Goethes Faust am Hofe des Kaisers: In drei Akten für die Bühne eingerichtet [Reprint 2020 ed.] 9783111523064, 9783111154657


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German Pages 142 [145] Year 1901

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Goethes Faust am Hofe des Kaisers: In drei Akten für die Bühne eingerichtet [Reprint 2020 ed.]
 9783111523064, 9783111154657

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Goethes Faust am Hofe des Kaisers.

Goethes

Eaust am Hofe des Kaisers. In drei Akten für die Bühne eingerichtet von Johann Peter

Eckermaun.

Aus Eckermanns Nachlass herausgegeben von

Friedrich Tewes.

Berlin. Druck und Verlag von G e o r g

1901.

Reimer.

Vorwort des Herausgebers. Mit dem schriftlichen Nachlasse Johann Peter Eckermanns, der nach dem Tode seines Sohnes Karl 1 ) in meinen Besitz gelangte, erhielt ich auch die vorliegende Bühnen-Einrichtung der ersten Abteilung des zweiten Teils von Goethes Faust. Es handelt sich um 24 Folio-Bogen, die in einem Halbfranz-Deckel eingeheftet sind und von Eckermanns Hand die Aufschrift tragen : Faust am Hofe des Kaisers. (Des zweyten Theiles erste Abteilung.) In drey Acten. (Fiir die Bühne eingerichtet von Eckermann.) 2 ) In Musik gesetzt von C. Eberwein. 3 ) Karl Eckermann, geb. am 26. März 1834 zu Weimar, bildete sich in Düsseldorf, Holland und Belgien zum Landschaftsmaler aus und brachte es in seiner Kunst zu einiger Bedeutung. Anfangs der achtziger Jahre siedelte er von Karlsruhe nach Hannover über. Er starb in Güttingen, wo er eines nervösen Leidens wegen weilte, am 29. August 1891. 2 ) Das Eingeklammerte ist durchstrichen. 3 ) Ueber den Verbleib der Partitur konnte ich nichts erfahren.



vi



In diese Bogen hat Eckermann nun den zerschnittenen Text der Cottaschen Taschenausgabe letzter Iland von Goethes Werken 1 ) eingeklebt und dazwischen und an den Rand die nötigen Bemerkungen mit Tinte geschrieben, sowie nachträglich mit Blei hinzugefügt 2 ). Einige andere Bemerkungen und verschiedene Namen, die sich auf die Aufführung beziehen, sind später von einer zweiten und dritten Hand mit Blei eingetragen und einige von einer vierten Hand gemachte Bleistift-Bemerkungen von einer fünften Hand mit Tinte nachgezogen worden 3 ). Ausser den eingehefteten Bogen der fertigen Einrichtung und den dazu gehörigen Entwürfen befand sich in dem Nachlasse eine vom 24. Januar 1834 datierte, den ersten Akt betreffende Einrichtung ohne den Goetheschen Text, die als die ursprüngliche anzusehen ist und ganz den Eindruck macht, als handele es sich um ein eingefordertes Gutachten. Dieser 21/-2 Folio-Bogen umfassende Anfang stimmt in der Hauptsache mit der vollständigen Einrichtung überein; er enthält jedoch verschiedene wichtige Bemerkungen, die in jener fehlen und des>) 21. Bd. 1832. 16°, der Bogennorm nach kl. 8«. In derWeimarischen Ausgabe C 1 genannt. Im Druck Petit. a ) Im Druck Borgis. 3 ) Im Druck (Borgis und Petit) in eckigen Klammern. — Eine Feststellung der verschiedenen Handschriften liess sich nicht ermöglichen, da das Archiv des Grossherzoglichen Ilofthcaters in Weimar z. Z. nicht zugänglich war.

VII



halb mitgeteilt w e i d e n mussten. Da aber eine Herausschälung nicht thunlich war, so ist das vollständige Bruchstück am Schlüsse abgedruckt worden (1. Anlage S. 117f.). Diese Bühnen-Einrichtungen sind, wie aus der Datierung hervorgeht, im J a h r e 1834 entstanden 1 ). Ebenso ist die von Eckermann gedichtete neue Scene zwischen F a u s t und Mephisto, wie deutlich aus der Bemerkung in der ersten Einrichtung (S. 123) ersichtlich ist, erst 1834 entstanden und nicht, wie m a n aus C. von Beaulieu-Marconnays Angaben im 2. Bande des G o e t h e - J a h r b u c h s (1881), S. 4 4 6 f . 2 ) schliessen könnte, schon zu Goethes Lebzeiten im J a h r e 1830 oder 1831. Eckermann hat auch beabsichtigt, f ü r Mephisto noch einen Epilog zu dichten, was aus dem folgenden Briefentwurf hervorgeht: „Frau v. Goethe ist der Meinung t h e u r e r F r e u n d dass es gut sey gleich auf den Titel zu setzen D e r T r i l o g i e e r s t e r T h e i l damit das Publicum gleich wisse was es zu erwarten habe. Diess k a n n geschehen. Sodann habe ich den Gedanken das E n d e noch ein wenig bedeutender zu machen einestheils indem der griechische T e m p e l (als ein Zauberwerk) z u s a m m e n s t ü r z t u n d sodann dass ') Zu welchem Zwecke die Veränderung der Jahreszahl unter dem Vorbericht, S. 6, in (18)44 erfolgte, ist nicht klar. 2 ) Zur Aufführung des zweiten Theils von Faust, S. 445 f.

ich für Mephisto, noch einen ganz kurzen Epilog schreibe, worin er dem Publicum noch einiges zur weiteren Aufklärung sagt. Sobald Sie also das Buch') entbehren können bitte ich es mir auf ein paar Tage wieder aus. E." Im Druck sind, wie schon erwähnt, die Eckermannschen Bemerkungen in Borgis, der Goethesche Text in Petit und die übrigen Zusätze und Namen (teils Borgis, teils Petit) in eckigen Klammern wiedergegeben. Einige Erklärungen und Hinweise wurden als Anmerkungen hinzugefügt. Ueber diese Bühnen-Einrichtung war bisher nichts bekannt. Woher von Beaulieu-Marconnay, der als erster in dem oben herangezogenen Aufsatze ohne Quellen-Angabe die von E. gedichtete Scene zwischen Faust und Mephisto mitteilt, die Kenntnis hatte, dass E. sich zu derselben Zeit — 1830 oder 1831 —, da Goethe noch an der Beendigung des 4. und 5. Aktes arbeitete, mit einer Einrichtung des ersten Aktes für die Bühne beschäftigte, liess sich nicht feststellen 2 ). J

) Gemeint ist wohl die vollständige Einrichtung. ) C. v. B.-M., Ober-Hofmarschall in Weimar, war von 1850—52 und von 1854—57 auch GeneralIntendant. Während seiner Amtstätigkeit fanden die betr. Aufführungen von Faust am Hofe des Kaisers statt, und er lernte damals aus der von Karl Eckermann hergeliehenen Einrichtung — die Grossherzog]. GeneralIntendantur besitzt eine solche nicht — die Scene zwischen Faust und Mephistopheles kennen. Vgl. über ihn Goethe-Jahrbuch VI, 1889, S. 169 f. 2

IX



Dahingegen hat Eckermann selbst seine Bemerkungeil über die Mütter im 2. Bande der Gespräche (vgl. S. 93) u n t e r Fortlassung der Einleitung wörtlich mitgeteilt und gelegentlich in anderen Gesprächen einige kürzere Bemerkungen aus der Einrichtung verwandt. Goethes F a u s t am Hofe des Kaisers wurde, wie wir aus von Beaulieu-Marconnays Mitteilungen (a. a. 0., S. 459 f.) wissen, in der vorliegenden Einrichtung in Weimar thatsächlicli a u f g e f ü h r t , aber erst nach E c k e r m a n n s Tode und zwar am 24. J u n i 1856. Auf diese A u f f ü h r u n g , über die der im Anhange (S. 127f.) abgedruckte Theater-Zettel A u s k u n f t giebt, beziehen sich, wie schon hervorgehoben, die eingeklammerten Bemerkungen u n d Namen der Mitwirkenden. Es hat auch eine Wiederholung stattgefunden, aber nicht wie von Beaulieu-Marconnay angiebt, eine mehrfache, sondern nur eine einmalige am 28. September 1856'). An dieser Stelle möchte ich noch mitteilen, dass Eckermann in den letzten J a h r e n seines Lebens beabsichtigt hat, „Gespräche mit Goethe über den zweiten Theil des F a u s t " herauszugeben. Ueber die ersten Anfänge ist dieser P l a n aber wohl nicht hinausgekommen. In dem Nachlasse befinden sich nämlich verschiedene E n t w ü r f e und Mitteilungen, aus denen dies hervorgeht, u n d die ich daher hier abdrucke. ]

) Diese Daten und die Abschrift des Theater-Zettels verdanke ich der Güte des jetzigen General-Intendanten, Herrn von Yifmau.

Zunächst liegt der folgende Anfang vor: „Gespräche mit Goethe über den zweiten Theil des Faust. Einleitendes. Der zweite Theil von Goethes Faust ist meistens zu einer Zeit geschrieben, in der ich selber in Weimar anwesend war und im täglichen Verkehr mit Goethe mich sehr wohl als Augenzeuge betrachten darf. Die Periode des Niederschreibens dieser Dichtung fällt hauptsächlich in das J a h r 1823, in welchem, ich nach Weimar kam, und setzt sich fort bis in den März 1832, wo der Faust abgeschlossen dalag und Goethe ihn als vollendet ansehen konnte. Es war das letzte Werk was Goethe geschrieben und das den Stempel der hohen Weissheit seines Alters trägt. Die Anfänge gehen noch bis zu Schillers Zeiten zurück und Goethe rühmte noch spät, dass ihm das Glück zu Theil geworden eine grosse Stelle der Helena Schillern noch vorlesen zu können. Sowie nun Goethe das Glück anerkannte seine Dichtung Schillern vorlesen zu können, so wird es in noch erhötem Grade bei Schillern und jedem anderen der Fall gewesen sein, denn Goethe war der Mann dazu, sich als Vorlesender bewundern zu lassen, besonders in Dingen wie der Faust, welches als ein Stück seiner eigenen Seele zu betrachten



ist.

Schon

XI



der T o n seiner S t i m m e

hohen Grade m e r k w ü r d i g ; lispel,

bald

wie

war

im

bald wie ein Ge-

das Rollen

eines

Donners,

durch alle denkbaren Naturlaute gehend, und dann wieder ging sie plötzlich zu ganz anderen Dingen

über,

Schnarchen

wie

der

nachzuahmen lauter

zum

Greise,

versuchte,

garstige T ö n e

Beispiel

bei

welches wobei

er

dem genau

gewöhnlich

zum Vorschein

kamen,

die gequetscht und mit sichtbarer Anstrengung aus der K e h l e

sich vernehmen

liessen;

und

da war es wiederum, wo er sich gross zeigte, wenn

er in dem T o n

gödie

mächtig

brachte.

der Griechischen

erschütternde

Am liebsten

Dinge

Tra-

hervor-

hörte man ihn jedoch

wenn seine S t i m m e , durch keine Leidenschaftlichkeit gehoben, im ruhigen Gang der R e d e dahin rollte, wie zum Beispiel in der Helena, wo das Geschrei der K r a n i c h e

zur

Sprache

kam, deren Getön von hoher Luft herab, den zuhörenden "Wanderer hinaufzublicken anlockt. So

wie

der

Klang

der

Stimme

Menschen zu seinen vorzüglichen lichkeiten

eines

Eigentüm-

zu zählen ist, so ist seine Hand-

schrift nicht weniger merkwürdig und zu beachten.

Den E r s t e n T h e i l des F a u s t

Goethe wie er mir vor J a h r e n Postpapier;

und zwar hütete

schrieb

erzählte

er sich,

auf darin

die geringste Correctur zu machen,

so

das Manuscript

Reinheit

anzusehen

war.

als ein Muster von Diese

saubere

dass

Handschrift

Goethes hat sich sein Lebelang erhalten. Ohne Pedanterie, ohne steif zu erscheinen, wie bei einem der nach Accuratesse strebt, und dann diesem Ziel ein solches Gepräge aufdrückt, dass man es jedem Worte ansieht: es ist darauf abgesehen eine grosse Nettigkeit und Sauberkeit zu zeigen, und so wie man zu sagen pflegt, stets im Sonntags-Anzug einher zu gehen, weit entfernt von diesem, bewegte sich seine Handschrift durchaus frei und ungezwungen."

von

Diese Ausführungen sind nach Eckermanns Diktat seinem Sohne Karl niedergeschrieben worden.

Ursprünglich hat Eckermann wohl die Absicht gehabt, die Niederschrift selbst zu besorgen, aber seine Kräfte haben dazu nicht mehr ausgereicht. Es erhellt das aus einem Versuche, den er mit Blei gemacht hat und der folgende wohl auch für die Gespräche über den zweiten Teil bestimmte Mitteilung betrifft: „Den ersten Theil des Faust hat Goethe im Jahre 1775 geschrieben und zwar in seinem 25. Jahre im ersten Feuer 1 ) seiner Jugend." Die Handschrift legt Zeugnis ab von dem Alter und Kräfteverfall des Schreibenden, dem die wenigen Zeilen gewiss grosse Mühe bereitet haben. Und aus diesem Grunde hat Eckermann daher auch wohl von einer Fortsetzung Abstand genommen und die ') In dein u n t e n e r w ä h n t e n Diktat heisst es „ K e r n "



obige B e m e r k u n g

XIII



noch einmal

seinem

Sohne

Karl

diktiert1). Alsdann

enthält

der Nachlass von Karl E c k e r -

manns Hand den folgenden Anfang einer Aeusserung Goethes,

die es auch verdient,

hier

mitgeteilt

zu

werden: „Hier

also

der A n f a n g !

Da Sie

mich

k e n n e n , so werden Sie nicht überrascht sein, ganz in meiner bisherigen milden A r t ! es ist als wäre alles in dem Mantel der Versöhnung eingehüllt.

W e n n man bedenkt, welche Gräul,

beim Schluss des zweiten Acts auf Gretchen einstürmten

und

rückwirkend

Fausts

ganze

S e e l e erschüttern mussten, so k ö n n t ' ich mir nicht anders helfen als den Helden, wie ich's gethan,

völlig

zu

paralisieren

und als

ver-

nichtet zu betrachten, und aus solchem scheinbaren Ich

Tode

musste

ein

neues

hiebei

eine

Leben

anzuzünden.

Zuflucht

zu

thätigen mächtigen Geistern nehmen uns in

wohlwie sie

der Gestalt und im Wesen von E l f e n

überliefert sind. tiefste E r b a r m e n .

E s ist alles Mitleid und das Da wird kein Gericht

ge-

halten und da ist k e i n e F r a g e , ob er es ver') Auf dem betr. Blatte befindet sich noch ein anderes, nicht zur Sache gehörendes Diktat von Karl Eckermanns Hand über die nachfolgende, wohl nicht bekannte Aeusserung Goethes: „Goethe war von j e von der Ansicht durchdrungen, dass in der Natur nichts tod sei. Auch in diesem Stück Zucker ist Leben, sagte er mir einst."

XIV

dient oder nicht verdient habe, wie es etwa von Menschen Richtern geschehen könnte. Bei den Elfen kommen solche Dinge nicht in Erwägung. Ihnen ist es gleich, ob er ein Heiliger oder ein Böser in Sünde versunkener ist. „ob er heilig ob er böse jammert sie der Unglücksmann" und so fahren sie in versöhnender "Weise beschwichtigend fort und haben nichts höheres im Sinne als ihn durch einen kräftigen tiefen Schlummer die Gräul der erlebten Vergangenheit vergessen zu machen: „Erst badet ihn im Thau aus Lethes Fluth." Ein anderes nicht recht klares Diktat über die klassische "Walpurgis-Nacht, das sich auf der dritten Seite des betr. Folio-Bogens, auf dem die obige Aeusserung Goethes steht, befindet, ist belanglos; ich bringe es aber der Vollständigkeit wegen hier auch zum A b d r u c k : „Auf der Pharsalischen Ebene erschienen in jener Stunde, in der die klassische Walpurgisnacht gefeiert werden sollte, drei Figuren von hoher Bedeutung und von verschiedenen Richtungen. Erstens Faust, der die Helena zu finden suchte und bei allen Heroen des griechischen Alterthums sich nach ihr erkundigte; wodurch die Schicksale und der Lebensgang dieser berühmten Schönheit zur Sprache gebracht wurden. Hier muss zur Erwähnung kommen, an welchen der Heroen Faust sich wendet und was er von ihnen

XV



ausforscht. Zweitens Mephistopheles, der auf diesem griechischen Blocksberg keine geringe Rolle spielt, und der in einem grossen Reich von Ungeheuern und Hässlichkeiten vielerlei Berührungen findet, die ihm zu schaffen machen. Seine nächste Absicht i s t : die Phorkyaden aufzusuchen und sich von ihnen einen Zahn zu erbitten, welchen sie wechselweise einander sich leihen um desto schrecklicher zu erscheinen." Dass diese Diktate und Niederschriften in Eckermanns letzten Lebensjahren bewirkt worden sind, geht auch aus dem verwendeten geschnittenen Papier hervor. Von Eckermanns Hand liegt schliesslich noch eine Bemerkung vor, die ebenfalls zur Sache gehört. Auf einem geschnittenen Bogen steht mit Tinte geschrieben : „Einem Band Gespräche mit Goethe über den Z w e i t e n T h e i l d e s F a u s t dürfte es zur Zierde gereichen wenn Goethes Tagebuch über meinen täglichen Verkehr mit ihm, demselben voranginge." Diese Bemerkung, die zeitlich den anderen nicht sehr fern steht, stammt noch aus Eckermanns besseren Tagen; die Handschrift ist, wenn auch verändert und das Alter verratend, doch klar und deutlich. Leider sind Eckermanns Tagebücher nach dem Tode seines Sohnes Karl vernichtet worden, und somit ist die Quelle, aus der er schöpfte, und aus der

XVI



wir noch weitere Aufschlüsse über „das grösste Werk deutscher Poesie" ') hätten gewinnen können, versiegt. Zum Schluss versäume ich nicht, auch an dieser Stelle dem General-Intendanten des Grossherzogl. Hoftheaters in Weimar, Herrn von Vignau, und dem Archivar des Goethe- und Schiller-Archivs, ebendaselbst, Herrn Dr. Schüddekopf, meinen verbindlichsten Dank für die freundlichst gewährte Auskunft auszusprechen. H a n n o v e r , Februar 1901. Friedrich

Tewes.

