent example, the tragedy of Antigone, as Hegel understands it, consists precisely in the unavailability of any role- and culture-transcendent norm to which Antigone (or for that matter Creon) could appeal for justification: the absorption of their personality into the roles of Greek Sittlichkeit is the source of their unfreedom and the cause of their destruction. A third, related point is Hegel’s basically Kantian belief that freewill entails a constitutive ability to distance oneself from all concrete, particular ends, desires, and personal attachments whatsoever. For Hegel, this act of “absolute abstraction” is what constitutes the negative side of freedom. Although he may take it to be empty and incomplete in itself, he nonetheless insists that an ability for self-negation – even to the point of self-destruction – is an indispensable aspect of the experience of subjective freedom and selfhood.14 These elements of his

According to Manfred Riedel, the transition to Hegel’s mature philosophy of right occurs around 1804/05 when Hegel gives up his previous, one-sided commitment to the ideal of the classical polis and begins to integrate the individualistic elements of the modern, post-Hobbesian political theory that he had previously rejected. – See: Manfred Riedel: Studien zu Hegels Rechtsphilosophie. Frankfurt a. M. 1969. Esp. 51–56. – The account in Rolf-Peter Horstmann converges with Riedel’s in the main lines, while providing a more detailed account of the systematic tensions driving Hegel’s development: The coherence of Hegel’s theory of the state depends on his having abandoned his earlier project of reviving the ancient ideal. – See: Rolf-Peter Horstmann: Über die Rolle der bürgerlichen Gesellschaft in Hegels politischer Philosophie. – In: Hegel-Studien. Bonn. 9 (1974), 209–240. 13 Cp. TWA 18 (= Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie I), 309, where Hegel asserts that “what for our understanding is the essential thing, the abstraction of a state,” was foreign to the Greeks: their orienting purpose was the fatherland, “this Athens, this Sparta, these temples, these altars, this way of living together, this circle of fellow citizens, these customs and mores” (emphasis added). – Also see: Kenneth Westphal: The Basic Context and Structure of Hegel’s Philosophy of Right. Loc. cit. 256. – And see the related analysis of “true” versus “formal” patriotism in: Lydia Moland: Hegel on Political Identity: Patriotism, Nationality, Cosmopolitanism. Loc. cit. 61–65. 14 Cp. Hegel’s remarks on freewill and suicide at PR § 5 A; the famous struggle to the death in the Phenomenology bears the same significance. – Cp. GW 9, 111 f. – It should be stressed (a) that for Hegel this “negative” moment of freedom can be realized both externally and internally to the subject, and (b) that freedom also comprises a “positive” moment that is inseparable from this negative moment and gives it its meaning. On the indispensability of a concept of freedom encompassing both positive and negative aspects, see: John Christman: Saving Positive Freedom. – In: Political Theory. New York. 33 (2005), 1, 79–88. 12

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thought must temper whatever form of communitarianism one would seek to attribute to him, and insofar as they are also elements he shares with classical liberalism we should keep them in mind during our discussion of his civic humanism.They set absolute limits to his affirmation of classical life and constitute the framework for his transformation of republican virtues. From these introductory remarks I now move on to what is distinctive about the discussion to follow. It is a basic and widely acknowledged truth about Hegel’s political philosophy that he sought to synthesize the holistic, community-oriented life of the classical republic with modern Europe’s commitment to possessive individualism and economic freedom.15 This paper seeks to lend that view increased depth of focus by rearticulating it in terms of two political principles I call the principle of labor and the principle of publicity. The first of these is at the heart of Hegel’s critical appreciation of political activity in the classical polis. As I argue in the next section (II.), he recognized that the classical republics of Greece and Rome were materially dependent on the labor of slaves, and the active political life of their citizens was made possible in part by their freedom from the necessity to engage in materially productive forms of labor.16 Freedom and political participation were thus tangibly linked by the same basic inequality within the population that unified (homogenized, if one prefers) the public space of political deliberation and contestation.17 The form and institutional site of political activity must therefore undergo a profound transformation in modern societies predicated on the individual freedom, labor, and property that constitute the heart of the labor principle. The uniquely Hegelian notion of civil “corporations” is the immediate consequence of this view. These are economically defined associations rooted in the concrete, productive labor of the various industries in which their members engage.They

Cp. for example: Rolf-Peter Horstmann: Über die Rolle der bürgerlichen Gesellschaft in Hegels politischer Philosophie. Loc. cit. 213. – On Horstmann’s account, Hegel’s abiding concern was to demonstrate the necessity of the state as an institution specifically different from and not subordinated to the sphere of particular interests, needs, and labor that constitute “civil society.” Since Hegel’s interest in civil society is motivated primarily by his desire to differentiate it from and subordinate it to the state, Horstmann finds it misguided to interpret Hegel’s political philosophy as a form of liberalism. That is certainly true for liberalism in its more austere libertarian forms. However, once we focus on the concrete institutions of civil society (e.g. the corporations), of the political state, and their interaction, Hegel’s vision begins to appear less “statist” than it does from the perspective of Horstmann’s inquiry. 16 Cp. GW 4 (= Jenaer kritische Schriften), 455; TWA 12, 311; TWA 18, 455. 17 This is among the reasons behind Hegel’s view that democracy was viable only in republics of this classical form (cp. TWA 12, 307 f., where Montesquieu’s dictum that virtue is the principle of democracy is interpreted in this sense). The indistinguishability Hegel posits between the subjective will of the participatory citizen and the objective or general will of the republic reflects the de facto identity of the republic itself with a privileged class and of membership in that class with active political participation. 15

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are not by their nature reflections of class membership; individuals are in principle free to choose which industry to enter and hence which corporation to join.18 However, all political participation in the state is strictly mediated by membership in a corporation; as critics of the Philosophy of Right have often remarked, no one in the Hegelian state has a political say merely by virtue of being a citizen.19 The important point here, though, is that his commitment to the labor principle leads Hegel to recast the classical res publica in the peculiarly modern form of associations based on private, economic interests: they, rather than the state as a whole, are the true successors of the classical republic.20 The increased importance of the corporations within Hegel’s “rational state” gives rise to a pair of difficulties. On the one side, we must ask how one’s primary loyalty to the corporation as an economically defined political community is to be mediated with patriotic attachment to the state, especially since Hegel himself views the corporation as a vital source of such patriotism. How is the space of public deliberation on matters of public interests as such to be defined? On the other side, and perhaps more pressingly, the political state is itself in the hands of a particular corporation: that of the career bureaucrats, and this once again is an institutional feature Hegel clearly values. Starkly put, the classical polit s or civis is replaced by the modern career-bureaucrat. Hegel expressly describes the civil service as one, albeit special, “corporation” among others, and though we will soon be considering the respects in which it crucially differs from the economically defined associations of civil society, we should not overlook the more basic similarity it bears to those institutions.21 As I discuss in section (III.), Hegel’s so-called “universal estate”22 corresponds in almost all respects to the modern PR § 308. – Citizens are also free to decline to join any corporation at all, but at the expense of renouncing the political participation and social recognition corporations alone can confer. – Cp. PR § 253 A. 19 PR § 308. – Unsurprisingly, this aspect of Hegel’s thought has been widely criticized, especially since it is closely linked to his rejection of democratic forms of government. – Cp. for example: Lydia Moland: Hegel on Political Identity: Patriotism, Nationality, Cosmopolitanism. Loc. cit. 67–69. 20 On a similar ambivalence in Schiller’s attitude toward the republicanism of ancient Greek society see: Alexander Schmidt: The Liberty of the Ancients? Friedrich Schiller and Aesthetic Republicanism. – In: History of Political Thought. Thorverton/Brooklyn. 30 (2009), 2, 286–314. – Hegel expresses similar views. – Cp. TWA 12, 319; TWA 19 (= Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie II), 25. – Hegel made excerpts of the relevant work by Schiller during the time he would have been elaborating the republican views in The Spirit of Christianity. – See: Annemarie Gethmann-Siefert: Die Funktion der Kunst in der Geschichte. Untersuchungen zu Hegels Ästhetik. Bonn 1984. 124, n. 78. – Cited in: Alexander Schmidt: The Liberty of the Ancients? Loc. cit. 293, n. 30. – On Schiller’s relation to the republican tradition also see: Frederick Beiser: Schiller as Philosopher: A Re-Examination. Oxford 2005. 123–126; parallels with Hegel are discussed on 151. 21 Cp. PR § 308. 22 Hegel’s choice of this word is telling. André Liebich finds it paradoxical in that an estate is by definition something particular. – See: André Liebich: On the Origins of a Marxist Theory of 18

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bureaucracy as defined by Weber. However, as scholars have also noted, within the broader institutional setting of the “rational state” it also displays seemingly pre-modern aspects that would appear to make it especially vulnerable to corruption and abuse of power. So what is to prevent these professional administrators from subverting the public interest to their own corporate interests?23 These are questions that have repeatedly been raised in the literature and, as I point out, Hegel himself was acutely aware of them. I argue that it is just those superficially pre-modern aspects of the bureaucracy that Hegel intended as safeguards against corruption and abuse of power. The bureaucracy is organized both internally and in its interactions with the corporations according to mechanisms of public dissent, participation, and other forms of “republican vigilance” designed both to ensure and to reward trustworthiness, rather as Philip Pettit has analyzed such mechanisms in a broader systematic context. I draw both on Hegel’s 1817/18 lecture course on the philosophy of right and on the political history of Württemberg and Prussia to show how Hegel intended the principle of publicity underlying these mechanisms to function. In doing so, I seek to demonstrate not only that Hegel was in a better position to counter the potential for oligarchic deformation of state institutions than some commentators have realized, but also (contra Charles Taylor) that he embraced a more liberal view of public dissent and a more “republican” assessment of the motivating role of ambition and honor than has previously been noted. The upshot is, I hope, a more sharply focused understanding of Hegel’s institutional thinking for scholars who are interested in pursuing his potential contributions to contemporary mainstream political philosophy, both in its more classically liberal

Bureaucracy in the Critique of Hegel’s Philosophy of Right. – In: Political Theory. New York. 10 (1982), 1, 77–93; here: 80. – That is true in the modern setting. However, we need to recognize further that within the logical space of the classical republic, where the “universal,” i. e. the commonwealth itself, was identified with the “noble estate” and its “universal activity,” the paradoxical character of such an appellation could not have become visible. Part of the significance of Hegel’s paradoxical choice of words thus lies in the historical and conceptual transformation underlying it. 23 Hegel’s experience with his Württemberg’s bureaucratic aristocracy of the notary officials [Schreiber] would have given him sufficient reason to be wary of the confluence of class and corporate interests within the administration, as I will discuss below; § 297 of the Philosophy of Right makes it clear that the ascendency of particularistic interests within the “universal estate” was an abiding concern for him. Such interests can be class based, and this is the case Hegel seems to have especially in mind in § 297. However, they need not be: in post-Napoleonic Prussia, the bureaucracy’s extensive involvement in legislation gave rise to concerns that considerations of structural and administrative conformity and efficiency would naturally privilege laws that are “bürokratiefreundlich” rather than geared toward the real interests of the state. – See: Rolf Grawert: Verfassungsfrage und Gesetzgebung in Preußen. Ein Vergleich der vormärzlichen Staatspraxis mit Hegels rechtsphilosophischem Konzept. – In: Hans-Christian Lucas/Otto Pöggeler (Hgg.): Hegels Rechtsphilosophie im Zusammenhang der europäischen Verfassungsgeschichte. Loc. cit. 257–310; here: 285.

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and in its more civic humanist guises. In the concluding section (IV.) I draw out some more general implications concerning the space of public discourse and the peculiarly “negative” character of the state as conceived by Hegel.

II. The Meaning and Political Relevance of Hegel’s “Corporations” It is well known that Hegel rejected democratic forms of government in favor of monarchy, a fact that would seem to call into question his civic humanist credentials.24 I shall not rehearse the various grounds on which Hegel rejects democratic elections, but it is arguable that they are largely motivated by civic humanist ideals.25 More to the present point, however, the unavailability of democratic forms of political participation in the Hegelian state helps us to understand the singular importance of the corporations in its constitutional arrangement. “Corporations” are a kind of institution unique to Hegel’s political philosophy, though they do bear similarity to the medieval guilds. It is true that he criticizes the original guilds for their exclusive character, inflexibility, stagnation, and involvement in a system of particularistic privileges out of tune with modern, rational conceptions of right.26 Yet he obviously sees in these pre-modern

Since Hegel himself generally identifies the republican form of government with democracy, his apparent disdain of democracy would also seem to entail opposition to republicanism and hence to civic humanism. However, some republican theorists have argued that republicanism is compatible with monarchy, notably Kant. – Cp. the “first definitive article” in: “Toward Perpetual Peace”. – In: Immanuel Kant: Practical Philosophy. Ed. by Mary Gregor. Cambridge 1996. 322. – Cp. Kant’s gesammelte Schriften. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Band VIII. Erste Abtheilung: Werke. Achter Band. Berlin 1923. 349. (On Kant’s place in the broader history of republicanism see: Bill Brugger: Republican Theory in Political Thought. New York 1999. 49–78.) Moreover, Thom Brooks has recently argued that Hegel’s strictures on democracy are all aimed at perceived weaknesses of Athenian democracy and that his positive views, properly understood, are actually favorable to contemporary liberal democracy. – See: Thom Brooks: Plato, Hegel, and Democracy. – In: Bulletin of the Hegel Society of Great Britain. London. 53 (2006), 24–50. 25 Hegel believes that in large states, the disproportionate size of the electorate devalues individual votes, leading to a sense of powerlessness and apathy among individual citizens which in turn may create a vacuum in which particular interests can gain disproportionate representation and influence. – Cp. esp. PR § 311 R. – Also cp.: Kenneth Westphal: The Basic Context and Structure of Hegel’s Philosophy of Right. Loc. cit. 261 f. – Also see the considerations bearing on individual autonomy and self-mastery in: Lydia Moland: Hegel on Political Identity: Patriotism, Nationality, Cosmopolitanism. Loc. cit. 29. 26 Cp. PR § 255 A. – For a more general discussion of the economic character and function of the corporations and their relation to the older, cameralistic tradition which partly informs Hegel’s political philosophy, see: Birger Priddat: Hegel als Ökonom. Berlin 1990. Esp. ch. 7. – Also cp.: Klaus Vieweg: Das Denken der Freiheit. Hegels Grundlinien der Philosophie des Rechts. München 2012. 337–344. 24

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(and pre-capitalistic) trade associations, with their fraternal characteristics and economic influence, a promising model of order and community within marketdriven civil society. He conceives his “corporations” as labor and trade associations that are in principle open to all citizens, subject to government oversight, and integrated into a wider system of law and deliberative government. To their members they are meant to be, in the economic sphere, what the family is to them in the sphere of natural bonds of affection: they provide a permanent framework for personal development and the formation of a social identity, and they are responsible for the welfare of their members in periods of unemployment and sickness.27 Despite the fact that corporations are in the first instance institutions within civil society, they are also the primary site of citizenship in the sense of political enfranchisement. Herein lies their fundamental political importance. It is through membership in a corporation that an agent in the private sphere is recognized as belonging “to a whole which is itself a member of society in general [allgemeine Gesellschaft]” and as acting out of commitment to the “unselfish ends of this whole.”28 This is the way individuals come to “be somebody”: it is the source of what Hegel calls Standesehre, the honor that comes with upholding the standards of excellence and conforming to the general habitus of a specific walk of life.29 Distinctly present here are the civic humanist themes of disinterested loyalty to the community, a shared conception of the good, and a public sphere (though limited in the present case) in which agents strive for honor and recognition.30 Thus it is in the first place significant that Hegel identifies the corporations as the primary site of moral action, the exercise of the virtues of republican citizenship, and the achievement of full “ethical” existence. To that extent, these professionally and economically defined communities replace the classical republic as the site of public existence.31

Cp. PR §§ 252 f., 255. PR § 253. – Hegel underlines individual freedom in choosing one’s corporation. – See: PR § 308. 29 Cp. G. W. F. Hegel: Proceedings of the Estates Assembly of the Kingdom of Württemberg, 1815– 1816. [Landstände-Schrift] – In: Brady Bowman/Allen Speight (Eds., Trans.): Hegel: Heidelberg Writings: Journal Publications. Cambridge 2009. 32–136; here: 47 (= GW 15 [= Schriften und Entwürfe I (1817–1825)], 44). (Henceforth cited as LS) 30 On the role of honor and ambition in classical republics, cp.: Charles Taylor: Hegel’s Ambiguous Legacy for Modern Liberalism. Loc. cit. 68 f. 31 Cp. PR §§ 207; 253 R; 255 A. – This analysis runs counter to the argument in Cristi 1983 that Hegel espoused an authoritarian liberalism in which civil society is thoroughly de-politicized. – Cp. F. R. Cristi: The Hegelsche Mitte and Hegel’s Monarch. – In: Political Theory. New York. 11 (1983), 4, 601–622. – On my interpretation, Cristi’s de-politicization thesis cannot be upheld for Hegel’s mature political philosophy, although it does get some traction with regard to the early Hegel: Horstmann points out that in the Naturrechtsaufsatz (1802/03) the sphere of needs 27

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Furthermore, it is exclusively through membership in a corporation that citizens find formal political representation in the state.32 Corporate identity and corporate representation thus take the place of general election by legally equal and identical individuals.33 Indeed, Hegel insists that this is the only form in which the wills of individuals can be authentically represented and through which they can therefore be authentically politically active.The reason is that representation is grounded in a form of social trust that I can meaningfully confer upon my representative only when I am in a position objectively to judge the “principles of a human being and his conduct, actions, and his concrete disposition [Sinn] in general.”34 This, Hegel believes, is not fully possible in the case of majority elections.The condition that each constituent be in a position objectively to appraise the suitability of a candidate to represent his interests, both in terms of his intellectual and moral virtues and in terms of his relevant knowledge and experience, is fulfilled only when the candidate shares a walk of life with those he is to represent, and when the interests he is to represent are interests specific to that walk of life. Thus, universal representation and participation are possible only when all the citizens are sufficiently integrated into corporations as to be able to judge such competence and so as to take part in the institutional procedures required to confer formal representation.35 The role of the corporation as the primary site of active citizenship reflects the grounding of Hegel’s political theory in his philosophy of history. I suggest that it is in the first instance the corporation which, in Hegel’s thinking, actually replaces the classical republic, and not the state immediately and taken

and labor is necessarily unpolitical in that its participants’ activities are directed toward particularistic ends, not toward the preservation of the whole state. – Cp. Rolf-Peter Horstmann: Über die Rolle der bürgerlichen Gesellschaft in Hegels politischer Philosophie. Loc. cit. 218–221. – However, the corporations introduce an element of universality into the internal organization of civil society that strongly mitigates its initially particularistic character. 32 PR §§ 308 f.; cp. also: VPRW 183 (§ 153). 33 The issue of legal and representational equality in Hegel is more subtle than my discussion suggests. – See: Frederick Neuhouser: Foundations of Hegel’s Social Theory: Actualizing Freedom. Loc. cit. 206–208. 34 PR § 309 A. – Cp. the similar considerations in: Philip Pettit: Republican Theory and Political Trust. – In: Valerie Braithewaite/Margaret Levi (Eds.): Trust and Governance. New York 1998. 295–315; esp. 296–299. 35 Cp. also § 311. – There is disagreement as to whether members of the lower house are elected by their constituency or rather appointed as trustees of the interests of their corporations. For instance, on the basis of § 288, Westphal favors the former view. – See: Kenneth Westphal: The Basic Context and Structure of Hegel’s Philosophy of Right. Loc. cit. 261. – M. W. Jackson, on the other side, argues on the basis of §§ 308, 309, and 311, that Hegel cannot have meant talk of “electing” [wählen] members in the literal sense of counting votes. – See: M. W. Jackson: Bureaucracy in Hegel’s Political Theory. – In: Administration & Society. New York. 18 (1986), 2, 139–157; esp. 144.

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as a whole. This has implications for how to interpret his relationship to civic humanism, or rather for how we must reinterpret civic humanism before we can attribute it to Hegel. It is true that posthumous fragments on religion from the mid-1790s betray a nostalgic longing for that life and contain his warmest evocations of “the free republican who, in the spirit of his people, has dedicated his abilities, his life, to the fatherland […].”36 Citing Montesquieu, he makes “virtue the principle of republics” and defines it as “the art [Fertigkeit] of sacrificing one’s individuality for an idea which, for republicans, is realized in their fatherland.”37 Yet by the time of The Scientific Ways of Treating Natural Law (1802/03) Hegel has begun to revise his attitude of unqualified admiration and explicitly recognizes that the Greek ideal of politeúein, i. e. “living in and with and for one’s people, leading a universal life devoted wholly to the public,” was conditioned by the existence of an unfree class of slaves encharged with reproducing the material basis of life in the polis.38 What has intervened between ancient and modern life is the advent of Christianity, a mentality whose origin the young Hegel locates in the social conditions of imperial Rome, where republican freedom is absent and in which citizens are no more than “wheels” in a “state machine” whose defining purpose is the increase of material wealth and the protection of private property.3 Hegel will maintain this view of the origins of Christianity throughout his areer. However, he will come increasingly to emphasize the ways in which the social atomism and political leveling characteristic of late antiquity also serve as the foundation of a more rational and truly free order of existence. The destruction of classical political life in its specifically Greek-republican form thus appears as one side of a coin whose other side is the end of slavery, the Christian transvaluation of individual subjectivity, a universalist conception of humanity as transcending particular ethnic, national or otherwise traditionally determined identities, and finally – as Hegel also suggests – the eventual rise of a class for whom labor is constitutive of identity – the bourgeoisie.40

GW 1 (= Frühe Schriften I), 163. Ibid. 206. 38 Cp. GW 4, 455; also see: TWA 18, 455. 39 GW 1, 369; cp. GW 4, 455–457. – Hegel will maintain this historical, genetic thesis throughout his career; in later years, however, he will enrich it with a positive view of Lutheran Christianity’s contribution to the consciousness of individual conscience, dignity, and the value of civic participation in the rational state. – Cp. TWA 12, 539. – See: Walter Jaeschke: Christianity and Secularity in Hegel’s Concept of the State. – In: The Journal of Religion. Chicago, IL. 61 (1981), 2, 127–145, esp. 131–140. 40 Cp. GW 4, 456, 458; TWA 20 (= Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie III), 507; TWA 12, 403 f. 36 37

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Because Hegel acknowledges these transformations so emphatically, it would be implausible to read him as recommending a straightforward, unmodified civic humanist agenda. In the modern state, which is founded on the notion of personal freedom, individual labor, and private property, no one can engage in what the ancients called politeúein because no one is truly at liberty to pursue an existence beyond the constraints of labor.41 This is why it is significant that Hegel identifies the professional associations of the corporations as the locus of the virtues, prerogatives, and activities most similar to those of classical civic humanism. In the modern state, “to be somebody” is not a status conferred by birth (as it was in the classical republic), but achieved through publically recognized, productive labor.42 However, this also means that no one becomes politically active as a politēs, pure and simple, but as a citizen whose membership in the state is concretely mediated by a specific form of publically recognized private labor, i. e. as a member of a corporation. In the Hegelian state, the community to which one belongs, which shapes one’s identity and provides opportunities for honor and recognition, and to which one owes ones loyalty is, in the first instance, a community defined by productive labor. Thus, to the extent that the republicanism of antiquity can become a reality in the rational modern state, it is mediated by the primacy of labor. Civic virtue takes the immediate form not of identification with the state as such, but of identification with a trade or profession. On the one hand, this should be no surprise. Hegel’s admiration for the ancient polis as a paradigm of ethical life is well known, as is his commitment to the values and ideals associated with the market economy at the basis of the modern state. It is thus natural that the modern “sublation” of the ancient republic should take this form. On the other hand, though, it ought to give us pause that this account appears to leave no place for direct commitment to the state as such.43 After all, Hegel understands

41 On the links between freewill, personality, property, and labor cp. PR §§ 41, 45, 56; also cp. § 56 R on slavery. 42 On the valorization of labor in the modern period and its rising philosophical significance, especially for Hegel, see: Andreas Arndt: Die Arbeit der Philosophie. Berlin 2003. 9–23. – On the importance of becoming “somebody” through publicly recognized forms of labor, see: LS 47/ GW 15, 44; cp. Schlomo Avineri: Hegel’s Theory of the Modern State. Cambridge 1972. 155. 43 “Virtue in the state is not the moral abstraction from the particularity of interest, but rather consists in injecting this particularity into a universal interest of the estate or of the state. […] The main requirement is that the interests of particularity merge with the interests of universality. In a large, fully formed state the decisive thing is precisely that particular interests have been fully formed. Republican constitutions can exist only in small states, where things depend mainly on moral rectitude. In large states, one can pay no regard to moral and religious motives. Opposition as such is therefore justified wherever there is ambition and desire for status. […] Ambition is this virtue in the state; in the virtues of the state, particularity must make itself recognizable.” – Cp. VPRW 186 (§ 156).

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the “political state and its constitution,” i. e. the institutions of government itself, to be the objective expression of the free rational will.44 So far the mechanism by which corporate members are said to cultivate a patriotic relationship to the state rests on the fact that it secures the prosperity of the particular spheres in which they find their practical identity. But if there is no place for an explicit identification with the political state as such, beyond the calculation of corporation-specific interests, then it would seem that citizens fail to that extent fully to actualize their freedom. At this juncture the obvious thing seems to be to point to that group of citizens who are immediately concerned with the universal interests of the state itself, the civil servants or, as Hegel also refers to them, the “universal estate.”45 These members of the state conform most nearly to the Greek ideal of politeúein described above as “living in and with and for one’s people, leading a universal life devoted wholly to the public.”46 And it is through immediate engagement with this “estate” in the public assembly that the representatives of the corporations assimilate their particular corporate interests to the universal interests of the state. So Hegel clearly does have a place for the exercise of civic virtues in a manner closer to classical republicanism, and also for direct patriotic identification with the state as such, viz. the estates assembly. Moreover, an essential component of that assembly is made up by an “estate” of political agents (the civil servants) who appear to stand in a relation to the state analogous to the relation of the “noble estate” to the ancient polis. All this is true, but not without important qualifications. We must not overlook the fact that the universal estate is itself a corporation, albeit a special one; the civil service is itself a line of work, a profession, and to this extent it is subject to the same primacy of the labor principle and the same relative particularity as other corporations.47 In the next part of this paper I would like to explore the consequences of this fact in relation to civic humanism and its transformation in Hegel’s political philosophy.

Cp. PR § 258 R. Cp. PR § 205. 46 GW 4, 455. 47 Cp. PR § 308. – Liebich challenges the notion that Hegel’s bureaucracy can properly be viewed as a corporation, and points to the exceptions from various civil obligations, local taxes, etc., that differentiate the “universal estate” from civil corporations. However, none of these exceptions bears on what is constitutive of corporations as such. The civil service is simply a special corporation with its own code of honor [Standesehre], hierarchy, conditions of eligibility, and so on. – See: André Liebich: On the Origins of a Marxist Theory of Bureaucracy in the Critique of Hegel’s Philosophy of Right. Loc. cit. 79 f. 44 45

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III. Bureaucracy, Collegiality, and the Principle of Publicity A. Weberian Aspects of the Hegelian Bureaucracy Constitutional monarchy was Hegel’s preferred form of government, but there are good reasons to agree with Bernard Yack’s observation that “the constitution is a monarchy only in name, while in fact it is a bureaucracy, the rule of public officials.”48 Indeed, Hegel’s organization of the executive branch of government conforms in almost every respect to Max Weber’s ideal type of bureaucracy. However, where it diverges from the Weberian type it would also appear to fall back into “pre-modern” forms of organization and, what is more, to promote an unchecked bureaucracy open to corruption and abuse of power. I will argue that the “pre-modern” aspects of the civil service are better viewed as expressing a civic humanist conception of government, and that the bureaucracy incorporates a principle of publicity meant to safeguard it against corruption and abuse. This principle will turn out to be at work both in the “pre-modern” collegial organization of the bureaucracy and in the humanistic education Hegel sees as a prerequisite for entrance into it. Scholars agree on the Weberian character of Hegel’s executive branch.49 Weber proposed a checklist of ten criteria to determine whether an organization is to count as a modern bureaucracy: (1) [Individual officials] are personally free and subject to authority only with respect to their impersonal official obligations. (2) They are organized in a clearly defined hierarchy of offices. (3) Each office has a clearly defined sphere of competence in the legal sense. (4) The office is filled by a free contractual relationship. Thus, in principle, there is free selection. (5) Candidates are selected on the basis of technical qualifications. […] They are appointed, not elected.

Bernard Yack: The Rationality of Hegel’s Concept of Monarchy. Loc. cit. 714. – Also cited in: M. W. Jackson: Bureaucracy in Hegel’s Political Theory. Loc. cit. 146. – Yack’s position is diametrically opposed to Cristi’s (cited above, n. 31): Whereas Cristi finds Hegel to de-politicize civil society and cede all real authority to the monarch, Yack sees Hegel as participating in a broader historical trend that de-politicizes the monarch and locates real political authority in a bureaucracy “which alone would allow unimpeded public administration according to rational legal standards” (709). 49 My comparison with Weber is based on: M. W. Jackson: Bureaucracy in Hegel’s Political Theory. Loc. cit. – And: Carl K. Y. Shaw: Hegel’s Theory of Modern Bureaucracy. – In: American Political Science Review. Los Angeles, CA. 86 (1992), 2, 381–389. – Cp. also the introduction to: Zbigniew Pelczynski (Ed.): Hegel’s Political Writings. Translated by T. M. Knox. London 1964. Esp. 137. – And: Schlomo Avineri: Hegel’s Theory of the Modern State. Loc. cit. 160. 48

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(6) They are remunerated by fixed salaries in money […]. The salary scale is primarily graded according to rank in the hierarchy […]. (7) The office is treated as the sole, or at least primary, occupation of the incumbent. (8) It constitutes a career. There is a system of ‘promotion’ according to seniority or achievement, or both […]. (9) The official works entirely separated from ownership of the means of administration and without appropriation of his position. (10) He is subject to strict and systematic control in the conduct of the office.50 Similarly, Hegel’s officials are free and retain their normal civil and political rights while in office, conforming to Weber’s criterion (1).51 The offices are organized in a hierarchical structure reaching from agencies that intermesh with non-governmental institutions of civil society up to the supreme council attached to the crown (§§ 288–289; cp. criterion [2]). Each tier of the organization is thus subject to centralized control and some degree of oversight (§ 290). The officials are recruited on the basis of merit (§ 274, 294; cp. criterion [5]). Eligibility for civil service is thus not the privilege of a particular social group (such as the nobility); it is open to all citizens (§ 291). Furthermore, officials are salaried, their office is their main occupation, and they enter into it with reasonable expectations of advancing in the hierarchy in accord with their performance (§ 294; cp. criteria [6], [7], and [8], respectively): civil service is a career. Finally, public offices are not the property of their holders; they cannot be bought, sold, or inherited, but rather endure independently of the individuals who hold them (§ 277), conforming to Weber’s criterion (9). Of Weber’s ten criteria for a fully bureaucratic organization, therefore, the Hegelian executive branch clearly fulfills seven. All these features are directly linked to the modernity of Hegel’s conception, not least in regard to the professionalization of service to the state in accord with the labor principle, and hence

Max Weber: The Theory of Social and Economic Organization. Translated by A. M. Henderson and T. Parsons. Edited by T. Parsons. New York 1947. 333 f. 51 Hegel does not make this point explicitly, though it is implied when he states that appointment to an office requires both parties to give their consent and render a service (§ 294 A). Special emphasis of this point is however hardly required since Hegel’s constitutional arrangements are one and all premised on individual freedom: see for example § 260, as well as the Zusätze to §§ 261, 262. – Also see Hegel’s distinction in LS 45/GW 15, 42 between “officials in the service of the prince” [fürstliche Diener], whom he characterizes as vassals and thralls, and “officials in the service of the state” [Staatsdiener], who have rights and dignity of their own. This corresponds closely to Weber’s distinction between pre-modern “patrimonial bureaucracy” and the ideal type of modern bureaucracy. – Cp. Max Weber: The Theory of Social and Economic Organization. Loc. cit. 335, 343. 50

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they are also features that mark the distance of Hegel’s conception from classical, pre-modern republicanism. In respect to the three remaining criteria, however, Hegel’s arrangement significantly diverges from the Weberian conception: Offices have no strictly defined sphere of legal competence, the relation of bureaucrats to their office is non-contractual, and the official is not subject to strict and systematic discipline in the sense Weber presumably intends (contrary to criteria [3], [4] and [10], respectively). I will argue that these points of divergence reflect an amalgamation of modern structures with elements of civic republicanism.

B. Divergence from Weber: “Pre-modern” Characteristics of the Bureaucracy My initial discussion of the points in which Hegel differs from Weber can be brief. Its main purpose is to show, first, how these “pre-modern” aspects of his conception seem actually to enhance the danger inherent to any political organization to displace its legitimate goals in favor of the corporate interests of the officials themselves and to close ranks against those whom the organization ostensibly serves.52 Hegel is aware of these dangers. Therefore, in the section following this one I will try to show how it is precisely the seemingly pre-modern – or rather: civic republican – aspects of his conception that are intended to mitigate those dangers. (1) Contractual Appointment I shall begin my discussion with Hegel’s departure from criterion (4), his rejection of contractual appointment. His reasoning for this is illuminating. The civil servant, he says, is called upon to make his office “the main interest of his spiritual and particular existence;” he thus differs from an agent employed upon a single, circumscribed task or set of tasks.53 In this respect the activity of the civil servant is rather like the politeúein Hegel ascribes to the noble estate of ancient Greece. Moreover, he suggests that civil service is quite literally invaluable. The official’s responsibility “is not a purely particular matter of an external character; the value of such a thing is something internal [ein Inneres] which is therefore distinct from its

In the case of political parties, this phenomenon was famously described as the “iron law of oligarchy” in: Robert Michels: Political Parties: A Sociological Study of the Oligarchical Tendencies of Modern Democracies. Glencoe, IL 1958. Esp. 27–45. – It has been suggestively argued that features of classical republicanism can mitigate Michels’ “law.” – See: C. F. Alford: The “Iron Law of Oligarchy” in the Athenian Polis … and Today. – In: Canadian Journal of Political Science. Waterloo, ON. 18 (1985), 2, 295–312. 53 PR § 294 R. 52

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external nature, and whose value, consequently, is not affected negatively if what has been stipulated is not delivered (§ 77). But the task which the civil servant has to perform is, in its immediate character, a value in and for itself.”54 PR § 77, to which he refers, defines a contractual relation as one in which parties exchange equivalent goods or services. This equivalence represents the actual value of the goods or service; but insofar as the service and its materially distinct equivalent have the identical value, the value itself must accordingly be external to the concrete character of either the service or the payment rendered for it. The service performed by the civil servant is different. It has no equivalent, for ultimately such service is itself the very existence of the state; in its absence the very thing which constitutes its value ceases to exist. For Hegel, the civil servant is not in all propriety of speaking paid to render services to the state, but rather financially enabled to actualize the state itself in one or the other concrete function. Thus despite the modernization of civil service as a kind of profession, it cannot for reasons of principle be construed as a contractual relationship. And in this respect, again, it resembles the pre-modern situation of a political class freed from the necessity of securing its material welfare and devoted solely to public affairs. (2) Sphere of Competence Hegel’s divergence from the other two criteria is motivated by related considerations. Differently from an ideal Weberian bureaucrat, officials in the Hegelian state are involved in deliberation and policy making. The requirements of this kind of activity cannot be procedurally specified; while goals and responsibilities may be broadly defined, for many officials there will be no one single function or task with which they are peculiarly entrusted.This stands in sharp contrast to the tenth Weberian criterion, which specifies that the official is “subject to strict and systematic discipline and control in the conduct of the office.” As Carl K.Y. Shaw points out, this condition expresses Weber’s conviction that politics and political value judgments are fundamentally distinct from their implementation by a neutral administration thoroughly oriented by externally imposed goals and instrumental rationality.55 Viewed from the Weberian perspective, then, the activity of the civil servant is not constitutive of the concrete existence of the political state; on the contrary, that state exists primarily in the activity of political parties and their representatives. The bureaucratically organized civil service thus takes on a distinctively proceduralist, technocratic character. The Hegelian official, on the other hand, is encharged with “subsuming” particular cases under the “universal” interests of the state.56 54 55 56

Ibid. Cp. Carl K. Y. Shaw: Hegel’s Theory of Modern Bureaucracy. Loc. cit. 334. Cp. PR §§ 273, 283; see also: §§ 225–228 for related remarks in the context of the judiciary.

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Shaw argues that “subsumption,” as Hegel uses the term, cannot be identified with what Weber calls “discretion” since the former is positively conceived as a “concretization of norms” through which the norms themselves undergo a degree of modification.57 M. W. Jackson puts it this way: The universal class does not simply administer the laws as given. It has a great role in forming the law in the first place.These laws do not lay down all decisions in advance. Were such detailed legislation possible and desirable, there would be no need for the creation and perpetuation of the universal class [allgemeiner Stand] […]. The task of the universal class is not to accept the law as it is but to make it serve the universal in principle in its formation and in practice in its implementation.58 The civil service is thus involved in the ongoing interpretation and evolution of the constitution.59 (3) Systematic Discipline A further effect of Hegel’s departure from Weber’s third criterion (i. e. the strict definition of an office’s legal sphere of competence) is to modify the functional significance of the bureaucracy’s hierarchical ordering. Weber notes that in the modern era, “the need for rapid, clear decisions, free of the necessity of com-

For Shaw “subsumption” is the crucial component in Hegel’s “liberal” theory of bureaucracy. – See: Carl K. Y. Shaw: Hegel’s Theory of Modern Bureaucracy. Loc. cit. 383–386. – He associates it with Aristotle’s concept of phronesis and calls attention to the modern revitalization of phronesis as a political concept by Arendt, Gadamer, and Oakeshott, among others. 58 M. W. Jackson: Bureaucracy in Hegel’s Political Theory. Loc. cit. 149 f. 59 Fritz Hartung relates how, in the 1830s, members of the Prussian government countered growing demands for a written constitution with the view that the strength of the Prussian bureaucracy in relation to the king, its transparent organization, and the character of the officials themselves were a more adequate guarantee of civil liberties than a written constitution ever could be. – Cp: Fritz Hartung: Staatsbildende Kräfte der Neuzeit. Gesammelte Aufsätze. Berlin 1961. 237 f. – Their position is more than a political ploy; the view had been the subject of discussion among the reform party as early as 1812. – Cp. Ibid., 231. – Liebich gives evidence that even left Hegelians like Ruge and Marx held an overwhelmingly positive opinion of the Prussian bureaucracy. – See: André Liebich: On the Origins of a Marxist Theory of Bureaucracy in the Critique of Hegel’s Philosophy of Right. Loc. cit. 81–83. – I do not suggest that Hegel would have condoned the king’s persistent failure to grant a constitution, but the perception at the time that the bureaucratic administration itself was something like a living constitution is revealing. It lends support to Shaw’s and Jackson’s understanding of “subsumption” as an activity that does not merely conform to and implement external norms, but rather brings them into a mutually transformative relation with particular circumstances. This also accords with Hegel’s acknowledgment of the need to modify the constitution from time to time so as to ensure its continuing applicability to changing circumstances. – Cp. PR § 298. – On the ongoing development and evolution of the “organic” constitution of the state also see: Rolf Grawert: Verfassungsfrage und Gesetzgebung in Preußen. Loc. cit. 293–296. 57

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promise between different opinions and also between shifting majorities”60 has led increasingly to the replacement of collegial bodies by organizations with unequivocal, military-like chains of command. But if the process of political decision making is partly located within the bureaucracy itself, a fully regimented, top-down chain of command cannot be made general throughout the organization. Unsurprisingly, then, we find Hegel criticizing the rather more Weberian organization of the French bureaucracy instituted by Napoleon, and he does so in the same breath that he observes the absence of “corporations and communal associations” in France, which he thus finds lacking in “circles in which particular and universal interests come together.”61 At the same time, the collegial organization of the offices means that discipline among civil servants has to be maintained otherwise than by strict, procedurally oriented control from above directed at individual officials. Jackson’s observation that “control must come from within the bureaucracy and ultimately from within each bureaucrat,” can thus be taken a step further: the collegial structure has to generate mechanisms of internal control at every level, in every office of the bureaucracy.62 (We shall see how in section C below.) (4) Bureaucrats in the legislature A final point takes us beyond Weber’s list of criteria, but it implicitly contradicts Weber’s third criterion and is clearly incompatible with his whole basic understanding of bureaucracy: Hegel insists that there be no sharp division between the administration and the legislature, and his reasoning for this combines both practical and theoretical considerations. One of his most extensive discussions of the matter is to be found in the Estates Essay (1817), written as an intervention into the ongoing constitutional debate in his native Württemberg. There

Max Weber: The Theory of Social and Economic Organization. Loc. cit. 336. PR § 290 A. – In contrast to my reading, Grawert disputes Hegel’s intention in this section to promote “einen kooperativ-föderativen Staat” and emphasizes the top-down character of the bureaucratic hierarchy. – Cp. Rolf Grawert: Verfassungsfrage und Gesetzgebung in Preußen. Loc. cit. 299 f. 62 M. W. Jackson: Bureaucracy in Hegel’s Political Theory. Loc. cit. 149. – VPRW 172 f. (§ 145 R) could be read as contradicting my claim. There Hegel specifies the channels open to citizens who feel they have been dealt with unfairly or inadequately by the lower ranking officials immediately responsible for their particular concern. The chain leads up the hierarchy of superiors, and if the citizen fails to gain satisfaction from offices within the bureaucracy, the path to a hearing by the public assembly is open to him. This might be taken to indicate more strictly defined spheres of legal competence within each office, as well as a chain of command coming back down the line from superior to inferior offices that is more rigid than I will suggest in the following. The passage is inconclusive, in that it is compatible with both interpretations. The balance of evidence seems to favor a mixed form of organization that accentuates collegially organized offices without preferring them exclusively. 60

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his argument for allowing the participation of civil servants in the assembly is pragmatic: In smaller countries such as the new German states, where domestic and international trade and similar forms of advanced economic activity are limited, the majority of the educated population is “compelled to seek their economic and social existence in some form of public service. If civil servants are out of consideration, there will therefore be disproportionately fewer to be found who possess sufficient insight and experience in universal matters – and even still fewer, in any case, who could be called statesmen.”63 In other words, barring civil servants from the legislature is likely to cause a shortage of qualified legislators.64 But there are reasons of principle, too. Hegel objected to the doctrine of checks and balances on governmental powers, first because he thought it jeopardized the sovereignty of the state, which consists in the existence of a single supreme authority within the territory of the state, and secondly because he thought it institutionalized social mistrust at the center of political society.65 In fact these two reasons are closely related in that social trust – “the consciousness that my substantial and particular interest is preserved and contained in the interest and end of an other (in this case, the state)”66 – is itself an essential element in sovereignty: “What matters most is that the law of reason should merge with the law of particular freedom and that my particular end become identical with the universal; otherwise the state must hang in the air. The selfawareness [Selbstgefühl] of individuals constitutes its actuality, and its stability lies in the identity of both sides.”67 This theme of trust is pervasive in Hegel’s political thought, and it also informs his views on the manner in which state

LS 41/GW 15, 38. Hegel would not have been alone in holding this view. Hartung indicates that the view was widespread. – Cp. Fritz Hartung: Staatsbildende Kräfte der Neuzeit. Gesammelte Aufsätze. Loc. cit. 251. 65 Cp. PR § 272 R. – For the development of Hegel’s views on the division of powers and a reconstruction of the organological conception that underlies them, see: Ludwig Siep: Hegels Theorie der Gewaltenteilung. Loc. cit. 387–420. – Siep shows how deeply Hegel’s rejection of the traditional notion of checks and balances is embedded in his logic and metaphysics. – On this topic also see: Klaus Vieweg: Das Denken der Freiheit. Loc. cit. 400–406. – However, we should not discount the possibility that Hegel’s attitude toward the division of powers may be further conditioned by his experience of the Holy Roman Empire’s dualistic governments, especially in his native Württemberg where a singularly powerful estates assembly possessed its own treasury and pursued interests explicitly conceived as the particular interests of the estates, not the interests of a unified commonwealth. – See Hegel’s discussion in: LS: 59–64/GW 15, 55–62, and also the analysis of the constitutional debate and its historical background in: Joachim Gerner: Vorgeschichte und Entstehung der Württembergischen Verfassung im Spiegel der Quellen 1815–1819. Stuttgart 1989. 66 PR § 268. 67 PR § 265 R. 63

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officials should interact with representatives of the corporations and with private citizens more generally.68 A further, but once again closely related reason for including members of the bureaucracy in the assembly is that their participation in public deliberation and debate will at once serve (a) to educate and inform the representatives of civil society on the business of the state, (b) to enable the representatives of civil society to communicate intelligence regarding the needs and affairs of the economic sphere, and equally importantly (c) to expose state officials to public scrutiny.69 Ideally, this last effect also constitutes a trust building measure, and to that extent we see that this consideration interlocks with Hegel’s other reasons for making the division between the executive and legislative branches permeable. These are all significant departures from the Weberian type of bureaucracy and they raise fears that unelected administrators who are not contractually bound, whose spheres of legal competence are not sharply defined, who have a direct influence on legislation, and who are subject to relatively few formalized mechanisms of external control and oversight, will be exposed to opportunities and overwhelming temptations to abuse their power. Hegel himself is clearly aware of this danger. Not only does he address it in the Philosophy of Right; he was familiar with the corrosive effects of collusion between the estates assembly and the paralegal bureaucracy in his native Württemberg which he saw as a source of injustice and economic woe and as an impediment to Württemberg’s adoption of a rational constitution in the wake of the Congress of Vienna.70 In the next section I will argue that these seemingly pre-modern aspects of the Hegelian state are more rightfully to be described as the expression of an allegiance to republican ideals, and that they incorporate a republican principle of publicity that Hegel apparently believed sufficient to safeguard them against most instances of abuse.

68 Cp. PR § 295 R, where Hegel discusses this matter by way of addressing safeguards against bureaucratic abuse of power. 69 Cp. PR § 314 f.; VPRW 184 (§ 154). – Hegel frequently underlines the practical desirability of including expert voices in the assembly, particularly voices of those with immediate insight into the nuts and bolts of governing. – See e.g.: § 301 R. – He also places considerable emphasis on the opportunity thus provided to educate the representatives of the civil corporations and, indirectly, the wider public. This conception is not free of paternalistic tendencies, but they should not cause us to overlook the extent to which official participation in the public assembly is a mechanism at once for vigilence and for the cultivation of republican virtues within the body of the assembly itself. – Cp. Christoph Jamme: Die Erziehung der Stände durch sich selbst. Hegels Konzeption der neuständisch-bürgerlichen Repräsentation in Heidelberg 1817/18. – In: HansChristian Lucas/Otto Pöggeler (Hgg.): Hegels Rechtsphilosophie im Zusammenhang der europäischen Verfassungsgeschichte. Loc. cit. 149–173. 70 Cp. LS 104–118/GW 15, 97–110.

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C. The Publicity Principle and the Mechanisms of Ministerial Accountability Hegel’s seeming failure to have provided convincing institutional safeguards against corruption and abuse in the executive branch has been widely noted and criticized in the literature.71 Westphal, for example, points to a number of weaknesses in Hegel’s organizational scheme that cluster around this issue. One is the “unstable” role of the monarch who, on the one side, has a rather weak position in that the state officials are responsible for the content of the law while the monarch is more of a symbol of the unified will of the state; on the other side, however, the monarch is also supposed to exercise control on the bureaucracy from above, presupposing a degree of power that is not obviously compatible with the primary definition of his role.72 Furthermore, it is difficult to accommodate judicial review of executive action since, as Westphal also notes, Hegel places the courts under the administration of justice, itself a department of the executive.73 Although he insists on the strict accountability of state officials, and indicates that in addition to the control from above by the monarch, the officials are also subject to control “from below” by the corporations, he is not very explicit about the mechanisms of accountability in the Philosophy of Right.74

71 Cp. for example: M. W. Jackson: Bureaucracy in Hegel’s Political Theory. Loc. cit. 149; Carl K. Y. Shaw: Hegel’s Theory of Modern Bureaucracy. Loc. cit. 386 f.; Kenneth Westphal: The Basic Context and Structure of Hegel’s Philosophy of Right. Loc. cit. 262 f..; Schlomo Avineri: Hegel’s Theory of the Modern State. Loc. cit. 155–161. 72 Hegel cites the Müller-Arnold affair, notorious in its day, as an example of royal intervention into perceived abuses of the court system. – Cp. PR § 295 f. – But how much weight should we give to this precedent? The answer hinges on the controversial issue of how to understand Hegel’s theory of the monarch. If we follow Cristi, the monarch’s power will be adequate to exercise control over the bureaucracy, but at the price of an authoritarian regime. If we agree with Yack, as I do, we will reject the idea that Frederick’s actions would have been legitimate in the framework of Hegel’s rational state.The implication need not be that Hegel therefore provides no effective mechanism of control, even though he does not spell out in sufficient detail the formal procedures for translating political untrustworthiness into official censure and, where warranted, removal from office. 73 PR § 219. – Cp. Kenneth Westphal: The Basic Context and Structure of Hegel’s Philosophy of Right. Loc. cit. 262. 74 Cp. PR § 297. – Westphal points to Ilting’s edition of VPRW for traces of the more detailed account; I have followed up on his reference here. Citizens’ official channels for contesting bureaucratic decisions were mentioned above (n. 72). In the same passage (VPRW 172 f.) Hegel also specifies that state authorities should have no access to or direct influence over corporations’ assets; their power is limited to what he calls the “rights of formal decision.” Moreover, corporations hold the purse-strings when it comes to budget approval. They are thus guaranteed a measure of autonomy and given a financial bargaining chip in their negotiations with the state. This is not the same as legal oversight over the authorities, which would not be in keeping with state sovereignty, but it does constitute a mechanism of limited political control. – On the channels for formal indictment of ministers, see: VPRW 188 (§ 157 R).

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It could be said that the respects in which the Hegelian bureaucracy appears most liable to corruption and unchecked abuse are also those in which, by Weberian standards, it is least modern. However, I would suggest that the seemingly pre-modern characteristics of the bureaucracy are precisely the classical republican features intended to safeguard it against corruption and abuse. If the professionalization of the “universal estate” as one (albeit special) labor-defined corporation among others signals a peculiar modernization of classical civic republican conceptions, then the integration of some characteristic republican principles and virtues into that estate reflects an opposed tendency toward the republicanization of the corporation. As we will see, the modern principle of labor forces a transformation of classical republicanism, while the classical republican principle of publicity is intended to uphold the identity of particular and universal interests so crucial to Hegel’s conception of political freedom. Independently of whether Hegel’s institutional safeguards are sufficient to curb abuse, it is therefore clear that they are indeed built into the Hegelian state at its theoretical basis. Now, what I am calling the publicity principle includes commitment to governmental transparency, but it encompasses a wider and more specific range of political virtues and organizational structures than transparency alone need entail. Central to it is a communicative ideal of free, viva voce exchange among equals that Hegel closely associates with classical republican life. He evokes the image of the Athenian statesman: In a living, vital democracy, he writes of Greek political life, the citizen must be […] present at the main deliberation; he must participate in the decision as such, not merely by his single vote, but in the jostle of moving and being moved, investing the passion and interest of the whole man and sensible throughout of the heat of the entire decision. The insight to which he seeks to win over the others must be brought about by communicating that heat to them in the medium of speech. Were the attempt to be made in the medium of writing, in an abstract, lifeless manner, the individuals would not be spurred on [anfeuern] to the heat of the universal, and the larger the crowd, the less the weight of a single voice.75 In this culture of oral debate Hegel appears to find not only a guarantee of transparency (to the extent such guarantees are possible at all), but of rational consensus: in the same passage he even suggests that if the French National Convention had focused on public, face-to-face deliberation instead of polling to reach its decisions, the Revolution would have been more likely to produce

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TWA 12, 312.

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a lasting republic rather than the Terror and the ensuing Directory. Moreover, his unmistakable admiration for this ideal of public speech is clearly linked to further virtues he deems essential to trustworthiness and hence to political effectiveness in a republican setting.76 I have already underscored Hegel’s belief that the classical republican ideal cannot and ought not be revived in its original form. It is too much tied to the size of the ancient city-state and also to its oppressive reliance on slave labor. However, he does seek to build the publicity principle into the structure of the corporations, including that of the corporation of civil servants comprising the so-called “universal estate.” The chief means of doing so is to accentuate the collegial structure of the bureaucratic offices and, along the same lines, to involve members of the bureaucratic executive in the public assembly.77 The “higher, advisory authorities” are to have a “collegial” constitution enabling them to perform the “task of upholding, within […] particular rights, legality and the universal interest of the state.”78 In the 1817/18 lectures on the philosophy of right Hegel recommends that the authorities closest to the corporations and local communities also be organized as colleges. Ilting furthermore points out the extent to which the intermediate departments also share this structure, and notes the convergence of Hegel’s views with those of Prussian reformers, particular around Stein, who considered and then rejected the model of the French system of prefects.79 Despite its inefficiency relative to the prefect system, in the end Prussian reformers favored the collegial organization because they perceived it as more resistant to the abuse of power. Hartung cites Ludwig von Vincke: “‘Wisdom, circumspection and perseverance’ were better guaranteed in consultations because these would prevent the passions from ‘running away with reason and the state’s business could not be made into the plaything of the caprice, inexperience, ignorance, or dishonesty of individuals.’” Hartung continues, quoting Count Dohna, “only in a collegial organization can ‘that free and independent spirit be produced among the servants of the state along with

Cp. for example: GW 10/1, 459 f. The importance of collegial organization as a safeguard against corruption is stressed by Ilting: VPRW 341, n. 287. 78 PR § 289. 79 See: VPRW 169 f. and 341, n. 287. – This interpretation is supported by one of Hegel’s undated aphorisms on politics and society from the Berlin period. – See: TWA 11 (= Berliner Schriften 1822–1831), 567 (aphorism 29), where he praises “collegial constitutions” for their promotion of greater responsibility and their relative immunity to external influence and individual abuse: “The individual should govern like a nobleman [Edelmann], as an independent and self-contained personality. But to the extent that he is merely particular, the individual exists in manifold relations of dependence […].” – Jackson and Shaw overlook this aspect of bureaucratic organization in Hegel’s rational state. 76

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the ability appropriately and fearlessly to defend the truth when overpowering superiors have failed to recognize it.’”80 Thus despite its hierarchical structure, there is a necessity for deliberation and political judgment throughout the Hegelian arrangement that goes far beyond mere “discretion.” As we will see in the case of the assembly in particular, the civil servant must also have something of the statesman. The link between collegiality and oversight is more conspicuous in the Heidelberg lectures. That may reflect the more liberal atmosphere in Germany prior to the Carlsbad Decrees, but Hegel’s contemporaneous observations on the course of the constitutional debate in Württemberg could also have sensitized him to the need for publicity and collegial oversight. In the Estates Essay (1817) Hegel repeatedly castigates the assembly’s preference for written communication and the predominance of decisions made in committee without exposure to wider scrutiny.81 Above all, he registers the historical developments that have isolated the most influential members of the estates assembly and their friends and relatives in Württemberg’s paralegal bureaucracy from the less educated population, lending them the status of a veritable “burgher aristocracy” [Bürgeraristokratie] manipulating the assembly to their own advantage. Hegel repeatedly warns against this tendency of the “middle estate” to take on the privileged position of a quasi-aristocracy and to use its superior education, power, and

Fritz Hartung: Staatsbildende Kräfte der Neuzeit. Gesammelte Aufsätze. Loc. cit. 231. – The addition to PR §290 suggests a similar ambivalence toward the French prefecture system, whose “facility, speed, and efficacy” he praises, but which he criticizes as lacking institutions such as “corporations and communes, i. e. circles where the particular and the universal interests come together.” Hegel insists that “the real strength of states lies in the communes [Gemeinden]” and that “legitimate power [berechtigte Gewalt] is present only in the organic condition of the particular spheres.” This is not an explicit affirmation of collegial forms of governance, but the reference to communes, which in many cases (for example in Prussia) were self-governed by collegial bodies, points in that direction. – See: Thomas Gross: Das Kollegialprinzip in der Verwaltungsorganisation. Stuttgart 1999. 113–120. 81 Cp. his characterization of the “mute speechlessness of [the Württemberg estates assembly’s] paper proceedings” and their exclusion of the public (LS 88/GW 15, 83). The proceedings consist almost exclusively in the rote presentation of written position-papers; a part of the negotiations with the King’s ministers takes place through commissioners who are instructed in secret and limited in their competence by narrow dictates (LS 90 f./GW 15, 85 f.); key decisions are made by a so-called “inner” or “smaller committee” of eight members in the absence of the assembly (LS 60, n. 76); the “old constitution” itself, on whose restoration in place of the King’s charter the assembled representatives insist, exists only as an archive of recorded agreements, contracts, and privileges, and is moreover accessible only to the inner committee members (LS 82–84, 128/GW 15, 78 f., 118). The people must enter complaints or appeal for redress in the form of written “gravamina” that pass unread directly into the files (LS 101–104/GW 15, 94–97). In the context of his discussion of the inner committee’s abuse of power, Hegel cites a contemporaneous author on the superiority of a solid collegial constitution over a badly conducted representative estates assembly (LS 117, n./GW 15, 109, n.). 80

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political know-how to oppress the general population and undermine the legitimate sovereignty of the government; he can thus hardly be reproached for being overly sanguine about human nature or naïve about the corrupting influence of power.82 These concerns are reflected in the lecture course. As we see from his discussion of the collegial structure of the courts (which in many respects mirror that of the wider bureaucratic executive, of which they are part),83 Hegel is aware of the inertia and potential distortions inherent in collegial deal-making, but finds them outweighed by the advantages: It must be admitted that this collegial form delays decisions. But without it there is all the more arbitrariness and particular interest. However, since every college has to have a head [Referent], and since anyone can become head, a situation arises in which everyone accedes to everyone else’s proposal since he wants the same for himself; in this way the responsibility of each individual is decreased since it rests on the whole college. Even, so, the head must take care that his work is such that his proposal contains some universal validity, and as regards responsibility, the head has more of it, and furthermore, as a common whole the college has more strength to assert itself against despotism since then it is harder to influence the arbitrary desires of individuals enough to make a difference. Every member of a college enters into a permanent whole and there is less fluctuation in the dispositions and procedures.84 Just as the limited publicity within a department tends to enforce uniform adherence to norms, procedures, and decisions while diminishing individual arbitrariness,85 it can also help positively to strengthen individuals’ ability and resolve to act on their dignity and “speak truth to power” (the aspect highlighted by Count Dohna in the quotation above).86 As an extension of the same principle, he also recognizes the need for a counterbalance to the corporate interests that inevitably accompany any orgaCp. PR §§ 297, 302; VPRW 172 (§ 145 R); LS 118/GW 15, 110. – For an overview of the constitutional debate in Württemberg, see: Schlomo Avineri: Hegel’s Theory of the Modern State. Loc. cit. 72–80. (Avineri does not go into any detail about the bureaucratic corruption in Württemberg.) 83 Cp. Carl K. Y. Shaw: Hegel’s Theory of Modern Bureaucracy. Loc. cit. 384–386. 84 VPRW 135 f. (§ 116 R). 85 This is the aspect emphasized in: Ibid. 86 In this latter regard cp. Pettit’s characterization of republican freedom as an “attitude of confidence and boldness,” as an ability to look others in the eye without fear or need to conceal one’s mind. – E.g. in: Philip Pettit: Republican Theory and Political Trust. Loc. cit. 305. – This pattern of self-reinforcement is an aspect of the specific “rationality” of Hegel’s institutions. – Cp. Allen Patten: Hegel’s Idea of Freedom. Loc. cit. 176–190. 82

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nization, including the “universal estate.” In order to preserve their independent voice in legislation, the “corporation” of civil servants must on the one hand have rights of its own that prevent arbitrary removal of officials who advocate unpopular causes.87 On the other hand, exposure to scrutiny in the public assembly is necessary to prevent the officials from closing ranks to protect their corporate interests: The guarantee against pressure [on the citizenship] by lower ranking officials that lies in their accountability to higher officials is too uncertain since the higher and lower officials have a single common interest over against the citizens. In modern times there have been attempts to rein in lower ranking officials as much as possible by requiring that they submit to the higher authorities an account of all their official acts. But the fact that things became even worse thereafter is enough to show how useless this is; and since mere black-on-white is lifeless and very indeterminate and the higher authorities are far from able to examine all the many special reports, there is very little protection for a citizen who chooses to bring action against an official whose trial will be conducted in secret by other officials.88 The role of public hearings in ensuring the accountability of state officials is obviously important. Of equal importance and perhaps more interesting, however, is another implication of publicity for the control of the bureaucracy, one that hinges on honor and trustworthiness. The assembly offers to the officials who enter it “a signal opportunity” for developing their “abilities, virtues, and skills,” as well as “a platform on which they may attain high honors, [and] so also does it constitute a remedy for the self-conceit of individuals […] and a means – indeed one of the most important means – of educating them.”89 Notably, the presence of political opposition offers this opportunity and platform: [T]he opposition is also a chief moment, a necessary moment for the selfactuation of the assembly. Here the ministers can be questioned about everything, and here they can also display their talent, skills, and presence of mind since the assembly must always be public and since they are continually being attacked by the estates assembly that stands opposed to the ministry. Now this is what is most burdensome in the position of a minister; for here he must

VPRW 187 (§ 156 R). – Cp. the fate of Assemblyman Gleich of the Württemberg estates who disappears from the proceedings after criticizing the policy decisions of the dominant inner committee. – See: LS 70, 99 f. 88 VPRW 172 (§ 145 R). – Note once again the disparaging view of written accounts as a means of communication and control. 89 PR § 315. 87

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frequently think and speak about often unexpected queries for six to eight hours at a time. This control over the executive power is the greatest guarantee of the ministers’ aptitude and of their disposition with respect to the laws [rechtliche Gesinnung]. It is one of the greatest dramas when such affairs are examined by ministers and the estates.90 Hegel’s understanding of the function of the public assembly and of political publicity more generally reflects what Philip Pettit has called “the republican belief in the availability of political trustworthiness” and the mechanism of “trust-responsiveness” associated with it.91 Pettit argues that the presence in a society of models “that establish what it is to be honorable – say, what it is to be trustworthy,” tends to promote honor and trustworthiness even in those who are not possessed of exceptional moral fortitude. For “to be regarded as honorable is to be honored, after all, and to be honored […] is one of the primary human goods. Thus the idea is that trustworthiness, an essentially admirable trait, will be boosted by a trait that has no place in the list of virtues – that is, the love of glory or esteem. The love […] of opinion […] will serve to ignite the motivation of those in whom virtue proper has stalled.”92 It is precisely this link between political virtue, competition for honor, and the public sphere that Charles Taylor has identified as central to civic humanism.93 The classical republic, he argues, was characterized by “strong publicity” – a common sense of the laws and institutions of the republic as a “repository of freedom” and an arena of competition for those ambitious of the fame that was inseparable from significant public action. This dual character of public space – repository of freedom, arena of struggle – was crucial to the survival and flourishing of the ancient state because the potentially disruptive ambition that was a source of political vitality was tempered by the laws, respect for which was (in principle) a condition of possibility for the gaining of honor. Taylor credits Hegel – not entirely accurately, in my opinion – with having embraced the civic humanist notion of “strong publicity” in a particularist formulation: the notion that above and beyond private projects and desires, a flourishing society requires “some strong sense of common values” that is “particularized and bonded to a particular people in history.”94 But he criticizes Hegel for having given “no

VPRW 178. See: Philip Pettit: Republican Theory and Political Trust. Loc. cit. 304–308. 92 Ibid. 306. – Pettit goes on to illustrate the point with a passage from Locke on public opinion; public opinion is the main topic of PR § 315, quoted above. 93 Cp. Charles Taylor: Hegel’s Ambiguous Legacy for Modern Liberalism. Loc. cit. 67–69, from which the following quotations are also taken. 94 See: Charles Taylor: Hegel’s Ambiguous Legacy for Modern Liberalism. Loc. cit. 75. 90 91

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place to the agon, to competition, to unresolvable differences.” With respect to modern society, Taylor therefore concludes: “Hegel had this completely unrealistic view about how representative institutions could work simply in a one-way direction to bring people in and create a consensus, rather than be the arena in which deep dissensions can be worked out in a way that nevertheless helps to bond to a common allegiance.”95 It should by now be clear why Taylor’s assessment is false, at least as a global characterization of the aims and spirit of Hegel’s political thought as a whole. In the 1817/18 lectures Hegel insists that parliamentary opposition is the proper element of “political virtue.”96 Indeed, “if the estates assembly is essentially in unanimity with the administration, then the administration must either split or be dissolved. Since this [situation of unanimity] entails the breakdown of the state, the administration must use its power to scatter the assembly. If the estates assembly were unanimously on the side of the administration, it would have missed its vocation and failed to reach its goal.”97 In this very context Hegel then goes on to praise ambition as the political virtue par excellence. In light of the foregoing, we can easily recognize that ambition is directly tied to the principle of publicity. This passage and those quoted above thus show not only that Hegel embraced opposition and dissent to a greater degree than Taylor recognizes, but also that he saw them as potentially linked to a mechanism for cultivating political trustworthiness based on a realistic view of human psychology. At the various levels of governmental organization, therefore, we find mechanisms of publicity that serve the ends of republican vigilance and control,

Cp. Ibid. 75 f. Cp. Ludwig Siep: Hegels Theorie der Gewaltenteilung. Loc. cit. 401–404; Rolf Grawert: Verfassungsfrage und Gesetzgebung in Preußen. Loc. cit. 303. – As Siep also points out, these more parliamentary elements are present both in the 1817/18 lecture course and in the contemporaneous Landständeschrift, but they drop out of Hegel’s political writings from 1818/19 on. However, as Siep also suggests, such changes in the presentation reflect Hegel’s interest in contributing effectively to the political reality in which he found himself in order to move it in a more “rational” direction; they are not signs of political accomodationism or opportunism. – Cp. Ibid. 404, 418–420; a similar point is made by: Rolf Grawert: Verfassungsfrage und Gesetzgebung in Preußen. Loc. cit. 304–309. 97 VPRW 187 (§ 156 R). – We should not exaggerate similarities between Hegel’s 1817/18 conception of opposition in the public assembly and the role of a parliamentary opposition in modern democracies; Hegel’s conception is decidedly of its time and place. However, neither should we overlook the perhaps less obvious points of functional continuity: Grawert suggests for example that the estates perform something like “the function of today’s parties […]. They are not agents in the state’s decision-making process, but rather bodies of political mediation.” – See: Rolf Grawert: Verfassungsfrage und Gesetzgebung in Preußen. Loc. cit. 302. – The point of this paper is not to make Hegel out to be an advocate of parliamentary democracy, but to draw attention to the way in which some seemingly pre-modern elements of his theory of the state are in fact features of an alternative project of modernization. 95 96

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but also the positive goal of valorizing, cultivating, and publicly demonstrating political honor, virtue, and trustworthiness. The real efficacy of those mechanisms, were they to be put into practice, is of course open to question, but they are not obviously inferior to contemporary safeguards, and certainly no less liberal. One thing is clear, though. As structural safeguards they cannot function at any level without presupposing actual human agents with the appropriate skills, beliefs, dispositions, and desires to bring them to life. Even as the structural arrangements are designed to reinforce and reproduce the necessary psychological properties, they depend in turn on their existence.To pursue this thought would carry us beyond the scope of the present investigation, to Hegel’s philosophy of education and his actual pedagogical practice.98 That topic I reserve for a separate inquiry.

IV. Conclusion In this paper I have tried to show how Hegel was led to temper his youthful enthusiasm for classical republicanism by his recognition of the irreversibility and intrinsic worth of the historical process from which the modern world of personal, economic freedom emerged. I say that his enthusiasm was tempered and transformed, not extinguished. Hegel’s unique conception of the “corporation” bears witness both to his abiding concern for genuinely political community and to his recognition that modern political communities are above all communities which are self-consciously grounded in labor (in contrast to ancient republics where the political community effectively repressed the fact of its being grounded in labor).The primacy of labor permeates the rational state as a whole, informing the administration of government as well as civil society. Nonetheless, key features of classical republicanism are meant, ideally, to flourish in this new institutional framework. They are best summed up in the principle of publicity: a commitment to rationally self-controlled associations in which open, “real time” deliberation among peers is central to material decision-making, mutual oversight, and meritocratic advancement. Although he does not call it by this name, Hegel was sufficiently committed to the principle consciously to reject more efficient models of administration (viz. the French prefecture system) and to rely on it as an instrument of republican vigilance over a correspondingly powerful class of professional administrator-politicians.

98 This fact has been noted by others. – Cp. M. W. Jackson: Bureaucracy in Hegel’s Political Theory. Loc. cit. 152 f.; Carl K. Y. Shaw: Hegel’s Theory of Modern Bureaucracy. Loc. cit. 382, but insufficiently analyzed.

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In conclusion, two important remarks are in place. One is that Hegel’s integration of civic humanist principles and ideals into his constitutional arrangements show him to be far less authoritarian and less committed to an ideal of uncontested consensus than even some of his most sympathetic interpreters have portrayed him as being. It should not surprise us that Hegel, the dialectician, would have conceived of the unity of the rational state as essentially dynamic, encompassing disagreement and contradiction rather than promoting static consensus and groupthink. It is true that Hegel insists that the forces of particularity must be reintegrated [zurückgeführt] into the unity and universality of the state, but it would be false to conceive that unity as “positive,” that is, as commanding uniform allegiance to any particular political dogma or program. When citizens of the rational state come together to deliberate, they do so as individual subjects with particular interests and inevitably limited points of view. Hegel’s notorious and seemingly triumphalist remarks about the godlike nature of the state notwithstanding, his ideal of political communication is dialogical, not monological: the good citizen of the rational state grants to every other “the complete personal freedom of his convictions” and “the right to speak his mind,” even in the face of disagreement. Moreover, such a citizen will be in the habit of treating his own opinions as being every bit as subjective and fallible as those of his interlocutor “since it is a conversation with persons acting simply as persons, not objective understanding or reason in a discussion with itself.”99 The principle of publicity is intended to ensure, as far as possible, that the state itself exists as a conversation among equals and that it does not degenerate into a discussion carried on merely with itself in the form of a closed caste of privileged officials. Hegelian political unity is negative unity: it is a self-conscious structure that holds open the space in which differences as such can flourish, and that entails both that particular differences do not mistakenly conceive or promote themselves as universals and also that the subjects who embody those differences be unified in their commitment to the mutual respect of difference.100 This unity, while it is higher than and qualitatively different from the identity of the “finite,” particular

TWA 19, 25; emphasis added. Ludwig Siep makes a similar point: “Hätte Hegel dieses Modell [sc. der negativen Verfaßtheit von Personalität] sozusagen ‚rein‘ auf die Staatsphilosophie übertragen, dann hätte er vermutlich viel mehr an verfassungskonformer Opposition, Gegensätzen zwischen politischen Kräften und auch zwischen Verfassungsgewalten zulassen können, als er selbst in der Heidelberger Phase seiner Rechtsphilosophie für denkbar hielt.” – See: Ludwig Siep: Hegels Theorie der Gewaltenteilung. Loc. cit. 417. – I am suggesting that Hegel’s Heidelberg phase is in fact a manifestation of such a concept of negativity, and that despite some of the distinctly more monarchical features of the Grundlinien (to which Siep also points), the later work is equally open to this more liberal, “negative” construal. (On the intentional underdetermination and interpretability of the Grundlinien cp.: Rolf Grawert: Verfassungsfrage und Gesetzgebung in Preußen. Loc. cit. 304–309.) 99

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standpoints to which it makes essential reference, is no less material than they are; it is not a merely formal principle – for instance a principle for limiting the spheres in which particularities can legitimately assert themselves. Rather, it represents commitment to a substantive content, a view of what liberty is and why it is good – the account of which comprises Hegel’s philosophy of right.101 The second remark follows directly on the first. Hegel’s view of what liberty is and why it is good forces him to reject the classical republic as an ideal worthy of straightforward imitation. In contrast to the communities of antiquity, which he unvaryingly characterizes as “natural,” the communities in the rational state are all of them, with the single exception of the family, artificial communities. They are voluntary associations based on common interests and shared forms of labor, trade, and industry. They are self-consciously particular in scope, even as they bring their members into communication with higher orders of universality, including that of the state. And even the state itself exists in the first instance as a particular corporation of officials who share a particular education, training, and particular corporate interests that potentially conflict with those of other corporations. Thus, nobody in Hegel’s rational state is positively identical to the universal and the universal has no material representation outside the particular interests of the corporations. The universality of the state is a processual reality that continually returns to itself by virtue of the way in which particular interests open themselves to and articulate themselves in terms of each other. Herein consists, once more, the negative unity of the Hegelian universal. The state maintains its rational universality, in the peculiarly emphatic Hegelian sense, only by virtue of the artificial, man-made provisions that maintain all of its organs, including the government, in a position of self-conscious particularity, and the public sphere is the locus of that self-consciousness.

101 It is worth remarking here that Hegel does not believe that humans can fully actualize their freedom in just any community under just any social-political set of relations.The “rationality” of the Hegelian state is supposed to consist in part in their objectively constituting freedom and thereby enabling citizens subjectively to actualize their own. – This idea is central to Neuhouser’s “Rousseauean” reconstruction of Hegel’s concept of “social freedom”: Frederick Neuhouser: Foundations of Hegel’s Social Theory: Actualizing Freedom. Loc. cit. 32–35; 145–174. – The constitutive role of “objective” social relations in the realization of individual autonomy should be affirmed; we must be sensitive, however, to the “perfectionist” danger that lies in identifying autonomy with participation in certain (idealized) kinds of social relations and then evaluating subjects’ status as autonomous agents from an external standpoint based on the nature of their actual relations. Hegel’s distinction between subjective and objective freedom and his insistence on their irreducibility seems to me to guard him against this danger. – Cp. Allen Patten: Hegel’s Idea of Freedom. Loc. cit. 190–199. – For a more general defense of this kind of position and a discussion of perfectionism, see: John Christman: Relational Autonomy, Liberal Individualism, and the Social Constitution of Selves. – In: Philosophical Studies. An International Journal for Philosophy in the Analytic Tradition. Dordrecht. 117 (2004), 1/2, 143–164.

c h ri st i an sc h m i d t AU TO N O M I E U N D F R E I H E I T Politische Aspekte des Selbstbewußtseins bei Hegel

abstract: In this paper, I discuss two main features of H.s concept of freedom. Firstly, freedom is an idea. As an idea, freedom transcends necessarily every given institutional order for it incorporates a dimension of autonomy, i.e. the free consent of the individuals, who live in these institutions. I argue that self-determination is even the core of the abstract philosophical definition of freedom.Yet, only a reflection on the moments of freedom already incorporated in existing institutional orders is the very source of the idea itself.This entails that – secondly – freedom is essentially an idea that needs realisation. The abstract core of self-determination receives a concrete form by existing institutions and critiques who judge the institutional reality either by its contrast to the immanent self-understanding of the institutions or by their (in-)ability to realise the idea of freedom. It is the interplay of the abstract idea and its historical realisation that allows – according to H. – to realise freedom in a process of selfdetermination. Subject of such a process are autonomous agents who try to reconcile their individual perspectives with the social totality. On the side of the realisation, this reconciliation is the main feature of freedom. I conclude that H.s idea of freedom is primarily political. It opens a common search for freedom oriented institutional arrangements and keeps this search open ended by the non-institutionalised critiques that legitimise themselves by reference to the idea of freedom itself.

1. Freiheit als Prozeß Wo von Freiheit gesprochen wird, stellt sich das Problem der Autonomie. Erst anhand des Umgangs mit diesem Problem wird deutlich, welcher Begriff von Freiheit überhaupt zu Grunde liegt. Die Spannweite der Freiheitsbegriffe reicht dabei von der rein subjektiven Willkürfreiheit, bei der der Selbstgesetzgebung das „Gesetz“ abhandenzukommen droht, bis zur Einsicht in unabänderliche Imperative der Vernunft oder eines historischen Entwicklungsgangs, bei denen das „Selbst“ die Gesetze nicht länger gibt, sondern lediglich anerkennt.

Hegel-Studien 47 (2013) · © Felix Meiner Verlag · ISSN 0073-1587

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Hegels politische Philosophie wurde und wird immer wieder in diesem Zusammenhang diskutiert.1 Unbestritten ist dabei, daß sie von der Analyse der institutionalisierten Formen menschlichen Zusammenlebens geprägt ist. Diese Formen werden ausgehend von ihrer historischen Entwicklung und ihrer aktuellen Wirklichkeit auf das in ihnen enthaltene und als ihr geschichtliches telos gedeutete Potenzial untersucht. Das übergreifende telos menschlichen Zusammenlebens ist lt. Hegel die Verwirklichung von Freiheit. Das schließt v.a. ein selbstbestimmtes Verhältnis zu den Institutionen ein, weshalb für Hegel auch das Verständnis der institutionellen Formen notwendigerweise zum geschichtlichen Prozeß ihrer Fortentwicklung gehört. In der Einleitung zur Philosophie der Weltgeschichte des Jahres 1830/31 heißt es entsprechend: „Die Weltgeschichte ist der Fortschritt im Bewußtseyn der Freyheit“,2 wobei die Freiheit keine unmittelbare Gegebenheit ist, sondern das Ergebnis des historischen Bildungsprozesses ihrer Bewußtwerdung. Hegel spricht in einer Randbemerkung zu der zitierten Stelle sogar davon, der Mensch sei erst zur Freiheit „erzogen“ worden.3 Der Zusammenhang zwischen dem Bildungsprozeß des Bewußtwerdens der Freiheit und ihrer Verwirklichung besteht darin, daß das Verständnis der Formen den Einzelnen erlaubt, sich diesen gegenüber selbstbewußt zu verhalten, d. h., soweit ihr Potenzial in ihnen verwirklicht ist, sie als richtig und gut anzuerkennen.

2. Pippins Ambivalenz Daß Hegel die Anerkennung institutioneller Tatsachen so stark betont, hat immer wieder zu der Frage geführt, ob Autonomie auch als selbstbewußte Gründung politischer Institutionen, die ein zentrales Moment des modernen Freiheitsverständnisses ist, in Hegels politischer Philosophie einen Platz hat. Isaiah Berlin verneint dies und erkennt in Hegels Freiheitskonzeption stattdessen das Programm von Erziehungsdiktaturen, die vom Viktorianismus über den Kolonialismus bis zum Kommunismus und Nationalsozialismus jede beliebige Couleur annehmen könnten:

Vgl. jüngst etwa: Brian O’Connor: The Neo-Hegelian Theory of Freedom and the Limits of Emancipation. – In: European Journal of Philosophy. (Article first published online: 4 APR 2012) [doi: 10.1111/j.1468-0378.2012.00524.x] 2 Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Philosophie der Weltgeschichte. Einleitung 1830/31. – In: ders.: Vorlesungsmanuskripte II. (1816–1831) Herausgegeben von Walter Jaeschke. – In: ders.: Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegeben von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Band 18. Hamburg 1995. 138–207; hier: 153. (Im Folgenden: GW 18) 3 Ebd. 1

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Herder, Hegel und Marx […] waren nicht weniger als ihre Widersacher davon überzeugt, daß die Welt verstehen gleichbedeutend ist mit befreit sein. […] Denn indem wir – das haben Hegel, Bradley und Bosanquet immer wieder versichert – dem rationalen Menschen gehorchen, gehorchen wir uns selbst: nicht dem Menschen, der wir sind, einer in Unwissenheit und Leidenschaften verstrickten, schwachen, von Krankheiten geplagten Kreatur, die eines Arztes bedarf, einem Mündel, das einen Vormund braucht, sondern dem Menschen, der wir sein könnten, wenn wir rational wären […]. So führt das rationalistische Argument, das auf der Vorstellung von der einen richtigen Lösung beruht, über eine Reihe von Stufen, die wenn nicht logisch schlüssig, so doch historisch und psychologisch verstehbar sind, von einer Ethik der Verantwortung und Selbstvervollkommnung des Individuums zu einem autoritären Staat, der den Anweisungen einer Elite platonischer Wächter gehorcht.4 Dieser Lesart von Hegels Philosophie stellt sich Robert Pippin nicht nur entschieden entgegen. Er erklärt zudem eine Spielart des Platonismus, der Berlins Hegel-Deutung zugrunde liegt, zur Quelle des hier vorliegenden Mißverständnisses. „Platonisch“ zu denken, bedeutet dabei für Pippin anzunehmen: that everyday life depends on “presuppositions,” the justification for which “runs out” at some point in everyday life, that this represents a justificatory failure, and that only philosophy can complete what we incompletely do in our ordinary practices. This way leads both to philosopher kings and intellectual vanguards.5 Hegel habe dagegen für die Philosophie eine andere Rolle vorgesehen, bei der gelte: „actual moral competence is not a dim, confused grasp of principles or theory“.6 Vielmehr müsse Philosophie als Rekonstruktion der Rationalität verstanden werden, die bezogen auf wirksame Institutionen und gültige Normen 4 Isaiah Berlin: Zwei Freiheitsbegriffe. – In: ders.: Freiheit. Vier Versuche. Frankfurt a. M. 2006. 197–256; hier: 223, 232, 234. – Wie weit eine solche Deutung Hegels im philosophischen Feld verbreitet ist, zeigt die Bemerkung Michel Foucaults, Hegel und seine Nachfolger hätten contre cœur zu einer Akkumulation der Macht beigetragen: „Diese Philosophien der Freiheit jedoch haben stets Formen der Macht Raum gegeben, die, sei es in der Form des Terrors, sei es in Gestalt der Bürokratie oder sei es in der Gestalt bürokratischen Terrors, das Gegenteil des Regimes der Freiheit waren, das gerade Gegenteil einer zur Geschichte gewordenen Freiheit.“ – Siehe: Michel Foucault: Die analytische Philosophie der Politik. – In: ders.: Schriften. Dits et Ecrits. Bd. 3. Frankfurt a. M. 2003. 675–695; hier: 680. – Für eine überblicksartige Zusammenstellung der Hegel-kritischen Literatur in diesem Zusammenhang vgl.: M. W. Jackson: Hegel: The Real and the Rational. – In: Jon Stewart (Ed.): The Hegel Myths and Legends. Evanston 1996. 19–25. 5 Robert B. Pippin: Hegel’s Practical Philosophy. Rational Agency as Ethical Life. New York. 2008. 266 f. 6 Ebd.

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in lokalen Aushandlungsprozessen praktisch je schon immer erreicht wurde. Die Aushandlungsprozesse selbst setzten dabei aber kein Selbstverständnis voraus, das darauf ziele, sie in einem endgültigen, für immer und ewig gerechtfertigten Zustand stillzustellen.7 In Übereinstimmung mit Hegels geschichtsphilosophischen Überlegungen macht Pippin vielmehr deutlich, daß die Entwicklung von Institutionen immer aus einer historischen Konstellation hervorgeht, in der die praktischen Verhältnisse die Verbesserung einer vollzogenen institutionellen Veränderung unmittelbar einsehbar werden lassen.8 Hegels Begriff der Freiheit wäre damit von einem Moment der Wandelbarkeit jener Institutionen geprägt, in denen sich die Freiheit verwirklicht. Realistischerweise setzt Pippin voraus, daß die institutionellen Formen bezüglich ihres Freiheitspotenzials nicht voll verwirklicht sind und der Prozeß ihrer geschichtlichen Entwicklung folglich noch nicht abgeschlossen ist.9 Eine selbstbewußte geschichtliche Subjektivität kann sich deshalb auch nicht in der Anerkennung der vorgefundenen Institutionen erschöpfen. Vielmehr muß sie im Rahmen geschichtlichen Handelns autonom werden, um auf die Verbesserung der Formen zu drängen. Das hieße aber, daß im Zustand des Selbstbewußtseins eine konkrete historische Subjektivität nicht nur von der Kenntnis der institutionellen Regeln geprägt sein kann. Sie muß in der Lage sein, eine institutionelle Transformation zu begründen. Pippin schlägt in diesem Zusammenhang vor, Veränderungen zunächst nur als pragmatische Anerkennung von Verbesserungen zu verstehen, die sich aus Vorschlägen ergeben, deren normative Begründung auf den bereits geteilten Formen sozialen Handelns beruht.10 Doch stellt sich dann die Frage, ob es ausreicht, daß die historischen Subjekte die soziale Funktion einer Form erkennen, um selbstbewußte Subjekte der Geschichte im vollen Sinn des Wortes zu sein. Sind die autonomen Vorschläge zur institutionellen Transformation nicht entweder so stark an die existierenden und ggf. gerade scheiternden Institutionen und Normen gebunden, daß sie diese nicht zu überwinden vermögen, oder – falls ihnen dies doch gelingt – nicht

7 „[P]articipants could be understood as negotiating with others at a time better candidates for such rules, for normative status; that is better motivating practical reasons for the participants […]. There is no particular reason to think that such participants must understand themselves as ‘getting closer to absolute truth or absolute acceptability’ in order to do that.“ – Ebd. 8 „Aber im Staate bedarf es vieler Veranstaltungen, Erfindung von Zweckgemässen Einrichtungen, aber mit langen Kämpfen des Verstandes, bis er zum Bewußtseyn bringt, was das Zweckgemässe sey, so wie Kämpfe mit particulären Interesse und den Leidenschaften eine schwere und langwierige Zucht derselben u. s. f. bis jene Vereinigung zu Stande gebracht wird […]. Diese unermeßliche Masse von Wollen, Interessen und Thätigkeiten sind die We r k zeuge und Mittel des Weltgeistes, seinen Zweck zu vollbringen […].“ – Siehe: GW 18, 161 f. 9 „We are living through one of the greatest […] changes in human history […].“ – Siehe: Robert B. Pippin. Hegel’s Practical Philosophy. Rational Agency as Ethical Life. A. a. O. 276. 10 Ebd., 266.

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andererseits gerade aufgrund des vollzogenen Bruchs notwendigerweise immer Wagnisse, deren geschichtliche Rechtfertigung sich nur im historischen Verlauf – also jenseits der subjektiven Kontrolle – erweist? Unter den Maßgaben der Pippinschen Interpretation in Hegel’s Practical Philosophy jedenfalls kann sich der Erfolg der lokal begründeten und vollzogenen Transformationen eigentlich immer erst im nachhinein erweisen, weil die Analyse des telos der Institutionen keine dauerhaft verbindliche Entwicklungsperspektive zu eröffnen vermag. Pippin bleibt in der Frage einer autonomen Transformation der sozialen Formen aber bewußt ambivalent. Einerseits ist es ihm wichtig festzuhalten, daß Philosophie „cannot function in any way as a practical justification for anyone in modern Sittlichkeit“;11 andererseits besteht er aber auch darauf, daß „human reason can set ends, or determine action on its own“, ja sogar darauf, daß „modern individuals are responsive to practical reason in ways unlike and superior to prior civilizations.“12 Letzteres erweise sich durch die Rekonstruktion einer normativen Entwicklungsgeschichte des „context created by human attempts to justify themselves to one another“: „This might serve, at a philosophical level […] as a justification of sorts, a way of thinking about how we go on now that is responsive to and, if it can be shown, a progressive development of, how we used to go on.“13 Pippins vorsichtige, sich selbst dementierende Position in Hegel’s Practical Philosophy steht im Kontrast zu seinen älteren Interpretationen, in denen es etwa hieß: Weil „die Idee des Rechts … die Freiheit“ ist, müssen wir folglich sowohl den Begriff einer solchen Freiheit als auch dessen historische „Realisierung“ und endgültige Wirklichkeit verstehen, und wir müssen zu einem Verständnis davon gelangen, wie ein solcher Begriff sich selbst seine Wirklichkeit gibt.14 So gesehen könnte die Weltgeschichte des institutionellen Wandels zumindest auf lange Sicht auf eine finale Verwirklichung der einen „endgültigen“ Version der Freiheit zulaufen, bei der dann jedoch plötzlich die Wandlungsmöglichkeit, die in den historisch vorgängigen, privativen Stufen der verwirklichten Freiheit ein wesentliches Moment des Freiheitsbegriffs war, aufhörte, für die Freiheit konstitutiv zu sein. In dieser älteren Hegel-Lektüre Pippins wird eine institutionelle Wandlung dadurch gerechtfertigt, daß sie der Idee einer Form des menschlichen Zusammenlebens entspricht. Als problematisch, im Sinne von „platonisch“, erscheint Ebd., 279. Ebd., 272. 13 Ebd., 278 f. 14 Robert B. Pippin: Hegels Theorie der modernen Welt. – In: ders.: Die Verwirklichung der Freiheit. Der Idealismus als Diskurs der Moderne. Frankfurt a. M./New York 2005. 71–86; hier: 78. 11 12

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dieser Zug des Selbstbewußtseins, weil die Bestimmung der vom Begriff selbst geforderten Ausdeutung von Freiheit auf ein Formenwissen zuzugreifen scheint, das das Kriterium seiner Richtigkeit nicht im praktischen Gelingen haben kann. Stattdessen scheint sie auf ein Wissen sub specie aeternitatis bezogen zu sein. Pippins Rekonstruktion der Hegelschen Philosophie der Freiheit steht also vor einem ernsthaften Dilemma: Entweder kann sie keine wirksamen Gründe für eine bestimmte Weiterentwicklung der Formen des sozialen Lebens bereitstellen, oder diese Gründe sind so stark, daß sie den Charakter des historischen Prozesses der Verwirklichung der Freiheit in sein Gegenteil verkehren. Pippin selbst gelingt es, soweit ich sehen kann, nicht, diese Ambivalenz tatsächlich zu beruhigen, ohne sich auf die eine oder andere Seite des Dilemmas zu schlagen. Ausgehend von dieser Ambivalenz ist es aber möglich, zwei entscheidende Dimensionen des Hegelschen Freiheitsbegriffs zu identifizieren, die zur Autonomieproblematik in einem engen Bezug stehen und es erlauben, dem Entweder-Oder von Pippins Ambivalenz zu entgehen. Der Wandelbarkeit der Institutionen entspricht die eine dieser beiden Dimensionen, nämlich der Verwirklichungsaspekt der Freiheit, der von Hegel konsequent als historischer Entwicklungsprozeß gefaßt wird. Dem telos der Geschichte entspricht die andere, der Umstand, daß Freiheit eine Idee ist. Betrachten wir diese beiden Dimensionen etwas näher.

3. Idee und Freiheit In der Wissenschaft der Logik wird der terminus technicus „Idee“ von Hegel im Anschluß an Kants „Vernunftbegriff“ eingeführt.15 Daraus ergibt sich bereits, daß die „Idee“ jenseits der Erfahrung angesiedelt sein muß, denn Kant betont wiederholt, daß die Vernunftbegriffe etwas beträfen, worunter alle Erfahrung gehört, welches selbst aber niemals ein Gegenstand der Erfahrung ist: etwas, worauf die Vernunft in ihren Schlüssen aus der Erfahrung führt, und wornach [sic] sie den Grad ihres empirischen Gebrauchs schätzt und abmißt, niemals aber ein Glied der empirischen Synthesis ausmacht.16

Vgl.: Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Wissenschaft der Logik. Zweiter Band. Die subjektive Logik. (1816) Herausgegeben von Friedrich Hogemann und Walter Jaeschke. – In: ders.: Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegeben von der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Band 12. Hamburg 1981. 173. (Im Folgenden: GW 12) 16 Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft. Nach der 1. und 2. Originalausgabe herausgegeben von Jens Timmermann. Mit einer Bibliographie von Heiner Klemme. Hamburg 1998. B 367 f.; A 311. (Im Folgenden: KrV zitiert unter Seitenangabe nach der ersten [1781 = A] und zweiten [1787 = B] Originalausgabe) 15

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Kants Beispiel für eine „transzendentale Idee“ oder eben einen „Vernunftbegriff“ ist u.a. die Gesamtheit der Bedingungen einer Erscheinung.17 Während es uns der Verstand dabei erlaubt, einzelne Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zu identifizieren, zeigt uns die Vernunft, daß es sich bei diesen Zusammenhängen um Aktualisierungen eines Schemas handelt, das jedes Phänomen in einen strukturierten Zusammenhang stellt. Die Erfahrung kann daher aus prinzipiellen Gründen kein Phänomen enthalten, das nur als Ursache, nicht aber als Wirkung gefaßt werden kann und umgekehrt. Somit sind die Ursache-WirkungsKetten in der Erfahrung grundsätzlich sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft fortsetzbar.18 Diese je konkreten Fortsetzungen sind das Ergebnis der Verstandestätigkeit. Ihre Zusammenfassung zu einer Totalität ist hingegen eine reine Angelegenheit der Vernunft. Wird diese Totalität in die Erfahrung übersetzt, führt sie zum transzendentalen Schein eines ersten Bewegers oder eben eines Endes der Geschichte. Wenn Hegel schreibt: „Die Idee ist der adäquate Beg r iff , das objective Wahre, oder das Wahre als solches“,19 dann ist diese Bestimmung der Idee als Übereinstimmung von Begriff und Realität vor dem Hintergrund der Überlegungen bei Kant zu beurteilen. Sie reproduziert zunächst die Unterscheidung, die Kant zwischen den Vernunft- und Verstandesbegriffen eingeführt hat,20 und überträgt sie auf die Begriffsentwicklung selbst. Durch die Festlegung des Ziels der „Adäquatheit“ gibt die Idee die Richtung der Entwicklung des Begriffs an. Die entscheidende Frage ist aber, ob die Adäquatheit als telos der Entwicklung von Begriffen tatsächlich eingeholt werden kann oder ob sie nicht vielmehr – wie bei den transzendentalen Ideen Kants – auf das Gebiet des Scheins verwiesen werden muß. „Es werden hier also Erscheinungen als gegeben betrachtet, und die Vernunft fordert die absolute Vollständigkeit der Bedingungen ihrer Möglichkeit, so fern diese eine Reihe ausmachen, mithin eine schlechthin (d.i. in aller Absicht) vollständige Synthesis, wodurch die Erscheinung nach Verstandesgesetzen exponiert werden könne.“ – Vgl.: KrV, B 443; A 416. 18 Vgl.: KrV, B 438; A 411. 19 GW 12, 173. – Daß dieser Bestimmung inhaltlich tatsächlich der Bezug zu Kants Ideenproblematik zugrunde liegt, zeigt die Interpretation, die Pirmin Stekeler-Weithofer zu jener Logik vorgelegt hat, die Hegel in der Enzyklopädie ausgearbeitet hat: „Soll das Streben nach Erfüllung von bestimmten Zwecken nicht zu einer unendlichen Unruhe, zu einer Art Sucht nach scheinbar je neuen Erfüllungen entarten, die alle nur Mittel sind für weitere Zwecke, dann stellt sich die Frage nach den höchsten Zwecken. Die schlecht-unendliche und das heißt bloß faktische Progression der je endlichen Mittel und Zwecke, das moderne Leben mit seinem ‚Immer ein Anderes‘ etwa, taugt als solches zur Bestimmung dieser höchsten Zwecke nicht: […] Die bloß objektive Welt ist zumindest in Vergleich zu dem, […] was bei Hegel ‚Idee‘ oder dann auch ‚(humanes) Leben‘ heißt, wertmäßig im Grunde ‚nichtig‘“. – Siehe: Pirmin Stekeler-Weithofer: Hegels Analytische Philosophie. Die Wissenschaft der Logik als kritische Theorie der Bedeutung. Paderborn/Wien/München/Zürich 1992. 402 f. 20 „[…] der Ausdruck I d e e [wird] für den objectiven oder realen Begriff zurückbehalten, und von dem Begriff selbst […] unterschieden […].“ – Siehe: GW 12, 174. 17

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Meine These dazu ist, daß insbesondere im Bereich der institutionellen Ordnungen Hegels Idee der Freiheit der Name einer unmöglichen Verwirklichung ist. Die Idee der Freiheit überschreitet notwendig jede institutionelle Ordnung, weil zu ihrer vollkommenen Verwirklichung die Dimension der Autonomie gehört, d. h. daß die vollkommene Verwirklichung nicht prädeterminiert sein kann, sondern subjektiv frei gewollt werden muß. Damit unterläuft die Autonomie aber den Ordnungscharakter. So überzeugend und stabil eine historische Ordnung auch sein mag, sie kann als Ordnung keinen ewigen Anspruch auf Anerkennung erheben, sondern muß als Verwirklichungsform der Freiheit gerade auch die Möglichkeit ihrer Veränderung und sogar Abschaffung enthalten.

4. Freiheit, Recht und absolute Idee Die Eigenschaft des institutionellen Entwicklungsprozesses, prinzipiell unabgeschlossen zu sein, würde auch erklären, warum Hegel keine Rechtsgeschichte als dezidierte Geschichte der Freiheit an die Seite der Kunst-, Religions- und Philosophiegeschichte gestellt hat.21 Kunst, Religion und Philosophie sind die Gebiete der absoluten Idee, m.a.W. diejenigen Gebiete, auf denen sich die Selbsterkenntnis des Geistes in den Modi der Anschauung, der Vorstellung und der emphatischen Wissenschaft vollzieht. Ihre Geschichte ist jeweils abschließbar und setzt ihren Abschluß sogar voraus, weil in ihr das Prinzip, nach dem die Geschichte strukturiert – und das heißt: erzählt – wird, durch diese Geschichte selbst entwickelt wird. Es ließe sich also gar keine absolute Idee, kein wahrer, angemessener Begriff des Geistes bilden, wenn nicht die Geschichte seiner Bildungen bereits vollzogen wäre. Doch der Prozeß der expliziten Selbstvergewisserung des Geistes, den Hegel in der Geschichte der Philosophie sowie in ihren Vorstufen, den Geschichten der Ästhetik und der Religion, rekonstruiert, wird von ihm explizit an eine „Entfremdung gegenüber der politischen Welt“22 gebunden: „Die Philosophie ist […] die Versöhnung des Verderbens […]; diese Versöhnung geschieht in einer ideellen Welt, in die der Gedanke entflieht, wenn die irdische Welt ihn nicht

Vgl. zur Frage nach einer Rechtsgeschichte der Freiheit: Walter Jaeschke: Die vergessene Geschichte der Freiheit. – In: Hegel-Jahrbuch 1993/94. Berlin 1995. 65–74. – Ich danke Andreas Arndt für den Hinweis auf diesen Text und seine kritischen Anmerkungen zu einer früheren Fassung der vorliegenden Arbeit, womit er mich insbesondere zur Korrektur und Präzisierung meiner Darstellung der absoluten Idee zwang. 22 Walter Jaeschke/Andreas Arndt: Die Klassische Deutsche Philosophie nach Kant. Systeme der reinen Vernunft und ihre Kritik 1785–1845. München 2012. 686. 21

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mehr befriedigt.“23 Die unmittelbare Rückkehr des so gewonnenen Gedankens in die Wirklichkeit ist nicht möglich. Die Philosophie führt aufgrund ihrer Entfremdung von der Politik lediglich zu abstrakten Prinzipien, die es ermöglichen, bestehende politische Ordnungen zu kritisieren, also mit den Worten von Bernard Bourgeois „idéal et négatif“ sind. Positiv i.S. von historisch wirksam bleiben dagegen allein die politischen Zusammenhänge, aus denen heraus neue politische Ordnungen begründet und entwickelt werden können. Diese Zusammenhänge haben die Möglichkeit, philosophische Vorwegnahmen zu verwirklichen, was jedoch eine „traduction“ erfordert.24 Bourgeois diskutiert zunächst eine entsprechende Übertragung von der Ebene des abstrakten Prinzips der Philosophie auf die Ebene der Vorstellung, d. h.: der Religion. Explizit wird in der Religion die Versöhnung der subjektiven Einsicht und des subjektiven Wollens mit einer allgemeingültigen Ordnung thematisiert. Wobei Hegel den Protestantismus gerade dafür schätzt, daß nichts zwischen das Individuum und die göttliche Autorität tritt, auf die sich die von allen geteilte Ordnung beruft.25 Zugleich verweist die Religion als Ort der „absoluten Idee“ ausdrücklich darauf, daß die Idee der Versöhnung zwischen Individuum und Ordnung nicht von ihrer vollkommenen Verwirklichung abhängen kann. Die Religion eröffnet nämlich gerade Formen des gemeinsamen Lebens, die zwar auf eine Verwirklichung dieser Versöhnung ausgerichtet sind,

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie. Teil 1. Herausgegeben von Pierre Garniron und Walter Jaeschke. – In: ders.: Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte. Band 6. Hamburg 1994. 239. 24 Vgl.: Bernard Bourgeois: Éternité et historicité de l’esprit selon Hegel. Paris 1991. 87. – „Dans l’ordre de la réalité empirique, de l’existence effective, c’est bien la politique qui médiatise positivement le devenir de la philosophie, alors que la philosophie ne médiatise que négativement le devenir de la politique. Il est vrai que, dans le devenir objectif de l’esprit, même absolu, l’esprit objectif doit bien être le facteur positif, l’intervention de l’esprit absolut ne pouvant, sur ce terrain, qu’être négative, c’est-á-dire se traduire dans l’arrachement ponctuel, décisif, de l’esprit objectif à lui-même.“ – Ebd., 88. 25 „Indem das Individuum nun weiß, daß es mit dem göttlichen Geiste erfüllt ist, so fallen damit alle Verhältnisse der Äußerlichkeit weg: es gibt jetzt keinen Unterschied mehr zwischen Priestern und Laien […]. Jeder hat an sich selbst das Werk der Versöhnung zu vollbringen. […] So wird der subjektive Geist in der Wahrheit frei, negiert seine Partikularität und kommt zu sich selbst in seiner Wahrheit. So ist die christliche Freiheit wirklich geworden.“ – Vgl.: Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. – In: ders.: Theorie-Werkausgabe. Werke 12. Auf der Grundlage der Werke von 1832–1845 neu edierte Ausgabe. Redaktion Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel. Frankfurt a. M. 1970. 495 f. (Im Folgenden: TWA 12) – Vgl. auch: Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte. Berlin 1822/1823. Nachschriften von Karl Gustav Julius von Griesheim, Heinrich Gustav Hotho und Friedrich Carl Hermann Victor von Kehler. Herausgegeben von Karl Heinz Ilting, Karl Brehmer und Hoo Nam Seelmann. – In: ders.: Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte. Band 12. Hamburg 1996. 501. 23

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aber zugleich anerkennen, daß deren tatsächliches Erreichen jenseits der Anstrengungen der Subjekte liegt, seien diese Anstrengungen nun individuell oder kollektiv gefaßt. Doch auch mit diesem Wissen bleibt in der Religion die gelingende Versöhnung das von allen geteilte Ziel des gemeinsamen Lebens. Auch die Freiheit, die in Hegels Sinn v.a. als Selbstbestimmung gefaßt werden muß, verweist auf das Ziel der Versöhnung von Individuum und überindividueller Ordnung, die vom freien Individuum als im Verein mit den Anderen autonom geschaffene Ordnung verstanden werden soll. Damit verweist die Freiheit auf die absolute Idee als Name der bewußten Selbstbeziehung des Geistes in seinen Äußerungen.26 Aber da die Freiheit nicht nur als Selbstbestimmung gewußt, sondern auch verwirklicht werden muß, da sie mithin auch noch die oben erwähnte praktische Dimension aufweist, unterscheidet sich die Idee der Freiheit von der absoluten Idee, die in ihrer Abstraktheit endgültig bestimmt werden kann.27 Solange die Idee der Freiheit nur als das abstrakte Prinzip der Selbstbestimmung aufgefaßt wird, hat sie den Charakter einer absoluten Idee. In dem Maße jedoch, indem sie wirklich werden muß, unterliegt sie selbst Wandlungen, die mit den institutionellen Bedingungen zusammenhängen, aus denen heraus das konkrete Verständnis dessen entsteht, was Selbstbestimmung überhaupt meint. Die Rechtsgeschichte ist in diesem Kontext eine zu enge und zu konkrete institutionelle Bestimmung der Verwirklichungsbedingungen der Freiheit. Zu eng ist die Rechtsgeschichte, weil zur Verwirklichung der Freiheit auch die Entwicklungen der Philosophie und der Religion gehören – und sogar die gesamte Geschichte, insofern sich aus ihr heraus erst die Wandlungen des Selbstverständnisses der Subjekte verstehen lassen.28 Die Geschichte des Rechts ist aus der Hegelschen Perspektive aber für die Verwirklichungsgeschichte der Freiheit auch zu konkret, weil das Recht eine institutionelle Sphäre ist, die

26 „Ihr [sc. der Sphäre des absoluten Geistes] Proprium ist es, daß der Geist hier nicht bloß ‚subjektiver‘ – etwa als Bewußtsein oder Wille – auf irgendeinen ihm äußerlichen, nicht-geistigen Gegenstand bezogen ist, daß er aber auch nicht nur in den Institutionen des gesellschaftlichen Lebens objektiviert ist. […] ‚Absolut‘ nennt Hegel deshalb erst diejenige Sphäre des Geistes, in der er sich aus der äußeren Wirklichkeit der Institutionen des sittlichen Lebens löst und sich zum Gegenstand macht […] und eben in dieser Selbstbeziehung absolut ist […]. Erst damit ist der Begriff des Geistes – als Begriff einer denkenden Selbstbeziehung – vollendet.“ – Siehe: Walter Jaeschke/Andreas Arndt: Die Klassische Deutsche Philosophie nach Kant. Systeme der reinen Vernunft und ihre Kritik 1785–1845. A. a. O. 662 f. 27 „It is very important to distinguish the speculative freedom […] from the practical freedom that is supposed to be realized within the rational social order.“ – Siehe: Frederick Neuhouser: Foundations of Hegel’s Social Theory. Actualizing Freedom. Cambridge, MA/London 2000. 21. 28 Das gesteht auch Jaeschke durchaus zu. – Vgl.: Walter Jaeschke: Die vergessene Geschichte der Freiheit. A. a. O. 72.

