Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtliche Sanktion: Systematik und Konzeption einer Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht, dargestellt am Beispiel des deutschen und US-amerikanischen Insiderrechts [1 ed.] 9783428532537, 9783428132539

Mehr Regulierung für den Kapitalmarkt? Melanie Binninger beschäftigt sich mit der Frage, ob eine Gewinnabschöpfung eine

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German Pages 421 Year 2010

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Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtliche Sanktion: Systematik und Konzeption einer Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht, dargestellt am Beispiel des deutschen und US-amerikanischen Insiderrechts [1 ed.]
 9783428532537, 9783428132539

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 32

Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtliche Sanktion Systematik und Konzeption einer Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht, dargestellt am Beispiel des deutschen und US-amerikanischen Insiderrechts

Von

Melanie Binninger

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

MELANIE BINNINGER

Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtliche Sanktion

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 32

Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtliche Sanktion Systematik und Konzeption einer Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht, dargestellt am Beispiel des deutschen und US-amerikanischen Insiderrechts

Von

Melanie Binninger

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2009 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2010 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-13253-9 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2009 von der Juristischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg als Dissertation angenommen. Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob eine Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht eine sinnvolle Ergänzung des kapitalmarktrechtlichen Sanktionensystems darstellt. Gegenstand der Untersuchung ist eine Gewinnabschöpfung insbesondere auf der Rechtsfolgenseite von Insiderhandel (§ 14 WpHG) und Verstößen gegen die Meldepflichten bei sog. Directors’ Dealings (§ 15a WpHG). Ziel einer Gewinnabschöpfung ist es, Lücken im kapitalmarktrechtlichen Sanktionensystem zu schließen. Dadurch sollen nicht zuletzt Anreize zu einem verbotswidrigen Verhalten minimiert werden. Andere Rechtsgebiete, wie das Wettbewerbs- und Kartellrecht, das Strafrecht, das allgemeine Zivilrecht und das US-amerikanische Kapitalmarktrecht, enthalten bereits Gewinnabschöpfungsnormen. Erfahrungen mit diesen Normen sollen Aufschluss darüber geben, wie eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung sinnvoll konzipiert werden kann. Privatrechtliche und administrative Ausgestaltungen der Gewinnabschöpfung werden wertend gegenübergestellt. Zudem wird untersucht, wer den Gewinn geltend machen kann, wer als Gewinnempfänger zu qualifizieren ist und wie der Gewinn berechnet werden kann. An dieser Stelle gilt mein ganz besonderer Dank zuvorderst meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., für die engagierte Betreuung der Arbeit sowie die großartige Förderung. Ebenso möchte ich Herrn Professor Dr. Uwe Blaurock für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens danken. Auch danke ich vielmals Herrn Professor Dr. Rolf Stürner (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) und Herrn Professor Dr. Rüdiger Veil (Bucerius Law School Hamburg) für wertvollste Ratschläge. Für die Ermöglichung eines Forschungsaufenthalts an der Harvard Law School und die großartige Unterstützung gebührt mein herzlicher Dank Herrn Professor Harry S. Martin III (Terry). Der Aufenthalt wurde seitens des DAAD (Deutscher Akademischer Austausch Dienst) großzügig gefördert, dem hierfür ebenfalls mein Dank gilt.

8

Vorwort

Für die finanzielle Förderung der Arbeit mit einem Druckkostenzuschuss danke ich auch vielmals der Wissenschaftlichen Gesellschaft in Freiburg. Für die überaus hilfreichen Korrekturen und wertvollsten Anregungen danke ich ganz herzlich Herrn Dr. Jens-Hinrich Binder, LL.M., Herrn Dr. Stefan Matthies, Herrn Dr. Claus-Michael Männle und Herrn Andreas Staudigel. Meinen Eltern und meinem Bruder danke ich von ganzem Herzen für ihre liebevolle und unbedingte Unterstützung. Berlin, im Dezember 2009

Melanie Binninger

Inhaltsübersicht Kapitel 1 Einleitung

31

A. Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

B. Forschungsstand und Praxisbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

D. Begriffserläuterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

Kapitel 2 Tatbestandliche Anknüpfungspunkte einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung

46

A. Verbot des Insiderhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

B. Verbot der Marktmanipulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

C. Melde- und Veröffentlichungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

D. Ausblick: Weitere materiellrechtliche Anknüpfungspunkte . . . . . . . . . . . . . . . .

91

E. Ergebnis Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

Kapitel 3 Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht: Rechtspolitisches Bedürfnis nach einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung A. Sanktionsdefizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95 96

B. Durchsetzungsdefizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 C. Ergebnis Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 Kapitel 4 Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

179

A. Eigenregulierung durch den Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 B. Kontrolle durch Intermediäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

10

Inhaltsübersicht

C. Maßnahmen zur präventiven Verhinderung des Insiderhandels . . . . . . . . . . . . . 181 D. Schadensrechtliche Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 E. Bußgeldrechtliche Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 F. Modelle für eine Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 G. Ergebnis Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 Kapitel 5 Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

220

A. Hintergrund: Systemkonforme Konstruktion einer Gewinnabschöpfung . . . . . 220 B. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 C. Materiellrechtliche Systemkonformität: Eingliederung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung in die Systematik der zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 D. Durchsetzung der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 E. Ergebnis Kapitel 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Kapitel 6 Verwaltungsrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

296

A. Materiellrechtliche Systemkonformität: Eingliederung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung in die Systematik der administrativen Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 B. Durchsetzung der verwaltungsrechtlichen Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . 302 C. Ergebnis Kapitel 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 Kapitel 7 Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

316

A. Haftungssubjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 B. Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 C. Gewinnberechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 D. Umfang des herauszugebenden Gewinns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358

Inhaltsübersicht

11

Kapitel 8 Schlussbetrachtung: Gewinnabschöpfung – eine sinnvolle Ergänzung des modernen kapitalmarktrechtlichen Sanktionensystems? 372 A. Rechtspolitisches Bedürfnis nach einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 B. Zweck der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 C. Praktische Bedeutung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung . . . . . 376 D. Konstruktionen der Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 E. Thesen der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 Materialanhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einleitung

31

A. Untersuchungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtliche Sanktion de lege ferenda. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Informationsasymmetrie am Kapitalmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gewinnabschöpfung im System des Haftungsrechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 33 36

B. Forschungsstand und Praxisbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

D. Begriffserläuterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sanktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Insiderhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Insider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Directors’ Dealings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41 41 41 42 43 43 45

31

Kapitel 2 Tatbestandliche Anknüpfungspunkte einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung A. Verbot des Insiderhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Regulierungsnotwendigkeit des Insiderhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Auswirkungen für den Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen für den Kapitalmarkt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Pro Insiderverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Steigerung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes. . . . . . . bb) Steigerung der Effizienz des Kapitalmarktes . . . . . . . . . . . . . . . cc) Anreizminimierung für manipulative Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . b) Contra Insiderverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kursanpassung durch Insiderhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Insiderhandel als „victimless crime“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auswirkungen für den Emittenten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46 46 46 48 51 51 51 52 54 55 55 56 57

14

Inhaltsverzeichnis a) Insiderverbote reduzieren Eigenkapitalkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rufverlust durch Insiderhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Auswirkungen für den Insider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verbot des Insiderhandels im US-amerikanischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geschichtliche Entwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesellschaftsrechtliche Erfassung: § 10(b) SEA und Rule 10b-5. . . . . a) Disclose-or-abstain-Rule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Treuebruchstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verbot des Insiderhandels im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verbot des Insiderhandels, § 14 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57 57 58 58 59 59 60 63 64 65 65 67

B. Verbot der Marktmanipulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verbot der Marktmanipulation im US-amerikanischen Recht . . . . . . . . . . . II. Verbot der Marktmanipulation im deutschen Recht, § 20a WpHG . . . . . . 1. Regelungszweck und Erscheinungsformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abgrenzung § 20a WpHG und § 14 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abgrenzung § 20a WpHG und §§ 15, 15a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . .

69 69 70 70 72 73

C. Melde- und Veröffentlichungspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ad-hoc-Publizitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. US-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Deutsches Recht, § 15 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Veröffentlichungspflichten bei Directors’ Dealings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. US-amerikanisches Recht, § 16(a) SEA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Deutsches Recht, § 15a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Regelungsinhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Internationaler Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verhältnis des § 15a WpHG zu anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . aa) § 15a WpHG und § 15 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) § 15a WpHG und § 14 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) § 15a WpHG und Deutscher Corporate Governance Kodex . . 3. Regelungszweck und Effektivität der Veröffentlichungspflichten . . . . a) Praktische Relevanz der Mitteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Regelungszweck des § 16(a) SEA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Regelungszweck des § 15a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73 74 74 75 76 76 77 77 79 80 80 81 83 83 83 83 85 86 88

D. Ausblick: Weitere materiellrechtliche Anknüpfungspunkte . . . . . . . . . . . . . I. Marktschutzvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Fehlerhafte Anlageberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91 91 92

E. Ergebnis Kapitel 2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

Inhaltsverzeichnis

15

Kapitel 3 Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht: Rechtspolitisches Bedürfnis nach einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung A. Sanktionsdefizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sanktionsdefizit bei Insiderhandel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen im deutschen und US-amerikanischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Deutsches Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Sanktionen nach § 38 WpHG i. V. m. §§ 14, 15 WpHG (2) Allgemeine strafrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) US-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Einführung in das US-amerikanische Sanktionensystem (2) Pönalisierung des Insiderhandels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bußgeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Deutsches Recht: Verletzung der kapitalmarktrechtlichen Pflichten aus §§ 14, 15, 15a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) US-amerikanisches Recht: Civil penalty nach § 21A SEA . . c) Möglichkeiten der Gewinnabschöpfung de lege lata in administrativen oder strafrechtlichen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Deutsches Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Nichterfüllung der Meldepflichten aus § 15a WpHG . . . . (2) Verstöße gegen § 14 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Nichterfüllung der Publizitätspflichten aus § 15 WpHG bb) US-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zivilrechtliche Begutachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deutsches Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeine zivilrechtliche Begutachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Nichtigkeit der Insidertransaktion, § 134 BGB . . . . . . . . . (2) Vertragliche Ansprüche des Transaktionspartners und anderer Anleger gegen Insider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Anspruch des Emittenten gegen Insider auf Gewinnherausgabe nach den Grundsätzen der angemaßten Eigengeschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Eingriffskondiktion des Emittenten und einzelner Anleger gegen Insider. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Deliktische Ansprüche der Anleger gegen Insider nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 14, 15, 15a Abs. 1 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) § 14 WpHG als Schutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) § 15 WpHG als Schutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95 96 96 97 97 97 97 98 99 99 100 101 101 104 105 105 106 108 108 108 109 109 109 109 110

111 113

113 114 116

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Inhaltsverzeichnis (c) § 15a WpHG als Schutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Sonstige wertpapierhandelsrechtliche Vorschriften als Schutzgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Deliktische Ansprüche des Emittenten und der Anleger nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. straf-, aktien- und kartellrechtlichen Schutzgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Ansprüche der Anleger wegen vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB gegen Insider und Emittent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Anspruchsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Kausalitätserfordernis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Begutachtung . . . . . (1) Geschäftsleiterhaftung, aktienrechtliche Treuepflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schadensersatzansprüche nach § 93 Abs. 2 AktG . . . . . . . (3) Schadensersatz wegen Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz. . . . . . . . . . . . . . . . (5) Prospekthaftung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) US-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schadensersatz und Bereicherungsanspruch. . . . . . . . . . . . . . . . . (1) § 20A SEA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Sog. Implied rights of action . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) § 10(b) SEA, Rule 10b-5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gerichtliche Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) § 16(b) SEA. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Haftungssubjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Verbotswidriges Verhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Unterbindung der missbräuchlichen Verwendung von Insiderinformationen . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Sanktionierung der Nichterfüllung der Offenlegungspflichten aus § 16(a) SEA. . . . . . . . . . . . . (cc) Verhinderung von Marktmanipulation . . . . . . . . . (dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Vergleich und Verhältnis § 16(b) SEA und Rule 10b-5 . . (a) Praxisbedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Verschuldenserfordernis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Anrechnung von Zahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis (4) Exkurs: Gewinnabschöpfung im US-amerikanischen Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Verletzung fiduziarischer Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Doppelverkauf von Grundstücken . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Synthese kapitalmarktrechtlicher Sanktionen im deutschen und US-amerikanischen Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sanktionsdefizit bei Marktmanipulationen im deutschen Recht . . . . . . . . III. Ausblick: Weiterer Sanktionsbedarf im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . 1. Sanktionsdefizit bei Marktschutzvereinbarungen de lege lata . . . . . . . 2. Sanktionsdefizit bei fehlerhafter Anlageberatung . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Durchsetzungsdefizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Statistiken zur Sanktionierung von Insiderverstößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Probleme der strafrechtlichen Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Probleme der zivilrechtlichen Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beweisprobleme eines zivilrechtlichen Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Qualifikation des oder der geschädigten Anleger(s) . . . . . . . . . . . . . aa) Kauf durch Insider bei erwarteter positiver Kursentwicklung (1) Transaktionspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anleger des Emittenten (Anteilseigner) . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite. . . . bb) Verkauf durch Insider bei erwartetem Kursfall . . . . . . . . . . . . . (1) Transaktionspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Anleger des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite. . . . cc) Exkurs: Fehlerhafte Anlageinformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Eigenart der am Kapitalmarkt verursachten Schäden . . . . . . . . . . . . . . . a) Streuschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Massenschäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vorfeldwirkung von Sanktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Ergebnis Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

Kapitel 4 Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

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A. Eigenregulierung durch den Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 B. Kontrolle durch Intermediäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 C. Maßnahmen zur präventiven Verhinderung des Insiderhandels . . . . . . . . 181

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Inhaltsverzeichnis I.

Verpflichtung zur Vorabveröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zeitlicher Rahmen für die Meldung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gefahr der missbräuchlichen Verwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Offenlegung des Insiderstatus bei privaten Geschäften. . . . . . . . . . . . . . . . . III. Handelsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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D. Schadensrechtliche Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abgrenzung von privatrechtlicher Gewinnabschöpfung und Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Präventive Elemente im deutschen Schadensersatzrecht . . . . . . . . . . . . . . . III. Ausweitung der Schadensersatzansprüche versus spezialgesetzliche zivilrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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E. Bußgeldrechtliche Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 I. Sinn und Zweck der Geldbuße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 II. Ausweitung der behördlichen Sanktionen versus spezialgesetzliche zivilrechtliche oder behördliche Gewinnabschöpfung de lege fegenda . . 198 F. Modelle für eine Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Optimales Präventionsniveau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Generaltatbestand versus Einzeltatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei der Verletzung von Veröffentlichungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei fehlerhafter oder unterlassener Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Personenidentität von Informationsverpflichtetem und Transaktionsausführendem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Reichweite und Umfang der Publizitätspflicht . . . . . . . . . . . . . . bb) Transaktionserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei unterlassenen Meldungen nach § 15a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vergleich der Modelle der Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei § 15a WpHG und § 15 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei „echtem“ Insiderhandel nach § 14 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Voraussetzungen und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vergleich der Modelle Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei § 15a WpHG und § 14 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei kurzfristigen Wertpapierkäufen und -verkäufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei tatsächlicher Marktmanipulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Halteverpflichtung in Anlehnung an § 16(b) SEA . . . . . . . . . . . . . . . . . .

200 201 204 204 204 205 205 208 209 209 211 212 212 214 215 215 215

Inhaltsverzeichnis

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3. Vergleich der Modelle der Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei § 15a WpHG und in Anlehnung an § 16(b) SEA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 G. Ergebnis Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

Kapitel 5 Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

220

A. Hintergrund: Systemkonforme Konstruktion einer Gewinnabschöpfung 220 B. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Insiderrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Marktmissbrauchsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Wettbewerb der Rechtssysteme der EU-Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Materiellrechtliche Systemkonformität: Eingliederung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung in die Systematik der zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gewinnhaftung de lege lata nach dem allgemeinen Zivilrecht . . . . . . . . . 1. Vertragliche Gewinnhaftung, §§ 280 ff. BGB bzw. § 311a Abs. 2 BGB i. V. m. § 252 S. 2 BGB oder § 285 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entgangener Gewinn, § 252 S. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellvertretendes commodum, § 285 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gewinnabschöpfung nach § 251 Abs. 3 BGB de lege ferenda . . . d) Transfer zur Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Gewinnabschöpfungsanspruch bei angemaßter Eigengeschäftsführung nach § 687 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 2. Alt. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsbereich für absolute und relative Rechte . . . . . . . . . . . b) Entwicklung; rechtspolitische Tendenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Transfer zur Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der bereicherungsrechtliche Gewinnabschöpfungsanspruch . . . . . . . . . a) § 818 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schädigungserfordernis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Umfang des Bereicherungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 816 Abs. 1 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verhältnis der bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftungsnormen . d) Transfer zur Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Deliktische Haftung: Sog. dreifache Schadensberechnungsmethode . . a) Verletzung von Patent- und Urheberrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis b) Verletzung von sonstigen Rechten, insbesondere Persönlichkeitsrechten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Transfer zur Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung und Schlussfolgerung für die kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zwei Arten von Gewinnhaftungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Defizitäre Schadensersatzhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesteigertes Präventionsbedürfnis bei besonderen Rechtsgütern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Transfer zur Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gewinnabschöpfung de lege lata im Wettbewerbs- und Kartellrecht . . . . 1. Eintrittsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wettbewerbsrecht, § 10 UWG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tatbestandsvoraussetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtsfolge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Praktische Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kartellrecht, § 34a GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung für die spezialgesetzliche zivilrechtliche Gewinnabschöpfung de lege lata und Transfer zur Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

D. Durchsetzung der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . I. Vorfrage: Personenidentität: Geschädigter des Insiderhandels – Gewinnempfänger – Aktivlegitimierter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Personenidentität: Geschädigter der Insiderhandels und Gewinnempfänger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Personenidentität: Gewinnempfänger und Aktivlegitimierter . . . . . . . . II. Privatrechtliche Durchsetzung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Emittent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aktivlegitimation des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Emittent als Gewinnempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Emittent als Geschädigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Emittent als Gewinnempfänger nach europäischem und ausländischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sog. derivative action . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aktivlegitimation einzelner oder mehrerer Anleger. . . . . . . . . . . . . . aa) US-amerikanisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

242 243 244 244 244 245 245 247 247 248 249 250 251 253 254

256 258 258 258 259 260 260 260 261 261 262 264 264 265 265 265

Inhaltsverzeichnis bb) Entlastung der Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Spannungsverhältnis: Anreizschaffung und Missbrauchspotential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anreizschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Missbrauchspotential. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Informationsdefizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Zusammenhang mit Schutzzweck kapitalmarktrechtlicher Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anleger als Gewinnempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Transaktionspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite. . . . . . . . cc) Weitere Anleger als Gewinnempfänger? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Praktikabilität der Durchsetzung durch gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kollektive Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Streitgenossenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verwalter/Treuhänder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gewillkürte Prozessstandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gesetzliche Prozessstandschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sammelklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) US-amerikanisches Recht: Class action . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Deutsche Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sammelklagen geschädigter Anleger mittels BGB-Gesellschaften e) Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Verbandsklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anforderungen und Inhalt einer kapitalmarktrechtlichen Verbandsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vereinsform, §§ 21 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Entlastung von Behörden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Verband als Gewinnempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Mehrheit von Gläubigern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Abwägung Verbandsklagenrecht und Klagenrecht durch gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21 266 266 267 267 271 271 272 272 273 274 275 276 277 277 278 280 280 280 283 284 285 286 286 288 288 289 290 291 292 293

E. Ergebnis Kapitel 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295

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Inhaltsverzeichnis Kapitel 6 Verwaltungsrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

A. Materiellrechtliche Systemkonformität: Eingliederung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung in die Systematik der administrativen Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ordnungswidrigkeitenrecht, § 17 Abs. 4 OWiG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 34 Abs. 1 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 81 Abs. 5 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Energiewirtschaftsrecht, § 33 EnWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Telekommunikationsrecht, § 43 TKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Wirtschaftsstrafgesetz, § 8 WiStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zusammenfassung: Systematik der verwaltungsrechtlichen Gewinnabschöpfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Durchsetzung der verwaltungsrechtlichen Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . I. Hoheitliche Rechtsdurchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. BaFin als zuständige Durchsetzungsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vergleich mit US-amerikanischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mittel der Durchsetzung: Privates Klagerecht oder Verwaltungsakt . . . . . III. Staatshaushalt als Gewinnempfänger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenarbeit zwischen Behörden und Bürgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Abwägung private versus behördliche Rechtsdurchsetzung. . . . . . . . . . . . . 1. Verhältnis von zivilrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prävention: Zivilklage zur Stärkung der Finanzaufsicht . . . . . . . . . . . . . 3. Ökonomische Ressourcennutzung zur Rechtsverfolgung . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

296

296 297 298 298 299 299 300 301 301 302 302 302 304 305 306 308 309 309 311 312 314

C. Ergebnis Kapitel 6. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315

Kapitel 7 Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung A. Haftungssubjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Insider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Personenkreis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen von Amtsantritt und Amtniederlegung . . . . . . . . . . . . . . 3. Auswirkungen von Unternehmensübernahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zurechnungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Emittent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

316 317 317 317 318 318 319 320 321

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B. Verschulden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das „Ob“ der verschuldensabhängigen Gewinnherausgabe . . . . . . . . . . . . 1. Verschuldensunabhängige Haftung nach § 16(b) SEA . . . . . . . . . . . . . . 2. Verschuldensunabhängige Gewinnabschöpfung nach deutschem Recht 3. Kritik an der verschuldensunabhängigen Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das „Wie“ der verschuldensabhängigen Gewinnherausgabe . . . . . . . . . . . 1. Anknüpfungspunkt des Verschuldens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unterlassene Mitteilungen nach § 15a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tatsächliches Insiderhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beweislast für das Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Systematischer Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Modell nach § 16(b) SEA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Modell nach § 15a WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Modell nach § 14 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verschuldensgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vorsätzliches Handeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fahrlässiges Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

322 322 322 323 324 326 326 326 327 327 327 328 328 329 329 329 329 329 332 333

C. Gewinnberechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gewinnberechnung nach der lowest price in/highest price out-Methode 1. Inhalt der Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendbarkeit: Maßgeblicher Zeitrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zeitraum von sechs Monaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zeitraum zwischen Amtsantritt und Amtsniederlegung einer Führungsperson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zeitraum von einem Jahr vor und nach der unterlassenen Mitteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gewinnberechnung in Anlehnung an die Kursdifferenzmethode: Kursdifferenzgewinn. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Naturalrestitution und Differenzschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Berechnungsvarianten nach § 249 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schadensersatzansprüche wegen Verstoßes gegen kapitalmarktrechtliche Verhaltens- und Publizitätspflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rekurs auf den Schutzzweck der Norm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bewertung und Übertragung auf die kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Berechnung des Kursdifferenzgewinns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Berechnungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendungsfälle der Kursdifferenzmethode im US-amerikanischen und deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

334 334 335 336 337 338 339 339 340 340 340 341 342 342 343 343 343

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III. IV. V. VI.

c) Ermittlung der Parameter der Differenzhypothese . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erster Wert: Kaufpreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zweiter Wert: Hypothetischer „wahrer“ Wert des Wertpapiers. (1) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des wahren Wertes: Konkreter Zeitpunkt oder Durchschnittsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Beginn des relevanten Berechnungszeitraums für die Durchschnittsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ende des maßgeblichen Berechnungszeitraumes für die Durchschnittsberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Bewertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei unterlassener Meldung nach § 15a WpHG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei Verstoß gegen § 14 WpHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich der Gewinnberechnungsmethoden nach der lowest price in/ highest price out-Methode und nach der Kursdifferenzmethode . . . . . . . . Gewinnberechnung durch Vergleich mit Transaktionen von Nichtinsidern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewinnberechnung durch richterliche Schätzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beweislastverteilung bezüglich der Höhe des Gewinns . . . . . . . . . . . . . . . .

D. Umfang des herauszugebenden Gewinns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Strafende Gewinnberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Punitive damages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis Gewinnabschöpfung und punitive damages . . . . . . . . . . . b) Punitive damages im US-amerikanischen Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . c) Strafschadensersatz in europäischen Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . d) Strafschadensersatz nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Meinungsstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Multiplikationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Abzug konkurrierender Ansprüche sowie straf- und verwaltungsrechtlicher Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gewinnabschöpfung und Schadensersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gewinnabschöpfung und straf- bzw. verwaltungsrechtliche Sanktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gewinnabschöpfung und Geldstrafe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewinnabschöpfung und Freiheitsstrafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gewinnabschöpfung und Bußgelder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

344 344 345

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Inhaltsverzeichnis

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Kapitel 8 Schlussbetrachtung: Gewinnabschöpfung – eine sinnvolle Ergänzung des modernen kapitalmarktrechtlichen Sanktionensystems? 372 A. Rechtspolitisches Bedürfnis nach einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372 B. Zweck der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung. . . . . . . . . . . . . . . 373 C. Praktische Bedeutung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 D. Konstruktionen der Gewinnabschöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Modell 1: Sanktionierung der Verletzung der Meldepflichten bei Directors’ Dealings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Modell 2: Sanktionierung von tatsächlichem Insiderhandel . . . . . . . . . . . . III. Modell 3: Gewinnabschöpfung bei short-swing tradings. . . . . . . . . . . . . . .

377 378 380 381

E. Thesen der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 Materialanhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418

Abkürzungsverzeichnis a. A. a. a. O. Acc.Rec. AcP a. F. AG AktG Ala. L. Rev. Am Crim LR Am.J.Comp.L. Art. AZ. BaFin BB Bd. BDI Begr. z. RegE BEHG BGB BGH BGHZ BKR BRat Brook.L.Rev Bus. Lawyer BT BT BVerfG bzw. CBLJ CEO cert. denied Chi.-Kent. L. Rev. Colum.L.Rev DAJV

andere Ansicht an anderem Ort The Accounting Review (Zeitschrift) Archiv für die zivilistische Praxis (Zeitschrift) alte Fassung Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Aktiengesetz Alabama Law Review (Zeitschrift) American Criminal Law Review (Zeitschrift) American Journal of Comparative Law (Zeitschrift) Artikel Aktenzeichen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebs-Berater (Zeitschrift) Band Bund Deutscher Industrie Begründung zum Regierungsentwurf Bundesgesetz über die Börsen und den Effektenhandel Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht (Zeitschrift) Bundesrat Brooklyn Law Review (Zeitschrift) Business Lawyer (Zeitschrift) Bundestag Besonderer Teil Bundesverfassungsgericht beziehungsweise Canadian Business Law Journal (Zeitschrift) Chief Executive Officer certiorari denied (sinngemäß: wenn der US Supreme Court einen Fall nicht zur Entscheidung angenommen hat) Chicago-Kent Law Review (Zeitschrift) Columbia Law Review (Zeitschrift) Deutsch-Amerikanische Juristen-Vereinigung e. V.

Abkürzungsverzeichnis DB DCGK ders DJT Drucks. DSW EBOR EC ECV EGV EMRK EnWG EUR EUV EuZW EWiR f. ff. FinDAG FMFG Fn. FS FSA FSMA GbR GEMA Geo.Wash. L.Rev. GG GmbHR GRUR GWB Harv. L. Rev. HGB H.L.J. h. M. HRRS Hrsg. Hs.

Der Betrieb (Zeitschrift) Deutscher Corporate Governance Kodex derselbe Deutscher Juristen Tag Drucksache Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e. V. The European Business Organization Law Review (Zeitschrift) European Commission (Österreichische) Emittenten-Compliance-Verordnung Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention) Energiewirtschaftsgesetz Euro Vertrag zur Gründung der Europäischen Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) folgende (Seite) fortfolgende (Seiten) Gesetz über die integrierte Finanzdienstleistungsaufsicht Finanzmarktförderungsgesetz Fußnote Festschrift Financial Services Authority Financial Services and Markets Act (2000) Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gesellschaft für Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte George Washington Law Review (Zeitschrift) Grundgesetz GmbH-Rundschau (Zeitschrift) Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift) Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Harvard Law Review (Zeitschrift) Handelsgesetzbuch Hastings Law Journal (Zeitschrift) herrschende Meinung Online-Zeitschrift für Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht Herausgeber Halbsatz

27

28 Inc. insbes. Ins.-RL i. S. d. ITSFEA i. V. m. J.Corp.L. JLE J.Leg. Stud. JoF JuS JZ KapInHaG KapMuG KK KWG Lat. Loy. L.A. L. Rev. LQR L.Rev. Mich. L.Rev. Minn.L.Rev. m. w. Nachw. NJW NJW-RR Nr. NvWR Nw.U.L.Rev. NZG öAktG ÖJZ OLG ÖstOGH OWiG RabelsZ RDG RefE RegE Rev.dr.int.dr.comp RG

Abkürzungsverzeichnis Incorporated insbesondere Insiderrichtlinie im Sinne der/des Insider Trading and Securities Fraud Enforcement Act in Verbindung mit Journal of Corporation Law (Zeitschrift) Journal of Law and Economics (Zeitschrift) The Journal of Legal Studies (Zeitschrift) Journal of Finance (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz Kölner Kommentar Kreditwesengesetz Latein Loyola of Los Angeles Law Review (Zeitschrift) Law Quarterly Review (Zeitschrift) Law Review Michigan Law Review (Zeitschrift) Minnesota Law Review (Zeitschrift) mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW-Rechtsprechung Report Zivilrecht (Zeitschrift) Nummer Neues vom EU-Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Northwestern University Law Review (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Zeitschrift) österreichisches Aktiengesetz Österreichische Juristenzeitung Oberlandesgericht Österreichischer oberster Gerichtshof Ordnungswidrigkeitengesetz Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen Referentenentwurf Regierungsentwurf Revue droit international droit compare (Zeitschrift) Reichsgericht

Abkürzungsverzeichnis RGZ

29

Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (Zeitschrift) RIW Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Rn. Randnummer Rspr. Rechtsprechung RVG Rechtsanwaltsvergütungsgesetz S. Seite SA Securities Act von 1933 S.Cal.L.Rev Southern California Law Review (Zeitschrift) SdK Schutzgemeinschaft für Kapitalanleger e. V. SEA Securities Exchange Act von 1934 SEC Securities and Exchange Commission (USA) Sec. Section s. o. siehe oben sog. sogenannte(r/s) Stan LR Stanford Law Review (Zeitschrift) StGB Strafgesetzbuch TKG Telekommunikationsgesetz Transnat’l Law Transnational Law (Zeitschrift) Tul.L.Rev Tulane Law Review (Zeitschrift) u. a. unter anderem U.Cin.L.Rev. University of Cincinnati Law Review (Zeitschrift) UK United Kingdom Univ Ill LR University of Illinois Law Review (Zeitschrift) UrhG Urhebergesetz USA United States of Amerika u. U. unter Umständen UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb v. versus (lat.) Va.L.Rev. Virginia Law Review (Zeitschrift) Var. Variante VersR Versicherungsrecht (Zeitschrift) vgl. vergleiche Wash U.L.Q Washington University Law Quarterly (Zeitschrift) Wis.L.Rev Wisconsin Law Review (Zeitschrift) WiStG Wirtschaftsstrafgesetz WM Wertpapiermitteilungen (Zeitschrift) Wm. & Mary L.Rev. William and Mary Law Review (Zeitschrift) WpAIV Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung WpHG Wertpapierhandelsgesetz WpÜG Wertpapierübernahmegesetz WRP Wertpapierrechtliche Praxis (Zeitschrift)

30 YALE L.J. z. B. ZBB ZfBf ZGR ZHR Ziff. ZIP ZPO ZStW ZZP ZZPInt

Abkürzungsverzeichnis Yale Law Journal (Zeitschrift) zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Betriebswirtschaft Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozessordnung Zeitschrift für Steuer und Wertpapierrecht Zeitschrift für Zivilprozess Zeitschrift für internationales Zivilprozessrecht

„Der Gewinn anderer wird fast wie ein eigener Verlust empfunden.“ Wilhelm Busch, 1832–1908

Kapitel 1

Einleitung A. Untersuchungsgegenstand I. Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtliche Sanktion de lege ferenda Anreiz für die vorliegende sanktionsrechtliche Untersuchung ist die Frage, ob ein – vermehrt proklamiertes1 – Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht de lege lata einer Ausfüllung durch eine Sanktion in Form der Gewinnabschöpfung de lege ferenda bedarf. Es stellen sich sowohl Fragen der tatbestandlichen „Auslöser“ einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung als auch Probleme ihrer praxistauglichen Durchsetzung. Der Missbrauch von Marktmechanismen des Kapitalmarkts für den eigenen Gewinn ist zu einer Thematik geworden, die zunehmende Aufmerksamkeit erlangt.2 Fraglich ist insbesondere, wie diesem Missbrauch in möglichst effektiver Weise begegnet werden kann. Primäre Aufgabe der Rechtsordnung im Bereich des Kapitalmarktrechts ist es, die Rahmenbedingungen für einen möglichst ungehinderten und unverzerrten Kapitalfluss zu schaffen, indem insbesondere die Transaktionskosten gering gehalten werden und ein hinreichendes Informationsniveau für die Investoren sichergestellt wird.3 Auf den realen Finanzmärkten verfügen nicht sämtliche Marktteilnehmer jederzeit über vollständige und gleichartige Informationen, die es ihnen erlauben, den für ein Finanzinstrument angemessenen Preis zu bestimmen. Diese Informationsasymmetrie ermöglicht Insidern, durch Ausnutzen der unveröffentlichten Informationen erhebliche Gewinne zu erwirtschaften. Eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda könnte auf diese unrechtmäßigen Gewinne zugreifen und das Informationsgefälle ex post im Sinne eines Kollektivausgleichs beseitigen. Die mit der effektiven Sanktio1

So beispielsweise Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, S. 44; Casper, BKR 2005, 83 (84); Gottschalk, Der Konzern 2005, 274 (275 ff.); Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (678); Köndgen, in: FS Druey, S. 791 (802); Schäfer, NZG 2005, 985 (986 f.); Weber, BB 1995, 157 (165). 2 Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, IX. 3 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 22.

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Kap. 1: Einleitung

nierung verbundene Abschreckungswirkung könnte zur Verringerung des für den Anleger bestehenden Risikos beitragen, auf der Basis schlechter Informationen unvorteilhafte Geschäfte abzuschließen.4 Eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda könnte auf dreierlei Weise der Optimierung der effektiven Rechtsverfolgung von Marktfehlverhalten dienen. So könnten erstens auf tatbestandlicher Ebene Beweiserleichterungen für den Nachweis des schuldhaften Verhaltens bis hin zu einer Beweislastumkehr geschaffen werden.5 Wie noch näher aufzuzeigen ist, erweisen sich die bislang vorherrschenden strafrechtlichen Sanktionen im Insiderhandelsrecht als unpraktikabel, da die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen (Kenntnis von Insiderinformationen) naturgemäß keiner einfachen Beweisführung zugänglich sind und zudem im Strafrecht die verfassungsrechtlich und durch Art. 6 Abs. 2 EMRK gewährleistete Unschuldvermutung gilt.6 Auch gegenüber einem Schadensersatzanspruch könnte sich eine Gewinnabschöpfung als praxistauglicher erweisen. Der Fokus liegt bei der Gewinnabschöpfung auf dem Vermögen des Verletzers. Dadurch entfällt das Problem des Nachweises und der Berechnung kapitalmarktlicher Schäden, die sich aufgrund der Breite des Anlegerkreises als sog. Massen- bzw. Streuschäden kennzeichnen.7 Aufgrund der Eigenart der kapitalmarktlichen Schäden und der anonymen Handlungsweise bei Abschluss der Geschäfte auf dem Kapitalmarkt sind auch zivilrechtliche Schadensersatzansprüche erheblichen Beweisschwierigkeiten ausgesetzt und darüber hinaus überhaupt nur in geringen Ausnahmefällen einschlägig.8 Zweitens könnte eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung insbesondere in einer zivilrechtlichen Ausgestaltung die Verfolgung von Insiderhandelsverstößen gegenüber der bestehenden Durchsetzungspraxis effektivieren. So könnten der Emittent, einzelne oder mehrere Anleger oder auch Anlegerschutzverbände den rechtswidrig erwirtschafteten Gewinn einklagen. Die Durchsetzung der kapitalmarktrechtlichen Sanktionen durch Private könnte folglich ein noch näher zu untersuchendes Durchsetzungsdefizit bei alleiniger staatlicher Rechtsverfolgung kompensieren.9 Neue Sanktions4

Bak/Bigus, ZBB 2006, 430 (430). Siehe hierzu näher im Rahmen des Verschuldens Kapitel 7, B., S. 322. 6 Siehe zu den Beweisproblemen der strafrechtlichen Sanktionen im Bereich des Insiderhandels Kapitel 3, B.II., S. 160 ff. 7 Näher hierzu Kapitel 3, B.III.2., S. 171 ff. 8 Siehe zur den Beweisproblemen zivilrechtlicher Ansprüche Kapitel 3, B.III., S. 162 ff. 9 Siehe zu den Vor- und Nachteilen der zivilrechtlichen und der administrativen Rechtsverfolgung Kapitel 6, B.V., S. 309 ff. 5

A. Untersuchungsgegenstand

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modelle wie die wettbewerbs- und kartellrechtliche Gewinnabschöpfung in § 10 UWG sowie §§ 34, 34a GWB zeigen, dass herkömmliche Sanktionsmechanismen bei wachsender Größe der Märkte und neuen Erscheinungsformen wie Streu- und Massenschäden nahezu wirkungslos sind, so dass es einer Fortentwicklung sowie einer Ergänzung durch neue, möglichst effektive Sanktionen bedarf.10 Drittens wäre mit der Gewinnabschöpfung das Ziel verbunden, sicherzustellen, dass dem Verletzer von Verbotsnormen der rechtswidrig erwirtschaftete Gewinn nicht verbleibt. „The broad proposition that a wrongdoer should not be allowed to profit from his wrong has an obvious attraction.“11

II. Informationsasymmetrie am Kapitalmarkt Die asymmetrische Verteilung der kapitalmarktrelevanten Informationen, denen insbesondere für die Anlageentscheidung und sog. Allokationsfunktion12 des Kapitalmarkts eine erhebliche Bedeutung zukommt, stellt eines der Grundprobleme des Kapitalmarktrechts dar. Das grundsätzliche Missverhältnis bei der Kenntnis der kursrelevanten Informationen besteht darin, dass der Emittent über sämtliche Informationen verfügt und der einzelne Anleger nur ein geringes Informationsniveau hat.13 Dieses Informationsmissverhältnis wirkt sich in der Realität aus, sofern Insider auf Grundlage von Insiderinformationen ihre Geschäfte tätigen und damit am Marktgeschehen mit Außenwirkung teilnehmen. Aufgrund ihrer leitenden Position im Unternehmen kommen Führungspersonen zwangsläufig mit Unternehmensinterna, insbesondere über die Unternehmenspolitik und -entwicklung, in Berührung. Dies führt zu einem Informationsvorsprung der Führungspersonen gegenüber externen Anlegern und damit zu einer Informationsasymmetrie am Kapitalmarkt insgesamt.14 Die Informationsasymmetrie zwischen 10 Näher zu § 10 UWG Kapitel 5, C.II.2., S. 248 ff.; zu §§ 34, 34a GWB Kapitel 5, C.II.3., S. 254 ff. 11 Attorney-General v. Blake WLR 3, 625 (631) (2000) (House of Lords, Lord Nicholls of Birkenhead); Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (663). 12 Allgemein hierzu: Assmann, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, § 1 Rz. 24; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, 1.40 f. 13 Die sog. neoklassische Finanzierungstheorie ging noch von der Idealvorstellung eines Marktes mit nahezu gleicher Informationsverteilung aus, genauer: Fleischer, Informationsasymmetrie, S. 93 ff.; Merkt, Unternehmenspublizität, S. 208 ff. Heute ist anerkannt, dass allein der Emittent mit den für die Anlageentscheidung notwendigen Informationen ausgestattet ist und damit keine perfekte oder gleiche Informationsverteilung am Kapitalmarkt besteht; vgl. auch Mehringer, Das allgemeine kapitalmarktrechtliche Gleichbehandlungsprinzip, S. 44.

34

Kap. 1: Einleitung

einem Insider und den außenstehenden Anlegern ist dadurch gekennzeichnet, dass letztere den Informationsvorsprung des Insiders aus eigener Anstrengung nicht wettmachen können – insbesondere nicht mit eigenem Fachwissen.15 Die Informationsasymmetrie am Kapitalmarkt wäre unschädlich und damit für das Sanktionsrecht unerheblich, wenn man davon ausgehen könnte, dass die am Kapitalmarkt tätigen Personen etwaige Informationsvorsprünge nicht zum eigenen Vorteil ausnutzen würden. Dazu gehört insbesondere, dass sie kursrelevante Informationen wahrheitsgemäß übermitteln und sich stets gewissenhaft an vertragliche Vereinbarungen und gesetzliche Vorgaben halten.16 Jedoch muss man von der entgegen gesetzten Annahme ausgehen, dass der einzelne Anleger ausschließlich an der Maximierung seines persönlichen Nutzens orientiert ist und sich dabei auch über vertragliche, gesetzliche und moralische Verpflichtungen hinwegsetzt, sofern die damit verbundenen Nachteile die erwarteten Vorteile nicht überwiegen.17 Die Herstellung eines Informationsgleichgewichts zwischen den Anlegern wird somit als Kernaufgabe der insiderrechtlichen Verbotstatbestände und Mitteilungspflichten gesehen.18 Auf dem Kapitalmarkt investieren die Anleger in diejenigen Unternehmen, die die attraktivste Rendite versprechen. Damit wird das Geld in aller Regel zu denjenigen Unternehmen „gelenkt“, die auf den Gütermärkten die größten Gewinne in Aussicht stellen. Jedoch ist eine fundierte Abschätzung der Erfolgsträchtigkeit verschiedener Realinvestitionsprojekte für die Anleger nur dann möglich, wenn ein Mindestmaß an Informationen über den Er14 Es wird hochgerechnet, dass sich die Transaktionen der Unternehmensinsider bezogen auf eigene Aktien auf 70 Milliarden US-Dollar pro Jahr belaufen und dass Unternehmensinsider zumindest 5 Milliarden US-Dollar durch Insidertransaktionen erwirtschaften, Fried, Southern California Law Review, 71 (1997–1998), 305 (311). Diese Gewinne beruhen aber nicht vollständig auf illegalen Insiderhandelstransaktionen. Viele der Transaktionen beruhen auf wichtigen Informationen, die unter der Schwelle einer Insiderinformation liegen, Fried, Southern California Law Review, 71 (1997–1998), 305 (311), vgl. die Ausführungen zu den sog. Sub-Information, Kapitel 2, C.II.2.c)bb), S. 81 ff. 15 König, Verbot von Insiderhandel, S. 30. 16 Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, S. 422. 17 Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, S. 422. Teilweise wird der Annahme opportunistischer Handlungsweise der Kapitalmarktteilnehmer widersprochen, vgl. Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, S. 422. Jedoch ist zu betonen, dass hinsichtlich des opportunistischen Verhaltens kein Generalismus betrieben werden darf, sondern lediglich festgehalten werden kann, dass die Probleme der Informationsasymmetrie dadurch entstehen, dass der einzelnen Transaktionspartner mit der Möglichkeit eines opportunistischen Verhaltens rechnen muss. 18 Hausmaninger, Insider Trading, S. 79; König, Verbot von Insiderhandel, S. 49.

A. Untersuchungsgegenstand

35

folg der Unternehmen auf den Gütermärkten gesichert ist.19 Denn der Wert eines Wertpapiers ist im Gegensatz zum Wert anderer Güter, die einer einfacheren Überprüfung zugänglich sind, nicht ohne weiteres zu ermitteln.20 Es handelt sich bei Wertpapieren nach ihrem Inhalt vielmehr um Gewinnversprechen für die Zukunft, so dass sie sog. Vertrauensgüter darstellen. Aus der Informationsasymmetrie resultiert folglich eine ungleiche Verteilung der Gewinnchancen und Verlustrisiken.21 Daher muss die dem Markt immanente Informationsasymmetrie durch das Marktordungsrecht ausgeglichen werden. Dem Marktordnungsrecht kommt dabei nicht der Sinn und Zweck zu, den einzelnen Anleger vor Verlusten zu bewahren.22 Vielmehr sollten zur Schaffung gleicher Voraussetzungen bei den Transaktionsentscheidungen entsprechend dem Gleichbehandlungsgrundsatz23 und zur Gewährleistung unverzerrter Marktpreise kursrelevante Informationen unverzüglich veröffentlicht werden (präventives Mittel).24 So wird der Informationsasymmetrie im deutschen Kapitalmarktrecht mit Offenlegungs- und Mitteilungsverpflichtungen, beispielsweise §§ 15, 15a WpHG, oder durch bereichsspezifische Handelsverbote wie das Insiderhandelsverbot in § 14 WpHG begegnet. Voraussetzung für die Effektivität dieser Vorschriften ist jedoch insbesondere eine nicht nur drohende, sondern sich auch realisierende Sanktionierung von Verstößen. Fehlerhafte oder unzureichende Information sollte durch repressive Mittel, beispielsweise durch die hier besonders im Fokus stehende Gewinnabschöpfung, sanktioniert werden, um einen Anreiz zur wahrheitsgemäßen Berichterstattung zu schaffen. Alternativ zu repressiven Mitteln könnte bereits die Entstehung der Informationsasymmetrie verhindert werden, indem das Handeln der Insider auf dem Sekundärmarkt25 insgesamt verboten 19 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 2; Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, S. 366. 20 Mehringer, Das allgemeine kapitalmarktrechtliche Gleichbehandlungsprinzip, S. 44. 21 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 16; König, Verbot von Insiderhandel, S. 31. 22 Siehe aber zur Untersuchung der Schutzgesetzeigenschaft wertpapierhandelsrechtlicher Vorschriften Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(5), S. 113 ff. 23 Hierzu vertiefend: Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 2; Verse, Gleichbehandlungsgrundsatz, S. 525 ff. Auch der Deutsche Corporate Governance Kodex ordnet die informationelle Gleichbehandlung der Aktionäre ausdrücklich an, Ziff. 6.3. 24 Bak/Bigus, ZBB 2006, 430 (432). 25 Der Sekundärmarkt wird als der Markt mit bereits emittierten Finanzprodukten bezeichnet. Hier sind die Kapitalmarktpapiere bereits im Umlauf. Hingegen bezeichnet man als Primärmarkt den Markt, auf dem ein neu emittierter Kapitalmarkttitel erstmals platziert wird, siehe Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, S. 6.

36

Kap. 1: Einleitung

wird.26 Da jedoch nach der Rechtslage de lege lata ein Handeln der Organmitglieder mit Außenwirkung im Bereich des Sekundärmarktes erlaubt ist, soll in der vorliegenden Arbeit nicht an erster Stelle die Managerbeteiligung an Transaktionen auf dem Sekundärmarkt hinterfragt27, sondern primär das Problem der repressiven Eindämmung der Informationsasymmetrien näher untersucht werden. Es ist die Frage zu beantworten, wie dem Spannungsfeld, dass Insidern ein Ausnutzen ihres Wissens auf den Kapitalmärkten untersagt und gleichzeitig ein Handel mit Wertpapieren des eigenen Unternehmens erlaubt ist, auf der Rechtsfolgenseite zu begegnen ist. Ein Überblick über die Möglichkeiten, wie dem Informationsdefizit präventiv entgegengewirkt werden kann, trägt gleichwohl zum besseren Verständnis der Einordnung der Gewinnabschöpfung in die Möglichkeiten der Behebung der Schwächen des geltenden Rechts de lege ferenda bei.28 Intensivierte Regulierung setzt eine Analyse aller möglichen Sanktionen voraus, die weniger populistischen Motiven entstammen sollen, als vielmehr zielgerichtet, effektiv und effizient sein müssen.29

III. Gewinnabschöpfung im System des Haftungsrechts Grundsätzlich sind vier Sanktionstypen im deutschen Rechtssystem zu unterscheiden.30 Als „Standardsanktionen“ für schuldhafte Pflicht- oder Rechtsgutsverletzungen greifen die Strafe und der Schadensersatz. Sowohl fahrlässige als auch vorsätzliche Verstöße werden gleichermaßen von Zivilund Strafrecht erfasst.31 Zivilrechtliche Sanktionen setzen grundsätzlich Rechtsbeziehungen voraus, die gesetzlich oder privatrechtlich verankert sind und die Erwartung und Annahme rechtfertigen, dass eine Verletzung bzw. ein individuell erlittener Schaden nicht ohne Kompensation eintritt.32 Später hinzugetreten ist die Unterlassungsverpflichtung. Diese kann mit der Unterlassungsklage im Rahmen der sog. actio quasi negatoria geltend gemacht werden, die jedem als Rechtsmittel offen steht, dem eine Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter durch einen anderen droht bzw. der eine sol26 Siehe zu dem Verhältnis und der Gewichtung präventiven Schutzes und repressiver Sanktionen auch Stürner, Markt und Wettbewerb über alles?, S. 285 f. 27 Vgl. hierzu die Ausführungen zur Regulierungsbedürftigkeit des Insiderhandels unter Kapitel 2, A.I., S. 46 sowie zum Handelsverbot unter Kapitel 4, C.III., S. 184. 28 Siehe zu den Möglichkeiten der Behebung der Schwächen des geltenden Rechts Kapitel 4, S. 179 ff. 29 Hower-Knobloch, Directors’ Dealings, S. 187. 30 Siehe auch zum Folgenden: Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (662 ff.). 31 Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (662). 32 Rider/Ashe, Insider Crime, S. 61; Ashe/Rider/Counsell, Civil Liability for Insider Dealing, in: Rider/Ashe, The Fiduciary the Insider and the Conflict, S. 172.

A. Untersuchungsgegenstand

37

che bereits erleidet.33 Die Unterlassungsklage als negatorisches Rechtsschutzmittel ist jedoch lediglich dazu geeignet, das als rechtswidrig unterstellte Verhalten pro futuro zu unterbinden.34 Als vierter Sanktionstyp ist schließlich die Gewinnabschöpfung anzuführen, die neben dem Schadensersatz ein zivilrechtliches Sanktionsinstrument darstellt, um rechtswidriges Eingriffshandeln „zu bestrafen“ und damit wirksame Verhaltensanreize zu schaffen.35 Ein allgemeiner zivilrechtlicher Gewinnabschöpfungstatbestand bzw. eine „kohärente Theorie der Gewinnabschöpfung“36 existiert jedoch nicht. Außerhalb des Zivilrechts ist die Gewinnabschöpfung im Strafrecht in den Instituten des Verfalls und der Einziehung gesetzlich verankert. Historisch betrachtet hat die Gewinnabschöpfung mit der wachsenden Verbreitung von Immaterialgüterrechten und der zunehmenden Ausdifferenzierung des Wirtschaftssystems Ende des 19. Jahrhunderts Bedeutung erlangt.37 Ihren Ursprung hatte die Gewinnabschöpfung vorwiegend bei Eingriffen in das Eigentum. Allgemeiner ist heute eine Gewinnabschöpfung bei der Verletzung von Ausschließlichkeitsrechten anerkannt.38 Der Geschädigte kann hier grundsätzlich zwischen einem Schadensersatzanspruch, einem Anspruch auf eine angemessene Lizenzgebühr und einem Anspruch auf Gewinnabschöpfung (§§ 249, 252 BGB, 287 ZPO) wählen.39 Eine spezialgesetzliche Gewinnabschöpfung darf sich nicht als systemwidrige Fortentwicklung des Kapitalmarktrechts erweisen, sondern sollte vielmehr in das Sanktionensystem de lege lata und die Strukturen der Gewinnabschöpfung im deutschen Recht eingegliedert werden. Die dogmatischen Gesichtspunkte bei Etablierung neuer Sanktionen wiegen grundsätzlich mehr als die konkreten politischen und ökonomischen Argumente, da angenommen werden kann, dass die Rechtsordnung eine Dogmatik geschaffen hat, die im Ganzen zu einer gerechten Lösung führt.40 Zur Wahrung 33

Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (662). Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 110. 35 Auf das Verhältnis von Schadensersatzansprüchen und Gewinnabschöpfung ist noch zurückzukommen, siehe hierzu Kapitel 4, D.I., S. 187 ff. 36 Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (662 f.). 37 Helms, Gewinnherausgabe, S. 84. 38 Däubler, JuS 1969, 49 (51). 39 Diese Vorgehensweise ist unter dem Begriff der sog. dreifachen Schadensberechnung bekannt, vgl. hierzu näher die Ausführungen unter Kapitel 5, C.I.4., S. 242; vgl. auch Lange/Schiemann, Schadensersatz, S. 356 ff.; Oetker, in: MünchKomm, BGB, § 252, Rn. 53; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 251 f. 40 Siehe zur möglichst systemkonformen Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung Kapitel 5, A., S. 220 ff. 34

38

Kap. 1: Einleitung

der Dogmatik werden verschiedene Gewinnabschöpfungsnormen im Kapitalmarkt-, im Wettbewerbs-, im Kartell- sowie im allgemeinen Zivilrecht in Hinblick auf ihren Rechtsgedanken, ihre Wertung und ihre konkrete Ausgestaltung analysiert. Daneben erweitert die rechtsvergleichende Untersuchung die Argumentation und bezieht komparative Methoden ein. Diesbezügliche Erkenntnisse und Erfahrungen spielen bei der Konzeption einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung eine erhebliche Rolle.

