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German Pages 424 [436] Year 1792
Gotthold Ephraim Lessings
sämmtliche Schriften
Zehnter Theil.
Berlin, 1792. Zn der Vossi.schen Buchhandlung.
Vorrede. 3« dem im vorhergehenden Bande die
ser vermischten Schriften erneuerten Ab« drucke des Laokoon liefert der gegenwär tige Baud den schon in der zweyten Aus gabe dieses Werk- befindlichen Anhang. Dieser enthalt alles, was sich noch unter de- Verfassers nachgelassenen Handschrif ten -nr Fortsetzung desselben vorfand. Die darauf folgende antiquarische
Untersuchung: wie die Alren den Tod gebildet, erschien zuerst bey dem Verleger gegenwärtiger Sammlung, im I. 1769, in kl. 4. Mit Recht nennt Herr Herder diese Schrift so schön in ihrem Inhalte, als in ihrer Entwickelung. Der vorzüglichen Aufmerksamkeit, welche dieser eben genannte geschmack* »
IV
Vorrede.
volle Kenner und Richter des Schönen den Lejsingischen Schriften von jeher widmete, verdankt da» Publicum schon manche meisterhafte Erörterung und wei tere Ausführung, selbst manche Berich tigung und Einschränkung, Lejsingischer Ideen. Auch die gegenwärtige Schrift veranlaßte einen Herderischen Nachtrag, desselben Titel» und Inhalt», der zuerst im Hannöverischen Magazin vom Jahr 1775, und ««»demselben auch einzeln, abgedruckt wurde; jetzt aber, sehr ver mehrt, und in sieben Briefe vercheilt, in der zweyten Sammlung seiner Zer streuten Blätter befindlich ist. Ein sum marischer Auszug diese» Nachtrages wird hier am rechten Orte stehen. Herr Herder findet e« nicht so ganz richtig, daß der Tod den Alten nur jener schöne Jüngling mir der umgekehrten Fackel gewesen sey. Er glaubt, es stehe zu beweisen, daß dieser eigentlich nie die Gottheit, d. i. das personificirre Ab-
Vorrede.
V
stractvm de« Tode- habe bedeuten sollen. Doch erinnert er gleich Anfang«, daß er das von JL entworfene liebliche Bild des Todes nicht zerstören, fondem es nur an feinen Ott stellen, daß er dem verdienten Todten, dtt dieses schrieb, kein Blatt von seinem blühenden Kranze ranben, sondern sich freuen wttde, wenn er einige Blumen desselben zurückrücken, oder sie gar mit einigen andern vermehren könne, auf welche ihn nur seine schöne Vorar beit brachte. Beym philostrar *) wird ein Kunst werk mit einer völlig ähnlichen Darstel lung beschrieben; aber jener Grieche nennt den Jüngling mit umgekchrter Fackel nicht Lod, sondern den Gott der Gastereien, der Lust und Fröhlichkeit, RomuS. So ist auch auf einem andern, von dem jüngttn Philostrar **) beschrieb-
* 3
•) Philoftrator. Opp. p. 76$. 66. ed, Oltarii, ••) Ebend. S. »72.
VI
Vorrede.
tten Gemälde eine ähnliche Figur befind lich, die «der wieder nicht der Genin- des Tode-, sondern ein Amor ist. Hierzu kommen noch mehrere, von Herrn nachgewiesene Beyspiele von Grabmäh« lern selbst, auf welchen der mannichfal« tigste Gebranch der Genien sichtbar ist, statt beten auch oft nut ihre Fackeln, hängend oder gesenkt, da stehen. Man kann daher nicht wohl mythologische Göt ter und allegorische Weftn, dergleichen diese Genien sind, für Eins nehmen; und diese lehtern haben eine weniger feste Bestimmtheit, als jene. Tod und Schlaf waren nur allegorische Brüder. Die Wörter, womit die Griechen den Tod und da- Sterben bezeichneten, wa ren/ wie die damit verknüpften Begriffe und Rebenbegriffe, sehr verschieden. Der Thanaros der Griechen war ein fürchterliches Wesen. In der Kunst ward ein Genius an die Stelle gesetzt, der nicht den Tod vorstellen / sondern
Vorrede.