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eher als Element denn als Dimension der Geschichte der Freiheit zu verstehen ist. Die Entstehung des Rechts in seiner gegenwärtigen institutionellen Form ist nur aus den modernen, etwa vom protestantischen Verhältnis der Einzelnen zur Gesellschaft geprägten Selbstverständnissen der Subjekte überhaupt zu verstehen.29 Hegel zieht daher eine Betrachtungsweise des Rechts vor, die dessen Institutionen anhand der in ihnen zum Ausdruck kommenden Ideen erfaßt. Als „außer dem Verhältniß mit der philosophischen Betrachtung“ stehend gilt ihm jedoch, den Traditions- und Entwicklungszusammenhang der einzelnen Rechte und juridischen Formen aufzuzeigen, weil „das wahrhaft Wesentliche, der Begriff der Sache, dabey gar nicht zur Sprache gekommen ist.“30 Die Rechtsgeschichte kann also weder das absolute Moment der Idee der Freiheit verständlich machen, das vielmehr gewußt werden muß, um das Recht zu verstehen, noch enthält das Recht für Hegel eine ihm spezifische Idee, deren Verwirklichung sich in seiner Geschichte aufweisen läßt. Letzteres unterscheidet Hegel von Positionen, die in der Gültigkeit und Durchsetzung des Rechts bereits die Verwirklichung der Freiheit gegeben sehen. Als Element der Geschichte der Freiheit konkretisieren und verwirklichen sich im Recht vielmehr Aspekte der Idee der Freiheit. Trotz dieser Konkretisierung und Verwirklichung besteht die Idee der Freiheit als abstrakte Idee aber auch jenseits des Rechts und vermag so das Verständnis des Rechts zu orientieren.

5. Verwirklichung und Idee Anhand des Verhältnisses des Rechts zur Idee der Freiheit zeigt sich, wie komplex Hegel die Geschichte der Verwirklichung der Freiheit denkt. Während auf der philosophischen Ebene Freiheit absolut, aber eben auch abstrakt als Selbstbestimmung aufgefaßt werden kann, verkompliziert sich die Lage im Prozeß der Verwirklichung, wo diese abstrakte Orientierung konkretisiert werden muß. Im Zuge der Konkretisierung der Idee der Freiheit verliert diese ihren absoluten Charakter. Freiheit bleibt eine Idee, aber sie wird historisch variabel, da

„Die Rechtswissenschaft ist e i n T h e i l d e r P h i l o s o p h i e. […] Der Begriff des Rechts fällt daher seinem We r d e n nach außerhalb der Wissenschaft des Rechts, seine Deduction ist hier vorausgesetzt und er ist als g e g e b e n aufzunehmen.“ – Vgl.: Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts. Herausgegeben von Klaus Grotsch und Elisabeth Weisser-Lohmann. Band 14,1. Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse. Grundlinien der Philosophie des Rechts. – In: ders.: Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegeben von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Band 14 in drei Teilbänden. Hamburg 2009–2011. § 2 (23). (Im Folgenden: GW 14,1) 30 GW 14,1, § 3 (26 f.). 29

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sie mit den sie verwirklichenden Institutionen zusammenhängt. Gleichzeitig sind die historischen Institutionen nicht überzeitlich verbindlich. Sie unterliegen der Bewertung der historischen Subjekte, die sich an Begriffen und Ideen orientiert. Wie das funktioniert, läßt sich daran sehen, wie sich die Idee der Freiheit orientierend auf die geschichtliche Bewertung von faktisch vorgefundenen Institutionen auswirkt. Die Idee der Freiheit wirkt dabei mittelbar. Sie ermöglicht die Bewertung der konkreten Staatsbegriffe, die ihrerseits den Maßstab der tatsächlichen institutionellen Ordnungen abgeben. So kann Hegel bereits seinen frühen Verfassungsentwurf mit dem Satz einleiten: „Deutschland ist kein Staat mehr.“31 Die institutionelle Verfaßtheit des Deutschen Reiches entsprach nicht einmal dem Begriff des Staates, und: „was nicht mehr begriffen werden kann ist nicht mehr […].“32 Um das aber sehen zu können und nicht wie der Rechtspositivismus den Begriff des Staates daran ausrichten zu müssen, „was empirischer Weise ohne einer vernünftigen Idee sich anzupassen, vorhanden ist,“33 bedarf es einer Instanz zur Bewertung der Begriffe als angemessener, die einerseits den Anspruch auf Wirklichkeit und andererseits auf Unabhängigkeit vom bloß Faktischen erheben kann. Diese Instanz ist die Idee, die Momente der faktischen historischen Ordnungen als wesentlich bestimmt und so deren konzeptionelle Rekonstruktion erlaubt. Allerdings darf dieses Verfahren nicht als konstruktives Aufbauprogramm mißverstanden werden. Hegel betont vielmehr den rein formalen Charakter der Idee.34 Sie weist das Kriterium der begrifflichen Entwicklung aus und bestimmt nicht das inhaltliche Fortschreiten des Entwicklungsgangs. Das ist eine Unterscheidung, die für die richtige Bewertung des spekulativen Charakters der Hegelschen Philosophie von entscheidender Bedeutung ist. So war es bereits ein grobes Mißverständnis, als die systematischen Überlegungen zur Ordnung

31 Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Fragmente einer Reinschrift (1802/03). [Kritik der Verfassung Deutschlands] – In: ders.: Schriften und Entwürfe (1799–1808). Unter Mitarbeit von Theodor Ebert herausgegeben von Manfred Baum und Kurt Rainer Meist. Verfasser des Anhangs: Kurt Rainer Meist. – In: ders.: Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegeben von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Band 5. Hamburg 1998. 159–202; hier: 161. 32 Ebd. 33 Ebd. 34 „Als F o r m bleibt hier der Idee nichts als die M e t h o d e […].“ – Siehe: Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1830). Unter Mitarbeit von Udo Rameil herausgegeben von Wolfgang Bonsiepen und Hans-Christian Lucas. – In: ders.: Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegeben von der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Band 20. Hamburg 1992. § 237 (229).

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und den Grenzen der einzelnen Wissenschaften als inhaltliche Bestimmungen wissenschaftlicher Erkenntnis gelesen wurden.35 Der folgenreiche Vorwurf, die spekulativen Überlegungen zielten darauf, den Erkenntnisfortschritt der Einzelwissenschaften zu präjudizieren, beruhte auf dieser Fehldeutung. Übertragen auf den Bereich der institutionellen Ordnungen hieße ein analoges Mißverständnis, davon auszugehen, daß Hegels Überlegungen zu Prinzipien führten, aus denen sich die richtige Verfaßtheit freiheitlicher Institutionen ableiten ließe. Ein solcher Kantianismus – der dem Pippinschen „Platonismus“ entspricht – ist Hegels Denken fremd. Methodisch wirksam ist die Hegelsche Idee nicht, weil sie Schlußschemata oder Ableitungsregeln generiert, sondern weil sie formale Kriterien des Gelingens etabliert. Eines dieser Kriterien ist dabei zweifelsohne der koordinierende Ausgleich zwischen Individuum und sozialer Gesamtheit, ein anderes die Autonomie, die sich anders als bei Kant nicht in der Anerkennung eines subjektiv bekannten und beherrschten Regelsystems erschöpft, das sich als die notwendige Form der vernünftigen Verwirklichung von Freiheit präsentiert. Autonomie bezieht sich bei Hegel auf je konkrete Institutionen. Geleitet von Begriff und Idee positioniert sich das Subjekt zu ihnen in affirmativer oder kritischer Weise. Im Rahmen dieser Positionierungen ist jedoch nicht nur der sie leitende Begriff eine Repräsentationsform, die sich ohne den Bezug zu konkreten institutionellen Gegebenheiten gar nicht verstehen ließe. Auch die Idee mit ihren rein formalen Kriterien des Gelingens hängt von der historischen Entwicklung ab. Das zeigt sich etwa, wenn Hegel die Unwirklichkeit des deutschen Staates am Beginn des 19. Jahrhunderts auf eine tradierte Form der Freiheit, die „alte deutsche Freiheit“, zurückführt: Die oberste Staatsmacht war […] eine allgemeine Gewalt, an der jedem eine Art von freyem und persönlichem Antheil zukam. Diesen freyen persönlichen von Willkühr abhängigen Antheil haben die Deutschen nicht in den freyen, von Willkühr unabhängigen Antheil verwandeln wollen, der in der Allgemeinheit und Kraft von Gesetzen besteht, sondern sie haben sich ihren spätesten Zustand ganz auf die Grundlage jenes Zustandes der nicht gesetzwidrigen, aber gesetzlosen Willkühr erbaut.36

Zu Hegels Grenzziehung zwischen den Wissenschaften vgl.: Christian Schmidt: Der Vitalismusstreit. Über die Bedeutung der Grenze zwischen den Wissenschaften. – In: Pirmin StekelerWeithofer/Heiner Kaden/Nikolaos Psarros (Hgg.): An den Grenzen der Wissenschaft. Leipzig/Stuttgart 2011. 136–166; hier: 152 f.; 162 f. (Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. Philologisch-historische Klasse. Band 82, Heft 1) 36 Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Diese Form des deutschen Staatsrechts … – In: GW 5, 58–72; hier: 58 f. 35

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Für den Wandel der Ideen ist, wie das Beispiel zeigt, in erster Linie die Entwicklung des Begriffs entscheidend, der sich mit dem institutionellen Wandel transformiert. Das bedeutet, die mit einer praktischen Dimension versehene Idee präzisiert sich immer erst im Zuge ihrer Verwirklichung, ohne dadurch jedoch ihren Charakter als formaler Maßstab der faktisch bestehenden institutionellen Ordnungen zu verlieren. Beides in sich zu vereinigen, ist ihr möglich, da alle ihre historischen Varianten über die Überzeitlichkeit verfügen, die zur Grammatik der Idee gehört. Jede dieser Varianten tritt, solange sie wirksam ist, mit dem Anspruch unbegrenzter Gültigkeit des in ihr artikulierten Maßstabs auf.

6. Stufen der Beurteilung Der Anspruch, Maßstab einer historischen Entwicklung zu sein, kann sich nicht in der Behauptung erschöpfen, die Idee habe eine überzeitliche Gestalt. Diesem Anspruch muß auch eine Bewertungspraxis entsprechen, die ihn rechtfertigt. Schon der Begriff hat wie die Idee gegenüber den Institutionen einen deren Form fixierenden, sie der Zeit enthebenden Charakter. Was die Idee vom Begriff unterscheidet, ist ihr Gegenstand, nämlich die Form des Begriffs, statt der Form der institutionellen Ordnung. Während der Begriff von jedem institutionellen Wandlungsprozeß in Frage gestellt wird, ist die Idee als Reflexionsform zweiter Stufe wesentlich stabiler. Sie kann dazu dienen, den institutionellen Wandel als Ausweg aus einer nicht verwirklichbaren Übereinstimmung von Begriff und Gegenstand zu deuten. Daß sich die Autonomie neben der Bestimmung des Begriffs, der die Haltung zu einer konkreten institutionellen Ordnung leitet, auch auf die Auseinandersetzung mit dem Maßstab der Begriffsentwicklung erstreckt, der ebenso der subjektiven Kritik und Anerkennung ausgesetzt ist wie Begriff und Institution, hängt damit zusammen, daß sich ein solcher Maßstab überhaupt nur aus der gesellschaftlichen Erfahrung mit Institutionen entwickeln konnte, deren Ziele er abstrakt artikulieren soll. Die Fundierung all dieser Prozesse der Entwicklung von Begriff und Idee im institutionellen Wandel, der letztlich bis auf die Geschichtlichkeit der formal überzeitlichen Idee durchschlägt, macht deutlich, warum der Dimension der Verwirklichung in Hegels Konzeption eine der Idee gleichwertige Rolle zukommt. Die Entwicklung und das Mit-sich-identisch-Werden der Reflexionsformen sind nur möglich, weil es eine sie begleitende, teils vorauseilende, teils nachholende Institutionengeschichte gibt, an der sich die Mängel von Begriff und Idee erweisen. Eine Freiheit, die dagegen gar keinen Ansatz einer institutionellen Verwirklichung hat, ist weder begrifflich noch als Idee zu fassen. D. h., es sind einerseits die realen Staaten und das in ihnen praktizierte Recht, die un-

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seren Begriff der Freiheit prägen, und andererseits sind diese tatsächlichen Verhältnisse immer bloß Entwicklungsstufen einer Idee, die – obwohl zwar selbst im Werden begriffen – doch jeden wirklichen Zustand bereits transzendiert. Die je historisch vorliegenden Verwirklichungen sind Instantiierungen von Momenten der Freiheit, die in deren Begriff Eingang finden. Sie sind wichtig als Grundlage der Bestimmung dieser Momente, können aber als historische Gegebenheiten überholt werden, wenn diese Momente einen anderen Ausdruck finden. Nichts verpflichtet uns beispielsweise, den institutionellen Zusammenhang von individueller Freiheit und der modernen Form des Eigentums unter Verweis auf Hegels Analysen in den Grundlinien der Philosophie des Rechts als unauflösbar zu postulieren37 – und das, obwohl unser aktueller Freiheitsbegriff so eng an die Verfügungsmacht gebunden ist, die sich aus den Praktiken des Eigentums ergibt, daß es uns schwerfällt, eine andere Garantie individueller Unabhängigkeit von der Gesellschaft überhaupt zu konzipieren. Damit ist schließlich auch der Ausweg aus der Ambivalenz eröffnet, die für Pippins Darstellung der Konzeption des institutionellen Wandels bei Hegel kennzeichnend war. Waren bei Pippin die Ideen entweder zu unwirksam, um dem geschichtlichen Prozeß eine Richtung geben zu können, oder wurden sie so mächtig, daß den Einzelnen nur noch übrig blieb, prädeterminierte Prinzipien über kurz oder lang zu verwirklichen, erweist sich die Idee der Freiheit in der hier vorgestellten Deutung sowohl als orientierend als auch als selbst präzisier- und veränderbar. So entgeht, wie noch zu zeigen ist, Hegel auch dem Problem, daß die institutionell bereits verwirklichten und wirksamen Standards die geschichtliche Entwicklung abbrechen lassen und damit das Moment der Autonomie aus dem Konzept der Freiheit herausdrängen könnten.Vielmehr ist es gerade die Idee, die die Bewertung von Formen des menschlichen Zusammenlebens nicht auf ihre reine Funktionalität beschränkt, sondern für Fortschrittsgeschichten offen hält.

7. Modi des Wandels: Rekonstruktion und Kritik Um der Bindungskraft bereits etablierter Verwirklichungen zu entkommen, präsentiert uns Hegel zwei Optionen, die miteinander verbunden sind. Zunächst ist das der Kampf um Veränderung im Modus der Kritik, in dem der reale Staat und das vorhandene Recht als defizitäre Verwirklichungen ihres Begriffs bzw. der sie leitenden Idee charakterisiert werden. Die Kritik erkennt an, daß die vorgefundene institutionelle Ordnung Momente der Verwirklichung von Begriff und

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Vgl.: GW 14,1, § 41.

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Idee enthält, weil sie sonst gar keine Faktizität erlangen könnte. Sie identifiziert diese Verwirklichung aber v.a. mit den Momenten, in denen „das bestehende Leben seine Macht und alle seine Würde verlohren hat, […] reines negatives geworden ist“, das „von besserem“ – also einer weitergehenden Verwirklichung der Freiheit – „feindlich mit Macht angegriffen werden [kann], wenn dieses auch zur Macht geworden ist […].“38 Anklänge an diese frühe Theorie eines Antriebs der Geschichte durch Widersprüche finden sich auch noch in der „Einleitung 1830/31“ zur Philosophie der Weltgeschichte.39 Allerdings finden sich in den Vorlesungen selbst im Rahmen der Auseinandersetzung mit Reformation und Französischer Revolution auch Bemerkungen, die auf die Möglichkeit der Beruhigung solcher Widersprüche hindeuten. So war die Französische Revolution lt. Hegel „notwendig gewaltsam, weil die Umgestaltung nicht von der Regierung vorgenommen wurde.“40 Dies wiederum sei aber in letzter Konsequenz auf den Katholizismus zurückzuführen, durch den im Gegensatz zum Protestantismus „der Begriff der Freiheit, der Vernunft der Gesetze, nicht als letzte absolute Verbindlichkeit galt, da das Heilige und das religiöse Gewissen davon getrennt sind.“41 Demgegenüber habe der Protestantismus eine Gesinnung hervorgebracht, die die Unterwerfung unter die Idee des Staates als leitenden Maßstab für seine Gesetze und seine Verfassung sowohl für die Einzelnen als auch für die Regierung verbindlich macht.42 M.a.W. hat der Protestantismus für Hegel auf der Ebene der Religion bereits die beiden für die Freiheit entscheidenden Prinzipien, die geteilte soziale Ordnung und die freie Zustimmung des Individuums zu ihr, in der Form der protestantischen Gemeinde miteinander verbunden. In dieser steht nichts zwischen den einzelnen Gläubigen und Gott, und trotzdem ist der Glaube nur im Zusammenschluß der Gemeinde lebbar.43 Diese religiöse Erfahrung sei nun von entscheidender Bedeutung, weil sich die Vermittlung der beiden Grundprinzipien, Sozialität und Individualität, die unvermittelt zur staatlichen bzw. privaten Willkür führten, nicht institutionell – und schon gar nicht rechtlich – organisieren läßt. Nur unter der Bedingung der gemeinsamen Anerkennung der Idee der Freiheit als in einer geteilten sozialen Ordnung zu verwirklichenden Lebensform können die unvermeidlichen Konflikte zwischen ihnen durch einen Bezug auf die Idee friedlich beigelegt werden.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Der immer sich vergrössernde Widerspruch … – In: GW 5, 16–18; hier: 17 f. 39 Vgl. erneut: GW 18, 161 f. 40 TWA 12, 528. 41 Ebd., 529. 42 Ebd., 531. 43 Vgl.: FN 25. 38

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Ist diese Bedingung aber gegeben, gibt es für Hegel einen zweiten Modus der Überwindung bereits verwirklichter, aber in ihrer Verwirklichung beschränkter Formen der Freiheit. Es ist dies die rekonstruierende Entwicklung der Idee der Freiheit selbst, also jenes Unternehmen, das Hegel in der Rechtsphilosophie verfolgt und in der Philosophie der Geschichte mit den Worten resümiert: „Bis hierher ist das Bewußtsein gekommen, und dies sind die Hauptmomente der Form, in welcher das Prinzip der Freiheit sich verwirklicht hat […].“44 Natürlich hängt der Modus der Rekonstruktion mit dem Modus der Kritik zusammen. Die rekonstruierende Entwicklung erhält ihr Material gerade aus den Widersprüchen, auf die der Modus der Kritik so vehement hinweist. Im Modus der Rekonstruktion sind diese Widersprüche mithin nicht bedeutungslos geworden. Sie sind zwar beruhigt, aber nicht getilgt. Andererseits ist es immer allein der Bezug auf die transzendente Idee, der es erlaubt, die Widersprüche und Kritiken zu bewerten und in eine Entwicklungsgeschichte einzuordnen, die sie aus dem Gegeneinander partikularer gesellschaftlicher Positionen heraushebt. Daß es letztlich der Modus der Rekonstruktion ist, der für Hegel historisch dominant werden muß, hat mit dem Verständnis des Verwirklichungsprozesses selbst zu tun. Sobald in diesem eine Stufe erreicht ist, auf der klar wird, daß es um die autonome Gestaltung der sozialen Verhältnisse geht, überwindet die Kritik eine Grenze, jenseits derer die Widersprüche nicht länger als partikulare Positionen artikuliert werden können,45 sondern den Bezug auf die gemeinsam zu verwirklichende Freiheit voraussetzen. Anders als Hegel hoffte, befinden wir uns jedoch heute immer noch an dieser Grenze. Wäre sie überschritten, fiele der Modus der Kritik mit dem Modus der Rekonstruktion zusammen, weil dann jeder Vorschlag einer Änderung der institutionellen Ordnung unmittelbar auf die Idee der Freiheit bezogen werden müßte, um sich zu legitimieren. Durch diesen Bezug entgeht die Hegelsche Konzeption der Autonomie zugleich dem Paradox, daß die permanent ausgeübte Autonomie die Gesetze untergräbt, die sie setzt. Die institutionelle Ordnung ist schließlich nicht länger der Maßstab ihrer eigenen Entwicklung, sondern die Idee. Auf die Idee wiederum sind weder die Institutionen noch die Individuen auf eine institutionelle Weise verpflichtet. Hegel sieht nämlich deutlich, daß ein heute sog. „Verfassungspatriotismus“, der sich an einer in ihrer Institutionali-

TWA 12, 539. „Der Wille der Vielen […] hat wieder die Vielen gegen sich. […] Diese Kollision, dieser Knoten, dieses Problem ist es, an dem die Geschichte steht und den sie in künftigen Zeiten zu lösen hat.“ – Siehe: TWA 12, 534 f. 44

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sierung immer auch kontingenten Staatsform orientiert, angesichts der Autonomieforderung ins Leere laufen muß. Er fordert stattdessen die Lösung einer protestantisch-zivilreligiösen Bindung an die Idee des Staates, der er den Titel „Gesinnung“ gibt. Die institutionelle Ordnung bleibt dabei wichtig, weil sie die Gesinnung trägt, die nicht als „aus subjectiven Vorstellungen und Gedanken“46 hervorgehende gefaßt ist, sondern der Erfahrung mit den Institutionen entspringt. Indem die Gesinnung aber auf die Idee gerichtet ist, die die soziale Ordnung notwendig transzendiert, gleichwohl sie aus ihr hervorgeht, stabilisiert sie nicht nur den institutionellen Wandel, der ein konstitutives Merkmal der Verwirklichung der Freiheit bleibt. Die Gesinnung ist als zivilreligiöse auch die Ursache einer prinzipiellen Öffnung des Horizonts der autonom herbeigeführten gesellschaftlichen Veränderungen, denn die so leitende Idee muß nicht nur verwirklicht, sondern auch bestimmt werden.47 Hegels Lösung der Autonomieproblematik, die Elemente der Willkürfreiheit und der Vernunftbestimmung in sich aufnimmt und doch beide Extreme vermeidet, verbietet folglich an Kant orientierte Lesarten seines Freiheitsbegriffs, die aus der Vernunft, sei sie nun rein räsonierend verstanden oder als institutionell verwirklicht gefaßt, den Zustand der Freiheit bestimmen wollen. Hegels Freiheitsbegriff ist stattdessen v.a. politisch. Er eröffnet die gemeinsame Suche nach zu erprobenden freiheitlichen institutionellen Arrangements und hält sie durch die Mehrstufigkeit der nicht-institutionellen Reflexion über die Institutionen dauerhaft offen. I.S. Hegels ist daher eine geschichtlich selbstbewußte Institutionalisierung von Freiheit daran gebunden, Autonomie bewußt zu ermöglichen, indem die retrospektive Beurteilung und ggf. auch die Veränderung ein wesentlicher Teil der institutionellen Arrangements werden.

GW 14,1, § 268 (212). „C’est bien un leitmotiv hégélien – même s’il est fréquemment inaperçu – que d’établir que le négatif peut exiger, attendre, espérer le positif, mais qu’il ne peut le poser: le vrai, même le plus attendu dans l’Avent le plus prégnant, doit être donné, reçu, perçu, expérimenté.“ – Siehe: Bernard Bourgeois: Éternité et historicité de l’esprit selon Hegel. A. a. O. 87. 46

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o l i v e r s c h l au d t Ü B E R D E N B E G R I F F D E R G L E I C H G Ü LT I G K E I T IN HEGELS „WISSENSCHAFT DER LOGIK“ U N D S E I N E A N W E N D U N G I N D E R A N A LY S E DES GRÖSSENBEGRIFFS BEI HEGEL UND MARX

abstract: I provide an analysis of the term “Gleichgültigkeit” (indifference) in H.s Science of Logic, which, though it constitutes an important technical term, has not yet received much attention in the literature. I fill this gap in three steps: First, since there is no explicit definition, I analyze the actual use of the term in H.s Logic and show that it indicates an equivalence-based abstraction which is structurally equivalent to the concept of definition by abstraction in modern mathematical logic. Secondly, I show how H. makes use of the term “indifference” in his account of quantity in order to resolve a circle he had detected in the classical definition of quantity as “everything which can be augmented or diminished.” He does so by distinguishing between “quantity” and “quantum,” which stand in a relation of indifference. Finally, I shed some light on the reception of this term by analyzing Marx’s use of it in reconstructing the concept of economic value in Capital.

I. Vorbemerkungen A. Gegenstand dieser Untersuchung In der Alltagssprache bezeichnet der Begriff der Gleichgültigkeit zunächst v.a. einen Gemütszustand. Es scheint dahinter aber bereits ein objektivierender und technischer Gebrauch auf, wenn das Adjektiv „gleichgültig“ in unpersönlichen Ausdrücken Verwendung findet, etwa in Aussagen der Form „Es ist gleichgültig, ob p oder q“ (wobei p und q in der Regel Variablen für Sachverhalte sind). In dieser abstrakteren Verwendungsweise scheint das Wort „Gleichgültigkeit“ eine Eindeutschung des lateinisch-stämmigen Wortes „Äquivalenz“ zu sein (von aequus: gleich, und valere: wert sein, gelten). So findet sich etwa in Christian Wolffs Mathematischem Lexicon des Jahres 1734 die Bestimmung: Also heissen nun gleiche oder gleich=gültige Brüche, Fractiones aequales s[ive] aequivalentes, ingleichen similes, diejenigen, derer Zähler zu ihren Nennern einerley Verhältniß haben.1 1

Christian Wolff: Vollständiges mathematisches Lexicon. Leipzig 1734. 242.

Hegel-Studien 47 (2013) · © Felix Meiner Verlag · ISSN 0073-1587

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Gesichert ist, daß Christian Wolff ausnahmsweise nicht der Urheber der fraglichen deutschen Wortbildung ist, denn Grimms Deutsches Wörterbuch weist das Substantiv „Gleichgültigkeit“ (bzw. „Gleichgiltigkeit“) bereits für 1680, das entsprechende Adjektiv sogar schon für 1572 nach.2 In explizit meßtheoretischem Zusammenhang, wie ebenfalls in Grimms Wörterbuch nachgewiesen, figuriert es beispielsweise auch bei Johannes Kepler im Auszug auss der uralten Messe-Kunst Archimedis des Jahres 1616, einmal als Flächengleichheit von Feldern beliebiger Gestalt und einmal als Volumengleichheit von Fässern beliebiger Gestalt.3 Wichtig für uns ist die Tatsache, daß „Gleichgültigkeit“ bei Wolff wie bei Kepler bereits als terminus technicus der Mathematik und Meßtheorie, mithin formaler Wissenschaften auftaucht, womit eine gewisse Verbreitung dieses technischen Sprachgebrauchs vor Hegel unterstellt werden kann. Der Begriff der Gleichgültigkeit ist auch bei Hegel prominent. Gauvins Wortindex zur Phänomenologie des Geistes zählt immerhin auf einhundertachtunddreißig Seiten das Auftreten des Wortes „gleichgültig“ oder eines seiner Derivate, womit es zwar nicht zu den prominentesten Begriffen gehört, aber dennoch als terminus technicus ausgewiesen wird.4 Hegel scheint zudem der einzige Autor zu sein, bei dem dieser Begriff nicht nur sporadisch in seiner technischen Bedeutung auftritt, sondern systematisch Verwendung findet. Die einschlägigen Kommentare und auch das vor wenigen Jahren erschienene Hegel-Handbuch Jaeschkes kennen ihn indessen nicht.5 Hegel selbst führt ihn nicht explizit ein. Der Autor des Artikels Gleichgültigkeit im Historischen Wörterbuch der Philosophie, Nusser, gesteht diesem Begriff eine „begrenzte philosophische Bedeutung“ zu, die er bei Hegel erlange.6 Er scheint ihn aber ausschließlich als ethischen Begriff zu diskutieren. Haug hingegen weist zwar ein weitaus größeres Bedeutungsspektrum und bei Hegel auch eine systematische Relevanz nach;7 seine

2 Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Band 7. Leipzig 1854–1961. Sp. 8106, 8118. 3 „In diser Theilung, vnd was deren gleichen, gilt es gleich, die gemachte Stucke Felder haben eine Gestalt wie sie wollen, wann nur alle einander an der Fläche oder Platz gleich, das ist gleichgültig seind.“ Und: „Wie droben […] geschehen, so gehet der Oesterreichische Gebrauch der Visierruthen nicht anders recht an, es seyen dann die Fässer einander ähnlich, oder ob sie einander nicht ähnlich, dass doch sonsten die Fassformen vndereinander gleichgültig seyen.“ – Siehe: Johannes Kepler: Auszug auss der uralten Messe-Kunst Archimedis. (1616) – In: ders.: Opera Omnia. Band 5. Hrsg. von Ch. Frisch. Frankfurt/Erlangen 1864. 512, 573. 4 Joseph Gauvin: Wortindex zur Phänomenologie des Geistes. Bonn 1976. FN 4265 ff. (HegelStudien. Beiheft 14) 5 Walter Jaeschke: Hegel-Handbuch. Leben – Werk – Schule. Stuttgart 2003. 6 Karl-Heinz Nusser: Gleichgültigkeit. – In: Joachim Ritter (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 3. Darmstadt 1974. 671. 7 Wolfgang Fritz Haug: Gleichgültigkeit. – In: ders. (Hg.): Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus. Band 5. Hamburg 2001. 824.

Über den Begriff der Gleichgültigkeit

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Ausführungen bleiben sodann aber vage und wenig verständlich („Für Hegels dialektisches Denken ist G[leichgültigkeit] einer der Grundbegriffe zur Bestimmung widersprüchlicher Bewegungen als Abfolgen.“8). Stekeler-Weithofer erkennt dem Begriff der Gleichgültigkeit immerhin eine technische Bedeutung zu, wenn er ihn als synonym zu „Äquivalenz“ bzw. „Äquivalenzrelation“ begreift.9 Einen erheblichen Schritt weiter geht Senem Saner, die von einer „Dialektik der Gleichgültigkeit“ spricht und somit dem Begriff der Gleichgültigkeit eine strukturelle Bedeutung beilegt.10 Saner unterstreicht ebenfalls die Bedeutung als Äquivalenz; darüber hinaus stellt sie auch den Bezug zur Abstraktion her.11 Während sich die Autorin nicht an technischen Details aufhält und zu einer Diskussion in bezug auf das Ganze der Hegelschen Logik und einiger Konsequenzen in Ethik und politischer Philosophie übergeht, will ich in dem vorliegenden Artikel etwas Mühe auf eine präzise Rekonstruktion verwenden und sodann den Gebrauch an dem Fallbeispiel des Begriffs der Größe erörtern. Als Ergebnis dieser Analyse wird sich festhalten lassen, daß mit dem Begriff der Gleichgültigkeit ein begrifflicher Zusammenhang erfaßt wird, welcher der Abstraktionsdefinition der mathematischen Logik struktur-, wenn auch nicht funktionsgleich ist: strukturgleich, da verschiedene Begriffe in ein bestimmtes Verhältnis zueinander gesetzt werden, welches in beiden Fällen dasselbe ist; nicht jedoch (zumindest nicht unbedingt) funktionsgleich, da es bei Hegel anders als in der Abstraktionsdefinition wohl nicht um die definitorische Einführung eines Begriffs geht. Ich betone, daß es sich bei dieser Rekonstruktionsbemühung nicht um eine Übersetzung der Hegelschen Logik in die Begrifflichkeit der modernen formalen Logik handelt. Bei der „Gleichgültigkeit“ liegt der Fall anders als etwa bei Versuchen, den dialektischen Widerspruch formallogisch einzufangen, wo in der Tat Vorbehalte prinzipieller Natur geltend gemacht werden können. Denn wie schon der Gebrauch bei Wolff und Kepler anzeigt, fand Hegel den Begriff der Gleichgültigkeit bereits als Fachbegriff eines mathematischen, wenngleich unvollständig formalisierten Feldes vor, wo er im Zuge der Entwicklung der Logik aufgegriffen und unter dem Namen der Äquivalenz schließlich vollständig formalisiert wurde. „Gleichgültigkeit“ war also damals schon wie heute ein logischer Begriff, nur daß zu Hegels Zeiten aufgrund des Fehlens relationslogischer Mittel Schlüsse, in welchen Relationen wie diejenige der Gleichgültig-

Ebd., 826. Pirmin Stekeler-Weithofer: The Question of System. How to Read the Development from Kant to Hegel. – In: Inquiry. London. 49 (2006), 1, 80–102. 10 Senem Saner: The Dialectic of Indifference and the Process of Self-determination in Hegels Logic and the Philosophy of Right. Stoney Brook University 2008. (Promotionsschrift) 11 Ebd., 15, 20. 8 9

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keit vorkommen, nicht rein formal betrachtet werden konnten, sondern eine umständlichere sprachliche Behandlung verlangten. Diese Mühe kann sich der heutige Leser legitimerweise ersparen. So wie Hegel den Begriff der Gleichgültigkeit den Möglichkeiten seiner Zeit gemäß gebrauchte – aber eben als logischen Begriff –, so dürfen wir dies mithin den Möglichkeiten unserer Zeit gemäß tun, ohne daß dies das Problem der Übersetzung in eine systemfremde Begrifflichkeit bergen würde. Den so gewonnenen terminus technicus werde ich sodann nicht an dem messen, was er im Ganzen des Hegelschen Systems möglicherweise leisten soll, sondern daran, was er in der Lösung eines einzelnen systematischen Problems faktisch leistet, desjenigen Problems nämlich, welches durch den Größenbegriff gestellt ist. Damit wird eine meßtheoretisch informierte Rekonstruktion des Größenbegriffs in der Hegelschen Logik unter Verwendung der Ressourcen des Begriffs der Gleichgültigkeit geboten. Das Hauptergebnis dieser Rekonstruktion besteht darin, daß ein weiteres bemerkenswertes, in der einschlägigen Literatur m.W. aber nicht gewürdigtes Detail der Hegelschen Logik sichtbar wird, nämlich die systematische Unterscheidung zwischen „Quantität“ und „Quantum“ zur Lösung eines scharfsinnig festgestellten Zirkels in der traditionellen Definition des Größenbegriffs.Wie weit eine solche Lektüre mit Hegel zu gehen vermag, kann und wird präzise benannt werden. Der letzte Schritt Hegels, nämlich die Bestimmung der Größe als das „sich selbst gleichgültige“, kann auf der Grundlage der angebotenen Rekonstruktion des Begriffs der Gleichgültigkeit nicht eingeholt werden. Sollte eine Rekonstruktion unter Einbeziehung der Hegelschen Systematik – die in der Literatur fehlt, von mir allerdings auch nicht geleistet werden kann – hier einen Schritt weiter kommen, so verspricht der Vergleich interessante Einsichten in Wert und Eigentümlichkeit dieser Systematik. Abschließend werde ich mich kurz dem Gebrauch des Begriffs der Gleichgültigkeit bei Marx widmen, der ihn ebenfalls auf den Größenbegriff anwendet, nun in der feldspezifischen Ausprägung als ökonomischen Wertbegriff, wobei einige charakteristische Unterschiede in der Zielsetzung sichtbar werden. Ich betone vorab, daß ein solcher Nachweis der Übernahme eines Hegelschen Begriffs nichts darüber aussagt, ob man es mit einer freieren Anlehnung, mit einer als solchen intendierten strikten Anwendung, deren Erfolg zu diskutieren ist, oder schließlich mit einer philosophischen Umdeutung zu tun hat. Diese Frage läßt sich m.E. nicht am Fallbeispiel eines einzelnen Begriffs, sondern nur in einer systematischen Studie der Hegel-Lektüre Marxens entscheiden. Ziel des kurzen Blicks auf Marx ist es vielmehr, die Wirkungsgeschichte und somit auch Bedeutung der signalisierten Zusammenhänge bei Hegel, die bisher ungenügende Würdigung erfahren haben, deutlich zu machen.

Über den Begriff der Gleichgültigkeit

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B. Abstraktionsdefinitionen Wie ich zeigen möchte, entspricht das durch den Begriff der Gleichgültigkeit benannte Verhältnis von Begriffen strukturell demjenigen, welches die moderne mathematische Logik unter dem Namen der Abstraktionsdefinition kennt. Die Abstraktionsdefinition stellt ein Verfahren dar, auf der Grundlage einer gegebenen Äquivalenzrelation einen neuen, „abstrakten“ Begriff einzuführen. Es ist 1894 von Giuseppe Peano in die mathematische Logik eingeführt und später von A. Bindoni präzisiert worden.12 Angesichts der notorischen Schwierigkeit, Begriffe wie diejenigen der Form einer geometrischen Figur oder der Richtung einer Geraden zu definieren, schlug Peano vor, auf eine eigentliche Nominaldefinition zu verzichten und die fraglichen Begriffe durch eine Gleichheitsrelation einzuführen. Denn in der Tat weiß man in der Geometrie genau, wann zwei Figuren die gleiche Form haben – nämlich wenn Deckungsgleichheit besteht – und wann zwei Geraden dieselbe Richtung haben – nämlich wenn sie einander parallel sind. Die Grundidee der Abstraktionsdefinition besteht kurz gesagt darin, daß man einen Begriff einführt als Begriff desjenigen, was Gegenstände, die in einer bestimmten Äquivalenzrelation zueinander stehen, miteinander gemein haben. Eine bestimmte Richtung beispielsweise ist dasjenige, was alle einander parallelen Geraden teilen. Ein weiterer wichtiger Anwendungsfall in der Mathematik ist der Begriff der Anzahl, der über die Äquivalenzrelation der Gleichmächtigkeit von Mengen eingeführt werden kann; außerhalb der Mathematik sind v.a. die hier interessierenden Größenbegriffe zu nennen. In Logik und Mengenlehre finden wir als Anwendung das Extensionalitätsprinzip, wonach Mengen bei Elementgleichheit identisch sind. Dieser Definitionstyp bringt grundsätzlich zwei Probleme mit sich. Zum einen wird der abstrakte Begriff nur innerhalb einer logischen Gleichheit definiert wie z. B. „die Richtung der Geraden a ist dieselbe wie der Richtung der Geraden b“; wird das Abstraktum aber außerhalb eines solchen Kontextes gebraucht – wie z. B. in den Fregeschen Beispielen „die Richtung der Erdachse ist dasselbe wie England“ und „einem Begriff kommt die Zahl Julius Caesar zu“ –, hat man keine Handhabe, über die Wahrheit des Satzes zu entscheiden.13 Zum anderen erlaubt dieser Definitionstyp den Nachweis weder der Existenz noch der Eindeutigkeit des Abstraktums. Frege und Russell haben beide versucht, diese Probleme auszuräumen, indem sie das zu definierende Abstraktum direkt mit der

Vgl. dazu die Standardmonographie: Heinrich Scholz/Hermann Schweitzer: Die sogenannten Definitionen durch Abstraktion. Eine Theorie der Definitionen durch Bildung von Gleichheitsverwandtschaften. Leipzig 1935. 35 ff. 13 Gottlob Frege: Die Grundlagen der Arithmetik. Breslau 1884. 68, 78. 12

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Klasse einander gleicher Gegenstände, der Äquivalenzklasse, identifiziert haben. Die Richtung einer Geraden wäre demnach schlicht die Klasse der dieser Geraden parallelen Geraden. Diesem Versuch, der bei Russell als Abstraktionsprinzip bezeichnet wird, ist vorgeworfen worden, das eigentliche definitorische Ziel zu verfehlen (diese Kritik findet sich beispielsweise bei William Ernest Johnson, Walter Dubislav und Jules Vuillemin). Ein ernster technischer Einwand besteht darin, daß dieses Verfahren den Begriff der Klasse (oder des Begriffsumfangs) voraussetzt, wie Thiel in seiner Darstellung der Abstraktion bei Frege betont.14 „Klasse“ ist aber selbst ein abstrakter Begriff, der mithin gerade per Abstraktionsdefinition bereitgestellt werden muß. Auf diese Probleme antwortet die Abstraktionstheorie Paul Lorenzens, wonach abstrakte Begriffe (sog. Abstraktoren) lediglich anzeigen, daß über die Elemente eines bestimmten Gegenstandsbereichs invariant bezüglich einer bestimmten Äquivalenzbeziehung gesprochen wird.15 Aussagen, in welchen der Abstraktor „Richtung einer Geraden“ vorkommt, werden demnach als Aussagen über diese Gerade aufgefaßt, wobei der Abstraktor aber anzeigt, daß der ausgesagte Sachverhalt auch von allen dieser Gerade parallelen Geraden gilt. Lorenzen wendet diese Abstraktionstheorie sodann auch auf philosophische Begriffe wie „Aussage“ und „Tatsache“ an.16 Diese konstruktivistische Weiterentwicklung der Abstraktionstheorie ist nicht unumstritten.17 Gleichwohl stellen Ansätze, die die Abstraktion auf der Grundlage von Äquivalenzrelationen rekonstruieren, heute die aussichtsreichsten Versuche dar. Dieser kurzen Darstellung der Abstraktionstheorie schließe ich eine Bemerkung an, die nicht nur historisch für die Rekonstruktion des Sprachgebrauchs bei Hegel und Marx wichtig, sondern auch darüber hinaus von systematischem Belang ist. Die Abstraktionstheorie behandelt grob gesprochen den Schritt vom Konkreten zum Abstrakten. Diese Bestimmung verlangt aber nach einem Kommentar, da sie mißverständlich und in manchen ihrer Interpretationen schlicht falsch ist. Der erste Kommentar lautet, daß dieser Schritt vom Konkreten zum Abstrakten nicht dem Schritt von Objekten zu Begriffen entspricht. Die „konkreten Gegenstände“ sind selbst jeweils erst durch einen Begriff gegeben, der – technisch gesprochen – den Bereich der Äquivalenzrelation, über die abstrahiert wird, definiert. Die Abstraktion führt also vielmehr von einem Begriff zu

Christian Thiel: Gottlob Frege. Die Abstraktion. – In: Josef Speck (Hg.): Grundprobleme der großen Philosophen. Philosophie der Gegenwart I. 2. Aufl. Göttingen 1979. 32 ff. – Vgl. auch: Paul Lorenzen: Metamathematik. Mannheim 1962. 46 f. 15 Paul Lorenzen: Metamathematik. A. a. O. 16 Wilhelm Kamlah/Paul Lorenzen: Logische Propädeutik. Vorschule des vernünftigen Redens. Stuttgart 1996. 101. 17 Siehe z. B.: Geo Siegwart: Zur Inkonsistenz der konstruktivistischen Abstraktionslehre. – In: Zeitschrift für philosophische Forschung. Frankfurt a. M. 47 (1993), 2, 246–259. 14

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einem anderen Begriff. Daraus ergibt sich sofort der zweite Kommentar, daß nämlich „konkret“ und „abstrakt“ keine absoluten Begriffe sind, sondern jeweils bloß einen relativen Ort innerhalb einer Abstraktionshierarchie anzeigen: Die konkreten Gegenstände sind selbst durch einen abstrakten Begriff gegeben, und die über ihrem Bereich eingeführten Abstrakta können selbst wieder den Bereich einer neuerlichen Abstraktion bilden.18 Diese wichtigen Feststellungen finden sich bereits in der abstraktionstheoretischen Literatur;19 ich will ihnen aber noch einen dritten Kommentar hinzufügen. In der älteren Literatur wird in Ansehung des Abstraktionsprozesses oft in Begriffen wie etwa „absehen von“ gesprochen. Dies würde man heute sicherlich – und zu Recht – als psychologistisch kritisieren. Der Versuch, diesen älteren Sprachgebrauch in zeitgemäßeren Termini zu rekonstruieren, führt auf eine lehrreiche Einsicht. Denn wovon sieht man in der Abstraktion eigentlich ab, und was behält man zurück? Das Begriffspaar „konkret/abstrakt“ reicht offenbar zur Beantwortung dieser Frage nicht aus, denn man behält zwar in der Tat die durch den abstrakten Begriff eingefangene Bestimmung der Konkreta zurück, aber es sind nicht einfach die Konkreta, von denen man absieht. Das Abstrakte ist ja etwas an den Konkreta. Wovon man absieht, sind somit nicht die Konkreta, sondern wiederum etwas an ihnen. Eine Unterscheidung aus der scholastischen Literatur ist hilfreich, um diesen Zusammenhang zu klären. In der scholastischen Tradition unterscheidet man nämlich zwischen der totalen Abstraktion, bei der dasjenige, von dem abstrahiert wird, fallengelassen wird, und der formalen Abstraktion, bei der „utrum manet in intellectu“: beides im Geiste verbleibt, nämlich dasjenige, das abstrahiert wird, und dasjenige, von dem abstrahiert wird.20 Man erkennt, daß die Abstraktion in Wahrheit immer auf ein Begriffspaar führt, wobei die beiden resultierenden Begriffe wechselseitig zueinander abstrakt sind. Ein Beispiel: Man kann an Sätzen über die Relation der Formgleichheit die Form herausabstrahieren. Wovon man dabei absieht, sind nicht einfach die konkreten Sätze, sondern dasjenige an den Sätzen, was nicht Form ist, nämlich der Inhalt. Man gelangt zu dem Begriffspaar Form/Inhalt. Wohlgemerkt ist auch der komplementäre Weg gangbar: Man kann von der Relation der Inhaltsgleichheit ausgehen und so den

Wie z. B. beim Aufbau der Zahlen in der Reihenfolge ganze, natürliche, rationale, reelle Zahlen. Natürliche Zahlen können als Äquivalenzklassen geordneter Paare ganzer Zahlen definiert werden usw. 19 Geo Siegwart: Definition durch Abstraktion. – In: Johannes L. Brandl/A. Hieke/P. M. Simons (Hgg.): Metaphysik. Sankt Augustin 1995. 20 Vgl.: Ignacio Angelelli: Adventures of Abstraction. – In: Francesco Coniglione/R. Poli/R. Rollinger (Eds.): Idealization XI. Historical Studies on Abstraction and Idealization. Amsterdam/New York, NY 2004. 11–35; hier: 13 f. (Poznań Studies in the Philosophy of the Sciences and the Humanities. 82 [2004]) 18

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Begriff des Inhalts bilden, wobei man eben von der Form absieht. Form und Inhalt verhalten sich wechselseitig abstrakt zueinander. Diese Verwendung ist, wie sich zeigen wird, bei Hegel sehr wichtig und auch bei Marx prominent. Bei Marx erfährt das Begriffspaar eine besondere Wendung: Der Begriff der Form steht im Kapital immer für eine gesellschaftliche und somit historischem Wechsel unterworfene Betrachtungsweise eines gewissen Gegenstands.Wertform und Geldform beispielsweise sind zwei Formen, die ein gegebener Gebrauchswert nur in einer bestimmten Gesellschaft einnehmen kann, nämlich in der warenproduzierenden Gesellschaft. Zwei Abstraktionsverhältnisse, die sich unter dasjenige von Form und Inhalt subsumieren lassen, nehmen dabei in den ökonomischen Arbeiten Marxens die wichtigste Stelle ein: die Gleichgültigkeit des Wertes gegen den Gebrauchswert und die Gleichgültigkeit der abstrakten Arbeit gegen die qualitative Bestimmtheit des Arbeitsprozesses.

C. Der Begriff der Gleichgültigkeit in der modernen logischen und abstraktionstheoretischen Literatur Es sollte erwähnt werden, daß sich in der modernen und zeitgenössischen logischen und abstraktionstheoretischen Literatur der Begriff der Gleichgültigkeit gelegentlich in eben derjenigen Verwendung findet, die bei Hegel nachgewiesen werden soll. Eine Anleihe bei Hegel ist in manchen Fällen wahrscheinlich, in anderen nicht. Explizit im Kontext der Abstraktionstheorie haben StuhlmannLaeisz und Siegwart den Begriff der Gleichgültigkeit (bzw. „gleich-gültig“) verwendet und zudem mit der Vorstellung der Invarianz in Zusammenhang gebracht.21 Hier kommt Hegel als Quelle kaum in Frage. Anders verhält sich dies bei einer Reihe weiterer Autoren. Als erstes ist Marx zu nennen, wie unten noch auszuführen sein wird. Aber auch in dem Artikel On the Relations of Number and Quantity des jungen Bertrand Russell – nach eigener Aussage eine durch und durch Hegelianische Arbeit22 – findet sich der Begriff der Gleichgültigkeit („indifference“) unzweifelhaft in abstraktionstheoretischem Sinne.23 Gleiches gilt für die sowjetische Logik-Historikerin Sof ’ja Janovskaja („bezrazlíčie“)24 und in

Rainer Stuhlmann-Laeisz: Invarianztheoretische Überlegungen zu Freges Definition durch Abstraktion. – In: Ingolf Max/W. Stelzner (Hgg.): Logik und Mathematik. Frege-Kolloquium Jena 1993. Berlin 1995. 132. – Sowie: Geo Siegwart: Definition durch Abstraktion. A. a. O. 197. 22 Bertrand Russell: My Philosophical Development. London 1959. 40. („unadulterated Hegel“) 23 Bertrand Russell: On the Relations of Number and Quantity. – In: Mind. Oxford. VI (1897), 3, 326–341; hier: 329, 338. 24 Sof’ja Aleksandrovna Janovskaja: O tak nazyvaemych „opredelenjach erez abstraktsiju“. [Über die sogenannten „Definitionen durch Abstraktion“.] – In: dies. (Hg.): Sbornik statei po filosofii matematiki. [Gesammelte Schriften zur Philosophie der Mathematik.] Moskau 1936. 110, 112, 127. 21

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jüngerer Zeit bei Alain Badiou, der den Begriff der Gleichgültigkeit („in-différence“) aufgreift und beispielsweise im Zusammenhang mit dem Extensionalitätsprinzip der Mengenlehre diskutiert. Indem man die Identität von Mengen durch die Selbigkeit ihrer Elemente erklärt, führt man, wie Badiou es ausdrückt, die Identität von Mengen auf die „Gleichgültigkeit der Elementschaftsbeziehung“ („l’indifférence d’appartenance“) zurück.25 Bei den letztgenannten Autoren – Marx, Russell, Janovskaja und Badiou – ist ein Hegelianischer Ursprung des Begriffs der Gleichgültigkeit plausibel, und die Verwendung i.S. der Abstraktionsdefinition steht außer Frage.

II. „Gleichgültigkeit“ als terminus technicus in Hegels Logik Die „Gleichgültigkeit“ stellt bei Hegel nun m.E. ein Strukturprinzip dar, das Begriffe auf eine Weise zueinander in Beziehung setzt, die der Abstraktion auf der Grundlage einer Äquivalenzbeziehung zumindest analog ist, wenn nicht sogar entspricht. Um dies zu zeigen, werde ich erstens den Begriff der Gleichgültigkeit bei Hegel rekonstruieren, zweitens bei Hegel den Bezug zum Begriff der Äquivalenz und drittens denjenigen zur Abstraktion nachweisen.

A. Die Gleichgültigkeit Da der Begriff der Gleichgültigkeit bei Hegel nirgends explizit definiert wird, muß seine Bedeutung aus dem Gebrauch abgelesen werden. Es ist dabei festzuhalten, daß Hegel diesen Terminus zwar von Beginn der Logik an verwendet, insbesondere auch im ersten Buch der Objektiven Logik, der Lehre vom Sein, die den Abschnitt über die Größe enthält; wirklich informativ ist aber erst der Gebrauch im zweiten Buch der Objektiven Logik, der Lehre vom Wesen. Auf diese

Alain Badiou: L’être et l’événement. Paris 1988. 74. – Diese Redeweise ist, worauf mich Geo Siegwart dankenswerterweise hinwies, nicht unproblematisch. Bedenkt man, daß Mengen nicht nur Elemente haben, sondern selbst auch Elemente übergeordneter Mengen sind, so wird durch das Extensionalitätsprinzip lediglich die Elementschaft „nach oben“ gleichgültig, nicht jedoch „nach unten“: Identische Mengen sind Elemente derselben Mengen, für ihre Identität ist jedoch gerade maßgeblich, daß sie dieselben Elemente haben. Was Badiou m.E. sagen will, ist, daß die beiden Aussagen „x ist Element von P“ und „x ist Element von Q“ gleichgültig werden, wenn vermöge des Extensionalitätsprinzips die Mengen P und Q schon aufgrund der Elementgleichheit identisch sind. – Registrieren wir bei dieser Gelegenheit die symptomatische Tatsache, daß es „Gleichgültigkeit“ nicht in das Glossar der wichtigsten Begriffe in der deutschen Übersetzung des Werks von Badiou geschafft hat. – Siehe: Alain Badiou: Das Sein und das Ereignis. Berlin 2005. 555 ff. 25

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werde ich mich (in der Fassung der ersten Ausgabe 1812/13) im Folgenden auch hauptsächlich beziehen.26 Betrachtet man nun den Gebrauch, den Hegel vom Terminus „gleichgültig“ macht, so stellt man rasch fest, daß dieser uneinheitlich ist. Von kleineren Variationen abgesehen, lassen sich vier verschiedene Grundformen nachweisen: Er wird sowohl als einstelliger, zweistelliger als auch als dreistelliger Prädikator verwendet, wobei der zweistellige Prädikator noch einmal zwei Varianten aufweist. Je nach Verwendung steht eine andere Bedeutungsfacette und Konnotation im Vordergrund („von gleichem Wert bzw. gleicher Bedeutung“, „bedeutungslos“, „gleichförmig“, psychologisch als „teilnahmslos“ usw.), womit Hegels Wortgebrauch zugleich suggestiv, aber auch schillernd ist. Bei genauerer Untersuchung zeigt sich jedoch, daß die disparaten Formen in plausibler Weise miteinander in Übereinstimmung gebracht werden können, tatsächlich also nur sprachliche Varianten, etwa Ellipsen, zum Ausdruck ein und desselben Zusammenhangs sind. Im Folgenden sind die vier Grundformen aufgeführt und exemplifiziert. (Der Begriff des Gegenstands wird in der folgenden Darstellung dabei rein technisch und metaphysisch neutral als Bezeichnung dessen gebraucht, worauf ein Prädikator Anwendung findet.) (1) Verwendung als einstelliger Prädikator: „ein Gegenstand a ist gleichgültig“ (z. B. GW 11, 41, 98); Beispiel: – „die Qualität, das unmittelbare Bestimmtseyn durch ein Anderes, oder das Andersseyn überhaupt, wird ein gleichgültiges“ (GW 11, 98); (2) als zweistelliger Prädikator, der eine symmetrische und transitive Relation zwischen Gegenständen desselben Objektbereichs ausdrückt: „zwei Gegenstände a und b sind gegeneinander gleichgültig“ (z. B. GW 11, 46, 245, 271, 356); Beispiele: – „die reflectirten Bestimmungen […] erscheinen [als] gleichgültig gegen einander“ (GW 11, 255) – „[die Momente eines Unterschieds] sind ebenso sehr bestimmt an ihnen selbst, gleichgültig gegen einander“ (GW 11, 279); (3) als zweistelliger Prädikator, nun eine asymmetrische Relation zwischen zwei Gegenständen a und C aus verschiedenen Objektbereichen ausdrückend: „a ist gegen C bzw. C gegen a gleichgültig“ (z. B. GW 11, 166, 242, 271, 303, 345); Beispiele:

Seitenzahlen beziehen sich auf: Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Wissenschaft der Logik. Erster Band. Die objektive Logik. (1812/13) Herausgegeben von Friedrich Hogemann und Walter Jaeschke. – In: ders.: Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegeben von der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Band 11. Hamburg 1978. (Im Folgenden: GW 11) 26

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– „Das Wesen [ist] gleichgültig gegen alle Bestimmtheit des Seyns“ (GW 11, 242) – „Er [der Inhalt] selbst ist gleichgültig gegen diese Form“ (GW 11, 303) – „das Gesetz ist gleichgültig gegen seine Existenz“ (GW 11, 345); (4) endlich als dreistelliger Prädikator, der eine asymmetrische Relation zwischen einem Paar von Gegenständen (a, b) eines Objektbereiches – bzw. als Variante, dem Unterschied zwischen diesen beiden Gegenständen a und b – und einem dritten Gegenstand C aus einem anderen Objektbereich ausdrückt. Dies wiederum in verschiedenen sprachlichen Varianten: „a und b sind gegen C gleichgültig“, „a und b sind in Hinsicht auf C gleichgültig“, „C ist gegen a und b gleichgültig“ bzw. „C ist gegen den Unterschied von a und b gleichgültig“ (z. B. GW 11, 245, 271, 288); Beispiele: – „[…] als sie in derselben Rücksicht […] gegen einander gleichgültige“ (GW 11, 288) – „Der Unterschied des extensiven und intensiven Quantums ist der Bestimmtheit des Quantums an ihm selbst gleichgültig“ (GW 11, 137) – „Seyn und Wesen verhalten sich auf diese Weise wieder als Andre überhaupt zu einander, denn jedes hat ein Seyn, eine Unmittelbarkeit, die gegen einander gleichgültig sind, und sie stehen diesem Seyn nach in gleichem Werthe“ (GW 11, 245). Es liegt auf der Hand, daß es sich bei (2) um eine Verkürzung der Form (4) handelt:Wenn zwei Gegenstände einander gleichgültig sind, so sind sie dies in einer bestimmten Hinsicht bzw. in Hinsicht auf ein Drittes (was nichts anderes als die hypostasierte Hinsicht ist, die als eigene Entität angesprochen wird). Bei (4) hat man es also mit der vollständigsten Form zu tun. Man beachte, daß das Verhältnis zwischen dem Begriff, der den Bereich der zweistelligen Äquivalenzrelation definiert, und dem Begriff, der die Hinsicht, in welcher diese Äquivalenz besteht, gerade dasjenige der Abstraktion ist. Aus der vollständigen Form (4) läßt sich schnell wieder ein zweistelliger Prädikator gewinnen, der nun eine Relation zwischen zwei heterogenen Gegenständen ausdrückt und der Form (3) entspricht: Wenn zwei Gegenstände gegen einen dritten gleichgültig sind, dann ist ihr Unterschied, ihre Verschiedenheit oder auch Bestimmtheit gegen den dritten gleichgültig (z. B. GW 11, 41, 166, 269, 331, 385). In diesem Übergang drückt sich gerade aus, was oben zu der immer auf ein Begriffspaar führenden „formalen Abstraktion“ gesagt wurde: Das „Dritte“ ist der durch Abstraktion herausgelöste Begriff, dem sich nun ein komplementärer abstrakter Begriff entgegenstellt als Begriff dessen, was an den Konkreta fallengelassen wurde. Dies ist natürlich durch den Unterschied oder die sich unterscheidenden Bestimmtheiten der Konkreta gegeben (um das obige Beispiel aufzugreifen: stimmen voneinander verschiedene Sätze in ihrer Form überein, so unterscheiden sie sich in

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ihrem Inhalt, ihrer inhaltlichen Bestimmtheit). Damit ist die Form (3) gewonnen. Form (1) schließlich ist offenbar wiederum eine Verkürzung von Form (4) bzw. (3), die daraus resultiert, daß in manchen Fällen durch den Kontext klar ist, wogegen ein bestimmter Gegenstand gleichgültig ist, so daß der Prädikator einstellig verwendet werden kann.

B. Gleichgültigkeit und Äquivalenz Die formale Analogie zur Äquivalenz oder Gleichheit in einer Hinsicht tritt nun schon deutlich hervor: Zwei Dinge sind gegen ein Drittes gleichgültig – zwei Dinge sind in einer Hinsicht gleich oder äquivalent. Den entscheidenden Hinweis gibt Hegel gleich zu Beginn der Lehre vom Wesen, wo es von zwei Dingen (Sein und Wesen) heißt, daß beide ein Sein haben, die „gegen einander gleichgültig sind, und [beide] diesem Seyn nach in gleichem Werthe [stehen]“ (GW 11, 245). Mit der Rede vom gleichen Wert hat er aber den direkten Bezug zur Äquivalenz (wie eingangs bereits erwähnt: aequus = gleich, valere = wert sein, aber auch: gelten) hergestellt, und es liegt nun nahe, daß das Wort „Gleichgültigkeit“ eine pointierte Übersetzung des Wortes Äquivalenz darstellt: Es drückt die Gleichwertigkeit aus, bringt aber auch in der metaphorischen, psychologisierenden Ausdrucksweise die Substitutionsinvarianz zum Ausdruck. Zudem kommt die Hinsicht der Äquivalenz durch das Dativobjekt in einer natürlichen Weise zur Geltung: Dem Gegenstand C ist es gleichgültig, welches der einander gleichen Dinge a und b betrachtet wird; oder noch kürzer: C ist die Verschiedenheit der einander gleichen Dinge a und b gleichgültig. C stellt dabei das „Dritte“ dar, worin die beiden Objekte a und b übereinstimmen. Das „Dritte“ entspricht in dieser Analogie der „Hinsicht“ der Gleichheit. (Es darf allerdings nicht mit dem „Dritten“ der Drittengleichheit oder Komparativität verwechselt werden, nämlich dem tertium comparationis, das im Gegensatz zu dem abstrakten „Dritten“ demselben Gegenstandsbereich angehört, wie die beiden zu vergleichenden Gegenstände.)

C. Äquivalenz und Abstraktion Die Vorstellung eines Zusammenhangs von Äquivalenz und Abstraktion findet sich nun ebenfalls recht deutlich bei Hegel. Er bringt sowohl zum Ausdruck, daß im Gleichsetzen vom Unterschied abstrahiert wird (GW 11, 261), als auch die Tatsache, daß umgekehrt jede Gleichheit zweier Gegenstände – sofern sie nicht Identität „an und für sich“ ist – in „Rücksicht eines Dritten, die ausser ihnen fällt“, statthat (GW 11, 268). Dieses „Dritte“ wird gelegentlich auch als

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der Grund bezeichnet, „worinn dieses beide Verschiedene verknüpft ist“ (GW 11, 310), wobei sodann das Dritte als das bloß „nach äußerer Vergleichung“ „gemeinschaftliche“ zu dem „inhaltlichen Substrat“, das die „Grundlage“ der Beziehung der beiden Gegenstände ausmacht, in Kontrast gesetzt wird (GW 11, 313; Marx wird diese Unterscheidung aufgreifen: Arbeit als „immanentes Maß“ der Werte, Geld als dessen Erscheinung und somit „äußeres Maß“ der Werte27). D. Resultat Es ist deutlich geworden, daß sich Hegel mit dem Verhältnis von Gleichheit und Abstraktion auseinandergesetzt hat und daß darüber hinaus dieses Verhältnis demjenigen in dem Begriff der Gleichgültigkeit angesprochenen Verhältnis in der Tat strukturgleich ist. Es handelt sich freilich bei dieser Interpretation um einen oberflächlichen Durchgang durch ganz disparate Textstücke in geradezu fahrlässiger Absehung der strengen Systematik Hegels. Um das Schema der Abstraktionsdefinition wiederzufinden, mußte gewissermaßen mit der Brechstange an den Text gegangen werden. Wie ich aber bereits eingangs unterstrichen habe, steht mein Rekonstruktionsversuch nicht im Widerspruch zur werkeigenen Systematik, sondern bedient sich lediglich der vollständig formalisierten Form eines Begriffs, der in der Zeit Hegels zwar noch nicht vollständig formalisiert, aber durchaus dem Gebiet der Logik im heutigen Sinne zugehörig war. Bemerkenswert ist nun, daß Marx den Begriff der Gleichgültigkeit gerade in dem hier rekonstruierten Sinne verwenden wird. So leicht es ist, diesen Sinn in Hegel zu finden, wenn einmal eine Abstraktionstheorie entwickelt ist, so schwer muß dies umgekehrt ohne eine solche gewesen sein, was m.E. zeigt, mit welchem Talent Marx das Hegelsche Vokabular einem fruchtbaren Gebrauch zuführte.

27 Vgl. Igor Hanzel: Mistranslations of “Schein” and “Erscheinung.” The Structure of Chapter 1 of Capital, Volume I. – In: Science and Society. New York, NY. 74 (2010), 4, 509–537; hier: 517, 527.

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III. Anwendung: der Größenbegriff A. Spezifik des Größenbegriffs Hegels Analyse des Größenbegriffs ist interessant, weil er zu den ersten Autoren gehört, die die überkommene Definition des Größenbegriffs als zirkulär kritisierten – meines Wissens ist ihm darin allein Lazarus Bendavid zuvorgekommen.28 Traditionell wurde die Größe als dasjenige bestimmt, was „sich vermehren oder vermindern läßt“. Diese Auffassung der Größe referiert beispielsweise d’Alembert in der Encyclopédie als die „übliche“, wobei er freilich allgemein gehaltene Bedenken bezüglich der Definierbarkeit der Größe voranschickt.29 Hegel kritisiert diese Definition als „ungeschickt“, da im „Vermehren“ und „Vermindern“ schon von dem doch erst zu definierenden Begriff der Größe Gebrauch gemacht wird, denn Vermehren ist ein „mehr groß machen“ und Vermindern ein „weniger groß machen“. Größe wäre demnach zirkulär als dasjenige bestimmt, wie Hegel schließt, „dessen Größe sich verändern läßt“ (GW 11, 110). Diese Kritik läßt sich am Beispiel der extensiven Größe spezifizieren. Extensive Größen (wie Länge, Dauer, Gewicht, nicht aber Temperatur und alle Intensitäten) zeichnen sich dadurch aus, daß Unterschiede extensiver Größen selbst wieder solche extensiver Größen sind: Die Differenz zweier Längen ist wiederum eine Länge; Gleiches gilt für Temperaturen nicht. Diese Eigenart läßt sich aber nicht in der Definition des Größenbegriffs fruchtbar machen. In dieser Weise hat Kuno Fischer den Zirkularitätsvorwurf Hegels rekonstruiert: „Wenn die extensive Größe durch ihre Theile vorgestellt werden soll, welche selbst extensive Größen sind, so wird die extensive Größe durch die extensive Größe erklärt, d. h. sie wird nicht erklärt.“30 Man erkennt an dieser kurzen Skizze schon, daß der Größenbegriff ungemein problematisch ist und somit eine Herausforderung für die philosophische Analyse darstellt. Es sollte erwähnt werden, daß in der Meßtheorie diese Herausforderung nicht unbedingt angenommen wurde: Die Suche nach einer Begriffsdefinition wurde vielmehr in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch einen axiomatischen Zugang ersetzt. Dieser Schritt eröffnete der forma-

Lazarus Bendavid: Versuch einer logischen Auseinandersetzung des Mathematischen Unendlichen. Berlin 1789. 29. – Auszugsweise wieder abgedruckt in: Oliver Schlaudt (Hg.): Die Quantifizierung der Natur. Klassische Texte der Messtheorie 1696–1999. Paderborn 2009. 74. 29 Jean d’Alembert: Grandeur. – In: Jean d’Alembert/Denis Diderot (Éds.): Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des Sciences, des Arts et des Métiers. New York/Paris 1969. Bd. II (1757). 855. (Reprint) – Dt. Übersetzung in: Oliver Schlaudt (Hg.): Die Quantifizierung der Natur. A. a. O. 39. 30 Kuno Fischer: System der Logik und Metaphysik, oder Wissenschaftslehre. Zweite völlig umgearbeitete Auflage Heidelberg 1865. 282. 28

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len Meßtheorie ein fruchtbares Feld – allerdings, wie Gernot Böhme zu Recht unterstreicht, unter Einbuße erkenntnistheoretischer Reflexion, was gerade im Fehlen des Größenbegriffs zum Ausdruck kommt.31 Im Versuch, diesen Mangel zu beheben, sollten Wissenschaftstheoretiker durchaus auch Texte wie Hegels Wissenschaft der Logik zur Kenntnis nehmen.

B. Der Größenbegriff bei Hegel 1. Analyse der quantitativen Veränderung Betrachten wir die eigene Definition der Größe, die Hegel der üblichen Begriffsbestimmung entgegenstellt. Hegel sucht sich dem Begriff der Größe zu nähern, indem er die qualitative und die quantitative Veränderung miteinander vergleicht (wobei Veränderung hier immer als „Veränderung der Grenze“ konzeptualisiert wird): Wenn wir sonach unter Grenze die quantitative Grenze verstehen, und z. B. ein Acker seine Grenze, nemlich die quantitative verändert, so bleibt er Acker vor wie nach. Wenn aber seine qualitative Grenze verändert wird, so ist diß seine Bestimmtheit, wodurch er Acker ist, und er wird Wiese, Wald u.s.f. – Ein Roth, das intensiver oder schwächer ist, ist immer Roth; wenn es aber seine Qualität änderte, so hörte es auf Roth zu seyn; es würde Blau u.s.f. (GW 11, 110) Bei der quantitativen Veränderung eines Gegenstandes verändert sich etwas (er wird in bestimmter Hinsicht größer oder kleiner), ohne daß sich zugleich in qualitativer Hinsicht etwas ändert: Der Acker bleibt ein Acker, auch wenn er vergrößert wird. Hegel erkennt sehr richtig, daß quantitative Bestimmungen und somit auch quantitative Veränderungen in der Abstraktionshierarchie „unterhalb“ der begrifflich-qualitativen Ebene angesiedelt sind. Mit dieser Beobachtung steht Hegel nicht alleine da. Russell veranlaßte dieser Befund zu der Bestimmung, mit Größenbegriffen habe man einen Unterschiedsbegriff ohne einen Begriffsunterschied („a conception of difference without a difference of conception“32). Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an die Wolffsche Bestimmung der Quantitas als das „discrimen internum similium“, also den inneren Unterschied des Ähnlichen bzw. als dasjenige, „quo similia salva similitudine intrin-

Gernot Böhme: Quantifizierung – Metrisierung. – In: Zeitschrift für allgemeine Wissenschaftstheorie. Wiesbaden. VII (1976), 2, 209–222. – Wieder abgedruckt in: Oliver Schlaudt (Hg.): Die Quantifizierung der Natur. A. a. O. 32 Bertrand Russell: On the Relations of Number and Quantity. A. a. O. 340. 31

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se differre possunt“, worin sich also einander ähnliche Gegenstände gleichwohl unterscheiden können.33 Einander ähnlich zu sein bezieht sich aber auf die nominal-qualitative Ebene, so daß nach dem Wolffschen Kriterium im Einklang mit Russell und Hegel die Größe dasjenige ist, worin sich zwei Gegenstände, auf die dieselben qualitativen Eigenschaftszuschreibungen zutreffen, dennoch unterscheiden können. Mit dem Begriff der Größe hat man mithin in der Tat einen Begriff des Unterschiedes nicht notwendigerweise begrifflich unterschiedener Gegenstände. – Russell sah darin übrigens, zumindest noch 1897, einen Widerspruch. Diese Einschätzung hing allerdings damit zusammen, daß Russell zu diesem Zeitpunkt noch der Lehre interner Relationen anhing, wonach Gegenstände, die in ihren Eigenschaften übereinstimmen, auch in ihren Relationen übereinstimmen müssen. Der Größenbegriff zeigt aber die Möglichkeit an, daß zwei Gegenstände ungleicher Größen in verschiedenen Relationen (etwa zu Vergleichskörpern) stehen, obgleich sie in allen ihren begrifflich eingefangenen Eigenschaften übereinstimmen. Russell hat die Lehre interner Relationen jedoch später aufgegeben.34 Und in der Tat erkennt man sofort, daß die Bestimmung des Größenbegriffs als Begriff eines Unterschieds begrifflich nicht notwendigerweise unterschiedener Gegenstände nur dann auf einen Widerspruch führt, wenn man zusätzlich annimmt, daß jede Bestimmung eines Gegenstandes durch einen einstelligen Prädikator zum Ausdruck gebracht werden kann. Obzwar nur eine historische Fußnote, ist dies gleichwohl interessant, da es die Problematik des Größenbegriffes, seinen zuweilen paradoxen Anschein, deutlich werden läßt. 2. Definition der Größe durch die „Gleichgültigkeit gegen sich selbst“ Die hier analysierte Beobachtung über die Eigenart der Größenbegriffe, daß sie nämlich einen Unterschied begrifflich nicht unterschiedener Gegenstände beschreiben, läßt Hegel nun in eine allgemeine Bemerkung münden, die man als seine Definition der Größe betrachten kann: Der wahre und bestimmte Begriff der Größe, wie er sich hier ergeben hat, daß ein Bleibendes zu Grunde liegt, das gegen die Bestimmtheit, die es hat, gleichgültig ist, ergibt sich an jedem andern Beispiel. (GW 11, 110) Im darauf folgenden Abschnitt steigert Hegel diese Definition zu einer paradoxen

Christian Wolff: Philosophia prima sive Ontologia. Frankfurt/Leipzig MDCCXXXVI (21736) – Nachdruck in: ders.: Gesammelte Werke. II. Abteilung. Lateinische Schriften. Band 3. Herausgegeben von Jean Ecole. Hildesheim 1962. 273. 34 Bertrand Russell: The Principles of Mathematics. London 11. Aufl. 1985. 223. – Siehe dazu: Nicholas Griffin: Russell’s Idealist Apprenticeship. Oxford 1991. 260. 33

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Formel. Er hebt an der gewöhnlichen, unvollkommenen Definition der Größe hervor, daß an ihr zumindest zu erkennen sei, worauf es ankomme: nemlich die Gleichgültigkeit der Veränderung, daß in ihrem Begriff selbst ihr eigenes Mehr Minder liegt; ihre Gleichgültigkeit gegen sich selbst. (GW 11, 110.) An beiden Stellen greift Hegel also zum Begriff der Gleichgültigkeit, um den Begriff der Größe zu verstehen. Er hält fest, daß die Größe etwas sei – und darin liegt sodann ihr Alleinstellungsmerkmal –, das seiner eigenen Bestimmtheit bzw. Veränderung gegenüber gleichgültig ist, und schließlich faßt er dies als „Gleichgültigkeit gegen sich selbst“. Die obige Rekonstruktion des Begriffs der Gleichgültigkeit erlaubt es uns nun, relativ schnell nachzuvollziehen, wie sich Hegel den Ausweg aus dem Zirkel der überkommenen Größendefinition vorstellt. Die Verwendung des Prädikators „gleichgültig“ zeigt ja eine Abstraktion an und somit ein Verhältnis zwischen zwei Begriffen. Welche sind dies? Hegel folgert aus seiner Analyse, daß einer quantitativen Veränderung etwas „Bleibendes“ zu Grunde liegen muß, das die Identität des der Veränderung unterworfenen Gegenstandes garantiert und gegen seine „Bestimmtheit“ gleichgültig ist. Die beiden Begriffe sind also derjenige des Bleibenden in seiner jeweiligen Bestimmtheit und derjenige des Bleibenden unter Absehung von eben dieser Bestimmtheit. Da das „Bleibende“ die qualitativ erfaßte Identität garantieren soll, muß es selbst durch einen Qualitätsbegriff bezeichnet werden, und das ist im vorliegenden Fall natürlich die Größenart oder, wie manchmal – wenngleich unrichtig – gesagt wird, „Dimension“ (z. B.: Länge). Unter weiterer Bestimmtheit gelangt man von der bloßen Größenart zu einer bestimmten Größe oder einem bestimmten Größenzustand dieser Art (z. B. die Länge von drei Metern). Betrachtet man allein die Größenart, so sieht man von der Bestimmung des Größenzustandes ab, die Größenart ist gegen diese Bestimmungen und ihre Veränderungen gleichgültig. Hegel selbst führt für diese Differenzierung die Begriffe der Quantität (oder reinen Quantität) für Größenart und des Quantums für die bestimmte Größe ein, wobei er auf einen bereits vorhandenen, aber nicht streng reglementierten Sprachgebrauch zurückgreifen kann.35 Das Quantum wird bestimmt als „reale“ Man vergleiche die Beispiele in: Oliver Schlaudt: Messung als konkrete Handlung. Würzburg 2009. 296 ff. – Zu beachten ist insbesondere, daß Hegels Wortgebrauch nicht mit demjenigen Kants übereinstimmt, wo „Quantität“ eine abstrakte, bestimmte Größe bezeichnet (z. B. „einen Meter lang zu sein“), die von einem „Quantum“ instantiiert wird. Diese Kantische Unterscheidung spielt sodann in der Frage nach der empirischen Geltung der Geometrie eine wichtige Rolle. – Vgl. dazu: Michael Wolff: Geometrie und Erfahrung. Kant und das Problem der objektiven Geltung der Euklidischen Geometrie. – In: Kant und die Berliner Aufklärung. Akten des IX. Internationalen Kant-Kongresses. Band 1. Berlin 2001. 35

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oder „bestimmte“ Quantität (GW 11, 109, 124), einfach als „eine Quantität“ (GW 11, 123) oder auch die „begrenzte Größe“ (GW 11, 112). Es ist klar, wie Hegel durch diese begriffliche Unterscheidung den Zirkel in der Größendefinition – „Größe ist das, dessen Größe sich verändern läßt“ – aufbricht. Man hat es einfach mit einer Äquivokation zu tun, die sich aufheben läßt, indem man entsprechend zwischen Quantität und Quantum unterscheidet und sagt: „Quantität ist das, dessen Bestimmtheit als Quantum sich verändern läßt“. Diese Analyse wiederholt sich übrigens in der Auseinandersetzung zwischen Russell und Couturat über den Größenbegriff. Russell formuliert das Paradox, daß, sofern die Veränderung einer Größe selbst eine Größe von derselben Art ist und die Größenveränderung an der Größe statthat, die Größe zugleich als „Akzidens“ und als zugrundeliegendes „Ding“ (als Hegels „Bleibendes“) erscheint.36 Couturat löst diesen vermeintlichen Widerspruch gerade durch Verweis auf den Unterschied zwischen Größe und Größenzustand, den er mit demjenigen zwischen einer Variable und ihren Werten vergleicht.37 Das Mißverständnis, so Couturat, entstehe erst durch die ontologisierende Interpretationen der meßtheoretischen Begrifflichkeit – ein dem Gebrauch von Substantiven entsprungener „substanzialistischer Trug“. 3. Diskussion: Ist diese Definition zirkelfrei und eindeutig? Nun stellt sich abschließend die Frage, ob Hegel mit dieser Analyse tatsächlich eine Größendefinition gewonnen hat. Seine Analyse des Zirkels in der Definition der Größe ist treffend und seine Auflösung des Zirkels durch die Unterscheidung zwischen Quantität und Quantum durchaus angebracht. Es ist sodann auch nicht falsch, die Größe als gegenüber ihren Veränderungen gleichgültig zu bezeichnen. Hegel-Kenner interessiert natürlich, wie sich diese begrifflichen Differenzierungen in das dialektische Schema einpassen (Quantität als aufgehobene Qualität; GW 11, 108, usw.). Gemessen jedoch am systematischen Problem muß man feststellen, daß Hegel nur die notwendige Differenzierung des meßtheoretischen Vokabulars liefert, jedoch nicht ohne weiteres eine Definition. Denn einerseits können diese Begriffe – Quantität, Quantum usw. – nur wieder bei Strafe des Zirkels wechselseitig durcheinander erklärt werden. Und ande-

Bertrand Russell: On the Relations of Number and Quantity. A. a. O. 332 f. Louis Couturat: Sur les rapports du nombre et de la grandeur. – In: Revue de métaphysique et de morale. Paris. 6 (1898), 422–447; hier: 430 f. – In neuerer Zeit haben Bigelow und Pargetter mit der Unterscheidung zwischen determinables und determinates unabhängig von Couturat, nämlich im Anschluß an William Ernest Johnson und D. M. Armstrong, einen ähnlichen Lösungsvorschlag ausgearbeitet: John Bigelow/Robert Pargetter: Quantities. – In: Philosophical Studies. Berlin u. a. 54 (1988), 3, 287–304; hier: 290 f. – Johnson hat diese begriffliche Unterscheidung schon explizit im Zusammenhang mit dem Größenbegriff fruchtbar gemacht. – Vgl.: William Ernest Johnson: Logic. Part II. Demonstrative Inference: Deductive and Inductive. Cambridge 1922. 150 ff. 36 37

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rerseits kann man nicht geltend machen, daß diese Begriffsstruktur charakteristisch für Größen ist, denn dazu hätte Hegel zeigen müssen, daß sie tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal der Größe darstellt. Daß dies nicht trivialerweise erfüllt ist, sieht man an dem von Hegel selbst ins Spiel gebrachten Beispiel der Farbschattierungen: Auf der Rungeschen Farbenkugel beispielsweise wird sehr anschaulich, daß eine farbige Fläche viele Schattierungen von Rot durchlaufen kann, bevor ihre Farbe zu einem Violett oder Gelb, Schwarz oder Weiß wird. Auch hier gilt womöglich, „daß ein Bleibendes zu Grunde liegt [nämlich das Rot], das gegen die Bestimmtheit, die es hat [nämlich die Rotschattierung], gleichgültig ist“. Die Begriffe der Farbe und der Farbschattierung stehen mithin ebenfalls in einem Abstraktionsverhältnis, und insofern die Farbschattierungen ein Kontinuum bilden und es folglich aus prinzipiellen Gründen unmöglich ist, jede einzelne Schattierung als solche zu erkennen und zu benennen, wird auch hier eine Äquivalenzrelation in der Begriffskonstruktion eine konstitutive Rolle einnehmen. Solche Überlegungen sind Anlaß zum Zweifel, ob Hegel wirklich den „wahren und bestimmten Begriff der Größe“ benannt hat. Wenn Hegel endlich seine Formulierungen auf die Spitze treibt und die Größe als das sich selbst Gleichgültige bestimmt, so kann man dies mit gutem Willen bloß noch als Hinweis auf die Problematik des oft paradox anmutenden Größenbegriffs verstehen, nicht jedoch als die gesuchte Definition, denn keine der oben rekonstruierten zweistelligen Gleichgültigkeitsprädikatoren erlaubt eine Verwendung, in welcher dieselbe Gegenstandsvariable beide Argumentstellen einnimmt (abgesehen von dem trivialen Fall der Reflexivität von Form 2).

C. Gleichgültigkeit und Größe bei Marx 1. Vorbemerkung zur Verwendungsabsicht bei Marx Marx verdient in diesem Zusammenhang Aufmerksamkeit, da er den Begriff der Gleichgültigkeit von Hegel übernimmt – sei dies in bewußter Absicht oder in freier Anlehnung –, ihn aber nicht mehr bloß verwendet, um den Zusammenhang verschiedener Begriffe zu erfassen (eines konkreten und eines abstrakten Begriffs sowie einer Gleichheitsbeziehung), sondern ihn in seiner Anwendung im Kapital in zweifacher Weise umdeutet: Erstens verwendet er ihn – im ersten Kapitel – zu dem Zweck der Rekonstruktion eines gegebenen Größenbegriffs, nämlich des für die Ökonomie spezifischen Begriffs des Werts; und zweitens fundiert er ihn – zumindest auf der Analyse-Ebene des zweiten Kapitels – operational (die Äquivalenz wird im geldvermittelten Tausch realisiert), wie wir noch ausführlicher diskutieren werden. Nachdem die Theorie der Abstraktionsdefinition einmal ausformuliert war, war es auch ein leichtes, den Wertbegriff als einen seiner Anwendungsfälle zu

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erkennen (so geschehen 1910 bei Federigo Enriques38). Zuvor jedoch stellt dies eine bemerkenswerte intellektuelle Leistung dar, welche Ruben in dem Urteil recht gibt, daß Marx „auf dem modernen Standpunkt in der Auffassung der Abstraktion steht“.39 Daß Marx den Wertbegriff über eine Abstraktionsdefinition einführt, ist bereits 1936 von Sof ’ja Janovskaja hervorgehoben worden.40 Aus diesem Grunde kann ich mich hier entsprechend kurz fassen und mich darauf beschränken, ergänzend zu zeigen, daß Hegels Begriff der Gleichgültigkeit Marx gerade die begriffliche Ressource für sein Vorgehen geliefert hat. 2. Gleichgültigkeit bei Marx Der Begriff der Gleichgültigkeit gehört zum immer wiederkehrenden Grundvokabular Marxens und ist bei ihm ähnlich prominent wie bei Hegel.41 Schon in den Exzerpt-Heften des jungen Marx kommt er gelegentlich vor (MEGA IV.1, 84; 112). Einen schon systematischeren Gebrauch findet man erwartungsgemäß in den Ökonomisch-philosophischen Manuskripten aus dem Jahre 1844, in denen die Auseinandersetzung mit Hegel explizit stattfindet. Dort wird sogar der Zusammenhang von Gleichgültigkeit und Abstraktion hergestellt: die „gegen allen Inhalt gleichgültigen, als eben darum für jeden Inhalt gültigen Abstraktionsformeln, die Denkformen, die logischen Categorien“ (MEGA I.2, 415). Bemerkenswert ist ebenfalls, daß dort zudem eine Verbindung zum Begriff der Entfremdung hergestellt wird (vgl. auch: MEGA I.2, 402; 409f.). Bekanntlich hat Marx selbst später dieses Konzept abgelehnt; gleichwohl finden sich noch in den 1860er Jahren, namentlich im dritten Band des Kapital, Spuren des Zusammenhangs von Gleichgültigkeit und Entfremdung (MEGA II.15, 85; II.4.2, 119; 269f.). Der Sprung zur Entfremdungstheorie gelingt Marx, indem er die eingangs beschriebene Ambiguität des Begriffs der Gleichgültigkeit ausnutzt: Die „Gleichgültigkeit des Arbeiters gegen den Inhalt seiner Arbeit“ wird von einem begrifflich eingefangenen Grundzug der Warenproduktion (die Tatsache, daß es in der manufakturellen Produktion auf die Fertigkeit des einzelnen nicht ankommt und im Prinzip jeder Arbeiter die Funktion erfüllen kann) zu einer psychologischen Verfaßtheit (der einzelne Arbeiter ist gleichgültig gegen die bestimmte Funktion, die er – zufälligerweise, d. h. nicht aufgrund einer

Federigo Enriques: Probleme der Wissenschaft. Band 1. Leipzig 1910. 187. Peter Ruben: Methodologische Bemerkungen zur Beziehung zwischen Logik und Dialektik bei Hegel und Marx. – In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität Berlin. MathematischNaturwissenschaftliche Reihe. Berlin. XX (1971), 2, 277–282; hier: 281. 40 Sof’ja Aleksandrovna Janovskaja: O tak nazyvaemych „opredelenjach čerez abstraktsiju“. [Über die sogenannten „Definitionen durch Abstraktion“.] A. a. O. 41 Zitate nach: Karl Marx und Friedrich Engels: Gesamtausgabe (MEGA). Herausgegeben von der Internationalen Marx-Engels-Stiftung Amsterdam. Berlin 1975 ff. (Im Folgenden: MEGA + Abt. [römisch] + Bd. [arabisch] + Seite.) 38

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Qualifikation – erfüllt). – In den 1857/58 verfaßten Manuskripten zu den Grundrissen der Kritik der politischen Ökonomie stellt Marx dann ausdrücklich den Zusammenhang mit der Äquivalenz her: „Equivalente, als gleichgeltende“ (MEGA II.1.1, 166). Sodann findet der Begriff der Gleichgültigkeit in den selbstverständlichen Sprachschatz etwa der 1859 erschienenen Kritik der politischen Ökonomie und schließlich auch des Kapitals Eingang. Dort bringt Marx den Begriff der Gleichgültigkeit auch wieder explizit mit der Äquivalenz in Verbindung, wenn er von „Gleichheit und gleiche[r] Gültigkeit“ spricht (MEGA II.5, 636; II.6, 92). Zum Wortgebrauch im Kapital ist allgemein zu bemerken, daß das erste Kapitel, in welchem die Wertabstraktion vollzogen wird, den abstraktionstheoretisch interessanten Teil darstellt. In den späteren Kapiteln ist der Terminus zwar nach wie vor präsent, jedoch entweder in Phrasen, die Erkenntnisse des ersten Kapitels wiederholen, oder aber schlicht um anzuzeigen, daß in einem bestimmten Zusammenhang ein bestimmter Faktor keine Rolle spielt. 3. Anwendung auf den quantitativen Wertbegriff Der Größenbegriff, den Marx über die durch den Begriff der Gleichgültigkeit angezeigte Abstraktion einführt, ist derjenige des Werts. Die zugrundeliegende Äquivalenzrelation ist diejenige der Tauschgleichheit, in welcher eine Ware einer anderen „gleichgilt, sie ersetzt, mit ihr austauschbar ist“ (MEGA II.5, 29; vgl. auch II.1.1, 165: „die Gegenstände ihres Austauschs, Tauschwerthe, Equivalente, die nicht nur gleich sind, sondern ausdrücklich gleich sein sollen und als gleich gesetzt sind“). Zu beachten ist hier die Frage nach der empirischen Natur der einschlägigen Äquivalenz der Tauschgleichheit. In den mathematischen Beispielen für Abstraktionsdefinitionen beruhte die Äquivalenz auf intellektuellen Operationen (Zuordnung von Elementen zweier Mengen) oder geometrischen Konstruktionen (Formgleichheit und Parallelität). In den Naturwissenschaften werden die Äquivalenzrelationen zwar ebenfalls begrifflich eingefangen, ihr Zutreffen muß aber jeweils empirisch an Meßinstrumenten festgestellt werden (die Gewichtsgleichheit in der Waage usw.). Bei Marx begegnet uns die Tauschgleichheit im ersten Kapitel zunächst ebenfalls als abstrakte Beziehung zwischen Warenmengen. Auf der Analyse-Ebene des zweiten Kapitels erfolgt sodann die empirische Operationalisierung in der sozialen Praxis des – je nach Lesart unmittelbaren oder geldvermittelten – Tauschs. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, daß, wie Marx betont, die Tauschenden ihre Handlung ausführen, ohne dazu über einen Wertbegriff – geschweige denn über einen durch eine ökonomische Theorie fundierten Wertbegriff – verfügen zu müssen. Zur Gleichsetzung im Tausch heißt es: „Sie wissen das nicht, aber sie thun es“ (MEGA II.6, 104); die Wertabstraktion, präzisiert Marx, vollzieht sich „hinter dem Rücken“ der Tauschenden (MEGA II.6, 78). Für eine solche Abstraktion, die im Tun geschieht

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und im Denken nur nachvollzogen wird, hat Alfred Sohn-Rethel den Begriff der Realabstraktion geprägt.42 Der springende Punkt ist, daß eine historische Stufe des Tauschhandelns denkbar ist, in der die Akteure zwar nicht hinsichtlich der Zwecke ihres Tauschens (nämlich der Bedürfnisbefriedigung), aber doch hinsichtlich des Wertbegriffs ebenso bewußtlos agieren wie die Waage bei der Gewichtsbestimmung, womit die Analogie der sozial- zur naturwissenschaftlichen Begriffsbildung deutlich wird. Diese Analogie ist von Sof ’ja Janovskaja, die die Abstraktionsdefinition in der Rekonstruktion der Marxschen Wertlehre fruchtbar machte, im Hinblick auf eine allgemeine Theorie wissenschaftlicher Begriffsbildung hervorgehoben worden.43 Über die technischen Einzelheiten der Wertabstraktion bei Marx kann hinweggegangen werden, da es hier nur auf die Tatsache ankommt, daß Marx eine Abstraktion auf der Grundlage einer Äquivalenzbeziehung vollzieht und daß er dies durch den Begriff der Gleichgültigkeit konzeptualisiert, m.a.W. daß er diese Abstraktionsvorstellung Hegel verdankt und nun explizit zur Einführung eines Größenbegriffs einsetzt (notieren wir lediglich, daß auch die Unterscheidung zwischen „Quantität“ und „Quantum“ bei Marx als diejenige von „Wert“ und „Wertgröße“ wiederkehrt).44 Die Wertabstraktion, um die es uns hier geht, erkennt man sogleich, wenn Marx von zwei in einem Tauschverhältnis stehenden Gütern („Gebrauchswerte“) sagt: „Beide sind also gleich einem Dritten, das an und für sich weder das eine noch das andere ist. Jedes der beiden, soweit es Tauschwert, muß also auf dies Dritte reduzierbar sein.“ (MEGA II.6, 70). Dieses dritte ist natürlich der Wert. Wichtig ist, daß Marx das Verhältnis des Werts (bzw. des „Tauschwerts“ in älteren Texten) zu den verschiedenen Waren als Wertträgern durch den Begriff der Gleichgültigkeit bezeichnet. Dies geschieht im Kapital tatsächlich mehrfach. So z. B. an folgender Stelle, wo es heißt: „der Werth einer Waare A [wird] zwar in nur einer Waare von andrer Art ausgedrückt.

42 Alfred Sohn-Rethel: Geistige und körperliche Arbeit. Zur Epistemologie der abendländischen Geschichte. Revidierte und ergänzte Neuauflage Weinheim 1989. 12. 43 Sof’ja Aleksandrovna Janovskaja: O tak nazyvaemych „opredelenjach čerez abstraktsiju“. [Über die sogenannten „Definitionen durch Abstraktion“.] A. a. O. – Eine deutsche Übersetzung ist erschienen in: Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge. 2011. Hamburg 2013. – Zu Janovskajas Theorie der Begriffsbildung siehe auch: Oliver Schlaudt: Der „Umschlag in der Methode“. Marx’ mathematische Manuskripte als Anregung zu einer Theorie wissenschaftlicher Begriffsbildung bei Sof ’ja A. Janovskaja. – In: Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge. 2011. A. a. O. 73–94. 44 Zu diesen Details siehe: Oliver Schlaudt: Marx als Messtheoretiker. – In: Werner Bonefeld/ Michael Heinrich (Hgg.): Kapital und Kritik. Nach der „neuen“ Marx-Lektüre. Hamburg 2011. 258–280. – Siehe auch den interessanten Artikel von: Ulrich Krause: Über Gleichgültigkeit. – In: Heinz Dombrowski/Ulrich Krause/Paul Roos (Hgg.): Symposium Warenform – Denkform. Zur Erkenntnistheorie Sohn-Rethels. Frankfurt a. M. 1977. 160–170.

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Welcher Art aber diese zweite Waare, ob Rock, ob Eisen, ob Weizen u.s.w., ist durchaus gleichgültig“ (MEGA II.6, 94). Deutlicher noch ist diese Stelle: „Zugleich liegt in der endlosen Reihe seiner Ausdrücke [d.i. Ausdrücke des Werts], daß der Waarenwerth gleichgültig ist gegen die besondre Form des Gebrauchswerts, worin er erscheint“ (MEGA II.6, 95). Schließlich: „So wichtig es aber für den Werth ist, in irgendeinem Gebrauchswerth zu existiren, so gleichgültig ist es, in welchem er existirt“ (MEGA II.6/214). Bemerkenswert an dieser Stelle ist, daß Marx durchaus gesehen hat, daß, wie oben erörtert, solche Abstraktionen nicht auf einzelne abstrakte Begriffe führen, sondern auf Paare wechselseitig abstrakter Begriffe: Die Form ist gleichgültig gegen den Inhalt, der Inhalt aber auch gegen die Form. Der konkrete Inhalt einer Ware ist bei Marx der Gebrauchswert, das gegenständliche und nützliche Ding, die abstrakte, hier sozial konstituierte Form ist die ökonomische Formbestimmung, z. B. als Ware, d. h. als Gegenstand, der mit bestimmtem Wert in den Tausch eingeht. Marx arbeitet diese Erkenntnis schon in den frühen Texten zur Kritik der politischen Ökonomie heraus, denn sie ist maßgeblich für seine Auffassung der politischen Ökonomie als Wissenschaft der gesellschaftsgebundenen ökonomischen Formen: „Der Gebrauchswerth in dieser Gleichgültigkeit gegen die ökonomische Formbestimmung, d. h. der Gebrauchswerth als Gebrauchswerth, liegt jenseits des Betrachtungskreises der politischen Oekonomie“ (MEGA II.2, 108). Dieses Vorgehen ist nur konsequent und zeigt die systematische Tragweite der von Hegel adaptierten Abstraktionsvorstellung: Marx führt per Abstraktion den Wertbegriff ein, und sofern der Wert der ökonomische Gegenstand per se ist, muß also durch dasselbe Abstraktionsverfahren auch der Anwendungsbereich der Ökonomie als Disziplin umrissen werden. Von der „bürgerlichen Politischen Ökonomie“ trennt ihn sodann die Einsicht, es bei der Wertform mit einer „objektiven Gedankenform“ zu tun zu haben, also einer sozial konstituierten Kategorie, die keinen unabhängig bestehenden Sachverhalt einfängt – hier einen substanziell vorgestellten Wert –, sondern in ihrer Anwendung mit den sozialen Faktoren ihrer Konstituierung – hier der Warenproduktion – steht und fällt.

IV. Fazit Zusammenfassend können wir festhalten, daß sich hinter dem Begriff der Gleichgültigkeit in Hegels Wissenschaft der Logik eine interessante Abstraktionstheorie verbirgt – interessant, da Abstraktion nicht psychologisch als ein „Absehen von“ begriffen wird, sondern als eine begriffliche Operation auf der Basis von Äquivalenzrelationen. Hegel erkennt auch den Größenbegriff, dessen innere Problematik er zutreffend beschreibt, als Anwendungsfall dieser Abstrakti-

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onstheorie. Gleichwohl macht er keine Gründe dafür geltend, daß er mit dieser Beobachtung auch tatsächlich ein Alleinstellungsmerkmal der Größe erkannt und somit eine Definition geliefert hat. Marx greift den Begriff der Gleichgültigkeit auf und bezieht ihn ebenfalls auf den Größenbegriff. Er verfolgt dabei jedoch ein anderes Erkenntnisziel als Hegel, nämlich nicht die Analyse des Größenbegriffs, sondern die Rekonstruktion einer bestimmten Größe – derjenigen des ökonomischen Werts –, die derart auf die sozialen Bedingungen ihrer Gültigkeit geprüft wird. Dies ist ein engeres Erkenntnisziel, im Rahmen desselben Marx aber einen sehr fruchtbaren Gebrauch von Hegels Begriff macht.

pete r rohs WA H R H E I T O H N E U N I V E R S A L I E N R E A L I S M U S

abstract: The aim of this article is to justify a concept of universals which is idealistic in the manner of Kantian transcendental idealism, and to show, that this concept is compatible with a realistic idea of truth. Facts cannot be the truth-makers for sentences, but are as Frege thinks the true thoughts themselves. Nevertheless sentences must refer to reality – that is all true sentences to the same thing, the Kantian “something whatsoever = X.” There are, as Davidson has shown, no interesting special entities which, by being related to sentences, can explain why the true ones are true and the others not. Nevertheless the idea of truth is very important, because as Davidson says as well without it we could not be thinking creatures. According to the Kantian theory the intersubjectivity of thoughts must be a product of the spontaneity of the understanding, not of the receptivity of the senses. Therefore too the universals are a result of thinking. Even the philosophy of mathematics gives good reasons for accepting the transcendental idealism of universals.