B. Forschungsstand und Praxisbezug Im deutschen Kapitalmarktrecht existiert keine spezialgesetzliche Sanktion in Form der Gewinnabschöpfung. Nur vereinzelt wurde in der Literatur ein Modell der Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtliche Sanktion angedacht, vorgeschlagen oder konkret konzeptioniert.41 Die Probleme einer Organaußenhaftung im Sinne einer Schadensersatzhaftung gegenüber geschädigten Anlegern wurden hingegen in der Vergangenheit bereits vielfach untersucht.42 International hat die Gewinnabschöpfung als Sanktion bei Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot in einigen Gesetzgebungen Einlass gefunden.43 Im September 2006 hat sich der 66. Deutsche Juristentag unter anderem mit der Gewinnabschöpfung als zivilrechtlicher Sanktion beschäftigt.44 Be41 Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind hier zu nennen: Arbeitskreis Gesellschaftsrecht (Hueck/Lutter/Mertens/Rehbinder/Ulmer/Wiedemann/Zöllner), Verbot des Insiderhandelns; Baums, ZHR 166 (2002), 375 (379); Fleischer, Gutachten zum 64. DJT, F 143 Nr. 16; Haar, ZBB 2009, 177–186; Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (680); König, Verbot von Insiderhandel, S. 227; Mennicke, in: Fuchs, WpHG, § 15 Rn. 449; Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 522 ff.; Ott/Schäfer, ZBB 1991, 226 (237); Veil, ZGR 2005, 155 ff. 42 Zu Problematik einer Organaußenhaftung im Kapitalmarktrecht in Gestalt einer Schadensersatzhaftung, vgl. zum Beispiel Casper, BKR 2005, 83–90; Duve/Basak, BB 2005, 2645–2651; Elster/Hackenberg, PHI 2005, 42–52; Gerke, BB, Die erste Seite 2004, Nr. 46; Gottschalk, Der Konzern 2005, 274–286; Möllers, JZ 2005, 75–83; Sauer, ZBB 2005, 24–35; Spindler, BB 2004, 2197–2205; Veil, BKR 2005, 91–98. 43 Vgl. zur US-amerikanischen Regelung: Hopt/Will, Europäisches Insiderrecht, S. 88–90; vgl. zur japanischen Regelung: Baum, WM Sonderbeilage Nr. 4/1998, S. 1; genauere Ausführungen zum US-amerikanischen Recht unter Kapitel 3, A.I.1. c)bb), S. 99 ff. (administrative Gewinnabschöpfung), unter Kapitel 3, A.I.2.b)bb), S. 136 ff. (zivilrechtliche Gewinnabschöpfung). 44 66. DJT in Stuttgart; Abteilung Zivilrecht, Thema: Neue Perspektiven im Schadensersatzrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden: „. . .sollte das Schadensersatzrecht den Anspruch auf Gewinnherausgabe einschließen? (. . .) Empfiehlt sich eine allgemeine Abschöpfungsregelung bei Kollektivschäden und wie wäre das Verhältnis zu Individualansprüchen auszugestalten?“.

B. Forschungsstand und Praxisbezug

39

schlossen wurde, dass die Bedeutung der Gewinnabschöpfung als Sanktion im allgemeinen Zivilrecht wachsen solle und diese im Rahmen der angemaßten Eigengeschäftsführung zu verorten sei.45 In wirtschaftsrechtlichen Spezialgebieten wie dem Kartell- und Wettbewerbsrecht wurde die Gewinnabschöpfung als Sanktionsmodell bereits umgesetzt.46 Bedeutende Fälle, wie EM.TV, Informatec und Comroad47 zeigen die Praxisrelevanz der hier zu behandelnden Thematik. Insgesamt sind starke Einflüsse der gesellschaftlichen Anschauung sowie der Fälle kapitalmarktrechtlichen Fehlverhaltens auf die kapitalmarktrechtliche Gesetzgebung zu vermerken, die sich beispielsweise in der Einführung des Sarbanes-OxleyActs in den USA nach den Vorfällen bei Enron, WorldCom, Tyco48 und anderen zeigen.49 Ebenso wurde der Securities Exchange Act 1934 (SEA 1934) nicht zuletzt in Reaktion auf den Börsencrash von 1929 erlassen.50 In den zitierten Fällen haben Organmitglieder und Großaktionäre durch heimlich stattfindende Veräußerungen von Aktien erhebliche Gewinne erwirtschaftet. Die Transaktionen haben aufgrund des Insiderwissens zu optimalen Bedingungen aus Sicht des Insiders und zumeist zum Nachteil der Mitaktionäre stattgefunden. Die gesamte Palette der Anlegerschädigung zeigte sich auch beim Zusammenbruch des sog. Neuen Marktes. „Angefangen bei unzulänglichen Zulassungsprospekten und intransparenten Zuteilungsverfahren, setzt sie sich in häufigem Bruch von Marktschutzvereinbarungen (‚lock-ups‘) und zu spät oder gar nicht veröffentlichten Directors’ Dealings, in Insidergeschäften, in verschiedenen Formen der Kursmanipulation und in falschen, nichts sagenden, unterlassenen oder zu spät vorgenommenen Ad-hoc-Mitteilungen fort“51. 45

Siehe hierzu Kapitel 5, C.I.2.b), S. 231 ff. Vgl. die spezialgesetzlichen Gewinnabschöpfungsnormen § 10 UWG, §§ 34, 34a GWB, § 33 EnWG, § 43 TKG, § 8 WiStG. 47 BGH, NJW 2005, 2450–2454 (EM.TV); BGH, NJW 2004, 2971–2974 (Informatec); BGH, NJW 2008, 76–80 (ComROAD IV), BGH, NJW-RR 2007, 1532–1535 (ComROAD V). 48 Worldcom, Inc. Securities Litigation, In re, 308 F.Supp.2d 431 (2004) (MCI Worldcom); Enron Corp. Securities, Derivative & ERISA Litigation, In re, 235 F.Supp.2d 549 (2002) (Enron). 49 Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 209; Baums, ZHR 166 (2002), 375 (377). Auch in Reaktion auf die seit Beginn des Jahres 2008 um sich greifende Finanzkrise haben die sieben wichtigsten Industrienationen (G7) angekündigt, ein Maßnahmenpaket binnen 100 Tagen umsetzen zu wollen. Ziel des Maßnahmenpakets sei unter anderem eine bessere Transparenz des Finanzsektors und der Ratingagenturen, siehe hierzu auch FAZ vom 15. April 2008: „OECD erwartet Verluste bis zu 420 Milliarden Dollar“. 50 Näher zum SEA Kapitel 2, A.II., S. 59 ff. 51 Baums, ZHR 166 (2002), 375 (377). 46

40

Kap. 1: Einleitung

C. Gang der Untersuchung Die Untersuchung gliedert sich – den einführenden Teil inbegriffen – in acht Kapitel. In Kapitel 2 der Untersuchung sollen die in Betracht kommenden tatbestandlichen Anknüpfungspunkte erörtert werden, deren Nichtbeachtung mit der Gewinnabschöpfung begegnet werden kann. Hier liegt der Fokus auf dem Verbot des Insiderhandels nach § 14 WpHG, auf der Mitteilungspflicht bei Ad-hoc-Informationen nach § 15 WpHG und sog. Directors’ Dealings nach § 15a WpHG sowie auf dem Verbot der Marktmanipulation, § 20a WpHG. In einem Ausblick werden weitere mögliche Anwendungsfälle einer Gewinnabschöpfung im Bereich des Kapitalmarktrechts, insbesondere bei fehlerhafter Anlageberatung und bei sog. Marktschutzvereinbarungen, erörtert. In Kapitel 3 werden die de lege lata existierenden Sanktionen bei Verstößen gegen insiderrechtliche Verhaltens- und Veröffentlichungspflichten sowie gegen das Verbot der Marktmanipulation aufgezeigt um festzustellen, ob die bestehenden Sanktionen ausreichend sind oder ob ein rechtspolitisches Bedürfnis zur Schaffung einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung besteht. Hierfür ist eine Analyse des US-amerikanischen kapitalmarktrechtlichen Sanktionensystems de lege lata aufschlussreich, da die US-amerikanische Rechtsordnung vielen als Vorbild aller kapitalmarktrechtlichen Normen dient.52 Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Frage, welche präventiven Maßnahmen oder Sanktionen das bestehende Sanktions- und Durchsetzungsdefizit effektiv kompensieren können. Nach dem Überblick über präventive Maßnahmen sollen Vorzüge der Gewinnabschöpfung de lege ferenda gegenüber einer schadensersatz- sowie einer bußgeldrechtlichen Anpassung untersucht werden. Anschließend werden tatbestandliche Modelle einer Gewinnabschöpfung vorgestellt. Bei der Schaffung neuer Sanktionen ist der Gesetzgeber grundsätzlich in der Wahl des Sanktionscharakters frei, so dass Vor- und Nachteile sowohl einer verwaltungsrechtlichen als auch einer zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung aufzuzeigen sind. Kapitel 5 beschäftigt sich mit der Ausgestaltung der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung. Hierfür erfolgt zunächst eine Analyse der Sanktion Gewinnabschöpfung im deutschen Zivilrecht. Bedeutend sind hierbei der Inhalt einer Gewinnabschöpfung und deren gesetzliche Verankerung im BGB 52

Vgl. Casper, BKR 2005, 83 (84).

D. Begriffserläuterungen

41

sowie in Spezialgebieten des Wirtschaftsrechts, so im UWG und GWB. Im Anschluss werden die Durchsetzungsmöglichkeiten einer privatrechtlichen Gewinnabschöpfung näher untersucht. In diesem Rahmen werden auch die Probleme der sog. class actions, eines Verbandsklagensystems sowie des Kapitalanlegermusterverfahrens tangiert. Das sechste Kapitel dient der Analyse und Ausarbeitung einer administrativen Gewinnabschöpfung. Hier sind die materiellrechtlichen Vorbilder einer behördlichen Gewinnabschöpfung sowie ihre Durchsetzung näher zu hinterfragen. Es wird die Frage aufgeworfen, ob eine privatrechtliche Rechtsverfolgung oder einer administrative Rechtsdurchsetzung höhere Effektivität und Praxistauglichkeit verspricht. Im siebten Kapitel werden sodann konkrete tatbestandliche Merkmale einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung unter Berücksichtigung der bestehenden Gewinnabschöpfungssanktionen im US-amerikanischen und deutschen Recht entwickelt und bewertet. Neben der Frage nach Grund und Höhe ist die Methode der Gewinnabschöpfung festzulegen. So stellen sich insbesondere folgende Fragen: Wer sind die haftenden Personen? Ist eine verschuldensabhängige Haftung einzuführen und wenn ja, welcher Verschuldensgrad ist zu fordern? Wie ist der Gewinn zu berechnen und welchen Umfang erreicht er? Kapitel 8 der Untersuchung beschäftigt sich schließlich zusammenfassend mit der Frage, ob die Gewinnabschöpfung eine sinnvolle Ergänzung des modernen kapitalmarktrechtlichen Sanktionensystems darstellt.

D. Begriffserläuterungen I. Sanktion Der Begriff der Sanktion umfasst in dieser Arbeit nicht nur die strafrechtlichen oder bußgeldbewährten Sanktionen, sondern schließt auch die zivilrechtliche Haftung im Sinne einer Schadensersatz- oder Gewinnhaftung mit ein.53

II. Gewinnabschöpfung Dem Begriff der Gewinnabschöpfung liegt die Perspektive des Verletzten zugrunde. Synonyme stellen die Begriffe der „Gewinnherausgabe“ oder der 53 Ähnliche Verwendung der Begriffe bei Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 38 Rn. 1.

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Kap. 1: Einleitung

Anspruch auf den „Verletzergewinn“ dar.54 Diese Begriffe beziehen sich nicht auf eine bestimmte Anspruchsgrundlage, sondern sind als Oberbegriffe universell einsetzbar. Bei der Gewinnhaftung hingegen zielt die Blickrichtung auf den Verletzer. Während der Begriff der Gewinnhaftung allein zivilrechtliche Modelle umfasst – dies betont der Ausdruck „Haftung“ – ist der Begriff der Gewinnabschöpfung hinsichtlich der Durchsetzungsweise und des Sanktionscharakters neutral gefasst. In Betracht kommen eine verwaltungsrechtliche, eine zivilrechtliche oder eine strafrechtliche Ausgestaltung. Der Gewinn lässt sich als die aufgrund des rechtswidrigen Eingriffs erwirtschaftete Vermögensmehrung nach Abzug eventueller Verbindlichkeiten beschreiben.55 Noch allgemeiner ist das Verständnis der Vorteilsabschöpfung, die nicht nur positive Vermögensmehrungen oder vermiedene Verluste56, sondern jeden erlangten Vorteil erfasst. Die Gewinnabschöpfung stellt damit innerhalb der Vorteilsabschöpfung einen Unterfall dar.57

III. Restitution Die im Common Law anerkannte Rechtsfolge der Restitution (Rückabwicklung) beinhaltet die Rückerstattung und kann sich auf Wertersatz oder auf Herausgabe des erlangten Gegenstandes selbst beziehen.58 Die Höhe des Anspruchs bestimmt sich grundsätzlich nach der Bereicherung des Beklagten.59 Eng verbunden mit der Restitution ist auch der Begriff des „unjust enrichment“. Dieser Begriff verkörpert das der Idee der Restitution zugrunde liegende Billigkeitsprinzip: Der ungerechtfertigt Bereicherte soll das Erlangte erstatten.60

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Siehe zu diesen Begriffen auch Helms, Gewinnherausgabe, S. 14. Vgl. Kellmann, Grundsätze der Gewinnhaftung, S. 72. 56 Näher zu der Frage, ob das Untätigbleiben der Insider zur Vermeidung von Verlusten auch von einer Gewinnabschöpfung erfasst werden kann oder vermiedene Verluste nur in dem Fall des vorzeitigen Verkaufs vor Einbruch des Börsenkurses erfasst werden Kapitel 4, F.III.1.a)bb), S. 208 ff. 57 Helms, Gewinnherausgabe, S. 14. 58 Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, S. 75; Hay, USamerikanisches Recht, S. 120 f.; näher hierzu auch Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich Band I, S. 258, 307, 363. 59 Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, S. 75. 60 Siehe auch hierzu genauer Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, S. 75. 55

D. Begriffserläuterungen

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IV. Insiderhandel Insiderhandel stellt sich als eine Situation dar, in der Insider eine Diskrepanz zwischen dem Wert und dem Preis von Wertpapieren aufdecken, die auf einer unveröffentlichten, den Insidern zugänglichen Information beruht, und dementsprechend Handel betreiben, um sich den Vorteil ihres Insiderwissens zu erhalten.61 Die genaue Ausgestaltung des Insiderhandelsverbots variiert in den verschiedenen Rechtsordnungen. Wesentliche ausfüllungsbedürftige Merkmale sind stets der betroffene Personenkreis, die relevanten Wertpapiere sowie die Art der den Geschäften zugrunde liegenden Informationen. Nach § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG ist eine Insiderinformation eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. In der Praxis können vielgestaltige Insiderverstöße in Erscheinung treten, die nicht im Einzelnen untersucht werden können. Als Grundvarianten kann zwischen zwei Situation differenziert werden.62 In der ersten Situation nutzt der Insider sein überlegenes Wissen aus, um Wertpapiere von anderen zu erwerben, die anschließend einen Wertzuwachs erfahren.63 In der zweiten Variante veräußert der Insider Wertpapiere mit dem Wissen, dass diese alsbald nach der Veräußerung an Wert verlieren werden.64

V. Insider Als Insider sind alle diejenigen Personen zu verstehen, „die Nachrichten über oder aus Unternehmen, deren Kapitalanteile an der Börse gehandelt werden, früher als die Mehrzahl der gegenwärtigen und potenziellen Anteilseigner erhalten, wenn nicht sogar selbst produzieren“65. Bei den Unternehmensinsidern kann zwischen den Mitgliedern der Leitungsorgane sowie den Großaktionären eines Unternehmens auf der einen Seite und einer Personengruppe auf der anderen Seite differenziert werden, die zeitweise für das Unternehmen tätig ist, beispielsweise Wirtschaftsprüfer, Banken, Anwälte und Berater.66 Von den Unternehmensinsidern abzugrenzen sind die 61 Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 79; Rau, Directors’ Dealings, S. 8 m. w. Nachw. 62 So auch Kaiser, WM 1997, 1557 (1558). 63 Kaiser, WM 1997, 1557 (1558). 64 Kaiser, WM 1997, 1557 (1558). 65 Ballwieser, ZfbF 1976, S. 231. 66 Hopt/Will, Europäisches Insiderrecht, S. 74 ff.; Rau, Directors’ Dealings, S. 8.

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Kap. 1: Einleitung

sog. Marktinsider wie Geschäftspartner, Makler, Börsenangestellte, Wertpapierhändler, Finanzanalysten, Behörden und staatliche Funktionäre, die an den Unternehmen selbst nicht beteiligt sind, aber dennoch Kenntnis von vertraulichen Informationen haben.67 Es wird weiter zwischen den sog. Primärinsidern und den sog. Sekundärinsidern unterschieden. Die erste Gruppe zeichnet sich durch die Insider aus, die ihre Informationen aus einer Quelle beziehen, die ihnen aufgrund ihrer engen Beziehung zum Emittenten oder aufgrund ihrer beruflichen Verbindung mit dem Emittenten (Direktoren, Arbeitnehmer, Aktionäre) zugänglich ist.68 So normiert auch § 38 Abs. 1 Nr. 2a) WpHG die Strafbarkeit von Mitgliedern des Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans und der persönlich haftenden Gesellschafter des Emittenten. Die zweite Gruppe von Insidern erhält ihre Informationen durch die Primärinsider. Eine enge Verbindung zum Emittenten ist nicht erforderlich, vielmehr sind alle Personen erfasst, die in den Besitz von Insiderinformationen gelangen, wie zum Beispiel Analysten, Händler und andere Investment Intermediäre, Unternehmensberater oder Familienangehörige der Primärinsider.69 In der vorliegenden Untersuchung sollen von dem Begriff Insider diejenigen Personen erfasst werden, die auch im Rahmen von § 15a WpHG der Veröffentlichungspflicht bei sog. Directors’ Dealings unterliegen (enge Auslegung).70 Wie noch detailliert aufzuzeigen ist71, kommt insbesondere auf der Rechtsfolgenseite von § 15a WpHG de lege ferenda eine Sanktion in Gestalt der Gewinnabschöpfung in Betracht. Bei § 15a WpHG ist der Begriff des Insiders primär auf die objektive Position der Führungsperson im Unternehmen bezogen und nicht durch das subjektive Moment des Wissens um Insiderinformationen bestimmt. Primäre Zielgruppe der hier zu untersuchenden Gewinnabschöpfung soll daher die Gruppe der Unternehmensinsider als Untergruppe der Primärinsider sein.72

67 Vgl. auch Rau, Directors’ Dealings, S. 8. Noch weitergehend ist schließlich der Einbezug von sog. Tippempfängern, die Informationen von den Unternehmensoder Marktinsidern erhalten, welche noch nicht für die breite Marktöffentlichkeit zugänglich sind. 68 Benner, in: Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschaftsstrafrechts, S. 567 f.; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 243. 69 Siehe so beispielsweise im Rahmen des persönlichen Anwendungsbereichs des § 52 Criminal Justice Act (CJA) 1993, vgl. Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 321. 70 Diese Definition entspricht auch der Reichweite des persönlichen Anwendungsbereichs von Directors’ Dealings nach § 16(b) SEA. 71 Siehe Kapitel 4, F.III.2., S. 209 ff.

D. Begriffserläuterungen

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VI. Directors’ Dealings Directors’ Dealings liegen vor, wenn Personen, die aufgrund einer besonderen Beziehung73 zum Emittenten und der damit zumindest abstrakt verbundenen Möglichkeit von Informationsvorsprüngen gegenüber dem Markt Geschäfte mit Wertpapieren des Emittenten tätigen, auch wenn sie im konkreten Fall von ihren Informationsvorteilen keinen Gebrauch machen. Im deutschen Sprachgebrauch ist die Verwendung von „Eigengeschäfte von Führungspersonen“ verbreitet. Da es sich hierbei jedoch lediglich um die Übersetzung des englischen Begriffs ohne nähere Konkretisierung handelt, soll auch in der vorliegenden Arbeit der Begriff der Directors’ Dealings verwendet werden.

72 Bei einer Gewinnabschöpfung, die an ein tatsächliches Insidergeschäft anknüpft, sind alle Personen von der Sanktion erfasst, die auch in den Anwendungsbereich von § 14 WpHG fallen. Näheres zum Modell der Gewinnabschöpfung bei Insiderhandel unter Kapitel 4, F.IV., S. 212 ff. 73 Die Definition der „besonderen Beziehung“ fällt jedoch in den jeweiligen Ländern unterschiedlich aus, vgl. die Ausführungen bei Osterloh, Directors’ Dealings, S. 40 f.

Kapitel 2

Tatbestandliche Anknüpfungspunkte einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung A. Verbot des Insiderhandels Bevor die Rechtsfolgenseite in Gestalt einer Gewinnabschöpfung de lege ferenda als Schwerpunkt der Untersuchung in den Vordergrund tritt, wird mittels einer Einführung in insiderrechtliche Verbotstatbestände und kapitalmarktrechtliche Veröffentlichungspflichten die tatbestandliche Ebene im Überblick dargestellt, die für eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda relevant ist. Hierbei ist zunächst die Frage aufzuwerfen, warum Insiderhandel einer Regulierung bedarf und ob es angemessen erscheint, die Sanktionierung desselben mittels einer Gewinnabschöpfung auszubauen (I.). Sodann ist die Rechtslage im US-amerikanischen Recht (II.) zu erörtern, welches im internationalen Vergleich bei der Schaffung kapitalmarktrechtlicher Normen eine Vorreiterposition einnimmt.1 Das USamerikanische Recht ist der Darstellung des deutschen Rechts (III.) vorangestellt, da viele Normen in der deutschen Rechtsordnung, beispielsweise § 15a WpHG, auf Vorbilder im US-amerikanischen Recht zurückgehen.

I. Regulierungsnotwendigkeit des Insiderhandels Zur Einführung in das Insiderrecht soll der nachfolgende Praxisfall2 das Ausnutzen von Insiderwissen bei der Vornahme kurzfristiger Geschäfte verdeutlichen. Am 10. Oktober 2000 bestätigte eine deutsche Großbank, das US-Brokerhaus National Discount Brokers Group Inc. (NDB) übernehmen zu wollen. Pro Aktie werde die Bank 49 US-Dollar zahlen. Im September 2002 erhielt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einen Hinweis von einer Privatperson. Der Zeuge teilte mit, dass er Anfang Oktober 2000 von einem befreundeten Ehepaar 80.000 EUR in bar und weitere 120.000 EUR per Eilüberweisung erhalten habe. Das Ehepaar hatte ihn im Rahmen eines Freundschaftsdienstes 1

Loke, Am.J.Comp.L. 54 (2006), 123 (124). Beispielsfall aus dem Jahre 2006 nach BaFin, Jahresbericht 2006, vom 10.5. 2007, S. 170. 2

A. Verbot des Insiderhandels

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darum gebeten, dafür Aktien der National Discount Brokers Group Inc. auf Zuruf zu kaufen und wieder zu veräußern. So erwarb der Zeuge Anfang Oktober 2000 insgesamt 3.255 NDB-Aktien für 207.419,83 EUR. Nach der Bekanntgabe der Übernahme verkaufte er diese sodann zu einem Gegenwert von 346.189,67 EUR. Erst später habe der Zeuge davon erfahren, dass sein Freund, ein leitender Mitarbeiter der Bank, an den Übernahmeverhandlungen beteiligt war. Im März 2006 stellte das LG Duisburg das Verfahren gegen den Bankmitarbeiter und dessen Ehefrau nach einer Hauptverhandlung gegen Geldauflage in Höhe von 20.000 EUR und 5.000 EUR ein. Damit verblieb der Gewinn in Höhe von 138.769,84 EUR dem Ehepaar.

Unter rechtspolitischen Gesichtspunkten stellt sich die Frage, warum eine Bereicherung einer einzelnen Person im Unternehmen von der Rechtsordnung als nicht tolerierbar zu bewerten ist. Man könnte etwa daran denken, dass die Allokation von Gewinnen bei einer einflussreichen Person im Unternehmen mit positiven Auswirkungen für die Gesellschaft insgesamt, zumindest jedoch für das Unternehmen verbunden ist, etwa weil sich die konkrete vermögende Person stärker motiviert fühlt bzw. mit ihrem Vermögen gewisse Investitionen tätigt. Das Verbot des Insiderhandels ist seit seinem Bestehen auf das heftigste umstritten.3 Mit dem Argument, aufgrund des in Art. 14 Insiderrichtlinie4 enthaltenen Umsetzungsgebots für die Mitgliedstaaten könne die Frage offen bleiben, ob Insiderhandel zu untersagen ist, könnte die Diskussion bereits an dieser Stelle beendet werden. Dennoch sollen Kernpunkte der Streitigkeiten und die wesentlichen Argumente skizziert werden, um Grund und Schutzzweck der insiderrechtlichen Regelungen herauszuarbeiten. Dies gibt Aufschluss über die angemessene Sanktionierung von Verstößen. Angesichts der Komplexität und Dynamik der Diskussion über die Regulierungsbedürftigkeit des Insiderhandels muss sich die folgende Darstellung jedoch auf die elementaren Grundlagen beschränken. 3

In Anbetracht der vielfältigen Diskussionen und der wenigen Schlussfolgerungen innerhalb der Insiderrechtsdebatte äußert sich Krawiec: „Why there is such a lack of clarity and consensus regarding an activity typically vilified in the public mind as one of the ultimate manifestations of greed and dishonesty? Scholars have long struggled with the insider dealing puzzle in such diverse fields as economics, morality, feminist legal theory and sociology. While contributing enormously to the insider trading debate, such approaches have been unable to resolve the insider dealing paradox“, Krawiec, Northwestern University Law Review, 95 (2000–2001), 443 (444–445); siehe auch umfangreiche Nachweise bei Bainbridge, The Law and Economics of Insider Trading, S. 61 ff.; Bainbridge, Insider Trading, S. 125 ff.; Merkt/ Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, S. 437 ff.; Rider/Ashe, Insider Crime, S. 3 ff. 4 Richtlinie 89/592/EWG des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insidergeschäfte, Amtsblatt Nr. L 334 vom 18/11/1989 S. 30 – 32.

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

1. Auswirkungen für den Anleger Allgemein besteht die Auffassung, dass die insiderrechtlichen Verbote als „Bestandteil und Indikator einer guten Ordnung der Kapitalmärkte und zum Schutze der Gesellschaft erforderlich sind“5, da sie den Erwartungen und den Vorstellungen der Anleger von Fairness genügen.6 Das Vertrauen der einzelnen Anleger in den Kapitalmarkt insgesamt wäre erheblich geschwächt, wenn eine uneingeschränkte Insiderhandelspolitik verfolgt würde.7 So setzen manche Autoren den Insiderhandel mit einer Art von Betrug8 oder einem Treuebruch9 gleich. Häufig wird Insiderhandel auch mit einem Glücksspiel verglichen, bei dem der einzelne Teilnehmer die Glückszahl bereits kennt, bevor gesetzt wird.10 Grundsätzlich werden die Transaktionen anonym getätigt, so dass der Anleger nicht weiß, ob es sich bei seinem Handelspartner um einen Insider handelt, der über einen Informationsvorsprung verfügt.11 Allein das Wissen um die bestehenden Verbotsnormen des Insiderhandels und die erhoffte ef5 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 16.58; Loss/Seligmann, Fundamentals of Securities Regulation, S. 919. 6 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 12 Rn. 11 m. w. Nachw., Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, S. 487. 7 SEC, 40 SEC 907 (1961); vgl. Statement des Council of the Securities Industry, 1981: (a) an individual holding a position of trust should not use confidential information for his personal benefit. This is contrary to good business ethics. (. . .) (b) but it is also regarded as unfair to the person dealing with the insider; (c) it damages public and, indeed, international confidence in the securities market; SEC v. Texas Gulf Sulphur Co.; 401 F.2d 833 (848) (1968); Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, 501; Dorfman, § 5.04 Implied Civil Liabilities under Section 10(b) SEA and Rule 10b-5, S. 3; König, Verbot von Insiderhandel, S. 22, 51; Osterloh, Directors’ Dealings, S. 206; Paredes, Wash U.L.Q. 81 (2003), 417 (468); Walker, in: Financial Services an Markets Act 2000, S. 113. Auch im europäischen Recht spielen Vertauensschutzgesichtspunkte eine bedeutende Rolle: Nach einem Grünbuch der Europäischen Kommission für Finanzdienstleistungen für Privatkunden vom 2. Mai 2007 soll das Zurverfügungstellen bedarfsgerechter Finanzprodukte und die Gewährleistung offener Märkte das Verbrauchervertrauen in die Finanzmärkte stärken (BDI, NvWR, 2007, S. 99). Zudem stehen nach einer Mitteilung der Europäischen Kommission vom 29. April 2009 zu verpackten Verbraucheranlageprodukten die verbesserte Transparenz und die de lege ferenda zu schaffende Vergleichbarkeit der Anlageprodukte aus Gründen des Verbraucherschutzes im Vordergrund, vgl. Pressemeldung der Bundesjustizministerin vom 29. April 2009, abrufbar unter: http://www.bmj.bund.de. 8 Studler/Orts, Texas Law Review 78 (1999), 375. 9 Moloney, EC Securities Regulation, S. 942, 944. 10 Hopt/Will, Europäisches Insiderrecht, S. 64; König, Verbot von Insiderhandel, S. 17 m. w. Nachw. 11 Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1281).

A. Verbot des Insiderhandels

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fektive Durchsetzung erzeugen Anlegervertrauen in die Funktionsfähigkeit und das Steuerungsvermögen des Kapitalmarktes. Zur Stärkung und Erhaltung des Vertrauens der Anleger in die Lauterkeit des Kapitalmarktes tragen gerade auch die kapitalmarktrechtlichen Veröffentlichungspflichten bei.12 Die insiderrechtlichen Vorschriften im weiteren Sinne zielen damit auf die Chancengleichheit der Anleger beim Zugang zu kursrelevanten Informationen ab, mit welcher auch die Garantie eines fairen und echten Wettbewerbs verbunden ist.13 Das Vertrauensargument kann nach der ökonomischen Theorie leicht belegt werden. Ein Kapitalmarkt, der den Anlegern das Gefühl eines ungeregelten Spielfeldes gibt, wird verschiedene Investoren davon abhalten, überhaupt zu investieren.14 Zudem wäre ein Wechsel der enttäuschten Anleger zu Kapitalmärkten zu befürchten, die dem Insiderhandel gegenüber weniger positiv eingestellt sind und entsprechende Verbotsnormen in ihrem Rechtssystem haben.15 „Anlegergeld hat Beine wie ein Reh und das Gedächtnis eines Elefanten.“16

Die Finanzplätze stehen mit der zunehmenden Internationalisierung in einem gesteigerten Wettbewerb um die Gunst der Anleger und Emittenten.17 Das Insiderhandelsrecht ist folglich hinsichtlich des Wettbewerbsfaktors eines Kapitalmarkts bedeutend. Für das Verbot des Insiderhandels wird weiter vorgebracht, dass sich durch eine verringerte Zahl an Anlegern die Kapitalkosten verteuerten, so 12 Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1275); Rau, Directors’ Dealings, S. 10. 13 König, Verbot von Insiderhandel, S. 31; Moloney, EC Securities Regulation, S. 925. 14 Siehe hierzu: Vogler, fehlerhafte Aktienanalysen, S. 32, 109. Der Anlegerschutz ist ein hoch gesetztes Gut eines jeden Kapitalmarkts. In einer Untersuchung von LaPorta/Lopez-de-Silanes/Schleifer/Vishny ist Deutschland mit nur einem Punkt auf einer Skala von eins (geringer Anlegerschutz) bis fünf (hoher Anlegerschutz) einzuordnen. Dagegen werden die Kapitalmarktsysteme der USA und Großbritanniens mit fünf Punkten bewertet. Der Durchschnittswert der 49 untersuchten Länder lag bei drei Punkten, LaPorta u. a., What works in securities law?, 1997/ 1998/2000; Nowak, in: Krahnen/Schmidt, German Financial System, S. 425. Dieses schlechte Abschneiden Deutschlands im internationalen Vergleich wird teilweise bezweifelt, teilweise als überholt angesehen; Nowak, in: Krahnen/Schmidt, German Financial System, S. 425. 15 Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, 501; König, Verbot von Insiderhandel, S. 36; Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 968. 16 Zitiert nach Nieding, Vertrauensfrage, FAZ 31.10.2001, vgl. auch S. B 6 (F). 17 Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (673 f.).; König, Verbot von Insiderhandel, S. 36.

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

dass Insiderhandel letztlich das Wirtschaftswachstum verlangsame.18 Im Extremfall könne ein Fernbleiben der Anleger zu einem Versagen des Kapitalmarktes insgesamt führen. Daher „wird der Anleger nicht nur um seiner selbst willen geschützt, sondern vor allem, damit er am Kapitalmarkt investiert und sich nicht von diesem zurückzieht“.19 Diesen Argumenten wird entgegengehalten, dass sie zu einem Drang von Gleichbehandlung und Gleichmachung führten, der in dem ansonsten so wettbewerbsorientierten Kapitalmarkt verfehlt sei. Der Kapitalmarkt begünstige grundsätzlich diejenigen, die aufgrund ihrer Gesundheit, ihrer Bildung oder ihres Wissens einen Vorteil haben.20 Auch bei einem Fehlen von Insiderverbotstatbeständen sei ein Ausbleiben der kapitalmarktlichen Tätigkeit von Investoren nicht zu befürchten.21 Aus gesellschaftlicher Perspektive wird die These vertreten, dass die Maximierung des allgemeinen Wohlergehens über der ökonomischen Effizienz zu sehen ist.22 So könne die Rentabilität des Kapitaleinsatzes nicht allein die Vermutung richtigen oder gar sinnstiftenden Handelns für sich in Anspruch nehmen.23 Nach den Grundsätzen des sozialen Vertrages24 und nach den Grundsätzen der Theory of Justice sei zu beurteilen, ob ein Verbot des Insiderhandels nach demokratischen Grundsätzen von der Gesellschaft gefordert oder zumindest mitgetragen werde.25 Dadurch solle die Möglichkeit eröffnet werden, die insiderrechtlichen Verbotsnormen nicht nur auf die zwar nachvollziehbaren, jedoch im Kontext des hoch wettbewerbsorientierten Kapitalmarktes nur schwer zu beweisenden Parameter von Fairness und Gleichheit zu stützen, sondern zusätzlich eine vorteilhaftere Argumentationsbasis zu schaffen.

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Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 968. Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007), 519 (549). 20 Krawiec, Northwestern University Law Review, 95 (2000–2001), 443 (502). 21 Gevurtz, Transnat’l Law 15 (2002), 63 (93). 22 Stürner, Markt und Wettbewerb über alles?, S. 28, 302 f.; „The welfare based normative approach“, Kaplow/Shavell, HarvLR 114 (2001), 961 (1381). 23 Stürner, Markt und Wettbewerb über alles?, S. 28. 24 Weiterführend: Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag, hrsg. v. Hans Brockard, S. 21, 30, 41 f. 25 Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 205. 19

A. Verbot des Insiderhandels

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2. Auswirkungen für den Kapitalmarkt a) Pro Insiderverbot aa) Steigerung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes Als Geschädigter des Insiderhandels wird von manchen Autoren der Kapitalmarkt insgesamt und damit auch indirekt diejenigen, die auf ihm investieren, angesehen.26 Der Kapitalmarkt trägt zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum bei.27 Wichtigstes Merkmal eines funktionierenden Kapitalmarktes ist dessen Allokationsfunktion.28 Danach mobilisiert der Kapitalmarkt das in einer Volkswirtschaft enthaltene und anlagefähige Kapital und lenkt dieses dahin, wo die höchste Rendite zu erwarten ist.29 Die Kapitalallokation findet grundsätzlich auf dem Primärmarkt statt. Allerdings bestimmt die Preisbildung auf dem Sekundärmarkt auch maßgeblich die Bedingungen, zu denen ein Unternehmen neues Eigenkapital am Primärmarkt aufnehmen kann.30 Diese Allokationsfunktion des Kapitalmarktes ist jedoch nur dann gewährleistet, wenn sich ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage unverzüglich einstellt – was ein hinreichend transparentes Informationsniveau voraussetzt.31 Eine weitere Funktion des Kapitalmarktes stellt die sog. Koordinationsfunktion dar. Danach bringt der Kapitalmarkt die dezentralen, noch nicht harmonisierten Wirtschaftspläne der Kapitalmarktteilnehmer in Einklang.32 Die Wünsche und Vorstellungen von Kapitalanbietern und Kapitalnachfragern sollen soweit wie möglich abgestimmt und berücksichtigt werden. Zuletzt kommt dem Kapitalmarkt eine sog. Bewertungs- und Preisbildungsfunktion zu.33 Durch den Handel an der Börse werden Finanzinstru26

Ashe/Rider/Counsell, Civil Liability for Insider Dealing, in: Rider/Ashe, The Fiduciary the Insider and the Conflict, S. 172. 27 Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, S. 365. 28 Bei kapitalmarktrechtlichen Funktionenschutzzielen wird zwischen drei verschiedenen Funktionen differenziert: der allokativen, der operationalen und der institutionellen Funktion, weiterführend hierzu Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 31, Rn. 1; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, S. 469 f.; Rittner/Dreher, Europäisches und deutsches Wirtschaftsrecht, S. 882. 29 Koller, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 31 Rn. 1; Hower-Knobloch, Directors’ Dealings, S. 28 f.; Kümpel/Veil, Wertpapierhandelsgesetz, S. 22; Walker, in: Financial Services and Markets Act 2000, S. 113; Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007), 519 (548). 30 Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, S. 469 f.; Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007), 519 (548 f.). 31 Rau, Directors’ Dealings, S. 41. 32 Hower-Knobloch, Directors’ Dealings, S. 29.

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

mente bewertet, indem der aktuelle Marktpreis festgestellt wird. Der Bewertungsvorgang und das Bewertungsergebnis – der aktuelle Aktienkurs – spiegeln die Lage am Markt wieder und ermöglichen Einschätzungen zu deren voraussichtlichen Entwicklung. Eine Verzögerung der Offenlegung von kapitalmarktrelevanten Informationen über den jeweiligen Emittenten kann zu einer Beeinträchtigung des Kapitalmarktes führen, da Kurse gebildet werden, die auf lückenhaften oder veralteten Informationen basieren.34 Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes ist in jeden Fall eine hinreichende Kapitalmarkttransparenz und eine ereignisnahe Informationsveröffentlichung. Hierzu tragen die insiderrechtlichen Vorschriften im weiteren Sinne, gerade auch die noch näher zu erörternden Veröffentlichungspflichten bei Directors’ Dealings nach § 15a WpHG35 sowie nach § 15 WpHG36 (Ad-hoc-Publizität) bei. bb) Steigerung der Effizienz des Kapitalmarktes Als weiterer Schutzzweck der Insiderhandelsverbote neben dem Anlegervertrauen ist die Stärkung der Effizienz des Kapitalmarktes zu nennen.37 Bei Informationseffizienz enthalten die Kurse idealer Weise sämtliche Informationen über das betreffende Wertpapier und den Emittenten.38 In ihrem Ursprung stellt die Kapitalmarkteffizienz eine positive Beschreibung dar, wie der Kapitalmarkt eine Information aufnimmt und verarbeitet.39 Die zeitgerechte Information über den Aktienpreis ist ein wesentliches Element, um die Effizienz des Kapitalmarktes zu stärken.40 Hierbei ist zu beachten, 33 Hower-Knobloch, Directors’ Dealings, S. 30; Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, S. 398. 34 Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 968. 35 Siehe zu § 15a WpHG Kapitel 2, C.II.2., S. 77 ff. 36 Siehe zu § 15 WpHG Kapitel 2, C.I.2., S. 75 ff. 37 Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 97; Bhattacharya/Daouk, The Journal of Finance 57 (2002), 75 (92); Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1294, 1302); König, Verbot von Insiderhandel, S. 17; Krawiec, Northwestern University Law Review, 95 (2000–2001), 443 (458). 38 Bak/Bigus, ZBB 2006, 430 (431). 39 Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1295); Diehl/Loistl/Rehkugler, Effiziente Kapitalmarktkommunikation, S. 168; Fama, Journal of Finance 1970, S. 383 (387); Fama/Miller, The Theory of Finance, S. 335: Nach Fama basiert ein informationseffizienter Markt auf den folgenden Prämissen. Zunächst existieren keine Transaktionskosten (a), weiter stehen allen Marktteilnehmern kostenlos sämtliche objektiv zugänglichen Informationen zur Verfügung (b), alle Marktteilnehmer sind sog. Preisnehmer (c) und schließlich handeln alle Marktteilnehmer rational (d); siehe zum „vernünftigen Kapitalanleger“ auch Veil, ZBB 2006, S. 162–171. 40 Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1280, 1295).

A. Verbot des Insiderhandels

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dass eine Information für die Preisbildung der Aktien umso mehr Bedeutung erhält, je enger die Informationsveröffentlichung an das zu veröffentlichende Event geknüpft ist.41 Indem die Anzahl der veröffentlichten Informationen erhöht wird, werden die Aktienpreise genauer und der Kapitalmarkt an sich wird transparenter. Aus der sog. Efficient Capital Market Hypothesis (ECMH) folgt, dass der Kapitalmarkt verlässliche Informationen über die gehandelten Wertpapiere braucht, um einen effizienten Marktpreis zu bilden.42 Eine Vielzahl der Unternehmensanleger ist daran interessiert zu erfahren, ob ein Eigengeschäft der Insider stattgefunden hat, so dass sie den entsprechenden Preis in die Aktienberechnungen miteinfließen lassen können.43 Der Kapitalmarkt insgesamt ist damit umso effizienter, je stärker die Kurse den tatsächlichen Wert der Wertpapiere und die jederzeit vollständig vorhandenen Informationen reflektieren.44 Zur Bewertung und Darstellung der Effizienz eines Kapitalmarktes wird ein Drei-Stufen-System herangezogen, dessen Stufen abhängig vom Umfang der im Kurs enthaltenen Informationen sind45: Nach der schwächsten Form von Kapitalmarkteffizienz beinhalten Börsenkurse sämtliche bereits in vergangenen Kursen enthaltene Informationen über das Marktgeschehen. Diese schwache Form der ECMH soll sich nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis als zutreffend erweisen.46 Nach einer mittleren Stufe entsprechen die Preise in jedem Zeitpunkt nur dem für jeden Marktteilnehmer zugänglichen Informationsstand.47 Nach dieser Theorie werden im Aktienkurs nicht nur leicht zugängliche Informationen erfasst, sondern auch solche Informationen, die sich erst durch Analysen, etwa von Jahresabschlüssen, ergeben.48 Eine publizierte Emittenteninformation wird danach regelmäßig sofort vom Markt bewertet und findet im Preis des Wertpapiers ihren Niederschlag.49 Auf die positive Kenntnis der Informa41

Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1296). Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, S. 475 m. w. Nachw. 43 Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1280). 44 Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, S. 399; Gilson/Kraakman, Va. L. Rev 70 (1984), 549 (549 ff.); König, Verbot von Insiderhandel, S. 9; Rau, Directors’ Dealings, S. 40. 45 Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, S. 399; Fama, Journal of Finance 1970, 383 (383): In der Neuauflage weicht Fama von der Dreiteilung ab und kategorisiert dagegen nach „tests for return predictability“, „event studies“ und „test for private information“, Fama, Journal of Finance 1991, 1575 (1576 f.). 46 Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 963. 47 Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, S. 399; König, Verbot von Insiderhandel, S. 9. 48 Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 964. 49 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 170. 42

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

tion durch den privaten Anleger kommt es hierbei zumeist nicht an, sondern es genügt, wenn Intermediäre und institutionelle Anleger durch die Marktmechanismen den richtigen bzw. informationseffizienten Preis finden.50 Die stärkste Form des effizienten Marktes sieht in den Kursen sämtliche vergangene, öffentliche und vertrauliche Informationen über die Gesellschaft und den Markt.51 Daraus wird gefolgert, dass kein Vorteil aus dem Handel auf der Grundlage von Insiderinformationen gezogen werden kann.52 Überwiegend ist anerkannt, dass die Kapitalmarkteffizienz in ihrer mittelstarken Form der Realität am ehesten entspricht, auch wenn sie nicht alle Anomalien und Phänomene des Kapitalmarktes erklären kann.53 Unter der Annahme der semi-strengen Kapitalmarkteffizienztheorie sind die an der Börse abzulesenden Kurse sog. Gleichgewichtspreise.54 Der Preis eines Wertpapiers entspricht daher der Risiko-Rendite-Kombination desselben.55 Sofern der Aktienkurs und die Risiko-Rendite-Kombination ausgewogen sind, folglich ein Gleichgewicht herrscht, dürfte eigentlich kein Handel stattfinden. Dennoch werden jeden Tag neue Transaktionen getätigt, auch wenn anscheinend keine neuen Informationen publiziert worden sind.56 Daher ist anzunehmen, dass das Gleichgewicht gestört ist, sofern ein Informationsgefälle am Kapitalmarkt existiert. Grund für ein Informationsgefälle sind insbesondere die unterlassenen oder fehlerhaften Publikationen. Auch lassen sich die tatsächliche Existenz von Informationsintermediären und Phänomene wie Börsencrashs und Spekulationsblasen bei vollständiger Informationseffizienz nicht befriedigend erklären.57 cc) Anreizminimierung für manipulative Tätigkeit Für eine gesetzliche Regulierung des Insiderhandels spricht ferner, dass bei erlaubtem Insiderhandel Anreize geschaffen werden, die zu einer weit verbreiteten Manipulation führen.58 Sofern der Insiderhandel erlaubt wird, 50

Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 170. Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, S. 399; König, Verbot von Insiderhandel, S. 9. 52 Easterbrook/Fischel, U.Chi.L.Sch.Record 36 (1990), 10–17. 53 Franke/Hax, Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, S. 399; König, Verbot von Insiderhandel, S. 9. 54 Reifschneider, Informationeller Anlegerschutz, S. 144. 55 Fama, Journal of Finance, 25 (1970), 383 (384). 56 Reifschneider, Informationeller Anlegerschutz, S. 144. 57 Vogler, Fehlerhafte Aktienanalysen, S. 40. 58 So Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 207, 501; Fried, S. Cal. L. Rev. 71 (1997–1998), 303 (306); König, Verbot von Insiderhandel, S. 17. 51

A. Verbot des Insiderhandels

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sind die Anreize manipulativ zu agieren, für die Insider zu groß, als dass sie sich enthalten würden.59 Das Resultat wäre, dass die Türen für eine weit verbreitete manipulative Tätigkeit am Kapitalmarkt geöffnet wären.60 Den Insiderhandelsverboten kommt damit neben den anderen Zielsetzungen auch eine sog. Appellfunktion im Sinne einer Ermahnung zu normgerechtem Verhalten zu. b) Contra Insiderverbot aa) Kursanpassung durch Insiderhandel Manche Autoren hingegen bewerten den Insiderhandel insgesamt nicht als negativ, sondern sehen in ihm vielmehr einen Beitrag zur effizienten und schnellen Form der Informationsveröffentlichung.61 So wird argumentiert, dass das Argument der ungerechten Informationsasymmetrie auch dahingehend ad absurdum geführt werden könne, dass bei jeder getätigten Transaktion seit Bestehen des Kapitalmarktes ein Informationsvorsprung des einen Investors gegenüber dem anderen bestehe, und zwar in dem Wissen um diese Transaktion.62 Jedes Verkaufsangebot könne als private negative Information gewertet werden. Der Insiderhandel sei der schnellstmögliche Weg, eine Insiderinformation zu veröffentlichen, indem der Börsenkurs und der wirkliche Wert der Wertpapiere durch die Insidertransaktion zusammengeführt würden.63 Dadurch könnten abrupte Kurssteigerungen oder Kursstürze verhindert und Börsenkurse geglättet werden.64 Für diese Auffassung spricht, dass trotz der grundsätzlichen Annahme, dass eine allgemeine Veröffentlichung der Insiderinformation gerechter und in der Theorie auch wirkungsvoller ist als ein Niederschlag der Information mittels Insiderhandel, in der Kapitalmarktpraxis dennoch beobachtet werden kann, dass Insiderinformationen nicht rechtzeitig oder fehlerhaft veröffentlicht werden. Daher könnte der Insiderhandel dazu beitragen, dass sich die Informationen möglichst schnell im Preis der Wertpapiere niederschlagen. Dieser Argumentation kann jedoch insgesamt entgegengebracht werden, dass eine Insidertransaktion gerade die schnelle Informationsveröffent59

Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, 501. Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, 501. 61 Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, 501. 62 Macey, Hofstra Law Review 13 (1984), 16. 63 Manne, Insider Trading and the Stock Market, 78–104; vgl. auch das Rechenbeispiel bei König, Verbot von Insiderhandel, S. 9; siehe zur Preisanpassung durch Insiderhandel auch Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, S. 478 f. m. w. Nachw. 64 Loss/Seligman, Fundamentals of securities regulation, S. 924 ff. 60

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

lichung hinauszögert, da nur in geringem Maße – nämlich im Umfang des jeweiligen Handelsvolumens – von einem Niederschlag der Insiderinformation auf den Börsenkurs ausgegangen werden kann.65 Bei einer Ad-hocMitteilung ist zwar ein abrupter Kursanstieg oder -verfall zu befürchten, dennoch wird dadurch zur möglichst umfassenden Information des Kapitalmarktes beigetragen. Eine unbeschränkte Zulassung von Insidertransaktionen kann damit im Ergebnis nicht mit der Erfüllung der Ad-hoc-Veröffentlichungspflichten gleichgesetzt werden.66 Auch wenn Insiderhandelstransaktionen zu tendenziellen Kursanpassungen führen, so bleiben solche Korrekturen im Normalfall quantitativ weit hinter den Schwankungen zurück, die eine Offenlegung der Information auslöst.67 Für den Fall, dass eine pflichtgemäße Offenlegung unterbleibt, erscheint die Konsequenz der Gegenauffassung, den Insiderhandel zuzulassen, um zumindest eine Annäherung des Kurspreises zum „wahren“ Wert der Aktien sicherzustellen, nicht überzeugend. Vielmehr sollten die Veröffentlichungspflichten stärkerer Sanktionierung unterzogen werden, um auf diese Weise eine entsprechende Preisanpassung zu bewirken. Insiderhandel trägt zwar in geringem Maße zur Preisanpassung bei. Diese (positiven) Begleiterscheinungen von Insiderhandel können jedoch die negativen Auswirkungen desselben nicht soweit aufwiegen, dass die Legitimation von Insiderhandel gegenüber einer optimierten Sanktionierung der unterlassenen oder fehlerhaften Kapitalmarktinformation vorzuziehen wäre. bb) Insiderhandel als „victimless crime“ Gegner der Regulierung des Insiderhandels sehen die Insiderhandelstransaktion auch als ein sog. victimless crime an.68 Durch den Insiderhandel werde niemand geschädigt, da der Insider zwar einen Gewinn erwirtschafte, dieser aber nicht zu Lasten anderer Marktteilnehmer gehe.69 Eigentliche 65 Als Beispiel das sog. induced selling zu nennen, bei dem eine Kursänderung der Aktien eintritt, sofern die Transaktion des Insiders eine entsprechende Größenordnung erreicht hat, siehe Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, S. 477 f. Ein induced selling liegt beispielsweise vor, wenn der Investor verkauft, nachdem der Kurs infolge des Insiderhandels von 20 US-Dollar auf 23 US-Dollar gestiegen ist. Nach Veröffentlichung der Insiderinformation hätte er jedoch 25 USDollar erhalten. 66 So auch König, Verbot von Insiderhandel, S. 13; Loss/Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, S. 863. 67 Siehe auch Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 970. 68 Manne, Law Professors, S. 565; siehe auch bei Ashe/Rider/Counsell, in: Rider/ Ashe, The Fiduciary, the Insider and the Conflict, S. 172. 69 Manne, Insider Trading, S. 61: „The insider’s gain is not made at the expense of anyone“.