vn
seine Idee verhindern, d. i. ihn nicht vorstellen, sondern vielmehr verhüten sollte, daß man nicht an ihudächte. Jene Genien waren also nicht- ander-, alEuphemi-mu- der Kunst, den man auch üder dm Tod in der Sprache liebte. Der Schlaf war unter dm ausGrab« mühlern und andern Monumenten be findlichen beyden Jünglingen eigentlich der Hauptgenius, der seinem Bruder, dem tobe, Bedeutung geben mußte. Wmu also nur Einer von ihnen erscheint, so ist höchstwahrscheinlich jener darunter angedeutet. Kommen beyde vor, sfind sie bloß Symbole der Ruhr, Bewahrer der Utne oder de- Todtem» Hause«. Ihre Namen sind daher auch nicht auf Figuren anzuwenden, die nicht an ihrer Allegorie Theil nehmen. Durch diese Allegorie aber, al- Bezeichnung -er Ruhe im Grabe, bekommen sie einen viel weitern Umfang, und werden brauch« bare Gestalten für alle Völker. Auf der
* 4
Vsrrede.
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ande« Seite schließe« diese beyde« Ge«ien nicht alle aadre Bilder des Todes bey de« Alte« aus. Vielmehr führt« diese dm Begriff des Todes «eiter; u«d die Kunst hatte der tröstenden Träume und Bilder viele über dm künftigen Zustand. Diese sind von Herrn H. in seinem fünf
ten Briefe sehr reich und glücklich zusam» ««gestellt. Im sechsten Briefe geht er sodauu zu« zweyten Theile der Lefsingischen Ab handlung über, nehmlich zu der Unter suchung, ob die Allen Skelete gebildet, und was sie damit haben sagen wollen. Es scheint ihm völlig unerwiesev zu seyn, daß unter larvae bey den Alten eine Art abgeschiedner Seelen sey verstand« wor den. Es waren vielmehr, wie aus «eh re« Stellen erhellt, schreckende Todtengestalten des entseelten Leichnams. Aber die Kunst nahm an dieser Uebertragung der Begriffe keinen Antheil. Wenn sie Larven vorzustellen hatte, so bildete sie
Vorrede.
XI
dieselben als Larven; in der Bedeutung des Worte- nehmlich, die auch bey uns noch gewöhnlich ist, da Larve eine Maske bedeutet. Sie ergriff diese Vorstellungs art, eben um Gerippe und Todtenköpfe nicht zu bilde»; sie zeichnete dafür nich tige Phantome, Köpfe, schwebende Schreckgestalten, wirkliche Larven. Ueberhaupt, meint Herr Herder, würde die schöne Abhandlung Lessing'sich manche Mühe erspart, und mehrere Bestimmtheit gewonnen haben, wenn ihr Verfasser es genauer festgesetzt hätte, von welchem Volke der Alten, und von welcher Zeit er rede. Alle Denkmähler, die er anführt, sind römisch; selbst jene Genien waren ursprünglich etruskisch. Es würde aber eine große Verwirrung seyn, wenn man diese etruskisch-römi schen Begriffe auf den Homerische» Schlaf und Tod avwevden wollte. Auch die Structvr der Grabmähler, und die Anwendung aller dieser Kunstbilder war * 5
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bey bett Grieche» von der römische» Ma» »ter ganz verschiede«. E< verlohnt sich gar sehr der Mühe, diese feinen twd treffende» Bemerkungen, wovo» ich hier a«r de« Umriß gab, in ihrer trefflichen, auch durch die Schreib» art noch mehr belebten, Ausführung nachzulesen. Denn das Vergnügen ist nicht geringe, zwey so feine, scharfsinnige Köpfe wetteifernd dem nehmlichen Ziele zueilen zu sehen; und im Ganzen hat Herr Herder, wie er selbst sagt, der Lef» singischen Abhandlung nicht eigentlich widersprochen, sondern sie nur mehr be» stimmt, und ihre Hanptidee bestärkt. Geringem Belanges, aber doch im mer der Anfühmng werth, ist das Pro gramm, welches der Prof. Zetbich in Gera, nicht lange nach Erscheinung die» ser Abhandlung, in Beziehung auf die selbe schrieb. Es hat dm Titel: De Cultu Mortis & Imagine; iMd die darin ent»
Vorrede.
