Grundlagen der antiken und orientalischen Musikkultur [Reprint 2018 ed.] 9783111505138, 9783111138251


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German Pages 213 [224] Year 1961

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Table of contents :
VORWORT
INHALTSVERZEICHNIS
I. DIE GRIECHISCHE ANTIKE
II. DIE ARABISCH-PERSISCHE MUSIKKULTUR
III. DIE INDISCHE MUSIKKULTUR
IV. DIE INDONESISCHEN TONSYSTEME
AUSBLICK
LITERATURVERZEICHNIS
PERSONEN
VÖLKER, ORTE, SACHEN
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Grundlagen der antiken und orientalischen Musikkultur [Reprint 2018 ed.]
 9783111505138, 9783111138251

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HUSMANN,

ANTIKE

UND

ORIENTALISCHE

MUSIKKULTUR

GRUNDLAGEN DERANTI KEN LND ORIENTALISCHEN MUSIKKULTUR von Heinriäi

Husmann

M I T 85 A B B I L D U N G E N , T A B E L L E N U N D N O T E N B E I S P I E L E N UND 3 K U N S T D R U C K T A F E L N

W A L T E R DE

GRUYTER&CO.

V O R M A L S G. J. G Ö S C H E N ' S C H E V E R L A G S H AN D L U N G J.GUTTENTAG VERLAGSBUCHHANDLUNG • GEORG REIMER K A R L J. T R Ü B N E R • V E I T & C O M P .

BERLIN

1961

©

Copyright 1961 by Walter de Gruyter & Co., Berlin W 30 - Alle Rechte, einschließlich der Rechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vom Verlag vorbehalten. — Printed in Germany. Archiv-Nr. 13 45 61. — Satz und Drude: Thormann & Goetsch, Berlin-Neukölln. Einbandentwurf: Johannes Boehland

VORWORT Das vorliegende Werk hat midi lange beschäftigt. Wenn man von der Studienzeit bei Curt Sachs und vor allem Erich M. von Hornbostel und von den eigenen Arbeiten während der 30ger Jahre absieht, formte es sich als Zusammenfassung aller dieser Studien und Überlegungen in den Jahren nach dem Kriege. Schon 1950 kündigte ich es als 1951 erscheinend an. Aber es sagte mir nicht uneingeschränkt zu, daß es in einer sehr spezialisierten wissenschaftlichen Publikationsserie erscheinen sollte. Schließlich befaßt sich die Schrift mit prinzipiellsten Dingen wie Melodik, Harmonik, Konsonanz, Temperatur — Erscheinungen, die jeden Musiker und Musikwissenschaftler, ja jeden Gebildeten interessieren. Daß sie diese dort anpackt, wo sie am reinsten aufzuzeigen sind, an der Entstehungsquelle und an den ersten entscheidenden Schritten der Entwicklung, also in der Antike und im Orient, ist weniger eine Spezialisierung als eine Befreiung des Problems von sich später ergebenden akzessorischen Elementen. So wies ich auch zwei weitere Angebote, das Buch in spezialisierten Serien unterzubringen, ab, so ehrenvoll diese auch erscheinen mochten. Dem Werk ist das lange Warten, so hoffe ich, nur um so besser bekommen. Es ist unterdessen mehrmals Grundlage von Vorlesungen und Vorträgen gewesen und ist dabei stets erneut durchdacht, erweitert und geklärt worden. Erst als mich 1959 das Ersuchen des Verlages Walter de Gruyter & Co. erreichte, ihm das Werk zu überlassen, sagte ich zu; in der Obhut eines angesehenen und vielschichtig interessierten Verlages von universalem Horizont scheint mir die Garantie zu liegen, daß das Werk eine so weitreichende Wirkung auszuüben vermag, wie ich sie ihm wünsche. Zu diesem Zweck wurde nochmals alles umgearbeitet und insbesondere der Versuch unternommen, die Dinge möglichst einfach darzustellen, natürlich ohne der wissenschaftlichen Exaktheit Abbruch zu tun. Wie weit das gelungen ist, kann nur der Leser selbst beurteilen. Möge das Werk dem Verlag, dem ich herzlich danke, den Erfolg bringen, den er erhofft, und dem Leser dieselbe reine Freude bereiten, die der Verfasser beim Durchdenken der großen Grundfragen der Musik empfand. Göttingen, im Juni 1961 Prof. Dr. Heinrich Husmann

INHALTSVERZEICHNIS Vorwort I. DIE GRIECHISCHE ANTIKE

5 9

1. Harmonische Intervalle Ton und Intervall S. 9 — Schwingungsverhältnisse und Saitenlängen S. 10 — Harmonische Teilung und harmonische Intervalle S. 12 — Harmonie, Konsonanz, Verschmelzung, Dissonanz S.19 — Quinten, Terzen und Oktaven S. 27 — Die chromatischen Töne S. 30 — Diatonisches, chromatisches und jüngeres enharmonisches Tongeschlecht S. 33

9

2. Die Temperatur des Aristoxenos Die zwölfstufige Temperatur und die temperierten Tongeschlechter S. 38 — Verteilung des Restintervalls und Intervallausgleich S. 42 — Physiologische Grundlage des Temperierens und Körper-Seele-Problem S. 43 — Intervallmessung durch Halbtöne S. 46

38

3. Gesangs- und Instrumentalleitern Das „vollständige System" S. 51 — Quart-, Quint- und Oktavgattungen S. 55 — Die Tonarten (Transpositionsskalen) S. 60 — Kithara und Aulos S. 66 — Thesis und Dynamis S. 69 — Die griechische Gesangsnotenschrift S. 69 — Die Instrumentalnotenschrift als phönikische Aulosnotation S. 78 — „Ältere Skalen" S. 80 — Lyra- und Kitharastimmungen S. 82 — Die ältere Enharmonik des Aulos S. 85 — Rhythmische Notation (Seikiloslied) S. 86

51

II. DIE ARABISCH-PERSISCHE MUSIKKULTUR

88

1. Die Weiterführung der griechischen Harmonik Konsonanzauffassung S. 88 — Tongeschlechter bei Al-Farabi und Avicenna S. 91 — Zwölfstufige Temperatur S. 96

88

2. Die einheimische Instrumentalharmonik Pythagoräische Lautenstimmung S. 98 — Die einheimischen Mittelbünde und ihre Zugehörigen S. 100 — Die verschiedenen Entwicklungsschichten der Lautenstimmung S. 103 — Unregelmäßige Lautenstimmungen S. 106 — Tambur von Bagdad S. 109 und Chorassan S. 113 — Blasinstrumente S. 114

98

3. Die arabisch-persischen Melodietypen Große, mittlere und kleine (emmelische) Intervalle S. 115 — Die siebzehnstufige „Temperatur" S. 118 — Das Lautenstimmverfahren Avi-

115

INHALTSVERZEICHNIS

cennas S. 120 — Avicennas Melodiegruppen S. 122 — Safiyus Quarttypen S. 124 — Fünfteilungen der Quinte S. 125 — Oktavzyklen S. 126 — Die vollständigen Oktavtypen (maqamat) S. 127 — Die unvollständigen Melodietypen awazat S. 132 und schuabat S. 134 III. DIE INDISCHE MUSIKKULTUR 1. Das Tonsystem Die 22 Shrutis S. 135 —Die 22stufige Temperatur S. 138 —Die 7 diatonischen Stufen S. 139 — Die chromatischen Töne S. 142 — Die drei Gramas S. 142 — Die Oktavgattungen S. 144

135 135

2. Die vollständigen Melodietypen Die definierenden Eigenschaften der Jatis S. 145 — Die beschreibenden Eigenschaften der Jatis S. 147 — Die 4 Grundjatis des Sa-Grama S. 148 — Die 3 Grundjatis des Ma-Grama S. 149 — Sadharana und Slendro S. 150 — Die zusammengesetzten Jatis S. 153

145

3. Die unvollständigen Melodietypen Die definierenden Eigenschaften der 7 Kapalas S. 155 — Kambala S. 156 — Vergleich mit den griechischen S. 157 und arabischen unvollständigen Typen S. 157

155

IV. DIE INDONESISCHEN TONSYSTEME

159

A. Reine Leitern 1. Instrumentalleitern und die Methodik ihrer Auswertung Verstimmbarkeit europäischer Musikinstrumente S. 159 — Die mittlere (geometrische) Abweichung S. 162 — Mittelung mehrerer Instrumente S. 163 — Der mittlere Oktavfehler S. 164

159 159

2. Die halbtonlose Viertönigkeit Das prähistorische Lithophon von Franz. Indochina S. 164 — Die balinesische Angklung-Leiter S. 166

164

3. Die halbtönige Pentatonik (Melog) Melog S. 167 — Renteng S. 167

167

4. Die gemischte Pentatonik (Azande) Die gemischte Pentatonik der Azande S. 169 — Beziehungen zu Indien S. 170 — Die hexatonische Leiter der Balunda S. 171

169

B. Temperierte Leitern 5. Die hinterindisdi-indonesisch-rhodesische temperierte Siebenstufigkeit Das hindu-javanische demung S. 171 — Gamelan-sekati-Orchester S. 173 — Gamelan pelog S. 174 — Vorkommen auf Bali S. 174 und Sumatra S. 174 — Pentatonischer Aufbau des balinesischen Gamelan gong S. 175 — Hinterindien S. 176 — E. M. v. Hornbostels 23stufiger Blasquintenzirkel S. 179 — Der 7stufige „Blasquintenzirkel" S. 182 — Verbreitung in Südostafrika S. 185, Belg. Kongo S. 185 und Westafrika S. 185

171 171

INHALTSVERZEICHNIS

6. Die indonesisch-nigerische temperierte Fünfstufigkeit Verbreitung in Java S. 186 und Afrika S. 188 — Ostafrikanisches Xylophon S. 189 — Mwera-Sansen S. 189 — Slendro-Hintergrund der rhodesischen Siebenstufigkeit S. 190 — Fünfstufiger „Blasquintenzirkel" S. 191

186

7. Das indonesisch-arabische Pelog Wesen der Pelog-Skala nach J. Kunsts Messungen S. 192 — Weitere Normalisierung S. 193 — Herleitung aus harmonischen Intervallen S. 194 — Beziehungen zur arabischen Musiktheorie S. 195 — Pelog und der Maqam Rahawi S. 196 — Temperiertes Pelog S. 197.

192

Ausblick

199

Literaturverzeichnis

200

Personen

208

Völker, Orte, Sachen

210

I. DIE GRIECHISCHE ANTIKE 1. H A R M O N I S C H E

INTERVALLE

Während Indien sdion in ältester Zeit Vorstellungen über Melodien und ihre Wirkung entwickelt hat, so daß hier schon gewisse Ansätze zu einer melodischen Stilistik vorhanden sind, ist es das Verdienst des griechischen Geistes, von der speziellen Melodik auf ihre allgemeinen Ordnungsprinzipien zurückgegangen zu sein und damit die Grundlegung der europäischen Harmonik geschaffen zu haben. Dabei haben die Griechen, vom Begriff des einzelnen Tones ausgehend, über die Behandlung der Intervalle und der Intervallzusammenhänge bis hin zu den Tongeschlechtern ein vollständiges harmonisches System entwickelt, das in seinen Grundzügen zwei Jahrtausende europäischer Musikkultur beherrscht hat und erst im 18. Jahrhundert durch die prinzipiell anders aufgebaute Dur-Moll-Funktionsharmonik abgelöst wurde. Am Anfang des ganzen Gebäudes steht naturgemäß der Ton selbst. Sein Wesen bestimmt zugleich das Wesen der Musik, und dieses hat der Grieche gesehen als Gegensatz zur Sprache: Die Tonhöhe eines Sprechenden verändert sich kontinuierlich gleitend, die musikalische Tonhöhe liegt auf wenigen charakteristischen Stufen fest — eine schlagende Definition, die in ruhig kühler Präzision das einzig Wesentliche klar, ja fast allzu nüchtern ausspricht. Damit wird das jeweils ausgewählte System fester Tonhöhen zum Wesentlichsten der Musik, und das ist genau das, was eben über die verschiedene Bedeutung der Grundelemente der Musik gesagt wurde. Das griechische Denken hat auch bereits die Frage nach dem Zusammenhang zwischen dem Ton als unserm subjektiven Eindruck und dem Ton als physikalischem Gebilde mit objektiven Eigenschaften gestellt und — im Prinzip — richtig beantwortet. Der subjektiven Tonhöhe entspricht im Objektiven die Schwingungszahl (Anzahl der Schwingungen in der Sekunde). Freilich waren die Griechen keine Physiker, sondern Mathematiker, vorwiegend Geometer. Wenn sie daran glaubten, daß die Schmiedehämmer des PYTHAGORAS Gewichte besaßen, die den Tonhöhen der Hämmer korrespondierten, so irrten sie, denn die Tonhöhen entsprechen nicht den Massen —, wenn sie die Tonbeziehungen aber am Monochord demonstrierten, so waren sie im Recht, denn die Tonhöhen sind den Saitenlängen (umgekehrt) proportional. Man kann die gesamte Harmonik also — wie die Griechen es taten — an den Teilungsverhältnissen einer Saite entwickeln. Da das auch heute noch das bei weitem

10

I.

D I E GRIECHISCHE A N T I K E

ä »¿Vit

Abb. 1 (PrätoriM,

Monochord

Organografhia,

1619, T. 37 Abb. IS)

anschaulichste Verfahren ist, soll auch hier nach ihm vorgegangen werden, abgesehen davon, daß es eben auch am angemessensten ist, griechisches Denken in griechischer Methode aufzuzeigen. Aus zwei Tönen bildet sich ein Intervall. Für modernes physikalisches Denken wird es bestimmt durch das Verhältnis zweier Schwingungszahlen, für griechisches plastisches Sehen definiert es sich durch das Verhältnis der zwei Saitenlängen, die die Endtöne erzeugen. Betrachten wir das Monochord oder — um uns etwas Modernes vorzustellen — eine Violinsaite, so ergibt sich, wenn wir den Finger auf die Saitenmitte aufsetzen, die Oktave des Tones, den die ganze Saite hervorbringt.