A. Verbot des Insiderhandels

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(unberechtigte) Nutznießer des Verbots des Insiderhandels seien die Intermediäre und weniger die Aktionäre.70 Doch gerade in Fällen der Normverletzungen ohne nachweisbaren Schaden beim Einzelnen wird die Gewinnabschöpfung als angemessene Sanktion empfohlen.71 Der tatsächliche, der Kompensation zugängliche Schaden kann nur unter Schwierigkeiten oder gar nicht beziffert werden, da er sich gesamtgesellschaftlich auswirkt.72 Die Gewinnabschöpfung ersetzt in diesen Fällen quasi die Kompensation der nicht personifizierbaren Opfer. Folglich ist mit der Gewinnabschöpfung auch nicht die Forderung nach einem tatsächlich Geschädigten verbunden. 3. Auswirkungen für den Emittenten a) Insiderverbote reduzieren Eigenkapitalkosten Es wird ferner vorgetragen, dass eine strenge Reglementierung des Insiderhandels die Eigenkapitalkosten der Emittenten reduziere.73 Mit der berechtigten Annahme, dass Insiderhandel betrieben wird, würden die Investoren von vornherein einen geringeren Aktienpreis zahlen, da sie einen geringeren Gewinn erwarteten.74 Bei differenzierterer Betrachtung und unter Heranziehung jüngster Statistiken wird jedoch argumentiert, dass nicht die Einführung der Verbotsnormen in der Rechtsordnung eines konkreten Landes, sondern die Einführung effektiver Mechanismen zur Verfolgung der Insiderhandelsverstöße zur Senkung der Eigenkapitalkosten der Unternehmen beiträgt und zu einer Verbesserung des Investorenvertrauens führt.75 b) Rufverlust durch Insiderhandel Strafrechtliche Sanktionen und bereits das vorgeschaltete Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft bringen es mit sich, dass der Ruf des betroffe70

Haddock/Macey, JLE 30 (1987) 311, (338). Bowles/Faure/Garpoupa, Oxford Journal of Legal Studies, 2005, S. 275 (291). 72 Bowles/Faure/Garpoupa, Oxford Journal of Legal Studies, 2005, S. 275 (292); siehe die Ausführungen unter Kapitel 3, B.III.1., S. 162. 73 Bhattacharya/Daouk, The Journal of Finance 57 (2002), 75; Brudney, Harv.L.Rev. 93 (1979), 322 (489); Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1301); Fried, S. Cal. L. Rev. 71 (1997–1998), 303 (306). 74 Fried, S. Cal. L. Rev. 71 (1997–1998), 303 (307); teilweise wird jedoch auch angenommen, dass die Eigenkapitalkosten höher sind, wenn der Markt den Insiderhandel verbietet, siehe Bhattacharya/Daouk, The Journal of Finance 57 (2002), 75 (76). 75 Bhattacharya/Daouk, The Journal of Finance 57 (2002), 75 (104); Gevurtz, Transnat’l Law 15 (2002), 63 (95 f.). 71

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

nen Vorstandsmitglieds erheblich und nachhaltig belastet wird, da sich zumeist nicht vermeiden lässt, dass entsprechende Namen an die Öffentlichkeit gelangen.76 Von dem Rufverlust betroffen ist neben dem Verwaltungsmitglied auch der Emittent selbst. Dieser Rufverlust wirkt sich nachteilig auf den Kurs der Wertpapiere des Emittenten aus. Daher liegt es auch im Interesse des Unternehmens, dass Insiderhandel durch staatliche Regulierung und effektive Durchsetzung der Normen unterbunden wird.77 4. Auswirkungen für den Insider Manche Autoren argumentieren, dass Insiderhandel eine zusätzliche begrüßenswerte Vergütung der Arbeitgeberschaft darstelle.78 Insiderhandel sei eine effiziente Form der leistungsabhängigen Managerentlohnung.79 Oft erhalten Mitglieder des Vorstands von Aktiengesellschaften Aktien oder Optionsrechte für den Erwerb solcher Aktien an den von ihnen geführten Unternehmen als Teil ihrer Vergütung.80 Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass der Insiderhandel die Wohlfahrt der Eigentümer schmälert, da er eine effiziente Form der leistungsabhängigen Entlohnung erschwert, weil hier Manager nicht nach Leistung, sondern nach dem Zugang zu Informationen entlohnt werden.81 Zudem kann der Anreiz, der durch eine zusätzliche Vergütung in Gestalt des Insiderhandels gewünscht ist, auch auf andere Art und Weise erreicht werden – beispielsweise durch eine am Unternehmensgewinn orientierte Jahreszuzahlung, welche leistungsabhängig ist.82 5. Zwischenergebnis Fest steht nach der überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung, Gesetzgebung und Literatur, dass Insiderhandel als negativ zu beurteilen ist. Für den Staat ergibt sich daraus die ordnungspolitische Konsequenz des regulierenden Eingriffs in den Markt, um Insiderhandel zu sanktionieren und ihm vorzubeugen. Die Diskussion dreht sich damit im Wesentlichen um den Umfang und die Art und Weise der Beschränkung des Insiderhandels. 76

Hagen-Eck/Wirsch, DB 2007, 504 (504). Siehe zum Rufverlust des Emittenten bei Bainbridge, Insider Trading, S. 163 f. 78 Manne, Insider Trading, 131–141; hierzu auch Bainbridge, Insider Trading, 164–165; Pellens/Fülbier, DB 1994, 1381; Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-1. 79 Siehe bei Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 322. 80 Hagen-Eck/Wirsch, DB 2007, 504 (504). 81 Scott, The Journal of Legal Studies, 4 (1980), 801 (808). 82 Zu einem Bonussystem auch Ott/Schäfer, ZBB 1991, 226 (233). 77

A. Verbot des Insiderhandels

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II. Verbot des Insiderhandels im US-amerikanischen Recht 1. Geschichtliche Entwicklung Die USA kennen bereits seit den 30er Jahren ein umfassendes Überwachungs- und Kontrollsystem zum Schutz des Börsenpublikums und der Lauterkeit des Wertpapierhandels.83 Durch den florierenden Insiderhandel an den US-amerikanischen Börsen in den Jahren 1929–1932 wurden viele Unternehmen und Privatanleger in den finanziellen Ruin getrieben.84 Das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt war erschüttert. Infolgedessen fasste der amerikanische Kongress den Entschluss, dass eine bundeseinheitliche Regelung des Kapitalmarktrechts nötig sei, um in Zukunft den Schutz der Anlegerinteressen und einen fairen und geordneten Kapitalmarkt insgesamt zu gewährleisten: „Among the most vicious practices unearthed at the hearings before the subcommittee was the flagrant betrayal of their fiduciary duties by directors and officers of corporations who used their position of trust and the confidential information which came to them in such position, to aid them in their market activities. Closely allied to this type of abuse was the unscrupulous employment of inside information by their companies to enable them to acquire and profit by information not available to others.“85

Ein besonders bekannter Fall des Insiderhandels in der Geschichte der USA stellt SEC v. Texas Gulf Sulphur Co. dar.86 In diesem Fall hatte der Mineralkonzern Texas Gulf Sulphur Company (TGS) eine ungewöhnlich große Menge an Mineralvorkommen ausfindig gemacht, gab diese Information jedoch nicht an die Öffentlichkeit weiter. Viele TGS-Insider kauften für sich eine große Anzahl der TGS-Aktien bzw. gaben die Information an Dritte weiter und erwirtschafteten dadurch einen immensen Gewinn. 83 Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit dem Entstehen von Eisenbahngesellschaften wurden erste Bedenken gegen den Insiderhandel geäußert: „Die Wahrscheinlichkeit des Steigens oder Fallens des Aktien-Kurses kann von den Verwaltern zuerst erkannt, und dadurch ein Gewinn vom Aktienhandel erzielt werden“, Hansemann, Die Eisenbahngesellschaften und deren Aktionäre, S. 114; vgl. auch: Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 2; Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 166; Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 230; Rau, Directors’ Dealings, S. 10. 84 Osterloh, Directors’ Dealings, S. 79. 85 Zitat einer Berichterstattung des Senats, das aufgrund der akkuraten Beschreibung der Umstände auch vom Supreme Court in der Entscheidung Kern County Land Co. v. Occidental Petroleum Corp. 411 U. S. 582 (592) (1973) angeführt wird. Siehe auch bei Bainbridge, The Law and Economics of Insider Trading, S. 9; König, Verbot von Insiderhandel, S. 45. 86 SEC v. Texas Gulf Sulphur Co., 401 F.2d 833 ff. (1968); vgl. hierzu auch Hazen, Securities Regulation, S. 524.

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

Das Kapitalmarktrecht als Wertpapierhandels- und Börsenrecht wird in den USA in dem eigenständigen Rechtsgebiet der „securities regulation“ zusammengefasst und stellt eine zentralstaatliche Regelungsmaterie dar.87 Besondere Bedeutung erlangen die beiden ältesten Kapitalmarktgesetze: Der 1933 verabschiedete Securities Act (SA 1933) regelt Angebot und Ausgabe von Wertpapieren. Der 1934 auf der Grundlage der sog. interstate commerce clause88 erlassene Securities Exchange Act (SEA 1934) regelt den Handel in Wertpapiere, insbesondere unter Berücksichtigung der verschiedenen Marktteilnehmer.89 Diese Gesetze werden durch umfassende Verordnungen (Rules) der Securities and Exchange Commission (SEC) ergänzt.90 Die SEC stellt eine US-amerikanische Bundesbehörde dar, die lediglich dem US-Kongress Rechenschaft schuldet und über die Einhaltung der kapitalmarktrechtlichen Regelungen auf Bundesebene wacht.91 Die SEC ist zudem für die Ausarbeitung, Überwachung und Durchsetzung von Verordnungen zuständig, die zur Ausgestaltung der durch den US-Kongress erlassenen kapitalmarktrechtlichen Gesetze dienen. Die Bestimmungen des SEA betreffen Veröffentlichungspflichten, Überwachung und Unterhaltung der Integrität des Marktes sowie Verhaltenspflichten für Makler, Händler und andere Mitglieder der Wertpapierbranche auf dem sog. Sekundärmarkt.92 Den Regelungen kommt die Funktion zu, die Institution des Kapitalmarktes zu schützen: „(. . .) the investing public is to be completely and effectively protected“93. 2. Gesellschaftsrechtliche Erfassung: § 10(b) SEA und Rule 10b-5 Als Grundpfeiler des US-amerikanischen Insiderrechts ist § 10(b) SEA von 1934 zu nennen. In der US-amerikanischen Rechtspraxis werden die meisten zivilrechtlichen Fälle des Insiderhandels auf der Grundlage dieser 87 Mit dem Begriff „securities“ sind in den USA sämtliche Investitionsbeteiligungen gemeint, die in der Regel übertragbar sind, vgl. Waschkeit, Marktmanipulation, S. 99; Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 233; Hazen, Securities Regulation, S. 39 ff. 88 Art. 1 § 8 der US-amerikanischen Bundesverfassung. 89 Göthel, IPRax 21 (2001), 411 (412); Waschkeit, Marktmanipulation, S. 100; Hazen, Securities Regulation Law, S. 449. 90 Weitere wichtige kapitalmarktrechtliche Gesetze sind der Investment Company Act (ICA) von 1940, der Investment Advisers Act (IAA) ebenfalls von 1940, der Public Utility Holding Company Act (PUHCA) von 1935, der Trust Indenture Act (TIA) von 1939 und der Securities Investor Protection Act (SIPA) von 1970, der Sarbanes-Oxley Act (SOA) von 2002. 91 Osterloh, Directors’ Dealings, S. 81. 92 Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 148. 93 Baird v. Franklin, 141 F.2d 238 (244 f.) (1944).

A. Verbot des Insiderhandels

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Norm entschieden.94 § 10(b) SEA begründet selbst keine Rechte oder Pflichten. § 10(b) SEA ermächtigt vielmehr die SEC, eine Regelung mit entsprechendem Inhalt zu erlassen. Diese Ermächtigung nahm die SEC bereits im Jahre 1942 mit Rule 10b-5 wahr.95 Bei Schaffung von § 10(b) SEA und Rule 10b-5 hatte man noch nicht den Fall vor Augen der heute im Mittelpunkt der insiderrechtlichen Diskussion steht: ein Insider, der Aktien kauft oder verkauft und dabei kursrelevante Umstände einfach verschweigt. Historisch betrachtet sollten die Vorschriften zu verhindern helfen, dass Personen schlechte Nachrichten gezielt in Umlauf bringen, um die Kurse dann nach unten zu drücken.96 Bei der Lektüre von § 10(b) SEA und Rule 10b-5 fällt auf, dass keine der beiden Bestimmungen ausdrücklich den Insiderhandel oder auch nur einen Hinweis auf die Regelung von Insiderhandel enthält. Es handelt sich vielmehr um ein generelles Verbot von betrügerischem Verhalten im Zusammenhang mit dem Aktienhandel.97 Die Vorschrift in § 10(b) SEA i. V. m. Rule 10b-5 regelt daher allgemein das Verbot der Marktmanipulation. Im Common Law ist betrügerisches Verhalten grundsätzlich bei einer falschen Darstellung wesentlicher Tatsachen98 anzunehmen, die zu einem Schaden geführt hat.99 Der Insiderhandel ist eine anerkannte Fallgruppe des betrügerischen Verhaltens.100 Haftungsvoraussetzung für eine Klage nach § 10(b) SEA und Rule 10b-5 ist zunächst, dass der Beklagte eine Insiderinformation (sog. material information) gar nicht oder falsch veröffentlicht hat.101 Bei der Tathandlung kommen neben der aktiven Verbreitung von falschen Tatsachen auch die Angabe von „Halbwahrheiten“ oder lediglich Schweigen unter Missachtung von Offenlegungspflichten in Betracht.102 Der Missbrauch von Informa94 Ein erstes Urteil zu § 10(b) SEA wurde bereits im Jahre 1946 gefällt: Kardon v. National Gypsum Co, 69 FSupp 512 ff. (1946); siehe Dorfman, § 5.04 Implied Civil Liabilities under Section 10(b) SEA and Rule 10b-5, S. 1. 95 Neben Rule 10b-5 exisiert in Gestalt der aufgrund der Ermächtigung in § 14(e) SEA von SEC im Jahre 1980 erlassenen Rule 14(e)-3 noch eine andere Durchführungsvorschrift. Rule 14e-3 ist auf sämtliche Marktteilnehmer anwendbar, die über Insiderinformationen im Zusammenhang mit öffentlichen Kaufangeboten verfügen, näher: König, Verbot von Insiderhandel, S. 64. 96 Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, S. 484. 97 Palmiter, Securities Regulation, S. 360. 98 Rule 10b-5, „False representation of a material fact“, siehe Hazen, Securities Regulation, S. 269 f. 99 König, Verbot von Insiderhandel, S. 48. 100 Palmiter, Securities Regulation, S. 370. 101 Dorfman, § 5.04 Implied Civil Liabilities under Section 10(b) SEA and Rule 10b-5, S. 4; Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, S. 487. 102 König, Verbot von Insiderhandel, S. 49.

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

tionen zeichnet sich dadurch aus, dass ein vernünftiger Investor die konkrete Information als wichtig für die Entscheidung einstufen würde, ob er das konkrete Wertpapier kaufen oder verkaufen sollte.103 Ein privates Klagerecht setzt nach dem Supreme Court ein vorsätzliches Handeln des Insiders (scienter) voraus.104 Der Beweis, dass der Insider unter Ausnutzung des positiven Insiderwissens seine Transaktion getätigt hat, muss hierbei zumindest überwiegen.105 Die Beweiserleichterung des Überwiegens des Vorliegens der positiven Kenntnis von Insiderinformationen stellt einen erheblichen Vorteil gegenüber der strafrechtlichen Sanktionierung im deutschen Recht dar, da hier grundsätzlich eine Unschuldsvermutung existiert.106 Der Kläger muss weiter beweisen, dass er die Transaktion bei hinreichender Information entweder gar nicht getätigt hätte oder dass er zu einem höheren Preis verkauft bzw. zu einem niedrigeren Preis gekauft hätte, als er es tatsächlich getan hat – Kausalitätserfordernis.107 Den Kläger trifft auch die Beweislast hinsichtlich der Existenz und der Höhe des entstandenen Schadens.108 Der Kläger ist indes nicht verpflichtet, die Höhe des Schadens mit mathematischer Genauigkeit festzusetzen.109 Sofern die SEC eine Gewinnabschöpfung anordnet, erfolgt eine Beweislastverteilung dahingehend, dass der Beklagte der SEC gegenüber das Nichtvorliegen eines Gewinns beweisen muss.110 103

Bainbridge, Insider Trading, S. 34. Supreme Court, 425 U.S. 185 (1976); Rule 10b-5-1: der Beklagte muss unter Ausnutzung und mit Wissen der Insiderinformation gehandelt haben. Dennoch lässt diese Norm auch bestimmte Ausnahmefälle zu, beispielsweise das Vorgehen nach einem bestimmten Transaktionsplan, vgl. Dorfman, § 5.04 Implied Civil Liabilities under Section 10(b) SEA and Rule 10b-5, S. 4; Sonderquist/Gabaldon, Securities Law, S. 159 f. 105 Siehe die Regelung in § 21D(b)(2) SEA: „In any private action arising under this Act in which the plaintiff may recover money damages only on proof that the defendant acted with a particular state of mind, the complaint shall, with respect to each act or omission alleged to violate this Act, state with particularity facts giving rise to a strong inference that the defendant acted with the required state of mind.“ 106 Näheres zu den strafrechtlichen Sanktionen nach deutschem Recht unter Kapitel 3, A.I.1.a), S. 97 ff. 107 Dorfman, § 5.04 Implied Civil Liabilities under Section 10(b) SEA and Rule 10b-5, S. 4; Jacobs, Disclosure and Remedies, 20-13. 108 Die Kausalität zwischen der Verletzerhandlung und dem beim Anleger entstandenen Schaden muss mit hinreichender Sicherheit bewiesen werden. Bei der Frage, wie hoch der Schaden ausgefallen ist, sind die Beweisanforderungen vermindert, Dorfman, § 5.04 Implied Civil Liabilities under Section 10(b) SEA and Rule 10b-5, S. 5; Jacobs, Disclosure and Remedies, 20-13, 20-16. 109 Jacobs, Disclosure and Remedies, 20-17. 110 Näher Jacobs, Disclosure and Remedies, 20-18. 104

A. Verbot des Insiderhandels

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Eine genaue Definition von Insiderhandel ist im gesamten SEA nicht enthalten. Daher hat die US-amerikanische Rechtsprechung einige Theorien entwickelt, um den Insiderhandel unter diese Vorschrift subsumieren zu können. a) Disclose-or-abstain-Rule Die SEC hat im Jahre 1961 auf Grundlage von § 16(b) SEA und Rule 10b-5 die sog. Disclose-or-abstain-Rule entwickelt, wonach die zur Offenlegung der Insiderinformation Verpflichteten entweder die Insiderinformation dem Anlegerpublikum zugänglich machen müssen („duty to disclose“) oder den Handel mit Wertpapieren unterlassen müssen („duty to abstain“).111 Zunächst ging man davon aus, dass die Norm jeden Kapitalanleger („any person“) erfasst: „Anyone in possession of material inside information must either disclose it to the investing public, or (refrain from trading).“112

Der Disclose-or-abstain-Rule liegen zwei Überlegungen zugrunde: zum einen die naturgemäße Nähe der Unternehmensinsider zum Emittenten und zum anderen der unfaire Vorteil dieser Insider gegenüber ihren Handelspartnern bei der Vornahme von Transaktionen auf der Grundlage der Insiderinformationen. Die Erwartung an einen gerechten Kapitalmarkt liegt nicht zuletzt in der relativ gleichen Zugangsmöglichkeit zu materiellen Informationen.113 Hervorzuheben ist, dass der Insider nicht generell eine Offenlegungsverpflichtung hat, sondern nur in dem konkreten Fall, dass er auch tatsächlich eine Transaktion tätigen will.114 Dies wird teilweise als wesentlicher Nachteil des US-amerikanischen Systems der Insiderregulierung gewertet, da ein Insider durch bloßes Nicht-Verkaufen bzw. Nicht-Kaufen ebenfalls einen erheblichen Gewinn erwirtschaften kann.115

111

Hierzu auch Merkt, Unternehmenspublizität, S. 187. US Second Circuit, 401 F.2d at 833 (848); vgl. hierzu auch Sonderquist/Gabaldon, Securities Law, S. 158. 113 US Second Circuit, 401 F 2d 833 (848). 114 Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (338): „In fact many people who exploit new information do nor buy additional stock; rather they simply do not sell (. . .) a failure to sell cannot be a violation of the SEC’s Rule 10b-5, because there has been no securities transaction . . .“. Anders im deutschen Recht, wo § 15 WpHG eine Ad-hoc-Publizitätspflicht unabhängig von der Vornahme von Markttransaktionen vorschreibt. 115 D’Amato, Wis.L.Rev. 1989, 1433 (1441). 112

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

b) Treuebruchstatbestand In der ersten einschlägigen Entscheidung des U.S. Supreme Courts aus dem Jahre 1980116 lehnte der US Supreme Court die ursprüngliche Auffassung, wonach für Jedermann ein generelles Verbot von Insidertransaktionen existiert, ausdrücklich ab. Der Tatbestand des Insiderhandels sei nicht durch die bloße Verwertung von Insiderinformationen durch den Insider erfüllt, sondern verlange zusätzlich ein den Insider mit dem eigentlichen Inhaber bzw. Eigentümer der Information verbindendes Treuepflicht- oder ähnliches Vertrauensverhältnis („a fiduciary or similar relationship of trust“).117 Damit wurde das Eigentumsrecht des Emittenten an der Information hervorgehoben. Diese Forderung brachte einige Unklarheiten mit sich, da nicht ersichtlich war, dass in Fällen, in denen nach herkömmlicher Auffassung Insiderhandel betrieben wurde, stets auch eine Treuepflichtverletzung vorlag.118 Um zu verhindern, dass sich viele Insider von ihrer Haftung freizeichen könnten, schuf der Kongress im Jahre 1988 § 20A SEA, wonach gegenüber allen gleichzeitig handelnden Anlegern der Marktgegenseite (sog. contemporaneous traders) eine Pflichtverletzung angenommen wird.119 Die im Jahr 2000 durch die SEC erlassene Rule 10b5-2 konkretisiert das Vertrauensverhältnis. Danach ist eine Vertrauenspflicht gegeben, wenn sich der Empfänger zur Geheimhaltung verpflichtet, wenn zwischen den Parteien bereits ein gefestigtes Vertrauensverhältnis im Sinne einer Praxis und Gewohnheit des vertraulichen Informationsaustauschs besteht oder wenn es 116

Chiarella v. United States, 445 US 222 ff. (1980). Chiarella v. United States, 445 U.S. 222 (223, 228) (1980): „One who fails to disclose material information prior to the consummation of a transaction commits common-law fraud only when he is under a duty to do so; the duty to disclose arises when one party has information that the other is entitled to know because of a fiduciary or other similar relation of trust and confidence between them.“ Vgl. die Ausführungen bei Dirks v. SEC, 463 U.S. 646 (655 n.14) (1983); Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 199; Hausmaninger, Insider Trading, S. 80 ff.; König, Verbot von Insiderhandel, S. 54, 56 f.; Loke, Am.J.Comp.L. 54 (2006), 123 (128, 131). Das Treueverhältnis besteht nicht nur zwischen den Insidern und der Gesellschaft, sondern erstreckt sich auch auf die anderen Aktionäre, König, Verbot von Insiderhandel, S. 55. Sofern es sich um ein privates Klagerecht handelte, musste der Kläger auch beweisen, dass der Beklagte eine Pflicht gegenüber dem Kläger verletzte, Sonderquist/Gabaldon, Securities Law, S. 159. 118 Vgl. hierzu die Ausführungen bei Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 198; „. . . petitioner breached a duty to the acquiring corporation when he acted upon information that he obtained by virtue of his position as an employee of a printer employed by the corporation. The breach of this duty is said to support a conviction under § 10(b) SEA for fraud perpetrated upon both the acquiring corporation and the sellers.“; vgl. auch die Ausführungen bei Sonderquist/ Gabaldon, Securities Law, S. 158. 119 Siehe zu den contemporaneous traders Kapitel 3, A.I.2.b)aa)(1)(a), S. 133 ff. 117

A. Verbot des Insiderhandels

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sich bei den Parteien um nahe Familienangehörige, wie Eltern, Ehegatten, Kinder oder Geschwister handelt.120 Die Vertrauenstheorie ist teilweise heftiger Kritik ausgesetzt, da einerseits der Begriff des Vertrauensverhältnisses als weitgehend konturenlos angesehen und andererseits die Anknüpfung an ein beliebiges Vertrauensverhältnis als sinnwidrig verstanden werden.121

III. Verbot des Insiderhandels im deutschen Recht 1. Historische Entwicklung Das erste deutsche Regelwerk, das sich des Problems der Verwertung nicht öffentlicher Informationen annahm, war eine im Jahre 1908 von 2000 Banken unterzeichnete Verpflichtungserklärung. Danach dürfen die Angestellten einer Bank Wertpapiere nicht ohne Nachweis einer schriftlichen Zustimmung der Bank zeichnen.122 Erst 1971 folgten die von der Börsensachverständigenkommission beim Bundeswirtschaftsministerium erarbeiteten Insiderhandelsrichtlinien sowie Händler- und Beraterregeln.123 Die erste verbindliche Regelung der Insidertransaktionen wurde mit der EG-Richtlinie zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insidergeschäfte (Ins-RL)124 vom 13. November 1989 geschaffen, die in den §§ 12 ff. WpHG in deutsches Recht umgesetzt wurde. Im Rahmen des Zweiten Finanzmarktförderungsgesetzes (FMFG)125 trat ab dem 1. August 1994 das Insiderrecht im Wertpapierhandelsgesetz in Kraft.126 Inhaltliche Änderungen hat das Verbot des Insiderhandels erst mit der Richtlinie über Insidergeschäfte und Marktmanipulationen (Marktmissbrauchsrichtlinie) vom 28. Januar 2003127 120

Sonderquist/Gabaldon, Securities Law, S. 159 f. Hierzu näher: König, Verbot von Insiderhandel, S. 60 m. w. Nachw. 122 Zu einem erheblichen und regelungsbedürftigen Rechtsproblem wurde der Insiderhandel nach dem 2. Weltkrieg, als im Zuge des Wiederaufbaus der deutschen Wirtschaft die Grenzen der Fremd- und Selbstfinanzierung deutlich wurden, Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 12, Rn. 3, Fn. 1; Hoeren, ZBB 1993, 112 f.; Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, S. 488. 123 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, S. 488; Schäfer, in: Schäfer, WpHG/BörsG, Vor § 12 WpHG, Rz. 2; abgedruckte Version der Händler- und Beraterregeln in WM 1988, 1105 ff. 124 Richtlinie des Rates 89/592/EWG zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte, ABl.EG 1989 L 334/3 vom 18. November 1989. 125 BGBl. I, 1994, 1749 ff. 126 Hopt, ZGR 1991, 17. 127 Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch), Amtsblatt Nr. L 096 vom 12/04/2003 S. 0016. Zu der europarechtlichen Konformität der Umsetzung siehe Dreyling, Der Konzern 2005, 1. 121

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

und den hierzu erlassenen Durchführungsrichtlinien128 sowie dem darauf beruhenden Gesetz zur Stärkung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz – AnSVG)129 vom 28. Oktober 2004 erfahren. Zwar wird die Funktionsfähigkeit der Märkte in der Präambel der MarktmissbrauchsRichtlinie stärker betont und dürfte daher als Regelungszweck im Vordergrund stehen, daneben ist jedoch auch der Schutz der Anleger bedeutend.130 Schließlich wurde am 11. März 2008 eine Änderung der Richtlinie über Insidergeschäfte und Marktmanipulationen vorgenommen, die die Befugnisse der Kommission ausbauen soll.131 Das Insiderrecht ist in den §§ 12 ff. WpHG geregelt und bildet einen Schwerpunkt der Vorschriften des Wertpapierhandelsgesetzes. Dem Emittenten sowie dessen Führungspersonen obliegen die Pflichten, Insiderinformationen offen zu legen und Insidergeschäfte, die auf der Grundlage von Insiderinformationen getätigt würden, zu unterlassen, §§ 14, 15, 15a WpHG. Hier wird nicht der quivis ex populo132, sondern eine Person verpflichtet, der spezifische kapitalmarktrechtliche Pflichten obliegen.133 128 Durchführungsrichtlinie der Kommission 2003/124/EG von 22. Dezember 2003 betreffend die Begriffsbestimmung und die Veröffentlichung von Insider-Informationen und die Begriffsbestimmung der Marktmanipulation, Abl. EU Nr. L 339 vom 24. Dezember 2003, S. 70; Durchführungsrichtlinie der Kommission 2003/ 125/EG vom 22. Dezember 2003 betreffend die sachgerechte Darbietung von Anlageempfehlungen und die Offenlegung von Interessenkonflikten, Abl. EU Nr L 339 vom 24 Dezember 2003, S. 73; Durchführungsrichtlinie der Kommission 2004/72/ EG von 29. April 2004 betreffend zulässige Marktpraktiken, Definition von InsiderInformationen in Bezug auf Warenderivate, Erstellung von Insiderverzeichnissen, Meldung von Eigengeschäften und Meldung verdächtiger Transaktionen, Abl. EU Nr L 162 vom 30. April 2004, S. 70. Siehe aber auch die unmittelbar geltendes Recht darstellende Durchführungsverordnung (EG) Nr. 2273/2003, welche Rückkaufprogramme und Maßnahmen der Kursstabilisierung zum Gegenstand hat, Abl. EU Nr L 336 vom 23. Dezember 2003, S. 33. 129 AnSVG, BGBl. I 2004, 2630 ff. ist Bestandteil eines 10-Punkte Programms der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und zur Verbesserung des Anlegerschutzes; vgl. hierzu auch Eichner, Insiderrecht und Ad-hoc-Publizität nach dem Anlegerschutzverbesserungsgesetz. 130 Die deckt sich mit dem erklärten Ziel der Europäischen Kommission, den Anlegerschutz bei verpackten Verbraucheranlageprodukten zu stärken, Pressemeldung des Bundesministeriums der Justiz vom 29.4.2009, abrufbar unter: www.bmj.de/ enid/2465f9d3b7559fda67ccd8d027266bb6,156faa31092d09/Pressestelle/Pressemittei lungen_58.html 131 Richtlinie 2008/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2008 zur Änderung der Richtlinie 2003/6/EG über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch) im Hinblick auf die der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse. 132 Lat.: „eine beliebige Person aus der Bevölkerung“. 133 Näher zum persönlichen Anwendungsbereich des Insiderhandelsverbots, Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (196). Mit seinem Urteil vom 10. März 2007, Rs.

A. Verbot des Insiderhandels

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2. Verbot des Insiderhandels, § 14 WpHG Insiderhandel liegt vor, wenn eine Person aufgrund öffentlich nicht zugänglicher kursrelevanter Informationen Geschäfte mit Finanzinstrumenten tätigt und bei Bekanntwerden diese Informationen geeignet sind, den Kurs der Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen.134 § 14 Abs. 1 WpHG: Es ist verboten, 1. unter Verwendung einer Insiderinformation Insiderpapiere für eigene oder fremde Rechnung oder für einen anderen zu erwerben oder zu veräußern, 2. einem anderen eine Insiderinformation unbefugt mitzuteilen oder zugänglich zu machen, 3. einem anderen auf der Grundlage einer Insiderinformation den Erwerb oder die Veräußerung von Insiderpapieren zu empfehlen oder einen anderen auf sonstige Weise dazu zu verleiten.

Das Verbot des Insiderhandels nach § 14 Abs. 1 WpHG umfasst ein Verwendungs-135 und ein Weitergabeverbot136 von Insiderinformationen sowie ein Empfehlungsverbot bezogen auf Käufe und Verkäufe, die auf Insiderinformationen beruhen (§ 14 Abs. 1 Nr. 1–3 WpHG). In § 14 Abs. 1 WpHG sind reine Unterlassungsgebote, die an die Organmitglieder gerichtet sind, normiert. Äußerungspflichten gegenüber dem Kapitalmarkt sind von dieser Regelung nicht erfasst.137 Nach der Änderung der insiderrechtlichen Normen im WpHG durch das AnSVG von 2004 wird nicht mehr auf die Insidertatsache abgestellt, sondern C-391/04, ZIP 2007, 1207 („Georgakis“) hat der EuGH das Verbot von Insidergeschäften gegenüber der Marktmanipulation abgegrenzt und entschieden, dass Geschäfte zwischen Insidern nicht gegen das Insiderhandelsverbot verstoßen, auch wenn sie eine künstliche Preiserhöhung bezwecken. 134 Lahmann, Insiderhandel, S. 21. 135 Nach § 14 Abs. 1 a. F. war Voraussetzung, dass der Täter die Vorteile „unter Ausnutzung“ seines Insiderwissens erlangt hat. Aus dieser Formulierung und aus ähnlichen Formulierungen in anderen Tatbeständen wurde geschlossen, dass dolus eventualis nicht ausreicht. Voraussetzung ist, dass der Insider die Information ausgenutzt hat, um einen Vorteil daraus zu erzielen. Sofern lediglich positives Wissen in Bezug auf die Insiderinformation vorliegt und kein Ausnutzen der Information, waren Voraussetzungen der deutschen bzw. europäischen Insidertatbestände nicht erfüllt; vgl die Ausführungen bei Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14, Rn. 58; Hopt, Insider- und Ad-hoc-Publizitätsprobleme, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band II, § 107, Rn. 34 ff. 136 Das Weitergabeverbot des § 14 WpHG ist nicht so weitreichend wie das aktienrechtliche Verbot der Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 404 AktG), da letzteres nicht auf die Kursrelevanz der Tatsache abstellt. § 14 WpHG ist damit als lex specialis gegenüber § 404 AktG einzustufen, Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 16.

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

auf die Insiderinformation.138 Die Insiderinformation umfasst im Gegensatz zur Insidertatsache auch den Begriff des „Umstands“, der wiederum auch überprüfbare Werturteile und Prognosen beinhaltet.139 Nach der gesetzlichen Definition der Insiderinformation muss der kurssensible Sachverhalt einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder Insiderpapiere selbst betreffen und dazu geeignet sein, im Fall des Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Bei der Beurteilung des erheblichen Kursbeeinflussungspotentials ist mit einer ex ante Betrachtung auf den Zeitpunkt der Vornahme des jeweiligen Insidergeschäfts abzustellen.140 Eine Information ist dann geeignet, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen, wenn ein verständiger Anleger die Information bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde, § 13 Abs. 1 S. 2 WpHG.141 Auf eine eingehendere Darstellung der Einzelprobleme der insiderrechtlichen Verbote soll an dieser Stelle verzichtet werden. Auf die einschlägige Literatur wird verwiesen.142 Eine Gewinnabschöpfung könnte auf Rechtsfolgenseite eingreifen, sofern einer der Tatbestände des § 14 WpHG einschlägig ist. 137 Eichelberger, Verbot der Marktmanipulation, S. 16; Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (196); vgl. zur Disclose-or-abstain-Rule im US-amerikanischen Recht Kapitel 2, A.II.2.a), S. 63 f. 138 Unter Insidertatsachen wurden in Anlehnung an den vom StGB und HGB geprägten Begriff solche Tatsachen verstanden, „die konkrete, vergangene oder gegenwärtige Geschehnisse oder Zustände betreffen, die sinnlich wahrnehmbar in die Wirklichkeit getreten und damit dem Beweis zugänglich gemacht sind“, siehe noch zur alten Fassung: Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 16.82; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht 1. Auflage, S. 36, 3. Auflage Rn. 226. 139 Merkner/Sustmann, NZG 2005, 729 (731); Ziemons, NZG 2004, 537 (538). 140 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 60; Assmann, AG 1994, 196 (244); Caspari, ZGR 1994, 530 (540). 141 Zu der Bedeutung von Gerüchten im Kapitalmarktrecht, vgl. Fleischer/ Schmolke, AG 2007, 841 (845). Zum Einbezug von zukunftsbezogenen Umständen, wie Pläne, Vorhaben und Absichten einer Person, siehe bei BGH, BB 2008, 855 ff. 142 Vgl. Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14, Rn. 1 ff., insbes. Rn. 32 ff.; Bürgers, BKR 2004, 424; Hopt, Insider-und Ad-hoc-Publizitätsprobleme, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 107, S. 1005 ff.; Schacht, Das Insiderhandelsverbot bei öffentlichen Übernahmen. Der am 20.07.2005 erlassene Emittentenleitfaden der BaFin beinhaltet praxisbezogene Erläuterungen zu dem Verbot des Insiderhandels und zu Marktmanipulationen sowie zur Führung von Insiderverzeichnissen. Der Leitfaden beschäftigt sich beispielsweise mit dem Umgang von Insiderinformationen bei Unternehmenskäufen oder Paketerwerbern. Zudem enthält die Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung (WpAIV) vom 13.12.2004 nähere Vorgaben bezüglich des Inhalts und Verfahrens bei Veröffentlichung von Insiderinformationen nach § 15 WpHG, bei Geschäften nach § 15a WpHG sowie beim Führen von Insiderverzeichnissen nach § 15b WpHG, abrufbar unter http://www.bundesrecht.juris.de/.

B. Verbot der Marktmanipulation

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B. Verbot der Marktmanipulation Marktmanipulationen könnte ebenfalls mit der Gewinnabschöpfung begegnet werden, um die Anreize für eine solche Tätigkeit zu verringern bzw. gänzlich auszuschließen. Die Rechtssysteme in den USA (I.) und in Deutschland (II.) sollen im Überblick dargestellt werden. Das Verbot des Insiderhandels ist insbesondere im US-amerikanischen Recht in den Kontext des Verbots der Marktmanipulation einzuordnen.

I. Verbot der Marktmanipulation im US-amerikanischen Recht Das US-amerikanische Recht liefert weder im SA noch im SEA eine Legaldefinition für den Begriff der Marktmanipulation.143 Es existieren aber einige wesentliche Vorschriften, die das Verbot der Marktmanipulation inhaltlich regeln: § 17(a) SA144, § 9 SEA145, § 10(b) SEA146, § 12(2) SA147, und § 15(c) SEA148. Diese Vorschriften stufen Marktmanipulation als irreführendes Vorgehen (fraud) ein.149 Marktmanipulation kann in verschiedenen Formen erfolgen. Dennoch gibt es eine Reihe charakteristischer Kriterien, die in vielen Fällen vorzufinden sind. Beispielsweise die Eindämmung der freien Handelbarkeit und Zugänglichkeit der Wertpapiere an der Börse (1), die führende Position des Marktmanipulators bezüglich des Wertpapierpreises (2), Dominanz und Kontrolle des Marktes des entsprechenden Wert143

Eichelberger, Das Verbot der Marktmanipulation, S. 11. Nach § 17(a) SA 1933 sind betrügerische Machenschaften und falsche oder unvollständige und somit irreführende Erklärungen beim Angebot oder dem Verkauf von Wertpapieren im zwischenstaatlichen Handel verboten. 145 Mit § 9 SEA hat der Kongress eine Serie spezifischer Manipulationspraktiken sanktioniert, sofern sie – zumindest im Rahmen der § 9(a) SEA 1934 – im Zusammenhang mit dem Handel von börsennotierten Wertpapieren stehen. 146 Siehe zu § 10(b) SEA 1934 Hazen, Securities Regulation, S. 703; Loss/Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, S. 904 (936); Steinberg, Securities Law, S. 181; Waschkeit, Marktmanipulation, S. 111. Näheres zu den Haftungsvoraussetzungen nach § 10(b) SEA 1934 unter Kapitel 2, A.II.2., S. 60 ff., sowie zu den Rechtsfolgen unter Kapitel 3, A.I.2.b)aa)(2), S. 135 ff. 147 § 12(2) SA enthält einen ausdrücklichen Haftungstatbestand für Prospekte und mündliche Erklärungen, die erforderlich oder aber notwendig sind, um Irreführungen zu vermeiden, sofern diese Falschangaben oder Auslassungen beinhalten. 148 § 15(c)(1) SEA 1934 enthält ein Verbot für Broker-Dealer, in betrügerischen Praktiken und Vorhaben verwickelt zu werden und findet auf alle Broker-Dealer Anwendung. Diese Norm unterstreicht die Illegalität des Missbrauchs von Geldern und Papieren der Kunden, vgl. Hazen, Securities Regulation, S. 462. 149 Osterloh, Directors’ Dealings, S. 235; Wang/Steinberg, Insider Trading, S. 711–732. 144

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

papiers (3) und zuletzt ein Marktzusammenbruch bezogen auf das entsprechende Wertpapier, bei dem Marktmanipulation stattgefunden hat (4).150 Auf eine detailliertere Darstellung der Normen soll aufgrund der Komplexität und Vielfalt des US-amerikanischen Normensystems zur Marktmanipulation verzichtet werden.151 In späteren Ausführungen wird allein noch einmal auf die bereits erwähnte sog. „catch-all“-Vorschrift § 10(b) SEA i. V. m. Rule 10b-5 Bezug genommen.152 Es genügt im Ergebnis festzuhalten, dass in den USA ein umfangreiches Regelungsnetz zur Marktmanipulation existiert, welches auch eine erhebliche Praxisrelevanz hat.

II. Verbot der Marktmanipulation im deutschen Recht, § 20a WpHG 1. Regelungszweck und Erscheinungsformen Im Rahmen des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes wurde der bis dahin bedeutungslose153 § 88 BörsG a. F. durch § 20a WpHG ersetzt. Unter Marktmanipulationen sind all jene Praktiken zu verstehen, die einen Preis herbeiführen, der nicht demjenigen entspricht, der bei einem unbewussten Spiel der Marktkräfte (Angebot und Nachfrage) zustande gekommen wäre (sog. artificial price).154 § 20a Abs. 1 WpHG: Es ist verboten, 1. unrichtige oder irreführende Angaben über Umstände zu machen, die für die Bewertung eines Finanzinstruments erheblich sind, oder solche Umstände (. . .) zu verschweigen, (. . .) 2. Geschäfte vorzunehmen (. . .), die geeignet sind, falsche oder irreführende Signale für das Angebot, die Nachfrage oder den Börsen- oder Marktpreis von Finanzinstrumenten zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen oder 150

Hazen, Securities Regulation, S. 457. Grundlegend hierzu Lenzen, Unerlaubte Eingriffe auf die Börsenkursbildung, S. 61 ff. m. w. Nachw. 152 Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 20a Rn. 23; vgl. hierzu Kapitel 3, A.I.2.b)aa)(2), S. 135 ff. 153 Eine rechtskräftige Verurteilung wegen Börsen- oder Marktpreismanipulation auf der Grundlage dieser Norm wurde nicht ausgesprochen, „was wohl nicht alleine der Redlichkeit der Kapitalmarktteilnehmer zuzuschreiben ist“, vgl. Schwark, in: Schwark, Kapitalmarktrechtskommentar, § 20a, Rn. 1; siehe auch Reifschneider, Informationeller Anlegerschutz, S. 134; Rössner, AG-Report, 2003, 17; Vogel, in: Assmann/Schneider, Wertpapierhandelsgesetz, Vor § 20a Rn. 3. 154 Eichelberger, Das Verbot der Marktmanipulation, S. 12; zur Entwicklung des Marktmanipulationsverbots Benner, in: Wabnitz/Janovsky, Handbuch des Wirtschaftsstrafrechts, S. 579 ff. 151

B. Verbot der Marktmanipulation

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3. sonstige Täuschungshandlungen vorzunehmen, die geeignet sind, auf den inländischen Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstruments (. . .) einzuwirken.

Der Begriff der Marktmanipulation lässt sich als bewusster, gezielter Eingriff oder absichtliche Verfälschung, als undurchschaubares, geschicktes Vorgehen, mit dem sich jemand einen Vorteil verschafft oder schlicht als Beeinflussung umschreiben.155 Ebenso wie die Insiderhandelsverbote und die zugehörigen Normen soll das Verbot der Marktmanipulation das Vertrauen der Anleger in die Fairness und Effektivität des Kapitalmarktes sowie in die Preisbildung stärken.156 Damit dient § 20a WpHG dem Schutz der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung.157 Bei einer Klassifizierung der Erscheinungsformen einer Marktmanipulation ist zwischen der Mechanik und den ökonomischen Auswirkungen zu unterscheiden.158 Daher kristallisieren sich drei weitgefasste Gruppen heraus: die informationsabhängigen Marktmanipulationen, die Manipulationen, die auf künstlichen Transaktionen beruhen, und die Preismanipulationen.159 Alle drei Tatbestände des § 20a Abs. 1 WpHG sind sehr abstrakt gefasst. Die Marktmanipulation durch das Verschweigen oder das Machen von Angaben, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG, durch Geschäfte oder Aufträge, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WpHG, oder durch sonstige Täuschungshandlungen, § 20a Abs. 1. S. 1 Nr. 3 WpHG, ist danach untersagt. Die Abstraktheit der Tatbestände ist einerseits vorteilhaft, da auch neuartige Manipulationstechniken unter den Wortlaut des Gesetzes subsumiert werden können. Andererseits werden Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit der Norm geäußert.160 Die detaillierten Voraussetzungen einer Marktpreismanipulation werden unterschiedlich beurteilt. Besonders weitgehend ist die Ansicht, wonach ein Preis bereits dann als falsch anzusehen ist, wenn dieser nicht den Unterneh155

Eichelberger, Das Verbot der Marktmanipulation, S. 11. Begr. RegE Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucks. 14/8017, S. 90; Moloney, EC Securities Regulation, S. 928 f. 157 Kümpel/Veil, Wertpapierhandelsgesetz, S. 126; Schwark, in: Schwark, Kapitalmarktrechtskommentar, § 20a Rn. 5; Vogel, in: Assmann/Schneider, Wertpapierhandelsgesetz, § 20a Rn. 26. 158 Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 497. 159 § 3 Abs. 5 WpÜG enthält ein Verbot der Schaffung von Marktverzerrungen. Dieses Verbot stellt eine besondere Ausprägung des allgemeinen kapitalmarktrechtlichen Verbots von Marktmanipulation und -verzerrungen dar, Hopt, ZGR 166 (2002), 383 (400); Assmann, ZGR 2002, 697 (721 f.); Waschkeit, Marktmanipulation, S. 319. 160 Kümpel/Veil, Wertpapierhandelsgesetz, S. 128. Durch die Verordnung zur Konkretisierung des Verbots der Marktmanipulation, Marktmanipulations- Konkretisierungsverordnung (MaKonV) vom 1. März 2005 (BGBl. I S. 515), erfährt das Verbot der Kurs-und Marktpreismanipulation weitere Konkretisierung. 156

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

menswert widerspiegelt.161 Nach der engen Auslegung ist Kurspreismanipulation die Verwendung von auf Täuschung des Effektenpublikums angelegten Mitteln, um die Kursentwicklung in bestimmter Richtung zu beeinflussen.162 Dazwischen liegt die Definition, die eine Marktpreismanipulation in der gezielten Einflussnahme auf den Preis eines Vermögensgegenstandes, also für die Herbeiführung eines künstlichen Preisniveaus sieht.163 2. Abgrenzung § 20a WpHG und § 14 WpHG Zunächst ist klarzustellen, dass die Einbeziehung von Insidergeschäften in die Unternehmenspolitik oder die Veröffentlichung von Fehlinformationen die erfolgreichste und mächtigste Form der Marktmanipulation darstellt. Die objektiven Merkmale von Insidergeschäften und Marktmanipulationen sind identisch: In beiden Fällen soll ein Gewinn erwirtschaftet werden, der bei rechtmäßigem Verhalten nicht zur Verfügung stehen oder zumindest nicht dieselbe Höhe erreichen würde.164 Auch auf Täterseite ergeben sich einige Gemeinsamkeiten, so dass zumeist dieselben Personengruppen vorzufinden sind: Insider, Broker und Wertpapieranalysten.165 Ein wesentlicher Unterschied zwischen Marktmanipulation und Insiderhandel besteht in der Tatsache, dass der Insider durch den Insiderhandel die am Kapitalmarkt nachteilige Situation nicht selbst herbeiführt, sondern eine bereits bestehende Informationsasymmetrie lediglich ausnutzt.166 Die Insiderinformation selbst hat nur den üblichen, mit jeder Transaktion verbundenen Einfluss auf den Wertpapierpreis. Daher liegt der Schwerpunkt des Vorwurfes nicht in der Preisbeeinflussung, sondern in dem gewinnbringenden Ausnutzen eines Informationsvorsprunges.167 Zwischen dem Insiderhandelsverbot und dem Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation ist nach überwiegender Ansicht ein Exklusivitätsverhältnis anzunehmen.168 In Deutschland werden Insiderhandel und Markt161

Watter, SZW 1990, 193 (194). Hopt, Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, S. 491. 163 Eichelberger, Verbot der Marktmanipulation, S. 12 m. w. Nachw.; Lenzen, Unerlaubte Eingriffe in die Börsenkursbildung, S. 3. 164 Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 96. 165 Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 96. 166 Eichelberger, Verbot der Marktmanipulation, S. 16. 167 Eichelberger, Verbot der Marktmanipulation, S. 16. 168 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 201: ein Exklusivitätsverhältnis nimmt ebenfalls ausnahmslos an Ziouvas, ZGR 2003, 113 (130); anders Eichelberger, Verbot der Marktmanipulation, S. 16; Lenzen, Unerlaubte Eingriffe in die Börsenkursbildung, S. 4, die Verhaltensweisen für denkbar halten, die sowohl als Manipulation als auch als Insiderhandel qualifiziert werden können. 162

C. Melde- und Veröffentlichungspflichten

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manipulation folglich von unterschiedlichen Normen erfasst. Die USA hingegen sehen in beiden Verhaltensweisen einen Fall von Rule 10b-5169. 3. Abgrenzung § 20a WpHG und §§ 15, 15a WpHG Der Anwendungsbereich von § 20a WpHG ist grundsätzlich auch bei Pflichtverletzungen im Rahmen der Directors’ Dealings eröffnet – auf letztere ist noch einmal zurückzukommen. Aufgrund ihrer Indikatorwirkung sind Directors’ Dealings grundsätzlich dazu geeignet, auf den Preis eines Finanzinstruments einzuwirken. So können sich erhebliche Abgrenzungsprobleme zu Markmanipulationen in Gestalt des Verschweigens von Umständen ergeben, § 20a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Alt. WpHG. Hier sei auf weiterführende Literatur verwiesen.170

C. Melde- und Veröffentlichungspflichten Im deutschen sowie im US-amerikanischen Kapitalmarktrecht besteht eine Reihe von Informationspflichten, denen der Emittent und dessen Führungspersonen nachkommen müssen, um dem Anleger eine adäquate Anlageentscheidung zu ermöglichen und um die Transparenz und Effektivität des Kapitalmarktes zu stärken. Das Kapitalmarktrecht birgt eine Offenlegungsphilosophie, die in allen Regelungsgebieten vorzufinden ist und die Informationspflichten als einen gegenüber dem Verbotstatbestand milderen Eingriff vorsehen.171 Beispielhaft sind die Publizitätspflichten der allgemeinen Börsenteilnahme, der Zwischenberichts-, der Beteiligungs-, der Übernahme- und der Ad-hoc-Publizität zu nennen.172 In diesen Fällen sind der Pflichtenumfang und die Art der Pflichterfüllung durch bestimmte Publizitätsdokumente festgeschrieben. Die Informationstatbestände entfalten also eine haftungssteuernde und -begrenzende Wirkung.173 Daraus lässt sich schlussfolgern, dass es bei fehlender positiv normierter Publizitätspflicht 169 Näheres zu § 10(b) SEA i. V. m. Rule 10b-5 unter Kapitel 3, A.I.2.b)aa)(2), S. 135 ff. 170 Die in dieser Tatvariante der Marktmanipulation erforderliche Offenbarungspflicht kann sich insbesondere aus kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtlichen Publizitätspflichten ergeben, vgl. hierzu und insbesondere zu dem Problem der Veröffentlichungspflicht bei mehrstufigen Entscheidungsprozessen: Schwark, in: Schwark, Kapitalmarktrechtskommentar, § 20a WpHG, Rn. 19 f.; Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a Rn. 98 ff. 171 Zum Informationsmodell, Merkt, zfbf Sonderheft 2006, S. 24 ff.; Fleischer, NZG 2006, 561. 172 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 221. 173 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 221.

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

auch keinen speziellen kapitalmarktrechtlichen Haftungstatbestand geben sollte.174 Pflichtverstöße in Gestalt von unterlassenen oder unvollständigen Mitteilungen und Veröffentlichungen sind mögliche tatbestandliche Anknüpfungspunkte, denen auf der Rechtsfolgenseite mit der Sanktionsform der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung begegnet werden kann. Es werden zunächst die Ad-hoc-Publizitätspflicht (I.) und sodann die Meldepflichten bei Directors’ Dealings (II.) dargestellt.