In dem Universalienstreit geht es um die Frage, ob Universalien – allgemeine Bestimmungen, die mehreren Gegenständen zukommen können – Bestandteile einer denkunabhängigen Wirklichkeit sind oder ob sie nur im Geist denkender Wesen existieren. Die Auseinandersetzung darum geht zurück bis auf die Kritik von Aristoteles an der Ideenlehre Platons. Schon in der Antike sind zu dieser Frage unterschiedliche Auffassungen vertreten worden, und auch heute noch haben sowohl realistische wie idealistische Konzeptionen ihre Anhänger. In diesem Beitrag möchte ich für einen Universalienidealismus argumentieren, also für eine Deutung von Universalien, wie sie um 1320 von Wilhelm von Ockham entwickelt worden ist. Er war überzeugt, es könne mit Evidenz bewiesen werden, daß kein Universale eine extramentale Substanz ist; sie seien vielmehr Intentionen der Seele (intentiones animae) ohne extramentale Realität.1 Diese Auffassung ist in der Folgezeit sehr oft vertreten worden. Auch z. B. für Locke war klar, daß Universalien nur abstrakte Ideen sind; sie gehören nicht

1 William of Ockham: Summa Logicae. – In: ders.: Opera Philosophica. Saint Bonaventure, N.Y. 1974. Pars I, caput 15 (S. 53).

Hegel-Studien 47 (2013) · © Felix Meiner Verlag · ISSN 0073-1587

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zur realen Existenz der Dinge, „but are the inventions and creatures of the understanding, made by it for its own use, and concern only signs, whether words or ideas“.2 Da aber Universalien-realistische Positionen noch immer ihre Befürworter haben, ist es nicht überflüssig, für die Überlegenheit des Idealismus in diesem Punkt zu argumentieren. Die Realisten berufen sich v.a. darauf, daß ohne die Annahme denkunabhängiger Universalien nicht verständlich gemacht werden könne, warum manche Sätze wahr sind und andere falsch. Mit der These „Wahrheit ohne Universalienrealismus“ möchte ich solchen Argumenten entgegentreten und zeigen, daß ein sinnvoller realistischer Wahrheitsbegriff keinen Universalienrealismus impliziert. Kants transzendentaler Idealismus scheint mir die sinnvollste Antwort auf die Frage zu geben, welchen ontologischen Status Universalien haben. Eine Darstellung gegenwärtiger Auseinandersetzungen im Universalienstreit liefert Michael Loux in seinem Buch Metaphysics – a contemporary introduction (London 1998). Ein Verteidiger des Universalienrealismus aufgrund semantischer und wahrheitstheoretischer Überlegungen ist Richard Schantz. Schon in der Einleitung seines Buches Wahrheit, Referenz und Realismus heißt es: „Ich argumentiere für eine Auffassung von Sachverhalten, der zufolge sie Komplexe sind, die sich aus Einzeldingen, Eigenschaften und Relationen zusammensetzen. […] Eigenschaften und Relationen fasse ich als Universalien auf. Ich bin also ein Universalienrealist. Das heißt, ich lehne alle Formen des Nominalismus und des Konzeptualismus nachdrücklich ab. […] Die Form von Universalienrealismus, die ich vertrete, steht in der aristotelischen Tradition, sie ist eine Theorie der universalia in rebus. Sie berücksichtigt, daß Partikularität und Universalität komplementäre Aspekte allen Seins sind. Diese Bemerkungen zum ontologischen Status von Sachverhalten unterstreichen den engen Zusammenhang, in dem Wahrheit und Ontologie zueinander stehen. Denn es ist klar, wozu wir Sachverhalte brauchen: Sachverhalte im geschilderten Sinn sind die Wahrmacher von wahren Aussagen und von wahren Gedanken; sie sind die gesuchten Weltrelata der Korrespondenzrelation.“3 Gegen solche Überlegungen ist mein Beitrag gerichtet. Einen Universalienrealismus, der begründet ist in Annahmen über die logische Struktur von Naturgesetzen, vertritt David M. Armstrong.4 Naturgesetze sollen als irreduzible Relationen zwischen Universalien gedeutet werden. Sowohl für die Gesetze als auch für die Universalien selbst wird dabei eine

2 John Locke: An Essay Concerning Human Understanding. Ed. with an introduction, critical apparatus and glossary by Peter H. Nidditch. Oxford 1975. Book 3, chapter 3, § 11. 3 Richard Schantz: Wahrheit, Referenz und Realismus. Berlin 1996. 3. 4 David M. Armstrong: What is a Law of Nature? Cambridge 1983. (Cambridge Studies in Philosophy)

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realistische Position vertreten. Auch diese Theorie sehe ich als falsch an, ich glaube nicht, daß der Universalienrealismus auf diese Weise gestützt werden kann. Um das zu begründen, müßte ich eine kantische Regularitätstheorie der Kausalität gegen die Einwände von Armstrong verteidigen und zeigen, inwiefern Naturgesetze (ebenfalls mit Kant) als generelle Sätze verstanden werden können, in denen nicht auf Universalien referiert wird. Da ich mich hier auf die wahrheitstheoretischen Fragen konzentrieren möchte, werde ich jedoch darauf nicht weiter eingehen. Ich möchte mich dem Problem des Universalienrealismus nähern über die Frage, was Tatsachen bzw. Sachverhalte sind, ob sie, wie Schantz behauptet, als Wahrmacher für die wahren Sätze gebraucht werden oder nicht, ja ob sie als solche überhaupt dienen können. Die Antwort auf diese Frage spielt für das Problem des Universalienrealismus eine entscheidende Rolle.Werden Tatsachen als Wahrmacher der wahren Sätze gebraucht, führt kein Weg mehr am Universalienrealismus vorbei, wenn nicht, dann liegt jedenfalls kein bedeutungs- oder wahrheitstheoretischer Grund mehr vor, an ihm festzuhalten (wie immer es mit dem Problem der Naturgesetze steht). Daß die Frage nach dem Status der Universalien zusammenhängt mit der Struktur von Propositionen, ist schon von Ockham festgestellt worden. Die These, daß kein Universale eine extramentale Substanz sein könne, begründet er u.a. damit, daß Propositionen nicht aus Substanzen aufgebaut sein können. Eine Theorie, in der Tatsachen als die Grundbausteine der Welt gelten, liegt in Wittgensteins Tractatus vor.5 Die Welt ist ihr zufolge die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge (1.1). Die Welt zerfällt in Tatsachen.Von diesen Tatsachen können wir Bilder machen (2.1); ein Bild ist ein Modell der Wirklichkeit. Den Gegenständen entsprechen im Bilde die Elemente des Bildes (2.13). Wahre Sätze sind Bilder von Tatsachen; um zu erkennen, ob das Bild wahr oder falsch ist, müssen wir es mit der Wirklichkeit vergleichen (2.223). In dieser Konzeption sind die Tatsachen also die maßgeblichen Wahrmacher von Sätzen; sie legen fest, welche Elemente und welche Relationen zwischen ihnen im Bild vorliegen müssen, wenn es wahr sein soll. Als ein entschiedenes Gegenmodell hiergegen muß Kants transzendentaler Idealismus gelten. Im Folgenden möchte ich seine Überlegenheit über diese, aber auch über andere Versionen des Universalienrealismus aufzeigen. Zuvor aber seien drei andere Konzeptionen kurz charakterisiert – diejenigen von Frege, von Strawson und von Davidson. Sie sollen den Weg dahin ebnen, die Überlegenheit der kantischen Konzeption richtig zu verstehen.

5 Ludwig Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus. – In: ders.: Schriften 1. Frankfurt a. M. 1969. 8–83.

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Von der Philosophie Freges sind im vorliegenden Kontext drei Thesen wichtig. Die erste besteht in seiner Antwort auf die Frage, was Tatsachen sind. Sie lautet: Sie sind die wahren Gedanken selbst.6 Mit den von ihm angenommenen „drei Reichen“ zu reden: Sie gehören in das dritte Reich, nicht in das erste. Die Welt (d. h. das erste Reich der raumzeitlich ausgedehnten Gegenstände) ist nicht die Gesamtheit der Tatsachen. Im Gegenteil, in ihm kommt keine einzige Tatsache vor. Als wahre Gedanken fungieren die Tatsachen durchaus in bestimmter Weise als Wahrmacher von Sätzen: Ein Satz ist wahr, wenn er einen wahren Gedanken ausdrückt. Tatsachen sind aber nicht die Wahrmacher der wahren Gedanken; sie sind die wahren Gedanken selbst. Die Gedanken sind auch nicht die Referenzobjekte wahrer Sätze und also nicht die „gesuchten Weltrelata der Korrespondenzrelation“, von denen Schantz spricht. Gedanken sind Sinne; auf Sinne kann höchstens indirekt durch Sinne zweiter Stufe referiert werden, nicht aber dadurch, daß sie, wie Frege sich ausdrückt, „gefaßt“ werden. Ein Sinn wird dadurch, daß er in der Intentio directa gefaßt wird, nicht zu einer Bedeutung im Sinne Freges, zu einem Referenzobjekt. Und Wahrheit kann auch nicht erklärt werden als Übereinstimmung von Gedanken und Tatsachen. Es handelt sich nicht um voneinander unabhängige Relata. Für Frege ist der Wahrheitsbegriff einzigartig und undefinierbar.7 Sachverhalte wird man dementsprechend identifizieren mit den Gedanken als solchen und ungeachtet davon, ob sie wahr oder falsch sind. Sachverhalte sind Sinne, Tatsachen wahre Sinne. Wenn Tatsachen entgegen der Auffassung von Schantz nicht als Wahrmacher der wahren Gedanken in Frage kommen, weil sie mit diesen identisch sind: Was dann könnte festlegen, ob ein Gedanke wahr oder falsch ist? Auch für Frege liegt es an der Beziehung eines Gedankens auf die Wirklichkeit, ob er wahr oder falsch ist. An dieser Stelle kommt die zweite hier zu nennende These ins Spiel: Alle wahren Sätze referieren über die in ihnen ausgedrückten Sinne auf dasselbe und ebenso alle falschen Sätze. Das gemeinsame Objekt aller wahren Sätze bezeichnet er als „das Wahre“, das aller falschen als „das Falsche“. Dies seien zwei Gegenstände, die von jedem, der überhaupt urteilt, anerkannt werden.8 Man sollte aber unterscheiden zwischen der These, daß alle wahren Sätze, wenn sie überhaupt auf etwas referieren, auf dasselbe referieren müssen – eine These, die bei Davidson wichtig werden wird –, und der weiteren These, daß diese Referenzobjekte in Wahrheitswerten bestehen. Diese letztere These ist recht unplausibel; es scheint angemessener zu sein, das gemeinsame Referenzobjekt aller wahren Sätze als „die Wirklichkeit“ oder „die wirkliche Welt“ zu bezeichnen und von den falschen Sätzen zu sagen, daß sie die Wirklichkeit verfehlen. 6 7 8

Gottlob Frege: Kleine Schriften. Hildesheim 1990. 359. Ebd., 344. Ebd., 149.

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Die dritte These, die ich hier heranziehen möchte, formuliert Frege in expliziter Auseinandersetzung mit dem Tractatus.9 Im Tractatus gilt: „Es ist dem Ding wesentlich, der Bestandteil eines Sachverhaltes sein zu können.“ (2.011) Für Frege dagegen gilt: Es ist dem Ding wesentlich, nicht der Bestandteil eines Sachverhaltes sein zu können. Sachverhalte sind Sinne; es gilt das Gesetz, daß nur Sinne Bestandteile von Sinnen (nämlich von komplexen Sinnen, z. B. „Gedankengefügen“) sein können, nicht aber materielle Dinge mit einer raumzeitlichen Größe, einem Gewicht usw. Sachverhalte und Tatsachen haben kein raumzeitliches Volumen, sie nehmen keinen Ort in der Raumzeit ein, sie haben kein Gewicht. Wenn sie überhaupt Bestandteile haben, dann nur solche von derselben Art. In dem Brief vom 28.6.1919 an Wittgenstein wendet Frege ein: Die Bestandteil-Relation ist transitiv; wenn A Bestandteil von B ist und B von C, dann ist A auch Bestandteil von C. Wenn ein Ding also Bestandteil eines bestimmten Sachverhaltes wäre, dann müßten alle seine Bestandteile ebenfalls Bestandteile dieses Sachverhaltes sein. Wenn also der Vesuv Bestandteil eines Sachverhaltes wäre, dann müßte dieser ebenfalls aus erstarrten Laven bestehen, was Frege mit Recht für absurd hält.10 Für die Rechtfertigung des Universalienidealismus möchte ich an drei Thesen Freges festhalten: 1.Tatsachen sind wahre Gedanken, also bestimmte Sinne; 2. alle wahren Gedanken nehmen auf dasselbe Bezug, die Wirklichkeit; und 3. nur Sinne, nicht aber materielle Dinge können Bestandteile von Sinnen sein. Der Unterschied zwischen Tatsachen und materiellen Dingen wird auch in der Wahrheitstheorie von Strawson nachdrücklich herausgestellt. In seinem Aufsatz Truth des Jahres 195011 möchte er in Auseinandersetzung mit Austin zeigen, daß Tatsachen etwas wesentlich anderes sind als Dinge oder Ereignisse. Diese sind Teile der Welt, Tatsachen sind das nicht (152, 154/253, 256), sie sind nicht etwas in der Welt (151/252). Tatsachen können anders als Dinge in der Welt nicht gesehen oder gehört, zerbrochen oder umgestoßen, unterbrochen oder verlängert (151/253), mit Kaffee übergossen werden (154/274) usw. Ereignisse können datiert und Dinge lokalisiert werden, die von wahren Aussagen ausgesagten Tatsachen dagegen lassen sich weder datieren noch lokalisieren (154/274). Wie mein Kieler Lehrer Walter Bröcker zu sagen pflegte: Die Tatsache, daß der Mond 400.000 km von der Erde entfernt ist, ist nicht selbst 400.000 km von

9 Vgl.: Gottlob Frege: Briefe an Ludwig Wittgenstein aus den Jahren 1914–1920. – In: Grazer Philosophische Studien. Internationale Zeitschrift für Analytische Philosophie. Herausgegeben von Rudolf Haller. Amsterdam/Atlanta, GA. 36 (1989), 5–33. 10 Ibid., 19. 11 Siehe: Peter Frederick Strawson: Logico-Linguistic Papers. Aldershot 22004. 147–164. – Dt. in: Gunnar Skirbekk: Wahrheitstheorien. Frankfurt a. M. 1977. 246–275.

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der Erde entfernt. Deswegen muß die Beziehung einer wahren Aussage auf eine Tatsache etwas anderes sein als die Beziehung des referierenden Teils einer Aussage auf den Teil der Welt, auf den er referiert. In der Aussage „Die Katze hat die Räude“ (the cat has the mange) referiert der Teil „die Katze“ auf eine Katze (etwas in der Welt, ein „material correlate“); der Teil „hat die Räude“ nennt die Beschaffenheit, die ihr zukommen soll (ein „pseudomaterial correlate“); die Tatsache, der der Satz „korrespondieren“ soll, soll das „pseudomaterial correlate“ des ganzen Satzes sein (151/252). Es heißt jedoch: „It is evident that there is nothing else in the world for the statement itself to be related to either in some further way of its own or in either of the different ways in which these different parts of the statement are related to what the statement is about. And it is evident that the demand that there should be such a relatum is logically absurd: a logically fundamental type-mistake. But the demand for something in the world which makes the statement true (Mr. Austin’s phrase), or to which the statement corresponds when it is true, is just this demand.“ (150/251) Tatsachen sind das, was die Aussagen, sofern sie wahr sind, aussagen, sie sind nicht dasjenige, worüber etwas ausgesagt wird, und ebenfalls nicht dasjenige, was sie wahr macht. Es hat keinen Sinn, Tatsachen als Wahrmacher (truthmaker) von Aussagen anzunehmen. Tatsachen dürfen nicht als Dinge oder Gruppen von Dingen gelten (154/256). Daß die Katze auf der Matte sitzt, macht nicht einen „einzigen Klumpen“ (a single chunk) aus (162/270). Auch Situationen gehören kategorial auf die Seite von Tatsachen, nicht von Dingen oder Ereignissen, sie sind Mengen von Tatsachen, nicht Mengen von Dingen oder Ereignissen (153/255). Sie können so wenig wie Sachverhalte gesehen oder gehört werden. Da Tatsachen keine von Aussagen unabhängige Teile der Wirklichkeit sind, sind sie ihrer Existenz nach an diese gebunden: „If you prise the statements off the world you prise the facts off it too; but the world would be none the poorer.“ (152/254) Man kann sich eine Sprache vorstellen, in der es nur imperativische Sätze gibt; die Pseudoentitäten, die Sätze wahr machen sollen, wären dann gar nicht mehr vorfindbar (154/258).Tatsachen können also nicht die nicht-sprachliche Seite der Korrespondenzrelation sein, als die man Wahrheit (fälschlich) versteht (155/259). Und schließlich, in direktem Widerspruch zum Tractatus: „The world is the totality of things, not of facts.“ (153/273) Nur Ereignisse und Dinge dürfen als Teile der Welt gelten. Die Kernpunkte von Strawsons Ausführungen sind also:Tatsachen sind keine Teile der Welt, sie können nicht als Wahrmacher für Aussagen fungieren, sie sind nicht die Referenzobjekte von wahren Aussagen und auch nicht die Relata einer Korrespondenzrelation zwischen Aussagen und der Wirklichkeit. Eine Korrespondenztheorie der Wahrheit, die das Gegenteil unterstellt, ist falsch. Diese Thesen stimmen mit den von Frege angeführten grundsätzlich überein. Auch für Frege gilt, daß Tatsachen nicht angefaßt oder gesehen werden können, weil

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sie Elemente des „dritten Reiches“ sind, und daß dann, wenn dieses verschwände, sich an dem ersten nichts ändern würde. Das zweite Reich allerdings, dasjenige der Vorstellungen, müßte ebenfalls verschwinden. Vorstellungen würden unmöglich, wenn es keine Sinne gäbe. Diese enge Verbindung zwischen dem zweiten und dem dritten Reich wird sich als wesentlich erweisen, wenn wir uns Kant zuwenden. Zuvor aber noch einige Bemerkungen zu Davidsons Wahrheitstheorie. Er stellt sie unter das Motto: „correspondence without confrontation“ – Korrespondenz ohne Vergleich.12 Davidson stellt die Frage: „If meanings are given by objective truth conditions, there is a question how we can know that the conditions are satisfied […].“ Die Antwort noch im gleichen Satz: „[…] for this would appear to require a confrontation between what we believe and reality; and the idea of such a confrontation is absurd.“13 Wenn es aber unmöglich ist, A und B miteinander zu vergleichen, dann ist es auch sinnlos, A als ein Bild von B zu bezeichnen. Gedanken können nicht Bilder von Tatsachen sein, weil die Vorstellung, man könne beide miteinander vergleichen, absurd (nach Strawson ein fundamentaler logischer Typenfehler) ist. Wenn es aber absurd ist, Bilder von Tatsachen anzunehmen, dann können Tatsachen auch nicht etwas sein, das seinen Sinn darin hat, abgebildet zu werden. Was immer Tatsachen sind, sie sind nichts Abzubildendes. Die Beziehung von wahren Gedanken auf die Wirklichkeit kann nicht in einem Abbilden bestehen. Davidson polemisiert deswegen gegen eine Ontologie der Tatsachen, der zufolge es unendlich viele vom Denken unabhängige Tatsachen in der Welt geben müßte. Nicht nur jedem wahren Satz müßte eine solche entsprechen – da die Tatsachen ja unabhängig davon existieren sollen, daß irgendwelche Äußerungen faktisch gemacht werden, müßte auch für jede Äußerung, die wahr wäre, wenn sie gemacht würde, schon seit je eine passende Tatsache existieren. Die Tatsachen müssten zeitlos-ewig existieren. Für Davidson steht fest: Solche Entitäten gibt es nicht, es ist infolgedessen nicht möglich, mit ihrer Hilfe erklären zu wollen, warum die wahren Sätze wahr sind und die anderen nicht. Es heißt: „There are no interesting and appropriate entities available which, by being somehow related to sentences, can explain why the true ones are true and the others not.“14 Tatsachen jedenfalls können nicht als solche Entitäten dienen. Ein weiteres Argument, das Davidson gegen eine Tatsachen-Ontologie vorbringt, läuft heute unter der Bezeichnung „slingshot“. Es wird gern auf Frege

12 Donald Herbert Davidson: Subjective, Intersubjective, Objective. Oxford 2001. 137. – Dt.: Subjektiv, intersubjektiv, objektiv. Übersetzt von Joachim Schulte. Frankfurt a. M. 2004. 234. 13 Ebd. 14 Donald Herbert Davidson: Truth, Language, and History. Oxford 2005. 6. – Dt.: Wahrheit, Sprache und Geschichte. Übersetzt von Joachim Schulte. Frankfurt a. M. 2008. 29.

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zurückgeführt und ist auf verschiedene Weise von Church, Gödel und Davidson selbst in eine formal explizite Version gebracht worden. Das Argument soll zeigen, daß dann, wenn Tatsachen die Referenzobjekte von wahren Sätzen wären, alle Tatsachen zu einer einzigen verschmelzen würden. Anders gesagt, wenn wahre Sätze überhaupt auf etwas referieren, also eine Bedeutung im Sinne Freges haben, dann referieren alle wahren Sätze auf dasselbe. Das ist eine der wichtigen Thesen Freges. Bei Davidson heißt es: „And an argument is handy, thanks to Frege, showing that if sentences refer at all, all true sentences must refer to the same thing.“15 An anderer Stelle bemerkt Davidson, daß in einer solchen Semantik alle Tatsachen zu einer verschmelzen müßten: „Worse still, if we try to provide a serious semantics for reference to facts, we discover that they melt into one, there is no telling them apart.“16 Das gilt jedoch nur, wenn sie als Referenzobjekte wahrer Sätze angesehen werden. Als Sinne verschmelzen sie selbstverständlich nicht zu einem einzigen. Wahre Sätze, die nicht synonym sind, drücken unterschiedliche Gedanken aus. Da das Argument genau ausgearbeitet worden ist, sieht man einerseits, daß es formal schlüssig ist, andererseits aber auch, welche Prämissen verwendet werden. Ein Anhänger einer Tatsachen-Ontologie kann also sehen, welche Annahmen er vermeiden sollte. Ich lege deswegen diesem Argument keinen besonderen Wert bei; an den philosophischen Schwierigkeiten des Universalienrealismus geht es vorbei. Es ist wohl nur ein Indiz dafür, daß es welche gibt. Das Problem ist nicht, daß alle Tatsachen zu einer verschmelzen, sondern daß die Welt nicht die Gesamtheit der Tatsachen sein kann, weil Tatsachen Sinne, wahre Gedanken sind. Trotzdem vertritt Davidson eine realistische Korrespondenztheorie der Wahrheit, aber eben eine mit einer Korrespondenz ohne Vergleich. Wahrheit hängt, wie er sagt, von dem So-Sein der Welt ab. Es heißt: „Correspondence, while it is empty as a definition, does capture the thought that truth depends on how the world is.“17 Zu Wahrheit gehört also durchaus eine Relation „Satz – Welt“, nicht aber eine Relation „bestimmter Satz – bestimmter Teil der Welt“, weil es keine passenden Teile, keine Entitäten gibt, die durch ihren Zusammenhang mit Sätzen erklären könnten, warum manche Sätze wahr und andere falsch sind. Davidsons Auffassung stimmt also mit derjenigen von Frege überein, auf die er sich ja auch wiederholt beruft. Wie Davidson anmerkt (ebd.), sollte diese Beziehung der Wahrheit auf die Wirklichkeit genügen, um die meisten epistemischen oder pragmatischen Theorien von Wahrheit in Mißkredit zu bringen. Wahrheit besteht weder in gesicherter Behauptbarkeit noch in Nützlichkeit.

15 Donald Herbert Davidson: Essays on Actions and Events. Oxford 1980. 132. – Dt.: Handlung und Ereignis. Übersetzt von Joachim Schulte. Frankfurt a. M. 1985. 191. 16 (2005) 5; (dt. 2008) 29. 17 (2005) 16; (dt. 2008) 46.

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Mit Frege stimmt Davidson auch darin überein, daß es aussichtslos ist, Wahrheit definieren zu wollen. Einer seiner Aufsätze hat den Titel The Folly of Trying to Define Truth.18 Verglichen mit Begriffen wie Überzeugung oder Kohärenz sei der Wahrheitsbegriff „beautifully transparent“,19 er sollte als undefinierter Grundbegriff („primitive concept“) verstanden werden (ebd.). Es handelt sich jedoch um einen entscheidend wichtigen Begriff, denn ohne ein Verständnis von ihm sei nicht nur die Sprache, sondern das Denken selbst unmöglich. Eine Meinung könne man nur dann haben, wenn man weiß, daß Meinungen wahr oder falsch sein können: „[…] without the idea of truth we would not be thinking creatures, nor would we understand what it is for someone else to be a thinking creature.“20 Der Aufsatz, in dem diese Thesen begründet werden, hat den Titel Truth Rehabilitated. Eine nachhaltigere Rehabilitation von Wahrheit ist auch kaum denkbar. Konzeptionen, die den Wahrheitsbegriff für theoretisch entbehrlich halten, sind verfehlt, so Davidson in Auseinandersetzung mit Rorty. Der kurze Durchgang durch die Überlegungen von Frege, Strawson und Davidson hat also, wie mir scheint, überzeugende Argumente dafür ergeben, daß Tatsachen nicht als denkunabhängige Teile der Welt gelten können. Die von Wittgenstein im Tractatus vertretene Auffassung, Gedanken seien Bilder solcher Entitäten, ist unhaltbar, denn die Vorstellung, man könnte Überzeugungen mit solchen Entitäten vergleichen, ist absurd. Tatsachen können auch nicht wie Bäume oder Steine gesehen werden, denn sie existieren nicht in Raum und Zeit, sie können kein Licht reflektieren und keine kausalen Wirkungen ausüben. Zusätzlich kann man auf die Perspektivität der elementaren präsentischen Tatsachen hinweisen. Ein Satz wie „heute regnet es“ ist aus der Perspektive einer Gegenwart gesprochen. Auch Aussagen über Mentales haben stets einen perspektivischen Charakter; Searle z. B. nimmt an, daß dem Mentalen eine Ontologie der ersten Person entspricht. Für Sätze, die nur aus einer Perspektive wahr sind, kann es keine denkunabhängigen Tatsachen als Wahrmacher geben. Da die präsentischen Sätze die Basis für andere temporal definite Sätze bilden, gilt das dann auch für diese. Was ergibt sich nun, wenn man sich mit diesen Resultaten dem kantischen transzendentalen Idealismus zuwendet? Ich möchte zeigen, daß er nicht nur mit ihnen übereinstimmt, sondern sie auch voraussetzt. Mit der Vorstellung, denkunabhängige Tatsachen seien die Wahrmacher der wahren Sätze, ist dieser Idealismus unvereinbar. Außerdem aber besitzt er in meinen Augen ein Verständnis von dem Verhältnis von Denken und Wirklichkeit, das erst die Grundlagen liefert für das, was die angeführten Autoren gemeinsam behaupten. 18 19 20

(2005) 19; (dt. 2008) 48. (2001) 139; (dt. 2004) 237. (2005) 16; (dt. 2008) 46.

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Ausgangspunkt für die Darstellung der Kantischen Konzeption muß sein, daß ihr zufolge Begriffe ein Produkt der Spontaneität des Verstandes sind.21 Dadurch wird nicht unmittelbar ausgeschlossen, daß es nicht zusätzlich zu den Begriffen noch denkunabhängige Universalien gibt, doch wäre diese Annahme im Rahmen des transzendentalen Idealismus nicht sinnvoll. Die vom Verstand hervorgebrachten Begriffe könnten ja nicht mit solchen Universalien abgeglichen werden, weil diese nicht gegeben sein können. Die Bildrelation setzt voraus, daß Bild und Abgebildetes unabhängig voneinander gegeben sein können. Die Rezeptivität ist jedoch auf raumzeitlich Einzelnes beschränkt, weil sie an eine kausale Affektion gebunden ist. Denkunabhängige Universalien könnten also nicht sinnlich-rezeptiv gegeben sein, sie wären ein leerlaufendes Rad im epistemischen Apparat. Daß sie auch keine Funktion als Wahrmacher bzw. als Teile von solchen haben können, ergibt sich aus Kants Bemerkungen zum Wahrheitsbegriff. Er „schenkt“ zwar die „Namenerklärung der Wahrheit“, daß sie die Übereinstimmung der Erkenntnis mit ihrem Gegenstand sei.22 Was hier mit „Gegenstand“ gemeint ist, bleibt an dieser Stelle noch offen und wird erst einige Seiten später erläutert, und zwar ebenfalls in der ersten Version der Kritik. Es ist also angemessen, die „Namenerklärung“ im Lichte der späteren Passage zu interpretieren. Sie lautet: „Was versteht man denn, wenn man von einem der Erkenntnis korrespondierenden, mithin auch davon unterschiedenen Gegenstande redet? Es ist leicht einzusehen, daß dieser Gegenstand nur als etwas überhaupt = X müsse gedacht werden, weil wir außer unserer Erkenntnis doch nichts haben, welches wir dieser Erkenntnis als korrespondierend gegenüber setzen könnten.“23 Von diesem X wird weiter gesagt, es sei für alle Erkenntnisse ein und dasselbe.24 Auch für Kant gilt also, daß ein Vergleichen von Erkenntnissen mit Gegenständen, die ihnen korrespondieren sollen, nicht möglich ist, weil wir außer unserer Erkenntnis nichts haben, also kein zweites Relatum für die Korrespondenz. Man kann deswegen nicht beides, Erkenntnis und korrespondierenden Gegenstand, nebeneinander halten, um zu sehen, wieweit sie übereinstimmen. Dadurch ist nicht ausgeschlossen, daß sinnvoll von einer Korrespondenz die Rede sein kann. Ebenso wenig ist ausgeschlossen, daß es eine singuläre Referenz auf spezielle einzelne Gegenstände gibt (bei Kant v.a. durch die Anschauung). Die Wirklich-

Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft. Nach der 1. und 2. Originalausgabe herausgegeben von Jens Timmermann. Mit einer Bibliographie von Heiner Klemme. Hamburg 1998. A 74; B 93. (Im Folgenden: KrV zitiert unter Seitenangabe nach der ersten [1781 = A] und zweiten [1787 = B] Originalausgabe) 22 KrV A 58; B 82. 23 KrV A 104. 24 KrV A 109. 21

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keit läßt sich durchaus durch singuläre Referenzen gliedern. Die Anschauung bezieht sich keineswegs nur auf das etwas überhaupt = X. Das X ist das, was der Erkenntnis korrespondiert, nicht aber das, was der Anschauung korrespondiert. Die Aussage Kants, daß wir außer unserer Erkenntnis doch nichts haben, was wir ihr als korrespondierend gegenüber setzen könnten, entspricht der Aussage Davidsons, daß uns keine interessanten Entitäten zu Gebote stehen, die erklären können, warum die wahren Sätze wahr sind und die falschen falsch. Und daß das, was der Erkenntnis korrespondiert, für alle Erkenntnis ein und dasselbe ist, möchte ich als Entsprechung ansehen zu der Aussage Freges, daß sich alle wahren Aussagen auf dasselbe beziehen, sowie zu Davidsons Aussage, daß es zwar an der Wirklichkeit, nicht aber an Tatsachen liegt, ob Sätze wahr oder falsch sind. Die erste Kategorie aus der Gruppe der Relationskategorien bezeichnet Kant als die Relation der Inhärenz und Subsistenz (substantia et accidens).25 Das Inhärieren muß die eigentliche Kategorie sein. Auch Ereignisse wie Gewitter, Partys oder Urlaube können ja Eigenschaften haben, ohne deswegen Substanzen sein zu müssen. Die für das Denken unentbehrliche Relation ist das Inhärieren, nicht Substantialität. Bei ihr handelt es sich um einen reinen Verstandesbegriff, um etwas, über das man verfügen muß, um überhaupt denken zu können (wie nach Davidson über den Begriff der Wahrheit, der mit dem des Inhärierens eng verbunden ist), und das unser Verstand, wie Kant sagt, in die Dinge „hineinlegt“. Von einem „Hineinlegen“ kann freilich nur metaphorisch die Rede sein; es findet keine kausale Einwirkung auf die denkunabhängige Wirklichkeit statt. Wir verändern die Dinge nicht, wenn wir sie erkennen (abgesehen selbstverständlich von der kausalen Wechselwirkung, die in der Affektion enthalten ist und die in der Quantenmechanik zu erheblicher Bedeutung kommt). Es gibt aber kein denkunabhängiges Inhärieren, so wenig wie es denkunabhängige Universalien gibt. Das bedeutet nicht, daß Aussagen, die Dingen oder Ereignissen Eigenschaften zuschreiben und in diesem Sinn ein Inhärieren von etwas in etwas behaupten, nicht wahr sein können. Das Inhärieren muß interpretiert werden über das Wahrsein singulärer Gedanken, nicht aber durch die unverständliche Relation, daß ein denkunabhängiges Universale in einem Einzelgegenstand enthalten sein soll. Das ist der Sinn des „Hineinlegens“. Weder ist das Universale „Apfel“ irgendwo in einem Apfel enthalten noch das Universale „Kernkraftwerk“ in einem Kernkraftwerk. Die Wahrheit von Sätzen wie „dies ist ein Apfel“ oder „dies ist ein Kernkraftwerk“ darf durchaus realistisch verstanden werden, aber nicht so, als müßten dabei den Elementen eines Bildes Elemente der Wirklichkeit eins zu eins entsprechen. – An anderer Stelle habe ich zu zeigen versucht, daß in entsprechender Form Kausalrelationen interpretiert werden sollten über

25

KrV A 80; B 106.

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das Wahrsein bestimmter Erklärungen.26 Auch bei Kausalität handelt es sich um einen reinen Verstandesbegriff, bei dem das „Hineinlegen“ nur bedeutet, daß die Relation über das Wahrsein entsprechender Gedanken zu verstehen ist. Die zentrale These von Kants transzendentalem Idealismus ist, daß Erscheinungen und Dinge an sich unterschieden werden müssen. Erscheinungen sind stets Erscheinungen für jemanden, die Beziehung auf ein erkennendes Wesen gehört zu ihnen hinzu. Dinge an sich dagegen sollen außerhalb einer solchen Beziehung stehen. Über den Status von Tatsachen handelt Kant nicht eigens, aber es dürfte deutlich sein, daß sie auf die Seite der Erscheinungen gehören müssen. Das folgt daraus, daß das Inhärieren ein reiner Verstandesbegriff ist und daß Begriffe Produkte der Spontaneität des Verstandes sind, die nicht an irgendwelche denkunabhängigen Universalien angepaßt werden können oder gar müssen. Tatsachen sind die Weise, wie eine denkunabhängige Wirklichkeit für ein erkennendes, Begriffe bildendes Wesen gegeben ist. Der Unterschied zwischen wahr und falsch hängt ab von jenem etwas überhaupt = X, das, wie Kant sagt, dawider ist, daß unsere Erkenntnisse aufs Geratewohl bestimmt sind.27 Zur Wahrheit gehört die Beziehung auf eine denkunabhängige Wirklichkeit. Darauf insistieren, wie wir gesehen haben, auch Frege, Strawson und Davidson. Kant betont dies z. B. sehr energisch gegen Berkeleys Idealismus. Für Kant unterscheiden sich Erscheinungen und Dinge jedoch nicht nur dadurch, daß allgemeine Bestimmungen auf die Seite der Erscheinungen gehören. Außerdem sollen sich auch räumliche und zeitliche Bestimmungen nur auf seiten der Erscheinungen finden, da Raum und Zeit als Anschauungsformen gelten. Diese Annahme ist jedoch sehr problematisch und von Kant auch nur schwächer begründet als der Universalienidealismus. Ich habe deswegen in einer Reihe von Veröffentlichungen einen restringierten transzendentalen Idealismus vorgeschlagen, in dem die These der Anschauungsform restringiert wird auf die modalen, in dem zeitlichen Werden begründeten Zeitbestimmungen, wohingegen der Raum und die bloße zeitliche Erstreckung realistisch gedeutet werden sollen. Das hat die Konsequenz, daß man Tatsachen und Erscheinungen identifizieren kann. Als Dinge an sich müssen bei dieser Restriktion des Idealismus die einzelnen Entitäten gelten, die ein raumzeitliches Volumen und einen Ort in Raum und Zeit haben. Tatsachen gehören, wie von Strawson auseinandergesetzt, nicht dazu. Man kann nicht gegen sie treten oder Kaffee über sie ausgießen. Die Unterscheidung von Erscheinungen und Dingen an sich fällt so letzten Endes zusammen mit der für Davidson so wichtigen zwischen

26 Peter Rohs: Noch einmal: libertarianische Freiheit. – In: Marius Backmann/Jan G. Michel (Hgg.): Physikalismus, Willensfreiheit, Künstliche Intelligenz. Paderborn 2009. 133–156. 27 KrV A 104.

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Tatsachen und Ereignissen – Ereignisse mit raumzeitlicher Erstreckung, Tatsachen ohne sie. Die denkunabhängige Wirklichkeit ist die Gesamtheit der Ereignisse, nicht der Tatsachen. Kants transzendentaler Idealismus ist also gebunden an die These, daß es Wahrheit ohne Universalienrealismus gibt. Zu Wahrheit gehört jedoch Intersubjektivität. Bei dieser Frage zeigt sich die spezifische Leistung der kantischen Theorie. Man kann sie unter das Motto stellen „Intersubjektivität durch Subjektivität“.28 Man kann das auch so ausdrücken: Intersubjektivität ist stets eine Leistung von Subjektivität; sie kann nur als solche verstanden werden. Zu empirischer Erkenntnis gehört die Beziehung auf eine denkunabhängige Wirklichkeit, aber die intersubjektive Geltung dieser Erkenntnis beruht nicht darauf, daß sie sich auf eine denkunabhängige Wirklichkeit bezieht. Schon das Beispiel des mathematischen Wissens zeigt, daß die Intersubjektivität nicht in einer denkunabhängigen Wirklichkeit verankert sein muß. Die Beziehung auf eine denkunabhängige Wirklichkeit ist Sache der Rezeptivität, nicht der Spontaneität, die Intersubjektivität dagegen eine Sache der Spontaneität, nicht der Rezeptivität. Die Spontaneität schafft Sinngebilde wie Begriffe und Gedanken, die prinzipiell für jedermann als dieselben zugänglich sind. Frege hat diese intersubjektive Zugänglichkeit der Gedanken damit begründen wollen, daß er sie in ein „drittes Reich“ versetzt, in dem sie unabhängig vom Denken einzelner Personen zeitlos und ewig existieren. Bei dieser Auffassung ergibt sich jedoch wieder das Problem einer Rezeptivität, die nicht kausal interpretiert werden kann. Das „Fassen“ der Gedanken müßte etwas sein wie das platonische Schauen einer Idee. Freges Ausdruck „Fassen“ für die epistemische Beziehung auf Gedanken führt in die Irre, wenn er im Sinn eines rezeptiven Aufnehmens verstanden wird. Er schreibt z. B.: „Wenn man einen Gedanken faßt oder denkt, so schafft man ihn nicht, sondern tritt nur zu ihm, der schon vorher bestand, in eine gewisse Beziehung, die verschieden ist von der des Sehens eines Dinges und von der des Habens einer Vorstellung.“29 Diese spezielle Beziehung bleibt jedoch unverständlich; sie kann nicht kausaler Natur sein. Es ist darum sinnvoller, mit Kant das Denken eines Gedankens als eine Leistung der Spontaneität aufzufassen. Trotzdem sollte Freges Unterscheidung zwischen Vorstellungen und Gedanken für eine systematische Rekonstruktion des transzendentalen Idealismus beibehalten werden. Durch sie wird verdeutlicht, daß Vorstellungen zwar psychische Ereignisse sind, ihre Inhalte aber gerade als Produkte synthetischer Leistungen nichts Psychisches mehr sind. Kant identifiziert

28 Höffe spricht von „Objektivität durch Subjektivität“. – In: ders.: Kants Kritik der reinen Vernunft. Die Grundlegung der modernen Philosophie. München 2003. 42. 29 Gottlob Frege: Kleine Schriften. A .a. O. 354.

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wiederholt Erscheinungen mit Vorstellungen. In einer eigens für die zweite Auflage der „Kritik“ neu verfaßten Passage heißt es z. B.: „Allein Erscheinungen sind nur Vorstellungen von Dingen, die, nach dem, was sie an sich sein mögen, unerkannt da sind.“30 Daß diese Identifizierung von Erscheinungen mit Vorstellungen dem wahren Sinn des transzendentalen Idealismus nicht gerecht wird, ist schon oft (z. B. auch schon von Frege) konstatiert worden. Erscheinungen sind noematische Gehalte von Vorstellungen, die aber nicht selbst Vorstellungen oder überhaupt psychische Ereignisse sind. Eine entsprechende Doppeldeutigkeit des Wortes „Aussage“ merkt auch Strawson an:31 Damit kann gemeint sein ein Ereignis des Sprechens, aber auch ein Gehalt, der kein Ereignis ist. Erscheinungen sind keine psychischen Ereignisse; sie sind Sinne, die durch zwei Bänder mit der Wirklichkeit verbunden sind: durch Anschauungen mit einem einzelnen Teil der Welt, durch Wahrheit mit der Welt als solcher. Das Wahrsein ist nicht gestützt auf reale Universalien; das Inhärieren von Universalien in einzelnen Ereignissen ist ein reiner Verstandesbegriff, der Erscheinungen konstituiert. Für die Erscheinungen gibt es deshalb keine denkunabhängigen Pendants. Es gibt einen Typ eines philosophischen Fehlers, der in einem Mißbrauch der Präposition „in“ besteht. Universalienrealisten begehen einen derartigen Fehler, wenn sie davon sprechen, daß Universalien „in“ den Dingen stecken (universalia in rebus). Bei Kant kommt etwas Ähnliches vor, so wenn er sagt, daß Raum und Zeit (oder auch raumzeitliche ausgedehnte Dinge) „in“ uns oder „in“ unserem Gemüt existieren. Die, wie Vaihinger sagt, „verfängliche Wendung“, daß Erscheinungen „nur in uns“ vorhanden sein sollen,32 ist seit dem Erscheinen der Kritik auf Widerstand gestoßen.33 Weder sind Universalien „in den Dingen“ noch Erscheinungen „nur in uns“. Die genannte Restriktion des transzendentalen Idealismus erzwingt eine Neudeutung des mathematischen Wissens. Kant stützt es auf reine Anschauungen. Die These, daß es reine Anschauungen gibt, hängt jedoch ab davon, daß Raum und Zeit Anschauungsformen sind. Für Kant ist es ein wichtiges Argument für seine Konzeption der Idealität von Raum und Zeit gewesen, daß nur sie das mathematische Wissen verständlich machen kann. Wenn jedoch nur noch die modalen Zeitbestimmungen als Inhalt einer Anschauungsform gelten, bleibt keine reine Anschauung übrig, die als Grundlage des mathematischen Wissens dienen könnte. Eine Rechtfertigung des mathematischen Wissens, die auf solche Anschauungen gestützt sein soll, wird unmöglich.

KrV B 164. A. a. O. (22004) 147; (1977) 247. 32 KrV A 42; B 59. 33 Hans Vaihinger: Kommentar zu Kants Kritik der reinen Vernunft. Neudruck der 2. Aufl age Stuttgart 1922. Bd. 2. 446. 30 31

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Nun ist die Entwicklung der Mathematik im 19. Jahrhundert durch zwei Revolutionen gekennzeichnet. Die eine ist, daß anschauliches Wissen radikal aus ihr eliminiert worden ist. Das liegt z.T. daran, daß Theorien entwickelt worden sind, die nicht mehr anschaulich gerechtfertigt werden können. Dies gilt schon für Geometrien in höherdimensionalen Räumen und noch mehr für abstrakte Topologien. Aber selbst die euklidische Geometrie ist in ihrer Hilbertschen Version zu einem axiomatisch-deduktiven System geworden, in dem anschauliche Begründungen keine Rolle mehr spielen. Die zweite Revolution ist die Ausbildung der Mengenlehre, die zum Fundament der gesamten Mathematik geworden ist. Auch bei ihr handelt es sich um eine nicht in einer reinen Anschauung begründbare Disziplin. Diesen Revolutionen zufolge macht es auch aus mathematischer Perspektive keinen Sinn mehr, mathematisches Wissen auf reine Anschauungen gründen zu wollen. Es gibt also auch keine mathematischen Argumente mehr dafür, an der Konzeption der Anschauungsformen festzuhalten. Eine transzendental-idealistische Theorie der Mathematik sollte stattdessen darin bestehen, dem Verstand außer der Kompetenz zur spontanen Erzeugung von Begriffen und Gedanken auch diejenige zu einer entsprechenden Erzeugung von Mengen zuzuschreiben. Bei Kant heißt es: „Wir können aber alle Handlungen des Verstandes auf Urteile zurückführen, so daß der Verstand überhaupt als ein Vermögen zu urteilen vorgestellt werden kann.“34 Mengen sind etwas anderes als Urteile oder Begriffe. Man wird also sagen, daß es einen weiteren Handlungstyp des Verstandes gibt, der nicht auf Urteile zurückgeführt werden kann, das Bilden von Mengen. Kant erwähnt gelegentlich Mengen (z. B. als Begriffsumfänge), aber sie sind für ihn nicht zu einem eigenen Problem geworden. Erst recht konnte er kein Bewußtsein davon haben, daß sich auf die Operation der Mengenbildung die gesamte Mathematik bauen läßt. Von heute aus wird man allerdings annehmen müssen, daß der Mathematik dieser zweite Handlungstyp zugrundeliegt, auch wenn dann selbstverständlich Sätze über Mengen behauptet werden. Um die heutige Mathematik zu erfassen, muß man annehmen, daß der Verstand in diesem zweiten Handlungstyp sogar unendliche Konstruktionen erfolgreich abschließen kann. Mit Cantor hat das Aktual-Unendliche Einzug in die Mathematik gehalten; die Mathematiker sind nicht mehr bereit, darauf zu verzichten. Die zugrundeliegende Spontaneität des Verstandes ist allerdings wie diejenige der Gedankenbildung an bestimmte Regeln gebunden. Die Konstruktion ihrer Produkte muß in geordneter Form so erfolgen, daß bei einem bestimmten Konstruktionsschritt nur das zur Anwendung kommen darf, was schon konstruiert worden ist. Die Konstruktionen haben, wie es heißt, in „re-

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KrV A 69; B 94.

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kursiver Form“ zu erfolgen. Keine Kette von Voraussetzungen darf unendlich lang sein. F. von Kutschera hat eine solche konstruktive Mengenlehre in Grundzügen dargestellt und gezeigt, daß dabei alle Antinomien in natürlicher Weise aus der Theorie verschwinden. Den Grund für das Auftreten von Antinomien sieht er in dem Festhalten am Universalienrealismus.35 Es gibt also sogar Gründe aus dem Bereich der Philosophie der Mathematik, den Universalienrealismus abzulehnen. Die Leistung der Konstitution von Intersubjektivität, die Kant für die Urteilsbildung untersucht und mit Strukturen des Selbstbewußtseins (einer „transzendentalen Apperzeption“) erklärt, kann aber ohne weiteres auch für die Mengenbildung angenommen werden. Mengen sind wie Urteile Produkte einer Spontaneität, die Intersubjektivität ermöglicht. Ein weiteres Argument, das zugunsten des Universalienrealismus vorgebracht worden ist, soll zum Schluß noch kurz betrachtet werden. Es beruft sich auf die Referenz auf abstrakte Gegenstände mit Hilfe entsprechender singulärer Termini. Der Satz „Gerechtigkeit ist eine Tugend“ ist gewiß wahr, er könne aber, so argumentiert man, nur dann wahr sein, wenn der singuläre Terminus „Gerechtigkeit“ erfolgreich auf etwas Wirkliches referiert. Es müsse also die erforderlichen Entitäten geben – etwa eine platonische Idee der Gerechtigkeit, die etwas Wirkliches, jedoch kein Gegenstand in Raum und Zeit ist. Der Universalien-Idealist wird die Wahrheit solcher Aussagen nicht bestreiten können. Ihm stehen zwei Strategien zur Verfügung, um seine Position zu verteidigen. Einmal kann er versuchen, derartige Aussagen so umzuformulieren, daß die abstrakten singulären Termini aus ihnen verschwinden. „Gerechtigkeit ist eine Tugend“ könnte z. B. werden zu „alle Gerechten sind tugendhaft“. Über die Adäquatheit solcher Umformulierungen kann man allerdings streiten. Man kann etwa einwenden, daß ein Gerechter feige sein kann, in diesem Sinn also nicht tugendhaft. Es scheint keine allgemein zu akzeptierenden Regeln für solche Umformulierungen zu geben. Zweitens kann ein Idealist sich darauf berufen, daß er ja durchaus abstrakte Gegenstände akzeptiert – Gedanken, Begriffe und Mengen. Er deutet sie allerdings als Produkte der Spontaneität des Verstandes. Begriffe kann man durch Begriffe zweiter Stufe in Klassen einteilen; es gibt biologische Begriffe, ästhetische Begriffe, moralische Begriffe, reine Verstandesbegriffe a priori usw. Und man kann auch (entgegen einer Bemerkung Freges36) auf einen einzelnen Begriff referieren, z. B. um ihn einer solchen Klasse zuzuordnen, ohne daß er deswegen aufhören müßte, ein Begriff zu sein. Ein Satz wie „der Begriff ‚Pferd‘ ist ein biologischer Artbegriff“ ist sinnvoll und wohl auch wahr, „der Begriff der

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Franz von Kutschera: Philosophie des Geistes. Paderborn 2009. 113; 122. Gottlob Frege: Kleine Schriften. A. a. O. 170.

Wahrheit ohne Universalienrealismus

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Kausalität ist nach Kant ein reiner Verstandesbegriff“ ebenfalls. Man könnte also „Gerechtigkeit ist eine Tugend“ auch umformulieren zu „der durch das Wort ‚gerecht‘ ausgedrückte Begriff ist ein Tugendbegriff“, wobei „Tugendbegriff“ wie „biologischer Begriff“ ein Begriff zweiter Stufe ist. Wenn sich mit Argumenten, die das Referieren auf abstrakte Gegenstände als Beweismittel benutzen, überhaupt ein Universalienrealismus begründen ließe, dann nur ein platonischer, denn die Wahrheit des Satzes „Gerechtigkeit ist eine Tugend“ hängt nicht davon ab, daß es gerechte Menschen oder Handlungen wirklich gibt. Ich bin aber überzeugt, daß sich der Universalienrealismus auch so nicht verteidigen läßt, weil sich immer Wege finden lassen werden, eine Referenz auf denkunabhängige nicht-sinnliche Entitäten zu eliminieren und Sätzen, in denen angeblich eine solche vorkommt, eine für den Idealisten akzeptable Form zu geben. Es kann also bei den beiden zentralen Thesen des transzendentalen Idealismus bleiben: „Intersubjektivität durch Subjektivität – Wahrheit ohne Universalienrealismus“.

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A) Untersuchungen zur Klassischen Deutschen Philosophie

Eckart Förster: Die 25 Jahre der Philosophie. Eine systematische Rekonstruktion. Vittorio Klostermann: 2., durchgesehene Auflage Frankfurt a. M. 2012. 400 S. (Klostermann. Rote Reihe) Förster versucht in seinem Buch, eine systematische Darstellung der Philosophie des Deutschen Idealismus zwischen 1781 (dem Erscheinungsjahr der Kritik der reinen Vernunft) und 1806 (dem Jahr, in dem Hegel seine Phänomenologie des Geistes beendet hat) zu geben. Er konzentriert sich dabei auf die theoretischen Grundlagen der aufeinander folgenden Systementwürfe und möchte so die innere Logik dieser Entwicklung sichtbar werden lassen. Ausgezeichnete Kenntnisse sowohl der Originalquellen als auch der Forschungsliteratur kommen seiner Darstellung sehr zugute. Die sprachliche Gestaltung ist recht ansprechend und lebendig; auch schwierige „spekulative“ Gedankenentwicklungen werden in gut lesbarer Form vorgestellt. Zahlreiche historische Exkurse liefern wichtige Hintergrundinformationen zu speziellen Konstellationen. In ihnen werden bisweilen Randfiguren wie von Baader, Schelver und andere kurz porträtiert. Das Buch kann sicherlich jedem, der sich über diese wichtige Epoche der klassischen Philosophie informieren möchte, empfohlen werden. Allerdings ist fraglich, inwieweit dem Untertitel „Eine systematische Rekonstruktion“ Genüge getan wird. Förster bemüht sich, die diversen Positionen dem Leser plausibel zu machen; nur selten werden sie systematisch-kritisch in Frage gestellt. Seine philosophische Hermeneutik folgt nicht den Maximen der Sokratischen Mäeutik, bei der stets auch geprüft werden soll, ob nicht ein „Windei“, eine Fehlgeburt ans Licht gekommen ist. Hegel war der Ansicht (darauf spielt der Titel des Buches an), mit dem Erreichen des Standpunktes des absoluten Wissens sei die Geschichte der Philosophie beendet. Es kann jedoch keine Rede davon sein, daß 1806 alle philosophischen Fragen endgültig beantwortet waren. In den nachfolgenden Entwicklungen des philosophischen Denkens bis hin zur Gegenwart sind vielfach die Entwürfe dieser 25 Jahre (v. a. die späteren) in Bausch und Bogen abgelehnt worden. In diesem Buch sollen sie stark gemacht werden. Das ist sicherlich sehr verdienstvoll; eine „systematische Rekonstruktion“ sollte aber nicht verschweigen, daß die Kritik an ihnen nicht immer unbegründet war. Ich kann das hier nur an einigen Punkten andeuten. Zunächst noch eine Bemerkung zum Titel des Buches. Kant hat die Ansicht geäußert, vor dem Erscheinen seiner Kritik habe es eigentlich noch gar keine Philosophie gegeben1 – 1 Siehe: Immanuel Kant: Die Metaphysik der Sitten. – In: Kant’s gesammelte Schriften. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Band VI. Erste Abtheilung: Werke. Sechster Band. Berlin 1914. 203–493; hier: 206.

Hegel-Studien 47 (2013) · © Felix Meiner Verlag · ISSN 0073-1587

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das Jahr 1781 sei also ein Anfangspunkt für die Geschichte der Philosophie, und nach Hegel ist 1806 ein Endpunkt erreicht. Wie der Kontext der Stelle zeigt, wollte Kant damit sagen, daß es noch kein Lehrbuch der Philosophie in der Art gibt, wie andere Wissenschaften es kennen. Das entspricht seiner wiederholten Bemerkung, man könne zwar philosophieren, nicht aber Philosophie lernen.2 Für jemanden, der Philosophie studieren möchte, ist die Situation anders als für jemanden, der z. B. organische Chemie studieren möchte. Daran hat sich nach 1781 nichts geändert und wird sich wohl auch so bald nichts ändern. Auch die Kantischen Schriften sind nicht zu kanonischen Lehrbüchern geworden. Für die Rechtfertigung philosophischer Theorien sind Kohärenzrelationen so wichtig, daß man sagen könnte, eine philosophische Frage sei erst dann zureichend beantwortet, wenn alle es sind. Eine Leitidee der Darstellung Försters ist diejenige der „scientia intuitiva“. Am Ende seines Buches formuliert er als Resümee der 25 Jahre: „Der Weg der scientia intuitiva ist allein noch offen.“ (366) In den Schriften Goethes zur Botanik und Farbenlehre sieht Förster diesen Weg beispielhaft vorgezeichnet. Überhaupt ist ein kennzeichnendes Merkmal seiner Darstellung, daß die Bedeutung Goethes für das Denken der Zeit nachdrücklich betont wird. Nun gibt es gute Gründe für die These, daß es ohne eine Form von rationaler Intuition keine philosophische Erkenntnis geben kann. Synthetische Urteile a priori können nur dann aufgrund von Prämissen als gerechtfertigt und bewiesen gelten, wenn diese Prämissen selbst solche Urteile und ebenfalls gerechtfertigt sind. Da die Ableitungen nicht ad infinitum zurückgehen können, muß eine basale, also intuitive Rechtfertigung solcher Urteile möglich sein, wenn es überhaupt zu einer Rechtfertigung kommen soll. Das gilt auch dann, wenn Kohärenzbeziehungen von zentraler Bedeutung sein sollten; eine intuitive Prima-facie-Rechtfertigung müßte dennoch möglich sein. Wenn philosophische Theorien also nicht ausschließlich aus analytischen bzw. empirischen Sätzen bestehen sollen, sind sie auf eine Form einer rationalen Intuition angewiesen. Diese muß aber weder demjenigen entsprechen, was Spinoza wollte, noch den Intentionen Goethes. Spinoza definiert die „dritte Art der Erkenntnis“ so, daß sie von der adäquaten Idee der formalen Wesenheit einiger Attribute Gottes fortschreitet zu der adäquaten Erkenntnis der Wesenheit der Dinge.3 Die sachlichen Schwierigkeiten dieser Konzeption stellt z. B. Bennett dar.4 Weder die essentialistische Ontologie noch ihr theologisches Fundament sprechen dafür, daß dieser Weg „noch offen“ ist. Auch Goethe hat sich in

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Siehe: M. Immanuel Kants Nachricht von der Einrichtung seiner Vorlesungen in dem Winterhalbenjahre von 1765–1766. – In: Kant’s gesammelte Schriften. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Band II. Erste Abtheilung: Werke. Zweiter Band. Berlin 1912. 303–313; hier: 306. – Siehe ebenso: Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft. Nach der 1. und 2. Originalausgabe herausgegeben von Jens Timmermann. Mit einer Bibliographie von Heiner Klemme. Hamburg 1998. B 866. (Im Folgenden: KrV zitiert unter Seitenangabe nach der ersten [1781 = A] und zweiten [1787 = B] Originalausgabe) 3 Siehe: Baruch de Spinoza: Ethica. II. Prop. XL, Sch. I. – In: ders.: Opera II. Im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Herausgegeben von Carl Gebhardt. Heidelberg [1925]. 4 Siehe: Jonathan Bennett: A Study of Spinoza’s Ethics. Cambridge 1984. § 83.

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seinen Ausführungen zur Methode nicht an der Konzeption Spinozas orientiert, wie Brandt aufgezeigt hat.5 Die Metaphysik-Kritik Kants beruht wie diejenige Humes auf der unbewiesenen Prämisse, daß es für Menschen nur eine sinnliche Anschauung gibt. Wenn man mit der Platonischen Tradition eine intuitive Noesis oder einen Sensus divinitatis annimmt oder gar mit Alston heute ein „Perceiving God“ für möglich hält, dann verliert sie ihre Grundlage. Widerlegt sind diese Positionen weder durch Hume noch durch Kant. Und wer an dem Gedanken einer rationalen Intuition festhält, muß keineswegs eine Platonistische Ontologie oder mit Spinoza die Möglichkeit eines adäquaten Erfassens des Wesens Gottes akzeptieren. Im ersten Teil seines Buches beschäftigt sich Förster v.a. mit der von Kant in Gang gebrachten „Revolution der Denkart“. Die Einwände, die schon von Zeitgenossen gegen die Kantische Theorie von Raum und Zeit vorgebracht worden sind – Vaihinger referiert sie ausführlich im 2. Band seines Kommentars zur Kritik der reinen Vernunft (1922) –, bleiben allerdings weitgehend unerwähnt (von Einwänden, die sich aus der späteren Entwicklung von Mathematik und Physik ergeben, ganz abgesehen). Förster meint z.B., durch den Hinweis auf inkongruente Gegenstücke (wie rechte bzw. linke Hände) werde gezeigt, daß sich Anschauung und Denken nicht nur graduell voneinander unterscheiden können (20). Diesem Unterschied liegt aber selbst nach Kant die Opposition von Einzelnem und Allgemeinem zugrunde, die mit der Existenz solcher Gegenstücke nichts zu tun hat. Und die Besonderheiten der inkongruenten Gegenstücke können rein begrifflich beschrieben werden, wie Mathematiker im 19. Jahrhundert gezeigt haben. Es ist ein Verdienst Kants, so nachdrücklich auf dieses Phänomen hingewiesen zu haben – aber es handelt sich um ein mathematisches, nicht ein philosophisches Problem. Kant sieht in der Existenz solcher inkongruenter Gegenstücke durchaus auch ein Argument für die These der Idealität des Raumes.6 Als „zusätzliches Argument“ für sie nennt Förster, daß wir unsere Vorstellungen nicht auf etwas von uns Unterschiedenes beziehen könnten, würden wir nicht vorweg über die Anschauungsform des Raumes verfügen. Nun orientieren sich auch Tiere (und zwar sogar recht einfache) im Raum. Verfügen auch sie über eine apriorische Anschauungsform? In Kants Argument wird übersehen, daß wir auch leibliche Wesen sind, die sich bewegen und nach etwas greifen können. Die räumlichen Gestalten der zahlreichen äußeren Gegenstände können wir ohnehin nur sinnlich wahrnehmen, sie müssen gegeben sein können. Dies ist Kant von seinen zeitgenössischen Gegnern immer wieder vorgehalten worden, ohne daß er darauf geantwortet hätte. Als Fazit bleibt sicherlich, daß von einem Beweis der Idealitätsthese keine Rede sein kann. Wie es bei Strawson heißt: „We must be struck by the paucity of actual argument for the thesis of transcendental idealism.“7

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Siehe: Reinhard Brandt: Zu Eckart Försters „Die 25 Jahre der Philosophie“. Eine systematische Rekonstruktion. – In: Kant-Studien. Berlin. 104 (2013), 367–385. 6 Vgl.: Immanuel Kant: Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können. – In: Kant’s gesammelte Schriften. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Band IV. Erste Abtheilung: Werke.Vierter Band. Berlin 1911. 253–383; hier: § 13. 7 Siehe: Peter Frederick Strawson: The Bounds of Sense. London 1966. 58.

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Der 1787 erschienenen zweiten Auflage der Kritik der reinen Vernunft sieht Förster eine geänderte Fragestellung zugrunde liegen. Es gehe nun nicht mehr darum, wie sich apriorische Vorstellungen auf einen Gegenstand überhaupt beziehen können, sondern um die den Prolegomena angepaßte Frage, wie synthetische Urteile a priori möglich sind (31; 114; 121; 161). Die Transzendentalphilosophie werde nicht mehr durch die apriorische Referenzproblematik, sondern durch die Möglichkeit synthetischer Sätze a priori definiert (112). Ich vermag nicht einzusehen, was der Unterschied bedeuten soll. Eine apriorische Referenz singulärer Vorstellungen (Anschauungen) gibt es nach Kant gar nicht (von der Konstruktion mathematischer Gegenstände abgesehen). Begriffe aber können nur als Prädikate wahrer Urteile auf etwas Wirkliches referieren. Kants Beispiele für nicht-mathematische synthetische Urteile a priori sind stets generelle Sätze, die keine singulären Termini enthalten, in denen also nicht auf etwas Einzelnes referiert wird.Vielleicht sieht Förster den Unterschied darin, daß mit der Fragestellung der Prolegomena die Existenz gültiger synthetischer Urteile a priori vorausgesetzt werde, was bei der ursprünglichen nicht der Fall sei. Aber auch die erste Auflage macht diese Voraussetzung8 und formuliert die Aufgabe, „mit gehöriger Allgemeinheit den Grund der Möglichkeit synthetischer Urteile a priori aufzudecken“.9 Ich kann also nicht einsehen, wie sich eine „apriorische Referenzproblematik“ von der Frage unterscheiden soll, wie synthetische Urteile a priori möglich sind. Der historisch wichtigste zeitgenössische Einwand gegen die Kantische Theorie ist das von Jacobi vorgebrachte Argument gewesen, die Annahme einer kausalen Affektion durch noumenale Dinge an sich sei im Rahmen dieser Theorie inkonsistent und müsse daher aufgegeben werden. Dieser Einwand ist deswegen so wirksam geworden, weil Fichte und der junge Schelling (in seinen 1796 erschienenen Abhandlungen zur Erläuterung des Idealismus der Wissenschaftslehre) ihn als berechtigt anerkannt und sich darum bemüht haben, ohne diese Annahme auszukommen. Ihre Kritik am „orthodoxen Kantianismus“ greift diesen Einwand auf. Förster geht auf ihn ausführlich ein (117ff.) und meint, ihn durch einen Rückgriff auf die Unterscheidung zwischen Noumena im negativen bzw. positiven Verstand zurückweisen zu können. Es liege kein reales Kausalverhältnis zwischen affizierenden Dingen an sich und subjektiven Zuständen vor, sondern nur ein analytisches Verhältnis der Dependenz. Mir scheint diese Verteidigung unzureichend zu sein. Der „orthodoxe Kantianismus“ ist so nicht zu retten. Bei Affektion und Rezeptivität handelt es sich um reale Vorgänge, die nicht auf eine nur logische Beziehung reduziert werden können. Für die aktuelle Erkenntnistheorie gilt ein kausaler Kontakt als unverzichtbar, wenn Vorstellungen sich auf reale Gegenstände beziehen sollen. Logische Relationen können ihn nicht ersetzen. Aber auch abgesehen davon hilft der Vorschlag nicht weiter. Die Grundlage des Jacobischen Einwandes ist, daß man auf Noumena, wenn sie unerkennbar sein sollen, auch nicht individuell referieren und sie voneinander unterscheiden kann. Man kann also auch nicht spezifische Vorstellungen auf spezifische Noumena beziehen – ob als ihre

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Vgl. z. B. das Kausalprinzip. – Siehe: KrV A 9. Ibid., 10.

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Ursache oder als etwas, von dem sie nur logisch abhängig sein sollen. Förster spricht wie auch Kant häufig von Noumena im Plural. Woher weiß er aber, daß es viele gibt? Vermutlich soll geschlossen werden, daß zu einem bestimmten Stuhl ein anderes Noumenon gehören muß als zu dem daneben stehenden Tisch, zur Sonne ein anderes als zum Mond. Wenn dieser Schluß erlaubt ist, werden sich die Noumena allerdings als ebenso erkennbar herausstellen wie die erscheinenden Gegenstände. Man dürfte dann ja ebenfalls schließen, daß zu zwei unterschiedlichen Elementarteilchen zwei Noumena gehören müssen. Auf diese Weise würden sich beide Bereiche letztlich als isomorph erweisen. Wenn man überhaupt eine Mehrheit von Noumena als möglich ansieht, wird man sie auch als veränderlich ansetzen müssen. Ein erscheinendes Glas falle zu Boden und zersplittere in erscheinende Scherben. Das intakte Glas sieht offenbar anders aus als die Scherben. Wenn man der Wahrnehmung des intakten Glases ein spezielles Noumenon zuordnen darf – ob als Ursache oder logischen Grund –, dann müßte das auch für diejenige der Scherben gelten. Man braucht ein neues spezielles Noumenon. Man wird also ohne die Annahme einer Veränderlichkeit der Noumena nicht auskommen. Fichte hat den Rekurs auf Noumena im Plural durch einen „Anstoß“ ersetzt (darüber Förster, 200f.). Der entscheidende Unterschied ist, daß der Anstoß essentiell im Singular steht – es gibt nicht Anstöße wie bei Kant und Förster Noumena – und daß er ebenfalls essentiell unveränderlich ist. Nicht nur dem Anblick des intakten und demjenigen des zersplitterten Glases muß derselbe Anstoß zugrunde liegen, sondern auch demjenigen eines jeden Gegenstandes. Der Anstoß ist invariant gegen die Mannigfaltigkeit der sinnlichen Erscheinungen. Man könnte auch sagen, daß Fichte Ernst macht mit der Unterscheidung zwischen Noumena im positiven bzw. negativen Verstand – bei denen im negativen Verstand darf man keine Vielheit und keine Veränderlichkeit mehr annehmen. Andernfalls hat man es eben mit Noumena im positiven Verstand zu tun. Schopenhauer (den Förster nicht behandelt, weil er nicht in die 25 Jahre fällt) hat ähnlich auf den Jacobi-Einwand reagiert: Raum und Zeit gelten als Prinzipien der Individuation, außerhalb ihrer kann es nichts Individuelles, keine Vielheiten geben. Auch für ihn gilt das Verhältnis zwischen Erscheinung und Ding an sich als ein nicht-kausales. Ob er sich stets konsequent an diesen Grundsatz gehalten hat, ist eine andere Frage. Die Möglichkeit der Referenz auf einzelne Gegenstände, die unabhängig von uns existieren sollen, muß abhängen von einem kausalen Kontakt mit ihnen. Will man ohne dies auskommen, muß man die Gegenstände idealistisch interpretieren. Fichte hält die raum-zeitliche Wirklichkeit mit ihren mannigfaltigen Bestimmungen für ein Ergebnis vorbewußter Handlungen des Ich, Schopenhauer sieht darin die „Welt als Vorstellung“. Auch Kant ist genötigt, der apriorischen Erkenntnis ein „Hineinlegen“ zugrundezulegen: Wir erkennen von den Dingen nur dasjenige a priori, was wir selbst in sie legen.10 Eine idealistische Kausalbeziehung in entgegengesetzter Richtung soll die Möglichkeit der Referenz dieser Erkenntnisse sichern.

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Vgl.: KrV B XVIII.

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Der Jacobi-Einwand kann aber auch so entkräftet werden, daß man die Idealitätsthese für den Raum gänzlich aufgibt und für die Zeit auf die sog. A-Bestimmungen restringiert. Da die Kantische Version der transzendentalen Ästhetik wie gesagt ohnehin kaum begründet ist, scheint mir dies der vernünftigere Weg zu sein.11 Es kann dann dabei bleiben, daß es die veränderlichen Dinge in Raum und Zeit sind, die uns kausal affizieren. Kants Gedanke, daß synthetische Urteile a priori als Bedingungen der Möglichkeit von Erfahrung gelten müssen, und generell seine Synthesis-Lehre werden von dieser Restriktion nicht betroffen. Die letztere kann sogar auf dieser Grundlage besser verständlich gemacht werden, weil die Anschauungsform sich als direkt in die elementare Form von Synthesis (die präsentische Kopula) einbezogen erweist. Fichtes Wissenschaftslehre unterscheidet sich von der Kantischen Theorie nicht nur dadurch, daß die Noumena im Plural durch einen Anstoß im Singular ersetzt werden, sondern auch dadurch, daß sie die verschiedenen Theoreme der Transzendentalphilosophie von einem obersten Grundsatz aus deduzieren möchte. Förster beschreibt, wie dieser (aus heutiger Sicht recht fragwürdige) Gedanke bei Reinhold auftaucht und dann von Fichte übernommen wird. Insbesondere zeigt er, daß es schon bei Kant selbst Überlegungen gibt, die in eine solche Richtung weisen (162f.). Ausführlich dargelegt wird auch, wie Fichte aufgrund der Kritik von Schulze-Aenesidemus an Reinhold dazu gebracht wird, den obersten Grundsatz neu zu formulieren als die These, daß das Ich sich selbst setzt. Das wichtigste Motiv für diesen Gedanken beschreibt Förster so: „Das Ich aber hat nur ein Sein, wenn es dieses durch eigene Tätigkeit hervorgebracht hat. Im Gedanken ‚Ich bin‘ kommt etwas zum Ausdruck, das nicht von außen an mich herantreten kann. Niemand anders kann diesen Gedanken in mir hervorrufen oder für mich ‚Ich‘ sagen: bevor die eigene Tätigkeit sich selbst erfasst hat, ist kein ‚Ich‘ da. In der Erkenntnis aller anderen Dinge bin ich rezeptiv; beim ‚Ich‘ bin ich selbst produktiv und dessen Schöpfer.“ (169) Das ist eine schöne Wiedergabe der wohl wichtigsten These des Fichteschen Idealismus. Zur Erläuterung muß allerdings hinzugefügt werden, daß sie nichts mit einem überindividuellen „absoluten Ich“ zu tun haben muß. Jedes einzelne Ich „setzt sich“. Und dies Sich-Setzen muß auch nicht außerhalb der Zeit in einer intelligiblen Welt und ohne eine leibliche Basis stattfinden. Auch für Kant ist das Ich, insofern es in der Zeit existiert, nur eine Erscheinung im inneren Sinn und also durch es selbst konstituiert. Kant erschließt dies aus seiner Analyse der Zeit, Fichte dagegen setzt die These der Selbstkonstitution als oberstes Prinzip an den Anfang und „deduziert“ dann sowohl die Anschauungsformen wie die Leiblichkeit als Bedingungen der Möglichkeit für das Sich-Setzen. Hegel kritisiert später Fichte dafür, daß sein Absolutes noch Bedingungen der Möglichkeit haben soll.12 Er kann sich nicht von der Vorstellung lösen, die Absolutheit des absoluten Ich müßte so etwas sein wie die traditionell angenommene Absolutheit Gottes. Für Fichte gilt jedoch, daß es das „Hervor-

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Vgl.: Peter Rohs: Der halbierte transzendentale Idealismus – eine Konzeption mit Zukunft? – In: Wolf-Jürgen Cramm/Geert Keil (Hgg.): Der Ort der Vernunft in einer natürlichen Welt. Weilerswist 2008. 146–166. 12 Vgl.: Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Glauben und Wissen oder die Reflexionsphilosophie der Subjectivität, in der Vollständigkeit ihrer Formen, als Kantische, Jacobische, und Fichtesche Philosophie. – In: ders.: Gesammelte Werke. Herausgegeben im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Band 4. Jenaer

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bringen des Ich“ (von dem Förster spricht) nicht ohne ein Gehirn gibt. Sein Weg führt freilich vom Ich zum Gehirn, nicht wie bei modernen Neurologen, die ebenfalls das Ich für ein „Konstrukt“ halten, vom Gehirn zum Ich. Zweierlei ist zu betonen: Daß das Ich nur so ein Sein hat, daß es dieses durch eigene Tätigkeit hervorbringt, widerspricht nicht der unbestreitbaren Tatsache, daß es ohne Gehirn kein Ich gibt, und zweitens, das durch sich selbst hervorgebrachte Ich ist keine wirkungslose Illusion, sondern kann durch freie, von ihm selbst veranlaßte Handlungen eminent wirksam sein. Die These der Selbstkonstitution bietet für sich allein auch keinen Anlaß, ein übersinnliches intelligibles Ich anzunehmen. Es ist das zeitliche Ich, das nur zufolge seiner eigenen Tätigkeit existiert. Trotzdem markiert diese These die Grenze, die aus transzendentalphilosophischer Perspektive für jeden Naturalismus gilt: Die Selbstkonstitution sowie alles von ihr Abhängige sind trotz der fortbestehenden physischen Abhängigkeiten nicht naturalistisch erklärbar. Und diese Grenzziehung hat nichts mit theistischen Prämissen oder einem „intelligent design“ zu tun, und sie nötigt auch nicht, Evolutionstheorien anzuzweifeln. Sie stellt also eine bemerkenswerte Alternative dar zu aktuellen Versuchen, den Ansprüchen des Naturalismus entgegenzutreten.13 Ein Ich muß nicht außerzeitlich-intelligibel sein, damit gilt, daß es nicht rein naturalistisch beschreibbar ist und seine Leistungen nicht auf diese Weise erklärbar sind. Als Fazit der ersten Halbzeit der 25 Jahre nennt Förster, daß sich zwei unterschiedliche Auffassungen davon, wie Philosophie wissenschaftlich sein kann, gegenüberstehen: die von Reinhold entwickelte Vorstellung, die einzelnen Theoreme müßten aus einem obersten Grundsatz abgeleitet werden, und die auf Spinoza zurückgehende Idee einer „scientia intuitiva“ (172). Mir scheint diese Art, die Gegenüberstellung von Transzendentalphilosophie und Spinozismus zu charakterisieren, verfehlt zu sein. Die „scientia intuitiva“ Spinozas hat weder bei Goethe noch bei sonst jemandem eine maßgebliche Rolle gespielt. Kant sieht schon in der Kritik der praktischen Vernunft 1788 (also recht bald nach Jacobis Schrift des Jahres 1785) im Spinozismus die einzige rationale Alternative zur eigenen Theorie, setzt die Differenz aber nicht in diese methodische Frage, sondern sieht sie darin, daß im Spinozismus Raum und Zeit zu „Bestimmungen des Urwesens selbst“ werden.14 Auch Fichte hält den Spinozismus für die einzig in sich konsequente, allerdings unbegründete Alternative zum Idealismus der Wissenschaftslehre, wie am Ende von § 1 der Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre ausgeführt wird.15 Die „scientia intuitiva“ spielt dabei keine Rolle. Die von Spinoza selbst verwendete Methode ist ja der „mos geometricus“.

kritische Schriften. Herausgegeben von Hartmut Buchner und Otto Pöggeler. Hamburg 1968. 313–414; hier: 389 f. 13 Vgl.: Thomas Nagel: Mind and Cosmos. Why The Materialist Neo-Darwinian Conception of Nature is Almost Certainly False. Oxford 2012. 14 Siehe: Immanuel Kant: Kritik der praktischen Vernunft. – In: Kant’s gesammelte Schriften. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Band V. Erste Abtheilung: Werke. Fünfter Band. Berlin 1913. 1–163; hier: 102. 15 Siehe: Johann Gottlieb Fichte: Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre als Handschrift für seine Zuhörer. – In: J. G. Fichte – Gesamtausgabe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Herausgegeben von Reinhard Lauth und Hans Jacob. Werke I. Band 2. Stuttgart-Bad Cannstatt 1965. 174–451; hier: 264.

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Wie der Spinozismus durch Jacobis Schrift in diese prominente Position kommen konnte, stellt Förster ausführlich dar (4. Kap.). Die spezifische Art, wie Jacobi Spinoza interpretiert (die ja aus heutiger Sicht recht fragwürdig ist), aber auch die Auseinandersetzungen mit Mendelssohn, Herder und Goethe darüber werden eingehend beschrieben. Allerdings wird die für Fichte wichtige Interpretation Platners nicht erwähnt. Als herausragend sieht Förster die Rezeption Goethes an, in der die „scientia intuitiva“ als das eigentliche Anliegen Spinozas verstanden wird (102). Ob der Rekurs darauf für Goethe wichtig war, ist wie schon gesagt äußerst fraglich, in der Entwicklung hin zum absoluten Idealismus hat diese Konzeption keine Rolle gespielt. Weitaus wichtiger war die Entwicklung eines neuen Gottesbegriffs, der die Chance zu bieten schien, nach dem Kantischen Kritizismus erneut eine philosophische Theologie zu etablieren. Lt. Jacobi hatte Lessing gesagt, die orthodoxen Begriffe von der Gottheit seien nicht mehr für ihn; er könne sie nicht genießen.16 Der orthodoxen Vorstellung von der Immaterialität Gottes setzt Spinoza entgegen, daß die Materie seiner nicht unwürdig ist,17 der Existenz außer Raum und Zeit, daß Gott ausgedehnt ist.18 In diesen Sätzen, die Förster nicht erwähnt, würde ich das „eigentliche Anliegen Spinozas“ sehen. Das „Deus sive natura“ ist nur eine Auslegung davon. Daß Gott auf diese Weise aus der Sphäre des Noumenalen herausgenommen wird, war die Basis dafür, nach Kant erneut eine „Philosophie des Absoluten“ in Gang zu bringen. Schelling kritisiert Fichte in einem Brief vom 3.10.1801 dafür, Gott als letzte Synthesis an das Ende des Systems und auch noch in den Glauben zu setzen, statt von ihm als dem höchsten Prinzip auszugehen. Wie erfolgreich er mit dieser Verführung war, kann man z. B. an § 1 von Fichtes Wissenschaftslehre in ihrem allgemeinen Umrisse des Jahres 1810 sehen. Auch Hegel fordert, man müsse in der Philosophie endlich wieder mit Gott den Anfang machen.19 Und in seiner Enzyklopädie der Jahre 1827 bzw. 1830 heißt es schon in § 1 wie selbstverständlich: „Beide [Religion und Philosophie, P. R.] haben die Wahrheit zu ihrem Gegenstande, und zwar im höchsten Sinne, – in dem, daß Gott die Wahrheit und er allein die Wahrheit ist.“ Daß nach dem Kantischen Kritizismus solche Gedanken erneut schon am Beginn philosophischer Systeme vertreten werden konnten, scheint mir ohne das Dazwischentreten des Spinozismus unverständlich zu sein. Fichtes Wissenschaftslehre bleibt trotz der Differenzen auf dem Boden der Transzendentalphilosophie. Problematischer sieht es in dieser Hinsicht mit Schellings Naturphilosophie aus. Förster zeigt, wie sehr Schelling sowohl durch die Kritik der

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Siehe: Friedrich Heinrich Jacobi: Ueber die Lehre des Spinoza in Briefen an den Herrn Moses Mendelssohn. – In: ders.: Werke. Gesamtausgabe herausgegeben von Klaus Hammacher und Walter Jaeschke. Band 1,1. Schriften zum Spinozastreit. Herausgegeben von Klaus Hammacher und Irmgard-Maria Piske. Hamburg/Stuttgart 1998. 1–146; hier: 16. 17 Vgl.: Baruch de Spinoza: Ethica. I. Prop. XV, Sch. – In: ders.: Opera II. Im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Herausgegeben von Carl Gebhardt. A. a. O. 18 Ebd., II. Prop. II. 19 Siehe: Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Wie der gemeine Menschenverstand die Philosophie nehme, – dargestellt an den Werken des Herrn Krug’s. – In: ders.: Gesammelte Werke. Herausgegeben im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Band 4. Jenaer kritische Schriften. Herausgegeben von Hartmut Buchner und Otto Pöggeler. A. a. O. 174–187; hier: 179.

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Urteilskraft20 als auch durch den Spinozismus beeinflußt ist: „Schelling ist 1795 nicht Fichteaner, auch nicht Kantianer, sondern Spinozist geworden, weil nur die Darstellung der Einheit von Natur und Geist und deren Ableitung aus ihrer gemeinsamen Wurzel nach Kant und Fichte noch Desideratum der Philosophie sein konnte.“ (228f.) Nun sind bei Spinoza zwar Denken und Extension Attribute derselben Substanz, sie werden aber nicht aus einer gemeinsamen Wurzel abgeleitet. Ein wichtiges Motiv teilt Spinoza mit zahlreichen heutigen Autoren, die sich mit dem Verhältnis von Geist und Körper beschäftigen: die strikte Ablehnung des Cartesianischen Interaktionismus. Kausalverhältnisse gelten als verständlich nur innerhalb eines Attributes; die phänomenalen Entsprechungen zwischen Geist und Körper sollen daher durch einen Parallelismus der Ordnungen innerhalb der beiden Attribute verständlich gemacht werden. Ich kann nicht sehen, daß Schellings Programm damit viel zu tun hat. Spinoza deutet die Natur durchaus mit den Begriffen der Naturwissenschaft seiner Zeit, wohingegen Schelling die Natur als grundsätzlich tätig versteht und sich daher für berechtigt hält, sie in den Kategorien der Transzendentalphilosophie zu beschreiben. Daß dieses Vorgehen kaum berechtigt ist, gesteht auch Förster zu (249f.). Es ist aber anzuerkennen, daß er sich die Mühe macht, die Vorstellungen dieser Naturphilosophie auch im Detail zu referieren. Ist also schon fraglich, ob die Naturphilosophie sich zu Recht auf Spinoza beruft, so besteht für einen solchen Zweifel noch mehr Anlaß, wenn es 1801 zur Ausbildung des absoluten Idealismus kommt. Schelling beruft sich auch hier auf Spinoza als auf denjenigen, dem er sich (lt. der Vorerinnerung der Darstellung meines Systems der Philosophie des Jahres 1801) dem Inhalt und der Sache nach am meisten anzunähern glaubt. Mir scheint dagegen der Abstand zu Spinoza ganz enorm zu sein.21 In der Ethica ist, wie angedeutet, ein dezidiert anti-neuplatonischer Gottesbegriff entwickelt worden, weswegen sie von vielen christlichen Philosophen und Theologen als atheistisch abgelehnt worden ist. Diese Konzeption wird aber nun ihrerseits neuplatonisch umgedeutet, die eine Substanz an die absolute Einheit, das „Hen“ Plotins angeglichen. Nach Spinoza sind zwar die res particulares nur Modi der einen Substanz; diese ist deswegen aber keineswegs so etwas wie die „absolute Identität“ Schellings. Für Spinoza spielt der Gedanke, daß Unterschiede oder Gegensätze zu „überwinden“ seien, keine Rolle. Und die für Schelling wichtigsten Begriffe – Identität, Differenz, Indifferenz, Gegensatz – kommen bei ihm kaum vor. Ein Satz wie „Die absolute Identität IST nur unter der Form einer Identität der Identität“22 hat mit dem System der Ethica absolut nichts zu tun. Auch

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Siehe: Immanuel Kant: Kritik der Urtheilskraft. – In: Kant’s gesammelte Schriften. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Band V. Erste Abtheilung: Werke. Fünfter Band. A. a. O. 165–485; insbes.: § 76. 21 Siehe: Peter Rohs: Der Pantheismus bei Spinoza und im Deutschen Idealismus. – In: Barbara Merker/ Georg Mohr/Michael Quante: Subjektivität und Anerkennung. Paderborn 2004. 102–121. 22 Siehe: Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Darstellung meines Systems der Philosophie. – In: ders.: Historisch-kritische Ausgabe. Im Auftrag der Schelling-Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Herausgegeben von Thomas Buchheim, Jochem Hennigfeld,Wilhelm G. Jacobs, Jörg Jantzen und Siegbert Peetz. Reihe I: Werke 10. Schriften 1801. „Darstellung meines Systems der Philosophie“ und andere Texte. Herausgegeben von Manfred Durner. Stuttgart-Bad Cannstatt 2009. 107–211; hier: § 16, Zus. 2.

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Hegel identifiziert wie selbstverständlich die These, daß es nur eine Substanz gibt, mit derjenigen, daß sie in „der Identität“ besteht. Und er attestiert dieser Ontologie sogar die „Schwindsucht“, weil angeblich das Einzelne in der Substanz „verschwindet“. Es ist also fraglich, ob in der intendierten Synthese von Transzendentalphilosophie und Spinozismus beide überhaupt zu Wort gekommen sind. In den letzten drei Kapiteln behandelt Förster die Entwicklung Hegels bis 1806, also bis zur Abfassung der Phänomenologie des Geistes. Im 12. Kapitel werden für die Frankfurter und Jenaer Jahre drei Phasen unterschieden: Zunächst nehme Hegel noch an, daß die Philosophie das wahrhaft Unendliche nicht erreichen könne, sie ende darum notwendig in der Religion (280). In Jena 1801 schließe er sich vorübergehend dem Programm der Identitätsphilosophie an, orientiere sich aber nach dem Weggang Schellings aus Jena 1803 neu und distanziere sich von diesem (289), indem er eine auf die Übergänge zwischen den Begriffen konzentrierte Konzeption von Logik entwickele (295). Dazu heißt es: „Es ist nicht schwer, in dieser Entwicklung den Einfluss Goethes zu sehen […].“ (Ebd.) Mir scheint ein solcher Einfluß nicht zureichend belegt zu sein. Eher könnte ein von Förster vermutetes erneutes Fichte-Studium um 1805 bedeutsam gewesen sein. Eine von Förster nicht thematisierte logisch-semantische Eigenart der Texte dieser Zeit besteht in dem häufigen Auftreten abstrakter singulärer Termini. Man weiß bei ihnen nie so recht, ob sie überhaupt auf etwas referieren, und wenn ja, worauf. Nicht nur „das Absolute“, auch „das Ideelle“ und „das Reelle“ sind Beispiele dafür. Ausdrükke wie „Subjekt“ oder „Objekt“ scheinen jeden Bezug auf einzelne erkennende Wesen und erkannte Gegenstände zu verlieren und ebenfalls zu abstrakten singulären Termini transformiert zu sein. Mit dem „Subjekt-Objekt“ (281) scheint es genauso zu stehen; es kann überdies selbst wieder als „subjektiv“ bzw. „objektiv“ charakterisiert werden. Und wenn es heißt „die Natur = Ich, das Ich = Natur“ (281) – was wird da eigentlich identifiziert? Auch der Ausdruck „Identität“ selbst scheint sich aus einem Relationsausdruck in einen singulären Terminus zu verwandeln. Die Beispiele für diese Ausdrucksweise ließen sich leicht vermehren („die Idee“, „das Wahre“ usw.). Dies Verfahren läßt sich weder von Kant noch von Spinoza her verstehen. Auch mit der „scientia intuitiva“ hat es wohl nichts zu tun. Ich denke, eine „systematische Rekonstruktion“ sollte eine solche Ausdrucksweise thematisieren und etwas zu ihrer Rechtfertigung sagen. Die beiden letzten Kapitel sind dann der Phänomenologie des Geistes gewidmet. Zunächst wird der Inhalt von der „sinnlichen Gewissheit“ an bis zu dem Abschnitt „Die Verwirklichung des vernünftigen Selbstbewusstseins durch sich selbst“ ausführlich referiert (306–345). Die Absicht dabei ist, die innere Notwendigkeit der Übergänge zwischen den einzelnen Formen des Bewußtseins deutlich werden zu lassen (305). Ob das gelungen ist, ist angesichts der von Hegel weitgehend übernommenen Diktion schwer zu beurteilen. Gegenüber schon vorliegenden Kommentaren23 scheint mir nicht viel gewonnen zu sein. Das letzte Kapitel erörtert die Motive, die Hegel dazu bewogen haben, noch während der Drucklegung den Plan des Ganzen abzuändern. Förster nimmt

23 Vgl. z. B.: Ludwig Siep: Der Weg der Phänomenologie des Geistes. Ein einführender Kommentar zu Hegels „Differenzschrift“ und „Phänomenologie des Geistes“. Frankfurt a. M. 2000.

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für sich in Anspruch, aufgrund der Eingliederung eines Textes aus dem Nachlaß diese Frage zureichend beantworten zu können. Ein kurzer „Epilog“ (367–371) soll den zurückgelegten Weg Erinnerung rufen. An diesem kurzen Textstück ließen sich noch einmal alle inhaltlichen Fragwürdigkeiten aufweisen. Für mein Verständnis reiht sich hier ein Non-sequitur an das andere. Förster ist sicherlich eine gut lesbare und informative Darstellung der Geschichte der Philosophie in diesen 25 Jahren gelungen. Weit weniger ist ihm gelungen, die Attraktivität dieser Systeme für das gegenwärtige Denken aufzuzeigen, und zwar umso weniger, je größer der Abstand zum Kantischen Kritizismus wird. Ich denke aber, das ist es, was eine systematische Rekonstruktion zeigen sollte. Eine Antwort auf die Frage, welcher Weg in der Philosophie noch offen ist, bekommen wir nicht. Peter Rohs (Münster)

Axel Honneth: Das Recht der Freiheit. Grundriß einer demokratischen Sittlichkeit. Suhrkamp: Berlin 2011. 628 S. In diesem ebenso anspruchsvollen wie großartigen Buch hat sich Axel Honneth, wie er in seinem Vorwort erklärt, die Aufgabe gestellt, „dem Vorbild der Hegelschen ‚Rechtsphilosophie‘ in der Idee [zu] folgen, die Prinzipien sozialer Gerechtigkeit direkt in Form einer Gesellschaftsanalyse zu entwickeln“ (9). Wie bei Hegel geht es auch bei Honneth darum, eine Alternative zu dem Ansatz zu entwickeln, den Kant in seiner praktischen Philosophie exemplarisch verfolgte. Für Kant und für die größtenteils kantianisch geprägte Philosophie der Gegenwart – zu der auch Rawls und Habermas zu zählen sind (21) – seien Prinzipien der Gerechtigkeit „rein normativ“, allein mit Rekurs auf allgemeingültige Grundsätze der Moral und Invarianten des menschlichen Lebens und daher in Isolation von gegebenen Praktiken und Institutionen zu bestimmen und erst in einem zweiten Schritt auf die gesellschaftliche Realität anzuwenden, um deren Legitimität zu beurteilen oder die Verwirklichung dieser Prinzipien herbeizuführen. Dagegen setzt sich Honneth zum Ziel, eine Theorie der Gerechtigkeit zu skizzieren, deren Grundlage nicht außerhalb der Geschichte, sondern in den Strukturmerkmalen der modernen Gesellschaft zu finden ist. Mit diesem Projekt hege ich große Sympathie, obwohl ich auch einige Probleme in der Ausführung desselben sehe. Ausgangspunkt von Honneths Überlegungen ist die Auffassung, daß intersubjektiv praktizierte Gewohnheiten die Heimstätte der Moral bilden. Nach ihm sind wir nicht imstande festzulegen, was wir für gut oder gerecht halten sollten (und sei es auch durch Reflexion auf die Verallgemeinerbarkeit möglicher Handlungsgründe), ohne dabei auf bereits akzeptierte, in der eigenen Gesellschaft verankerte moralische Überzeugungen zurückzugreifen (26; 175). Denn ohne diese verfügen wir nicht über die notwendigen Ressourcen zur Deliberation. Diese Angewiesenheit des moralischen Denkens und Handelns auf existierende Lebensformen ist ein Aspekt dessen, was Honneth unter dem

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von Hegel übernommenen Begriff der „Sittlichkeit“ versteht. Der Begriff bezieht sich aber nicht nur auf das Individuum, sondern auf die soziale Realität selbst. Er bezeichnet dann die Rolle, die die gemeinsame Orientierung an tragenden Werten und Idealen in der Reproduktion der jeweiligen gesellschaftlichen Ordnung spielt – keine Gesellschaft, wie heterogen sie auch sei, ohne normative Integration (19). Diese Perspektive, so versichert Honneth, werde mißverstanden, wenn man darin, wie bereits der Vorwurf der Junghegelianer lautete, eine Apologie des Bestehenden sieht. Um „die Mängel einer kantianischen, institutionenvergessenen Gerechtigkeitstheorie zu überwinden“, genüge es nicht, normative Prinzipien an existierende Praktiken und herrschende Moralüberzeugungen anzupassen. Es müsse der zusätzliche Schritt unternommen werden, „deren Gehalt selbst als vernünftig oder gerechtfertigt auszuweisen“ (16). So wenig wie Hegel selbst will Honneth unter dem Leitbegriff der Sittlichkeit die faktische Sozialordnung als solche verstehen. Das könnte leicht zu einem relativistischen – und zwar rein apologetischen – Standpunkt führen, während die berühmte Formel der Hegelschen Rechtsphilosophie – „was vernünftig ist, das ist wirklich, und was wirklich ist, das ist vernünftig“ – auf eine differenziertere Einstellung hindeutet. Nach Honneth kommt es folglich darauf an, das Netzwerk jener Gewohnheiten und Einrichtungen aufzudecken, deren prägende Werte und Ideale nicht nur Reproduktionsbedingungen der jeweiligen Gesellschaft bilden (20), sondern sich auch als eine Verwirklichung der moralischen Vernunft erweisen (16). Ein solches Verfahren der „normativen Rekonstruktion“, durch die das einschlägige Konzept der Sittlichkeit erst definiert wird, ermögliche somit eine kritische Distanz gegenüber verschiedenen Aspekten der sozialen Wirklichkeit (30). Auf diese Weise, so Honneth, sei dann das Projekt einer „Gerechtigkeitstheorie als Gesellschaftsanalyse“ durchzuführen. Denn nach ihm lassen sich Maßstäbe der Gerechtigkeit allein mit Bezug auf Vorstellungen des Guten bestimmen; nur wenn wir uns über die Ziele unseres gemeinsamen Handelns mit anderen im Klaren sind, können wir wissen, in welcher Hinsicht wir ihnen das Ihre schulden (121). Diese Vorstellungen des Guten sind aber – so der Hegelsche Ansatz – nirgendwo anders zu suchen als in den Werten und Idealen, die sich in der jeweiligen Gesellschaft etabliert haben. „Als ‚gerecht‘ hat zu gelten, was innerhalb der Gesellschaft an Institutionen und Praktiken dazu angetan ist, die jeweils als allgemein akzeptierten Werte zu verwirklichen.“ (30; auch 21) Wie gesagt soll es aber wesentlich sein, daß die bestehenden Gewohnheiten und Einrichtungen, auf die Prinzipien der Gerechtigkeit abzustimmen sind, Werte und Ideale verkörpern, die selbst als „vernünftig oder gerechtfertigt“ ausgewiesen worden sind. Leider legt Honneth jedoch nicht hinreichend dar, wie ein solcher Nachweis zu erbringen wäre. Eindeutig ist, daß diese Werte und Ideale nicht ohne Bezugnahme auf die Lebensform und geschichtliche Entwicklung der jeweiligen Gesellschaft gerechtfertigt werden können. Versuchte man, sie auf allgemeingültige, Ort und Zeit transzendierende Überlegungen zu gründen, fiele man in die „Illusionen der Unsituiertheit“ (207) zurück, die Honneth kantianischen Ansätzen zuschreibt. Aus verstreuten Bemerkungen (39, FN 6; 106; 175; 183; 197–204), denen er aber nie die Form einer systematischen Darstellung gibt, läßt sich erschließen, daß er im allgemeinen der Auffassung ist, mo-

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ralische Überzeugungen können nur immanent gerechtfertigt werden: Problematische Aspekte unseres moralischen Lebens sind unter Berufung auf andere Aspekte zu regeln, die im gegebenen Kontext unproblematisch geblieben sind. Das ist natürlich nichts anderes als eine der bleibenden Einsichten von Hegels Sittlichkeitslehre, die Honneth in dieser Hinsicht folgendermaßen formuliert: „Unparteilichkeit oder Verallgemeinerungsfähigkeit kann im Zusammenhang moralischer Freiheit nicht Geschichtslosigkeit bedeuten […]. [A]n irgendeiner Stelle bei ihrem Versuch, einen möglichst unvoreingenommenen, unparteilichen Blickwinkel einzunehmen, werden […] die Beteiligten auf normative Regeln stoßen, von denen sie sich nicht weiter loslösen können, weil sie sie für den Inbegriff ihrer sozialen Lebenswelt halten müssen.“ (197f.) Wie aber sind die grundlegenden Werte und Ideale, die so sehr zur Identität einer Gesellschaft gehören, daß sie die Maßstäbe für die Beurteilung ihrer Gerechtigkeit liefern sollen, selbst zu rechtfertigen? Von welchem dieser Gesellschaft immanenten Bezugspunkt aus ließen sie sich legitimieren? An einigen Stellen erwähnt Honneth diese Frage, aber auch dort handelt es sich mehr um beiläufige Bemerkungen als um eine systematische Behandlung. Seine Antwort ist, daß die Werte und Ideale, die das sittliche Wesen einer gegebenen Gesellschaft ausmachen, als gerechtfertigt gelten, wenn sie sich im „Vergleich“ mit historisch vorausliegenden Werten und Idealen als normativ überlegen erweisen (21f.; 112; 120). Ihre Rechtfertigung wäre also geschichtlichen Charakters. So weit so gut. Aber weitere, entscheidende Fragen drängen sich dann auf, und Honneth läßt sie unbeantwortet. V. a. bleibt offen, nach welchen Prinzipien ein solcher Vergleich überhaupt durchgeführt werden soll. Insbesondere: Sind die Kriterien, mithilfe derer die moralische Überlegenheit gegenwärtig herrschender Werte gegenüber vergangenen nachgewiesen wird, transzendent oder selbst geschichtlich bedingt? Im ersten Fall scheinen wir wieder auf eine kantianische Position zurückzukommen. Im letzten Fall stellt sich das Problem, ob der Vergleich – da die angelegten Kriterien dann nur diejenigen unserer Epoche sein könnten – etwas anderes als eine Übung in Selbstgefälligkeit wäre.1 Fragen dieser Art sind unvermeidlich, wenn man wie Honneth Hegel in der Historisierung der Vernunft folgen will, ohne dabei Hegels teleologische Auffassung der Geschichte als einer fortschreitenden Verwirklichung der Vernunft zu teilen. Über die Werte selbst, die zum Kern der modernen Sittlichkeit gehören, hat unser Autor weit mehr zu sagen. Hierin besteht das eigentliche Hauptanliegen seines Buches. Nach Honneth sind diese Werte, sofern sie zur Bestimmung der für moderne Gesellschaften angemessenen Gerechtigkeitsprinzipien dienen, „auf einen einzigen zusammengeschmolzen“, nämlich auf den der individuellen Freiheit, auch wenn er gleich vorsichtig hinzufügt, daß es dabei um Freiheit „in der Vielzahl der uns vertrauten Bedeutungen“ (9) geht. Denn in der Moderne ist der Freiheitsbegriff zum Gegenstand heftiger Kontroversen geworden. Honneth unterscheidet drei unterschiedliche Modelle von Freiheit, die sich aus diesen Konflikten herausgebildet haben. Jedem dieser Mo-

1 Zu diesem Problem einer historischen Epistemologie siehe: Charles Larmore: The Autonomy of Morality. Cambridge 2008. Chapter 1.