') Auf einem unter den Entwürfen für die Einrichtung befindlichen Zettel steht (von Eckermanns Hand): „Zugleich gewönne man das nicht geringe Verdienst das grösste Werk deutscher Poesie, wovon bis jetzt niemand weiss was er daraus machen soll —"

Personen Der Kaiser. Faust. Mephistopheles. Canzler. Heermeister. Schatzmeister. Marschalk. Astrolog. Herold. Narr. Ein Trunkener. Die Klugheit. Die Furcht.

Die Hofnung. Zoilo-Thersites. Knabe-Lenker. Ariel. Blondine. Braune. Architekt. Junker j l 2. f 1. Page { 2 Damen. Ritter.

Florentinische Gärtner und Gärtnerinnen, Fischer und Fischerinnen, Holzhauer, Pulcinelle, Parasiten, die Grazien, die Parzen, die Furien; ein Elephant, von der Klugheit geleitet, die Victoria auf ihm thronend, Furcht und Hofnung an seinen Seiten gefesselt; ein Drachenwagen mit dem Gotte des Reichthums, dem Geiz und Knabe-Lenker; Faunen, Gnomen, Riesen, der grosse Pan, Nymphen, Elfen, Erscheinungen.

Yorbericht. Der zweyte Theil des Faust kann nur auf die Bühne gebracht werden, wenn man das umfangreiche W e r k als T r i l o g i e behandelt und es also in drey grosse Hauptmassen trennet, wie sie dem Gegenstande gemäss sind. Eine solche erste Abtheilung ist gegenwärtiges Stück unter dem Titel: F a u s t am H o f e d e s Kaisers. Machte es Glück und fände es beym Publicum Eingang, so wäre man vielleicht ermuntert in dem schwierigenUnternehmen weiter vorzuschreiten und in der Folge eine zweyte Hauptmass.e unter dem Titel: F a u s t u n d H e l e n a , so wie später den letzten Theil: F a u s t ' s T o d für das Theater einzurichten. Die AVeimarisehe Bühne gewönne dadurch drey Stücke von grosser Bedeutung. Und zwar da sie der Art sind, dass sie alle Kräfte nach allen Seiten hin in Anspruch nehmen, so würden sie diesem altberühmten Theater gewiss zu neuer Ehre gereichen, indem es hiebey auf eine sehr hervorleuchtende Weise an den Tag legen könnte was es vermag. Denn hier ist Comödie, Tragödie, Oper, Ballet etc., alles



fi



in Einem und es hat an Phantasie, geistigem Gehalt und hoher Kunst nicht ferner seines Gleichen, wie sich zeigen wird wenn alles der Intention des Dichters gemäss zur Ausführung kommt. Weimar d. 14. Septbr. 4 4 . ' ) E.

J

) L»as Jahr ist, nachdem die erste Zahl durch Radierung entfernt, in 44 geändert worden. Ursprünglich hat hier wie auch am Schluss 34 gestanden. Die Umänderung scheint von anderer Hand erfolgt zu sein.

Bemerkung zum 1. Act. Goethe hielt sehr viel auf den Sonnenaufgang 1 ) und es wäre hübsch wenn die wachsende Helle des anbrechenden Tage? und das w i r k l i c h e H e r v o r t r e t e n e i n e r b l e n d e n d e n S o n n e auf unserm Theater auszuführen wäre, woran nicht zu zweifeln ist. Der Jnhalt des Dialogs, vornehmlich in diesem Act, ist der Art dass er über die Kenntnisse und das Interesse des allgemeinen Publicums oft hinausgeht, und er könnte nur durch besonders lebendigen und deutlichen Vortrag vorzüglich angenehm werden. Die Regie müsste also vor allem darauf halten, dass jeder Schauspieler seine Reden nicht allein durchaus verstände, sondern dass er sich dieselben auch vollkommen zu eigen machte, so dass er etwa fähig wäre sie ohne Soufleur zu recitiren.

Vgl. E e k e n m i m i , ( j c s p r ä c h e mit tiuethe ( L e i p z i g : « r o c k h a u s , G. Aull.) III, S. 117 u. 274 A n m .

E r s t e r Act. Erste Scene. Reizende Gegend. A b e n d d ä m m e r u n g , so das« von den Gebirgen im H i n t e r g r u n d e der letzte Glanz d e r untergegangenen Sonne nach und nach s c h w i n d e t . F a u s t, auf einer R a s e n b a n k mit B l u m e n u m g e b e n , ermüdet, u n r u h i g , schlafsuchend. Gesang der Elfen. (Die Elfen ganz oder ähnlich gekleidet wie im Oberen) [Frl. Wolf.] Wenn der Blüthen Frühlings-Rcgcn l'eber Alle schwebend sinkt, Wenn der Felder grüner Segen Allen Erdgebornen blinkt, Kleiner Elfen Geisterjfrösso Eilet wo sie helfen kann, Ob er heilig? ob er böse? Jammert sie der rngliicksmatm. Dieser Gesang w i r d von s a n f t e n T a n z b e w e g u n g e n eines a n d e r e n T h e i l s der E l f e n , von u n s e r n T ä n z e r i n n e n a u s g e f ü h r t , begleitet. Sie u m s c h w e b e n F a u s t u n d d r ü c k e n ihren Anthcil aus. Vielleicht macht es



sich

besser

wenn

die

10





singenden

Elfen

verborgen

bleiben, so dass der Gesang wie aus den L ü f t e n zu k o m m e n scheint.

Obiger Gesang d ü r f t e nicht allzu

rasch v o r ü b e r g e h e n .

Der Glanz

auf

den Gebirgen

ist noch f o r t w ä h r e n d sichtbar. Ariel. (Gesprochen.) [Fr. Ilettstedt.] Die R e d e geht an die t a n z e n d e n Elfen. Die ihr diess Haupt umschwebt im luft'gen Kreise, Erzeigt euch hier nach edler Elfen Weise, Besänftiget des Herzens grimmen Strauss; Entfernt des Vorwurfs glühend bittre Pfeile, Sein Innres reinigt von erlebtem Graus. Vier sind die. Pausen nächtiger Weile, Nun ohne Säumen füllt sie freundlich aus. Erst senkt sein ITaupt a u f s kühle Polster nieder, Dann badet ihn im Thau aus Lethe's Fluth; Gelenk sind bald die kampferstarrten Glieder, Wenn er gestärkt dem Tag entgegen ruht. Vollbringt der Elfen schönste Pflicht, Gebt ihn zurück dem heiligen Licht. (Sollten n u r d r e y Strophen g e s u n g e n w e r d e n , so m ü s s t e es dann h e i s s e n : D r e y sind die P a u s e n n ä c h t i g e r Weile.) Die in v o r s t e h e n d e r R e d e a n g e d e u t e t e n v i e r P a u s e n oder A b t e i l u n g e n d e r N a c h t sind d u r c h theilweise T a n z b e w e g u n g e n w ä h r e n d der n u n folgenden vier S t r o p h e n des zweyten Gesanges der Elfen a u s z u d r ü c k e n . In dem ersten E n t w u r f von Goethes



11



H a n d h a t j e d e d i e s e r S t r o p h e n eine besondere Ueberschrift, wie folgt. Gesang der Elfen. zvveyen u n d vielen abwechselnd u n d gesammelt.) Serenade. [Tenor Knopp.] W e n n sich lau die Lüfte füllen Um den grünumschränkten Plan, Süsse Düfte, Nebelhüllen Senkt die Dämmerung heran; Lispelt leise süssen Frieden, Wiegt das Herz in Kindesrull, Und den Augen dieses Müden Schliesst des Tages Pforte zu. Das Gebot Ariels: E r s t s e n k t s e i n H a u p t a u f ' s k ü h l e P o l s t e r n i ' e d e r , ist w ä h r e n d dieser S e r e n a d e von den t a n z e n d e n E l f e n d u r c h pantomimische E i n l a d u n g e n zum Schlaf a u s z u d r ü c k e n . (Einzeln,

zu

Die T h e a t e r b e l e u c h t u n g betreffend, so d a u e r t w ä h r e n d dieser ersten Strophe die A b e n d d ä m m e r u n g u n d der s c h w a c h e Schein an den Gebirgen noch eine Weile f o r t ; d a n n v e r s c h w i n d e t aller abendliche Schein. Notturno. [Alt Solo Bleyel.] Nacht ist schon hereingesimken, Schliesst sich heilig Stern an Stern: Grosse Lichter, kleine Funken, Glitzern nah und glänzen f e r n ; Glitzern hier im See sich spiegelnd, Glänzen droben klarer Nacht; Tiefsten Ruhens Glück besiegelnd Herrscht des Höndes volle Pracht.



12



Der z w e y t e Befehl A r i e l s : D a n n b a d e t i h n i m Tri a u a u s L e t h e ' s F l u t Ii, ist von den T ä n z e r i n n e n w ä h r e n d dieses Notturno symbolisch a u s z u f ü h r e n , i n d e m sie mit Muscheln aus k l e i n e n "Wasserfällen zu s c h ö p f e n u n d F a u s t zu b e s p r e n g e n scheinen. "Während dieses Notturno m u s s die T h e a t e r b e l e u c h t u n g den Effect einer h e l l e n M o n d n a c h t h e r v o r b r i n g e n . Auch einige glänzende S t e r n e m ö g e n sichtbar seyn. Matutino. [Trio, Frl. Wolf, Frl. Bleyel, Hr. Knopp.] Schon verloschen sind die Stunden, Hingeschwunden Schmerz und Glück; Fühl' es vor! Du wirst gesunden: Traue neuein Tagesblick. Thäler grünen, llügel schwellen, Buschen sich zu Sehatten-Ruh; l'nd in schwanken Silbenvellen Wogt die Saat der Krnte zu. Die t a n z e n d e n Elfen deuten auf den h e r a n n a h e n d e n Morgen, u n d ziehen sich nach u n d nach etwas in den H i n t e r g r u n d . Die M o r g e n d ä m m e r u n g wird w ä h r e n d dem Gesänge des Matutino an den Gebirgen sichtbar, und v e r b r e i t e t sich nach und nach. Reveil. Wunsch um Wünsche zu erlangen Schaue nach dem Glänze dort! Leise bist du nur umfangen, Schlaf ist Schale, wirf sie fort!



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Säume nicht dich zu erdreisten Wenn die Menge zaudernd schweift: Alles kann der Kdle leisten, Der versteht und rasch ergreift. (I'ngelieures Getiise verkündet das Herannahen der Sunne.) Glanz der Morgenröthe an den Gebirgen. Grossartige, prächtige Musik, das H e r a n n a h e n der Sonne ausdrückend. (Sollte der Vortrag aller vier S t r o p h e n des vors t e h e n d e n Elfengesanges zu l a n g b e f u n d e n w e r d e n , so w ä r e n die beyden letzten z u s a m m e n z u z i e h e n u n d z w a r folgendermassen. S c h o n v e r l o s c h e n sind die S t u n d e n , H i n g e s c h w u n d e n S c h m e r z u n d Glück. F ü h l ' es v o r ! du wirst g e s u n d e n , Traue neuem Tagesblick. S ä u m e n i c h t dich zu e r d r e i s t e n W e n n die Menge z a u d e r n d s c h w e i f t ; Alles k a n n der E d l e leisten, D e r v e r s t e h t u n d rasch ergreift.) Ariel. (Gesprochen.) Horchet,! horcht! dem Sturm der Hören, Tönend wird für Geistes-Ohren Schon der neue Tag geboren. Felsenthore knarren rasselnd, Phöbus Räder rollen prasselnd; Welch Getöse bringt das Licht! Es trominetet, es posaunet, Auge blin/.t und Ohr erstaunet, Unerhörtes hört sich nicht. Schlüpfet zu den Blumenkronen,



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Tiefer tiefer, still zu wohnen, In die Felsen, unter's Laub: Trifft es euch so seyd ihr taub. Die E l f e n v e r s c h w i n d e n die Coulissen.

auf

Die Musik hört auf.

beiden

Seiten

in

Faust erwacht.

[Scene 2.] Faust. [Hr. Grans.] Des Lebens Pulse schlagen frisch lebendig-, Aetherische Dämm'rung milde zu begrüssen: Du Erde warst auch diese Nacht beständig, Und athmest neu erquickt zu meinen Füssen, Beginnest schon mit Lust mich zu umgeben, Du regst und rührst ein kräftiges Beschliessen, Zum höchsten Daseyn immerfort zu streben. — (Umherblickend.) In Dämmerschein liegt schon die Welt erschlossen, Der Wald ertönt von tausendstimmigem Leben, Thal aus, Thal ein ist Nebelstreif ergossen: Doch senkt sich Ilimmelsklarheit in die Tiefen, Und Zweig und Aeste, frisch erquickt, entsprossen Dem duft'gen Abgrund wo versenkt sie schliefen: Auch Färb' an Farbe klärt sich los vom Grunde, W o Blum" und Blatt von Zitterperle triefen, Ein Paradies wird um mich her die Runde. F a u s t beschreibt was er um sich h e r sieht. Decoration und B e l e u c h t u n g m ü s s t e n also mit seinen Worten harmoniren. Glanz der Morgenröthe an den Gebirgen. Hinaufgeschaut! — Der Berge Gipfelriesen Verkünden schon die feierlichste Stunde: Sie dürfen früh des ewigen Lichts gemessen Das später sich zu uns hernieder wendet.



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Jetzt zu der Alpe grüngesenkten Wiesen Wird neuer Glanz und Deutlichkeit gespendet, l T nd stufenweis herab ist es gelungen; — Die S o n n e t r i t t glänzend hervor. Sie tritt hervor! — und, leider schon geblendet, Kehr' ich mich weg, vom Augenschmerz durchdrungen. So ist es also, wenn ein sehnend Iloffen Dem höchsten Wunsch sich traulich zugerungen, Erfüllungspforten findet flügeloffen: Nun. aber bricht aus jenen ewigen Gründen Ein Flammen-Uebermass, wir stehn betroffen: Des Lebens Fackel wollten wir entzünden, Ein Feuermeer umschlingt uns, welch' ein Fexicr! Ist's Lieb? Ist's Ilass? die glühend uns umwinden, Mit Schmerz und Freuden wechselnd ungeheuer, So dass wir wieder nach der Erde blicken, Zu bergen uns in jugendlichstem Schleier. So bleibe denn die Sonne mir im Rücken! Der W T assersturz, das Felsenriff durchbrausend, Ihn schau' ich an mit wachsendem Entzücken. Von Sturz zu Sturzen wälzt er jetzt in tausend Dann aber tausend Strömen sich ergiessend, •Hoch in die Lüfte Schaum an Schäume sausend. Allein wie herrlich diesem Sturm erspriessend, Wölbt sich des bunten Bogens Wechsel-Dauer, Bald rein gezeichnet, bald in Luft zerfliessend, l'mher verbreitend duftig kühle Schauer. D e r spiegelt ab das menschliche Bestreben. Ihm sinne nach und du begreifst genauer: Am farbigen Abglanz haben wir das Leben. Der von Fels zu F e l s h e r a b s t ü r z e n d e W a s s e r f a l l w ä r e wohl zu m a c h e n . Regenbogen

dürfte

D e r d a r a u s sieh e n t w i c k e l n d e schwerlich

darzustellen

seyn.