I. Ad-hoc-Publizitätspflicht 1. US-amerikanisches Recht Seit dem Jahre 2002 enthält § 13(a) (l) SEA eine generelle Pflicht des Emittenten zur Veröffentlichung kurserheblicher Tatsachen. Diese Publizitätspflicht entspricht im Wesentlichen den bis zu diesem Zeitpunkt durch die jeweiligen Börsenordnungen geforderten Ad-hoc-Publizitätspflichten.175 Nach § 13(a) SEA sind Gesellschaften zu einer quartalsweisen und jährlichen Berichterstattung und zur Meldung von außerordentlichen Ereignissen verpflichtet.176 Darüber hinaus bestehen für den Insider Veröffentlichungspflichten bezüglich kursrelevanter Informationen in allen Fällen, in denen der Insider eine Transaktion vornehmen möchte (sog. Disclose-or-abstain-Rule)177, in 174

Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 222. Beispielsweise Kapitel 2 des Regelwerks der NYSE (Listed Company Manual), Regelwerk der American Stock Exchange (AMEX), New York Stock Exchange Manual, §§ 202.01–202.06, 3 Fed. L. Rep. (CCH) ¶ 23,513; vgl. dazu auch König, Verbot von Insiderhandel, S. 71. 176 § 13 SEA: (a) Every issuer of a security registered pursuant to section 12 of this title shall file with the Commission, in accordance with such rules and regulations as the Commission may prescribe as necessary or appropriate for the proper protection of investors and to insure fair dealing in the security (1) such information and documents (and such copies thereof) as the Commission shall require to keep reasonably current the information and documents required to be included in or filed with an application or registration statement filed pursuant to section 12 (. . .) (l) Each issuer reporting under section 13(a) (. . .) shall disclose to the public on a rapid and current basis such additional information concerning material changes in the financial condition or operations of the issuer (. . .), which may include trend and qualitative information and graphic presentations, as the Commission determines, by rule, is necessary or useful for the protection of investors and in the public interest. 177 SEC v. Texas Gulf Sulphur Co., 401 F.2d 833 (847 f.) (1968); Eichelberger, Verbot der Marktmanipulation, S. 25 f.; Tippach, Insider-Handelsverbot, S. 28 f.; vgl. zur Disclose-or-abstain-Rule Kapitel 2, A.II.2.a), S. 63 ff. 175

C. Melde- und Veröffentlichungspflichten

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denen eine Rule der SEC eine Mitteilungspflicht vorschreibt oder in denen eine vorherige Mitteilung unrichtig, unvollständig oder irreführend war.178 2. Deutsches Recht, § 15 WpHG Mit dem Verbot des Insiderhandels nach § 14 WpHG korrespondiert die sog. Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 1 WpHG. § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG Ein Inlandsemittent von Finanzinstrumenten muss Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich veröffentlichen. (. . .)

Diese anlassbezogene Ad-hoc-Publizitätspflicht des Emittenten stellt eine Ergänzung der sog. laufenden Publizität in Form der jährlichen aktienrechtlichen Rechnungslegung und der obligatorischen Zwischenberichterstattung (sog. Regelpublizität) dar.179 Die kurzfristige Veröffentlichung kursrelevanter Sachverhalte als kapitalmarktrechtliche Pflicht wird im Rahmen der Eindämmung verbotenen Insiderhandelns relevant.180 § 15 WpHG stellt eine Präventivmaßnahme gegen den Missbrauch von Insiderinformationen dar.181 Daneben kommt der Ad-hoc-Publizitätspflicht auch eine funktionale Bedeutung für die korrekte Preisbildung am Markt zu und sichert auf diese Weise die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes.182 Durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz wurden zwei Korrektive in Gestalt der Merkmale der Publizitätspflichten für den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 S. 1 WpHG eingeführt. Das erste Korrektiv fordert, dass die mitteilungspflichtige Tatsache im Tätigkeitsbereich des Emittenten eingetreten ist, sog. Unmittelbarkeitskriterium.183 178 Feldhaus, Kursbeeinflussung, S. 135–140; Osterloh, Directors’ Dealings, S. 220. 179 BT-Drucksache 10/4296, S. 16; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 16.212. Infolge des Transparenzrichtlinien-Umsetzungsgesetzes (TUG) werden von börsennotierten Emittenten neben Jahres- und Halbjahresfinanzberichten auch vierteljährliche Zwischenmitteilungen der Geschäftsführung verlangt: vgl. §§ 37v, w, x WpHG i. d. F. des RegE TUG v. 28. Juni 2006. 180 Hopt, Insider- und Ad-hoc-Publizitätsprobleme, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band II, § 107, Rn. 78; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 16.217. 181 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 287. 182 Hopt, Insider- und Ad-hoc-Publizitätsprobleme, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band II, § 107, Rn. 79. 183 So sind nach § 15 WpHG („Insiderinformationen, die den Emittenten unmittelbar betreffen“) nur solche Tatsachen zu veröffentlichen, die einen Emittentenbezug haben, reine Marktdaten werden also nicht erfasst. Nach § 14 WpHG ist das gerade nicht notwendig, vgl. Hopt, Insider- und Ad-hoc-Publizitätsprobleme, in:

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

§ 15 Abs. 1 S. 2 WpHG: Eine Insiderinformation betrifft den Emittenten insbesondere dann unmittelbar, wenn sie sich auf Umstände bezieht, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind. (. . .)

Zudem müssen die Tatsachen Auswirkungen auf die Vermögens- oder Finanzlage oder auf den allgemeinen Geschäftsverlauf des Emittenten haben.184

II. Veröffentlichungspflichten bei Directors’ Dealings Im Folgenden werden die Veröffentlichungspflichten nach US-amerikanischem und deutschem Recht bei Directors’ Dealings dargestellt. Hierbei wird auf die Analyse des Regelungszwecks und der Effektivität der entsprechenden Vorschriften besonderes Gewicht gelegt, da eine Gewinnabschöpfung de lege ferenda insbesondere auf der Rechtsfolgenseite von § 15a WpHG in Betracht kommt. Die Rechtsfolgen einer Norm orientieren sich maßgeblich an deren Regelungszweck. 1. US-amerikanisches Recht, § 16(a) SEA Die Transaktionen von Führungspersonen werden im US-amerikanischen Rechtsraum zumeist als Directors’ Dealings bezeichnet. Nach § 16(a) SEA muss ein Insider (officer, director oder Großaktionär mit mindestens 10% der Anlagetitel des Emittenten) die Geschäfte (Verkauf und Kauf) der Aktien des eigenen Emittenten veröffentlichen.185 § 16(a) SEA soll einer allzu verbreiteten Ausnutzung von Informationsvorsprüngen der Insider Einhalt gebieten. Es fällt oft schwer, zwischen wirklichen Insiderinformationen – sog. material information – und unterhalb der Relevanzgrenze liegenden Informationen – sog. sub-material information – zu differenzieren. Daher besteht bereits aufgrund der Stellung der Führungspersonen eine Meldepflicht für Transaktionen, unabhängig davon, ob die Führungspersonen nun tatsächlich über Insiderinformationen verfügten oder ob den Transaktionen nur sog. sub-material Informationen zugrunde lagen. „Because it is difficult to draw a clear line as a matter of law between truly insider information and information generally known by the better informed invesSchimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band II, § 107, Rn. 82; Ziemons, NZG 2004, 537 (541). 184 Vgl. Hopt, Insider- und Ad-hoc-Publizitätsprobleme, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band II, § 107, Rn. 85; Ziemons, NZG 2004, 537 (541). 185 Siehe zum genauen Wortlaut des Gesetzestextes die abgedruckten Normen im Materialanhang.

C. Melde- und Veröffentlichungspflichten

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tors, the most potent weapon against the abuse of inside information is full and prompt publicity.“186

Zu veröffentlichen sind gegenüber der SEC spätestens am zweiten Tag nach Vornahme der Transaktion187 sowohl der Besitz der Wertpapiere des eigenen Emittenten sowie Veränderungen im Bestand und der Inhaberschaft von Finanzierungstiteln als auch getätigte Transaktionen des Insiders.188 Die Kommission kann die Rechtsdurchsetzung im Rahmen von § 16(a) SEA erzwingen.189 2. Deutsches Recht, § 15a WpHG a) Regelungsinhalt § 15a Abs. 1 WpHG normiert eine Mitteilungspflicht der Organmitglieder und anderer mit Führungsaufgaben betrauter Personen sowie derer Angehöriger190 gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)191 sowie gegenüber dem Emittenten hinsichtlich eigener Geschäfte mit Aktien192 des Emittenten, bei dem sie angestellt sind.193 Die Meldefrist 186 Report des House of Representatives zu § 16(a) SEA: H.R.Rep. No 1381, 73d Cong., 2d Sess. 13 (1934). 187 In Jahr 2002 wurde der Sarbanes Oxley Act eingeführt, der die Mitteilungsfrist auf zwei Tage nach Vornahme der Transaktion verkürzte. Nach der alten Fassung war eine Mitteilungspflicht innerhalb von zehn Tagen nach Ablauf des Monats, in welchem die Transaktion durchgeführt wurde, vorgesehen. 188 Vgl. hierzu näher Bloomenthal, Securities Law Handbook, Volume 1, S. 892; Hazen, Securities Regulation, S. 564 f.; Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1276); Sonderquist/Gabaldon, Securities Law, S. 172. 189 Bloomenthal, Securities Law Handbook, 1. Band, S. 906. 190 Eine mögliche Verfassungswidrigkeit der weiten Erstreckung auf Angehörige wird thematisiert. Entsprechend dem amerikanischen Vorbild, § 16(a) SEA, und in Anlehnung an § 138 InsO besteht in § 15a Abs. 3 S. 1 WpHG daher die Voraussetzung einer Hausgemeinschaft mit den Angehörigen. 191 Durch das TUG wurden die Pflichten der Unternehmen auch im Zusammenhang mit Directors’ Dealings verschärft. Neben der Übersendung und Veröffentlichung an die BaFin ist eine Übermittlung an das Unternehmensregister gemäß § 8b HGB erforderlich. 192 Bei der Auslegung von § 15a WpHG nach dem Wortlaut fällt auf, dass sich § 15a WpHG nur auf die Zulassung von Aktien zum Handel an einem organisierten Markt bezieht und nicht allgemein Wertpapiere miteinschließt. Schuldverschreibungen und Genussscheine sind danach nicht erfasst. Dies widerspricht Art. 6 Abs. 4 der Marktmissbrauchsrichtlinie, der alle Gesellschaften erfasst, die eine Börsenzulassung besitzen, und keine Beschränkung auf Aktien vornimmt, siehe Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht 1. Auflage, S. 88, 3. Auflage Rn. 369; Erkens, Der Konzern 2005, 29 (35); Letzel, BKR 2002, 862 (866); Ziemons, NZG 2004, 537 (537); andere ziehen Art. 6 Abs. 1 der Durchführungsrichtlinie zur Marktmissbrauchsrichtlinie heran,

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

nach § 15a WpHG beträgt fünf Werktage, wobei nach allgemeiner Meinung der Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts entscheidend ist.194 § 15a S. 1 WpHG Personen, die bei einem Emittenten von Aktien Führungsaufgaben wahrnehmen, haben eigene Geschäfte mit Aktien des Emittenten (. . .) dem Emittenten und der Bundesanstalt innerhalb von fünf Werktagen mitzuteilen.

Eine genauere Beschreibung der Personen mit Führungsaufgaben findet sich in § 15a Abs. 2 WpHG.195 § 15a WpHG wird als ein Prototyp der Organpublizität im Sekundärmarkt bezeichnet.196 Grundsätzlich soll den „normalen“ Anlegern eine Teilhabe an den Informationsvorsprüngen der Organmitglieder gewährt werden. Viele Anleger durchleuchten die Meldungen über Wertpapiergeschäfte von Unternehmensinsidern nach Hinweisen, wie Mitglieder des Managements die Zukunftsperspektiven von Unternehmen tatsächlich einschätzen.197 der den Anwendungsbereich der Mitteilungspflicht auf Geschäfte in börsenzugelassene Aktien einschränkt; so noch Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG 4. Auflage, § 15a Rn. 21; nunmehr alle Aktiengattungen einbeziehend: Sethe, in: Assmann/ Schneider, WpHG, 5. Auflage, § 15a Rn. 65; zum sachlichen Anwendungsbereich des § 15a WpHG vor dem Finanzmarktförderungsgesetz auch Schneider, BB 2002, 1817. 193 Die Vorschrift wurde durch das Vierte Finanzmarktförderungsgesetz von 21. Juni 2000 (BGBl. 1/2000, S. 2010) eingeführt, näher von Buttlar, BB 2003, 2133 ff., und durch das Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (AnSVB; BGBl. 1/2004, S. 2630) in wesentlichen Teilen verändert. Ergänzt wird die Vorschrift durch die Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverordnung (WpAIV) des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. Dezember 2004. Für Unternehmen im Handelssegment Neuer Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse existierte bereits seit dem 1. März 2001 eine vergleichbare Vorschrift; vgl. Rau, Directors Dealings, S. 22, vgl. zu den Zulassungsvoraussetzungen und Folgepflichten Förschle/Helmschrott, Neuer Markt. 194 Hagen-Eck/Wirsch, DB 2007, 504 (507); von Buttlar, BB 2003, S. 2133 (2137); Erkens, Konzern 2005, S. 29. 195 Dem früheren Kritikpunkt, den fehlenden Einbezug der Geschäfte abhängiger Organgesellschaften betreffend (vgl. hierzu Schuster, ZHR 167 (2003), 193 [94]), wurde durch die Gesetzesreform am 19. Juli 2005 sowie durch das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG, BGBl I 2004, 2360) abgeholfen. Darüber hinaus sind auch diejenigen Geschäfte mitteilungspflichtig, die von Unternehmen getätigt werden, bei denen Angehörige der Führungspersonen des Emittenten Kontroll- und Führungspositionen wahrnehmen. 196 Fleischer, NZG 2006, 561 (564). 197 Vgl. auch Büche, Pflicht zur Ad-hoc-Publizität, S. 31. Eine vom Regelungszweck gleichgelagerte Norm besteht in § 27 Abs. 1 Nr. 4 WpÜG. Danach müssen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der Zielgesellschaft mitteilen, ob sie beabsichtigen, das Angebot des Bieters bei Unternehmensübernahmen anzunehmen. Für Aktionäre der Zielgesellschaft ist das eine wertvolle Information, weil die Organmitglieder in der Regel über einen Wissensvorsprung hinsichtlich der Zielgesell-

C. Melde- und Veröffentlichungspflichten

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Gesetzessystematisch ist § 15a WpHG bei den Insidertatbeständen zu verorten. Die Verwendung von Insiderinformationen durch Organmitglieder wird im Falle eines vorzeitigen Verkaufs offen gelegt.198 Die Veröffentlichungspflichten sind geschaffen worden, da den Transaktionen und Geschäften der Führungspersonen mit Aktien ihres Emittenten der „Anschein eines Insiderwissens immanent ist“199. b) Internationaler Vergleich Im internationalen Vergleich ist die Transparenz bei Directors’ Dealings zum Standard geworden.200 In der Begründung zum Regierungsentwurf des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes nennt der Gesetzgeber verschiedene ausländische, inhaltlich vergleichbare Vorschriften, denen eine Vorbildfunktion hinsichtlich der Schaffung des § 15a WpHG zukam. Unter anderem wurden § 16(a) SEA in den USA und Vorschriften in den Niederlanden sowie in Italien zitiert.201 Auch in Österreich wurde zum 1. Mai 2002 mit § 91a BörsG eine Transaktionsmeldepflicht neu eingeführt.202 Ebenso kennt die Schweiz im Bereich Corporate Governance Regeln über die Offenlegung von Management-Transaktionen. Diese Regelungen wurden von der Zulassungsstelle der SWX Swiss Exchange am 20. Oktober 2003 verabschiedet.203 In Großbritannien wurden die Mittelungspflichten früher durch Sec. 324 des Companies Act von 1985 (CA 1985) verpflichtend vorgeschrieben. Den Führungspersonen drohten bei einem Verstoß gegen die Meldepflicht bei Eigengeschäften nach Sec. 324 Companies Act (CA) 1985 bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe und bzw. oder eine Geldstrafe, Sec. 324(7) CA 1985. Kapitalmarktrechtliche Bedeutung erlangten diese gesellschaftsrechtlichen schaft verfügen und ihr Transaktionsverhalten daher Rückschlüsse auf die Attraktivität des Angebots und die Glaubwürdigkeit der Stellungnahme zulässt. Damit stehen hinter § 27 Abs. 1 Nr. 4 WpÜG ähnliche Indikatorerwägungen wie hinter § 15a WpHG, vgl. Fleischer, NZG 2006, 561 (565 f.); Hirte, in: Hirte/Bülow, KölnerKomm WpÜG, § 27 Rn. 45; Krause/Pötsch in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 27, Rn. 83. 198 Begr. RegE Viertes Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Drucksache 14/8017, S. 87; noch zur alten Fassung des § 15a Abs. 1 WpHG: Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 923, (937). 199 BT-Drucksache 14/8017, S. 87. 200 Vgl. auch Uwe H. Schneider, BB 2002, 1817 (1817). 201 BT-Drucksache 14/8017, S. 88. 202 Vgl. Zimmer, in: Schwark, Kapitalmarktrechtskommentar, § 15a WpHG, Rn. 2. 203 Art. 74a und Ergänzung von Art. 81 vgl. Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht, S. 863.

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

Vorschriften über § 329 CA 1985, der eine Meldepflicht der entsprechenden Gesellschaft gegenüber der jeweiligen Börse vorschrieb. Mit Erlass des CA 2000 wurden die §§ 323–329 CA 1985 aufgrund der Regelung in § 1177 CA 2006 aufgehoben.204 Die Directors’ Dealings werden heute allein vom Financial Services and Markets Act (FSMA) 2000 erfasst. § 73A(3) FSMA 2000 ermächtigt die Financial Services Authority (FSA), bestimmte Offenlegungsverpflichtungen in sog. Rules zu regeln.205 Nach § 96A(1)(f) FSMA sind auch die Mitteilungspflichten bei Directors’ Dealings von diesen Rules erfasst. Die FSA hat ein Handbook zu den sog. Rules herausgegeben, die die Offenlegungsverpflichtungen bei Directors’ Dealings in DTR 3.1.2 enthalten.206 Nach der geänderten Rechtslage obliegt es allein dem Emittenten, die Einhaltung seiner Offenlegungspflichten sicher zu stellen.207 c) Verhältnis des § 15a WpHG zu anderen Vorschriften Näherer Untersuchung bedarf das Verhältnis der kapitalmarktrechtlichen Publizitäts- und Verhaltenspflichten zueinander, um materiellrechtliche Verhaltenspflichten zu konkretisieren, an die die Gewinnabschöpfung anknüpfen könnte.208 Zudem kann auf diese Weise ein tieferes Verständnis von § 15a WpHG gewonnen werden. aa) § 15a WpHG und § 15 WpHG Die Ad-hoc-Publizitätspflicht besteht grundsätzlich neben den Publizitätspflichten im Rahmen der Directors’ Dealings nach § 15a WpHG.209 Nahezu einhelliger Meinung entspricht die Annahme, dass Erwerbs- und Veräußerungsvorgänge im Sinne des § 15a WpHG keine nach § 15 WpHG zu veröffentlichenden Tatsachen darstellen.210 Die nach § 15a WpHG veröffent204

Siehe auch Osterloh, Directors’ Dealings, S. 119 ff. m. w. Nachw. Vgl. UK Listing Authority’s Model Code on Directors’ Dealings in: The Financial Services Authority Listing Rules Chapter 16, abrufbar unter: www.fsa.ov. uk/pubs/ukla/chap16_3.pdf. 206 FSA Handbook of Rules and Guidance, DTR 3.1.2, abrufbar unter: http://fsa handbook.info/FSA/html/handbook/DTR; genauer zum Verhältnis von §§ 324–328 CA 1985 und den Regelungen über die Disclosure Rules Osterloh, Directors’ Dealings, S. 128 ff. 207 Vgl. die Ausführungen bei Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, S. 920 f.; siehe noch zur alten Rechtslage unter dem CA 1985 Osterloh, Directors’ Dealings, S. 260. 208 Siehe zum Verhältnis des § 15a WpHG zu dem gesellschaftsrechtlichen Auskunftsanspruch aus § 131 AktG Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (204). 209 Sethe, in: Assmann/Schneider, § 15a WpHG, Rn. 146. 210 Wastl, NZG 2005, 17 (18). 205

C. Melde- und Veröffentlichungspflichten

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lichungspflichtigen Transaktionen haben in der Regel keine Auswirkungen auf die Vermögens- und Finanzlage des Emittenten und sind grundsätzlich nicht im Tätigkeitsbereich des Emittenten eingetreten. Es handelt sich hierbei gerade nicht um Transaktionen auf der Grundlage von Insiderinformationen, sondern um Transaktionen basierend auf sog. sub-material information, die unterhalb der für die Qualifikation als Insiderinformation relevanten Schwelle liegen. Daher sind Überschneidungen nur in wenigen Fällen denkbar. bb) § 15a WpHG und § 14 WpHG Der Anwendungsbereich der Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei Directors’ Dealings ist kongruent mit demjenigen der Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei tatsächlichem Insiderhandel, wobei letzterer noch darüber hinausgeht. Von § 14 WpHG wird jeder erfasst, der über eine Insiderinformation verfügt, also sowohl Primärinsider als auch Sekundärinsider.211 § 15a WpHG zielt hingegen nur auf einen engen Kreis von Insidern ab: Zum einen sind Personen mit Führungsaufgaben die Organmitglieder im formellen Sinne212, zum anderen sind die Führungskräfte im materiellen Sinne erfasst.213 Dies sind im Unternehmen tätige Personen, die im Innenverhältnis der Gesellschaft die Möglichkeit haben, „eigenverantwortlich strategische Entscheidungen über zukünftige Entwicklungen und Geschäftsperspektiven dieses Emittenten zu treffen“ und die über einen Wissensvorsprung mit direktem oder indirektem Bezug zum Emittenten verfügen.214 Bei Untersuchung des Verhältnisses vom Insiderhandelsverbot nach § 14 WpHG und der Veröffentlichungspflicht nach § 15a WpHG ist zu betonen, dass das Insiderhandelsverbot strukturell an ein Verschulden anknüpft, somit an das Vorliegen von positivem Insiderwissen und der darauf erfolgenden Transaktion(en). Die Meldpflichten bei Directors’ Dealings sollen hingegen „Licht ins Dunkle“ bringen, indem die Insider bei sämtlichen Transaktionen mit Wertpapieren des eigenen Emittenten einer Mitteilungspflicht unterworfen werden. Bei einem Handel mit Wertpapieren des eigenen Emittenten 211 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 2; Näheres zu den Begrifflichkeiten unter Kapitel 1, D.5., S. 43. 212 Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a Rn. 35. 213 Nach der Marktmissbrauchsrichtlinie (RL 2003/6/EG v. 28.1.2003) ist in Art. 6 Abs. 4 ebenfalls eine Definition des Personenkreises vorgesehen, der in den Anwendungsbereich der Offenlegungspflichten bei Directors’ Dealings fällt: Dies sind „Personen, die bei einem Emittenten von Finanzinstrumenten Führungsaufgaben wahrnehmen, sowie gegebenenfalls in enger Beziehung zu ihnen stehende Personen“. 214 Siehe Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a Rn. 35.

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

muss jedoch nicht zwangsläufig ein Insiderhandel vorliegen. Hierfür ist ein Verwenden von positivem Insiderwissen seitens der die Transaktion tätigenden Führungsperson erforderlich. Zudem muss man beachten, dass Insider nicht nur auf der Grundlage von Insiderinformationen zur Erwirtschaftung unrechtmäßiger Vorteile Geschäfte tätigen, sondern darüber hinaus auch andere Ziele verfolgen, wie beispielsweise die Lösung von Liquiditätsproblemen. Dennoch ist den Directors’ Dealings zumindest der Verdacht eines Insiderhandels immanent, was auch die gesetzlich vorgeschriebene Veröffentlichungspflicht legitimiert. Festzuhalten bleibt, dass die Informationen, die Directors’s Dealings zugrunde liegen, folglich nicht das Ausmaß einer Insiderinformation erreichen und mit geringeren Auswirkungen auf den Börsenkurs verbunden sind.215 Das Verhältnis der Vorschriften lässt sich anhand eines Praxisfalles veranschaulichen. Nach einer Meldung der FAZ vom 20. Juni 2007216 standen diverse Führungspersonen des Unternehmens Air Berlin im Verdacht, ihr Insiderwissen genutzt und kurz vor dem Erwerb des Konkurrenten DBA Air Berlin-Aktien für 1,5 Millionen EUR gekauft zu haben. Danach war der Kurs gestiegen. Die Aktien waren mit rund 20 EUR doppelt so viel wert wie zum Zeitpunkt des Kaufs. Die Aktien wurden bereits kurz nach Abschluss einer Geheimhaltungsvereinbarung über den Beginn von Übernahmeverhandlungen erworben und noch ehe eine Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht worden ist. Die Anleger reagierten auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft mit einem sich in Aktienverkäufen niederschlagenden Vertrauensverlust. Binnen Minuten sank der Air Berlin-Kurs um bis zu 5 Prozent. Auch wenn die Insider ihre Transaktionen entsprechend der Veröffentlichungspflicht nach § 15a WpHG der BaFin gemeldet haben, kann dennoch ein Insiderhandel gegeben sein, sofern nachgewiesen werden kann, dass die betreffenden Personen tatsächlich mit Insiderwissen gehandelt haben. Der Fall zeigt, dass zwischen Insiderhandel und den Directors’ Dealings ein Zusammenhang besteht, jedoch deren jeweiliges Vorliegen unabhängig voneinander und anhand unterschiedlicher Voraussetzungen beurteilt werden muss. Eine Transaktion auf der Grundlage von Vermutungen oder lediglich dem Wissen über Tendenzen in der Unternehmenspolitik, ohne den Grad einer Insiderinformation zu erreichen, ist zwar nicht unter Strafe 215 Im US-amerikanischen Recht wird zwischen sog. material information und den sog. non-material oder sub-material information unterschieden. Als eine material information gilt jede Information, der ein vernünftiger Kapitalmarktteilnehmer eine Bedeutung zusprechen würde, bei der Entscheidung, Aktien zu kaufen oder zu verkaufen, SEC v. Texas Gulf Sulphur Co., 401 F.2d 833 (848 f.) (1968), Basic Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224 (234) (1988). 216 FAZ Nr. 140 S. 11 ff.

C. Melde- und Veröffentlichungspflichten

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gestellt, jedoch werden die Transaktionen von Führungspersonen in Unternehmen aufgrund ihrer speziellen Position und der daraus resultierenden besonderen Beziehung zum Unternehmen als grundsätzlich „verdächtig“ angesehen. Daher greift in diesen Fällen die Meldepflicht nach § 15a WpHG. cc) § 15a WpHG und Deutscher Corporate Governance Kodex Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK), der über § 161 AktG eine gesetzliche Verankerung erfahren hat, empfiehlt in Ziffer 6.6 die Vereinbarung einer dem § 15a WpHG entsprechenden Meldepflicht für die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder gegenüber der Gesellschaft, welche ihrerseits zur Veröffentlichung der Meldungen in einem geeigneten elektronischen Informationssystem oder in einem Börsenberichtsblatt verpflichtet ist.217 Dieser Teil von Nr. 6.6 DCGK unterscheidet sich nicht von dem Regelungsinhalt des § 15a WpHG. Ziffer 6.6 des Kodex hat jedoch in ihrem zweiten Teil einen weiteren Anwendungsbereich als § 15a WpHG, da nicht nur der Erwerb von Aktien oder Wertpapieren, sondern in bestimmten Konstellationen auch deren Besitz anzeigepflichtig ist.218 Danach ist der Aktienbesitz des einzelnen Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieds dann anzugeben, wenn er größer als 1% der von der Gesellschaft ausgegebenen Aktien ist.219 Im Gegenzug handelt es sich bei § 15a WpHG um eine zwingende öffentlich-rechtliche Vorschrift, wohingegen Ziffer 6.6 des Kodex aufgrund der fakultativen Zustimmungserklärung in § 161 AktG als im Kern freiwillige Vorschrift zu qualifizieren ist, von der die Gesellschaft abweichen kann.220

3. Regelungszweck und Effektivität der Veröffentlichungspflichten a) Praktische Relevanz der Mitteilungen aa) Deutschland Seit der Implementierung der Mitteilungspflichten im deutschen WpHG im Juli 2002 sind der BaFin bis Ende 2004 insgesamt 5.770 Transaktionen 217 Ringleb, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex, Rz. 1262; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a, Rn. 154 f.; Letzel, BKR 2002, 862 (863). 218 Letzel, BKR 2002, 862 (863); Sethe, in: Assmann/Schneider, § 15a WpHG, Rn. 155. 219 Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a WpHG, Rn. 155. 220 Letzel, BKR 2002, 862 (863).

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

mitgeteilt worden.221 Während es im Jahr 2006 4.687 gemeldete Geschäfte waren, wurden im Jahr 2007 der BaFin 4.603 Transaktionen gemeldet, wobei eine abfallende Tendenz zu beobachten war, die auf den routinierteren Umgang mit den Meldepflichten zurückgeführt wurde.222 Im Jahr 2008 wurden hingegen wieder in ansteigender Tendenz 4.978 Transaktionen gemeldet.223 Das Gesamtvolumen der Transaktionen belief sich bis Ende 2003 auf ca. 1,7 Milliarden EUR.224 Unter ökonomischen Gesichtspunkten ist die Profitabilität des gemeldeten Insiderhandels schwierig zu beurteilen.225 Unter der Annahme der oben bereits erörterten mittelstrengen Informationseffizienz226 sind Überrenditen durch Eigengeschäfte der Führungspersonen denkbar, da Insider grundsätzlich über nichtöffentliche kursrelevante Informationen verfügen können.227 Bei alleiniger Betrachtung der Verkäufe der Insider weist eine Untersuchung von Jeng/Metrick/Zeckhauser228 Überrenditen in Höhe von über 6% nach. Weitgehend stellen die Untersuchungen zu den gemeldeten Eigengeschäften der Insider aber fest, dass die getätigten Käufe sich als noch profitabler erweisen, als die gemeldeten Verkäufe. Dies mag daran liegen, dass die Verkäufe zumeist nicht auf der Grundlage und durch Ausnutzung nichtöffentlicher kursrelevanter Informationen erfolgen, sondern eher von den Liquiditätsbedürfnissen der Insider getrieben sind.229 Auch nach einer Studie aus dem Jahr 2004230 konnte mit Hilfe einer Analyse der Directors’ Dealings in Deutschland, Italien und den Niederlanden nachgewiesen werden, dass übermäßige Rendite erzielt wird, wenn Aktienkäufe von Unternehmensinsidern in einem nennenswerten Umfang nachgeahmt werden. Bei Aktienverkäufen sind die Ergebnisse weniger eindeutig ausgefallen.231 Dennoch ergeben die Statistiken, dass Eigengeschäfte in der Praxis nicht als Käufe, sondern vermehrt als Verkäufe getätigt werden.232 Ursache hierfür 221

BaFin, Jahresbericht 2004, S. 198. BaFin, Jahresberecht 2007, S. 186. 223 Dies führt die BaFin auf die Einführung der Abgeltungssteuer zum 1.1.2009 und nicht etwa auf einen Verkauf der Führungskräfte in erheblichem Umfang im Rahmen der Finanzmarktkrise zurück, vgl. BaFin, Jahresbericht 2008, S. 167. 224 Osterloh, Directors’ Dealings, S. 41; Rau, Directors’ Dealings, S. 179. 225 Vgl. hierzu umfassend die Analyse von Rau, Directors’ Dealings, S. 71 ff. 226 Siehe hierzu Kapitel 2, A.I.2.a)bb), S. 52 ff. 227 Rau, Directors’ Dealings, S. 51. 228 Jeng/Metrick/Zeckhauser, Review of Economics and Statistics 2003, 453 ff. 229 So auch Rau, Directors’ Dealings, S. 100. 230 Heidorn/Meyer/Pietrowiak, Performance Effekte nach Directors’ Dealings, S. 3, 25. 231 Vgl. Kümpel/Veil, Wertpapierhandelsgesetz, S. 111; Heidorn/Meyer/Pietrowiak, Performance Effekte nach Directors’ Dealings, S. 3, 25. 232 Rau, Directors’ Dealings, S. 219. 222

C. Melde- und Veröffentlichungspflichten

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sind die Vergütungsprogramme der Organmitglieder zumeist in aktienbasierten Entlohnungssystemen. Die Studien von Rau233 ergaben, dass sich die Eigengeschäfte von Insidern besser auswirken als der Gesamtmarkt, wobei der Betrag der kumulierten Überrenditen ab dem dritten Monat nach dem Insiderhandelstag bei rund 3% konstant bleibt. Innerhalb eines halbjährlichen Zeitraums gewinnen die Papiere von Insidern im Mittel 5% gegenüber dem Gesamtmarkt und übersteigen damit die mit 1% angesetzten Transaktionskosten. Es existiert einerseits eine Korrelation zwischen der Profitabilität des Insiderhandels und der Stellung des Meldepflichtigen. Transaktionen von Vorständen erweisen sich als profitabler als Transaktionen von Mitgliedern des Kontrollorgans. Andererseits ist die Profitabilität an das Handelsvolumen der gemeldeten Geschäfte gekoppelt. Handelsgeschäfte mit dem geringsten Volumen weisen die höchste Profitabilität auf.234 Im Ergebnis kann jedenfalls von einer Profitabilität der gemeldeten Eigengeschäfte ausgegangen werden. Dies kann erst recht für die nicht gemeldeten Geschäfte angenommen werden, denen noch stärker der Verdacht des tatsächlichen Insiderhandels anlastet als den gemeldeten Transaktionen. bb) USA In der US-amerikanischen Rechtspraxis wurde aus Untersuchungen, die bis zum Jahre 1994 reichen, hinsichtlich der Summe der erwirtschafteten Gewinne aus sog. Directors’ Dealings folgende Statistik aufgestellt: Am häufigsten erzielen Insider einen Gewinn, der sich auf eine Höhe von 10.000–50.000 USD beläuft. Jährlich sind etwa 10 bis 15 Verletzungen zu verzeichnen, deren Gewinne eine Höhe von 100.000 bis 300.000 US-Dollar erreichen.235 Im Jahre 2005 sind fast 475.000 Geschäfte von Insidern mit den Aktien des eigenen Emittenten getätigt worden.236 Dies sind umgerechnet ungefähr 1.975 Transaktionen jeden Tag. Diese Transaktionen sind im allgemeinen Vergleich besonders effektiv gewesen. Nach einer Studie sollen die Renditen der Managergeschäfte diejenigen der externen Anleger um 4,5% übersteigen.237 Die Analysten von Morgan Stanley haben in einer jüngsten Studie die Kursentwicklung von Aktien nach Insider-Käufen im Zeitraum von 233 234 235 236 237

Rau, Directors’ Dealings, S. 201. Rau, Directors’ Dealings, S. 222 ff. Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-29. Vgl. Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (Fn. 89). Seyhun, Investment Intelligence From Insider Trading, S. 63.

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

Juni 2003 bis Februar 2006 untersucht. Das Ergebnis: Die Aktienkurse von Unternehmen, bei denen Spitzenmanager eigene Aktien kauften, haben sich in den darauf folgenden zwölf Monaten um 7% besser entwickelt als der breit gefasste Aktienindex S&P 500. Für die Praxisrelevanz der Directors’ Dealings kann damit festgehalten werden: Directors’ Dealings werden am Kapitalmarkt häufig getätigt. Insbesondere die Käufe von Aktien des eigenen Emittenten durch Insider weisen im Durchschnitt eine über der von Transaktionen externer Anleger liegende Profitabilität auf. b) Regelungszweck des § 16(a) SEA Die Untersuchung des Regelungszwecks der Meldepflichten soll darüber Aufschluss geben, welche Rechtsfolge bei Verstößen der Durchsetzung des Gebots am effektivsten dient. Sinn und Zweck der Meldepflicht nach § 16(a) SEA werden uneinheitlich ausgelegt. Der Kongress, die SEC und die Rechtsprechung in den USA haben einstimmig angenommen, dass diese Norm zur Stärkung des Vertrauens der externen Anleger erforderlich sei.238 Einerseits diene die Veröffentlichungspflicht dazu, Insiderhandel zu verhindern, da es den Insidern unmöglich gemacht werde, in weitem Umfang von ihrem Informationsvorsprung zu profitieren. Andererseits sollen den Anlegern durch die Offenlegung von Wertpapiergeschäften spezieller Unternehmensinsider zusätzliche Anhaltspunkte für ihre eigene Anlageentscheidung gegeben werden, um dadurch insgesamt eine bessere Information des Anlegerpublikums zu erreichen.239 Als Kritikpunkt an § 16(a) SEA wird geltend gemacht, dass dem vom Kongress geäußerten Ziel der Stärkung des Anlegervertrauens, die Ausgestaltung der derzeitigen Mitteilungspflichtung in § 16(a) SEA widerspreche. Die rechtliche Pflicht, dass die Insider Geschäfte mit den Aktien des eigenen Emittenten veröffentlichen müssen, trage dazu bei, dass der einzelne Anleger in breitem Ausmaß erfahre, dass und wann die Insider Geschäfte tätigen, denen der Anschein des Insiderhandels innewohne.240 Eigen238

Gollust v. Mendell, 501 U.S. 115 (121 ff.) (1991); Hearings on H.R. 7852 and 8720, before the House Committee on Interstate and Foreign Commerce, 73d Cong., 2d Sess. 133 (1934); vgl. zudem die Nachweise bei Hazen, Securities Regulation, S. 572. 239 Osterloh, Directors’ Dealings, S. 87; Thel, Hastings L.J. 42 (1991), 391 (421–422) m. w. Nachw. 240 Siehe zum versteckten Widerspruch bei Insiderhandelsverboten, Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 ff.

C. Melde- und Veröffentlichungspflichten

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geschäfte von Führungspersonen ohne Vorliegen von Insiderinformationen könnten dazu führen, dass der Markt diese Informationen als relevant für die weitere Entwicklung des Unternehmens einstuft. Durch die Veröffentlichungspflicht nach § 16(a) SEA werde ein verwirrendes Signal an die Marktteilnehmer gesendet, wenn nach kurzer Zeit bereits wieder eine gegenläufige Transaktion getätigt wird. Man kann mit unterschiedlichen Lösungsansätzen versuchen, diesen Widerspruch aufzulösen. Eine Möglichkeit wäre zunächst die Abschaffung der Mitteilungspflicht für Unternehmensinsider, um nicht falsche und womöglich fehlleitende Kauf- oder Verkaufsanreize zu schaffen. Da durch die Offenlegungspflichten bei Directors’ Dealings gerade dem Markt mitgeteilt wird, dass Insidertransaktionen stattfinden, wäre mit Abschaffung der Veröffentlichungspflicht zwar dem inneren Widerspruch der Insiderhandelsverbote abgeholfen. Einer Abschaffung der Offenlegungspflichten steht jedoch der in den meisten Kapitalmarktrechtsordnungen vorherrschende Gedanke der Befürwortung der Publizitätspflichten bei Directors’ Dealings zur Optimierung der Kapitalmarkttransparenz, des allgemeinen Publizitätsniveaus und somit auch des Anlegerschutzes sowie der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes insgesamt entgegen. Es wird vertreten, § 16(a) SEA erfahre allein dadurch Existenzberechtigung, dass der SEC und anderen Anlegern ermöglicht werde, die erforderlichen Informationen für eine Gewinnabschöpfung nach § 16(b) SEA zu bekommen.241 Da die SEC nach § 16(a) SEA jedoch nicht nur zum Sammeln der Informationen aufgefordert ist, sondern auch zur Veröffentlichung, muss § 16(a) SEA ein Anwendungsbereich zugeschrieben werden, der über die bloße Sammlung der zur Gewinnabschöpfung nach § 16(b) SEA erforderlichen Informationen hinausgeht.242 Nach einer anderen Auffassung ist die Mitteilung der Gesamtzahl der gehaltenen Aktien und getätigten Transaktionen von Insidern für die externen Anleger deshalb wichtig, da ihnen so ein Blick von der Managementseite des Unternehmens ermöglicht werde.243 Zwar ist dieser Meinung insofern zuzustimmen, als den Eigengeschäften der Insider eine gewisse Aussagekraft hinsichtlich der Zukunftsentwicklung des Unternehmens zukommt, jedoch ist weniger die Gesamtzahl der gehaltenen Aktien (wie vorgeschlagen), sondern vielmehr sind Kauf und Verkauf der Aktien zukunftsweisend.244 241 242 243 244

Dessent, Akron L.Rev. 33 (2000), 481 (488, 495–496). So Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1277). Thel, Hastings L.J. 42 (1991), 391 (421-23). Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1278).

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

Wenn der wesentliche Antrieb für die Einführung der Mitteilungspflichten folglich tatsächlich der Schutz des Anlegervertrauens ist, so wird weiter argumentiert, dass die Mitteilungspflichten aber bereits vor der Vornahme der Transaktion oder zumindest zeitgleich eingreifen müssten.245 Hier stellt sich jedoch die Frage nach einer sinnvollen Realisierung und praxisgerechten Umsetzung dieser Forderung nach einer Vorabveröffentlichungspflicht, sog. pretrading disclosure-Regelung.246 Trotz der Verbesserungsvorschläge wird § 16(a) SEA im Ergebnis befürwortet und diente als Vorbild für kapitalmarktrechtliche Vorschriften in ausländischen Regelungswerken, so auch für den deutschen § 15a WpHG. c) Regelungszweck des § 15a WpHG Durch § 15a Abs. 1 WpHG werden die berechtigten Interessen der Emittenten und Aktionäre an einer Verhinderung informationsverzerrter Wertpapierpreise geschützt.247 Der Gesetzgeber hat das Risiko eines Informationsvorsprungs gegenüber anderen Anlegern erkannt, das einem Geschäft der Führungspersonen mit Aktien des eigenen Emittenten innewohnt.248 Die den Directors’ Dealings zugrunde liegenden Informationen erlangen zwar nicht den Grad einer Insiderinformation, dennoch können auch diese sog. sub-material Informationen ein erhebliches Gefahrenpotential bergen, da sie einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf den Kapitalmarkt haben. Eine nicht hinreichende Kontrolle und Regelung derselben könnte zu einer Schädigung der Anleger und zu einer Erhöhung der Kapitalkosten führen.249 Der Gesetzgeber misst der Kenntnis von Organgeschäften für den Markt eine große Bedeutung zu, „da sie Anhaltspunkte für die Einschätzung der weiteren Geschäftsaussichten durch die Unternehmensleitung geben und Insidergeschäften entgegenwirken (Indikatorwirkung).“250 Die Norm soll 245

Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1292). Siehe zur sog. pretrading disclosure-Regelung auch Kapitel 4, C.I., S. 181. 247 Vgl. auch zu den Regelungszielen der Norm: Veil, ZGR 2005, 155 (191); Zimmer, in: Schwark, Kapitalmarktrechtskommentar, § 15a WpHG, Rn. 5 ff. 248 BT-Drucksache 14/8017, S. 87; vgl. Letzel, BKR 2002, 862 (864); Pluskat, BKR 2004, 467. 249 Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (312). 250 BT-Drucksache 14/8017, S. 63; Diese sog. Indikatorwirkung der publizierten Directors’ Dealings ist nach Untersuchungen von Hower-Knobloch und Rau auch durch eine empirische Analyse belegbar. Anleger betrachten demzufolge das Handeln der Insider als Signal für eine eigene Portfolioentscheidung, vgl. HowerKnobloch, Directors’ Dealings, S. 183, Rau, Directors’ Dealings, S. 222; siehe 246

C. Melde- und Veröffentlichungspflichten

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den Anlegern bei einer fundierten Transaktionsentscheidung behilflich sein.251 Empirische Untersuchungen252 belegen, dass den mitgeteilten Wertpapiergeschäften im Einzellfall eine gewisse Indikatorfunktion für günstige Anlageentscheidungen zukommt.253 Sofern Führungspersonen vermehrt in Aktien des eigenen Unternehmens investieren, kann dies für die betreffenden Unternehmen als positives Signal gewertet werden.254 Dies ist auf die Insiderstellung der Führungspersonen zurückzuführen, die als Kenner des Unternehmens die wirtschaftliche Entwicklung desselben und ebenso die Entwicklung der Branche besser einschätzen können als sonstige Anleger. Der leitenden Personengruppe eines Unternehmens wird durch die Meldepflicht auferlegt, das „Wohl und Wehe“ des Kursverlaufs mit den übrigen Anlegern zu teilen.255 § 15a Abs. 1 WpHG kommt zudem eine Vorbeugefunktion zur Vermeidung von Insidergeschäften zu (Präventiv- bzw. Disziplinierungswirkung).256 Die Vornahme von Eigengeschäften im Vorfeld der Veröffentlichung kursrelevanter Unternehmensinformationen würde, so die Einschätzung des Gesetzgebers, die betreffenden Organmitglieder in der Öffentlichkeit in ein schlechtes Licht rücken, so dass diese quasi von sich aus auf Geschäfte verzichten, „denen der Anschein des Ausnutzens von Insiderwissen“ anheim ist.257 Teilweise wird jedoch in Anbetracht der Nähe von Vorstandsmitgliedern und leitenden Mitarbeitern zu kurssensiblen Informationen bei deren Handelsaktivitäten eher die rhetorische Frage gestellt, wann unter den entsprechenden Umständen denn überhaupt einmal kein Insidergeschäft vorliege?258 Auch wenn § 15a WpHG überwiegend als Errungenschaft zur Verbesserung der Effektivität und Wettbewerbfähigkeit des Kapitalmarktes angesehierzu auch von Rosen, Directors’ Dealings, S. 9 f.: „Der Markt wertet den Verkauf von Aktien der eigenen Gesellschaft durch Organmitglieder als negatives Signal. Deutlicher noch ist die positive Reaktion auf den Erwerb durch diesen Personenkreis.“ 251 Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a Rn. 9 ff. 252 Vgl. Heidorn/Meyer/Pietrowiak, Performance Effekte nach Directors’ Dealings, S. 3; vgl. FAZ 21.9.2004, Nr. 220, S. 21; Rosen, Directors’ Dealings, S. 9; Gimein, The Greedy Bunch, Fortune Magazine, 2. September 2002. 253 BT-Drucks. 14/8017, S. 87; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 16.351; Veil, ZGR 2005, 155 (163). 254 Siehe FAZ, 14.09.2006, Nr. 214, Seite 19. 255 Rosen, Directors’ Dealings, S. 11. 256 Fleischer ZIP 2002, 1217 (1220 f.); Rau, Directors’ Dealings, S. 2, 32; Schneider, BB 2002, 1817 (1818). 257 So die Regierungserklärung zur Gesetzesbegründung in: Finanzausschuss (2002), S. 87; vgl. die Ausführungen bei Rau, Directors’ Dealings, S. 33. 258 Feddersen, ZHR 161 (1997), 293.

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

hen wird,259 so wird dennoch an verschiedenen Stellen des § 15a WpHG Kritik geübt und weiterer Regelungsbedarf proklamiert. Die Kritik an der Tauglichkeit des § 15a WpHG sowie Verbesserungsvorschläge sollen an dieser Stelle nur skizziert werden:260 Hinsichtlich der behaupteten Indikatorfunktion für potentielle Transaktionsentscheidungen der Anleger sei Skepsis anzuraten.261 Auch wenn eine solche Indikatorfunktion bejaht werden könnte, seien die Informationen über Organgeschäfte als wenig seriös einzustufen.262 Die den Organgeschäften nachgeahmten, kurzfristigen Anlageentscheidungen würden im Einzelfall ein erhebliches wirtschaftliches Risiko bergen und makroökonomische Kosten wegen einer Fehlallokation des Anlagekapitals verursachen.263 Nicht auszuschließen seien Irreführungen des Anlegerpublikums – zum einen, um auf einer „Nachahmerwelle weiteren Kaufinteresses“ die Aktien besser verkaufen zu können, zum anderen durch Suggerieren eines vermeintlich sicheren, bestenfalls statistisch fundierten Kursindikators.264 Zudem handele es sich bei dem „Leithammelprinzip“ nicht unbedingt um ein schützenswertes Gut.265 Auch wird vertreten, dass durch eine Mitteilungspflicht der Geschäfte von Führungspersonen in Wertpapiere des eigenen Emittenten kein Mehrwert für den Markt geschaffen werde.266 Überhaupt müsse hinterfragt werden, ob die eingeforderte Marktintegrität nicht vielmehr durch eine bessere Informationspolitik des Unternehmens, vor allem beim Umgang mit Trends und Prognosen, erzielt werden könne, als sich auf den vermeintlichen Transparenzgewinn durch öffentliche Organgeschäfte zu verlassen.267 Man kann § 15a WpHG zugespitzt auch als eine Selbstanzeigeverpflichtung bewerten, so dass der Norm eine gewisse Absurdität zugesprochen werden kann.268 Ebensowenig, wie den Dieb eine Anzeigepflicht treffen 259 Siehe statt aller Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a, Rn. 9 ff. m. w. Nachw. 260 Eine Forderung beinhaltet, die Meldepflichtigkeit nicht nur von Bestandsveränderungen, sondern, entsprechend dem US-amerikanischen Vorbild in § 16(a)(2)(B) SEA, auch des Anfangbestandes einzuführen, Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (199, 206 ff.); siehe weiterführend auch Rau, Directors’ Dealings; Hower-Knobloch, Directors’ Dealings, S. 66; Rudoph, Betriebs-Berater 2002, 1036 (1040); vgl. die Nachweise bei Weiler/Tollkühn, DB 2002, 1923 (1924) Fn. 13. 261 Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (199). 262 Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (199). 263 Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (199). 264 Hower-Knobloch, Directors’ Dealings, S. 66; Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (199, 200). 265 Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (199). 266 Hower-Knobloch, Directors’ Dealings, S. 176; in diese Richtung auch Possengga, BKR 2002, 697 (698). 267 Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (199).

D. Ausblick: Weitere materiellrechtliche Anknüpfungspunkte

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kann, so kann auch von Insidern nicht gefordert werden, ihre getätigten Insidertransaktionen offen zu legen. Verstärkt wird diese Widersprüchlichkeit durch die „Insiderhandelsgefährdungsdatei“ nach § 15e WpHG. Bei dieser Argumentation wird jedoch verkannt, dass Directors’ Dealings nicht mit dem Ausnutzen von Insiderinformationen gleichgesetzt werden dürfen, sondern auch Vermutungen, Ahnungen, Prognosen als Transaktionsgrundlage erfassen. Diese Informationen besitzen nicht den Status einer Insiderinformation. Das Gesetz geht von der Vorstellung aus, dass tatsächliche Insidertransaktionen aufgrund des Verbots in § 14 WpHG unterbleiben. Eigengeschäfte von Führungspersonen mit Aktien des eigenen Emittenten müssen jedoch zur Verbesserung der Kapitalmarkttransparenz, die notwendiger Baustein eines funktionsfähigen Kapitalmarkts ist269, gemeldet werden.

D. Ausblick: Weitere materiellrechtliche Anknüpfungspunkte In einem Ausblick sollen weitere materiellrechtliche Verhaltenspflichten kurz dargestellt werden, deren Verletzung eine Gewinnabschöpfung de lege ferenda nach sich ziehen könnte.

I. Marktschutzvereinbarungen Neben den insiderrechtlichen Normen im weiteren Sinne stellen die Marktschutzvereinbarungen – sog. Lock-up-Verpflichtungen – potentielle materiellrechtliche Anknüpfungspunkte dar, deren Nichteinhaltung mit der Gewinnabschöpfung begegnet werden könnte. Durch diese Abreden, die grundsätzlich auf freiwilliger Basis beruhen, verpflichten sich die Aktionäre, für den Zeitraum der Erstnotierung des Emittenten ihre Aktien nicht zu verkaufen.270 Aufgrund der asymmetrisch verteilten Information zugunsten der Altaktionäre besteht ansonsten die Gefahr, dass diese ihren Informa268 Einem Urteil des VGH Kassel aus dem Jahre 2006 (VGH Kassel vom 3. Mai 2006, NZG 2006, 795) zufolge stellt jedenfalls die Pflicht zur Veröffentlichung von Mitteilungen der Leitungspersonen bzw. naher Angehöriger über Eigengeschäfte mit Aktien des eigenen Unternehmens unter Namensnennung keinen unzulässigen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht dar. 269 Siehe hierzu bereits Kapitel 1, A.II., S. 33 ff. 270 Die Publizität dieser Vereinbarungen schreibt § 7 WpPG i. V. m. Anhang III Nr. 7, Anhang X Nr. 27.14 der VO EG Nr. 809/2004 v. 29.4.2004, ABl. EU Nr. L 215 v. 16.6.2004, S. 61 vor; dazu vertiefend Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 323, Fn. 74; Fleischer, Gutachten zum 64. DJT, F 81; Sethe, in: Assmann/ Schneider, WpHG, § 15a Rn. 15; Veil, ZGR 2005, 155 (155).