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delle widmet er ein analytisches Kapitel, um dann zu argumentieren, das dritte Modell, das er die Idee der „sozialen“ Freiheit nennt, sei das grundlegendste und liege sogar der demokratischen Sittlichkeit zugrunde. Nach einer ersten Auffassung, die paradigmatisch von Hobbes vertreten wurde, sei Freiheit die Fähigkeit, nicht durch äußere Widerstände daran gehindert zu werden, seine jeweiligen Ziele zu realisieren. Die wohlbekannte Schwäche dieses „negativen“ Modells, auf die auch Honneth aufmerksam macht (56f.), liegt darin, daß jemand, der nicht selbst die eigenen Ziele bestimmt, sondern aus inneren Zwängen oder blindem Gehorsam handelt, keineswegs als frei angesehen würde. Daher eine zweite, oft „positiv“, aber von Honneth „reflexiv“ genannte Auffassung von Freiheit, nach der ein freier Mensch selbst Kontrolle über die von ihm verfolgten Ziele ausübt. Seit Rousseau sei eine solche Freiheit der Selbstbestimmung häufig auf zwei unterschiedliche Weisen konzipiert worden: entweder als „Autonomie“, nach der wir allein aufgrund von Gesetzen oder Regeln handeln, die wir uns selbst gegeben haben, oder als „Authentizität“, nach der wir nur jene Wünsche und Interessen zu erfüllen streben, die dem eigenen Selbst innewohnen. Autonomie und Authentizität seien dann wiederum, wie Honneth erklärt, verschiedentlich und besonders heute möglichst nüchtern mit einem Minimum von metaphysischen Prämissen formuliert worden (67–72). Er scheint zu glauben, daß sie dadurch plausibler werden, was ich meinerseits bezweifle. Denn m.E. sind wir nur insofern imstande, unsere Ziele selbst zu bestimmen, als wir uns nach Gründen richten, die für diese Ziele sprechen. Im allgemeinen kann es deshalb keine Selbstbestimmung geben ohne die Anerkennung einer Autorität, nämlich der Autorität von Gründen, von der wir weder individuell noch kollektiv selbst die Urheber sind – ein Umstand, den aber diese beiden Konzeptionen der Selbstbestimmung, indem sie alles auf die Beziehung des Subjekts zu sich selbst setzen, systematisch übergehen.2 Nun ist Honneth ebenfalls der Überzeugung, daß diese Konzeptionen unvollständig sind, nicht aber weil sie inhaltlich fragwürdig, sondern weil Autonomie und Authentizität von sozialen Bedingungen abhängig seien, die noch eine dritte, „soziale“ Auffassung der Freiheit verkörpern (79–93; 222). Jemand könne reflexiv seine eigenen Ziele bestimmen, ohne jedoch völlig frei zu sein, wenn sich die Realität ihrer Verwirklichung widersetzt. Unter sozialer Freiheit versteht Honneth demgemäß die Existenz von gesellschaftlichen Beziehungen, in denen „das Subjekt auf ein anderes Subjekt trifft, dessen Ziele sich zu den eigenen komplementär verhalten“ (85). Ich bin z. B. nur dann frei, meinen Wunsch zu erfüllen, Mozarts Klarinettenkonzert richtig zu spielen, wenn ich irgendwo ein Orchester finden kann, das bereit wäre, mich dabei zu begleiten. Eine solche Komplementarität von Zielen ist einseitig, wenn das eine Subjekt (etwa ein Herr) das andere wie seinen Knecht behandelt und ihn zwingt, Ziele zu verfolgen, deren Realisierung das Erreichen seiner eigenen Ziele ermöglicht. Dann wäre nur das eine Subjekt frei und nicht das andere. Wenn aber beide Seiten ihre eigenen Entscheidungen treffen, wenn sie sich darum „in den Wünschen und Zielen des Gegenübers

2 Siehe dazu: Charles Larmore: The Practices of the Self. Chicago, IL 2010. – Sowie: ders.: Vernunft und Subjektivität. Berlin 2012.

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insofern bestätigt […] sehen, als deren Existenz eine Bedingung der Verwirklichung der eigenen Wünsche und Ziele darstellt“, dann nimmt diese Form von Freiheit die Gestalt einer „wechselseitige[n] Anerkennung“ (85f.) an. Damit ist die Grundlage von Honneths Theorie der demokratischen Sittlichkeit geschaffen. Ihre Hauptthese lautet, daß moderne Gesellschaften über Institutionen verfügen, die ihren Mitgliedern die wechselseitige Verwirklichung ihrer selbstbestimmten Ziele ermöglichen sollen. Solche Praktiken machen zudem einen Großteil der Sozialisationsprozesse aus, durch die Individuen lernen sollen, v. a. solche Wünsche und Absichten herauszubilden, die in die bestehenden Gefüge komplementärer Zielsetzungen hineinpassen (90–93). Soweit das gelingt, werden sich Subjekte mit der Objektivität ihrer sozialen Welt „versöhnt“ und, wie Hegel ebenfalls sagte, in ihrer Teilnahme daran zugleich als freie Wesen „bei sich selbst“ fühlen. Auf diese Weise würde sich die tragende Sittlichkeit demokratischer Gesellschaften herausbilden. Im dritten und längsten Teil seines Buches untersucht Honneth dann ausführlich, inwiefern unsere Gesellschaften dieses Versprechen halten, d. h. inwiefern ihre zentralen Interaktionsbereiche – persönliche Beziehungen (Freundschaft, Liebe, und Familie), die politische Öffentlichkeit und Willensbildung, aber auch der Markt – tatsächlich Formen sozialer Freiheit verkörpern. Es ist nicht überraschend, daß er zu einem gemischten Urteil kommt und daß sich der erste Bereich der persönlichen Beziehungen als in dieser Hinsicht weit erfolgreicher als die beiden anderen erweist. Dabei bietet diese Sektion des Buches eine großartige Darstellung der Sozialgeschichte der letzten zwei Jahrhunderte. Kehren wir aber zu einigen Begriffsfragen zurück. Daß der sozialen Freiheit die von Honneth so aufschlußreich beschriebene Schlüsselstellung in der modernen Gesellschaft zukommt, läßt sich nicht bestreiten. Fraglich ist jedoch, ob es sich bei ihr wirklich um einen dritten, von den zwei anderen unterschiedenen und tiefer liegenden Freiheitsbegriff handelt. Nach Honneth ist die reflexive Auffassung der Freiheit insofern defizitär, als sie den eventuellen Widerstand der Realität außer acht läßt, durch den man unfrei sein könnte, seine selbstbestimmten Ziele zu verwirklichen (69 f.; 83 f.). Erinnern wir uns aber an die erste, negative Freiheitsauffassung, nach der frei sein heißt, nicht durch äußere Widerstände daran gehindert zu werden, seine jeweiligen Ziele zu realisieren. Schließt diese Auffassung nicht u. a. auch die Fälle ein, wo die Umstände, die die Realisierbarkeit der Ziele eines Individuums ermöglichen, gesellschaftliche Verhältnisse sind, in denen andere Menschen komplementäre Ziele verfolgen? Das Defizit dieser negativen Auffassung besteht darin, daß sie nichts darüber sagt, mit welcher Freiheit die Ziele gewählt wurden, die man verfolgt. Das ist nicht erstaunlich, da es gerade ihre Absicht ist, allein die Handlungsfreiheit, und nicht auch die Freiheit des Willens, zu beschreiben, durch die man Kontrolle über die Wahl seiner Ziele ausübt und die erst Gegenstand der reflexiven Auffassung ist. Handlungsfreiheit und Willensfreiheit machen nun aber die Freiheit als Ganzes aus. Das, was Honneth „soziale Freiheit“ nennt – ein Verhältnis, in dem man anderen Individuen begegnet, deren Zielsetzungen eine Bedingung der Verwirklichung seiner eigenen selbstgesetzten Ziele sind –, kann daher nur eine besondere Kombination dieser zwei Dimensionen der Freiheit und keinen selbständigen Freiheitsbegriff bezeichnen.

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Wenn Honneth das nicht einsieht, dann vermutlich deshalb, weil die angeblich hierarchische Dreiheit von Freiheitsbegriffen eine wichtige Rolle in seiner Theorie der modernen Gesellschaft spielt. Genauso wie die soziale Freiheit die Bedingung der beiden anderen Formen der Freiheit bilden soll, soll die Sittlichkeit bestehender Institutionen – die wesentliche Stätte der sozialen Freiheit – den normativen Systemen des Rechts und der Moral, in denen „die negative und die reflexive Freiheit […] zu sozialer Wirklichkeit und Gestalt gelangt sind“ (221), zugrundeliegen. Der negative Freiheitsbegriff sei im Rechtssystem zu Hause, da Individuen in ihren Rechten vor der Einmischung anderer geschützt sind, obwohl die Ausübung dieser Form von Privatautonomie nur dann sinnvoll ist, wenn man aufgrund gegebener sozialer Praktiken seine Lebensziele bestimmen und verfolgen kann (151) und obwohl die politischen Teilnahmerechte über die Schutzfunktion des Rechtssystems hinaus auf das gemeinsame Handeln mit anderen hinweisen (143–146). Dem reflexiven Freiheitsbegriff dagegen entspreche das moralische Bewußtsein, das darin bestehe, über die Gründe seiner möglichen Handlungsweisen autonom oder authentisch nachzudenken, auch wenn man sich bei den Prämissen und Richtlinien seiner Deliberation ebenfalls auf die Ressourcen schon bestehender sittlicher Einrichtungen stütze (175; 183). Offensichtlich ist Honneth – noch ein Hegelsches Erbe? – von Triaden angetan. Doch wie schon gesagt, hat die Beziehung zwischen den drei Freiheitsbegriffen nicht die hierarchische Struktur, die er ihr zuschreibt. Ähnliches gilt für die Beziehung zwischen Recht, Moral und Sittlichkeit. Nach Honneth sind Recht und Moral „unselbständig“, da sie auf die Ergänzung durch die lebensweltlichen Grundlagen sittlicher Praktiken angewiesen sind (125; 230). Wenn der abhängige Charakter dieser Handlungssysteme weithin übersehen oder mißverstanden wird, entstehen „soziale Pathologien“, die, wie er erklärt, zur Beeinträchtigung maßgeblicher Formen der gesellschaftlichen Kooperation führen (157 f.; 206 f.). Auf der eine Seite gibt es das heute immer häufiger auftretende Phänomen der Verrechtlichung, in dem soziale und familiale Streitigkeiten ausschließlich (wie im Fall des Films Kramer vs. Kramer [1979]) auf die konkurrierenden Rechtsansprüche der involvierten Parteien reduziert werden; auf der anderen Seite finden wir das bekannte Phänomen des Moralismus, bei dem bereits existierende Normen des sozialen Umgangs, die letzten Endes den Boden des moralischen Denkens ausmachen, im Namen der eigenen Einsicht in das Wesen des Guten und Gerechten für nichts gehalten werden. Was Honneth zur Erläuterung dieser pathologischen Phänomene sagt, ist äußerst aufschlußreich. Doch sind nicht sittliche Praktiken – weit davon entfernt, dem Recht und der Moral prinzipiell vorauszugehen – gleichfalls „unselbständig“, und zwar gegenüber diesen beiden normativen Systemen? Honneth räumt ein, daß es „in einzelnen Fällen erforderlich sein“ mag, diese Praktiken „‚von außen‘ mit zusätzlichen Normen und Sanktionen auszustatten, um die Bedingungen der reflexiven Zustimmungsfähigkeit zu erfüllen“ (231). Aber die „reflexive Zustimmungsfähigkeit“ selbst – was hier nichts anderes als die moralische Gültigkeit ist – kann kein Zusatz zur inneren Verfassung sittlicher Praktiken sein. Üblichkeiten und Institutionen, die eine wechselseitige Verwirklichung von Zielen gestatten sollen – und seien sie auch noch so einfach wie das Einhalten von Versprechen –, erheben dabei die zwei Ansprüche, das tatsächlich zu tun und darin gerechtfertigt zu sein, die die Beteiligten verstehen und nötigenfalls

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zu beurteilen bereit sein müssen. Obwohl unsere moralische Reflexion immer in bereits akzeptierten Gewohnheiten und Einrichtungen verankert sein muß, setzen diese Praktiken ihrerseits die Bereitschaft voraus, den distanzierenden Standpunkt der Moral einzunehmen. Was die Beziehung zwischen Sittlichkeit und Recht betrifft, ließe sich keine einzige der von Honneth diskutierten sittlichen Praktiken unabhängig von der Gestaltung, die sie durch die Entwicklungen des modernen Rechts erfahren haben, wiedererkennen. Wie konnten intime Liebesbeziehungen zu einem allgemein anerkannten Bestandteil des guten Lebens werden, ohne die Legalisierung der Ehescheidung und die Entkriminalisierung homosexueller Bindungen? Inwiefern ist nicht die Familie eine vollständig durch Rechtsvorschriften bestimmte Institution, wie zunächst einmal in der Regelung, daß eine Ehe nur zwischen zwei Menschen geschlossen werden kann? Daß Ähnliches für den Markt zutrifft, ist offenkundig, und die verschiedenen Institutionen der politischen Öffentlichkeit (etwa Medien, Kundgebungen, Wahlkampagnen) sind ohne rechtliche Garantien und Verfassungen nicht vorstellbar. Kurz: Wie im Fall der Moral besteht auch eine Wechselbeziehung zwischen Sittlichkeit und Recht. Es scheint, als ob Honneth trotz all seiner Erfolge bei der Reaktualisierung der Grundperspektiven von Hegels Rechtsphilosophie eine Hegelsche Wahrheit vergessen hat: In der sozialen Welt ist jedes Moment des Ganzen unselbständig. Charles Larmore (Providence, RI)

Nectarios Limnatis: German Idealism and the Problem of Knowledge: Kant, Fichte, Schelling, and Hegel. Springer: London 2008. xv, 427 pp. (Studies in German Idealism.Volume 8) Nachdem, einen Diktum Gadamers folgend, Hegel lange Zeit „buchstabiert“ worden war, hat sich das Interesse der Forschung in letzter Zeit verstärkt auf die Kontexte der Hegelschen Philosophie und damit auf ihre Stellung in der nachkantischen Philosophie verlagert. Das vorliegende Buch kann als der Versuch verstanden werden, in diesem Rahmen Hegels Verhältnis zu den von Kant eröffneten Problematiken näher zu bestimmen, um grundlegende Voraussetzungen der Hegelschen Systematik freizulegen. Verf. geht im ersten Kapitel („Epistemology or Metaphysics? The Kantian Background“ [13–71]) von einer Entgegensetzung von Erkenntnistheorie und Metaphysik aus und konstatiert bei Kant eine „twofoldness between his ontological skepticism and his epistemological forcefulnes.“ (18) Kant, so seine Grundthese, halte sich hier in der Mitte (37): „The philosopher wants to walk a fine line between an epistemologically foundationalist claim about the self and the ontological/metaphysical skepticism (or even agnosticism) that his system presents.“ (35) Die Nachfolger Kants, so Limnatis, hätten diese Linie nicht in gleicher Weise einzuhalten gewußt. Dies erhellt schon aus den Überschriften der folgenden Kapitel. Während Fichte und Schelling sich „from epistemology to metaphysics“ bewegt hätten (Kapitel 2), habe Hegel dann wieder die

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Rückwendung von der Metaphysik zur Epistemologie vollzogen (Kapitel 3 und 4). Dies sind selbstverständlich nur grobe Charakterisierungen, hinter denen eine höchst differenzierte und gut informierte Argumentation steht. Gleichwohl werden bestimmte, m. E. durchaus problematische Festlegungen bereits im ersten, einleitenden Kapitel getroffen. Dies betrifft v. a. die metaphysischen Reste, die Verf. dann doch bei Hegel ausmachen will und die er v. a. in Bezug auf den philosophischen Gottesbegriff und die ontologische Problematik identifizieren zu können meint: „In the third part of Transcendental Dialectic, Kant’s examination of the idea of God has an unsurpassable profundity and humility that strikingly contrasts with Hegel’s arrogance.“ (51) Limnatis plädiert, kurz gesagt, für eine endliche Vernunft, auch wenn er Hegels Kritik an der Entgegensetzung des Endlichen und Unendlichen teilt. Zwar gelte: „Hegel’s system culminates in metaphysics. However, Hegel also shows that any possible metaphysics must be expressed through human logical concepts, and any possible infinite reason (God, the Absolute, etc.) must be articulated through finite human reason.“ (360) Generell scheint Limnatis aber der Ansicht zu sein, daß die Suche nach einer absoluten Wahrheit – worin diese auch immer bestehen möge – „would turn critical philosophy (philosophy as metalogic, that is, the examination of the modus operandi of finite rationality) to pre-critical metaphysics.“ (137) Zugleich wird gerade Hegel als ein Denker charakterisiert, der traditionelle metaphysische Positionen kritisiere und unterlaufe. Gleichwohl gilt Hegels Philosophie insoweit, wie sie im beschriebenen Sinne in Metaphysik abgleite, als vorkantisch (60), wobei darauf verwiesen wird, daß Hegel die Differenz zwischen Denken und Sein einebne. Nun trifft dies zwar für Hegels Darlegung der Metaphysik in der ersten Stellung des Gedankens zur Objektivität in dem Vorbegriff zur „Logik“ der Enzyklopädie durchaus zu, jedoch ist damit Hegels Haltung zur traditionellen Metaphysik und zur Kantischen Metaphysik-Kritik keineswegs vollständig beschrieben. Es gibt jedenfalls gute Gründe dafür, Hegels Position als Radikalisierung der Kantischen MetaphysikKritik zu verstehen, und hinsichtlich der „Kulmination“ der Hegelschen Philosophie in Metaphysik wäre danach zu fragen, ob damit nicht Kants Programm einer Neubegründung der Metaphysik als Wissenschaft aufgenommen wird, die Kant selbst über die praktische Vernunft, Hegel über die Einheit von theoretischer und praktischer Vernunft in der absoluten Idee als absoluter Methode versucht. Eine zusammenfassende Darlegung des historischen und systematischen Metaphysik-Verständnisses sowohl der in dem Buch behandelten Protagonisten als auch des Verf.s selbst hätte die Argumentation, für die der Metaphysik-Begriff ja zentral ist, in jedem Fall durchsichtiger gemacht. Ein weiteres zentrales Themenfeld der vorliegenden Abhandlung wird am Ende des ersten Kapitels ausdrücklich gemacht: die logische Problematik, wobei hier zunächst Kants Verhältnis zur formalen Logik und das Problem des Widerspruchs angesprochen werden. Es gehört ohne Zweifel zu den größten Verdiensten Limnatis’, daß er die logische Problematik im Ausgang von Kant durch alle behandelten Positionen hindurch verfolgt und dabei Hegels Auffassung des Widerspruchs, die in der Literatur immer noch vielfach umgangen oder nur am Rande behandelt wird, in den Mittelpunkt des Interesses stellt. Im Blick auf Kant stellt Verf. „dramatic ambiguities“ (61) fest, wobei er zunächst das Verhältnis formaler und realer Oppositionen referiert und die These

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vertritt, Kants Auffassung realer Oppositionen (positive und negative Größen) komme in vielen Punkten mit Hegels Auffassung von der Realität des Widerspruchs überein (64f.). Kant habe es aber versäumt, die ontologische Funktion der Rede von realen Oppositionen und die Zuschreibung der entgegengesetzten Tendenzen zu einem Subjekt zu klären (65). Die transzendentale Dialektik führe dann mit der Antinomienlehre zu einer Zuspitzung auf den Widerspruchsbegriff, löse das logische Problem jedoch nicht (71). In Bezug auf die transzendentale Dialektik hätte die grundlegende Ambiguität der logischen Form bei Kant angesprochen werden sollen: Die dialektischen Oppositionen sind ja nach Kant von einem kontradiktorischen Widerspruch formal nicht zu unterscheiden, gleichwohl aber keine „echten“, kontradiktorischen Widersprüche. Auch das für den Dialektik-Begriff nicht nur bei Kant, sondern auch in der nachkantischen Philosophie wichtige Verhältnis der kritischen Funktion der Dialektik gegenüber der „vormaligen“ Metaphysik zur Kritik an der Dialektik selbst sowie die Notwendigkeit und Unhintergehbarkeit der transzendentalen Dialektik hätten hier differenzierter angesprochen werden können. Die Vagheit des im Folgenden v. a. hinsichtlich der Theorien Fichtes und Schellings verwendeten Dialektik-Begriffs (durch den vielfach theoretische Sachverhalte als ‚dialektisch‘ ausgezeichnet werden, ohne daß die Autoren selbst diesen Begriff verwenden) hätte sich dadurch vermeiden lassen. Das zweite Kapitel ist Fichte und Schelling gewidmet. Fichte sei nicht nur – seiner Selbstzuschreibung entsprechend – Fortsetzer Kants (75), sondern habe auch methodologisch Neuland betreten. Dies betreffe – und hierbei folgt Verf. Hegels Hinweis auf die Bedeutung der logischen Problematik in der Wissenschaftslehre – v. a. die Logik. Fichtes Philosophie könne als „logic of cognition“ und Metalogik gelesen werden, deren Verhältnis zur formalen Logik zu bestimmen sei, was Fichte selbst jedoch nicht wirklich durchgeführt habe (82). Insgesamt schreibt Limnatis ihm eine paradoxale Position zu. Er verleugne die Metaphysik, halte aber an der Suche nach metaphysischer Gewißheit fest (89), indem er nach einer absoluten Grundlegung des Wissens suche, diese aber faktisch für unmöglich erkläre (ebd.). Die antithetische Natur des Fichteschen Subjektivitätskonzepts (das überindividuell zu verstehen sei, 94) wird als „neue Dialektik“ (96) bezeichnet, mit der das Problem des Widerspruchs virulent werde. Limnatis verweist hier u. a. auf die Funktion der freien Einbildungskraft, Widersprüche zu entschärfen (103). Während Fichte einen erkenntnistheoretischen Monismus entworfen habe, der gegen den Vorwurf des Skeptizismus immun sein solle, habe Schelling diesen schließlich als einseitig subjektiv angesehen und damit „the resurrection of metaphysics“ (126) eingeleitet. Wie Fichte habe er die antithetische Natur der Aktivität des Ich erkannt, aber ebenso auch die (formale) Logik unangetastet gelassen (135). Anders als Fichte habe Schelling sich jedoch auf der Suche nach einem absoluten Prinzip von Anfang an an Spinoza angelehnt (131). Er gleite genau dadurch in eine vorkantische Philosophie, d. h. in Metaphysik ab, daß er „unconditional certainty and absolute knowing“ erstrebe (146). Sein Versuch, Geist (bzw. Intelligenz) und Natur in der Geschichte des Selbstbewußtseins miteinander zu vermitteln, führe zu einer Wiederherstellung der Naturphilosophie ebenso wie zu einer idealistischen Interpretation des Objekts, die in einen ontologischen Idealismus münde: „Each of these aspects amounts to the re-

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storation of pre-Kantian metaphysics.“ (152) Gleichwohl qualifiziere die Vermittlung von Natur und Geist bzw. Subjekt und Objekt Schellings Philosophie als dialektisch, auch wenn er das dialektische Verfahren nicht ausdrücklich mache, wie Limnatis in einem weitgespannten, bis zum späten Schelling ausgreifenden Unterkapitel zeigen will (152 ff.). Schellings (an Friedrich Schlegel angelehnte) Charakteristik der Dialektik in den Vorlesungen über die Methode des akademischen Studiums (1803) ebenso wie sein platonisierender, polemisch gegen Hegel gerichteter Akademie-Vortrag des Jahres 1848 (Über die ursprüngliche Bedeutung der dialektischen Methode) hätten hier als ausdrückliche Thematisierungen des Begriffs von Dialektik m.E. stärkere Beachtung finden müssen. Verf. scheint sich eher auf eine implizite, ungeschriebene Dialektik auch des späteren Schelling zu beziehen, wobei er gleichzeitig die Hegel-Kritik des späten Schelling in der Hinsicht akzeptiert, daß Hegel das reale Sein auf den Begriff reduziere (174). Es ist schwer einzusehen, daß und wie unter diesen Umständen Hegels methodologische, auf eine Logik der Erkenntnis bezogene Darlegungen der Dialektik Bestand haben können (vgl. 176), da es sich doch bei der dialektischen Methode (wie sie zum Schluß der Wissenschaft der Logik expliziert wird) zweifellos um eine Dialektik im Rahmen des von Schelling kritisierten Begriffs des Begriffs handelt. Mit Hegel beginnt für Limnatis – ungeachtet der Affirmation von Schellings Kritik – eine Rückwendung von der Metaphysik zur Epistemologie. Das dritte Kapitel blickt auf den frühen und Jenaer Hegel zurück, um die Grundlagen seines Denkens herauszuarbeiten und auch, um die Entwicklungstheorie der Phänomenologie des Geistes in einem längeren Exkurs mit den psychologischen und sprachtheoretischen Entwicklungstheorien Piagets und Vygotskys zu konfrontieren (229 ff.). Im Blick auf den jungen Hegel wird ausführlich diskutiert, ob Hegel als rationaler Theologe oder als Atheist anzusehen sei (187 ff.), weil offenbar der religionsphilosophischen (und nicht theologischen!) Problematik vom Verf. eine Affinität zur Metaphysik zugeschrieben wird. Dies hätte vor dem Hintergrund der religionsphilosophischen Debatten nach Kant angemessener diskutiert werden können und müssen (Walter Jaeschkes Untersuchungen zur Religionsphilosophie Hegels z. B. werden vom Verf. nicht erwähnt und finden sich auch nicht im Literaturverzeichnis). Die Religionsproblematik wird stattdessen unter einen generellen Metaphysikverdacht gestellt, so z. B., wenn wiederum die Behauptung verbreitet wird, Hegel habe beansprucht, in seiner Logik die Gedanken Gottes vor der Erschaffung der Natur darzustellen (vgl. 257). Die Phänomenologie, deren Gang im Ganzen nachgezeichnet wird, laufe in der Konsequenz auf eine Verschmelzung des Kognitiven und Metaphysischen hinaus: „As late as in his Philosophy of Mind, Hegel will claim that ‘the esoteric study of God and identity, as of cognitions, and notions, is philosophy itself ’ […]. And the Phenomenology […] is another attempt at scientific metaphysics.“ (217) Dem stehe entgegen, daß Hegel die Selbstexplikation und Selbsterfassung des Wissens als Wissen in den Mittelpunkt der Untersuchung rücke und somit die metaphysischen Voraussetzungen unterlaufe (vgl. 220). Aktivität und Intersubjektivität werden als die entscheidenden Merkmale dieses Prozesses unterstrichen (220 ff.). Der Vergleich mit Piaget und Vygotsky soll dabei deutlich machen, daß Hegels Entwicklungstheorie sich durchaus auf dem Niveau der Entwicklungspsychologie des 20. Jahrhunderts bewege. Gegen Heidegger und Gada-

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mer wird positiv hervorgehoben, daß Hegel Sprache und Denken nicht a limine identifiziere (vgl. 246). Dies erlaube es u. a., die Rationalitätsstandards im Rahmen einer dialektischen Logik unabhängig vom sprachlichen Ausdruck zu thematisieren. Hierbei, so wird im Folgenden ausgeführt, überdehne Hegel jedoch den Bereich der dialektischen Vernunft, die schließlich universalisiert werde (248). Hegel sei „the champion of totality“ und „overemphasizes the universal because the universal is the spiritual that he wants to uphold.“ (250) Zugleich gesteht Limnatis aber auch zu, daß Hegel „Spirit“ als „self-annihilating“ ansehe, „and the realm of its application is its otherness, reality, and history.“ (252) In gleicher Weise sei auch die Wissenschaft der Logik nicht nur reines Denken, sondern ein Denken, welches mit dem realen Mannigfaltigen verbunden werden müsse (253). Es wäre zu fragen, ob Hegel dies nicht gerade dadurch ermöglichen wollte und ermöglicht hat, daß er das Allgemeine nicht einseitig betont, sondern im Zusammenhang mit dem Besonderen und Einzelnen als in sich konkrete Allgemeinheit entwickelt. Die Zwiespältigkeit des Urteils über Hegel an diesem Punkt scheint mir nicht auf einer Zwiespältigkeit Hegels zu beruhen. Das vierte Kapitel ist der Wissenschaft der Logik gewidmet, die entschieden als Fortsetzung der Phänomenologie gedeutet wird. Diese Kontinuität bestehe v. a. darin, daß die Logik nicht ausschließlich Ontologie und Metaphysik sei, sondern zugleich die Vernunft in ihrer historischen Entwicklung und die Erkenntnistheorie behandle (261). In der Folge spricht Limnatis dann von einem dynamischen Aspekt der Logik, wobei jedoch zu unterstreichen wäre, daß die interne systematische Entwicklung der Vernunft im Medium des reinen Denkens als Entwicklung nicht mit der Geschichte der Vernunft gleichgesetzt werden kann, auch wenn Hegel die Vernunft in einem eminenten Sinne als geschichtlich ansieht. Limnatis verschleift tendenziell beides, wenn er das Werden des absoluten Wissens in der Phänomenologie mit der schrittweisen Explikation dieses Wissens als Werden des Begriffs zu sich in der Logik gleichsetzt (vgl. 267). Es gehört zu den großen Vorzügen der vorliegenden Interpretation, daß Hegels Wissenschaft der Logik in erster Linie als ein kategoriales Netz und nicht als eine Beschreibung von metaphysischen Entitäten gelesen wird. Eine tiefergehende Reflexion auf das Verhältnis von Logik und Realphilosophie hätte hierüber weitere Klarheit verschaffen können. Es wäre z. B. zu fragen, was es etwa für den Status der logischen Kategorien bedeutet, daß die absolute Idee als Methode gefaßt und ihr Dasein in Natur und Geist verortet wird. Ist dies so zu verstehen, daß – mit dem frühen Marx zu sprechen – die Sache der Logik zugleich die Logik der Sache ist und diese bestimmt? Oder vielmehr so, daß der interne dialektische und systematische Zusammenhang der logischen Kategorien keineswegs mit der spezifischen Logik spezifischer realphilosophischer Gegenstände identisch ist, sondern nur eine Struktur bezeichnet, die in dem theoretischen und praktischen Verhalten zu bestimmten Gegenständen vorausgesetzt wird, aber diese Gegenstände selbst nicht erschöpfend beschreibt? – Limnatis stellt die Frage (letztlich unter Berufung auf Marx) so, daß er nicht eine Rekonstruktion der logischen Kategorien im Allgemeinen anstrebt – dies hätte ihm zufolge esoterischen Charakter (278 f.) –, sondern eine Rekonstruktion „on the basis of their unity with a concrete scientific object.“ (279) Dieser bestimmte Zusammenhang im Blick auf ein bestimmtes Objekt ist aber etwas anderes als der interne systematische Zusammenhang reiner Denkbestim-

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mungen unter sich. Es scheint, als wolle Verf. letzteren gar nicht in seiner Systematizität thematisieren, sondern die logischen Kategorien von vornherein in einen Zusammenhang mit realphilosophischen Gegenständen bringen. Damit bleibt aber das grundlegende, systematische Verhältnis von Logik und Realphilosophie ausgeklammert. Tatsächlich beschreibt Limnatis sein Verfahren so, daß er bewußt nur den halben Weg des Hegelschen Denkens mitgehen will. „It interprets reason as finite reason and, in accepting Hegel’s claim of the unity between reason and the manifold, pursues this position in a genuinely realistic way.“ (293) Eine solche empiristisch fundierte Kritik an der bei Hegel diagnostizierten Metaphysik stellt Limnatis denjenigen anti-metaphysischen Hegel-Interpretationen entgegen, die seiner Meinung nach selbst metaphysische Voraussetzungen machen, indem sie die dynamische Natur des Denkens vernachlässigen, die Einheit des Denkens mit sich selbst unterstreichen und die Einheit des Denkens mit dem Mannigfaltigen leugnen (293). Hier zeigt sich, wie klärungsbedürftig Limnatis’ Verwendungsweise von „Metaphysik“ ist, denn zweifellos könnte seine eigene Position von Hegel aus auch als Verstandesmetaphysik charakterisiert werden. Ein ausführlicher Abschnitt ist wiederum dem Verhältnis der Wissenschaft der Logik zur formalen Logik und dem Problem des Widerspruchs gewidmet (304 ff.). Dabei wird zurecht die Nähe Hegels zur Kantischen Problematik unterstrichen (307) und betont, daß Hegel die formale Logik nicht abstrakt negiere (314). Der Widerspruch komme für Hegel im Zusammenhang mit dem Konzept konkreter Allgemeinheit ins Spiel (214) und entstehe aufgrund einer formal korrekten Argumentation (318). Diese These ließe sich v. a. im Blick auf Hegels Auseinandersetzung mit der Antinomienlehre in Kants transzendentaler Dialektik gut nachvollziehen; Verf. sieht sie dagegen v. a. in der historisch-praxeologischen Perspektive (321) der Logik begründet: „the totality of thought is also the history of its coming-to-be what it is.“ (322) Der zweite, abschließende Teil des vierten Kapitels befaßt sich dann unter dem Titel „Toward an Epistemological Totality“ (341–367) besonders noch einmal mit dem Verhältnis der Logik zu den Einzelwissenschaften. Hier macht Limnatis noch einmal deutlich, daß er der Hegelschen eine empiristische Position entgegensetzen möchte, die ihre Rechtfertigung in einer tiefsitzenden Inkonsistenz der Hegelschen Logik selbst finde, „namely, in that his depiction of the structure of scientific thought is carried out in general, whereas thought is always concretely unified with its object.“ (348) -Das vorliegende Buch zeichnet sich durch eine konsequente, systematisch gerichtete Lektüre Hegels im Kontext der nachkantischen Philosophie aus. Es gelingt dem Verf. in historischer und systematischer Hinsicht, grundlegende Problematiken freizulegen, die Hegels System strukturieren. Auch dann, wenn man Limnatis’ Positionen nicht immer zu folgen bereit ist, ist anzuerkennen, daß die bisherige Forschung vielfach schon allein deshalb über keine besseren Antworten verfügt, weil sie die Probleme nicht immer in dieser Schärfe gesehen hat. Das Buch verdient es auf jeden Fall, nicht beiseitegelegt, sondern zum Ausgangspunkt weiterer Diskussionen in der Sache gemacht zu werden. Andreas Arndt (Berlin)

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Stefan Schick: Contradictio est regula veri. Die Grundsätze des Denkens in der formalen, transzendentalen und spekulativen Logik. Felix Meiner Verlag: Hamburg 2010. 503 S. (Hegel-Studien. Beiheft 53) Schicks vergleichende Studie ist aus seiner Regensburger Promotion (2009) hervorgegangen. Es geht ihm darum, den unterschiedlichen Umgang von formaler, transzendentaler und spekulativer Logik mit dem Widerspruch darzulegen. Im ersten Teil (29–121) wird die moderne Bestimmung von logischen Antinomien (z. B. Lügner-Paradoxon oder auch die Antinomie der Russell-Menge) untersucht. Dabei geht der Autor kenntnisreich auf die Logik des 20. Jh.s ein. Zunächst wird die Widerlegung des Psychologismus bei Frege und Husserl dargelegt. Zu Recht betont der Autor, daß es sich dabei um einen Antipsychologismus in der Logikbegründung handelt, den wir bereits bei Kant, Fichte und Hegel finden. Ohne es ganz deutlich zu machen, scheint der Autor die folgende Argumentation vor Augen zu haben: Mit der Widerlegung des Psychologismus in der Logik wird ein logischer Realismus notwendig, der wiederum eine gewisse Wirklichkeit des Logischen impliziert, welches wiederum – sollte es so etwas wie wahre logische Widersprüche/Antinomien geben – dazu führt, daß der Widerspruch als etwas Wirkliches anzuerkennen ist; sollte das so sein, werden Fichte und Hegel mit ihren Lösungen, mit dem Widerspruch umzugehen, virulent. Quines Haltung zum Widerspruchsvermeidungsprinzip – es ist zwar recht stabil, aber wir können nicht sicher sein, daß es evtl. in der Zukunft durch veränderte Fakten revidiert werden könnte – kritisiert der Autor mit eher schwachen – selbst wieder psychologistischen – Argumenten (wir haben „eine starke Tendenz“, an ihm festzuhalten, wir würden „eher andere Prinzipien aufgeben“, „starkes Indiz“ [55]). Einleuchtender ist schon das folgende, an Putnam orientierte Argument: „Die Prinzipien der Logik könnten vielmehr deshalb nicht auf Grund vernünftiger Argumente revidiert werden, weil durch diese fundamentalen Gesetze der Logik erst festgelegt werde, was ein vernünftiges Argument ist.“ (56) Das klingt natürlich nach Immunisierungsstrategie, und wenn man wie Quine eine modern-nominalistische, axiomatische Sicht der Logik vertritt, dann ist es auch kein Problem, daß spezifische Formen des Widerspruchs Akzeptanz finden könnten, und wir dann eben diese in unsere Axiomatik als vernünftige Argumente einbauen. Quine ist ja auch nicht darauf festgelegt, daß er sämtliche Arten von Widersprüchen gut heißen müßte. Er versucht nur, sich vor Übergeneralisierungen (eben auch auf dem Gebiet der Logik) zu hüten. Dem nominalistischen Relativismus vorzuhalten, er führe zu Relativismus, ist kein wirklicher Vorwurf oder eine Kritik, sondern eigentlich bloß eine Feststellung. Denn das Putnamsche Argument hat zwar die nachvollziehbare Absicht, sich vor Relativismus zu schützen, doch das hat hier zur Folge, daß es die fundamentalen Gesetze der Logik entweder unbegründbar macht oder zu zirkelhaften Argumenten führt. Auf eine Kurzformel gebracht: Man muß Widersprüche vermeiden, weil man sonst absurde oder willkürliche Dinge behaupten kann, die zu vermeiden sind, weil sie sich widersprechen. Doch nicht jeder, der spezifische Formen von Widersprüchen zuläßt, ist auf absurdes/willkürliches Gerede festgelegt, denn damit ist man ja nicht darauf angewiesen, gleich jeden Widerspruch – oder gar nur absurde Widersprüche – zuzulassen.Vielleicht gibt es völlig unterschiedliche Arten

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von sinnvollen und sinnlosen, wahren und unwahren, wirklichen und unwirklichen, möglichen und unmöglichen Widersprüchen. – Und genau das scheint dem Rezensenten die Pointe Hegels zu sein: Mit ihm könnte man differenzieren zwischen a) unsinnigen Widersprüchen, b) sinnvoll klingenden, aber falschen Widersprüchen des Verstandes, den man kritisieren kann, weil er selbst Widerspruchslosigkeit postuliert, und c) spekulativen bzw. wahren Widersprüche, die sinnvoll, vernünftig und produktiv für das Denken sind.1 Das den ersten Teil der Studie abschließende Kapitel (81–121) widmet sich dem Umgang mit Antinomien in der Logik des 20. Jh.s und wird natürlich dort besonders interessant, wo der Autor Dialetheismus, mehrwertige und parakonsistente Logiken thematisiert (100 ff.), die Widersprüche als nicht-falsche Sätze akzeptieren. Insbesondere geht der Autor zu Recht auf Graham Priests Arbeiten ein. Nach einer soliden Rekonstruktion des Priestschen Dialetheismus kritisiert der Autor David Lewis’ Kritiken am Dialetheismus und Quines Kritik an parakonsistenten Logiken (118 f.); findet diese also unzureichend. Allerdings klingt die eigene Kritik des Autors, man könne mit Priest gar nicht angeben, wann und welcher Widerspruch wahr ist und wann ein solcher zurückzuweisen ist (117), genau nach Lewis’ Argument. Priest kann sich natürlich dagegen mit Hegel aufrüsten und argumentieren, daß spekulative Widersprüche wahr oder p (= dritter Wahrheitswert: paradox) sind, im Unterschied zu verständigen oder gar unverständigen Widersprüchen, die schlicht falsch sind. Dialetheisten, die (zumindest einige) Widersprüche als wahre Sätze akzeptieren, sind, wie der Autor zu Recht hervorhebt, noch nicht auf eine mehrwertige Logik angewiesen, denn wenn der Wahrheitswert w für (zumindest einige) Widersprüche gilt, dann muß es noch keinen dritten Wahrheitswert geben; es könnte sein, daß w dann nur in sich komplexer wird, denn es enthält dann ein einfaches w und ein vermitteltes w, das genau dann w ist, wenn derselbe Satz f ist. Der Rezensent hat in diesem Kapitel jedoch die folgende, seiner Meinung nach interessantere Diskussion gegen parakonsistente oder mehrwertige Logiken sowie den Dialetheismus vermißt: a) Vermischen diese Logiken nicht epistemische mit logischen Problemen? b) Der Wahrheitswert p setzt sich selbst offenbar aus w und f zusammen, denn wenn man Antinomien definiert als (p → ¬p) ∧ (¬p → p), dann steckt darin bereits: Es ist wahr, daß (p → ¬p) und ebenso: Es ist wahr, daß (¬p → p).2 Eine logische Antinomie ist ja auch dadurch definiert, daß man sagen muß, sie ist genau dann wahr, wenn sie falsch ist, und sie ist genau dann falsch, wenn sie wahr ist. Hieran wird besonders deutlich, daß der Wahrheitswert p durch w und f definiert ist, daß er sie also voraus1

Analog zu Quines Relativismus wendet sich der Autor übrigens auch gegen den späten Wittgenstein und dessen Argumente dagegen, aus der Sprache heraustreten zu können, um zu überprüfen, ob sie der Wirklichkeit angemessen sei. Der Autor kann darin nur ein „grundsätzliches Defizit“ (63) zur Unfähigkeit der Selbstbegründung transzendental-logischer Strukturen von Wirklichkeit, Sprache und Denken bei Wittgenstein sehen. Man kann aber darin auch die Besonnenheit und Vorsicht im Umgang mit problematischen Übergeneralisierungen sehen. Schick sieht jedenfalls auch beim späten Wittgenstein noch ein Abbild-Verhältnis von Sprache und Welt (vgl. 67) und wirft ihm vor, die grundsätzlichen logischen Strukturen in ihrer Unhintergehbarkeit ungeklärt zu lassen. 2 Bitte nicht den Wahrheitswert p mit dem p als Variable für eine Proposition verwechseln.

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setzt und keinesfalls gleichberechtigt neben sie tritt. Es handelt sich bei p also um eine Hybrid-Bildung, keinen eigenständigen Wahrheitswert. c) Sofern man die Frage, ob p selbst w oder f ist, sinnvoll stellen kann, zeigt sich daran auch, daß p kein eigenständiger Wahrheitswert ist und in gewissem Sinne sogar die Bivalenz voraussetzt. Wollte man nun den Wahrheitswert p begründen, indem man ihn als p bestimmt, ist das natürlich zirkulär. Mehrwertige Logiken sind auf Bivalenz zurückzuführen: Gesetzt den Fall, man akzeptiert w, f und p als Wahrheitswerte, kann man das auch in einer bivalenten Formalisierung ausdrücken, nämlich als kontradiktorischen Gegensatz der beiden Wahrheitswerte w und ¬w. Man faßt einfach p und f in der logischen Negation von w zusammen und kommt wieder auf eine zweiwertige Logik. Dasselbe geht natürlich auch in der umgekehrten Zusammenfassung von f und ¬f, wobei ¬f w und p zusammenfaßt. Jedenfalls zieht der Autor die korrekte Konsequenz, daß die Probleme, ob und wie Widersprüche und welche Wahrheitswerte angenommen werden, nicht in der formalen Logik selbst thematisiert werden, sondern dazu entweder eine transzendentale oder eine spekulative Logik vonnöten ist, denn nur diese setzen sich lt. dem Autor zur Aufgabe, die Bedingungen der Möglichkeit, die unhinterfragten Voraussetzungen der Logik zu bestimmen. Dem folgt der zweite Teil der Studie (123–278), der eine sehr gründliche und genaue Rekapitulation von Fichtes Grundsatzphilosophie in den ersten drei Grundsätzen der Wissenschaftslehre (1794/95) beinhaltet. Eine eigenständige These zu Fichtes transzendentalphilosophischer Fundierung der Logik ist zwar nicht zu erkennen, dies wird jedoch durch die präzise, v. a. durch sehr viele Fichte-Zitate belegte Rekapitulation aufgewogen. Der Autor vertritt, daß Fichte zwar einerseits einen Zirkel zwischen Logik und Transzendentalphilosophie zugibt, andererseits aber auch versuche, die Logik – insbesondere den Satz der Identität sowie den Satz vom zu vermeidenden Widerspruch – transzendental zu fundieren. Vor dem Einwand, Fichtes transzendentale Argumentation sei Psychologismus, nimmt der Autor den Oberlausitzer insofern zu Recht in Schutz, als dieser die allgemeine – und nicht die individuelle – Subjektivität als fundierend denke. Beim Studium der Fußnoten fällt allerdings ein blutiges Gemetzel auf: Lt. dem Autor haben sich sämtliche Autoritäten der Fichte-Deutung – immerhin finden sich darunter: Janke, Henrich, Stolzenberg, Baumanns, Gloy, Hühn, Hammacher, Brachtendorf, Rockmore, Lauth, Seebohm – in fast allen Ansichten zu Fichte geirrt, so daß man den Eindruck hat, Schick ist der erste, der Fichte verstanden hat. Der Rezensent teilt diese Einschätzung nicht und möchte anmerken, daß z. B. eine so wichtige Konzeptionsänderung Fichtes, sich in der Wissenschaftslehre nova methodo gegen Grundsätze zu wenden, mehr ins Gewicht hätte fallen müssen, denn es ist eben nur in der frühen Phase und im Zeitraum der Abfassung der Wissenschaftslehre (1794/95) der Fall, daß Fichte – wohl unter dem Einfluß von Reinholds Lehre vom Elementarsatz – von Grundsätzen ausgeht; bei dem Autor klingt es aber so, als habe Fichte über seine gesamte philosophische Entwicklung hinweg Grundsätze angenommen. Im Kapitel über Hegel (279–474) fällt auf, daß gemäß dem Autor die spekulative Dialektik Hegels eigentlich nur rekonstruiert, was der Verstand macht, wenn er Widersprüche begeht. Damit versteht der Autor Hegel so, daß dessen spekulative Dialektik in

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der Logik eigentlich keine Widersprüche begehe, sondern sie nur auflöse! „Das gerade gegenüber Kant unerhörte Novum Hegels ist so vielmehr, dass die Bedeutung des Widerspruchsprinzips wieder gesteigert wird. […] Unwahrheit impliziert für Hegel […] immer Widersprüchlichkeit und Inkonsistenz.“ (302) Es gehe Hegel nur darum, die formale Logik in seine eigene spekulative zu integrieren, indem er die Voraussetzungen der formalen Logik mit ihr selbst begründe (vgl. 289). Das wäre einerseits zirkulär und erstaunt andererseits, denn dies ist bekanntlich nur die halbe Geschichte der Aufhebung, sie hat schließlich auch etwas mit Destruktion und Erhebung in ein Anderes zu tun. Insofern kann man z. B. das gesamte Schluß-Kapitel aus der Wissenschaft der Logik als Hegels Kritik an der zirkulären Syllogistik des pseudo-vernünftigen Verstandes lesen, nämlich als Aufhebung der Syllogistik im dreifachen Sinn; Hegel wiederholt sonach nicht einfach die aus seiner Sicht undialektischen und unvernünftigen Zirkel pseudovernünftiger Syllogistik. Auch die folgende Stelle bei Schick erstaunt: „Die Auflösung der Widersprüche geschieht dann auf ähnliche Weise, wie in der Fichte’schen WL: die Kategorien, die sich in Widersprüche verwickeln, werden durch Einführung neuer Kategorien aufgelöst, die diesen Widersprüchen enthoben sind. Sie selbst verwickeln sich dabei erneut in Widersprüche, das heißt hier tritt eine neue semantisch-pragmatische Differenz auf. Damit sind dann aber ähnliche Probleme wie bei Fichte impliziert, insbesondere das Problem des perennierenden Widerspruchs. Man könnte nämlich nie sicher sein, den Widerspruch gelöst zu haben. Nicht einmal bei der absoluten Idee könnte man das sagen. Wir haben nur noch keinen Widerspruch gefunden. Letztlich findet sich also auch hier ein prinzipiell unendlich perennierender Widerspruch, dessen endgültige Auflösung ins Unendliche hinausgeschoben und nur aus subjektiven Gründen unterbrochen wird.“ (335) Die Probleme dieser Deutung bestehen in Folgendem: a) Hegels Dialektik ist nicht bloß als „semantisch-pragmatische Differenz“ zu bestimmen, die sich zwischen Satz und zu bezeichnendem Sachverhalt abspielt. Das nivellierte ihre ontologische Relevanz und ginge letztlich auf dichotomisches Verstandesdenken zurück. b) Nach Hegel begeht die spekulative Vernunft natürlich Widersprüche – nicht nur der endliche Verstand –, und zwar mit positivem Resultat, die Vernunft löst nicht nur Widersprüche auf; das sagt Hegel so oft, daß sich der Rezensent textlicher Nachweise für enthoben hält. c) Die Parallele zu Fichte läßt sich deswegen nicht ziehen, weil die Vernunft für Hegel objektive, ontologische Valenz hat; sofern sie das ist, was ist, sind ihre Widersprüche nicht nur auf der Seite des Subjekts zu verbuchen.3 d) Eine schlechte Unendlichkeit des logischen Denkens, das immer weitere und ungewisse Widersprüche zu begehen gezwungen ist, stellt sich bei Hegel deswegen nicht ein, weil mit der absoluten Idee der äußerste denkerisch-logische Widerspruch gefunden und als eine reine Formstruktur aller

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Natürlich hat auch für Fichte die Vernunft objektive Valenz, aber zumindest für den frühen Fichte nicht ontologisch-metaphysische. Übrigens hatte Schick im Fichte-Kapitel diesem noch ein in sich geschlossenes System attestiert, das an seinem Ende „in gewisser Weise“ in seinen Anfang zurückkehrt (269). Was genau hier die „gewisse Weise“ ist, bleibt unklar; genau mit dem Problem der nicht exakten Rückkehr des Endes in den Anfang verwirft bekanntlich Hegel Fichtes System.

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Gedanken gesetzt, reflektiert und gewußt wird; sie ist letztlich derjenige Widerspruch, dessen Setzung und Aufhebung alle Bestimmungen der Logik durchzieht. e) Daß sich in der absoluten Idee bislang kein Widerspruch gefunden habe, ist deswegen problematisch, weil genau das nach Hegel selbst natürlich der Fall ist. Aufgrund ihres Selbstwiderspruchs, als reines Denken zugleich konkret/wirklich zu sein, entschließt sich die Idee zur Natur; das ist natürlich eine dialektische Widerspruchsbewegung. Sonst dürfte auf die Logik keine dialektische Realphilosophie mehr folgen, die ja auch wiederum dialektisch produktive Widersprüche hervorbringt. Merkwürdigerweise ist Schicks folgende Rekonstruktion der wesenslogischen Entwicklung des Widerspruchs und der Reflexionsbestimmungen (373 ff.) mit zahlreichen Hegel-Zitaten gespickt, sehr präzise; aber es wird nicht gesehen, daß sich daraus gewisse Widersprüche zu der oben genannten Deutung ergeben. Auch in diesem Hegel-Kapitel geht das Gemetzel an der Forschung weiter. Die bedeutendsten Hegel-Forscher haben sich nach Schick komplett geirrt; unter ihnen sind immerhin: Hösle, Wieland, Düsing, Halfwassen, Henrich, Wandschneider, Michael Wolff, Wieland und Popper (letzterer liegt bezüglich Hegel tatsächlich sehr oft weit daneben). Wenn diese erlauchte Forscher-Riege sich irrt, würde man gerne zu den Irrenden gehören. Fazit: In Schicks Untersuchung stehen die drei Themen formale, transzendentale und spekulative Logik etwas erratisch nebeneinander, und die argumentativen Transferleistungen zwischen den drei Kapiteln sind Mangelware; insbesondere eine Auseinandersetzung mit Priest hätte sich im dritten Kapitel angeboten. Zum „Schluss“ (475– 477) sagt Schick zwar, daß die drei Logikformen jeweils andere Momente von Identität und Widerspruch erhellen und je eigene Möglichkeiten, damit umzugehen, zeigen (475); aber dann stellt sich die Frage, wie es sein kann, daß sich alle drei untereinander in diversen Punkten widersprechen. Sehr interessant und genauer Ausführung bedürftig ist Schicks Andeutung am Ende, die drei Logik-Typen stünden auch in einem hierarchischen Verhältnis (ebd.), nämlich daß die formale Logik ein Moment der transzendentalen ist wie die transzendentale Moment der spekulativen. Um genau das zu zeigen, hätte es der oben angemahnten Transferleistungen zwischen den Kapiteln bedurft. Rainer Schäfer (Peking University, Department of Foreign Philosophy)

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B) Editionen

G. W. F. Hegel: Fenomenología del espíritu. Ed. y trad. de A. Gómez Ramos. [Phänomenologie des Geistes. Herausgegeben und übersetzt von A. Gómez Ramos.] Abada Editores/UAM Ediciones: Madrid 2010. 1007 pp. During the last years there has been in the whole Latin American scholar community, especially in Spain, a revival of Hegel’s Werke translations into Spanish, and also a significant increase of the scholarly bibliography produced by Spanish scholars. This fact illustrates certainly the fine condition of the Hegelian studies developed in the Latin American scholar community. In the concrete case of the Phänomenologie des Geistes (= PhG), the Spanish translation that I shall review here is the second one in barely five years; the other one is Professor Manuel Jiménez Redondo’s edition (Pre-textos: Valencia 2006). It is to be noticed that the PhG translations into Spanish – especially this book over the others – have normally played a key role in the reception of Hegel’s general thought in the Latin American sphere; that is to say: besides its scholar significance, they usually have a wider cultural importance. It is already well known that its first translation into Spanish, Wenceslao Roces’ version (FCE: Mexico DF 1964), represented the first wide and important spreading of Hegel’s thought in the Spanish-speaking world. On the other hand, Professor Jiménez Redondo’s recent edition has been capable to make the complexity of the werdende Wissen more clear to the student community, even to sale thousands of books, especially after decades of aridity – among other mistakes and gaps – present in Roces’ version. (I can’t neglect to mention the forerunner – though partial – translation by Xavier Zubiri [Revista de Occidente: Madrid 1935], which introduced the PhG into the very little Hegelian world present in Spain at that time, dominated until then by Logik, Enzyklopädie and Philosophie des Rechts.1) Finally, the newest edition by Professor Gómez Ramos, which is the object of these lines, does not represent in that sense an exception: it should be note at the outset that, according to my view, this work will lead the scholar and student communities, and even the public in general, to a new comprehension level; namely: to a more critical inquiry of the PhG, besides its simply – but necessary – reading and understanding frequently held hitherto.2 To see why this might be so, next I would like to focus upon this latter perspective; and for I think it makes no sense nowadays to review here the content of the PhG – there are brilliant books and papers for that –, I shall briefly point out a couple of features of this work which exemplify its step forward just mentioned. Specifically:

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For a general account of Hegel’s reception in Spain see: G. Díaz Díaz: Georg Wilhelm Friedrich Hegel en las letras españolas. Nota bibliográfica. [Georg Wilhelm Friedrich Hegel in spanischen Buchstaben. Bibliographische Anmerkungen.] – In: Logos. Anales del Seminario de Metafísica. Madrid. 16 (1981), 139–140. 2 There is another PhG translation that I was not able to check: the one edited by Alfredo Llanos (Editorial Rescate: Buenos Aires 1991).

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some of its edition and philological features, and also some questions involved, including eventually philosophical ones. From the point of view of its edition, on the one hand, I must underline the set of supplements added along with the main text itself; that is: explanatory notes, glossary, several indexes and appendixes, and above all the fact that this work is a Spanish-German bilingual version (which is not without problems, as I shall mention immediately). Among those supplements, it is to be note the usefulness and value of the GermanSpanish glossary – based on a previous bilingual glossary prepared by Professor José María Ripalda in his Realphilosophie Spanish edition (Filosofía real. FCE: Madrid 1984) –, which contains philosophical and scholar remarks, mixed with grammatical and semantical explanations too, elaborated with a very accurate knowledge. As indicated above, the only thing that could be a little bit confusing is that the German text placed on the left side of the book (digital version by Schulze from 1832, based as well on PhG first edition [1807]) does not come from the same German edition translated into Spanish on the right side (edition by W. Bonsiepen and R. Heede. GW 9. Felix Meiner Verlag: Hamburg 1980). It is surprising then that the translator made this difference when, according to himself (see for example: ‘Presentación’. 39, n. 64), there is no real difference between those German editions; principally when this difference – if exists – “does not affect to the translation into Spanish” (“no afecta a la traducción al español”). In so doing, it could be confusing – as I said – that the page number printed in square brackets on both margins of the book refers to a two different German editions. Translator’s explanations notwithstanding (39), it is very likely as a result that such a combination of three editions in a single volume – which is by no means a success – may mislead the reader. From the philological point of view, on the other hand, Professor Gómez Ramos’ work is solved successfully: he combines accurately simplicity and complexity all along the whole PhG, and he decides on the former or the latter whenever the text itself requires it, even in the same sentence; that is to say: in spite of some previous and hesitant statements concerning the upshot of the translation (see 37), this Hegel’s phenomenology is to be read entirely in Spanish and also sounds completely like Spanish.3 In that sense, this is a great work. And even though it would be totally wrong to assess here thoroughly Professor Gómez Ramos’ skills as translator – since his reliability and reputation are well confirmed in so many preceding works: translating H.-G. Gadamer and R. Koselleck, among others –, I shall stress just some issues. As to its lexical sphere, for the present purposes it suffices to note that this work makes some interesting contributions; for instance: “Sitte” → “ethos” (instead of the commonly used and confusing “eticidad”), “Gewissen” → “certeza moral” (instead of the inaccurate “conciencia moral”), or “Aufhebung, aufheben” → “cancelar, asumir” (over

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Or to put it in the translator’s own words: “For me it would be enough to say that I move the reader from a simple and natural Spanish in order to face him up to a difficult and philosophical Spanish” (“Me conformaría con decir que saco al lector de un español fácil y natural para confrontarlo con un español difícil y filosófico”) (38).

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all the latter, which deeply connects the German meaning with the Spanish use of language). But at the same time I harbour some doubts in other cases, and I may refer for example to this one: “Gesinnung” → “mentalidad, convicción, intención”, since there are unless another three Hegelian notions which could be translated likewise into Spanish: “Gemüt” (“mentalidad”), “Überzeugung” (“convicción”) and “Absicht” (“intención”), so there seems to be something amiss here. Similar remarks could be made as regards to the syntactic sphere of this work – which is, in my opinion, a good general test on the translation level: it shows a proven and reliable command of the language –, given that the Hegelian prose and its complex and dialectical reasonings demand an appropriate sentence order to be – as far as possible – clearly understood. I think the translator is really aware of this question – actually, he mentions it in his ‘Presentación’ (37) – and, in view of this, besides the words itselves he has translated the German text from this perspective. This is also what happens if we go deeply into this perspective and we focus now on a topic apparently so insignificant like Hegel’s way of using commas, a subject which has been also translated here – and which constitutes another good test on the translation level –, generally with success.4 In fact, it is my contention that this is one of the most remarkable features of Professor Gómez Ramos’ work, and I would like to explain briefly its significance for the PhG and for Hegel’s thought in general. Thus the way of using commas, as well as syntax, punctuation marks and all the textual components, reveal in a sense the mutual connection which exists between the conceptual unfolding and its textual roots. For when we are dealing with Hegel, we must ask to what extent the logical necessity relies on supplementary and textual contingency. Do we really understand Hegel if we are not able to read – and we definitely overlook – those textual issues present in his reasonings? Do we really understand Hegel if we are not able to notice – and we are definitely blind to – how the concept is “bestimmt” by them? Do we really understand Hegel if we do not realize that “die Entwicklung des Begriffs” – or even “die Verwirklichung des Begriffs” – involves also “die Anstrengung des Begriffs?” Let us say that this is one way to make know and perform the phenomenological thesis, according to which the “Darstellung” of the notion (“Begriff”) emerges in the middle of its “Vorstellung,” or that the act of “begreifen” is also the act of “erzählen,” or even that the notions of time and contingency appear (PhG, chaps. I–VII) and sublate themselves (chap. VIII) all along the Science of the experience of consciousness. But let us say too, more generally, that this is one way to unify effectively Philosophy and Philology, and in my opinion every translation of a philosophical work must aim at joining both sides. The translation I am reviewing here achieves undoubtedly that goal.

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However, sometimes the translator uses them too much, and even he appears to mix his own usage – as we can see it, for instance, in the ‘Presentación’ – and Hegel’s one. Let me quote some few examples: the end of the first paragraph in p. 83; the first half of the first paragraph in p. 193; up to the middle of the third paragraph in p. 341; the second half of the third paragraph in p. 557; the beginning of the second paragraph in p. 691; or the first lines of the last paragraph in p. 907. So it is not totally true that the translator – as he says – “respect strictly the original punctuation” (“respet[a] estrictamente la puntuación original”) (‘Presentación’. 35; my italics). I think he does not in those examples, neither in many others.

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We have always been told that it was necessary to think of Hegel (and more specifically: to think against Hegel), but we have never been told, on the contrary, that before doing this – either for or against – it was necessary to be able to read him, to dwell on his complex reasonings, or to check very carefully his “Übergänge.” As should be already clear at this point, Professor Gómez Ramos’ edition takes very seriously this demand – in fact asserted by Hegel itself at the very beginning of the PhG, in the last two paragraphs of the ‘Vorrede’ (137) – and guides us certainly in that direction: to read the text very slowly and to let “die langsamere Wirkung” prevail finally over the “das schnellere Urteil.” Andrés Alonso Martos (Valencia)

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Grundlinien der Philosophie des Rechts. Auf der Grundlage der Edition des Textes in den Gesammelten Werken, Band 14, herausgegeben von Horst D. Brandt. Felix Meiner Verlag: Hamburg 2013. XII, 376 S. (PhB 638) Nachdem vor wenigen Jahren Klaus Grotsch und Elisabeth Weisser-Lohmann den von Hegel als Leitfaden für seine Vorlesungen an Berlins Universität unter dem Doppeltitel Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse/Grundlinien der Philosophie des Rechts publizierten Text von 355 Seiten in drei Teilbänden mit insgesamt 1305 Seiten herausgegeben haben,1 begnügt sich der jetzige Herausgeber mit der Wiedergabe des Originaltextes der in der Berliner Nicolaischen Buchhandlung erschienenen Erstveröffentlichung des Jahres 1820/1821, nunmehr als Band 638 der ehrwürdigen Philosophischen Bibliothek.2 Möge diese auf dem Text der kritischen Edition von Band 14 der Gesammelten Werke (2009/2011) beruhende Neuausgabe insbesondere von den Studierenden an den Philosophen- und Juristenfakultäten genutzt werden. Daß Horst A. Brandt – anders als viele seiner Vorgänger, darunter auch der jetzige Rezensent – auf den Abdruck der knapp zweihundert Zusätze, die Hegels Parteigänger Eduard Gans aus zwei Vorlesungsnachschriften intelligenter Hörer in die von ihm zu verantwortenden Grundlinien-Auflage des Jahres 1833 (nachgedruckt 1840 und 1854) einfügte, ebenso verzichtet hat wie auf die Wiedergabe der umfangreichen Notizen Hegels aus dessen durchschossenem Handexemplar seiner eigenen Grundlinien-Ausgabe, wird von ihm konzeptionell begründet: Um die authentische Gestalt von Hegels Grundlinien der Philosophie des Rechts richtig zu erfassen, müsse man die in ihnen enthaltenen, also die originären Gedanken klar von deren späteren Vermittlungen oder gar Veränderungen, die eine davon unterscheidbare Wirkung erlangten, absondern; diese dürfe man nicht als „rückwärts gewandte Korrekturen“ des Gedankeninhalts der Erstauflage mißverstehen.

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Vgl. die Würdigung dieser Meisterleistung in: Hegel-Studien. Hamburg. 46 (2012), 151–156. Siehe: Rainer Bast: Die Philosophische Bibliothek. Geschichte und Bibliographie. Hamburg 1991.

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Diese vom Herausgeber getroffene Unterscheidung zwischen dem gedanklichen Gehalt der Urfassung des Textes und dem seiner Rezeption ist samt den sich daraus ergebenden Folgen für die Edition des Werkes berechtigt. Auch wenn die gesellschaftliche Wirkung von Hegels Rechtsphilosophie ebenso auf den von ihm gehaltenen Vorlesungen aus den Wintersemestern 1818/19, 1819/20, 1821/22, 1822/23 und 1824/25 mit jeweils fünf Wochenstunden (vor übrigens nur einem halben Hundert Hörern) beruht wie auf den sicherlich kursierenden Mitschriften und den die Vorlesungen begleitenden Repetitorien, aber auch auf den seit 1827 an Berlins juristischer Fakultät gehaltenen Naturrechts-Vorlesungen, denen Eduard Gans erklärtermaßen die Grundlinien der Philosophie des Rechts des „größten Philosophen der jetzigen Welt“ zugrunde legte, so bleibt doch die davon unabhängige Aufgabe, die originären Gedanken Hegels historisch-kritisch zu erfassen und zu bewerten. Dazu ist in der Tat ein von späteren Deutungen und Veränderungen unbelasteter Abdruck des Originaltextes erforderlich, wie ihn Band 14 (1–282) der Gesamtausgabe geboten hat und nun Band 638 der Philosophischen Bibliothek bietet. Um die Folgen für eine angemessene philosophiehistorische Interpretation von Texten an wenigstens einem einschlägigen Beispiel zu verdeutlichen: Marxens im Jahr 1843 vertretene Meinung, Hegels „Rechtsphilosophie“-Paragraphen könnten auch wörtlich in Preußens Allgemeinem Landrecht stehen,3 ist mit dem puren Hegel-Text des Jahres 1821 partiell kompatibel; nicht aber gilt das für Iltings 1971 getroffene Behauptung, wonach die politische Philosophie Hegels darauf angelegt gewesen sei, „zu einem liberalen Sozialismus [!] entwickelt zu werden“;4 auch wenn Gans die „Zusätze“ statt mit Bedacht willkürlich ausgewählt hätte – wie Brandt, anders als der Rezensent, anzunehmen scheint –, würde Iltings Auffassung ohne die Wirkungsgeschichte Hegelschen Rechtsdenkens samt deren Rezeptionen schlechthin absurd erscheinen. Allerdings widerspräche es doch wohl moderner Hermeneutik, sich bei einer kritischen Erfassung von Hegels Rechtsphilosophie in ihrer ursprünglichen Version mit dem puren Wortlaut des Textes samt einem Bedeutungswörterbuch der deutschen Sprache zu begnügen. Zur Aufdeckung des Sinns und Hintersinns der Erstausgabe (1820/1821) gehört aber auch das historisch gegebene Vorverständnis ihres Autors, seine Urteile wie seine Vorurteile; gehört die Entstehungs- wie die Druckgeschichte der Grundlinien;5 gehört die Einbettung der Meinungen wie der nicht immer damit übereinstimmenden Meinungsäußerungen Hegels über Frankreichs Revolution und Deutschlands Realitäten plus Möglichkeiten; gehören seine eigenen Einblicke in die Berufungsvorgänge, die ihn an Berlins Universität brachten;6 gehört sein Verzicht 3

Siehe: MEW 1. Karl Marx 1839–1844. Bearbeiter: Rolf Hecker, Richard Sperl. 16., überarbeitete Auflage Berlin 2006. 246. 4 „Die Struktur der Hegelschen Rechtsphilosophie“. – In: Manfred Riedel: Materialien zu Hegels Rechtsphilosophie. Bd. 2. Frankfurt a. M. 1975. 72. 5 Vgl.: Hans-Christian Lucas/Udo Rameil: Furcht vor der Zensur. Zur Entstehung und Druckgeschichte von Hegels Grundlinien der Philosophie des Rechts. – In: Hegel-Studien. Bonn. 15 (1980), 63–93. 6 Vgl.: Hermann Klenner: Historisierende Rechtsphilosophie. Essays. Freiburg/Brsg. [u. a.] 2009. 409– 423 („Hegels König und des Königs Universität“). (Haufe-Schriftenreihe zur rechtswissenschaftlichen Grundlagenforschung 21)

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auf das Angebot, aus Zensurgründen einen Verleger außerhalb Preußens zu finden; gehört die unbestreitbare Tatsache, daß im Sommer 1819 drei Vertraute Hegels – darunter sein Assistent – verhaftet worden waren; es gehört aber auch die – milde gesprochen – zurückhaltende Resonanz auf die Publikation der Grundlinien selbst bei den ihm Wohlgesonnenen – abgesehen von denen, die ihm eine Verwechselung von Gott und Satan vorwarfen oder die Vermischung von philosophischer und polizeilicher Argumentation oder die Reduktion des Sollens auf das Sein. Wenigstens Hinweise auf derlei – ein den Intentionen des Autors angemessenes Verstehen des Textes doch erst ermöglichende – Vorkommnisse wären in des Herausgebers Einleitung angebracht gewesen. Hingegen werden in einem umfangreichen, auf den von Klaus Grotsch erarbeiteten Erkenntnissen in GW 14,3 beruhendem Anhang (333–376), in dem auch alle bisherigen deutschsprachigen Ausgaben der Grundlinien der Philosophie des Rechts aufgelistet sind, die in Hegels Text vorkommenden Zitate und Bezugnahmen auf andere Schriften sowie auf Verweise innerhalb des Textes geboten. Darüber hinaus werden die für das Textverständnis erforderlichen Erläuterungen zu historischen Personen, Ereignissen und sonstigen Sachverhalten beigebracht, es wird auch über die rechtswissenschaftlichen Diskussionszusammenhänge informiert, von denen angenommen werden kann, daß Hegel von ihnen wußte, auch wenn seine Kenntnis der einschlägigen Werke nicht direkt nachweisbar ist. Genannt werden diejenigen Werkausgaben, von denen wir mit Sicherheit wissen oder wenigstens mit Wahrscheinlichkeit vermuten können, daß Hegel sie benutzt hat; ansonsten wurden die jeweiligen Erstausgaben herangezogen. Allerdings bleibt ein Erdenrest, zu tragen peinlich: Im Anhang wird durchgängig ausschließlich in den jeweiligen Originalsprachen der Originalausgaben zitiert. Wäre es nicht aber im Benutzerinteresse an der Zeit, zusätzlich moderne, überall greifbare Editionen samt einer Übersetzung der Zitate ins Deutsche anzubieten? Von den zu erwartenden und gewollten Lesern der Philosophischen Bibliothek kann zwar erhofft, doch wohl nicht ernsthaft vermutet werden, daß sie griechische, lateinische, französische und italienische Texte philosophischen Gehalts verstehen. Mit Illusionen sollte man keine Wissensvermittlung betreiben. Hermann Klenner (Berlin)

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G. W. F. Hegel: La philosophie de l’histoire. Ed. dirigé par M. Bienenstock. Appareil critique N. Waszek. Trad. M. Bienenstock, Ch. Bouton, J.-M. Buée, G. Marmasse et D. Wittmann. La Pochothèque: Paris 2009. 758 pp. („Le Livre de Poche“) G. W. F. Hegel: Introduction à la philosophie de l’histoire. Traduction, présentation, notes et index par M. Bienenstock et N. Waszek. Librairie Générale Française: Paris 2011. 351 pp. („Le Livre de Poche“) Die Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte, die Hegel im Wintersemester 1822/23 an der Universität Berlin hielt, erfreuten sich, wie Karl Rosenkranz detailliert in seinem berühmten Hegel’s Leben (1844) beschreibt, großer Beliebtheit. Sie wurden von Hegel in den Jahren 1824/25, 1826/27, 1828/29 und 1830/31 wiederholt. Die Vertiefung erreichte in diesem letzten Kolleg ein solches Ausmaß, daß Hegel eine Einleitung verfaßte (von der das eigenhändige Manuskript erhalten geblieben ist) und wahrscheinlich auf die Idee kam, ein diesem Thema gewidmetes Werk vorzubereiten. Er widmete sich der Aufgabe mit einem solchen Engagement, daß er sich gerade zu Beginn dieser Vorlesungen in einem Brief an Duboc vom 22. Dezember 1822 dafür entschuldigt, nicht mehr Zeit aufbringen zu können, um dem Freund so zu schreiben, wie er es gerne getan hätte. Der Grund ist Hegel zufolge, daß er einen „wenig freien Kopf“ habe, da dieser „so voll“ mit Argumenten zur Entwicklung der „neuen“ Disziplin sei, welche die „Philosophie der Geschichte“ genannt werde und als vernünftige Kenntnis der Vergangenheit verstanden werde, daß es ihm wirklich unmöglich erschiene, an anderes zu denken. Hegel war in der Tat damit beschäftigt, detaillierter als in den vorhergehenden und knappen zwanzig Paragraphen der Grundlinien der Philosophie des Rechts (1821) einen Teil seines Systems zu artikulieren. Dieser erschien ihm so komplex auszudrücken und so schwierig in der Öffentlichkeit zu verteidigen, daß er sich nichts anderem widmen könne. Dennoch hat Hegel niemals ein der Philosophie der Geschichte gewidmetes Werk veröffentlicht. Was uns von seinen Gedanken bleibt, sind hingegen die „Spuren“, die sie in seinen Kollegien hinterlassen haben und die von verschiedenen Studenten nachgeschrieben wurden und postum zum ersten Mal im 19. Jahrhundert in der Ausgabe der Werke veröffentlicht wurden, die von einem „Verein von Freunden des Verewigten“ und insbesondere von Eduard Gans 1837 herausgegeben wurden. Das, was der Hegel-Forscher anfänglich zu seiner Verfügung hatte, mit dieser ersten postumen Ausgabe der Philosophie der Geschichte und mit den nachfolgenden (wie z.B. diejenige von Karl Hegel [1840], Georg Lasson [1917] sowie Johannes Hoffmeister [1955]), war lediglich ein Text wie eine Art Collage, der in Wirklichkeit verschiedene Nachschriften von Zuhörern miteinander verschmelzen ließ und keinen Unterschied zwischen den Jahren machte, in denen Hegel seine Thesen zum Ausdruck gebracht hatte. Die neueren Ausgaben sind hingegen philologisch akkurater. In den letzten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ist der Kenntnis der Struktur und des Inhalts der verschiedenen Kollegien über diese Disziplin (die Philosophie der Geschichte) neuer Auftrieb gegeben worden, durch die Veröffentlichung der Vorlesungen, die sowohl von einzelnen Gelehrten als auch von einer Forschergruppe des Hegel-Archivs herausgegeben wurden. Deren Arbeit hat Bände der Reihe Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte hervorgebracht, in der die von Hegel während der Berliner Zeit gehaltenen Vorlesungen Platz fanden. Die von den verschiedenen Herausgebern

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geförderte Arbeit ist gewissenhaft auf der Grundlage philologischer Kriterien ausgeführt worden, die sicherlich zuverlässiger sind als die willkürlichen von Hegels Schülern und unmittelbaren Nachfolgern. Ein umfangreicheres Material zur Verfügung gehabt zu haben (ausgedehntere Versionen desselben Kollegs, das in den Nachschriften verschiedener Zuhörer zusammengefaßt wurde) im Vergleich zu der Dokumentation, die die Schüler direkt nach Hegels Tod in den Händen hielten, hat zahlreiche philologische Neuerungen zu diesen Vorlesungen ans Licht gebracht; Neuerungen, die die Herausgeber und Interpreten dazu geführt haben, das exegetische Gesamtbild von Hegels Denken teilweise neu zu zeichnen, völlig anders als dasjenige, was durch die Ausgaben des 19. Jahrhunderts von den Vorlesungen überliefert worden war. Auf diese Weise haben sich dank der Veröffentlichung neuer Ausgaben von Hegels Vorlesungen neue Interpretationsperspektiven eröffnet, und die Idee, daß die Vorlesungen im allgemeinen philologisch nicht so glaubwürdig wie die gedruckten Werke sind, ist fallen gelassen worden. Die Untersuchung der verschiedenen Varianten der Berliner Kollegien hat ermöglicht, das Verhältnis zwischen den Vorlesungen und der von Hegel in der Berliner Zeit veröffentlichten Werke neu zu bestimmen und die in einigen Fällen bedeutungsvollen Teile letzterer hervorzuheben. Hinzu kommt, daß sich die Vorlesungen sogar als noch reichhaltiger als die gedruckten Texte entpuppt haben. Das ist auch bei den Vorlesungen über die Weltgeschichte geschehen, in denen die Abhandlung der Geschichte weitgreifender und strukturierter ist als z.B. in dem kurzen Abschnitt der Berliner Enzyklopädie des Jahres 1830, in der nur ein Teil davon thematisiert wird (§§ 548–552). Die wertvolle kritische Ausgabe, die in den 1995 von Walter Jaeschke herausgegebenen Gesammelten Werken (GW 18) erschienen ist, hat das Verdienst gehabt, zum ersten Mal zwei eigenhändige Texte von Hegel zu veröffentlichen, von denen sich der eine auf die Einleitung zum Kolleg über Philosophie der Weltgeschichte (1822 und 1828 wiederholt) und der andere auf die ausgedehnte Einleitung zum Kolleg über dasselbe Thema von 1830/31 bezieht. Im darauf folgenden Jahr ist die Ausgabe der Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte erschienen, die 1996 von Karl Heinz Ilting, Karl Brehmer und Hoo Naam Seelman herausgegeben wurde und sich auf das erste Berliner Kolleg der Jahre 1822/23 bezog. Sie hat viele Unangemessenheiten der vorhergegangenen Ausgaben überwunden und im Allgemeinen das Verdienst, zum wahrscheinlichen „Urformat“ der Hegelschen Vorlesung zurückgekehrt zu sein (so wie als erster schon Jaeschke 1983 es mit den Vorlesungen über die Religionsphilosophie getan hatte). Obwohl die Ausgabe über die Philosophie der Weltgeschichte sogar die Vorlesungsnachschriften dreier Hörer (Griesheim, Hotho und Kehler) in Betracht zog, d.h. sich auf eine Sekundärüberlieferung stützte, hat sie den großen Wert, uns irgendwie ein einheitliches Bild davon wiederzugeben, wie das erste Kolleg Hegels über das Thema der Philosophia historiae universalis gestaltet war. Die Vorstellung, die das Projekt der Ausgaben der Hegelschen Vorlesungen im ganzen gestützt hat und immer noch nährt, ist, daß es anhand der Unterscheidung der Kollegien nach dem jeweiligen Zugehörigkeitsjahr möglich ist, die Entstehung und die Entwicklung der Thesen, die Hegel im Jahrzehnt von 1822 bis 1831 vertrat, zu verfolgen. Dank dieser beiden unterschiedlichen deutschen Ausgaben war es möglich, das erste Kolleg über die Philosophie der Geschichte mit einigen Kollegien der nachfolgenden Jahre zu vergleichen, die einerseits durch die verschiedenen Nachschriften der Studenten und

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andererseits v.a. durch die beiden unterschiedlichen Manuskripte Hegels dokumentiert werden. So konnten sowohl zahlreiche Änderungen in der allgemeinen Struktur der verschiedenen Kollegien als auch Änderungen im Inhalt entdeckt werden. Diese ausführliche Einleitung von seiten derjenigen, die mit einer knappen und gleichzeitig gründlichen Buchbesprechung beauftragt war, ist notwendig, um die außerordentliche philologische Komplexität und exegetische Bedeutsamkeit der hier vorgestellten Texte zu verstehen. Es handelt sich in beiden Fällen, sowohl bei der 2009 veröffentlichten La philosophie de l’histoire als auch bei der 2011 gedruckten Introduction à la philosophie de l’histoire, um die erste Übersetzung in die französische Sprache der Kollegien der Jahre 1822 (1828 überarbeitet) und 1830/31. Auf diese Weise gestatten die beiden hier präsentierten französischen Werke, die Entwicklung von Hegels Gedanken zu diesem speziellen Gebiet vom ersten bis zum letzten Kolleg zu ermessen. Dennoch geht es nicht lediglich um eine französische Übersetzung, die von verschiedenen, in diesem Bereich erfahrenen französischen Forschern (wie Myriam Bienenstock, Christophe Bouton, Jean-Michel Buée, Gilles Marmasse, David Wittmann und Norbert Waszek) herausgegeben wurde, sondern um ein fein gegliedertes Werk. Es ist und wird in Zukunft eine höchst nützliche Arbeitshilfe nicht nur für französisch sprechende, sondern auch für all diejenigen Forscher sein, die die „gallische“ Sprache beherrschen und die verschiedenen Aspekte des komplexen historisch-philosophischen Projekts von Hegel vertiefen möchten. Obwohl die beiden Bücher sich nicht gleichen, präsentieren sie eine ähnliche Struktur und ein vergleichbares Publikationsprojekt. Die beiden Bände beginnen mit einer ausgedehnten Präsentation, der ersten von Myriam Bienenstock und der zweiten „zu vier Händen“ von derselben Autorin gemeinsam mit Norbert Waszek. Zweitens fahren beide Bücher damit fort, die beiden eigenhändigen Einleitungen zum Kolleg der Jahre 1822 (1828 überarbeitet) und 1830/31 vorzustellen. Der 2009 erschienene, umfangreichere Band über La philosophie de l’histoire enthält auch die französische Übersetzung eines Teils des Kollegs der Jahre 1822/23 (aus der Nachschrift Hotho, die im Pariser Cousin-Nachlaß liegt), der dem historischen Verlauf der Weltgeschichte gewidmet ist. Um die Kenntnisse zu diesem Thema zu kommentieren und zu erweitern, bieten die beiden Bände ein sog. „Dossier“, d.h. eine Art Anthologie von Parallelstellen aus anderen Werken Hegels und von ausgewählten Stellen aus einigen Werken der unmittelbaren Vorgänger Hegels, aus Werken von zeitgenössischen oder wenig späteren Autoren sowie auch Essays von Interpreten unserer Zeit. Diese editorische Entscheidung hat den Zweck, dem Spezialisten und den Studenten gegliederte und ausführliche Instrumentarien zur Verfügung zu stellen, um in erster Linie den historisch-philosophischen Zusammenhang zu verstehen, in dem Hegels Thesen entstanden sind (man denke an Lessing und Kant); in zweiter Linie, wie diese aufgenommen wurden (von Marx oder Nietzsche); und schließlich, was für eine Diskussion sie heute noch unter den Interpreten auslösen (man denke an das Thema vom „Ende der Geschichte“). Um spezifischer auf die beiden „Dossiers“ der französischen Werke einzugehen, finden wir in der ersten und umfangreicheren Veröffentlichung des Jahres 2009 ein in vier Teile geteiltes „Dossier“. Im ersten Teil unter dem Titel „Komplementäre Texte zu Hegel. Quellen und Modelle“ werden Textauszüge aus Hegels Jugendzeit vorgestellt, die den Begriff der „Geschichte“ und der „Entwicklung des Geistes der Menschheit“ betreffen. Daraus gehen v.a. Lektüren des jungen Hegel hervor, die sein

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Interesse für die Werke einiger Philosophen, Gelehrter und Juristen des 18. Jahrhunderts belegen. So finden wir Hegels Kommentar zu Humes History of England oder Stellen, die der Reflexion über Friedrich Schillers Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs gewidmet sind, oder auch andere Textabschnitte, in denen sich Hegel kritisch gegenüber Montesquieu und Herder äußert. Ebenfalls im ersten Teil des „Dossiers“ entdecken wir auch Textfragmente aus späterer Zeit. Unter diesen Fragmenten befindet sich ein Auszug, in dem Hegel 1831 zur Französischen Revolution Stellung nimmt, und ein weiterer (einem Nachschriftenheft von D. F. Strauss entnommen) aus dem von Hegel 1831 gehaltenen Kolleg über die Philosophie der Religion. Daraus geht hervor, daß er am Ende seiner philosophischen Spekulation dem Verhältnis zwischen Staat und Religion viel Platz eingeräumt hatte. Das zweite „Dossier“ des 2009 veröffentlichten Bandes ist ganz den „damaligen Debatten“ gewidmet, und es werden Auszüge aus den Werken Lessings, Kants, Schellings und Fichtes vorgestellt. Eine besondere Bedeutung kommt Lessings Werk Die Erziehung des Menschengeschlechts (1780) zu, mit welchem Hegel sehr gut vertraut war. Aus dem Vergleich mit diesem Werk geht das originelle Denken Hegels hervor, das sich, obwohl es die Beziehungen zwischen Religion und Geschichte untersucht, ganz der Formulierung einer Philosophie der Geschichte verschreibt und keiner Religion oder Theologie (M. Bienenstock: „Présentation“. 20). Weiterhin betrifft ein drittes „Dossier“ des Bandes über La philosophie de l’histoire des Jahres 2009 die „drei großen Kritiken des 19. Jahrhunderts“, und darunter werden Kierkegaard, Nietzsche und v.a. Marx angeführt. Das vierte und letzte „Dossier“ schlägt schließlich „einige moderne Interpretationen“ vor mit Auszügen aus Monographien oder Essays von französischen und deutschen Autoren wie J. Ritter, N. Waszek, Chr. Bouton und B. Bourgeois. Der kürzere Band mit dem Titel Introduction à la philosophie de l’histoire, der 2011 erschienen ist, stützt sich, wie schon gesagt, auf dieselbe Methode und auf dasselbe Gesamtbild. Auch darin finden wir nach den Hegelschen Texten ein in drei Teile unterteiltes „Dossier“, worin jeweils die folgenden Texte geboten werden: im ersten Teil Auszüge aus den beiden sog. „Gründertexten“ der Philosophie der Geschichte, Lessings Die Erziehung des Menschengeschlechts und Kants Ideen zu einer allgemeinen Geschichte (1784); im zweiten Teil die „drei Kritiken“, die von Kierkegaard, Nietzsche und Marx an Hegel gerichtet wurden und die mit einigen Texten, die schon im Band des Jahres 2009 zitiert worden waren, vorgestellt werden; im dritten und letzten Teil finden wir wieder Auszüge aus Joachim Ritters Buch über die Französische Revolution, ein Essay von Norbert Waszek über L’historiographie allemande à l’époque de Lumières et Hegel (1998), Abschnitte eines ganz neuen Essays von Myriam Bienenstock zum komplexen Thema La ruse de la raison dans l’histoire (2011), andere Stellen von Christophe Bouton über Hegel penseur de „la fin de l’histoire“? (1998) und schließlich Auszüge aus der Studie Hegel et la déraison historique (1989) von Bernard Bourgeois. Die beiden Bände schließen mit einem ausgedehnten kritischen Apparat, der aus detaillierten und präzisen Anmerkungen und Kommentaren von Norbert Waszek besteht. In diesem Umfang – die Ausgabe des Jahres 2009 umfaßt insgesamt fast 1.000 Anmerkungen – sind Hegels Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte bislang noch nirgendwo erläutert worden. In der Ausgabe des Jahres 2011 werden – eine Neuerung – auch die Auszüge aus Hegels Rechtsphilosophie, seiner Enzyklopädie und den anderen

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Beilagen annotiert. Außerdem verfügen beide Werke über einen höchst nützlichen Index nominum und der 2011er Band zudem auch über einen Index rerum. Zum Abschluß verdienen auch die beiden verschiedenen Präsentationen, mit denen Myriam Bienenstock, in einem Fall zusammen mit Norbert Waszek, in Hegels Philosophie der Geschichte einführt, noch einige Worte. Die französische Forscherin fragt nach den Beziehungen zwischen dem religiösen und dem historisch-politischen Leben (2009, 20 f.; 2011, 14 f.). In diesem Zusammenhang erklärt Frau Bienenstock, wie Hegel, obwohl er beweist, daß die Religion die Trennung zwischen dem Geistlichen und dem Weltlichen überwinden kann, indem sie „weltlich wird“, diesem Verfahren nicht die negative Bedeutung beimißt, die dem Begriff der „Säkularisierung“ damals häufig zukam. Bei Hegel hat das „Weltlichwerden“ nicht die negative Bedeutung der „widerrechtlichen Aneignung“ oder der „unrechtmäßigen Befreiung“, sondern verweist vielmehr auf den Fortschritt und auf die Modernität, die dank des „Weltlichwerdens“ der Religion erlangt werden. Mit diesen Themen ist auch dasjenige des Verhältnisses zwischen Religion und Staat bei Hegel eng verbunden; eine Frage, der er in seinen letzten Lebensjahren eine besondere Aufmerksamkeit auch innerhalb der der Philosophie der Religion gewidmeten Kollegien geschenkt hat. Aus diesem Grund räumen die Autoren und Herausgeber Bienenstock und Waszek (im 2011er Band) dem § 552 der Enzyklopädie (1830) viel Platz ein in dem Versuch, jenen feinen Übergang vom „objektiven“ zum „absoluten Geist“ zu begreifen. Lt. den Autoren dieses kartonierten Bandes des Jahres 2011 scheint insbesondere ein Begriff die gesamte Hegelsche Argumentation über die Philosophie der Geschichte zu beherrschen: die Freiheit. Sie stellt eine derart zentrale Frage dar, daß man jenen unangemessenen Titel Die Vernunft in der Geschichte der 1955 von Johannes Hoffmeister veröffentlichten „Einleitung“ zu den Vorlesungen durch einen anderen Titel ersetzen könnte, der zu lauten hätte: die „Freiheit in der Geschichte“. Hegel zufolge schreitet nämlich die Weltgeschichte je mehr voran desto weiter sich in den verschiedenen Epochen das Bewußtsein der Freiheit entwickelt (7 f.). Claudia Melica (Roma) Aus dem Italienischen von Nina Meyer

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C) Literatur zu Hegel

Alfredo Bergés: Der freie Wille als Rechtsprinzip. Untersuchungen zur Grundlegung des Rechts bei Hobbes und Hegel. Meiner Verlag: Hamburg 2012. 396 S. (Hegel-Studien. Beiheft 56) Arbeiten, die das in vielen Bereichen nur allzu augenfällige Verhältnis von Philosophen der Klassischen Deutschen Philosophie zu Denkern der Frühen Neuzeit untersuchen, sind seit jeher Desiderat. Wenn überhaupt einmal mit Blick auf Hegel, dann werden die in der Vergangenheit schon vielmals betretenen Pfade, die von Spinoza oder von Leibniz zu Hegel führen sollen, erneut beschritten. Alfredo Bergés nun stellt mit Der freie Wille als Rechtsprinzip, seiner im Wintersemester 2011/12 an der Ruhr-Universität Bochum vorgelegten und von Walter Jaeschke betreuten Dissertation, die auf den ersten Blick überraschende Beziehung Hobbes – Hegel her und sagt selbst über seine Studie völlig richtig, „Hobbes- und Hegel-Forschung laufen im Wesentlichen getrennte Wege.“ (15) Mit guten Gründen kann jedoch ein gutes Stück gemeinsamen Weges dann zurückgelegt werden, wenn der Fokus auf problemgeschichtliche Fragen des Rechts gelegt wird. Denn in der Tat können Hobbes’ und Hegels Philosophien eine Vielzahl von Aspekten zu einer modernen Geschichte des Rechts entnommen werden. So hat Hegel der Rechtsgeschichte zu ihrer wissenschaftlichen Etablierung bereits in seiner Phänomenologie des Geistes – wenn auch selten i. S. einer chronologischen Bewußtseinsgeschichte – verholfen; diese auch für die gegenwärtige Hegel-Forschung durchaus interessanten Fragen macht Bergés in seinem Buch gleichwohl nicht zum Thema. Neben den Grundlinien der Philosophie des Rechts bezieht er sich v. a. auf Hegels reife Geistphilosophie der Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse, und natürlich insbesondere auf die darin konsolidierte Philosophie des objektiven Geistes. „Im Gegensatz zur derzeitigen Dominanz einer Beschäftigung mit den Abstraktionen der Ethik und geschichtslosen Vernunftmodellen“ sucht Bergés also „Fragestellungen der Rechtsphilosophie zu analysieren und die Notwendigkeit der Einbeziehung der Geschichte in die immanente Logik des Rechts plausibel zu machen.“ (16) Diese Berufung auf eine immanente Logik zeigt an, daß Bergés die Rechtsgeschichte geistphilosophisch, also als Hegelianer zu interpretieren sucht. Dabei unterscheidet er berechtigterweise die „Sphäre der relativen Rechte, der Positivierung“, von der „systematischen Fundierung des neuzeitlichen Rechtsdenkens im Bereich der Philosophie“ (19), zu dem er – mit Abstrichen – Kants Vernunftrechtslehre, insbesondere jedoch Hegels Philosophie des objektiven Geistes rechnet. Auf die Einleitung (13–16) folgt das für die Analyse der verhandelten Thematik wichtige Kapitel „Elemente des neuzeitlichen Rechtsdenkens“ (17–26). Es schließen sich zwei quantitativ leicht ungleichgewichtige Teile an: Nach dem ersten, „Hobbes’ Formulierung des neuzeitlichen Rechtsdenkens“ (27–174) betitelten folgt der zweite, „Hegels geistesphilosophische Begründung und Ausgestaltung des neuzeitlichen Rechtsdenkens“ (175–381). Bereits im Vorfeld dieser beiden großen Hauptteile sucht Bergés die leitende Fragestellung, die es ihm allererst ermöglicht, Hobbes und Hegel aufeinander zu beziehen, näher zu explizieren, nämlich

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die „Problematik der systematischen Fundierung des neuzeitlichen Rechtsdenkens, das den freien Willen zum Prinzip des Rechts erhebt […].“ (13; vgl. auch 15) Die These, bei Hobbes finde sich „die erste radikale Formulierung des neuzeitlichen Rechtsdenkens“ (13), kündigt denn auch einen formalistischen Zugriff an, der insbesondere im Blick auf eine gleichermaßen in Hobbes’ Naturrecht (29–47) bzw. dem Begriff der Selbstbestimmung in Hegels Philosophie des subjektiven und objektiven Geistes (177– 191) ausgebildete Zeichentheorie referieren kann, die Bergés als „begriffliches Mittel für die Durchführung des neuen Rechtsdenkens“, die „nicht in eine Auffassung des Rechts als Semiologie oder als Kommunikation verfallen“ (178) müsse, versteht. Eine solche Deutung birgt manche Gefahr. So verfährt Bergés einseitig, wenn er Hobbes so interpretiert, daß dieser sich keine Gedanken über die konkrete Gestaltung der Politik mache (22 u.ö.). Denn gerade die politischen Verhältnisse sind es, die nicht zuletzt auch Hobbes’ persönliche Lage beeinflussen und auf die er entsprechend reagiert, wenn er in seinem langen Leben unterschiedliche Haltungen zu Krone (und damit auch dem alten Adel) und (jungem) Parlament einnimmt. So sind z. B. seine 1640 lediglich handschriftlich verbreiteten The Elements of Law nicht dem House of Commons, sondern der Seite King Charles’ I. zuzuordnen, für dessen Rechte sich Hobbes anonym einsetzt. Viel spricht dafür, The Elements of Law als einen Beitrag zur sog. Schiffsgelddebatte (Ship Money) zu verstehen, die Charles I. ab 1635 zwecks Kostenerhebung für eine neue, gegen Holland gerichtete Flotte anstößt. Für Bergés geht Hobbes’ „Radikalität […] in späteren Ansätzen durch eine Vermischung mit vormodernen Denkformen verloren“ (13; 23 u. ö.); vormoderne Denker wiederum rezipierten Hobbes’ Politologie i.S. eines Verbündeten in Fragen der Gestaltung der politischen Macht, sehen sie in ihr doch die Rechte des Inhabers der Souveränität legitimiert. Und in der Tat: Für Hobbes bedeutet die bürgerliche Revolution, der Civil War, das „gegenwärtige Unglück meines Vaterlandes“, wie er nicht nur in De Cive verlauten läßt. Nach Hobbes darf die Einheit der politischen Macht nicht gefährdet sein – so wie es der Konflikt zwischen Krone und Parlament zum Ausdruck bringt –, und gegen diesen Mißstand ist seine gesamte politische Philosophie gerichtet. Erst in Kants Vernunftrecht und in Hegels Philosophie des objektiven Geistes erkennt Bergés eine „Stabilisierung des Hobbesschen Ansatzes und zugleich eine Korrektur seiner Insuffizienzen.“ (13; 23 f.) Insbesondere eine Analyse des in der Frühen Neuzeit aufkommenden und ein kritisches Potential allererst erzeugenden Freiheitsbegriffs ermögliche es, eine Interpretation des mit Hegels Geistes- und Geschichtsphilosophie bereitgestellten Begriffspotentials, welches, so Bergés, für eine adäquate Begründung des neuen Rechtsdenkens konstitutiv sei, zu leisten. Wenn allerdings Bergés die innerhalb der Rechtsgeschichte mit Hobbes’ Ansatz vollzogene „Wende“ in Richtung freier Wille als die „erste Station“ (22) bezeichnet, wäre zu bedenken, ob nicht bereits Jean Bodins in seinen entscheidenden Aspekten durchaus als modern zu bezeichnendes Souveränitätskonzept, welches er in seinen Six Livres de la République (1576) entwickelt, einen – zumindest in Ansätzen erkennbaren – Durchbruch erzielt. Die entscheidende Rolle spielt hierbei das moralische Anforderungsprofil des Staatssouveräns. Nüchtern vertritt Bodin darüber hinaus die Überzeugung, die Menschen sollten um willen eines friedlichen Miteinanders Konsequenzen ziehen aus den Erfahrungen, die sie jeweils

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machen. Erst in einem zweiten Schritt ermögliche die objektive Perspektive der Wissenschaft praktische Realisierungsformen politisch gewonnener Erkenntnisse. Entgegen der Hierarchie des zu seiner Zeit gültigen Wissenschaftssystems erkennt Bodin so auch nicht der Theologie, sondern einer praktisch disponierten Politologie den ersten Rang unter den Wissenschaften zu. Wenn Bergés die geschichtliche Verfassung des neuzeitlichen Rechtsdenkens als deren „immanente Logik“ versteht, spricht er bezogen auf den Freiheitsbegriff auch von einer „Produktionslogik“ (21; 177; 383) – und schließt damit umstandslos von der Genesis auf die Geltung. Hinsichtlich Hobbes realisiere sich dieser Freiheitsbegriff durch das Kausalitätsverhältnis in Gestalt einer „Begründung der Vereinbarkeit von Freiheit und Notwendigkeit“ (48–63); mit Blick auf Hegel, der die Geschichte als solche ja bereits i.S. der Bewußtwerdung der Idee der Freiheit deutet, zeige sich besagte Freiheitsidee insbesondere an der Plausibilisierung der staatsrechtlichen Vereinbarkeit von Freiheit und Zwangsrecht (254–286). Aber nicht nur in bezug auf den Freiheitsgedanken (wenn Recht immer Recht des Menschen ist, macht die objektivierende, für das Recht spezifische Tätigkeit die Freiheit aus) charakterisiert Bergés das neuzeitliche Rechtsdenken näher, sondern im weiteren auch bezogen auf den Primat des Rechts (im Unterschied zum vormaligen Primat der Pflicht) sowie seine Form des Geltens, d. h. seine begriffsgemäße Verwirklichung im Unterschied zu einer Wahrheit des „Faktums“, wie sie z. B. unterschiedlich legitimierte Autoritäten oder eine naturgesetzlich verbürgte Ordnung beanspruchen. Wenn, so konstatiert Bergés ganz richtig, Naturdeutungen nicht länger als Bestimmungen des Rechts Geltung beanspruchen können, ist dies eine Folge aus der in der Frühen Neuzeit sich vollziehenden Transformation des Naturbegriffs. Die Erhebung des freien Willens zum alleinigen Rechtsprinzip innerhalb des Rechtsdenkens betrifft demnach sowohl die ideellen Bestimmungen des Rechts als auch die Gestaltungsformen seiner Verwirklichung. Nicht mehr das „Faktum“, sondern Formen des Geltens bestimmen also das neuzeitliche Rechtsdenken. Gleichwohl wäre es wünschenswert gewesen, hätte Bergés die komplizierte Verschränkung von Christentum bzw. Theologien und Philosophien, die sich jeweils eine Lehre vom freien Willen auf die Fahne schreiben, auch unter einem anderen als ausschließlich dem religionspolitischen Verhältnis untersucht. Bergés’ Leser darf also keine Rekonstruktion von Hobbes’ und Hegels Rechtsphilosophien erwarten, sondern unser Autor setzt die Kenntnis dieser Theorien voraus, um sie in Orientierung an den Aspekten des Begriffsinstrumentariums, der philosophischen Probleme und der Frage nach der immanenten Logik des Rechts, genauer: der Philosophie des objektiven Geistes (307–381), zu interpretieren. Dabei konzediert er – wenig überraschend – Hegel im Vergleich zu Hobbes ein differenzierter ausgebildetes Begriffsinstrumentarium, welches in dessen Geistes- und Geschichtsphilosophie bereitgestellt werde.Wenn Bergés die Ansicht vertritt, die „Funktionsbedingungen der Verwirklichung und Stabilisierung der Freiheit können nur von […] Institutionen zur Geltung gebracht werden“ (25), insofern nur diese „eine Logik […] der objektivierten Freiheit rekonstruieren“, dann kommt Hegel auch im Blick auf die Frage nach der Rechtserzeugung eine prominentere Bedeutung zu als Hobbes, der die Stabilisierung der Rechtsverhältnisse noch an institutionsübergreifend „frei verfügbare Willensakte“ bindet.