IG



Die aus dem Gebirg aufsteigenden Nebelwolken ziehen sich am Schluss dieses Monologs vor die Sonne. Zu besserem Verständniss vorstehenden Monologs stehe folgende kleine Bemerkung. Das gewaltige Licht der Sonne das ihn blendet erinnert Faust an das Feuer-Meer der Leidenschaften. Und wie er der Sonne selbst den Rücken wendet, sich aber von deren gemildertem Widerschein, als Farbe des Regenbogens, erquickt fühlt, so findet er darin die Lehre, dass es dem Glück des Menschen angemessener sey, wenn er überwältigende Leidenschaften der Liebe und des Hasses hinter sich thue und dagegen in ruhiger Betrachtung und massigem Mitgenuss sein Leben suche. Da jedoch dieser Monolog für den Zuhörer immer etwas dunkel und unbefriedigend bleiben dürfte, auch zwischen ihm und der Reichsversammlung eine grosse Lücke fühlbar ist, so möchte zu besserem Verständniss des ganzen Stückes, als eine Art von Exposition, folgende neue Scene zwischen Faust und Mephistopheles nicht unwillkommen seyn. [Scene 8.] Mephistopheles. (Herankommend, umherspürend.) Was wäre nun des strengen Herrn Belieben? Faust. Du hast dich lang' umhergetrieben.



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Mephisto. Die holde Nacht, die einz'ge Zeit zu

Thaten,

D i e s c h w a c h e Sterbliche im S c h l a f verlieren, Sie ist auch diessmal mir gerathen U m diess und j e n e s zu vollführen. I c h habe fern bis an des Meeres W o g e n U n d hin und her das weite Land D a gab es denn, in mancherley Hier dies dort j e n e s zu

durchzogen;

Bezirken,

bewirken

Z u bessrem A u f s c h w u n g edler Seelen. S o l l ich dir e t w a diess und das erzählen? Faust. V e r s c h o n e mich, ich mag davon nichts h ö r e n ! I c h hasse dich und dein B e g e h r e n , Ich k e n n e ganz die Hichtung deiner Macht. G e w i s s ! w i e du seit vielen tausend Mit dem Geschick der Sterblichen

Jahren verfahren.

S o triebst du es auch diese Nacht. W a r d i r g e n d w o ein j u n g e s Weib v e r f ü h r t . Ein J ü n g l i n g um sein bessres Selbst betrogen, D e s A u f r u h r s F l a m m e t ü c k i s c h angeschürt, Und Stadt und Sohloss ein Ranb der F e u e r w o g e n ; Floss i r g e n d w o in mitternächt'ger

Stunde

E i n edles Blut aus falschen Dolches

Wunde;

S o kann man, ohne mehr zu wissen, Getrost auf dich und deine T h a t e n

schliessen.

Mephistopheles. D u w a r s t indess, w i e ich vernommen, Umgeben von der Schaar der F i o m m e n . Sie w a r e n hübsch, man muss gestehn, Besonders wie sie sich im T a n z e drehn. Eckermann, Goethes Faust a. H. d. K.

2



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Sie schienen ganz nach deiner Laune, Es waren Blonde, waren Braune, Und alle liebevoll um dich bemüht. Auf blumigem Rasen war dir weich gebettet, Mit Blumen warst du angekettet, Ach, und sie sangen welch erbaulich Lied! — Du warst wohl ganz im süssen Traum verloren? Du weisst wohl kaum wie dir geschehn? Du hast wohl nichts von alle dem gesehn? Allein gesteh: du bist wie neugeboren! Du fühlest neues Leben, neue Stärke! Faust. Ich fühle Kraft zu jedem guten Werke. — Sey das Vergangne hinter mir gethan! Was ich erduldet sey vergessen, Verschmerzet jedes Glück das ich besessen; Betret' ich nun die neue höh're Bahn. Mephistopheles. Ich denke gern vergangner Zeit, ich kenn' ein Lied und werd' es treu erfüllen: „ L a s s in den T i e f e n d e r S i n n l i c h k e i t Uns g l ü h e n d e L e i d e n s c h a f t e n stillen!" — Nicht wahr? es ging in diesem Ton. Sey ohne Furcht, ich werd' es nie vergessen. Dein ganzes Glück, so wie du es besessen, Es blüht noch irgendwo, wir finden's schon. Faust. Scheinst du doch bloss zur Qual mir beygegeben! — Mein bessres Selbst, mein hüh'res Streben Wird nie von dir begriffen und gefasst. Ich hab" erprobt was du gewähret; —



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-

Doch durch Vergangnes längst belehret Ist deine Leitung mir foitan verhasst. Zu Hexenküchen, wüsten Brockenscenen, Zu Tringgelagen, junger Mädchen Brust. Und dunkler Sinne ähnlich wildem Wust Werd ich hinfort mich nicht bequemen. Das sey zerrissen mit den Sohlen. Wir wollen das nicht wiederholen. Mephistopheles. Da hälst du wohl dein Leben für verloren? — Wie schade! dass du nicht zum Thron geboren. Faust. Wenn auch nicht das, doch will ich dir gestehn, Dass ich was Ähnliches im Sinne trage. Die Thaten, die vom Throne aus geschehn, Sie sind im Volk nur eine dunkle Sage, Der Glocke ähnlich die man hört, Vom innren Trieb und Wirken unbelehrt. Mephistopheles. So geht dein Trachten nach der Könige Tischen, Ganz nah zu sehn wie sich die Karten mischen? Faust. Ein müssig Zusehn wird mir nie genügen. Mitwirkend mich dem ersten anzufügen, Das wäre so nach meinem Plan, Es knüpften wohl sich grosse Folgen dran. Doch was ich denke wie dies kann geschehen. Wohin zunächst beschlossen ist zu gehen, Verberg' ich noch in meiner Seele. Komm' und vollbringe was ich dir befehle. (»*>•) 2*

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Mephistopheles. Als wüsst" ich nicht was er im Schilde hat! Er fühlt sich wundergross und wunderweise! Auf gradem Weg geht's nach der Kaiserstadt! — Ich wünsch' ihm. Glück zu dieser neuen Reise. 1 ) [4te.] Zvveyte Scene. Saal im Kaiserlichen Pallast. Der Thron wird vorgeschoben. Eine prächtige vollstimmige Musik beginnet. Es treten ein: Der Canzler, der Heej-meister, der Schatzmeister, der Marschalk, in Erwartung des Kaisers. Sodann, im Fortgange der Musik, T r o m p e t e n , verkündigen des Kaisers Annäherung. Die Musik wird marschartig und es treten ein: Bewaffnete, Hellebardenträger und dergl. die sich auf der' Bühne umher rangiren. Sodann Kitter, Pagen, und übrige Hofdienerschaft stellen sich ar, ihre Plätze. D e r K a i s e r tritt ein; die lange Schleppe seines Purpurmantels von zwey Pagen getragen. Alle Ritter und: Dienerschaft prächtig gekleidet, und. alles mit reichem Golde verziert, damit Mephistopheles Recht hat, wenn er später auf die reiche Kleidung anspielt. Der Kaiser gelangt auf den Tliron, zu seiner Rechten stellt sich der A s t r o l o g . Die Musik hört auf, der Dialog nimmt seinen Anfang. Der Kaiser

Kaiser. ein junger, vergnügungssüchtiger,

'} Vgl. C. v. Beaulieu-Marconnay, Zur Aufführung des 2. Theils von laust, Goethe-Jahrbuch, Bd. 2,1881, S. 445 f.



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sorgloser Mann. Die Rolle ist von B e d e u t u n g u n d es w ü r d e Hr. Genast d a f ü r alle E r f o r d e r n i s s e h a b e n . ' ) Ich grüsse die Getreuen, Lieben, Versammelt aus der Näh' und Weite; — Den Weisen seh' ich mir zur Seite, " Allein wo ist der Narr geblieben? •Junker. Gleich hinter deiner Mantel-Schleppe Stürzt' er zusammen auf der Treppe, Man trug hinweg das Fett-Gewicht, Todt oder trunken? weiss man nicht. Zweyter Junker. Sogleich mit wunderbarer Schnelle Drängt sich ein andrer an die Stelle: Gar köstlich ist er aufgeputzt, Doch fratzenhaft dass jeder stutzt; Die Wache hält ihm an der Schwelle Kreuzweis die Hellebarden vor — Da ist er doch der kühne Thor! Mephistopheles (am Throne knieeud).

Mephistopheles in der K l e i d u n g eines H o f n a r r e n , doch e t w a s a u f f a l l e n d , g e p u t z t u n d phantastisch. Was ist verwünscht und stets willkommen? Was ist ersehnt und stets verjagt? Was immerfort in Schutz genommen? Was hart gescholten und verklagt? Wen darfst du nicht herbeiberufen? W e n höret jeder gern, genannt? Was naht Sich deines Thrones Stufen? Was hat sich selbst hinweggebannt? ') Vgl. Kckermann, Gespräche III, S. 131 f.



2-2



Kaiser. Für diessmal spare deine Worte! Hier sind die Räthsel nicht am Orte, Das ist die Sache dieser Herrn. — Da löse du! das hört' ich gern. Mein alter Narr ging, furcht' ich, weit in's Weite: Nimm seinen Platz und komm an meine Seite. Mephistopheles (steigt hinauf und stellt sich zur Unken).

G e m u r m e l d e r Menge. Das Gemurmel musikalisch, monoton mit geringer Begleitung, verschiedene Stimmen.') Ein neuer Narr — Zu neuer Pein — Wo kommt er her — Wie kam er ein — Der alte fiel — der hat verthan — Es war ein Fass — Nun ist's ein Span — Kaiser. Und also ihr Getreuen, Lieben, Willkommen aus der Näh' und Ferne! Ihr sammelt euch mit günstigem Sterne; Da droben ist uns Glück und Heil geschrieben. Doch sagt warum in diesen Tagen, Wo wir der Sorgen uns entschlagen, Schönbärte raummenschänzlich tragen Und Heitres nur geniessen wollten, Warum wir uns rathschlagend quälen sollten? Doch weil ihr meint es ging nicht anders an, Geschehen ist's, so sey's gethan. C a n z 1 e r. Der Canzler, bejahrt, würde f ü r Hrn. Graf passen. Die höchste Tugend, wie ein Heiligen-Schein, Umgibt des Kaisers Haupt, nur er allein ') Vgl. Eckermann, Gespräche III, S. 132.



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Vermag sie gültig auszuüben: Gerechtigkeit! — Was alle Menschen lieben, Was alle fordern, wünschen, schwer entbehren, Es liegt an ihm dem Volk' es zu gewähren. Doch ach! Was hilft dem Menschengeist Verstand, Dem Herzen Güte, Willigkeit der Hand, Wenn's fieberhaft durchaus im Staate wüthet, Und Uebel sich in Uebeln überbrütet. W e r schaut hinab von diesem hohen Raum in's weite Reich, ihm scheint's ein schwerer Traum, Wo Missgestalt in Missgestalten schaltet, Das Ungesetz gesetzlich überwaltet, Und eine Welt des Irrthums sich entfaltet. Der raubt sich Heerden, der ein Weib, Kelch, Kreuz u n d Leuchter vom Altare, Berühmt sich dessen manche Jahre Mit heiler Haut, mit unverletztem Leib. Jetzt drängen Kläger sich zur Halle, Der Richter prunkt auf hohem Pfühl, Indessen wogt in grimmigem Schwalle Des Aufruhrs wachsendes Gewühl. Der darf auf Schand' und Frevel pochen Der auf Mitschuldigste sich stützt, U n d : S c h u l d i g ! hörst du ausgesprochen W o Unschuld nur sich selber schützt. So will sich alle Welt zerstückeln, Vernichtigen was sich gebührt; Wie soll sich da der Sinn entwickeln Der einzig uns zum Rechten f ü h r t ? Zuletzt ein wohlgesinnter Mann Neigt sich dem Schmeichler, dem Bestecher; Ein Richter, der nicht strafen kann, Gesellt sich endlich zum Verbrecher: Ich malte schwarz, doch dichtem Flor



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Zog ich dem Bilde Heber vor. (Pause.)

Entschlüsse sind nicht zu vermeiden, W e n n alle schädigen, alle leiden, Geht selbst die Majestät zu Raub. Ii e e r m e i s t e r. H e e r m e i s t e r d e r b und k r ä f t i g . Wie tobt's in diesen wilden Tagen! Ein jeder schlägt und wird erschlagen, Und für's Commando bleibt man taub. Der Bürger hinter seinen Mauern, Der Ritter auf dem Felsennest, Verschwuren sich uns auszudauern Und halten ihre Kräfte fest. Der Miethsoldat wird ungeduldig, Mit Ungestüm verlangt er seinen Lohn, Und wären wir ihm nichts mehr schuldig Er liefe ganz und gar davon. Verbiete wer was Alle wollten, Der hat ins Wespennest gestört; Das Reich das sie beschützen sollten, Es liegt geplündert und verheert. Man lässt ihr Toben, wüthend Hausen, Schon ist die halbe Welt verthan; Es sind noch Könige da draussen, Doch keiner denkt es ging' ihn irgend an. S chatz meister. W e r wird auf Bundsgenossen pochen! Subsidien die man uns versprochen, Wie Röhrenwasser bleiben us. Auch Herr, in deinen weiten Staaten . An wen ist der Besitz gerathen? Wohin man kommt da hält ein neuer Ifaus, Und unabhängig will er leben;



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Zusehen muss man wie er's treibt; Wir haben so viel Rechte hingegeben, Dass uns auf nichts ein Recht mehr übrig bleibt. Auch auf Parteyen, wie sie heissen, Ist heut zu Tage kein Verlass; .Sie mögen schelten oder preisen, Gleichgültig wurden Lieb und lfass. Die Ghibellinen wie die Guelfen Verbergen sich um a u s z u r u h n f W e r jetzt will seinem Nachbar helfen? Ein jeder hat f ü r sich zu thun. Die Goldespforten sind verrammelt, Ein jeder kratzt und scharrt und sammelt Und unsre Cassen bleiben leer. M a r s c h a 1 k. Welch Unheil muss auch ich erfahren; Wir wollen alle Tage sparen Und brauchen alle Tage mehr. Und täglich wächs't mir neue Pein. Den Köchen thut kein Mangel wehe; Wildschweine, Hirsche, Ilasen, Rehe, Welschhühner, Hühner, Gans' und Enten. Die Deputate, sichre Renten, Sie gehen noch so ziemlich ein. Jedoch am Ende fehlt's an Wein. Wenn sonst im Keller Fass an Fass sich häufte, Der besten Berg' und Jahresläufte, So schlürft unendliches Gesäufte Der edlen Herrn den letzten Tropfen aus. Der Stadtrath muss sein Lager auch verzapfen, Man greift zu Humpen, greift zu Näpfen, Und unterm Tische liegt der Schmaus. Nun soll ich zahlen, alle lohnen; Der J u d e wird mich nicht verschonen.



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Der schafft Anticipationen, Die speisen J a h r um J a h r voraus. Die Schweine kommen nicht zu Fette, Verpfändet ist der Pfühl im Bette, l'nd auf den Tisch kommt vorgegessen Brod. Kaiser (nach einigen) "Nachdenken zu Mephistopheles). Sag, weisst du Narr nicht auch noch eine Noth? Mephistopheles. Ich keineswegs. Den Glanz umherzuschauen, Dich und die deinen! — Mangelte Vertrauen, AVo Majestät unweigerlich gebeut? Bereite Macht Feindseliges zerstreut, W o guter Wille, kräftig durch Verstand, l'nd Thätigkeit, vielfältige, zur Hand? Was könnte da zum Unheil sich vereinen, Zur Finsterniss, wo solche Sterne scheinen? Gemurmel. Das ist ein Schalk, — der's wohl versteht — Kr lügt sich ein — So lang' es geht — Ich weiss schon — was dahinter steckt — l'nd was denn weiter? — Ein Project — Mephistopheles. Wo fehlt's nicht irgendwo auf dieser Welt? Dem diess, dem das, hier aber fehlt das Geld. Vom Estrich zwar ist es nicht aufzuraffen; Doch Weisheit weiss das Tiefste herzuschaffen. In Bergesadern, Mauergründen Ist Gold gemünzt und ungemünzt zu finden, L'nd fragt ihr mich wer es zu Tage schafft: Begabten Mann's Natur- und Geisteskraft. Canzler. Natur und Geist — so spricht man nicht zu Christen. Desshalb verbrennt man Atheisten



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Weil solche Reden höchst gefährlich sind. Natur ist Sünde, Geist ist Teufel; Sie hegen zwischen sich den Zweifel, Ihr missgestaltet Zwitterkind. Uns nicht so! — Kaisers alten Landen Sind zwey Geschlechter nur entstanden, Sie stützen würdig seinen Thron: Die Heiligen sind es und die Ritter ; Sie stehen jedem Ungewitter Und nehmen Kirch' und Staat zum Lohn, Dem Pöbelsinn verworr'ner Geister Entwickelt sich ein Widerstand, Die Ketzer sind's! die Hexenmeister! Und sie verderben Stadt und Land. [Zu Mephistopheles').] Die willst du nun mit frechen Scherzen In diese hohen Kreise schwärzen, Ihr hegt euch an verderbtem Herzen, Dem Narren sind sie nah verwandt. Mephistopheles. ich den gelehrten Herrn! tastet, steht euch meilenfern; fasst, das fehlt euch ganz und gar; rechnet, glaubt ihr sey nicht wahr; wägt, hat für euch kein Gewicht; münzt, das, meint ihr, gelte nicht. Kaiser. [Zum Canzler 2 ).] Dadurch sind unsre Mängel nicht erledigt, Was willst du jetzt mit deiner Fastenpredigt?