XI
... haltnen Erinnerungen betreffen, theildie Erklärung des JtMbtNcfi, )w{^«ih ♦« «I« beym Pausanias, theils die Kunstdarstelluog der Homerische« Idee vom Tode, theils die bildliche Vorstel lung desselben, die Deutung der Larven und Skelete,«. f. f. Der Prof. Schmidt zu Leipzig hatte in seiner Philologischen und Kritischen Bibliothek wider dieses Programm verschiedne Zweifel vorge bracht, die Herr Zetbtch in einer beson dern, zu Leipzig «nd Schleiz 1771. 8. auf go Seiten gedruckten, bescheidenen Prüfung beantwortete.
Der Aufsatz über die sogenannte Agrippine, unter den Alterthümern zu Dresden, wurde zuerst in der Braun schweigisch. Zeitung, St.58.vJ. 1771, abgedruckt. In den Rollekraneen habe ich schon unter dem Artikel, Agrippine, weitere Auskunft darüber gegeben. Hier setze ich nur noch hinzu, daß der Recen«
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Vorrede.
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fent der Kollektaneeu in den Götting. Gel. Anzeigen, St. 18» v. 1790., darüber die Anmerkung macht: daß die Kunstkenner in Dresden die Neuheit des Kopfs dieser Statue geradezu ableugne» würden, weil er neu, aber angesehr, sey.
Und in einer andern Recension (Allgem. D. Bibliothek B. CIL S. 623.) wird gesagt, Lessing habe dies Urtheil, als er die Statue selbst sah, ganz zurückgrnommen. E- wird folgende Anekdote hin« zugesetzt r „Aber, warum schrieben Sie „damals nicht gegen mich?" fragte L. den gelehrten Antiquar (Herrn Jnspekt. LVacker,) der sie ihm zeigte. „Weil ich „es nicht der Mühe werth fand!" war die mehr al« fteymüthige Antwort dessel ben, die indeß Lessingen nicht beleidigte, der jeden Widerspruch vertragen konnte, wenn er gründlich war.
Ueber die Anmerkungen zu winkelmann's Geschichte der Runst de- Alters
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Vorrede.
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chum«, die ich zuerst vor vier Jahre« in der 43trtinifd>en Monatsschrift bekannt mochte, habe ich in dem Vorberichte dar Ntchige erinnert.
War dieser Band noch außerdem enthält, sind einige antiquarische und ar tistische Fragmente, die sich unter den nachgelassenen Papieren de« seligen Lessing- fanden, nnd hier zuerst im Druck erscheinen. Von dem Verle ger, und dem Herrn Münzdirector Les« fing, wurde mir die Bearbeitung dieser Papiere, in der Manier meiner Aus gabe der Kollekraneen, übertragen; und ich hoffe, nuch durch den daraufverwand ten Fleiß dieses Zutrauen« nicht unwür
dig gemacht zu haben. Die beyden nächsten Bände dieser
Vermischten Schnften werden die Briefe antiquarischen Inhalts ent halten. Zu ihnen hat sich der Ent-
Vorrede.
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wnrf der Fortsetzung, und »och Ei» vol* lendeter Brief, unter de» Eestlngtfche» Nachlaß gefun-ea, die dem Publica« bey dieser Gelegenheit -sollen mitgetheilt werden. Die Besorgung dieser neuen Ausgabe, die ich mit dem Anhänge ei* Niger Anmerkungen begleiten werde, hat ihr Verleger, Herr Nicolai, Mir eben» fallsanfgetragen; and fie wird längstens in der Ostermeffe künftigen Jahrs vol lendet sey«.
Efchendurg.