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Insgesamt läßt sich sagen, daß abseits der einen oder anderen aus Sicht des Rezensenten alternativ zu gewichtenden philosophiegeschichtlichen Einordnung an Bergés’ Hobbes- und Hegel-Deutung – und das ist entscheidend – kein Zweifel bestehen kann. Sein Buch zeichnet sich durch eine klare und angenehm zurückhaltende Diktion aus, die es ihm ermöglicht, grundsätzliche, für seine Argumentation maßgebliche Unterscheidungen einzuführen und auf die jeweiligen thematischen Kapitel entsprechend anzuwenden. Bergés’ Arbeit zeugt insgesamt von einer gründlichen Beschäftigung mit ihren Gegenständen; seine Analysen beweisen weite rechtsphilosophische und -geschichtliche Kenntnisse. Bergés hat mit diesem Buch, dem eine breite Diskussion zu wünschen ist, nicht nur thematisches Neuland betreten, sondern darüber hinaus einen philosophischen Standard gesetzt, der sich in den kommenden Jahren wissenschaftlich bewähren wird. Holger Glinka (Bochum)

Susan Buck-Morss: Hegel und Haiti. Für eine neue Universalgeschichte. Aus dem Englischen von Laurent Faasch-Ibrahim. Suhrkamp: Berlin 2011. 221 S. Susan Buck-Morss wirft in Hegel und Haiti einen neuen kritischen Blick auf Hegel. Ihr Projekt kreist um die bemerkenswerte Frage, wieso Hegel die Haitianische Revolution der Sklaven verschwiegen hat, obwohl er nachgewiesenermaßen von diesem sensationellen historischen Ereignis gewußt hat (29). Erstmals hat sich freilich Pierre-Franklin Tavarès mit dieser Fragestellung beschäftigt (73). Haiti ist das zweite Land des amerikanischen Kontinents, das sich selbständig von der europäischen Kolonialmacht befreit und zugleich das erste Land, das die gesetzliche Abschaffung der Sklaverei durchgesetzt hat. Buck-Morss zufolge ist die Hegelsche Formulierung des Anerkennungskampfes zwischen Herrschaft und Knechtschaft durch die Haitianische Revolution motiviert worden (24 f., 72–84). Jedoch kann die Revolution in der Tat keinesfalls als Kampf um Anerkennung verstanden werden, da die Zielsetzung in diesem Fall nicht auf Anerkennung, sondern auf die Beseitigung der Herrschenden durch die Unterdrückten ausgerichtet gewesen ist. Also ist die Behauptung strittig, daß die Haitianische Revolution der verborgene Hintergrund für die Hegelsche Formulierung des Anerkennungskampfes gewesen sei. Nichtsdestoweniger ist die welthistorische Bedeutung der Haitianischen Revolution, die in der Abschaffung der Sklaverei besteht, zu beachten. Hegel zufolge zeichnet sich die weltgeschichtliche Entwicklung zweifellos durch die Verwirklichung der Freiheit aus. Sonach hat Hegel die Sklaverei ständig kritisiert. Buck-Morss’ Frage, wieso Hegel trotz seiner konsistenten Kritik an der Sklaverei die Haitianische Revolution verschwiegen hat, beinhaltet also eine scharfe Kritik. Im ersten Teil von Hegel und Haiti versucht Susan Buck-Morss, Hegel zu kritisieren, indem sie sein Schweigen als eine rassistische Position enthüllt, um im zweiten Teil „einen Begriff der Universalgeschichte“ anzubieten. Der erste Teil „Hegel und Haiti“

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(13–106) ist bereits 2000 publiziert worden;1 der zweite, „Universalgeschichte“ (107– 207), ist ein neuer Text. Im ersten Teil handelt es sich um das verborgene Verhältnis Hegels zu Haiti. Zunächst legt Buck-Morss die paradoxale eurozentrische Perspektive der Freiheit offen, die die in den europäischen Kolonien arbeitenden Sklavinnen und Sklaven ausschließt und die sich nicht nur bei neuzeitlichen Philosophen (Hobbes [47 f.], Locke [48 f.], Rousseau [52 f.]), sondern erstaunlicherweise auch bei gegenwärtigen Historikern (z. B. Simon Schama [42 f.]) findet (51 f.). Sklavenarbeit und Sklavenhandel haben damals einen wesentlichen Beitrag zur ökonomischen Entwicklung in Europa geleistet, darin besteht diese eurozentrische Perspektive. Buck-Morss macht dieses Paradoxon der eurozentrischen Perspektive der Freiheit deutlich. Hierbei zählt Hegel zu denjenigen, die in dieser paradoxalen Perspektive gefangen gewesen sind, weil er über die Haitianische Revolution geschwiegen, obwohl er davon gewußt und die Verwirklichung der Freiheit als die Grundlage der weltgeschichtlichen Entwicklung betrachtet hat (29–39). Buck-Morss versteht dabei den Anerkennungskampf bei Hegel als „den Kampf auf Leben und Tod“, der als das Motto der Französischen und Haitianischen Revolution gegolten hat (63, 67). Aber ihr Verständnis ist irreführend, weil sich der Anerkennungskampf sowohl vom Kampf auf Leben und Tod als auch von der Revolution unterscheidet: Während der Kampf die Anerkennung zum Ziel hat, führt die Revolution lediglich zur Beseitigung der einen Seite durch die andere. Freilich könnte man sich diese brutale Beseitigung als einen notwendigen Weg zur Anerkennung denken, wie dies hinsichtlich Haitis der Fall gewesen ist, das nach der Revolution von Amerika und Europa anerkannt worden ist (62). Dennoch sollte der begriffliche Unterschied zwischen dem Anerkennungskampf bei Hegel und der Revolution festgehalten werden. Buck-Morss verdeutlicht, daß sicherlich bereits der Berner sowie der Berliner Hegel von der Haitianischen Revolution gewußt hat, weil er ein regelmäßiger Leser der politischen Zeitschrift Minerva und der Edinburgh Review gewesen ist. Diese beiden Zeitschriften haben damals über die Haitianische Revolution berichtet (69 f., 101). Dagegen hat die Hegel-Forschung über einen Zeitraum von beinahe zweihundert Jahren die Haitianische Revolution nicht thematisiert (84). Buck-Morss sieht im Marxismus „einen wichtigen Grund für dieses Versäumnis“ (85 f.), weil der Marxismus den Hegelschen Anerkennungskampf zwischen Herrschaft und Knechtschaft als Klassenkampf gedeutet habe. Buck-Morss versucht, den rassistischen Eurozentrismus zu enthüllen, der in Hegels Schweigen sowie demjenigen der Hegel-Forscher hinsichtlich der Haitianischen Revolution verborgen gewesen sei (105). Hierin besteht ihre Kritik. Im zweiten Teil legt Buck-Morss ihre Auffassung von Universalgeschichte dar. Sie erklärt zunächst, es habe die Sklaverei – trotz ihrer Illegalität – in den europäischen Ländern gegeben (119 f.). Darin zeige sich die Heuchelei Europas, welche dem Gedanken einer universalen Menschheit widerstreite. Die englischen und irischen Arbeiter in Manchester werden dabei mit Karibischen Sklavinnen und Sklaven in St. Domingue,

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Siehe: Critical Inquiry. Chicago, IL. 26 (2000), 4, 821–865.

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frz. Kolonie, verglichen. Buck-Morss macht so deutlich, daß die Weiterentwicklung des Kapitalismus sowohl in den europäischen Fabriken als auch in den Kolonien verschiedener Formen von Sklaverei bedurft habe (119–140; vgl. 144). Zunächst findet Buck-Morss in „dem buntscheckigen Hafen“ den multi-ethnischen Prototyp für die Universalität der Menschheit (140 f.), weil die internationalen Seeleute ohne Rücksicht auf Hautfarbe oder Herkunft zusammenarbeiten. Dabei stellt sie beachtenswerte Fragen: „Wer oder was ist das kollektive Subjekt der Geschichte? Die Nationen? Die Zivilisationen? Klassen? Hegels listiger Akteur, die Vernunft?“ (149) Mittels dieser heuristischen Herangehensweise intendiert sie, einerseits eine Kritik an der Heuchelei der eurozentrischen Universalgeschichte zu formulieren und andererseits, ein neues Verständnis des Begriffs von Universalgeschichte vorzuschlagen. Demnach sei der homogene Nationalstaat kein Subjekt der Geschichte (150). Buck-Morss hält das kollektive Subjekt offenkundig für unmenschlich: „Je größer die Macht ist, die eine Zivilisation über die Welt ausübt, desto unfähiger sind möglicherweise ihre Denker, die Naivität ihrer eigenen Überzeugungen zu erkennen.“ (161; vgl. 184, 205) Als Lösung für die Universalgeschichte der Menschheit erscheint das heteronome multiethnische Modell des Zusammenlebens. Dies entspricht der Rolle der „Fremdartigkeit“ des Volksgeistes bei Hegel.2 Den multi-ethnischen Typ der allgemeinen Menschheit findet Buck-Morss im Begriff „Porosität“ (150 f.): Die Porosität knüpft folglich an „die [politische Haltung] der Neutralität“ als die „politische Haltung des Wissenschaftlers“, „die darauf besteht, daß der Raum zwischen den feindlichen Linien immer porös ist.“ (206) Demzufolge können mittels einer solchen Porosität sämtliche Gestalten des Ethnozentrismus, Rassismus, Nationalismus usw. vermieden werden. Die Porosität ermögliche die multi-ethnische Universalität der Menschheit, indem sie die Grenzen zwischen den verschiedenen Kulturen durchlässig mache. Um die Universalgeschichte bzw. die universale Menschheit zu verteidigen, ist diese Porosität „ans Licht“ zu bringen und auszudehnen (205; vgl. 206). Schließlich schlägt Buck-Morss einen neuen Humanismus für die Universalgeschichte vor. Dafür verweist sie auf den ähnlich menschenfreundlichen Charakter von Voodoo und Freimaurertum (161–191) und betont zudem die wichtige Rolle von Voodoo für die Haitianische Revolution (184f.). Die nach der Haitianischen Revolution erfolgte brutale Rache gilt aber gewissermaßen als ein Rückfall in die Unmenschlichkeit, obwohl diese Revolution „einen Triumph der Universalgeschichte“ (197) darstellt. Die Universalgeschichte betrifft „eine doppelte Befreiung: die der historischen Phänomene und die unserer Vorstellungskraft“ (205). Diese doppelte Befreiung bedeutet die Reflexion über unsere bedauerliche Vergangenheit sowie das Ausdehnen der Porosität durch unsere Imaginationskraft. Buck-Morss zufolge haben die kollektive Identität und Moral, die die Identität und Moral anderer ausschließen, die universale Mensch-

2 Vgl.: G. W. F. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte. III. Band: Die griechische und die römische Welt. Auf Grund des aufbehaltenen handschriftlichen Materials neu herausgegeben von Georg Lasson. Leipzig 1919. 535 f. – Vgl. ebenso: TWA 12, 278 f.

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heit „im Namen der universellen Menschlichkeit“ (196, 199, 205) beständig gefährdet; dagegen verursache die Ausdehnung der Porosität die Minimierung „der kollektiven Identitäten“, die also „historischen Fortschritt ermöglicht.“ (205) Bislang ist der Inhalt von Hegel und Haiti knapp referiert worden. Anschließend sind zwei kritische Fragen zu stellen: 1. Ist die Perspektive der Argumentation der Autorin unparteiisch? 2. Ist Buck-Morss’ Kritik an Hegel Hegelianisch? Ad 1.: Buck-Morss zeigt sowohl im Freimaurertum als auch im Voodoo eine mögliche Allgemeinheit der Menschheit auf. Sowohl europäische als auch Haitianische Freimaurer seien „Verfechter des Kosmopolitismus“, also Gegner der Sklaverei gewesen (165f.). Buck-Morss zufolge haben die Voodoo-Priester für die Haitianer, die kein Vorbild für die Abschaffung der Sklaverei gehabt haben, als entscheidende Anführer der Revolution fungiert (190). Zudem versucht sie, die religiös-zeremonielle Gleichheit zwischen Freimaurertum und Voodoo herauszuarbeiten (173 ff.). Dabei stellt sich die Frage, wieso nicht die Voodoo-Priester, sondern z. B. Jean-Jacques Dessalines und Alexandre Sabès Pétion, einstige Offiziere der Französischen Armee, nach der Revolution in die Haitianische Führung aufgestiegen sind, wenn doch jene Priester die Anführer der Haitianischen Revolution gewesen sein sollen. Buck-Morss’ Antwort auf diese Frage lautet, daß „Voodoo-Priester […] von den Anführern des Sklavenaufstands schon vor der Unabhängigkeit verfolgt“ (190) worden seien; aber sie weist nicht klar auf den Einfluß des Geistes der Französischen Revolution auf die Initiatoren der Haitianischen Revolution hin, denn sie lehnt es ab, die Haitianische Revolution „als Fußnoten der europäischen Geschichte“ (62) anzusehen: Sie meint vielmehr, daß die Haitianische Revolution „eine Feuerprobe für die Ideale der französischen Aufklärung“ (66) gewesen sei. Nach Buck-Morss hat die Nachricht von der Französischen Revolution nicht nach St. Domingue übermittelt werden können. Jedoch haben diese zwei französischen Offiziere fraglos gewußt, was damals in Europa geschehen ist. Insofern scheint Buck-Morss’ zu beabsichtigen, die nicht-europäische bzw. genuin Haitianische Quelle dieser historischen Revolution darzustellen, um die Universalität der Menschheit nicht vor einem eurozentrischen, sondern einem weltgeschichtlichen Hintergrund zu demonstrieren. Aufgrund dieser Absicht scheint ihr eigener Versuch einer Universalgeschichtsschreibung nicht objektiv, sondern parteiisch, d. h. quasi politisch abhängig zu sein, was sie gleichwohl selbst einräumt (vgl. 206). Freilich konstatiert Buck-Morss, daß die eurozentrische Kultur sowie eine rachedurstige Gerechtigkeit weder die Universalgeschichte noch die allgemeine Menschheit begründen können (191–203). Die Anerkennung des welthistorischen Wertes und des weltweiten Einflusses der Französischen Revolution entspringt nicht notwendig einer eurozentrischen Haltung. Ihre parteiische Position scheint vielmehr das Risiko zu beinhalten, die rachdurstige Feindschaft oder Vernachlässigung im Namen einer Universalgeschichte aufzurufen. Ad 2.: Um beurteilen zu können, ob Buck-Morss’ Kritik nicht eigentlich Hegelianisch ist, sind wiederum zwei Fragen zu beachten, ob Hegel nämlich ernsthaft die Entwicklung einer allgemeingültigen Weltgeschichte behauptet hat, und ob Hegel ein Rassist gewesen ist (105). Denn über die Haitianische Revolution in St. Domingue (1791–1804) hat Hegel fast nie explizit gesprochen. In den Gründen für Hegels Schweigen liegt gleichsam die Antwort auf diese zwei Fragen. Wenn diese Gründe

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nachvollziehbar sind, dann kann daraus eine positive Antwort bezüglich Hegels Position abgeleitet werden. Meiner Meinung nach können wir zwei Gründe für Hegels Schweigen anführen: Den ersten Grund hat Susan Buck-Morss bereits genannt (37 f.): Sie beschreibt ihn als „die Angst vor politischen Unannehmlichkeiten“ (39). Der historische Hintergrund dieser „Angst“ ist folgendermaßen zu erklären: St. Domingue ist 1801 durch die Revolution unabhängig geworden, indem Toussaint-L’Ouvertures eine Verfassung erlassen hat. Bereits 1802 hat aber Napoleon Bonaparte ein Expeditionsheer nach St. Domingue geschickt, um die Insel zu rekolonisieren (vgl. 152). Toussaint-L’Ouvertures ist von französischen Soldaten festgenommen worden und schließlich 1803 in Frankreich verstorben. Jean-Jacques Dessalines hat allerdings 1804 die französischen Truppen besiegen können, woraufhin St. Domingue endgültig von Frankreich befreit und in Haiti umbenannt worden ist. Für Frankreich hat die Haitianische Unabhängigkeit nicht nur zu dem Verlust einer wichtigen Erwerbsquelle – in Haiti sind „im Jahr 1767 63 000 Tonnen Zucker produziert wurden“ (50) –, sondern auch zu einem Verlust seiner Macht geführt. Napoleons Truppen haben Jena 1806 geplündert. Hegel hat sich also 1806 in einer Situation befunden, in der Aussagen über die Haitianische Revolution mit großer Wahrscheinlichkeit von der französischen Zensur geahndet worden wären. Hätte Hegel sich in der Phänomenologie des Geistes ausdrücklich zur Haitianischen Revolution geäußert, hätte das Werk 1807 wohl nicht erscheinen können. Darin liegt der erste Grund für Hegels Schweigen. Der zweite Grund für Hegels Schweigen ist meiner Meinung nach in der tatsächlichen politischen Situation zu sehen, die nach der Haitianischen Unabhängigkeit entstanden ist. Hegel hat in der Enzyklopädie (1830) über Haiti gesprochen (TWA 10, § 393, Zusatz, S. 60); dabei hat er die Haitianische Unabhängigkeit als eine Entwicklung der Bildung betrachtet: „Die Fähigkeit zur Bildung ist ihnen nicht abzusprechen; sie haben […] auch in Haiti einen Staat nach christlichen Prinzipien gebildet.“ (Ibid.) Hegel hat jedoch die politische Lage, die nach der Haitianischen Revolution entstanden ist, für sehr negativ gehalten: „Aber einen inneren Trieb zur Kultur zeigen sie nicht. In ihrer Heimat herrscht der entsetzlichste Despotismus; da kommen sie nicht zum Gefühl der Persönlichkeit des Menschen, – da ist ihr Geist ganz schlummernd, bleibt in sich versunken, macht keinen Fortschritt und entspricht so der kompakten, unterschiedslosen Masse des afrikanischen Landes.“ (Ibid.) Seine negative Einschätzung hat der damaligen historischen Situation Haitis entsprochen, weil die chaotische politische Lage dort nach der Unabhängigkeit anscheinend nicht als die wahre Verwirklichung der Freiheit hat eingeschätzt werden können. Die damalige politische Lage in Haiti ist die folgende gewesen: 1806, als der Haitianische Held Jean-Jacques Dessalines ermordet worden ist, ist Haiti in zwei Länder zerfallen (199 f.). Diese Teilung ist durch den grausamen Konflikt zwischen der schwarzen Bevölkerung (Nord-Haiti) und den Mulatten (Republik Haiti) erfolgt. Am Ende ist Nord-Haiti ein Haitianisches Königreich (1811–1820) geworden. Weil Hegel zufolge die Monarchie gegen die Freiheit der Menschen gerichtet ist, hat die Entstehung dieses Königreichs nicht der weltgeschichtlichen Entwicklung – in Hegels Sinne – entsprochen. Die (scheinbar demokratische) Republik Haiti ist 1806 entstanden, als Alexandre

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Sabès Pétion zum Präsidenten gewählt worden ist (96). Aber sie ist im wesentlichen nichts anderes als eine Monarchie gewesen, weil Alexandre Sabès Pétion 1816 zum Präsidenten auf Lebenszeit ernannt worden ist; 1818 hat er den Senat aufgelöst. Der Nachfolger, Jean-Pierre Boyer, der 1820 die Republik Haiti mit dem Königreich Haiti vereinigt hat, ist jedoch 1843 wegen des Aufstands seiner politischen Feinde nach Jamaika geflohen. So ist die damalige politische Situation Haitis nach der Unabhängigkeit permanent instabil gewesen. Diese Situation Haitis wäre meiner Ansicht nach als ein anderer Grund für Hegels Schweigen zu verstehen, weil sie nicht zur Verwirklichung der Freiheit hat beitragen können. Insofern hätte Susan Buck-Morss Hegels negative Einlassung zu Haiti in der 1830er Enzyklopädie besser mit der damaligen politischen Lage in Haiti vergleichen sollen; dahingegen hat sie sich nur über den ersten Grund – „die Angst vor politischen Unannehmlichkeiten“ (37 f.) – geäußert. Ich möchte in diesem Zusammenhang eine kontrafaktische Frage stellen: Hätte Hegel über die Haitianische Revolution geschwiegen, wenn die Haitianer nach ihrer Unabhängigkeit eine harmonische Kultur und einen friedlichen Staat aufgebaut hätten? Leider kann niemand wissen, wie Hegel die Haitianische Revolution in diesem Falle kommentiert hätte. Hegel hätte schon in der/den „verschwundenen letzten Seite(n) des späteren Fragments 22 der Jenaer Systementwürfe von 1803/1804“ (39) über die Haitianische Revolution schreiben können; aber auch dies bleibt eine Hypothese. Allerdings müssen die zwei folgenden Punkte beachtet werden: Erstens setzt BuckMorss’ Hegel-Kritik immer noch das bessere Zusammenleben der Menschheit als deren Kriterium voraus. Zweitens kann auch ihre Kritik kaum dem Hegelschen Sinn entgehen, daß die weltgeschichtliche Entwicklung durch die unendliche Reflexion des Geistes über seinen inneren Widerspruch und durch das unendliches Aufheben seines Widerspruchs erfolgt, weil ihre Kritik die unendliche Reflexion über den sowohl historischen als auch philosophischen Widerspruch um des besseren Zusammenlebens der Menschheit willen impliziert. So klingt ihr Projekt selbst sehr Hegelianisch: „Es gibt durchaus die eine Wahrheit, doch diese besteht aus einem nie abgeschlossenen Prozeß des Infragestellens und Überprüfens […]. Dieses Projekt wird niemals abgeschlossen sein […]. Das Projekt der Universalgeschichte wird nie ans Ziel kommen. Es wird von neuem beginnen, an einem anderen Ort.“ (206 f.) Aber wir sollten stets die Grenze der Hegelschen Theorie ins Auge fassen, um mit Hegel über Hegel hinaus wahrhaftig zu philosophieren. Und Hegels Schweigen über die Haitianische Revolution stellt ein prägnantes Beispiel seiner Grenzen dar, wie Susan Buck-Morss nachvollziehbar gezeigt hat (33 f., 101 f.). Young Woo Kwon (Heidelberg/Daejeon, KR)

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Karin de Boer: On Hegel. The Sway of the Negative. palgrave macmillan: New York, NY 2010. xi, 266 pp. Ce livre est composé de neuf chapitres, dont cinq sont issus de publications précédentes, remaniées pour les intégrer à ce nouveau travail. Il s’agit d’une relecture critique du système de Hegel au fil conducteur du concept de négativité. La thèse soutenue par K. de Boer est qu’il convient de dégager trois formes de négativité chez Hegel. En se basant notamment sur la Science de la logique dans le troisième chapitre, l’auteur rappelle que Hegel distingue soigneusement la „négativité abstraite“ qui nie et exclut son opposé de la „négativité absolue du Concept“, qui consiste à dépasser l’opposition de deux déterminations en les intégrant dans un troisième terme qui privilégie l’un des deux moments. Mais elle montre que ces deux négativités supposent une négativité plus originaire, dans laquelle les deux termes opposés affirment chacun leur droit sans qu’une réconciliation s’ensuive nécessairement. Dans ce cas, le terme opposé ne peut ni être incorporé, ni être nié. K. de Boer introduit le concept d’„entanglement“ (Verwicklung/ entrelacement) pour décrire cette opposition sans exclusion ni garantie de réconciliation. Le paradigme de cette négativité est donné par le conflit tragique entre Antigone et Créon, longuement analysée par K. de Boer dans le premier chapitre, à partir des textes d’Iéna (notamment l’essai sur le droit naturel de 1802/03 et le chapitre ‚Esprit‘ de la Phénoménologie de l’esprit). D’où le nom donnée à cette négativité: „négativité tragique“, notion qui est sans doute le plus beau fruit de ce livre. Hegel aurait peu à peu converti la négativité tragique, découverte avec la tragédie grecque, dans la négativité absolue, qui opère dans les différentes parties de son système philosophique de la maturité. A lumière de cette problématique, le deuxième chapitre, qui étudie la manière dont la Science de la logique transforme à la fois la métaphysique traditionnelle et la philosophie transcendantale de Kant, pour intéressant qu’il soit, semble quelque peu décalé. Le troisième chapitre, qui porte sur les différentes formes que prend la négativité du Concept dans la Logique hégélienne, est situé plus directement dans la continuité de la problématique. K. de Boer distingue avec clarté la négativité abstraite (doctrine de l’être), la négativité contradictoire (doctrine de l’essence) et la négativité absolue (doctrine du concept). Elle poursuit son enquête en examinant, dans le quatrième chapitre, les lieux de la logique où apparaît plus particulièrement le motif du tragique, à savoir là où il y a conflit, contradiction. Cela donne de belles analyses sur l’interprétation hégélienne des antinomies kantiennes, sur la théorie des deux infinis, le moment de la contradiction dans la doctrine de l’essence. Dans le cinquième chapitre, K. de Boer aborde la question du temps, considéré à la lumière des Jenaer Systementwürfe comme une forme de négativité abstraite et de mauvaise infinité (124). On retiendra l’idée féconde que la négativité abstraite du temps et la négativité absolue du Concept présupposent une racine commune, un entrelacement originaire du concept et du temps qui ne porte pas nécessairement en lui sa propre résolution. Le sixième chapitre poursuit l’enquête sur la philosophie de la nature d’Iéna en interrogeant notamment la manière dont Hegel conçoit l’émergence de la conscience humaine, et sa différence avec l’animal. Là encore, on a le sentiment que K. de Boer dévie quelque peu de son objectif, car le thème de la négativité et du conflit est moins présent. Ce thème revient, après un bref chapitre sur le langage, avec

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l’analyse de la téléologie qui prépare le terrain au neuvième et dernier chapitre consacré à la philosophie de l’histoire, où le thème du tragique est prégnant. Pour apporter de l’eau au moulin de K. de Boer, on peut mentionner un passage du cours de 1817–18, où Hegel compare explicitement l’histoire mondiale à une „tragédie divine“.1 C’est dans le chapitre de la Science de la logique sur la „Téléologie“ qu’est théorisée l’idée célèbre de „ruse de la raison“, comme le rappelle K. de Boer (170). Cette notion est destinée à dépasser l’opposition de la raison et des passions, de l’esprit et de la volonté. K. de Boer pense qu’il est douteux que les conflits qui jalonnent le domaine de l’histoire puissent être compris adéquatement par la relation dialectique entre raison et passion, moyen/fin (171). Hegel précisait en effet que la manifestation de la raison dans l’histoire ne se réduit pas à une logique de finalité externe, de sorte que l’on peut se demander si la ruse de la raison ne relève pas plus d’une représentation à usage pédagogique que d’un concept. Même si Hegel a reconnu à maints endroits la dimension tragique de l’histoire mondiale, il a pensé que la négativité absolu du concept finissait pas s’imposer, que l’esprit pouvait surmonter tout ce qui menace de détruire l’idée de liberté. K. de Boer souligne à juste titre que cet optimisme vaut surtout pour les réalisations de la liberté qui se sont produites dans le passé, et que Hegel est plus prudent en ce qui concerne l’avenir, sur lequel le philosophe ne fait pas de prophétie. En se basant sur les leçons sur la philosophie de l’histoire mondiale et les Principes de la philosophie du droit, elle pointe des formes de négativités tragiques présentes dans l’histoire passée et présente, susceptibles de déjouer la négativité absolue du Concept, comme l’opposition entre la logique de l’Etat et celle du marché, l’inégalité, engendrée par le capitalisme débridé, entre un groupe de propriétaires toujours plus riches et une masse de travailleurs toujours plus pauvres, la tension entre la volonté universelle rationnelle et les volontés particulières arbitraires. A la fin de son ouvrage, elle élargit son propos aux conflits interculturels qui peuvent se lire comme des formes de négativités tragiques (195 sq.). Cette notion ne signifie pas que les conflits en jeu ne peuvent pas avoir de solution – ce serait renverser simplement l’optimisme rationaliste en pessimisme –, elle veut dire que ces conflits ne portent pas nécessairement en eux le principe de leur réconciliation, ils sont „indécidables“ (206), au sens où ils n’ont pas de solution toute faite et garantie à l’avance. Cette relecture de la philosophie hégélienne de l’histoire est convaincante, parce qu’elle souligne fort bien l’importance pour Hegel de la catégorie de liberté, fil conducteur de l’histoire mondiale, tout en faisant place à la dimension imprévisible des événements historiques. On regrette seulement que K. de Boer continue d’utiliser l’ancienne édition de J. Hoffmeister: Die Vernunft in der Geschichte. Hamburg 1955, et ne mentionne ni le cours de 1822–23,2 ni les manuscrits de Hegel publiés dans

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Cf. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über Naturrecht und Staatswissenschaft. Heidelberg 1817/18 mit Nachträgen aus der Vorlesung 1818/19. Nachgeschrieben von P. Wannenmann. Herausgegeben von C. Becker,W. Bonsiepen, A. Gethmann-Siefert, F. Hogemann,W. Jaeschke, Ch. Jamme, H.-Ch. Lucas, K. R. Meist, H. Schneider mit einer Einleitung von O. Pöggeler. – In: ders.: Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte. Band 1. Hamburg 1983. 257. 2 Cf. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte. Berlin 1822/1823. Nachschriften von Karl Gustav Julius von Griesheim, Heinrich Gustav Hotho und Friedrich Carl

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le tome 18 der Gesammelten Werke.3 Ces textes sont des références désormais incontournables pour qui veut étudier la philosophie hégélienne de l’histoire. Mais ceci n’est qu’un détail sans importance au regard de la qualité indéniable de cet ouvrage, qui donne des clés précieuses pour penser notre modernité, sans doute plus proche de la „négativité tragique“ que de „la négativité absolue“ du Concept. Christophe Bouton (Bordeaux)

Gianluca Garelli: Lo spirito in figura. Il tema dell’estetico nella „Fenomenologia dello Spirito“ di Hegel. [Der Geist in der Gestalt. Das Thema der Ästhetik in Hegels „Phänomenologie des Geistes“.] Il Mulino: Bologna 2010. 248 pp. Garelli starts his investigation from the goal announced by Hegel in the Preface to the Phenomenology of Spirit, namely the transformation of philosophy from love of wisdom into Wissenschaft, actual science. In this way though, as the author observes, philosophy would give up one of its essential components, and its erotic aspect would be reduced to a “subjective, psychological requirement.” (10) On the other hand it seems that, since the publication of the Phenomenology, philosophy actually performed this transition. At this stage – as Garelli claims by quoting Kant through Hadot – the philosopher runs the risk of becoming a mere philodox or, alternatively, a “technician of reason” that could count on a more solid professional position, but would end up abandoning, once and for all, the perspective of the “ideal task of the sage.” This set of questions is crucial to Garelli’s text, that explores the role of representation in the Phenomenology, but at the same time offers a reflection on the role of philosophy as such and on a possible direction that Hegel and the Phenomenology may suggest to a sufficiently attentive reader. The basic question, in this perspective, revolves around the object of philosophy and the specific mode with which philosophy relates to it. As is well known, Hegel’s philosophy traditionally has given rise to opposed, but equally extreme interpretations. In particular, his philosophical system – and the concept, regarded as its tool and actualization – has been seen as sacrificing the multiplicity, diversity, variety, and the infinite possibilities of “life” to what Garelli himself defines as the “monologue of the concept.” As a consequence, the conceptual dimension has

Hermann Victor von Kehler. Herausgegeben von Karl Heinz Ilting, Karl Brehmer und Hoo Nam Seelmann. – In: Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte. Band 12. Hamburg 1996. 3 Cf. Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungsmanuskripte II. (1816–1831). Herausgegeben von Walter Jaeschke. – In: Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegeben von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Band 18. Hamburg 1995, qui présente l’édition critique des introductions aux leçons sur la philosophie de l’histoire mondiale de 1822 et 1828, et de 1830/31.

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been often understood as the violent self-imposition of a cold rationality on the fluidity and variability of human experience and of its self-understanding. Jacques Derrida’s and Martin Heidegger’s readings are exemplar cases of this interpretive tendency; they present Hegel’s philosophy respectively as an anesthetic of space in favor of time (in Hegel’s theory of the phonetic sign both as a ground and as the privileged expression of language) and as an anesthetic of time in favor of space (with reference to the transformation of time performed by absolute knowing). Precisely the coexistence of such different interpretations constitutes a valid reason, for Garelli, to aim at a dialectical understanding of Hegel’s philosophy: only such an understanding can comprehend its complexity and its development, take charge of its (apparent?) contradictions, and open a space for the concrete exercise of thought, thereby doing justice to the essence of Hegel’s thought. The ambitious plan of this book seems to actualize a project whose goal is not only the clarification of some crucial points of the phenomenological trajectory and of the overall meaning of such trajectory – goal that can be said to be entirely accomplished by the book – but also the refutation of the above mentioned interpretive tendencies and the exposition of their fallacies through the full recognition of the richness and the brilliance of Hegel’s text, which seems to (dialectically) anticipate, in its own development, the difficulties involved in the positions of its own critics. The investigation presented in the volume focuses on a crucial question for the understanding of the whole of Hegel’s philosophy, i. e. the relationship between the conceptual, speculative thought and representation [Vorstellung] or, more generally, the rich domain of experience constituting both the object of philosophical thinking and the very space of its actualization. More specifically, the questions leading the book concern the nature of the Gestalt (shape), and therefore of the phenomenological path that thinks through it; the relationship between Bildung and language; the extent to which philosophical language can actually emancipate itself from representation, and the extent to which, on the other hand, a “residue” always remains, nourishing language from within. The way one answers these questions is crucial for the understanding of the Phenomenology of Spirit and of the subsequent development of Hegel’s philosophy, especially if – as Garelli reminds us – “spirit’s fundamental development keeps being determined by the relationship between the absolute reflection and its concrete manifestation.” (22) The book is articulated in two main parts, the first of which is entitled “The Residue of Representation” and addresses the nature of representation in a framework determined by the intersection between the discussion of theoretical spirit [der theoretische Geist] – the systematic place of Hegel’s theory of representation – and the analysis of the more specific phenomenological conceptual “tool,” i. e. the Gestalt. The first chapter focuses on Hegel’s conception of language and its genesis through the structures of the symbol and the sign from the Jena writings (1804–05) to the mature thematization of the Psychology in the Berlin Encyclopedia (1830). It is in this context that Garelli presents and discusses Derrida’s and, somehow anticipating the conclusion of the Phenomenology, Heidegger’s interpretations. In the second chapter Garelli discusses the inner/outer, internalization/expression dynamics with respect to sense-certainty, to the concept

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of Meynung, and to physiognomic: the latter constitutes the main context for the formulation of this problem. As a result of this discussion, Garelli emphasizes the need for thought to immerse itself in the concreteness of actuality, an indispensable presupposition for thought insofar as it aims at being concrete and at the opening of an intersubjective dimension. Through the appeal to intersubjectivity Garelli refers to a specific interpretive line of the Phenomenology, without losing the focus of his discussion but at the same time showing that the preservation of the aesthetic component in the concept is precisely that which enables life to manifest itself and to subsist within the concept. The third chapter, which plays a central role within Garelli’s proposal, focuses on the meaning and role of the Gestalt – the phenomenological shape or figure – and on the narrative character of the Phenomenology. In regard to the former, the author discusses the interpretive hypothesis according to which the goal and outcome of the Phenomenology is the final relinquishment of representation in favor of the purity of the concept, both in absolute knowing and in the subsequent, developed system. The examination of the narrative character of the work proceeds in parallel with the discussion of the nature of the Gestalt, and shows that the adequacy of the narrative paradigm for the understanding of the Phenomenology both suggests and supports an alternative reading of the work itself and of its outcome. The latter thus proves to be aimed at the preservation, rather than the abandonment, of the concreteness of actuality, whose spirit is thereby liberated. Once the interpretative framework has been elucidated, the second part of the book – significantly entitled “Shapes of Language” – is devoted to the discussion of some specific shapes, through which Garelli shows that Hegel’s text actually assigns a crucial role to the aesthetic component in the dialectical progress of thought. The fourth chapter, in this perspective, examines the role of discourse in the attempt to restore the meaning of the “offended life.” If the latter, on the one hand, seems to be one of the most fundamental tasks for the concept, on the other hand Garelli acknowledges its intrinsic problematic character. The fifth chapter examines the specific language of the false consciousness and of adulation, emphasizing its delicate and complex relationship with the order of the logos, understood as spirit’s embodiment and, therefore, as cultural product. The language of laceration, however, as the result of the transformation of the language of adulation, ends up denouncing itself and lays the foundation for its own Aufhebung. The sixth chapter is devoted to the last section of “spirit,” namely morality. More specifically, it discusses the meaning of forgiveness and reconciliation as essentially linguistic moments that play a decisive role in the attainment of absolute knowing. The practical domain, in this way, proves to be vital to the nature of the concept, whose one-sidedness must necessarily be overcome in order to reach absolute knowing. The latter, even if its nature is conceptual, cannot appear if it is not preceded by the acceptance of the other. Morality constitutes, however, only the first side of the reconciliation attained by absolute knowing, i.e. the side of the “for itself.” The second side of such reconciliation is constituted by religion, the focus of the seventh and last chapter of Garelli’s book, which examines the different artistic and religious manifestations of the history of spirit and the fundamental intersubjective dimension characterizing such history. The Phenomenology emerges from this analysis as a trajectory that

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shows, contrary to what the panlogistic interpretations hold, precisely the irreducibility of the immediate data to the concept, something that is evident – as Garelli effectively shows – when looking carefully at the way in which the phenomenological trajectory unfolds. The conclusion of the last chapter, as a confirmation of this reading, shows that absolute knowing should not be identified with an “absolute content of knowing” (219, n.), but with spirit’s capacity of knowing itself in its own absolute contrary. Absolute knowing, therefore, cannot be achieved once and for all: rather, it is always immersed in the development of spirit itself, and its absoluteness consists in the power to endure contradiction and laceration, without thereby erasing it but, at the same time, without letting it overwhelm itself. Garelli’s book has a very ambitious goal and argues for its main thesis by building an extremely effective architecture: the vigorous theoretical commitment is supported by a remarkable abundance of literary and philosophical references that enrich the interpretation of the Phenomenology, but also of other central Hegelian works such as the Encyclopedia and the Lectures on Aesthetics. The depth of the analysis of the nature and role of representation in the Phenomenology is determined, in particular, by the acknowledgment of the crucial role of the dialectic between Erinnerung (internalization and recollection) and Entäußerung (externalization, expression) in spirit’s path toward its selfunderstanding and by the significance assigned to the practical, intersubjective dimension of philosophical knowledge. In this way, the book provides an articulate and cogent answer to the questions from which its investigation started. Indeed, precisely on the basis of the sense acquired by the philosophical practice in Hegel, Garelli hints at what might be defined as an “ethics” or even a “politics” of philosophizing that makes this book an extremely valuable guide not only for the Hegel expert, but for every philosopher interested in thinking about her role as a scholar and the role of philosophy today. Valentina Ricci (Irvine, CA)

Gianluca Garelli: Hegel e le incertezze del senso. [Hegel und die Ungewißheiten des Sinnes.] Edizioni ETS: Pisa 2012. 178 pp. Das Buch ist das zweite einer Trilogie: Das 2010 erschienene erste Buch Lo spirito in figura. Il tema dell’estetico nella „Fenomenologia dello spirito“. [Der Geist in der Abbildung. Das Ästhetische in Hegels „Phänomenologie des Geistes“.] Bologna: Il Mulino, befaßt sich ebenso mit der Phänomenologie des Geistes (vgl. die vorherige Rezension dieses Hegel-Studien-Bandes), bricht jedoch gerade in dem Moment, wo es „am spannendsten“ (7) wird, ab, nämlich vor der Auseinandersetzung mit dem „absoluten Wissen“. Das dritte Buch, jetzt für den Verlag Einaudi in Vorbereitung, wird sich dagegen mit dem späteren System befassen. Das vorliegende zweite Buch hat das anspruchsvolle und vielschichtige Ziel, 1. durch eine gezielte Lektüre und Interpretation einiger Teile der Phänomenologie des Geistes

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2. Aspekte der Hegelschen Philosophie bzw. jenes Werks hervortreten zu lassen, die oft vernachlässigt worden sind, und dadurch 3. nicht nur eine umfassendere Deutung eines grundlegenden Klassikers der europäischen bzw. westlichen Moderne, sondern auch 4. eine kritische Besinnung auf den nämlichen Sinn dieser „Moderne“ zu ermöglichen. Diese vier Stoßrichtungen werden vom Verf. insgesamt erfolgreich ineinander integriert. Das Thema des vorliegenden zweiten Buchs behandelt Anfang und Ausgang der Phänomenologie in ihrem problematischen Verhältnis zueinander. Ausgehend von der im ersten Buch verteidigten These der Untilgbarkeit des ästhetischen Faktors in der dialektischen Entwicklung des Werks setzt sich Hegel e le incertezze del senso mit der strukturellen Spannung der Phänomenologie zwischen Manifestation und Transzendenz des Geistes auseinander. Indem das Buch auf Elemente und Dimensionen des Hegelschen Werks fokussiert, die die jüngere Hegel-Forschung in den meisten Fällen vernachlässigt hat, tritt es für die Überwindung einiger einseitiger Lesarten ein, und zwar insbesondere der Hegelschen Diskussion der „sinnlichen Gewißheit“ in bloß epistemologischer Hinsicht, die für den sog. post-analytischen Hegelianismus typisch ist, der in W. Sellars’ Empiricism and the Philosophy of Mind (1956) seinen Ausgangspunkt hat. Garelli bestreitet dabei nicht das zentrale Anliegen, nämlich die Zerstörung des „Mythos des Gegebenen“ durch Verweis auf die konstitutive Unvermeidbarkeit der sprachlichen Vermittlung in Hegels Kritik der „sinnlichen Gewißheit“; vielmehr insistiert er darauf, daß die Hegelsche Kritik keineswegs einen bloßen bzw. hauptsächlichen kritisch-epistemologischen Gehalt hat. Im Gegenteil gilt Hegels Schilderung des Funktionierens und der dialektischen Überwindung der „sinnlichen Gewißheit“ als problematische, gleichwohl grundlegende Darlegung bzw. sogar Matrix des Funktionierens des Bewußtseins als solchen, wobei eben das ästhetisch-individuelle Element – und somit die Spannung zwischen Manifestation und Transzendenz des Geistes – nie zu überwinden sind. Garellis Deutung fordert eine komplexere, in manchen Hinsichten beunruhigende Neudeutung zentraler Knoten der gesamten Phänomenologie bis auf die Schlußpartien des „absoluten Wissens“. Im Zentrum dieser Deutung steht die Überzeugung, daß jede Interpretation der Phänomenologie, die deren theologischen Hintergrund mißachtet, sich den vollständigen Zugang versperrt. Dabei ist einigen möglichen Mißverständnissen vorzubeugen. 1. Garelli behauptet nicht, daß seine Lektüre andere ausschließt. 2. Obwohl seine Deutung auch erneut die Frage nach den „christlichen Wurzeln“ der europäischen Kultur (22) aufwirft, geschieht dies keineswegs in „konfessioneller“ Absicht. 3. Garelli sucht auch nicht die gesamte Philosophie Hegels als (verkappte?) Theologie zu rehabilitieren; er betont vielmehr, daß Hegel selbst in seiner späteren Entwicklung sich von der theologischen Dimension explizit verabschiedet hat (21). Entwicklungsgeschichtlich heißt dies auch, daß die Phänomenologie nicht nur als einfache Propädeutik und in Kontinuität zum späteren System zu lesen ist, sondern möglicherweise selbständig i.S. eines „unterbrochenen Systems“ (22). Diesen Präliminarien-Vorsätzen bleibt der Verf. durchaus treu, und zwar auch aufgrund seiner hervorragenden Vertrautheit mit dem Text – dabei ist an Garellis ausgezeichnete italienische Übersetzung der Phänomenologie zu erinnern (2008) – sowie eines permanenten Dialogs mit der Sekundärliteratur und anderen Denkern. Das erste Kapitel des Buchs befaßt sich mit der ersten Gestalt des Bewußtseins, der „sinnlichen Gewißheit“. Dabei zeigt der Verf. schon, wie problematisch, ja paradox Lage

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und Funktion dieser ersten Gestalt innerhalb des gesamten phänomenologischen Verlaufs sind. Nicht nur ist es schwierig zu verstehen, ob sie diesem Verlauf eigentlich schon angehört oder ihm extern ist oder ob sie eine Art Nullpunkt der Phänomenologie darstellt; dazu kommt, daß der Übergang vom stummen, alogischen Zeigen der „sinnlichen Gewißheit“ bis zur rationalen und dialektischen Dimension der Sprache (logos) quasi den Charakter einer religiösen Bekehrung hat, da die Sprache Hegel zufolge eine göttliche Natur aufweist (39). Diese Bekehrung ist gleichzeitig aber auch diejenige von der alogischen und als solchen unaussprechlichen (ineffabile) Individualität zur Universalität und zur gemeinschaftlichen Dimension, die erst von der sprachlichen Kommunikation (und nicht von der bloßen deixis „sinnlicher Gewißheit“) ermöglicht wird. Das Thema des Unaussprechlichen ist klarerweise ein Topos der Mystik und des heidnischen Kultus, der nicht nur beim jüngeren Hegel (Eleusis), sondern auch in der Phänomenologie – und ausgerechnet zum Schluß des Kapitels über die „sinnliche Gewißheit“ – auftaucht. Hegels Kritik an jeder Form von Intuitionismus, Sensualismus und naivem Realismus (die mit seiner Diskussion der „sinnlichen Gewißheit“ einhergeht) sowie der Verweis darauf, daß die Rede von Wahrheit nur innerhalb der Dimension von logos bzw. verbum Sinn macht, haben also schon bei der Betrachtung der anfänglichen Gestalt des Bewußtseins einen dezidierten – wenn auch problematischen und mehrdeutigen – theologischen Gehalt. Im zweiten Kapitel handelt es sich um die Rückkehr des Vertrauens in die sinnliche Gewißheit, die im Abschnitt zur Aufklärung der Phänomenologie diskutiert wird. Im Zuge der Zerstörung jedweder Inhalte und Wahrheitsansprüche des Glaubens – noch nicht aber der Religion, wie Garelli rechtmäßiger Weise unterstreicht (49) – kehrt die Aufklärung eben zu diesem Vertrauen zurück und bekennt sich so zu Eudaimonismus, Utilitarismus, Materialismus, ja letztlich zu einer Art Umgang mit der Welt und mit den Menschen, für die alles nur als Gegebenes und als „vorhanden“ gilt (72). Garelli deutet dabei Hegels Kritik des einseitigen Rationalismus und Utilitarismus als die Diagnose ante litteram einer Situation, wo die (kapitalistische) Wirtschaft zur Religion wird, da eben Utilitarismus und Glaube ineinander kollabieren, indem sie die zwei auf dieser Stufe unversöhnlichen Termini eines abstrakten Gegensatzes ausmachen, und schließt dieses Kapitel ab mit einem keinesfalls verschrobenen Zitat aus Serge Latouche. Im dichten dritten Kapitel geht es um die „offenbare Religion“, die Garelli zufolge die gleiche dialektische Struktur des Übergangs von der „sinnlichen Gewißheit“ über die Wahrnehmung zum Verstand aufweist. Die Menschwerdung und der Tod Gottes markieren den Übergang von der „sinnlichen Gewißheit“ als der Gegenwart Gottes als Mensch zu seiner Auferstehung im Geist und im Bewußtsein der Gemeinde (von der Entäußerung zur Erinnerung). Die sinnliche Gegenwart Gottes kündigt uns noch nicht die Wahrheit Gottes als Geist an: Diese Ankündigung in sinnlicher Form (Offenbarung) erhält ihren Sinn erst durch die spätere Erinnerung der Gemeinde, die durch die Sprache (Erzählung) möglich wird. Dies sei, so Garelli, eine Bestätigung in theologicis der inferentialistischen und holistischen Deutungen Hegels (102): Für uns ist die Menschwerdung Gottes (oder des logos) der Mythos des Gegebenen par excellence. Das vierte Kapitel bietet einen spannenden polemischen Exkurs zu Heideggers Vorlesungen über Schellings Philosophische Untersuchungen als Widerlegung ante litteram (die

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aber auf einer Grundeinigkeit basiert) der Wissenschaft der Logik (und damit als eine Antwort auf die Phänomenologie). Als Ergebnis des Exkurses wird die Unerläßlichkeit behauptet, durch eine alternative Deutung der Phänomenologie eine Form der Prädikation und des darauf aufgebauten Systems zu gewinnen, die den beiden Gefahren des Panlogismus und des irrationalistischen Voluntarismus entgeht und es ermöglicht, die Differenz von Notwendigkeit und Freiheit zu erfassen und auszudrücken. Diese Frage wird wieder aufgegriffen in den letzten beiden Kapiteln, die sich schließlich mit dem „absoluten Wissen“ befassen. Nach einem engagierten Überblick verschiedener relevanter Stellungnahmen der Hegel-Forschung zum Thema und einem hilfreichen historischen Exkurs zum Teleologie-Begriff (auf den die Hegel-Forschung oftmals inadäquat Bezug nimmt) legt Garelli im fünften Kapitel die Basis für die im letzten Kapitel dargelegten Schlußfolgerungen zum „absoluten Wissen“. Gemäß seiner Grundannahme bedeutet das Erreichen des „absoluten Wissens“ nicht die Aufopferung der Freiheit im objektiven Sinne des Genitivs, sondern eventuell im subjektiven: „Die zum Subjekt gewordene Substanz ist ein freies Tun, das bis zum Tode für seine eigene Freiheit und für den Sinn seines Lebens kämpft.“ (144) Diese These wird im letzten Kapitel ausgeführt unter dem Blickwinkel der Frage nach der Zeit: Wie können die Perspektive der Ewigkeit sowie der Überwindung der Zeit im Begriff bzw. im System einerseits und diejenige der zeitlichen, notwendigerweise unvollendeten und kontingenten Existenz andererseits zusammengehalten werden? (147) Damit verbunden sind zahlreiche weitere Grundfragen wie diejenige nach dem Verständnis gegenwärtiger Zeit als Vollendung der Geschichte, nach der Gleichstellung von Christentum und Moderne sowie nach Hegels Denken als christliche, post-christliche oder nicht-christliche Philosophie. Gegen die Vorstellung des endgültigen Triumphs einer Wissenschaft, die die Geschichte der westlichen (christlichen) Welt einfach als vollkommen zelebriert und nachträglich rechtfertigt, betont Garelli in Auseinandersetzung u. a. mit Jacob Taubes und Hans Küng sowie unter Berücksichtigung des evangelischen Subtextes bei Hegel die Dimension des zurückzulegenden Wegs, des Zweifels und der Verzweiflung sowie der offenen, aber niemals endgültig zu verwirklichenden Möglichkeit der Versöhnung. Vorgeschlagen wird somit eine Deutung der Phänomenologie als Versuch, das Ereignis des Einbrechens des Sinnes zu denken. Auf der Stufe des absoluten Wissens kehrt der Geist zur Sinnlichkeit zurück, diesmal aber auf selbstbewußte Weise und nicht mehr mit der blinden Unmittelbarkeit sinnlicher Gewißheit behaftet. Das Buch zeigt überaus deutlich, welche philosophischen Verluste mit einseitigen post-analytischen Lektüren der Phänomenologie verbunden sind, wie ertrag- und einflußreich sie auch immer sonst sein mögen. Garelli läßt die Dimension des Zweifels, der Offenheit, der Unruhe, ja der „Ungewißheit des Sinnes“ sehr deutlich hervortreten. Ohnehin sind diese Dimensionen dem Hegelschen Denken – und v. a. der Phänomenologie – wesentlich: In diesem Sinne befolgt der Verf. seine allgemeine Warnung, „einige Gestalten der Phänomenologie des Geistes noch einmal zu lesen, bevor es zu spät ist“ (23). Dabei beansprucht Garelli nicht, diese Gestalten als das philologisch und systematisch authentische Bild der Hegelschen Philosophie auszugeben. Er gesteht im Gegenteil explizit zu, daß diese Gestalten erstmals bei Hegel selbst und sodann in der nachfolgenden (Philosophie-)Geschichte eben nicht die erfolgreichen sind. Insofern vertritt er

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hier (wie schon im ersten Buch seiner Trilogie) eine „schwache“ Deutung von Hegels Christentum und liegt somit in etwa auf der Linie von Karl Löwith und Gianni Vattimo. Garellis Versuch, jene „minoritären“ Gestalten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, ist dementsprechend nicht mit dem Anspruch auf die korrekte Hegel-Deutung gleichzusetzen und daher auch nicht zu kritisieren. Dies vorausgesetzt kann gleichwohl dem Rezensenten zufolge der Eindruck entstehen, daß Garelli zwar auf bewußte Weise, jedoch mit einer Art von exegetischer Zähigkeit sich systematisch etwas von der Phänomenologie erhofft, was sie eigentlich weder leisten kann noch will. Etwas trivial gesagt ist kaum einzusehen, warum sowohl exegetisch als auch systematisch die oder auch nur eine Bestimmung der Phänomenologie im Beharren auf einem Grund der Freiheit zu verorten sei, welcher der Menschheit nicht vollkommen immanent ist. Garelli ist sicherlich zuzustimmen, daß das absolute Wissen kein Ende der Geschichte, sondern im Gegenteil ihren wahrhaften Anfang darstelle – den Anfang aber nun einmal der menschlichen Geschichte, die als solche keines Bezugs auf einen – wie auch immer philosophisch elegant stilisierten – transzendenten Grund mehr bedarf. Diese „neue“ menschliche Geschichte ist zwar dem Unerwarteten und dem Ungewissen ausgesetzt, die aber nunmehr eine rein immanente Dimension eröffnet: und zwar diejenige des objektiven Geistes (der nicht zufällig nicht-absolut ist!), der bürgerlichen Gesellschaft, der Weltgeschichte usw. Der „Sinn“ muß nicht von außen „wie ein Dieb in der Nacht“ ‚einbrechen‘, sondern ist den instabilen und permanent revisionsbedürftigen Strukturen der menschlichen Welt immanent. Die Aufgabe der Philosophie liegt ja gerade darin, diesen Sinn zu rekonstruieren, und dies kann wohl in einer rein-immanenten Perspektive geschehen. Und wenn dem so ist, dann gibt es auch deutlich mehr Kontinuität als Diskontinuität zwischen Phänomenologie, Wissenschaft der Logik und den Berliner Schriften. Selbst wenn es Garelli wohl gut zu zeigen gelingt, daß ohne Berücksichtigung der theologischen Bezüge die Phänomenologie schwer oder nur fragmentarisch verständlich ist und daß manche damit verbundenen Fragen unbeantwortet bleiben, bedeutet dies noch nicht, daß auf dieser Grundlage die Phänomenologie als solche als ein unzusammenhängendes System zu verstehen ist, in dem Hegel manche Frage – oder besser „Unruhen“ – beiseiteschiebt, die ihn in seinen früheren Schriften (die übrigens Garelli bedeutungsvoll immer noch „theologische Schriften“ nennt [169, Anm. 70]) beschäftigt hatten. Man sollte vielmehr die Phänomenologie nur in dem Sinne eine theologische Schrift nennen, als sie eine dezidierte Verabschiedung von „theologicis“ ankündigt und auch durchsetzt. Aber sogar unter Berücksichtigung dieser Differenz im Ansatz ist dem Rezensenten zufolge das Buch sehr gut gelungen, anregend und lesenswert. Gleichwohl ist es auf Grund seiner Ansprüche, seiner besonderen Struktur sowie der Vielfalt an Bezügen nicht immer leicht verständlich: Es fordert (und verdient) eine sorgfältige hermeneutische Beschäftigung. Dafür zeigt es dem Leser v. a., wie wahrheitsfern, zugleich jedoch beharrlich einige vermeintlich abgesegnete und nunmehr anerkannte „Gewißheiten“ der Hegel-Forschung sein können und welche philosophische Tragweite die „Ungewißheiten des Sinnes“ dagegen besitzen. Alberto L. Siani (İstanbul)

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Stefan Gruner: Hegels Ätherlehre. Including a Summary in English: Hegel’s Aether Doctrine.VDM Verlag Dr. Müller: Saarbrücken 2010. 125 S. Bei der vorliegenden Schrift Stefan Gruners handelt es sich um eine überarbeitete und erweiterte Version seiner Magisterarbeit. Die mit insgesamt 125 S. Umfang relativ kurze Monographie ist als Studie zur Verwendung des Begriffs Äther in Hegels Jenaer Schaffensperiode (1801–07) konzipiert. Als Textgrundlage fungieren dabei (a) der 1802 im Kritischen Journal der Philosophie von Hegel publizierte Aufsatz Ueber die wissenschaftlichen Behandlungsarten des Naturrechts, (b) die als Jenaer Systementwürfe II und III zusammengefaßten, unveröffentlichten Manuskripte von 1803 bis 1805 sowie (c) Auszüge aus Hegels Notizbuch. In Hegels Philosophie nach 1807 nimmt der Ätherbegriff keine systematisch relevante Stellung mehr ein; die Frage, wie dieses Verschwinden des Ätherbegriffs aus Hegels Gedankenwelt zu erklären sei, ob lediglich das Wort Äther oder auch der durch dieses Wort repräsentierte Begriff verschwinde, gehört ebenfalls zur Thematik der Monographie. Daß Gruner von einer Ätherlehre Hegels spricht, erscheint hier bereits problematisch, weil der Begriff der Lehre ein notwendig zu erbringendes Minimum an Systematik und methodischer Konsequenz impliziert, dessen Existenz in den von Gruner konsultierten Schriften Hegels, allein schon wegen deren Entwurfscharakter, zweifelhaft erscheint. Gruner gliedert seine Schrift in (1) eine Einleitung, (2) eine Darstellung des Aristotelischen Hintergrundes der Ausführungen Hegels zum Äther, (3) ein Kapitel zum Begriff des Absoluten, (4) eine Untersuchung der einschlägigen Passagen aus den oben aufgeführten Primärtexten, (5) eine Besprechung bisher erschienener Sekundärliteratur zum Thema sowie (6) eine kurze Zusammenfassung der Forschungsergebnisse auf Englisch. In der Einleitung wird (bei Platon, Aristoteles und der indischen Philosophie beginnend) zunächst versucht, den Ätherbegriff philosophiehistorisch einzuordnen. Von diesen Grundlagen ausgehend schreitet Gruner zum frühneuzeitlichen Leib-Seele-Problem fort, in dessen Zusammenhang die Ätherkonzeption gewissermaßen als Brücke über die ontologische Schlucht zwischen geistiger und materieller Substanz fungieren sollte. Parallel hierzu postuliert Gruner, daß auch Hegels Ätherbegriff, der innerhalb der Jenaer Systementwürfe im Rahmen naturphilosophischer Abhandlungen erscheint, als Konnex zwischen materiellen und geistigen Aspekten des Hegelschen Systems aufgefaßt werden kann, wofür eine hinreichende Begründung jedoch ausbleibt. Stattdessen geht der Autor auf die Bedeutung der frühen Schriften Hegels, zu denen auch die hier besprochenen Jenaer Systementwürfe gezählt werden, für die 1807 mit Erscheinen der Phänomenologie des Geistes beginnende „reife“ Werkphase Hegels ein. Gruner stellt die Frage, ob die unpublizierten Schriften Hegels vor 1807 als verworfene Versuche – und somit als für spätere Werke irrelevant – aufzufassen seien oder ob die Jenaer Schriften möglicherweise doch zum systematischen Verständnis der Philosophie Hegels im Gesamten beitragen könnten. Zumindest stellt Gruner in Aussicht, daß die von ihm verfaßte Abhandlung als Hilfestellung für die Rezeption der Veröffentlichungen Hegels nach 1807 fungieren könnte. Um seine Untersuchung philosophiegeschichtlich zu fundieren, schließt Gruner unmittelbar an die Einleitung ein Kapitel über den Aristotelischen Hintergrund des

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Ätherbegriffs an. In diesem Zusammenhang deklariert Gruner die Ausführungen Hegels zum Begriff des Äthers als neo-aristotelisch, versäumt jedoch weitgehend, diese Zuordnung tiefergreifend zu begründen und läuft somit Gefahr, Hegels Gedankenwelt durch das problematische Postulat des Neo-Aristotelismus inadäquat umzudeuten. Die angemessene Präzision beweist Gruner hingegen in der sich anschließenden etymologischen Analyse des Begriffs Äther (gr. aithēr). Auf diesen Grundbetrachtungen aufbauend untersucht Gruner einige zentrale Konzepte der Aristotelischen Naturphilosophie, die sich im Umkreis des Ätherbegriffs finden, so u. a. Materie, Substanz, Kosmos und schließlich den vielschichtigen Begriff der Natur (gr. physis), über den – relativ unvermittelt – die Brücke zur Naturphilosophie Hegels geschlagen werden soll. In Kapitel (3) schickt Gruner der Analyse der einschlägigen Passagen aus den Primärtexten noch einige Überlegungen zum Absoluten voran, um später das Verhältnis der Ätherkonzeption zum Begriff des Absoluten erörtern zu können. So postuliert Gruner, der Äther in Hegels Sinne sei Repräsentant des Absoluten, ist gewissermaßen das Absolute selbst auf einer frühen Stufe seiner Selbstentfaltung. Diese Identifikation des Äthers mit dem Absoluten kann allerdings nicht ausreichend belegt werden. Zum Schluß seiner Ausführungen zum Absoluten und zu dessen Zusammenhang mit dem Ätherbegriff weist Gruner darauf hin, daß lediglich der philosophische Begriff Äther als Untersuchungsgegenstand seiner Schrift betrachtet werden kann, nicht jedoch der Äther als materielle, reale Entität. Hierbei drängt sich die Frage auf, ob eine solche Unterscheidung im Kontext der Philosophie Hegels überhaupt zulässig sei. Im darauffolgenden Kapitel (4) wird schließlich auf die zentralen Texte Hegels eingegangen. Bevor die konkreten Textstellen untersucht werden, bespricht Gruner noch einige hermeneutische Probleme, mit denen sich der Interpret komplexer philosophischer Texte notwendigerweise konfrontiert sieht. Hierdurch nimmt Gruner sinnvollerweise eine problematisierende, selbstreflexive Perspektive auf die eigenen Forschungsergebnisse ein. Im Folgenden geht Gruner die erwähnten Schriften, d. h. den Naturrechtsaufsatz, die Jenaer Systementwürfe II und III (der Systementwurf I wurde nicht berücksichtigt, da sich dieser hinsichtlich der Ausführungen Hegels zum Ätherbegriff lt. Gruner größtenteils mit dem Systementwurf II überschneidet) sowie Hegels Notizbuch systematisch durch, zitiert jeden Satz, in dem das Wort Äther auftritt – insgesamt sind es 33 – und schließt jeweils eine Interpretation des entsprechenden Satzes an. Diese Methode der akkuraten, dokumentierenden Textanalyse hat auf der einen Seite den Vorteil, daß Gruners Monographie gewissermaßen als Kompendium zum Ätherbegriff Hegels fungieren kann; auf der anderen Seite bringt die hier angewandte Methode allerdings die große Gefahr mit sich, daß die Erörterung eine übermäßig fragmentarische Form annehmen kann und lediglich einzelne, isolierte Erkenntnisse über den Inhalt des analysierten Textes aneinandergereiht werden, ohne die Bedeutung der jeweiligen Textstellen für die grundlegende, umfassende Systematik des Hegelschen Denkens im Blick zu behalten. Eben dieser Gefahr versucht Gruner entgegenzuwirken, indem er im Anschluß an jede Textstellen-Interpretation zunächst einen Bezug zu den übrigen zitierten Passagen herstellt und daraufhin eine Einordnung in den weiteren Kontext der Terminologie Hegels vorzunehmen versucht, was letztlich nur rudimentär gelingt. Auf inhaltlicher Ebene kommt der Autor zu dem Ergebnis, daß sich in

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den Textstellen zum Äther, die sich im Naturrechtsaufsatz finden, bereits einige zentrale Aspekte des sich später entfaltenden Hegelschen Gesamtsystems im Denkansatz begründet finden, so v. a. die Begriffe der Idee, des Absoluten und der Sich-selbst-gleichheit des Geistes. Auch versucht Gruner, Bezüge zwischen der Ätherlehre Hegels und frühneuzeitlichen Metaphysik-Konzeptionen aus dem Wirkungskreis rationalistischer Strömungen aufzuzeigen, ohne diese Linie jedoch weiter zu verfolgen. In der Erörterung des Ätherbegriffs im Systementwurf II tritt dieser Begriff, naturphilosophisch signifikanter, als Prinzip zwischen Geist und Natur, als absolute Materie und als kosmologischer Urgrund auf, wobei lt. Gruner nicht selten theosophische Konnotationen in Hegels Ausführungen mitschwingen. In der Analyse des Systementwurfs III erscheint der Äther schließlich als eine spezifische Gestaltung des absoluten Geistes selbst: als das Absolute in seiner Materialität, somit als Aspekt sowohl der Naturphilosophie als auch der Philosophie des Geistes. In der einzigen angeführten Textstelle zum Ätherbegriff aus Hegels Notizbuch wird der Äther als poetische Metapher im Kontext der Hegelschen Geschichtsphilosophie verwendet. Das sich an das Kapitel der Textanalyse anschließende Kapitel (5) über die bisher vorhandene Sekundärliteratur zur Thematik dient weniger der Beurteilung und Bewertung dieser Texte als vielmehr der objektiven Dokumentation des Forschungsfortschritts. Da sich im Laufe der Rezeptionsgeschichte zu Hegels Schaffen nur vereinzelt Studien mit dem Ätherbegriff beschäftigten, kann lt. Gruner noch von keinem eigentlichen Diskurs die Rede sein, sondern lediglich von kaum miteinander verknüpften Einzelfällen. Aus diesem Grund verzichtet Gruner auf eine systematisch ausgerichtete Darstellung der bisherigen Forschungsliteratur und stellt die einzelnen Sekundärtexte lediglich in chronologischer Reihenfolge nacheinander vor. Dabei werden die jeweiligen Forschungsbeiträge ausgiebig zitiert und nur knapp kommentiert, da auch dieses Kapitel primär als Kompendium dienen soll. Wichtige Aspekte, die sich stringent durch die hier dargelegte Rezeptionsgeschichte ziehen, sind das Verhältnis der Ätherlehre Hegels zur Naturwissenschaft seiner Zeit sowie der philosophiehistorische Bezug zwischen Platons Kosmogonie im Timaios, Aristoteles’ Naturphilosophie und Hegels Ausführungen zum Äther. Im auf Englisch verfaßten Schlußwort, Kapitel (6), trägt Gruner die im Laufe seiner Schrift erlangten Erkenntnisse zusammen, geht dabei allerdings über die bisher erzielten Ergebnisse der Studie hinaus. So wird versucht, das Gesamtsystem Hegels graphisch darzustellen; hierbei erscheint der Ätherbegriff als vermittelnde Instanz zwischen Naturphilosophie und Philosophie des Geistes. Auch zeigt Gruner einen möglichen Bezug zwischen Hegels Ätherbegriff und dem Urgrund in Friedrich Nietzsches frühen Schriften auf. Abschließend wird zudem in Aussicht gestellt, daß eine Anwendung der Ätherlehre Hegels auf Problemstellungen der modernen Quantenphysik nicht gänzlich abwegig erscheint; hier zeigen sich demnach noch zu erschließende Zweige der zukünftigen Hegel-Forschung. Gruner legt, methodisch umsichtig, großen Wert darauf, den Gültigkeitsanspruch seiner Forschungsergebnisse von vornherein einzuschränken, weshalb keine definitiven Aussagen zur vorliegenden Problematik getätigt werden. Umfangreiche, fundierte Erkenntnisse über Hegels Ätherbegriff sollten demgemäß nicht von dieser Monographie

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erwartet werden. Als Denkanstoß für die bisher relativ spärliche Forschung zu diesem speziellen Aspekt der Philosophie Hegels und als Kompendium sowohl über die einschlägigen Passagen der Primärtexte als auch über die bisher vorliegende Sekundärliteratur ist Gruners Schrift, ungeachtet der methodisch begründeten Dürftigkeit an positiven Ergebnissen, allemal hilfreich. Daniel Elon (Bochum)

Peter C. Hodgson: Shapes of Freedom. Hegel’s Philosophy of World History in Theological Perspective. Oxford, UK: Oxford University Press 2012. ix, 196 pp. Mit Shapes of Freedom legt der Herausgeber und Übersetzer zahlreicher Schriften Hegels, begleitend zur Edition der Hegelschen Vorlesungen zur Weltgeschichte,1 eine Monographie mit theologischer Perspektive auf dessen Geschichtsphilosophie vor. Hodgson selbst betrachtet die Publikation der englischsprachigen Edition als „occasion“ (v) für einen solchen Kommentar. Die Ausrichtung des Kommentars wird folgendermaßen begründet: „I have done so from a theological perspective because theology is my own academic discipline and because the place of theology in Hegel’s Weltgeschichte has not been recognized in earlier studies.“ (v) Die englische Ausgabe der Hegelschen Geschichtsphilosophie, die Brown und Hodgson veranstaltet haben, liefert das wesentliche Quellenmaterial für die in fünf Kapiteln gegliederte Untersuchung. Der Vorzug von Hodgsons Kommentar besteht darin, daß dieser sich erstmals auf eine englische Edition stützen kann, die eine editionsphilologisch gesicherte Ausgabe der Hegelschen Philosophie der Weltgeschichte zur Grundlage hat. Die neue Edition liefert somit gerade keine Übersetzung der auf die Freundesvereinsausgabe zurückgehenden Fassungen, die in dem Jahrzehnt nach Hegels Tod von Eduard Gans (1837) und Karl Hegel (1840) aufbereitet wurden und fast allen heutigen Fassungen der Hegelschen Weltgeschichte zugrunde liegen; stattdessen bietet deren Ausgabe sowohl eine Übersetzung der beiden erhaltenen Manuskripte als auch der Notizzettel Hegels, die dieser für seine Vorlesungen 1822/23 bzw. 1828 und 1830/31 angelegt hat und die auf Deutsch in den Gesammelten Werken zugänglich gemacht wurden.2 Da die erhaltenen Manuskripte von Hegels eigener Hand nicht den kompletten Gegenstandsbereich der Weltgeschichte abdecken, sondern lediglich Teile

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Vgl.: Lectures on the Philosophy of World History. Volume 1. Manuscripts of the Introduction and the Lectures of 1822–3. Edited and Translated by Robert F. Brown and Peter C. Hodgson with the assistance of William G. Geuss. Clarendon Press: Oxford, UK 2011. xi, 562 pp. 2 Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungsmanuskripte II (1816–1831). Herausgegeben von Walter Jaeschke. – In: Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegeben von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Band 18. Hamburg 1995. 119–214.

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der Einleitung, bietet der Hauptteil der Edition die englische Übersetzung der deutschen Nachschriften-Edition des zwölften Bandes der Ausgewählten Nachschriften und Manuskripte. So ist es nun möglich, die edierten Nachschriften von Griesheim, Hotho und Kehler zu Hegels erster geschichtsphilosophischen Vorlesung des Jahres 1822/23 auf Englisch zu lesen.3 Die einzelnen Kapitel der Monographie folgen weitgehend dem Aufbau der Ausgabe der genannten Edition, so daß sich das Buch als begleitender Kommentar anbietet. Im ersten Kapitel (1–30) werden der Quellenbestand kurz vorgestellt sowie einige Grundbegriffe der Hegelschen Geschichtsphilosophie knapp angeführt, dabei dürfte es Leserinnen und Lesern, die mit der Hegelschen Terminologie wenig vertraut sind, allerdings nicht leicht fallen, den Erläuterungen folgen zu können. Zentral für den Autor ist der Begriff der Gestalt bzw. Gestaltung (shape). Die Gestaltungen der Idee in der Geschichte stellen die Manifestationen der Freiheit in historischer Abfolge dar (vgl. 7–9). Allerdings wird dabei auf die schwierige Frage, wie es Hegel gelingt, solche Gestaltungen zu identifizieren, nicht eingegangen. Bezüglich möglicher Interpretationsstrategien im Umgang mit Hegels Geschichtsphilosophie hält er fest, daß sich diese auf drei Ebenen verstehen lasse. Hodgson hebt mehrfach hervor, daß die jeweiligen Ebenen, die man für attraktiv hält, nicht nur vom Textbefund abhängen, sondern gerade auch von den eigenen Erkenntnisinteressen und Fragen. Die Ebenen bezeichnet er als: „historical-humanist, ethical-social, and ontological-theological“ (29). Viele Interpreten würden heute lediglich die ersten beiden Ebenen berücksichtigen und die dritte als obskur und unfruchtbar ausblenden. Der Autor hält dem entgegen: „One has to respect those for whom this is the most that can be said, and what they say may be true; but it is not Hegel’s own view“ (30), so daß Hodgson der Ansicht ist, daß die ontologischtheologische Ebene der Hegelschen Geschichtsphilosophie nicht depotenziert oder gar ignoriert werden dürfe, zumindest dann nicht, wenn man dem historischen Hegel gerecht werden möchte. Das zweite Kapitel bietet einen Kommentar zu Hegels Darstellung des Zusammenspiels von Freiheit und Notwendigkeit in der Geschichte, die sowohl im Manuskript 1830/31 als auch in der Nachschriftenausgabe unmittelbar auf die Darstellung der Arten der Geschichtsschreibung folgt. Im Rahmen dieses Kapitels erläutert Hodgson den weiteren Aufbau seines Buches. Seines Erachtens folgt Hegels Geschichtsphilosophie einer dreigliedrigen Struktur: Sie hat einen synchronen sowie einen diachronen Aspekt (vgl. 40) und zudem einen Aspekt, den Hodgson „surchronic“ (33) nennt. Während die ersten beiden Aspekte sich im Rahmen der Geschichtsphilosophie verschiedenen Abschnitten zuordnen ließen, zeige sich der dritte Aspekt durchgehend an der religiös imprägnierten Terminologie der Weltgeschichte. Für den dritten Aspekt wird folgende Explikation angeboten: „By ‘surchronic’ I mean a dimension that is not nontemporal or atemporal but more-than-temporal in the sense of an intensification of the temporal, just 3

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Weltgeschichte. Berlin 1822/1823. Nachschriften von Karl Gustav Julius von Griesheim, Heinrich Gustav Hotho und Friedrich Carl Hermann Victor von Kehler. Herausgegeben von Karl Heinz Ilting, Karl Brehmer und Hoo Nam Seelmann. – In: ders.: Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte. Band 12. Hamburg 1996.

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as ‘surreal’ suggests an intensification of the real. The surchronic is a more primordial and infinite temporality in which the dimensions of time (past, present, future) coinhere without collapsing into identity.“ (33) Unter dem synchronen Aspekt versteht Hodgson die Hegelsche Darstellung der adäquaten Verwirklichung der Freiheit im Staat, wie sie in den Grundlinien der Philosophie des Rechts entfaltet wird. In den Vorlesungen schickt Hegel dem Verlauf der Weltgeschichte eine Zusammenfassung der für diese relevanten Resultate der Rechtsphilosophie voraus. Der Darstellung dieser Zusammenfassung widmet sich das dritte Kapitel. In seiner Deutung des Hegelschen Staatsverständnisses knüpft Hodgson in weiten Teilen – sowohl in diesem wie in späteren Kapiteln – an Alan Pattens Studie Hegel’s Idea of Freedom4 an (vgl. 69 ff.). Über Patten hinausgehend, der vorrangig die Rolle kommunitaristischer Ideen in Hegels Staatsverständnis im Gegensatz zu kontraktualistisch-individualistischen Vorstellungen betont, legt Hodgson Wert darauf, daß der Eigenwert des Staates bei Hegel wohl nur im Rahmen einer „theological perspective on Hegel’s conception of ethical life and state“ (71) plausibilisiert werden könne und nicht durch eine Lesart, die „purely humanistic“ (70) sei. Das vierte Kapitel wendet sich der Präsentation des Ganges der Weltgeschichte zu und beruht im wesentlichen auf den Nachschriften der Vorlesung des Jahres 1822/23. Der Gang der Weltgeschichte stelle den diachronen Aspekt in der Realisierung der Freiheit dar. Dabei wird der Anspruch des Buches, als Begleitlektüre der Edition zu dienen, besonders deutlich; so schreibt der Autor über seine Darstellung des weltgeschichtlichen Ganges: „The survey that follows only touches the highlights; for an appreciation of Hegel’s detailed knowledge of world history, one must read the text itself.“ (92 f.) Im fünften und abschließenden Kapitel sucht Hodgson, eine theologische Lesart der Hegelschen Weltgeschichte plausibel zu machen. Dabei unterstellt er Hegel einen „attempt to construct a theology“ (141). Für diese These findet sich im Buch allerdings weder ein Beleg unter Verweis auf Hegelsche Quellen noch führt Hodgson näher aus, wie ein solcher theologischer Anspruch genau aussehen soll. Der These: „Hegel’s Weltgeschichte is not a theological document, but it devotes a surprising degree of attention to religious and theological matters“ (142), ist sicherlich zuzustimmen; allerdings bleibt unklar, wie Hegels zweifellos vorhandene Interessen an Religion und religiösen Phänomenen aus theologischen Ansprüchen erwachsen sollen, da Hegel selbst stets den Primat einer philosophischen Behandlung religiöser Probleme und Bedürfnisse betont hat. Gegen Alan Patten gesteht Hodgson zu, daß ein Verständnis Hegels möglich sei, in dem die Realisierung Gottes in Geschichte und sozialer Welt gegenüber einer Betonung der menschlichen Selbstverwirklichung in den Hintergrund trete; er selbst meine aber, daß eine „metaphysical or ontotheological perspective“, in die „historicist and humanist perspectives“ integriert würden, „closer to Hegel’s intention“ sei (146). Er erkenne aber an, „that both integrations are legitimate and represent different interpretative agendas“ (ebd.). Um seine These einer theologischen Dimension zu erhärten, greift Hodgson in einem Exkurs (147–156) auf die Vorlesungen über die Beweise vom

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Alan Patten: Hegel’s Idea of Freedom. Oxford, UK 1999. (Oxford Philosophical Monographs)

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Dasein Gottes zurück. Diese seien in zeitlicher Nähe zu Hegels zweitem Manuskript zur Philosophie der Weltgeschichte entstanden, was darauf schließen lasse, daß beide Manuskripte auch inhaltlich eng zusammenhingen. Dies lasse sich auch daraus ersehen, daß Hegel beide Manuskripte für eine Publikation vorbereitet habe (vgl. 148). Hodgson ordnet die religiös geprägte Terminologie, die sich in Hegels Philosophie der Weltgeschichte unbestreitbar findet, vier Problemfeldern zu: Trinitätsproblematik (1); Vorsehung (2); Theodizee (3); Das Reich der Freiheit als Ende der Geschichte (4), die er zum Abschluß des Kapitels vorstellt (156–181), wobei er in jedem Fall eine Lesart favorisiert, die Hegels Redeweise ernst nimmt und nicht als Metapher oder Analogie zu entschärften sucht. Ob eine solche Lesart jenseits der historisch-biographischen Frage nach Hegels Absichten und Bedürfnissen auch systematisch plausibel sein kann, ist allerdings äußerst fraglich. Darüber hinaus fällt auf, daß Hodgson im fünften Kapitel auf den Ausdruck der Surchronizität, der gerade den in diesem Kapitel zentralen Aspekt angemessen fassen sollte, an keiner Stelle zurückgreift. Insgesamt changiert das Werk zwischen einer einen ersten Überblick gebenden Darstellung der Hegelschen Weltgeschichte und dem Versuch einer eigenständigen, eine theologische Lesart verteidigenden Interpretation, die auch systematisches Gewicht einfordert. Hinsichtlich des ersten Punktes hat die Monographie durchaus ihre Verdienste, bringt sie doch erstmalig eine englischsprachige Darstellung der Hegelschen Geschichtsphilosophie, die nicht auf der – philologisch anstößigen – Freundesvereinsausgabe beruht. Hinsichtlich des zweiten Punktes hat die Monographie allerdings Defizite. Bei den gelegentlich angebotenen Aktualisierungsversuchen (z. B. 40; 55; 79; 90; 92; 137) bleibt Hodgson meist thetisch, ohne deutlich zu machen, welche Hegelschen Prämissen und Präsuppositionen mit den jeweils geforderten Anpassungen geändert werden müßten oder aber kompatibel seien. Den Leser/die Leserin beschleicht gelegentlich der Eindruck, Hegel habe gar keine Gründe für manche seiner Thesen gehabt, so etwa wenn Hodgson schreibt: „While Hegel did not endorse a pluriform vision in his own time, given his seemingly linear view of the progression of cultures, it is conceivable that he would have in our time.“ (40) Zudem führt Hodgson die Hegelsche Geschichtsphilosophie zwar eng an die Hegelsche Religionsphilosophie heran, macht aber die Rolle der Weltgeschichte im Rahmen des objektiven Geistes und des Gesamtsystems kaum transparent, so daß für die Zusammenhänge und Gründe, die Hegel zu bestimmten Entscheidungen in seiner Geschichtsphilosophie geführt haben mögen, kein Rekonstruktionsangebot unterbreitet wird. Nun kann zwar nicht bestritten werden, daß Hegels Weltgeschichte mindestens terminologisch durch religiöse Bilder und Vorstellungen (mit-)geprägt ist; gerade dieser zentrale Befund, den Hodgson in seinem Buch betont, wird aber kaum auf seine systematische Belastbarkeit hin geprüft. Es bleibt zu hoffen, daß die Monographie zur Popularisierung einer philologisch angemessenen Edition der Geschichtsphilosophie auch im englischsprachigen Raum beitragen wird. Tim Rojek (Essen)

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Heikki Ikäheimo/Arto Laitinen (Eds.): Recognition and Social Ontology. Brill: Leiden/Boston 2011. xiv; 398 pp. (Social and Critical Theory.Volume 11) Was ist Sozialontologie? Wie verhält sie sich zu Hegels Lehre von der Anerkennung? Heikki Ikäheimos und Arto Laitinens einführende Überlegungen „Recognition and Social Ontology“ erläutern mögliche Bedeutungen der Sozialontologie: Sie studiere die Elemente der sozialen Ordnung oder die Gründe der Konzeptionen der sozialen Welt. In diesen Doktrinen spielt der Begriff der psychologischen, sozialen oder politischen Anerkennung, der von Hegel aufgenommenen und sodann auf verschiedene Weise rezipiert wird, eine herausragende Rolle. Wichtig ist die institutionalisierte Form der Anerkennung im Blick auf die deontische oder die angeeignete Gewalt. Wie genau diese Formen von Gewalt gemeinsam den Begriff des ‚Geistes‘ erzeugen, ist Sache der Interpretation und Darstellung. Die Beantwortung der Fragen nach dem Verhältnis von Anerkennung und sozialer Ontologie ergibt hier drei Teile: Der erste ist Hegel gewidmet; der zweite geht von Hegel über Hegel hinaus; der dritte dagegen orientiert sich an sozialen Fakten. Der erste Teil „Recognition and the Social Ontology of Personhood“ besteht aus einem Wiederabdruck Robert B. Brandoms grundlegender Studie „The Structure of Desire and Recognition: Self-Consciousness and Self-Constitution“.1 Ein Subjekt zu sein, ist Sache des normativen Status, von Verpflichtungen, welche die Person sich auferlegt. Obwohl Robert B. Pippin und Pirmin Stekeler-Weithofer auf Brandom reagieren, bietet Stekeler-Weithofer zugleich eine Kritik der Pippinschen anti-metaphysischen Analysen. Pippin interpretiert Hegel so, daß Selbstbewußtsein ein praktisches Phänomen ist, sich dieses also zu anderen Personen verhält, weil es auf sich als ein lebendiges Wesen aufmerksam wird und sich so als Ich konstituiert. Diese Konstitution ist keine metaphysische Differenzierung, sondern ein neues Sprachspiel, ‚sich‘ als Geist darzustellen. Wenn der Mensch aber kein metaphysisches Wesen hat, dann unterliegt er aber nach Stekeler-Weithofer noch immer einer kategorialen Differenzierung. Dabei geht es um dasjenige, was wir insgesamt schon wissen, um empirische Verbindlichkeiten zu formulieren. Deshalb läuft eine solche Theorie des Selbstbewußtseins auf eine Erneuerung der alten Formel der menschlichen Seele hinaus; Anschauung und Denken sind soziale Verhaltensregeln, die Anerkennung unterstellen; und diese unterstellt zugleich, daß wir wissen, wer wir eigentlich sind. Der zweite Teil „Hegel, Marx, and Beyond: Recognition, Spirit and Species Being“ beginnt mit Ludwig Sieps Beitrag „Mutual Recognition: Hegel and Beyond“. Siep beschränkt die Rolle der Anerkennung auf die Philosophie des objektiven Geistes: Werte können vermutlich nicht von diesem Begriff aus entworfen werden, so wie die Ordnung der Güter selbst nicht von ihr aus entfaltet werden kann. Deshalb ist Anerkennung zwar nötig, aber sie bietet keinen hinreichenden Grund, gerade auch weil das Leben selbst nicht aus rein-menschlicher Gewalt entsteht. Michael Quantes Beitrag „Recog-

1 Zuerst erschienen in: Philosophy and Social Criticism. 33 (2007), 1, 127–150. (DOI: 10.1177/0191 453707071389)

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nition as the Social Grammar of Species Being in Marx“ betont, wie Marxens Begriff der Anerkennung eine wesentliche und kritische Instanz zur Bestimmung der kapitalistischen Gesellschaft darstellt. Paul Redding („The Relevance of Hegel’s ‘Absolute Spirit’ to Social Normativity“) untersucht, welche Bedeutung Hegels absoluter Geist für die soziale Normativität hat: Ohne diesen erleidet Hegels Philosophie eine Reduktion, weil die metaphysische Lesart der absoluten Philosophie Hegels verlorengeht. Mit Heikki Ikäheimos Beitrag „Holism and Normative Essentialism in Hegel’s Social Ontology“ wird das Problem deutlich, wie Anerkennung und geistige Freiheit sich zueinander verhalten: Sie machen schon das Wesen der Geistigkeit aus. Drei Grundbegriffe bestimmen Hegels soziale Ontologie: konkrete Freiheit, Selbstbewußtsein und interpersonale Anerkennung. Hegel zeigt die interne Verschränkung von Individuum und sozialer Welt; sein Holimus versucht gerade, die Konstitution der Personen zu fassen. 150 Personen unterscheiden sich von einer Gruppe von Tieren; in Beziehung auf die Umwelt ist die soziale Welt des Menschen schon deshalb unterschiedlich strukturiert, weil sie eine gemeinsame Praxis des Reflektierens in Gestalt von Kunst, Religion und Philosophie ausbildet. Spezifisch für Hegel ist, daß wesentliche Kennzeichnungen unterschiedlich aktualisiert werden können; der Grad ihrer historischen Aktualisierung bestimmt die Tauglichkeit, das Gute zu befördern. Das Mensch-sein verwirklicht sein praktisches Wesen in der interpersonalen Anerkennung. Und diese wird zur Affirmation durch den Willen der anderen Person und zugleich singularisiert in sozialen Institutionen. Gleichwohl ist die Freiheit des Anderen nicht vorgegeben: Nur die wechselseitige Anerkennung stellt konkrete Freiheit her, weshalb die interpersonale Anerkennung das Herz von Hegels sozial-ontologischem Holismus sowie seines normativen Essentialismus ist. Dabei erzeugt deren Verwirklichung Normen, die auf Bedrohung und Abschreckung reagieren, aber demnach keine grundlegende Freiheit verwirklichen, als sie Feindseligkeiten aufeinander beziehen – jedoch auch Achtung und Liebe, bei denen die Anerkennung sowohl funktional als auch sittlich bestimmt ist. Der dritte Teil „Groups, Institutions, and Recognition“ ist, wie eingangs erwähnt, weitaus faktenorientierter, also reichlich kompliziert. Margaret Gilbert („Mutual Recognition and Some Related Phenomena“) beleuchtet die wechselseitige Anerkennung im pluralen Subjekt und die damit verbundenen Phänomene. Sowohl die eine als auch die andere Person sind zusammen da. Der Austausch („exchange“) begründet bzw. konstituiert den sozialen Raum oder einen Teil davon. Denn wir sind einander verpflichtet („committed“), um in Gestalt eines einzigen (eigenen, neuen und notwendigen) Leibes anzuerkennen, daß wir gemeinsam (da) sind. Obwohl die wechselseitige Anerkennung keine soziale Konvention voraussetzt, unterstellt sie dennoch den Begriff der gemeinsamen Verpflichtung („commitment“), den die meisten Adulti ohne weiteres adaptieren. Italo Testa („Social Space and the Ontology of Recognition“) unterscheidet im Begriff der Anerkennung die Reidentifikation, die Selbsterkennung und die wechselseitige Anerkennung. Anerkennende Beziehungen unterstellen immer schon bestimmte Kapazitäten innerhalb von Individuen, so daß sie zur Konstruktion des sozialen Raums übergehen können. Weil aber auch schon ein ‚animalisches‘ Sozialverhalten existiert, ist die menschliche Gesellschaft nicht nur eine kulturelle Konstruktion, sondern zugleich eine sie selbst ergänzende Kennzeichnung der biologischen Form des Lebens,

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die eine Intentionalität sui generis, die auch über sprachliche Anerkennung hinausgeht, mit sich bringt. Auf der geschichtlich-kulturellen Seite entsteht dabei eine weitere reflexive Form der Anerkennung. Diese Konstituion der wirklich sozialen Phänomene geschieht ebensowenig ex nihilo, sondern entsteht aus dem Vollzug selbst. Anerkennung ist also expressive Arbeit. Arto Laitinen unterscheidet in „Recognition, Acknowledgement, and Acceptance“ drei Phänomene von Anerkennung; dann ist aber zu fragen, ob und in welcher Hinsicht die Anerkennung der Personen notwendig oder schon zureichend ist, um die Existenz von Gruppen zu verantworten. Die wirkliche Anerkennung impliziert auch die Annahme sozialer Normen, wodurch die Person sich mit ihnen identifiziert. Für Titus Stahl („Institutional Power, Collective Acceptance, and Recognition“) besteht die institutionelle Macht gerade darin, daß sie die Nicht-Akzeptanz der vorbildlichen Normen gerade sanktionieren kann. Schließlich zeigt Vincent Descombes („The Problem of Collective Identity: The Instituting We and the Instituted We Notes“), wie das ‚Wir‘ als eine gemeinsame Identität gedeutet werden kann. Diese ist eine Voraussetzung auch für ein ‚Inklusives Wir‘, weil dies bereits von der kollektiven Identität abhängt. Hegel gibt ja keine Antwort auf die Frage nach der politischen Konstitution, die die moralische Person der Gemeinschaft formiert, weil die Konstitution keine instrumentelle sein kann. Damit betont Hegel zurecht, daß die Konstitution in der zeitlichen Existenz durch menschliche Aktivitäten erscheint, ohne deshalb erzeugt worden zu sein. Institutionen müssen ja jeweils dadurch erneuert werden, daß die Leute ihre Ziele in und mit ihnen erreichen müssen. Damit erscheint kein distributives, sondern ein ‚Kollektives Wir‘, in Gestalt dessen jeder der Institution etwas zutraut, da sie ihrerseits dem Zutrauen entspricht. Zugleich können wir nicht Institutionen angehören, wenn diese uns nicht schon in institutionalisierter Form zu einem ‚Wir‘ gemacht haben. In ihrer Vielfalt reflektieren die Beiträge des vorliegenden Bandes die Bedeutung eines Hegelschen Splitters, der wie ein Teil eines Steinbruchs weitergereicht, umgearbeitet und empirisch bereichert wird. Damit scheint dieser isolierte Gedanke zwar fruchtbar; ob aber und wie er eine grundlegende Bedeutung erreichen kann, ist nicht klar geworden. Grundsätzlich fragwürdig ist zudem, wie über eine soziale Ontologie selbstverständlich geredet werden, wenn doch eine solche Ontologie selbst einer (fast) immer zu kritisierenden Metaphysik angehört. Lu De Vos (Leuven)

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Christoph Jamme/Yohichi Kubo (Hgg.): Logik und Realität. Wie systematisch ist Hegels System? Wilhelm Fink Verlag: München 2012. 286 S. Durch die sukzessive chronologische Veröffentlichung der Vorlesungen ist die Entwicklung von Hegels Denken bis in die einzelnen Systemteile hinein besser nachvollziehbar als je zuvor. Umso schwieriger ist es hingegen geworden, das Ganze und den Zusammenhang des Systems zu durchschauen. Somit steht die innere Konsequenz des Hegelschen Systems zur Disposition. Das vorliegende Buch greift diese Problematik auf. „Wie systematisch ist Hegels System?“ – unter dieser Fragestellung präsentiert der Band Beiträge, die zurückgehen auf eine internationale Tagung, die im März 2009 an der Komazawa-Universität in Tokyo stattgefunden hat. Die dort von vierzehn japanischen und sechs europäischen (deutschen, ungarischen und schweizerischen) Hegel-Forscherinnen und -Forschern gehaltenen Vorträge machen die derzeitige intellektuelle Diskussion um Hegels Philosophie verständlich. Im Vorfeld der Tagung hat Walter Jaeschke 2005 in Japan einen einschlägigen Vortrag, der vermutlich zu dieser Fragestellung angeregt hat, gehalten. Aber die Virulenz der Thematik hat sich v. a. im spezifischen Zusammenhang der japanischen Hegel-Forschung ergeben. Die philosophische Auseinandersetzung mit Hegel in Japan hat sich bis dato an einer Vorgehensweise orientiert, die dadurch charakterisiert gewesen ist, „Hegel als Systematiker“ zu kritisieren und eine „nicht-Hegelianische“ dialektische Logik, „ohne System“, zu entwickeln. Stellvertretend für diese Richtung seien hier Nishida und Tanabe genannt. Solchen antagonistischen Positionen gegenüber Hegel sind jedoch manchmal einseitige und stereotype Interpretationen gefolgt. Aus der Reflexion auf diese Rezeptionslage hat sich denn auch die im vorliegenden Band präsente vorherrschende Tendenz in der heutigen japanischen Hegel-Forschung, welche die „Vollständigkeit“ des Hegelschen Systems nicht mehr voraussetzt, entwickelt. Ebenso finden sich hier Anzeichen einer weiteren Tendenz: Zentral ist nicht länger die immanente Rekonstruktion der Enzyklopädie, sondern es geht um die Überprüfung des Hegelschen Systembegriffs selbst. Wie der Titel Logik und Realität auch schon andeutet, verfolgen einige der versammelten Aufsätze das Interesse, das Moment des „Systemäußerlichen“ einzufangen, dieses jedoch gleichermaßen wieder auf das System zu beziehen. Der 1. Teil des Bandes (19–56) trägt den Titel „Sinn und Motive des Systems“. Im ersten Aufsatz „Das Erbe des Idealismus“ (19–28) erschließt Christoph Jamme ein neues Forschungsfeld, wenn er die Beziehung der Klassischen Deutschen Philosophie zu außerphilosophischen Wissenschaften in den Blick nimmt. Anders als unter diesem begriffsgeschichtlichen Gesichtspunkt interpretiert Yuko Mitsui in „Das Verhältnis der spekulativen Wissenschaft zu den positiven Wissenschaften im Hegelschen System“ (39–43) die Beziehung von Philosophie und empirischen Wissenschaften bei Hegel anhand der Unterscheidung von „Spekulation“ und „Vorstellung“. Hisatake Kato erkennt „Vier Motive von Hegels ‚System‘-Lehre“ (29–37): das „Plotinus“-Motiv, das „Organische Sammlung von Wissenschaften“-Motiv, das „Historische Entwicklung von Momenten“-Motiv und das „Die lineare Prozession“-Motiv, um schließlich eine provokante These zu präsentieren: Hegel „war ein Systemträumer, und weder ein Denker von den Systemmöglichkeiten noch ein Systembegründer.“ (37) Ebenfalls von einem

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kritischen Standpunkt aus fokussiert Agnes Heller das „Böse“ bei Hegel. Dieser Begriff, so Heller, enthülle eine Hegelsche Naivität, die darin bestehe, daß er Geschichte perspektivisch auf das Strukturelle reduziere und damit das Problem des „radikal Bösen“ verstelle (vgl.: „Der Begriff des Bösen und die moderne Individualität“ [45–56]). Auf diese Weise zeigt sie eine Grenze des Hegelschen systematischen Denkens auf. Das Thema des 2. Teils (57–157) lautet „Begründung und Wandlung der SystemKonzeption“. Takashi Kurihara schildert in „Die auf die Vorstellung oder ein Paar Elefanten gestützte Welt und das System der Philosophie“ (57–68) die Vorgeschichte der Hegelschen Systemkonzeption als Wandlungsprozeß der Selbstbegründung des Wissens. Auch Yohichi Kubo verfolgt in „Prinzip, Bedingung und Verfahrensweise des Hegelschen Systems. Aus den Jenaer Gedanken“ (69–82) den entwicklungsgeschichtlichen Gang des Hegelschen Systems seit der frühen Zeit und kommt zu dem Ergebnis einer Kontinuität von früher Systemkonzeption und Enzyklopädie. Die zwei kontinuierlichen Motive Hegels seien sowohl die Abgeschlossenheit des Systems als auch die Offenheit zum wirklichen Leben. Dazwischen liege das Problem der „Einleitung“. In „Das Problem der Rechtfertigung des Begriffs der Wissenschaft [sic!] in der Phänomenologie des Geistes“ (83–96) untersucht Naohito Takeshima die Rolle der Religion. Ob man es als zeitgemäß ansehe oder nicht: Hegel setze eine „Faktizität“ der christlichen Offenbarung als geschichtliche und ontische Basis der Wissenschaft. Kunio Kozu sucht in „Bewusstsein, Idee und Realität in Hegels Nürnberger Systemkonzeption“ (97–110) den Nachweis zu führen, Hegel habe eine Veränderung der Stellung des Bewußtseins und eine Neugliederung der Logik vorgenommen. Im Anschluß an diese Modifikation werde das Bewußtsein fortan als teleologische Realisierung der Idee im Bereich der Realphilosophie interpretiert. Als „Einleitung in die Wissenschaft“ komme ihm fortan eine noch schwächere Bedeutung zu, es entspreche nun dem Prozeß der Logik selbst. Aber das Problem der „Einleitung“ sei dadurch nicht gelöst worden. Ausgehend von einer Analyse der Berliner Vorlesungen vertritt Seiichi Yamaguchi in „Zur systematischen Stellung der Geschichte der Philosophie Hegels“ (111–120) die These, daß die Darstellung der Philosophiegeschichte als „Einleitung“ fungiere. Den Doppelcharakter der Philosophiegeschichte als Anfang und zugleich Ende des Philosophiestudiums deutet Yamaguchi als neuen, gleichwohl unvollendeten Versuch des Berliner Hegel, eine andere „Einleitung“ vorzubereiten. Die Geschichte der Philosophie ist ein typisches Beispiel für ein bestimmtes Problem innerhalb der Hegel-Exegese, nämlich der Konkurrenz von philosophischen und kulturgeschichtlichen Interpretationsansätzen. Erzsébet Rózsa gibt in „Individualität, Begrifflichkeit und System. Zum Status und zur Bedeutung der praktischen Individualität bei Hegel“ (121–144) einen Leitfaden, diese Divergenz zu verstehen. Sie unterscheidet zwei Dimensionen der Philosophie: einerseits eine lineare sowie statische „im System“, der sie die „Sprache des Begriffs“ zuordnet; andererseits eine flexible und dynamische, durch die „Sprache der Vorstellung“ dargestellte Dimension „am System“, nämlich in der kulturgeschichtlichen Bildung. Würden diese Strukturen in Beziehung zueinander gesetzt, ergibt sich Rózsa zufolge das Problem der „praktischen Individualität“. Im Gegensatz zu Rózsa entdeckt Fukuko Abe in „System als Erlernen der Philosophie: Zum Verhältnis zwischen der Hegelschen Erziehungsanschauung und seiner philosophischen

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Enzyklopädie“ (145–155) ausgerechnet in der Enzyklopädie eine Tendenz zum „Systemäußerlichen“. Insofern die Enzyklopädie als Kompendium eine Übersicht über das Ganze der Wissenschaften bzw. dessen „Vorstellung“ gebe, sei in dem systematischen Zusammenhang die Funktion der didaktischen „Einleitung“ bereits enthalten. Der 3. Teil (157–233) behandelt die Thematik der „Verfahrensweise des Systems“ und betrifft hauptsächlich dessen logische Seite. Andreas Arndt fragt hier nach dem Zusammenhang von „System und Methode“ (157–167). Hegels Methodenlehre könne als verlängerte Linie des Kantischen Unternehmens einer Selbstexposition der architektonischen Vernunft verstanden werden. Im Unterschied zu Kant beziehe Hegels Methodenlehre jedoch den Bereich der Geschichte und der Realwissenschaften mit ein. Die absolute Methode als die erkennende Tätigkeit i.S. der Selbstbezüglichkeit des Begriffs modifiziere sich also zu einem sich selbst „suchendenden Erkennen“ im Anders-sein. Diese teleologische Verfassung stellt eine Grundlage des gesamten Systems dar. Während jedoch Arndt Hegels Überzeugung von einer vollständigen Einsicht in den absoluten Zusammenhang der Systemteile (Logik, Naturphilosophie und Geistesphilosophie) unter der harmonisierenden Idee der „drei Schlüsse der Philosophie“ (§§ 474–477 [1817], §§ 574–577 [1830]) letztlich in Frage stellt, versucht Taiju Okochi in „System und Syllogismus“ (169–179) noch, einen immanenten Rechtsgrund dieses Zusammenhangs zu erörtern. Sein Argument zielt darauf ab, daß jedes der drei Momente eine Rolle der „Vermittlung“ spielen könne und der dynamische und vielschichtige Prozeß dieser Momente das systematische Denken allererst garantiere. Okochi stellt einen Gesichtspunkt zur Diskussion, das gewöhnliche und erstarrte Verständnis des Hegelschen Systems zu überwinden. Auf gänzlich andere Weise versucht Noriaki Akaishi in „Die Logik der Hegelschen Urteilslehre. Ein Versuch ihrer anthropologischen Interpretation“ (181–193), eine vom abstrakten Systemverständnis befreite Lektüre zu ermöglichen. Masahiro Yamaguchi sieht in der Hegelschen Systemkonzeption eine Möglichkeit, die gegenwärtige Krise des europäischen Rationalismus zu überwinden. In „Hegel und Tetralemma[.] Mit einem Blick auf das Asiatische Denken“ (195–205) sieht er Hegel mit der buddhistischen Tradition die Einsicht teilen, daß der Widerspruch ein Verhältnis sei, das eine geschlossene Sphäre ausmache und daher außerhalb dieser das dritte Urteil möglich sei sowie die Idee einer praktischen Kraft des Begriffs, das Dilemma der Ungerechtigkeit zu überwinden und einen neuen Horizont zu eröffnen. Entscheidend sei bei Hegel, daß die Spekulation als ein Begreifen der Einheit der Entgegengesetzten die Systemkonstruktion ermögliche. In „Das Problem des Widerspruchs in Hegels System“ (207–233) behandelt Kristina Engelhard dasselbe Thema, nun jedoch aus der Perspektive der gegenwärtigen Philosophie. Als eine Möglichkeit einer den Widerspruch tolerierenden Logik führt sie das Beispiel der Entdeckung der „Parakonsistenz“ in der modernen Logik sowie den Standpunkt des „Dialetheismus“ an. Im Vergleich mit diesen modernen Theorien sei die Hegelsche Auffassung des Widerspruchs durchaus einer Beschäftigung wert, nicht zuletzt deshalb, weil sie auf die Verhältnisbestimmung von Logik, Metaphysik, Ontologie und Semantik abziele. Im 4. und letzten Teil (235–286) wird „Die Systematik der Rechts- und Geschichtsphilosophie“ diskutiert. Im Rahmen der Thematisierung der Rolle der „Natur“ in Hegels Rechtsphilosophie untersucht Nobuhiro Kamiyama in „Natur und Notwendig-