Daran erkenn' Was ihr nicht Was ihr nicht Was ihr nicht Was ihr nicht Was ihr nicht

') Mit Blei später hinzugefügt und mit Tinte von anderer Hand nachgezogen. 2 ) Wie oben.



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Ich hahe satt das ewige Wie und W e n n ; [Zu M e p h i s t o p h e l e s ' ) . ] Ks fehlt an Geld, nun gut, so schaff' es denn! Mephistopheles. . Ich schaffe was ihr wollt und schaffe mehr: Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer. Es liegt schon da, doch um es zu erlangen Das ist die Kunst, wer weiss es anzufangen? Bedenkt doch n u r : in jenen Schreckensläuften, Wo Menschenfluthen Land u n d Volk ersäuften, Wie der und der, so sehr es ihn erschreckte, Sein Liebstes da- und dortwohin versteckte: So war's von je in mächtiger Römer Zeit, Und so fortan bis gestern, j a bis heut. Das alles liegt im Boden still begraben, Der Boden ist des Kaisers, der soll's haben. Schatzmeister. Für einen Narren spricht er gar nicht schlecht, Das ist fürwahr des alten Kaisers Recht. 2 ) Canzler. Der Satan legt euch goldgewirkte Schlingen, Es geht nicht zu mit frommen rechten Dingen. Marschalk. Schafft er uns nur zu Hof willkommne Gaben, Ich wollte gern ein bisschen Unrecht haben. Ileermeister. Der Narr ist klug, verspricht \Vas jedem frommt: Fragt , der Soldat doch nicht woher es kommt. ') Wie auf S. 27. , -') „des alten Kaisers Recht" ist gestrichen und wi« oben in [des Kaisers altes Recht] verbessert.



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Mephistopheles. Und glaubt ihr euch vielleicht durch mich betrogen: Hier steht ein Mann! da! fragt den Astrologen. In Kreis' um Kreise kennt er Stund' und Haus, So sage denn: wie sieht's am Himmel aus? Gemurmel. Zwey Schelme sind's — Verstehn sich schon — Narr und Phantast — So nah dem Thron — Ein mattgesungen — alt Gedicht — Der Thor bläs't ein — der Weise spricht: — Astrolog (spricht, Mephistopheles bläs't ein).

Die Sonne selbst sie ist ein lautres Gold, Mercur der Bote dient um Gunst und Sold, Frau Venus hat's euch allen a,ngethan, So früh als spat blickt sie euch lieblich a n : Die keusche Luna launet grillenhaft, Mars trifft er nicht, so dräut euch seine Kraft. Und Jupiter bleibt doch der schönste Schein, Saturn ist gross, dem Auge fern und klein, Ihn als Metall verehren wir nicht sehr, An Werth gering, doch im Gewichte schwer. J a ! wenn zu Sol sich Luna fein gesellt, Zum Silber Gold, dann ist es heitre W e l t : Das Uebrige ist alles zu erlangen: Paläste, Gärten, Brüstlein, rothe Wangen, Das alles schafft der hochgelahrte Mann, Der das vermag was unser keiner kann. Kaiser. Ich höre doppelt was er spricht Und dennoch überzeugt's mich nicht. Gemurmel. Wras soll uns das — Gedroschncr Spass





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Calenderey — Chymisterey — Das hört ich oft — Und falsch gehofft — Und kommt er auch — So ist's ein Gauch — Mephistopheles. [Zur M e n g e 1 ) . ] Da stehen sie umher und staunen, Vertrauen nicht dem hohen F u n d : Der eine faselt von Alraunen, Der andre von' dem schwarzen Hund. Was soll es dass der eine witzelt, Ein andrer Zauberey verklagt, Wenn ihm doch auch einmal die Sohle kitzelt, Wenn ihm der sichre Schritt versagt. Ihr alle fühlt geheimes Wirken Der ewig waltenden Natur, Und aus den untersten Bezirken Schmiegt, sich herauf lebend'ge Spur. W e n n es in allen Gliedern zwackt, W e n n es unheimlich wird am Platz, Nur gleich entschlossen grabt und hackt, Da liegt der Spielmann, liegt der Schatz! Gemurmel. Mir liegt's im Fuss wie Bleigewicht — Mir krampft's im Arme - das ist Gicht — Mir krabbelt's an der grossen Zeh' — Mir thut der ganze Rücken weh —• Nach solchen Zeichen wäre hier Das allerreichste Schatzrevier. Kaiser. Nur eilig! du entschlüpfst nicht wieder, Erprobe deine Lügenschäume, i) Wie auf S. 27.

Und zeig uns gleich die edeln Bäume. Ich lege Schwert und Scepter nieder, Und will mit eignen hohen Händen, Wenn du nicht lügst, das Werk vollenden, Dich, wenn du lügst, zur Hölle senden! Mephistopheles. Den Weg dahin wüsst' allenfalls zu finden Doch kann ich nicht genug verkünden Was überall besitzlos harrend liegt. Der Bauer, der die Furche pflügt, Hebt einen Goldtopf mit. der Scholle, Salpeter hofft er von der Leimenwand Und findet golden-goldne Rolle Erschreckt, erfreut in kümmerlicher Hand. Was für Gewölbe sind zu sprengen, In welchen Klüften, welchen Gängen Muss sich der Schatzbewusste drängen, Zur Nachbarschaft der Unterwelt! In weiten, allverwalirten Kellern, Von goldnen Humpen Schüsseln, Tellern, Sieht er sich Reihen aufgestellt; Pokale stehen aus Rubinen, Und will er deren sich bedienen 1) aneben liegt urates Nass. Doch — werdet ihr dem Kundigen glauben Verfault ist längst das Holz der Dauben, Der Weinstein sclmf dem Wein ein Fass. Kssenzen solcher edlen Weine, Gold und Juwelen nicht alleine, Umhüllen sich mit Nacht und Graus. Der Weise forscht hier unverdrossen, Am Tag' erkennen das ind Possen, Im Finstern sind Mysterien zu Haus.



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Kaiser. Die lass ich dir! W a s will das Düstre frommen? Hat etwas Werth, es rnuss zu Tage kommen. W e r kennt den Schelm in liefer Nacht genau ? Schwarz sind die ICiihe, so die Katzen grau. Die Töpfe drunten, voll von Goldgewicht; Zieh' deinen Pflug, und ack're sie an's Licht. M ephi s top heles. Nimm Hack' und Spaten, grabe selber, Die Bauernarbeit macht dich gross, Und eine Heerde goldner Kälber Sie reissen sich vom Boden los. Dann ohne Zaudern, mit Entzücken, Kannst du dich selbst, wirst die Geliebte schmücken; Ein leuchtend Färb- und Glanzgestein erhöht Die Schönheit wie die Majestät. Kaiser. Nur gleich, nur gleich! Wie lange soll es währen! A s t r o l o g (wie oben). [Mephistopheles b l ä s ' t e i n 1 ) . ] Herr, massige solch dringendes Begehren! Lass erst vorbei das bunte Freudenspiel: Zerstreutes Wesen führt uns nicht zum Ziel. Erst müssen wir in. Fassung uns versühnen, Das Untre durch das Obere verdienen. Wer Gutes will, der sey erst gut; W e r Freude will, besänftige sein Blut; W e r Wein verlangt, der keltre reife Trauben; W e r W u n d e r hofft, der stärke seinen Glauben. Kaiser. So sey die Zeit in Fröhlichkeit verthan! ') Wie auf S. 27.

l"nd ganz erwünscht kommt Aschermittwoch an. Indessen feiern wir, auf jeden Fall, Xur lustiger das wilde Carneval. Vollstimmige Musik. Kaiser und Versammlung ziehen ab. Sobald der Saal leer ist hört die Musik auf und Mephistopheles spricht seine Verse. Mephistopheles. Wie sich Verdienst und Glück verketten Das fällt den Thoren niemals ein; Wenn sie den Stein der Weisen hätten Der Weise mangelte dem Stein. Der Vorhang fällt.

Eckennauu, Guellio.s Faust a. H. d. K.

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Zweyter Act.

Bemerkungen. Es wird zu diesem Act das ganze Theater-Personal angewendet. Die Personen dieses Carneval kommen nicht mit auf den Theater-Zettel, den Herold und wenige andere ausgenommen. Die Gesichter bleiben frey, die Maske wird am Arm getragen. Alle Masken bey denen das Costum nicht angegeben i s t , sind italiänisch zu kleiden; denn das ganze ist eine Nachahmung des italienischen Carneval, oder vielmehr eine Verpflanzung desselben auf deutschen Grund und Boden 1 ). Die beynotirte Besetzung ist ein bescheidener Versuch, wobey man keine andere Absicht hatte, als zu erfahren, ob unsere Weimarischen Mittel zu einem so grossen Unternehmen hinreichen. ') Vgl. Eckermann, Gespräche II, S. 108f.

Zweyter Act. [Scene 1.] Weitläufiger Saal, mit offenen E i n - u n d A u s g ä n g e n n a c h b e i d e n S e i t e n , verziert und aufgeputzt zur Mummenschanz. Herold. (Der Herold vielleicht Hr. AVinterberger.) Denkt nicht ihr seyd in deutschen Gränzen Von Teufels-, Narren- und Todtentänzen: Ein heitres Fest erwartet euch. Der Herr, auf seinen Römerzügen, Hat, sich zu Nutz, euch zum A r ergnügen, Die hohen Alpen überstiegen, Gewonnen sich ein heitres Reich. Der Kaiser, er, an heiligen Solen Erbat sich erst das Recht zur Macht, Fnd als er ging die Krone sich zu holen, llat er uns auch die Kappe mitgebracht. Nun sind wir alle neugeboren: Ein jeder weltgewandte Manu Zieht sie behaglich über Kopf und Ohren; Sie ähnelt ihn verrückten Thoren, Er ist darunter weise wie er kann. Die Musik h i n t e r der Scene b e g i n n t , m a n c h e r l e y Masken ziehen h e r e i n .



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Ich sehe schon wie sie sich schaaren, Sich schwankend sondern, traulich paaren; Zudringlich schliesst sich Chor an Chor. Herein, hinaus, nur unverdrossen; Es bleibt doch endlich nach wie vor, Mit ihren hunderttausend Possen Die Welt ein einz'ger grosser Thor. [Scene 2.] Gärtnerinnen. R e i z e n d g e s c h m ü c k t in florentinischer Volkstracht. Sie t r a g e n leichte K ö r b e mit g e m a c h t e n B l u m e n auf den K ö p f e n u n d am A r m e . Wo möglich n ä h m e auch die Melodie einen italiänischen Character. [Solo, Frl. Wolf.] (Gesang begleitet von Mandolinen.)

Euren Beifall zu gewinnen Schmückten wir uns diese Nacht, Junge "Florentinerinnen, Folgten deutschen Hofes Pracht; Tragen wir in braunen Locken Mancher heitern Blume Zier; Seidenfäden, Seidenflocken Spielen ihre Rolle hier. Denn wir halten es verdienstlich, Lobenswürdig ganz und gar: Unsere Blumen, glänzend künstlich, Blühen fort das ganze Jahr. Allerlei gefärbten Schnitzeln Ward symmetrisch Kecht gethan; Mögt ihr Stück f ü r Stück bewitzeln, Doch das Ganze zieht euch an.



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Niedlich sind wir anzuschauen, Gärtnerinnen und galant; Denn das Naturell der Frauen Ist so nah mit Kunst verwandt. Herold. (Gesprochen) Lass die reichen Körbe sehen Die ihr auf den Tläupten traget, Die sich bunt am Arme blähen: Jeder wähle was behaget. Eilig! dass in Laub und Gängen Sich ein Garten offenbare, Würdig sind sie zu umdrängen Krämerinnen wie die Waare. Gärtnerinnen. Feilschet nun am heitern Orte, Doch kein Markten finde statt! Und mit sinnig kurzem Worte Wisse jeder was er hat. 1 ) Während putzen

die

dem Gesänge

dieser letzten

'

Strophe

Gärtnerinnen unter grünen Laubgängen

zierlich ihren Kram auf. [Scene 2.] Gärtner. Gleichfalls im italienischen Costum. Sie tragen leichte Körbe mit allerley im Liede benannten Früchten. Sie nehmen die gegenüberstehende Seite des Theaters ein. (Osang bcglcilet von Throihen.) ') Die nachfolgende Scene fehlt.



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[Solo Knopp.] Blumen sehet ruhig' spriessen, Reizend euer Haupt umzieren, Früchte wollen nicht verführen, Kostend mag man sie gemessen. Bieten bräunliche Gesichter Kirschen, Pfirschen, Königspflaumen, K a u f t ! denn gegen Zung' und Gaumen Hält sich Auge schlecht als Richter. Kommt! von allérreifsten Früchten Mit Geschmack und Lust zu speisen; lieber Rosen lässt sich dichten, In die Aepfel muss man beissen. Sey's erlaubt uns anzupaaren Eurem reichen Jugendflor, l ' n d wir putzen reifer Waaren Fülle nachbarlich empor. Unter lustigen Gewinden, In geschmückter Lauben Bucht, Alles ist zugleich zu finden: Knospe, Blätter, Blume, Frucht. (Unter Wechselgesang, begleitet von Guitarren und Theorben, fahren beide Chöre fort ihre Waaren stufenweis in die Höhe zu schmücken und auszubieten.) Beyde Chöre. Feilschet n u n a m h e i t e r n Orte, Doch keiii Markton finde s t a t t ! U n d mit sinnig k u r z e m W o r t e Wisse j e d e r w a s er hat. A l l e r l e y Masken k a u f e n B l u m e n und F r ü c h t e . Die K ö r b e v e r s c h w i n d e n nach u n d nach so w i e sie leer sind.



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[Scene 3.] M u t t e r und T o c h t e r . Mutter. Madame Unzelmann und eine T ä n z e r i n . Mädchen als du kamst an's Licht Schmückt ich dich im Häubchen, Warst so lieblich von Gesicht, Und so zart am Leibchen. Dachte dich sogleich als Braut., Gleich dein Reichsten angetraut, Dachte dich als Weibchen. Ach! nun ist schon manches J a h r Ungenützt verflogen, Der Sponsirer bunte Schaar Schnell vorbei gezogen: Tanztest mit dem Einen flink, (iahst dem Andern stillen Wink Mit dem Ellenbogen. Welches Fest man auch ersann, Ward umsonst begangen: Pfänderspiel und dritter Mann Wollten nicht verfangen, H e u t e k o m m s t du wohl a n ' s Ziel, Heute giebt's der N a r r e n viel, Bleibt wohl einer h a n g e n . Gespielinnen fjini^' unil soll«i]i gesellen sich hinzu, rin vertrauliches Geplauder wird laut). Diese Gespielinnen b e s t ä n d e n aus unsern T ä n z e r i n n e n , gekleidet als P i s c h e r i n n e n mit Netzen. F i s c h e r mit A n g e l r u t h e n t r e t e n auf und mischen sich nnter sie. Wechselseitige V e r s u c h e zu g e w i n n e n , zu fangen, zu e n t g e h e n u n d f e s t z u h a l t e n geben Gelegen-



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lieit zu e i n e m a n m u t h i g e n B a l l e t Minuten.

von fünf bis acht

V i e l l e i c h t wäre a u c h ein italiänischer V o l k s -

tanz auszuführen.

F i s c h e r und F i s c h e r i n n e n im italiä-

n i s c h e n Costum, e t w a w i e in Zampa.

"Wollte m a n sie,

der A b w e c h s l u n g w e g e n , v i e l l e i c h t im s p a n i s c h e n oder einem anderen schönen National-Costüm

erscheinen

lassen, so wäre a u c h nichts d a g e g e n zu erinnern. II o 1 z h a u e r ( t r e t e n ein u n g e s t ü m u n d u n g e s c h l a c h t )

D r e y bis vier.

F i n e r redet,

e t w a Hr. Schorrnüiller.