A

B

Abb. 2 Saitenteilung der Oktave

D

1.

HARMONISCHE INTERVALLE

IX

Bezeichnet in Abb. 2 AD die ganze Saite, wobei wir uns — wenn wir an eine Violinsaite denken — unter A den Sattel, unter D den Steg vorstellen, so erzeugt die schwingende Saitenlänge DB die Oktave des Tones, den die ganze Saite AD erklingen läßt. Dabei besteht die rechnerische Beziehung AD : DB = 2 : 1 , wobei wir DB von rechts nach links durchlaufen (und entsprechend stets im folgenden), um hübschere Formeln zu erhalten. Gehen wir nun von der Oktave zur Quinte, so beträgt der schwingende Teil der Saite nur noch zwei Drittel. Wir nehmen, um das zu veranschaulichen, einen vierten Punkt C auf unserer Saite an und fügen ihn in die vorige Figur 2 -I

» C

1

I

» B

3

» 1

Abb. 3 Oktav, Quint, Quart ein. Wir teilen die ganze Saite dabei in sechs gleiche Teile so, daß der Saitenteil DC mit vier Teilen die Quint der ganzen Saite ergibt. Es gilt also die Beziehung AD : DC = 6 : 4 = 3 : 2. Man bemerkt sofort, daß neben der schon angeführten Beziehung zwischen A, D und B noch eine ähnliche Beziehung besteht, die den neu eingefügten Punkt C in Verbindung auch zu A und B setzt, nämlich AC : CB = 2 :1. Es ist also

AC : CB = AD : DB = 2 : 1 .

Man sagt dann, daß der Punkt C die Strecke AB im Verhältnis 2 : 1 teilt. Gewiß ist es für den normalen Sprachgebrauch und das übliche Denken unmöglich, daß ein außerhalb einer Strecke liegender Punkt diese teilt, aber der Mathematiker pflegt in solchen Fällen einfach ihm zur Vervollständigung seines Systems notwendige Ergänzungen definitorisch festzusetzen. So sagt er hier, daß auch der Punkt D die Strecke AB im Verhältnis 2 : 1 teilt, wenn die angegebene Beziehung AD : DB = 2 : 1 besteht. Zur Unterscheidung heißt der Punkt C ein innerer Teilungspunkt, der Punkt D ein äußerer Teilungspunkt. Die Strecke AB wird in unserem Fall durch die beiden Punkte C und D im selben Verhältnis, nämlich 2 : 1 , geteilt. Eine solche Teilung nennt man harmonische und sagt, daß die Punkte C und D die Strecke AB harmonisch teilen.

12

I . D I E GRIECHISCHE ANTIKE

Umgekehrt teilen auch die Punkte A und B dann die Strecke OD harmonisch. Es gilt in unserem Fall CB : BD = CA : AD = 1 : 3. Kehren wir wieder zur Strecke AB zurück, so gehören zu C und D zwei Teilungsverhältnisse A C : CB bzw. AD : DB. Man kann aus ihnen wieder ein Verhältnis bilden, d. h. sie durcheinander teilen. Diesen Bruch AC:CB _ , AD:DB ~~ nennt man das Doppelverhältnis der inneren und äußeren Streckenteilung. Im Fall der harmonischen Teilung ist, da beide Teilungsverhältnisse gleich sind, d = l.

Und umgekehrt: Eine harmonische Teilung liegt dann vor, wenn das Doppelverhältnis 1 beträgt. Betrachten wir nochmals die Strecke AB als Grundstrecke (wobei also B die Oktave der ganzen Saite ergibt), so erzeugt ihr innerer Teilungspunkt C die Quinte der ganzen Saite mit dem Verhältnis 3 : 2. Betrachten wir umgekehrt CD als Grundstrecke, so ist CD : DB = 4 : 3. Wenn wir CD also als ganze Saite ansehen, liefert DB die Quarte der ganzen Strecke CD. Das ist klar, denn AC = Quintgriff und CB = Quartgriff ergänzt sich zu AB = Oktavgriff, wenn wir uns die Violinsaite mit ihren Griffverhältnissen vorstellen. Quart und Quint gehen also bei der harmonischen Saitenteilung als Unterteilungen aus der Oktav hervor. Man nennt alle sich aus harmonischen Teilungen ergebenden Intervalle daher ebenfalls harmonische Intervalle. Oktave, Quinte und Quarte sind also die einfachsten harmonischen Intervalle. Das arithmetische Bildungsgesetz der harmonischen Intervalle ist sehr leicht zu erraten. Erweitert man im Fall der Oktav ihr Verhältnis 2 : 1 zu 4 : 2 und schiebt 3 ein, so erhält man 4:3:2 mit den Verhältnissen 4 : 3 und 3 : 2 von Quart und Quinte. Da man Schwingungsverhältnisse multiplizieren muß, um das Verhältnis des Gesamtintervalls ?u erhalten, ergibt sich i. 3

Ä — A — l. 2 2 1

also durch Zusammensetzung von Quart und Quint richtig die Oktav. Man

1.

HARMONISCHE

13

INTERVALLE

sieht, daß die harmonische Teilung gerade diejenige ist, die den kleinsten Erweiterungsfaktor (nämlich 2) benutzt 1 — 1

l



2

und die einzige dazwischenliegende Zahl (hier 3) zur nächsten Erweiterung 1 —1 —1 1 _ 2_ 3

1 2

verwendet. Erweitert man stärker, z. B. 1 —1 1~ 3 so hat man mehrere nachfolgende Erweiterungsmöglichkeiten, hier die Zahlen 4 und 5. Nimmt man 4, so ergibt sich 1 —1 —1 1 —1 1 1 — 3— 7 ' 2 ' 3' also nochmals die Zerlegung in Quint und Quart; nimmt man dagegen 5, so kommt 1 ~ 3— 5

3'

also die Zerlegung der Oktave in kleine Terz und große Sexte. Aus den aus der Oktav gewonnenen harmonischen Intervallen Quint und Quart kann man durch harmonische Streckenteilung bzw. Brucherweiterung weitere harmonische Intervalle erhalten. Nimmt man die Quintteilung ACD der Abb. 3 als Grundstrecke AB mit Außenteilungspunkt D, wie es vorher in Abb. 3 das Grundintervall der Oktav gewesen war und fügt den Innenteilpunkt C im selben Verhältnis 3 : 2 hinzu, damit sich wieder die harmonische Streckenteilung ergibt, so kommt man zu folgender Figur I. A

I

3

I 1I C

2

I

1I B

I

5

I

I

I 1I

1

5

I ,.,!

I .1 D

Abb. 4 Quint, gr. und kl. Terz

Es ist

AC: CB = AD : DB = AD : DC = CD : DB =

3 : 2 die innere Teilung von AB, 15 :10 = 3 : 2 die äußere Teilung von AB, 15 :12 = 5 : 4 12 :10 = 6 : 5,

so daß der Teilpunkt C die große Terz 5 : 4, der reziproke Teilpunkt B der Grundstrecke CD die kleine Terz erzeugt.

14

I. D I E GRIECHISCHE ANTIKE

Die harmonische Teilung der Quart ergibt entsprechend: I i ? i 1 |3| 1 i i \ \ i l I i i \ \ i i t r i i i i i 1 :

B

D

Abb. 5 Quart und Siebenerterzen

Es ist AC AD AD CD

: CB : DB : DC : DB

= = = =

4:3 28 : 21 = 4 : 3 28 : 24 = 7 : 6 24 : 21 = 8 : 7

Es ergeben sich also zwei Intervalle, die kleiner als die kleine Terz, aber nodi größer als der Ganzton 9 : 8 sind — da das Charakteristische an ihnen die 7 ist, heißen sie Siebenerintervalle. Durch Hinzufügung der Terzen erhält man zwei weitere Siebenerintervalle: 6 ' 5

_

5 '

ein Intervall, das zwischen Quarte und Quinte steht, denn es ist J7 _ 2 1 5 ~ 15

4 _20 3 _ 15

und 7 _ 14

, 3 _

5 ~~ 10

15

~2~ 10'

also den Tritonus, und 7

4

_

7 '

einen etwas größeren Tritonus als den vorigen1. Da die Terzen noch konsonant sind, der Ganzton 9 : 8 dissonant, werden die Siebenerintervalle in der üblichen Konsonanztheorie als neutrale Intervalle bezeichnet. Die Ganztöne gehen durch harmonische Teilung aus der großen Terz hervor (Abb. 6). 5 4 9 9 I i i i . I i i i I i i i i i i . . I i . . . . . . . A C B

9 . 9 I . . . . . . •. 1 . . i . i . . . I D

Abb. 6 Gr. Terz, Gr. und kl. Ganzton .1 _ 10. 50 . 7 Denn — ist = — , dagegen — nur

49 "35

1.

Es ist

AC:CB = AD : DB = AD : DC = CD : DB =

HARMONISCHE

15

INTERVALLE

5:4 45 : 36 = 5 : 4 45 : 40 = 9 : 8 40 : 36 = 10 : 9.

Die harmonische Teilung der großen Terz ergibt also zwei verschiedene Ganztöne, von denen der eine, der „kleine" Ganzton 1 0 : 9, etwas kleiner ist als der andere, der „große" Ganzton 9 : 8. Ebenso hatten ja auch alle anderen harmonischen Teilungen stets zwei verschiedene Teilintervalle geliefert. Um das kleine Intervall zu bestimmen, um das der große Ganzton größer ist als der kleine, muß man die Zahlenverhältnisse dividieren. Es ergibt sich 9_ . 10 _ _9_8l 8

9

8

1 0

_

80

Dieser Unterschied des großen und kleinen Ganztons wird als syntonisches oder didymisches Komma bezeichnet. Die harmonische Teilung der kleinen Terz ergibt zwei Intervalle, die kleiner als die Ganztöne sind, aber noch größer als die Halbtöne (Abb. 7). 5 11 11 11 11 I III Iii i II 11 11 I H l . . . || 1 II I n n n l ! tu, Hl H i l l H i l l III

A

C

B

11

, «ml

D

Abb. 7 Harmonische Teilung der kleinen Terz

Es ist A C : CB = AD : DB = AD : DC = CD : DB =

6:5 66 : 55 = 6 : 5 66 : 60 = 1 1 : 1 0 60 : 55 = 12 : 11.

Diese beiden Ganztöne von 1 1 : 1 0 und 12 : 1 1 haben eine ganz besondere Bedeutung. Die Quarte 4 : 3 teilt sich ja in den kleinen Ganzton 10 : 9 und die kleine Terz 6 : 5 1 , diese wiederum in die beiden eben entwickelten Ganztöne 1 1 : 1 0 und 12 :11. Die drei Ganztöne 10 : 9, 1 1 : 1 0 , 12 : 1 1 ergeben also eine harmonische Dreiteilung der Quarte2. Die harmonische Teilung des neutralen Intervalls 7 : 6 ergibt zwei Dreivierteltöne, die wieder kleiner sind als die eben abgeleiteten (Abb. 8). .1

. 10 6 12 Denn es ist — • — = — = 9 5 9

4 — 3

» Tatsächlich ist 1 ° • ü • ^ = 9 10 11

9

=

! 3

16

I . D I E GRIECHISCHE ANTIKE

7 A

13

6 C

13

B

13

13

JaJ

D

Abb. 8 Harmonische Teilung des Intervalls 7 : 6

Es ist A C : CB = 7 : 6 AD : DB = 9 1 : 78 = 7 : 6 AD : DC = 9 1 : 84 = 13 :12 CD : DB = 84 : 78 = 14 :13. Die harmonische Teilung des zweiten Siebenerintervalls 8 : 7 endlich führt zu den Halbtönen (Abb. 9). 7

8

A

15 I

15 I

..••...••In

15

15

15

.....!...,..........1........

C B

15 lim

15

Illlllnntinimni

D

Abb. 9 Harmonische Teilung des Intervalls 8 : 7

Es ist AC : CB = 8 : 7 AD : DB = 120 :105 = 8 : 7 AD : DC = 120 :112 = 15 :14 CD : DB = 112 :105 = 16 :15. Die beiden Siebenerintervalle entstanden als harmonische Zweiteilung der Quarte. Wenn wir beide, wie wir es getan haben, wieder harmonisch unterteilen, ergibt sich mithin eine harmonische Vierteilung der Quarte durch die vier Intervalle: 13 : 1 2 , 1 4 : 1 3 , 1 5 :14, 16 :15 1 . Entsprechend kann man diese durch harmonische Teilung gewonnenen Ganz-, Dreiviertel- und Halbtöne ebenfalls weiter unterteilen, wobei man bis zu den Vierteltönen kommt. Das oben entwickelte arithmetische Konstruktionsverfahren der Saiten-bzw. Schwingungsverhältnisse der harmonischen Intervalle läßt auch alle diese verschiedenen Unterteilungen in der einfachsten Weise entstehen. So wie aus der Oktave 2 : 1 durch Erweiterung Quinte und Quarte entstehen, so bilden sich aus der Quint 3 : 2 große und kleine Terz: 2 ~ 4 ~ 5 ' 4' aus der Quart 4 : 3 die Siebenerintervalle: 4 8 8 7 3 6 6 6'

1.

HARMONISCHE

INTERVALLE

Wenn man so weiter fortfährt, erhält man den ganzen Stammbaum harmonischen Intervalle, wie ihn Abb. 10 zeigt 12 .

17

der

Damit sich eine schönere Symmetrie ergibt, ist hier in den Zahlenverhältnissen stets die kleinere Zahl zuerst geschrieben.