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keit in Hegels Rechtsphilosophie“ (235–245) die Struktur der Freiheit. Die Hegelsche Freiheit sei zwar einerseits als die Überwindung der Natur konzipiert; dies bedeute jedoch nicht, daß sich die Freiheit jenseits der Natur verwirkliche. So versucht Kamiyama, ein konventionelles Verständnis des Hegelschen „Rechtssystems“ zu überwinden. Emil Angehrn sieht in „Geschichte und System. Die Bedeutung der Geschichte in Hegels Philosophie“ (247–258) die Aufgabe der Geschichtsphilosophie darin, die „Vernünftigkeit der Geschichte“ zu bestätigen. Die Philosophiegeschichte dagegen erweise die „Geschichtlichkeit der Vernunft“. Ungeachtet ihrer unterschiedlichen Arbeiten verdeutlichen Kamiyama und Angehrn, daß das Nachdenken über die Geschichte sowie das Begreifen der zeitlichen Gebundenheit seiner selbst keinesfalls einen Relativismus zur Konsequenz haben, sondern ein kritisches, innovatives Moment des Sich-selbst-erkennens ermöglichen. Takeshi Gonzas Beitrag „Die europäische Neuzeit als Säkularisationsbewegung – Der Realisierungsprozess der Freiheit und ihre Begründungen in Hegels Vorlesungen über die Geschichtsphilosophie 1830/31“ (259–275) argumentiert dafür, daß Hegel mit dem religiösen Grundkonzept der Menschwerdung die Geschichte der modernen Welt als Prozeß der „Säkularisierung der europäischen Neuzeit“, welche als „Projekt der Aufklärung“ philosophisch gerechtfertigt werde, schildere. Somit lasse sich die geschichtsphilosophische Doppelstruktur von systematischem und geschichtlichem Denken als „Polarität von moderner Naturrechtslehre und Historismus“ formulieren. Akira Hayase schließlich setzt sich in „Hegel und das alte Reich – Kontinuität der politischen Tradition“ (277–286) mit Hegels Verhältnis zur geschichtlichen Situation Deutschlands auseinander in der Absicht, durch die Analyse der Verfassungsschrift Hegels Zugehörigkeit zur Reichstradition aufzuweisen. Anhand der Begriffe ‚Leben‘, ‚Geschichte‘ oder ‚Kultur‘ diskutieren viele der im vorliegenden Band versammelten Beiträge das Problem der Abgeschlossenheit resp. Offenheit des Systems sowie die verschiedenen Motive, für die eine oder andere These zu plädieren. Gezeigt hat sich, daß Hegels Frage nach der „Einleitung in die Wissenschaft“ nach wie vor umstritten diskutiert wird. Auf der einen Seite kommt es darauf an zu sehen, daß der Aufwand, den Hegel betreibt, um Antworten auf diese Fragen zu finden, sein systematisches Denken charakterisiert und inspiriert hat. Auf der anderen Seite verfolgen einige Autoren eine alternative Herangehensweise, indem sie vielmehr versuchen, die Alterität des Systems gerade innerhalb des Systems selbst zu finden. So dokumentiert der Band eine solche neue Phase des Forschungsinteresses an Hegel und formuliert zugleich zukünftige Forschungsaufgaben, sind doch einige wichtige Themen noch nicht hinreichend diskutiert worden. So bliebe beispielsweise zu untersuchen, wie systematisch Hegel die „Natur“ – das Gebiet der Entäußerung der absoluten Idee – oder die „Religionen“ – als die zugleich geschichtliche sowie ungeschichtliche Sphäre der unbegrifflichen „Vorstellung“ – zu konzipieren gesucht hat. Auch ein Vergleich von Hegels Systembegriff mit traditionellen Systemkonzeptionen und -kritiken böte sich an. Schließlich wäre auch zu prüfen, ob eine erneute Rekonstruktion des gesamten Hegelschen Systems einer Kritik aus der Perspektive der Gegenwartsphilosophie standhalten könnte. Kazunobu Shimoda (Bochum/Kyoto)

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Christian Georg Martin: Ontologie der Selbstbestimmung. Eine operationale Rekonstruktion von Hegels „Wissenschaft der Logik“. Mohr Siebeck: Tübingen 2012. XIII, 692 S. Mit seiner 692 Seiten umfassenden Studie Ontologie der Selbstbestimmung unternimmt Christian Georg Martin den Versuch, Hegels Wissenschaft der Logik als eine „Theorie immanenten Fortgangs“ (21) zu rekonstruieren. Das Anliegen dieses anspruchsvollen Projekts besteht darin zu klären, 1. in welchem Sinn von Hegels Wissenschaft des reinen Denkens als einer Ontologie, und zwar einer kritischen Ontologie zu sprechen sei, die als solche voraussetzungslos sein müsse, und 2. inwiefern diese Ontologie als eine Theorie der Selbstauslegung oder Selbstbestimmung zu verstehen sei, deren Motor die Operation der selbstbezüglichen Negation darstelle. Ontologie ist die Logik Martin zufolge deshalb, weil sie aus dem Begriff der reinen Unbestimmtheit als einem „Minimalbegriff des Seins“, den er auch als reines Daß bezeichnet, ihre Bestimmungen entwickle, also mit Bestimmungen des Seins ihren Anfang nehme (6; 12). In diesem Anfang der reinen Unmittelbarkeit, so Martin weiter, liege zugleich auch das kritische Potenzial dieser Ontologie. Denn insofern darin der Unterschied von Denken und Sein aufgehoben sei, lasse Hegel anders als die vorkritische Ontologie und Metaphysik zunächst einmal offen, in welchem Verhältnis Sein als „weltseitiger Bestimmtheit“ zum Denken als „subjektseitiger Artikulation“ des Seins stehe; Hegel setze also weder die Unabhängigkeit des Seins vom Denken noch umgekehrt die Erschließbarkeit des Seins nur im Denken einfach voraus. Dagegen wäre einzuwenden, daß es einen wesentlichen Unterschied macht, ob das Verhältnis von Denken und Sein zunächst unbestimmt bleibt oder ob sogleich der Unterschied beider Seiten aufgehoben wird; denn in diesem Fall kann überhaupt nicht mehr von einem – wie auch immer bestimmten – Verhältnis des Denkens und Seins gesprochen werden. Wenn Martin nun aber gerade das „Einklammern“ des Unterschiedes von Denken und Sein zur Bedingung für ihr zunächst unbestimmt bleibendes Verhältnis macht, dann stellt sich die Frage, wie ein immanenter Fortgang von der Leere oder reinen Unbestimmtheit der absoluten Unterschiedslosigkeit zu einer Sphäre der Bestimmtheit, die sich konkreter zu einem bestimmten Verhältnis von Denken und Sein entwickelt, möglich sei. Daß Hegel eben dies zu leisten beansprucht, soll selbstverständlich nicht bestritten werden. Aber es bleibt doch fraglich, ob sich dieser Anspruch eines voraussetzungslosen Anfangs der Logik rechtfertigen läßt; v. a. aber muß darin nicht die Bedingung für ein angemessen begründetes Verhältnis von Sein und Denken, von Realität und Begriff gesehen werden. D. h., es geht gerade im Kontext der Hegelschen Philosophie nicht eigentlich darum, einen dem Unterschied von Denken und Sein vorausliegenden Anfang zu erweisen, sondern darum zu zeigen, daß gerade unter Voraussetzung dieses Unterschiedes eine Entwicklung in Gang gesetzt wird, durch die sich das Verhältnis beider Seiten gleichsam selbst reguliert. Und Martin verfolgt in seiner Studie denn auch noch eine andere tragfähigere Linie, um Hegels spezifische Auffassung des Verhältnisses von Denken und Sein zu stützen. Doch zunächst einmal soll ein Blick auf seinen von ihm als wesentlich betrachteten Rechtfertigungsversuch der Voraussetzungslosigkeit des logischen Anfangs geworfen werden. Die Grundschwierigkeit dieser sehr aufwendigen Argumentation besteht darin, daß Martin einerseits die

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Uneinholbarkeit der reinen Unmittelbarkeit oder des „an ihm selbst Unterschiedslosen“ durch ein wesentlich vermittelndes Denken klar diagnostiziert, andererseits aber gerade dieses Wissen um die verstellende Wirkung vermittelnder Operationen zum Vehikel einer „reflektierten Tilgung von Vermittlung“ machen will; denn auf diesem Weg eines reflektierten Tilgens oder Durchstreichens von Vermittlung könne zwar das Denken selbst nicht vermittlungslos, aber das an sich Vermittlungslose denkbar werden. Voraussetzung dieser Überlegung ist Martins Vergleich des Standpunkts der Unmittelbarkeit mit dem Standpunkt einer relativen Naivität: Naiv sei, „wer sich bestimmter Unterscheidungen nicht bewusst ist.“ Der logische Anfang mit dem absolut Unmittelbaren sei folglich der Standpunkt absoluter Naivität als des „vollkommen Unterscheidungsund Bestimmungslosen“ (vgl. 66). Nun sind nicht zu Bewußtsein gebrachte Unterscheidungen nicht etwa grundsätzlich fehlende, sondern lediglich noch nicht explizite Unterscheidungen. Martins Vergleich liefe in der Konsequenz also darauf hinaus, die vollkommene Unterschiedslosigkeit nicht als absolute Leere, sondern als noch nicht ausdrücklich gewordenes Unterscheiden und Bestimmen zu verstehen, um welches das Denken grundsätzlich immer schon weiß, das es aber in einem Akt der Reflexion aufhebt, um so die Bestimmungslosigkeit noch nicht expliziter Bestimmtheit zu denken. Das aber führt nicht zum Denken eigentlicher Voraussetzungs- bzw. Vermittlungslosigkeit, sondern zum Denken gleichsam nur zugedeckter Vermittlung. Die Versuche Martins, durch Tilgen aller Vermittlung das absolut Vermittlungs- und damit Bestimmungslose denkbar zu machen, sind denn auch dadurch gekennzeichnet, dieses nie vollständig aus der Sphäre der Bestimmtheit lösen zu können. Da ist zunächst die These, daß die Bezeichnung der unbestimmten Unmittelbarkeit des Anfangs mit dem Ausdruck Sein insofern keine willkürliche sei, als Sein „den gemeinsamen Minimalsinn von existenziellem und veritativem Sein“ bilde (67). Unter „Minimalsinn“ versteht Martin, daß Sein „nicht verfrüht“ oder „noch nicht“ in diesem konkreteren Sinn eines existentiellen Seins (d.i. das Daß von etwas Bestimmtem) oder eines veritativen Seins (d.i. das Daß von etwas Bestimmtem als Bestimmtem) gedacht werden dürfe. Damit jedoch sind diese beiden schon der Sphäre der Bestimmtheit zugehörenden Sinne von Sein als unausdrückliche Gestalten des reinen Seins des Anfangs gekennzeichnet, also als Gestalten, die schon als solche des reinen Seins gewußt, aber zunächst noch durchgestrichen sind. Ein weiteres Beispiel solcher nicht beabsichtigter Anbindungen des rein unmittelbaren Seins an Gestalten oder Operationen von Vermittlung besteht in Martins These, daß in der Ununterscheidbarkeit von Sein und Nichts, die ja daraus resultiert, daß beide nichts weiter als unbestimmte Unmittelbarkeit bezeichnen, gleichwohl die Zweideutigkeit einer „reinen und einer negativen Unbestimmtheit“ aufscheine. Diese Zweideutigkeit sei zwar noch keine Gestalt von Negation bzw. Vermittlung, aber wohl eine „negativ getönte Unmittelbarkeit“ (56). Mit diesem Ausdruck wird allerdings nicht der voraussetzungslose Anfang der unbestimmten Unmittelbarkeit gedacht, sondern die äußerste Reduktion der seinslogischen Kategorien Realität und Negation umschrieben. Doch Martin selbst zeigt, gewissermaßen in einem zweiten Zugriff auf die Logik, daß es eines voraussetzungslosen Anfangs nicht bedarf, ja daß es einen solchen Anfang nicht geben kann, wenn das Verhältnis von Denken und Sein in adäquater Weise erfaßt

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werden soll. Ausgehend vom Ende der Logik, also von einem Standpunkt, auf dem dieses Verhältnis schon zur Einheit entwickelt ist, analysiert er, was genau unter dieser Einheit zu verstehen sei: Es komme, so führt er aus, weder dem reinen Sich-bestimmen des Begriffs ein von der Realität natürlichen und geistigen Seins abgetrenntes Ansichsein zu noch bestehe diese natürliche und geistige Realität unabhängig vom Begriff; und d. h. Martin zufolge nicht nur, daß der Begriff die innere Struktur der Realität ausmache, unabhängig davon, ob diese Struktur gedacht oder nicht gedacht werde, sondern daß Realität geradezu darauf angelegt sei, ihrer inneren Struktur nach gedacht, also begrifflich artikuliert zu werden und sich dadurch wesentlich als selbstbezüglich zu erweisen. Und dieses Ineinandergreifen, dieses wechselseitige Ineinanderübergehen von Begriff und Realität macht rückwirkend doch deutlich, daß es einen Standpunkt jenseits ihrer Unterschiedenheit nicht geben kann, daß sich das Denken vielmehr schon immer in diesem Unterschied befindet und zu zeigen bzw. nachzuvollziehen hat, in welcher Weise die eine auf die andere Seite bezogen ist. Und in diesem Sinne kann Hegel denn auch, den Anspruch eines voraussetzungslosen Anfangs relativierend, sagen: „Das Wesentliche für die Wissenschaft ist nicht so sehr, daß ein rein Unmittelbares der Anfang sey, sondern daß das Ganze derselben ein Kreislauf in sich selbst ist, worin das Erste auch das Letzte, und das Letzte auch das Erste wird.“ (GW 21, 57) Von hier aus erst wird Martins Deutung der Wissenschaft der Logik als einer Ontologie der Selbstbestimmung einsichtig: Ontologie ist sie, insofern sie im seins- und wesenslogischen Prozeß zunächst gegenstandsbezogene Kategorien entfaltet. Insofern diese Entfaltung von den Kategorien selbst her erfolgt, ist sie zugleich eine Ontologie der Selbstbestimmung, die als solche jedoch erst im begriffslogischen Prozeß durchsichtig wird und „die Vollgestalt dessen [ausmacht], was dazu, dass überhaupt etwas ist, notwendig dazugehört“ (215). Martin beschreibt also auch die gegenstandsbezogenen Kategorien der objektiven Logik als Gestalten selbstbezüglichen Negierens, den logischen Prozeß somit als solchen, in dem von Anfang an auch das subjektive Prinzip der Selbstbeziehung wirksam sei. Der Begriff schließlich, in dem Selbstbeziehung zur Gestalt absoluter Selbstvermittlung entwickelt ist, lege sich notwendig zu prototypischen physikalischen, chemischen und biologischen Organisationsformen aus, die sich ihrerseits im natürlichen und geistigen Sein realisieren müssen. Damit hat Martin sowohl den logischen Prozeß selbst als auch das Verhältnis von Logik und Realphilosophie als einen Kreislauf von Sein und Gedacht-sein analysiert, in dem es reine Vermittlungslosigkeit nicht geben kann. Und darin, nicht in der These der Voraussetzungslosigkeit des logischen Anfangs, liegt der sehr starke Aspekt seines beeindruckenden Projekts einer Rekonstruktion der gesamten Logik Hegels. Catia Goretzki (Bochum)

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Angelica Nuzzo: Memory, History, Justice in Hegel. palgrave macmillan: New York, NY 2012. xi, 211 pp. „Does memory play a role in Hegel’s argument? With the recent debate in mind, I am interested in assessing Hegel’s contribution to the question of whether memory can be the basis of history or do we rather need to think of history as generated by a different principle than memory – a principle that is perhaps less partial, less ideological, less subjective.“ (1) Im Anschluß an die aktuelle Debatte über das Verhältnis von Geschichte und Erinnerung setzt Angelica Nuzzos Memory, History, Justice in Hegel bei diesen Fragen an: Spielt die Erinnerung für die Entstehung einer politischen Gemeinschaft eine grundlegende Rolle? Wie ist das Spannungsverhältnis zwischen Erinnerungskultur und objektiver Geschichtsschreibung zu lösen? Der gegenwartsnahe Bezug zu den Reflexionen Funkensteins, Yerushalmis, Margalits und Noras ist offensichtlich, auch hinsichtlich des oft beschriebenen fehlenden Geschichtsbewußtseins in der zeitgenössischen Welt. Es gilt zu begreifen, inwieweit die Erinnerung gegenüber der Geschichte eine leitende Funktion ausüben kann oder vielmehr manchmal Risiko läuft, die Geschichte zu unterminieren. Schon Hegel hatte diese Doppelnatur der Erinnerung erfaßt, die ihn in den späten Schriften – dies ist die These der Autorin – zu der Vorstellung einer dialektischen Erinnerung führte, verstanden eher als Befreiungsprozeß denn als Blick zurück auf die Vergangenheit. Die Hinwendung zu Hegel ist für Nuzzo also keine fachphilosophische Pflichtübung, sondern der Versuch, die ermüdete Debatte über den vermeintlichen Providenzialismus, Triumphalismus und Panlogismus von Hegels Geschichtsphilosophie zur Seite zu schieben und durch eine innovative und stimulierende Lesart zu ersetzen. Mit diesem Buch führt Nuzzo ihre bisherigen Arbeiten zu diesem Thema fort und spitzt sie gekonnt zu. In diesem Sinne vollzieht die Autorin zwei große Brüche gegenüber der Tradition in der Forschung: Einerseits beschließt sie, die Vorlesungen zur Philosophie der Geschichte nicht zu berücksichtigen, über die – ihrer Ansicht nach – bereits zu viel diskutiert worden sei, um ausschließlich den von Hegel selbst veröffentlichten Schriften das Wort zu geben; andererseits hebt sie jede monolithische Interpretation von Hegels Denken aus den Angeln, indem sie in seinem Werk zwei unterschiedliche Modelle der Geschichte aufweist. Nuzzo widmet die Kapitel ihres Buches deshalb der Phänomenologie des Geistes (Kap. I), der Logik (Kap. II), der Enzyklopädie (Kap. III und V) und der Rechtsphilosophie (Kap. IV). In diesen Werken macht sie die zwei Modelle aus, auf die die Beziehung zwischen Erinnerung und Geschichte zurückgeführt werden kann: Das erste findet sich in der Phänomenologie, in der die Geschichte durch ethical memory geleitet wird. Das zweite, sich in den Spätschriften entwickelnde Modell sieht das Leitprinzip der Geschichte in der Gerechtigkeit. Wendepunkt zwischen beiden Modellen, die Nuzzo für unvereinbar hält, ist die Überwindung der klassischen Metaphysik durch eine neue Vorstellung der Logik. Ausgangspunkt ist jedoch, noch vor der Behandlung der einzelnen Werke, die Untersuchung der „Funktionsweise der Erinnerung“ (working of memory). Bei der Entstehung des subjektiven Geistes sind die Bilder, Vorstellungen und Gefühle noch unbewußt, sie sind im „nächtlichen Schacht“ (GW 20, § 453 Anm.) versenkt, und die Arbeit

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der Erinnerung besteht darin, den unbewußten Inhalten einen Sinn zu verleihen, sie aus diesem „Reich der Bilder“ (GW 8, 190) herauszureißen und den Prozeß der Subjektivierung zu beginnen. Dies geschieht dank der dialektischen Arbeit der Erinnerung. Als Ent-äusserung unterscheidet die Erinnerung bekanntlich, indem sie sie zu Bewußtsein bringt, die Inhalte und Bilder, welche die Erinnerung selbst – dieses Mal als Verinnerlichung verstanden – bewußtlos aufbewahrt hatte. Über eine gewöhnliche Bedeutung der Erinnerung als Andenken hinaus besteht Nuzzo auf deren Fähigkeit, neben den erinnerten Inhalten auch das erinnernde Subjekt zu verwandeln. Von daher der Rückgang auf die reflexive Form des Sich-Erinnerns als Morgenröte des Bewußtseins. Wie Hegel in den Jenaer Systementwürfen schreibt: „ich er innre mich; ich sehe, höre nicht bloß den Gegenstand, sondern gehe dabey innerhalb meiner – er innre – mich, nehme mich aus dem blossen Bilde heraus, und setze mich in mich; ich setze mich besonders zum Gegenstande.“ (GW 8, 188) Als zentralen Punkt ihrer Arbeit unterstreicht Nuzzo, daß dieser Vorgang nicht nur psychologisch, sondern – wie bei Marcuse – als eine ontologische Gesamtbewegung des Geistes interpretiert werden müsse. Diese „Funktionsweise der Erinnerung“ kreuzt sich mit der Vorstellung der Geschichte. In der Phänomenologie öffnet ethical memory zum ersten Mal die geschichtliche Wirklichkeit des Geistes, und zwar dadurch, daß sie die Ereignisse vor der mit Zeit und Tod verbundenen Zerstörung und Auflösung rettet, ihnen die Form der Erinnerung verleiht und sie in der Gemeinschaft als deren Bindemittel verweilen läßt. „Ethical is the memory that gives historical reality and significance – and hence historical fulfillment – to the contingency of individual existence by re-inscribing it into the broader collective context in which such existence becomes ethical life.“ (30) Auf dem Weg der Phänomenologie entsteht die Geschichte als Ergebnis kollektiver Erinnerung, paradoxerweise durch einen urgeschichtlichen Akt, der den Fluß der Veränderung innerhalb der Grenzen einer „unveränderlichen“ Gestalt festlegt. Antigone, der Terror des Jakobinismus, der Tod Christi sind Ausdruck dieser Arbeit der Erinnerung, die durch den Tod des Individuellen der Gemeinschaft einen neuen Sinn gibt. Aber die Partialität dieses Modells, derer sich Hegel bereits auf den Schlußseiten der Phänomenologie bewußt zeigt, besteht in der Unfähigkeit, den Widerspruch zwischen der Zeitlichkeit der Ereignisse und dem Streben nach dem Ewigen der Erkenntnis aufzulösen. Aus diesem Grund führe Hegel am Ende des Werkes aus dem Jahr 1807 eine neue Form der Geschichte ein: die begriffene Geschichte. Die Erinnerung wird so zu einer rein logischen Bewegung, d. h. einer logischen oder dialektischen Erinnerung, und eröffnet eine Dimension der Zeitlosigkeit (Kap. II). In der Logik geht Hegel dann einen Schritt weiter. Die Welt der Logik, die er als Schattenreich bezeichnet – Schatten, weil nicht auf die sinnliche Materie bezogen –, markiert eine deutliche Distanz zum Platonischen Modell. Denn die konstitutive Rolle der Logik führe zu keiner Ent-historisierung. Nuzzos Ziel ist vielmehr aufzuweisen, daß Hegels Modernität die Fähigkeit besitzt, den historischen Prozeß in den dialektischen Strukturen der Logik zu verankern (vgl. 19). Gerade durch seine Existenz im Schattenreich lerne das Denken verantwortlich zu sein, jeden Inhalt zu umfassen und ihm die Erkennbarkeit der Wahrheit zu verleihen, Werte einzurichten. „In Hegel’s inverted Platonism, logical memory is the dynamic activity of mediation that connects the shadow

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to the object that casts it, bringing to the fore the way in which the shadow gains the consistency of reality without being identical with any of the empirical manifestations or instantiations of the idea“. (55) Die Erinnerung erfüllt so die Funktion der Methode, sie setzt das Sein als den Beginn, den Ursprung und die Grundlegung der gesamten logischen Entwicklung. In diesem Übergang nimmt die Weltgeschichte eine zentrale Rolle ein.Von daher Hegels Verweis auf Schillers Wort von der Weltgeschichte als dem Weltgericht. Subjekt ist nicht mehr der ethische Staat, dessen Grundsatz die ethische Erinnerung ist, sondern der politische Staat, der in der Rechtsphilosophie und Enzyklopädie eingeführt wird, dessen Prinzip die Gerechtigkeit ist. Das Gericht der Geschichte urteilt jedoch nicht auf der Grundlage der Macht des Geistes, d. h. der irrationalen Notwendigkeit des blinden Geschicks, sondern im Ausgang von der Notwendigkeit und der Vernünftigkeit, die vom Begriff herrühren und mit der Entwicklung der Freiheit verbunden sind. Da es der Erinnerung nicht gelungen ist, der Geschichte gerecht zu werden, wird nun die Geschichte zum Maß der Gerechtigkeit und der Wahrhaftigkeit der Erinnerung. In diesem Sinne ist die Geschichte nicht der Ort der Versöhnung (Hegels Ziel ist gewiß nicht der ewige Frieden), sondern ein solcher des Konflikts, des Widerspruchs: nicht der Ort der Wiedervereinigung, sondern der zerstörenden Bewegung der Ur-teilung (hiermit steht Hegels Lob des Krieges als Heraklitisches Prinzip des Lebens im Zusammenhang). Hegels Wahl, die Grundlegung der Geschichte in der dialektisch-spekulativen (und nicht transzendentalen) Logik auszumachen, ist nach Nuzzo ein Modus, der verhindern kann, daß eine metaphysische, theologische oder auch moralische Annahme zur entwicklungsleitenden Basis gemacht werde. „[T]his leads Hegel, among other things, to replace the metaphysical or mythical search for origins with the issue of the beginning and dynamic genesis of historical processes; to replace eschatological ideas of a final end of history with the systematic issue of the end of the system of philosophy […].“ Hegel zeige außerdem die „openendedness and always conflicted nature of historical processes“ (19). So gelangt Hegel in der Enzyklopädie (1830) zur Erinnerung des absoluten Geistes, zum Denken der Geschichte, das zum „Wissen des absoluten Geistes“ wird. „It is in history and through the activity of history that objective spirit gains knowledge of itself and recollects itself as absolute spirit consigning its knowledge to the memories of absolute spirit.“ (129) Dies geschehe durch die Formen des Kunstwerkes, der religiösen Vorstellung und des Begriffs. Außerhalb der Hegelschen Texte exemplifiziert Nuzzo den Sinn der Erinnerung des absoluten Geistes durch Verweise auf zwei Autoren des 20. Jh.s: Toni Morrison und Primo Levi. Bei Morrisons Diskurs über die Sklaverei und Levis Rede von den „Untergegangenen“ handele es sich nicht um die individuelle Erzählung der Protagonisten, sondern um das Instrument, welches es dem Geist erlaube, sich auszudrücken, sich selbst kennenzulernen und nicht in Vergessenheit zu versinken. Nuzzo gelingen hier schöne und tiefgreifende Beobachtungen, die es gestatten, den Geist, der die Hegelsche Philosophie leitet, mit neuen Augen zu betrachten. Der Schluß, zu dem die Autorin gelangt, ist die Überlegenheit jenes zweiten, auf der Gerechtigkeit basierenden Modells gegenüber dem ersten, das Opfer ideologischer Konditionierungen werden kann. Auch wenn Nuzzo die Relevanz ihrer These für die

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aktuelle Debatte um das Verhältnis von Geschichte und Erinnerung nur andeuten kann, macht sie wichtige Anregungen, die fruchtbar zu machen sind. Das zweite Modell unterwirft die Erinnerung der tatsächlichen Autorität der Geschichte, der Objektivität der historischen Wahrheit, der historischen Gerechtigkeit. Dadurch daß die Geschichte auf der Gerechtigkeit gegründet wird, befreie Hegel sie von der Erinnerung und der Moralisierung, nach der diese verlange. Dies bedeute jedoch nicht, daß die Pflicht, sich zu erinnern, damit irrelevant würde, sondern nur, daß nicht sie das Problem darstellt, mit dem die Geschichte (als historia rerum gestarum und res gestae) sich zu messen habe. M. a.W.: Nicht die Geschichte hat sich dem Problem einer Ethik der Erinnerung zu stellen, sondern der absolute Geist (vgl. 168). Auch wenn dieser Begriff einer ideologiefreien Gerechtigkeit nicht unproblematisch erscheint, zeigt die Autorin mit ihrer Fähigkeit, die traditionelle Deutung, welche Geschichte und Erinnerung verbindet, durch Einführung des Themas der Gerechtigkeit umzukehren, nicht nur, inwieweit Hegel ein zeitgenössischer Philosoph bleibt, sondern auch, daß eine aufmerksame Leserin und scharfsinnige Interpretin etwas Neues über einen der meist besprochenen Denker der Philosophiegeschichte zu sagen hat. Stefania Achella (Chieti-Pescara) (Übersetzung aus dem Italienischen: Steffen Wagner)

Michael Quante: Die Wirklichkeit des Geistes. Studien zu Hegel. Mit einem Vorwort von Robert Pippin. Suhrkamp: Berlin 2011. 356 S. In seiner Antrittsvorlesung L’ordre du discours des Jahres 1970 reflektiert Michel Foucault an einer Stelle über das ‚Problem Hegel‘: „Aber um Hegel wirklich zu entrinnen, muß man ermessen, was es kostet[,] sich von ihm loszusagen; muß man wissen, wie weit uns Hegel insgeheim vielleicht nachgeschlichen ist; und was in unserem Denken gegen Hegel vielleicht noch von Hegel stammt; man muß ermessen, in wie weit auch noch unser Anrennen gegen ihn seine List ist, hinter der er uns auflauert: unbeweglich und anderswo.“1 Das Zitat zeigt eindrucksvoll, wie die Hegel-Rezeption immer schon zwischen Ehrfurcht und Angst, epigonalem Angezogen-sein und ideologischer Abstoßung hin- und hergeschwankt ist, ohne durchgängig ein angemessenes Verhältnis zu ihrem Gegenstand zu finden. Michael Quantes neues Buch stellt demgegenüber den sehr gelungenen Versuch dar, die ‚Aktualität‘ Hegels sowohl neu zu begründen als auch vor falschen Verdammungen und Affirmationen zu schützen. Bereits die „Einleitung“ macht deutlich, daß Quantes Anliegen darin besteht, „Hegels Philosophie des Geistes für zentrale Fragen der Gegenwart fruchtbar zu machen“

1 Michel Foucault: Die Ordnung des Diskurses. Frankfurt a. M. 1991. 44. (Frz. Originalausgabe: L’ordre du discours. Paris 1971. 74 f.)

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(21). Die Frage nach den „attraktiven Zügen“ (22) von Hegels Denken aber, das stellt der Verf. klar, läßt sich oft nicht trennen von Bestandteilen, die seiner Ansicht nach unhaltbar geworden sind – wie z. B. der alternativlose Letztbegründungsanspruch des Systems, der beinahe als Leitmotiv der Kritik an Hegel im gesamten Buch auftaucht. Hingegen sind z. B. Hegels Weigerung, Philosophie auf naturwissenschaftliche Erklärungsmodelle zu reduzieren (ein deutlicher Hinweis an heutige theory-of-mind-Denker), seine sozial-externalistische Konzeption des Geistes oder auch sein komplexer Freiheitsbegriff für Quante noch immer bedenkenswerte Theorievorschläge. Für den Leser bemerkenswert an der „Einleitung“ ist die Souveränität, mit der Quante hier auf engstem Raum (22–32) zugleich die wesentlichen Grundbegriffe und methodischen Ansprüche Hegels in einer selten erreichten Lesbarkeit aufbereitet. Im ersten Teil „Zwischen Metaphysik und Common Sense“ zeigt der Verf. zunächst überzeugend und en détail (37–64), wie John McDowells Mind and World nicht (wie von McDowell selbst betont) aus Kantischen, sondern deutlich aus Hegelschem Denken heraus konzipiert ist. Wo nämlich McDowell die zugrundeliegende Einheit von erster und zweiter Natur, d. h. Natur und Geist, nicht mehr plausibel begründet, sondern immer schon voraussetzt und zugleich nicht bis auf ihre Konsequenzen hin durchdenkt, bietet zumindest Hegel im Modell substantieller Subjektivität und ihrer Selbst- und Fremdbezugsbedingungen eine Rahmentheorie an, um die immer schon vorliegende Einheit von Begriff und Welt auch plausibel zu machen. In einem nächsten Schritt widmet sich der Verf. v. a. den epistemologischen und ontologischen „Grundprinzipien“ (24) von Hegels Philosophie, die dabei einer Kritik unterzogen werden. Allerdings hegt die Rezensentin starke Bedenken gegenüber der Behauptung solcher „Grundprinzipien“ in Hegels Philosophie, wenn diese im engen Sinn als axiomatische, „metaphysische Prämissen“ (23) verstanden werden. Hegels Philosophie ist gerade deshalb auch so interessant, weil sie ohne solche Grundannahmen auskommt und alle ontologischen wie epistemologischen Axiome erst im Durchgang des Denkens zu entwickeln und zu kritisieren versucht. Der Verf. selbst zeigt dies sehr wohl, wenn er Hegels Philosophie „therapeutisch“ liest und hierfür eine originelle und kleinteilige Nomenklatur „therapeutischer und konstruktiver Philosophie“ entwirft, d. h. einer Philosophie i. S. eines Kurierens leiderzeugender Mißverständnisse wie z. B. desjenigen letzter Grundannahmen sowie als Problemlösungskompetenz für eben solche Denkgrenzen. Der zweite Teil „Der Geist und seine Natur“ diskutiert die besondere Weise des Natur-Geist-Verhältnisses bei Hegel v. a. vor dem Hintergrund der aktuellen Frage, in welcher Weise Hegels Denken anschlußfähig für die anglophone „theory of mind“ sein könnte. In zwei close readings zentraler Passagen aus der Phänomenologie des Geistes („Beobachtende Vernunft“) und der Enzyklopädie (§ 381) sowie kontrastiv dazu in einer Diskussion der ontologischen Optionen der gegenwärtigen philosophy of mind (Substanzendualismus vs. superveniente Schichtung) zeigt Quante überzeugend auf, daß Hegels Angebot gerade als Alternative zu den Beschränkungen und Problemen des durch Naturalismus, Reduktionismus und Szientismus gekennzeichneten zeitgenössischen Nachdenkens zu sehen ist. Der dritte Teil „Die Objektivität des Geistes“ nimmt das Problem dualistischer Begriffstraditionen und ihre Hegelsche Kritik auf, als er nun im Übergang zu Hegels prak-

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tischer Philosophie anstelle des bisher diskutierten Gegensatzes von Geist und Natur die von Hegel in seiner Rechtsphilosophie gründlich aufgelöste Opposition von Subjekt und Gesellschaft, Individuum und Recht erörtert. Quante macht klar, daß Hegels Konzept von „Persönlichkeit“ und „Person“ nur im Rahmen seiner Theorie des Willens verstanden werden kann, welche den Zusammenhang des objektiven Geistes fundiert und überspannt. Die letzten beiden Teile dieses Kapitels sind einer Analyse des Hegelschen Handlungsbegriffs vorbehalten, mit der Quante an seine eigene große Arbeit zu Hegels Handlungsbegriff 2 anschließt und diese weiterentwickelt. Hier wird erneut der kritische Gegenwartsbezug deutlich herausgestellt: Gegen szientistisch-naturalistische Handlungstheorien analytischer Provenienz, die Handeln als Problem „mentaler Verursachung“ im Spannungsfeld des Körperlichen und des Geistigen konzeptualisieren, macht Quante mit Hegel den elementaren sozialen Charakter von Handlungen überhaupt stark. Nicht eine subjektive Kausalität aus Absicht, sondern eine komplexe Praxis sozialer Anerkennung und Zuschreibung konstituiert Handeln fundamental. Realisierung von Handeln ist nicht zuerst und notwendig auf die Bedingung subjektiver Intention, sondern auf die sozialen Kontexte als Regeln und Institutionen angewiesen, die Anerkennungsstandards definieren, nach welchen wir eine Tat als Handlung verstehen. Quante führt anhand der begrifflichen Elemente des Handelns (Struktur der Handlung, des Handelnden, der Absicht, der intersubjektiven Anerkennung) konzis vor, wie in Hegels Theorie des Handelns das Innere und das Äußere, die Subjektivität und der soziale Kontext nicht erst mühsam zusammenfinden müssen, sondern immer schon durch einander sich konstituiert finden. Die Untersuchung der dabei wesentlichen Rolle einer Praxis der „Verantwortung“ komplettiert schließlich diesen Teil. In der Analyse der „Arten der Zurechnungsfähigkeit“ von Handlungen sowie der Entschuldigungsstrategien macht der Verf. nochmals deutlich, wie das Evaluative und Normative überhaupt bei Hegel als Praxen von Anerkennung und Zuschreibung definiert sind, auch wenn in ihnen kognitive Elemente des Wissens und der Einsicht stets präsent bleiben: etwas, das Quante „Hegels kognitivistischen Askriptivismus“ (224) nennt. Der vierte Teil des Buches trägt einen Titel, der eigentlich sehr gut zu dem ganzen Buch gepaßt hätte: „Die Aktualität der Hegelschen Philosophie des Geistes“. Genauer wird sich hier nun erneut dem Verhältnis von individueller Autonomie und sozialem Ganzen bzw. den Interaktionsbedingungen zugewandt. Auch in der noch stets gegenwärtigen Debatte um Liberalismus und Kommunitarismus in der politischen Philosophie weiß Hegels Denken (das zeigt das nachfolgende Kapitel) Reflexionspotentiale freizusetzen: Damit wird v. a. der Popper’sche Totalitarismus-Vorwurf an Hegel kritisiert. Quante liefert eine klare und operationalisierbare Unterscheidung von „Individualismus“ und „Holismus“ in der Sozialphilosophie (257 ff.), um sodann zu zeigen, wie Hegel gerade die Einseitigkeiten des abstrakten Gegensatzes zu überwinden vermag. Als „vertikaler Holismus, der mit einem liberalen Kommunitarismus kombiniert ist“ (264), ermöglicht es Hegels komplexer und umfassender Begriff des Willens als Prinzip der

2 Michael Quante: Hegels Begriff der Handlung. Stuttgart-Bad Cannstatt 1993. (Spekulation und Erfahrung. Texte und Untersuchungen zum Deutschen Idealismus. Abteilung II: Untersuchungen. Band 32)

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sozialen Welt im Ganzen und seiner einzelnen Elemente, die individuelle Autonomie nicht zu vernachlässigen und ebenso ihre Abhängigkeit von den sozialen Institutionen zu denken, in denen sie sich zugleich als Freiheit verwirklicht hat. Hegels Sozialphilosophie enthält so die Aufforderung zu einem sozial-ethischen Realismus: Entfremdungsund Verdinglichungserfahrungen des Ich nicht hysterisch zu überschätzen und gegen die Gesellschaft zu verselbständigen, sondern stets auf den Zusammenhang der sozialen Gründe hin zu durchleuchten, durch den sie hervortreten und der in zahlreichen Perspektiven Verwirklichung von Freiheit bleibt. Die vom Verf. allerdings unbeantwortete Frage einer Kritischen Theorie ist natürlich trotzdem weiterhin diese, worin dann genau der Maßstab liegen soll, Entfremdung und Verdinglichung, mithin alle Formen sozialer Gewalt in ihrer Unangemessenheit zu bestimmen und sich denkend und handelnd dagegen zu verwahren – oder ob so nicht letztlich durch einen Perspektivwechsel jede Entfremdung als scheinbar kleiner Teil eines funktionierenden – weil Freiheit strukturell verwirklichenden – Ganzen gerechtfertigt ist. Quante sammelt Evidenzen für eine Autonomie philosophischer Argumentation gegenüber den Naturwissenschaften bzw. naturwissenschaftlich-szientistischer Philosophie, indem er mit Hegel die Unterschiede philosophischer Problemlösung herausarbeitet und offensiv als Alternative verteidigt. Bemerkenswert ist dabei die akademische ,Courage‘, gegen die „Scholastik der gegenwärtigen analytischen Philosophie des Geistes“ (145) vorzugehen und unermüdlich immer wieder am konkreten Beispiel, wo es berechtigterweise angezeigt ist, deren scheinbar unhinterfragte Autorität sorgfältig zu kritisieren. Dabei stellt der Verf. zu Recht nicht die beliebte Frage, wo Hegel für gegenwärtige Probleme der analytischen Philosophie hilfreich und aktualisierbar ist, sondern er fragt umgekehrt von Hegel aus, ob die darin vorausgesetzte Selbstverständlichkeit analytischer Philosophie nicht anhand von deren Unzulänglichkeiten im Lichte Hegels in Richtung auf Hegel erweitert und angepaßt werden müsse. Und doch zeigen die einzelnen Kapitel immer wieder (vgl. insbesondere Kap. 14.3 „Probleme der Hegelschen Philosophie“ [324–326]), daß Quante keine bloße Apologetik betreibt, sondern stets die Nachteile und Verkürzungen Hegels deutlich im Blick hat. Sein Verfahren ist deshalb abwägend-dialektisch im besten Sinne: systematische Probleme der Philosophie der Gegenwart scharf zu analysieren und auf ihre oft verdeckten, systematischen Unzulänglichkeiten (begriffliche Unschärfen, falsche oder vereinseitigende Unterschiede, Verdinglichungen von Prozessen, unreflektierte Bestimmungen,Verkürzungen von Problemzusammenhängen etc.) hin zu durchleuchten, um an Hegel zu lernen, wie ein holistisches philosophisches Denken sowohl die Tiefenschärfe von Unterscheidungen als auch ihren komplexeren Zusammenhang adäquater zu entfalten vermag. Hegel wird damit keinesfalls zur vollständigen Lösung für die Unzulänglichkeiten eines heute perspektivisch verkürzten Denkens, aber zur ernstzunehmenden Alternative für eine philosophische Landschaft, die – mit Quante gesprochen – dringend eine größere Optionsbreite benötigt und den selbständigen Charakter philosophischen Denkens wiederentdecken muß. Das Buch stellt eine „Weiterentwicklung von Überlegungen dar“ (33), die der Verf. in den letzten fünfzehn Jahren publiziert hat. Der sich daraus ergebende Sammlungscharakter zeigt sich in manchen Wiederholungen, v. a. aber in methodischen Unterschieden: Einige wenige Aufsätze sind im Vergleich zu den überzeugend „problemlösenden“

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recht textintern geraten. Bewundernswert sind jedoch ohne Zweifel die Klarheit und Präzision in Argumentation und Ausdruck sowie die tiefen Einblicke nicht nur in die Hegel-Forschung, sondern auch in die gegenwärtige philosophische (analytische wie kontinentale) Landschaft im Ganzen (Ontologie, Ethik, Epistemologie). Dieses Buch ist mithin auch eine veritable Einführung in die Probleme gegenwärtiger Philosophie überhaupt. Als Fazit läßt sich sagen: Eines der wichtigsten Hegel-Bücher der letzten Jahre, gerade weil es in aller Konzentration und Sachkenntnis beständig über Hegel hinausblickt auf die Frage, wohin die heutige Philosophie sich entwickeln soll. Claudia Wirsing (Braunschweig/Jena)

Giacomo Rinaldi: Absoluter Idealismus und zeitgenössische Philosophie. Absolute Idealism and Contemporary Philosophy. Bedeutung und Aktualität von Hegels Denken. Meaning and Up-to-dateness of Hegel’s Thought. Peter Lang: Frankfurt a. M. [u. a.] 2012. X, 290 S. (Hegeliana. Studien und Quellen zu Hegel und zum Hegelianismus. Herausgegeben von Helmut Schneider. Band 22) Lt. einer geläufigen, notwendig typisierenden Auffassung kann das Verständnis von Hegels System in der neueren Forschung durch eine Gegenüberstellung von metaphysischen und nicht-metaphysischen Deutungsansätzen dargestellt werden. Der metaphysischen Deutung gemäß bestehe der Kern des absoluten Idealismus Hegels in der These der ontologischen Priorität der Idee, welche eine rationale, dynamische Struktur ausmache, deren Selbstverwirklichung durch kein äußeres Element bestimmt und in ihrem freien Vollzug beschränkt werden könne. Als ontologisch ist eine solche These zu bezeichnen, weil sie die Existenz des gesamten Universums als Manifestation der rationalen Notwendigkeit der Idee selbst betrachtet: Die Wirklichkeit gliedere sich in eine hierarchische Stufenordnung verschiedener Seinsformen, die ihrerseits in unterschiedlichen Graden und Gestalten diese rationale Notwendigkeit realisieren. Die Vertreter der nicht- oder anti-metaphysischen Deutung, die v. a. innerhalb des heutigen amerikanischen ‚Neuhegelianismus‘ besonders vorherrschend ist, versuchen hingegen, die Hegelsche Theorie von ihren vermeintlichen ontologischen Implikationen zu entlasten. Entweder – wie im Fall von Robert B. Pippin und Terry Pinkard – wird auf der Basis einer nachdrücklichen Unterstreichung der programmatischen Kontinuität mit der kritischen Philosophie Kants die Meinung vertreten, daß Hegel nicht die Bedingungen der Existenz von Objekten innerhalb einer einheitlichen, metaphysischen Theorie untersuchen wollte, sondern nur die Bedingungen unserer Erkenntnis eben dieser Objekte; oder – wie im Fall Robert B. Brandoms – das Hegelsche Projekt wird in eine stark normativ konnotierte Erkenntnis- und Sozialtheorie umformuliert, die sich mit den wichtigsten Ansätzen des Pragmatismus als weitgehend kompatibel erweist. Auch wenn die beiden genannten Deutungsansätze das Spektrum möglicher und legitimer Lesarten keineswegs erschöpfen, läßt sich der hier zu besprechende Band in

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den umrissenen Rahmen gut einordnen. Denn die elf Aufsätze, welche Giacomo Rinaldi „in einer Zeitspanne von fast 25 Jahren verfasst“ (20) und veröffentlicht hat und die nun in einem äußerst reizvollen Sammelband nachgedruckt werden, drehen sich alle um „eine wesentlich einheitliche Grundthese: Hegels Philosophie muss als eine idealistische Metaphysik des unendlichen Selbstbewusstseins verstanden werden“ (23). Was der Verf. damit sagen will, ergibt sich aus einer detaillierten immanenten Rekonstruktion der Hegelschen Argumente und aus einer genauen Lokalisierung ihres legitimen Platzes und ihrer Bedeutung in dem gesamten Systemzusammenhang. Dies geschieht im ersten Teil des Bandes, der explizit einer Darstellung des „ursprünglichen“ (20) Denkens Hegels gewidmet wird. Hierfür zieht Rinaldi hauptsächlich die Wissenschaft der Logik und die Berliner Enzyklopädie als Textgrundlagen heran. Die wichtigsten begrifflichen Koordinaten, welche die Richtung seiner umfassenden Interpretation bestimmen werden, könnten jedoch bereits aus der scharfen Kritik an Brandom herausgearbeitet werden, die Rinaldi in der „Einleitung“ des Bandes übt. Die Hegelsche Philosophie sei im wesentlichen als eine Metaphysik zu verstehen, weil sie „eine vernünftige Lehre vom Absoluten“ (142) gebe. Dies impliziere zunächst eine erkenntnistheoretische Überwindung der Perspektive des endlichen Selbsts, welches in einer lediglich äußeren Beziehung sowohl zu einem anderen endlichen Selbst als auch zu einer empirisch vorgegebenen Realität stehe. Die objektive Gültigkeit menschlicher Erkenntnis könne nicht i. S. Brandoms durch einen intersubjektiven Kompromiß („negotiation“) zwischen entgegengesetzten und divergierenden Wahrheitsansprüchen gewährleistet werden, die die einzelnen Subjekte erheben und jeweils für unbedingt gültig halten, insofern sie sich auf ein und dasselbe Erkenntnisobjekt beziehen. Der Mangel einer solchen Strategie bestehe einerseits darin, daß sie zu einer bloß „zufälligen und prekären Synthese“ (8) von Entgegengesetzten führe, deren allgemeine Geltung alle einzelnen Subjekte zu jedem beliebigen Zeitpunkt in Frage stellen können. Andererseits sei die pragmatistische Auffassung der inferentiellen Struktur menschlicher Erfahrung auch deswegen so ungenügend, weil sie die Entwicklung von Begriffen letztlich von ihrer empirischen Anwendung auf das sinnlich Gegebene abhängig mache, so daß sie in den erkenntnistheoretischen Dualismus zwischen Subjekt und Objekt verwickelt werde. Der entscheidende ‚skeptische‘ Zug der spekulativen Philosophie Hegels besteht lt. Rinaldi in der dialektischen Leugnung der absoluten Gültigkeit einer solchen endlichen Erkenntnisform: Solange das einzelne Bewußtsein sich darauf beschränkt, seinen eigenen Gegenstand passiv vorauszusetzen, wird der Dualismus seiner Erkenntnisstämme nicht überwunden, und das Bewußtsein muß folglich „seinem eigenen Wissen jede objektive und a fortiori absolute Gültigkeit notwendigerweise absprechen.“ (106) Der zweite, fünfte und sechste Aufsatz des ersten Teils des Bandes befassen sich primär mit der Bedeutung und der Tragweite der skeptischen Auflösung der Objektivität des theoretischen Bewußtseins und rekonstruieren zugleich den unvermeidbaren Schritt, der aus der Überwindung des endlichen Wissens unmittelbar folgt. Denn die Aufhebung jedweden erkenntnistheoretischen Dualismus wird erst durch den Hegelschen Grundsatz motiviert, daß die Entwicklung der logischen Begriffe nicht von ihrer Anwendung auf einen vorgegebenen empirischen Inhalt bestimmt werden kann, weil sie sich vielmehr als die immanente Selbstbewegung des unendlichen Selbstbewußtseins

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vollzieht, das keinen äußeren Gegenstand mehr passiv voraussetzt, sondern ihn kreativ oder aktiv setzt. Wenn die Objektivität hiermit keine dem einzelnen Bewußtsein vorausgehende Gegebenheit bilde, „but rather the rational truth of the concepts and judgments which self-conscious thought elaborates within itself, the process of the selfdetermination of the ‘I think’ must necessarily coincide, without qualification, with the very genesis of objectivity.“ (70) Mit dieser Aussage sind wir im Zentrum der Hegelschen Metaphysik angelangt: Das selbstbewußte Denken nimmt die Form der absoluten Idee an, indem es weder als eine mentale Aktivität noch bloß als die lediglich subjektive Seite einer transzendentalen Tätigkeit auftritt, sondern vielmehr „als die sich entwikkelnde Totalität seiner eigenthümlichen Bestimmungen und Gesetze, die es sich selbst gibt, nicht schon hat und in sich vorfindet“, wie Hegel im § 19 der Enzyklopädie (1830) behauptet. Die reine Selbstbestimmung der absoluten Idee überwindet daher den Subjekt-Objekt Gegensatz, indem sie die eigenen Denkkategorien zugleich als Manifestationen ihrer inneren Selbstentwicklung wie auch als das Wesen der Objekte begreift: Die in der Logik entfalteten Kategorien sind deshalb kein bloßes Begriffsschema, das von erkennenden Subjekten auf denkunabhängige Objekte angewandt wird, sondern sie sind zugleich die Grundbestimmungen dieses Objektbereichs selbst. Erst dadurch kann die spekulative Philosophie „als die vernünftige Erklärung des Ganzen des Universums auf der Grundlage eines einzigen absoluten Prinzips – der logisch-metaphysischen Kategorie der ‚absoluten Idee‘“ (266 f.) verstanden werden. Das spekulative, dialektisch vermittelte Wissen, das die metaphysische Struktur des Absoluten zu erfassen vermag, kann nun objektive Gültigkeit für sich selbst beanspruchen, weil die Wahrheit des Denkens sich nicht mehr an der Korrespondenz zwischen den Begriffen und ihren vermeintlich äußeren Gegenständen messen läßt, sondern vielmehr an der internen, systematischen Kohärenz (70) der logischen Denkbestimmungen. Dadurch wird zudem einem weiteren Anspruch des metaphysischen Denkens Genüge getan, und zwar der Suche nach einer Letztbegründung des Wissens, die sich aber im Rahmen der Hegelschen Theorie des Absoluten „notwendigerweise als eine Selbstbegründung (d. h., eine Begründung durch den Begriff des Begriffs) konstituiert […].“ (118) Die absolute Autonomie des Denkens und die idealistische Grundforderung der spekulativen Philosophie nach einer rein immanenten Entwicklung des Begriffs wird schließlich durch den Aufbau einer Naturphilosophie und durch die Anerkennung des theoretischen und folglich noch dualistischen Charakters der Naturwissenschaften weder verletzt noch begrenzt. Im dritten und vierten Aufsatz des ersten Teils versucht Rinaldi sowohl durch rein systeminterne Argumente als auch durch eine Erwiderung auf verschiedene, historisch formulierte Einwände (Benedetto Croces, Giovanni Gentiles, Errol E. Harris’ und Renate Wahsners) die Hegelsche Strategie zu rechtfertigen: Seine idealistische Naturphilosophie – obgleich sie eine partielle Gültigkeit für die erkenntnistheoretische Perspektive der Naturwissenschaften zugesteht – impliziere keinen Rückfall des absoluten Idealismus in eine realistische oder naturalistische Sichtweise, und sie könne daher als ein integrierendes und sogar notwendiges Moment des Systems der philosophischen Wissenschaften betrachtet werden. Die eigentliche Bedeutung und die sachliche Leistungsfähigkeit der argumentativen Struktur des Hegelschen Systems wird dann im zweiten Teil des Bandes durch eine

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breite Auseinandersetzung „mit den philosophischen Perspektiven von einigen hervorragenden oder wenigstens einflussreichen Vertretern des Hegelianismus in den zwei letzten Jahrhunderten“ (20) auf die Probe gestellt. Neben Croces Historismus werden die systematischen Vorschläge von Harris, William Desmond und Richard Dien Winfield mit den Grundannahmen der Hegelschen Metaphysik der absoluten Idee konfrontiert – eine Konfrontation, welche die deutsch-europäische Hegel-Forschung erheblich bereichert, da die eben genannten Autoren in der neueren Literatur bislang kaum oder nur mangelhaft berücksichtigt worden sind. Dies ist aber das zweite zentrale Anliegen des Bandes, das zugleich die eigentliche Originalität sowie die größte Schwierigkeit des Projekts Rinaldis ausmacht. Denn die sorgfältige Rekonstruktion der Hegelschen Metaphysik des absoluten Idealismus wird stets durch den kühnen Anspruch begleitet, daß ihre systematische Aktualisierung nicht nur möglich, sondern sogar „geschichtlich unumgänglich“ (99) sei. Die „wirkliche Aktualität“ der Hegelschen Lehre der absoluten Idee kann lt. Verf. in einem ‚objektiven‘ sowie ‚subjektiven‘ Sinne (46) behauptet werden. Das spekulative Denken Hegels sei daher objektiv noch aktuell, weil es einen zeitlosen, ewigen Wahrheitsgehalt verkörpere, der in jeder adäquaten „Definition der Idee der Philosophie“ enthalten sein müsse: „Die Philosophie ist das Wissen, das das System der wesentlichen (d. h. ideellen, apriorischen) Formen entfaltet, in denen sich die unendliche schöpferische Tätigkeit des Ich=Ich objektiviert.“ (265) Im Gegensatz zu vielen Hegel-Interpreten betrachtet Rinaldi die hohen systematischen Ambitionen der Geschlossenheit von Hegels Logik, die als eine erschöpfende, teleologisch orientierte Selbstdifferenzierung eines einzigen Begriffs verstanden werden soll, als weitere Beweise ihrer überzeitlichen Aktualität und objektiven Leistungsfähigkeit. Gewiß, Rinaldi selbst ist sich des tendenziell anti- oder nach-metaphysischen Charakters der heutigen philosophischen Standards völlig bewußt (205); daher versucht er, die Aktualität der Hegelschen Metaphysik nicht dogmatisch zu behaupten, sondern erst durch eine direkte Widerlegung alternativer Interpretationen zu rechtfertigen. Eine solche Widerlegung bleibt aber meistens skizzenhaft und kann deshalb nicht völlig überzeugen. So ist seine Kritik an Brandom – um nur ein Beispiel zu nennen – treffend und angemessen, wenn sie sich darauf beschränkt, die häufigen Verstellungen und Mißverständnisse einer pragmatistischen Interpretation der Philosophie Hegels hervorzuheben; aber dieselbe Kritik greift als Widerlegung des Pragmatismus Brandoms i.S. einer autonomen und unabhängig von Hegel entfalteten Erkenntnistheorie eindeutig zu kurz – was jedoch Rinaldi selbst von seiner eigenen Darstellung explizit verlangt. Und dies ist nicht zuletzt auf Grund der ungenügenden Berücksichtigung der wichtigsten Werke des kritisierten Autors zu behaupten, welche von Rinaldi weder analysiert noch zitiert werden (der Verf. stützt sich in seiner Auseinandersetzung mit Brandom ausschließlich auf seinen berühmten Aufsatz „Some Pragmatist Themes in Hegel’s Idealism“ des Jahres 1999). Indem aber diese und andere Kritiken (z. B. an Marx oder Adorno) nicht vollends gelingen, wird der Verdacht einer bloß dogmatischen Annahme der Hegelschen Metaphysik nicht endgültig überwunden: Denn die vermeintlich unleugbare objektive Aktualität und Überlegenheit der spekulativen Philosophie Hegels scheint auf einer Reihe von Prämissen und Vorentscheidungen zu beruhen, die im Rahmen der Untersuchung nicht vollständig begründet werden.

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Ein ähnlicher Verdacht wird m. E. auch durch eine genaue Berücksichtigung der zweiten, subjektiven Bedeutung der Aktualität von Hegels spekulativer Logik erweckt: Sie sei deswegen noch immer aktuell, weil sie „allein“ die wesentlichen geistigen Bedürfnisse „unserer kulturgeschichtlichen Lage […] wahrhaft befriedigen kann“ (46). Rinaldi entzieht sich der Aufgabe zwar nicht, eine zeitdiagnostische Darstellung eben dieser Bedürfnisse zu liefern, die er tendenziell auf die „Überwindung der entfremdeten und verdinglichten instrumentalen ratio und ihrer technologischen Anwendungen“ (47) zurückführt. Hierzu könne die Hegelsche Ontologie noch einen unverzichtbaren Beitrag leisten, weil sie auf systematischen Prämissen beruhe, die die Möglichkeit der Entfremdung sowie der Verdinglichung prinzipiell ausschließen. Denn sie betrachte die Wirklichkeit nicht als eine wertfreie, bloß sinnliche Materie, die unter die instrumentalen und rein quantitativen Kategorien des endlichen Verstandes subsumiert werden solle, sondern als den lebendigen geistigen Prozeß des sich selbst denkenden Begriffs, der „sich bewusst jenseits jeder möglichen oder realen ‚Verdinglichung‘ des Subjekts abspielt.“ (50) Überdies zeigt sich der absolute Idealismus Hegels lt.Verf. mit dem heutigen „Age of Globalization“ (134) vollkommen kompatibel. Denn die Genese und die geschichtliche Notwendigkeit der Globalisierung sei Rinaldi zufolge eng mit dem Fall des Kommunismus verbunden, dessen philosophische und materialistische Grundlagen eben durch die metaphysische Lehre des Absoluten scharf und endgültig kritisiert werden können (135): Sie spricht der sinnlichen Materie gerade jene ursprüngliche, vom Denken unabhängige, positive Realität ab, die hingegen von den Materialisten immer behauptet wird. Eine solche Diagnose, die die Globalisierung als rein philosophisches Phänomen zu betrachten scheint, vernachlässigt geradezu ein zentrales Element des politischen Denkens Hegels – nämlich sein Interesse für die geschichtlichen Probleme der früh-kapitalistischen Ökonomie. Ihre angemessene Hervorhebung hätte vielleicht dabei geholfen, das kritische Potential der Hegelschen Theorie nicht zu übersehen. Indem eine solche Theorie stets auf den naturhaften, notwendig konfliktuellen Charakter internationaler Beziehungen und auf die kolonialistische Tendenz einer kapitalistischen Ausdehnung der Märkte hingewiesen hat, kann sie nicht einseitig als eine nachträgliche spekulative Legitimation der Globalisierung beschrieben werden. Überdies bringt Rinaldis radikale Affirmation der monistischen Metaphysik Hegels eine weitere, schwierige Konsequenz mit sich: Denn die systematischen Ansprüche der Geschlossenheit von Hegels Logik zwingen zu einer Darstellung des objektiven Geistes als eines Systems von Institutionen, das die Form einer sich teleologisch verwirklichenden, von Zufällen im wesentlichen unabhängigen objektiven Ordnung annimmt. Wenn aber unser „sozialer Raum“ sich nicht als eine offene Gemeinschaft, als ein sich durch Kommunikation ständig veränderbares und öffentlich kritisierbares institutionelles System konstituieren kann, dann bleibt zumindest fragwürdig, ob ein solches politisches Modell im Zeitalter der Theorien und Praktiken demokratischer Rechtsstaaten noch vertretbar ist. Filippo Ranchio (Venezia/Frankfurt a. M.)

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Erzsébet Rózsa: Modern Individuality in Hegel’s Practical Philosophy. Leiden/Boston: Brill 2012. xvii, 311 pp. Wenn Geschichte ein klares Telos hat, wenn die Natur ein klares Wesen hat, wenn „Staaten, Völker und Individuen in diesem Geschäfte des Weltgeistes […] bewußtlose Werkzeuge und Glieder“ (GW 14,1, § 344) sind – wie sollte Hegel vor einem solchen Hintergrund noch Phänomenen moderner Individualität gerecht werden können? Die zentrale These der Arbeit Erzsébet Rózsas lautet: er kann. Unabhängig von den Schwierigkeiten, die mit Hegels essentialistisch-teleologischem Monismus auf der inhaltlichen Ebene verknüpft sind, stößt Rózsa bei ihrem Versuch, Hegels Verständnis von moderner Individualität herauszuarbeiten, auf eine besondere hermeneutische Schwierigkeit: Es gibt im Hegelschen Werk keine Passage, die für sich genommen als hinreichende Grundlage für die Interpretation seiner Position gelten könnte (3–13). Zwar erfordert jede Auseinandersetzung mit einem einzelnen Thema der Hegelschen Philosophie, daß Bezüge zu weiteren Positionen Hegels hergestellt werden – man setzt sich schließlich mit seinem System auseinander; anders aber als beispielsweise beim Willensbegriff, dessen semantischen Kern Hegel in den Anfangsparagraphen seiner Grundlinien dargelegt hat, findet sich mit Bezug auf Hegels Verständnis von moderner Individualität kein vergleichbarer locus classicus. Rózsas Strategie (14; 16; 51) liegt somit auf der Hand: Sie erarbeitet Hegels Vorstellung von moderner Individualität in einer Art Rundfahrt durch die entsprechenden Aspekte des gesamten Hegelschen Denkens. „Denkens“ muß man sagen, da sich die Autorin nicht bloß auf die Philosophie des objektiven Geistes bezieht, sondern bei der Suche nach relevanten Stellen das gesamte Hegelsche Œuvre in den Blick nimmt. Was Hegel überhaupt unter Modernität versteht, wird von Rózsa im ersten Teil ihres Buches skizziert (3–63). Neben ihren überzeugenden Ausführungen zur Notwendigkeit, den Modernitätsbegriff Hegels in der Zusammenschau verschiedener Ebenen seines Systems erarbeiten zu müssen, konzentriert sich Rózsa zu Recht auf das Prinzip der subjektiven Freiheit, das Hegel zu Beginn der Grundlinien als das „reine Denken seiner selbst“ (GW 14,1, § 5) bezeichnet. Nur wenn die Subjekte sich grundsätzlich als von allen inneren, natürlichen und von äußerlichen, sozialen Bestimmungen frei denken können, sind sie nach Hegel zur Selbstbestimmung in der Lage. Die ungarische Hegel-Forscherin diskutiert in diesem Zusammenhang sowohl die Verankerung einer solchen Freiheitsvorstellung in den begrifflichen Grundlagen des Hegelschen Werks (41–63) als auch eine erste gesellschaftstheoretisch-normative Einordnung (3–41). Nach Rózsa ist moderne Individualität bei Hegel ein spannungsgeladenes Phänomen: Auf der einen Seite zeichnet sich die „neuere Zeit“ dadurch aus, daß die Subjekte keine Autorität mehr anzuerkennen bereit sind, die „nicht durch den Gedanken gerechtfertigt ist“ (GW 14,1, „Vorrede“, 16). Hier wird auch deutlich, daß die Menschen Hegelscher Moderne einen Anspruch auf individuelle Selbstverwirklichung erheben. Auf der anderen Seite wäre eine Gesellschaft von nur auf sich bezogenen Individuen noch lange kein Staat, kein Gemeinwesen im Hegelschen Sinn. Subjektive Freiheit und das Recht auf Selbstverwirklichung sind für Hegel nur in einem Kontext von sozialen Institutionen (177) möglich, die, wie Rózsa überzeugend nachzeichnet, den rein sub-

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jektiven Charakter der individuellen Bedürfnisse zwar zurückdrängen, aber auf dieser Grundlage eigentlich nichts anderes zur Geltung bringen als dasjenige, was die Subjekte vernünftigerweise wollen. Dieses Verhältnis von der – wie Rózsa es nennt – Subjektivität des Individuums zur sittlichen Substanz (97–223) wird im zweiten und zentralen Teil des Buches ausführlich diskutiert. Dabei widmet sich Rózsa der gesamten Philosophie des Geistes, weil sie der Überzeugung ist, daß Hegels praktische Philosophie eben nicht (wie häufig angenommen) allein mit seiner Philosophie des objektiven Geistes zusammenfällt (97). So zeichnet Rózsa beispielsweise im Durchgang durch Hegels Behandlung von Trieben, Emotionen und Bedürfnissen nach, wie für Hegel – anders als für Kant – freies Handeln durchaus vereinbar ist mit bedürfnisorientiertem Handeln bzw. mit einem Handeln, dessen Motiv faktisch aus einem Trieb resultiert – so lange Trieb und Bedürfnis nicht unmittelbar walten, sondern mittelbar als vernünftig eingesehen und durch Vernunft geformt werden können. Rózsa geht – bevor sie sich im letzten Kapitel auch der Rolle der Philosophie und der Kunst in der Lebenswelt der Individuen widmet – schrittweise die verschiedenen Aspekte der praktischen Philosophie Hegels durch, um zu erörtern, inwieweit sie Anhaltspunkte für dessen Verständnis von moderner Individualität liefern.Von dem Recht auf körperliche Unversehrtheit (209) über das Eigentumsrecht (219) bis hin zu den Stärken und Schwächen der Dynamik der bürgerlichen Gesellschaft (231) sowie der Rolle der Religion in der Lebenswelt der Individuen (231 ff.) deutet Rózsa Hegels Sozialphilosophie als gelungenen Versuch eines Versöhnungsangebots: Den in der Moderne zunehmend sich abstrakt auf sich beziehenden Individuen sucht Hegel einen bestimmten Einstellungswandel nahezulegen: Ihre subjektive Freiheit zeichnet sich durch ein „Leiden an Unbestimmtheit“ (Honneth) aus, wenn sie nicht in der Lage dazu sind, ihrer Selbstverwirklichung einen sittlichen Inhalt zu geben (178 ff.). Interessant ist in diesem Zusammenhang Rózsas Vorschlag, angesichts der enormen Ausdifferenzierung moderner Gesellschaften und der diversen sozialen Rollen der Individuen nicht weiter von einer Identität des Subjekts zu sprechen, sondern von mehreren Identitäten, die der moderne Mensch in sich trage (181 ff.). Damit sucht Rózsa auch dem Umstand gerecht zu werden, daß Hegel schließlich im Rahmen der Grundlinien zunächst von der abstrakten Person, anschließend vom moralischen Subjekt und später noch vom Familienmitglied, Bürger usw. spricht. Aus sozialtheoretischer Perspektive erscheint mir aber die Rede von verschiedenen Identitäten weniger gut dazu geeignet zu sein, die mögliche Zerrissenheit, Selbstentfremdung des modernen Subjekts in den Blick zu bekommen. Im Rahmen dieser Besprechung kann nur auf ausgewählte Aspekte des Buchs wertend eingegangen werden. Unbedingt erwähnenswert ist die Tatsache, daß der Leser von Modern Individuality in Hegel’s Practical Philosophy es mit einer auffallend kenntnisreichen Studie zu tun hat. Bemerkenswert ist auch das Maß und die Art und Weise, wie Rózsa die internationale Forschung zur Hegelschen Philosophie jenseits von „Schulen“ zu berücksichtigen in der Lage ist. Ihre Fähigkeit, sich in sämtlichen Feldern des Hegelschen Denkens souverän zu bewegen, ist beeindruckend. Das zeigt sich im übrigen nicht nur bei der Auseinandersetzung mit Einzelfragen, sondern auch dort, wo Rózsa

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über Hegels tieferliegende Motive nachdenkt. Darum sind auch ihre Überlegungen zum „basic motive of the œvre“ überzeugend: Worum es Hegel stets gegangen ist, ist nichts anderes als die „interference into people’s life“ (297). Nichtsdestoweniger ist auch eine Reihe von kritischen Punkten anzumerken. Die Übersetzung vom Ungarischen ins Englische ist schwach; dem Buch hätte es sicher gut getan, wenn sich eine Muttersprachlerin dem Text gewidmet hätte. Die streckenweise nicht hinreichend klare Ausdrucksweise erschwert dem Leser an manchen Stellen zu unterscheiden zwischen demjenigen, was Rózsa lediglich als Hegelsche Position referiert, und demjenigen, was sie selbst als Philosophin für überzeugend hält. Was Rózsas eigenen Standpunkt zu Hegels Positionen betrifft, so hält der Rezensent ihn dort, wo er klar erkennbar ist, häufig für zu apologetisch. Das zeigt sich beispielsweise an Rózsas Haltung zu Hegels rechtsphilosophischer Behandlung der Ehe. Dort erwähnt Hegel bekanntlich, daß es zwei verschiedene Wege zur Eheschließung geben kann: Die beiden Personen können sich in einander verlieben und auf dieser emotionalen Grundlage in die Ehe treten wollen oder sie werden auf Initiative der „sorgenden“ Eltern zusammengebracht. Rózsa macht in diesem Zusammenhang zwar zu Recht darauf aufmerksam, daß Hegel in jedem Fall für eine „freie Einwilligung“ (193) plädiert; sie läßt freilich unerwähnt, daß er den mächtigen „Vorschlag“ der „wohlgesinnten Eltern“ bezüglich der Partnerwahl gegenüber dem eigenständigen Verlieben der Personen für den „sittlichere[n] Weg“ (GW 14,1, § 162, Anm.) erachtet. Hegels peinliche pseudo-philosophische Rekonstruktion des Mannes als notwendigem „Haupte der Familie“ (ibid., § 171) nennt Rózsa zwar „no longer valid“ (194); allein es ist auch eine solche Kritik eigentlich noch halbherzig. Die aus dem Begriff und darum mit Notwendigkeit abgeleitete Verklärung natürlicher Unterschiede zu sittlichen ist nicht einfach nur heute nicht mehr überzeugend, sondern war auch damals schon ein schlechter Zug. Das hohe Niveau von Rózsas Hegel-Exegese ist von diesen Einwänden aber nicht geschmälert. Modern Individuality in Hegel’s Practical Philosophy ist ein anspruchsvolles und voraussetzungsreiches Buch zu einem wichtigen Thema der Hegel-Forschung. Es ist, wie Rózsa in ihrem schönen Epilog (295–301) zugesteht, alles andere als ein Einführungsbuch in das Hegelsche Denken. Und auch wenn es auf zentrale Fragen des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft bei Hegel keine definitiv klärenden Antworten anzubieten weiß, liegt hier ein gelungener Versuch vor, die wesentlichen Problembereiche zu identifizieren: „The Hegelian discussion of the inner tensions of private life, the collisions between privacy and profession, private person und substantial person, gender und social roles still offers points of orientation in questions concerning the identity and integrity of our personality. The individual’s right to particularity and the rights of such communities as marriage, family or partnership generate even more conflicts than in Hegel’s time. In one way or another, we all have to face such conflicts. Hegel proves to be a remarkable partner to argue with in such matters.“ (194) Dem ist nichts hinzuzufügen. Amir Mohseni (Münster)

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Frank Ruda: Hegel’s Rabble. An Investigation into Hegel’s Philosophy of Right. Preface by Slavoj Žižek. Continuum: London 2011. xviii, 238 pp. (Continuum Studies in Philosophy) Frank Ruda widmet sich in seiner Monographie Hegel’s Rabble einem kontroversen und viel diskutierten Thema der Hegel-Forschung: der bürgerlichen Gesellschaft. Bei dem Buch handelt es sich um die unveränderte englische Übersetzung seiner bereits auf Deutsch publizierten Dissertationsschrift.1 Das Werk konzentriert sich insbesondere auf diejenige Rolle, die Hegel dem Phänomen des Pöbels im Rahmen seiner Rechtsphilosophie zuweist. In Slavoj Žižeks Vorwort, das dem Band beigegeben ist, weist dieser bereits darauf hin, daß Rudas Buch über seine Behandlung des ‚Pöbels‘ zugleich das „crucial topic of the post-Hegelian break in the history of philosophy“ (x) neu beleuchte. So meint auch Ruda, der „concrete point of entry of the present book is the relation between Hegel and Marx“ (2). Methodisch bedient sich der Autor dabei der „fiction that ‘we’ do not know anything“ (2) über den Übergang von Hegel zu Marx. Durch dieses Vorgehen soll eine Auseinandersetzung mit den vielfältigen Versuchen, diesen Übergang zu fassen, abgeblendet und ein neutraler Standpunkt eingenommen werden, der nicht bereits durch die mannigfaltigen, diesen Übergang betreffenden Klischees und Topoi verzerrt wird. Bei diesem Vorhaben geht es Ruda nicht um eine neue Betrachtung der rezeptionsgeschichtlich relevanten Quellen (etwa der Texte der Junghegelianer), an denen sich dieser Übergang narrativ aufbereiten ließe, sondern um einen systematischen Punkt. Der Übergang von Hegel zu Marx wird als Übergang von der Philosophie zu etwas anderem gedeutet. Es ist dieser Übergang, der anhand eines systematischen Problems der Hegelschen Philosophie plausibel gemacht werden soll. Ruda reiht sich damit in die Reihe derjenigen Theoretiker ein, die Marx nicht als Philosophen begreifen, sondern als jemanden, der die Philosophie überwunden habe – eine Ansicht, die zum Teil an Marxens Selbstverständnis anschließen kann. Die Monographie beschäftigt sich insgesamt allerdings weniger mit der Marxschen Perspektive auf die Hegelsche Philosophie (vgl. dazu 169–179) als primär mit demjenigen systematischen Problem, das den Übergang von Hegel zu Marx rechtfertigen soll. Dieses systematische Problem liege darin, daß es Hegel nicht gelinge, das Phänomen des Pöbels auf kohärente Weise in sein philosophisches System zu integrieren. An dieser Unfähigkeit Hegels zeige sich, so Rudas systematische These, daß die Kategorie des Politischen, die gängigerweise der politischen Philosophie zuzurechnen wäre, nicht mehr als gängige Kategorie der Philosophie behandelt werden könne. „Politics as a nonphilosophical domain would then be the site of a subject and the place of a transformation which could not easily be fitted into philosophical categories of stability, possibility, change, and so on.“ (3) Die Kategorie der Politik müsse daher als „irritation of philosophy“ (3) aufgefaßt werden. Diese neue Perspektive auf die ‚Politik‘, bei der letztlich unklar bleibt, ob Ruda diese Herauslösung der Politik aus der Philosophie selbst als philoso-

1 Frank Ruda: Hegels Pöbel. Eine Untersuchung der „Grundlinien der Philosophie des Rechts“. [Vorwort von Slavoj Žižek: Die Politik der Negativität.] Konstanz University Press: Konstanz 2011. 276 S.

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phisches Projekt oder als etwas anderes auffassen würde, soll die systematische Pointe, das Resultat des Übergangs von Hegel zu Marx, darstellen. In zwölf Kapiteln versucht Ruda, die entsprechenden Thesen anhand einer Analyse der Hegelschen Rechtsphilosophie plausibel zu machen. Während das knappe erste Kapitel sich der Einschätzung des Problems der Armut im Luthertum widmet, befassen sich die folgenden elf Kapitel mit verschiedenen Aspekten der bürgerlichen Gesellschaft und des Problems der Armut im allgemeinen sowie des Pöbels im besonderen. Da die Grundlinien der Philosophie des Rechts nur an sechs Stellen (in den §§ 244, 245, 253, 272 A., 301 A. und 357) ein Vorkommnis des Ausdrucks ‚Pöbel‘ und der damit zusammenhängenden Problemlage aufweisen, sieht sich Ruda gezwungen, seine Quellenbasis auf nicht-Hegelsche Textstücke (Zusätze, Nachschriften der Vorlesungen) auszuweiten, auf die sich sowohl die entwickelten Thesen als auch die Argumentation weit mehr stützen, als auf editorisch-philologisch abgesicherte Hegel-Texte. Nun mag es relativ zu bestimmten Zwecken zulässig sein, sich – auch in erheblichem Maße – auf diese Quellen zu stützen; eine solche Ausweitung sollte aber soweit wie möglich durch philologisch unbedenkliche Hegel-Texte abgesichert sein. Rudas Buch jedoch weist im Umgang mit diesen Quellen und ihrem Verhältnis zu den Hegelschen Texten wenig Problembewußtsein – bis hin zu zirkulären Argumentationsfiguren – auf. So versucht der Autor etwa den Rückgriff auf einen Zusatz folgendermaßen abzusichern: „I want to anyhow address the philological objection that this passage could also not stem from Hegel and therefore the following remarks stand on shaky ground. If these remarks are not of Hegelian origin, they nonetheless show a deep understanding of the Hegelian Philosophy of Right. Because they explain a structural analogy that otherwise cannot be found explicitly in Hegel. One could say that here the Hegelian saying on reality and theory is valid in a different guise: If these passages do not stem from Hegel, even worse for Hegel.“ (185, Endnote 7) Sieht man über diese methodisch-philologisch problematischen Aspekte hinweg, die Rudas Analyse in nicht unwesentlichem Maße bestimmen, so handelt es sich bei der vorliegenden Monographie ohne Zweifel um die ausführlichste Untersuchung des Phänomens des Pöbels, die im Rahmen des Hegelschen Œuvres nebst dessen erweitertem Quellenbestand (Nachschriften, Zusätze) aufzufinden ist. Sachlich stützt die Untersuchung noch einmal in ausführlicher Form das häufig festgestellte Phänomen, daß Hegel das Aufkommen eines Pöbels und massenhafter Armut in der sich entwickelnden Industriegesellschaft als einer der ersten als Problem benannt hat. Dabei hat Hegel wohl auch gesehen, daß seine Konzeption einer durch Stände vermittelten Sittlichkeit durch das Phänomen des Pöbels ins Wanken geraten würde, weil sie keine finale philosophische Lösung zur Bekämpfung des Problems anbietet. Im ertragreichen dritten Kapitel untersucht Ruda systematisch die insgesamt sieben Lösungsvorschläge, die Hegel im Rahmen der Grundlinien der Philosophie des Rechts für das Problem des Pöbels offeriert (15–31), von denen jedoch keine einzige geeignet zu sein scheint, das Problem dauerhaft zu lösen und die bürgerliche Gesellschaft zu stabilisieren. Dabei entwickelt Ruda in den Kapiteln 5 und 6 eine Unterscheidung zwischen dem armen und dem reichen Pöbel, wobei letzterer zwar keine materielle Not leide, den Zusammenhang mit der Sittlichkeit aber dadurch verliere, daß er nicht durch eine sinnvolle Aufgabe in die Ständestruktur eingebunden sei. Allerdings kann Ruda die gesamte

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Unterscheidung zwischen den beiden Typen des Pöbels lediglich auf Nachschriften stützen (37). Beide Sorten des Pöbels destruieren durch ihre Exklusion von den sittlichen Praktiken der Arbeitswelt die Sittlichkeit und damit die Stabilität des Hegelschen Staates, da Hegel keine Möglichkeit anbietet, wie das Problem des Pöbels strukturell zu beseitigen sei, statt es z. B. durch Kolonisation aufzuschieben (20) oder einzuhegen, indem etwa die Polizei und die Kirche sich des Pöbels annehmen (24 ff.). Im zweiten Kapitel entwickelt Ruda die Vorgabe, daß nicht nur gelte, daß Hegels Rechtsphilosophie zum Scheitern verurteilt sei, wenn Hegels System sich als unhaltbar erweise, sondern auch umgekehrt: Hegels System könne als gescheitert angesehen werden, wenn Hegels Rechtsphilosophie scheitere (10). Da Ruda zusätzlich anzunehmen scheint, daß Hegel beanspruche, eine philosophische Lösung für dieses Problem – die aufkeimende soziale Frage – zu entwickeln, dies aber nicht geschehe, kann er die Folgerung ziehen, daß Hegels politische Philosophie an ihrem Gegenstandsbereich scheitere. Dies habe zur Konsequenz, daß die Kategorie des Politischen philosophisch nicht erfaßt werden könne und daher einer anderen Art der Behandlung bedürfe: „One can claim that under the name of the ‘rabble’ the Hegelian philosophy is confronted with a logic of (a different) politics which bursts through the philosophical frame of its description.“ (168) Eine solche alternative Beschreibung lasse sich den Texten des frühen Marx entnehmen. Unklar bleibt, ob der Autor der Auffassung ist, daß die Politik gar nicht mehr philosophisch behandelt werden könne, oder nur nicht mit den Mitteln der Hegelschen Philosophie. Da Ruda in seinem Anschluß an Marx Althusser folgt (204f., Endnote 3), liegt es nahe zu vermuten, daß zumindest der Marxsche Ausweg als nichtphilosophischer zu betrachten sei. Ob der Autor diesen Übergang für alternativlos hält, bleibt gleichfalls intransparent. Wahrscheinlich werden nicht alle Leserinnen und Leser bereit sein, der Prämisse zu folgen, daß Hegel tatsächlich eine Lösung für das Problem des Pöbels anbieten müsse, welches droht, die Struktur der bürgerlichen Gesellschaft aufzulösen. Denn die Endlichkeit des objektiven Geistes könnte sich gerade darin zeigen, daß nicht alle sozialen Probleme philosophisch ‚harmonisiert‘ werden können. Zudem zeigt Hegels Polemik gegen Fichte, daß für ihn durchaus nicht alle politischen Fragen und Konflikte einer philosophischen Antwort bedürfen.Von diesem Standpunkt aus gesehen mag es zumindest fraglich erscheinen, ob das Hegelsche System als Ganzes aufgrund der Diagnose der Nicht-Lösbarkeit des Problems des Pöbels zu verwerfen ist. Abschließend läßt sich festhalten, daß der Autor unter Rückgriff auf Theoreme von Autoren wie Alain Badiou und Jean-Luc Nancy eine in Teilen sicherlich provozierende Deutung des Problems des Pöbels in Hegels Philosophie vorgenommen hat, die neue Perspektiven für die Debatte bietet, inwiefern sich der Übergang von Hegel zu Marx als Übergang von der Philosophie in die Post-Philosophie bzw. von der Philosophie zur Politik verstehen läßt. Trotz ihrer philologischen Mängel und ihrer gänzlichen Ausblendung der historischen Dimension dieses Übergangs verliert die Arbeit ihren provozierenden Gehalt dabei durchaus nicht. Tim Rojek (Essen)

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Sergio Soresi: Il soggetto del pensiero. Modi e articolazioni della nozione di pensiero in Hegel. [Das Subjekt des Denkens. Formen und Spielarten des Begriffs des Denkens bei Hegel.] Verifiche: Trento 2012. 226 pp. (Pubblicazioni di Verifiche. 45) Die Philosophie Hegels ist von dem Bemühen geprägt, den Begriff des Denkens aus der seit Descartes herrschenden bewußtseinstheoretischen Engführung zu befreien. Gedanken sind für Hegel nicht bloß die mentalen Vollzüge eines endlichen Subjekts, sondern zugleich etwas Objektives. Ausgehend von den drei Stellungen des Gedankens zur Objektivität im „Vorbegriff“ der Enzyklopädischen Logik sowie vom PsychologieKapitel der Philosophie des Geistes untersucht Soresi die ontologischen und epistemologischen Dimensionen der Hegelschen Theorie des Denkens. Er schreibt Hegel eine realistische Position zu und grenzt diese gegen den Kantischen Repräsentationalismus ab. Als repräsentationalistisch bestimmt der Autor zunächst „die These, der zufolge die Beziehung des erkennenden Subjekts auf die Dinge in der Welt durch Vorstellungen vermittelt ist“ (10). Später wird daraus „die Ansicht, wonach die Objektivität in Bezug auf den Gehalt der für eine bestimmte Form von Subjektivität eigentümlichen Allgemeinheit bestimmt ist“ (37). Wie sich nämlich herausstellt, kritisiert Hegel an den Vorstellungen nicht, daß sie eine bestenfalls mittelbare Erkenntnis der Gegenstände zulassen, sondern daß sie die Dinge mittels abstrakter Merkmale erfassen. Dagegen richtet sich Hegels Lehre vom Begriff als dem konkreten Allgemeinen. Im ersten Kapitel führt Soresi die Unterscheidung zwischen dem Denken im weiteren Sinn und dem Denken als einer spezifischen Form des Bewußtseins ein. In der Einleitung zur Enzyklopädie erinnert Hegel an die seit der Antike geläufige Definition des Menschen als denkendes Lebewesen (animal rationale). Alles Menschliche sei „durch das Denken bewirkt“, jeglicher Gehalt des Bewußtseins „durchs Denken begründet[ ]“ (GW 20, § 2). Hier ist mit Denken nicht ein bestimmter geistiger Vollzug gemeint, dem beispielsweise das Begehren entgegengesetzt werden könnte. Vielmehr spricht Hegel vom „Denken als For m“ (ebd.), die unser bewußtes Leben bestimme und durchdringe. Aufgabe des philosophischen Nachdenkens ist es, die besagte Form möglichst rein darzustellen. Das Denken im engeren Sinn ist dagegen nur eine von mehreren Weisen, wie der menschliche Geist tätig ist. Die anderen von Hegel behandelten Gestalten des Bewußtseins sind Gefühl, Anschauung und Vorstellung. Anders als das Cartesianische cogito ist Hegels Begriff des Denkens im weiteren Sinn nicht einfach eine Sammelbezeichnung für alle möglichen seelischen Vorgänge, sondern bezieht sich auf die logische Verfassung der Gedanken. In der „Vorrede zur zweyten Ausgabe“ der Wissenschaft der Logik ist von den Denkformen die Rede, die sich „durch alle unsere Vorstellungen […] hindurch ziehen“. Diese „natürliche Logik“ sei „bewußtlos geschäftig“ und werde erst durch Nachdenken zum Bewußtsein gebracht (GW 21, 14 f.). Dabei läßt sich weiter unterscheiden zwischen dem abstrakten Denken oder der Reflexion des Verstandes einerseits und dem spekulativen Denken der Vernunft andererseits. Während der Verstand v.a. in den empirischen Wissenschaften am Werk ist, obliegt das vernünftige Erkennen der Philosophie. Der Verstand setzt die einzelnen Elemente der Vorstellung zueinander ins Verhältnis, aber diese Beziehung bleibt zunächst äußerlich; erst das philosophische Nachdenken dringt bis zum Wesen der Dinge durch und erfaßt ihren inneren Zusammenhang.

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Im zweiten Kapitel grenzt Soresi Denken und Vorstellung genauer voneinander ab. Besonderes Augenmerk richtet er auf die von ihm sog. nicht-empirischen Vorstellungen. Dieser Ausdruck besitzt meines Wissens keine Entsprechung bei Hegel. Soresi zufolge sind nicht-empirische Vorstellungen „kein Gegenstand der sinnlichen Erfahrung, sondern werden vom Geist hervorgebracht“ (41). Dennoch heißt es wenig später von den nicht-empirischen Vorstellungen, sie erwiesen sich als „an die empirische Erfahrung gebunden“ (44). Um den scheinbaren Widerspruch zwischen diesen beiden Behauptungen aufzulösen, sei an Hegels Bemerkung erinnert, die Vorstellung habe außer dem Sinnlichen „auch Stoff zum Inhalt, der aus dem selbstbewußten Denken entsprungen [ist], wie die Vorstellungen vom Rechtlichen, Sittlichen, Religiösen, auch vom Denken selbst“ (GW 20, § 20, Anm.). Obwohl sie sich auf keine sinnlich wahrnehmbaren Gegenstände beziehen, stellen sie ihren Inhalt in Entsprechung zu empirischen Gegebenheiten vor. In der Religion wird Gott zum Beispiel als Vater vorgestellt, sein Verhältnis zur Welt als schöpferische Tätigkeit usw. Ein derartiges Vorgehen kennzeichnete in Hegels Augen für lange Zeit auch die Philosophie. Mit dem alltäglichen Bewußtsein und den empirischen Wissenschaften teilte sie die stillschweigende Annahme, durch Denken werde das Sein erkannt. In der „Erste[n] Stellung des Gedankens zur Objectivität“ kritisiert Hegel die alte Metaphysik, weil sie ihren Gegenständen einfach eine Reihe von Prädikaten zuschrieb und dabei als einziges Kriterium wiederum die Vorstellung zugrundelegte, die sich das Subjekt von seinem Gegenstand machte. Das bedeutet, wie Soresi darlegt, daß die in einem bestimmten Kulturraum herrschenden Ansichten und Traditionen zur Richtschnur der Wahrheit gemacht werden (58 f.). Der vormaligen Metaphysik stellt Hegel in der „Zweite[n] Stellung des Gedankens zur Objectivität“ die Haltung des Empirismus gegenüber. Gestützt auf die innere und äußere Erfahrung wendet er sich gegen die hergebrachten Überzeugungen. Die Erfahrung hebt mit der sinnlichen Wahrnehmung an; der Verstand bringt die einzelnen Inhalte in die Form allgemeiner Vorstellungen. In den empirischen Wissenschaften entsteht auf diese Weise ein ganzes Netz von Sätzen und Gesetzen, die mit ihrem lebensweltlichen Ursprung am Ende oft wenig zu tun haben. Der Philosophie fällt deshalb, wie Soresi im dritten Kapitel ausführt, die doppelte Aufgabe zu, das unser Weltbild bestimmende begriffliche Gerüst zur Klarheit zu bringen und die abstrakten wissenschaftlichen Theorien an die Wirklichkeit zurückzubinden. Da der Empirismus der Wahrnehmung verhaftet bleibt, vermag er nicht, die Allgemeinheit und Notwendigkeit der begrifflichen Formen zu begründen. Kant versuchte, die Schwierigkeit zu lösen, indem er den Ursprung der Kategorien in das transzendentale Selbstbewußtsein verlegte. Doch mit der Eingrenzung der Möglichkeit des Erkennens auf das Gebiet der sinnlich erfahrbaren Gegenstände oder Erscheinungen will sich Hegel nicht zufriedengeben. Eine neue Konstellation ergibt sich in der mit dem Namen Jacobi verknüpften „Dritte[n] Stellung des Gedankens zur Objectivität“. Während sich der Verstand auf das „Denken als Thätigkeit nur des Besonder n“ (GW 20, § 61 f.) eingeschränkt weiß, beansprucht die Vernunft ein unmittelbares Bewußtsein des Absoluten. Da sie aber zugleich jede Art von Vermittlung bestreitet, kann sich die Vernunft auf ihre Gewißheit lediglich als auf eine Tatsache berufen. Dagegen wendet Hegel ein, daß das religiöse Gefühl der Existenz Gottes selbst als etwas gedanklich Vermitteltes zu

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gelten habe. In der Auseinandersetzung mit Jacobi verteidigt Hegel den Zugriff des begrifflichen Denkens auf das Unbedingte. Die Frage nach dem Absoluten und nach Gott soll nicht dem Gefühl oder der Religion allein überlassen werden. Nach der Abgrenzung von den einseitigen Auffassungen des Denkens als abstrakter Allgemeinheit (Kant) oder als unmittelbarer Gewißheit (Jacobi) kommt Soresi auf die Bedeutung des Ausdrucks „objektive Gedanken“ zu sprechen. Das vorletzte Kapitel enthält eine Analyse der ausgesprochen dichten Eingangsparagraphen zum „Vorbegriff“ der kleinen Logik. Insofern es das Allgemeine hervorbringt, bezeichnet Hegel das Denken dort als „das thätige Allgemeine“ (GW 20, § 20). Soresi verwahrt sich deshalb gegen die Trennung zwischen den Gedanken und dem in ihnen Gedachten. „Die Gedanken als die Produkte der Tätigkeit des Denkens sind die Bestimmtheiten, die jener Tätigkeit ihre Form verleihen.“ (143) In der selbstbestimmenden Tätigkeit bestehe die Subjektivität des Denkens. „Indem es tätig ist, gibt das Denken sich selbst Form und Bestimmung.“ (144) Der Autor verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Denken und Gedanken in sowohl subjektiver als auch objektiver Hinsicht. Im Gegensatz zu dem Denken als Tätigkeit des Besonderen, von dem weiter oben die Rede war, ist das Denken als tätiges Allgemeines frei von allen individuellen Vorgegebenheiten. Das reine Denken unterscheidet sich dadurch von den geistigen Zuständen eines empirischen Ichs, daß seine Bestimmungen nicht durch irgendwelche äußeren Anregungen oder sonstigen Umstände veranlaßt sind. „Formal gesehen ist das Denken objektiv, wenn das denkende Subjekt sich wie ein abstraktes Ich verhält, d. h. wie ein Ich, das allen anderen Ichs gleicht.“ (155) Was den Gegenstand betrifft, zieht Soresi die Grenze zwischen Denken und „Nachdenken über etwas“. Letzteres deutet er gemäß einem „konstruktivistischen Paradigma“ (156 f.): Statt sich in die Sache zu vertiefen und ihre Natur zu erfassen, bringe das Subjekt die Vorstellung des Gegenstands nach seinen eigenen Maßgaben hervor. Dem entsprächen das analytische Verfahren des Empirismus und eine atomistische Ontologie, welche die Dinge in ihre einzelnen Bestandteile zerlegen bzw. als aus solchen zusammengesetzt denken. Hegel dagegen vertrete eine „essentialistische und realistische Auffassung des Allgemeinen“ (161). Der Ausdruck „objektive Gedanken“ (den Hegel im Plural, Soresi stets im Singular gebraucht) besage also „das Sich-bestimmen des Denkens in Entsprechung zu dem konkreten Allgemeinen, welches das Wesen der Sache ist“ (162). Zur Vervollständigung der Untersuchung wendet sich Soresi im letzten Kapitel der Philosophie des subjektiven Geistes zu. Im Unterschied zur Logik behandelt Hegel das Denken in der Psychologie nicht als System begrifflicher Bestimmungen, sondern als Verwirklichungsstufe des Geistes. Soresi tritt für eine gemäßigt naturalistische Lesart der Realphilosophie ein, die eine mechanistische Sicht der Natur ebenso ausschließt wie einen Dualismus zwischen Natur und Geist. Der Übergang vom natürlichen zum geistigen Leben erfolgt lt. Hegel in dem Augenblick, wo die Seele (des Tieres) Gewohnheiten annimmt und so eine allgemeine Ordnung in ihre Gefühle bringt. Zum (menschlichen) Ich wird die Seele erst, wenn sie höhere Formen der Allgemeinheit schafft, in denen sie sich auf ihre eigenen Gewohnheiten bezieht und schließlich sich selbst bestimmt. Soresi erläutert die Schritte vom Gefühl über Anschauung und Vorstellung bis hin zum Denken mit den Zwischenstufen der Erinnerung, der reproduktiven

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und produktiven Einbildungskraft, der Zeichen, der Sprache und des Gedächtnisses. Dabei löst sich der Geist immer weiter von den konkreten materiellen Gegebenheiten. Im Denken erreicht das Subjekt die Stufe seiner Identität mit der Sache. Als Gedanke ist das Allgemeine „die übergreifende Einheit seiner selbst über sein Anderes, das Seyn“ (GW 20, § 465). Soresi erklärt die Identität des Subjektiven mit dem Objektiven als „die Identität zwischen der durch die Tätigkeit des endlichen subjektiven Geistes hervorgebrachten begrifflichen Struktur des Gedankens von etwas und der begrifflichen Struktur jener Sache“ (202). Die übereinstimmende Struktur ist diejenige des Hegelianischen konkreten Allgemeinen, d. h. des Begriffs, der zugleich die Natur der Sache ist. Soresis Buch ist die erste Monographie über Hegels Erkenntnislehre in italienischer Sprache. Aus dem deutschen Sprachraum wären ihm neben der Studie Halbigs1 die Arbeiten Wildenauers2 sowie Rometschs3 an die Seite zu stellen. Es ist deshalb zu bedauern, daß der Autor seine Interpretation nicht genauer von der These Halbigs, Hegel vertrete einen direkten Realismus, abgrenzt und die beiden zuletzt genannten Untersuchungen gar nicht erwähnt. Soresis Abhandlung ist dicht geschrieben, der Gang seiner Argumentation streckenweise etwas unübersichtlich. Erschwert wird das Verständnis durch die Unklarheit, was mit dem Hegel zugeschriebenen Realismus eigentlich gemeint sein soll. Auf diese Schwierigkeit möchte ich abschließend eingehen. Hegel selbst kennzeichnet seine Philosophie, wie mir scheint aus gutem Grund, an keiner Stelle als realistisch. Die einzige Art von Idealismus, zu der er sich bekennt, ist die Ansicht, „daß das Endliche ideell ist“ und „nicht als ein wahrhaft Seyendes anzuerkennen“ (GW 21, 142). Lt. Soresi vertritt Hegel indes einen ontologischen und epistemologischen Realismus. Leider ist Soresis Definition des ontologischen Realismus nicht einheitlich: Heißt es am Anfang noch, darunter sei „die Unabhängigkeit der Welt von dem, was wir über sie sagen, denken und glauben“, zu verstehen (5), wird daraus wenige Seiten später ein „Universalienrealismus“, den der Autor folgender maßen beschreibt: „Das konkrete Allgemeine von etwas, sein aus den es strukturierenden Denkbestimmungen gebildeter Begriff, ist das wahre Wesen jener Sache und, insofern es dieselbe begriffliche Struktur besitzt, mit dem durch die geistige Tätigkeit des empirischen Subjekts hervorgebrachten wahren Gedanken jener Sache identisch“ (11 f.). Was die Epistemologie angeht, lehnt Hegel zwar ein durch Vorstellungen vermitteltes Erkennen ab, doch ohne sich auf die Annahme eines unmittelbaren Wissens festzulegen. Daraus folgt m. E., daß sein gegen den Repräsentationalismus gerichtetes Argument nichts mit der Mittelbarkeit oder Unmittelbarkeit des Erkennens zu tun haben kann. Um dem subjektiven Idealismus sowie der Gefahr des Skeptizismus zu entgehen, entwickelt Hegel vielmehr seine Theorie des Begriffs, der zufolge das Allgemeine keine abstrakte Vorstellung, son-

1

Christoph Halbig: Objektives Denken. Erkenntnistheorie und Philosophy of Mind in Hegels System. Stuttgart-Bad Cannstatt 2002. 400 S. 2 Miriam Wildenauer: Epistemologie freien Denkens. Die logische Idee in Hegels Philosophie des endlichen Geistes. Hamburg 2004. IX, 290 S. (Hegel-Studien. Beiheft 47) 3 Jens Rometsch: Hegels Theorie des erkennenden Subjekts. Systematische Untersuchungen zur enzyklopädischen Philosophie des subjektiven Geistes. Würzburg 2007. 272 S.

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dern eine Formbestimmung der selbstbezüglichen Tätigkeit des Denkens ist. Insofern wir durch Denken erkennen, sind Begriffe nichts dem Erkennenden oder Erkannten Äußerliches, sondern sie bilden die Natur der Sache selbst. Georg Sans SJ (Roma)

Alexander Tikal: Leben als absolute Erkenntnis. Zum philosophischen Anspruch Hegels an der Schwelle zum System. Wilhelm Fink Verlag: München 2012. 257 S. Thomas Hanke: Bewusste Religion. Eine Konstellationsskizze zum jungen Hegel. Verlag Friedrich Pustet: Regensburg 2012. 192 S. (ratio fidei. Beiträge zur philosophischen Rechenschaft der Theologie. Herausgegeben von Klaus Müller und Thomas Pröpper. Band 46) Hegels Jugendschriften haben zuletzt ein verstärktes Forschungsinteresse gefunden. Einen neuerlichen Beleg dafür stellen die im Fachbereich Theologie entstandenen Dissertationen von Alexander Tikal und Thomas Hanke dar. Ihre Arbeiten verbindet eine Lesart, die eine substantielle inhaltlich-thematische Bedeutung der Jugendschriften für die Herausbildung des Hegelschen Systems nachzuweisen sucht. Tikals Interpretation setzt am Begriff des „Lebens“ und mithin v. a. an Hegels Frankfurter Fragmenten an. Gerade in der Auffassung des Absoluten als „Leben“ sei bereits der „spekulative Gedanke […] der Sache nach präsent, wenn auch noch nicht als System und Begriff formuliert“. In ihm zeige sich zugleich die „anti-intellektualistische“, „systemkritische“ Dimension der Jugendschriften Hegels. Besonders scharf komme diese vor der Folie der Philosophie Jacobis in den Blick. Für Hegel und Jacobi gelte dabei, daß ihr Lebensbegriff im Kontext des Johannesprologs, d. h. einer Theologie der „Offenbarkeit des Absoluten“ im „Leben des Denkers“, formuliert sei (18–21). – Da Hegel sich jedoch erst in Jena explizit auf Jacobi bezieht, geht es Tikal nicht darum, konkret „[d]ie Übernahme von Gedankengut aufzuweisen und Einflüsse nachzuzeichnen“. Vielmehr soll aus dem Verständnis des Geistes der Jacobischen Philosophie als Rahmen des frühen Hegelschen Denkens dessen originelle Entwicklung in ihrer „inneren Folgerichtigkeit“ sichtbar gemacht werden (18). Daher untergliedert Tikal seine Studie in drei Teile: Teil 1 (25–98) rekonstruiert Jacobis Begriff des ‚Lebens‘ und seinen Johanneischen Hintergrund, während die beiden übrigen Teile dem ‚Leben‘ als Schlüsselbegriff beim frühen Hegel, v. a. im sog. Geist des Christentums (99–175) und im Systemfragment von 1800 (177–228), nachgehen. Jacobis Philosophie präsentiert Tikal zu Recht in der Doppelrolle von Spinoza-Rekonstruktion und -kritik als Kritik an einer verabsolutierten Rationalität im Namen der Freiheit, die uns aus „unserer Selbstanschauung“ als konkret und zeitlich Handelnde unmittelbar bekannt ist (37 f.). Als Leitbegriff Jacobis erweise sich der Begriff des ‚Lebens‘, insofern er drei Dimensionen umfasse: „Leben im biologischen Sinne“ („bios“, „organologischer Lebensbegriff“), „Leben als Begriff für das Absolute“ („metaphysisch-ontologischer Lebensbegriff“) sowie das „höhere Leben“ eines Menschen („zoé“, „theologischer

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oder soteriologischer Lebensbegriff“) (43). Das biologische Leben stelle als dynamische, „selbstreferentiell geschlossene Wirkeinheit“ das Paradigma für „lebendige Erkenntnis“ überhaupt dar. Da es zugleich „vollständiger kausaler Determination“ unterliege, bedürfe es jedoch im Blick auf die Erkenntnis des Absoluten und Jacobis Auffassung von „Freiheit und Theismus“ einer Modifikation. Daher erweitere der „metaphysisch-ontologische Lebensbegriff“ den organologischen um „Personalität, Duhaftigkeit und Transzendenz“ (46 f., 53) und erlaube damit, in der Beziehung und Differenz zur Personalität Gottes die „Personalität des Menschen“ als „Subsistenz“ und „Wer“-Identität zu denken (55, 59 f.). – Die Unterscheidung von „metaphysisch-ontologischem“ und „soteriologischem Lebensbegriff“ als Unterscheidung des Lebens des Absoluten, das als „Geist das endliche Subjekt umfaßt“, und als Leben des endlichen Subjekts, „das das Absolute in sich und sich im Absoluten erfährt“, bleibt allerdings etwas künstlich, da Tikal selbst letzteren nur vage als ‚Vertiefung‘ oder bloße „Reformulierung […] in Johanneischer Terminologie“ versteht (43, 62). Obwohl Jacobi keine Darstellung des ‚Johannismus‘ gebe, sei dieser in seinen Schriften als „Gedanke der inkarnierten Wahrheit“ im Logos stets „hintergründig präsent“ (63 f., 81). Als lebendiger historisch-praktischer Vollzug wie in der „Meinung“ gelten Reflexion und „propositionale Gehalte“ m. a.W. Jacobi als Mittel des Selbstvollzugs des „höheren Lebens“ (60, 67, 78, 80). Dabei verweist Tikal ausdrücklich auf den Gedanken des nur im ‚Sprung‘ verbundenen Bruchs zwischen Unendlichem und Endlichem, also auf die ‚Unterbrechung‘ des „Wirkens des Logos“ im Konzept einer vernehmenden Vernunft als Eigentümlichkeit des ‚Johannismus‘ Jacobis, allerdings nur, um in das bekannte Urteil von der darin sich zeigenden „logischen Schwäche“ einzustimmen (64 f.), die erst die Auffassung des ‚Springens‘ als „Operationsmodus der Spekulation“ beim reifen Hegel überwinde (88). Daß sich die Betonung des ‚Johannismus‘ Jacobis v. a. der Rückprojektion aus Hegels Frankfurter Schriften verdankt, verdeutlicht Tikals Leitthese der nun folgenden Betrachtung des Lebensbegriffs beim jungen Hegel: Es sei der „Johanneische Logos“, durch den Hegel „zum System“ und zur „Formierung des spekulativen Gedankens“ gefunden (102 f., 122, 157) und der die „Basis“ der kreativen Aneignung anderer philosophisch-theologischer Texte und Traditionen gebildet habe, darunter auch der „Intellektualismuskritik“ Jacobis (104, 107 Anm., 109). Während Johannes aber „das Verhältnis des Logos und des Absoluten selbst nur paradoxal beschreiben“ könne, weil er den Logos als das „unterscheidend-bestimmende Prinzip“ auffasse (124 f.), operiere bereits der Frankfurter Hegel „mit einem Identitätsbegriff anderer Art“, der als „Selbstunterschied des Lebens in sich, von sich als Reflektiertem“ im Vollzug als konkretes persönliches Leben „die Differenz aufgehoben umfaßt“ (126, 128 f., 131). Dieser neue Identitätsbegriff manifestiere sich zunächst als Vereinigungsmoral im „Zusammenfallen von Pflicht und Neigung“ in der „Liebe“, die der Geist des Christentums gegen Kant entwickle (139, 186 f.). Zwar könne der junge Hegel die Identität von Unendlichem und Endlichem hier logisch noch nicht umsetzen (126, 149), so daß die Überlegungen zum absoluten Leben im Feld der Religion bleiben, während die Philosophie bloß als Domäne der verständigen Abstraktion gelte. Gleichwohl eröffneten sich bereits substantielle „Anschlußmöglichkeiten“ für seine reife begrifflich-spekulative Konzeption (131).