In»
Inhalt Seite i. Hinterlassene Fragmente zum zweyten Theil des Laokoon. / $ 3 II. Von der Verschiedenheit der Zeichen deren sich die Künste bedienen. $ 41 HL Die verschiedenen Dimensionen schwäche» die Wirkung der Malerey. , 6r IV. Kleinere Fragmente artistischen Inhalts, welche bey der zweyten Ausgabe deSLaokoonS schon als Anhang bekannt gemacht worden sind, i Allegorie. $ 69 2. Von den nothwendigen Fehlern. 71 3. Ueber eine Stelle auS Winkelmanns Geschichte denZenodoruö betreffend. 74 4. Ueber einige Stellen aus demMontfaueon. 79 5. Ueber eine Stelle aus dem Porter 85 6. Von einem per^ectivischen Gleichnisse des Homers $ 88 7. Einzelne Gedanken zur Fortsetzung des LaokoonS s , 89 8. Ueber Gerards Meinung, daß die Male rey auch das Erhabene ausdrücken könne, welches mit der Größe der Dimensionen ver bunden ist. f ♦ 91
9- Einige Bemerkungen aus den Obfervations
für l’Italie, Tom II Utlb Richardfon’s Traite de la peinture, T. I. t 94
V. Wie die Alte» de» Tod gebildet. 10$ Vi. Ueber die so genannt« Agrippine, unter den Alterthümern zu Dresden > 22« VII. Anmerkungen zu WinkelmannS Geschichte der Kunst des Alterthums. VIII- Ueber die Ahnrnbilder der Römer. Ein« antiquarische Untersuchung. / «66 IX. Fragment über die Istsche Tafel. 1. Geschichte der Iflschen Lasel 327 2. Don dem Alter dieser Tafel. 33a 3. Don ihren Auslegern 334. 4. Einige Merkwürdigkeiten dieser Tafel341. X. Kleinere antiquarische Fragmente. 1. Karyatiden. , < 366 a. DivSkorideS. * « $88 3. GrotteSken •, 401 4. Ueber die Mängel deS antiquarische» Stu diums. ' » 406
I. Ar«
I.
Artistische und antiquarische Schriften. (Fortsetzung.)
I
Hinterlassene Fragmente tum
Zweyte«
Theil
de«
Laokoon. L 5)tvt Winkelmann hat sich In der Geschichte der Kunst näher erklärt. Auch er bekennet/ daß
die Ruhe eine Folge der Schönheit Ist. Nothwendigkeit fich über dergleichen Dinge
so prict« auszudrücken,
als möglich.
Ein fal
scher Grund ist schlimmer, als gar kein Grund.
II. Herr Winkelmann scheint diese« höchst« ®ei setz der Schönheit bloß au» den alten Kunstwrr,
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Hinterlassene Fragmente
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ftn abstrahitt zu haben.
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Man kann aber eben
fe unfehlbar durch bloße Schlüsse darauf kom men.
Dean da die bildenden Künste allein ver
mögend find , di» Schönheit der Form hervorzu bringen ; da fie hierzu der Hülfe keiner andern Kunst bedürf«; da andere Künste gänzlich dar
auf Verzicht thun müssen: so ist es wohl un streitig,
daß diese Schönheit nicht ander« al«
Ihre Bestimmung seyn kann.
Die elgeutllche Bestimmung einer schönen
Kunst kann nur dasjenige seyn, was fie ohne
Deyhülft
einer
Stande ist.
hervorzubringen
andem
litt
Dieses ist bey der Malerry die
körperliche Schönheit.
Um körperliche Schönheiten von mehr als
einer Art zusammenbringen zu können, fiel man
auf bas Historienmalen. Der Ausdruck, die Vorstellung der Historie,
war nicht die letzte Absicht des Malers. Historie war bloß ein Mittel,
ficht, mannichfaltige reichen.
Die
seine letzte Ab,
Schönheit, zu
er,
zum zweyten Theil des Laokoon. 5
,
a Die neuen Maler machen offenbar da« Mit»
tel zur Absicht.
Sie malen Historie, um Hl,
störte ju malen, und bedenken nicht, daß sie da, durch ihre Kunst nur zu einer Hülfe anderer
Künste und Wissenschaften machen, oder we,
ntgstrn« sich die Hülfe der onbtro Künste und
Wissenschaften so unentbehrlich machen, daß th« re Kunst den Werth einer primitive« Kunst gänzlich dadurch verlieret.
Der Ausdruck körperlicher Schönheit ist die Bestimmung der Malerey.
Die höchste körperliche Schönheit also ihre höchst« Bestimmung.