1

Bei der aritmmetischen Bestimmung der harmonischen Intervalle waren die Griechen nicht ganz so glücklich, da sie nicht nur das harmonische Mittel, sondern auch das arithmetische benutzten. Das arithmetische Mittel zweier Zahlen ist die Hälfte ihrer Summe, das von 6 und 8 also |(6 + 8) = 7. Das harmonische Mittel dagegen ist die Reziproke der halben Summe der Reziproken

2

was ausgerechnet ergibt

">h

2la

b/'

2 a b =— a +T ub -

m h

Von 6 und 8 ist das harmonische Mittel also m

2 - 6 - 8

6

; —6— 6 + 8 7

h =

Während das arithmetische Mittel (7 von 6 und 8) um dieselbe Differenz (hier 1) von den beiden Grundzahlen absteht, tut es das harmonische Mittel um dasselbe Verhältnis, im angeführten Beispiel um

y:

6 + 6- i = 6 ^ = 8 - 8 • 7 7 7 So erklären

die griechischen T h e o r e t i k e r

(NIKOMACHUS, PLUTARCH, ARCHYTAS b e i

PORPHYRIUS) in der Quarte und Quinte in die Oktave einschiebenden Proportion 6:8 : 9:12 die Quinte 9 : 6 = 3 : 2 als arithmetisches Mittel der Oktave 12 : 6 = 2 : 1 , da in 6, 9, 12 die gleiche Differenz 3 besteht, die Quarte 8 : 6 = 4 : 3 aber als harmonisches Mittel von 12 : 6, da gilt: 6 + 6- j

= 8 = 12 — 1 2 - j .

Bei weiterer Teilung wären 3 : 2 , 8 : 7 usw. harmonische Mittel.

5:4,

7:6

usw. arithmetische, 4 : 3 ,

6:5,

Diesen Widerspruch zur geometrischen Entwicklung kann man beseitigen, wenn man jeweils zwei Intervalle (ähnlich der geometrischen inneren und äußeren Teilung) verbindet. Die Oktave 1 : 2 liefert das harmonische Mittel 4 : 3 , da m h = = 2

1 - 2 -l+-2 =

4 I

;

aber genau so liefert die Oktave \ : 1 das harmonische Mittel 2 : 3, da: 2

Husmann

h

i • 1 2 = *-f + I = 3 -

18

I . D I E GRIECHISCHE ANTIKE

Es ist interessant, daß die harmonischen Intervalle hier zwar in der Reihenfolge 1 : 2 , 2 : 3 , 3 : 4 usf. erscheinen, daß sich aber von selbst verschiedene Ebenen ergeben, auf denen sie zusammenstehen, je nach der Anzahl der Unterteilungen, durch die sie aus der Oktave hervorgehen. Das will ich den harmonischen Grad des Intervalls nennen. Die Oktave allein ist dann vom 1. Grad, Quint und Quart vom 2. Grad, die Terzen 4 : 5 bis 7 : 8 vom 3. Grad usf. Es ist auffallend, daß die Siebenerintervalle mit den Terzen zusammen in eine Klasse gehören, während sie in der modernen Konsonanzanschauung als neutrale Intervalle von jenen noch konsonanten Intervallen geschieden werden. Der harmonische Teilungsgrad ist also offensichtlich etwas anderes als der Konsonanzgrad eines Intervalls, der in der Reihe 1 : 2 , 2 : 3 , 3 : 4 usf. gleichmäßig abnimmt, bei 6 : 7 und 7 : 8 bereits bis auf Null zurückgegangen ist, um ab 8 : 9 in das Gegenteil, die Dissonanz, umzuschlagen. Die griechische Auffassung unterscheidet im allgemeinen symphonia ( = lat. consonantia, Oktav, Quart, Quint) und diaphonia ( = lat. dissonantia, alle übrigen Intervalle), aber daneben findet sich die Unterscheidung einer Mittelklasse, den paraphoniai, gr. Terz und Tritonus, die also genau unserem 3. Teilungsgrad entspricht1, und die Aussonderung von Einklang (homophonia) und Oktav (antiphonia),2 womit volle Übereinstimmung mit unserer Einteilung erreicht ist. Auf diese Weise erhält man bei fortgesetzter Teilung alle Intervallverhältnisse als harmonisches Mittel. Es ergibt sich folgende Darstellung: 1 2

2 3

1

4 3

~3

2

4 5

1

6 5

3 2

3 4

6 7

1

8 7

4

4 5

8 9

1

10 9

5 4

5 6

10 11

1

12 11

6 5

6 7

12 13

1

14 13

7 6

7 8

14 15

1

16 15

8 7

J

die man auch als Stammbaum ähnlich Abb. 10 schreiben könnte, um die Analogie noch deutlicher heraustreten zu lassen. Etwa bei GAUDENTIUS, in Musici scriptoris graeci, ed. C. JAN, 1895, S. 338. Es ist darnach zu vermuten, daß entsprechend das antiphonale Singen ein Gegeneinandersingen im Oktavverhältnis war, etwa von Männern und Knaben. Die Bezeichnung der Oktav als antiphonia findet sich etwa in den Pseudo-aristotelischen Problemen, ed. JAN, a. a. O., S. 100. 1

2

1.

HARMONISCHE

19

INTERVALLE IS RO

C:

o

e u

NJ J3 U 0) -O £ 3 « JA

e

O

JA


20

I.

D I E GRIECHISCHE A N T I K E

Die Gesichtspunkte, nach denen die Klanggüte beurteilt wird, sind also anscheinend jeweils etwas andere, denn sonst könnte das Resultat in den einzelnen Fällen nicht so verschieden ausfallen. Aber der Antike wie der populären Musikauffassung wie der modernen Wissenschaft ist doch eins immer unbestritten: daß die harmonischen Intervalle in ganz besonderer Weise von Natur aus — ihrem ganzzahligen, also ebenfalls besonders einfachen Schwingungsverhältnis entsprechend — vor den übrigen Intervallen ausgezeichnet sind 1 , so daß von hier aus ihre jahrtausendealte bevorzugte Stellung in der Musikkultur verständlich und berechtigt erscheint. Freilich wie diese subjektive Auszeichnung zustande kommen soll, ist rätselhaft. Denn die nächstliegende und auch oft geäußerte Auffassung, daß die menschliche Seele zählen könne und sich an den einfachen Zahlenverhältnissen erfreue, ist aus mannigfachen Gründen nicht aufrechtzuerhalten, so wie die Schwingungen des Lichtes auf chemischem Wege im Auge als Farbkomponenten erscheinen, so werden auch die Tonschwingungen in etwas ganz anderes—die Lage auf der Basilarmembran des Innenohres — umgewandelt,so daß dem Gehirn in beiden Fällen die Schwingung als solche mit ihrer Schwingungszahl gar nicht mehr erscheint, so daß allein von hier aus schon dem Gehirn keine Gelegenheit zum Zählen geboten wird. Diese einfachste Vorstellung von der zählenden Seele möchte also einen direkten Zusammenhang zwischen der physikalischen Schwingung und dem

Vör= hof

Schneckenloch

Abb. 11 Schematische Darstellung des Ohrs mit aufgerolltem Schneckengang Uber die großen Zusammenhänge zwischen Psychologie und Musikwissenschaft handelt eingehender H. HUSMANN, Einführung in die Musikwissenschaft, Heidelberg, Quelle & Meyer, 1958; spezieller über die Konsonanz: H. HUSMANN, Vom Wesen der Konsonanz, Heidelberg, W. Müller-Verlag, 1953.

1

1.

HARMONISCHE

INTERVALLE

21

subjektiven Ton herstellen. Sie übersieht aber, daß zwischen dem physikalischen Vorgang und dem seelischen Erlebnis noch der Körper des Menschen liegt, dessen „physiologisches" Funktionieren den physikalischen Vorgang wesentlich verändert. Insbesondere das Ohr ist ein sehr kompliziertes Organ, das beim besten Willen eine physikalische Schwingung nicht ohne zusätzliche Nebenerscheinungen passieren läßt. Schon das Trommelfell (vgl. Abb. 11) als runde Haut arbeitet nicht ideal, die drei Mittelohrknöchelchen übertragen seine Schwingungen auf das ovale Fenster, das sie an das mit Lymphe gefüllte Innenohr weiter gibt. Dies besteht aus zwei parallelen Gängen, die zur „Schnecke" spiralig eingerollt sind und die am Ende durch das „Schneckenloch" miteinander in Verbindung stehen. Der zweite Gang endet wieder am Mittelohr mit einer mit Haut geschlossenen Öffnung, dem runden Fenster. In der Trennwand befindet sich das „Cortische Organ" mit der „Basilarmembran", von der die Nerven ins Gehirn führen (vgl. Abb. 12). Es ist erwiesen, daß jeder Ton eine kleine Zone der Basilarmembran reizt, die bei hohen Tönen näher am Schnekkenloch, bei tiefen Tönen mehr zum ovalen Fenster hin liegt. Die Tönhöhe wird also umgesetzt in eine Lageempfindung. Bei einer Flüssigkeitsbewegung, die von mit „Scharnieren" verbundenen Häuten erregt wird und die auf eine Membran wirkt, die an der anderen Seite von Flüssigkeit gedämpft ist, deren Bewegung sich wieder in einer Haut bricht, kann man nicht verlangen, daß eine solche Transformierung ohne Störungen vor sich geht. Tatsächlich wird nicht nur eine einzige Stelle auf der Basilarmembran erregt, sondern es bilden sich noch eine ganze Anzahl weiterer, wenn auch schwächerer Erregungs-

Abb. 12 Querschnitt durch zwei Schneckenkanäle

(nach A. WMeyer,

Anatomie

det Menschen, 2. Teil, 1950, Abb. 154, S. 211)

22

I.

D I E GRIECHISCHE A N T I K E

stellen. Sie entsprechen den geradzahligen Vielfachen der Schwingungszahl: Nimmt man etwa die physikalische Schwingungszahl des ankommenden Tones als 1, so bilden sich Erregungsstellen, die folgenden Schwingungszahlen ententsprechen: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Die Stellen 2, 3, 4 usw. sind subjektive Obertöne, da sie nicht in der objektiven Schwingung enthalten sind, sondern sich erst „subjektiv" im Ohr bilden. Nehmen wir als Beispiel etwa einen Ton der Schwingungszahl 200, so ergibt sich die Reihe 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 Noch schlimmer wird es, wenn mehrere Töne auf das Ohr treffen. Es bilden sich dann nicht nur die Obertöne von jedem Ton, sondern auch noch Kreuzungsprodukte, wobei sich jeder Ton mit jedem anderen kombiniert. Nehmen wir einen einfachen Fall, den, daß ein Grundton 1 mit seiner Oktav 2 ankommt, so bildet sich vom unteren Ton die Reihe 1 2 3 4 5 6 7 8 vom oberen die Reihe 2 4 6 8 Weiter aber bilden sich alle möglichen Summen und Differenzen dieser beiden Reihen. Addiert man etwa 1, den ersten Ton der oberen Reihe, zu jedem Ton der unteren Reihe, so ergibt sich die weitere Reihe 3 5 7 9 Zählt man den zweiten Ton der oberen Reihe, 2, zu jedem der unteren, so erhält man 4 6 8 10 Addiert man den dritten oberen Ton 3 zu jedem unteren, so bekommt man 7 9 11 5 Man bemerkt, daß alle sich ergebenden „Summationstöne" nur in den Obertönen bereits vorhandene Stellen verstärken, aber keine neuen Erregungsstellen hinzubringen. Zur Bildung der „Differenztöne" kann man etwa jeden Ton der oberen Reihe von jedem der unteren subtrahieren, um so die „Differenz" zu erhalten. Subtrahiert man den ersten Ton der oberen Reihe, 1, von jedem der unteren, so kommt 1 3 5 7... Subtrahiert man den zweiten, 2, so ergibt sich (0) 2 4 6 ... Subtrahiert man den dritten, 3, so bekommt man (statt 2 minus 3 ist 3 minus 2 u. ä. zu nehmen) 1 3 5 1

1.