D i e s e sind n o t h w e n d i g damit das T h e a t s r w i e d e r e i n i g e r m a s s e n frei w e r d e . [llr. Hüter.] Nur Platz! nur Blosse! Wir brauchen Räume, Wir fällen Bäume Die krachend schlagen: l.'nd wenn wir tragen Da gibt es Stusse. Zu unserm Lobe Bringt diess in's Reine: Denn wirkten Grobe Nicht auch im Lande, Wie kämen Feine Für sich zu Stande, So sehr sie witzten ? Des seyd belehret: Denn ihr erfröret Wenn wir nicht schwitzten. Pulcinel 1 e ( t ä p p i s c h , fnst ]:ippiseh).

Gleichfalls drey Herr Streit.

bis

vier.

Einer

redet,

etwa



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[Hr. Jendersky.] Ihr seyd die Thoren Gebückt geboren; W i r sind die Klugen Die nie was t r u g e n : Denn unsre Kappen Jacken und Lappen Sind leicht zu tragen; Und mit Behagen Wir immer müssig, Pantoffelfüssig, Durch Markt und ilaufen Kinher zu laufen, Gaffend zu stehen Uns anzulsrähen; Auf solche Klänge Durch Drang und Menge Aalgleich zu schlüpfen, Gesarymt zu hüpfen, Vereint zu toben. Ihr mögt uns loben, Ihr mögt uns schelten, Wir lassen's gelten. Die Pulcinelle m ü s s t e n bleiben bis a n ' s E n d e des C a r n e v a l s , u n d Einer und der A n d e r e hin u n d w i e d e r i m m e r einmal wieder h e r v o r t a u c h e n . Parasiten (s< Ii mi'ii'lidnd-lüstern). [Hr. Ilettstedt.] Von diesen Schmarotzern gleichfalls drey b i s v i e r , dickleibig mit glänzenden Backen. Sie sind d a r z u s t e l l e n , als ob sie eben von Tisch k o m m e n , vielleicht noch die Serviette u n d h a l b g e f ü l l t e W e i n -



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gläser in den H ä n d e n . Sie sind n o t h w e n d i g , d e n n sie bilden den Clior beym Liede des T r u n k e n e n . Ihr wackern Träger Und eure Schwäger Die Kohlenbrenner, Sind unsre Männer; Denn alles Bücken, Bejah'ndes Nicken, Gewundne Phrasen, Das Doppelblasen, Das wärmt und kühlet Wie's einer fühlet, W a s könnt' es frommen? Ks milchte Feuer Selbst ungeheuer Vom Himmel kommen, Gab' es nicht Scheite Und Kohlentrachten, Die Herdesbreite Zur Glutli entfachten. Da brät's und prudelt's, Da kocht's und strudelt's. Der wahre Schmecker, Der Tellerlecker, Kr riecht den Braten, Kr ahnet Fische; Das regt zu Thaten An Gönners Tische. Ii i n T r u 11 k e n e r. [llr. Stromeier.] Singend. Ein g e f ü l l t e s Glas in der Iland. Seine T r u n k e n h e i t n i m m t w ä h r e n d dem Liede zu, doch hält er sich in der Gränze des A n s t ä n d i g e n .



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Sey mir heute nichts zuwider! Fühle mich so frank und frei; Frische Lust und heitre Lieder Holt' ich selbst sie doch herbei. Tnd so trink ich! Trinke, trinke! Stosset au ihr! Tinke, linke! Du dort hinteil komm heran! Stosset an, so ist's gethan. Schrie mein Weibchen doch entrüstet, Rümpfte diesem bunten Rock, l'nd, wie sehr ich mich gebrüstet, Schalt mich einen Maskenstock. Doch ich trinke! trinke, trinke! Angeklungen! Tinke, tinke! Maskenstöcke stosset a n ! W e n n es klingt, so ist's gethan. Saget nicht dass ich verirrt bin, Bin ich doch wo mir's behagt. Borgt der Wirth nicht, borgt die Wirthin, l'nd am Ende borgt die Magd. Immer trink' ich! Trinke, trinke! Auf ihr Andern! Tinke, tinke! Jeder jedem! so fortan! Dünkt mich's doch es sey gethan. Wie und wo ich mich vergnüge Mag es immerhin geschehn; Lasst mich liegen wo ich liege, Denn ich mag nicht länger stehn. C h o r. Jeder Bruder trinke, trinke! Toastet frisch ein Tinke, Tinke!



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Jeder jedem! so fortan! Dem am Boden ist's gethan.") Die Gläser miissten bey dem Tinke! Tinke! einen guten Klang geben. Die beydea letzten Verse jeder Strophe würden vielleicht immer vom Chor wiederholt. (Der Trunkene miisste gut besetzt werden, vielleicht durch Herrn Franke, oder Herrn Stromever. Er fällt in der Nähe der Coulisse, so dass er leicht verschwinden kann.) Es ist bey diesem Arrangement nebenbey auf glänzende Contraste abgesehen. Nach dem anmuthigen Ballet treten auf: die derben stämmigen Holzhauer. Nach diesen die schlanken behenden Pulcinelle. Darauf die dickbäuchigen Schmarotzer. Und nachdem nun diese mit dem Betrunkenen sich beseitigt haben, werden die G r a z i e n eine willkommene Erscheinung seyn, die uns in eine höhere Welt einführen. Die Grazien. Aglaia. [Frl. Baum I.] Anmuth bringen wir ins Leben; Leget Anmuth in das Geben. Hegemone. [Frl. Baum II.] Leget Amnuth in's Empfangen, Lieblich ist's den Wunsch erlangen. ') Die vier Verse des Satyrikers fehlen.



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E u p h r o s y n e. [Frl. Ulrich.] l'nd in stiller Tage Schranken Höchst anrauthig sey das Danken. Vielleicht zu besetzen durch Dem. Gebhardt, Dem. Hessling, Dem. Höfer. Die P a r z e n . A t r o p os. Alt. Vielleicht Mad. Durand. [Mad. Seidel.] Mich die älteste zum Spinnen Hat man diessmal eingeladen; Viel zu denken, viel zu sinnen Gibt's beim zarten Lebensfaden. T)ass er euch gelenk und weich sey Wusst' ich feinsten Flachs zu sichten; Dass er glatt und schlank und gleich sey Wird der kluge Finger schlichten. Wolltet ihr bei Lust und Tänzen Allzu üppig euch erweisen, Denkt an dieses Fadens Gränzen, Hütet euch! er möchte reissen! Kl o t h o . Vielleicht Mad. Seidel. [Frl. Leick I.] Wisst! in diesen letzten Tagen Ward die Seheere mir vertraut: Denn man war von dem Betragen l'nsrer Alten nicht erbaut. Zerrt unnützeste Gespinnste Lange sie an Licht und Luft, Jung.



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Hoffnung' herrlichster Gewinnste Schleppt sie schneidend zu der Gruft. Doch auch ich im J u g e n d - W a l t e n Irrte mich schon hundertmal: Heute mich im Zaum zu halten Scheere steckt im Futteral, t ' n d so bin ich gern gebunden, Blicke freundlich diesem Ort: Ihr in diesen freien Stunden Schwärmt nur immer fort und fort. Lachesis. Von mittlerem Alter, vielleicht Mad. Zischke. [Döllingcr.] Mir, die ich allein verständig, Blieb das Ordnen zugetheilt: Meine Weise, stets lebendig, Hat noch nie sich übereilt. "Fäden kommen, Fäden weifen, Jeden lenk' ich seine Bahn, Keinen lass ich überschweifen, Füg' er sich im Kreis heran. Könnt' ich einmal mich vergessen W ä r ' es um die Welt mir bang; Stunden zählen, Jahre messen, Und der Weber nimmt den Strang. Die Grazien und Parzen würden bloss vorübergehen und jede nachdem sie gesprochen bald verschwinden.

Denn die Würde dieser Characterc erlaubt

nicht dass sie Zuschauer abgeben. Herold. I>ie jetzo kommen, werdet ihr nicht kennen, Wär't ihr noch so gelehrt in alten Schriften:



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Sie a n z u s e l m , die so viel Hebel s t i f t e n , Ihr w ü r d e t sie willkommne (¡äste n e n n e n . Die F u r i e n s i n d es, n i e m a n d wird u n s g l a u b e n , J l ü b s c h , wohlgestaltet, f r e u n d l i c h , j u n g von J a h r e n ; Lasst euch mit i h n e n ein, ihr sollt e r f a h r e n W i e s c h l a n g e n h a f t verletzen solche T a u b e n . Z w a r s i n d sie tückisch, doch am h e u t i g e n Tage, W o j e d e r N a r r sich r ü h m e t s e i n e r Mängel, A u c h sie v e r l a n g e n nicht d e n R u h m als Engel, B e k e n n e n sich als Stadt- u n d L a n d e s p l a g e .

Diese drey Furien werden durch drey junge Mädchen gespielt, angekleidet wie man sich in der besten Gesellschaft trügt. Sie haben nichts Furienartiges an sich. Alecto.

Dem. Büchner, [[lettstedt.] W a s hilft es euch, ihr werdet u n s v e r t r a u e n , D e n n wir sind hübsch u n d j u n g u n d Schmeichelkätzchen ; H a t einer u n t e r euch ein Liebe-Schätzchen, W i r w e r d e n ihm so l a n g die Ohren k r a u e n , Bis wir ihm s a g e n d ü r f e n , Aug" i n A u g e : Dass sie zugleich auch Dem u n d J e n e m winke, Im K o p f e d u m m , im Rücken k r u m m , u n d h i n k e . Und, wenn sie seine B r a u t ist, gar nichts t a u g e . So wissen wir die Braut auch zu

bedrängen:

Ks hat sogar der F r e u n d , vor wonig W o c h e n , V e r ä c h t l i c h e s von ihr zu D e r

gesprochen!

Versöhnt m a n sich so bleibt doch etwas h ä n g e n . Kckeruiann, fioethes I'au.st a. H. (1. K.

4



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M e g ä r a. D e m . Lortzing. [Don-Lebrun.] Das ist nur Spass, denn, sind sie erst verbunden, Ich nehm' es auf, und weiss, in allen Fällen, Das schönste Glück durch Grille zu vergällen; Der Mensch ist ungleich, ungleich sind die Stunden. Und niemand hat Erwünschtes fest in Armen, Der sich nicht nach Erwünschterm thörig sehnte, Vom höchsten Glück, woran er sich gewöhnte; Die Sonne flieht er, will den Frost erwarmen. Mit diesem allen weiss ich zu gebahren, Und führe her Asmodi, den getreuen, Zu rechter Zeit Unseliges auszustreuen, Verderbe so das Menschenvolk in Paaren. Tisiphone. D e m . Müller. [Bleyel.] Gift und Dolch, statt böser Zungen, Misch' ich, schärf' ich dem Verräther; Liebst du andre, früher, später, Hat Verderben dich durchdrungen. Muss der Augenblicke Siisstos Sich zu Gischt und Galle wandeln! Hier kein Markten, hier kein Handeln, Wie er es beging', er büsst es. Singe keiner vom Vergeben! Felsen klag' ich ineine Sache: Echo, horch! erwiedert: R a c h e ! Und wer wechselt soll nicht leben. Diese drev P e r s o n e n d ü r f t e n w ä h r e n d des übrigen Tlieils des Garnevals bleiben u n d n a c h Be-



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lieben kommen u n d gehen und an der H a n d l u n g Theil n e h m e n , denn es sind ganz moderne Figuren aus dem neusten Leben. Aus dem Hintergrunde hervor b e w e g t sich langsam ein Elephant in sehr c o l o s s a l e r Grösse 1 ). Seine Seiten sind mit bunten Teppichen •«zugehängt, so dass das nöthige Räder- oder Rollenwerk dadurch bedeckt ist. Auf seinem Rücken auf einem P o s t a m e n t steht d i e V i c t o r i a , hell, glänzend costumirt mit weissen Flügeln u n d , wie gewöhnlich, auf dem H a u p t einen Lorberkranz und in der Hand einen P a l m e n Zweig. Im Nacken des Elephanten sitzt die K l u g h e i t die das Thier mit einem Stäbchen lenkt. Da nach Angabe des Dichters dieses eine z i e r l i c h z a r t e F r a u seyn soll, so w ü r d e wohl M a d a m e M ü l l e r sehr gut dazu passen. Auf der einen Seite des Elephanten an der Kette g e h t : d i e F u r c h t . Sie w ü r d e in ein helles Grau zu kleiden s e y n , im Gesicht mit sehr weniger oder gar keiner Schminke; denn es heisst gewöhnlich: die b l e i c h e F u r c h t . An ihrer Seite drängen sich vorzüglich m ä n n l i c h e Masken aller A r t , worauf ihre R e d e anspielt. Die Rolle miisste einer Schauspielerin gegeben werden, die ein ausdrucksvolles Spiel h a t , u n d ich dächte Madame Eberwein hätte alle Erfordernisse. An der anderen Seite des E l e p h a n t e n , gleichfalls ang e k e t t e t , geht frev und froh die H o f f n u n g . N u r w e i b l i c h e Masken u m d r ä n g e n sie, indem i h r e Rede bloss an solche geht. Madame Genast h ä t t e zu dieser Rolle alle Erfordernisse. ') Vgl. Eckermann, Gespräche II, S. 108f. 4*



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N a c h dem letzten Verse der dritten F u r i e r U n d w e r w e c h s e l t s o l l n i c h t l e b e n , könnten vielleicht schicklich einige T a k t e Musik e i n t r e t e n u m das H e r a n n a h e n des E l e p h a n t e n zu v e r k ü n d i g e n . D e n n da er aus dem t i e f s t e n H i n t e r g r u n d e k o m m t u n d eine solche Maschine sich n u r sehr langsam bew e g t , so w ü r d e d u r c h die Musik nicht allein eine e n t s t e h e n d e P a u s e schicklich a u s g e f ü l l t , sondern sie g ä b e auch der ganzen E r s c h e i n u n g eine höhere Bedeutung. Da die Last des E l e p h a n t e n auf R o l l e n w e r k r u h e n m u s s , so k ö n n t e n zur B e w e g u n g der Beine ein paar Männer gehen. N a c h d e m der I i l e p h a n t e t w a in die Mitte T h e a t e r s h e r a n g e n a h e t ist spricht der

des

Herold. Belieb' es euch zur Seite wegzmveicheu, Denn was jetzt kommt ist nicht von eures Gleichen. Ihr seht wie sich ein Berg herangedrängt, Mit bunten Teppichen die Weichen stolz behängt; Ein Haupt mit langen Zähnen, Schlangenrüssel, Geheimnissvoll, doch zeig' ich euch den- Schlüssel. Im Nacken sitzt ihm zierlich-zarte Frau, Mit feinem Stäbchen lenkt sie ihn genau: Die andre drobenstehend herrlich — hehr Umgibt ein Glanz der blendet mich zu sehr. Zur Seite gchn gekettet edle Frauen, Die eine bang, die andre froh zu schauen; Die eine wünscht, die andre fühlt sich frei, Verkünde jede wer sie sey. Der E l e p h a n t ist u n d hält.

in

den Vordergrund

gelangt



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Furcht. Madame Eberwein. An der e i n e n Seite des Elephanten angekettet. Männliche Masken an der Seite der Furcht. Dunstige Fackeln, Lampen, Lichter, Dämmern durch's venvorrne Fest, Zwischen diese Truggesichter Bannt mich, ach: die Kette fest. Fort, ihr lächerlichen Lacher! Euer Grinsen gibt Verdacht: Alle meine Widersacher Drängen mich in dieser Nacht. Hier! ein Freund ist Feind geworden, Seine Maske kenn' ich schon; J e n e r wollte mich ermorden, Nun entdeckt schleicht er davon. Ach wie gern in jeder Richtung Flöh' ich zu der Welt hinaus: Doch von drüben droht Vernichtung, Hält mich zwischen Dunst und Graus.

A n der gekettet.