Die höchste körperliche Schönheit
existier
nur in dem Menschen, und auch tu diesem nur
vrrmige de« Ideal«. Diese« Ideal findet bey den Thieren schon weniger, in der vegetabilischen und leblosen Na,
tue aber gar nicht statt.
Diese« ist e«, wa« dem Blumen, und Land, schastsmaler seinen Rang anweiset.
Er ahm« Schönheiten Ideal« fähig sind;
nach,
die
keine«
er arbeitet also bloß mit
A 1
Hinterlassene Fragmente
6
dem Aug« und mit der Hand ;
und da« Genie
hat an seinem Werke wenig oder gar keinen Antheil. Doch tirh« ich noch immer den Landschaft«, wairr demjenigen Historienmaler vor, der, oh,
pr seine Hauptabflcht auf di« Schönheit zu eich,
ten,
nur Klumpen Personen malt, um seine
Geschicklichkeit in dem bloßen Ausdrucke, und
nicht in dem der Schönheit untergeordneten Ausdrücke |u »eigen.
m.
Allein »ur ttrperllchen Schönheit gehöret
mehr,
al« Schönheit der Form.
auch ba»u
E« gehöret
di« Schönheit der Farben und die
Schönheit de« Ausdruck«.
Unterschied in Ansehung der Schönheit der Farben
»wischen
Larnatton und Colortrung.
(arnanon ist die Tolorirung solcher GegenstLn, he, wcicke eine bestimmt« Schönheit der Form
haben, also vornehmlich de« menschlichen Kör,
zum zweyten Theil des Laokoon. 7
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t per«.
Colorimng ist der Gebrauch der Local,
Farben überhaupt.
Unterschied In Ansehung der Schönheit btt
Ausdruck« zwischen transitorischem und perma»
Jener ist gewaltsam, und folglich nie
nentem. schin.
Dieser ist die Folge von der östern Wie,
Verholung de« erster«, verträgt sich nicht allein mit der Schönheit, sondem bringt auch mehr
Verschiedenheit in die Schönheit selbst.
IV. Zdral der körperlichen Schönheit.
Was es
ist? E« bestehet in dem Ideale der Form vor
nehmlich,
doch auch mit in dem Zdral« der
Carnation und de« permanenten Ausdruck«. Die bloße Eolorirung und der transitorische
Ausdruck haben kein Zdeal: «eil die Natur
selbst sich nicht« bestimmte« darin vorgesetzt hat.
A4
Hinterlassene FragMitte
8
V.
Falsche Übertragung bei malerischen Ideal« tu der Poesie.
Dort ist e« «in Ideal der Körr
per, hier muß «6 rin Ideal
seyn.
der Handlungen
Drydrn in seiner Borrede »um Kre-noy.
Daco Organ.
Lowch.
VI.
Noch übertriebener würbe es sey», wenn man nicht bloß von dem Dichter vollkommene
moralische Wesen, mene schtne
sonder» wohl gar vollkom,
körperlich« Wesen erwarten und
verlangen wollte.
Gleichwohl thut diese« Herr
Wtnkelmann in seinem Unheil« vom Milton. ®. 18. G. d. K
Winkelmann scheint den Milt»» wenig gr,
lesen zu haben, sonst würde er wissen, daß man schon längst angemerkt, nur er hab« Teufel zu
schildern gewußt,
ohne zu der Häßlichkeit der
Form seine Zuflucht pt nehmen.
zum zweyten Theil des Laokoon. 9 ,
------------------- » Ein solches verfeinertes Bild der teuflischen
Htßlichkett hatte vielleicht Guido Reni im Kopfe»
(Dryden’s Preface to the art of Paiming ®. IX ) aber weder er, noch sonst einer, hat H
auogesührt. Miltons häßliche Bilder aber, als die Sän, de und der Tod, grhirea gar nicht zur Hand, lung, sondern fülle« bloß Episode«. Miltons Kunstgriff,
auf diese Art t« der
Person des Teufels, den Peiniger und den Ger
peinigten zu trennen, welche nach dem gemeinen Begriffe la ihm verbunden werden.