HARMONISCHE INTERVALLE

23

Audi alle diese Differenztöne bringen im Fall der Oktave nichts Neues hinzu. Summations- und Differenztöne (zusammengefaßt als Kombinationstöne) liefern bei der Oktave nur eine Verstärkung der subjektiven Obertöne. Ja, der Oktavton selbst mit seiner Obertonreihe 2 4 6 8.... ist schon in der Obertonreihe des Grundtones enthalten. Er verstärkt also nur dessen Obertöne. Ist diese Verstärkung nicht allzu auffallend, so verschwindet der Oktavton einfach in den Obertönen des Grundtones. Man hält dann das Oktavintervall nur für einen einzigen Ton, wie es bei unaufmerksamem Zuhören oder bei Unmusikalischen oft genug vorkommt. Diese Eigenschaft heißt seit STUMPF Verschmelzung. STUMPF fragte seine Versuchspersonen, wieviel Töne sie hörten, und es zeigte sich, daß die Verwechselbarkeit mit dem Einklang, also die Verschmelzung, mit fallendem Konsonanzgrad abnimmt, wobei sich sogar verschiedene Klassen entsprechend unserem harmonischen Teilungsgrad ergeben. Nehmen wir als anderes Beispiel eine große Terz 4 : 5 . Die beiden Obertonreihen der Grundtöne lauten dann: 8 12 16 20 4 und 5 10 15 20. Addiert man 4, 8 und 12 jeweils zur unteren Reihe, so erhält man die Summationstöne 9 14 19 13 18 17 22. Subtrahiert man 4, 8 , 1 2 , 1 6 von der unteren Obertonreihe, so ergeben sich die Differenztonreihen 1 6 11 16 21 2 3 7 12 17 22. 2 3 7 8 13 18 1 4 6 9 11 14 19 In diesem Fall eines komplizierten Intervalls bringen die Kombinationstöne also sehr schnell etwas über die beiden Obertonreihen Hinausgehendes hinzu: Sie füllen deren Lücken aus und unterbauen das Ganze durch die tiefsten Töne 1, 2 , . . . Es bildet sich also bei allen harmonischen Intervallen subjektiv die ganze Reihe 1, 2, 3 . . . Aus ihr ragen nur die beiden Grundtöne durch besondere Stärke hervor. Die Reihe 1, 2, 3 . . . ist aber die normale Obertonreihe eines einzelnen Tones, und die harmonischen Intervalle unterschieden sich von der Obertonreihe des Einzeltones nur durch die abweichenden Stärkeverhältnisse. Da das Ohr normalerweise in den ankommenden Klanggemischen zumeist den Grundton als stärkste Komponente empfängt,

24

I . D I E GRIECHISCHE A N T I K E

ist es zur Einheitsauffassung um so mehr geneigt, je tiefer die stärksten Teiltöne liegen. Je höher die stärksten Teiltöne liegen — und mit komplizierterem Schwingungsverhältnis rücken die stärksten Teiltöne, nämlich die Grundtöne des harmonischen Intervalls, immer höher in der Reihe 1, 2, 3 —, um so schwieriger wird es fallen, das Ganze als einen einzigen Ton aufzufassen. So läßt sich das seelische Phänomen der Verschmelzung der harmonischen Intervalle also auf die physiologisch begründete Tatsache zurückführen, daß diese Intervalle sich der Seele als ein vom Einzelton nur in den Stärkeverhältnissen abweichendes, sonst ihm gleiches Teiltongefüge präsentieren, daß diese je nach dem komplizierteren oder einfacheren Schwingungsverhältnis mehr oder weniger für einen Einzelton zu halten geneigt ist. Nun kann man im Experiment einen sehr schönen Trick anwenden: Man gibt von einem Intervall den einen Ton auf das eine Ohr, den anderen auf das andere. Bei dieser „binauralen" Verteilung der Töne erhält jedes Ohr nur einen Ton, und infolgedessen fallen die Kombinationstöne weg, während die Obertonreihen sich in jedem Ohr getrennt bilden. Es fragt sich, ob es jetzt noch Verschmelzung oder Konsonanz gibt. Nun, Verschmelzung tritt jetzt nicht mehr ein, da die Töne nunmehr auch subjektiv als disparat und getrennt in beiden Ohren erscheinen, aber ihre Konsonanz bleibt erhalten. Nach einem Zwischenstadium der Verwirrung gewöhnt man sich schnell an den neuartigen Klangeindruck und gewinnt die Orientierung wieder. Also müssen in höheren Abschnitten der Hörnervenbahn doch wieder Vergleiche zwischen beiden Ohreindrücken möglich sein. Tatsächlich treffen die beiderseitigen Hörbahnen schon in unteren Gehirnabschnitten zusammen. Aber da wir keine absolute Vergleichsmöglichkeit haben, müssen dann eben doch noch Gemeinsamkeiten der beiden Obertonreihen existieren, die den Vergleich ermöglichen. Solche sind leicht zu erkennen, es sind die gemeinsamen Obertöne beider Reihen, die vom kleinsten gemeinsamen Vielfachen an im regelmäßigen Abstand als dessen Vielfache erscheinen. In dem vorhin herangezogenen Beispiel der Oktave fällt wieder die gesamte eine Reihe in die andere, so daß hier also sogar eine begrenzte — je nach den Versuchsbedingungen und Versuchspersonen wohl auch eine volle — Verschmelzung eintreten kann. Bei der als Beispiel komplizierterer Konsonanzen betrachteten Terz dagegen ist der Oberton 20 ( = 5 • 4) der erste zusammenfallende Teilton, es folgen dann seine Obertöne, 40, 60, 80 usf. Für die Konsonanz genügt es also, wenn nur Teile des Klanges „verschmelzen", sie ist eine tiefere Ebene als die sinnlichere der Verschmelzung und bleibt noch bestehen, wenn diese nicht mehr eintritt. Betrachtet man nun die Dissonanzen, etwa den Ganzton 8 : 9 , so ist überhaupt nicht ersichtlich, warum er als stark dissonantes Intervall den Konsonanzen so diametral gegenübersteht. Denn die Reihe 1, 2, 3 . . . bildet sich bei ihm genau so wie bei den Terzen, nur liegen die stärksten „Teiltöne", die Grund-

1.

HARMONISCHE INTERVALLE

25

töne, höher, er müßte durchaus verschmelzen, wenn auch schwächer. Im binauralen Experiment sind die gemeinsamen Obertöne (ab 8 • 9 = 72) genau so vorhanden, freilich auch hier wieder erst höher. Tatsächlich verliert der Ganzton im binauralen Hören seinen dissonanten Charakter großenteils. Auch als Tonschritt ist der Ganzton ja sogar sehr melodisch (Siebenertritonus dagegen viel unmelodischer als anzunehmen), wobei freilich auch noch andere Faktoren mitspielen können. Die Dissonanz ist also nicht das Gegenteil der Konsonanz, wie es die populäre Theorie sowohl der Antike als auch späterer Zeit will, sondern eine ganz andersartige Erscheinung, die auch eine ganz verschiedene Erklärung verlangt. Da der dissonante Charakter sich im binauralen Versuch stark mildert, wenn nicht sogar verschwindet, kann es sich nur um eine Erscheinung handeln, die als Störung zweier Töne in einem Ohr auftritt (ähnlich den Kombinationstönen). Sie ist bald gefunden und schon von v. HELMHOLTZ als Ursache der Dissonanz herangezogen worden: Die räumlich auf der Basilarmembran zu enge Nachbarschaft von Tönen führt zu weiteren Störeffekten. V O N H E L M HOLTZ kannte schon die Schwebungen, STUMPF entdeckte dann noch die „Zwischentöne". Kommen sich zwei Töne sehr nahe, so bildet sich zwischen ihnen ein dritter Ton, der Zwischenton. Schon STUMPF selbst hat vermutet, daß jeder Ton eine gewisse Erregungsbreite besitzt und daß, wenn zwei Töne einander zu nahe kommen, sich die beiden Erregungszonen in der Mitte überdecken und dadurch addieren, so daß hier ein stärkerer Reiz auftritt, der eben als Zwischenton empfunden wird. Die Schwebungen sind Lautstärkeschwankungen, die vom Schwingungsunterschied der Grundtöne abhängen. Zwei Töne von 124 und 130 Schwingungen ändern ihre Lautstärke sechsmal pro Sekunde. Bei 10—20 Schwebungen nimmt das Ganze einen knatternden oder prasselnden Charakter an. Über 50 werden die Schwebungen dann so schnell, daß das Ohr ihnen nicht mehr zu folgen vermag. Da die Schwebungszahl gleich der absoluten Differenz der Primärschwingungen ist, hängt der dissonante Charakter eines Intervalls also auch noch von seiner Oktavlage ab: Ein Ganzton 80 : 90 hat 10 Schwebungen, ein Ganzton 400 : 450 (etwa g 1 zu a 1 ) schon 50, einer 2000 : 2250 dagegen 250, die nicht mehr wahrnehmbar wären. Aber da die Oktaven auf der Basilarmembran alle gleiche Flächen bedecken, so ist die Zwischentonbildung von der Oktavlage unabhängig, möglicherweise sogar in höheren Lagen gerade stärker. Besonders stark werden die dissonanten Störerscheinungen in der Nähe der harmonischen Intervalle. Nehmen wir etwa als Beispiel die verstimmte Oktav 1 : 2.1, so lauten die Obertonreihen der beiden Grundtöne 1

2

3 2.1

4

5 4.2

6 . . . 6.3

26

I.

D I E GRIECHISCHE A N T I K E

Schon in diesen Obertonreihen treten Reibungen an den Stellen 2 / 2.1, 4 / 4.2, 6 / 6.3 auf, es kollidieren alle Teiltöne des oberen Tons mit solchen des unteren. Bildet man die Summationstöne, so erhält man, wenn man 1, 2, 3, 4 der Reihe nach zur unteren Teiltonreihe addiert, die folgenden Reihen: 3.1 5.2 4.1 6.2 5.1 6.1 Subtrahiert man dagegen 1, 2, 3, 4 jeweils von der unteren Reihe, so ergeben sich die folgenden Reihen 1.1 3.2 5.3 6.4 0.1 2.2 4.3 0.9 1.2 3.3 5.4 0.2 1.9 2.3 4.4 6.5 Man erkennt, daß sich allmählich ein komplettes Obertonspektrum über dem tiefsten Ton 0.1 bildet, 0.1 ist die Differenz der ersten kollidierenden Töne 2 / 2.1. So wird hier also die Basilarmembran mit einem dichten Netz von subjektiven Kombinationstönen überdeckt, die sämtlich Störerscheinungen hervorrufen können. Nehmen wir etwa die verstimmten Oktaven 1 0 0 : 2 1 0 oder 200 : 410, so sind sie genau so dissonant wie der Ganzton 80 : 90, denn ebenso wie bei ihm belegt sich die ganze Basilarmembran mit der kompletten Reihe 10, 20, 30 . . . . , nur daß eben die Lautstärkeverhältnisse andere sind. Betrachtet man nunmehr nochmals den Ganzton 8 : 9 etwa, so kann man nach dem eben Entwickelten sagen, daß er sowohl Konsonanz wie Dissonanz enthält, die Konsonanz ist dem schon recht komplizierten Schwingungsverhält-

1.

HARMONISCHE INTERVALLE

27

nis 8 : 9 entsprechend aber schon so schwach, daß sie von den Störungen der Dissonanz überdeckt wird. Jedes Intervall würde dementsprechend Konsonanz und Dissonanz enthalten, nur eben in sehr verschiedenem Maße, wobei in der Reihenfolge der harmonischen Intervalle (s. Abb. 13) die Konsonanz mit komplizierter werdendem Schwingungsverhältnis abnimmt, die Dissonanz dagegen zunimmt, bei einfacher werdendem Schwingungsverhältnis jeweils umgekehrt. Die harmonischen Intervalle (sowohl die konsonanten als auch die dissonanten) sind aber tatsächlich von der Natur aus dadurch ausgezeichnet, daß sie benachbarte Teile der verschmelzenden Einheitsreihe 1, 2, 3 . . . . werden, während die verstimmten Intervalle ein Netzwerk feinerer dazwischentretender Töne liefern, das zu kräftigen Störungen Anlaß gibt. Das Bildungsgesetz der harmonischen Intervalle ist sehr einfach, aber auch sehr einseitig. Nur die in derselben Teilung aus einem größeren Intervall hervorgehenden zwei Tochterintervalle ergänzen sich wieder nur zu diesem, während es durch das Teilungsgesetz ausgeschlossen ist, daß Intervalle eines Teilungsvorganges in einen anderen, nicht mit ihm verwandten passen. Macht man diesen Versuch trotzdem, wie es die Antike getan hat und wie es seitdem in der gesamten Musikgeschichte immer wieder unternommen worden ist, so kommt man sofort zu lauter unerquicklichen Zusammenstößen. Den ersten bildet das besprochene syntonische Komma 80 : 81, der Unterschied des großen und kleinen Ganztons. Für die Musik ist besonders wichtig das Verhältnis der Teilintervalle zur Oktav, die nicht nur das Ursprungsintervall, sondern durch ihren vor allen anderen harmonischen Intervallen ausgezeichneten Verschmelzungsgrad das Grundintervall aller musikalischen Kulturen der Erde ist, während bei der Quinte bereits die prinzipiellen Unterschiede der einzelnen Musikkulturen anfangen. Beginnen wir bei der Quinte, so ergeben zwei Quinten eine None 9 : 4, die die Oktav um den großen Ganzton überragt, also um ein harmonisches Intervall, so daß hier noch keine Schwierigkeiten entstehen: 3. 3^ 9_ 2 ' 2_ 4 1 • 3. — 1 1 — 1 4 ' 1_ 4 ' 2_ 8 Ähnlich ergeben zwei Quarten eine kleine Septime 1 6 : 9 , die um einen großen Ganzton unter der Oktav zurückbleibt: •4 ± _ 1 6 3

3~

16 9

'

8_

9

1

Man kann auch den Versuch machen, mit Quinten bzw. Quarten die Oktave genau zu erreichen. Das ist bereits eine unlösbare Aufgabe, die zu

28

I . D I E GRIECHISCHE ANTIKE

einem zweiten Komma, dem sog. pythagoräischen, führt. Schreibt man die Reihe der Quinten auf, c g d a e h fis eis dis ais eis his, so erreicht man nach zwölf Quinten ein his, das um das pythagoräische Komma höher ist, als die siebente Oktave. Man rechnet leicht, wenn auch umständlich1 aus, daß 3 1 S

~ 2

3

3

.3

^

3

3^

_3

3

3

_3

3 _

2'

2

2

2

2

2

2

2

2'

2

2 ~ [ z J

/ 3 \

1 2

_

531441

~~

4096

und

c = 2 - 2 - 2 - 2 - 2 - 2 - 2 = 27 = 128 ist. Den Unterschied, das pythagoräische Komma, erhält man, indem man den höheren Ton his durch den tieferen c dividiert, so daß sich für das pythagoräische Komma ergibt \2/

212 ' 2 7

218

oder in Zahlen 531441 4096

. 128 —

'

531441 4096 •128

——5 3 1 4 4 1

524288

Das pythagoräische Komma ist ein winziges Intervall von der Größe eines Achteltones, ein wenig größer als das syntonische Komma. Wegen seiner fundamentalen Eigenschaft als Differenz der beiden Grundintervalle Oktav und Quint sahen es die Griechen als eine Art Urintervall an, sozusagen als melodisches Atom und versuchten durchaus logisch, es als gemeinsamen Baustein aller Intervalle zu begreifen. Diese Versuche fanden dann in der arabischen und indischen Theorie ihre Fortsetzung (s. unten)2. Es versteht sich, daß man genau so auf das pythagoräische Komma stößt, wenn man von c aus nach beiden Seiten um je sechs Quinten fortschreitet, wobei das pythagoräische Komma sich dann zwischen fis und ges ergibt: ges des a s e s b f e g d a e h fis. Ebenso ist ersichtlich, daß man mit Quarten zum selben Resultat kommt, da sie nur die Umkehrungen der Quinte sind. Die Griechen rechneten statt dessen einfacher, da ja zwei Quinten vermindert um eine Oktave ein Ganzton ist, den Unterschied von sechs Ganztönen gegen die

1

O k t a v e a u s , e t w a EUKLID, e d . C . JAN, a . a . O . S . 1 5 7 / 1 5 8 . PTOLEMXUS, e d . J . DÜRING,

GÖTEBORG 1930, S. 24, beweist in einer klassisch schönen Ableitung den Näherungswert 65 : 64. x Man hat später auch den Unterschied von dem etwas größeren pythagoräischen zum syntonischen Komma gebildet und erhält dann 531441 . 81 _

531441

524288 ' 80

524288 ' 81

_

80 _ _

32805 32768

Dieser minimale Unterschied heißt Schisma ( = Spaltung).