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

tionsvorsprung ausnutzen.271 Die Marktschutzvereinbarungen ermöglichen so auch die Bildung nicht informationsverzerrter Preise.272 Der Regierungsentwurf des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes sah vor, dass Wertpapiere nur zugelassen werden, wenn bei Vorliegen einer solchen Lock up-Abrede „durch Anordnungen der Zulassungsstelle (z. B. Verwahrung in einem Sperrdepot) sichergestellt ist, dass die Marktschutzvereinbarung auch beachtet wird“273. Dieser Vorschlag setzte sich jedoch nicht durch. Stattdessen kann für den Handel im amtlichen Markt die Börsenzulassungsverordnung Anforderungen für Marktschutzvereinbarungen einschließlich der Durchsetzungsmaßnahmen aufstellen.274

II. Fehlerhafte Anlageberatung Analysten präsentieren sich im Kapitalmarktgeschehen als wichtige Mittler zwischen Emittenten und Investoren. Sie schließen durch die Selektion relevanter Informationen sowie deren Bewertung und Weitergabe in kompakter, anlegergerechter Form die Lücke, welche die durch Aktien und kapitalmarktrechtliche Vorschriften erzwungene Publizität angesichts ihrer wenig zugänglichen und tatsachenorientierten Ausgestaltung belässt.275 Analysten besitzen aus Anlegersicht eine überlegene Fähigkeit bei der Informationsproduktion. Durch die Spezialisierung der Analysten kommen dem Anleger Kostenvorteile zugute. Der damit verbundene Einfluss der Analysten auf das Anlegerverhalten begründet jedoch auch Missbrauchsanreize.276 Anreiz für die Schaffung analysespezifischer Regelungen ist damit die grundlegende Bedeutung des Anlegervertrauens in die Sorgfalt, die Neutralität und die Integrität der Wertpapieranalyse für die Funktionsfähigkeit des Finanzplatzes insgesamt.277 So bestimmt § 34b WpHG, dass Per271

Fleischer, Gutachten zum 64. DJT, F 81. Veil, ZGR 2005, 155 (158); zu den Marktschutzvereinbarungen in Form sog. Verwässerungsvereinbarungen bei Übernahmeverträgen vgl. Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 323. 273 §§ 29 Abs. 3 Nr. 4, 50 Abs. 1 Nr. 4 BörsG i. d. F. des RegE (BT-Drucksache 14/8017). 274 § 31 Abs. 1 Nr. 2 BörsG i. d. F. der Beschlüsse des 7. Ausschusses, BTDrucksache 14/8600. 275 Vogler, Fehlerhafte Aktienanalysen, S. 41. 276 Das am 1. November 2007 in Kraft getretene FRUG hat für die Anlageberatung einen neuen Rechtsrahmen geschaffen, siehe hierzu Weber, NJW 2007, 3688 (3693). Die Anlageberatung wird nun als eigenständige Wertpapierdienstleistung qualifiziert und unterliegt damit der Aufsicht der BaFin. Zudem ist eine Erlaubnis nach dem KWG erforderlich. 277 Begr. RegE 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 92. 272

E. Ergebnis Kapitel 2

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sonen, die im Rahmen ihrer Berufs- und Geschäftsfähigkeit Dritten Informationen über Finanzinstrumente oder deren Emittenten oder direkt oder indirekt Empfehlungen für eine bestimmte Anlageentscheidung zugänglich machen, verpflichtet sind, diese Informationen mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit darzubieten.278 § 34b WpHG stellt darauf ab, dass eine Analyse nur dann weitergegeben werden darf, wenn sie „sachgerecht erstellt und dargeboten wird“. Damit wird der haftungsrechtliche Fokus auf den Erstellungsprozess der Analysen gelegt. Grundvoraussetzung für eine Haftung bei Aktienanalysen ist deren Fehlerhaftigkeit. Eine gesetzliche Definition von Fehlerhaftigkeit ist nicht vorhanden. In allen Bereichen der Informationshaftung wird dieser Begriff jedoch wie selbstverständlich verwandt. Analysen sollen nicht allein der Vermittlung von – dem Wahrheitsbeweis zugänglichen – Tatsachen dienen, sondern darüber hinaus auch Einschätzungen und Prognosen wiedergeben. Für eine Bewertung derart spekulativer Aussagen als fehlerhaft existieren noch keine hinreichend gefestigten Prinzipien.279

E. Ergebnis Kapitel 2 Aus der vorhergehenden Analyse kapitalmarktrechtlicher Verhaltens- und Veröffentlichungspflichten kann zusammenfassend festgehalten werden: Die Quellen der tatbestandlichen Verbotsnormen für die Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtliche Sanktion de lege ferenda variieren. Nahe liegend ist, an die Verbotsnormen des Insiderhandels und der Marktmanipulation anzuknüpfen. Bei Verstoß gegen diese Verhaltens- bzw. Unterlassenspflichten könnten mittels Gewinnabschöpfung rechtswidrig erwirtschaftete Gewinne abgezogen und damit der Anreiz zum verbotswidrigen Verhalten genommen werden. Auch könnte die Nichterfüllung oder fehlerhafte Erfüllung von Veröffentlichungspflichten die Gewinnabschöpfung auslösen. Genauer kommen Veröffentlichungspflichten nach § 15 WpHG (Ad-hoc-Publizitätspflicht) sowie nach § 15a WpHG (Directors’ Dealings) in Betracht. Im Zentrum des § 15a WpHG stehen Geschäfte der leitenden Personen mit Aktien gerade des Emittenten, bei dem sie mit Führungsaufgaben betraut sind. Diesen Transaktionen wohnt die Gefahr inne, dass sie mit einem erhöhten Wissensvorsprung vorgenommen werden, da die Führungsaufgaben „naturgemäß“ wichtige, marktpreisbestimmende Fragen der Weiterentwicklung und ökonomischen Zukunft des Unternehmens betreffen. Die Nichtbeachtung von 278

Waschkeit, Marktmanipulation, S. 317. Vgl. zur Herleitung und Begründung eines intersubjektiven Konsenses Vogler, Fehlerhafte Aktienanalysen, S. 172. 279

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Kap. 2: Tatbestandliche Anknüpfungspunkte der Gewinnabschöpfung

Veröffentlichungspflichten führt – isoliert betrachtet – aber noch nicht zwingend zu einem Gewinn, vielmehr ist stets ein irgendwie gearteter Transaktionsvorgang erforderlich, der gewinnbringend durchgeführt wird.280 Im Folgenden wird untersucht, ob eine Gewinnabschöpfung de lege ferenda als Sanktion für Verstöße gegen die materiellrechtlichen Ge- und Verbote aus §§ 14, 15 und 15a, 20a WpHG erforderlich bzw. sinnvoll ist. Es ist die Frage zu beantworten, ob eine Gewinnabschöpfung tatbestandlich auf diese Normen gestützt werden kann. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt hierbei bei den insiderrechtlichen Vorschriften.

280 Vgl. zum Transaktionserfordernis des Insiders Kapitel 4, F.III.1.a)bb), S. 208 ff.

Kapitel 3

Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht: Rechtspolitisches Bedürfnis nach einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung Anhand einer Analyse der Rechtsfolgenseite von Verstößen gegen die relevanten kapitalmarktrechtlichen Verhaltensge- und verbote soll die Frage nach dem rechtspolitischen Bedürfnis einer weitergehenden Sanktionierung kapitalmarktrechtswidrigen Verhaltens untersucht werden. Es ist zu prüfen, ob die kapitalmarktrechtlichen Sanktionen de lege lata den bereits erörterten Zielen1 der insiderrechtlichen Verbotstatbestände und kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten gerecht werden. Dies hängt nicht nur von Art und Zahl der bestehenden Sanktionen ab, sondern auch von der Effektivität ihrer Durchsetzung. Die Sanktionsmöglichkeiten im geltenden deutschen und US-amerikanischen Recht und deren Bedeutung in der Rechtspraxis sind daher näher zu untersuchen (A.). Die rechtsvergleichende Betrachtung dient dazu, die Bandbreite der kapitalmarktrechtlichen Sanktionen im US-amerikanischen Insiderrecht aufzuzeigen. Dies lässt Rückschlüsse für den Regelungsbedarf im deutschen Kapitalmarktrecht zu. Anschließend wird die Durchsetzung der entsprechenden Sanktionen im deutschen Recht erörtert (B.), was Aufschluss für ihre Praxistauglichkeit gibt. Sofern sich hierbei nach Art und Zahl der bestehenden Sanktionen im deutschen Kapitalmarktrecht ein Sanktionsdefizit ergibt und die Durchsetzung der bestehenden Sanktionen darüber hinaus in der Praxis misslingt, besteht berechtigter Anlass, über eine Optimierung der kapitalmarktrechtlichen Sanktionen nachzudenken. Es ist ohne Sinn, wenn Regeln und Gesetze existieren, die jedoch nicht hinreichend durchgesetzt werden.2 Muss der Täter nicht fürchten, mit Sanktionen überzogen zu werden, wenn er sich rechts- oder pflichtwidrig verhält, hat er keinen Anreiz, ein solches Verhalten zu unterlassen. Soweit eine Rechtsordnung aus rechtlichen oder 1

Siehe hierzu Kapitel 2, A.I., S. 46 ff. Es sei denn, die Normen verfolgen eine bloße Appellfunktion, siehe zu der Vorfeldwirkung von Sanktionen Kapitel 3, B.IV., S. 176 ff. 2

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

tatsächlichen Gründen keinen angemessenen Schutz zu gewährleisten vermag, genießt der Schädiger damit faktische Immunität.3 In der Darstellung der US-amerikanischen kapitalmarktrechtlichen Sanktionen des Insiderhandels werden neben den strafrechtlichen Sanktionen ausschließlich solche administrative und zivilrechtliche Sanktionen einbezogen, die von ihrer Rechtsfolge auf die Abschöpfung des rechtswidrigen Gewinns, auf die Kompensation eines Schadens oder auf eine irgendwie geartete Geldbuße (civil penalty) gerichtet sind. Insbesondere die Sanktionen in Gestalt der Unterlassungsverfügungen4 und disziplinarische Sanktionen5 werden hier jedoch nicht genauer erörtert. Anzumerken ist, dass die Darstellung des US-amerikanischen Regelwerks lediglich einen Auszug derjenigen insiderrechtlichen Sanktionen beinhaltet, welche für die vorliegende Arbeit relevant sind.

A. Sanktionsdefizit I. Sanktionsdefizit bei Insiderhandel Im Folgenden werden die Sanktionen im deutschen Kapitalmarktrecht bei Verletzung der §§ 14, 15 und 15a WpHG sowie im US-amerikanischen Recht bei Verletzung von Insiderhandelsverboten und Directors’ Dealings untersucht. 3

Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 23. Die sog. cease and desist order nach § 21C SEA verlangt, zukünftige und gegenwärtige Verletzungen der Wertpapierhandelsvorschriften zu unterlassen, § 21C SEA, vgl. hierzu den Fall WHX Corp. v. SEC, 362 F.3d 854 ff. (2004); siehe auch Palmiter, Securities Regulation, S. 436. Die SEC hat nach § 21(d)(1) SEA die Möglichkeit, eine Unterlassungsverfügung vor Gericht zu erwirken (permanent or temporary injunction), vgl. auch näher D’Amato, Wis.L.Rev. 1989, 1433 (1435); Hausmaninger, Insider Trading, S. 272 f.; Lenzen, Unerlaubte Eingriffe in die Börsenkursbildung, S. 134; Sonderquist/Gabaldon, Securities Law, S. 167; Waschkeit, Marktmanipulation, S. 131. 5 Die SEC hat die Kompetenz, gegen professionelle Kursmakler, Händler, Anlageberater und Anlageberatungsunternehmen Disziplinarverfahren einzuleiten, §§ 15(b)(4) SEA, §§ 15(b)(6) SEA, § 203(e)(f) Investment Advisers Act, §§ 8, 9, 41 Investment Company Act. Auf der Grundlage von Rule 2(e) der SEC Rules of Practice (17 C.F.R. § 201.2(e)) kann die SEC Anwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, die des Insiderhandels überführt wurden, mit einem Vertretungsverbot vor der SEC belegen, Hausmaninger, Insider Trading, S. 296; Wang/Steinberg, Insider Trading, 597 f. Vor Gericht kann die SEC verlangen, dass die verantwortliche Person, von ihrer Funktion als officer oder director eines Unternehmens ausgeschlossen wird, § 21(d)(2) SEA; vgl. auch Hicks, Civil Liabilities, S. 2-120. Siehe zu den Selbstregulierungskompetenzen der Börsen § 6(b)(6) SEA 1934. 4

A. Sanktionsdefizit

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Es erfolgt eine gemeinsame Untersuchung der Sanktionen bei Verstößen gegen insiderrechtliche Verbotstatbestände und der der Abhilfe der Informationsasymmetrie dienenden Melde- und Veröffentlichungspflichten. Eine Differenzierung ist anhand der Durchsetzungsform vorzunehmen: strafrechtliche bzw. verwaltungsrechtliche Sanktionen (1.), zivilrechtliche Folgen der Verstöße (2.) und schließlich Möglichkeiten der Staatshaftung (3.). 1. Straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen im deutschen und US-amerikanischen Recht a) Strafrecht aa) Deutsches Recht (1) Sanktionen nach § 38 WpHG i. V. m. §§ 14, 15 WpHG § 38 WpHG enthält einen Katalog an Straftatbeständen bei Verletzung der insiderrechtlichen Verhaltenspflichten. Die strafrechtlichen Insiderregelungen unterliegen jedoch erheblichen Beweisnöten, insbesondere was die Kenntnis von Insiderinformationen bei Transaktionstätigung betrifft. Daher sind sie aufgrund fehlender Praxistauglichkeit erheblicher Kritik ausgesetzt.6 Auch erweist sich die territoriale Beschränkung des Strafrechts in Anbetracht der Internationalität der Kapitalmärkte als hinderlich.7 Zudem wird kritisiert, dass das Ausnutzen von Informationsasymmetrien unter Strafe gestellt werde, wohingegen die Lüge an sich grundsätzlich keine strafrechtliche Relevanz habe.8 Es mag nützlich sein, die Überlegungen anhand eines Beispielsfalls zu verdeutlichen: Das Vorstandsmitglied V des großen Automobilkonzerns PKW-AG erfährt in einer Vorstandssitzung, dass der umstrittene Vorstandssprecher S aus dem Unternehmen ausscheiden werde.9 Er kauft daraufhin 1000 Aktien der PKW-AG über 6 Vgl. zum Durchsetzungsdefizit aufgrund fehlender Beweisführung Kapitel 3, B.II., S. 160. 7 Siehe zu den Nachteilen der strafrechtlichen Sanktionen im deutschen Kapitalmarktecht und ausländischen Rechtsordnungen Anisman, Insider Trading Legislation for Australia, S. 101; Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, S. 44; Hausmaninger, Insider Trading, S. 272; Hopt/Wymeersch, European Insider Dealing, 313 (328); Rider, Brook.J.Intn’l L. 16 (1990), 179 ff. 8 Siehe zur Kritik an den strafrechtlichen Insiderverboten die Nachweise bei Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 12, Rn. 44; Sethe, in: Assmann/ Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, S. 596; Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 38 Rn. 4 ff.

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

die Börse zum Kurs von 20 EUR. Eine Mitteilung nach § 15a WpHG erfolgt nicht. Anleger A verkauft gleichzeitig 500 Aktien zu diesem Kurs. Nach Bekanntgabe des Ausscheidens von S steigt der Kurs der PKW-Aktie sprungartig auf 22 EUR.

Um eine strafrechtliche Verurteilung von V zu erreichen, müsste – vorausgesetzt, es handelt sich um eine Insiderinformation – die Kenntnis des V von der Insiderinformation zum Zeitpunkt der Transaktionstätigung nachgewiesen werden, was erhebliche Beweisnöte verursacht. Neben den klassischen strafrechtlichen Sanktionen in Gestalt von Geldund Freiheitsstrafen ist nach § 73 StGB nach den Vorschriften des Verfalls ein Abschöpfen der wirtschaftlichen Vorteile in vollem Umfang möglich, § 73 Abs. 1 StGB.10 § 73 StGB verlangt als Voraussetzung keine schuldhafte, sondern lediglich eine rechtswidrige Vortat.11 Eine doppelte Inanspruchnahme des Bereicherten ist nicht zu befürchten, da § 73 Abs. 1 S. 2 StGB einen Ausschlussgrund für die Anordnung des strafrechtlichen Verfalls normiert, „soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde“.12 (2) Allgemeine strafrechtliche Sanktionen Anderen Strafnormen aus dem allgemeinen Strafrecht, die im Falle des Insiderhandels oder auch bei falscher oder unterlassener Ad-hoc-Mitteilung13 in Betracht kommen – insbesondere §§ 263, 266 StGB –, ist kein 9

Ähnlich OLG Stuttgart, ZIP 2007, 481 ff. Auch im Ordnungswidrigkeitenrecht besteht mit § 29a OWiG die Möglichkeit den Verfall anzuordnen, sofern der Täter für eine mit Geldbuße bedrohte Handlung oder aus ihr etwas erlangt und gegen ihn wegen der Handlung eine Geldbuße nicht festgesetzt wird. Der Verfall eines Geldbetrages kann bis zu der Höhe angeordnet werden, die dem Wert des Erlangten entspricht, § 29a Abs. 1 OWiG; Siehe zur ökonomischen Analyse der Gewinnabschöpfung im Rahmen des Verfalls auch aus rechtsvergleichender Sicht Bowles/Faure/Garpoupa, Oxford Journal of Legal Studies 2005, S. 275 ff. 11 Dies wird teilweise als ein Verstoß gegen den Grundsatz des „nulla poena sine culpa“ gewertet, siehe näher Eser, in: Schönke/Schröder, StGB, § 73 Rn. 4; Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (677). Daher folgert die h. M., dass eine Abschöpfung nach dem Bruttoprinzip nur bei schuldhafter Vortat möglich ist, vgl. Kühl/Dreher/Lackner, StGB, § 73 Rn. 4 f.; Fischer/Schwarz/Dreher/Tröndle, StGB, § 73 Rn. 2 ff. 12 Vgl. Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 221. 13 Hierzu auch Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 309; zu dem Sonderfall, dass die Ad-hoc-Publizität verletzt wird, um Insidergeschäfte möglich zu machen, siehe Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 127 ff. 10

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breiter Anwendungsbereich zuzuschreiben, so dass sie daher keine weitreichende bzw. umfassende Verfolgungsmöglichkeit bieten.14 Zum Geheimnisschutz der Gesellschaft tragen die Tatbestände § 404 AktG, § 17 UWG sowie §§ 203 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. 204 StGB bei. Hier stellt sich jedoch das Problem, dass das Antragserfordernis diese Normen zu einer „stumpfen Waffe“ gegen Insidergeschäfte werden lässt, da das Anzeige erstattende Unternehmen firmeninterne Missstände öffentlich behandeln lassen müsste oder ein Strafverfahren gegen ein Mitglied des Vorstandes oder Aufsichtsrates eingeleitet werden müsste, was mit einem Rufverlust nicht nur für das Vorstandsmitglied, sondern auch für das gesamte Unternehmen verbunden wäre.15 bb) US-amerikanisches Recht (1) Einführung in das US-amerikanische Sanktionensystem Das US-amerikanische Insiderrecht ist geprägt von dem Gedanken der wirksamen und effektiven Abschreckung potentieller Insider. Im Rahmen der gesamten Sanktionsbestrebungen wird versucht, den Gewinn illegaler Aktivitäten zu schmälern und deren Kosten zu steigern. Daher stellt das US-amerikanische Insiderrecht das im internationalen Vergleich wohl vielschichtigste und ausgereifteste Sanktionensystem zur Verfügung. Die Durchsetzung der bundesgesetzlichen Wertpapiervorschriften wurde mit dem SEA 1934 durch § 4a SEA der Securities and Exchange Commission (SEC) übertragen.16 Die möglichen Rechtsfolgen der Verletzung eines bundesrechtlichen Wertpapiergesetzes sind zahlreich. So kommt der SEC das Recht zu, eine zivilrechtliche Klage vor einem der sog. Federal Courts (Bundesgerichte) zu erheben.17 Die Sanktionen, die die SEC in zivilrechtlichen Verfahren vor Gericht erwirken kann, sind in den formalen Rahmen eines Gerichtsverfahrens eingebunden. Die Vorschriften des Zivilverfahrensrechts (Federal Rules of Civil Procedure) finden hier Anwendung.18 14 Vgl. die näheren Ausführungen bei Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 212. 15 Siehe zum Rufverlust Kapitel 2, A.I.3.b), S. 57; zur Frage der Effektivität der Durchsetzung der Gewinnabschöpfung durch den Emittenten Kapitel 5, D.II.1., S. 260 ff. 16 Die SEC besteht aus fünf Kommissionsmitgliedern (Commissioners), die vom Präsidenten der Vereinigten Staaten mit Zustimmung durch den Senat für eine Dauer von fünf Jahren ernannt werden, Osterloh, Directors’ Dealings, S. 81. 17 Vgl. § 27 des SEA. Im Jahre 1984 führte der Kongress zivilrechtliche Sanktionen gegen Insiderhandel ein; siehe auch bei Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1275).

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

Daneben bleibt der SEC die Möglichkeit, verschiedene Sanktionen auf administrativem Wege ohne die Einschaltung eines Gerichts durchzusetzen. Diese Sanktionen umfassen die Einziehung des Vermögensvorteils, die Verfügung auf Unterlassung zukünftiger Rechtsverletzungen und die Verhängung einer Geldbuße in Höhe des dreifachen Vermögensvorteils.19 Schließlich kann nach Ermessen der SEC eine Überweisung von Fällen an die Strafverfolgungsbehörden erfolgen.20 Bei der Wahl der entsprechenden Sanktion kommt der SEC ein erheblicher Ermessenspielraum zu.21 Für eine administrative oder zivilrechtliche Abwicklung der Verfahren sprechen die geringeren Beweisschwierigkeiten und die Möglichkeit, die angestrengten Verfahren im Wege des Vergleichs mit dem Insider zu beenden.22 Administrative Verfahren weisen im Gegensatz zu zivil- oder strafrechtlichen Prozessen ein geringeres Maß an Formalität auf. Die jeweiligen Verfahren beanspruchen keine Exklusivität. Vielmehr können administrative, zivilrechtliche und strafrechtliche Sanktionen nebeneinander verfolgt werden.23 Bei der Berechnung des Schadensersatzes bzw. des herauszugebenden Gewinns sind aber Vermögensvorteile, die durch die SEC eingezogen wurden, vermögensmindernd abzuziehen.24 (2) Pönalisierung des Insiderhandels Das US-amerikanische Insiderrecht ist von kriminalstrafrechtlichen Sanktionen geprägt, vgl. § 32(a) SEA. Vorsätzliche Verletzungen der Wertpapiergesetze werden strafrechtlich verfolgt, wenn die SEC das Verfahren an das Department of Justice abgibt und dieses entscheidet, ein Strafverfahren gemäß § 21(d)(1) SEA 1934 einzuleiten. Seit dem Sarbanes-Oxley Act von 2002 beträgt die maximale Geldstrafe bei vorsätzlichem Insiderhandel 18

Palmiter, Securities Regulation, S. 440. König, Verbot von Insiderhandel, S. 226. 20 König, Verbot von Insiderhandel, S. 244. 21 König, Verbot von Insiderhandel, S. 244. 22 United States General Accounting Office, Efforts to Detect, Investigate and Deter Insider Trading (1988), 56: „SEC officials pointed out that because evidence in insider trading cases is often circumstantial, it may not always meet the ‚beyond a reasonable doubt‘ threshold needed for criminal convictions. Civil sanctions are often pursued because they involve the lower ‚preponderance of evidence‘ threshold“; a. a. O., S. 16: „Most of these enforcement actions are resolved through settlement rather than litigation.“ 23 Palmiter, Securities Regulation, S. 459. 24 König, Verbot von Insiderhandel, S. 232. 19

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5.000.000 US-Dollar (25.000.000 US-Dollar für juristische Personen). Die Freiheitsstrafe kann von fünf bis zu zehn Jahren (für juristische Personen bis zu 20 Jahren) betragen. Die strafrechtlichen Sanktionen räumen einen Entlastungsbeweis dergestalt ein, dass der Täter nicht verurteilt werden kann, wenn er nachweist, dass er von der entsprechenden SEC Rule, die sein Verhalten sanktioniert, keine Kenntnis hatte, § 32(a) SEA. b) Bußgeld aa) Deutsches Recht: Verletzung der kapitalmarktrechtlichen Pflichten aus §§ 14, 15, 15a WpHG Die Einhaltung sämtlicher aus § 15a WpHG resultierender Verpflichtungen ist in § 39 Abs. 1 Nr. 1 lit. c), Nr. 2 lit. b), Nr. 4, Abs. 3 Nr. 1 lit. a) WpHG durch bußgeldbewehrte Tatbestände gesichert. Gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2d, Abs. 4 WpHG können Verstöße gegen die Mitteilungspflichten des § 15a WpHG mit einer Geldbuße bis zu 100.000 EUR geahndet werden.25 Auch der Verstoß gegen insiderrechtliche Verhaltenspflichten nach § 14 WpHG ist nach § 39 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 bis zu einer Höhe von sogar 200.000 EUR bußgeldbewehrt. Nach § 39 Abs. 2 WpHG wird die Nichtveröffentlichung von ad-hoc-publizitätspflichtigen Informationen nach § 15 WpHG mit einem Bußgeld von bis zu einer Million Euro sanktioniert. Bei der Bemessung dieses Bußgeldes soll berücksichtigt werden, dass primärer Normadressat börsennotierte Gesellschaften und deren gesetzliche Vertreter sind.26 Hier kann nur eine entsprechend hoch angesetzte Geldbuße den gewünschten Abschreckungseffekt erzielen. Verglichen mit anderen ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionen ist der Bußgeldrahmen von bis zu 100.000 EUR im Rahmen von § 15a WpHG hoch angesetzt.27 Aufgrund der verringerten Beweisanforderungen des Ordnungswidrigkeitenrechts gegenüber dem Strafrecht findet sich daher ver25 Bei leichtfertigem bzw. fahrlässigem Verhalten ist das Höchstmaß von 100.000 EUR auf die Hälfte zu ermäßigen, § 17 Abs. 2 OWiG, vgl. Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 39, Rn. 67. 26 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 290. 27 Dies ist nicht zuletzt auf eine Lückenschließungsfunktion des § 39 WpHG zurückzuführen, da Verstöße gegen § 15a WpHG mangels Schutzgesetzcharakters keine Schadensersatzansprüche auslösen, vgl. zur Diskussion um die Schutzgesetzeigenschaft wertpapierhandelsrechtlicher Vorschriften Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(5), S. 113 ff.; vgl. Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 39 Rn. 67.

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breitet der Hinweis, dass die Schaffung weiterer Sanktionen – insbesondere bei unterlassenen Mitteilungspflichten im Sinne des § 15a WpHG – aufgrund der Möglichkeit der Verhängung von Geldbußen nicht erforderlich sei.28 Diese Argumentation lehnt sich an die Auffassung an, wonach es sich bei der Vermeidung von Streuschäden um eine Angelegenheit des Strafund Ordnungswidrigkeitenrechts handele.29 In genau entgegengesetzter Argumentation wird die Obergrenze von 100.000 EUR als Geldbuße auch als zu gering bewertet. Häufig wird vorgebracht, dass die Höchstgrenze des Bußgelds angesichts des teils erheblichen Ausmaßes des erwirtschafteten Gewinns, der mehrere Millionen Euro betragen kann, als wenig abschreckend und folglich nicht effektiv genug anzusehen ist.30 Die Möglichkeit einer über das Bußgeld von 100.000 EUR hinausgehenden Gewinnabschöpfung ist in Anbetracht des Ausmaßes des Pflichtenverstoßes, des Telos des Ordnungswidrigkeitenrechts sowie unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu würdigen. Mann muss vermeiden, dass ein deutliches Ungleichgewicht zwischen Pflichtverstoß und angedrohter Sanktion herbeigeführt wird. Nachdem von der ursprünglich herrschenden Verwaltungsstrafrechtstheorie31 Abstand genommen wurde, hat sich der Rechtsgüterschutz des Ordnungswidrigkeitenrechts über den bloßen Ungehorsam gegen die staatliche Verwaltungstätigkeit hinaus auf individuelle Rechtsgüter sowie die Funktionsfähigkeit der Verwaltung erstreckt.32 Leichtere Rechtsgutsbeeinträchtigungen sind als Ordnungswidrigkeit zu ahnden, während intensivere Eingriffe der Strafe bedürften.33 Bei kumulativem Vorliegen einer Straftat sowie einer Ordnungswidrigkeit gilt § 21 OWiG: Grundsätzlich tritt die Ordnungswidrigkeit zurück, so28 So Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a Rn. 144, obgleich eingeräumt wird, dass die Geldbußen im Vergleich zu den erzielten Veräußerungsgewinnen gering ausfielen; Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (213). 29 So für das Lauterkeitsrecht Geis, FS Tilmann, 2003, S. 121, (131 f.); Sack, WRP 2003, 549 (557). 30 So auch Posegga, BKR 2002, 697 (698); Rosen, Directors’ Dealings, S. 57; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a, Rn. 144; Veil, ZGR 2005, 155 (169), die davon ausgehen, dass die Geldbuße zu niedrig bemessen ist, um den in § 15a WpHG genannten Personenkreis von einer Verletzung der Directors’ Dealings abzuhalten; a. A. Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (213). 31 Die Theorie des eigenständigen, vom kriminellen Unrecht zu unterscheidenden Verwaltungsstrafrechts war Vorbild für das nach dem 2. Weltkrieg entstandene Ordnungswidrigkeitenrecht, vgl. eingehend Goldschmidt, Verwaltungsstrafrecht; Goldschmidt, Begriff und Aufgabe eines Verwaltungsstrafrechts, DJZ 1902, S. 213 f.; Mattes, Untersuchungen, 2. HB, S. 5 ff.; Michels, strafbare Handlung, S. 5 ff. 32 Drathjer, Abschöpfung Vorteile, S. 27. 33 Eichelberger, Verbot der Marktmanipulation, S. 131.

A. Sanktionsdefizit

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lange eine Strafe verhängt wird oder das Strafverfahren nicht eingestellt wird.34 Ein Vergleich der Bußgeldrahmen im Fall des tatsächlichen Insiderhandels und bei Directors’ Dealings zeigt, dass das Bußgeld im zuletzt genannten Fall deutlich unter der Marke von 200.000 EUR liegt. Dies ist darin begründet, dass sich der Unwertgehalt eines Insiderhandels, der sogar strafbewehrt ist, und derjenige der Nichterfüllung der Mitteilungspflichten nach § 15a WpHG erheblich unterscheiden. § 15a WpHG stellt eine Vorschrift dar, die zwar im Kontext der insiderrechtlichen Vorschriften zu verorten ist, jedoch einen tatsächlichen Insiderhandel nicht sanktioniert. Eigengeschäfte von Führungspersonen mit Wertpapieren des eigenen Emittenten sind nicht automatisch mit einem nach § 14 WpHG relevanten Insiderwissen der die Transaktion tätigenden Person verbunden. Zur Bewertung des Abscheckungseffekts einer Sanktion ist ein Blick auf die Rechtswirklichkeit hilfreich.35 Beispielhaft soll das Volumen von Insiderkäufen und -verkäufen dargestellt werden. Das Handelsvolumen zeigt, in welchen Größenordnungen Insider ihre Geschäfte tätigen. Die Bußgelder sollten eine Höhe erreichen, die zumindest mit einem gewissen Abschreckungseffekt verbunden ist. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Bußgelder zu bloßen Rechnungsfaktoren degradiert werden. Im Jahre 2006 meldeten die Führungskräfte börsennotierter Unternehmen der BaFin 4.687 Geschäfte.36 2007 waren es 4.603, 2008 4.978 gemeldete Geschäfte.37 Zur Verdeutlichung sollen einige Beispiele dienen: Am 7.4.2008 hat ein Aufsichtsorgan der BB Medtech AG Käufe mit einem Volumen von 401.250 EUR getätigt. Ein Aufsichtsorgan der Symrise AG tätigte am 27.3.2008 Käufe in Höhe von 1.656.386,55 EUR. Die Insiderverkäufe beliefen sich bei einem geschäftsführenden Organ der Vivacon AG am 4.4.2008 auf 5.216.800 EUR. Insgesamt lässt sich binnen des Zeitraumes von Mai 2007 bis April 2008 ein durchschnittliches Handelsvolumen von 88.318,32 EUR pro Insidertransaktion feststellen.38 Wegen unterlassener, nicht rechtzeitiger, nicht richtiger oder nicht vollständiger Mitteilung oder Veröffentlichung von Insiderinformationen verhängte die BaFin 2006 neun Geldbußen von bis zu 80.000 EUR.39 Wegen Versto34

Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 39, Rn. 79. Vgl. zur praktischen Relevanz der Meldepflichten bei Directors’ Dealings Kapitel 2, C.II.3.a), S. 83 ff. 36 Siehe BaFin, Jahresbericht 2006, vom 10. Mai 2007, S. 177. 37 BaFin, Jahresbericht 2007, S. 186. 38 Tabelle der mitgeteilten Directors’ Dealings nach BaFin siehe: http://ww2. bafin.de/database/DealingsInfo/. 39 BaFin, Jahresbericht 2006 vom 10. Mai 2007, S. 177. 35

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

ßes gegen die Meldepflichten von Unternehmensinsidern verhängte die BaFin 2006 acht Geldbußen von bis zu 5.000 EUR40, 2007 zehn Geldbußen von bis zu 37.000 EUR41 und 2008 zwei Geldbußen von bis zu 16.000 EUR42. Zwar lässt ein durchschnittliches Handelsvolumen bei Transaktionen der Insider von ca. 88.318 EUR noch kein Rückschluss auf den hierbei erwirtschafteten Gewinn zu. Jedoch kann zumindest festgehalten werden, dass ein Bußgeld von bis zu 5.000 EUR bzw. maximal 37.000 EUR nicht genügend abschreckend wirkt, wenn die Einzelpersonen Investitionen in einem Rahmen von 90.000 EUR tätigen können. Insbesondere 5.000 EUR können hierbei leicht in die Kalkulation einbezogen werden. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass eine Verbesserung der Sanktionierung von Marktfehlverhalten durch Erhöhung des bislang ohnehin nicht ausgeschöpften Bußgeldrahmens daher zweifelhaft erscheint.43 bb) US-amerikanisches Recht: Civil penalty nach § 21A SEA 1984 wurde mit dem Erlass des Insider Trading Sanctions Act (ITSA) § 21A in den SEA eingefügt. § 21A SEA gibt der SEC ein weites Spektrum an administrativen und auf dem Klageweg anzustrengenden Rechtsverfolgungsmöglichkeiten. So ist die SEC ermächtigt, vor Gericht den Insider auf Zahlung einer civil penalty von entweder 1.000.000 US-Dollar oder bis zum Dreifachen des vom Insider erzielten Gewinns, § 21A(a)(2) SEA, zu verklagen.44 Der erlangte Betrag ist an das US Finanzministerium abzuführen, § 21A(e) SEA, womit zum Ausdruck kommt, dass mit der civil penalty nicht der Schadensausgleich individueller Anleger bezweckt ist, sondern eine Kompensation der der Allgemeinheit insgesamt durch Zuwiderhandlung zugefügten Schädigung. Daneben soll durch den Abschreckungseffekt eine Verhaltenssteuerung potentieller Täter erfolgen.45 40

BaFin, Jahresbericht 2006 vom 10. Mai 2007, S. 177. BaFin, Jahresbericht 2007, S. 187. 42 BaFin, Jahresbericht 2008, S. 167. 43 Näher zur bußgeldrechtlichen Anpassung Kapitel 4 E., S. 197 ff. Für eine Gewinnabschöpfung neben einem Bußgeldtatbestand mit ordnungswidrigkeitenrechtlichem Charakter hat sich bereits der Arbeitskreis Gesellschaftsrecht ausgesprochen, Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, S. 24, 43. 44 D’Amato, Wis.L.Rev. 1989, 1433 (1435); Hausmaninger, Insider Trading, S. 288, 290; König, Verbot von Insiderhandel, S. 228; Sonderquist/Gabaldon, Securities Law, S. 165; Wang/Steinberg, Insider Trading (1996), S. 586 ff.; Winer, § 18.03 Federal Court Proceedings, S. 7. 45 Diver, Colum.L.Rev. 79 (1979), 1435 (1461–1471); Hausmaninger, Insider Trading, S. 289. 41

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Diese Sanktionen entsprechen im europäischen Sanktionensystem funktional den bereits erörterten verwaltungsrechtlichen Sanktionen.46 Die civil penalty ist neben anderen Sanktionen zu zahlen, so dass der Insider aufgrund einer privaten Klage oder einer Klage der SEC zur Herausgabe des durch das Insidergeschäft erwirtschafteten Gewinns47 zuzüglich der Zahlung einer auf § 21A SEA beruhenden civil penalty bis zum dreifachen des erwirtschafteten Gewinns verpflichtet werden kann.48 Vom Anwendungsbereich her gesehen ist § 21A SEA auf den anonymen Wertpapierhandel beschränkt und betrifft keine Privattransaktionen (sog. face-to-face-Transaktionen).49 Voraussetzung für eine civil penalty ist, dass die betreffenden Personen gegen Vorschriften des SEA verstoßen haben, indem sie Wertpapiertransaktionen in Kenntnis von Insiderinformationen vorgenommen haben.50 c) Möglichkeiten der Gewinnabschöpfung de lege lata in administrativen oder strafrechtlichen Verfahren aa) Deutsches Recht Im Folgenden ist zu untersuchen, inwieweit das geltende Recht Möglichkeiten der Gewinnabschöpfung bei Verstößen gegen die Ge- und Verbote aus §§ 14, 15, 15a WpHG eröffnet. Nach dem Wortlaut der allgemeinen Vorschrift des § 17 Abs. 4 OWiG besteht die Möglichkeit, über das gesetzliche Höchstmaß hinauszugehen, um den wirtschaftlichen Vorteil vollständig abzuschöpfen.51 So soll gemäß § 17 Abs. 4 S. 1 OWiG eine Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit erwirtschaftet hat, übersteigen. Eine Begrenzung auf das gesetzliche Höchstmaß ist dabei nicht einzuhalten, § 17 Abs. 4 S. 2 OWiG. Bei der Be46 König, Verbot von Insiderhandel, S. 226. In Großbritannien ist nach dem FSMA 2000 der FSA die Befugnis eingeräumt, administrative Sanktionen bei Insiderverstößen zu verhängen. Insbesondere kann die FSA eine Strafe in der nach eigener Einschätzung angemessenen Höhe verhängen (financial penalty), § 123(1) FSMA 2000, das sog. „statement of policy“ betreffend die Sanktionen („penalties“) kann unter http://www.fsa.gov.uk/handbook/ abgerufen werden. Daneben kann die Behörde ein Gericht um Verfolgung anrufen, § 129 FSMA, Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, 458; Minghella, in: Financial Services and Markets Act 2000, S. 262 (263). 47 Siehe hierzu im Rahmen von § 10(b) SEA i. V. m. Rule 10b-5 Kapitel 3, A.I.2.b)aa)(2), S. 135 ff. 48 Palmiter, Securities Regulation, S. 370. 49 Hausmaninger, Insider Trading, S. 289. 50 Winer, § 18.03 Federal Court Proceedings, S. 8. 51 Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (213).

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messung der Geldbuße bildet der Gewinn des Betroffenen folglich die untere Grenze, während deren Höchstmaß nicht höher ausfallen darf, als der jeweils erzielte wirtschaftliche Vorteil zuzüglich des angedrohten Höchstmaßes der Geldbuße.52 § 17 Abs. 4 OWiG gilt sowohl bei vorsätzlichem Pflichtenverstoß, als auch bei fahrlässigem Handeln.53 Die Berechnungsmethode kann anhand des Beispielsfalles verdeutlicht werden. In dem obigen Beispielsfall könnte V auf der Grundlage von § 17 Abs. 4 OWiG zunächst der Gewinn von 2000 EUR abgeschöpft werden. Zusätzlich könnte er für die unterlassenen Mitteilungspflichten nach § 15a WpHG mit einem Bußgeld bis zu 100.000 EUR belegt werden. (1) Nichterfüllung der Meldepflichten aus § 15a WpHG Untersucht werden soll, ob auch Gewinne, die aus nicht nach § 15a WpHG gemeldeten Transaktionen resultieren, von § 17 Abs. 4 OWiG erfasst sind. Im Rahmen von Verstößen gegen § 15a WpHG wird eingewandt, dass das Organmitglied die Vorteile nicht aus der Ordnungswidrigkeit in Gestalt der unterlassenen Mitteilung, sondern aus der zeitlich vorgelagerten Wertpapiertransaktion ziehe.54 „Aus der Ordnungswidrigkeit gezogen“ bedeute, dass der Anknüpfungspunkt der jeweilige Pflichtenverstoß sei, nicht hingegen der die Pflicht auslösende Umstand.55 Eine extensive Interpretation des § 17 Abs. 4 OWiG dahingehend, den wirtschaftlichen Vorteil des Täters darin zu sehen, den Ermittlungen seitens der BaFin sowie der Justizbehörden zu entgehen, wird mit der Begründung abgelehnt, dass nach dieser Vorschrift nur unmittelbar aus der Ordnungswidrigkeit gezogene Vorteile abgeschöpft werden können.56 Zwar sollen nach der Gegenauffassung nicht nur in Geld bestehende, sondern auch sonstige Vorteile wirtschaftlicher Art auf der Grundlage von § 17 Abs. 4 OWiG abgeschöpft werden können – so u. a. auch die Verbesserung der Marktlage gegenüber anderen Wettbewerbern57, die sichere Aussicht auf künftige Gewinnerzielung58 und Gebrauchsvorteile59. Dem wird jedoch 52

Drathjer, Abschöpfung Vorteile, S. 138; Gürtler, in: Göhler, OWiG, § 17 Rn. 37, 50. 53 Gürtler, in: Göhler, OWiG, § 17 Rn. 39. 54 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 373; Veil, ZGR 2005, 155 (168). 55 Gürtler, in: Göhler, OWiG, § 17 Rn. 39a m. w. Nachw. 56 Bohnert, OWiG, § 17 Rn. 26; Lemke/Mosbacher, OWiG § 17 Rn. 38; Veil, ZGR 2005, 155 (168). 57 BT-Drucksache V/2600/2601, S. 4; OLG Hamburg NJW 1971, 1000 (1002). 58 OLG Karlsruhe, NJW 1975, 793. 59 OLG Karlsruhe, NJW 1975, 793; allgemein zu der Erfassung mittelbarer Gewinne: Drathjer, Abschöpfung Vorteile, S. 87; Gürtler, in: Göhler, OWiG, § 17 Rn. 39b.

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entgegengehalten, dass sich diese Konstellationen, in denen auch mittelbar erlangte Gewinne als vom Ordnungswidrigkeitenrecht erfasst gelten, maßgeblich von dem vorliegenden Fall der unterlassenen Mitteilungspflichten nach § 15a WpHG unterschieden.60 Mittelbare Gewinne seien dann als berücksichtigungsfähig anzusehen, wenn sie aus einer erfolgreichen Verwertung der ursprünglichen Tatfrüchte herrührten.61 So seien die strengeren und ausdifferenzierten Wertungen des Verfalls in den §§ 73 Abs. 2, 73a StGB ergänzend heranzuziehen.62 Nicht jeder mittelbare Vorteil sei danach als abschöpfungsfähig zu qualifizieren, sondern lediglich Nutzungen, Surrogate sowie ein etwaiger Wertersatz.63 Unter zwei – hier nicht zu befürwortenden – Hypothesen könnten erwirtschaftete Gewinne bei Nichtvornahme der Meldungen als mittelbare Gewinne im Rahmen von § 17 Abs. 4 OWiG abgeschöpft werden: zunächst unter der Voraussetzung, dass man mittelbare Gewinne grundsätzlich nach § 17 Abs. 4 OWiG als abschöpfungsfähig qualifiziert und weiter für den Fall, dass eine Mitteilungspflicht auch vor Vornahme der Transaktion eingeführt würde.64 Bei einer unterlassenen Mitteilung trotz Vorabveröffentlichungspflicht wäre eine kausale Verknüpfung zwischen der unterlassenen Mitteilung und dem gezogenen Gewinn zumindest aufgrund der zeitlichen Abfolge nicht ausgeschlossen. Lässt man sich auf diese Argumentation ein erscheint dann aber zweifelhaft, ob eine dem Insider entgegenkommende Fristenregelung in Gestalt der Ausdehnung der Meldefrist auf fünf Werktage nach Vornahme der Transaktion zu einem Ausschluss der Gewinnabschöpfungsmöglichkeit mangels Qualifikation des Gewinns als mittelbar führen kann, wenn eine hypothetische unterlassene ex ante-Veröffentlichungspflicht eine solche Mittelbarkeit zumindest nahe legt. In der Konsequenz könnten unter den genannten, im Ergebnis jedoch abzulehnenden Hypothesen auch bei einer ex post erfolgenden Mitteilungspflicht rechtswidrig erwirtschaftete Gewinne als mittelbar und folglich als abschöpfungsfähig i. S. d. § 17 Abs. 4 OWiG qualifiziert werden. Die Überlegungen zur Reichweite der mittelbaren Gewinne im Rahmen von § 17 Abs. 4 OWiG sollen an dieser Stelle nicht intensiviert werden. Um die maßgebliche Fragestellung einer Gewinnabschöpfung als Sanktions60

So Veil, ZGR 2005, 155 (168). Drathjer, Abschöpfung Vorteile, S. 84; Veil, ZGR 2005, 155 (168). 62 Gürtler, in: Göhler, OWiG, § 17 Rn. 39b. 63 Gürtler, in: Göhler, OWiG, § 17 Rn. 39b. Die von Interessensgesichtspunkten geprägte Auslegung von § 17 Abs. 4 OWiG: „aus der Ordnungswidrigkeit gezogen“, die auch mittelbare Vorteile miteinbezieht, weckt aufgrund ihrer Expansion erhebliche Zweifel, vgl. Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG § 39 Rn. 73. 64 Siehe zu der einer Transaktion vorangehenden Veröffentlichungspflicht Kapitel 4, C.I., S. 181. 61

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instrument in Erinnerung zu rufen, ist festzuhalten, dass ein rechtspolitisches Bedürfnis nach einer (kumulativen) spezialgesetzlichen Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht nicht durch die (hypothetische) Gewinnabschöpfung in § 17 Abs. 4 OWiG ausgeschlossen wird. § 17 Abs. 4 OWiG eröffnet nach der hier vertretenen Ansicht aufgrund der fehlenden Einordnung der nach § 15a WpHG gezogenen Gewinne als mittelbar und der generell fraglichen Einbeziehung mittelbarer Gewinne in § 17 Abs. 4 OWiG keine Möglichkeit der Gewinnabschöpfung bei nicht gemeldeten Eigengeschäften von Führungspersonen. (2) Verstöße gegen § 14 WpHG Bei den Insiderhandelsverboten nach § 14 WpHG besteht für den Fall der Weitergabe und des Zugänglichmachens von Insiderinformationen die Möglichkeit einer ordnungswidrigkeitenrechtlichen Gewinnabschöpfung nach §§ 39 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 i. V. m. § 17 Abs. 4 OWiG. (3) Nichterfüllung der Publizitätspflichten aus § 15 WpHG Bei der Nichtveröffentlichung einer ad-hoc-publizitätspflichtigen Tatsache nach § 15 WpHG kommt die Gewinnabschöpfung nur bei Erwirtschaftung eines Gewinnes durch Transaktionshandlungen der entsprechenden Führungsperson in Betracht, sog. Transaktionserfordernis.65 Hier stellt sich das Problem, dass nach geltender Rechtslage allein der Emittent zur Veröffentlichung von ad-hoc-publizitätspflichtigen Tatsachen verpflichtet ist. Folglich besteht keine Personenidentität, da zur Veröffentlichung allein der Emittent verpflichtet ist, die Transaktion jedoch von der entsprechenden Führungsperson getätigt wird. Zu denken wäre lediglich an mittelbare Gewinne des Emittenten.66 bb) US-amerikanisches Recht Im US-amerikanischen Recht ist das Insiderhandelsverbot mit der Sanktion in Gestalt der Gewinnabführung belegt worden.67 Der Begriff „disgorgement“ (Gewinnabschöpfung) ist im US-amerikanischen Insiderrecht alt hergebracht.68 Er hat zum Inhalt, dass der gesamte erwirtschaftete Gewinn 65 Zum Transaktionserfordernis des Insiders siehe Kapitel 4, F.III.1.a)bb), S. 208 ff.; zum Transaktionserfordernis anspruchsberechtigter Anleger siehe Kapitel 5, D.II.2.b)cc), S. 274. 66 Näheres zum Emittenten als Haftungssubjekt unter Kapitel 7, A.II., S. 320 ff. 67 Hopt/Will, Europäisches Insiderrecht, S. 88–90. 68 Robinson, Geo.Wash. L.Rev. 62 (1993–1994), 432 (435).

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herauszugeben ist, sofern er unter Verletzung des US-amerikanischen Insiderhandelsverbots, folglich bei betrügerischem (fraudulent) oder treuepflichtwidrigem Verhalten erlangt wurde.69 Die Gewinnabschöpfung ist sowohl in administrativen Verfahren als auch in Prozessen vor Gericht möglich.70 Von den der SEC zur Bestrafung des Insiderhandels zustehenden Sanktionsmöglichkeiten wird die Gewinnabschöpfung als das am häufigsten gebrauchte und effektivste Mittel angesehen.71 Die SEC kann in jedem Verfahren, in dem eine sog. cease and desist-Anordnung zulässig ist, auch den unrechtmäßig erwirtschafteten Gewinn einziehen, § 21C(e) SEA. Weiter kann die SEC zusätzlich zu einer Unterlassungsverfügung die Herausgabe des erwirtschafteten Gewinns verlangen.72 Im Jahre 2002 wurde mit dem Sarbanes Oxley Act eine gesetzliche Verankerung für diesen Rechtsbehelf geschaffen, § 21(d)(5) SEA. Die behördliche Gewinnabschöpfung wird als eine Art Wiedergutmachung im Sinne einer Restitution angesehen, um ein Signal zu setzen, dass sich rechts- und pflichtwidriges Verhalten nicht lohnt.73 2. Zivilrechtliche Begutachtung a) Deutsches Recht aa) Allgemeine zivilrechtliche Begutachtung (1) Nichtigkeit der Insidertransaktion, § 134 BGB Die Rechtsfolge der Nichtigkeit nach § 134 BGB greift nur dann ein, wenn dies von der Verbotsnorm nach Sinn und Zweck beabsichtigt ist.74 69 Robinson, Geo.Wash. L.Rev. 62 (1993–1994), 432 (435 f.); Winer, § 18.10 Disgorgement, S. 1. 70 Winer, § 18.10 Disgorgement, S. 1. So auch die Rechtslage in Großbritannien: Die Gewinnabschöpfung im Sinne einer restitution kann sowohl durch die FSA erlassen werden – § 384 FSMA – als auch von ihr vor Gericht beantragt werden, § 383 FSMA, Vgl. bei Walker, in: Financial Services and Markets Act 2000, S. 113 (127). Die abgeschöpften Gewinne sind zunächst an die FSA auszuzahlen. Diese hat die Beträge an die unmittelbaren Vertragspartner (und nicht wie im US-amerikanischen Rechtsraum an die contemporaneous traders) des Insiders auszuzahlen, Minghella, in: Financial Services and Markets Act 2000, S. 262 (265). 71 Bainbridge, Insider Trading, S. 56; Winer, § 18.03 Federal Court Proceedings, S. 6. 72 Vgl hierzu die im Zuge des Erlasses des Sarbanes-Oxley Act von 2002 von der SEC erlassenen Rules on Fair Fund and Disgorgement Plans, http://www.sec. gov/about/fairfund042104.htm; König, Verbot von Insiderhandel, S. 227. 73 Hicks, Civil Liabilities, 2-107.