VII. Aber auch von den Haupthandlungen de«
Miltons lassen sich dl« wenigsten malen. Wohl;
aber daraus folgt nicht, daß sie bey dem Mtltoy nicht gemalt sind. A f
io
Hinterlassene Fragmente
vt 'Ne»
»
Es ist, bey Gott, wohl eine große Freyheit, mir zu widersprechen! Und wer mir wider, spricht, hat sich wohl sehr zu bekümmern, ob ich verdrüßlich werde, oder nicht! Allerdings zwar sollte ein Widerspruch, als womit mich Herr Klotz verfolgt, In die Länge auch den gelassensten, kältesten Mann Verdruß, lich machen. Wenn ich sage, „es ist noch nicht „Nacht:" so sagt Herr Klotz, „aber Mittag „ist doch schon längst vorbey." Wenn ich sage, „siebenund sieben macht nicht fünfzehn:" so sagt er, „aber siebenund achte macht doch fünfzehn." Und das heißt er, mir widersprechen, mich wi, verlegen, mir unverzeihliche Irrthümer zeigen. Zch bitte ihn, einen Augenblick seinen Ver, stand etwas mehr, als sein Gedächtniß zu Rathe zu ziehen. Zch habe behauptet, daß die alten Artisten den Tod nicht als ein Skelet vorgestelltr und ich behaupte es noch. Aber sagen, daß die al, ten Artisten den Tod nicht als ein Skelet vorge stellt: heißt denn dieses von ihnen sagen, daß sie überhaupt kein Skelet vorgestellet? Ist denn
eine Untersuchung.
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unter diesen beiden Sätzen so ganz und gar kein Unterschied, daß, wer den einen erweiset, auch nothwendig den andern erwiesen hat? daß wer den einen leugnet, auch nothwendig den andern leugnen muß? Hier ist ein geschnittener Stein, und da eine marmorne Urne, und dort ein metallenes Bild chen: alle sind ungezweifelt antik, und alle stel len ein Skelet vor. Wohl! Wer weiß das nicht? Wer kann das nicht wissen, dem ge sunde Finger und Augen nicht abgehen, sobald er «S wissen will? Sollte man in den antiquarischen Werken nicht etwas mehr als gebildert haben? Diese antike Kunstwerke stellen Skelete vor: aber stellen denn diese Skelete den Tod vor? Muß denn «in Skelet schlechterdings den Tod, das personifictrte Abstraktum des Tode«, die Gott heit des Todes, vorstellen? Warum sollte ein Skelet nicht auch bloß ein Skelet vorstellen kinneu? Warum nicht auch etwas anders?
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ii8 Wie die Alte» -en Tod gebildet, .
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Untersuchung.
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er Cdwrffbin de« Her« Klotz geht »eit! —
Mehr brauchte Ich ihm nicht ja antworten: aber
doch will Ich «ehe chnn, al< Ich brauchte.
Da
«och andere Gelehrte an den verkehrten ®nbtü dangen des Herrn Klotz, «ehe oder weniger,
Theil nehm«: so will ich fiir diese hier zweyer,
ley beweisen. Boes erste: da- die alten Artisten dm Tod,
die Gottheit des Todes, wirklich unter eine« ganz andern Gilde vorstellten, als unter dem
Gilde des Skelets. Dors zweyte: daß die alten Artisten, wenn
sie ein Skelet vorstellten, unter diesem Skelete etwas ganz anders meinet«, als dm Tod, als
die Gottheit des Todes.
I. Die alten Artisten stellten den Tod nicht als ein Skelet vor: denn sie (teilten ihn, nach
119
eine Untersuchung.
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-----
»Xnr ***
—
a
der Homerischen Zbee *), als den Zwillingsbru, der des Schlafes vor, und stellten beide, den Tod und den Schlaf, mit der Ähnlichkeit uttx ter sich vor, dle wlr an Zwillingen so natürlich erwarten. Auf einer Kiste von Cedernholz, in dem Tempel der Zuno zu Elis, ruhten sie beide als Knaben in den Armen der Nacht. Nur war der eine weiß, der andere schwarz; jener schlief, dieser schien zu schlafen; beyde mit über etnan, der geschlagenen Füßen **). Hier nehme ich einen Satz zu Hülfe, von welchem sich nur wenige Ausnahmen finden dürften. Diesen nehmlich, daß die Alten die sinnliche Vorstellung, welche ein tdealtscheö We» sen einmal erhalten hatte, getreulich beybehielx ten. Denn ob dergleichen Vorstellungen schon wtllkührltch sind, und ein jeder gleiches Recht hätte, sie so oder anders anzunehmen: so hieb
H4 ») IA. ir. v. .... —
»L»-- 4"----------1
eine wörtliche Beschreibung bet datum befindlt-
chtn Bildet beygefügt.