1.

HARMONISCHE INTERVALLE

29

Geht man nun zu den großen Terzen über, so kommt man bereits nach drei großen Terzen zu einem his*, das mit der Oktave genauer zu vergleichen ist: c e gis his*. Man erhält .. »

his* =

5 5 5 125 • • = 4 4 4 64 _

2 _

128

T _ ~6i Dieses his* ist ersichtlich um ein weniges kleiner als die Oktav, nämlich um C _

128 _ 125 _ 128 64 ' 64 ~~ 125

Während Kleinstintervalle von Achteltongröße in der späteren Theorie als Komma (von kopto, schlagen, zertrümmern) bezeichnet wurden, heißen Intervalle von etwa Vierteltongröße bei den Griechen Diesis (von dia, abgetrennt von). Dieser Terzrest ist etwas kleiner als der Viertelton und heißt kleine Diesis. Auch wenn man von kleinen Terzen ausgeht, kommt man zu einer Diesis. Vier kleine Terzen führen zu einem des, das nicht mit der Oktav übereinstimmt: c es ges bes des. Man erhält J

6 5

6 5

6 5

6 5

des = — • — • — • — = 2 1

1296 625

1250 625

Dieses des ist also höher als die Oktav, und zwar um: 1296 625

1250 625

1296 1250

648 625

Diese Intervall ist ein wenig größer als der Viertelton und heißt deshalb die große Diesis. Der Unterschied von großer und kleiner Diesis ist 648 _ 128 _ 648 125 _ 81 625 ' 125 _ 625 ' 128 _ 8 0 '

also gleich dem syntonischen Komma. Geht man von einem c in kleinen Terzen herunter, so erhält man his**

dis

fis

a

c,

wobei dieses his** um die große Diesis tiefer liegt als c, also um ein syntonisdies Komma tiefer als das his, das man beim Heraufgehen in großen Terzen erhält:

30

I . D I E GRIECHISCHE ANTIKE

,

GrT

1

,

GrT

,

1

Okt SKL JDl H H — i GrD KLT

GrT

1

1 KLT

Okt I

1 KLT

KLT

Abb. 14 Große Diesis, kleine Diesis und syntonisches Komma

Mit diesen Ableitungen stehen wir schon mitten in der Bildung chromatischer Töne. Das pythagoräische System bildet seine sämtlichen Töne aus dem reinen Quintenzirkel. Es ergibt sich so zunächst die diatonische Leiter c

=

1 h a 8 f

9 243 128 8 9 _ 27 16

9 8 9 8

9 8

J

e d c

2 27 16 3 2 3 2 4

=

_ 81 _ 64

1

Der Ganzton 9 : 8 bildet sich aus zwei Quinten, vermindert um die Oktav, die man von der Non wieder in die untere Oktav zurückgehen muß: L 2. • 1 1 — ?2 ' ' 'J ' Die große Terz e bildet sich nunmehr aus zwei großen Ganztönen. Diese pythagoräische Terz mit dem Wert 8 1 : 64 ist mithin um das syntonische Komma größer als die reine Terz, die ja nur aus einem großen und einem kleinen Ganzton besteht. Tatsächlich ist 81 . _81 64 '

64 '

80 '

Eine weitere Eigenheit des pythagoräischen Systems sind die Halbtöne. Es wird f.

e

4 • 81 — 4 64 256 — _ 3 ' 64 _ 3 ' 81 _— 243

und ebenso c

- h











~~ T ' 128 _



1

2

8

_

1 ' 243 _

2

5

6

243 '

1.

Dieser pythagoräische, gebliebene, der Rest)1.

31

HARMONISCHE INTERVALLE

diatonische

Halbton heißt Limma (— das Übrig-

Geht man von h eine Quinte heraus zum pythagoräischen fis und verlegt es wieder eine Oktav in die Originaloktave, so ergibt sich

fi

. A—

1

1

— 729

2 ~ 512 ' Der Unterschied des g zu diesem chromatischen fis muß wie bei e — f und h — c wieder das Limma sein, da wir ja bei beiden Tönen gleichmäßig um eine Quint von h — c aus in die Höhe gehen. Tatsächlich ist S

1 2 8 ' ~2 ' T

_

» '

g

_

3

~

S

" 2

128

_

. 729 _ -

2;

3

5 1 2 ~ J

512 _

256

' 729 ~

243 °

Entgegen diesem diatonischen Halbton ergibt sich der pythagoräische chromatische Halbton zwischen f und fis. Die Berechnung dieses Intervalls ergibt: £. 15

.£ _ '

729

~~ 512

. 4 _

729

' 7 ~ 5 1 2

3 _ ' 7



2187 ' 2048 '

Dieser chromatische Halbton heißt Apotome (das Abschneiden)2. Er bildet sich also, wenn wir von c sechs Quinten zu einem fis hinaufgehen, aber ebenso, wenn wir von c sechs Quinten zu ges heruntergehen, in diesem Fall also zwischen ges und g (wie vorher zwischen f und fis). Der Unterschied von fis und ges mit ihrem Zwölfquintenabstand ist aber das pythagoräische Komma.

|

Apo

'

Li

;

py^S

Li

8

Apo

IKO-

ges

Abb. 1 5 Apotome, Limma und pythagoräisches Komma

Tatsächlich ist rechnerisch 2187

. 256

2048 ' 243 ~ 1

2187

243 _

2048 ' 256

_

531441 524288 '

Definition und Berechnung etwa bei PTOLEMÄUS, ed. J. DÜRING, S. 22/23 oder bei

GAUDENTIUS, e d . C . JAN, a . a . O . , S. 3 4 2 .

Definition bei GAUDENTIUS, ed. C. JAN, a. a. O., S. 344. GAUDENTIUS gibt hier folgende, sehr bezeichnende Ausführung: „Der Rest, der bleibt, um das Limma zum Ganzton auszufüllen, heißt Apotome, gewöhnlich aber auch sie [wie das Limma] Halbton, so daß es also einen größeren [nämlich die Apotome] und einen kleineren [nämlich das Limma] gibt. Das diatonische Geschlecht benutzt nur den kleineren, das chromatische dagegen beide." Die Berechnung des Schwingungsverhältnisses hat PTOLEMÄUS an derselben Stelle wie eben.

2

32

I . D I E GRIECHISCHE A N T I K E

Das vollständige pythagoräische Aromatische System erhält man, wenn man in den fünf Ganztönen c — d, d — e, f — g, g — a, a — h die beiden Aromatischen Halbtöne einsAiebt. Es ergibt siA dann die Leiter: c

des/eis

d

es/dis

e

f

ges/fis

g

as/gis

a

b/ais

h

c.

Die SAwingungsverhältnisse der einfaAen Töne, vergliAen mit c, sind in dieser AromatisAen Leiter f

=

4 3

C

e

=

81 64

h

=

243 128

dis

=

9 8

2187 2048

ais

=

2187 27 16 ' 2048

es

=

9 8

256 _ 32 243 _ 27

b

=

27 16

d

=

9 8

a

=

27 16

eis

=

2187 2048

gis

=

3 2

2187 2048

des

=

256 243

as

=

3 2

256 _ 128 243 _ 81

c

=

1

8

=

3 2

19683 16384

_

4

S

~

~3 ' 2048

8CS

_

fi

_ 4 3

=

2187 _ _

2

256 243

59049 32768 _

16 9

6561 4096

729 512

256 _ 1024 243 _

729

Diese AromatisAe Tonleiter besitzt sieben diatonisAe Töne und zehn dazwisAengesAobene AromatisAe Töne, enthält also insgesamt siebzehn Töne, die entweder um das Limma (wie c-des, cis-d u. ä.) oder um das pythagoräisAe Komma (wie des-cis usf.) voneinander abstehen. Diese Leiter ist die Normalskala der späteren Virtuosenzeit und wurde vom Hellenismus über die spätantiken MusiksAriftsteller von der arabisAen Musiktheorie übernommen, deren berühmte, vielumstrittene siebzehnstufige Leiter im Grunde niAts anderes ist als eine Umstellung dieser pythagoräisAen AromatisAen Skala 1 . 1 Die Renaissance, die mit dem reinen Tonsystem operierte, übertrug die pythagoräische Konstruktion auf ihr eigenes System. Die Töne des, es, ges, as, b werden als Unterterzen zu f, g, b, c und d angesetzt, eis, dis, fis, gis, ais als Oberterzen zu a, h, d, e und fis. So erhält man:

33

HARMONISCHE INTERVALLE

Dieses pythagoräische chromatische System war zweifellos ein in sich vollendetes Gebilde, das alle melodisch-harmonischen Wünsche erfüllte. Aber ebenso gewiß war auch das Nebeneinander der um ein Komma verschiedenen doppelten chromatischen Töne eine im praktischen Musizieren bedeutende Erschwerung. So nimmt es nicht wunder, daß die Griechen immer wieder neue Versuche unternommen haben, um diese Unschönheit des pythagoräischen Systems auszumerzen. Weiter führt das pythagoräische System zu komplizierten Zahlenverhältnissen, so daß immer erneut versucht wird, einfachere, vor allem harmonische Intervalle einzuführen. Die normale harmonische Einteilung der Quarte im diatonischen geschlecht 9 10 8~ 9

Ton-

16 15

wird von Didymus vertreten, der damit der Begründer des reinen Tonsystems geworden ist. f

=

e

=

es

=

dis

=

d

=

des

=

eis

=

c

=

4 3 5 4 3 2 15 8 9

4 _ 5 ~~ 5 8 _

6 5 75 64

J 4 3 5 3

4 _ 16 _ 15 5 25 5 J _24

1

C

=

h

=

b

=

ais

=

a

=

as

=

gis

=

g

=

2 15 8 9 8 45 32 5 3 2 5 4 3 2

9 8 5 — ~S 225 5 4 ~~ 128

4 _ 8 5 ~¥ 25 5 4 ~~ 16

36 "25 45 fis = 32 In diesem chromatischen reinen System entstehen vier verschiedene Halbtöne: 1. Der diatonische reine Halbton h : c = c : des = 16 :15. 2. der chromatische reine Halbton c : eis = 25 : 24, das (s. oben) sogenannte

ges

kleine

Chroma,

9 15 135 3. Die Ergänzung des diatonischen Halbtons zum Ganzton des : d = —- • — = ——, 8 16 127 das sogenannte große Chroma. Es ist um das syntonische Komma größer als das kleine Chroma: ^ ^ • — = — 128 25 80 3

Husmann

34

D I E GRIECHISCHE ANTIKE

Demgegenüber hatte A R C H Y T A S , der neben P Y T H A G O R A S älteste Musiktheoretiker des klassischen Griechenland, die Einteilung 1 J? 8 7 27

vorgeschlagen, wo 8 : 7 einfacher ist als das 10 : 9 des späteren Didymus, aber die sich dabei ergebende Terz 9 : 7 wesentlich komplizierter ist als die didymische 5 : 4. Der Halbton ist dabei auf einen Drittelton 28 : 27 zurückgegangen. Der große Systematiker der griechischen Harmonik aber ist erst PTOLEMÄUS (85—160 n. Chr.), der große Geograph und Schöpfer des später nach ihm benannten Ptolemäischen Weltsystems, einer der größten Denker des Abendlandes überhaupt. Er zitiert die Teilung des A R C H Y T A S , die er diatonon toniaion, ganztöniges Diatonisches, nennt (des eröffnenden Ganztons wegen), die pythagoräische, die auch ERATOSTHENES vertrat und die er sehr charakteristisch als doppelganztönig (ditoniaion) bezeichnet, endlich auch die des Didymus, in der er aber die Ganztöne vertauscht: 10

9

16

7

6

15'

4. Die Ergänzung des chromatischen reinen Halbtons zum Grundton eis : d = 9 24 27 - • — = — . Dieses Intervall ist um das syntonische Komma größer als der diatoni8 25 25 , 25 16 80 sehe reine Halbton: — • — = — 27 15 81

c b

25 24

16 15

C1S

27

25 _ 1 128| 125 1 135 des 1 2 8

16 24 128 Der Unterschied eis : des beträgt — • — = , die kleine Diesis. 15 25 125 Bildet man (rein rechnerisch) den Unterschied der beiden oberen Intervalle, so ergibt sieh

25



25

= ^^, 625

die große Diesis.