Hoffnung. Madame Genast. a n d e r e n Seite des

Elephanten

Weibliche Masken umgeben sie. Seyd gegrüsst, ihr lieben Schwestern. Habt ihr euch schon heut und gestern In Vermummungen gefallen, Weiss ich doch gewiss von allen Morgen wollt ihr euch enthüllen. Und wenn wir bei Fackelscheine Uns nicht sonderlich behagen,

an-



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W e r d e n wir in heitern Tagen, Ganz nach unserm eignen Willen, Bald gesellig, bald alleine Frei durch schone Fluren wandeln, Nach Belieben ruhn und handeln Und in sorgenfreiem Leben, Nie entbehren, stets erstreben. Ueberall willkommne Gäste Treten wir getrost hinein: Sicherlich es muss das Beste Irgendwo zu finden seyn. Klugheit. Madame Müller. Sie sitzt im N a c k e n des E l e p h a n t e n den sie mit einem Stäbchen lenkt. Zwey der grössteu Menschenfeinde, Furcht und Hoffnung, angekettet Halt' ich ab von der Gemeinde; Platz gemacht! ihr seyd gerettet. Den lebendigen Colossen Führ' ich, seht ihr, thurmbeladen, Und er wandelt unverdrossen Schritt vor Schritt auf steilen Pfaden. Droben aber auf der Zinne •Jene Göttin, mit behenden Breiten Flügeln, zum Gewinne Allerseits sich hinzuwenden. Rings umgibt sie Glanz und Glorie Leuchtet fern nach allen Seiten; Und sie nennet sich Victorie, Göttin aller Thätigkeiten. Nach dieser R e d e w e n d e t sich der E l e p h a n t u n d g e h t in den H i n t e r g r u n d z u r ü c k .



ao



So wie der Elephant sich w e n d e t tritt der Z o i l o - T h e r s i t e s hervor. E r ist im griechischen Costum, b r ä u n l i c h , etwas schmutzig. Er ist klein, b u c k l i c h , schielend und h i n k e n d , sein Kopf ist fast ganz k a h l , n u r hin u n d wieder einige Haare sichtbar. Die Rolle verlangt einen guten Schauspieler, es würde vielleicht Herr K r i e g e r dazu passen. Zoilo-Thersites. [Ilr. Seidel.] IIu! Hu! da komm' ich eben recht, Ich schelt" euch allzusammen schlecht! Doch was ich mir zum Ziel ersah Ist oben Frau Victoria. Mit ihrem weissen Flügelpaar, Sie dünkt sich wohl sie sey ein Aar, Und wo sie sich nur hingewandt Gehör' ihr alles Volk und Land: Doch, wo was Rühmliches gelingt Es mich sogleich in Harnisch bringt. Das Tiefe hoch, das Hohe tief, Das Schiefe grad, das Grade schief, Das ganz allein macht mich gesund, So will ich's auf dem Erdenrund. Herold. So treffe dich, du Lumpenhund, Des frommen Stabes Meisterstreich! Da krümm' und winde dich sogleich! — Wie sich die Doppelzwerggestalt So schnell zum eklen Klumpen ballt! — — Doch Wunder! — Klumpen wird zum Ey, Das bläht sich auf und platzt entzwey: Nun fällt ein Zwillingspaar heraus, Die Otter und die Fledermaus:



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Die eine fort im Staube kriecht, Die andre schwarz zur Decke fliegt; Sie eilen draussen zum Verein, Da möcht' icli nicht der Dritte seyn. Diese kleine Rede miisste mit gehörigen Pausen gesprochen werden, so dass das Beschriebene indessen geschehen kann. Nach dem erhaltenen Schlage muss sich der Zoilo-Thersites unter die Masken verstecken. Dass er zum Klumpen wird braucht man nicht zu sehen. Das grosse Ey käme indess unbemerkt aus der Versenkung und es würde den Zuschauern sichtbar wie es sich theilt und eine Schlange und Fledermaus daraus hervorkommen. Vor der Schlange weichen die Masken hin und her zurück, die Fledermaus sauset ihnen um den Köpfen, durch beydes könnten gute Gruppen entstehen. Hiebey könnte eine etwas Schaudern, oder wenigstens ein unheimliches Gefühl erregende Musik grosse Wirkung thun. Sobald die Otter und die Fledermaus verschwunden sind, nähme die Musik vielleicht einen heiteren Character an, damit das Gemurmel der Menge, wo es heisst: Frisch! dahinten t a n z t m a n s c h o n einige Wahrscheinlichkeit hätte. Das Gemurmel miisste auch musikalisch behandelt und gesungen werden, doch etwas Unheimliches miisste wohl immer durchgehen. Denn es ist zu bedenken, dass der Teufel schon wirksam ist, der sogleich erscheinen wird und der sich in dieser Scene durch die Otter und Fledermaus schon ankündigt.

G e m u r m e 1. Frisch! dahinten tanzt man schon — Nein! icli wollt ich war' davon — Fühlst du, wie uns das umflicht, Das gespenstische Gezücht? Saus't es mir doch iiber's Haar — Ward ich's doch am Fuss gewahr — Keiner ist von uns verletzt — Alle doch in Furcht gesetzt — Ganz verdorben ist der Spass — Und die Bestien wollten das. Ks muss das Imperfectum seyn, weil dieser Gesang erst eintritt, wenn Otter und Fledermaus schon verschwunden sind. Der Hintergrund öffnet sich (nach Beendigung dieses Gesanges) und ein prächtiger mit vier Drachen bespannter Wagen wird sichtbar. Drachen und Wagen müssen von Gold und anderen in die Ferne leuchtenden Dingen glänzen und glitzern. Denn es thronet auf ihm der G o t t d e s R e i c h t h u m s , nebst seinen beyden Begleitern dem Geiz und der Verschwendung. Diese drey höchst bedeutenden Masken sind nun keine andre, als F a u s t , M e p h i s t o p h e l e s und E u p h o r i o n . Denn da, wie wir am Schluss des ersten Acts sehen, es dem Kaiser an Geld fehlt, so wollen sie ihm wenigstens auf der Maskerade durch die K i s t e m i t G o l d einen Vorgeschmack geben. Auf einem erhöhteren Sitz des Wagens also thronend sehen wir F a u s t als Gott des Reichthums und zwar im prächtigsten o r i e n t a l i s c h e n Kostüm. Hinten auf dem Wagen kauzt M e p h i s t o p h e l e s als G e i z . Er ist sehr mager, vielleicht in einem grauen,



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k n a p p a n l i e g e n d e m A n z u g d a r z u s t e l l e n , den gleichsam anticipirten E u p h o r i o n a b e r s e h e n wir als "Wagenlenker die Ziigel der D r a c h e n f ü h r e n . Er ist i m griechischen C o s t u m , mit einer S t i r n b i n d e von D i a m a n t e n und einer goldenen Lyra auf dem R ü c k e n , damit er zugleich als P o e s i e bezeichnet w e r d e . D a der Euphorion später opernmässig singen m u s s , so h ä t t e n w i r zu dieser Rolle wohl k e i n e bessere als Dem: S c h m i d t . Ü b e r F a u s t könnte m a n vielleicht einen Bogen farbiger S t e r n e s e h e n , so w i e sie im Oberon und B a u e r als Milionär v o r k o m m e n , w e l c h e s sich b e s o n d e r s in der F e r n e vielleicht g u t m a c h e n w ü r d e . Herold. Seit mir sind bei Maskeraden Heroldspflichten aufgeladen, Wach' ich ernstlich an der Pforte, Das.s eucli hier am lustigen Orte Nichts Verderbliches erschleiche; Weder wanke, weder weiche. Doch ich fürchte, durch die Fenster Ziehen lustige Gespenster, Und von Spuk und Zaubereyen Wüsst' ich euch nicht zu befreien. Machte sich der Zwerg verdächtig, Nun dort hinten strömt es mächtig. Die Bedeutung der Gestalten Mücht' ich amtsgemäss entfalten. Aber was nicht zu begreifen W ü s s t ' ich auch nicht zu erklären, Helfet alle mich belehren! — Seht ihr's durch die Menge schweifen?



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Vierbespannt ein prächtiger W a g e n Wird durch alles

durchgetragen:

Doch er theilet nicht die Menge, Nirgend seil' ich ein Gedränge; F a r b i g glitzert's in der Ferne, Irrend leuchten bunte Sterne, W i e von magischer Laterne, Schnaubt's heran mit Sturmgewalt. Platz gemacht! mich schaudert's! Diese Hede

des Herold

ist vorzüglich

L e s e r des F a u s t g e s c h r i e b e n , als

sähe

er

das

Viergespann

R e g i e wird bei der P r o b e flüssig

ist.

Ich

denke,

den

werde

herankommen.

Die über-

wenn

herankommen

nicht

Worte.

die

für

es ihm

seheil ob sie nicht

Drachenwagen auf

damit

die

Zuschauer

sehen,

Die Musik

so

den

hören

scheint

sie

mir

als

Begleitung der W u n d e r b a r e n E r s c h e i n u n g besser am Platz.

Der Herold spräche in solchem F a l l die v o r -

g e s t r i c h e n e n drey V e r s e . 1 ) [Scene 4.] Knabe

(Wasenlenkcr.) Halt!

Rosse hemmet eure Flügel, F ü h l e t den gewohnten Zügel, Meistert euch wie ich euch meistre, Rauschet hin wenn ich begeistre



Diese Räume lasst uns e h r e n ! Schaut umher wie sie sich mehren Die Bewundrer, Kreis um Kreise. Herold a u f ! nach deiner W e i s e , . Khe wir von euch entfliehen, ') Von „Seht i h r s durch die Menge schweifen?" un(?).



GO



Uns zu schildern uns zu nennen; Denn wir sind Allegorien l ' n d so solltest du uns kennen. Herold. Wüsste nicht dich zu benennen, Eher könnt ich dich beschreiben. Knabe

Lenker.

So probir's! Herold. Man muss gestehn: Erstlich bist du j u n g und schön. Halbwüchsiger Knabe bist d u : doch die Frauen Sie möchten dich ganz ausgewachsen schauen. Du scheinest mir ein künftiger Sponsirer, Recht so von Haus aus ein Verführer. Knabe Lenker. Das lässt sich hören! fahre fort, Erfinde dir des Räthsels heitres Wort. Herold. Der Augen schwarzer Blitz, die Nacht der Locken Erheitert vom juwelnem Band! l ' n d welch ein zierliches Gewand Fliesst. dir von Schultern zu den Socken, Mit Purpursaum und Glitzertand! Man könnte dich ein Mädchen schelten: Doch würdest du, zu Wohl und Weh, Auch jetzo schon bei Mädchen gelten: Sie lehrten dich das A. B. 0. Knabe Lenker, l ' n d dieser, der als Prachtgebilde Hier auf dem Wagenthrone prangt?



61



Herold. Kr scheint ein König-, reich und milde, Wohl dem der seine Gunst erlangt! Er hat nichts weiter zu erstreben; Wo's irgend fehlte späht sein Blick, Und seine reine Lust zu geben Ist grösser als Besitz und Glück. Knabe Lenker. Hiebei darfst du nicht stehen bleiben, Du musst, ihn recht genau beschreiben. Herold. Das Würdige beschreibt sich nicht. Doch das gesunde Mondgesicht, Ein voller Mund, erblühte Wangen, Die unterm Schmuck des Turbans prangen; Im Ealtenkleid ein reich Behagen! Was soll ich von dem Anstand sagen? Als Herrscher scheint er mir bekannt. Knabe Lenker. I'lutus, des Keichthuins Gott genannt; Derselbe kommt in Prunk daher, Der hohe Kaiser wünscht ihn sehr. Herold. Sag' von dir selber auch das W a s und W i e ? K n a b e L e n k e r. Bin die Verschwendung, bin die Poesie; Bin der Poet, der sich vollendet Wenn er sein eigenst Gut verschwendet. Auch ich bin unermesslich reich l u d schätze mich dem I'lutus gleich. Beleb' und schmück' ihm Tanz und Schmaus. Das was ihm fehlt das theil' ich aus.

B e m e r k u n g über den

Knaben-Lenker.

Man möchte darin einen Widerspruch finden, dass der Dichter den E u p h o r i o n schon jetzt in der Maske des Knaben-Lenker erscheinen lässt, da er doch, als Sohn von Faust und Helena, noch nicht geboren ist. Hierauf aber ist zu sagen, dass der Euphorion kein m e n s c h l i c h e s sondern nur ein a l e g o r i s c h e s W e s e n ist. Er ist nichts weiter als ein B e g r i f f ; es ist in ihm die P o e s i e personificirt, die an keine Zeit, an keinen Ort und an keine Person gebunden ist. Derselbige Geist, dem es später beliebt E u p h o r i o n zu seyn, erscheint jetzt als KnabeLenker, und er ist darin den Gespenstern ähnlich, die überall gegenwärtig seyn und zu jeder Stunde hervortreten können 1 ). Herold. Das Prahlen steht dir gar zu schön, Doch lass uns deine Künste sehn. Knabe Lenker. Hier seht mich nur ein Schnippchen schlagen, Schon glänzt's und glitzert's um den Wagen. Da springt eine Perlenschnur hervor. (Immerfort umherschüippend Nehmt goldne Spange für Ilals und Ohr: Auch Kamm und Krönchen ohne Fehl; In Ringen köstlichstes Juwel: Auch Flämmchen spend' ich dann und wann, Erwartend wo es zünden kann. Herold. Wie greift und hascht die liebe Menge! Fast kommt der Geber ins Gedränge. >) Vgl. Eckermann, Gespräche II, S. 109f.



R3



Kleinode schnippt er wie im Traum. Und alles hascht im weiten Raum. Doch da erleb' ich neue Pfiffe: Was einer noch so emsig griffe Dess hat er wirklich schlechten Lohn. Die Gabe flattert ihm davon. Es lös't sich auf das Perlenband, Ihm krabbeln Käfer in der Hand, Er wirft sie weg der arme Tropf Cnd sie umsummen ihm den Kopf. Die andern, statt solider Dinge, Erhaschen frevle Schmetterlinge. AVie doch der Schelm so viel verheisst, Und nur verleiht was golden gleisst! Knabe Lenker. Zwar Masken, merk' ich, weisst du zu verkünden, Allein der Schale Wesen zu ergründen Sind Herolds Hofgesehäfte nicht; Das fordert schärferes Gesicht. Doch hüt' ich mich vor jeder Fehde: An dich, Gebieter, wend' ich Frag' und Rede. (Zu F'lutus gewendpl.)

Hast du mir nicht die Windesbraut Des A'iergespannes anvertraut? Lenk' ich nicht glücklich wie du leitest? Bin ich nicht da wohin du deutest? Und wusst' ich nicht auf kühnen Schwinge],! Für dich die Palme zu erringen? Wie oft ich auch für dich gefochten, Mir ist es jederzeit geglückt,.; AVenn Lorbeer deine Stirne schmückt, Hab' ich ihn nicht mit Sinn und Hand geflochten?



G4



P l u t us. Faust1). Wenn'iS ntithig ist dass ick Dir Zeugniss leiste, So sag-' ich g e r n : bist Geist von meinem Geiste. Du handelst stets nach meinem Sinn, Bist reicher als ich selber hin. Ich schätze, deinen Dienst zu lohnen, Den grünen Zweig vor allen meinen Kronen. Kill wahres Wort verkiind' ich allen: Hein lieber Sohn an dir hab ich Gefallen. K n a b e L e n k e r (zur Menge). Die grössten Gaben meiner Hand, Seht! hab' ich rings umher gesandt; Auf dem und jenem Kopfe glüht Kin i'laininchen das ich angesprüht, Von einem zu dem andern hüpft's, An diesem hält sich's, dem entschlüpft's. Gar selten aber flammt's empor 1,'nd leuchtet rasch in kurzem Flor; Doch vielen, eh' man's noch erkannt, Verlischt es, traurig ausgebrannt. Es bleibt dem Ermessen d e r Regie ü b e r l a s s e n , ob der W a g e n erst j e t z t die W e n d u n g mache, d a m i t der hintenauf k a u z e n d e Mephistopheles sichtbar w e r d e , oder gleich so wie der AVagen a n k o m m t u n d hält. We i b e r - G e k 1 a t s e h. Da droben auf dem A'iergespann Das ist gewiss ein Charlatan: Gekauzt da hintendrauf Hanswurst, ') Mit Blei später von Kckermanu hinzugefügt. — Vgl. Kckermaun, Gespräche II, S. 109.



65



Doch abgezehrt von Hunger und Purst, Wie man ihn niemals noch erblickt: E r fühlt wohl nicht, wenn man ihn zwickt. Der

Abgemagerte.

(Mephistopheles.) Vom Leibe mir ekles Weibsgeschlecht! Ich weiss dir komm' ich niemals recht. — Wie noch die Frau den Herd versah, Da hiess ich Avaritia; Da stand es gut um unser Haus: Nur viel herein, und nichts hinaus! Ich eiferte für Kist' und Schrein; Das sollte wohl gar ein Laster seyn! Doch als in alierneusten Jahren Das Weib nicht mehr gewohnt zu sparen, Und, wie ein jeder böser Zahler, Weit mehr Begierden hat als Thaler, Da bleibt dem Manne viel zu dulden, Wo er nur hinsieht da sind Schulden; Sie wendet's, kann sie was erspulen, An ihren Leib, an ihren Buhlen; Auch speis't sie besser, trinkt noch mehr Mit der Sponsirer leidigem Heer: Das steigert mir des Goldes R e i z : Bin männlichen Geschlechts, der Geiz! I l a u p t w e i b. [Hr. Lutz.] Mit Drachen mag der Drache geizen, Ist's doch am Ende Lug und Trug ! E r kommt die Männer aufzureizen, Sie sind schon unbequem genug. W e i b e r in Masse. Der Strohmann! Reich' ihm eine Schlappe! Kckermann, Goethes Faust a. Tl. (1. K.

->



(i(i



Was will das Marterholz uns dräu'n 'J. Wir sollen seine Fratze scheun! Die Drachen sind von IIolz und Pappe, Frisch an und dringt auf ihn hinein! Herold. Bei meinem Stabe! Ruh gehalten! — Doch braucht es meiner Hülfe kaum ; Seht wie die grimmen Ungestalten, Bewegt im rasch gewonnenen Raum, Das Doppel-Flügelpaar entfalten! Entrüstet schütteln sich der Drachen Umschuppte, feuerspeiende Kachen: Die Menge flieht, rein ist der Platz. P Ritus

Auch

steigt vom W a g e n .