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Die Nichtigkeitsfolge soll dann eintreten, wenn das Verbot dem Schutz der anderen Vertragspartei dient.75 § 15a WpHG stellt kein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB, sondern eine Publizitätspflicht dar, die an bereits geschlossene zivilrechtliche Verträge anknüpft.76 Daher kann eine Nichtigkeit der Transaktion nicht angenommen werden.77 Ebenso nimmt die herrschende Lehre keine Nichtigkeit des Insidergeschäfts nach § 14 WpHG an.78 (2) Vertragliche Ansprüche des Transaktionspartners und anderer Anleger gegen Insider In Betracht kommt auch ein vertraglicher Anspruch des Geschädigten auf Ersatz des durch die Insidertransaktion entstandenen Schadens.79 Für einen vertraglichen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Insiderhandelsverbots fehlt es jedoch in aller Regel an der dort vorausgesetzten Sonderverbindung zwischen Schädiger und Geschädigtem. Allein der Transaktionspartner könnte bei Direktgeschäften außerhalb der Börse einen entsprechenden Schaden geltend machen.80 Die Personifizierung des entsprechenden Transaktionspartners bei Börsengeschäften ist aufgrund der Anonymität des Kapitalmarktes zumeist schwierig bzw. unmöglich.81 Beim Wertpapier74 Bliesener, Aufsichtsrechtliche Verhaltenspflichten, S. 147. Canaris bildet bestimmte Fallgruppen, bei denen § 134 BGB eingreifen soll. Hierzu zählt er unter anderem die Typen von Verbotsnormen, die wegen in der Person eines Beteiligten liegender Umstände verboten werden sollen, Canaris, Gesetzliches Verbot und Rechtsgeschäft, S. 21 ff., 34 ff., 40 ff., 47 ff. 75 Es wird auch vertreten, dass statt der starren Alles-oder-Nichts-Lösung des § 134 BGB ein flexibleres System mit einer schwebenden Unwirksamkeit vorzuziehen sei, Canaris, Gesetzliches Verbot und Rechtsgeschäft, S. 36. 76 Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15a Rn. 198. 77 Sethe, in: Assmann/Schneider, § 15a WpHG, Rn. 138. In Österreich wird hingegen überlegt, eine Nichtigkeit nach § 879 ABGB anzunehmen, obwohl der Vertragspartner des Insiders nicht verbotswidrig handelt. Die Schutzrichtung der Norm wird in der Literatur als Indiz für die Nichtigkeit des Geschäfts angesehen, Kalss/ Opitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, S. 500. 78 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 206 f.; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 284. Darüber hinaus tritt auch kein Rechtsverlust für Papiere aus nicht gemeldeten Geschäften gemäß § 28 WpHG ein, vgl. Osterloh, Directors’ Dealings, S. 626. Die Erstreckung der Sanktion des Rechtsverlusts de lege ferenda auf Verletzungen der insiderrechtlichen Normen sowie auf § 15a WpHG wird aufgrund der für das Unternehmen und andere Aktionäre verbundenen Rechtsunsicherheit abgelehnt, vgl. hierzu Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (213). 79 Näheres zum Geschädigten unter Kapitel 3, B.III.1.a), S. 162 ff.; vgl. hierzu auch Benzinger, Zivilrechtliche Haftungsansprüche, S. 90 f. 80 Kaiser, WM 1997, 1557 (1558).

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kauf handelt es sich überdies um einen Rechtskauf, so dass der Verkäufer nach §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 2, 435 BGB für den rechtlichen Bestand des Kaufobjekts haftet. Es greift jedoch keine Haftung für den vertraglich vorausgesetzten Wert ein.82 Damit entfällt eine Haftung für Insiderverstöße wegen eines Rechtsmangels nach §§ 453 Abs. 1, 433 Abs. 1 S. 2 und 435 BGB.83 Folglich scheiden vertragliche Schadensersatzansprüche aus. (3) Anspruch des Emittenten gegen Insider auf Gewinnherausgabe nach den Grundsätzen der angemaßten Eigengeschäftsführung Der Emittent könnte bei einem Insiderhandel oder bei Vorliegen von Directors’ Dealings einen Anspruch gegen den Insider auf Herausgabe des gezogenen Gewinns nach den Grundsätzen der angemaßten Eigengeschäftsführung haben, § 687 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 681, 667 BGB. Das betreffende Wertpapiergeschäft muss dann unter Ausnutzung von Insiderinformationen erfolgt sein, die aus dem Geschäftsbereich der Gesellschaft stammen. Unveröffentlichte Informationen stehen allein der Gesellschaft zu.84 Dieser Grundsatz findet seine gesetzliche Verankerung in § 17 UWG, § 203 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 204 StGB und § 404 AktG. Da die Gesellschaft selbst die entsprechenden Transaktionen nicht hätte tätigen können und dürfen, ist zweifelhaft, ob der Kauf und Verkauf von Wertpapieren – auch wenn sie von Verwaltungsmitgliedern der Aktiengesellschaft vorgenommen werden – in den Geschäftskreis der Gesellschaft fallen.85 Die Gesellschaft kann keine eigentümerähnliche Position an der Insiderinformation einnehmen, da ihr selbst aus Gründen des Anlegerschutzes kein Verwertungsrecht zusteht.86 Die Gesellschaft ist selbst nicht berechtigt, eigene Aktien zu erwerben, § 71 AktG. Eine Eigentümerstellung 81 Zu einzelnen vertraglichen Ansprüchen insbesondere beim face-to-face-Geschäft siehe Kaiser, WM 1997, 1557 (1558 f.); Schanz, Börseneinführung, S. 595. 82 Zu den Besonderheiten bei der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen Kaiser, WM 1997, 1557 (1558). 83 Vgl. hierzu näher Schanz, Börseneinführung, S. 595. 84 Siehe zum US-amerikanischen Recht Hausmaninger, Insider Trading, S. 66 ff. m. w. Nachw. 85 Vgl. Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 212. Auch im sog. Untervermietfall, in dem der Hauptmieter das Mietobjekt gewinnbringend unberechtigt weitervermietet, dieser Hauptmieter nicht zur Herausgabe des Gewinns an den Vermieter verpflichtet, vgl. NJW 2007, 216–217; siehe zum Recht Großbritanniens Ashe/Murphy, Insider Dealing, S. 114. In Großbritannien kommt es auf den Einwand, dass der Emittent eine Verwertung der entsprechenden Insiderinformationen nicht hätte vornehmen können gerade nicht an, vgl. Rider, Enforcement of Finance Services Law, in: Rider/Ashe, The Fiduciary, the Insider and the Conflict, S. 211. 86 Hausmaninger, Insider Trading, S. 66 f.

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hingegen ermöglicht grundsätzlich die uneingeschränkte Verfügung über den Gegenstand. Einschränkungen können in Ausnahmefällen erfolgen. Ein grundsätzliches Diktat für Verhaltenspflichten des Eigentümers, insbesondere Verfügungsverbote, ist mit der klassischen Eigentümerstellung des deutschen Zivilrechts nicht vereinbar. Zu beachten ist daher, dass die Frage, wem der Wert der Insiderinformation gehört, primär von rechtsphilosophischer Natur ist. Denn weder kann ein bestimmter Marktwert der Insiderinformationen festgesetzt werden, noch können Unternehmen selbst über die Informationen verfügen oder auf deren Grundlage Transaktionen tätigen. Im US-amerikanischen Recht wird die Möglichkeit der Verletzung von Verfügungsrechten an Informationen des Emittenten durch Insiderhandelstransaktionen unter dem Titel der „property rights theory“ erörtert.87 Danach stehen dem Emittenten Rechte an unternehmensbezogenen Informationen zu.88 Auch wenn eingeräumt wird, dass die Eigentümerstellung an Informationen von sonstigen klassischen Fällen der Eigentümerstellung – beispielsweise im Urheberrecht – erheblich abweicht, so wird die Eigentümerstellung des Emittenten primär pragmatisch in Abgrenzung zum Insider begründet.89 Danach sprechen zumindest mehr Gründe dafür, die Insiderinformation dem Unternehmen rechtlich zuzuordnen, als dem Insider.90 So kann ein Insiderhandel auch stets als ein Eingriff in die Verfügungsrechte des Unternehmens gesehen werden.91 Dieser „Diebstahl von Informationen“ sei – ebenso wie die daraus resultierende Schädigung des Unternehmens – zu verhindern. Diese Grundsätze finden sich auch im deutschen Immaterialgüterrecht wieder. Um dem Ausgleichsgedanken hinreichend Rechnung zu tragen, ist beispielsweise im Geschmacksmustergesetz anerkannt, dass sich der Verletzer so behandeln lassen muss, als hätte auch der Rechtsinhaber den gleichen Gewinn erwirtschafteten können.92 Im Gegensatz zum Immaterialgüterrecht handelt es sich jedoch im Kapitalmarktrecht nicht lediglich um die 87 Hausmaninger, Insider Trading, S. 66 m. w. Nachw.; Bainbridge, Insider Trading, S. 164 ff.; zur Idee des „property right“ an Informationen auch Easterbrook/ Posner, Antitrust, S. 263 ff.; König, Verbot von Insiderhandel, S. 40. 88 Hausmaninger, Insider Trading, S. 66; Weinrib, U. Toronto L.J. 38 (1988), 117 (126 ff.). „In the case of confidential information, the owner’s right to prevent unauthorized use and disclosure of the information is of primary importance“, Weinrib, U. Toronto L.J. 38 (1988), 117 (127). 89 Siehe Bainbridge, Insider Trading, S. 164 ff. 90 Bainbridge, Insider Trading, S. 164 ff. 91 Vgl. die Ausführungen bei König, Verbot von Insiderhandel, S. 40. 92 Vgl. § 14a Abs. 1 S. 2 Geschmacksmustergesetz; Loschelder, NJW 2007, 1503.

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Fiktion einer bestimmten Gewinnsumme, sondern um die Fiktion einer Kausalität bzw. eines hypothetischen Kausalverlaufs. Bei einem Insiderhandelsdelikt steht bereits von vornherein fest, dass der Emittent die entsprechende Verwertung der Information in keinem Fall vorgenommen hätte. Folglich besteht nach der herkömmlichen Auslegung der angemaßten Eigengeschäftsführung kein Anspruch des Emittenten auf Gewinnherausgabe beim Insiderhandel. (4) Eingriffskondiktion des Emittenten und einzelner Anleger gegen Insider Eine Eingriffskondiktion im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Var. setzt eine Vermögensverschiebung zugunsten der Vermögensmasse des Gewinnziehenden und zu Lasten der Vermögensmasse(n) des Geschädigten voraus, die rückgängig gemacht werden soll. Dafür ist wichtig, dass der Vermögensvorteil auf Kosten des Geschädigten gezogen wurde. Bei einem Anspruch aus Eingriffskondiktion ist maßgebend, ob es sich bei der Ausnutzung von Insiderinformationen um einen Eingriff in ein der betroffenen Gesellschaft zugewiesenes Recht handelt. Da der Erwerb und Besitz eigener Aktien nicht von der Rechtsordnung gebilligt wird, kann auf der Sekundärebene kein Bereicherungsausgleich akzeptiert werden.93 Der einzelne Anleger und der Emittent haben ebenfalls keine Verwertungsrechte an den Informationen, so dass auch hier kein Kondiktionsanspruch derselben gegen den Insider angenommen werden kann. (5) Deliktische Ansprüche der Anleger gegen Insider nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 14, 15, 15a Abs. 1 WpHG Fraglich ist, ob eine Klassifizierung von § 14 WpHG, § 15 WpHG oder § 15a WpHG als Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB in Betracht kommt. Als Schutzgesetze sind allgemein solche Normen zu qualifizieren, die – sei es auch neben dem Schutze der Allgemeinheit – dazu bestimmt sind, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise vor der Verletzung eines Rechtsguts zu schützen. Dies ist aus Inhalt und Zweck des Gesetzes zu beurteilen.94 Die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs muss erkennbar vom Gesetz erstrebt sein oder zumindest im Rahmen des haft93

Ebenso: Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 212. So die ständige Rechtsprechung, z. B. RGZ 128, 298 (300); 138, 219 (231); BGHZ 12, 146 (148); 40, 306 (306); 46, 17 (23); 100, 13 (14 f.); 103, 97 (199); Sprau, in: Palandt, BGB, § 823 Rn. 57 m. w. Nachw. 94

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pflichtrechtlichen Gesamtsystems als tragbar erscheinen.95 Aus kapitalmarktrechtlicher Sicht muss eine Norm zur Qualifikation als Schutzgesetz damit nicht lediglich auf den Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes insgesamt, sondern auch auf den des individuellen Kapitalanlegers zielen.96 Es kommt nicht in Betracht, dem WpHG insgesamt einen individualschützenden Charakter abzusprechen. Vielmehr muss die Frage nach der Schutzgesetzeigenschaft der wertpapierrechtlichen Normen für jede einzelne Norm gesondert entschieden werden.97 Nach dem Wortlauf kann bei den hier relevanten Normen keine eindeutige Schutzgesetzeigenschaft begründet werden. (a) § 14 WpHG als Schutzgesetz Das Verbot von Insidergeschäften bezweckt unstreitig den Schutz des Anlegervertrauens in die ordnungsgemäße Abwicklung der Wertpapiergeschäfte.98 Das schutzwürdige Vertrauen der Anlegerschaft bezieht sich vor allem auf die mit dem Verbot von Insidergeschäften einhergehende Zusicherung einer weitergehenden Chancengleichheit der Investoren am Markt.99 Der Anlegerschutz wird einerseits als Individualschutz im Sinne des Schutzes der Individualinteressen des einzelnen Anlegers, andererseits als überindividueller Anlegerschutz, bei dem nicht der Einzelne, sondern die gesamte Anlegerschaft im Sinne des Anlegerpublikums als Träger des Angebots- und Nachfragepotentials im Mittelpunkt steht, verstanden.100 Die überwiegende Auffassung sieht jedoch in den insiderrechtlichen Regelungen des WpHG in Übereinstimmung mit dem europäischen Recht allein einen Schutz der „Funktionsfähigkeit des organisierten Kapitalmarktes“, so dass ein Verstoß gegen insiderrechtliche Regelungen keine unmittelbare zivilrechtliche Verantwortlichkeit nach sich zieht.101 Der Schutz des Anlegerpu95 BGHZ 46, 17 (23); BGH, NJW 1976, 2129 f.; NJW 1992, 241 (242), dazu Schiemann, EWiR 1992, 33. 96 Vogler, Fehlerhafte Anlageberatung, S. 218. 97 Vgl nur beispielsweise die Entscheidung BGH, BB 2008, 1132, (1133); Hopt, Insider- und Ad-hoc-Publizitätsprobleme, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band II, § 107, Rn. 7. 98 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn 13, Rn. 280 f. 99 Assmann, in: Assmann/Schneider, § 14 Rn. 10; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 281. 100 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.388; siehe hierzu auch Caspari, Anlegerschutz in Deutschland im Lichte der Brüsseler Richtlinien, S. 7 ff. 101 Begr. RegE 2. FFG, BT-Drucksache 12/6679, S. 47, 57; vgl. Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 14 Rn. 7; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 281;

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blikums ergibt sich hierbei nur als Rechtsreflex und nicht als primärer Schutzzweck der Norm.102 Normen, die dem kapitalmarktrechtlichen Funktionenschutz gewidmet sind, dienen vorrangig dem öffentlichen Interesse und können damit nicht als Schutzgesetze qualifiziert werden.103 Für den Dualismus zwischen Anlegerschutz auf der einen Seite und Funktionenschutz auf der anderen Seite kann man das Begriffspaar: Vertrauensindividual- und Vertrauenskollektivschutz verwenden.104 Auch kann man argumentieren, dass die Anonymität des Kapitalmarktes kein Bedürfnis nach individuellen Schadensersatzansprüchen entstehen lässt.105 In der öffentlichen Anhörung zum Regierungsentwurf des KapInHaG wurden Bedenken dahingehend geäußert, dass die Zuerkennung von derartigen Schadensersatzansprüchen die Sanierung Not leidender Unternehmen erschweren oder gar unmöglich machen könne, da sich der Sanierungsbedarf um den Betrag erhöhen würde, der zur Begleichung der Schadensersatzansprüche von Anlegern erforderlich wäre.106 Das Argument, dass die Erfüllung von Ansprüchen in der Insolvenz des Schuldners dazu führt, dass die Sanierung bzw. die Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit zeitlich verzögert wird, ist jedoch nicht überzeugend, da dies auf jeden Anspruch übertragen werden kann und ihm damit seine „Existenzberechtigung“ genommen werden könnte. Nach anderer Auffassung ist § 14 WpHG seinem Wortlaut und Zweck zufolge als Schutzgesetz anzusehen, das einem durch Insidergeschäfte geFleischer, ZIP 2002, 1217, der auf eine Nähe zu § 21 WpHG abstellt; Grunewald/ Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 284. 102 Kümpel, Kapitalmarktrecht, S. 31. 103 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 19; Hopt, Insider- und Ad-hoc-Publizitätsprobleme, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band II, § 107, Rn. 6. Sofern § 14 WpHG primär dem öffentlichen Interesse dient, kommt aber eine Staatshaftung in Betracht, da der BaFin die Aufgabe zukommt, den Kapitalmarkt zu überwachen und zu kontrollieren. Da die BaFin jedoch nicht im Interesse der Anleger oder der Emittenten, sondern nur im öffentlichen Interesse tätig wird, scheidet ein Anspruch aus § 839 i. V. m. Art. 34 GG gegen den Staat aus, § 4 Abs. 4 FinDAG, vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 16.225. Der Anlegerschutz durch Staatshaftung ist Gegenstand juristischer Kontroverse. Die derzeitige Regelung des § 4 Abs. 4 FinDAG wird teilweise als zu weitreichend empfunden, vgl. Sethe, Anlegerschutz im Recht der Vermögensverwaltung, S. 993, 956 ff.; kritisch zur Effektivität des Einlegerschutzes durch Staatsaufsicht Binder, WM 2005, 1781 (1788 ff.) m. w. Nachw. zum Streitstand. 104 Watter, in: Vogt/Watter, Kommentar zum schweizerischen Kapitalmarkrecht, Art. 1 BEHG, Rn. 9–11; diese Begrifflichkeit begrüßend: Hopt/Voigt, in: Prospektund Kapitalmarktinformationshaftung, S. 13, Fn. 11. 105 Vgl. Caspari, ZGR 1994, 533. 106 BT-Drucksache 12/7918, S. 96; Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 622.

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schädigten Anleger in dem vom Verbotstatbestand abgedeckten Anwendungsbereich als zusätzliche Anspruchsgrundlage im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB zur Verfügung steht.107 Der pauschalen Ablehnung der Schutzgesetzeigenschaft wird entgegen gehalten, dass weniger die Argumentation um Schutzziele kapitalmarktrechtlicher Sanktionen als vielmehr die Vermeidung der Begründung einer Staatshaftung im Vordergrund stehe.108 Es drängt sich bei genauerem Hinsehen der Verdacht auf, dass die Schutzgesetzqualität der insiderrechtlichen Tatbestände insbesondere auch deshalb verneint wird, weil in der Praxis die Zuweisung der Schäden und das Ausfindigmachen der geschädigten Anleger schwer fällt, bzw. nahezu misslingt. So kann auch bei Qualifikation des § 14 WpHG als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB keine generelle Schadensersatzpflicht des Insiders gegenüber dem Transaktionspartner oder anderen Anlegern angenommen werden. Vielmehr müssten die allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen des § 823 Abs. 2 BGB erfüllt sein, so dass gerade nur der Anleger, der vom Insider erworben hat, den Schadensanspruch bei Nachweis des Schadens und der Kausalität geltend machen kann.109 Diese Beweisprobleme sprechen jedoch nicht zwingend gegen zivilrechtliche Sanktionen im Allgemeinen, sondern nur gegen die Ausweitung der Schadensersatzansprüche. Wie noch näher darzulegen ist, verringern sich die Beweisprobleme im Rahmen der Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtlicher Sanktion. (b) § 15 WpHG als Schutzgesetz In § 15 WpHG wird ausdrücklich der Wille des Gesetzgebers bekundet, dass diese Norm keine drittschützende Wirkung entfalten soll. Die ausdrückliche Normierung in § 15 Abs. 6 WpHG, wonach der Emittent nur unter den Voraussetzungen der §§ 37 b, c WpHG zum Schadensersatz verpflichtet ist, lässt zweierlei unterschiedliche Schlussfolgerungen zu: einerseits kann angenommen werden, dass § 15 Abs. 6 WpHG lediglich ein deklaratorischer Charakter zukommt, da allen kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten eine drittschützende Wirkung abzusprechen ist, andererseits kann § 15 Abs. 6 WpHG auch als Ausnahmevorschrift interpretiert werden, 107

Assmann, AG 1994, 203 (250); Claussen, DB 1994, 27 (31); Hausmaninger, Insider Trading, S. 284. 108 Allgemeiner: Merkt, Unternehmenspublizität, S. 483: Die gesetzlich normierten kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten durch die Bank – insbesondere auch § 15 WpHG haben individual- und damit drittschützenden Charakter. 109 Assmann, AG 1994, 203 (250); Hausmaninger, Insider Trading, S. 284; Hopt, Insider- und Ad-hoc-Publizitätsprobleme, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Band II, § 107, Rn. 114.

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nach der alleine die Ad-hoc-Publizitätspflicht als nicht drittschützend einzustufen ist.110 Schutzzweck von § 15 WpHG ist primär, die Bildung unangemessener Börsen- oder Marktpreise der Finanzinstrumente zu verhindern, die durch Informationsdefizite entstehen.111 Daher dient § 15 WpHG als eine das Insiderrecht flankierende Maßnahme auch dazu, dass den Anlegern ein hinreichendes Informationsniveau gesichert wird. Damit könnte der Norm auch ein individualschützender Charakter zuzusprechen sein.112 Für die Begründung der zivilrechtlichen Haftung des Emittenten gegenüber dem Anleger wird nach überwiegender Ansicht jedoch weniger der sozialstaatliche Aspekt der Ansprüche des Anlegers betont, sondern es werden vielmehr Funktionenschutzargumente angeführt.113 Die herrschende Meinung folgert aus § 15 Abs. 6 WpHG, dass § 15 Abs. 1 WpHG kein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB darstellt.114 Die Regelungen der §§ 37b, c WpHG sind spezielle Regelungen.115 (c) § 15a WpHG als Schutzgesetz Wie alle kapitalmarktrechtlichen Regelungen – was nun mehrfach festgestellt wurde – entfalten auch die Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten des § 15a WpHG Schutzwirkungen hinsichtlich der Anlegergleich110

Vgl. die Ausführungen bei Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, S. 374; Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 209. 111 Begr. RegE des 4. FFG, BT-Drucks. 14/8017, S. 87; Assmann, in: Assmann/ Schneider, WpHG, § 15, Rn. 27; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 340; Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 298. 112 So beispielsweise Assmann, AG 1994, 196 (203 f.). 113 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 16. 114 BGH, NJW 2005, 2450, 2451; BGH, NJW 2004, 2971 ff.; Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15, Rn. 307; Gottschalk, DStR 2005, 1648; Holzborn/ Foelsch, NJW 2003, 932 (937); Holzborn, in: Bürgers/Körber, Aktiengesetz, Anh § 93/§ 15 WpHG, Rn. 12. Im österreichischen Rechtsraum existiert keine gesetzliche explizite Grundlage für eine Organaußenhaftung bei Nichtvornahme der Adhoc-Publizitätspflicht. Zwar wurde deren Einführung in der Vergangenheit vermehrt diskutiert, jedoch ist bislang keine spezialgesetzliche Regelung geschaffen worden (Kalss/Opitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, S. 463). Die Haftung kann nach österreichischem Recht jedoch nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen gewonnen werden. Zunächst wird § 255 öAktG unter anderem als Schutzgesetz der Anleger gesehen. Nach dieser Vorschrift können Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder und andere Personen, die Berichte, Darstellungen und Übersichten betreffend die Gesellschaft oder damit verbundene Unternehmen vorsätzlich unrichtig wiedergeben, verschleiern oder verschweigen, strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. 115 Benzinger, Zivilrechtliche Haftungsansprüche, S. 227 f.

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behandlung und hinsichtlich des Funktionenschutzes.116 Zwar ergeben sich aus der Indikatorwirkung, die der Gesetzgeber dem § 15a WpHG zuschreibt,117 gewisse Anhaltspunkte für eine individuell anlegerschützende Intention.118 Die überwiegende Ansicht in der Literatur schreibt § 15a Abs. 1 WpHG hingegen keinen Schutzgesetzcharakter im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zu.119 Zur Begründung wird angeführt, dass § 15a WpHG zwar insofern eine individualschutzrechtliche Funktion zukäme, als dem Anlegerschutz durch eine verbesserte Informationslage geholfen werde, jedoch stünde der Funktionenschutz des Kapitalmarktes insgesamt im Zentrum.120 Primär solle die Lauterkeit des Marktgeschehens verbessert und damit die Attraktivität des Marktes gerade im internationalen Wettbewerb der Kapitalmärkte gestärkt werden.121 Der Anlegerschutz sei damit weniger Verbraucherschutz, als vielmehr notwendige Voraussetzung für die Effektivität und Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte selbst.122 (d) Sonstige wertpapierhandelsrechtliche Vorschriften als Schutzgesetze In einem Verfahren vor dem BGH im Jahr 2008 wurde die Frage untersucht, ob den §§ 31, 32 WpHG neben den aufsichtsrechtlichen Zielen auch ein individualschützender Charakter zuzusprechen ist.123 Bei den entsprechenden Vorschriften handelt es sich um Organisations- und Verhaltenspflichten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen. In einer früheren Entscheidung hat der Bundesgerichtshof lediglich ausgeführt, dass die Verbote der §§ 31 ff. WpHG in erster Linie aufsichtsrechtlichen Zielen dienten. Die 116 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 14; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.388; Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (199). 117 BT-Drucksache 14/8017, S. 63 und S. 87 f.; vgl. die Ausführungen unter Kapitel 2, C.II.2.a), S. 77 f. 118 So auch Fleischer, ZIP 2002, 1217 (1229); Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (215). 119 Benzinger, Zivilrechtliche Haftungsansprüche, S. 327 ff.; Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932 (937); Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 16.356; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a Rn. 140; Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15a Rn. 200, 201; Veil, ZGR 2005, 155 (165) m. w. Nachw. Anders ist die Rechtslage in Österreich. Hier ist die die Offenlegungspflicht bei Directors’ Dealings normierende Vorschrift, § 48d Abs. 4 BörseG, als Schutzgesetz gegenüber den Anlegern und gegenüber der Gesellschaft zu qualifizieren. (Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, S. 452). 120 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 16.356; Fleischer, ZIP 2002, 1217 (1218). 121 Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (215). 122 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 14. 123 BGH, NJW 2008, 1734 ff.

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Frage, ob es sich um Schutzgesetze handele, wurde aber damals nicht entschieden, sondern ausdrücklich offen gelassen.124 In jenem Verfahren hatte das OLG Frankfurt in der Berufungsinstanz angenommen, dass die betreffende Vorschrift des § 32 Abs. 2 Nr. 1 WpHG nicht nur dem Schutz der Allgemeinheit, sondern auch und gerade dem Schutz des Kunden gegen die Verletzung seines Rechts auf anleger- und anlagegerechte Beratung diene.125 Daher sei diese Vorschrift als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zu verstehen. Auch in einem weiteren Fall hat das OLG Frankfurt entschieden, dass § 34a Abs. 1 S. 1 WpHG Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB ist.126 Grundsätzlich wird argumentiert, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland von einer Erweiterung des Anlegerschutzes abhängig sei, denn die Kapitalmärkte lebten vom Vertrauen der Anleger.127 Auch in der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie wird über den Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes hinaus auch der Anlegerschutz deutlich erwähnt.128 Es bleibt fraglich, was aus dieser Entscheidung des OLG Frankfurt als Schlussfolgerung zu ziehen ist. In Betracht kommt eine Auslegung dahingehend, dass die Anerkennung des individualschützenden Charakters einer wertpapierrechtlichen Norm eine Öffnung des bisherigen Dogmas des fehlenden Drittschutzes wertpapierrechtlicher Normen darstellt. Im Rahmen der oben genannten Entscheidung hat der BGH jedoch seine frühere Rechtsprechung fortgesetzt, dem OLG Frankfurt widersprochen und festgestellt, dass § 32 Abs. 2 Nr. 1 WpHG kein Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB ist.129 Den §§ 31, 32 WpHG kommt keine eigenständige, über die zivilrechtlichen Aufklärungs- und Beratungspflichten hinausgehende, schadensersatzrechtliche Bedeutung zu. Zwar ist das starre Dogma, dass die kapitalmarktrechtlichen Normen allein auf den Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes gerichtet sind und den Anlegerschutz nur im Sinne eines Rechtsreflexes einbeziehen, kritisch zu hinterfragen. Dies bedarf der Beantwortung der grundlegenden Frage, ob das kapitalmarktrechtliche Sanktionensystem langfristig eine Öffnung für privatrechtliche Sanktionen verfolgen sollte. In dieser Arbeit kann 124 BGH, NJW 2002, 62; NJW 2005, 2917; für eine Qualifikation als Schutzgesetz sprechen sich verschiedene Literaturmeinungen aus: Bliesener, Aufsichtsrechtliche Verhaltenspflichten, S. 148 ff.; Hopt, ZHR 159 (1995), 135 (158). 125 OLG Frankfurt, ZIP 2006, 2218 (2219). 126 OLG Frankfurt AG 2006, 859–860; ZIP 2006, 2218–2220. 127 Hopt, ZHR 159 (1995), 135 (159). 128 2., 5., 30., 33., 37. Erwägungsgrund der Richtlinie; Hopt, ZHR 159 (1995), 135 (159 f.). 129 BGH NJW 2008, 1734 (1735).

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keine umfassende Untersuchung der Frage des Drittschutzes kapitalmarktrechtlicher Normen erfolgen. An dieser Stelle ist nur zu betonen, dass nach bislang gefestigter herrschender Meinung allein die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes insgesamt geschützt wird und daher kein Individualschutz vom Schutzzweck der Normen §§ 14, 15, 15a WpHG umfasst ist. (6) Deliktische Ansprüche des Emittenten und der Anleger nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. straf-, aktien- und kartellrechtlichen Schutzgesetzen Ein Schadensersatzanspruch des Emittenten oder der Anleger gemäß § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. strafrechtlichen oder aktienrechtlichen Schutzgesetzen wie §§ 263, 264a StGB (Betrug, Kapitalanlagebetrug) und § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG130 (unrichtige Darstellung von Vermögensverhältnissen) kommt bei Insiderhandelsverstößen grundsätzlich in Betracht.131 Zudem erfüllt der gegen Insiderverbote Verstoßende zumeist auch die Voraussetzungen des § 404 AktG, der die unbefugte Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen strafrechtlich sanktioniert und aufgrund seines strafrechtlichen Charakters auch als Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB einzustufen ist.132 Daneben kommt eine Haftung nach § 823 Abs. 2 i. V. m. § 17 UWG in Betracht. Schließlich kann eine fehlerhafte oder irreführende Ad-hoc-Mitteilung eine unlautere Wettbewerbshandlung i. S. d. § 3 UWG133 sowie eine irreführende Werbung i. S. d. § 5 UWG darstellen.134 Bei den zuletzt genannten Vorschriften handelt es sich um Schutzgesetze zugunsten der Unternehmen.135 130 Vgl zu der Einordnung einer fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilung unter § 400 AktG, OLG München ZIP 2006, 1246; Holzborn, in: Bürgers/Körber, Aktiengesetz, Anh. § 93/§ 15 WpHG, Rn. 12; Sethe, EWiR 2006, 739. 131 Schanz, Börseneinführung, S. 592. 132 Unter diese Vorschrift fallen insbesondere Zwischenberichte und sonstige schriftliche oder mündliche Erklärungen des Vorstandes außerhalb der Hauptversammlung. Für die Einbeziehung der Ad-hoc-Mitteilungen vgl. Bericht der Regierungskommission Corporate Governance vom 11. Juli 2001. Dagegen sieht der BGH, die Ad-hoc-Mitteilungen grundsätzlich nicht als strafbewehrt i. S. d. § 400 Abs. 1 Nr. 1 an, BGH, NJW 2004, 2664 (2665). 133 Die Schutzgesetzeigenschaft in Bezug auf das Unternehmen ist hierbei zu bejahen; als Schutzgesetz zugunsten der individuellen Anleger kommt insbesondere § 3 UWG nach h. M. jedoch nicht in Betracht, vgl. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, 1. Auflage, S. 57; Rittner/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, S. 143, Begr. RegE UWG zu § 8, BT-Drucks 15/1487, S. 22; Köhler, in: Hefermehl/Köhler/ Bornkamm, UWG, Einl 7.5; etwas anderes soll nur für die Strafvorschriften der §§ 16 bis 19 UWG gelten; vgl. auch Bornkamm/Köhler, in: Hefermehl/Köhler/ Bornkamm, Wettbewerbsrecht, UWG, § 16 Rn. 51. 134 Vgl. hierzu näher OLG Hamburg, GRUR-RR 2006, 377 f.; Holzborn, in: Bürgers/Körber, Aktiengesetz, Anh. § 93/§ 15 WpHG, Rn. 12 m. w. Nachw.

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Die tatbestandlichen Anforderungen solcher Schadensersatzansprüche des Emittenten und der Anleger bergen jedoch erhebliche Beweisprobleme, da insbesondere auf der subjektiven Seite ein strenger Vorsatznachweis und der Beweis positiver Kenntnis der Insiderinformation zu führen ist. Ein breiter, den Insiderverstößen adäquat begegnender Anwendungsbereich kann daher den genannten Vorschriften nicht zugesprochen werden. (7) Ansprüche der Anleger wegen vorsätzlicher, sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB gegen Insider und Emittent (a) Anspruchsvoraussetzungen Die zentrale Anspruchsgrundlage für eine persönliche Außenhaftung der Vorstandsmitglieder nach geltendem Recht bildet § 826 BGB. Die Vorschrift ist jedoch aufgrund ihrer eng gefassten Tatbestandsmerkmale (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung) nur in begrenzten Ausnahmesituationen einschlägig.136 Der BGH hat sich zunächst der sog. Informatec-Trilogie137 und weiter präzisierend in der sog. EM.TV-Entscheidung138 zu einen Schadensersatzanspruch gegen den Emittenten nach §§ 826, 31 BGB bzw. gegen die verantwortlichen Vorstandsmitglieder geäußert und diesen bejaht. In beiden Fällen, in denen der Anspruchsverpflichtete eine vorsätzliche fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG tätigte, sieht der BGH eine Sit135

BGH GRUR 1966, 153 f.; Kaiser, WM 1997, 1557 (1562). Vgl. Reifschneider, Informationeller Anlegerschutz, S. 136; Sethe, in: Assmann/Schneider, § 15a WpHG, Rn. 106; Schuster ZHR 167 (2003), 193 (215). Insbesondere in Fällen der Directors’ Dealings (§ 15a WpHG) kann eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung aufgrund der sonst zu befürchtenden Einfallsklausel über § 826 BGB nicht generell bejaht, sondern allenfalls in vereinzelten Ausnahmesituationen angenommen werden. Auch kann allein die Tatsache, dass das Insiderhandelsverbot strafbewehrt ist (§ 38 WpHG), eine Sittenwidrigkeit nicht begründen; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 280. Außerdem ist für die Haftung nach § 826 BGB erforderlich, dass der Schädigungsvorsatz des Insiders vom Anleger bewiesen wird. Dabei braucht sich der Vorsatz nur auf die Nachteilszufügung beziehen, nicht auf die Sittenwidrigkeit. 137 BGHZ 160, 134, BGH, NJW 2004, 2664 („Informatec I“); die vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch eine grob unrichtige Ad-hoc-Mitteilung, (. . .), verstößt gegen die Mindestanforderungen im Rechtsverkehr auf dem Kapitalmarkt und begründet eine Schadensersatzhaftung der verantwortlichen Vorstandsmitglieder nach § 826 BGB, so dem Inhalt nach BGH NJW 2004, 2668. („Informatec II“); BGHZ 160, 149, NJW 2004, 2971 ff. („Informatec III“). 138 BGH, NJW 2005, 2450 (2453). Der BGH, entschied, dass Altanleger, die durch eine unerlaubte Handlung des Vorstands von einem fest beabsichtigten Verkauf der Aktien Abstand genommen haben, den hypothetischen Verkaufspreis zum Kurs an dem ursprünglich geplanten Verkaufstermin beanspruchen können. 136

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tenwidrigkeit im Sinne des § 826 BGB als gegeben an.139 Die Verletzung der Publizitätspflichten bei Directors’ Dealings kann ebenfalls eine Haftung nach § 826 BGB auslösen, wenn eine Schädigungsabsicht des Insiders tatsächlich nachweisbar ist.140 (b) Kausalitätserfordernis Auch wenn die Nichtbefolgung der Mitteilungspflichten nach §§ 15, 15a WpHG in besonders gelagerten Fällen als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung angesehen wird, so bereitet die hypothetische Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem individuellen Entschluss des Klägers, die Aktien des entsprechenden Emittenten zu erwerben oder zu veräußern, Schwierigkeiten.141 Zurechenbar ist der Schaden nur dann, wenn sich der Anleger bei einem hypothetischen Kausalverlauf mit ordnungsgemäßer Publikation anders verhalten hätte.142 Die Darlegungs- und Beweislast trägt nach den allgemeinen Grundsätzen jeder einzelne Kapitalmarktteilnehmer.143 Aufgrund des modernen anonymen Kapitalmarktes vermag der Nachweis der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und der Transaktionsentscheidung des Anlegers nicht gelingen. Vorschläge aus dem Schrifttum, zur flexibleren Gestaltung auf einen konkreten Kausalitätsnachweis zu verzichten und stattdessen das enttäuschte Anlegervertrauen auf die Integrität der Marktpreisbildung als ausreichend anzusehen, werden vom BGH abgelehnt.144 Damit hat der BGH auch der Einführung oder Übertragung der sog. fraud-on-the-market-Theorie145 des US-amerikanischen Kapitalmarktrechts zur Vermeidung einer uferlosen Ausweitung des § 826 BGB eine 139 BGH, NJW 2004, 2971 ff.: zusammenfassend: Die Kenntnis der Vorstandsmitglieder von der Bedeutung und der Unrichtigkeit der Ad-hoc-Mitteilung beinhaltet im Rahmen des § 826 BGB notwendig auch Vorsatz hinsichtlich der Kaufentscheidungen von Anlegern, da diese Kaufentscheidungen Ausfluss der Eignung zur Kursbeeinflussung sind, deretwegen die Tatsache ad-hoc-publizitätspflichtig ist; so auch Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 285, 299; Kaiser, WM 1997, 1557 (1560). 140 Schäfer, in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, § 15 Rz. 25; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a WpHG, Rn. 141. 141 BGH, AG 2007, 169 (169), der auf den Nachweis der der konkreten (haftungsbegründenden) Kausalität zwischen der Täuschung und der Willensentscheidung des Anlegers auch im Fall extrem unseriöser Kapitalmarktinformation nicht verzichtet. 142 Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 967. 143 Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, S. 378. 144 BGH, BB 2008, 688–691 („ComROAD VI“); BGH, WM 2008, 790–793 („ComROAD VIII“); Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, S. 378; Baums, ZHR 167 (2003), 139 (180 ff.). 145 Grundlegend hierzu Basic v. Levinson, 485 U.S. 224 (241 ff.) (1988).

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Absage erteilt.146 Die fraud-on-the-market-Theorie stellt zwei Hypothesen auf: Zunächst wird davon ausgegangen, dass der Investor bei seiner Anlageentscheidung grundsätzlich in die Integrität der Kapitalmärkte vertraut.147 Eine weitere Konsequenz zieht die fraud-on-the-market-Doktrin aus der efficient capital market-Hypothesis.148 Das Konzept der halbstreng informationseffizienten Märkte sieht in jeder verfügbaren und relevanten Information eine Möglichkeit der Kursbeeinflussung. Damit wird angenommen, dass sich eine Ad-hoc-Mitteilung oder eine Mitteilung nach § 15a WpHG grundsätzlich auf den Börsenkurs auswirkt. Zum Nachweis der Kausalität reichen im Rahmen des § 826 BGB folglich das generelle Vertrauen des Anlegers in die Richtigkeit allgemeiner Informationen über das Unternehmen sowie der Glaube an dessen wirtschaftliche Substanz und langfristigen Erfolg nicht aus.149 Ebensowenig lässt der BGH die Grundsätze des Anscheinsbeweises zwischen Ad-hoc-Mitteilung und Kaufentschluss gelten.150 Die von der Rechtsprechung zur alten börsenrechtlichen Prospekthaftung entwickelten Grundsätze über die Anlagestimmung können schließlich auch nicht generell auf die Entscheidung eines Anlegers übertragen werden.151 146

BGH, ZIP 2007, 679; BGH, ZIP 2007, 681; BGH, ZIP 2007, 326 f. Vgl. Oldham, Nw.U.L.Rev. 97 (2003), 995 (1010–1014). 148 Vgl. zur efficient capital markets-Hypothesis Kapitel 2, A.I.2.a)bb), S. 52 ff. 149 BGH, ZIP 2004, 1599; ZIP 2007, 681; NJW 2008, 76; ZIP 2007, 1564: „Im Rahmen der Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB wegen fehlerhafter Adhoc-Publizität auf dem Sekundärmarkt kann auf den Nachweis der konkreten Kausalität für den Willensentschluss des Anlegers selbst bei extrem unseriöser Kapitalmarktinformation nicht verzichtet werden. Als Kausalitätsbeweis reicht daher das enttäuschte allgemeine Anlegervertrauen in die Integrität der Marktpreisbildung nicht aus.“ 150 BGH NJW 2004, 2664; AG 2007, 169 (169): „Für den Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB wegen fehlerhafter Ad-hoc-Mitteilungen kommt den Anlegern grundsätzlich kein Anscheinsbeweis aufgrund eines typischen Geschehensablaufs für einen Kausalzusammenhang zwischen den Ad-hoc-Mitteilungen und ihrem Kaufentschluss zugute.“ Ebenso auch OLG Stuttgart NJOZ 2006, 1592; zustimmend Kort AG 2005, 21 (26); Spindler, WM 2004, 2089 (2092); mit zwei Urteilen vom 4. Juni 2007 hat der BGH, die restriktive Linie bei der Zusprechnung von Schadensersatz für geschädigte Kapitalanleger fortgesetzt, BGH, NZG 2007, 708 u. 711 – ComROAD IV und V. 151 „Nur im Einzelfall – je nach Tragweite der Information – ist denkbar, dass sich aus positiven Signalen einer Ad-hoc-Mitteilung auch eine regelrechte Anlagestimmung für den Erwerb von Aktien entwickelt, die Beweiserleichterungen zugunsten der Anleger entsprechend den von der Rechtsprechung im Rahmen der Prospekthaftung entwickelten Grundsätzen rechtfertigt“, BGH, NJW 2005, 2450 ff., BGH, AG 2007, 169; siehe hierzu auch Möllers, NZG, 2008, 413. Die Figur der sog. Anlagestimmung, die eine tatsächliche Vermutung für den Kausalzusammenhang zwischen Prospektfehler und Kaufentschluss beinhaltete, ist heute vollständig in der Beweislastumkehr des § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG aufgegangen, Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, S. 378. 147

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Vor Einführung der gesetzlich normierten Beweislastumkehr in § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG war anerkannt, dass ein fehlerhafter Börsenprospekt zu einer entsprechenden Anlagestimmung geführt hat, die Ursache für den Kaufentschluss des Anlegers war.152 Grundsätzlich ist der Auffassung des BGH zuzustimmen. So würde zwar eine Relativierung der strengen Anforderungen des Kausalitätsnachweises zur Praktikabilität eines kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzanspruches beitragen. Daher erscheint eine Absenkung der Beweisanforderung beispielsweise durch eine Vermutung des generellen Anlegervertrauens in die Richtigkeit der zum Zeitpunkt der Transaktionsvornahme öffentlich bekannten Unternehmensinformationen zunächst naheliegend. Dennoch ist einer solchen Einschränkung der Kausalitätsanforderungen nicht zuzustimmen. Allein das Argument, dass die Anonymität am Kapitalmarkt und die Streuschädenproblematik153 bestimmte traditionelle Voraussetzungen zivilrechtlicher Ansprüche „überfordern“ und dadurch die Ansprüche in der Praxis irrelevant sind, rechtfertigt nicht, dass die Voraussetzungen in weitem Maße eingeschränkt werden bzw. auf sie völlig verzichtet wird. Auch ist zu beachten, dass keine Haftungsüberforderung der Insider zu schaffen ist, sondern vielmehr sichergestellt werden soll, dass ihnen der rechtswidrig erwirtschaftete Gewinn nicht verbleibt. Statt eine übermäßige Ausdehnung und Relativierung der Schadensersatzansprüche vorzunehmen154, ist vielmehr eine Sanktionsform der Gewinnabschöpfung als praktikablere Gestaltung bedenkenswert. Damit bleibt es im Ergebnis bei dem die Praxistauglichkeit einschränkenden allgemeinen Grundsatz, dass der Kläger die Beweislast für die Kausalität fehlerhafter Ad-hoc-Mitteilungen für Anlageentscheidungen trägt.155 Es wurden dennoch für die Beurteilung des kausalen Zusammenhangs nach herkömmlichem Muster im Rahmen von Schadensersatzansprüchen gewisse Kriterien entwickelt. So verneinte das OLG München die Kausalität, wenn der Kläger die Aktien erst fünf bis achteinhalb Monate nach der Ad-hocMitteilung erworben hat.156 Die obergerichtliche Rechtsprechung betont zudem, dass es ausreiche, wenn eine falsche Ad-hoc-Mitteilung nur eine Mitursache für die Anlageentscheidung war.157 152

RGZ 80, 196 (204); BGH, NJW 1982, 2827 (2828); NJW 1998, 3345 ff. Siehe hierzu genauer Kapitel 3, B.III.2.a), S. 172 ff. 154 Auf die Möglichkeiten der Ausdehnung der Schadensersatzansprüche ist noch näher einzugehen, siehe Kapitel 4, D., S. 186 ff. 155 Zum daraus resultierenden geringen Anwendungsbereich auch Benzinger, Zivilrechtliche Haftungsansprüche, S. 330. 156 OLG München, NJW-RR 2005, 1213–1215. 157 OLG München, NJW-Spezial 2005, 222 (223). 153

A. Sanktionsdefizit

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bb) Gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Begutachtung (1) Geschäftsleiterhaftung, aktienrechtliche Treuepflichtverletzung Eine besondere zivilrechtliche Haftungsvariante besteht in der (verschuldensunabhängigen) Geschäftsleiterhaftung bei Verstößen gegen die (aktienrechtliche) Treuepflicht. Nach herrschender Auffassung besteht zwischen den Gesellschaftern, insbesondere zwischen den Vorständen und Aufsichtsratsmitgliedern, und der Aktiengesellschaft ein Rechtsverhältnis, das von den Grundsätzen von Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB beherrscht wird, so dass aus ihm organschaftliche Treuepflichten resultieren.158 Dahinter steht der Gedanke, dass Maßnahmen einzelner Aktionäre zum einen nicht dem Gesellschaftszweck und andererseits nicht in unverhältnismäßiger Weise anderen Aktionärsinteressen zuwiderlaufen dürfen.159 Eine Treuepflicht kann sowohl gegenüber der Gesellschaft als auch gegenüber den Mitaktionären begründet werden. Zudem kann auch eine Verletzung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten der Gesellschaft gegenüber ihren Aktionären vorliegen.160 Das Gebot der aktienrechtlichen Treuepflicht stellt ein subsidiär eingreifendes Korrektiv für intolerable Ergebnisse dar.161 Maßgebend für die Frage der Zulässigkeit des Rückgriffs auf die generelle aktienrechtliche Treuepflicht ist die Einschätzung, ob der Gesetzgeber bei den zu beurteilenden bereits existierenden Normen eine abschließende Regelung treffen wollte.162 Grundsätzlich sind die insiderrechtlichen Normen nicht als abschließende Regelung zu qualifizieren, so dass eine Einbeziehung der aktienrechtlichen Treuepflichten in Ausnahmefällen in Betracht kommt.163 Anderer158 Nach dem BGH (BGH, WM 1977, 361 (362); WM 1983, 498; NJW 1986, 584 (585); NJW 1986, 585 (586); WM 1989, 1335 (1339)) ist Ursprung der organschaftlichen Treuepflicht das allgemeine Gebot der Vermeidung von Interessenskonflikten. Gesetzliche Verankerung haben die Interessenswahrungspflichten u. a. im Deutschen Corporate Governance Kodex gefunden; Deutscher Corporate Governance Kodex i. d. F. vom 21. Mai 2003 (Fassung 2002 in ZIP 2002, 452); dazu Fleischer, FS Kilian, S. 645 (647); Hopt, ZGR 2004, 1 (5); Lutter, ZHR 153 (1989), 452 (452); Merkt, ZHR 159 (1995), 423 (424, 429); Polley, Wettbewerbsverbot, S. 159 ff.; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 14 Rn. 81; Veil, ZGR 2005, 155 (181). 159 BGHZ 142, 167 (170); Thaeter/Guski, AG 2007, 301 (303). 160 Assmann, AG 1994, 196 (203); Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 16.54. 161 BGHZ 103, 184 (194 f.); BGHZ 129, 136; BGHZ 142, 167 (169); näher zur aktienrechtlichen Treuepflicht Bungeroth, in: MünchKomm zum AktG, Vor § 53a, Rn. 18 ff. m. w. Nachw.; Wastl, NZG 2005, 17 (19, 22, 23). 162 Bungeroth, in: MünchKomm zum AktG, Vor § 53a, Rn. 33; Wastl, NZG 2005, 17 (19).

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

seits geht das in § 14 WpHG normierte Insiderverbot über die Verletzungen durch die oben genannten Treuepflichtigen hinaus, da auch Dritte mit Kenntnis von der Insiderinformation als Insider qualifiziert werden können.164 § 15a WpHG normiert eine ex post eingreifende Mitteilungs- und Publizitätspflicht und könnte daher im Falle einer Mitteilungspflicht des entsprechend handelnden Organmitglieds vor Vornahme der Transaktion (pretrading disclosure-Rule)165 sowohl im Verhältnis des Organmitglieds zu den Mitaktionären als auch im Verhältnis zwischen Organmitglied und Emittent ergänzt werden.166 Damit bestünde ein denkbarer Anwendungsbereich der aktienrechtlichen Treuepflichten neben den insiderrechtlichen Verbotsnormen und Veröffentlichungspflichten. Das Ausnutzen von Geschäftschancen seitens des Geschäftsleiters durch Überschreitung seines Handlungsspielraumes kann als ein Verstoß gegen aktienrechtliche Treuepflichten qualifiziert werden.167 Das Handeln mit Aktien des eigenen Emittenten seitens Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern könnte ein Ausnutzen einer der Gesellschaft zugehörigen Geschäftschance darstellen.168 Der Gebrauch von Insiderinformationen muss jedoch nicht zwingend eine Verletzung von Treuepflichten oder genereller Loyalitätspflichten gegenüber Kapitalanlegern darstellen, wie es insbesondere im USamerikanischen Kapitalmarktrecht anerkannt ist.169 Vielmehr weist das deutsche Insiderrecht eine marktfunktionsbezogene Regelungsperspektive auf.170 163

Vgl. auch Wastl, NZG 2005, 17 (19). Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 16, 57. 165 Vgl. zur pre trading disclosure-Rule Kapitel 4, C.I., S. 181 ff. 166 Dass die gesellschaftsrechtliche Treuebindung im Verhältnis des Aktionärs zur Gesellschaft auch eine Treuepflicht der Letztgenannten gegenüber ihren Aktionären zu begründen vermag, hat der BGH, ausdrücklich bestätigt (BGHZ, 127, 107 (111)). Hierzu auch Wastl, NZG 2005, 17 (22, 23). 167 Kein Mitglied des Vorstandes darf bei seinen Entscheidungen persönliche Interessen verfolgen und Geschäftschancen, die dem Unternehmen zustehen, für sich nutzen. Dies schreibt der Deutsche Corporate Governance Kodex (die aktuelle Fassung ist abrufbar unter http://www.corporate-governance-code.de) den Vorständen als Verhaltenspflichten vor, vgl. Fleischer, NZG 2003, 985 (985); Hopt, ZGR 2004, 1 (11); Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 14 Rn. 81; zum Kodex: Assmann, Corporate Governance im Schnittfeld von Gesellschaftsrecht und Kapitalmarktrecht, FS Kümpel, S. 1 ff.; vgl. auch zu den Eintrittsrechten Kapitel 5, C.II.1., S. 247 ff. 168 Hopt, ZGR 2004, 1 (10); Veil, ZGR 2005, 155 (191). 169 Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 194; Bhattacharya/Daouk, The Journal of Finance 57 (2002), 75 (90); Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1280); Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (306); Scheppele, Law and Contemporary Problems 56 (1993), 125; Moloney, EC Securities Regulation, S. 924 f. 170 Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, Vor § 12, Rn. 46 f.; Grunewald/ Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S. 273; Hopt, ZGR 2004, 1 (12); Küm164

A. Sanktionsdefizit

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Eine Sanktionierung der Missachtung organschaftlicher Treuepflichten findet durch eine Herausgabepflicht der erwirtschafteten Gewinne an den Geschäftsherrn (grundsätzlich an die Gesellschaft) statt.171 Eine allgemeine Gewinnabschöpfung existiert in diesen Fällen jedoch nicht. Vielmehr ist als rechtliche Grundlagen für den Herausgabeanspruch des Gewinns auf die gesetzlichen Vorschriften zurückzugreifen: § 88 Abs. 2 S. 2 AktG172, § 667 BGB i. V. m. § 675 BGB173, § 812 Abs. 1 S. 1 2. Var. BGB174. Schwierigkeiten entstehen hier bei der Bezifferung des beim Emittenten verursachten Schadens, da bei fehlendem Entzug von Geschäftschancen auf der Basis von Insiderkenntnissen der Gesellschaft kein kompensationsfähiger Schaden entsteht.175 Nach anderer Auffassung ist eine allgemeine verschuldensunabhängige Gewinnhaftung bei Verletzung von Treuepflichten anzuerkennen.176 Die rechtliche Verankerung sei entweder in § 667 BGB analog oder unmittelbar in dem Telos der organschaftlichen Treuepflicht zu suchen.177 Im Ergebnis ist festzuhalten, dass der Verstoß gegen die allgemeine organschaftliche Treuepflicht keine über die bestehenden ausdrücklich normierten Sanktionen hinausgehende Sanktionierung nach sich ziehen kann. Doch auch wenn eine zusätzliche Sanktionsmöglichkeit über § 667 BGB analog oder aus dem Telos der organschaftlichen Treuepflicht abzuleiten ist, so ist der Kreis der potentiell verletzten Anspruchsteller begrenzt. Zwar könnte das Unternehmen selbst eine Klage erheben. Zudem kommt in Ausnahmesituationen auch eine Haftung des Organmitglieds gegenüber Mitaktionären in Betracht. Der Haftung nach den Grundsätzen der organschaftlichen Treuepflichten kann jedoch kein breiter, den Insiderhandel effektiv unterbindender Anwendungsbereich zugesprochen werden.

pel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 16.58; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 14 Rn. 82. 171 Hopt, ZGR 2004, 1 (48). 172 Siehe zu den Eintrittsrechten Kapitel 5, C.II.1., S. 247 ff. 173 Siehe zur Gewinnabschöpfung im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag Kapitel 5, C.I.2., S. 229 ff. 174 Zur Gewinnabschöpfung im Rahmen des Bereicherungsrechts näher Kapitel 5, C.I.3., S. 233 ff. 175 Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (213); näher zum Geschädigten des Insiderhandels vgl. Kapitel 3, B.III.1.a), S 162 ff. 176 Hopt, ZRG 2004, 1 (48); Rusch, Gewinnhaftung bei der Verletzung von Treuepflichten, S. 70 ff., 229 ff. 177 Hopt, ZGR 2004, 1 (49).