, , , , , , t „ 16 128 2048 . T Entsprechend ergibt sich bei den untersten Intervallen — • = ,ein Interr " 15 135 2045 vall, das Diaschisma heißt. ZARLINO verwendet folgende Bezeichnungen für die von ihm verwendeten fünf Halbtöne 27 16 135 256 25

: 25 : 15 :128 : 243 : 24

semituono semituono semituono semituono semituono

massimo maggiore mezano minore minimo

(Ergänzung des chromat. Halbtons) (diaton. Halbton) (Ergänzung des diaton. Halbtons) (Limma) (chromatischer Halbton).

HARMONISCHE

INTERVALLE

35

Dieses Diatonische heißt syntonon, gespannt, streng, herb 1 . Ihm stellt er gegenüber ein weiches Diatonisches, diatonon malakon, 6 7

10 9

21 20 '

In ihm ist der untere Ganzton 8 : 7 um ein Sechstel größer als der normale Ganzton 9 : 8, und deswegen mag das Geschlecht wohl „weich" im Gegensatz zu dem „harten" mit dem engeren Ganzton 9 : 8 heißen. Diese Einteilung des P T O L E M Ä U S ist der Versuch, die irrationale „weiche" Teilung des A R I S T O X E N U S (s. unten) in rationalen Zahlenverhältnissen wiederzugeben. Endlich kennt P T O L E M Ä U S noch ein fünftes Diatonisches, das „gleichmäßige", diatonon homalon, mit den Zahlenverhältnissen 10

T

11

10

12

ii'

also die harmonische Dreiteilung der Quarte. Diese drei Intervalle — zwischen Ganzton und Dreiviertelton — sind von ziemlich gleicher Größe, die beiden äußeren 10 : 9 und 12 : 1 1 unterscheiden sich von dem mittleren 1 1 : 1 0 um weniger als einen Zehntelton. Man darf daher vermuten, daß sie nicht nur die harmonische Dreiteilung der Quarte anstreben, sondern auch eine Teilung der Quarte in drei gleich große Quartendrittel — das mittlere Intervall 11 : 1 0 ist fast genau das Quartendrittel —, also die sogenannte temperierte Dreiteilung der Quarte. Es ist kaum anzunehmen, daß P Y T H A G O R A S dies System lediglich aus ästhetischer Spielerei erfand, sondern daß er auch hier eben eine Vorlage in harmonischen Zahlenverhältnissen wiederzugeben versuchte. Man kann vermuten, daß der geborene Ägypter P T O L E M Ä U S diese temperierte Quartteilung aus Ägypten oder aus dem vorderen Orient kannte (s. unten bei Behandlung der afrikanisch-indonesischen Musikkulturen). Die chromatischen Teilungen erläutern diese Theoretiker (ebenso wie die übrigen Teilungen) an einem Quartsystem, das stets nur wie das diatonische vier Töne enthält. Anstelle von c d e f tritt im Chromatischen, im „Chroma", wie der Grieche neben „chromatikon genos" sagt, nunmehr c es e f. A R C H Y T A S schlägt vor 32 27

243 224

28 27 '

1 Hiernach ist der Unterschied der beiden in ihm vertretenen Ganztöne 9 : 8 10 : 9 als syntonisches Komma benannt. Lateinisch ist ,hart' = „durum", das gleich folgende ,weich' = „molle". ,Hart' ist am Diatonon, ,weich' am Chroma ten geblieben, — und so führt der Weg dann tatsächlich weiter zu unserem Dur Moll.

3'

und hier hafund

36

D I E GRIECHISCHE A N T I K E

Hierin ist 32 : 27 die pythagoräische kleine Terz c-es, 28 :27 derselbe Drittelton, den er auch als diatonischen Halbton benutzt, und 243 : 224 das Restintervall, das freilich weit größer als ein Halbton ist, beinahe ein Dreiviertelton. E R A T O S T H E N E S benutzt ebenso wie D I D Y M U S und P T O L E M Ä U S die harmonische kleine Terz 6 : 5. Dabei schlägt E R A T O S T H E N E S vor: 6 5

19 18

20 19 '

Die ist eine ideale Lösung, vom Standpunkt der harmonischen Teilung aus betrachtet: harmonische Kleinterz 6 : 5 und der restliche harmonische kleine Ganzton 10 : 9 harmonisch in zwei Halbtöne unterteilt. D I D Y M U S behält auch im Chroma den diatonischen Halbton 16 : 1 5 bei und erhält so die Berechnung 6 5

25 24

16 15'

Hierin ist der Halbton 25 : 24 erheblich zu klein, noch etwas kleiner als ein Dreiachtelton1. Auch im Chroma unterscheidet P T O L E M Ä U S ein hartes (syntonon) und ein weiches (malakon). Das weiche Chroma benutzt ebenso wie die Teilungen des E R A T O S T H E N O S und D I D Y M O S die harmonische Kleinterz: 6

15

28

5

14

27 '

In dieser Teilung tritt der merkwürdige Drittelton des A R C H Y T A S auf, und die Teilung läßt sich geradezu als eine Verbesserung derjenigen des A R C H Y T A S auffassen. Das harte Chroma unterscheidet sich vom weichen wieder hauptsächlich durch das kleinere Anfangsintervall: 7

12

22

~6 11 21' Beide Chromata des P T O L E M Ä U S sind anscheinend wieder Annäherungen an temperierte Skalen des A R I S T O X E N O S . In Verfolgung der in der Chromatik eingeschlagenen Richtung haben die Griechen ein drittes Tongeschlecht konstruiert, das die beiden Halbtöne des chromatischen Geschlechts auf zwei Vierteltöne zusammenzieht, die kleine Terz infolgedessen auf eine große ausdehnt. Dieses enharmonische Tongeschlecht haben die Griechen sogar als das älteste angesehen, aber es scheint, als ob die Ausgestaltung, in der es vorliegt, nach Analogie des chromatischen Tongeschlechts zurechtgerückt ist und daher eine zweite, jüngere Fassung darstellt. 1 Da 2 5 : 2 4 also hier das charakteristische Intervall des chromatischen Tongeschlechts ist, hat man ihm später direkt den Namen „Chroma" gegeben, und zwar den des kleinen Chromas, das sog. große Chroma 135 : 1 2 8 ist überhaupt erst späteren Datums (s. oben).

H A R M O N I S C H E INTERVALLE

37

Als Bezeichnung findet sich neben enharmonion genos und harmonikon genos auch das Substantiv harmonia, anscheinend die älteste Form — das würde ebenfalls dafür sprechen, daß die alte „Harmonie" eben „enharmonisch" war. Die Vierteltöne heißen (s. oben) Diesis, die Zusammenfassung der beiden Vierteltöne „pyknon" ( = „Gedränge", nämlich der drei eng benachbart liegenden Töne). Es ist merkwürdig, daß das pythagoräische System demgegenüber ursprünglich rein diatonisch war und später zwar chromatisch ausgebaut wurde, dies aber in einer Zeit, in der das enharmonische Geschlecht bereits aus der Übung gekommen war, so daß es niemals eine enharmonische Form besessen hat. Man muß also annehmen, daß das pythagoräische System aus einer anderen Gegend stammt als der, aus der die Enharmonik kommt. Da die älteste Enharmonik (s. unten) aus Kleinasien und vielleicht darüber hinaus aus Syrien bzw. Phönikien stammt, ist die alte Annahme, daß P Y T H A G O R A S sein Wissen aus Ägypten erwarb, durchaus wahrscheinlich. Freilich ERATOSTHENOS, der im Diatonon die pythagoräische Messung übernimmt, im Chroma allerdings bereits eine Teilung gerade aus lauter harmonischen Intervallen bringt, benutzt für das Enarmonion eine auf den ersten Blick ganz andersartige Zusammensetzung, die sich bei näherer Analyse aber doch als quasi-pythagoräisch darstellt: 19 15

39 38

40 39

Hier ist das Gesamtintervall des Pyknons, 2 0 : 1 9 , zwar harmonisch zu 40 : 39 : 38 geteilt. Aber die merkwürdige große Terz 19 : 15 ist nichts anderes als eine Annäherung an die pythagoräische Terz 8 1 : 64. Dabei ist diese Annäherung erstaunlich genau, die Differenz beider Verhältnisse beträgt kaum mehr als ein Tausendstel 1 . Während A R C H Y T A S im Diatonon die merkwürdige Terz 9 : 7 benutzte ,verwendet er im Enarmonion die reine Terz 5 : 4 : 5 4

36 35

28 27 '

Der Halbton ist nicht harmonisch geteilt, sondern so, daß sich wieder das Dritteltonintervall 28 : 27 ergibt. A R C H Y T A S benutzt diesen Drittelton also als Viertelton (im Enarmonion) und als Halbton (in Chroma und Diatonon), eine, wenn auch merkwürdige, so doch interessante Konstruktion. D I D Y M U S verwendet die reine Terz 5 : 4 und teilt den diatonischen Halbton 16 : 1 5 harmonisch in 32 : 31 : 30:

5 4 . ^ 81 64

ist — =

1215 19 , —= 960 15

1216 960

31 30

32 31

die Differenz also — 960

38

D I E GRIECHISCHE A N T I K E

PTOLEMÄUS

endlich benutzt eine unsymmetrische Teilung des diatonischen

Halbtons: 5 4

24 H

46 45'

bei der der größere „Viertelton" (der Dreiachtelton 24 : 23) fast doppelt so groß ist wie der kleinere (kaum mehr als ein Sechstelton). Alle diese verschiedenen Berechnungen sind gewiß rein mathematische Berechnungen, aber die große Breite der für ein Intervall angenommenen Möglichkeiten läßt doch wohl darauf schließen, daß die Praxis eben auch bereits — ganz im Gegensatz zu unseren Gewohnheiten — eine gewisse Spannweite der Intonation beließ, die es dem Ausführenden gestattete, dem Charakter des Stückes, der Tonart usw. gemäß auch das Intervall zu modifizieren. 2. DIE TEMPERATUR DES ARISTOXENOS A R I S T O X E N O S VON T A R E N T (um 350 v. Chr.) war Schüler des A R I S T O T E L E S und in seiner Scharfsinnigkeit und Präzision die beherrschende Persönlichkeit der klassischen griechischen Musiktheorie 1 . Sein ganzes Forschen geht aus von den tatsächlichen Verhältnissen, und aus der Analyse der Sachlage gewinnt er seine Anschauung, alles offensichtlich der Einfluß der strengen Schule philosophischen Denkens, die er durchgemacht hat. Dabei betrachtet er alles von der subjektiven Seite aus, er studiert die seelischen Erscheinungen und bringt sie in ein logisches und vollständiges System. Man kann geradezu sagen, daß er ein wahrer „Phänomenologe" ist und damit der Begründer der „phänomenologischen Psychologie". Diese Einstellung bedingt, daß er das „psychophysische Problem", den Zusammenhang der seelischen Erscheinungen mit den objektiven Reizen und ihre Bedingtheit durch diese, ganz außer acht läßt. Infolgedessen befaßt er sich — wenigstens in den uns überkommenen, leider sehr fragmentarischen Teilen seiner Werke — überhaupt nicht mit den objektiven Saitenlängen und Schwingungsverhältnissen, sondern beschränkt sich auf die Behandlung der subjektiven Tonschritte oder gefühlsmäßigen Intervallgrößen. Hierbei geht er aus von den Konsonanzen. Konsonanz und Dissonanz sind für ihn — wie für die gesamte griechische Musiktheorie — gegebene Erscheinungen, über die man nicht weiter nachzudenken braucht. Konsonante Intervalle (Symphonien) sind für ihn Quinte, Quarte und die daraus zusammengesetzte Oktave, alle anderen Intervalle sind Dissonanzen (Paraphonien).

Ausgaben seiner Werke sind oft veranstaltet worden; für den Deutschen immer noch am bequemsten und übersichtlichsten die Ausgabe von P. MARQUARD, Berlin 1868, mit danebenstehender deutscher Übersetzung; die neueste Ausgabe von R. DA RIOS, Rom 1954, mit folgender ital. Ubersetzung; zitiert wird nach den auch in allen neueren Ausgaben angegebenen Seitenzahlen der klassischen Ausgabe von M. MEIBOM, Antiquae musicae auctores Septem, graece et latine, Amsterdam 1652.

1

D I E T E M P E R A T U R DES A R I S T O X E N O S

39

Für die Bestimmung der subjektiven Intervallgrößen gibt es also bereits eine erste „Grundgleichung" Quinte plus Quarte =

Oktave 1 .