Mephistopheles

steigt

ab und

lässt

die

Kiste vom W a g e n heben. Herold. Er tritt herab, wie königlich! Er winkt, die Drachen rühren sich; Die Kiste haben sie vom Wagen Mit Gold und Geiz herangetragen, Sie steht zu seinen Füssen da: Ein Wunder ist es wie's geschah. P R l t l l S (zum Lenker).

Nun bist du los der allzulästigen Schwere, Bist frei und frank, nun frisch zu deiner Sphäre! Iiier ist sie nicht! Verworren, schäckig, wild Umdrängt uns hier ein fratzenhaft Gebild. Nur wo du klar in's holde Klare schaust, Dir angehörst und dir allein vertraust, Dorthin wo Schönes, Gutes nur gefällt, Zur Einsamkeit! — Da schaffe deine Welt.



67



Knabe Lenker. [Arie.] So acht' ich mich als werthen Abgesandten, So lieb ich dich als nächsten Anverwandten. Wo du verweilst ist Fülle, wo ich bin Fühlt jeder sich im herrlichsten Gewinn: Auch schwankt er oft irii widersinnigen Leben: Soll er sich dir? soll er sich mir ergeben? Die Deinen freilich können müssig ruhn, Doch wer mir folgt hat immer was zu thun. Nicht insgeheim vollführ' ich meine Thaten, Ich athme nur und schon bin ich verrathen. So lebe wohl! du gönnst mir j a mein Glück; Doch lisple leis' und gleich bin ich zurück. (Ab wie er kam.) D i e Kiste wird aus dem nächsten Vordergrund ein

wenig

offene

weiter

Versenkung

zurückgetragen, damit

herausschlagen können.

die

etwa

nöthigen

auf

eine

Flammen

Die Kiste mag ohne Boden

s e y n , das Innere und der Deckel mit rothem Folio ausgefüttert, damit der glühende Schein erhöht werde. Es ist diess das F e u e r in welches später des Kaisers Bart fällt und woraus der allgemeine Brand entsteht. Plutus. Faust 1 ). Nun ist es Zeit die Schätze zu entfesseln! Die Schlösser treff' ich mit des Herolds Ruthe. Es thut sich auf! schaut her! in ehrnen Kesseln Entwickelt sich's und wallt von goldnem Blute; Zunächst der Schmuck von Kronen, Ketten, Ringen; Es schwillt und droht ihn schmelzend zu verschlingen. ') Mit Blei später von Eckermann hinzugefügt. 5*



08



Wechselgeschrei

der

Menge.

Seht hier, o h i n ! w i e ' s reichlich

quillt,

D i e K i s t e bis zum R a n d e

füllt.



Gefässe g o l d n e schmelzen

sich,

G e m ü n z t e R o l l e n w ä l z e n sich, Ducaten h ü p f e n w i e 0



geprägt,

w i e mir das den Busen r e g t

W i e schau 1 ich alle mein



Begehr!

D a kollern sie am B o d e n her.



Man bietet's euch, benutzt's nur

gleich

U n d bückt euch nur u n d werdet reich.



W i r andern, rüstig w i e der B l i t z , W i r n e h m e n d e n K o f f e r in

Besitz.

Herold. W a s soll's, ihr T h o r e n ? soll mir das? Es ist j a nur ein

Maskenspass.

Heut A b e n d wird nicht mehr

begehrt:

(ilaubt ihr man g e b ' euch Gold und Sind doch f ü r euch in diesem

Werth?

Spiel

Selbst R e c h e n p f e n n i g e zu viel. Ihr T ä p p i s c h e n ! ein a r t i g e r

Schein

Soll gleich die p l u m p e W a h r h e i t

seyn.

W a s soll euch W a h r h e i t ? — D u m p f e n W a h n P a c k t ihr an allen Z i p f e l n an. V e r m u m m t e r Plutus,



Maskenheld,

Schlag" dieses V o l k m i r aus dem

Feld.

l'lutus. D e i n Stab ist wohl dazu

bereit,

V e r l e i h ' ihn mir auf kurze Z e i t .



Ich tauch' ihn rasch in Sud u n d Glutli. N u n ! Masken s e y d auf eurer

W i e ' s blitzt und platzt, in F u n k e n D e r Stab schon ist er



Hut.

angeglüht.

sprüht!



69



Wer sich zu nah herangedrängt Ist unbarmherzig gleich versengt — Jetzt fang ich meinen Umgang an. Geschrei und Gedräng. 0 weh! es ist um uns get.han. — Entfliehe wer entfliehen k a n n ! — Zurück, zurück du Hintermann! — Mir sprüht es heiss in's Angesicht. — Mich drückt des glühenden Stabs Gewicht — Verloren sind wir all und all. — Zurück, zurück zu 1 ) Ilaskenschwall! Zurück, zurück unsinniger ITauf — 0 ! hätt' ich Flügel flog' ich auf. — Plutus. Schon ist der Kreis zurückgedrängt Und niemand glaub' ich ist versengt. Die Menge weicht, Sie ist verscheucht. — Doch solcher Ordnung Unterpfand Zieh' ich ein unsichtbares Band. Herold. Du hast ein herrlich Werk vollbracht, Wie d a n k ' ich deiner klugen Macht! Plutus. Noch braucht es, edler Freund, Geduld : Iis droht noch mancherlei Tumult. Geiz. Mephistopheles.-) So kann man doch, wenn es beliebt, Vergnüglich diesen Kreis beschauen; ') „zu" mit Blei in „Du" verbessert, von wem fraglich. '-) Vgl. Eckermann, Gespräche II, S. 109.



70



Denn immerfort sind vornen an die Frauen Wo's was zu gaffen, was zu naschen giebt. Noch bin ich nicht so völlig eingerostet! Ein schönes Weib ist immer schön; l'nd heute, weil es mich nichts kostet, So wollen wir getrost sponsiren gehn. Doch weil am überfüllten Orte Nicht jedem Ohr vernehmlich alle Worte, Versuch' ich klug und hoff' es soll mir glücken, Jlich pantomimisch deutlich auszudrücken. Hand, Fuss, Gebärde reicht mir da nicht hin, Da muss ich mich um einen Schwank beinühn. Wie feuchten Thon will ich das Gold behandeln, Denn diess Metall lässt .sich in alles wandeln. Herold. W a s fängt er an der magre Thor! Hat so ein Hungermann Humor? Er knetet alles Gold zu Teig, Ihm wird es untern Händen weich; Wie er es drückt und wie es ballt Bleibt's immer doch nur ungestalt. Er wendet sich zu den Weibern dort, Sie schreien alle, möchten fort, Gebärden sich gar widerwärtig; Der Schalk enveis't sich übelfertig'. Ich fürchte dass er sich ergetzt W e n n er die Sittlichkeit verletzt. Dazu darf ich nicht schweigsam bleiben, Gib meinen Stab ihn zu vertreiben. Plutus. Er ahnet nicht was uns von aussen droht; Lass ihn die Narrentheidung treiben, Ihm wird kein Kaum für seine Possen bleiben; Gesetz ist mächtig, mächtiger ist die Noth.



71



Der letzte Vers ist eine A n s p i e l u n g auf das wilde Heer der F a u n e n , S a t y r , Z w e r g e und Riesen, die als Vorläufer des grossen P a n n u n h e r a n n a h e n . Die Musik h a t hier wieder die schönsten A n l ä s s e sich gross zu zeigen. Hinter Getümmel Das wilde Heer Von Bergeshöh' Unwiderstehlich Sie feiern ihren Sie wissen doch l'nd drängen in

der Scene und Gesang. es kommt zumal und Waldes Thal. schreitet's a n : grossen Pan. was keiner weiss den leeren Kreis.

Plutus. Ich kenn' cueh wohl und euren grossen Pan! Zusammen habt ihr kühnen Schritt gethan. Ich weiss recht gut was nicht ein jeder weiss, L'nd öffne schuldig diesen engen Kreis. F a u s t treibt mit seinem S t a b e die Masken z u r ü c k , so dass das T h e a t e r f r e y wird. Die folgenden Verse sind eine Anspielung auf den b e v o r s t e h e n d e n B r a n d . Mag sie ein gut Geschick begleiten! Das wunderlichste kann geschehn: Sie wissen nicht wohin sie schreiten, Sie haben sich nicht vorgesehn. Der Vortrab des Kaisers, in T a n n e n r e i s e r n eing e s c h n ü r t e Männer die einen Wald

b i l d e n , tritt u n -

gestüm ein, singend. Wildgesang. G e p u t z t e s Volk d u , F l i t t e r s c h a u ! Wir k o m m e n roll, wir kommen rauh.

In h o h e m S p r u n g , in raschem Lauf, Wir t r e t e n d e r b u n d tüchtig auf. Sie stellen sich in den H i n t e r g r u n d , n a c h e n d i g u n g des Gesanges.

Die Musik g e h t in

heiteren a n m u t i g e n Character tanzende

Faunen

schauenden

Chor

werden

dargestellt

gesungen von

sonst noch hinlänglich w a c h s e n ist.

einem

Tänzern

und

Anzügen einem

wie

Felle

ein: zu-

Die ' F a u n e n gut

Sie erscheinen in k n a p p

und

mit

es t r e t e n

von

wird.

unsern tanzt

fleischfarbigen nur

über,

während

Beeinen

und

wer

gentig

ge-

anliegenden

nackende bekleidet.

Jünglinge Bloss

der

Kopf, mit einem E i c h e n k r a n z e g e s c h m ü c k t , h a t e t w a s Thierisches d u r c h die spitz a u f s t e h e n d e n Ohren u n d h e r v o r k e i m e n d e k a u m m e r k l i c h e Horner.

Sie

(die

H ö r n e r k ö n n t e n allenfalls auch w e g b l e i b e n , im F a l l sie nicht e t w a d u r c h

günstige Masken zu

bewerk-

stelligen w ä r e n ) f ü h r e n k o m m e n d und vorübereilend einen

kurzen

characteristischen

T a n z aus

während

ein z u s c h a u e n d e r Chor folgendes singt. [Faune.] Die Vauuenschaav Im lustigen Tanz. Den Eichenkranz Im krausen Haar, Ein feines zugespitztes Ohr Dringt an dem Lockenkopf hervor, Ein stumpfes Naschen, ein breit Gesicht, Das schadet alles bei Frauen nicht. Dem Faun, wenn er die l'atsche reicht, Versagt die Schönste deu Tanz nicht leicht. 1 ) ]

) Der Satyr fehlt.



73



Nach beendigtem Tanz und Gesang rangiren sich die F a u n e n gleichfalls in E r w a r t u n g des Kaisers. Erscheinen f e r n e r die G n o m e n , nicht paarweise, sondern d u r c h e i n a n d e r , trippelnd tanzartig. Sie sind zu kleiden, damit sie als Repräsentanten der Bergleute gelten mögen; der Dichter deutet a n : in m o s i g e m Kleid mit hellen Lämpchen, m a u wird sehen wie sich das macht und nach Gutbefinden v e r f a h r e n . Folgende Verse w ü r d e n vom H e r o l d gesprochen. [Herold.] Da trippelt ein die kleine Schaar, Sie hält nicht, gern sich Paar und Paar: Im moosigen Kleid mit Lämplein hell Bewegt sich's durcheinander schnell, Wo jedes für sich seiher schafft, "Wie Leuchtameisen wiminelhaft: Und wuselt emsig hin und her, Beschäftigt in die Kreuz und Quer. [ G n o m e , kl. Hesse.] (Zu den Gnomen w ä r e n die kleinsten Tanzeleven zu nehmen.) Deu frommen Gütcheu nah verwandt, Als Felschirurgen wohl bekannt: Die hohen Berge schröpfen wir, Aus vollen Adern schöpfen wir: Metalle stürzen wir zu Iiauf Mit Gruss getrost: Glück auf! Glück auf! 1 ) ') Die folgenden zehn Verse fehlen.



74



Sie n e h m e n gleichfalls ihren Platz e i n , w o möglich in der N ä h e der Gold- u n d F e u e r - Quelle, die n u n freylich stille ist und die A u f m e r k s a m k e i t nicht anzieht. T r e t e n n u n zunächst vor dem Kaiser ein d i e R i e s e n , ganz in dem A n z ü g e w i e sie in n a c h s t e h e n d e n Versen b e s c h r i e b e n s i n d , gleichsam als seine Leibwache. Riesen (Die Riesen d u r c h grosse Soldaten vorzustellen. Der Herold spräche die Yerse.) Die wilden Männer sind's genannt, Am Harzgebirgo wohlbekannt; Natürlich nackt in alter Kraft, Sie kommen säimmtlich riesenhaft. Den Fichtenstamm in rechter Hand Und um den Leib ein wulstig Band; Den derbsten Schurz von Zweig und Blatt, Leibwache wie der Papst nicht hat. Es durch

wäre

vielleicht

den Herold

gut diese Verse gleichfalls

sprechen

zu lassen,

damit

nun erfolgende E r s c h e i n e n des Kaisers desto

das

besser

d u r c h Slusik ausgezeichnet w e r d e n k ö n n e . [Scene 5.] Der als grosser P a n . ihn

Kaiser

T a n z e n d e ¡Nymphen i h m voran und

umgebend. Singende. X y m p h e n im C h o r . (SiL- iiüi.sclilie.s^t'll den grn.ssi'ii l';in.) Auch kommt er an! Das All der Welt



75



W i r d vorgestellt Im grossen P a n . Ihr H e i t e r s t e n u m g e b e t ihn, Im G a u k e l t a n z u m s c h w e b e t i h n ; D e n n weil er e r n s t u n d g u t d a b e i , So will er dass m a n fröhlich s e y . A u c h u n t e r m blauen W ö l b e d a c h Verhielt er sich b e s t ä n d i g w a c h ; Doch rieseln ihm die B ä c h e zu, Und L ü f t l e i n wiegen i h n mild in Rull. U n d w e n n er zu Mittage s c h l ä f t Sich n i c h t das Blatt am Zweige r e g t . 1 ) W e n n u n e r w a r t e t mit Gewalt D a n n a b e r seine Stimm' erschallt, W i e Blitzes K n a t t e r n , Meergebraus, D a n n n i e m a n d weiss wo ein nocli a u s . Z e r s t r e u t sich t a p f r e s l l e e r im Feld Und im Getümmel bebt der Held. So E h r e dem, dem Ehre g e b ü h r t ! Und Heil ihm der u n s h e r g e f ü h r t ! D i e s e n Gesang begleiten die t a n z e n d e n N y m p h e n durch

anmuthige

Bewegungen.

Nach

Beendigung

d i e s e s G e s a n g e s t r i t t d e r C a n z l e r , in B e g l e i t u n g Schatzmeisters

und

Heermeisters

vielleicht

in

des den-

selbigen A n z ü g e n wie im ersten Act vor den Kaiser, ihn auf einem Portefeuille ein Blatt zur U n t e r s c h r i f t vorhaltend, mit folgender kurzer G e w ä h r e dir das h o h e

Anrede:

Festvergnügen.

Des Volkes Heil, mit w e n i g

Federzügen.

Die f o l g e n d e n vier Verse fehlen.



70



Der Kaiser unterschreibt schnell, ohne zu lesen. D e r C a n z l e r u n d seine B e g l e i t u n g v e r s c h w i n d e n dem

unterschriebenen

Blatt;

wo

denn

G e l d seine E n t s t e h u n g g e w o n n e n Die

Gnomen,

die i n d e s s

das

mit

Papier-

hat1). die G o l d q u e l l e

aus-

gewittert haben, senden eine Deputation von einigen ihrer

grössten

an

den

Kaiser

um

E n t d e c k u n g K e n n t n i s zu g e b e n . ihnen spricht

ihm

von

ihrer

Der Fähigste unter

Folgendes.

Deputation

der

Gnomen.

( A n den gmsi-cn Pa.11.)

[Kl. Hesse.] W e n n das glänzend reiche Gute Fadenweis durch K l ü f t e streicht, Nur der klugen Wünschelrutlie Seine Labyrinthe zeigt, W ö l b e n wir in dunklen Grüften Troglodytisch unser Haus, Und an reinen Tageslüften Theilst du Schätze g n ä d i g aus. Nun entdecken wir hieneben Eine Quelle

wunderbar,

Die bequem verspricht zu geben W a s kaum zu erreichen war. Diess vermagst du zu vollenden, Nimm es Herr in deine Hut! Jeder Schatz in deinen Händen Kommt der ganzen W e l t zu gut. Die D e p u t a t i o n f ü h r t d e n K a i s e r z u r F e u e r q u e l l e . M e p h i s t o p h e l e s (in s e i n e r M a s k e a l s G e i z ) i s t i n d e r N ä l i e . ') Vgl. Kckermaun, Gespräche II, S. 1 1 0 f .