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Im letzten Teil seiner Studie analysiert Tikal den Begriff des Lebens im sog. Systemfragment von 1800. Aus der Einsicht, daß der bisherige Leitbegriff der ‚Liebe‘ „als synthetisches Prinzip weder Reflexion noch Gestalt oder Darstellung“ fasse, erhalte der Lebensbegriff nunmehr „sein größtes Gewicht und seine größte Weite“ (188, 193). Der Ausgang vom „unendlichen Leben als absolute Erkenntnis“, das „den als Reflexion qualifizierten Tod aktualiter umfaßt“, würde Hegel hier im Prinzip bereits „die Formation spekulativen Denkens“ erlauben (182, 188 f.). Zwar übersteige die Einheit von Endlichem und Unendlichem im Lebensbegriff noch immer die „logische Faßbarkeit“ (207) und äußere sich in der die bloße Verständigkeit zerrüttenden paradoxalen Rede (209, 211), doch erschöpfe sich der Reflexionsbegriff nicht mehr als reine Antithese zur Vernunftanschauung des Lebens, sondern sei bereits in dem Maße „spekulativ“, wie „die Erkenntnis, daß die Wahrheit ein Sein außer der Reflexion sei, das Progressieren der Reflexion“ nicht beende, sondern qualitativ verändere, „indem sie das Fortgetriebenwerden ohne Ruhepunkt zur geisthaften Leitung in alle Wahrheit macht, die immer schon angekommen ist.“ (222) Die Reflexion zeige sich in ihrer „Gebundenheit […] ans Absolute“, an das „[H]ören auf den Logos“ (226). Obwohl Hegels von Jacobis antiintellektualistischer Kritik bestimmten Jugendschriften, so Tikals Fazit, noch nicht die spätere Dialektik-Konzeption erreichen, erwiesen sie sich als prinzipiell dahin „kontinuierbar“ (219). Nicht die spekulative Auffassung der Reflexion sei das Neue in Hegels reifer Philosophie seit Jena, sondern allein die „konkrete Aus- und Durchführbarkeit des Gedankens in Form eines philosophischen Systems“ (223). Das Verdienst von Tikals Studie besteht in der Würdigung der Bedeutung Jacobischer Motive für den jungen Hegel mit der überzeugenden These, daß sich unter Einrechnung Jacobis das „Zickzack“ der traditionellen Lesart von Hegels Jugendentwicklung (Rousseau-Anhänger, Kantianer, Fichtianisierter Spinozist) begradige (18 Anm.). Der Verzicht auf detaillierte Einfluß-Analysen läßt indes in einzelnen Punkten Raum für weitere Untersuchungen. Dies gilt in dem Maße auch für das Verhältnis von Hegels Jugendschriften und denjenigen seit Jena, wie Tikals Studie nur auf den Nachweis der Kontinuierbarkeit, nicht der tatsächlichen Kontinuität zielt. Tikals Betonung des Einflusses des ‚Johannismus‘ auf Hegel und die Herausbildung seines reifen Systems leidet schließlich etwas daran, daß der Gehalt des ‚Johannismus‘ und des für ihn zentralen Inkarnationsgedankens wenig sachliche Kontur gewinnt jenseits von Hegels eigener Lesart. Einer solchen bedürfte es jedoch, um Hegels Überlegungen durch den Verweis auf den ‚Johannismus‘ zusätzlich inhaltlich erhellen zu können.Tikals Sprache formuliert zudem gelegentlich ein wenig enigmatisch. Auch wäre eine größere Sensibilität für das noch immer bestehende Problem der ungesicherten Textlage bzgl. der Hegelschen Jugendschriften wünschenswert. Auch Hankes Studie sieht die Bedeutung Jacobis für Hegels Jugendschriften (125 f., 149–154), setzt jedoch einen ganz anderen Akzent, indem sie mit Dieter Henrich das doppelte Konzept einer konstellationsanalytischen Untersuchung der Entwicklung des Hegelschen Denkens bis 1802 (31–127) und einer „Vergegenwärtigung“ des Religionsbegriffs des jungen Hegel für die aktuelle Diskussion (131–156) verfolgt. Die Konstellationsforschung i. S. einer sachlich aneignenden Rekonstruktion der Debattenverläufe an Hegels Lebensstationen soll die These verteidigen, daß (a) ein intimer

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genealogischer Zusammenhang „zwischen dem Thema der Religion“, das Hegel zunächst leite, und „der Grundlegung einer Philosophie […], die ihren Ausgang von der Struktur menschlicher Subjektivität nimmt“, bestehe und daß (b) trotz einer konzeptionellen „Zäsur“ in Jena auch inhaltlich Hegels „‚wahre Philosophie‘ von der frühen Suche nach dem „wahren Christentum“ substantiell affiziert sei (16–18, 22). Bereits in Tübingen würden wichtige Weichen für Hegels Denken gestellt, insofern die Deutungen von Kants Moral- und Religionsphilosophie durch seine Lehrer Flatt und Rapp Hegels Interesse auf die Frage nach einer „im Volk tatsächlich gelebten und es verbindenden Religion“ lenkten (46, 52). Der Einfluß „der ihm grundsätzlich stimmig erscheinenden Kant-Adaption Rapps auf dem praktischen Feld“ verstelle Hegel den Blick für das Bedürfnis der Überbietung Kants, das Fichte und Schelling bereits zu neuen fundamentalphilosophischen Entwürfen führe (53, 76). Hegels auch in Bern fortgeführte Analyse des Christentums als Volksreligion unterliege durch den Briefwechsel mit Schelling jedoch einer ersten Revision: Religion werde nicht mehr „als zusätzliche Triebfeder moralischen Handelns“, sondern in der Wendung gegen die Positivität und Objektivität der faktischen Religion sowie gegen die Anerkennung sinnlicher Antriebe in der Moral nunmehr als „reine Vernunftreligion“ i.S. des Autonomie-Konzepts der Kantischen Ethik thematisiert. In der damit verbundenen Verabschiedung des Gottespostulats zeichne sich erstmals ab, „dass philosophische Reflexion über Religion wohl nicht ohne Reflexionen über den Gottesbegriff“ und den in ihm eingegangenen „theoretischen Verpflichtungen“ zu haben sei. Damit werde im Prinzip bereits das Problem der „Einheit der Vernunft“, das „elementare Fragen einer Philosophie der Subjektivität und damit der Grundlegung einer Philosophie überhaupt“ aufwerfe, vorbereitet (67 f., 73 f., 124). Der intensive Austausch mit Hölderlin, Zwilling und Sinclair führe schließlich in Hegels Frankfurter Manuskripten zur „Verkettung einer von der Analyse des Selbstbewusstseins ihren Ausgang nehmenden Fundamental- mit einer ihr angemessenen Religionsphilosophie“ (124). Entscheidend sei, daß Hegel (a) trotz der Nähe zu Hölderlin dem Problem des Christentums als lebbarer Religion treu bleibe und (b) zunehmend durch die „idealistischen Anfragen Zwillings“ gegen Hölderlin und Sinclair beeinflußt werde (125). Bereits Hegels erste Frankfurter Texte zeigten einen durch Hölderlins Fichtekritik geprägten neuen Religionsbegriff: Wegen der nun als solcher durchschauten Beherrschungslogik im Konzept reiner Moralität kehre Hegel zum bereits in Tübingen wichtigen Begriff der „Liebe“ als freie, „wahre und wirkliche Vereinigung“ zurück (87, 91). Während Hölderlin Religion als „Liebe der Schönheit“ nur als „Zweitgeborene“ nach der Kunst gelte, sei sie für den Frankfurter Hegel, so Hanke gegen Pöggeler, jedoch „eins mit der Liebe“ und selbst Name der „Subjekt-Objekt-Einheit“ (93). Hegel entferne sich im Fragment Glauben und Sein auch dahingehend von Hölderlin, daß er zwar gegen Zwillings Stehenbleiben beim „progressiven Wechsel der Reflexionen“ noch die Vorgängigkeit des Seins vor der reflexiven ‚Urteilung‘ verteidige, zugleich aber nunmehr die Vorstellung eines „Jenseits“ der Vernunft, wie sie ein positiver Glaube voraussetze, zurückweise (97). Spätestens seit 1799 fasse Hegel schließlich selbst auch die „Liebe“ als „dynamischen Prozess“ von Entgegensetzungen, d. h. als „Leben“, wenn auch noch im Modus der Religion, noch „nicht als Wissensrelation“ (98, 100). In diesem Sinne erscheine im sog. Geist des Christentums die Gestalt Jesu, indem er qua ‚Liebe‘ die wirkliche

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Einheit von Freiheit und „Schicksal“ sei, als „der lebendige Künder eines neuen Konzepts des Absoluten“. Die Diagnose, daß empirisch jedoch die „rein subjektive“ bzw. die „rein objektive“ Mißdeutung dieser Einheit gesiegt habe und Jesus wie die von ihm gestiftete Religion politisch-praktisch unwirksam geblieben seien (103 f., 106), führe Hegels ursprünglich anthropologische Religionsanalyse im Systemfragment endlich zu einer „metaphysischen Betrachtung des Verhältnisses des Endlichen und Unendlichen“, zur Frage nach einem „Konzept des Absoluten“ und dem „Verhältnis der menschlichen Vernunft zu diesem Absoluten“ und mithin auch zur Frage nach dem Verhältnis von Religion und Philosophie. Insofern diese Hegel noch als ‚bloße Reflexion‘, d.h. als absolute Trennung von Endlichem und Unendlichem gelte, müsse sie zwar in die Religion überstiegen werden (108 f., 147), jedoch, so Hegels Wendung gegen die Christentum wie Judentum, Fichte wie Jacobi zugeschriebene „‚Erhebung über endliches Leben‘“, als „‚Erhebung des endlichen zum unendlichen Leben‘“, als „‚Verbindung der Verbindung und der Nichtverbindung‘“ in der „Bewegung der Liebe“ (110–112). Wie Tikal sieht auch Hanke damit im Systemfragment die Reflexivität bereits über die ‚bloße Reflexion‘ hinaus. Die Entscheidung für den philosophischen „Monismus“ des „Geistes“, d.h. für die „These, das Absolute sei erkennbar und selbst als Erkenntnisvorgang zu fassen“, sei eigentlich bereits in Frankfurt und vor der Zusammenarbeit mit Schelling getroffen (158). Auf dem Gebiete der Religion bleibe Hegels Wendung jedoch „hypothetisch“ und ohne Verwirklichung (126). Diese Aporie bereite letztlich die in Jena vollzogene „Neuorientierung“ der Fragestellung und Hinwendung zur „Fundamentalphilosophie“ und zum „System“ vor (113, 123), die daher nicht einfach nur den Bruch mit einem gescheiterten alten Programm darstellten, sondern auf der Grundlage der „in den bisherigen Konstellationen erworbenen ‚Bildung‘“ geschehen (113). So profitiere die in der Differenzschrift und in Glauben und Wissen vorgetragene Kritik am Positivismus des Verstandes, mithin am diagnostizierten Versuch Kants, Fichtes und Jacobis, die „Aufgabe der Vernunft“ mit den Mitteln des bloßen Verstandes zu lösen, von den religionskritischen Überlegungen der Jugendschriften (115, 119, 121). Zudem stelle der Neueinsatz mit dem Primat der philosophischen Vernunft als Organ der begrifflichen Einheit von Endlichem und Unendlichem selbst, insofern er die Kritik am Rest-Positivismus der eigenen These von der philosophischen Unerkennbarkeit des absoluten Seins enthalte, die konsequente Fortführung des „Grundanliegens“ des jungen Hegel dar, „Leben gegen positive Überformungen geltend zu machen“ (152). Im in Fragestellung und Methode sehr selbständigen letzten Teil seiner Studie fragt Hanke in überraschend ausschließlicher Konfrontation mit Henrichs Überlegungen zum „Zusammenhang von Subjektivität und Religion“ (129) nach der Aktualisierbarkeit von Hegels frühen religionsphilosophischen Entwürfen in der heutigen Debatte. Gegen Henrichs religionskritische Position, wonach Religionen gegenüber dem (nach Henrich nicht vollständig selbst-transparenten endlichen) Denken bloß „defiziente Modi der Lebensdeutung“, ja gar „Fluchtversuche vor dem Ernst und der Freude eines selbstbewusst geführten“ und aus sich selbst affirmierten Lebens seien (138, 161), lasse sich mit dem jungen Hegel in dem Maße die sachliche Relevanz der „Religion im Prozess bewussten Lebens“ verteidigen (163), wie für ihn die Religion, genauer: die „aus religionsphilosophischem Protest geborene Anfrage an das Konzept des Absoluten“

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nicht nur historisch, sondern auch konzeptionell das „Movens für die Herausbildung einer philosophischen Grundoption“ bilde (159–161). Auch wenn diese Überlegungen nicht stark genug sind, die systematische Relevanz der Religion für Philosophie und bewußte Lebensführung tatsächlich prinzipiell zu beweisen, bietet Hankes Studie eine informative konzentrierte Übersicht über die Entwicklung von Hegels Denken zwischen 1792–1802, deren interessante Pointe darin liegt, im Aufweis des durchgängigen Leitmotivs der Religion als einflußreiche Vorgeschichte des spekulativen Systems Interpretationen zu widerlegen, die die systematische Rolle der Schönheit bzw. der Ästhetik beim jungen Hegel überschätzen oder sein reifes System als aus der ‚Hybris des Denkens‘ entstanden verstehen (78). Zugleich zeigt Hankes Studie aber ungewollt selbst die Grenzen des gewählten konstellationsanalytischen Ansatzes an, v. a. wenn er denkbar eng als Analyse des unmittelbaren persönlichen intellektuellen Umgangs entwickelt wird. Denn die im letzten Teil aufgeworfene Frage nach der Aktualität des sachlichen Gehalts der frühen religionsphilosophischen Überlegungen Hegels zwingt Hanke zum Nachreichen entscheidender inhaltlicher Gesichtspunkte, wie der für Hölderlin wie Hegel wesentlichen Jacobi- und Spinoza-Beziehung, die innerhalb des konstellationsanalytischen ersten Teils keinen Ort finden konnten, ohne die der Religionsbegriff des frühen Hegel jedoch essentiell unterbestimmt bliebe. Oliver Koch (Bochum)

Ioannis Trisokkas: Pyrrhonian Scepticism and Hegel’s Theory of Judgement. A Treatise on the Possibility of Scientific Inquiry. Brill: Leiden/Boston 2012. xvii, 357 pp. (Critical Studies in German Idealism. 8) Diese Untersuchung behauptet, die erste (gemeint ist wohl englischsprachige) Untersuchung zu sein, die die Überwindung der Problematik der Skepsis an Hand der Hegelschen Logik vorführt. In einem ersten Teil beleuchtet Trisokkas das Problem der Wahrheit. Die Pyrrhonische Problematik bezieht sich auf die Frage, was gerade die Wahrheit des Seins ist. Gegen unmittelbare Urteile führt die Skepsis Äquipollenz-Attacken durch. Die Auflösung der dabei auftretenden Ansprüche kann nicht voraussetzungslos geschehen, weil dies in einen Regreß oder Zirkel führt. Dagegen ist nach Trisokkas die Möglichkeit der Seinserkenntnis zu beweisen, weil es sonst weder einen Gegenstand noch eine wissenschaftliche Erkenntnis gibt. Die minimale Kennzeichnung eines wissenschaftlichen Diskurses besteht darin, daß sogar die Skepsis die geregelte Zusammenfügung von Propositionen annehmen muß, sofern eine Untersuchung impliziert, daß Sachverhalte gegeben sind und als solche ohne Widerstreit im Diskurs ausgesagt werden. Dagegen bietet Hegel die Vernunft und die Vereinigung von Wahrheitsansprüchen auf: Hegels Theorie des Urteils zeigt, wie eine positive Vereinigung gegensätzlicher Ansprüche doch möglich ist, so daß die Pyrrhonische Skepsis abgehalten und widerlegt werden kann. Zu diesem Zweck

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stützt sich Trisokkas Hauptargument auf Hegels Behauptung aus dem (von Trisokkas genial genannten) Skeptizismus-Aufsatz, daß „jeder […] Vernunftsatz sich in zwey sich schlechthin widerstreitende auflösen läßt […].“ (GW 4, 208) Die spekulative Philosophie hat mit gegensätzlichen Aussagen kein Problem, denn das Vernünftige ist das Verhältnis selbst oder die Indifferenz der Konstituentien, die einen gleichen Wahrheitswert haben. Damit erscheint eine höhere Fassung der Vernunft in Beziehung auf den Verstand, weil in dem Vernunftsatz die Verbindung des Wahrheitsanspruchs mit dessen Negation auf wahrhafte Weise gelingt. Dabei rekonstruiert Trisokkas jedoch weder die dabei vorausgesetzte Problematik von Logik und Metaphysik noch scheint ihm einzuleuchten, daß die Vernunft kein Vermögen der Urteile, sondern (Kantisch) der Schlüsse ist. In einem (unzureichenden) Zwischenspiel erläutert Trisokkas die phänomenologische Problematik der Formen des Bewußtseins als Darstellung eines spezifischen Vernunftsatzes in phänomenologischer Art und Weise. Das Bewußtsein mit seinen ontologischen Wahrheitsansprüchen wird von der Nicht-Identität von Wissen und Sein geprägt. Sämtliche Formen desselben haben einen transformativen Inhalt: Jede Widerlegung erreicht einen neuen Inhalt; die widerlegten logischen (und nicht-geschichtlichen) Formen bestehen innerhalb der neuen Form; die Aufeinanderfolge bildet eine Ordnung, deren letzte die denkende Identität von Erkennen und Sein oder das absolute Wissen ist. Dieses enthält jedwede wahrhafte Bestimmung in ihm aufgehoben. Das bloße Setzen eines Inhalts, welcher nicht mehr auf eine Form des Bewußtsein reduzierbar ist, wäre Garant eines wissenschaftlichen Status, ist aber bloß der einzig mögliche Standpunkt des Denkens. Der Anfang der Wissenschaft enthält die Identität von Erkennen und Sein aus der Aufhebung der Bewußtseinsformen als einen reichen Inhalt, der von ihrer Präsenz her dargelegt wird. Die Identität hat sich als eine vollständige ontologische Theorie zu zeigen, und sie hat vorzuführen, wie ihre Darstellung in Urteilen als Lehre des Vernunftsatzes der Pyrrhonischen Problematik entgehen kann. Wo das „Sein ist Sein“ keinen Wahrheitsanspruch erhebt und keine Skepsis widerlegt, da es lediglich das Setzen des erkennenden Standpunkts ist, gibt das „Sein ist Nichts“ einen Konflikt her und wird nach Trisokkas deshalb zu einem Urteil. Die weitere Theorie des Vernunftsatzes hat dann innerhalb des logischen Rahmens die Ansprüche der Vernunft und deren kategoriales Gefüge zu rechtfertigen. Der Begriff ist das Thema des zweiten Teils, das innerhalb der Logik als wirkliches Gefüge der Vernunft auftritt. Der Begriff enthält daher eine Notwendigkeit zur Darstellung der Totalität der kategorialen Bestimmtheiten Allgemeinheit, Besonderheit und Einzelheit (von Trisokkas unrechtmäßig stets mit ‚Individualität‘ übersetzt), die die Selbstbestimmungen desselben Einzelnen sind. Die Allgemeinheit ist ein identisches Selbst-enthalten, das von sich aus auf nicht-kausale Weise hervorgebracht ist, wozu sie die Existenz verschiedener Beziehungen in sich benötigt. Die Allgemeinheit muß sich selbst also zur ontologischen Fassung singularisieren. Zwecks dieser Exemplifizierung unterscheidet Trisokkas zwei Modelle: das einfache Bewegungsmodell (Single Movement Model) und das doppelte Bewegungsmodell (Double Movement Model). Das erstere (formal-logische) verwendet lediglich das veräußerlichende Scheinen, wodurch die Selbstidentität ihre bestimmende Auflösung in ein höheres, fortwährend abstrakteres Allgemeines fordert und das höhere Allgemeine sich nicht zu dem Aufgelösten als seine

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eigene Andersheit verhält, wodurch der Inhaltscharakter des Allgemeinen teilweise verlorengeht. Das richtige Modell dagegen offenbart die Allgemeinheit als Gattung in ihrer eigenen Bestimmtheit, die ihren selbstidentischen Charakter im spekulativen Scheinen in sich selbst konstituiert. Die Auflösung unterbricht nur die Selbstsubsistenz der Allgemeinheit, wodurch sie zum Prozeß des Manifestierens als Besonderheit wird. In dem höheren Allgemeinen gibt es einen Punkt, in dem ein geeignetes höchstes Allgemeines erreicht wird. – Diese Darstellung enthält aber einige Schwierigkeiten: Es ist nicht deutlich, welche skeptische Probleme mit dieser Gliederung eines konkreten Allgemeinen gelöst werden, weil eine spekulative Fassung eines formalen Sachverhalts nicht evident ist. Und die spekulative Fassung selbst unterbietet bei Trisokkas die Begriffslogik, sofern ein Scheinen in sich nur wesenslogische (und keine begriffliche) Schritte durchführt. Die Besonderheit entstammt der Dialektik des Allgemeinen. Sie ist Form und Inhalt des Begriffs in seiner existierenden Bestimmtheit und hat einen begrifflichen Charakter, welcher für jedwedes Besondere gilt. Ihr Problem ist damit das Aufzeigen der Vollständigkeit. Die Vollständigkeit kann weder unbestimmt noch äußerlich gegeben sein, weil die Bestimmtheit nicht auf subjektive Weise für ein Drittes existieren kann. Totalität bedeutet also Prinzip-Sein. Durch Spezifizierung wird eine Handlung das Aggregat der Besonderen entweder dem Existieren oder der Bestimmtheit nach in seiner Vernünftigkeit spezifizieren. Deshalb können prinzipiell sämtliche Kategorien aus der reinen Identität des logischen Erkennens entfaltet und als zum ‚reichen Inhalt‘ gehörig aufgeführt werden. Mit dieser Totalität sind sodann Dimensionen der Besonderheit gegeben: Abstrakt steht das Besondere gegen Besonderes, aber es erhält durch die Abstraktion doch die Bestimmtheit des Begriffs; denn in diesem Bestehen abstrahiert das Besondere sich von sich selbst als die Totalität von Bestimmtheiten. Solches zweifaches Bestimmen des Besonderen entsteht aus der Abstraktion und der Wiedergewinnung oder Auflösung. Beide Beziehungen entstammen einem exklusiven Element, das sich nur auf sich allein bezieht: der Einzelheit. – Auch bei dieser ‚spekulativen‘ Darstellung scheint Trisokkas nur ein Modell zu bedenken, um einen „vernünftigen Satz“ zu bestimmen. Wie läßt sich aber ein Skeptiker überzeugen, wenn schon ein formaler Logiker Schwierigkeiten machen würde? Die Einzelheit zeigt die Bestimmtheit des Charakters des vernünftigen Denkens. Sie löst die Konflikte innerhalb der affirmierenden Setzung dadurch auf, daß sie die konfligierenden Bestimtheiten: Totalität und Subsistenz der Allgemeinheit einerseits sowie Unterscheidung und Abstraktion der Besonderheit andererseits, auf das gleiche existierende Element zurückführt, wodurch es keine Idee oder kein System gibt, das nicht vereinzelt ist. Sie ist Unmittelbarkeit und nach Trisokkas als Diese auch ein Ding von Eigenschaften. Deshalb ist sie Nichts als eine indifferente Instantiierung der Allgemeinheit und affirmiert ein absolutes Bestehen. Insofern ist sie der ‚gesetzte Verlust‘ des Begriffs, weil in ihr Form und Inhalt der Einheit der Momente, die zur immanenten gliedernden Totalität des Begriffs gehören, keine fixierte Differenz mehr haben. Sie zeigt also, wie sie die fundamentale Gliederung des Begriffs vernichtet, da(-mit) sie in eine neue Sphäre des Urteils eintreten kann. – Mit dieser Darstellung erreicht Trisokkas zwar die konstitutiven Elemente für die Entfaltung des Urteils; unklar bleibt aber noch

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immer, wieso diese Begriffselemente gegen die mögliche Skepsis vorgebracht werden können. Das Urteil wird im dritten und für Trisokkas entscheidenden Teil untersucht: Urteilen ist das Wesentliche des Denkens, so – wenigstens nach Trisokkas – Hegel, denn im Urteil wird auch die sprachliche Verfaßtheit des Begriffs eingeholt. Im Vorbegriff, wie Trisokkas betont, überwindet die Darstellung des Vernunftsatzes die Pyrrhonische Skepsis, wenn sie aus der Tautologie des reinen unbestimmten Seins durch einander widerstreitende und sich vereinigende Urteile entfaltet wird. Das Einzelne hat sich als ein Urteil gezeigt, so daß die Logik eine spekulative Lehre des Urteils ist. Das Urteil verbindet zwei Besondere, die von Anfang an (spekulativ) verbunden sind. Es ist die Einheit oder das fixierte Verhältnis von begrifflichen Bestimmtheiten, deren jede die Totalität der Begriffsbestimmtheiten enthält. Wieso gibt es dann neue Termini? Trisokkas antwortet: weil die Elemente Totalitäten sind, deren Subsistenz ein Drittes: die Copula, zeigt. Für das vorstellende Denken möchte das in der Subjektstelle benannte Ding zwar unabhängig bestehen; aber die ontologische Struktur des Urteils verwandelt die Subjektstruktur in eine objektive, die die ursprüngliche (oder spekulative) Einheit zeigt. Das Urteil ist (vernünftig betrachtet) keine Verbindung von ursprünglich unverbundenen Begriffen, sondern die Art und Weise, wie der Begriff oder das vernünftige Sein in dem rationalen Diskurs und in seinem eigenen kategorialen Bereich bestimmt erscheint. Die Darstellung des Urteils beginnt bei der unzureichenden Lage in Gestalt der subjektiven Darstellung desselben; das Urteil muß eine Objektivität aufzeigen, die aus der Vorstellung des Verstandes entfaltet wird. Die Daseinsurteile zeigen die Beständigkeit des Verhältnisses in der Darstellung der drei Bestimmtheiten: Subjekt oder Einzelheit, Prädikat oder Allgemeinheit und Copula als die Totalität der Besonderheit. Die Unmittelbarkeit unterdrückt aber sowohl die Totalität als auch die Einheit. Damit ist wieder ein Hindernis für die wirkliche Leistung aufgetaucht: die nicht-spekulative Bedeutung der Copula. Deshalb gelingt es dem Subjekt nicht, die Besonderheit selbst auszudrücken. Die Diskrepanz zwischen der Bedeutung der Copula und derjenigen der aufgezeigten Dialektik macht den Untergang des positiven Urteils aus. Das Einzelne ist nicht das (Hegel schreibt ,ein‘) Allgemeine(s). Hegel zeigt dabei nach Trisokkas, daß das Negative nicht bloß sprachlich, sondern ontologisch zu verstehen ist, so daß auch das Prädikat als vernünftig manifest wird. Die ontologische Gliederung von Allgemeinheit und Einzelheit, die aufeinander bezogen sind, zeigt sich als Besonderheit, wodurch die Totalität wiederhergestellt wird. Aber in dem unendlichen Urteil, wodurch eine leere Tautologie entsteht, die kein Urteil mehr ist, weist dieses bestimmte Urteil keine Begriffsstruktur mehr auf, was nicht bedeutet, daß der empirische Inhalt, sondern die Gliederung des Urteils unzureichend ist. Die Reflexionsurteile intendieren, das Verhältnis von Einzelnem und Allgemeinheit als Selbstverhältnis der Einzelheit im singulären Urteil zu exemplifizieren. Das partikuläre Urteil drückt nur Besonderheit aus, wird aber in Universalität verwandelt. Die Allheit oder subjektive Allgemeinheit wird durch den Genuß oder die objektive Allgemeinheit in dem universellen Urteil ersetzt; das Subjekt ist dadurch ein vollständiges Ding geworden, indem es sich als Genuß setzt und das Prädikat sich als gerade die gleiche Totalität an Bestimmtheiten zeigt; deshalb wird jetzt erkannt, daß jedes

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unmittelbare Auftreten zugleich ein Aufweisen spezifischer Bestimmtheiten ist. Das allgemeine Sein des Subjekts verbindet die anderen Teile des Urteils in notwendiger Weise, womit die Objektivität des Urteils entsteht. Kein Subjekt kann ohne eine ,allgemeine Natur‘ im Diskurs fungieren, und dies ergibt eine universelle Sphäre seitens des Prädikats. Solche genuine Allgemeinheit, die in sich selbst die Totalität des Genusses erhält, läßt eine wirkliche Selbstbeziehung des Begriffs entstehen. Diese objektive Allgemeinheit bedeutet die Bestimmtheit und Allgemeinheit in sich, wobei Subjekt und Prädikat immanent oder notwendig miteinander verbunden werden, wie die Urteile der Notwendigkeit zeigen. Der Beweis der Objektivität des Urteils ist nun vollständig: Zu zeigen ist, weshalb die Form des Urteils dem Inhalt desselben folgt. Die Copula erscheint nun als Symbol des immanenten Verhältnisses; aber dies kann auch nicht sein. Deshalb zeigt die kategorische Form nur die substantielle Identität der Einzelheit und Allgemeinheit. Das kategorische Urteil erreicht keine angemessene Form, sofern es unmittelbar bleibt; das zweite, hypothetische Urteil vernichtet die Relata der Relation; das disjunktive erreicht nur die empirische Allgemeinheit, obwohl es die Wechselwirkung ‚widerspiegelt‘. Das Entweder-Oder verbleibt innerhalb der Allgemeinheit oder ist inklusiv. Wegen der Widersprüchlichkeit integriert es sämtliche Phasen der Dialektik. Das disjunktive Urteil zeigt also, daß der Begriff die Totalität der Bestimmtheiten ist, die von dem Prinzip der Allgemeinheit entfaltet werden. Die spekulative Theorie des Urteils wird von den Begriffsurteilen vervollständigt, sofern die Dürftigkeit des disjuntiven Urteils lediglich darin besteht, daß der Aufweis der Totalität der Bestimmtheiten selbst nicht immanent geschieht. Obwohl es bereits an die Wahrheit heranreicht, bleibt das Subjekt selbst noch unterschieden vom Prinzip der Distinktion. Nun ist es von der spekulativen Theorie des Urteils sowie in Termini desselben aufzuweisen. Nach Trisokkas ist das spekulative Kriterium der Wahrheit jetzt immun gegen die Skepsis, weil es durch die Dialektik des Urteils, durch die Vereinigung von konfliktbezogenen Vernunfturteilen ausgebildet ist. Die Urteile haben dasjenige, was implizit wahr ist, als notwendig gezeigt, wenn das Urteil sich selbst entfalten kann. Das Falsche ist eine nur teilweise Korrespondenz oder unvollständige Exemplifizierung durch ein Vernunfturteil. Nun ist ein Urteil lediglich wahr, wenn seine Negation nicht ebenso wahr ist; ein solches Kriterium trifft jedoch nicht auf Vernunftsätze zu, weil sämtliche Urteile zur gleichen Wahrheit der Vernunft gehören. Dies ist die Tatsache, die im assertorischen Urteil als die Natur des Urteilens selbst gezeigt worden ist. Die Vereinigung entstammt der Beschreibung des wahren Wesens der Begriffsurteile, das die ontologische Gliederung selbst – und kein bloßes Mittel – gegen Skepsis darstellt. Das Begriffsurteil hat dies noch zu erweisen. Insbesondere die Äquipollenz wird noch vom problematischen Urteil repräsentiert. Das apodeiktische Urteil zeigt dann die immanente Lösung der Widersprüche aus ihnen selbst zur Vereinigung in dem endgültigen Vernunftsatz. Dieses komplexe Urteil affirmiert die Wahrheit, wobei dessen Nicht in der Form des Urteils sichtbar und sein eigener Inhalt weiter entfaltet wird. Dies ist nach Trisokkas der tatsächliche Nachweis, daß das ontologische Projekt gegen die Pyrrhonische Skepsis immun ist, wenn die drei Begriffsurteile zusammenwirken unter der einzelnen Form des Begriffsurteils. Der Vernunftsatz oder das Begriffsurteil wird also von einer Mehrheit der Urteile und unter Formen desselben konstituiert, die aber

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insgesamt aus der Selbstbewegung eines singulären Urteils entspringen. Der noch anstehende Syllogismus wird das Urteil als Ausdruck der Wahrheit nicht ersetzen, da er nach Trisokkas lediglich eine detailliertere Fassung des Begriffsurteils bietet. Die spekulative Theorie des Urteils gibt also nach Trisokkas eine vollständige Auflösung der Skepsis, da das Begriffsurteil aus einem Prozeß von unmittelbaren Urteilen entsteht und es genau diesen Prozeß zum Thema macht, so daß widersprechende Urteile in deren Auflösung einen positiven Ausgang haben. Damit wird Hegels Begreifen der propositionalen Wahrheit ermöglicht. Dies leistet eine Kohärenztheorie der Wahrheit, die immanenter Weise aus der Tautologie des Seins durch die Vereinigung der Sätze entsteht. Damit wird sie in der Form der ontologischen Propositionen oder Sätze erreicht, wozu die Skepsis gleichermaßen verwandt sowie eliminiert wird; zudem kann sie sprachlich einheitlich artikuliert werden. Die Wissenschaft ist dadurch eine spekulative Ontologie. Leider ist der Prozeß der Logik mit dem Urteil nicht an ein Ende gelangt. Schon der Syllogismus ist nicht die Erweiterung der Urteile, sondern die Ersetzung derselben, die erst dort eine immanente, bloß subjektive Selbstbeziehung des Begreifens seiner selbst herstellen, was gerade die Bedeutung der Vernunft gegen jede mögliche Urteilsprädikation herausstellen kann. Gegen eine solche Subjektivitätskonzeption aber bietet die Skepsis zudem eine ‚Leerheitsdrohung‘ derselben an, so daß Trisokkas erstens bereits die ontologische Lesart hätte präzisieren müssen. Was aber Trisokkas darüber hinaus nicht leistet, ist ein überzeugender Nachweis, daß – und noch weniger wie – die Skepsis die Spekulation (sie ist ja das zweite dialektische Moment jeder Bestimmtheit) forttreibt. Insgesamt versucht Trisokkas lediglich, den geforderten oder von Hegel in Jena behaupteten Vernunftsatz zunächst durch die Lehre des spekulativen Satzes und sodann durch die Urteilslehre zu ersetzen. Jede dieser Formen integriert dabei verschiedene, gegenläufige oder widersprüchliche Propositionen. Aber damit ist die Funktion der Skepsis für eine spekulative Logik nicht ausreichend vorgeführt. Vielleicht hätten einige von ihm nicht zur Kenntnis genommene deutschsprachige Versuche (zu nennen sind nur einige Hans Friedrich Fuldas) ihn belehren können, wie die Skepsis wirklich integriert werden kann: Dann aber ist die spekulative Logik keine Ontologie mehr, sondern die Darstellung eines Denkens, das sich selbst als Wahrheit ausarbeitet. Lu De Vos (Leuven)

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Jean-Louis Vieillard-Baron: Hegel. Système et structures théologiques. Les Éditions du Cerf: Paris 2006. 321 pp. Cet ouvrage clair et courageux affiche très tôt ses convictions: il entend s’opposer aux interprétations, particulièrement dominantes en France, qui pensent que l’on peut comprendre Hegel sans tenir compte des présuppositions et des implications théologiques de sa pensée. M.Vieillard-Baron pense à des interprètes comme Sartre, Kojève, d’Hondt, Éric Weil, voire à Jean Hyppolite, pour lesquels la doctrine de Hegel serait athée, car l’homme y aurait pris la place de Dieu. Ces lectures ignorent singulièrement les sources, la conceptualité et la place cruciale que tient la religion dans la pensée de Hegel. Les sources puisqu’il est assez connu que Hegel a d’abord fait des études de théologie, se destinant à la carrière de pasteur, et que tous ses premiers écrits traitent de religion. On ne sache pas que Hegel ait jamais fait état de quelque conversion ou Kehre à ce chapitre. La conceptualité de Hegel est de part en part assez imprégnée de termes aux résonnances théologiques pour qu’il soit nécessaire d’y insister: Esprit, Absolu, Infini,Vendredi saint spéculatif et surtout l’idée d’un Absolu qui s’extériorise pour faire l’expérience de la souffrance. Quant à la place systématique de la religion, elle est volontiers passée sous silence par les interprètes athées, mais comment la méconnaître? Elle forme l’avant-dernier chapitre de la Phénoménologie, après l’Esprit et avant le Savoir absolu, puis le moyen terme – et selon l’auteur le centre déterminant – de l’Esprit absolu dans l’Encyclopédie, entre l’art et la philosophie. À Berlin, Hegel a donné de célèbres cours sur la philosophie de la religion et les preuves de l’existence de Dieu, où il réhabilitait vigoureusement la preuve ontologique. Disons que si Hegel était athée, il ne le laissait pas beaucoup paraître. L’étude lumineuse de Jean-Louis Vieillard-Baron rappelle ces choses, qui ne sont pas entièrement nouvelles et que devrait en principe savoir tout hégélien. Or ce qui devrait être su ne l’est pas toujours. Le double mérite de ce livre est donc de s’inscrire en faux contre les lectures obstinément non théologiques qui sont le fait d’interprètes qui plaquent sur Hegel, en une malencontreuse fusion d’horizons, leurs propres préjugés, et de montrer à quel point la systématique même de la pensée hégélienne est impensable sans son arrière-plan théologique et plus particulièrement chrétien. Est-ce à dire que tout le système de Hegel est lui-même théologique? Le titre le laisse deviner: l’adjectif „théologique“ peut y qualifier à la fois les structures essentielles et le système même de Hegel. L’auteur n’ignore pas que si des interprétations radicalement athées et hyperthéistes de la pensée hégélienne ont pu voir le jour, c’est que le texte de Hegel n’est pas sans ambiguïté: certes, le système a pour objet de penser le devenir de l’Idée absolue, l’Esprit et le Dieu éternel, mais ce Dieu ne „prend conscience de lui-même que dans la philosophie, grâce au travail conceptuel du philosophe“ (278). Au sommet du système, les formes de l’Esprit absolu sont toutes des manifestations que l’on peut dire humaines: art, religion et philosophie. Or selon l’hypothèse de lecture fondamentale de l’auteur, elles sont finalement plus qu’humaines et le reconnaître constituerait l’un des apports les plus précieux de Hegel à la philosophie et à la religion elle-même, trop souvent vue de nos jours comme une affaire purement anthropologique ou sociale. Ce serait oublier

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que la religion est tout autant manifestation du divin, témoignage de l’Esprit au sens subjectif du génitif, car c’est Dieu qui s’y exprime et s’y révèle aux hommes, processus au cours duquel le divin prend lui-même conscience de soi. On conçoit qu’il soit difficile dans cette situation de parler d’une transcendance radicale du Dieu hégélien. Si cela reste néanmoins possible, c’est que c’est avant tout l’homme qui doit transcender sa narcissique particularité pour s’élever à la pensée du divin ou de l’Esprit (les deux termes renvoient à la même réalité pour l’auteur). L’„anthropomorphose“ de Dieu incarne la contrepartie essentielle d’une „déification de l’homme“ (300). La grande erreur des lectures anthropologisantes et athées est d’exalter la finitude et d’ignorer qu’elle est capable d’infini. Tout le système de Hegel va dans le sens contraire, rappelle l’auteur. Le point de vue de la finitude doit toujours être transcendé, la pensée consistant à s’élever au niveau de l’Esprit ou de Dieu. La philosophie elle-même n’a pas d’autre tâche. Mais la religion fut la première à exprimer cette élévation de l’esprit humain à Dieu. C’est en partie pour cette raison qu’elle constitue un élément déterminant de l’Esprit absolu. En partie parce qu’il est tout aussi important de voir que c’est dans la religion que l’Esprit (= Dieu) prend pour la première fois conscience de lui-même. L’élévation de l’homme au divin et l’accomplissement de l’Esprit dans la religion révélée (ou manifeste) forment les deux versants d’un seul et même processus, théologique en son essence. Ce n’est donc pas en vain que Hegel a toujours dit que la religion et la philosophie avaient le même contenu. Pour le mettre en évidence, l’auteur marie des analyses historiques à des aperçus plus systématiques, qui tiennent savamment compte de la recherche internationale sur Hegel, du dernier état de l’édition de ses œuvres complètes et des variantes de la pensée hégélienne qu’elles nous font découvrir. Les analyses historiques font ressortir tantôt l’évolution palpitante de la systématique hégélienne et de sa philosophie de la religion, tantôt le rapport de Hegel à d’autres conceptions philosophiques du divin. Chacun sait que l’Encyclopédie se termine sur une grandiose citation du livre Lambda de la Métaphysique d’Aristote que Hegel ne se donne pas la peine de commenter. M. Vieillard-Baron en livre un éclairant commentaire qui aide à voir à quel point la conception hégélienne de l’absolu est solidaire de celle d’Aristote. Tout ce qui manque, et cela n’est aucunement négligeable, c’est la conception chrétienne du Dieu qui se désapproprie de luimême [Entäusserung] en subissant l’expérience de la mort. Cela est tout à fait étranger à Aristote, mais dans l’esprit de Hegel le génie du Stagirite est d’avoir décrit l’activité divine comme celle d’une pensée qui se pense toujours elle-même et qui se caractérise dès lors par une vie infinie, dans laquelle la conception chrétienne n’aura qu’à introduire l’expérience de la souffrance, révélant, littéralement, en quoi consiste l’épreuve essentielle de la pensée. Aux yeux de M. Vieillard-Baron, Hegel est beaucoup plus proche de ce Dieu d’Aristote, pensée de la pensée (il a aussi raison de souligner au passage que Hegel n’oppose jamais Platon et Aristote), qu’il ne l’est du Dieu infini, donc incompréhensible, de Descartes, ou du Dieu „acosmique“ de Spinoza qui ne connaît aucune altérité. Un Dieu qui ne ferait pas l’expérience du négatif ne serait pas Esprit et un Dieu incompréhensible serait pour Hegel un puissant contresens et très certainement la fin de la philosophie.

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Le système de Hegel comporte une structure théologique en se présentant d’emblée et résolument comme la pensée de Dieu par lui-même. Il commence donc par une Logique qui n’a d’autre tâche que de déployer à partir d’elles-mêmes les catégories autonomes de la pensée ou de l’Idée. Cette Idée est certes dépourvue d’effectivité, c’est la limite du logique, mais la philosophie ne peut prendre son envol qu’en posant l’autonomie originaire de la pensée. Au terme de son devenir logique, l’Idée absolue „laisse aller“ [entlassen] la nature hors d’elle-même. Émergence bien mystérieuse pour bien des interprètes, mais qui s’éclaire si l’on prend à la lettre le passage si souvent cité qui dit de la logique qu’elle est la „présentation de Dieu tel qu’il est dans son essence éternelle avant la création de la nature et d’un esprit fini“. Le mystère du saut dans la philosophie de la nature peut être levé si on comprend l’Idée absolue comme Dieu et le „laisser aller de la nature hors de soi“ comme activité „créatrice“ de l’idée (119, 129). L’autre du logique se trouve ainsi posé. L’Idée en acquiert une objectivité qui l’amène à se comprendre comme le tout de la réalité dont le telos est de se penser soi-même. Ce processus trouve son achèvement dans l’Esprit absolu, l’art, la religion et la philosophie. Gardons-nous toutefois d’entendre l’art à partir de nos évidences romantiques qui en font une activité autonome. M. Vieillard-Baron rappelle à juste titre que l’idée d’un art purement profane était difficile à accepter pour Hegel (277): l’art aspire d’abord à être présentation du divin. Simplement, c’est ce que l’art a cessé d’être pour nous. C’est pourquoi il n’est plus, eu égard à sa vocation suprême, que quelque chose de passé. D’où le traitement assez nostalgique de l’art chez Hegel. La prise de conscience de l’Esprit par lui-même ne s’accomplit que dans la religion et plus spécialement la religion chrétienne (corrigeant un préjugé répandu, l’auteur souligne qu’il n’est pas vrai que toute religion soit pour Hegel une préfiguration du christianisme, 236). Comme l’enseignent de manière un peu différente et la Phénoménologie et l’Encyclopédie, la religion et la philosophie ont le même contenu, tout en empruntant des formes différentes. La voie de la religion est celle de l’image et de la représentation, là où la philosophie privilégie le concept et la pensée. Préférant mettre l’accent sur l’identité de contenu de la religion et de la philosophie, M.Vieillard-Baron atténue un peu les différences entre les deux. Cela est de bonne guerre dans un ouvrage qui vise à lutter contre l’oubli du religieux dans tant d’interprétations de Hegel. À certains moments, il lui arrive même de porter un regard critique sur la supériorité que Hegel veut reconnaître à la philosophie, y flairant un certain „gnosticisme“ (218, 282) qui survalorise le savoir philosophique. L’élément de l’image et de la représentation doit-il être mis en valeur à côté de, voire contre celui du concept? L’auteur ne le dit pas expressément, mais on sent que cela pourrait être l’une des tâches d’une philosophie de la religion disposée à s’inspirer des acquis du système hégélien et de ses structures théologiques. De Hegel, l’auteur a surtout appris à surmonter la réduction anthropologique et sociologique de la religion, qui sévit en philosophie contemporaine et plus fortement encore dans les sciences sociales du religieux. Il nous invite à penser, ou à repenser avec Hegel, la religion comme un véritable service divin, c’est-à-dire comme une manifestation de la présence de l’Esprit parmi nous. Ce n’est pas la moindre des redécouvertes de cette brillante étude. Jean Grondin (Montréal, CDN)

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Klaus Vieweg: Das Denken der Freiheit. Hegels „Grundlinien der Philosophie des Rechts“. Wilhelm Fink: München 2012. 552 S. Dieses Opus magnum über Hegels Rechtsphilosophie ist einführender Kommentar und systematische Untersuchung in einem. Angezielt ist nicht eine Erläuterung Satz für Satz, die wohl mehrere Bände füllen würde, sondern eine möglichst verständliche Darstellung der Gedankenschritte Hegels. Der systematische Anspruch des Buches läßt sich am besten in die beiden Thesen fassen, denen zufolge ein angemessenes Verständnis der Grundlinien erstens auf die logischen Grundlagen angewiesen ist, von denen her Hegel seine praktische Philosophie entwickelt. Die zweite These besagt, daß Hegels Denken als sachlich begründet und in der gegenwärtigen Diskussion konkurrenzfähig gelten kann. Das Buch erhält sein Gepräge durch die Verbindung der beiden Thesen. Denn während die Gegner Hegels, soweit sie seine Rechtsphilosophie nicht als unverständlich rundweg ablehnen, diese in der Regel als reaktionär und antidemokratisch zurückweisen (man denke an Popper), verteidigen viele seiner Anhänger zwar Hegels Ansichten über Moralität und Sittlichkeit, meinen aber, daß diese unabhängig von seiner spekulativen Logik plausibel gemacht werden könnten und sollten (so etwa Honneth). Dagegen vertritt Vieweg die Auffassung, daß erst die begriffslogischen Zusammenhänge den Versuch Hegels, die Freiheit zu denken, zu einem lohnenden Unternehmen machen. „Beansprucht wird so eine Re-Aktualisierung dieser praktischen Philosophie unter dem Blickwinkel ihrer logischen Tiefenstruktur.“ (36) Sowohl der Stil des Buches als auch die Auswahl der verarbeiteten Quellen sind von dem doppelten Anliegen der logischen Fundierung einerseits und der inhaltlichen Aktualisierung andererseits bestimmt.Vieweg schreibt in klaren und einfachen Sätzen, mit einer offenkundigen Freude an literarischen Anspielungen und ironischen Spitzen. Zugleich ist er bemüht, die politischen und sozialen Bezüge des Gesagten herauszustellen. Vom Scheitern des Kommunismus über die Finanzkrise bis zum Skandal des Hungers in der Welt gibt es kaum ein Gebiet, das in dem Buch nicht wenigstens gestreift würde. Was seine Quellen anbelangt, macht der Autor souveränen Gebrauch von den verschiedenen Nachschriften zur Rechtsphilosophie sowie von den übrigen Vorlesungen und Werken Hegels. Philologische und genetische Fragen klammert er aus, so daß sämtliche Zitate der Erschließung des im Haupttext der Grundlinien Gemeinten dienen. In den Fußnoten finden sich zahllose Verweise auf die neuere Sekundärliteratur. Obwohl er der angelsächsischen Hegel-Renaissance, insbesondere Robert Pippins Rekonstruktion der Hegelschen Handlungstheorie, viel Sympathie entgegenbringt, macht Vieweg keinen Hehl aus seiner Überzeugung, daß nur eine „metaphysische“, d. h. auf der Wissenschaft der Logik fußende Interpretation (33), dem Begriff des Geistes gerecht wird, der in Hegels Lehre von Recht und Freiheit zur Entfaltung kommt. Bereits ein oberflächlicher Blick auf die einleitende Definition des Willens (GPR §§ 5–7) genügt, um sich zu vergewissern, daß die entscheidenden logisch-metaphysischen Bestimmungen der Rechtsphilosophie aus der Begriffslehre stammen. Das braucht insofern nicht zu verwundern, als für Hegel nicht das Sein oder das Wesen, sondern der Begriff das „Reich der Freiheit“ bildet (GW 12, 15). Dennoch ist nicht immer leicht zu sehen, wie er die aus der formalen Logik geläufigen Momente des

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Allgemeinen, des Besonderen und des Einzelnen sowie die Formen des Urteils und des Schlusses auf die realphilosophischen Gegebenheiten bezieht. Die Nagelprobe für Viewegs Auslegung besteht deshalb in der Aufklärung dieser begriffslogischen Zusammenhänge; auf sie soll im Folgenden das Gewicht gelegt werden. Erschwert wird die Einschätzung durch den Umstand, daß der Autor die logischen Vorgaben weder ausführlich darstellen (dann hätte er ein anderes Buch schreiben müssen) noch als bekannt voraussetzen kann (nicht alle potentiellen Leser einer Einführung in die Rechtsphilosophie dürften mit den Feinheiten der Wissenschaft der Logik vertraut sein). Die Frage lautet daher: Gelingt es Vieweg, Hegels logische Begrifflichkeit so zu gebrauchen, daß am Ende ihr Sinn hervortritt, oder bleibt das meiste Jargon? In der „Einleitung“ der Grundlinien zeigt Hegel sowohl die Einheit von Denken und Wollen als auch den Unterschied zwischen Wille und Willkür auf. Während unter Willkür das Beruhen bei der sich zufällig darbietenden Ansicht zu verstehen ist, ist der Wille etwas Allgemeines, und zwar derart, daß seine jeweilige besondere Bestimmung in der Allgemeinheit ihren vernünftigen Grund besitzt. Der freie Wille läßt sich somit als Verhältnis deuten, in dem Allgemeines (Denken) und Besonderes (Wollen) zu einer konkreten Einheit verbunden sind. Des näheren muß es sich um ein Selbstverhältnis handeln, denn stünde der Wille in Abhängigkeit von etwas anderem, wäre er unfrei. In der Einzelheit „haben die beiden Begriffsbestimmungen ihre Einheit, ihren Grund, an dem sie nur Momente, nur ‚Zusammen-Geschlossene‘ sind, die Ur-Teilung geht in den ZusammenSchluss über, das Urteil in den Schluss.“ (65) An dieser und an späteren, vergleichbaren Stellen vermisse ich einen Hinweis auf die Schwierigkeiten mit der von Hegel für selbstverständlich, ja sogar für etymologisch gerechtfertigt gehaltenen Deutung des Urteils als ‚ursprüngliche Teilung‘. Was genau soll es besagen, daß der Begriff in Momente ‚geteilt‘ und mit sich ‚zusammengeschlossen‘ wird? Denkbar wäre eine Art methodischer Abfolge von Analyse und Synthese: Das ursprüngliche Ganze wird in seine Elemente zerlegt und später wieder zusammengesetzt. So ließe sich immerhin erklären, warum nicht beim Urteil stehengeblieben werden darf, sondern zur Form des Schlusses fortgeschritten werden muß. Wenn es sich bei den drei Momenten um verschiedene Aspekte des einen Begriffs (z.B. des Willens) handelt, dann versteht dessen Bedeutung nur, wer den inneren Zusammenhang der Momente erfaßt hat. Offen bleibt allerdings, ob die Rede vom Urteilen und Schließen hier einen mehr als bloß metaphorischen Sinn besitzt. Einer Antwort näher bringt die Abhandlung über das abstrakte Recht. Hegel nennt das Recht abstrakt, wenn es von jeder Besonderheit absieht und alle Menschen als gleich betrachtet. Als wegweisend hebt Vieweg hervor, wie Hegel das Recht des Menschen auf Eigentum mit der Forderung nach der Bewahrung der Umwelt und der Erhaltung unserer natürlichen Lebensgrundlagen in Einklang bringt. In der Begrenzung des Privateigentums (GPR § 46) sei bereits der Gedanke der Nachhaltigkeit im Umgang mit der Natur angelegt (117–122). Ferner begrüßt Vieweg Hegels Lehren vom geistigen Eigentum und von der Strafe als Retribution. Gleichwohl gilt von jedem der genannten Bereiche, daß die konkrete Ausgestaltung letzten Endes auf die Theorien des moralischen Handelns und der sittlichen Ordnung angewiesen ist. Diesen Übergang bewerkstelligt Hegel durch eine begriffslogische Überlegung, indem er das Unrecht mit der Form des unendlichen Urteils in Verbindung bringt (GPR § 88 und § 95). Woll-

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te man das Unrecht beschreiben, das ein Betrüger oder ein Verbrecher begeht, könnte man sagen: Der eine will, daß seine Handlung als Recht erscheint, obwohl er weiß, daß sie es nicht ist; der andere handelt, ohne sich auch nur um den Anschein des Rechts zu scheren. In beiden Fällen geht es nicht um das positive oder negative Urteil über dieses oder jenes Tun, sondern um die Verneinung des Rechts überhaupt. Zu sagen: „Das Verbrechen ist eine Handlung“ wäre in den Augen Hegels daher ebenso widersinnig wie das Urteil: „Der Geist ist nicht gelb“ (143; vgl. GW 12, 69 f.). Obwohl die Behauptung vordergründig zutrifft – selbstverständlich ‚gibt‘ es das Unrecht –, ist das Verbrechen ‚in Wahrheit‘ dem Gedanken des freien Willens zuwider und verlangt, bestraft zu werden. Pragmatisch läßt sich der Widerstreit durch einen Dritten schlichten, der über die Tat richtet. Die logische Pointe dagegen ist, daß jedweder Schiedsspruch eine Reflexion auf die Verfassung des Willens voraussetzt. An etwas schuld ist nur, wer vorsätzlich handelt. So erreicht Hegel den Standpunkt der Moralität. Erst jetzt wird ein bestimmtes Geschehen (z. B. das Anzünden von ein bißchen Holz) im Zusammenhang mit seinen Folgen betrachtet (nämlich dem Abbrennen eines Hauses). Liegt es ferner in der Absicht des Täters, gegen das Wohl anderer zu verstoßen, verdient seine Handlung, „Brandstiftung“ genannt zu werden (GPR § 119). Zugleich ist der Schritt vom (positiven, negativen oder unendlichen) Urteil des Daseins zum (singulären, partikulären oder universellen) Urteil der Reflexion getan. In ihm werden lt. Hegel „Verhältnis und Zusammenhang mit einem Anderen, mit einer äußeren Welt“ ausgedrückt (Enz § 174). Wie Vieweg im vierten Kapitel überzeugend darlegt, ist „wohlbringend“ das Prädikat der moralischen Reflexion par excellence. Gleichwohl scheint er mir den Bogen zu überspannen, wenn er – gestützt auf einen mündlichen Zusatz zu § 114 – die Systematik des gesamten zweiten Teils der Grundlinien auf eine „praktische Urteilstafel“ zurückführen möchte (165). Nicht nur sind einige der angeführten Beispielsätze reichlich artifiziell, sondern es fehlen auch die Anhaltspunkte in Hegels Text. Für viel näherliegend erachte ich deshalb die Annahme, daß Hegel die drei Abschnitte nach dem grundlegenden Schema Sein (Unmittelbarkeit) – Wesen (Reflexion) – Begriff konstruiert hat, dem seinerseits auch die Urteilslehre ihre Systematik verdankt. Statt dem gesamten Text eine Urteilstafel überzustülpen, hielte ich es für besser, die Aufmerksamkeit auf solche Stellen zu bündeln, an denen Hegel selbst ausdrücklich auf die Begriffslogik zurückgreift oder wo die Bezugnahme auf die Urteilsformen seine Überlegungen in einem klareren Licht erscheinen läßt. Letzteres gilt zweifellos für Viewegs Kommentar zur Lehre vom Guten und vom Gewissen anhand der drei Arten des Urteils des Begriffs (183–194). Angesichts der Alternativen von praktischem Dogmatismus (assertorisches Urteil) oder moralischem Skeptizismus (problematisches Urteil) treten die Eigenart und die Überlegenheit des kategorischen Imperativs (apodiktisches Urteil) deutlicher hervor. Ohne sich in den Chor einseitiger Kant-Kritik einzureihen, bietet Vieweg eine insgesamt anregende Interpretation dieses Abschnitts. Die Moralität zielt auf den vernünftigen Ausgleich zwischen Eigentumsrecht und Gemeinwohl, zwischen subjektiver Meinung und allgemeinem Willen. Kant hat das Problem nicht gelöst, weil er die in der Maxime enthaltene Beschaffenheit guter Handlungen allein aus dem formalen Gesetz des Willens herleiten wollte. Moralische Urteile

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lassen sich jedoch nicht unabhängig vom Kontext fällen.Vieweg spezifiziert deshalb die Form des apodiktischen Urteils: „‚Diese Handlung unter bestimmten Umständen, in so und so beschaffenen Umständen vollzogen ist gut‘.“ (199; vgl. GW 12, 87) Beispielsweise sei nicht jede Falschaussage eine Lüge und deshalb böse, sondern sie könne unter einer Diktatur, im Zustand völliger Rechtlosigkeit, sogar etwas Gutes darstellen, wenn durch sie Leben gerettet würden (200). Die Ausgestaltung der besagten Umstände guten Handelns ist das Thema des dritten Teils der Grundlinien. Unter dem Titel „Sittlichkeit“ entfaltet Hegel die konkreten Formen des Lebens in Freiheit.Vieweg widmet dem Gedankengang ein kurzes Kapitel über die Familie, eines über die bürgerliche Gesellschaft und eines über den Staat, das rund ein Drittel des Gesamtumfangs des Buches ausmacht. Im Unterschied zu Kant versteht Hegel die Familie als eine auf das Gefühl der Liebe gegründete Gemeinschaft. Einer ihrer wesentlichen Zwecke liegt in der Erziehung der Kinder, die später neue Familienbande knüpfen und als handelnde Personen in die bürgerliche Welt eintreten. Dort gelten zunächst die Regeln des Marktes, doch führen die natürliche Ungleichheit der Menschen und die Vervielfältigung ihrer Bedürfnisse zu der Notwendigkeit, Strukturen zu schaffen, die das Recht schützen und die Wohlfahrt fördern, um der massenhaften Verelendung zuvorzukommen. Hegel entwirft die „Konzeption einer regulierten Marktverfassung, eines vernünftig und sozial gestalteten Kapitalismus“ (289). Dabei prägt er übrigens die Formel von einem „reichen Pöbel“, der sich aufgrund seines Vermögens als über dem Gesetz stehend wähnt (332). Vieweg überträgt nun das von Hegel auf den Begriff des Staates angewandte Modell des „Systems von drei Schlüssen“ (Enz § 198) auf die Familie (253 f.) sowie auf die Wirtschaft (284 f.). In der Staatslehre findet er gleich mehrere solcher Systeme von Schlüssen. Das erste umfaßt den gesamten Abschnitt, d. h. inneres Staatsrecht, äußeres Staatsrecht und Weltgeschichte (370), ein zweites beschreibt die Verfassung des Staates (374 f.) und ein drittes das Verhältnis der staatlichen Gewalten (411). Aus dem dritten System von drei Schlüssen folgert Vieweg seine ausdrücklich gegen den Wortlaut der Grundlinien gerichtete Ansicht, dem Volk und der das Volk repräsentierenden gesetzgebenden Versammlung gebühre der Vorrang vor der Regierung und dem Monarchen. Hegels Staatslehre trage somit „zur theoretischen Legitimation einer republikanischen, demokratischen Verfassung“ bei (429). Dieses Ergebnis erlaubt einen neuerlichen Blick auf die Methode des Autors. Offenbar versteht Vieweg die begriffslogische Systematik nicht lediglich als Lesehilfe, um den bisweilen dunklen Ausführungen Hegels einen Sinn abzugewinnen, sondern betrachtet die systematische Form selbst als ein Argument für die Angemessenheit oder Unangemessenheit der begrifflichen Bestimmungen. Doch gerade wenn man die Auffassung im Ansatz teilt, ergeben sich Schwierigkeiten, denn die Abbildung der logischen Formen auf die verschiedenen Teile der Rechtsphilosophie erfolgt nicht gleichmäßig. Wenn der Moralität das Urteil und der Sittlichkeit der Schluß entspricht, sollte man meinen, daß das abstrakte Recht mit dem Begriff als solchem zu tun hat; stattdessen ist aber schon beim Eigentumsrecht (GPR § 53) sowie im Zusammenhang mit Unrecht und Strafe von (qualitativen) Urteilen die Rede. Ferner beziehen sich die von Vieweg angeführten Schlüsse der Sittlichkeit je nachdem auf ein vollständiges Moment (die Familie, den Staat) oder auf ein Untermoment (das System der Bedürfnisse, die Verfassung). Des Weiteren meint Hegel mit „System“ den

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Kreis der drei syllogistischen Figuren, wobei er die erste Figur als Schluß des Daseins, die zweite Figur als Schluß der Reflexion und die dritte Figur als Schluß der Notwendigkeit deutet (370). Vieweg hingegen ordnet den drei Momenten der bürgerlichen Gesellschaft insgesamt sechs Schlüsse zu (279) und expliziert die Gewaltenteilung sogar in neun Schlüssen (412). Damit komme ich auf die Frage nach der Bedeutung der logischen Formen zurück. Es wäre gewiß falsch zu meinen, für Hegel hätte Moralität mit dem Fällen von Urteilen, Sittlichkeit dagegen mit dem Ziehen von Schlüssen i. S. zweier unterschiedlicher geistiger Tätigkeiten zu tun. Ebenso wenig hebt Hegel, wenn er die Überlegenheit der schlußlogischen gegenüber der urteilslogischen Betrachtungsweise betont, lediglich auf die Wichtigkeit inferentieller Bezüge ab, so als spielten die Verhältnisse zwischen Begriffen für das Urteilen keine Rolle. Hegel ist ganz im Gegenteil der Überzeugung, daß die Formen des Urteilens – und noch deutlicher die Formen des Schließens – solche Beziehungen abbilden, die zwischen den Momenten eines vernünftigen Ganzen herrschen. M. a.W.: Die Darstellbarkeit eines Sachverhalts in der logischen Struktur von Allgemeinheit, Besonderheit und Einzelheit verbürgt zugleich dessen Vernunftgemäßheit. Daher begreift Hegel den Staat als eine rechtliche bzw. sittliche Ordnung, in der allgemeine (notwendige) Prinzipien, besondere (zufällige) Gegebenheiten und der (freie) Wille jedes Einzelnen zur Einheit gebracht werden. Umgekehrt lehnt er jedwede sozialen und politischen Ordnungen ab, in denen die Gegensätze zwischen den drei Momenten überhand nehmen. Durch die Entwicklung der Formen des Schließens stellt Hegel außerdem klar, daß die Momente weder als isolierte Qualitäten oder Quantitäten (wie in der Logik des Seins) noch als Reflexionsbestimmungen (wie in der Logik des Wesens) aufgefaßt werden dürfen, weshalb die logische Fundierung für ihn immer mit einem semantischen Aufstieg einhergeht. Um diesem wichtigen Aspekt der Systembildung Rechnung zu tragen, muß für jede Triade von Schlüssen gezeigt werden, wie die immer gleichen Terme Schritt für Schritt an Gehalt gewinnen. Trotz der genannten Bedenken gegen manche von Viewegs Systematisierungen kommt dem Buch das unbestreitbare Verdienst zu, den Zusammenhang zwischen der logischen Struktur der Rechtsphilosophie und konkreten Sachfragen zur Diskussion zu stellen. Hauptsächlich die Theorie der Gewaltenteilung kann so gemäß Hegels eigenen Vorgaben und nicht bloß nach Gesichtspunkten politischer Opportunität erörtert werden. Die Verfassung gilt als Realisierung des freien Willens der Bürger, wenn die drei Gewalten – nämlich das Volk bzw. Parlament als Gesetzgeber, die Regierung (wozu Hegel auch die Judikative zählt) und das Staatsoberhaupt als letzte Entscheidungsinstanz – miteinander verschränkt sind und gemeinsam die Geschicke aller bestimmen. Das gelingt umso besser, je mehr Wert auf die Bildung der an der Entscheidungsfindung Beteiligten gelegt wird. Aus diesem Grund spricht sich Vieweg gegen die These von der Erblichkeit der fürstlichen Gewalt (GPR § 281) und für eine meritokratische Konzeption aus (438). Unter der Überschrift „Weltbürgerrecht“ erinnert er schließlich daran, daß der Nationalstaat für Hegel keineswegs das letzte Wort besitzt. Die Weltgeschichte, die Hegel als „Auslegung und Verwirklichung des allgemeinen Geistes“ begreift (GPR § 342), hat zu ihrem Inhalt und Ziel die Staatlichkeit, d. h. das Bürger-sein aller Menschen in sich gegenseitig anerkennenden Staaten. Insgesamt belegt das ausführliche Kapitel über den

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Staat sowohl die Aktualität der Analysen Hegels als auch die Weitläufigkeit der Beschäftigung Viewegs mit der Rechtsphilosophie. Hätte er sich mit der Drucklegung etwas mehr Zeit gelassen, wäre wohl die eine oder andere Straffung der Darstellung und v. a. eine sorgfältigere Durchsicht des Manuskripts möglich gewesen, um die hohe Zahl der Grammatik- und Interpunktionsfehler zu verringern. Des ungeachtet ist dem Autor Anerkennung zu zollen, der ein solches Großprojekt zum Abschluß gebracht hat. Georg Sans SJ (Roma)

Mirko Wischke/Andrzej Przylebski (Hgg.): Recht ohne Gerechtigkeit? Hegel und die Grundlagen des Rechtsstaates. Königshausen & Neumann: Würzburg 2010. 270 S. Le livre reproduit en partie les actes du colloque organisé en Pologne en 2007. Il rassemble des contributions originales sur la réception des Principes de la philosophie du droit de Hegel, trad. André Kaan, préface Jean Hyppolite. Gallimard 1940. Les auteurs ont abordé l’histoire de la réception de Hegel à partir de cadres philosophiques hétérogènes, comme ils se sont arrêtés sur des aspects particuliers de sa philosophie du droit. On remarque une influence déclarée ou implicite de la théorie systémique de Luhmann sur beaucoup d’auteurs. Pour Jakub Kloc-Konkolowicz (159–168) comme pour Luhmann, le droit est un système relativement clos et opérationnel qui stabilise les attentes normatives.1 Il est une sphère sociale qui s’est différenciée avec le développement social (163). Kloc-Konkolowicz remarque que Hegel avait jadis séparé le système du droit des autres systèmes de la société, en s’interrogeant sur ses répercussions sociales (167). Tilo Wesche montre brillamment comment dans le cas du droit la ‚mesure ne se laisse pas mesurer‘ (20–21), comment les institutions politiques se mesurent également à elles-mêmes, et comment la fonction cognitive est interne à l’institution politique (58). La théorie fonctionnaliste se démarque du contractualisme, puisque la fonction cognitive immanente est attribuée à l’institution politique par l’institution elle-même. Lorsque le pouvoir politique utilise la répression, il ne respecte pas le droit à la justification. Sans fonction cognitive les institutions politiques disparaissent. La théorie systémique montre chez Wesche que la déstabilisation de l’Etat n’est pas causée par des facteurs extérieurs. L’opposition entre vérité et légitimité est plutôt une contradiction interne (38–39). Cette opposition n’est pourtant pas un destin aveugle du politique. Mais la solution ne vient pas d’un élément extérieur au système, comme d’une institution internationale ‚plus juste‘, mais de l’évolution interne du droit. La présence de Luhmann est également patente chez Esteban Mezrahi du point de vue du crime et du châtiment. L’expérience de l’injustice est un moment essentiel du droit. L’auteur montre en quatre parties comment l’injustice est un acte rationnel, comment Hegel justifie le châtiment, quelles sont

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Cf. Niklas Luhmann: Das Recht der Gesellschaft. Frankfurt a. M. 1995. 152.

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les doctrines concurrentes du châtiment et comment l’expérience de l’injustice est orientée vers la constitution morale des sujets de droit. Mezrahi se fonde implicitement sur Luhmann lorsqu’il montre que les actes injustes du droit pénal sont inconsistants dans leur sens. Le droit est nié alors que le statut juridique de la personne est affirmé. Cette idée novatrice chez Hegel stipule que le droit est un système autoréférentiel, car le droit présuppose l’existence du droit. Comme être rationnel le criminel crée par son acte une loi lui permettant de faire du mal à quelqu’un, alors que personne d’autre ne reconnaît cette loi, ce qui la rend condamnable. Le châtiment répare l’intégrité blessée de la personne et la validité objective du droit. L’expérience de l’injustice justifie la rationalité du droit positif. A la différence de la moralité, la morale conventionnelle demeure un cadre référentiel, en raison de la possibilité d’institutionnalisation du droit positif bâti sur la personne de droit. Luhmann est également implicitement présent chez Andrzrej Przylebski, lorsqu’il insinue que le droit n’occupe pas un statut prééminent ou privilégié, en comparaison avec les autres systèmes sociaux. Sur ce point, Przylebski compare l’idéalisme rêveur de Kant au réalisme de Hegel (236). Kant néglige la présence sociologique des coutumes et des normes morales qui sont en vigueur dans la société. Hegel a eu raison selon Przylebski de mettre en avant le rôle de la société civile, dans le commerce et l’économie contre l’idée kantienne d’ une ‚ligue des nations‘ ou d’ un ‚Etat cosmopolite‘ (258). Les attitudes universelles éclairées de Kant seraient utopiques face à l’attitude évolutive de Hegel (260). N’empêche que le normativisme idéaliste de Kant complète la description réaliste de Hegel, car les règles de droit ont un caractère normatif par définition. Pourtant, le pessimisme de Hegel envers les institutions du droit le protège contre la glorification de la justice et de la législation, bien que la politique puisse servir le bien individuel, en dehors de toute conception déterminée du ‚bien‘. A l’opposé de ces auteurs, Marek Siemek développe implicitement l’idée de l’Etat de droit dans le sillage de Habermas et de son patriotisme constitutionnel (47) sans montrer pourquoi Hegel se dresse-il contre le cosmopolitisme de Kant. Il note que l’Etat de droit a affranchi l’homme des liens communautaires. Le principe de la socialisation a remplacé le ‚mœurs totalitaires‘ de l’antiquité. Siemek suppose que le droit dans l’Etat moderne est présent partout, car le principe qui connecte les lois aux institutions se réclame de la reconnaissance bilatérale des droits et devoirs (42). Siemek réitère les idées de l’égalité et liberté individuelle, sans aller plus avant dans le détail. A côté de la perspective systémique, d’autres auteurs abordent Hegel à la lumière de l’herméneutique. La critique de la morale kantienne permet à Klaus Held de réhabiliter l’éthos de la tradition antique disparue dans le monde globalisé. Il suit la tradition herméneutique du néo-aristotélisme lorsqu’elle indique sous la plume de Apel que „les normes morales ne peuvent avoir un sens applicable que dans le contexte des ‚usages‘ (de ‚l’ethos‘) d’une forme de vie concrète, et donc, ou bien dans une forme de vie déjà existante, ou bien dans une forme de vie utopique idéale qu’il s’agit de lui substituer“.2 Depuis Kant, dans la perspective d’une forme de vie utopique, les normes sont inter-

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Cf. Karl Otto Apel: Discussion et responsabilité. 2. Paris 1998. 200.

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prétées comme universelles et obligatoires dans la philosophie moderne. L’éthos des valeurs pré-modernes devait disparaître en faveur de la ‚morale‘ transculturelle (101). Mais Held achève le remplacement de la morale par les normes conventionnelles. Held lie entre ‚ethos‘, ‚mores‘ et ‚habitus‘. Le ‚bien vécu‘ non encore thématisé, devient avec la latinisation de l’éthique un commandement moral. Malheureusement, l’universalité du respect de la loi (Kant), à partir de cas-limites déontologiquement ‚rigoureux‘, remplace la culture de l’inclination au bien. La réalisation du bien devient un processus continuel et objet de louange ou de réprimande dans les relations humaines. La perspective herméneutique de la Maza traite chez Hegel la médiation entre moralité et ‚morale conventionnelle‘ et revient à Rüdiger Bubner pour démontrer les déficits de la morale chez Kant et Habermas. La médiation de la rationalité et des formes de vie se fera grâce à la reformulation de la ‚morale conventionnelle‘ (Axel Honneth). En sus du droit abstrait, les présuppositions institutionnelles de la vie bonne s’imposent. La ‚morale conventionnelle‘ renferme une compréhension de soi de l’agent, de sa communauté et du rapport que les deux entretiennent avec les deux (221). Apel réintègre l’histoire dans le monde exclu de la science chez Kant. La supériorité de Hegel sur Kant tient à sa séparation du droit abstrait de la ‚morale conventionnelle‘ et de la solidarité sociale (222). La critique de Kant chez de la Maza servait de toile de fond à l’herméneutique de l’éthos. Dans le contexte de sa réception historique, la théorie du droit de Hegel a reçu tour à tour une interprétation marxienne, théologique et nazie. L’interprétation de Marx est présentée par Christian Iber. Il présente la critique marxienne de la mystification logique et panthéiste de l’Etat chez Hegel. Il fait le parallèle chez Marx avec la critique aristotélicienne du monde platonicien. Hegel conduit à l’aliénation de la vie empirique dans la famille et la société civile. L’idéalisme étatique de Hegel soutient l’Etat prussien semi-feudal. Marx explique la mystification de l’Etat en adoptant la méthode feuerbachienne du renversement du sujet et prédicat. Ainsi, l’Etat est hypostasié en sujet, tandis que l’homme, sujet véritable, est réduit à un simple prédicat (172). Marx critique la subjectivation du processus étatique sans substance, la monarchie constitutionnelle et la concentration des pouvoirs dans la main du prince, vu que la souveraineté incarnée par le monarque et la divination de l’Etat devient expression de la volonté divine. Il critique les démocraties directe et parlementaire et leur droit de vote qui accentue l’opposition entre Etat et société civile et mène à la révolution. L’Etat Hégélien réduit le gouvernement à une administration (175–176). La bureaucratie exécute les décisions du sommet de l’Etat au détriment des corporations. Hegel n’a pas associé l’assemblée constituante à la rédaction de la constitution. La crise provient de la délégation de la volonté populaire à un Etat séparé de la société civile (187), alors qu’il s’agit selon Iber de défendre une administration séparée de la bureaucratie, pour assurer l’intérêt général. Marx n’a pourtant pas pris soin de distinguer politique et société en partant de l’auto-organisation de la société. Il n’a pas de proposition socio- politique homogène qui différencie les décisions individuelles et collectives. La lecture théologique de Hegel est présentée par Peter Trawny. Il montre dans quel sens l’Etat hégélien est un Etat chrétien. L’Etat a son existence immédiate dans la morale conventionnelle. Mais il tient à montrer que la ‚maturité‘ de la politique s’est illustrée

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exclusivement dans les Etats anciens de l’Europe. Il montre à l’instar des autres auteurs comment Hegel rejette les idées de Kant du droit international et de la paix perpétuelle, sans avoir montré comment il s’est démarqué réellement de la théologie politique. L’auteur se dresse contre le fanatisme incarné selon lui à tord par d’autres confessions non protestantes, afin de plaider pour l’Etat de „l’ethos européen“. A ce dessin, il introduit une vision conservatrice de la ‚morale conventionnelle‘ incarnée dans le sentiment de soi. On se demande pourtant si la morale conventionnelle est à prendre au pluriel ou obligatoirement au singulier comme le réclame Trawny. Il serait difficile de fixer le sens de la morale conventionnelle au singulier en se référant simplement à sa rationalité. Mais l’auteur veut arriver par là à l’idée que la religion absolue est à la base de l’Etat (59). Andreas Großmann a présenté la réception nazie de Hegel. Pour Großmann le droit est un reflet de l’idée du droit, dans la mesure où cette idée est constitutive de la communauté (195). Hegel a été également réinvesti par l’idéologie nazie dans les travaux juridiques de Schönfeld. A son tour, Binder s’est servi de Hegel contre l’Etat démocratique, libéral et contre la notion du peuple ‚souverain‘. Les droits humains ont disparu de la doctrine du droit de Larenz, qui a glorifié le nazisme et l’idée allemande du droit sur son sol communautaire. Großmann montre comment l’idéologie raciste et antilibérale des néo-hégéliens a déformé la pensée de Hegel. Pour Tadeusz Buksinski l’idée du droit apparaît chez Hegel dans le droit abstrait, la législation et l’Etat qui naîtra plus tard. Buksinski critique le droit naturel, en montrant comment l’Etat de nature comporte une morale conventionnelle. Le droit naturel qui s’y développe recèle une normativité vivante des communautés concrètes. Buksinski cite l’exemple du droit à la propriété. Il suppose que tribunaux et police appartiennent à l’état de nature, ayant précédé l’Etat et gardant le caractère privé du droit des personnes. Le droit privé prend éventuellement la forme de coutumes ou de codes écrits dans les régimes politiques. Mais Buksinski affirme que le droit, consolidé par la force militaire, a couronné inconsciemment les coutumes largement répandues. L’important est que le droit annonce le principe de la liberté, alors que la reconnaissance constitue son mode d’expression au sein du droit. Mirko Wische présente un aspect original chez Hegel du rapport de la politique au droit et à la société civile. Wische se demande pourquoi le bien-être individuel ne fait pas partie des devoirs de l’Etat. Il montre que le modèle de Hegel est fondé sur un scepticisme à l’égard du droit comme instrument régulateur du disfonctionnement social (126). Mais l’individu acquiert sa liberté d’action à l’intérieur des institutions. Le droit contractuel est lui-même fondé sur un ensemble de lois préexistantes. Pour Hegel le droit est un ensemble de lois instituées par l’Etat. Mais la validité du droit n’est pas justifiée par la contrainte (Austin). Wische distingue nettement la légalité de la légitimité (138). Chez Hegel subsiste l’aporie de la médiation entre le principe formel et abstrait du devoir et la raison dans l’histoire. Hegel était capable de penser l’individualité de la volonté comme unité dialectique de l’universalité et de la particularité. La réhabilitation de la philosophie du droit est favorisée par la découverte de la morale conventionnelle, du rôle des institutions dans la société et du développement d’une théorie qualitative de l’action. Si le défaut de Hegel provient de sa glorification de l’Etat, sa conception politique par contre était moderne. Nous ne respectons pas le droit et l’Etat parce qu’il assurent le bien-être,

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mais parce qu’ils protègent la personne et garantissent sa sécurité (144). Cette lecture soft de l’interventionnisme de l’Etat associe les citoyens à la gestion de la chose publique. Le droit au bien-être est un droit aux possibilités de l’égalité des chances. Ewa Nowak ne se contente pas du cadre juridique qui prévoit l’application ‚progressive‘ du pacte international onusien de 1966. Elle revient aux relations du droit à la morale, en étudiant les affinités avérées entre Gustav Radbruch et Hegel. Elle se demande si l’Etat de droit se contente du droit positif sans devoir s’interroger sur sa légitimité éthique. Pour Nowak, une loi est juste parce qu’elle est équitable (244). D’où la nécessité de l’éducation au ‚sens du droit‘. En estime que la validité du droit relève de la morale chez Hegel et Radbruch (248). Nowak est restée indifférente aux objections de Habermas et du positivisme juridique qui se fondent sur le principe de la séparation du droit et de la morale. L’une des thématiques importantes prolonge le débat entre droit et philosophie, et concerne le statut du ‚sujet‘ du droit. Le statut du soi et de la personne est abordé par Paul Cobben et Friederike Schick. Cobben présente dans les œuvres maîtresses de Hegel les trois types du soi: le soi romain, celui de la liberté absolue issue de la révolution française et le soi de la conscience (114). Le second Soi est un processus de rationalisation grâce au marché libre. Le droit devient expression directe de la personne morale et de l’unité du droit et de la morale dans un monde rationalisé. Pour Cobben l’unité du droit et de la morale se manifeste dans les Etats de droit fondés sur les droits humains. Il fait un parallèle entre les formes du Soi et les parties de la „philosophie du droit“: droit abstrait, moralité et morale conventionnelle (115). Schick présente la ‚personne‘ comme catégorie théorique de la subjectivité et catégorie pratique de la personne juridique. Mais la fondation de la personne juridique à partir du ‚sujet‘ théorique souffre d’un cercle vicieux. Schick montre les contradictions de la notion de liberté, du fait qu’elle est à la fois absolue et limitée (68). La solution se trouve dans l’autodétermination pour la liberté (69). La liberté n’est pas une forme dans le droit abstrait, elle est un contenu directeur de l’autodétermination pratique. Le sujet dépendant de son intention propre est à la fois fini et infini, puisqu’il diffère de tout ce qu’il est concrètement. Il est individuel-universel. Ainsi, le concept de personne est logiquement impossible pour Schick. Elle résout la contradiction suivant la démarche des Principes de la philosophie du droit dans l’explication de la notion de droit, étant donné que Hegel conçoit la personne comme concept de droit dans le cadre de la reconnaissance de l’autre comme personne. Ce qu’on doit respecter chez l’autre est séparé de la particularité de sa volonté. L’intersubjectivité exploite les espaces individuels de liberté. A la fin, nous nous demandons si la question philosophique posée par le titre pouvait admettre l’existence du droit sans qu’il soit équitable. Pour Cobben la démocratie et les partis politiques déterminent les normes de la vie juste et transforment les normes de la vie juste et bonne en programme politique et objet de discussions parlementaires (122). Mais d’après Dworkin, on peut distinguer entre les normes dépendantes des programmes électorales des normes qui n’en dépendent pas (l’égalité des chances).3 Le

3

Cf. Ronald Dworkin: Was ist Gleichheit? Frankfurt a. M. 2000. 277.

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positivisme juridique favorisé par Hegel sépare la morale du droit, mais Hegel n’a pas désavoué l’héritage des Lumières. Il a réussi par contre à enraciner les principes des droits humains dans le sol de la morale objective pour leur permettre une meilleure floraison dans la société civile. C’est ce que les contributions de ce recueil ont réussi à démontrer. Azelarabe Lahkim Bennani (Fès, MA)

Thomas Wyrwich (Hg.): Hegel in der neueren Philosophie. Felix Meiner Verlag: Hamburg 2011. 416 S. (Hegel-Studien. Beiheft 55) Die Bedeutung und Wirkmacht der Philosophie Hegels zeigt sich daran, daß derjenige, der sich mit einer philosophischen Theorie des späten 19. oder des 20. Jahrhunderts beschäftigen möchte, über kurz oder lang kaum umhinkommen wird, sich auch mit dem Autor der Phänomenologie des Geistes, der Wissenschaft der Logik und der Grundlinien der Philosophie des Rechts auseinanderzusetzen. Die zwölf Aufsätze, die im von Thomas Wyrwich herausgegebenen Band Hegel in der neueren Philosophie versammelt sind, gehen dieser Präsenz des Hegelschen Denkens in der auf ihn folgenden Philosophie nach. Diskutiert wird Hegels Verhältnis zu John Dewey (Marc Rölli), wichtigen Vertretern des Neukantianismus (Wolfgang Bonsiepen) sowie Ernst Cassirer (Matthias Wunsch); zu Martin Heidegger (Annette Sell), Helmuth Plessner (Hans-Ulrich Lessing), Nicolai Hartmann (Walter Jaeschke) und Jean-Paul Sartre (Holger Glinka); zu Lenin (Andreas Arndt), Theodor Adorno (Daniel Althof) und Herbert Marcuse (Christoph J. Bauer); zu Jacques Derrida (Karin de Boer) und Robert Brandom (Robert B. Pippin). Strukturiert sind die Beiträge anhand vierer Themengebiete: I. Pragmatismus und Neukantianismus, II. Phänomenologie – Ontologie – Lebensphilosophie, III. Marxistische Tradition und Kritische Theorie und IV. Postmoderne und Gegenwart. Wie Jaeschke und Wyrwich in ihrer Einleitung betonen, vollzieht sich die nahezu unvermeidliche Auseinandersetzung mit Hegel auf unterschiedliche Weisen. Innerhalb der thematisch gruppierten Aufsätze zeigt sich dementsprechend zum einen eine „konstitutive Abgrenzung“ (12) zu Hegels Philosophie, zum anderen deren „produktive Anverwandlung“ (12). Der Band glänzt durch eine Vielzahl philosophiehistorischer Arbeiten, die eine luzide Charakterisierung philosophischer Positionen mit einem systematischen Blick für relevante philosophische Probleme und Argumente verbinden. Anzahl und Umfang der Beiträge des rund 400 Seiten starken Buches machen es leider unmöglich, im Folgenden auf alle Aufsätze gleichermaßen einzugehen. Allein Holger Glinkas minutiöse und ausladende historische Rekonstruktion des Wegs, über den die Philosophie Hegels Eingang in das Denken Sartres gefunden hat sowie der Art und Weise, wie sich dieser Einfluß auf Sartres eigene methodischen und begrifflichen Entscheidungen ausgewirkt hat, nimmt knapp 60 Seiten ein. Es werden daher die beiden genannten Typen

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des Umgangs mit Hegel sowie die vier Themenkomplexe nur exemplarisch besprochen. Sowohl konstitutive Abgrenzung als auch kreative Anverwandlung entdeckt der von Matthias Wunsch verfaßte Beitrag über Cassirers Hegelrezeption. In „Phänomenologie des Symbolischen? Die Hegelrezeption Ernst Cassirers“ argumentiert Wunsch überzeugend, Hegel sei für Cassirers „Philosophieansatz in einem Maße systematisch bedeutend, wie sonst wohl nur Kant“ (113). Dies zeige sich daran, daß die Philosophie der symbolischen Formen eine Abkehr von der Kantischen Ausrichtung des Erkennens an den Naturwissenschaften vornehme und – so Cassirer – nach einer „allgemeinen Theorie der geistigen Ausdrucksformen“ (114) strebe. Das Vorbild für eine solche Theorie ist – wie Wunsch anhand von Äußerungen Cassirers aufzeigt – Hegels Phänomenologie des Geistes (15–17). Wunsch legt dar, daß Cassirer Hegel auch in methodischer Hinsicht folge, wenn er z. B. die Entwicklung des mythischen Bewußtseins „durch einen dialektischen Fortgang“ (117) bestimmt sehe. Im Gegensatz zum Cassirer-Forscher Donald Verene ist Wunsch aber der Ansicht, daß Cassirers Philosophie der symbolischen Formen nicht als rein Hegelianisches Projekt angesehen werden könne. Der These, „daß die Philosophie der symbolischen Formen mit Hegel eine phänomenologische Wendung der Kantischen Kritik vornimmt“ (138), fügt Wunsch hinzu, „daß Cassirer auch umgekehrt mit Kant eine kritische Wendung gegenüber der Hegelschen Phänomenologie vollzieht“ (138). Besonders deutlich werde dies daran, daß Cassirer die Teleologie, die auch er bei der Herausbildung symbolischer Formen am Werk sieht, im Anschluß an Kant als bloß „regulative Idee“ (137) und nicht als ontologischen Befund verstehe. Die kreative Aufnahme und Weiterverarbeitung von Hegels Philosophie dominiert in Hans-Ulrich Lessings Beitrag „Hegel und Helmuth Plessner. Die verpaßte Rezeption“. Im Zentrum dieses Aufsatzes steht Plessners anthropologisches Hauptwerk Die Stufen des Organischen und der Mensch. Lessing weist nach, „daß Plessner bei der Abfassung der Stufen, abgesehen von der Kenntnis der Phänomenologie des Geistes […], offenbar über keine substantielle Hegel-Kenntnis verfügte“ (168). Dies ist deswegen erstaunlich, weil Lessing ebenfalls aufzeigen kann, daß die Gemeinsamkeiten der Stufen mit der Philosophie Hegels über bloß „verbale Ähnlichkeiten“ (168) hinausgehen und substantielle Übereinstimmungen beinhalten. Knapp, klar und pointiert charakterisiert Lessing das Ausgangsproblem und den Kerngedanken der Stufen. Ersteres bestehe in der Herausforderung, „das geistig-körperliche Sein des Menschen aus einem Ansatz zu begreifen“ (170). Letzterer sei der Versuch, „eine am Begriff der Positionalität orientierte Stufenfolge des lebendigen Daseins“ (171) apriorisch zu konstruieren. Der Begriff der Positionalität bezeichne dabei das „spezifische Sein des belebten Körpers“ (171), der nicht nur als physisches Gebilde existiere, sondern zugleich als belebter Körper „außerhalb und innerhalb seiner“ (171) sei. Positionalität sei demnach das Merkmal eines Körpers, über sich hinaus zu sein, auf seine Umwelt auszugreifen und dadurch zugleich ein Innen zu haben. Die organische Stufenfolge – Pflanze, Tier, Mensch – ergebe sich bei Plessner aus der weiteren Bestimmung der Positionalität mithilfe der beiden Begriffspaare „offen“ – „geschlossen“ und „zentrisch“ – „exzentrisch“ (171 f.). Die offene Positionalität der

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Pflanze sorgt lt. Plessner für deren unmittelbare Eingliederung in ihre Umgebung und macht den pflanzlichen Organismus „zum unselbständigen Abschnitt des ihm entsprechenden Lebenskreises“ (172). Anders das Tier, das eine geschlossene Form der Organisation erreiche. Das Tier gliedere sich mittelbar in seine Umgebung ein und mache sich dabei „zum selbständigen Abschnitt des ihm entsprechenden Lebenskreises“ (172). Das Tier könne daher ein Lebenszentrum ausbilden, sei also zentrisch positionierte Lebensform. Wie Lessing erläutert, liegen die Grenzen dieser organischen Form lt. Plessner darin, „daß das Tier zwar mit Bewußtsein leben kann, aber kein Bewußtsein seines eigenen Selbst besitzt“ (173). Ein selbstbewußter, d. h. ausdrücklicher Selbstbezug komme allein der exzentrischen Positionalität des Menschen zu. Der Mensch sei dementsprechend dasjenige lebendige Zentrum, das als Zentrum zugleich über seinen Ist-Zustand hinaus sei, d. h. die „Fähigkeit der Selbstdistanzierung“ (173) besitze. Die Gemeinsamkeiten zwischen Hegel und Plessner, die Lessing mit Hilfe seiner kondensierten Darstellung der Stufen herausarbeiten kann, sind erstaunlich. So verweist Lessing zum einen darauf, daß Plessner „die Stufen des Lebendigen dialektisch“ (178) auseinander entwickle. Das von Plessner formulierte und von Lessing zitierte Entwicklungsgesetz, „wonach das Moment der niederen Stufe, als Prinzip gefaßt, die nächsthöhere Stufe ergibt und zugleich als Moment in ihr auftritt“ (173), mag man dann tatsächlich auch als erhellende Erläuterung der Hegelschen Aufhebung lesen. Lessing verweist zum anderen auf Hegels Auffassung der Natur als eines Systems von Stufen, in dem eine Stufe aus der anderen ontologisch hervorgehe, ohne jedoch aus ihr natürlich zu entstehen (178). Leider beläßt es Lessing bei der Nennung größerer Strukturzusammenhänge und einzelner Zitate, z. B. daß das Tier auch lt. Hegel „an das Zentrum gebunden“ (179) bleibe. Lessing verpaßt damit die Gelegenheit, eine Detailanalyse solcher Verweise vorzunehmen. Darüber hinaus ist es bedauernswert, daß Lessing das Potential seiner Analyse auch in einer anderen Hinsicht nicht voll ausschöpft. Denn nicht nur Hegels Natur-, sondern auch seine Geistphilosophie zeigt eine erstaunliche Nähe zu Plessners Überlegungen. Es ist v. a. die von Lessing angeführte Feststellung Plessners, der Mensch müsse sich aufgrund seiner exzentrischen Positionalität „zu dem, was er schon ist, erst machen“ (174), was sofort an Hegels Bestimmung des Geistes als „Manifestation“ denken läßt: „Er [der Geist, S. O.] ist nicht irgendeine Bestimmtheit oder Inhalt, dessen Äußerung oder Äußerlichkeit nur davon unterschiedene Form wäre; so daß er nicht etwas offenbart, sondern seine Bestimmtheit und Inhalt ist dieses Offenbaren selbst.“ (TWA 10, § 383) Plessner begreift die dem Menschen eigentümliche Existenzweise wie Hegel als selbstbezügliche Form der Selbstbestimmung, als ein Sich-selbst-Produzieren, das aber nicht von der Unmittelbarkeit körperlicher Natur losgelöst ist, sondern diese in die eigene selbstbezügliche Struktur integriert. Das Thema „Hegel und Plessner“ scheint also noch genug Material zu bieten, um die Ausführungen Lessings fortzuführen. Eine eigenständige Aufnahme Hegelschen Denkens findet sich, wie Walter Jaeschke in „Der Geist und sein Sein. Nicolai Hartmann auf Hegelschen Wegen“ zeigt, auch bei Nicolai Hartmann. Auch wenn Hartmann in vielen Fragen als Gegner des idealistischen Systemdenkers auftrete, so gebe sein Werk dennoch Zeugnis von einer Kennerschaft der Hegelschen Philosophie, die im Hinblick auf dessen Philosophie des

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objektiven Geistes sogar in affirmative Übernahme durch Hartmann münde. Es gibt nach Jaeschke kein philosophisches Werk im 20. Jahrhundert, „das in vergleichbarer Weise durch Hegel angeregt, aber auch vorgeprägt ist und auch dort im Bannkreis seiner Philosophie verbleibt, wo es sich von ihr absetzt“ (187), wie Hartmanns Das Problem des geistigen Seins. Schon die Gliederung „in den personalen, den objektiven und den objektivierten Geist“ lehne sich „an Hegels Dreigliederung des Geistes in den subjektiven, objektiven und absoluten Geist an“ (187). An Jaeschkes Vergleich von Hartmann und Hegel ist positiv hervorzuheben, daß er um eine eigenständige argumentative Bewertung des Rekonstruierten bemüht ist. So kritisiert er beispielsweise an Hartmanns ontologischem Schichtenmodell überzeugend, daß es die von Hegel geleistete Erklärung der Kontinuität der unterschiedlichen geistigen Formen innerhalb des einen Geistes schuldig bleibe (vgl. 189 f.). Daß Hartmann Hegel nicht einfach kopiert, sondern kreativ aufnimmt, zeigt sich nach Jaeschke am für beide zentralen Begriff des objektiven Geistes. Hartmann erweitere den Hegelschen Bereich des objektiven Geistes auf einen „überpersonalen geistigen Zusammenhang“ (193), der „Recht, Sitte, Sprache, politisches Leben nicht weniger als Glaube, Moral, Wissen, Kunst“ (193 f.) umfasse. Bedenkenswert sind diesbezüglich auch die Überlegungen Jaeschkes, die in dieser „Erweiterung des Begriffsumfangs“ (194) einen Fortschritt zu Hegel sehen. So sei etwa Sprache eine geistige, „überindividuelle Wirklichkeit, in die das Individuum hineinwachsen muß, die es aber auch weiter fortbildet, so daß es von ihr getragen wird und sie auch selber trägt“ (194). Man kann Jaeschke entgegnen, daß der begriffliche Kern des objektiven Geistes bei Hegel nicht im Ausbilden einer überindividuellen Wirklichkeit, sondern v. a. in der Verwirklichung der Struktur des Willens besteht und dies die Verortung der Sprache im Bereich des theoretischen Geistes erklärt. In Bezug auf Hartmanns Versuch, auch die Kunst zum objektiven Geist zu rechnen, wäre mit Hegel auf ihren Theorie und Praxis vereinenden, den subjektiven und objektiven Geist aufhebenden Charakter zu verweisen. Jaeschke ist aber nicht mit jeder kreativen Aneignung des objektiven Geistes durch Hartmann einverstanden. So kritisiert er, daß Hartmann der Überindividualität des objektiven Geistes ein zu großes Gewicht verleihe und dadurch aus dem Blick gerate, daß der objektive Geist „ein von den einzelnen Subjekten Erzeugtes“ (197) sei. In diesem Punkt möchte der Rezensent Hartmanns Hegel-Lesart gegen Jaeschkes Kritik verteidigen. Denn die genetische Perspektive, die Jaeschke bei dieser Kritik in den Mittelpunkt rückt, geht an dem für Hegel ausschlaggebenden Geltungsverhältnis vorbei. Dieses beschreibt Hegel, wenn er sagt, die Verfassung eines Staates dürfe, „obgleich in der Zeit hervorgegangen, nicht als ein Gemachtes angesehen“ (TWA 7, § 273 A) werden. Die Gestalten des objektiven Geistes sind, wie von Hartmann beschrieben, von den Individuen unabhängig und nicht als ein ihnen nachgeordnetes Produkt zu verstehen. Genetisch gesehen, so scheint mir Hegels Pointe zu sein, gibt es vor ihrer Verortung innerhalb einer sie organisierenden Sittlichkeit gar keine freien Individuen, sondern nur „atomistische Haufen“ (ebd.). Zuzustimmen ist wieder Jaeschkes Analyse der von Hartmann an Hegel geäußerten Metaphysik-Kritik. Hartmann zeige im Hinblick auf Hegels teleologisches Geschichtsverständnis eine „irrationale ‚Furcht vor der Metaphysik‘“ (209). Diese Furcht führe