Die nächste Festsetzung ist die des Ganztons als Differenz von Quinte und Quarte: Quinte minus Quarte = Ganzton 2 . Darauf folgt sofort die weitere Definition: Quarte = 2s Ganztöne 3 4 . Bs gibt bei ARISTOXENOS also nur einen einzigen Ganzton, aus dem Quart und Quint und damit auch die Oktave bestehen. Da die Quarte bei A R I S T O X E N O S Die harmonischen Fragmente des ARISTOXENOS bestehen aus zwei Teilen, deren zweiter eigentlich nur eine erweiterte Ausarbeitung des ersten ist. In den Handschriften werden sie als erstes bis drittes Kapitel einer und derselben Schrift angesehen. Die moderne philologische Wissenschaft bezweifelt nicht nur dies, sondern sogar, daß beide Teile von ARISTOXENOS selbst herrühren. Tatsächlich könnte Kap. 1 eine kurzgefaßte Schrift des ARISTOXENOS, Teil 2 (Kap. 2/3) der Kommentar eines anderen dazu sein. Ich selbst glaube, daß das Durcheinander der Titel in den Handschriften (entweder „vor den Elementen" oder „Elemente" „der Harmonik") darauf hindeutet, daß der 1. Teil das „Buch vor den Elementen der Harmonik", also die die Probleme kurz enwickelnde Einleitung, der 2. Teil das „1. und 2. Buch der Elemente der Harmonik" ist. Da aber der 2. Teil also jedenfalls unsicher ist, scheint es mir nötig, alle Behauptungen über die harmonischen Entwicklungen des ARISTOXENOS möglichst auch aus dem 1. Teil zu beweisen. Ich bezeichne im folgenden die Teile als „Einl." und „1./2. Buch". Im vorliegenden Fall spricht die Einleitung nur von Quarten und Quinten, das 1. Buch dagegen defiiniert, MEIBOM S. 4 5 , Z. 1 5 ff. die Zusammensetzung der Oktav aus Quint und Quart. 2 MEIB. Einl. S. 21, Z. 23 ff., 1. Buch S. 45, Z. 33 - S. 46, Z. 1. 3 Einl. S. 24, Z. 8 und 1. Buch, S. 46, Z. 1. 4 Es ist angenommen worden (so schon ZARLINO), daß ARISTOXENOS selbst mit den üblichen Zahlenverhältnissen rechnete und erst seine Nachfolger die äquidistante Oktavverteilung in 144 Teile (s. unten) erfunden haben. So richtig das letzte sein mag, so unwahrscheinlich ist das erste. Denn daß ARISTOXENOS tatsächlich den Halbton als Hälfte des Ganztons ansah, geht auch aus PTOLEMÄUS hervor, der, um ARISTOXENOS ZU widerlegen, die Hälfte des Ganztons ausrechnet, ed. I . DÜRING S. 2 1 ff., — wobei er freilich den Ganzton 9 : 8 zugrunde legt und damit ARISTOXENOS tatsächlich widerlegt, im Falle dieser wirklich die Grundintervalle durch Zahlenverhältnisse definierte, was dieser aber eben wohl nicht getan haben dürfte (in den überlieferten Teilen findet sich nichts diesbezügliches). Was aus ARISTOXENOS selbst hervorgeht, ist, daß er tatsächlich temperiert verfährt. Etwa (MEIB. S. 51) im ganztönigen Chroma (s. unten) rechnet er mit zwei einzelnen Halbtönen und dem aus drei Halbtöne bestehenden Restintervall und MEIB. S. 57 sagt er weiter noch ausdrücklich, daß die Quarte aus fünf Halbtönen besteht, wobei weitere zwei gleiche (!) Halbtöne den Ganzton bilden, der die Quarte zur Quinte ergänzt. Davon, daß diese Halbtöne untereinander verschieden wären, steht nicht das geringste da, und daß das Limma nicht die Hälfte des Ganztons ist, dürfte er nicht nur gewußt haben, sondern dieses Wissen dürfte gerade der Grund sein, weshalb er eben stets „Halbton" und nie „Limma" sagt.

1

40

D I E GRIECHISCHE A N T I K E

also aus 2 | Ganztönen besteht, die Quinte aus Quarte plus 1 Ganzton, also aus 3g Ganztönen, die Oktave sich aus Quinte plus Quarte zusammensetzt, besteht sie mithin aus 6 Ganztönen. Dies ist der am meisten in die Augen fallende Unterschied zwischen pythagoräischer und aristoxenischer Theorie: P Y T H A G O R A S definiert den Ganzton als harmonisches Schwingungsverhältnis; das hat zur Folge, daß die Oktave um das pythagoräische Komma kleiner ist als sechs Ganztöne. A R I S T O X E N O S definiert den Ganzton als Oktavsechstel, so daß die Oktave genau sechs Ganztöne enthält. Danach ist es leicht, die späteren Theoretiker und Nachfolger des einen oder des anderen zu ordnen: Die Fortsetzer des P Y T H A G O R A S sind der Mathematiker E U K L I D und der Geograph und Mathematiker P T O L E M Ä U S , der die Aristoxeniker scharf angreift, weiter N I K O M A C H U S mit Berufung auf den alten Pythagoräer P H I L O L A O S 1 . A R I S T O X E N O S findet Nachfolge in K L E O N I D E S 2 , B A K C H I U S 3 und G A U D E N T I U S 4 . Nachdem A R I S T O X E N O S Oktav und Ganzton als Summe bzw. Differenz der „ersten Konsonanzen" Quinte und Quarte erhalten hat, teilt er nunmehr den Ganzton, um mittels seiner Teile die verschiedenen Tongeschlechter aufbauen zu können. Dabei nimmt er drei verschiedene Unterteilungen vor: die Hälfte des Ganztons, genannt hemitonion, Halbton; das Drittel des Ganztons, genannt „kleinste chromatische Diesis"; das Viertel des Ganztons, genannt „kleinste enharmonische Diesis" 5 . Aus diesen Elementen entstehen bei A R I S T O X E N O S nun sechs verschiedene Tongeschlechter6. Bezeichnen wir mit D die Diesis, mit Ht den Halbton, mit Gt den Ganzton, so setzen sie sich folgendermaßen zusammen: das enharmonische Tongeschlecht benutzt die Teilungen: 2Gt

D

D;

das weiche Chroma verwendet die Gliederung: 3Ht+jGt

- j Gt

y Gt;

das hemiolische (anderthalbfache) Chroma teilt folgendermaßen: 3Ht + D 1

1JD

1|D;

Ed. C. JAN, a. a. O., S. 2 6 3 / 2 6 4 ; hier verurteilt NIKOMACHUS die „ N e u e r e n " , die die

Oktave genau gleich sechs Ganztönen setzen. 2 Ed. C. JAN, a. a. O., S. 194. 3 Ed. C . JAN, a. a. O . , S. 294. 4 Ed. C. JAN, a. a. O., S. 339. Doch teilt er auch die pythagoräische Theorie S. 342 ff. mit. 6 Einl. MEIB. S. 21, 1. Buch S. 46. 6 Einl. S. 22 ff., 2. Buch S. 60 ff.

D I E T E M P E R A T U R DES A R I S T O X E N O S

41

es heißt so, wie man sieht, weil seine Diesen das anderthalbfache der enharmonischen Diesis sind; das toniäische (ganztönige) Chroma verwendet die Teilung: Ht; 3Ht Ht das weiche Diatonon teilt: 5D 3D Ht; das harte dagegen: Ht. Gt Gt Dies ist genau die Form, in welcher A R I S T O X E N O S die Sache behandelt: Er kennt Gaazton, Halbton und Viertelton als Einheiten und drückt die dazwischen liegenden chromatischen Diesen als Drittel des Ganztons oder Anderthalbfaches des Vierteltons aus. Erst seine Nachfolger haben diese Berechnungen dadurch vereinfacht, daß sie die kleinste Differenz, die zwischen zwei Intervallen vorkommt, gesucht und zur Grundeinheit des Systems gemacht haben. Schon antike Schriftsteller legen diesen Schritt A R I S T O X E N O S selbst zu, aber in den auf uns gekommenen Teilen seiner Schriften findet sich nichts davon, und bei der systematischen Art des Denkens und Darstellens von A R I S T O X E N O S ist nicht anzunehmen, daß er dies an einer anderen Stelle als hier, wo es hingehörte, erläutert hätte. PTOLEMÄUS freilich berichtet uns, daß A R I S T O X E N O S die Quarte = 30 gesetzt habe (die Oktave also = 72) 2 . Da man hier aber immer noch mit halben Einheiten rechnen muß, hat man endlich den Ganzton = 24 kleine Einheiten gesetzt. Es wird die enharmonische Diesis dann gleich 6 solcher Einheiten, die chromatische gleich 8, der Halbton gleich 12. Die Quart enthält dann 60 Einheiten, die Quinte 84, die Oktave 144. Der Aufbau der Tongeschlechter wird in diesen Einheiten: Enharmonion 48 6 6 44 8 8 weiches Chroma 42 9 9 hemiolisches Chroma 36 12 12 ganztöniges Chroma 30 18 12 weiches Diatonon 24 24 12. hartes Diatonon Dieses Tonsystem des ARISTOXENOS enthält zwei Ideen, die für die Weltgeschichte der Musik von großer, zum Teil entscheidender Bedeutung geworden sind. Einmal stellt die Teilung der Oktave in sechs Ganztönen und damit in zwölf Halbtöne, da er ja den Ganzton in zwei gleiche Halbtöne teilt, nichts anderes dar als die moderne, angeblich gegen 1700 erfundene, „zwölftönige gleichschwebende Temperatur". Man weiß, daß man die zwölftönige Temperatur in China bereits im Mittelalter kannte. So hat man geglaubt, daß sie — unabhängig voneinander — an zwei verschiedenen Stellen der Erde erfunden worden ist, im Mittelalter in China, im 17. Jahrhundert in Deutschland. Aber der 2

E d . I . DÜRING, S . 6 9 .

42

D I E GRIECHISCHE A N T I K E

hellenistische Einfluß läßt sich in großen Teilen Asiens nachweisen — über die arabische Fassung der griechischen Musiktheorie siehe unten —, so daß es mir nicht zweifelhaft erscheint, daß die chinesische Temperierung nur das Weiterleben des aristoxenischen Musiksystems ist. Ebenso geht Werckmeister auf A R I S T O X E N O S zurück — über M E R S E N N E , der die zu seiner Zeit übliche Temperatur direkt als Fortsetzung des ARISTOXENOS bezeichnet1, und die italienischen Theoretiker der Renaissance (etwa Z A R L I N O 2 ) , die sowohl A R I S T O X E N O S als gleichschwebend interpretieren wie auch die temperierte Stimmung ihrer Zeit genau erläutern. Die zweite, mit der ersten verbundene Idee des A R I S T O X E N O S , die von prinzipieller Bedeutung war, bestand in seiner Methode, alle Intervalle als Vielfache von Grundeinheiten, in seinem Fall Ganzton, Halbton, Viertelton, auszudrücken. Da Halbton und Viertelton ja auch Unterteilungen des Ganztons sind, benutzt er im Grunde also nur den Ganzton als Grundeinheit, mit der er die Größe der andern Intervalle mißt. Wenn man das konsequent bis ans Ende durchführt, so hätte man das System des ARISTOXENOS SO ZU schreiben: Enharmonion

Gt

2

weiches Chroma

Gt+jGt

hemiolisches Chroma

Gt

ganztöniges Chroma weiches Diatonon hartes Diatonon

Gt 5 4

Gt Gt

L L 3 3

J

Gt

L 4

G T

J

E

Gt Gt

1

1. Gt 3 4

Gt

F E I

E

Gt

Was zunächst den Begriff der Temperierung selbst betrifft, so setzt er offensichtlich voraus, daß es vorher bereits etwas gibt, was noch nicht tempeMERSENNE beschreibt S. 171 des „Traité des consonances et dissonances", einer Abteilung seiner „Harmonie universelle" 1636, genau die gleichschwebende Temperatur und gibt S. 132 auch eine mathematisch exakte Tabelle der dazu nötigen Saitenteilungen. S. 145 sagt er explizit, daß diejenigen, die alle Halbtöne und Diësen gleichmachen, „suivent le party des Aristoxéniens", und, wenn er selbst auch die harmonischen Intervalle vorzöge, es doch jedem freistünde, „de suivre Aristoxène". 2 ZARLINO erläutert in den „Sopplimenti musicali" von 1588 etwa S. 163 (Kap. 4) die Temperatur des ARISTOXENOS, wobei er ebenfalls die Oktave 144 ansetzt. Sodann werden S. 208 ff. drei verschiedene Methoden beschrieben, wie man die Oktave auf der Laute in zwölf gleiche Teile teilen kann. Freilich glaubt ZARLINO, daß die gleichschwebende Temperatur die Auffassung der Nachfolger des ARISTOXENOS sei, daß jener selbst Quint und Quart in den pythagoräischen Schwingungsverhältnissen angesetzt habe (und daß er dies nur deshalb nicht gesagt habe, weil diese Proportionen jedem bekannt gewesen seien!). 1

D I E T E M P E R A T U R DES ARISTOXENOS

43

riert ist, dann aber eben „temperiert", „gemäßigt", „ausgeglichen" wird. Bei der sechsstufigen Temperatur des ARISTOXENOS scheint die Sachlage ganz klar: Vor ihm bereits bestand die sehr viel ältere Ganztonberechnung der Pythagoräer, in der die sechs Ganztöne die Oktave um ein winziges Intervall übertreffen. Wenn man dieses Intervall, das zuviel ist, auf die sechs Ganztöne verteilt und sie insgesamt darum verkleinert, so sind das Resultat sechs ein wenig kleinere Ganztöne, die nunmehr zusammen genau gleich der Oktave sind. Um das zu erreichen, muß man jeden Ganzton um ein Sechstel des zu verteilenden Intervalls kleiner machen. Dies ist der Vorgang des Ausgleichens. Er ist im vorliegenden Fall besonders einfach, da ja alle sechs vorhandenen Intervalle schon einander gleich sind, der zu verteilende Rest von allen also gleichmäßig abgezogen werden muß. Man kann sich die Sache aber auch anders vorstellen. Nimmt man einmal an, man habe eine ungleichmäßige Leiter vor sich, also etwa eine Oktavteilung mit harmonischen Intervallen, etwa in der Form _9 10 16 10 _9 16 8

9

15

9

9

8

15'