77



P l u t u s zum Hcruld. Wir müssen uns im hohen Sinne fassen Und was geschieht getrost geschehen lassen, Du bist j a sonst des stärksten Küthes voll. Nun wird sich gleich ein Gräulichstes eräugnen: Hartnäckig wird es Welt und Nachwelt läugnen: Du schreib' es treulich in dein Protokoll. Die Gnomen also Laben den grossen P a n d u r c h einladende

pantomimische Bewegungen

zur

Feuer-

quelle h e r a n g e f ü h r t . Die Quelle wallet bald f l a m m e n d auf, bald s i n k t die Glut auf den G r u n d z u r ü c k u n d die M ü n d u n g wird finster. Sie w a l l e t a b e r m a l s g l ü h e n d auf u n d "wird a b e r m a l s d u n k e l . Dieses Spiel gefällt d e m Kaiser und er b ü c k t s i c h , u m in den S c h l u n d zu sehen. E s fällt sein Bart h i n e i n , und da er sich zu v e r r a t h e n f ü r c h t e t , so b e d e c k t er sein j u g e n d l i c h e s Kinn mit der Hand. Nun a b e r k o m m t der B a r t f l a m m e n d zurückgeflogen und e n t z ü n d e t des Kaisers Brust und K r a n z . Masken laufen h e r z u um d a s F e u e r zu d ä m p f e n , allein sie e n t z ü n d e n sich s e l b e r u n d f a n g e n zu b r e n n e n a n , u n d wie sie p a l s c h e n u n d zuschlagen w i r d es n u r ärger. Die in T a n n e n reisern e i n g e s c h n ü r t e n M ä n n e r , welche den Wald b i l d e n , g e r a t h e n besonders in F e u e r u n d scheinen ganz z u s a m m e n zu b r e n n e n . Die N y m p h e n l a u f e n s c h ü c h t e r n hin und h e r , F l a m m e n brechen aus allen Ritzen der V e r s e n k u n g e n so dass man n i c h t weiss wohin m a n t r e t e n und fliehen soll. Dieses kann zu schönen B e w e g u n g e n u n d Gruppen Anlassgeben. Der T u m u l t und der Schrecken steigert sich



78



da man erfährt dass d e r K a i s e r in der Maske steckt. Die Musik kann sich während der ganzen Scene sehr gross erweisen. "Während dieses Aufruhrs singen und schreien die verschiedensten Stimmen: So rette denn wer retten kann! Der K a y s e r steckt im grossen Pan. 0 wäre doch ein Andres wahr! Der K a i s e r brennt und seine Schaar. Sie sey verflucht, die ihn verführt! In harzig Reis sich eingeschnürt! Zu toben her mit Briill-Gesang Zu allerseitigem Untergang! Schon ging der Wald in Flammen auf, Sie züngeln leckend spitz hinauf. Ein Aschenhaufen einer Nacht Liegt morgen reiche Kaiserpracht. Faust erscheint in diesem Act und besonders in dieser Scene in grosser Superiorität, indem er sich herausnimmt seine Zauberkünste an dem Kaiser zu probiren und mit einem so grossen Herrn sein Spiel zu treiben. Mephistopheles hält sich, wenigstens scheinbar, ganz zurück als Diener. Wie nun Faust durch Magie das Feuer entzündet h a t , so besänftigt er es wieder. Plutus.1) Schrecken ist genug verbreitet, Hülfe sey nun eingeleitet! — Schlage heiligen Stabs Gewalt, Dass der Boden bebt und schallt: J

) Die vorhergehenden Verse fehlen.



7!)



I)u geräumig weite Luft Fülle dich mit kühlem Duft. Zieht heran, umherzuschweifen, Nebeldünste, schwangre Streifen, Deckt ein flammendes Gewühl; Rieselt, säuselt, Wölkchen kräuselt, Schlüpfet wallend, leise dämpfet, Löschend überall bekämpfet, Ihr, die lindernden, die feuchten, Wandelt in ein Wetterleuchten Solcher eitlen Flamme Spiel. — Drohen Geister uns zu schädigen Soll sich die Magie bethätigen. Das in dieser Rede Angedeutete geschieht, von einer besänftigenden Musik begleitet. Der Kaiser steht froh und unversehrt. Die Seinigen drücken huldigend ihre Theilnahme aus. Die Jfymphen und Faunen, knieend und in schönen Stellungen bilden um ihn eine so bedeutende wie reizende Gruppe. Der Vorhang fällt. W e n n , w i e zu erwarten ist, die Musik vollkommen gelingt, eine einsichtsvolle Regie wie kunstreiche Maschinisten das Ihrige t h u n , auch alle übrigen bey einem so reichen Werk in Anspruch genommenen Personen mit der Ausführung ihrer Theile nicht zurückbleiben, so kann etwas entstehen was an Bedeutung und Wirkung auf keiner Bühne der Welt bisjetzt seines Gleichen hat. W. d. 8. Febr. 34. E.

Dritter Act.

E c k e r i n a i i n , f l u e t l i e s K a u s t a. II. 7 An:n.

bevon der aufund



94



sie bewahren es bis es wieder Gelegenheit findet in ein neues Daseyn zu treten. Alle Seelen und Formen von dem was einst war und künftig seyn wird, schweift in dem endlosen Raum ihres Aufenthaltes wolkenartig hin und her; es umgiebt die Mütter, und der Magier muss also in ihr Reich gehen, wenn er durch die Macht seiner Kunst über die Form eines Wesens Gewalt haben und ein f r ü h e r e s ' ) Geschöpf zu einem Scheinleben hervorrufen will. Die ewige Metamorphose des irdischen Daseyns, des Entstehens und Wachsens, des Zerslörens und "Wiederbildens ist also der Mütter nie aufhörende Beschäftigung. Und wie nun bey allem was auf der Erde durch Fortzeiigung ein neues Leben erhält, das W e i b l i c h e hauptsächlich wirksam ist, so mögen jene schaffenden Gottheiten mit Recht w e i b l i c h gedacht, und es mag der ehrwürdige Name M ü t t e r ihnen nicht ohne Grund beygelegt werden. Freylich ist dieses alles nur eine poetische Schöpfung, allein der beschränkte Mensch vermag nicht viel weiter zu dringen, und er ist zufrieden etwas zu finden wobey er sich beruhigen möchte. Wir sehen auf Erden Erscheinungen und empfinden Wirkungen von denen wir nicht wissen woher sie kommen und wollin sie gehen. Wir schliessen auf einen geistigen Urquell, auf ein Göttliches, wof ü r wir keine Begriffe und keinen Ausdruck haben, und welches wir zu uns herabziehen und anthropomorphisiren müssen um unsere dunkelen Ahn') „ f r ü h e r e s " von a n d e r e r H a n d

eingeschaltet.



:)5



düngen einigermassen za verkörpern und fasslich zu machen. So sind alle Mythen entstanden die von Jahrhundert zu Jahrhundert in den Völkern fortlebten, und ebenso diese neue von Goethe, die wenigstens den Schein einiger Naturwahrheit hat und die wohl den besten gleichzustellen seyn dürfte die j e gedacht worden 1 ). W. d. 15. Septbr. 34.-') M e p h i s t o p hei es. Das ist es auch. Göttinnen, ungekannt Euch Sterblichen, von uns nicht gern genannt. Nach ihrer Wohnung magst in's Tiefste schürfen; Du selbst bist Schuld dass ihrer wir bedürfen. Faust. Wohin der Weg? Mcphistophclcs. Kein Weg! In's l'nbet.retene, Nicht zu Betretende; ein Weg an's Unerbetene Nicht zu Erbittende. Bist du bereit? — Nicht Schlösser sind, nicht Riegel wegzuschieben, A on Einsamkeiten wirst umhergetrieben. Hast du Begriff von Oed' und Einsamkeit? Faust. Du spartest dächt' ich solche Sprüche, l.tier wittert's nach der Hexenküche, Nach einer längst vergangnen Zeit. Musst' ich nicht mit der Welt verkehren ? ') Vgl. Eckcrmann, Gespräche II, S. 116f. -) Mit Blei von Eckermaun hinzugefügt.



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Das Leere lernen, Leeres lehren? — Sprach ich vernünftig, wie ich's angeschaut, Krklang der Widerspruch gedoppelt l a u t : Musst' ich sogar vor widerwärtigen Streichen Zur Einsamkeit, zur Wilderniss entweichen; Und, um nicht ganz versäumt, allein zu leben, Mich doch zuletzt dem Teufel übergeben. Mephistopheles. Und hättest du den Ocean durchschwömmen, Das Gränzenlose dort geschaut, So sähst du dort doch Well' auf Welle kommen, Selbst wenn es dir vor'm Untergange graut. Du sähst doch etwas. Sähst wohl in der Grüne Gestillter Meere streichende Delphine; Sähst Wolken ziehen, Sonne, Mond und Sterne; Nichts wirst du sehn in ewig leerer Ferne, Den Schritt nicht hören den du thust, Nichts Festes finden wo du ruhst. Faust. Du sprichst als erster aller Mystagogen, Die treue Neophytcn je betrogen; Nur umgekehrt. Du sendest mich in's Leere, Damit ich dort so Kunst als Kraft vermehre; Behandelst mich, dass ich, wie jene Katze, Dir die Kastanien aus den Gluthen kratze. Nur immer zu! wir wollen es ergründen, In deinem Nichts hoff ich das All' zu finden. Mephistopheles. Ich rühme dich eh' du dich von mir trennst, Und sehe wohl, dass du den Teufel kennst; Hier diesen Schlüssel nimm. Faust. Das kleine Ding!



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Mep h i s t o p h eles. Erst fass ihn an und schätz' ihn nicht gering. Faust. Er wächs't in meiner Hand! ev leuchtet, blitzt! Der Schein

Schlüssel

muss

einen

röthlich

glühenden

haben. Mephistopheles.

Merkst du nun bald was man an ihm besitzt! Der Schlüssel wird die rechte Stelle wittern, Folg' ihm hinab, er führt dich zu den Müttern. F a u s t (schaudernd). Den Müttern! Trifft's mich immer wie ein S c h l a g ! Was ist das Wort das ich nicht hören mag? Mephistopheles. Bist du beschränkt, dass neues Wort dich slört? Willst du nur hören, was du schon gehört? Dich störe nichts, wie es auch weiter klinge, Schon längst gewohnt der wunderbarsten Dinge. F a u st. Doch im Erstarren such' ich nicht mein Heil, Das Schaudern ist der Menschheit bestes Theil; Wie auch die W e l t ihm das Gefühl veriheure, Ergriffen, fühlt er tief das Ungeheure. Mephistopheles. Versinke denn! ich könnt' auch s a g e n : steige! 's ist einerlei.

Entfliehe dem Entstandnen,

In der Gebilde losgebundne Räume; Ergötze dich am längst nicht mehr Vorhandnen; Wie Wolkenzüge schlingt sich das Getreibe, Den Schlüssel schwinge, halte sie vom Leibe. F a u s t (begeistert). Wohl! fest ihn fassend fühl' ich neue Stärke, Die Brust erweitert, hin zum grossen Werke. Kckennanu, Goethes Faust a. H. d. K.

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Mephistopheles. Kin glühnder Dreyfuss thut dir endlich kund Du seyst im tiefsten, allertiefsten Grund. Bei seinem Schein wirst du die Mütter sehn: Die einen sitzen, andre stehn und gehn, Wie's eben kommt. Gestaltung-, Umgestaltung, Des ewigen Sinnes ewige Unterhaltung. Umschwebt von Bildern aller Creatur; Sie sehn dich nicht, denn Schemen sehn sie n u r . Da fass ein Herz, denn die Gefahr ist gross, Und gehe grad' auf jenen Dreyfuss los, Berühr' ihn mit dem Schlüssel! Faust m a c h t eine e n t s c h i e d e n g e b i e t e n d e A t t i t ü d e mit dem S c h l ü s s e l ) -

Mephistopheles. (ihn b e t r a c h t e n d ) .

So ist's recht! Er schliesst sich an, er folgt als treuer Knecht: (ielassen steigst du, dich erhebt das Glück, Und eh' sie's merken bist mit ihm zurück. Und hast du ihn einmal hierher gebracht, So rufst du Held und Heldin aus der Nacht, Der erste der sich jener That erdreistet; Sie ist getlian und du hast es geleistet, Dann muss fortan, nach magischem Behandeln, Der Weihrauchsnebel sich in Götter wandeln. Faust. Und nun wras jetzt? Mephistopheles. Dein Wesen strebe nieder: Versinke stampfend, stampfend steigst du wieder. Faust ( s t a m p f t und

versinkt).



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Mo p h i s to p h e l e s . W e n n ihtn der Schlüssel mir '/.um besten frommt! Neugierig' bin ich ob er wieder kommt? [Scene 4.]

H e l l e r l e u c h t e t e Säle. K a i s e r und F ü r s t e n , Hof in Bewegung. Kämmerer (zu Mcjiliistopliolcs). Ihr seyd uns noe.li die Geisterscene schuldig: Macht euch daran! der Herr ist ungeduldig. Marschall. So eben fragt der Gnädigste darnach: Ihr! zaudert nicht der Majestät zur Schmach. Mephistopheles. Ist mein Cumpan doch desshalb weggegangen, Kr weiss schon wie es anzufangen, l'nd laborirt verschlossen still; Muss ganz besonders sich befleissen, Denn wer den Schatz, das Schöne, heben will, Bedarf der höchsten Kunst, Magie der Weisen. Marschall. Was ihr für Künste braucht ist einerlei, Der Kaiser will dass alles fertig sey. Blondine (zu MupUiätopkclfs).

Dem. Granert. Kiu Wort, mein Herr! Ihr seht ein klar Gesieht, •Jedoch so ist's im leidigen Sommer nicht! Da sprossen hundert bräunlich rothe Flecken. Die zum Verdruss die weisse Haut bedecken. Kin Mittel!

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M e p h i s t o p h elcs. Schade! so ein leuchtend Schätzchen, Im Mai getupft wie eure Pantherkätzchen. Nehmt. Froschlaich, Krötenzungen, cohobirt, Im vollsten Mondlicht sorglich destillirt; lind, wenn er abnimmt, reinlich aufgestrichen, Der Frühling kommt, die Tupfen sind entwichen. B raune. D e m . Gebhard. Die Menge drängt heran euch zu umschranzen. Ich bitt' um Mittel.' Ein erfrorner Fuss Verhindert mich am Wandeln wie am Tanzen, Selbst ungeschickt beweg' ich mich zum Gruss. Mephistopheles. Erlaubet einen Tritt von meinem Fuss. Braune. Nuu das geschieht wohl unter Liebesleuten. Mephistopheles. Mein Fusstritt, K i n d ! hat Grflssres zu bedeuten. Zu Gleichem Gleiches, was auch einer litt; Fuss heilet Fuss, so ist's mit allen Gliedern. Heran! Gebt Acht! Ihr sollt es nicht erwiedern. B r a u n e (schreiend). W e h ! Weh! das brennt! das war ein harter Tritt, Wie Pferdehuf. M c p h i s t o p h e l es. Die Heilung nehmt ihr mit. Du kannst nunmehr den Tanz nach Lust verüben, Bei Tafel schwelgend füssle mit dem Lieben. Dame (liorandriugeud). Dein. Müller. Lasst mich hindurch! zu gross sind meine Schmerzen!



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Sie wühlen s i e d e n d mir im t i e f s t e n H e r z e n : Bis g e s t e r n s u c h t Kr Heil in m e i n e n Blicken. E r schwatzt mit ihr u n d w e n d e t mir den liücken. Mephistopheles. B e d e n k l i c h ist es, aber höre mich. A n i h n h e r a n m u s s t d u dich leise d r ü c k e n ; Nimm diese K o h l e , streich' ihm e i n e n Strich Auf A e r m e l , Mantel, S c h u l t e r wie sich's m a c h t : Kr f ü h l t im H e r z e n h o l d e n R e u e s t i c h . Die Kohle doch musst d u sogleich verschlingen, Nicht W e i n , n i c h t W a s s e r a n die L i p p e n b r i n g e n ; Kr s e u f z t vor d e i n e r T h ü r ' noch h e u t e Nacht. Dame. Ist doch kein G i f t ? M e p h i s t o p h el e s (entrüstet). Respect wo sich's g e b ü h r t ! W e i t m ü s s t e t ihr nach solcher Kohle l a u f e n : Sie k o m m t von einem S c h e i t e r h a u f e n Den wir s o n s t emsiger a u g e s c h ü r t . Page. Etwa Dem.

Hessling.

Ich bin verliebt, m a n hält mich nicht f ü r voll. Mephistopheles (bei Seite). Ich weiss n i c h t m e h r , wohin ich hören soll. (Zinn Pagen.) Müsst euer Glück nicht auf die j ü n g s t e setzen. Die A n g e j a h r t e n wissen euch zu schätzen. — (Audeto 3 .

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