Inferiua, sagt Sme«
tiu< von den Hauptfiguren, Centauri dno sunt,
alter ma$, lyncea inftratus, lyram langens,
cui Genius alatus, siftule, Gcrmanicac modernae fimili, canens insidet: alter foemine, fistulis duabus fimul in os insertis canens, cui
alter Genius foemincus alis papilionum, ma* nibu$ nescio quid concutiens, insidet.
Inter
utmmque cantharui & comu Bacchicum pro-
jecta jacent. Alle» trift ein; bl» auf den Ge nius, den bet weibliche Centaur trägt. Dieser soll, nach dem Smetius, auch weiblichen Ges schlecht» seyn, und Schmetterlingsflügel haben, und mit den Händen etwa» zusammenschlagen. Nach dem Doissard aber hat et keine andere Flügel, al» fein Gesplel; und anstatt bet Cym, dein, ober des Lrotalum vielleicht, bläset er auf eben bem Instrumente, auf bem jener. — OCRINTHVS. L. v. Gruteri Corp. Infcr. p. DCVI. Edit. Gracv.
eine Untersuchung.
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......... - » Es Ist traurig, solche Widersprüche oft zu 6e# merken.
Sie müssen einem Manne, der nicht
gern auf Treibsand bauet, das
antiquarische
Studium von Zeit zu Zeit sehr zuwider machen.
Zwar würde ich auch sodann, wenn Sine« tius richtiger gesehen hätte als Boissard, meine Erklärung nicht ganz aufgeben dürfen.
Denn
sodann würde der weibliche Genius mitSchmet«
terltngeflügeln eine Psyche seyn; und
wenn
Psyche da« Bild der Seele ist: so wäre, anstatt des Todes, hier die Seele des Todten zu sehen.
Auch dieser könnte das Attribut der Urne zu«
kommen, und das Attribut des Hornes würde
noch immer den Schlaf bezeichnen. Zch bilde mir ohnedem ein, den Schlaf noch anderwärts, als auf sepulcralischen Mo«
numenten, und besonders in einer Gesellschaft zu finden, in der man ihn schwerlich vermuthet
hatte.
Unter dem Gefolge des Bacchus nehm,
lich erscheinet nicht selten ein Knabe oder Ge,
niue mit einem Füllhorne: und ich wüßte nicht, daß noch jemand eö auch nur der Mühe werth
gehalten hätte, diese Figur näher zu bestimmen.
i74 Wie die Alten den Tod gebildet: » i
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4
Sie ist z. E. auf dem bekannten Steine des Dagarrts, ibt in der Sammlung des Könige von Frankreich, dessen Erklärung Cafaubonus zuerst gegeben, von ihm und allen folgenden Auslegern *) -war bemerkt worden: aber kein einziger hat mehr davon zu sagen gewußt, als der Augenschein giebt, und ein Genius mit ei nem Füllhorn« ist ein Genius mit einem Füll horn- geblieben. Zch wage es, ihn für den Schlaf zu erklären. Denn, wie erwiesen, der Schlaf ist ein kleiner Genius, das Attribut de« Schlafes ist ein Horn: und welchen Begleiter könnte ein trunkener Bacchus lieber wünschen, als den Schlaf? Daß die Paarung des Bac chus mit dem Schlafe den alten Artisten auch gewöhnlich gewesen, zeigen die Gemälde vom Scklafe, mit welchen Statius den Pallast des Schlafes auszleret **): •) S. Lipperts Dakt. I- ;66.
**) Thebaid. X. v. ioo. Barth hätte nicht so tkel sey«, und diese Zeilen darum zu «ommeutiren unterlassen sollen, weil sie in eiaigen der
eine Untersuchung.