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

(2) Schadensersatzansprüche nach § 93 Abs. 2 AktG Pflichtwidrig handelnde Vorstandsmitglieder sind der Gesellschaft, bei der sie tätig sind, nach § 93 Abs. 2 AktG und Aufsichtsratsmitgliedern nach §§ 116 AktG i. V. m. § 93 Abs. 2 AktG zum Schadensersatz verpflichtet. § 93 Abs. 1 AktG normiert die Pflicht der Vorstandsmitglieder zur gewissenhaften Geschäftsführung. Vorstandsmitglieder haben nach § 93 Abs. 1 S. 2 AktG über vertrauliche Angaben Stillschweigen zu bewahren. Fraglich ist, ob das Ausnutzen von Insiderwissen als Verletzung der gesellschaftsrechtlichen Sorgfaltspflichten gewertet werden kann. Dies erscheint zweifelhaft, da bei Insiderhandelstransaktionen gerade keine Verletzung von Verschwiegenheitspflichten vorliegt. Der Insider hat ein erhöhtes Interesse daran, die vertrauliche Information möglichst lange geheim zu halten, um seine Gewinnmöglichkeiten zu steigern. Mangels Offenlegung von Informationen kann bei einem Insiderhandel folglich nicht von einem Missbrauch vertraulicher Informationen im Sinne von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG gesprochen werden. (3) Schadensersatz wegen Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht Nach § 15 Abs. 6 WpHG ist eine Schadensersatzpflicht des Emittenten „nur unter den Voraussetzungen der §§ 37b, c WpHG“ zugelassen.178 Die Haftung nach §§ 37b, c WpHG ergänzt für den Sekundärmarkt die börsengesetzliche Prospekthaftung des Primärmarktes (§§ 44 ff. BörsG).179 Anleger, die durch die verspätete oder unterlassene Veröffentlichung einer potentiell kursrelevanten Tatsache durch Wertpapiergeschäfte einen Schaden erlitten haben, können sich auf die §§ 37b, c WpHG stützen. Ein Anspruch nach § 37b, c WpHG setzt einen vorsätzlichen oder zumindest grob fahrlässigen Verstoß gegen die Publizitätspflichten durch den Emittenten voraus. Als Haftungsadressat bei Ansprüchen wegen Publizitätspflichtverletzungen nach § 15 WpHG kommt nach dem Wortlaut zunächst der Emittent in Be178 Zu den Voraussetzungen siehe Fleischer, BKR 2003, 608 (611); Nowak, in: Krahnen/Schmidt, German Financial System, S. 440: „Die Möglichkeit der Anleger eine zivilrechtliche Klage erheben zu können, stellt einen bedeutenden Bruch mit dem traditionellen Bild der kapitalmarktrechtlichen Sanktionen in Deutschland dar. Hierin ist eine Annäherung an die Regelungssysteme der USA und Großbritanniens zu sehen.“ 179 Vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 14/8017, S. 93 f. Umstritten ist die Rechtsnatur dieser Emittentenhaftung. Nach einer Auffassung werden die §§ 37b, c WpHG als deliktische Ansprüche eingestuft (Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, c, Rn. 23 m. w. Nachw.). Zudem käme eine Anwendbarkeit des § 830 in Frage. Eine andere Ansicht sieht darin einen gesetzlichen Fall der Vertrauenshaftung (Mülbert/ Steup, WM 2005, 1633 (1638) m. w. Nachw.; Veil, BKR 2005, 91 (93); Zimmer, in: Schwark, Kapitalmarktrechtskommentar, §§ 37b, c WpHG Rn. 6, 130).

A. Sanktionsdefizit

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tracht.180 Im Schrifttum wird vorgeschlagen, den Kreis der Haftungsadressaten vom Emittenten auf die Verwaltungsmitglieder zu erweitern, indem diese als Mittäter eingestuft werden.181 Dies widerspricht jedoch dem gesetzlichen Wortlaut, der eine abschließende Regelung trifft. Zudem mangelt es an einem bewussten und gewollten Zusammenwirken zwischen Organ und Emittenten zur Herbeiführung des Verletzungserfolges.182 § 830 BGB ist konzeptionell nicht auf das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Organmitglied anwendbar.183 Daher kann eine Mittäterschaft oder eine Gehilfenstellung der Organe nicht angenommen werden. Bei der Kausalität muss der Geschädigte nachweisen können, dass er auf die Richtigkeit der Insiderinformation vertraut hat.184 Eine Beweiserleichterung in Analogie zu § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG kommt nach überwiegender Ansicht nicht in Betracht.185 Das Verschulden des Emittenten wird aber widerleglich vermutet. Der Anspruch eines geschädigten Anlegers gegen den Emittenten nach §§ 37b, c WpHG ist insbesondere im Fall der Insolvenz des Emittenten wertlos.186 Dies war Anlass für die Ausarbeitung des KapInHaG, auf das sogleich näher eingegangen wird.187 Doch auch unabhängig von der Insolvenz oder Zahlungsfähigkeit des Emittenten haben die Ansprüche nach §§ 37b, c WpHG bislang in der Praxis keine große Bedeutung erlangt188, während sich die Ansprüche gegen die Organmitglieder nach dem allgemeinen Deliktsrecht häufen.189 180 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 323; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, c, Rn. 33a. 181 Hierzu Rieckers, BB 2002, 1213 (1220); Schwark, EWiR 2001, 1049 (1050); vgl. Nachweise bei Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, c, Rn. 131 ff.; Zimmer, in: Schwark, Kapitalmarktrechtskommentar, §§ 37b, c WpHG Rn. 130. 182 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 330; Fleischer, AG 2008, 265 (271). 183 Büche, Pflicht zur Ad-hoc-Publizität, S. 14; Fleischer, AG 2008, 265 (271). 184 Der Gesetzeswortlaut muss dahingehend verstanden werden, dass der Anleger auf die Effektivität der Kapitalmärkte und damit auf eine regelkonforme Preisbildung vertraut hat, vgl. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 329. 185 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 330 m. w. Nachw.; Möllers, JZ 2005, 75 (78). 186 Insbesondere innerhalb des Zeitraums, der einem Antrag auf Verfahrenseröffnung vorgeht, werden vermehrt Falschmeldungen durch Führungspersonen eines Unternehmens vermerkt. Oft hat der einzelne Manager nicht mehr den Anreiz oder die Verpflichtung, sich regelkonform zu verhalten, da er eine Abwendung der Insolvenz als unwahrscheinlich bewertet, sog. last-period-Phänomen, siehe auch Schäfer, NZG 2005, 985 (987); Fleischer, BKR 2003, 608 (612). 187 Siehe hierzu Kapitel 3, A.I.2.a)bb)(4), S. 129 f. 188 Fleischer, ZIP 2005, 1805. Im Mai 2008 können bei der Datenbank juris nur zwei Entscheidungen zu §§ 37b, c WpHG von Oberlandesgerichten gefunden werden. 189 Siehe die Ausführungen im Rahmen des Anspruchs nach § 826 BGB Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(7), S. 121 ff.

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

(4) Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz Wie bereits erwähnt, wurde in den letzten Jahren unter Hinweis auf die unzureichenden Haftungstatbestände, insbesondere für Fehlverhalten der Organmitglieder der Gesellschaft bei Fehlinformation des Kapitalmarktes, vermehrt der Ruf nach Remedur zur Verbesserung des Anlegerschutzes laut. Der im Sommer 2005 vorgelegte Gesetzesentwurf für ein Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz (KapInHaG) ist jedoch gescheitert. Danach war eine Schadensersatzhaftung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder eines Unternehmens sowie des Emittenten selbst nach § 37a Abs. 1, Abs. 2 WpHG (geplante Neufassung) für fehlerhafte bzw. unterlassene Information des Kapitalmarktes vorgesehen.190 Bei einer kapitalmarktrechtlichen zivilrechtlichen Informationshaftung in Gestalt einer Organaußenhaftung wäre ein Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns nach § 252 S. 2 BGB grundsätzlich denkbar.191 Als eingrenzendes Korrektiv hätten die zu veröffentlichenden Informationen bewertungserhebliche Umstände, den Börsenkurs betreffend, beinhalten müssen. Als Verschuldensmaßstab war eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung vorgesehen.192 Mangels kapitalmarktrechtlicher Organaußenhaftung de lege lata kann das rechtspolitische Bedürfnis nach Einführung einer Gewinnabschöpfungsmöglichkeit de lege ferenda nicht von vornherein mit der Begründung eines bereits bestehenden ausreichenden Haftungssystems abgelehnt werden. Die Fragen der Verbesserungswürdigkeit des Anlegerschutzes durch Opti190 § 37a WpHG-E (unveröffentlichter Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen vom 7. Oktober 2004) (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz – KapInHaG) lautete: „Wer als Emittent von Finanzinstrumenten, die an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen sind oder für die er eine solche Zulassung beantragt hat, in öffentlichen Bekanntmachungen oder Mitteilungen über geschäftliche Verhältnisse, die zur Erstellung von Finanzanalysen oder für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, unrichtige Angaben über Umstände macht, die für die Bewertung dieses Finanzinstruments erheblich sind, oder solche Umstände entgegen bestehende Rechtsvorschriften verschweigt, haftet nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen auf Schadensersatz, wenn die Angaben oder das Verschweigen geeignet sind, auf den Börsenpreis des Finanzinstruments einzuwirken, es sei denn, dass er die Unrichtigkeit der Angabe nicht gekannt hat und die Unkenntnis oder das Verschweigen nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht. Für mündliche Erklärungen haftet der Emittent nur, wenn diese in Ansprachen oder Auskünften im Rahmen der Hauptversammlung oder einer vom Emittenten veranlassten Informationsveranstaltung abgegeben werden.“ Die Absätze 2 bis 7 des § 37a WpHG-E sahen auch eine Haftung der Organmitglieder vor. 191 Nähere Ausführungen zu § 252 S. 2 BGB sind unter Kapitel 5, C.I.1.a), S. 225 ff. zu finden. 192 Weber, NJW 2005, 3682 (3683).

A. Sanktionsdefizit

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mierung der kapitalmarktrechtlichen Sanktionen wurden im Rahmen der Diskussion um das gescheiterte KapInHG nicht beantwortet, sondern bedürfen nach wie vor einer Klärung. (5) Prospekthaftung Die Börsenprospekthaftung gemäß §§ 44 ff. BörsG zielt auf den sog. Primärmarkt, nämlich auf die erstmalige Platzierung der Wertpapiere an der Börse.193 Soweit die Bestandteile eines Prospekts nicht den Anforderungen entsprechen, die an den Umfang und Detailgrad der Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten gestellt werden, kann ein Anleger grundsätzlich Schadensersatz vom Emittenten verlangen.194 Ein Prospekt stellt in der Regel die für den Anlageinteressenten wichtigste und häufigste Informationsquelle dar und bildet im Allgemeinen die Grundlage seiner Anlageentscheidung. Für das Eingreifen der Prospekthaftung müssten die Meldungen nach § 15a WpHG sowie nach § 15 WpHG Prospekte darstellen. Die Sachverhalte der Prospekthaftung unterscheiden sich jedoch deutlich von denen der Haftung wegen fehlerhafter oder unterlassener Kapitalmarktinformation bei Directors’ Dealings sowie bei der Ad-hoc-Publizitätspflicht. Die Mitteilungen bei Directors’ Dealings sowie die Ad-hocMitteilungen können nicht als Prospekte im Sinne des § 13 VerkProspG qualifiziert werden, so dass eine spezialgesetzliche Prospekthaftung ausscheidet.195 Begründet wird dies mit dem Argument, dass die Ad-hoc-Mitteilungen keine vollständige Unternehmensdarstellung wie ein Emissions193 Bei den §§ 44 ff. BörsG handelt es sich um leges speciales für sämtliche Prospekte im Zusammenhang mit der Emission von Wertpapieren. Daher tritt die allgemeine zivilrechtliche Prospekthaftung dahinter zurück, RegBegr. zum Dritten Finanzmarktförderungsgesetz, BT-Dr. 13/8933, S. 54, 81; vgl. auch Assmann, Prospekthaftung, S. 79 ff.; Schanz, Börseneinführung, S. 513. Seit der Umsetzung der europäischen Prospektrichtlinie zum 1. Juli 2005 mit dem Wertpapierprospektgesetz (WpPG) und der Prospektverordnung (ProspVO) ist nunmehr im Rahmen einer Börseneinführung ein einheitlicher Prospekt als Basis für die Zulassung und das öffentliche Angebot erforderlich. 194 Veil, ZBB 2006, 162 (165). Diese Prospekthaftung haben die Emissionbeteiligten neben einer straf- und ordnungswidrigkeitsrechtlichen Sanktionierung zu befürchten. Näher zu diesen strafrechtlichen Sanktionen und den Bußgeldern: BGHZ 123, 106, 109 f.; NJW 2000, 3346 – jew. m. w. Nachw.; Schanz, Börseneinführung, S. 510 ff.: Ein Anleger erwartet, dass er ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt erhält, d.h. dass der Prospekt ihn über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichtet. 195 BGH, NJW 2004, 2971 (2972), dem Inhalt nach: „Eine Ad-hoc-Mitteilung stellt regelmäßig keinen Prospekt im Sinne der kapitalmarktrechtlichen Prospekthaftungsgrundsätze dar.“

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

oder sonstiger (Wertpapier-)Verkaufsprospekt enthalten. Auch ein Prospekt im bürgerlich-rechtlichen Sinne muss dem Anleger ein umfassendes Bild von dem Beteiligungsobjekt geben und über alle für die Kaufentscheidung wesentlichen Umstände informieren.196 Eine lediglich anlassbezogene Mitteilung im Sinne der §§ 15, 15a WpHG erfüllt diese Voraussetzungen nicht.197 b) US-amerikanisches Recht aa) Schadensersatz und Bereicherungsanspruch Dem US-amerikanischen Kapitalmarktrecht liegt das Verständnis zugrunde, dass die private Klage des einzelnen Investors als Mittel zur Durchführung des Institutionenschutzes im Wirtschaftsrecht dient, so dass ihr eine unterstützende Funktion gegenüber der SEC zur Durchsetzung der kapitalmarktrechtlichen Vorschriften zukommt.198 Hier liegt ein deutlicher Unterschied zum deutschen Recht, das – wie gezeigt – in § 823 Abs. 2 BGB dem Einzelnen bei Verletzung von Rechtsnormen nur dann einen Schadensersatzanspruch zubilligt, wenn die verletzte Rechtsnorm von ihrem Schutzzweck her zumindest auch den Schutz individueller Rechte des Einzelnen bzw. einer gegenüber der Allgemeinheit abgrenzbaren Gruppe beinhaltet. Im US-amerikanischen Kapitalmarktrecht sind einige ausdrücklich normierte zivilrechtliche Sanktionsinstrumente vorhanden, die mittels Anlegerklagen durchgesetzt werden. So existieren beispielsweise im SEA die Vorschriften § 9(e), § 10(b), § 14(e) bzw. Rule 14e-3, § 17(a) und § 20A.199 Anleger konnten bereits seit dem Jahre 1947 erfolgreich zivilrechtliche Ansprüche gegen Insider erheben.200 Die eigentlich einschlägige Vorschrift des 196

Hower-Knobloch, Directors’ Dealings, S. 93. Dies regelt für § 15 Abs. 1 WpHG ausdrücklich § 15 Abs. 6 S. 1 WpHG, so dass Ad-hoc-Mitteilungen nicht als Prospekte i. S. d. allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung verstanden und sie damit nicht diesen Haftungsgrundsätzen unterworfen werden können, vgl. hierzu auch Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 310. 198 H.R. Rep. No. 910, 100th Cong., 2d Sess. (Sept. 9, 1988), S. 26 f.; Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 410; Voss, Das US-amerikanische Insiderkonzept, S. 95 ff. 199 König, Verbot von Insiderhandel, S. 225. Eine weitere Möglichkeit, private Klagen zu erheben, gewähren im US-amerikanischen Recht einige Vorschriften des Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act von 1970; siehe hierzu genauer Hazen, Securities Regulation, S. 806. Ein wesentlicher Vorteil dieser Klagen ist die Möglichkeit, Triple Damages (zuzüglich der Kosten der Rechtsverfolgung) verlangen zu können. 200 Kardon v. National Gypsum Co., 73 F.Supp. 798 ff. (1947). 197

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§ 9(e) SEA, die eine Haftung für manipulative Handlungen nach den Absätzen (a) bis (c) vorsieht, erlangt zwar in der Praxis keine Bedeutung, da aufgrund der hohen Beweisanforderungen und der hohen subjektiven Anforderungen kein Kläger einen auf § 9(e) SEA gestützten Prozess gewonnen hat. Dennoch sind die zivilrechtlichen Klagen auch in der Praxis häufig anzutreffen, und zwar gestützt auf § 10(b) SEA i. V. m. Rule 10b-5.201 (1) § 20A SEA Mit dem Insider Trading and Securities Fraud Enforcement Act (ITSFEA) von 1988 wurde § 20A in den SEA eingeführt. Danach ist eine Haftung von Personen vorgesehen, die eine Vorschrift des SEA von 1934 verletzt haben, indem sie ein Wertpapier gekauft oder verkauft haben, während sie im Besitz von Insiderinformationen waren.202 Nach der Rechtsprechung wird bei der Höhe des Schadensersatzanspruchs zwischen den gleichzeitig handelnden Anlegern der Marktgegenseite (sog. contemporaneous traders) und sonstigen Anlegern differenziert, die ein sog. implied right of action haben. (a) Gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite Bei gleichzeitig handelnden Anlegern der Marktgegenseite wird eine Beschränkung des Anspruchs auf den real vom Insider erwirtschafteten Gewinn vorgenommen. Der Abschreckungseffekt und weniger der Kompensationsgedanke rechtfertigen die Begrenzung des Schadensersatzanspruchs auf den Vorteil des Insiders und die lediglich anteilige finanzielle Zuwendung an den Kläger. Dies stellt materiell-rechtlich eine Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung dar.203 Die Haftung nach § 20A(a) SEA greift gegenüber den Personen ein, die gleichzeitig (contemporaneously204) auf der Marktgegenseite tätig wurden und eine Transaktion mit Wertpapieren derselben Kategorie vorgenommen haben.205 Contemporaneously wird vom Gesetz nicht ausdrücklich definiert, jedoch hat die Rechtsprechung in der Entscheidung O’Connor & Assoc. v. 201 Eichelberger, Verbot der Marktmanipulation, S. 87; Hazen, Securities Regulation, S. 465 ff. 202 Langevoort, Insider Trading Regulation, S. 264. 203 Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 222. 204 D’Amato, Wis.L.Rev. 1989, 1433 (1436). 205 Hausmaninger, Insider Trading, S. 282; § 20a; Rutledge, Insider Conflicts in US and Japan – an American Perspektive, in: Rider/Ashe, the Fiduciary, the Insider and the Conflict, S. 157.

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

Dean Witter Reynolds, Inc. entschieden, dass der Anleger jedenfalls nicht vor dem Tag der Insidertransaktion gehandelt haben darf.206 Von einer gefestigten Gerichtspraxis kann jedoch nicht gesprochen werden. Eine Transaktion, die am selben Tag wie die Insidertransaktion stattgefunden hat, wird unstrittig als „gleichzeitig“ qualifiziert.207 Manche Autoren nehmen aber auch ein gleichzeitiges Handeln der Anleger innerhalb der Periode zwischen der ersten Insidertransaktion (initial inside trade) und der Verbreitung und Veröffentlichung der Insiderinformation an.208 „Generally, ‚contemporaneous traders‘ are those who trade in the opposite direction of an insider, and who trade between the time of the insider’s initial trade and the earlier of (1) the time at which the investor closes her position, or (2) the time at which the information on which the insider traded becomes public.“209

Oft wird eingewandt, dass die Uneinheitlichkeit der Handhabung der Kriterien keine Rechtsklarheit schaffen würde. In einer späteren Entscheidung wurden die Beweiskriterien für den entstandenen Schaden und damit für die Klagebefugnis nach § 20A SEA angehoben.210 Hier entschied das Gericht, dass allein die Tatsache der zeitgleichen Vornahme von Transaktionen auf der Marktgegenseite nicht ausreiche, um einen Gewinn einklagen zu können. Die Anonymität am Kapitalmarkt zeige, dass die Vornahme der Insidertransaktion den Kläger in seiner Entscheidungsfreiheit in keiner Weise beeinträchtigt habe.211 Vielmehr sei die Zuwendung dieses Gewinns für einige Investoren ein glücklicher, zufälliger und unerwarteter Gewinn (sog. windfall profit).212 (b) Sog. Implied rights of action Nach § 20A(d) SEA bleiben sog. implizierte Klagerechte aus anderen Vorschriften unberührt.213 Bei den Klägern, die ein implied right of action haben, erfolgt keine höhenmäßige Begrenzung auf den tatsächlich erwirt206 O’Connor & Assoc. v. Dean Witter Reynolds, Inc 559 F.Supp. 800 (803 ff.) (1983); hierzu Hausmaninger, Insider Trading, S. 282; Wang/Steinberg, Insider Tranding, S. 415 ff. 207 D’Amato, Wis.L.Rev. 1989, 1433 (1450); König, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 231; Langevoort, Insider Trading Regulation, § 9:3, insbes. Fn. 14 m. w. Nachw. 208 Vgl. die Ausführungen bei D’Amato, Wis.L.Rev. 1989, 1433 (1449 f.). 209 D’Amato, Wis.L.Rev. 1989, 1433 (1436). 210 Vgl. Fridrich v. Bradford, 542 F.2d 307 (321 f.) (1976). 211 Vgl. D’Amato, Wis.L.Rev. 1989, 1433 (1449). 212 Vgl. D’Amato, Wis.L.Rev. 1989, 1433 (1449). 213 Eine wichtige Vorschrift ist in diesem Zusammenhang § 10(b) SEA i. V. m. Rule 10b-5 siehe hierzu Kapitel 3, A.I.2.b.aa)(2), S. 135.

A. Sanktionsdefizit

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schafteten Gewinn des Insiders.214 Kläger, die eine tatsächlich vorliegende Schädigung nachweisen können, können auch einen über den tatsächlich erwirtschafteten Gewinn hinausgehenden Schaden einklagen (Funktion der Kompensation).215 (2) § 10(b) SEA, Rule 10b-5 Bei § 10(b) SEA handelt es sich, wie bereits angeklungen ist, um eine sog. catch-all Vorschrift, die Marktfehlverhalten generell erfasst. Zu beachten ist, dass § 10(b) SEA selbst kein Verbot ausspricht, sondern erst durch eine von der SEC erlassene Rule konkretisiert worden sein muss.216 Rule 10b-5 stellt nicht nur die Rechtsgrundlage für strafrechtliche Sanktionen dar, sondern ermöglicht auch verwaltungsrechtliche Maßnahmen und zivilrechtliche Klagen der SEC und der Anleger.217 Rule 10b-5 It shall be unlawful for any person, (. . .) (1) To employ any device, scheme, or artifice to defraud, (2) To make any untrue statement of a material fact or to omit to state a material fact (. . .) (3) To engage in any act, practice, or course of business which operates or would operate as a fraud or deceit upon any person, in connection with the purchase or sale of any security.

Anleger haben, gestützt auf SEC Rule 10b-5, einen Schadensersatzanspruch gegen den eine Transaktion tätigenden Insider sowohl im Fall der sog. open market transactions als auch im Fall von privat abgewickelten Transaktionen („face to face transactions“).218 Sofern ein Kläger nach Rule 214

H.R. Rep. No. 910, 100th Cong., 2d Sess. (Sept. 9, 1988), S. 28. Zu den implizierten Klagerechten Cort v. Ash 422 US 66 (79 f.) (1975): Das Gericht hatte sich hier mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Aktionär ein privates Klagerecht zur Geltendmachung einer Unerlassungsklage hat und darüber hinaus, ob aus 18 U.S.C.S. § 610 ein abgeleitetes Klagerecht resultiert, sog. derivative action; siehe zu derivative action auch Kapitel 5, D.II.1.d), S. 264 ff. 216 Hazen/Ratner, Securities Regulation, S. 150; Palmiter, Securities Regulation, S. 306. 217 König, Verbot von Insiderhandel, S. 46; Palmiter, Securities Regulation, S. 308. Der erste Fall zu einem privaten Klagerecht stellt Kardon v. National Gypsum Co., 73 F. Supp. 798 ff. (1947) dar. 218 Fishman, J.Corp.L. 12 (1987), 251; Hausmaninger, Insider Transactions, S. 280. § 17(a) SEA ist nur beim Verkauf von Wertpapieren durch den Insider, nicht aber bei einem Kauf anwendbar, vgl. hierzu auch bei König, Verbot von Insiderhandel, S. 64. Gegenüber Rule 10b-5 hat § 17(a) SEA jedoch den Vorteil, dass lediglich Fahrlässigkeit gefordert wird und nicht wie in Rule 10b-5 vorsätzliches Handeln, König, Verbot von Insiderhandel, S. 64; Loss/Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, S. 959. Ein weiterer Vorteil im Rahmen von § 17(a) SEA besteht in der Möglichkeit der Verhängung von punitive damages, König, Verbot von Insiderhandel, S. 64; Loss/Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, S. 1224. 215

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

10b-5 einen Anspruch geltend macht219, kann dieser auf Schadensersatz, angemessene Ersatzleistung oder Herausgabe der Bereicherung gerichtet sein.220 Die Summe des an alle Kläger zu zahlenden Betrages wird der Höhe nach auf den Umfang des erwirtschafteten Gewinns begrenzt.221 Der Anspruch gleicht aber in diesem Falle mehr einem Anspruch auf Gewinnabschöpfung als einem Schadensersatzanspruch. Daher wird der Anspruch systematisch auch als restitution angesehen.222 Bei Rule 10b-5 besteht Einigkeit, dass punitive damages nicht verhängt werden können. Soweit der Gewinn über die Summe der Schadensersatzansprüche der Anleger hinausgeht, soll der übersteigende Betrag anteilsmäßig auf die Anspruchsberechtigten verteilt werden. „Should the intervening buyers, because of the volume and price of their purchases, claim more than the tippee’s gain, their recovery (limited to that gain), would be shared pro rata“.223

Diese Gewinnabschöpfungsmethode mit der Begrenzung des Schadensersatzes auf den vom Insider tatsächlich erwirtschafteten Gewinn führt nach Einschätzung der US-amerikanischen Rechtsprechung zu interessengerechten Ergebnissen.224 Bei einer Abwägung zwischen der Prävention von Insidergeschäften auf der einen Seite und der Schwere des Unrechtsgehalts des jeweiligen Verstoßes auf der anderen Seite ist das Abstellen auf die ungerechtfertigte Gewinnerzielung des Insiders erstrebenswert. Der Sinn der restitution ist, dem Beklagten die Vorteile zu entziehen, die er durch die betreffende unerlaubte Handlung erwirtschaftet hat.225 bb) Gewinnabschöpfung (1) Gerichtliche Gewinnabschöpfung Bereits vor Erlass des Sarbanes Oxely Acts von 2002 war anerkannt, dass die Bundesgerichte (Federal Courts) weit reichende Befugnisse für „equitable“226 Sanktionen haben. In dem Fall SEC v. Texas Gulf Sulphur Co. 227 219

Zu den Haftungsvoraussetzungen siehe Kapitel 2, A.II.2., S. 60 ff. Jacobs, Disclosure and Remedies under the Securities Laws, 20-13; Merkt/ Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht. S. 495. 221 Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 395. 222 Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 399 f.; zum Begriff der Restitution auch oben Kapitel 1, D.3., S. 42 ff. 223 Elkind v. Liggett & Myers, Inc. 635 F. 2d 156 (172) (1980). 224 Elkind v. Liggett & Myers, Inc. 635 F. 2d 156 (172) (1980); Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 1006. 225 Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 400. 220

A. Sanktionsdefizit

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hat die Rechtsprechung zum ersten Mal ihre Kompetenz anerkannt, Insider auf Klage der SEC nach § 10(b) SEA hin zur Abführung des rechtswidrig erlangten Vorteils zu verurteilen (action for a disgorgement of profits).228 Die primäre Rechtsfolge des § 10(b) SEA i. V. m. Rule 10b-5 ist zwar auf Schadensersatz gerichtet. Doch auch wenn § 10(b) SEA die Rechtsfolge der Gewinnabschöpfung nicht ausdrücklich anordnet, so hat ein Gericht dennoch die Kompetenz, einen konkreten illegal erwirtschafteten Gewinn abzuschöpfen.229 Die Voraussetzungen einer Klage nach § 10(b) SEA wurden bereits erörtert.230 Seit 2002 ist anerkannt, dass bei jeder Klage eines geschädigten Anlegers oder während jedes gerichtlichen Verfahrens, das durch die SEC auf der Grundlage des SEA erhoben wurde, jede Sanktion verhängt werden kann, die für die Wiedergutmachung und die Zufriedenstellung der Investoren angemessen erscheint.231 Gerichte sind daher ermächtigt, die Abführung von erzielten Gewinnen und vermiedenen Verlusten anzuordnen.232 „Once the equity jurisdiction of the district court has been properly invoked by a showing of a securities law violation, the court possesses the necessary power to fashion an appropriate remedy.“233 226 Bei der equity handelt es sich historisch betrachtet um einen eigenen Rechtszweig, der neben dem common law besteht und dieses ergänzt. Das common law ist traditionell formal ausgestaltet und bietet Klagemöglichkeiten nur unter festumschriebenen Voraussetzungen. In den USA sind die law und equity Prozesse nunmehr einheitlich in der Zivilklage verschmolzen. Die alte Unterscheidung lebt aber insofern fort, als im Bereich des common law ein Recht auf jury trial existiert, nicht hingegen bei den Rechtsbehelfen in equity; näher hierzu auch Hay, US-amerikanisches Recht, Rn. 6 ff. 227 Vgl. näher zum Praxisfall im Rahmen der Darstellung des Verbots des Insiderhandels im US-amerikanischen Recht Kapitel 2, A.II., S. 59 ff. 228 SEC v. Texas Gulf Sulphur Co., 312 F.Supp. 77 (90 ff.) (1970). 229 Robinson, 62 Geo.Wash. L.Rev. 1994, 432 ff.; in der ersten Gerichtsentscheidung zu einer Verletzung von Rule 10b-5 wurde konstatiert, „it is simple equity that a wrongdoer should disgorge his fraudulent enrichment“; Dobbs, Handbook on the Law of Remedies, 10.5: „the remedy . . . under Rule 10b-5 . . . includes not only disgorgement of profits made by the insider, but also rescission or rescission measure of damages, constructive trusts, and other remedies appropriate to a case of fraud.“; Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (667); vgl. näher zu den Voraussetzungen von § 10(b) SEA oben, S. 135. 230 Siehe zu den Tatbestandsvoraussetzungen Kapitel 3, A.I.2.b)aa)(2), S. 135. 231 Winer, § 18.03 Federal Court Proceedings, S. 6; vgl. auch bei Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 320. 232 Securities and Exchange Commission v. Clark, 915 F.2d 439 (454) (1990); Securities and Exchange Commission v. Happ, 392 F.3d 12 (31 f.) (2004); Ferrara/ Nagy/Thomas, Ferrara on Insider Trading, § 4.01(2); Palmiter, Securities Regulation, S. 370. 233 Winer, § 18.03 Federal Court Proceedings, S. 6.

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

Die Zwecke der von der SEC angestrengten „action of disgorgement“ sind primär spezial- und generalpräventiver Art.234 Daneben soll auch das Vertrauen der Kapitalanleger in die Lauterkeit des Kapitalmarktes aufrechterhalten bleiben.235 Der Gewinnabschöpfung durch die SEC kann auch eine kompensatorische Funktion nicht abgesprochen werden.236 Einem vom Gericht eingesetzten Treuhänder obliegt die Aufgabe, Geschädigte ausfindig zu machen und ihnen den Gewinn nach einem konkreten Verteilungsplan auszuzahlen.237 Sofern Geschädigte nicht zu ermitteln sind, kommt der Gewinn dem Staatshaushalt zugute. In einem besonders spektakulären Insiderfall aus dem Jahre 1992 wurde von dem Insider Ivan Boesky auf der Grundlage von § 10(b) SEA i. V. m. Rule 10b-5 ein Gewinn von 50 Millionen US-Dollar abgeschöpft.238 (2) § 16(b) SEA Besonderes Augenmerk ist auf § 16(b) SEA zu werfen, der als Modell für eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung im deutschen Recht dienen kann.239 Nach § 16(b) SEA müssen die Insider den Gewinn herausgeben, den sie aus Kauf240 und anschließendem Verkauf oder vice versa von Wertpapieren ihres Unternehmens erzielt haben, sofern die zweite Transaktion weniger als sechs Monate auf die erste erfolgte (sog. short swing Transaktionen).241 In der Vergangenheit wurden bereits einige Ge234

Hausmaninger, Insider Trading, S. 274. Hausmaninger, Insider Trading, S. 274; Hicks, Civil Liabilities, 2-108. 236 Hausmaninger, Insider Trading, S. 275. 237 Langevoort, Insider Trading Regulation § 8.11; König, Verbot von Insiderhandel, S. 228. D’Amato, Wis.L.Rev. 1989, 1433 (1447). Näheres zu den Anlegern der Marktgegenseite unter Kapitel 3, A.I.2.b.aa)(1)(a), S. 133. 238 SEC v. Boesky, Litig. Rel. No. 13337, 52 SEC Docket 947 (1992); zu diesem Fall auch näher Hannigan, Insider Dealing, S. 1, Fn. 2. 239 Vgl. die neueste Literatur zu § 16(b) SEA Chin, Del.J.Corp.L. 22 (1997), 587–599; Dessent, Akron.L.Rev. 33 (2000), 481 ff.; Taylor, Ariz.L.Rev. 39 (1997) 1315–1359. 240 Nach § 3(a)(13) SEA ist unter dem Begriff „Kauf“ jeder Kaufvertrag im Sinne des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts, jeder Kaufvertrag im Sinne des Verfügungsgeschäfts oder jeder sonstige Erwerb zu verstehen. Die ursprüngliche Version von § 16(b) SEA setzte keinen tatsächlichen Verkauf von Aktien innerhalb von sechs Monaten nach dem getätigten Verkauf voraus, sondern ließ eine entsprechende Intension oder eine entsprechende Erwartung des Käufers ausreichen; siehe Romeo/ Dye, Section 16 SEA, § 8.01-3. 241 Nach § 306 des Sarbanes Oxley Act ist es einem director oder einem CEO verboten, während einer sog. blackout-Periode eine Transaktion mit einem Wertpapier vorzunehmen, sofern die betreffende Person das Wertpapier im Rahmen ihrer Tätigkeit als Director oder CEO erhalten hat, Sonderquist/Gabaldon, Securities 235

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richtsprozesse – wie Smolove v. Delendo Corporation242 – auf der Grundlage von § 16(b) SEA entschieden.243 § 16(b) SEA war als einzige Vorschrift, die sich mit Insidergeschäften befasst, bereits in der ursprünglichen Fassung des SEA von 1934 enthalten.244 In ihrer strengen Konzeption ist die Norm auf die historischen Umstände in den Jahren vor der Schaffung des SEA zurückzuführen. Die schwere Depression des Marktes und der Börsencrash vom Oktober 1929 ließen den Bedarf nach einer umfassenden und bundeseinheitlichen Regelung des Kapitalmarktes entstehen. Zur Zeit des Erlasses des SEA von 1934 waren Insider dafür bekannt, dass sie den Preis der Aktien ihres eigenen Emittenten dadurch manipulierten, dass sie zusammen mit anderen wohlhabenden Investoren einen Aktienpool bildeten, die Aktienpreise dann künstlich in die Höhe trieben, indem sie sich untereinander eine große Menge an Aktien verkauften.245 Die Öffentlichkeit am Kapitalmarkt antwortete diesem Spiel mit dem Kaufen von Aktien. Der Aktienpool konnte die Aktien dann innerhalb eines kurzen Zeitrahmens zu einem künstlich hohen Preis verkaufen. Es stand ihm frei, die Aktien schließlich zurückzukaufen. Auf diese Art erwirtschaftete Gewinne sind als „short swing trading“-Gewinne bekannt. Eine dem § 16(b) SEA ähnliche Vorschrift findet sich in Art. 189 des japanischen BörsG246, in der irischen247 und portugiesischen Insidergesetzgebung248, Law, S. 180. Eine blackout Periode ist grundsätzlich eine Zeitspanne während derer die Begünstigten eines Rentenplans nicht in Wertpapiere ihres Emittenten handeln dürfen, Sonderquist/Gabaldon, Securities Law, S. 180. Ein entscheidender Unterschied zwischen § 306 Sarbanes-Oxley Act und § 16(b) SEA ist, dass letztere Vorschrift kein Verbot von kurzfristigen Transaktionen beinhaltet, sondern lediglich anordnet, dass der dadurch erwirtschaftete Gewinn abzuschöpfen ist. 242 Smolove v. Delendo Corporation, 320 U.S. 751 ff. (1943). 243 Vgl. Dreiling v. Kellet, 281 F.Supp.2d 1215, (2003); Feder v. Frost, 474 F. Supp.2d 520 (2007); Foremost-McKesson, Inc. v. Provident Securities Co., 423 U.S. 232 (1976); Schaffer ex.rel. Lasersight Inc. v. CC Investments, LDC Fed., Sec. L. Rep. P 92, 248 (2002); Colan v. Monumental Corp., 713 F.2d 330 ff. (1983); Strauss v. Kopp Investment Advisors, Inc., 1999 WL 787818 (1999); Gold v. Sloan 486 F.2d 340 (1973); Kern County Land Co. v. Occidental Petroleum Corp 411 U.S. 582 (1973); Schur v. Salzman, 365 F. Supp. 725 (1973); Colby v. Klune, 178 F.2d 872 (1949). 244 Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 171. 245 Siehe bei Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1284). 246 Tatsuta, in: Bloomenthal/Wolff, International Capital Markets and Securities Regulation 10 B, § 11.10 (11–33). 247 § 109(1)(a)(4) of the Companies Act 1990. 248 Mennicke, RIW 1996, 101 (105); Wymeersch, in: Hopt/Wymeersch, European Insider Dealing, S. 121 f.

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in den australischen und kanadischen Insiderregelungen249 sowie in den neuseeländischen Vorschriften.250 (a) Regelungsinhalt (aa) Haftungssubjekt § 16(b) SEA nennt drei Personengruppen, die „naturgemäß“ aufgrund ihres engen Verhältnisses zum Emittenten mit Insiderinformationen in Berührung kommen: directors, officers und 10%-shareholders. Die Vorschrift findet zunächst auf gewählte Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder oder vergleichbare Organe („director or officer“) Anwendung.251 Auch wenn eine Legaldefinition der Begriffe im SEA nicht vorhanden ist, so finden sich zumindest Anhaltspunkte zur Begriffsbestimmung im Gesetz. SEC Rule 3b-2 beschreibt einen officer als einen Präsidenten, einen Vizepräsidenten, einen Schatzmeister, einen Sekretär, einen Leiter der Buchführungsabteilung oder als eine andere Person, die für den Emittenten in einer leitenden Funktion arbeitet – unabhängig von dem Kriterium der Organschaftlichkeit.252 Mit einer ähnlichen Begründung kann ein director als eine Person bezeichnet werden, die funktional eine bedeutende Rolle einnimmt, unabhängig von der konkreten Tätigkeit. Auch in § 16(a) SEA ist eine Regelung enthalten, wie die Personen, welche nach § 16(b) SEA zur Gewinnherausgabe verpflichtet werden, näher zu bestimmen sind. Die Regelung in § 16(a) SEA erfasst Personen, die bestimmte Positionen einnehmen oder bestimmte Funktionen in der Unternehmenspolitik wahrnehmen.253 Nach Auffassung der SEC ist die Tätigkeit einer Person allein jedoch noch nicht maßgeblich für die Frage, ob sie Haftungssubjekt bei einer Klage nach § 16(b) SEA sein kann. Ausschlaggebend ist primär, ob die betreffende Person bei der Ausübung ihrer Pflichten bestimmungsgemäß mit Informationen in Kontakt kommt, die für die persönlichen Markttransaktionen von Vorteil sein können.254 Über den genannten Kreis der Haftungssubjekte hinaus sind Personen, die aufgrund ihrer Beteiligung als Insider zu qualifizieren sind, von dem 249 Vgl. § 131(4)(b) des Canada Business Corporations Act; vgl. hierzu auch: Anisman, Insider Trading Legislation for Australia, S. 106. 250 New Zealand Securities Act 1989. 251 Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 1021; Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 172; Sonderquist/Gabaldon, Securities Law, S. 174. 252 Hazen, Securities Regulation, S. 581. 253 Vgl. Hazen, Securities Regulations, S. 711. 254 Hazen, Securities Regulation, S. 583 m. w. Nachw.

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Geltungsbereich des Verbots dann erfasst, wenn sie mehr als 10% der registrierten Aktien halten (rechtliches Eigentum).255 Auch eine indirekte Inhaberschaft von Aktien, „beneficial ownership“ (wirtschaftliches Eigentum) ist hierbei zu berücksichtigen, die vorliegt, wenn die Aktien dem Insider zwar nicht als Eigentümer zustehen, gleichwohl praktisch im Sinne eines geldwerten Vorteils zugute kommen.256 „The term ‚beneficial owner‘ shall mean any person who, directly or indirectly, through any contract, arrangement, understanding, relationship or otherwise, has or shares a direct or indirect pecuniary interest in the equity securities, subject to the following (. . .), Rule 16a-1(a)(2).“

Anders als im Fall der Transaktionen durch directors und officers, ist für eine Haftung der beneficial owners bzw. der 10-% Aktionäre nach § 16(b) SEA erforderlich, dass sie diesen Status sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten Transaktion inne haben.257 (bb) Verbotswidriges Verhalten § 16(b) SEA spricht keinerlei Ge- oder Verbot aus, sondern sieht vielmehr eine Gewinnabschöpfung bei kurzfristig aufeinander folgenden Transaktionen (short swing-Transaktionen) vor.258 § 16(b) SEA setzt nicht vo255 Problemfälle hinsichtlich der Einschlägigkeit von § 16(b) SEA ergeben sich im Kontext mit den 10% -Aktionären insbesondere bei Wandelschuldverschreibungen. Der Inhaber von Wandelschuldverschreibungen ist dann hinsichtlich der zugrunde liegenden Aktien als 10% beneficial owner zu bezeichnen, wenn seine zugrunde liegende Aktieninhaberschaft bei Ausübung der Wandlungsrechte zu einem 10%-Anteil der Aktien des Emittenten führen würde. 256 Rule 16a-1(a)(2), 17 C.F.R. § 240.16a-1(a)(2); Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 172. 257 Rule 16a-2 c., Foremost-McKesson, Inc. v. Provident Securities Co., 423 U.S. 232 (254) (1976); Colan v. Monumental Corp., 713 F.2d 330 (334) (1983); Hamilton/Motley, Guide to Short-Swing Transactions, ¶ 117; Hazen, Securities Regulation, S. 585. Eine Gruppe, die in gegenseitiger Absprache und Kontrolle agiert und handelt („acting in concert“) und deren summierter Anteil auf mindestens 10% der Aktien des Emittenten beläuft, ist als beneficial owner zu beurteilen, siehe auch § 13(d) SEA; Schaffer ex. rel. Lasersight Inc. v. CC Investments, LDC, 2002 WL 31869391, S. 1 ff. (2002); Hazen, Securities Regulation, S. 585 f.; Sonderquist/ Brown/Mendel Mayden, Nuts & Bolts of Securities Laws, S. 435; Sonderquist/ Gabaldon, Securities Law, S. 175. 258 Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 172. Die Haltepflicht von sechs Monaten greift bei Optionsrechten hinsichtlich der zugrunde liegenden Sicherheit nicht ein, Sonderquist/Brown/Mendel Mayden, Nuts & Bolts of Securities Laws, S. 430. Zudem findet § 16(b) SEA keine Anwendung bei Transaktionen von registrierten Aktien von Investment-Gesellschaften, die vom Anwendungsbereich der short-swing Verbote des Investment Company Acts ausgenommen wurden, Hazen, Securities Regulation, S. 578; Rule 16b-1(a), 17 C.F.R. § 240.16b-1(a). Ebenso ausgenommen

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raus, dass die gekauften Wertpapiere mit den verkauften Wertpapieren identisch sind. Die Regelung schreibt eine Haftung auf der Basis eines objektiven Standards vor, ohne auf die Intension und die Motive der Insider zu schauen.259 Die Strenge der haftungsrechtlichen Vorschrift kommt in der Regelung zum Ausdruck, dass eine Gewinnausschüttung an den Emittenten selbst bei völligem Fehlen einer Pflichtverletzung stattfindet.260 Es besteht die unwiderlegliche („strict liability“)261 Vermutung, dass die in § 16(a) SEA genannten Personen, die short swing Transaktionen unter missbräuchlicher Verwendung von Insiderinformationen vornehmen („Missbrauchsvermutung“).262 Bei der Fallgruppe der „unorthodoxen“ Transaktionen, auch „borderline“ Transaktionen genannt, hat die Rechtsprechung seit 1954 einen pragmatischen Ansatz entwickelt, nach dem die jeweils im Einzelfall vorliegende Transaktion darauf zu untersuchen ist, ob der Kongress sie vom Anwendungsbereich des § 16(b) SEA erfasst sehen wollte.263 Unter „unorthodoxen“ Transaktionen sind unter anderem die Ausübung von Aktienoptionen oder wandelbare Rechte und der Austausch von Sicherheiten bei Durchführung eines Unternehmenszusammenschlusses zu verstehen.264 Das Gegenstück der orthodoxen Transaktionen umfasst die gewöhnlichen cashsind Transaktionen, die von den vergleichbaren Verboten des Public Utility Holding Company Acts von 1935 nicht erfasst werden und solche Transaktionen, die Eisenbahngesellschaften betreffen und durch die Interstate Commerce Commission genehmigt wurden, Hazen, Securities Regulation, S. 578 f.; Rule 16(b)-1(b), 17 C.F.R. § 240.16b-1(b). Die SEC Regelungen erstrecken diese Ausnahme noch auf gutgläubige Geschenke, Dreiling v.- Kellett, 281 F.Supp.2d 1215 (1224) (2003) und Erbteile, vgl. SEC Rule 16b-5. 259 Hazen, Securities Regulation, S. 716; Notes, Wm & Mary L.Rev. 18 (1977), 389 (393); Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-6. 260 Hazen, Securities Regulations, S. 710. 261 Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 173. 262 Prager v. Sylvestri, 449 F.Supp. 425 (431) (1978); siehe hierzu auch Hamilton/Motley, Guide to Short-Swing Trading, ¶ 102; Hausmaninger, Insider Trading, S. 278; Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 1019; Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-6; Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 173; Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (212); Veil, ZGR 2005, 155 (172). 263 Supreme Court 411 U.S. 594 (1973): „In deciding whether borderline (unorthodox) transactions are within the reach of the statute, the courts have come to inquire whether the transaction may serve as a vehicle for the evil which Congress sought to prevent – the realization of short-swing profits based upon access to inside information – thereby in avoiding to implement congressional objectives without extending the reach of the statute beyond its intended limits.“ 264 Vgl. Dreiling v. Kellet, 281 F.Supp. 2d 1215 (1221 f.) (2003); Cohen u. a., Liability under Section 16(b), S. 1; Hamilton/Motley, Guide to Short-Swing Tradings, ¶ 109; Hazen, Securities Regulation, S. 588; Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-28.

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for-stock-Käufe, bei denen gegen eine Barzahlung eine Aktie erworben wird. Bei diesen „unorthodoxen“ Transaktionen kann ein Kauf oder ein Verkauf im Sinne von § 16(b) SEA nicht angenommen werden, wenn die konkrete Situation keine Anhaltspunkte für eine spekulative Tätigkeit gibt.265 Für diese Bewertung spielen zwei Faktoren eine maßgebliche Rolle: einerseits die Frage, ob der Handelnde zumindest theoretisch Zugang zu Insiderinformationen hat und andererseits die Fähigkeit des Handelnden, die Zeitplanung einer Transaktion zu beeinflussen.266 Die Anwendung des pragmatischen Ansatzes ist anhand des Falles Gold v. Sloan zu erläutern.267 Die Frage war, ob ein Austausch von Aktien im Rahmen eines Zusammenschlusses zwischen Atlantic Research und Susquehanna corporations als Kauf nach § 16(b) SEA anzusehen war.268 Nach weniger als sechs Monaten nach dem Unternehmenszusammenschluss, verkauften die beklagen Insider die neu erworbenen Susquehanna Aktien gewinnbringend.269 Die konkrete Situation musste nach der pragmatischen Herangehensweise unter dem Gesichtspunkt untersucht werden, wie die Beziehung eines jeden einzelnen Beklagten zum Unternehmenszusammenschluss ausgestaltet war. Die drei Beklagten hatten bei den Fusionsverhandlungen nicht mitgewirkt, so dass der Schluss gezogen wurde, dass sie ohne Insiderwissen gehandelt hatten. Jedoch nahm man an, dass der vierte Beklagte, der CEO von Atlantics, an den Fusionsverhandlungen maßgeblich beteiligt war und dass er Zugang zu Unterlagen hatte.270 In dieser Möglichkeit der Informationsbeschaffung lag ein potentieller Anhaltspunkt für eine unerlaubte Informationsverwertung, so dass der Zusammenschluss der Unternehmen als ein Kauf durch einen director im Sinne des § 16(b) SEA angesehen wurde.271 Der pragmatische Ansatz ist vermehrt der Kritik unterzogen, dass diese Auslegung gerade entgegengesetzt zu der ursprünglich verschuldensunabhängigen Ausgestaltung und Zielsetzung von § 16(b) SEA stehe.272 Insbesondere wurde Kritik geübt, dass dieselbe Transaktion für verschiedene 265 Dreiling v. Kellet, 281 F.Supp. 2d 1215 (1221 f.) (2003); Hamilton/Motley, Guide to Short-Swing Tradings, ¶ 109. 266 Dreiling v. Kellet, 281 F.Supp. 2d 1215 (1221 f.) (2003); Cohen u. a., Liability under Section 16(b), S. 3; Hamilton/Motley, Guide to Short-Swing Tradings, ¶ 109; Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-28. 267 Gold v. Sloan 486 F.2d 340 ff. (1973); Hazen, Securities Regulation, S. 589. 268 Näher zu diesem Fallbeispiel: Hazen, Securities Regulation, S. 590. 269 Hazen, Securities Regulation, S. 590. 270 486 F.2d at 351-52: „(. . .) had access to the books and records.“ 271 Hazen, Securities Regulation, S. 590. 272 Fourth Circuit Harvests Some Kernels of Gold, Fordham L.Rev. 42 (1974), 852.