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dazu, „demjenigen, das man perhorresziert und flieht, allererst einen metaphysischen Charakter anzudichten“ (209). In der Tat gilt: Wer beim Weltgeist und dem Gedanken einer auf das Ziel der Freiheit gerichteten Geschichte nicht anders kann, als den Geist auf vulgäre Weise zu verdinglichen bzw. zu vermenschlichen, indem er sich vorstellt, der Geist mache die Freiheit zum Zweck der Weltgeschichte, wie Individuen sich Zwecke setzen, der hat Hegel durch einen Strohmann ersetzt. Eine hochinteressante Anziehungs- und Abstoßungsbewegung konstatiert Daniel Althof in seinem Aufsatz „Das ‚Geklapper der Triplizität‘“ über „Adornos Hegelrezeption“. Althof legt dar, wie zum einen „Hegel in Adornos Darstellung selbst gar nicht so konsequent als Gegenpol, sondern genauso als Verbündeter auftritt“ (291) und wie zum anderen „sich Adornos Denken in Bahnen bewegt, gegen die er sich selbst in Form der Hegelkritik abzusetzen glaubt“ (291). Bezugspunkte der Analyse Althofs sind bei diesem Versuch, Hegel nicht nur an Adorno, sondern auch Adorno an Hegel heranzuführen, die Drei Studien zu Hegel und die Negative Dialektik. V. a. in den Drei Studien zeige sich ein „Bündnis zwischen beiden“ (298) im Hinblick auf die Bedeutung von Nichtidentität bei der vernünftigen Erfassung eines Gegenstandes (293f.), die kritische (d. h. anti-dogmatische) Funktion der Dialektik (295), die wirklichkeitserschließende, nicht wirklichkeitsabstrahierende Rolle der Spekulation (295f.) und schließlich die Bestimmung des Absoluten als „Subjekt-Objekt“ (297). Wie Althof herausstellt, beginne Adornos Haltung zu Hegel schon in den Drei Studien widersprüchlich zu werden – eine Widersprüchlichkeit, die dann in der Negativen Dialektik voll zu Tage trete. Die Frontstellung gegen Hegel, die Ausdruck in Adornos Ablehnung der Möglichkeit reinen, selbstbezüglichen Denkens finde (301f.) und im Ausspruch gipfle, „das Ganze sei das Unwahre“ (291), passe nicht zu der andernorts geäußerten Grundübereinstimmung. Problematisch sei zudem, daß diese Kritik nicht zu der Tatsache passe, daß Adorno bei seiner Hegel-Kritik implizit ein Hegelsches Verständnis des reinen Begriffs in Anspruch nehme (vgl. 310) und so dem „Sog des Begriffes“ (316) nicht entkomme. Es ist daher Althof zuzustimmen, wenn er fordert: „Um einer konsistenten Hegelrezeption willen wäre Adorno vor die Alternative zu stellen, entweder eine solche Affirmation wählen zu wollen und eine andere Kritik wählen zu müssen, oder an dieser Kritik festhaltend die Grundlage für eine solche Affirmation zu verspielen.“ (300) Am überzeugendsten ist der Band, wenn der Nachweis für eine immanente und systematisch fruchtbare philosophische Beziehung – sie mag auf Ablehnung oder Zustimmung basieren – zwischen Hegel und einem Philosophen der neueren Geschichte erbracht wird. Nicht ganz gelingen will dieses Unterfangen Wolfgang Bonsiepen. Seine ausführliche Rekonstruktion wichtiger Positionen des Neukantianismus ist für Spezialisten dieser Schule sicher wertvoll. Für Leser, die ihre Forschungsschwerpunkte anderweitig gesetzt haben, bietet der Vergleich nach 65 Seiten leider nur das sehr nüchterne Resümee: „Es wäre zu viel gesagt, wenn man behaupten würde, daß Hegels Philosophie den Neukantianismus geprägt hat, die Auseinandersetzung mit ihm war aber auch nicht beiläufig.“ (112) Einen etwas esoterischen Eindruck hinterläßt auch Robert Pippins Beitrag über „Brandoms Hegel“. Dies liegt nicht an der durchaus neuartigen Hegel-Lektüre Brandoms,

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bei der die Begriffe „Sozialität“, „Normativität“ und „Verpflichtung“ im Fokus stehen, sondern an der Tatsache, daß Pippins – an sich durchaus lesenswerte – Diskussion stark von seinen eigenen Arbeiten beeinflußt ist, die ebenfalls um „Sozialität“, „Normativität“ und „Verpflichtung“ bei Hegel kreisen. Als Indiz hierfür mag dienen, daß Pippins eigene Arbeiten in seiner Literaturliste zahlreicher vertreten sind als diejenigen Hegels oder Brandoms. Ein Beitrag über den Einfluß Hegels auf Brandom, McDowell und Pippin, verfaßt von einem Außenstehenden, hätte womöglich in eine zielführendere Überblicksdarstellung gemündet. Trotz solcher kleinerer Monita ist der vorliegende Band eine Bereicherung der philosophischen Diskussionslandschaft. Die Beiträge belehren nämlich nicht nur, sondern machen dem Hegel-affinen Leser zumeist auch durch interessante und unerwartete Verknüpfungen Lust, sich intensiver mit den besprochenen Denkern und Strömungen der neueren Philosophiegeschichte auseinanderzusetzen. Umgekehrt dürften auch diejenigen auf ihre Kosten kommen, die sich bisher weniger mit Hegel, sondern mehr mit der neueren Philosophiegeschichte beschäftigt haben. Sie können bei der Lektüre die vielfältigen Weisen entdecken, auf die Hegel auch dort gewirkt hat, wo man es zunächst vielleicht nicht vermutet hätte. Sebastian Ostritsch (Stuttgart)

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D) Neuerscheinungen zu einzelnen Autoren der Klassischen Deutschen Philosophie

Andreas Arndt: Karl Marx. Versuch über den Zusammenhang seiner Theorie. 2., durchgesehene und um ein Nachwort ergänzte Auflage. Akademie Verlag: Berlin 2012. 276 S. Nach fast dreißig Jahren ist Karl Marx. Versuch über den Zusammenhang seiner Theorie in der zweiten Auflage erschienen. Andreas Arndt, international anerkannter Schleiermacher- und Hegel-Forscher, legt damit seine um ein kurzes Nachwort ergänzte Arbeit wieder vor. Es stellt sich allerdings die Frage, ob eine erneute Marx-Renaissance schon wieder so wirkmächtig ist, daß es einer Neuauflage bedarf. Während Arndt Mitte der 80er Jahre, in der Zeit einer beginnenden (akademischen) Marx-Austreibung, die ihre endgültige Bestätigung im Zerfall des Ostblocks zu finden glaubte, schrieb, formuliert er heute im Nachwort, daß er nicht alle der damals vertretenen Thesen gegenwärtig noch verteidigen würde. Also: so what? Die theoretischen Schlachten zwischen Vertretern einer neuen Marx-Lektüre und Partei-Marxisten waren bereits im Abflauen begriffen. Mit Thatcher und Reagan wurde in der westlichen Welt ein ökonomischer Kurswechsel vollzogen, dessen Richtung heute als neo-liberal bezeichnet wird. Gorbatschow reformierte die Sowjetunion bis zum Untergang, und in den provinziell-westdeutschen Verhältnissen engagierten sich ehemalige Marxisten bei den Grünen: und das nicht ohne eine neue philosophische Grundlage: Hans Jonas’ Das Prinzip Verantwortung (1982) wird zu einem theoretischen Fundament der Umweltbewegung – nicht ohne Marx (und Bloch) ein weiteres Mal zu beerdigen. Angesichts dieser Umstände scheint es das falsche Buch zu falschen Zeit gewesen zu sein. Zehn bis zwanzig Jahre früher hätte das Werk dem Autor mit Sicherheit akademischen Ruhm beschert. Arndt will Marx begreifen und liefert unter Rückgriff auf eine große Menge an Sekundärliteratur eine systematische Darstellung des (unvollendeten) Marxschen theoretischen und politischen Schaffens in historischer Abfolge. Mit dem Titel Marx. Versuch über den Zusammenhang seiner Theorie ist das Werk gleichwohl alles andere als ein Aufwärmen des ‚Marxismus‘, der mit diesem „Ismus“ immer schon unterstellte, daß die Gesamtheit des Marxschen Schaffens einheitlich sei und dessen allzu krasse Inkonsistenzen im Zweifelsfall durch Parteitagsbeschlüsse nach Vorgaben der „Leitung der Avantgarde der Arbeiterklasse“ zu schlichten seien. Nein, Arndt unternimmt die nicht geringe Aufgabe, Entwicklungsschritte und Brüche als Bildungsetappen eines Theoretikers darzustellen, der dennoch von Anbeginn seiner schriftstellerischen Tätigkeit bis zum Ende insbesondere ein Ziel verfolgt: die Behauptung Hegels von der ‚Wirklichkeit der Vernunft und der Vernunft in der Wirklichkeit‘ (vgl. 20) zu widerlegen. Die Schritte dieses Projekts sind der Jung- und Linkshegelianismus, die Entwicklung des Konzepts des später sog. Historischen Materialismus (vgl. 63) und des – wie Arndt es nennt – Systems der Kritik der Politischen Ökonomie. Diese Entwicklung des Theoretikers Marx wird begleitet und immer wieder korrigiert durch die Tätigkeit des politischen Journalisten Marx, des Theoretikers der politischen Kämpfe. Eher beiläufig werden in

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dieser Arndtschen Darstellung Topoi des „Marxismus“ widerlegt – am eindringlichsten die berühmt-berüchtigte Geschichtsteleologie z. B. mit den Verweisen auf die Marxschen Brief-Entwürfe an Vera Zasuličs (vgl. 101), aber ebenso die nicht minder berüchtigte „Zusammenbruchstheorie“ (vgl. 106). Arndt präsentiert eine intellektuelle Biographie, die ausdrücklich von der Einheit des Marxschen Denkens ausgeht. Wenn er gleichwohl Revisionen und Brüche bei Marx deutlich bestimmt, müssen diese von einem einheitlichen Anspruch motiviert sein, der als solcher objektiven Inhalts ist: „Unter dem objektiven Inhalt und Zusammenhang der Theorie versteh[t Arndt], Marx’ Selbstverständnis folgend, den Status der theoretischen Arbeit als gedankliche Reproduktion der Wirklichkeit mit den Mitteln der Abstraktion. Das heißt: [Arndt] geh[t] davon aus, daß die theoretische Arbeit Marx’ der Logik ihres Gegenstandes und ihrer Mittel, dem Verhältnis beider, folgt, und insofern in keiner Weise als Ausdruck von Positionen erklärt werden kann, die letztlich in der Subjektivität Marxens ihren Grund hätten“ (9). Für Marx, so Arndt, ist die Hegelsche Philosophie das letzte Wort in der Philosophie, und deshalb ist diese nicht allein philosophisch zu kritisieren – deshalb der Marxsche Beginn mit der Kritik des Hegelschen Staatsrechts, und deshalb aber auch die Kritik des eigentlichen Gegenstands. Und der eigentliche Gegenstand ist das Bewegungsgesetz der bürgerlichen Gesellschaft; ein Gegenstand wissenschaftlicher Kritik, der sich notwendig der affirmativen Darstellung entzieht, also nicht wirklich vernünftig ist, aber dennoch in einer an Hegel orientierten Darstellungsweise präsentiert wird. Die entscheidende Differenz zwischen Hegel und Marx liegt im „spezifisch historischen Charakter“ (vgl. 132, 136) der die bürgerlichen Verhältnisse bestimmenden Produktionsweise. Diesen Gegenstand hat Hegel nicht in den Blick genommen bzw. nicht in den Blick nehmen können. Ist es diese Charakterisierung „eines Gegenstandes“, der einerseits selbstbewegend und sich erhaltend ist und insofern eine Totalität ausmacht und dennoch nicht anders als historisch geworden gefaßt werden kann, muß in der wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Darstellung auf die berüchtigte „Dialektik“ zurückgegriffen werden. Nur solche Gegenstände – Arndt spricht vom „selbstreproduktiven Organismus“ (126) –, denen das Moment des Unbedingten, des sich selbst Erhaltenden und Hervorbringenden eignet – bei Hegel sind das allein Freiheit, Vernunft, Geist, Idee –, können nicht allein nach Verstandesbestimmungen und in einer allein auf Widerspruchsfreiheit pochenden Einzelwissenschaft dargestellt werden. Arndt präpariert aus der Fülle des Materials, Briefen, Exzerpten, Manuskripten und Veröffentlichungen verschiedener Schaffensperioden insbesondere zwei Themen heraus. Das Politische und die Kritik der politischen Ökonomie. Es gelingt Arndt, die Marxschen Beurteilungen historischer Vorgänge insbesondere am schillernden Begriff der Klasse als dem Scharnier beider Bereiche plausibel zu machen, ohne Real-Geschichte und Begriffsentwicklung bruchlos ineinander zu überführen. Gerade am Verhältnis Arbeiterklasse und Bauern/Landbevölkerung kann Arndt durch seine frühere eingehende Beschäftigung mit Lenin und der russischen Revolution Bestimmungen hervorheben, die Marx entgegen allgemein verbreiteten Vorurteilen als undogmatischen, einem teleologischen Geschichtskonzept fernstehenden Theoretiker zeigen. Neben solchen Widerlegungen sind insbesondere Arndts ökonomische Detailanalysen aufschlußreich, von den Aufbauplänen (vgl. 158 ff.) über die verschiedenen Dar-

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stellungen des Systems der Kritik der politischen Ökonomie. Bevor Marx jedoch eine Kritik der politischen Ökonomie ausarbeitet, wird von ihm bis in die 50er Jahre des 19. Jahrhunderts eine Theorie dann als materialistisch verstanden, wenn sie die materiellen Produktionsbedingungen der Gesellschaft berücksichtigt. Damit werden Philosophie, Recht und Theologie der Verschleierung, der Idealisierung zugeschlagen – nicht beachtend, daß die bloße Beschäftigung mit dem Gegenstand „materielle Produktionsbedingungen“ nicht schon von sich aus für „materialistische Theorie“ stehen kann. Dann erst wird deutlich, warum die Ricardosche Politische Ökonomie (vgl. 139, 143, 145), an der Marx lange festhält, selbst kritisiert werden muß, wie Arndt detailliert belegen kann. Für diese Ricardo-Kritik reicht die immanente Kritik nicht aus. Es bedarf darüber hinaus entscheidend neuer Einsichten wie derjenigen vom Doppelcharakter der in der Ware dargestellten Arbeit, derjenigen einer qualitativen Werttheorie und daraus resultierend derjenigen der Mehrwerttheorie. Eine solche Ökonomie-Kritik erzwingt eine Darstellung, die ohne Hegelsche Motive wie Einheit der Gegensätze und Widersprüche, die eine Verlaufsform fordern, nicht auskommt (vgl. 145) und insofern weder empiristisch noch metaphysisch sein kann (227 ff.). Aus der heutigen Rückschau ist es aber durchaus fraglich, ob etwas gewonnen ist, wenn diese Darstellungsweise dann unter dem Etikett „Dialektik“ gefaßt wird. Während Arndt 1985 im gesamten Text, aber insbesondere in den Schlußkapiteln einen Begriff von Dialektik unter Berücksichtigung der Differenz Hegel – Marx bestimmen will, ist er heute (2012) im Nachwort wesentlich zurückhaltender. „Trotz einiger Andeutungen Marx’, daß er von einem alternativen Dialektik-Verständnis zu Hegel aus operiere, habe ich inzwischen erhebliche Zweifel, ob das wirklich der Fall ist oder die Hegelsche Dialektik bei Marx doch als das ‚letzte Wort aller Philosophie‘ fungiert, von der er einzelwissenschaftlich Gebrauch macht, an deren grundlegender Revision ihm jedoch zunehmend weniger gelegen ist.“ (259) Marxens Äußerungen zur Methode haben vermutlich mehr zur Verwirrung denn zur Klärung beigetragen. Generationen von Exegeten haben sich mit der Charakterisierung der „materialistischen Methode“ und/oder der „dialektischen Methode“ herumgeschlagen, um im Ergebnis doch nur das „Inhaltliche“, das „Nicht-Formelle“ ganz formal zu fordern oder aber im inflationären Gebrauch der Worte „dialektisch“, „Widerspruch“, „real“ jede Nachvollziehbarkeit preiszugeben. Noch Arndt schreibt von der Logik des Gegenstandes und der Mittel der theoretischen Bearbeitung und dem Verhältnis beider (vgl. 9) – und bleibt damit bei aller Forderung nach historisch bestimmtem Inhalt nur formell. Diese Methodenbemühung ist ganz Kind der Zeit mit dem ironischen Ergebnis, daß heutzutage das Methodische, das Formelle, das Standardisierte so sehr expandiert ist, daß Hegel und dessen Schmuddelkind Marx als unwissenschaftlich, weil „dialektisch“ abgetan werden und so die Beschäftigung mit beiden weitgehend aus dem akademischen Betrieb verbannt ist, während die Methodologie gefeiert wird. Völlig unabhängig von Reflexionen über die Methode ist die knappe Skizze des Kapitals im 4. Abschnitt (157 ff.) sachlich richtig und für das Verständnis des ersten Bandes hilfreich, während ganz offensichtlich Schwächen bei so zentralen Themen wie den Reproduktionsschemata (Bd. II) oder der Grundrente (Bd. III) auftreten. Schwächen,

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die aber auch einer Marx-Rezeption geschuldet sind, die noch nicht auf die historischkritische Ausgabe der zweiten Abteilung der 2MEGA zurückgreifen konnten, wie es der neueren Marx-Forschung möglich ist, was Arndt im Nachwort der Neuauflage selbst konstatiert (vgl. 258). Eine grundsätzliche Schwierigkeit deutet sich aber bei Arndt mit folgendem Gedanken an: „Der Gegenstand selbst […] hinder[t], so scheint es, Marx daran, die Theorie des Staates und der Politik auf das Niveau einer systematischen Theorie zu heben, welches die Ökonomiekritik kennzeichnet. Insofern wäre die Leerstelle […] ein notwendiger Mangel der Theorie an Allgemeinheit.“ (105) Diese Feststellung wirft Licht auf das Arndtsche Werk und beleuchtet ein Problem, das sich bereits im Titel andeutet: Karl Marx. Versuch über den Zusammenhang seiner Theorie – ‚seiner Theorie‘ welchen Gegenstands? Arndt selbst betont zwei Gegenstände: einmal denjenigen des Politischen (mit sämtlichen Erweiterungen wie Organisationsfrage, Partei, Revolutionstheorie und Staat) und zweitens denjenigen des ökonomischen Systems. Deutlich ist in Arndts Abhandlung, daß Marx allein mit Blick auf die politischen Kämpfe sich die Elemente für eine systematische Ökonomie-Kritik hat erarbeiten können (mit allen Brüchen und Revisionen), bzw. ganz schlicht: sich erarbeitet hat. Und doch ist auch für Arndt offensichtlich, daß beide Sphären nicht nur entgegengesetzt sind. Das System der Ökonomie ist System nur in einer ganz bestimmten historischen Epoche – derjenigen der bürgerlichen Verhältnisse, die allgemein als unpersönliche Herrschaftsverhältnisse zu charakterisieren sind, als Verhältnisse des abstrakten Rechts, in denen die Gleichheit und die Freiheit der Eigentümer als verwirklicht unterstellt ist. Und – noch entscheidender – Marx behauptet, dieses System der Politischen Ökonomie sei dasjenige die Politik in all ihren Auseinandersetzungen und Kämpfen bestimmende. Es sei die Grundlage, auf der die Klassenkämpfe stattfinden. Mit dem Begreifen des Systems der Politischen Ökonomie sei sowohl die Historizität als auch die Entwicklungstendenz der bürgerlichen Welt erkennbar, die als solche mit Willen und Bewußtsein annullierbar bleibt. Gerade aber die Erkenntnis der Historizität des bestimmten Produktionsverhältnisses ergibt die Möglichkeit eines politisch fatalen Missverständnisses. In der Überzeugung, das Verhältnis von Politik zur Ökonomie begriffen zu haben, erliegt eine Partei – ob als herrschende Arbeiterklasse oder als Opposition, die im taktierenden Alltagsgeschäft der Politik die allgemeine geschichtliche Tendenz befördern will – dem Irrtum, ihre Beurteilung der Lage genauso wie das daraus folgende politische Agieren seien Ausdruck realer ökonomischer Verhältnisse. Mit dieser sich selbst erteilten Weihe ist angeblich jeder Irrtum ausgeschlossen, und die unterlegene Fraktion innerhalb der Partei muß schon deswegen falsch liegen, weil sie die unterlegene ist. Keine Frage, Arndt unterliegt diesem Missverständnis nicht, und doch legt er dessen Grund nicht frei. Deshalb zurück zum systematischen Marx: Wenn es ihm in seinen ausgereiftesten Schriften um die Erkenntnis und die Darstellung der Bewegungsgesetze der bürgerlichen Gesellschaft ging, so waren diese Bewegungsgesetze insofern historisch, als es die bürgerlichen Verhältnisse nicht immer gab. Bürgerliche Verkehrsformen lösten feudale, klerikale Privilegien ab. Den von Marx erkannten ökonomischen Bewegungsgesetzen

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– mit ihrem spezifisch historischen Charakter – selbst noch einmal eine zu erkennende gesetzmäßige Entwicklung zu unterstellen, ruiniert den Begriff des Gesetzes und damit denjenigen der Erkenntnis. Wenn Gesetze selbst gesetzmäßig entstehen und vergehen, wäre ein solches Gesetz, das jenen Prozeß ausdrücken will, selbst historisch dem Entstehen und Vergehen unterworfen usw. Unabsichtlich wäre damit alle Erkenntnis historisiert, relativ, und es bliebe allein der Subjektivismus der gerade siegreichen Partei(-fraktion). Insofern ist Marx gegen seine eigene theoretische Herkunft, seine Liebhaber und bisweilen auch gegen seine eigenen behaupteten Einsichten zu verteidigen. Das Historische im Kapital ist neben der immer wieder von Arndt völlig zu Recht betonten historischen Spezifität der bürgerlichen Verhältnisse die Durchsetzung dieser Produktionsweise. Marx kann gar nicht ohne historische Bestimmungen auskommen: Durchsetzung des Normalarbeitstags, der Fabrikgesetzgebung oder der historische Fortschritt der manufakturellen Organisation des Produktionsprozesses bei gleichzeitiger Darstellung der notwendigen Beschränktheit dieser Produktionsweise. Marx betont, daß erst mit der Einbeziehung von Naturwissenschaft und Technik die handwerkliche Begrenztheit der Produktion überwunden ist. Nun erst (um 1870) stellt sich die Produktion „auf ihre eigenen Füße“. Die Darstellung der historischen Durchsetzung der entwickelten kapitalistischen Produktionsweise gelingt Marx im Kapital nur, weil er das allgemeine Bewegungsgesetz gefunden hat. Und dieses Bewegungsgesetz wird eben nicht mit der durchgesetzten allgemeinen kapitalistischen Produktionsweise suspendiert, noch weniger unterliegt es gar selbst einem gesetzmäßigen Wandel (wie es Anhänger eines zu wenig durchdachten Historischen Materialismus behaupten müssen). Mit der durchgesetzten kapitalistischen Produktionsweise, d. h. auf der Grundlage naturwissenschaftlich basierter Produktion – seit etwa 1870 –, hat keine Geschichte der Produktionsverhältnisse mehr stattgefunden. Sämtliche historische Entwicklungen, sämtliche Zäsuren und Katastrophen des 20. Jahrhunderts wären zu fassen unter einer Geschichte der Politik und einer solchen der Technik – nicht aber unter einer Geschichte der Produktionsverhältnisse! Selbst wenn Arndt im Nachwort die Geltung des gesamten 4. Abschnitts zum Dialektik-Begriff relativiert: Seine vorgelegte Auseinandersetzung mit Hegels und Marxens Werk, mit Philosophie und Politik, mit Staat und Ökonomie bleibt aktuell, gleichgültig ob das Etikett „dialektisch“ abgelehnt wird oder nicht. Eines ist mit Hegel, mit Marx und mit Arndt klar: Es gibt Gegenstände, deren begriffliche Darstellung mit bloßen Verstandesbestimmungen nicht gelingen kann, denn sonst droht naiver Empirismus und damit schlechte, weil undurchsichtige Metaphysik. Insofern ist die nun vorgelegte Neuauflage ganz unabhängig vom vergangenen, gegenwärtigen oder zukünftigen Höhepunkt einer Marx-Renaissance geboten gewesen. Hans-Georg Bensch (Hannover)

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Charles Fourier: Über das weltweite soziale Chaos. Ausgewählte Schriften zur Philosophie und Gesellschaftstheorie. Herausgegeben von Hans-Christoph Schmidt am Busch. Akademie Verlag: Berlin 2012. 216 S. (Schriften zur europäischen Ideengeschichte. Herausgegeben von Harald Bluhm. Band 6) Seit dem Beginn der Finanzkrise 2008 ist der Versuch, sich mit Alternativen zum Kapitalismus auseinanderzusetzen, wieder aktueller geworden und die Ökonomie bzw. Ökonomiekritik in den Fokus der wissenschaftlichen und medialen Öffentlichkeit zurückgekehrt. Zu den ersten Kritikern der Durchsetzung von marktförmigen und industriellen Gesellschaftsordnungen sowie deren Konsequenzen gehört Charles Fourier (1772–1837). Es steht daher zu vermuten, daß dessen Werk im Lichte der heute formulierten Kritiken an der modernen Gesellschaft im allgemeinen und der ökonomischen Ordnung im besonderen eine erneute Rezeption erfahren wird. Zu einer solchen erneuten Rezeption kann der von Hans-Christoph Schmidt am Busch zusammengestellte Band Über das weltweite soziale Chaos motivieren. Das Buch enthält neben einer historisch-systematisch ausgerichteten Einleitung (9–35) des Herausgebers in neun Kapiteln Auszüge aus der gesamten Breite des veröffentlichten und unveröffentlichten Werkes Fouriers. Bei den Kapiteln 3, 4, 6 und 8 handelt es sich um Auszüge des Fourierschen Schaffens, die hier erstmals der deutschsprachigen Leserschaft zugänglich gemacht werden. Bei zwei weiteren Textteilen handelt es sich um Neuübersetzungen (Kap. 2; Kap. 7.1), das 1., 5. und 9. Kapitel greifen auf die Textauswahl zurück, die Lola Zahn 1980 veranstaltet hat. Das abschließende 10. Kapitel bietet einen Auszug aus der Textsammlung Mittheilungen aus und ueber Frankreich, die Friedrich-Wilhelm Carové 1838 besorgt hat. Der Hegelianische Jurist und Philosoph Carové, der sich als Privatgelehrter und Publizist um progressive Strömungen im Zeitalter der Restauration bemüht hat, bietet in dem Textauszug eine kritische Würdigung Fouriers im Jahr nach dessen Tode. Carové rechnet Fourier dabei „zu den bedeutsamsten Erscheinungen der neusten Zeit“ (212). Diese, den Band abschließende Quelle macht den Leserinnen und Lesern noch einmal deutlich, womit Schmidt am Busch seine Einleitung eröffnet: Der heute weitestgehend vergessene Fourier galt in den 1830er Jahren als einer der führenden „Sozialtheoretiker und Gesellschaftskritiker“ (9, kursiv i. O.) und wurde u. a. von Heinrich Heine, Honoré de Balzac, Lorenz von Stein, aber auch von Friedrich Engels und August Bebel in diesen Rollen wertgeschätzt. Nicht nur aufgrund seiner starken Polemik gegen die abendländische Wissenschaftstradition insgesamt und insbesondere gegen die Aufklärung, sondern v. a. aufgrund der detaillierten und mitunter geradezu phantastisch oder utopisch anmutenden Ausmalungen einer besseren Gesellschaft, die er der Gegenwart als Alternative und Ausweg gegenüberstellt, ist Fourier heute weitestgehend aus den wissenschaftlichen Diskursen verschwunden. Die informative und klare Einleitung des Herausgebers macht dagegen deutlich, warum es lohnend sein könnte, Fourier sowohl ideengeschichtlich als auch systematisch wieder in den Blick zu nehmen. Im ersten Teil der Einleitung liefert Schmidt am Busch einen kurzen biographischen Abriß (11–15), der Fourier als begabten Autodidakten beschreibt, der erst in späten Jahren zu Ruhm, wenn auch nicht zu finanziellem Erfolg gekommen ist. Der zweite Teil (15–19) widmet sich den basalen Annahmen Fouriers, wobei hier insbesondere die Leh-

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re von den Passionen hervorgehoben wird, auf der seit Fouriers Erstlingswerk des Jahres 1808, der Theorie der vier Bewegungen, seine Sozialtheorie aufbaut. Die von Fourier angezielte exakte Sozialwissenschaft nach dem Vorbild Newtons bewegt sich dabei in ähnlichen positivistischen Vorstellungen wie die Theorie Auguste Comtes, wobei Fourier seine anthropologischen Prämissen zusätzlich durch theologische Argumente zu fundieren sucht. Die Hauptmängel der bisherigen ökonomischen und sozialwissenschaftlichen Theorien sieht Fourier in der mangelhaften Anthropologie sowie dem Scheitern an den Anforderungen einer – im mathematischen Sinne – exakten Wissenschaft (vgl. 15). Fouriers Anthropologie entwirft ein Konzept vom Menschen, in dem dieser durch zwölf Passionen bzw. Leidenschaften, die nicht auf bloße sinnliche Bestrebungen reduziert werden dürfen, geprägt ist. Diese Leidenschaften würden von der gängigen Wissenschaft (insbesondere von der Philosophie und der herrschenden Religion) in ihrer Rolle als Beitrag zum Glück der Menschen völlig verkannt (vgl. Kap. 1 und 2), die herrschende Moral versuche die Leidenschaften der Menschen zu unterdrücken, statt diese in mathematisch berechenbarer Weise so miteinander zu koordinieren, daß ein für alle glücklicher und gedeihlicher sozialer Zustand möglich werde. Eine solche Koordinationsleistung sollen die sog. Assoziationen bilden. In diesem, der damaligen Zivilisation entgegengesetzten Gesellschaftszustand leben die Menschen in Konsum- und Produktionsgenossenschaften zusammen. Fourier zählt mit dieser Vorstellung zu den entscheidenden Ideengebern für das moderne Genossenschaftswesen. „Die Assoziation“ gilt als „sozialer Raum […], in dem die Menschen durch organisierte produktive, konsumtive und sexuelle Tätigkeiten ihre menschlichen Passionen restlos befriedigen“ (18). Im dritten Teil der Einleitung (20–26) stellt Schmidt am Busch die Rezeption der Fourierschen Sozialphilosophie vor. Dabei wird v. a. der Einfluß fokussiert, den Fourier auf die Hegelschen und von Hegel herkommenden Sozialphilosophien, wie etwa das Werk des frühen Marx (25 f.), ausgeübt hat. Der vierte und letzte Teil der Einführung (26–30) wendet sich der systematischen Relevanz des Fourierschen Werkes zu. Schmidt am Busch macht keinen Hehl daraus, daß er weite Teile des Fourierschen Werkes für systematisch nicht tragfähig hält. So rufen seines Erachtens „Fouriers anthropologische und sozialphilosophische Grundannahmen ernstzunehmende Bedenken hervor“ (27). Der Kern seiner Kritik zielt dabei auf Fouriers positivistische Annahme, daß sich alle menschlichen Passionen vollständig und für alle Zeit von einem „externen, drittpersönlichen Standpunkt aus“ (ebd.) erfassen lassen könnten, um in der Folge die idealen Koordinationsmuster zwischen Gruppen von Individuen mathematisch exakt zu berechnen und die entsprechenden Personen in solche Handlungsmuster einzufügen. Dabei spreche gegen Fourier insbesondere das Phänomen, daß Menschen sich interpretierend und evaluierend zu ihren jeweiligen „Wünschen, Neigungen und Bedürfnissen“ (ebd.) verhielten und die Vollständigkeitshoffnung Fouriers aufgrund dessen unerfüllbar sei. Stillstellen ließen sich die menschlichen Formen evaluativer, reflexiver Selbstbezugnahme wohl nur um den Preis der Autonomie der Individuen und unter Vorenthaltung einer wesentlichen Dimension eines glücklichen und gelingenden Lebens. Lt. Schmidt am Busch finden sich in Fouriers Werk aber dennoch einige systematisch relevante Aspekte, die unabhängig von seiner Theorie der Leidenschaften formuliert werden können bzw. formuliert sind. So gehöre Fourier zum einen „zu den ersten Sozial-

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theoretikern, die Märkte als wesentlich krisenhafte Gebilde kritisieren“ (28); zum anderen ließen sich bei ihm Ansätze für eine Theorie der Anerkennung gewinnen, wie sie heute, etwa im Rahmen der Frankfurter Schule, relevant sind. Darüber hinaus war Fourier einer der ersten Theoretiker, der für ein Recht auf Arbeit eingetreten ist. Eine entsprechende Debatte über Sinn und Zweck eines solchen Rechtes wird auch heute wieder geführt. Den Inhalten, die in den neun Auszügen vorgestellt werden, ist dank der sorgfältigen Einführung problemlos zu folgen. Der Aufbau orientiert sich dabei thematisch an den Sachgebieten, die in der Einleitung vorgestellt worden sind. Während sich die ersten beiden Kapitel mit den anthropologischen und wissenschaftlichen Fundamenten beschäftigen, stellt Kapitel drei die Grundstruktur der als Gegenentwurf zur marktförmigen Gesellschaftsordnung präsentierten Assoziation vor. Das vierte Kapitel widmet sich der spezifischen Ausprägung von Erziehung und Bildung in der Assoziation. Während der fünfte Teil sich der Forderung nach radikaler Gleichheit der Geschlechter widmet, wobei Fourier auch eine adäquate Behandlung von Kindern (die er gelegentlich als eigenes Geschlecht bezeichnet) einfordert, ist das sechste Kapitel eher von ideen- und motivgeschichtlichem Interesse, das Fouriers Vorstellungen von geplanten, die Monogamie überwindenden Formen der Sexualität vorstellt. Die dort entwickelten Vorstellungen von freier Liebe, die bezeichnenderweise zu Fouriers Lebzeiten unveröffentlicht geblieben sind, weisen motivgeschichtlich interessante Parallelen z. B. zu den sozialen Alternativen auf, die um 1968 konzipiert wurden. Das zentrale 7. Kapitel präsentiert den Großteil der Gesellschafts- und Zivilisationskritik Fouriers, dessen Hauptvorwurf jeweils in dem Aufzeigen der Friktionen und Folgen der Ungeplantheit sozialer Interaktionen besteht, die Fourier mit seiner Planungsutopie konfrontiert. Von besonderem Interesse ist dabei Fouriers harsche Kritik an der Wissenschaft der politischen Ökonomie (178–188). Der zentrale Vorwurf Fouriers lautet dabei immer wieder, daß die Gesellschaft, für wie fortschrittlich sie sich auch immer halten mag, durch die Ungeplantheit der sozialen Abläufe weit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt. Die Zentralität dieser Kritik wird auch am Titel des Bandes deutlich, der auf einen Abschnitt des 7. Kapitels verweist (vgl. Kap. 7.3; 166–172). Das 8. Kapitel bietet einen Einblick in Fouriers Vorstellungen zum Problem der Freiheit (im politischen Sinne). Das letzte Kapitel widmet sich dem Problem des Rechts auf Arbeit. Neben den bereits genannten systematischen Punkten, die eine erneute Beschäftigung mit Fourier motivieren sollen, läßt sich ergänzen, daß die Texte Fouriers auch motivgeschichtlich Aufmerksamkeit verdienen. So lassen sich in Fouriers radikaler Zivilisationskritik nicht nur Kritiken an der Marktwirtschaft und deren ökonomischen Folgen finden, sondern auch an ungesunder Lebensführung z. B. durch Ernährung und Arbeitsumfeld (bei Armen wie Reichen), an der Zerstörung der Umwelt oder der Unterdrückung der nicht-europäischen Völker durch den Kolonialismus sowie der Unterdrückung von Frauen. Insgesamt ist der Band zum Einstieg in die Auseinandersetzung mit Fourier sehr geeignet und bietet sowohl historisch als auch systematisch interessierten Leserinnen und Lesern einen informativen Ein- und Überblick. Tim Rojek (Essen)

BIBLIOGRAPHIE

l i t e rat u r z u r h e g e l - f o r s c h u n g 2 0 11 / 2 0 1 2 Zusammenstellung und Redaktion: Holger Glinka (Bochum)

Diese fortlaufende Berichterstattung sucht sowohl das nicht selbständig erschienene Schrifttum, also Abhandlungen aus Zeitschriften, Sammelbänden usw., als auch Bücher über Hegel möglichst breit zu erfassen. Neu erschienene Bände der Beihefte der HegelStudien sowie des Hegel-Jahrbuchs werden in der Abteilung Literaturberichte und Kritik als ganze rezensiert; gleiches gilt für Sammelbände sowie Periodika-Sondernummern, die ausschließlich der Philosophie Hegels gewidmet sind. In der Bibliographie werden die einzelnen Abhandlungen solcher Bände nicht mehr angezeigt. Die Beiträge werden alphabetisch nach dem Namen der Autoren angeordnet. An der Zusammenstellung der Bibliographie dieses Bandes haben mitgearbeitet: Georgia Apostolopoulou (Ioannina, GR), Alfredo Bergés (Barcelona), Francesco Campana (Padova), Oliver Koch (Bochum), Francesca Menegoni (Padova), Pedro Geraldo Aparecido Novelli (Sao Manuel), Tim Rohmann (Bochum), Pirmin Stekeler-Weithofer (Leipzig) und Lu De Vos (Leuven). Die über Hegel arbeitenden Autoren sind freundlich eingeladen, durch Einsendung von Sonderdrucken die Berichterstattung zu erleichtern. Allen, die solche Hilfe bisher schon geleistet haben, sei besonders gedankt.

Hegel-Studien 47 (2013) · © Felix Meiner Verlag · ISSN 0073-1587

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Stekeler-Weithofer, Pirmin: Die Frage nach dem Begriff.Was die analytische Philosophie von Hegel lernen könnte. — In: Hiltscher, Reinhard/Klingner, Stefan (Hgg.): Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Darmstadt 2011. 233–252. (Neue Wege der Forschung) Stekeler-Weithofer, Pirmin: Nao „eu digo que ‚p‘“, mas sim „‚p‘ diz que ‚p‘“. Wittgenstein e Hegel sobre a identidade de „a Nocao“ e „o Eu“. [Nicht „ich sage, daß ‚p‘“, sondern „‚p‘ sagt, daß ‚p‘“.Wittgenstein und Hegel über die Identität von „Begriff“ und „Ich“.] — In: Padilla Gálvez, Jesús (Ed.): Fenomenologica como Gramática. [Phänomenologie als Grammatik.] Brasilia 2011. 21–44. Stekeler-Weithofer, Pirmin:Verstand und Vernunft. Entwicklung des Selbstbewusstseins in Hegels Phänomenologie des Geistes. — In: Archiwum. Historii Filozofii. (Instytut Filozofii i Socjologii Polskiej Akademii Nauk. Warszawa.) [Archiv. Geschichte der Philosophie. (Institut für Philosophie und Soziologie der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Warschau.)] (2011), 177–198. Stepin,Vyacheslav: Hegel and Modern Science. — In: Social Sciences. Minneapolis, MN. 42 (2011), 4, 68–89. Stewart, Jon: Hegel’s Philosophy of Religion and the Question of “Right” and “Left” Hegelianism. — In: Moggach, Douglas (Ed.): Politics, Religion and Art: Hegelian Debates. Evanston 2011. 66–95. Stewart, Jon: Kierkegaard and Hegel on Faith and Knowledge. — In: Houlgate, Stephen/Baur, Michael (Eds.): The Blackwell Companion to Hegel. Malden, MA/Oxford, UK 2011. 511–518. Stout, Jeffrey Alden: Social Ontology and the General Will: Hegel’s Critique of Rousseau. — In: Interpretation: A Journal of Political Philosophy. New York, NY. 38 (2011), 2, 147–169. Szalek, Piotr: Kant, Hegel and the Puzzles of McDowell’s Philosophy. — In: Diametros: An Online Journal of Philosophy. 29 (2011), 110–123. Thompson, Michael J.: Enlarging the Sphere of Recognition: A Hegelian Approach to Animal Rights. — In: Journal of Value Inquiry. Dordrecht [u. a.]. 45 (2011), 3, 319–335. Topakkaya, Arslan: Alman İdealizm‘Inde Akıl. [Die Vernunft im Deutschen Idealismus.] (auf Türkisch) — In: Felsefe Dünyası. [Welt-Philosophie.] Ankara, TR. 53 (2011), 1, 28– 41. (Türk Felsefe Derneği [Türkische Gesellschaft für Philosophie]) Trisokkas, Ioannis D.: Hegel on the Particular in the “Science of Logic”. — In: Owl of Minerva. Charlottesville,VA. 43 (2011), 1–2, 1–40. Tzortzopoulos, Dimitrios: Einleitung in Hegels Philosophie. (auf Griechisch) — In: G. W. F. Hegel. Anthologie. Wer denkt abstrakt? Einleitung in Hegels Philosophie. Übersetzt und kommentiert von Demetres Tzortzopoulos. Athen 2011. 17–161.

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Tzortzopoulos, Dimitrios: Hegels Kritik der Aufklärung. — In: Skepsis: periodikē ekdosē philosophias kai diepistēmonikēs ereunas. [Skepsis: Zeitschrift für Philosophie und interdisziplinäre Forschung.] Athen, GR. 21 (2011), 2, 89–96. Utz, Konrad: O projeto da Ciência da Lógica. [Das Projekt der Wissenschaft der Logik.] — In: Revista Eletrônica Estudos Hegelianos. 15 (2011), 1, 43–57. Valentini, Francesco: Momenti del confronto con Kant nella „Scienza della logica“ di Hegel. [Momente der Auseinandersetzung mit Kant in Hegels „Wissenschaft der Logik“.] — In: Giornale Critico della Filosofia Italiana. Firenze. 90 (2011), 7, 492–539. Vernon, Jim: Siding with Freedom: Towards a Prescriptive Hegelianism. — In: Critical Horizons: A Journal of Philosophy and Social Theory. London. 12 (2011), 1, 49–69. Vieira Rodrigues, Luís Henrique: Da contribuição da fisiognomia e da frenologia para as ciências do espírito e a Fenomenologia hegeliana. [Der Anteil von Physiognomie und Phrenologie an den Wissenschaften des Geistes und der Hegelianischen Phänomenologie.] — In: Meritum. Budapest, HU. 6 (2011), 1, 163–180. Walsh, Terrance: A Problem and an Opportunity for Mathematics in the Thought of Thomas Aquinas and Hegel. — In: Forum Philosophicum. International Journal for Philosophy. Krakow, PL. 16 (2011), 1, 89–116. Wang, Ban: Human Rights, Revolutionary Legacy, and Politics in China. — In: Boundary 2. Durham, NC. 38 (2011), 1, 135–163. Winfield, Richard Dien: Is Phenomenology Necessary as Introduction to Philosophy? — In: The Review of Metaphysics. Washington, D.C. 65 (2011), 2, 279–298. Winfield, Richard Dien: The End of Logic. — In: Idealistic Studies: An Interdisciplinary Journal of Philosophy. Charlottesville,VA. 41 (2011), 3, 135–148. Wirth, Jason M.: The Return of the Repressed: Schelling, Kierkegaard, and “Nachträglichkeit” in the Legacy of German Idealism. — In: Research in Phenomenology. Leiden, NL. 41 (2011), 1, 134–147. Wolf, Jean-Claude: „dass der Mensch durch das Erkennen unsterblich ist“ – Hegels Deutung der Erzählung vom Sündenfall. — In: Freiburger Zeitschrift für Philosophie und Theologie. Freiburg im Üechtland, CH. 58 (2011), 2, 453–470. Wood, Robert E.: The Free Spirit: Spinoza, Hegel, Nietzsche. — In: International Philosophical Quarterly. Charlottesville,VA. 51 (2011), 3, 377–387. Xiao Jiang, Ji/Wen, Yan: Spirit Transcendence: Entrepreneurs’ Ego Development. — In: Asian Social Science. Toronto, ON. 7 (2011), 1, 165–169. Žižek, Slavoj: With Hegel beyond Hegel. — In: Criticism. Detroit, MI. 53 (2011), 2, 295–313.

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Giuspoli, Paolo: Le concret de la raison: Ontologie et perspective transcendantale dans l’élaboration de la „Science de la logique“. — In: Archives de Philosophie. Paris. 75 (2012), 2, 217–234. Gualdrón, Miguel: Antígona: ¿Lugar imposible de una comunidad? [Antigone: der Anspruch auf eine unmögliche Gemeinschaft?] — In: Universitas Philosophica. Bogota, CO. 29 (2012), 59, 81–98. Hanzel, Igor: Causation, Principle of Common Cause and Theoretical Explanation: Wesley C. Salmon and G. W. F. Hegel. — In: Journal for General Philosophy of Science. Berlin [u. a.]. 43 (2012), 1, 29–44. Hedrick, Todd: Democratic Constitutionalism as Mediation: The Decline and Recovery of an Idea in Critical Social Theory. — In: Constellations: An International Journal of Critical and Democratic Theory. Oxford, UK [u. a.]. 19 (2012), 3, 382–400. Helfer, Inácio: Os bens sociais são sempre bens convergentes? [Sind soziale Güter immer konvergierende Güter?] — In: Transformação: Revista de Filosofia. São Paulo, BR. 35 (2012), 2, 163–185. Huot-Beaulieu, Olivier: Négativité et „Logos“ dialectique chez le jeune Heidegger. — In: Symposium: Canadian Journal of Continental Philosophy. Ontario, CDN. 16 (2012), 1, 129–154. Huttunen, Rauno: Hegelians Axel Honneth and Robert Williams on the Development of Human Morality. — In: Studies in Philosophy and Education. Dordrecht [u. a.]. 31 (2012), 4, 339–355. Iacono, Cristian Lo: „Persona“: corporeità, riconoscimento, vulnerabilità nella „Filosofia del diritto“ di Hegel. [„Person“: Körperlichkeit, Anerkennung,Verletzlichkeit in Hegels „Philosophie des Rechts“.] — In: Filosofia Politica. Milano. 26 (2012), 1, 101–118. Ikäheimo, Heikki: Globalising Love: On the Nature and Scope of Love as a Form of Recognition. — In: Res Publica: A Journal of Legal and Social Philosophy. Heidelberg [u. a.]. 18 (2012), 1, 11–24. Ikäheimo, Heikki: Nature in Spirit: A New Direction for Hegel-Studies and Hegelian Philosophy. — In: Critical Horizons: A Journal of Philosophy and Social Theory. London. 13 (2012), 2, 149–153. Ikäheimo, Heikki:The Times of Desire, Hope and Fear: On the Temporality of Concrete Subjectivity in Hegel’s Encyclopaedia. — In: Critical Horizons: A Journal of Philosophy and Social Theory. London. 13 (2012), 2, 197–219. Infante del Rosal, Fernando: De la mediación a la „Einfühlung“: la crisis de la idea moderna de identidad en el siglo XIX. [Von der Vermittlung zur „Einfühlung“: die Krise der modernen Vorstellung von Identität im neunzehnten Jahrhundert.] — In: Daimon. Revista de Filosofia. Murcia. 56 (2012), 85–99.

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Jaeschke, Walter: Immanuel Kant und G. W. F. Hegel: Vernunftrecht und Geschichte. — In: Siep, Ludwig/Gutmann, Thomas/Jakl, Bernhard/Städtler, Michael (Hgg.): Von der religiösen zur säkularen Begründung staatlicher Normen. Zum Verhältnis von Religion und Politik in der Philosophie der Neuzeit und in rechtssystematischen Fragen der Gegenwart. Tübingen 2012. 119–140. Jaeschke, Walter: Über Personalität. Das Problem des Geistigen Seins. — In: Hartung, Gerald/Wunsch, Matthias/Strube, Claudius (Hgg.): Von der Systemphilosophie zur systematischen Philosophie – Nicolai Hartmann. Berlin/Boston 2012. 241–258. Jaeschke, Walter: Vom ruhigen Ufer der Selbstsucht zur Selbsterkenntnis des Geistes. Hegel über die konstitutive Funktion des Fremden für die Entstehung von Geschichtsbewusstsein. — In: Becker, Judith/Braun, Bettina (Hgg.): Die Begegnung mit dem Fremden und das Geschichtsbewusstsein. Göttingen 2012. 41–55. (Dingel, Irene/Paulmann Johannes [Hgg.]: Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung für Abendländische Religionsgeschichte. Abteilung für Universalgeschichte. Beiheft 88) Jessop, Sharon: Education for Citizenship and ‘Ethical Life’: An Exploration of the Hegelian Concepts of Bildung and Sittlichkeit. — In: Journal of Philosophy of Education. Oxford, UK. 46 (2012), 2, 287–302. Johnston, Adrian: Reflections of a Rotten Nature: Hegel, Lacan, and Material Negativity. — In: Filozofski Vestnik. Ljubljana, SLO. 33 (2012), 2, 23–52. Johnston, Adrian: The Voiding of Weak Nature: The Transcendental Materialist Kernels of Hegel’s “Naturphilosophie”. — In: Graduate Faculty Philosophy Journal. New York, NY. 33 (2012), 1, 103–157. Johnson, Daniel M.: Social Morality and Social Misfits: Confucius, Hegel, and the Attack of Zhuangzi and Kierkegaard. — In: Asian Philosophy: An International Journal of Indian, Chinese, Japanese, Buddhist, Persian and Islamic Philosophical Traditions. Abingdon [u. a.]. 22 (2012), 4, 365–374. Kamburov, Ivan: Изтокът на Хегел. (auf Bulgarisch) [Hegels Osten.] — In: Filosofski alternativi. [Philosophische Alternativen.] Sofija. 5 (2012), 60–66. (Bulgarische Akademie der Wissenschaften) Kanavrov, Valentin: Защо се саморазруши философията на Хегел? (auf Bulgarisch) [Warum hat Hegels Philosophie Selbstzerstörung betrieben?] — In: Filosofski alternativi. [Philosophische Alternativen.] Sofija. 5 (2012), 32–36. (Bulgarische Akademie der Wissenschaften) Kaufer, Stephan: Heidegger on Hegel on Time: How to Interpret “Being and Time” § 82. — In: Journal of the British Society for Phenomenology. Stockport, UK. 43 (2012), 2, 131–142. Kervégan, Jean-François: La science de l’idée pure. — In: Archives de Philosophie. Paris. 75 (2012), 2, 199–215.

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Biasetti, Pierfrancesco: Il gradualismo nella Psicologia hegeliana e gli stati mentali degli animali. Una discussione. [Der Gradualismus in der Hegelschen Psychologie und die geistigen Zustände der Tiere: eine Diskussion.] — In: Verifiche. Trento. 39 (2010), 1–4, 277–296. Bonacina, Giovanni: Fra hegelismo tradizionalismo e orientalismo. Hinrichs Windischmann e i diari di viaggio di Ulrich Jasper Seetzen. [Zwischen Hegelianismus, Traditionalismus und Orientalismus. Hinrichs Windischmann und die Reisetagebücher von Ulrich Jasper Seetzen.] — In: Rivista di storia della filosofia. Milano. 65 (2010), 3, 461–482. Bordignon, Michela: I limiti dell’interpretazione coerentista della dialettica hegeliana. [Die Grenzen der kohärenztheoretischen Interpretation der Hegelschen Dialektik.] — In:Verifiche. Trento. 39 (2010), 1–4, 83–134. Cacciatore, Giuseppe: Hegel e la metafora. [Hegel und die Metapher.] — In: Rivista di storia della filosofia. Milano. 65 (2010), 1, 123–129. Cantillo, Giuseppe: „Exeundum e statu naturae?“ La violenza (Gewalt) nella filosofia dello spirito di Hegel. [„Exeundum e statu naturae?“ Die Gewalt in Hegels Philosophie des Geistes.] — In: Giornale di Metafisica. Genova. 32 (2010), 2, 215–242. Cantillo, Giuseppe: Hegel e l’illuminismo. [Hegel und die Aufklärung.] — In: Hermeneutica. Annuario di Filosofia e Teologia. Brescia. 1 (2010), 1, 151–168. Cariolato, Alfonso: Pensare incondizionatamente la condizione (Heidegger, il Sofista di Platone e Hegel). [Bedingungslos die Bedingung denken (Heidegger, Platons Sophistes und Hegel).] — In:Verifiche. Trento. 39 (2010), 1–4, 45–81. Coda, Piero: Il Cristo di Hegel e il grido della fede. Nei duecento anni della Fenomenologia dello spirito. [Hegels Christus und der Schrei des Glaubens. Zum 200. Jahrestag der Phänomenologie des Geistes.] — In: Bogoslovni Vestnik. Ljubljana, SLO. 70 (2010), 2, 185–193. Cortella, Lucio: Alterità, oggettività, violenza. La dialettica di Hegel tra crisi e riaffermazione del soggetto. [Anderssein, Objektivität, Gewalt. Hegels Dialektik zwischen Krise und Wiederbehauptung des Subjekts.] — In: Giornale di Metafisica. Genova. 32 (2010), 2, 259–276. Ficara, Elena: Immagini della dialettica hegeliana. Osservazione di „la croce e la rosa“. [Bilder der Hegelianischen Dialektik. Beobachtung von „das Kreuz und die Rose“.] — In: Archivio di storia della cultura. Napoli. 23 (2010), 279–284. Gambarotto, Andrea: Struttura e significato metacategoriale della soggettività nella logica di Hegel. [Struktur und metakategoriale Bedeutung der Subjektivität in Hegels Logik.] — In:Verifiche. Trento. 39 (2010), 1–4, 215–249.

Nachträge zum Berichtszeitraum 2010

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Garelli, Gianluca: Aristofane come figura dello spirito. Il comico nella Phaenomenologie des Geistes di Hegel. [Aristophanes als Bild des Geistes. Das Komische in Hegels Phänomenologie des Geistes.] — In: Annuario filosofico. Milano. 25 (2010), 243–272. Giuspoli, Paolo: „In der Tat ist der Geist der eigentliche Idealist“: idealità e oggettività nella filosofia dello spirito soggettivo di Hegel. [Idealität und Objektivität in Hegels Philosophie des subjektiven Geistes.] — In:Verifiche. Trento. 39 (2010), 1–4, 3–44. Illetterati, Luca: Contradictio regula falsi? Intorno alla teoria hegeliana della contraddizione. [Contradictio regula falsi? Über die Hegelsche Theorie des Widerspruchs] — In: Puppo, Federico (Ed.): La contraddizion che nol consente. Forme del sapere e valore del principio di non contraddizione. [Der unzulässige Widerspruch. Formen des Wissens und der Wert des Satzes vom Widerspruch.] Milano 2010. 85–114. Ilting, Karl-Heinz: La „Filosofia del diritto“ di Hegel come fenomenologia della coscienza della libertà. [Hegels „Philosophie des Rechts“ als Phänomenologie des Freiheitsbewußtseins.] — In: Materiali per una storia della cultura giuridica. Bologna. 40 (2010), 2, 317–346. Manfreda, Luigi: Sull’inizio nella Scienza della logica. [Über den Anfang in der Wissenschaft der Logik.] — In: Il Cannocchiale. Napoli. 35 (2010), 2, 51–100. Mari, Giovanni: A proposito del libro di Luigi Ruggiu e dell’inattuale interpretazione hegeliana del lavoro. [Über Luigi Ruggius Buch und Hegels unzeitgemäße Interpretation der Arbeit.] — In: Iride. Bologna. 23 (2010), 8, 631–638. Mendola, Gianluca: Esperienza e ragione in Hegel. [Erfahrung und Vernunft bei Hegel.] — In:Verifiche. Trento. 39 (2010), 1–4, 251–275. Menegoni, Francesca: Fede e spirito. Lettura del § 570 dell’Enciclopedia hegeliana. [Glaube und Geist. Eine Lektüre des § 570 von Hegels Enzykopädie.] — In: Archivio di filosofia. Pisa/Roma. 78 (2010), 2/3, 139–146. Le Moli, Andrea: Dialettica della violenza. Da Hegel a Benjamin. [Dialektik der Gewalt. Von Hegel zu Benjamin.] — In: Giornale di metafisica. Genova. 32 (2010), 2, 397–404. Pagano, Maurizio: La storia delle religioni e l’antropologia in Hegel. [Die Geschichte der Religionen und die Anthropologie bei Hegel.] — In: Falgueras Salinas, Ignacio/GarcíaGonzáles, Juan A./Padial Benticuaga, Juan José (Éds.): Yo y Tiempo. La antropología de G.W. F. Hegel. [Ich und Zeit. Die Anthropologie G.W. F. Hegels.] Contrastes. Suplemento. Málaga. 15 (2010), 2, 399–411. Palermo, Sandra: La sintesi a priori nella lettura hegeliana di Kant. [Die A-priori-Synthese in der Hegelianischen Deutung Kants.] — In: Giornale Critico della Filosofia Italiana. Firenze. 6 (2010), 2, 260–274. Perelda, Federico: Hegel e la filosofia del tempo contemporanea. [Hegel und die gegenwärtige Philosophie der Zeit.] — In:Verifiche. Trento. 39 (2010), 1–4, 135–185.

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Ponzer, Howard: Una sintesi dialettica tra tradizioni differenti. Il caso Hegel. [Eine dialektische Synthese zwischen verschiedenen Traditionen. Der Fall Hegel.] — In: Rivista internazionale di Filosofia e Psicologia. Milano. 1 (2011), 1–2, 40–54. Roni, Riccardo: „Gli inizi in Hegel“. Relazione del filosofare con una genesi critica della soggettività (Symposium di Kassel „Anfänge bei Hegel“, 2008, in onore di Helmut Schneider). [„Die Anfänge bei Hegel“. Ein Verhältnis des Philosophierens mit einer kritischen Entstehungsgeschichte der Subjektivität.] — In: Magazzino di filosofia. Milano. 18 (2010), 184–197. Serra, Teresa: Hegel e il nostro tempo. Riflessioni sulla mala infinità. [Hegel und unsere Zeit: Reflexionen über die schlechte Unendlichkeit.] — In: Falgueras Salinas, Ignacio/ García-Gonzáles, Juan A./Padial Benticuaga, Juan José (Éds.): Yo y Tiempo. La antropología de G. W. F. Hegel. [Ich und Zeit. Die Anthropologie G. W. F. Hegels.] Contrastes. Suplemento. Málaga. 15 (2010), 2, 431–437. Soresi, Sergio: Normatività, spirito, libertà. A partire da Hegel. [Normativität, Geist, Freiheit. Ausgehend von Hegel.] — In:Verifiche. Trento. 39 (2010), 1–4, 187–213. Trincia, Francesco Saverio: Hegel, Marx e il problema dell’origine dello Stato. [Hegel, Marx und das Problem des Ursprungs des Staates.] — In: La Cultura. Bologna. 1 (2010), 123–136.

NEUE BÜCHER ZU HEGEL 2011/2012 Zusammenstellung und Redaktion: Holger Glinka (Bochum)

b e r i c h t s z e i t rau m 2 0 11 Álvarez González, Eduardo: Vida y experiencia humana en la „Fenomenología del espíritu“ de Hegel. [Leben und menschliche Erfahrung in Hegels „Phänomenologie des Geistes“.] Real Sociedad Menéndez Pelayo, D. L.: Santander 2011. 28 pp. (Conferencias y discursos. 23) Amengual, Gabriel (Éd.): Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Escrits berlinesos sobre religió. [Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Berliner Schriften über die Religion.] Herausgabe, Übersetzung, Einleitung und Kommentar von Gabriel Amengual. Barcelona: Institut d’Estudis Catalans. Lleonard Muntaner: Palma de Mallorca 2011. 306 pp. (Trafalempa. 14) Arndt, Andreas/Cruysberghs, Paul/Przylebski, Andrzej (Hgg.): Geist? Zweiter Teil. HegelJahrbuch 2011. Akademie Verlag: Berlin 2011. 432 S. Becherini, Patrizia: Dall’umanesimo a Hegel. [Vom Humanismus zu Hegel.] La nuova Italia: Milano 2011. XIII, 876 pp. (Filosofia cultura cittadinanza) Bencivenga, Ermanno: La logica dialettica di Hegel. [Hegels dialektische Logik.] Übersetzung von Valentina Ricci. Bruno Mondadori: Milano 2011. X, 194 pp. (Sintesi) Bergés, Alfredo: Der freie Wille als Rechtsprinzip. Untersuchungen zur Grundlegung des Rechts bei Hobbes und Hegel. Meiner Verlag: Hamburg 2011. 396 S. (Hegel-Studien. Beiheft 56) Bertram, George W./Celikates, Robin/Laudou, Christophe/Lauer, David (Éds.): Expérience et réflexivité. Editions L’Harmattan: Paris 2011. 256 pp. (Ouverture Philosophique) Bodei, Remo: Remo Bodei racconta. Hegel e la dialettica. [Remo Bodei erzählt. Hegel und die Dialektik.] Gruppo Editoriale L’Espresso: Roma 2011. 95 pp. (La biblioteca di Repubblica/Capire la filosofia. La filosofia raccontata dai filosofi. 7) Brencio, Francesca: La negatività in Heidegger e Hegel. [Die Negativität bei Heidegger und Hegel.] Aracne: Roma 2011. 278 pp. (Aracne 11. 573) Buck-Morss, Susan: Hegel und Haiti. Für eine neue Universalgeschichte. Aus dem Englischen von Laurent Faasch-Ibrahim. Suhrkamp: Frankfurt a. M. 2011. 221 S. Calabrò, Gaetano: La filosofia moderna nel pensiero di Hegel. A cura di Nicola Capone. [Die moderne Philosophie in Hegels Denken. Herausgegeben von Nicola Capone.] La Scuola di Pitagora: Napoli 2011. 120 pp. (Diotima. 9)

Hegel-Studien 47 · © Felix Meiner Verlag · ISSN 0073-1587

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Di Carlo, Marzia: Charles Taylor interprete di Hegel. Genesi di un pensiero tra filosofia e comunità politica. [Charles Taylor als Interpret Hegels. Genese eines Gedankens zwischen Philosophie und politischer Gemeinschaft.] Aracne: Roma 2011. 213 pp. (Percorsi di Etica/Saggi. 3) Cesarale, Giorgio: Hegel nella filosofia pratico-politica anglosassone dal secondo dopoguerra ai giorni nostri. [Hegel in der praktisch-politischen angelsächsischen Philosophie vom zweiten Weltkrieg bis in die Gegenwart.] Mimesis: Milano/Udine 2011. 176 pp. (Filosofie. 150) Chiereghin, Franco: Rileggere la Scienza della logica di Hegel. Ricorsività, retroazioni, ologrammi. [Die Wissenschaft der Logik Hegels wieder lesen. Rekursionen, Rückkopplungen, Hologramme.] Carocci: Roma 2011. 175 pp. (Biblioteca di testi e studi. 705) Collmer, Thomas: Hegel und Gödel. Stadtlichter Presse: Wenzendorf 2011. 271 S. Collmer, Thomas: Negativität bei Hegel und Schopenhauer. Drei Aufsätze. Stadtlichter Presse: Wenzendorf 2011. 149 S. Comay, Rebecca: Mourning Sickness. Hegel and the French Revolution. Stanford University Press: Stanford, CA 2011. xiv, 202 pp. Cortella, Lucio: L’etica della democrazia. Attualità della Filosofia del diritto di Hegel. [Die Ethik der Demokratie. Aktualität von Hegels Philosophie des Rechts.] Marietti: Genova/Milano 2011. 269 pp. (Collana di filosofia. 96) Díaz, Jorge Aurelio (Ed.): Correspondencia (Kant, Fichte, Schelling, Hegel). [Korrespondenz (Kant, Fichte, Schelling, Hegel).] Übersetzung und Kommentar von Hugo Renato Ochoa Disselkoen und Raúl Gutiérrez. Primera: Bogotá 2011. 390 pp. Duque, Félix (Ed.): Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Ciencia de la lógica. La lógica objetiva. [Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Wissenschaft der Logik. Die objektive Logik.] Abada: Universidad Autónoma de Madrid: Madrid 2011. 657 pp. Erle, Giorgio: Tre prospettive su veridicità e agire morale. Leibniz, Kant, Hegel. [Drei Perspektiven auf Wahrhaftigkeit und moralisches Handeln. Leibniz, Kant, Hegel.] Archetipolibri: Bologna 2011. 160 pp. (Baricentri filosofici. 2) Fabiani, Carla Maria: Aporie del moderno. Riconoscimento e plebe nella Filosofia del diritto di G. W. F. Hegel. [Aporien der Moderne. Anerkennung und Pöbel in G. W. F. Hegels Philosophie des Rechts.] Pensa MultiMedia: Lecce 2011. 206 pp. (Humanties) Fink, Eugen: Hegel: interpretaciones fenomenológicas de la „Fenomenología del espíritu“. [Hegel: phänomenologische Interpretationen der „Phänomenonologie des Geistes“.] Herder, D. L.: Barcelona 2011. 454 pp. De Fiore, Luciano: La città deserta. Leggendo il Sapere assoluto nella Fenomenologia dello Spirito di Hegel. [Die ausgestorbene Stadt. Zum absoluten Wissen in Hegels Phänomenologie des Geistes.] Lithos Edizioni: Roma 2011. 162 pp. (I saggi. 46)

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Forster, Michael N.: German Philosophy of Language. From Schlegel to Hegel and Beyond. Oxford University Press: Oxford, NY 2011. 364 pp. de Giovanni, Biagio: Hegel e Spinoza. Dialogo sul moderno. [Hegel und Spinoza. Dialog über das Moderne.] Guida: Napoli 2011. 267 pp. Givsan, Hassan: Nach Hegel. Kritische Untersuchungen zu Hegels Logik, Schellings „positiver“ Philosophie … und Blochs Ontologie. Königshausen & Neumann:Würzburg 2011. 222 S. Goretzki, Catia: Die Selbstbewegung des Begriffs. Stufen der Realisierung der spekulativen Metaphysik Hegels in den Jahren 1801–1804/05. Felix Meiner Verlag: Hamburg 2011. 229 S. (Hegel-Studien. Beiheft 54) Grant, John: Dialectics and Contemporary Politics. Critique and transformation from Hegel through post-Marxism. Routledge: Abingdon/New York 2011. viii, 183 pp. (Routledge Innovations in Political Theory) Güngören, Birden: Die Bedeutung von Hegels Spinoza-Lektüre für seine Staats- und Rechtstheorie. LOGOS Verlag: Berlin 2011. x, 185 S. Hahne, Ellen: Hegels Beitrag zur Bildungsdiskussion unter besonderer Berücksichtigung seiner Rechtsphilosophie. Peter Lang: Frankfurt a. M. 2011. VIII, 194 S. (Europäische Hochschulschriften. Reihe XI. Pädagogik. Bd. 1011) Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Grundlinien der Philosophie des Rechts. Naturrecht und Staatswissenschaft im Grundrisse. Herausgegeben von Klaus Grotsch und Elisabeth Weisser-Lohmann. – In: ders.: Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegeben von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Band 14 in drei Teilbänden. Felix Meiner Verlag: Hamburg 2009–2011. Insgesamt 1305 S. Hegel, G.W. F.: Introduction à la philosophie de l’histoire.Traduction, présentation, notes et index par M. Bienenstock et N. Waszek. Librairie Générale Française: Paris 2011. 351 pp. (Le Livre de Poche) Hegel, G. W. F.: Lectures on the Philosophy of World History. Volume I: Manuscripts of the Introduction and the Lectures of 1822–3. Edited and translated by Robert F. Brown and Peter C. Hodgson. Clarendon Press: Oxford 2011. xi, 562 pp. Heidegger, Martin: Seminare Hegel – Schelling. Manuskripte, Protokolle und Mitschriften zu den Seminaren von 1927 bis 1957. Herausgegeben von Peter Trawny. – In: Martin Heidegger: Gesamtausgabe. IV. Abteilung: Hinweise und Aufzeichnungen. Band 86. Vittorio Klostermann: Frankfurt a. M. 2011. 905 S. Honneth, Axel: Das Recht der Freiheit. Grundriß einer demokratischen Sittlichkeit. Suhrkamp: Frankfurt a. M. 2011. 628 S. Houlgate, Stephen/Baur, Michael (Eds.): A Companion to Hegel.Wiley/Blackwell: Malden, MA/Oxford 2011. 670 pp. (Blackwell Companions to Philosophy)

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Hübner, Dietmar: Die Geschichtsphilosophie des deutschen Idealismus. Kant – Fichte – Schelling – Hegel.Verlag W. Kohlhammer: Stuttgart 2011. 236 S. Ikäheimo, Heikki/Laitinen, Arto (Eds.): Recognition and Social Ontology. Brill: Leiden/ Boston 2011. xiv, 398 pp. (Social and Critical Theory.Volume 11) Il’in, Ivan A.: The Philosophy of Hegel as a Doctrine of the Concreteness of God and Humanity. Volume Two: The Doctrine of Humanity. Translated from the Russian and edited by Philip Grier. Northwestern University Press: Evanston, IL 2011. xxi, 293 pp. (Topics in Historical Philosophy) Kim, Dong-Ha: Anerkennung und Integration. Zur Struktur der Sittlichkeit bei Hegel. Mit einem Vorwort von Gerhard Göhler. Königshausen & Neumann: Würzburg 2011. 220 S. (acta politica herausgegeben von Heinrich Bußhoff und Jürgen Gebhardt. Band 8 – 2011) König, Diana: Das Subjekt der Kunst: Schrei, Klage und Darstellung. Eine Studie über Erkenntnis jenseits der Vernunft im Anschluss an Lessing und Hegel. transcript Verlag: Bielefeld 2011. 334 S. (Edition Moderne Postmoderne) Kreuzer, Johann (Hg.): Hegels Aktualität: Über die Wirklichkeit der Vernunft in postmetaphysischer Zeit. Wilhelm Fink Verlag: München 2011. 195 S. (HegelForum) Lewis, Thomas A.: Religion, Modernity, and Politics in Hegel. Oxford University Press: Oxford/New York 2011. xiv, 277 pp. Losurdo, Domenico: Hegel e la libertà dei moderni. [Hegel und die Freiheit der Modernen.] Vol. 1/Vol. 2. La scuola di Pitagora editrice: Napoli 2011. 719 pp. (Diotima. 8.1/8.2) Löwith, Karl: De Hegel a Nietzsche: la quiebra revolucionaria del pensamiento en el siglo XIX. Traducción de Emilio Estiú. [Von Hegel zu Nietzsche: der revolutionäre Bruch im Denken des 19. Jahrhunderts. Übersetzung von Emilio Estiú.] Katz: Madrid 2011. 501 pp. (Conocimiento) Lozano, Valerio Rocco: La vieja Roma en el joven Hegel. Apéndice: Cuatro textos juveniles de Hegel sobre Roma. [Das antike Rom beim jungen Hegel. Anhang: Vier Jugendschriften Hegels zu Rom.] Maia Ediciones: Madrid 2011. 230 pp. Lozano, Valerio Rocco/Sgarbi, Marco (Eds.): Diritto e storia in Kant e Hegel. [Recht und Geschichte bei Kant und Hegel.] Verifiche: Trento 2011. 246 pp. (Pubblicazioni di Verifiche. 44) Markowski, Karel: Differenz Marx – Hegel. Dritter Teil. Fünftes Buch. Trigon Verlag: Potsdam 2011. 301 S. Mascat, Jamila M. H.: Hegel a Jena. La critica dell’astrazione. [Hegel in Jena. Die Kritik an der Abstraktion.] Pensa MultiMedia: Lecce 2011. 366 pp. (Humanities) de Monvallier, Henri: Le musée imaginaire de Malraux et Hegel: Essai de lecture croisée. Préface de Jean-Louis Vieillard-Baron. Editions L’Harmattan: Paris 2011. 194 pp. (Ouverture Philosophique)

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Moyar, Dean: Hegel’s Conscience. Oxford University Press: Oxford/New York 2011. 220 pp. Mustè, Marcello: Tra filosofia e storiografia. Hegel, Croce e altri studi. [Zwischen Philosophie und Geschichtsschreibung. Hegel, Croce und andere Studien.] Aracne: Roma 2011. 272 pp. Nancy, Jean-Luc: Hegel. Die spekulative Anmerkung. Die Unruhe des Negativen. Aus dem Französischen von Thomas Laugstien und Jörn Etzold. diaphanes: Zürich 2011. 239 S. (transpositionen) Origo, Gaetano: Bertrando Spaventa interprete di Bruno, Vico ed Hegel. [Bertrando Spaventa als Interpret Brunos,Vicos und Hegels.] Bibliosofica: Roma 2011. 173 pp. Palermo, Sandra Viviana: Il bisogno della filosofia. L’itinerario speculativo di Hegel tra Francoforte e Jena (1797–1803). [Das Bedürfnis nach Philosophie. Der spekulative Weg Hegels zwischen Frankfurt und Jena (1797–1803).] Mimesis: Milano/Udine 2011. 189 pp. (Mimesis Theoretica. 1) de la Parra, José Porfirio Miranda: Hegel was right. The Myth of the Empirical Sciences. Translated by Eduardo Charpenel Elorduy. Peter Lang: Frankfurt a. M. 2011. 345 pp. (Daedalus. Europäisches Denken in deutscher Philosophie. Band 19) Pasquale, Gianluigi: La ragione della storia. Per una filosofia della storia come scienza. [Die Vernunft der Geschichte. Für eine Philosophie der Geschichte als Wissenschaft.] Bollati Borighieri: Torino 2011. 302 pp. (Nuova cultura. 251) Pierini, Tommaso/Sans, Georg/Valenza, Pierluigi/Vieweg, Klaus (Eds.): L’assoluto e il divino. La teologia cristiana di Hegel. [Das Absolute und das Göttliche. Die christliche Theologie Hegels.] Fabrizio Serra Editore: Pisa/Roma 2011. 212 pp. (Biblioteca dell’„Archivio di Filosofia“. 39) Pippin, Robert B.: Hegel on Self-Consciousness: Desire and Death in the “Phenomenology of Spirit”. Princeton University Press: Princeton, NJ 2011. viii, 120 pp. Quante, Michael: Die Wirklichkeit des Geistes. Studien zu Hegel. Suhrkamp: Frankfurt a. M. 2011. 356 S. Quante, Michael: Il concetto hegeliano di azione. [Hegels Begriff der Handlung.] Vorwort von Francesca Menegoni, Übersetzung von Paolo Livieri. Angeli: Milano 2011. 223 pp. (Collana di filosofia. 97) Rojas Hernández, Mario: Hegel y la libertad: autodeterminación racional, intersubjetividad ética, estado racional. [Hegel und die Freiheit: vernünftige Selbstbestimmung, ethische Intersubjektivität, vernünftiger Staat.] Itaca: México, D. F. 2011. 256 pp. Roni, Riccardo: Della soggettività morale. Tra Hegel e Sartre. [Zur moralischen Subjektivität. Zwischen Hegel und Sartre.] Morlacchi: Perugia 2011. 191 pp. (Biblioteca di cultura Morlacchi. 23)

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Ruda, Frank: Hegels Pöbel. Eine Untersuchung der „Grundlinien der Philosophie des Rechts“. Konstanz University Press: Konstanz 2011. 276 S. Ruda, Frank: Hegel’s Rabble. An Investigation into Hegel’s Philosophy of Right. Preface by Slavoj Žižek. Continuum: London 2011. xviii, 238 pp. (Continuum Studies in Philosophy) Schäfer, Rainer: Hegel. Einführung und Texte. Wilhelm Fink: München 2011. 169 S. (Studium Philosophie) Schmidt am Busch, Hans-Christoph: „Anerkennung“ als Prinzip der Kritischen Theorie. Walter de Gruyter: Berlin/New York 2011. 320 S. (Quellen und Studien zur Philosophie. Herausgegeben von Jens Halfwassen, Dominik Perler, Michael Quante. Band 104) Sociedad Española de Estudios sobre Hegel (Ed.): Derecho, historia y religión II: interpretaciones sobre la Filosofía del derecho de Hegel. IV Congreso International Sociedad Española de Estudios sobre Hegel. [Spanische Gesellschaft für Hegel-Forschung (Hg.): Recht, Geschichte und Religion II: Interpretationen zu Hegels Philosophie des Rechts. IV. Internationaler Kongreß der Spanischen Gesellschaft für Hegel-Forschung.] Sociedad Española de Estudios sobre Hegel: Salamanca 2011. 167 pp. (Congreso international/Sociedad Española de Estudios sobre Hegel. 4) Suares, Peter: The Kyoto School’s Takeover of Hegel. Nishida, Nishitani, and Tanabe Remake the Philosophy of Spirit. Lexington Books: Plymouth, UK 2011. xiv, 219 pp. Valentini, Francesco: Introduzione alla Fenomenologia dello spirito di Hegel. [Einführung in Hegels Phänomenologie des Geistes.] La scuola di Pitagora: Napoli 2011. 250 pp. von Hirsch, Andreas/Neumann, Ulfried/Seelmann, Kurt (Hgg.): Strafe – Warum? Gegenwärtige Strafbegründungen im Lichte von Hegels Straftheorie. Nomos: Baden-Baden 2011. 234 S. (Studien zur Strafrechtstheorie und Strafrechtsethik herausgegeben von der Forschungsstelle für Strafrechtstheorie und Strafrechtsethik, Johann Wolfgang GoetheUniversität Frankfurt a. M. Band 2) Weisser-Lohmann, Elisabeth: Rechtsphilosophie als praktische Philosophie. Hegels „Grundlinien der Philosophie des Rechts“ und die Grundlegung der praktischen Philosophie. Wilhelm Fink Verlag: München 2011. 292 S. (HegelForum. Herausgegeben von Annemarie Gethmann-Siefert, Michael Quante, Elisabeth Weisser-Lohmann) Wyrwich, Thomas (Hg.): Hegel in der neueren Philosophie. Felix Meiner Verlag: Hamburg 2011. 416 S. (Hegel-Studien. Beiheft 55) Žižek, Slavoj/Crockett, Clayton/Davis, Creston (Eds.): Hegel & the Infinite. Religion, Politics, and Dialectic. Columbia University Press: New York 2011. xi, 237 pp.

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b e r i c h t s z e i t rau m 2 0 1 2 Andina, Tiziana: Filosofie dell’arte. Da Hegel a Danto. [Philosophien der Kunst. Von Hegel zu Danto.] Carocci: Roma 2012. 222 pp. (Quality paperbacks. 388) Anzalone, Mariafilomena: Forme del pratico nella psicologia di Hegel. [Formen des Praktischen in Hegels Psychologie.] il Mulino: Bologna 2012. 270 pp. (Istituto Italiano di Scienze Umane) Arndt, Andreas: Karl Marx. Versuch über den Zusammenhang seiner Theorie. 2., durchgesehene und um ein Nachwort ergänzte Auflage. Akademie Verlag: Berlin 2012. 276 S. Berger, Maxi: Arbeit, Selbstbewusstsein und Selbstbestimmung bei Hegel. Zum Wechselverhältnis von Theorie und Praxis. Akademie Verlag: Berlin 2012. 312 S. (HegelJahrbuch. Sonderband. Hegel-Forschungen) Bodei, Remo: Karl Rosenkranz:Vita di Hegel. Introduzione, traduzione, note e apparati di Remo Bodei. [Karl Rosenkranz: Hegels Leben. Einleitung, Übersetzung, Anmerkungen und Apparate von Remo Bodei.] Bompiani: Milano 2012. 1005 pp. (Il pensiero occidentale) Brooks, Thom (Ed.): Hegel’s Philosophy of Right. Wiley-Blackwell: Malden, MA/ Oxford, UK 2012. viii, 212 pp. Buchwalter, Andrew: Dialectics, Politics, and the Contemporary Value of Hegel’s Practical Philosophy. Routledge: New York, NY 2012. xii, 342 pp. (Routledge Studies in Nineteenth-Century Philosophy. 2) Buchwalter, Andrew (Ed.): Hegel and Global Justice. Springer: Dordrecht [u. a.] 2012. viii, 241 pp. (Studies in Global Justice. 10) Butler, Clark: The Dialectical Method. A Treatise Hegel Never Wrote. Humanity Books: Amherst, NY 2012. 276 pp. Butler, Judith: Sujetos del deseo: reflexiones hegelianas en la Francia del siglo XX.Traducción de Elena Luján Odriozola. [Subjekte der Begierde: Hegelianische Reflexionen im Frankreich des 20. Jh.s. Übersetzung von Elena Luján Odriozola.] Amorrortu: Buenos Aires 2012. 345 pp. Butler, Judith: To Sense What Is Living in the Other: Hegels Early Love/Fühlen, was im anderen lebendig ist: Hegels frühe Liebe. 100 Notes – 100 Thoughts/100 Notizen – 100 Gedanken. No. 066. dOKUMENTA (13). Ostfildern 2012. 38 pp. Cantillo, Clementina: La ragione e la vita. Ortega y Gasset interprete di Hegel. [Die Vernunft und das Leben. Ortega y Gasset als Ausleger Hegels.] Rubbettino: Soveria Mannelli 2012. 111 pp. (Riscontri. 22) Cantillo, Giuseppe: L’istinto della ragione. Logica, vita, diritto in Hegel. [Der Instinkt der

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Vernunft. Logik, Leben, Recht bei Hegel.] Luciano: Napoli 2012. 124 pp. (Eccedenza del passato. 22) Caspers, Britta: ‚Schuld‘ im Kontext der Handlungslehre Hegels. Felix Meiner Verlag: Hamburg 2012. 471 S. (Hegel-Studien. Beiheft 58) Cobben, Paul:The Paradigm of Recognition. Freedom as Overcoming the Fear of Death. Brill: Leiden/Boston 2012. viii, 211 pp. (Critical Studies in German Idealism. 7) Cordero,Valentina: La libertà come riconoscimento:Taylor interprete di Hegel. Prefazione di Diego Fusaro. [Freiheit als Anerkennung: Taylor als Interpret Hegels.Vorwort von Diego Fusaro.] il prato: Saonara, Pd. 2012. 283 pp. (I Cento Talleri. 50) Daskalaki, Maria: Vernunft als Bewusstsein der absoluten Substanz. Zur Darstellung des Vernunftbegriffs in Hegels „Phänomenologie des Geistes“. Akademie Verlag: Berlin 2012. 220 S. (Hegel-Jahrbuch. Sonderband. Hegel-Forschungen) Delaney, Brian Manning/Wallenstein, Sven-Olov (Eds.): Translating Hegel. The Phenomenology of Spirit and Modern Philosophy. Södertörn University The Library: Stockholm 2012. 225 pp. (Södertörn Philosophical Studies. 13) Desmond, William: The Intimate Strangeness of Being: Metaphysics after Dialectic. The Catholic University of America Press: Washington D.C 2012. 352 pp. (Studies in Philosophy and the History of Philosophy. 56) Düsing, Klaus: Aufhebung der Tradition im dialektischen Denken. Untersuchungen zu Hegels Logik, Ethik und Ästhetik. Wilhelm Fink Verlag: München 2012. 355 S. (HegelForum) Emundts, Dina: Erfahren und Erkennen. Hegels Theorie der Wirklichkeit. Vittorio Klostermann: Frankfurt a. M. 2012. 430 S. (Philosophische Abhandlungen. Herausgegeben von Rolf-Peter Horstmann, Andreas Kemmerling und Tobias Rosefeldt. Band 106) Ficara, Elena: Skeptizismus und Philosophie: Kant, Fichte, Hegel. Rodopi Verlag: Amsterdam [u. a.] 2012. 237 S. (Fichte-Studien. 39) Förster, Eckart: Die 25 Jahre der Philosophie. Eine systematische Rekonstruktion.Vittorio Klostermann: 2., durchgesehene Auflage Frankfurt a. M. 2012. 400 S. (Klostermann. Rote Reihe) Förster, Eckhart/Melamed,Yitzhak Y. (Eds.): Spinoza and German Idealism. Cambridge University Press: Cambridge/New York 2012. xii, 285 pp. Franz, Michael: Tübinger Platonismus. Die gemeinsamen philosophischen Anfangsgründe von Hölderin, Schelling und Hegel. Narr Francke Attempto Verlag: Tübingen 2012. 240 S. Furlani, Simone: Verso la differenza. Contraddizione, negazione e aporie dopo l’idealismo. [In Richtung zur Differenz. Widerspruch,Verneinung und Aporien in Folgen vom Idealismus.] Padova University Press: Padova 2012. 151 pp.

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Garelli, Gianluca: Hegel e le incertezze del senso. [Hegel und die Ungewißheiten des Sinnes.] Edizioni ETS: Pisa 2012. 178 pp. (Philosophica. 99) Geisenhanslücke, Achim: Nach der Tragödie. Lyrik und Moderne bei Hegel und Hölderlin. Wilhelm Fink Verlag: München 2012. 183 S. Gerardi, Giovanni: La nozione di „Bildung“ nel primo Hegel. [Der Begriff der „Bildung“ beim frühen Hegel.] LED: Milano 2012. 306 pp. (Il Filarete. 279) Gerhard, Myriam/Sell, Annette/De Vos, Lu (Hgg.): Metaphysik und Metaphysikkritik in der Klassischen Deutschen Philosophie. Felix Meiner Verlag: Hamburg 2012. 227 S. (Hegel-Studien. Beiheft 57) Gerten, Michael (Hg.): Hegel und die „Phänomenologie des Geistes“. Neue Perspektiven und Interpretationsansätze. Königshausen & Neumann: Würzburg 2012. 245 S. di Giacomo, Giuseppe (Hg.): Volti della memoria. [Aspekte der Erinnerung.] Mimesis: Milano/Udine 2012. 488 pp. (Mimesis. Filosofie. 171) Gilgen, Peter: Lektüren der Erinnerung. Lessing, Kant, Hegel. Wilhelm Fink Verlag: München 2012. 231 S. Hanke,Thomas: Bewusste Religion. Eine Konstellationsskizze zum jungen Hegel.Verlag Friedrich Pustet: Regensburg 2012. 192 S. (ratio fidei. Beiträge zur philosophischen Rechenschaft der Theologie. Herausgegeben von Klaus Müller und Thomas Pröpper. Band 46) Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Il metodo della filosofia. Le prefazioni alla Scienza della logica e alla Filosofia del diritto. Introduzione di Girolamo Cotroneo. Traduzione e note di Antonino Spinelli. [Die Methode der Philosophie. Die Vorreden zur Wissenschaft der Logik und zur Philosophie des Rechts. Einleitung von Girolamo Cotroneo. Übersetzung und Anmerkungen von Antonino Spinelli.] Le lettere: Firenze 2012. 62 pp. (La ragione aperta. 2) Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Vorlesungen über die Philosophie der Natur. Herausgegeben von Wolfgang Bonsiepen. – In: ders.: Gesammelte Werke. In Verbindung mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft herausgegeben von der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Band 24,1. Nachschriften zu den Kollegien der Jahre 1819/20, 1821/22 und 1823/24. Felix Meiner Verlag: Hamburg 2012. VI, 754 S. Hiltscher, Reinhard/Klingner, Stefan (Hgg.): Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Wissenschaftliche Buchgesellschaft: Darmstadt 2012. 256 S. (Neue Wege der Forschung) Hodgson, Peter C.: Shapes of Freedom. Hegel’s Philosophy of World History in Theological Perspective. Oxford University Press: Oxford, UK 2012. ix, 196 pp. Hösle,Vittorio: Il sistema di Hegel. [Hegels System.] Herausgegeben von Giovanni Stelli. La scuola di Pitagora: Napoli 2012. 822 pp. (Saggi e ricerche. 2)

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Jaeschke, Walter/Arndt, Andreas: Die Klassische Deutsche Philosophie nach Kant. Systeme der reinen Vernunft und ihre Kritik 1785–1845. C. H. Beck: München 2012. 749 S. Jamme, Christoph/Kubo, Yohichi (Hgg.): Logik und Realität. Wie systematisch ist Hegels System? Wilhelm Fink Verlag: München 2012. 286 S. Karimi, Ahmad Milad: Identität – Differenz – Widerspruch: Hegel und Heidegger. Rombach Buchverlag KG: Freiburg 2012. 214 S. Kervégan, Jean François/Mabille, Bernard (Éds.): Hegel au présent. Une relève de la métaphysique? CNRS Editions: Paris 2012. 460 pp. Labuschagne, Bart/Slootweg, Timo (Eds.): Hegel’s Philosophy of the Historical Religions. Brill: Leiden/Boston 2012. 281 pp. (Critical Studies in German Idealism. 6) Lacorte, Carmelo: Il primo Hegel. A cura di Mario Signore. Introduzione di Giuseppe Cantillo. [Der frühe Hegel. Herausgegeben von Mario Signore. Einleitung von Giuseppe Cantillo.] Pensa Multimedia: Lecce 2012. 292 pp. (Intersezioni. 14) Leichsenring, Jan: Zum Kritikbegriff bei G. W. F. Hegel und G. Lukacs. Grin Verlag: München 2012. 24 S. Levine, Norman: Marx’s Discourse with Hegel. palgrave macmillan: New York, NY 2012. viii, 360 pp. Livieri, Paolo: Il pensiero dell’oggetto. Il problema dell’oggettività nella Scienza della logica di Hegel. [Das Denken des Objekts. Die Frage der Objektivität in Hegels Wissenschaft der Logik.] Verifiche: Trento 2012. 205 pp. (Pubblicazioni di Verifiche. 47) López Calera, Nicolás María: Mensajes hegelianos. La „Filosofía del Derecho“ de G.W. F. Hegel. [Hegelianische Beiträge: G.W. F. Hegels „Philosophie des Rechts“.] Iustel: Madrid 2012. 192 pp. Luongo, Antonio: Capograssi e la critica del nichilismo europeo. Da Nietzsche a Hegel. [Capograssi und die Kritik am europäischen Nihilismus.Von Nietzsche zu Hegel.] Giappichelli: Torino 2012. IX, 152 pp. Luongo, Antonio: Le origini del pensiero giuridico del giovane Hegel. Dalla critica della religione cristiana al diritto e allo stato moderno. [Die Ursprünge des juristischen Denkens des frühen Hegel.Von der Kritik an der christlichen Religion zum Recht und zum modernen Staat.] Edizioni scientifiche italiane: Napoli 2012. 163 pp. (Università degli studi di Napoli Parthenope. Dipartimento giuridico. 10) Manfreda, Luigi A.: Il circolo e lo specchio. Sul fondamento in Hegel. [Der Kreis und der Spiegel. Zur Grundlage bei Hegel.] Il melangolo: Genova 2012. 269 pp. (Università. 116) Martin, Christian Georg: Ontologie der Selbstbestimmung. Eine operationale Rekonstruktion von Hegels „Wissenschaft der Logik“. Mohr Siebeck: Tübingen 2012. XIII, 692 S.

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Moder, Gregor: Hegel und Spinoza: Negativität in der gegenwärtigen Philosophie.Turia & Kant: Wien 2012. 220 S. Moser, Fabrizio: Subjekt – Objekt – Intersubjektivität. Eine Untersuchung zur erkenntnistheoretischen Subjekt-Objekt-Dialektik Hegels und Adornos mit einem Ausblick auf das Intersubjektivitätsparadigma Habermas’. Peter Lang: Bern 2012. IX, 181 S. (Berner Reihe philosophischer Studien. Band 45) Muratori, Cecilia: „Il primo filosofo tedesco“. Il misticismo di Jakob Böhme nell’interpretazione hegeliana. [„Der erste deutsche Philosoph“. Hegels Interpretation des Mystizismus Jakob Böhmes.] ETS: Pisa 2012. 421 pp. (Philosophica. 91) Nuzzo, Angelica: Memory, History, Justice in Hegel. palgrave macmillan: New York, NY 2012. xi, 211 pp. Pahl, Katrin: Topes of Transport. Hegel and Emotion. Northwestern University Press: Evanston, IL 2012. ix, 282 pp. Parinetto, Luciano: Le teorie dell’alienazione. Hegel, Feuerbach, Marx. [Die Theorien der Entfremdung. Hegel, Feuerbach, Marx.] Herausgegeben von Dario Borso. Shake: Milano/Rimini 2012. 176 pp. Passerin d’Entreves, Alessandro: Il fondamento della filosofia giuridica di G. W. F. Hegel. [Die Grundlage der Rechtsphilosophie G. W. F. Hegels.] Nachwort von Gian Mario Bravo. Edizioni di storia e letteratura: Roma 2012. 163 pp. (Edizioni gobettiane) Pinkard, Terry: Hegel’s Naturalism. Mind, Nature, and Final Ends of Life. Oxford University Press: Oxford/New York 2012. xii, 213 pp. Pippin, Robert B.: Kunst als Philosophie. Hegel und die moderne Bildkunst. Frankfurter Adorno-Vorlesung 2011. Aus dem Amerikanischen von Wiebke Meier. Mit zahlreichen, zum Teil farbigen Abbildungen. Suhrkamp: Frankfurt a. M. 2012. 240 S. Rametta, Gaetano (Ed.): L’ombra di Hegel. Althusser, Deleuze, Lacan e Badiou a confronto con la dialettica. [Hegels Schatten. Althusser, Deleuze, Lacan und Badiou in Auseinandersetzung mit der Dialektik.] Polimetrica: Monza 2012. 188 pp. (Filosofia e politica) Rebok, María Gabriela: La actualidad de la experiencia de lo trágico y el paradigma de Antígona. [Die Aktualität der Erfahrung des Tragischen und das Beispiel der Antigone.] Buenos Aires: Biblos 2012. 278 pp. Renker, Jan: Markt und Gerechtigkeit: Untersuchungen zum Selbstverständnis des Bürgers im Ausgang von Rawls, Kant und Hegel. Ergon Verlag: Würzburg 2012. 306 S. (Studien zur Phänomenologie und praktischen Philosophie. Band 27) Rinaldi, Giacomo: Absoluter Idealismus und zeitgenössische Philosophie. Absolute Idealism and Contemporary Philosophy. Bedeutung und Aktualität von Hegels Denken. Meaning and Up-to-dateness of Hegel’s Thought. Peter Lang: Frankfurt a. M. [u. a.] 2012. X, 290 S. (Hegeliana. Studien und Quellen zu Hegel und zum Hegelianismus. Herausgegeben von Helmut Schneider. Band 22)

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Rinaldi, Giacomo/Rossi Leidi, Thamar/Achella, Stefania (Eds.): Il pensiero di Hegel nell’età della globalizzazione. Atti del congresso internazionale, Urbino, 3–5 giugno 2010. [Das Denken Hegels im Zeitalter der Globalisierung. Beiträge des internationalen Kongresses in Urbino, 3.–5. Juni 2010.] Aracne: Roma 2012. 526 pp. (Ars inveniendi. 10) Roni, Riccardo: Il lavoro della ragione. Dimensioni del soggetto nella Fenomenologia dello spirito di Hegel. [Die Arbeit der Vernunft. Dimensionen des Subjekts in Hegels Phänomenologie des Geistes.] Firenze University Press: Firenze 2012. 99 pp. (Strumenti per la didattica e la ricerca. 128) Rózsa, Erzsébet: Modern Individuality in Hegel’s Practical Philosophy. Brill: Leiden/ Boston 2012. xvii, 311 pp. Ruggiu, Luigi: Lo spirito è tempo. Saggi su Hegel. [Der Geist ist Zeit. Schriften über Hegel.] Mimesis: Milano/Udine 2012. 542 pp. (Mimesis. La scala e l’album. 13) Sabbatini, Carlo: Una piramide di pietre tonde. Diritto naturale e scienza positiva del diritto nei primi scritti jenesi di Hegel. [Eine Pyramide aus runden Steinen. Natürliches Recht und positive Rechtswissenschaft in Hegels frühen Jenaer Schriften.] Emil Editore: Bologna 2012. 224 pp. (I Libri di Emil) Schmidt am Busch, Hans-Christoph (Hg.): Charles Fourier: Über das weltweite soziale Chaos. Ausgewählte Schriften zur Philosophie und Gesellschaftstheorie. Akademie Verlag: Berlin 2012. 216 S. (Schriften zur europäischen Ideengeschichte. Herausgegeben von Harald Bluhm. Band 6) Sedgwick, Sally: Hegel’s Critique of Kant: From Dichotomy to Identity. Oxford University Press: Oxford/New York 2012. 240 pp. Sembou, Evangelia: ‘Midwifery’ and Criticism in G. W. F. Hegel’s “Phenomenology of Spirit”. Academia Verlag: Sankt Augustin 2012. 228 pp. Severino, Giulio: La filosofia e la vita. Prima e dopo Hegel. A cura di Paolo Becchi, Francesca Michelini, Roberto Morani. [Die Philosophie und das Leben.Vor und nach Hegel. Herausgegeben von Paolo Becchi, Francesca Michelini, Roberto Morani.] Morcelliana: Brescia 2012. 494 pp. (Filosofia. 37) Sharp, Hasana/Smith, Jason E. (Eds.): Between Hegel and Spinoza. A Volume of Critical Essays. Bloomsbury Academic: London, UK/New York 2012. 224 pp. (Bloomsbury Studies in Philosophy) Somers-Hall, Henry: Hegel, Deleuze, and the Critique of Representation. Dialectics of Negation and Difference. State University of New York Press: Albany, NY 2012. xvi, 289 pp. Soresi, Sergio: Il soggetto del pensiero. Modi e articolazioni della nozione di pensiero in Hegel. [Das Subjekt des Denkens. Formen und Spielarten des Begriffs des Denkens bei Hegel.] Verifiche: Trento 2012. 226 pp. (Pubblicazioni di Verifiche. 45)

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Spanio, Davide: Il mondo come teogonia. Studi sull’idealismo in Italia dopo Hegel. [Die Welt als Theogonie. Studien über den Idealismus in Italien nach Hegel.] Aracne: Roma 2012. 193 pp. (Ars inveniendi. 14) Stern, Robert: Understanding Moral Obligation. Kant, Hegel, Kierkegaard. Cambridge University Press: Cambridge 2012. 277 pp. (Modern European Philosophy) Tikal, Alexander: Leben als absolute Erkenntnis. Zum philosophischen Anspruch Hegels an der Schwelle zum System. Wilhelm Fink Verlag: München 2012. 257 S. Trisokkas, Ioannis: Pyrrhonian Scepticism and Hegel’s Theory of Judgement. A Treatise on the Possibility of Scientific Inquiry. Brill: Leiden/Boston 2012. xvii, 357 pp. (Critical Studies in German Idealism. 8) Valagussa, Francesco (Ed.): Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Estetica. Secondo l’edizione di H. G. Hotho, con le variant delle lezioni del 1820/21, 1823, 1826. Saggio, traduzione, note e apparati di Francesco Valagussa. [Ästhetik. Nach der Nachschrift H. G. Hothos mit den Varianten aus den Vorlesungen 1820/21, 1823, 1826. Einleitung, Übersetzung, Anmerkungen und Apparate von Francesco Valagussa.] Bompiani: Milano 2012. 3019 pp. (Il pensiero occidentale) Vieweg, Klaus: Das Denken der Freiheit. Hegels „Grundlinien der Philosophie des Rechts“. Wilhelm Fink Verlag: München 2012. 552 S. Vinci, Paolo: „Coscienza infelice“ e „anima bella“. Commentario della Fenomenologia dello spirito di Hegel. [„Unglückliches Bewußtsein“ und „schöne Seele“. Kommentar zu Hegels Phänomenologie des Geistes.] Guerini: Milano 2012. 565 pp. (Hegeliana/ Istituto italiano per gli studi filosofici. 28) von Hartmann, Eduard: La filosofia positiva di Schelling come unità di Hegel e Schopenhauer. [Schellings positive Philosophie als Einheit von Hegel und Schopenhauer.] Herausgegeben, Übersetzung und Vorwort von Emilio Carlo Corriero. Nachwort von Alessandro Medri. Accademia University Press: Torino 2012. 120 pp. (Initia Philosophiae) Waibel,Violetta (Hg.): Affektenlehre und amor Dei intellectualis. Die Rezeption Spinozas im Deutschen Idealismus, in der Frühromantik und in der Gegenwart. Unter Mitwirkung von Max Brinnich und Peter Gaitsch. Felix Meiner Verlag: Hamburg 2012. 356 S. Weiss, Leonhard: Hegels Geschichtsphilosophie und das moderne Europa. LIT Verlag: Wien 2012. 187 S. (Philosophie. 92) Weissman, David: Sensibility and the Sublime.Walter de Gruyter: Berlin/New York 2012. 120 pp. Wheat, Leonard F.: Hegel’s Undiscovered Thesis-Antithesis-Synthesis Dialectics: What Only Marx and Tillich Understood. Prometheus Books: Amherst 2012. 400 pp. Williams, Robert R.: Tragedy, Recognition, and the Death of God. Studies in Hegel & Nietzsche. Oxford University Press: Oxford/New York 2012. xi, 410 pp.

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Wunsch, Matthias (Hg.): Von Hegel zur philosophischen Anthropologie. Königshausen & Neumann: Würzburg 2012. 297 S. Yang,Yong-Sun: Economies of Salvation. Adam Smith and Hegel. Peter Lang: Bern 2012. ix, 213 pp. Zander, Folko: Herrschaft und Knechtschaft. Die Genese des Selbstbewusstseins in Hegels „Phänomenologie des Geistes“. Ein Kommentar. Wilhelm Fink Verlag: München 2012. 224 S. (jena-sophia. Studien und Editionen zum deutschen Idealismus und zur Frühromantik. Abteilung II. Band 10) Žižek, Slavoj: L’isterico sublime. Psicanalisi e filosofia. [Das hysterische Erhabene. Psychoanalyse und Philosophie.] Herausgegeben von Antonello Sciacchitano. Mimesis: Milano/ Udine 2012. 226 pp. Žižek, Slavoj: Less Than Nothing. Hegel and the Shadow of Dialectical Materialism. Verso: London/New York 2012. X, 1038 pp.

AU TO R E N

B rady B ow man Assistant Professor of Philosophy, Department of Philosophy, The Pennsylvania State University, 240 Sparks Building, University Park, PA 16802, USA [email protected] C harle s Larmore Prof. Dr., Department of Philosophy, Brown University, Box 1918, Providence, RI 02912, USA [email protected] Pete r Roh s Prof. em. Dr., Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Philosophisches Seminar, Domplatz 23, D – 48143 Münster [email protected] O l ive r S c h laud t Philosophisches Seminar der Universität Heidelberg, Schulgasse 6, D – 69117 Heidelberg [email protected] C h ri st i an S c h m i d t Dr., Universität Leipzig, Institut für Philosophie, Beethovenstr. 15, D – 04107 Leipzig [email protected]

Hegel-Studien 47 (2013) · © Felix Meiner Verlag · ISSN 0073-1587