Hier haben wir zwei verschiedene Ganztöne vor uns und einen Halbton, der keineswegs die Hälfte eines der beiden Ganztöne ist, also drei verschiedene Grundintervalle. Der Vorgang des Temperierens ist hier jetzt ganz anders. Es gibt hier keinen überstehenden Rest der fünf Ganztöne plus zwei Halbtöne über die Oktave hinaus, sondern die Intervalle füllen die Oktave genau aus. Der Vorgang des Temperierens besteht hier darin, die Unterschiede der verschiedenen Intervalle gegeneinander so auszugleichen, daß sie alle gleich werden. Zu dem Zweck sind die zu großen Intervalle 9 : 8 und 16 : 1 5 zu verkleinern, der Ganzton 1 0 : 9 dagegen zu vergrößern. Auch dies mag durchaus in den Gedankengängen des ARISTOXENOS gelegen haben, denn sicher kannte er zumindest die Schriften seines um ein oder zwei Menschenalter älteren Landsmannes ARCHYTAS VON T A R E N T , dessen nichttemperierte Intervallberechnungen oben auseinandergesetzt wurden. Die harmonischen Intervalle haben eine natürliche Entstehung: Sie sind die ausgezeichneten Intervalle, die in unserem Ohr ohne Störungen übertragen und von der Seele in begrenztem Maße sogar als Einklang empfunden werden. Es fragt sich, ob es für die temperierten Intervalle auch eine, naturgemäß ganz andersartige, natürliche Basis gibt. Sie läßt sich tatsächlich finden. In unserem Ohr werden die verschiedenen Schwingungen ja nebeneinander auf die lange, sich durch drei Schneckenwindungen hinziehende Basilarmembran projiziert. Die Oktaven sind dabei (s. oben) gleich lang. Das heißt weiter, daß auch alle Intervalle in den verschiedenen Oktaven gleich lange Erregungsflächen bzw. gleich weit voneinander abstehende Erregungspunkte besitzen. Das ist bei den objektiven Schwingungen ganz anders. Die Anzahl der in einer Oktave enthaltenen Schwingungen verdoppelt sich von Oktave zu Oktave, während

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in der Oktave 400 : 200 zweihundert (ganzzahlige) Schwingungen enthalten sind, finden sich in der Oktave 800 : 400 bereits vierhundert, in der Oktave 1600 : 800 achthundert usf. Ebenso liegen in der großen Terz 250 : 200 (5 : 4) fünfzig (ganzzahlige) Schwingungen, in der großen Terz 500 : 400 dagegen hundert, in der großen Terz 1000 : 800 bereits zweihundert usw. Nimmt man in diesen Zahlen die gemeinsamen Teiler heraus, so erhält man, wenn man im Falle der Oktaven wie der Terzen wie der Schwingungszahlen selbst um 200 kürzt, die Verhältnisse: 1, 2, 4, usf. Wenn man sich an die Definition der Potenzen 1 erinnert, so kann man dafür setzen 2°, 21, 22, usf. Demgegenüber liegen die Oktavpunkte, wenn man den tiefsten als Null bezeichnet und ihren stets gleichen Abstand als Eins, an den folgenden Stellen der Basilarmembran: 0, 1, 2, usf. Die Punkte verhalten sich also auf der Basilarmembran wie die Exponenten = Logarithmen der objektiven Schwingungszahlen, so daß also die Schwingungszahlen auf der Basilarmembran logarithmisch abgebildet werden. Daher entsprechen gleichen objektiven Schwingungszahl-Verhältnissen subjektiv gleiche Basilarmembranentfernungs-Differenzen. Beim Temperieren haben wir ein Intervall, vorzugsweise die Oktave, in gleiche Teile zu teilen. Hier kommt das Gegenteil des Potenzierens, das Wurzelziehen, in Betracht2. Teilt man die Oktave in sechs gleiche Teile, so muß man das Schwingungsverhältnis dieses Ganztons sechsmal mit sich selbst Der Exponent gibt an, wie oft die Basis mit sich selbst multipliziert werden muß: 2 3 bedeutet 2 • 2 • 2. Man definiert 2° = 1, weil damit viele Rechenregeln der Potenzen auch für den Exponenten Null gelten. Exponent und Logarithmus ist dasselbe. 3_ 1

2

Es bedeutet j/'8 = 2, daß man die 3. Wurzel aus 8, nämlich 2, dreimal mit sich

selbst multiplizieren muß, um 8 zu erhalten. 3

3

3

|/8 • j/8 • |/8 = 8, denn es ist ja

2 - 2 - 2 = 8,

entsprechend 4 j/ 81 = 3, daß: 4

da ja

4

4

4

j/81 • j/81 • Y&i • \/&l = 81, 3 - 3 - 3 - 3 = 81.

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multiplizieren, um das Schwingungsverhältnis 2 : 1 = 2 der Oktave zu erhalten, es beträgt mithin 6 6 Im Subjektiven entspricht demgegenüber — etwa wenn wir eine Doppeloktave in zwei gleiche Oktaven teilen wollen — das Dividieren: Wir teilen die Doppeloktave in zwei gleiche Oktavstrecken. Wurzelziehen und Dividieren stehen auch wieder ebenso wie Potenzieren und Multiplizieren in logarithmischem Verhältnis. Die objektiven Schwingungsverhältnisse temperierter Intervalle erhält man also durch Wurzelziehen. Wie für den Ganzton 6. Wurzeln zu ziehen sind, geht über elementare mathematische Methoden hinaus. Statt dessen nimmt man den Logarithmus, in unserm Fall log 2 = 0.30103. Statt Wurzel zu ziehen, dividiert man nun, in unserem Fall der Sechsteilung der Oktav 2 : 1 also durch 6: 6

0.050171.

Sucht man nun wieder rückwärtz die Zahl, zu der 0.050171 als Logarithmus gehört, so erhält man 6

)/2 = 1.1225. Dieser mathematische Vorgang entspricht damit dem Bilden temperierter Teilintervalle, wie es die Seele vornimmt. Die Fundamentalfrage der Theorie der temperierten Intervalle ist, wie die Seele das macht. Für diese Frage fand C A R L S T U M P F , der das ganze Problem zum ersten Mal erkannte, die klassischschöne Formulierung 1 : „Wie konnte man ohne Wurzelziehen und Logarithmenrechnung zu solchen Leitern gelangen?" S T U M P F konnte sich noch keine Lösung dieses Problems vorstellen und vermutete deswegen, daß eben doch auch hier die Konsonanz dahinterstecken müsse. Inzwischen aber hat die medizinische Wissenschaft uns die erforderlichen Tatsachen aufgewiesen: die logarithmische Reduzierung der multiplikativen Schwingungsverhältnisse im Objektiven auf das rein additive Fortschreiten der Erregungsstellen auf der Basilarmembran im Subjektiven. Damit ist die Frage zurückgeführt auf die andere: Kann die Seele Abstände auf der Basilarmembran in gleiche Abstände teilen und umgekehrt Abstände verdoppeln, verdreifachen usw.? Nun, das Ohr ist aus der Haut entstanden, sowohl in der langsamen Entwicklung im Tierreich wie in der embryonalen Entwicklung jedes einzelnen 1

Siehe Musik der Siamesen, a. a. O. (s. unten), S. 141.

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noch heute. Die Frage ist also noch wieder um einen Schritt weiter zurückzuführen und lautet dann noch allgemeiner: Kann die menschliche Seele Abstände auf der Haut schätzen, in gleiche Teile teilen und vervielfachen? Dies ist nichts anderes als eine der Hauptfragen der Psychologie des Tastsinnes. Die Experimentalpsychologie hat gezeigt, daß der Tastsinn tatsächlich solche Aufgaben zu lösen vermag. Die hier vertretene Lösung des Temperaturproblems wirft zugleich Licht auf eine weitere, noch umfangreichere, ja überhaupt die vielleicht grundsächlichste aller Fragen, die nach dem Zusammenhang von Körper und Seele. Sie ist von der Psychologie behandelt worden in einer weisen Begrenzung auf ein anderes Problem, das der Beziehung zwischen der subjektiven Stärke einer Empfindung einerseits und der objektiven Stärke des sie auslösenden Reizes andererseits. Man fand einen logarithmischen Zusammenhang unter normalen Bedingungen auf allen Sinnesgebieten gut bestätigt, und so lautet dieses 1834 von E. H. W E B E R gefundene und von G. T H . FECHNER 1 8 5 0 mathematisch genauer formulierte Gesetz im Grundgedanken: Empfindungsstärke = Logarithmus der Reizstärke. In dieser logarithmischen Beziehung glaubte man, eine Beziehung zwischen Körper und Seele gefunden zu haben, und sah daher in ihr das „psychophysische Grundgesetz". Aber unsere Überlegungen zeigen, daß auf dem Gebiet der logarithmischen Schwingungsumsetzung die logarithmische Transposition noch ganz im körperlichen Bereich vor sich geht, so daß für die Uberführung Körper-Seele eine reine Beziehung 1 : 1 oder ähnlich einfach übrigbleibt. Man darf vermuten, daß auch die Umsetzung der Schallstärke in die Stärke der Flüssigkeitsbewegung im Innenohr bereits — als nichtlineare Übertragung (s. oben) — diese logarithmische Umsetzung vornimmt und die weitere Überführung in Nerven und Seele sich ebenfalls nur linear vollzieht. Das WeberFechnersche Gesetz wäre also nur die spezielle Formulierung des allgemeinen Gesetzes der nichtlinearen Übertragung. Die mit der allgemeinen Idee der Temperatur zusammenhängende spezielle Methode des A R I S T O X E N O S , Intervalle eines Harmoniesystems als Vielfache eines Grundintervalls, in diesem Fall des Ganztons, auszudrücken, erwies sich in der Folgezeit als außerordentlich fruchtbar. Das ist verständlich, denn diese Bestimmungsmethode ist ja der adäquate Ausdrude der im Subjektiven vorliegenden Streckenverhältnisse so, wie die Berechnung mit Schwingungsverhältnissen den objektiven physikalischen Verhältnissen angemessen ist. So wie wir im subjektiven melodischen Erleben Ton an Ton reihen und die Terz aus zwei Ganztönen zusammensetzen und nach einem weiteren halben Schritt die Quarte erreichen, so setzen wir subjektiv eben alles additiv nach Art der Streckenmessung zusammen, und so wie wir in der optischen Streckenmessung

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eine Einheit eingeführt haben, das Meter mit seinen Vielfachen wie mit seinen Unterteilungen, so ist es auch bei der akustischen Intervallmessung einzig praktisch, eine Grundeinheit zu definieren, mit der sich alles messen läßt. Von der W a h l der Einheit hängt naturgemäß weitgehend die Bequemlichkeit der Handhabung des Systems ab. Prinzipiell am richtigsten wäre die W a h l der Oktave als Einheit, denn die Oktave ist das einzige Intervall, welches allen melodischen Systemen der Erde gemeinsam ist. Aber das wäre das Unangemessenste überhaupt, denn es sollen ja gerade die Unterteilungen der Oktave in Zahlen ausgedrückt werden. Wählt man die Oktave = 1, so hat man überhaupt nur mit Brüchen zu rechnen. Auch der Ganzton, den A R I S T O X E N O S wählte, ist noch zu unbequem; das zeigen die oben angegebenen Tabellen seiner Systementwicklungen deutlich. So ist die moderne Wissenschaft dazu übergegangen, den temperierten Halbton als Einheit zu wählen; er ist zwar nur für die europäische Musikkultur charakteristisch, aber besonders anschaulich, da er einmal das kleinste Intervall unserer normalen Leitern ist, weiter wir uns schon im täglichen Denken die Intervalle weitgehend als aus Halbtönen aufgebaut vorstellen. Setzen wir also den Halbton gleich 1, so erhalten die zwölf Intervalle der zwölf stufig temperierten Oktave folgende W e r t e : 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2

Oktave große Septime kleine Septime große Sexte kleine Sexte Quinte Tritonus Quarte große Terz kleine Terz Ganzton Halbton

1

Einklang

0

Nehmen wir nochmals des A R I S T O X E N O S eigenes System vor, so sind die Größen der Intervalle seiner Tongeschlechter, in Halbtönen ausgedrückt, folgende: Enharmonion

4

0.5

0.5 Ht

weiches Chroma

3.67

0.67

hemiolisches Chroma ganztöniges Chroma

3.5 3

0.67 0.75 1

1

weiches Diatonon

2.5

1.5

1

hartes Diatonon

2

2

1

0.75

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D I E GRIECHISCHE A N T I K E

Dagegen werden alle auf harmonischen Intervallen basierte Systeme komplizierte Brüche, aber eben mit dem Vorteil, daß wir auch die Größe der Bruchteile als Teile des Halbtons uns genau vorstellen können. Zunächst folge eine Zusammenstellung der harmonischen Intervalle, ausgedrückt in Teilen des Halbtons1 bis auf 4 Kommastellen: 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

12 Ht 7.0196 4.9804 3.8631 3.1565 2.6687 2.3117 2.0391 1.8240 1.6501 1.5064 1.3857 1.2830 1.1944 1.1173

17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32

1.0496 Ht 0.9895 0.9360 0.8880 0.8447 0.8054 0.7695 0.7369 0.7067 0.6790 0.6534 0.6296 0.6075 0.5869 0.5677 0.5496.

16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31

Es liegt an der Eigenart der logarithmischen Berechnung, daß die letzte Kommastelle nur auf ± 1 genau ist. Die harmonischen Standardgrößen sind, bis auf 5 Kommastellen genau: Schisma Syntonisches Komma Pythagoräisches Komma Kleine Diesis Große Diesis

0.01954 Ht 0.21506 0.23460 0.41059 0.62565.

Die verschiedenen Formulierungen der Tongeschlechter nehmen dann folgende Formen an: 1.

A R C H Y T A S VON T A R E N T ( 4 . J h . v . C h r . )

Enharmonion Chroma Diatonon

5 4 32 27 9 8

36 35 243 224 8 7

28 27 28 27 28 27

3.86

0.49

0.63 Ht

2.94

1.41

0.63

2.04

2.31

0.63

Berechnet nach H. HUSMANN, Fünf- und siebenstellige Centstafeln zur Berechnung musikalischer Intervalle, Leiden, 1951.

1

4
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Hyper= iastisch

P

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Hyper= phrygisch

Hypo= dorisch

h

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3

Abb. 34 Die chromatischen

G E S A N G S - UND

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1

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Abb. 35 Die enharmonischen

G E S A N G S - UND

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