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

Personen, die grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Norm fallen, unterschiedlich beurteilt wird.273 Obgleich ein pragmatischer Ansatz eine gewisse Unsicherheit in der Auslegung der Norm mit sich bringt, ermöglicht es eben dieser Ansatz der Rechtsprechung, das Regelungsziel von § 16(b) SEA umzusetzen. So spielen die Kenntnisse von Insiderinformationen bei der Haftung nach § 16(b) SEA grundsätzlich keine Rolle, da allein aufgrund der exponierten Position der directors, officers und 10%-shareholders eine Kenntnis von Insiderinformationen vermutet werden kann. Bei den besonderen Konstellationen der unorthodoxen Transaktionen müssen zusätzliche Anhaltspunkte vorliegen, ob die betreffende Person mit Insiderwissen „naturgemäß“ in Berührung kommen konnte. (cc) Rechtsfolge § 16(b) SEA ermöglicht ausschließlich die Abschöpfung des rechtswidrig erwirtschafteten Gewinns. Der Gewinn wird nach einer sog. lowest price in/highest price out-Methode errechnet.274 Die Geldstrafen, Geldbußen sowie anderen Sanktionsinstrumente, die grundsätzlich zur Kompensation von Schäden herangezogen werden, die durch Verletzung des SEA entstehen, sind auf § 16(b) SEA nicht anwendbar.275 § 16(b) SEA wird teilweise sogar als Anomalie im System der kapitalmarktrechtlichen Haftungssanktionen bezeichnet.276 Im Gegensatz zu anderen Regelungen im US-amerikanischen Kapitalmarktrecht überträgt § 16(b) SEA nämlich keine Vollstreckungsgewalt auf die SEC.277 Primär liegt es beim Emittenten selbst, Klage auf Herausgabe des Gewinns zu erheben.278 Jedoch kann die Klage auch durch einzelne Aktionäre an Stelle oder in Vertretung des Unternehmens erhoben werden, sofern die Klage nicht durch den Emittenten innerhalb von sechzig Tagen nach Aufforderung durch den Aktionär erhoben wird, sog. abgeleitete Klage. Dieses Prinzip ist im angloamerikanischen Rechtsraum unter der Bezeichnung „derivative action“ geläufig.279 Anders 273

Hazen, Securities Regulation, S. 590. Vgl. zur Gewinnberechnungsmethode nach § 16(b) SEA genauer Kapitel 7, C.I., S. 334 ff. 275 Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-12. 276 Ishizumi, Fordham Law Review, 47 (1978–1979), 449 (454); zur weiteren Kritik an § 16(b) SEA siehe auch Yourd, Mich. L.Rev. 38 (1939), 133, 151. 277 Hamilton/Motley, Guide to Short-Swing Tradings, ¶ 114. 278 Cohen u. a., Liability under Section 16(b), S. 8; Hazen, Securities Regulations, S. 713; Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-25. Als anerkannte Ausnahmeregelung im Geltungsbereich der Norm gilt § 16(b) SEA nicht für ausländische Emittenten, Hazen, Securities Regulation, S. 578. 274

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als bei derivative actions im Generellen, sind Anleger jedoch im Rahmen von § 16(b) SEA nicht präkludiert, wenn das Unternehmen aufgrund einer wirtschaftlich begründeten Entscheidung keine Klage erhebt. Daher ist auch Rule 23.1 der Federal Rules of Civil Procedure, die bestimmte Voraussetzungen eines Rechts auf Erhebung einer sog. derivative action regelt, nicht anwendbar.280 Nach dem Gesetz soll eine Klage nach § 16(b) SEA nicht später als zwei Jahre nach der Gewinnerzielung erhoben werden können.281 Zuständige Gerichte für Klagen nach § 16(b) SEA sind ausschließlich bundesstaatliche Gerichte.282 Die gezogenen Gewinne sind dem Unternehmen, dem der pflichtwidrig Handelnde angehört, herauszugeben, § 16(b) SEA.283 Dies betont die zivilrechtliche Gestalt von § 16(b) SEA.284 Hier wird oft der Kritikpunkt angeführt, dass einige Aktionäre keinerlei Interesse haben werden, eine Klage nach § 16(b) SEA zu erheben, solange sie dadurch keinen wirtschaftlichen Vorteil haben.285 Stattdessen profitierten von einer Klage nach § 16(b) SEA allein die Anwälte – auf dieses Argument ist zurückzukommen.

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Siehe zur derivative action Kapitel 5, D.II.1.d), S. 264 ff. Cohen u. a., Liability under Section 16(b), S. 8; Hamilton/Motley, Guide to Short-Swing Tradings, ¶ 114; Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 1020; Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.02-30; Sonderquist/Brown/Mendel Mayden, Nuts & Bolts of Securities Laws, S. 429; Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 175. 281 Nach einer Auffassung läuft die Frist ab dem Zeitpunkt, zu dem der Gewinn tatsächlich realisiert wurde. Andere vertreten die Ansicht, dass das Vorliegen hinreichender Informationen beim Emittenten der maßgebliche Zeitpunkt sei. Schließlich wird die Auffassung vertreten, wonach eine Verjährungshemmung bis zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Insider seine Transaktionen entsprechend der Anforderungen des § 16(a) SEA veröffentlicht; näher zum Streitstand Bloomenthal, Securities Law Handbook, Volume 1, S. 917; Hazen, Securities Regulations, S. 715; Steinberg/Landsdale, Notre Dame L.Rev. 68 (1992–1993), 33 (55). 282 Die Klage kann in dem Zuständigkeitsbezirk erhoben werden, in dem die Pflichtverletzung erfolgte oder in dem das entsprechende Unternehmen gegründet wurde oder in dem der Beklagte lebt oder wirtschaftlich tätig wird; Hazen, Securities Regulation, S. 716. 283 Sonderquist/Brown/Mendel Mayden, Nuts & Bolts of Securities Laws, S. 430. 284 Auch wenn ein Gericht § 16(b) SEA zumindest teilweise als strafrechtliche Sanktion bewertet hat, so nimmt doch die herrschende Meinung eine ausschließlich zivilrechtliche Haftung an, Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-11. 285 Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-25; siehe zur Motivation der Anwälte aufgrund hoher Anwaltshonorare Kapitel 5, D.II.2.a)cc)(2), S. 267 ff. 280

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

(b) Regelungszweck (aa) Unterbindung der missbräuchlichen Verwendung von Insiderinformationen Während des Gesetzgebungsverfahrens im Jahre 1934 wurden Sinn und Zweck dieser Norm wie folgt beschrieben: § 16(b) SEA sei die Umsetzung eines altbewährten Rechtsprinzips, dass ein Angestellter und Geschäftsführer, der mit der Kenntnis von Insiderinformationen einen Gewinn erzielt, diesen an den Geschäftsherrn herauszugeben hat.286 Das Ausnutzen von Insiderinformationen zur eigenen Gewinnerwirtschaftung widerspricht dem im US-amerikanischen Recht geltenden Grundsatz des „fair play“.287 Regelungszweck von § 16(b) SEA ist danach die Unterbindung und Verhinderung der gewissenlosen Verwendung von Insiderinformationen, die den Direktoren und leitenden Angestellten aufgrund ihrer Position zukommen, und die Erwirtschaftung von Gewinnen durch Marktaktivitäten auf der Grundlage dieser nicht öffentlichen Informationen.288 Das Ziel des § 16(b) SEA ist es, einen gerechten und ehrlichen Kapitalmarkt zu sichern.289 Den Klägern nach § 16(b) SEA wird daher primär eine öffentliche Funktion zuerkannt.290

286 Supreme Court 411 U.S. at 594-95, 93 S.Ct. at 1744–45: „In deciding whether borderline (unorthodox) transactions are within the reach of the statute, the courts have come to inquire whether the transaction may serve as a vehicle for the evil which Congress sought to prevent – the realization of short-swing profits based upon access to inside information – thereby in avoiding to implement congressional objectives without extending the reach of the statute beyond its intended limits.“ Stock Exchange Regulation, Hearings on H.R. 7852 and 8720, before the House Committee on Interstate and Foreign Commerce, 73d Cong., 2d Sess. 133 (1934) (Herr Corcoran). 287 Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-1; vgl. zur Diskussion um die Regulierungsbedürftigkeit des Insiderhandels Kapitel 2, A.I., S. 46. 288 Cohen u. a., Liability under Section 16(b), S. 1; Hazen, Securities Regulations, S. 710; Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-1, § 8.01-4; Thel, Hastings L.J. 42 (1991), 391 (453). 289 Smolove v. Delendo Corp. 136 F. 2d 231 ff. (1943). 290 Hamilton/Motley, Guide to Short-Swing Trading, ¶ 114. Grundsätzlich ist anerkannt, dass berechtigte Einwände die Klage nach § 16(b) SEA nicht abwenden können. Beispielsweise kann der Einwand des Mitverschuldens des Klägers keine Enthaftung nach § 16(b) SEA herbeiführen. Auch schließt die Tatsache, dass der Emittent an den Transaktionen beteiligt war, die Gewinnherausgabepflicht nicht aus, selbst wenn der Emittent den Anstoß zur Durchführung der Transaktion gegeben haben mag. In dem Fall First Golden Bancorporation v. Weiszmann, 942 F.2d 726 (10 th Cir. 1991) begehrte ein Director, der nach § 16(b) SEA haftbar gemacht wurde, eine Entschädigung von seinem Investment-Berater. Das Gericht wies die

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(bb) Sanktionierung der Nichterfüllung der Offenlegungspflichten aus § 16(a) SEA Bei § 16(b) SEA handelt es sich nicht um eine Gewinnabschöpfung zur Bestrafung eines Verstoßes gegen die Veröffentlichungspflicht nach § 16(a) SEA. Hier stehen vielmehr allein die kurzfristigen Transaktionen im Fokus. Die Rechtsfolge der Abschöpfung rechtswidrig erzielter Gewinne greift unabhängig von der missbräuchlichen oder fehlenden Veröffentlichung der Directors’ Dealings ein. (cc) Verhinderung von Marktmanipulation Sofern der Sinn von § 16(b) SEA darin bestehen soll, Insider davon abzuhalten, mit dem Wissen von Insiderinformationen Transaktionen zu tätigen291, ist nach anderer Auffassung die Norm konzeptionell verfehlt.292 Dennoch sei sie in der Grundstruktur sehr wohl durchdacht, wenn es darum geht, Marktmanipulationen zu verhindern.293 § 16(b) SEA soll dazu beitragen, die sog. „In and Out“-Transaktionen zu unterbinden, welche dazu führen könnten, dass die ausführenden Organe nur noch auf die Maximierung kurzfristiger Gewinne aus sind, anstatt die lang anhaltende finanzielle Gesundheit ihrer Unternehmen im Blick zu haben.294 Die automatisch eingreifende Gewinnabschöpfungssanktion in § 16(b) SEA trage dazu bei, die Aufmerksamkeit der Manager auf das Unternehmensgeschehen und die Unternehmensentwicklung zu verstärken.295 Dadurch würden ihre Interessen mit den schützenswerten Interessen der langfristigen und damit „treuen“ Investoren gleichgeschaltet.296 Der Kongress wollte mit dem Erlass von § 16(b) SEA keinesfalls langfristige gutgläubig erwirtschaftete finanzielle Beiträge zum Unternehmen durch Insider unterbinden.297 Die Norm dient somit der Lösung von Geschäftsführungsproblemen, welche aus der Trennung von Eigentum und Führungsmanagement resultieren.298 Klage auf Ausgleichszahlung als dem § 16(b) SEA zugrunde liegendem öffentlichem Interesse widersprechend zurück. 291 Siehe hierzu Kapitel 3, A.I.2.b)bb)(2)(b)(aa), S. 146. 292 Vgl. die Ausführungen bei Thel, Hastings L.J. 42 (1991), 391 (396). 293 Thel, Hastings L.J. 42 (1991), 391 (399). 294 Smolove v. Delendo Corp. 136 F.2d 231 (235) (1943); American Bar Association, Bus. Law. 42 (1987), 1087, 1092; Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-4; Thel, Hastings L.J. 42 (1991), 391 (415). 295 Thel, Hastings L.J. 42 (1991), 391 (414). 296 Thel, Hastings L.J. 42 (1991), 391 (415). 297 Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-5.

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

Eine dem gewünschten Erwerb eigener Aktien durch Organmitglieder zur Förderung der Identifikation mit dem Unternehmen („Stock-Options-Programme“) gegenläufige Tendenz, welche durch die Transparenzvorschriften befürchtet wird, ist in den USA trotz vieler Bedenken in der Praxis nicht auszumachen.299 Die Norm wird teilweise als effektivste Waffe zur Verteidigung der Öffentlichkeit gegen Insiderverstöße betrachtet, die die Gesetzgebung jemals geschaffen hat.300 Daher wird § 16(b) SEA innerhalb seines (begrenzten) Anwendungsbereichs und seiner Zielsetzung, short swing trading-Gewinne zu verhindern und manipulative Tätigkeit zu unterbinden, als effektive Vorschrift bezeichnet.301 (dd) Zwischenergebnis Die Zielsetzung von § 16(b) SEA ist janusköpfig. So ist einerseits überzeugend, dass kurzfristigen Geschäften, aus denen ein Gewinn resultiert, der Anschein des Ausnutzens von Insiderwissen anheim ist. Damit trägt die Gewinnabschöpfungsnorm zur Durchsetzung des Verbots des Insiderhandels bei. Andererseits ist auch manipulatives Agieren am Kapitalmarkt durch das Verbot der kurzfristigen entgegengesetzten Geschäfte eingeschränkt. Somit dient § 16(b) SEA auch der Wahrung des Verbots der Marktmanipulation. (3) Vergleich und Verhältnis § 16(b) SEA und Rule 10b-5 Nicht einfach fällt die Abgrenzung zwischen § 16(b) SEA auf der einen Seite und § 10(b) SEA bzw. der darauf erlassenen Rule 10b-5 auf der anderen Seite. Rule 10b-5 ist geeignet, die Regelungslücke von § 16(b) SEA zu schließen, wenn Insiderinformationen missbräuchlich verwendet wurden, aber § 16(b) SEA keine Anwendung findet, beispielsweise wenn die SechsMonats-Frist abgelaufen ist.302 Die Vorschriften ergänzen sich sowohl in materiell- als auch prozessrechtlicher Hinsicht. So kann der Insider auch bei der Verwendung von lediglich sub-material Informationen303 über die 298

Thel, Hastings L.J. 42 (1991), 391 (399, 424): „Section 16 ist an extraordinarily precise measure for getting those in charge of publicly held companies to operate in ways that will benefit the general public“. 299 Vgl. Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (199). 300 Schur v. Salzman, 365 F. Supp. 725 (731) (1973); Painter, Federal Regulation of Insider Trading 25 (1968): „Section 16(b) has been an effective means of safeguarding the public against those evils which was designed to prevent“. 301 Thel, Hastings L.J. 42 (1991), 391 (449). 302 Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-11.

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Grenzen von Rule 10b-5 hinweg keinen Gewinn erwirtschaften, da bei kurzfristigen Transaktionen die Gewinnabführungspflicht nach § 16(b) SEA eingreift.304 Auch wenn die beiden Normen in den Kontext des US-amerikanischen Insiderrechts gehören, so unterscheiden sie sich dennoch in ihrem Anwendungsbereich. Die Gewinnherausgabepflicht nach § 16(b) SEA tritt unabhängig vom Vorliegen einer Insiderinformation ein. SEC Rule 10b-5 stellt hingegen auf das konkrete Ausnutzen der Insiderinformation ab. Zudem ist bei § 16(b) SEA nur der Emittent (teilweise auch die Aktionäre in Prozessstandschaft) klagebefugt. Im Rahmen des § 10(b) SEA i. V. m. Rule 10b-5 kann der geschädigte Anleger auf Schadensersatz klagen. Der nach § 16(b) SEA abgeschöpfte Gewinn fließt an den Emittenten, so dass es bei einer Anlegerklage zu einem Auseinanderfallen von Kläger und Gewinnempfänger kommt. (a) Praxisbedeutung Während es sich bei § 16(b) SEA um eine dem Gebot der Normenklarheit entsprechende Vorschrift handelt, ist Rule 10b-5 vielmehr unbestimmt und ausfüllungsbedürftig. Obgleich die SEC den Insiderhandel umfassend zu bekämpfen versucht und § 16(b) SEA nach der Gesetzesbegründung als ein „scharfes Schwert“ bewertet wird, das weitreichend dem Insiderhandel vorbeugen soll, so ist seit Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts eine Kehrtwende in der Rechtsprechung und Praxis der SEC zu beobachten. Der Anwendungsbereich und die Regelungsweite von § 16(b) SEA wurden zunehmend eingeschränkt und strengeren Anforderungen unterworfen. Im Gegensatz dazu wurde der Anwendungsbereich von § 10(b) SEA i. V. m. Rule 10b-5 ausgedehnt.305 Oft wird argumentiert, dass Rule 10b-5 für die Bekämpfung des Insiderhandels wichtiger sei als § 16(b) SEA und damit die Grundlage der zivilrechtlichen Insiderhaftung in den USA darstelle.306 In der Rechtspraxis sind die Unterschiede der Normen jedoch weitestgehend eliminiert worden. Der pragmatische Ansatz bei § 16(b) SEA307 setzt nahezu dieselben Anforderungen wie Rule 10b-5.308 303 304 305

Siehe zu den sub-material information Kapitel 2, C.II.2.c)bb), S. 81. Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (362). Vgl. hierzu Steinberg/Landsdale, Notre Dame L.Rev. 68 (1992–1993) 33

(78). 306 307 308

Notes, Wm & Mary L.Rev. 18 (1977), 389 (425). Siehe zum pragmatischen Ansatz Kapitel 3, A.I.2.b)bb)(2)(a)(bb), S. 141 f. Notes, Wm & Mary L.Rev. 18 (1977), 389 (425).

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

(b) Verschuldenserfordernis Der einzige Unterschied besteht in dem Grad der geforderten Beweise.309 Bei § 16(b) SEA genügt allein die theoretische Möglichkeit, dass der Insider bei Vornahme der Transaktion Insiderwissen hatte. § 16(b) SEA wurde als eine „scharfe Waffe“ ausgestaltet, die sowohl den Schuldigen wie auch den Unschuldigen treffen kann.310 Rule 10b-5 hingegen fordert als verschuldensabhängige Haftung den Vollbeweis des Ausnutzens von Insiderinformationen, wobei die Beweise hierfür zumindest überwiegen müssen.311 Die verschuldensabhängige Haftung wird als angemessener bezeichnet, da rechtmäßig handelnde Insider dadurch nicht ungerechtfertigter Weise zur Verantwortung gezogen werden.312 (c) Anrechnung von Zahlungen Die Rechtsprechung hat es in der Vergangenheit einheitlich so gehandhabt, dass bei einer Klage auf Gewinnherausgabe nach § 16(b) SEA alle Zahlungen, die im Rahmen einer Klage nach § 10(b) SEA oder Rule 10b-5 an die SEC gezahlt wurden, angerechnet werden können.313 Gleiches gilt auch im umgekehrten Fall. (4) Exkurs: Gewinnabschöpfung im US-amerikanischen Zivilrecht Um ein besseres Verständnis der speziellen kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung im SEA zu gewinnen, sollen Hintergrund und Systematik des Gewinnabschöpfungsinstruments im US-amerikanischen Recht skizziert werden. Auch wenn im US-amerikanischen Recht die Gewinnabschöpfung kein mit dem deutschen Recht314 vergleichbares Schattendasein gegenüber den Schadensersatzansprüchen führt, so ist die Gewinnabschöpfung auch in der US-amerikanischen Rechtspraxis noch nicht als ein allgemein gültiges Prinzip etabliert worden.315 309

Notes, Wm & Mary L.Rev. 18 (1977), 389 (425). „Spring gun that can hit the innocent as easily as the guilty“, Sonderquist/ Brown/Mendel Mayden, Nuts & Bolts of Securities Laws, S. 427; näher zum Verschulden Kapitel 7, B., S. 322 ff. 311 Notes, Wm & Mary L.Rev. 18 (1977), 389 (425); Hamilton/Motley, Guide to Short-Swing Trading, ¶ 102. 312 Sonderquist/Brown/Mendel Mayden, Nuts & Bolts of Securities Laws, S. 427. 313 National Westminster Bancorp NJ v. Leone, 702 F.Supp. 1132 (1136) (1988); Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-13. 314 Vgl. zur Gewinnabschöpfung im deutschen Recht Kapitel 5, C., S. 224 ff. 315 Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (718). 310

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Die Gewinnabschöpfung lässt sich aus dem Common Law-Prinzip der Restitution herleiten und beruht auf allgemeinen Gerechtigkeitsprinzipien.316 Von ihrer Rechtsnatur her wird die Gewinnabschöpfung als „type of restitutionary remedy“ bezeichnet.317 Das Common Law trennt sehr viel schärfer zwischen haftungsbegründendem Tatbestand (Rechts- und Pflichtverletzung) und der hieran anknüpfenden Sanktion.318 Dadurch kann die jeweils bedarfsgerechte Sanktion für das pflichtwidrige Verhalten verhängt werden, ohne haftungssystematische Überschneidungen und Problemstellungen aufzuwerfen.319 Die Gewinnabschöpfung hat sich hierbei zwar verhältnismäßig spät, aber dennoch als eigenständige Sanktion etabliert.320 (a) Verletzung fiduziarischer Pflichten Das common law kennt traditionell eine Sanktion in Gestalt der Gewinnabschöpfung bei Verletzung von Treuepflichten.321 Im angloamerikanischen Recht ist anerkannt, dass pflichtwidriges (im Sinne von treuepflichtwidriges) Verhalten nicht zum Geschäft werden soll.322 Nach dem Begriff des „fiduciary“ sind rechtsgeschäftliche Vertreter, Nachlassverwalter, Vormün316

Robinson, Geo.Wash. L.Rev. 62 (1993–1994), 432 (436). So Brown, U.Cin.L.Rev. 57 (1988), 679 (684); Robinson, Geo.Wash. L.Rev. 62 (1993–1994), 432 (436). 318 Vgl. grundsätzlich: Öwson, Remedies of English Law, zitiert nach Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (671). 319 Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (671). 320 Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (671). 321 Vgl. Bedkowski, Die Geschäftsleiterpflichten, S. 407 ff.; Rider/Ashe, Insider Crime, S. 66 ff.; Hay, US-amerikanisches Recht, S. 122. Nach englischem Recht kommt im Falle der Treuepflichtverletzungen insbesondere die restitution als Sanktionsinstrument in Betracht. Dieses Instrument dient der Wiederherstellung des Zustandes, der ohne die relevante Pflichtverletzung bestehen würde, Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 436; Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, S. 495 ff., 580. Insbesondere Insiderhandelsverstöße werden als ein Problem der Treuepflichtverletzung und weniger als ein Problem der Markttäuschung angesehen, Bainbridge, The Law and Economics of Insider Trading, S. 3; vgl. Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (212); hierzu auch Rider/Ashe, Insider Crime, S. 63 f.; Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, S. 1089. Das englische Recht kennt keine Eigentumsrechte an Unternehmensinformationen, doch die verletzten Insider müssen zumindest verlangen können, dass der Insider den gezogenen Gewinn an das Unternehmen herausgeben muss, Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, 434; Rider/Ashe, Insider Crime, S. 67; Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (720). Als externer Anleger besteht nur dann die Möglichkeit, gegen eine Führungsperson vorzugehen, wenn dieser eine spezielle Treuepflicht gegenüber dem Anleger zukommt, näher hierzu Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, 436; Rider/Ashe, Insider Crime, S. 63 f. 322 König, FS Caemmerer, S. 179 (197). 317

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

der, Anwälte und geschäftsführende Personengesellschafter (partner) gegenüber ihrem Unternehmen zur Treuewahrung verpflichtet.323 Die zuerst und zuletzt genannten Fallgruppen sind für die Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht relevant.324 Grundsätzlich sollten die Führungspersonen nicht von ihrer Position im Unternehmen profitieren. Als Beispiele für eine rechtswidrige Gewinnerzielung sind Insichgeschäfte, verbotene Konkurrenzgeschäfte, Bestechungsgelder, geheime Provisionen sowie die unberechtigte Verwertung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu nennen.325 Bei derartigen Treubrüchen empfindet die US-amerikanische Judikatur eine Schadensersatzhaftung als zu defizitär, so dass eine Gewinnabschöpfung möglich ist.326 Zwar kommen dem Insider gegenüber dem Emittenten gewisse Treuepflichten zu, dass die Ausnutzung von Insiderinformationen stets mit einer Treuepflichtverletzung verbunden ist, kann jedoch nicht angenommen werden. (b) Doppelverkauf von Grundstücken Neben der Verletzung fiduziarischer Pflichten ist als weitere Fallgruppe für Gewinnabschöpfungsmöglichkeiten im US-amerikanischen Recht der Doppelverkauf von Grundstücken zu nennen. Bei Grundstückskaufverträgen ist einer der wenigen Fälle gegeben, bei dem das common law dem Sachleistungsgläubiger über einen Schadensersatzanspruch hinaus auch einen Erfüllungsanspruch zuspricht.327 Veräußert der Verkäufer das dem Käufer versprochene Grundstück an einen Dritten, so ist der Verkäufer zur Herausgabe des durch den Weiterverkauf erwirtschafteten Gewinns verpflichtet.328 (c) Wettbewerbsrecht Eine weitere Möglichkeit der Gewinnabschöpfung betrifft die Verletzung vertraglicher Wettbewerbsverbote. Im US-amerikanischen Wettbewerbsrecht gibt es vier verschiedene Klassifizierungen von Sanktionen: Verhaltensmaß323

Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (719); König, FS Caemmerer, S. 179 (197). Vgl. auch Rider/Ashe, in: Rider/Ashe, The Fiduciary, the Insider and the Conflict, S. 49. 325 König, FS Caemmerer, S. 179 (197). 326 Siehe hierzu auch Hay, US-amerikanisches Recht, S. 122 m. w. Nachw.; für das common law auch weiterführend Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, S. 1089 f., 1124. 327 Farnsworth, Contracts, § 12.4.; Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (721); Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, S. 58. 328 Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (721). 324

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nahmen (conduct), Geldbußen, strukturelle Maßnahmen und strafrechtliche Sanktionen. Bei den Geldstrafen sind zwei Varianten zu unterscheiden. Zum einen die, die auf Kompensation des beim Verletzten entstandenen Schadens gerichtet ist, zum anderen die, die eine Abschöpfung der durch das Fehlverhalten entstandenen Vorteile bewirkt. Nach dem Prinzip, dass niemand einen Gewinn aus einem vorsätzlichen Pflichtenverstoß behalten darf,329 gleicht eine Gewinnabschöpfung die Unzulänglichkeiten des Schadensersatzinstruments im Bereich der Wettbewerbsverbote aus.330 Dem Geschädigten gelingt es in den meisten Fällen nicht, den Schaden zu berechnen. Die Gewinnabschöpfung ist eine nur selten eingesetzte Sanktion.331 Dies rührt nicht zuletzt aus der Tatsache, dass auch im US-amerikanischen Recht lediglich ein subsidiäres Eingreifen der Gewinnabschöpfung gegenüber der Sanktion des Schadensersatzes anerkannt ist.332 3. Synthese kapitalmarktrechtlicher Sanktionen im deutschen und US-amerikanischen Kapitalmarktrecht Aus der vorangegangenen Analyse der Möglichkeiten der Sanktionierung von Insiderhandel nach geltender deutscher und US-amerikanischer Rechtslage lassen sich verschiedene Schlüsse ziehen. In den Rechtsfolgen, die sowohl Schadensersatz, Bußgeld als auch Gewinnabschöpfung umfassen, weist das US-amerikanische Kapitalmarktrecht ein sehr viel flexibleres und vielseitigeres Sanktionensystem als das deutsche Recht auf. So sind neben funktional administrativen und strafrechtlichen Sanktionen insbesondere zivilrechtliche Ansprüche der geschädigten Anleger (nach § 10(b) SEA i. V. m. Rule 10b-5) aber auch des Emittenten (nach § 16(b) SEA) auf Schadensersatz oder Herausgabe des rechtswidrig erwirtschafteten Gewinns möglich. Auch für das deutsche Recht könnten generell zur Ergänzung des derzeit primär strafrechtlich- oder verwaltungsrechtlich geprägten kapitalmarktrechtlichen Sanktionensystems privatrechtliche Sanktionen herangezogen werden.333 Dennoch ist von einem unüberlegten Heranziehen oder gar einer Übernahme von Elementen aus dem US-amerikanischen Kapitalmarktrecht ohne grundlegende Untersuchung abzuraten. 329 Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (722); Farnsworth, YALE L.J. 94 (1985), 1339 (1367) N. 111 mit weiteren Nachweisen. 330 Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (721). 331 Leibowitz, Tul.L.Rev. 80 (2005), 595 (601). 332 Leibowitz, Tul.L.Rev. 80 (2005), 595 (602). 333 Vgl. zur konkreten Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung und der Frage der zivil- oder öffentlich-rechtlichen Durchsetzung Kapitel 6, B.V., S. 309 ff.

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

Die Auswahl des Sanktionscharakters orientiert sich am Regelungszweck der Insiderhandelsverbote. Sofern der Insiderhandel als schadensverursachendes Ereignis für bestimmte Anleger angesehen wird, sind die Schäden dieser Anleger auch über einen vom Insider erwirtschafteten Gewinn hinaus zu ersetzen.334 So gewährt im US-amerikanischen Recht § 10(b) SEA i. V. m. Rule 10b-5 den geschädigten Anlegern einen Schadensersatzanspruch gegen den Insider. Nach deutschem Recht können Anleger stattdessen nur im engen Rahmen des § 826 BGB einen Schadensersatzanspruch gegen den Insider geltend machen. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. einem wertpapierhandelsrechtlichen Schutzgesetz ist gerade nicht einschlägig, da von den entsprechenden Normen primär die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes insgesamt geschützt und ein Schutzgesetzcharakter der §§ 14, 15 und 15a WpHG nach herrschender Meinung nicht anerkannt wird. Sofern die Insiderhandelsverbote die Aufrechterhaltung der Integrität des Kapitalmarktes insgesamt bezwecken, so soll der durch die Verstöße erwirtschaftete Gewinn dem Markt insgesamt zur Verfügung gestellt werden. Dieser Zielsetzung entsprechen die Geldbußen im deutschen Recht, die „civil penalties“ im US-amerikanischen Recht sowie die kriminalstrafrechtlichen Normen der jeweiligen Rechtsordnung. Hier liegt der Fokus auf der Sanktionierung des Insiders und Zuwendung des Gewinns an die Allgemeinheit. Die Geldbuße nach dem WpHG ist vergleichbar mit den administrativen Sanktionen in Gestalt der Geldstrafe (civil penalty) im US-amerikanischen Recht. Die US-amerikanischen civil penalties erreichen aber ein weit höheres Ausmaß als die Geldbußen des OWiG. Da jene auf der Idee der Abschreckung beruhen, orientieren sie sich an dem erwirtschafteten Gewinn des Insiders. Die US-amerikanische Geldbuße kann sich bis auf die dreifache Höhe des erwirtschafteten Gewinns belaufen. Die Geldbußen des OWiG hingegen haben eine Obergrenze von 100.000 EUR im Fall der unterlassenen Meldungen bei Directors’ Dealings und 200.000 EUR bei tatsächlichem Insiderhandel. Wenn schließlich Insiderhandel als ein verbotenes Ausnutzen der Insiderinformation verstanden wird, soll der berechtigte Inhaber der Insiderinformation Schadensersatz zugesprochen bekommen.335 Dieser Idee entspricht § 16(b) SEA, der primär dem Emittenten und lediglich sekundär den Anlegern einen Anspruch auf Gewinnabschöpfung gegen den Insider bei kurzfristigen Geschäften zubilligt. Das deutsche Recht gewährt bei Insiderhandelstransaktionen keinen Anspruch auf Gewinnherausgabe des Emittenten 334 Palmiter, Securities Regulation, S. 369; siehe zu den sog. implied rights of action Kapitel 3, A.I.2.b)aa)(1)(b), S. 134 ff. 335 Hier kommt eine Klage nach Rule 10b-5 in Betracht, siehe näher Kapitel 3, A.I.2.b)aa)(2), S. 135 ff.; siehe bei Palmiter, Securities Regulation, S. 369.

A. Sanktionsdefizit

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gegen den Insider nach den Grundsätzen der angemaßten Eigengeschäftsführung. Als Fazit kann festgehalten werden, dass das US-amerikanische Recht mit seinen insiderrechtlichen Sanktionen verschiedene Gesichtspunkte und Schutzzwecke der insiderrechtlichen Regelungen abdeckt, während das deutsche Kapitalmarktrecht allein die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes insgesamt schützt. Für die Gewinnabschöpfung bedeutet dies konkret, dass diese Sanktion im US-amerikanischen Kapitalmarktrecht mit § 16(b) SEA ausdrücklich normiert wird und einen höheren Stellenwert bekommt, als es in Deutschland der Fall ist. Das US-amerikanische Recht ermöglicht die Abschöpfung des rechtswidrig erwirtschafteten Gewinns quasi als „Annexkompetenz“ der Gerichte bzw. der Aufsichtsbehörden über die Börse.336 Spezialgesetzliche Gewinnabschöpfungsnormen – wie § 16(b) SEA – existieren in der deutschen Rechtsordnung nicht. Eine Gewinnabschöpfung ist nach deutschem Recht nur in dem begrenzten Rahmen des § 17 Abs. 4 OWiG bei der Bemessung des Bußgeldes möglich. Auch wenn die Durchsetzungsmöglichkeiten einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung noch nicht untersucht wurden, so kann dennoch festgehalten werden, dass die behördlichen Befugnisse in Deutschland nicht so weit reichen, wie diejenigen in den USA. Beispielsweise können die Behörden nach US-amerikanischem Recht zivilrechtliche Klagen vor Gericht erheben. Ein Behördenklagerecht nach zivilprozessualen Grundsätzen ist dem deutschen Rechtssystem jedoch fremd.

II. Sanktionsdefizit bei Marktmanipulationen im deutschen Recht Bei einem Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation kann der Täter mit einem Bußgeld belegt (§ 39 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 Nr. 11 WpHG) oder strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden (§ 38 Abs. 2 WpHG). Die Freiheitsstrafe kann bis zu fünf Jahren betragen. Das Bußgeld kann sich auf bis zu 1 Million EUR belaufen. Die kriminalstrafrechtlichen Sanktionen von Verstößen gegen das Verbot der Marktmanipulation sind gleichermaßen wie Sanktionen von Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot erheblichen Beweisdefiziten ausgesetzt und bereiten in ihrer prozessualen Verfolgung Schwierigkeiten. Dies lässt sich anhand von Statistiken veranschaulichen. Im Jahr 2006 eröffnete die BaFin wegen des Verdachts auf Marktmanipulation 60 neue Un336

So auch Winer, § 18.10 Disgorgement, S. 1.

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

tersuchungen, 30 Untersuchungen stellte sie ein.337 Im Jahr 2007 wurden 61 neue Untersuchungen aufgenommen und 41 Verfahren eingestellt.338 Im Jahre 2008 beliefen sich die Zahlen der Neuuntersuchungen auf 77 und der Einstellungen auf 42 Verfahren.339 In lediglich drei Fällen wurden die gerichtlichen Verfahren im Jahre 2008 mit einer Verurteilung beendet.340 § 20a WpHG stellt nach noch herrschender Auffassung kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar.341 Die historische Auslegung der Norm spricht für diese Betrachtungsweise. So diente auch die Vorgängervorschrift des § 88 BörsG nur mittelbar dem Schutz des Kapitalanlegers. § 20a WpHG schützt als Nachfolgevorschrift ebenfalls allein die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und Märkten und damit deren Funktionsfähigkeit.342 Eine sich im Vordringen befindliche Auffassung will jedoch § 20a WpHG Schutzgesetzcharakter zuschreiben.343 Schutzzweck des § 20a WpHG sei unter anderem die Preisbildung. Zwingende Voraussetzung für die Veränderung des Börsen- und Marktpreises sei der zeitlich vorgelagerte Schutz individueller Anlegerentscheidungen. Der persönliche Schutzbereich des § 20a WpHG umfasse daher auch den einzelnen Kapitalanleger. Einer systemwidrigen Konterkarierung des Regelungszusammenhangs des potentiellen Schutzgesetzes wirke eine tatbestandliche Haftungsbegrenzung entgegen.344 Nach Sinn und Zweck des Verbots der Marktmanipulation ist jedoch ausschließlich die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes geschützt. Einzelne Ansprüche der Anleger sind daher nicht mit dem Schutzzweck der Vor337

Hier BaFin, Jahresbericht 2006, S. 170. BaFin, Jahresbericht 2007, S. 181. 339 BaFin, Jahresbericht 2008, S. 161. 340 BaFin, Jahresbericht 2008, S. 161. 341 Fleischer, NJW 2002, 2977 (2979); Hotz, Information und Desinformation des Kapitalanlegers durch Finanzanalysen, S. 319 ff.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, S. 389 ff.; Möller, WM 2002, 309 (310), der die staatliche Verfolgung von Verstößen und den Schutzzweck der Sicherstellung der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an den Börsen betont; Schwark, in: Schwark, Kapitalmarktrechtskommentar, § 20a WpHG, Rn. 5; Schwark, in FS Kümpel, 485 (489); Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a, Rn. 31; vgl. ausführlich zur Diskussion und zum Meinungsstand: Eichelberger, Verbot der Marktmanipulation, S. 363 f. 342 So auch Eichelberger, Verbot von Marktmanipulation, S. 112; Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a Rn. 26 ff. 343 Altenhain, BB 2002, 1874 (1875); Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063 (1064– 1066); Leisch, ZIP 2004, 1573 (1574 f.); Lenzen, ZBB 2002, 279 (284); Möllers, ZBB 2003, 390 (400); Vogler, Fehlerhafte Aktienanalysen, S. 226. 344 Spickhoff, Gesetzesverstoß und Haftung, S. 124. 338

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schrift in § 20a WpHG vereinbar. Auch in Anlehnung an die historische Auslegung der Norm ist die Annahme der Schutzgesetzeigenschaft des Verbots der Marktmanipulation zweifelhaft.345 Im Ergebnis ergibt sich bei Marktmanipulationen kein Sanktionsdefizit von ähnlichem Ausmaß wie im Insiderrecht. Aufgrund der Bußgeldandrohung kann nach § 17 Abs. 4 OWiG auch der Gewinn des marktmanipulativen Verhaltens abgeschöpft werden. Dennoch treten im Rahmen der ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionen ebenfalls tatbestandliche Beweisschwierigkeiten auf, die den Sanktionen keine besonderer Praxisrelevanz zukommen lassen.

III. Ausblick: Weiterer Sanktionsbedarf im deutschen Recht 1. Sanktionsdefizit bei Marktschutzvereinbarungen de lege lata Auch bei den bereits erwähnten sog. Marktschutzvereinbarungen kommt der Frage ihrer Durchsetzung erhebliche Bedeutung zu. Bei Marktschutzvereinbarungen verpflichten sich die Aktionäre, ihre Aktien während eines bestimmten Zeitraumes, typischerweise nach dem Börsengang, nicht zu veräußern.346 In jüngerer Zeit wurden diese Abreden vermehrt gebrochen.347 Das LG Frankfurt lehnte in einem Fall das Bestehen von Schadensersatzansprüchen der Aktionäre ab.348 Grundsätzlich haben externe Anleger keine Ansprüche bei Verletzung von Halteverpflichtungen, da sie nicht in den Schutzbereich des Vertrages zwischen Emittenten und Organmitglied fallen. Zudem ist ratsam, auf einen Verstoß gegen Halteverpflichtungen auf der Sanktionsebene ebenfalls nur nach privatrechtlichen Grundsätzen zu reagieren, wenn auf der Primärebene die Verhaltenspflichten ebenfalls auf Partei345 Zwar tendiert die Rechtsprechung dazu, den Schutzgesetzcharakter einer Norm auch in Anbetracht der Umstände ihrer sonstigen Durchsetzungsmöglichkeiten zu bestimmen, vgl. Vogel, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 20a Rn. 31. Es ist jedoch nicht überzeugend, dass die Schutzgesetzdoktrin allein eine Auslegung nach Sinn und Zweck der Norm gebietet. Doch selbst die Analyse der weiteren Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen das Verbot der Marktmanipulation zeigt keine umfassende Sanktionierung, da allein der vorsätzliche Verstoß strafrechtlich und kapitalmarktrechtlich relevant ist (§ 15 StGB, § 10 OWiG). 346 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, S. 348. 347 LG Frankfurt ZIP 2003, 400; vgl. Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a, Rn. 15; auch Veil, ZGR 2005, 155, 159 f. m. w. Nachw. 348 LG Frankfurt ZIP 2003, 400; vgl. mit einer ähnlichen Argumentation: Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a Rn. 144.

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

vereinbarung beruhen und von Gesetzes wegen keine Halteverpflichtungen vorgesehen sind. Zur Einhaltung und zur Verfolgung der Verstöße gegen die Lock-up-Vereinbarungen würde eine Gewinnabschöpfung auf der Rechtsfolgenseite von § 15a WpHG erheblich beitragen, da ein Verstoß gegen die Abreden von Gesetzes wegen offen gelegt werden muss. Der Fall, dass eine Führungsperson unter Vornahme einer Transaktion gegen Marktschutzvereinbarungen verstößt, gleichwohl die Transaktion entsprechend den Anforderungen des § 15a WpHG veröffentlicht, dürfte in der Praxis auszuschließen sein. Dies käme einer Selbstanzeige gleich. Mit einer an § 15a WpHG anknüpfenden Gewinnabschöpfung würde auch der dahinter stehende Verstoß gegen Lockup-Verpflichtungen sanktioniert und sichergestellt, dass keine unrechtmäßigen Gewinne ohne Offenlegung erwirtschaftet werden. 2. Sanktionsdefizit bei fehlerhafter Anlageberatung Die Grundzüge der Haftungsmöglichkeiten bei fehlerhafter Anlageberatung werden lediglich skizziert: Bei fehlerhaften Aktienanalysen ist eine begrenzte Haftung innerhalb des bestehenden gesetzlichen Rahmens möglich. Eine vertragliche Haftung scheidet zwar ebenso wie eine Haftung nach den bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen zur Prospekthaftung aus.349 Ausgangspunkt für eine Haftung bildet jedoch § 34b WpHG. Die Frage der Schutzgesetzeigenschaft dieser Vorschrift im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist umstritten. Nach Auffassung mancher Autoren diene sie auch dem Schutz des individuellen Anlegers und sei damit als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zu verstehen.350 Mit § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 34b Abs. 5 WpHG würde danach eine mögliche Anspruchsgrundlage bei fehlerhafter Anlageberatung existieren. Die wohl überwiegende Ansicht sieht in § 34b Abs. 1–5 WpHG jedoch kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB351, auch wenn aus diesem Grund teilweise ein klarer, richterlich nicht 349 Hotz, Information und Desinformation des Kapitalanlegers durch Finanzanalysen, S. 315, die Finanzanalyse selbst ist zwar eine, jedoch nicht die alleinige Grundlage für die Investitionsentscheidung des Anlegers – eine Voraussetzung, die die Rechtsprechung an das Vorliegen eines Prospekts gestellt hat, BGHZ 77, 172 (176); 111, 314 (317). 350 Braun/Vogel, Kreditwesen, S. 530, 533; Spindler, DStR 2002, 1576 (1581); Vogler, Fehlerhafte Aktienanalysen, S. 225. 351 Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 34b Rn. 3; Hopt, in: Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, WpHG Einl (16) Rn. 10; Hotz, Information und Desinformation des Kapitalanlegers durch Finanzanalysen, S. 318; Möllers, in: KölnerKomm WpHG, § 34b Rn. 284; Steuer/Rossbach, in: Kapitalmarkt – Recht und Praxis, Gedächtnisschrift für Ulrich Bosch, S. 213 (228); noch zur Schutzgesetzeigenschaft des § 34b Abs. 6 WpHG a. F.: Fuchs, in: Fuchs, WpHG, § 34b Rn. 3.

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korrigierbarer Verstoß gegen die Marktmissbrauchsrichtlinie eingeräumt wird.352 Die konträren Meinungen müssen an dieser Stelle nicht bewertet werden, denn selbst wenn § 34b Abs. 5 WpHG als Anspruchsgrundlage diente, wäre diese jedoch in der Praxis erheblichen Beweisdefiziten ausgesetzt. Der Anleger müsste bei Erhebung des Anspruchs nachweisen, dass er im Vertrauen auf die fehlerhafte Aktienanalyse gehandelt hat.353 Darüber hinaus wäre der entstandene Schaden nachzuweisen und zu beziffern. Schließlich bleibt bei fehlerhafter Anlageberatung nur die bereits näher erörterte Haftung unter den strengen Voraussetzungen des § 826 BGB.354

B. Durchsetzungsdefizit Neben dem Fehlen der positiven Existenz kapitalmarktrechtlicher Sanktionen stellt die fehlende oder nur unzureichende Durchsetzung der Normen ein Problem dar, welches ein kriminalpolitisches Bedürfnis nach Effektuierung der Sanktionierung im Kapitalmarktrecht entstehen lässt. Dies lässt sich anhand von Statistiken belegen.

I. Statistiken zur Sanktionierung von Insiderverstößen Die Etablierung von Insiderhandelsverboten und deren Durchsetzung ist ein Phänomen der 90er Jahre.355 Nach einer Untersuchung aus dem Jahre 2002356 hatten Ende des Jahres 1998 103 Länder einen Kapitalmarkt. Insiderhandelsrecht existierte in 87 Ländern, dennoch erfolgte die Verfolgung der Verstöße lediglich in 38 Ländern. Das (Miss-)Verhältnis von Einstellungen und der Beendigung von Verfahren durch Verurteilung ist in Deutschland besonders augenfällig. So wurden in den Jahren von 1995 bis 1999 nur drei Verurteilungen wegen Insiderhandels ausgesprochen. Laut BaFin haben seit 2001 bis Mitte 2007 von 550 Ermittlungsverfahren nur 40 zu einer Verurteilung geführt. 352

Hopt, in: Baumbach/Hopt/Merkt, WpHG Einl (16) Rn. 10. Das US-amerikanische Recht stützt sich bei der Sanktionierung fehlerhafter Aktienanalysen auf die sog. fraud on the market-Theorie (vgl. hierzu Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(7)(b), S. 122 ff.). Bereits aus der Existenz der fehlerhaften Anlageberatung kann damit auf eine Beeinflussung auf den Marktpreis geschlossen werden (vgl. hierzu auch Vogler, Fehlerhafte Aktienanalysen, S. 100). Zudem erfasst § 10b SEA i. V. m. SEC- Rule 10b-5 auch die fehlerhaften Aktienanalysen, Näheres zu den genannten Vorschriften unter Kapitel 3, A.I.2.b)aa)(2), S. 135. 354 Vgl. zu der Haftung nach § 826 BGB Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(7), S. 121 ff. 355 Bhattacharya, The Journal of Finance 57 (2002), 75 (78). 356 Bhattacharya, The Journal of Finance 57 (2002), 75 (77). 353

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

Nach Statistiken des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel aus dem Jahre 2002 sind von 38 abgeschlossenen Verfahren wegen Insiderverstößen insgesamt 37 Verfahren eingestellt worden, und nur bei einem Verfahren kam es zu einer rechtskräftigen Verurteilung.357 Die Zahl der rechtskräftigen Verurteilungen belief sich im Jahre 2003 auf zwei, im Jahre 2004 auf fünf, im Jahre 2007 auf drei und im Jahre 2008 auf sechs Fälle.358 2006 leitete die BaFin 51 neue Untersuchungen wegen des Verdachts auf Insiderhandel ein. In 23 Verdachtsfällen stellte bereits die BaFin die Untersuchungen sein. Im Jahr 2007 wurden bei 64 durch die BaFin angestrengten Verfahren 29 mangels ausreichender Anhaltspunkte eingestellt.359 Auch bei den gerichtlichen Verfahren bestätigten sich in den Jahren 2007 und 2008 die Statistiken der vorangegangenen Jahre. So wurden 2007 von den 82 gerichtlichen Verfahren insgesamt 65 eingestellt.360 2008 waren es von 102 gerichtlichen Verfahren insgesamt 84, die eingestellt wurden.361 Als Fazit dieser statistischen Betrachtung lässt sich festhalten, dass in der Rechtswirklichkeit keine effektive Verfolgung des Insiderhandels stattfindet. Sowohl Ermittlungsverfahren als auch Gerichtsprozesse werden überwiegend eingestellt und nicht etwa durch Verurteilung oder Freispruch abgeschlossen. Im Folgenden sollen die Gründe hierfür analysiert werden.

II. Probleme der strafrechtlichen Durchsetzung Strafrechtliche Sanktionen sind aufgrund ihrer Bedeutung und Tragweite mit entsprechend hohen Beweisanforderungen verbunden, was nicht zuletzt der rechtsstaatliche Grundsatz des „in dubio pro reo“ gebietet. In Fallkonstellationen wie den hier zu untersuchenden unterlassenen Veröffentlichungspflichten nach § 15a WpHG sowie den Verstößen gegen das Verbot des Insiderhandels, § 14 WpHG, führen die strengen Beweisanforderungen in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten.362 Da bei den Insiderhandelsverboten das Insiderwissen bewiesen werden muss – was in der Rechtswirklichkeit nahezu unmöglich erscheint – greift in Zweifelsfällen die strafrechtliche Sanktion nicht ein. Besondere Berücksichtigung erfährt zudem, dass sich das Phänomen der Insidertransaktionen aufgrund der Gegebenheiten 357 BaFin, Jahresbericht 2006, vom 10.5.2007, S. 166; in diesem Sinne argumentiert auch Ferran, Building an EU Securities Market, S. 33. 358 BaFin, Jahresbericht 2008, S. 158. 359 BaFin, Jahresbericht 2007, S. 175. 360 BaFin, Jahresbericht 2007, S. 176. 361 BaFin, Jahresbericht 2008, S. 158. 362 Vgl. Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (678).

B. Durchsetzungsdefizit

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des anonymen Kapitalmarkts als ein besonders schwer aufdeckbares und verfolgbares Delikt darstellt. Für strafrechtliche Sanktionen kann damit festgehalten werden, dass aufgrund der engen tatbestandlichen Voraussetzungen und der hohen Beweisanforderungen eine regelmäßig eingreifende, den Insiderhandel effektiv unterbindende Sanktionierung nicht existiert.363 Zudem wird eine fehlende Aktivität der Staatsanwaltschaft in der Praxis bemängelt. Die ineffektive Insiderverfolgung durch die Staatsanwaltschaft beruhe auf verschiedenen Faktoren. Zunächst sei eine fehlende personelle Ausstattung der Staatsanwaltschaften sowohl in qualitativer (was die Spezialmaterie des Kapitalmarktrechts betrifft) als auch in quantitativer Hinsicht gegeben.364 Daneben seien Defizite in der Verfolgungspraxis auszumachen, die auf fehlenden materiellen Mitteln beruhten.365 Zur Steigerung der Effektivität strafrechtlicher Sanktionen werden daher unter anderem folgende Lösungen vorgeschlagen: Zunächst könnte die BaFin als alleinige Verfolgungsbehörde ähnlich wie die SEC im US-amerikanischen Recht eingesetzt werden. Zudem könnten ein zentrales Fachdezernat im Kapitalmarktstrafrecht oder dezentrale Kapitalmarktschwerpunktstaatsanwaltschaften und -abteilungen geschaffen werden.366 Diese strukturellen Veränderungen sind jedoch in jedem Fall mit erheblichen Zusatzkosten für die Staatskasse verbunden, so dass eine Umsetzung nicht zu erwarten ist. Eine wesentliche Steigerung der Entdeckungswahrscheinlichkeit erfordert einen massiven Ausbau des staatlichen Überwachungsapparats, der sowohl hinsichtlich seiner Finanzierung als auch ordnungspolitisch zumindest zweifelhaft ist.367

363

Diese Erkenntnis haben Rechtswissenschaftler im US-amerikanischen Rechtsraum bereits in den Jahren 1929/1930 gehabt und in der Konsequenz mit § 16(b) SEA eine Regelung geschaffen, die auf den subjektiven Nachweis des Insiderwissens verzichtet, vgl. hierzu Kapitel 3, A.I.2.b)bb)(2), S. 138 ff. Auch in Großbritannien wird an der Mittelwahl des Strafrechts in ähnlichem Maße wie im deutschen Recht Kritik geübt. Die im Strafrecht geltenden hohen Beweisanforderungen werden als Verfolgungshindernis angesehen, vgl. die Nachweise bei Osterloh, Directors’ Dealings, S. 148. Daher wird auch in Großbritannien die Forderung nach zivilrechtlichen Sanktionen als Ergänzung zum bisherigen Sanktionensystem erhoben, Hannigan, Insider Dealing, S. 91 f.; Suter, Regulation of Insider Dealing, S. 121; Rider in: Hopt/Wymeersch, European Insider Dealing, S. 313 (327 ff.). 364 So Hienzsch, HRRS 2006, 144 (145, 146). 365 Vgl. hierzu Hienzsch, HRRS 2006 144, (145, 146). 366 Näher zu den einzelnen Vorschlägen: Hienzsch, HRRS 2006; 144 (148, 149). 367 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 80; zu beachten ist aber, dass die BaFin als Überwachungs- und Kontrollbehörde durch die Marktteilnehmer finanziert wird.

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

III. Probleme der zivilrechtlichen Durchsetzung 1. Beweisprobleme eines zivilrechtlichen Anspruchs Zwar existiert mit § 826 BGB eine mögliche Anspruchsgrundlage sowohl bei Verstößen gegen die Insiderhandelsverbote als auch bei Verstößen gegen das Verbot der Marktmanipulation (darüber hinaus kann nach Auffassung mancher Autoren auch § 823 Abs. 2 BGB herangezogen werden), jedoch sind die zivilrechtlichen Ansprüche in der Praxis mehr oder weniger irrelevant. Dies liegt einerseits an den eng gefassten Tatbestandsmerkmalen, andererseits an der mit der Anonymität des Kapitalmarktes einhergehenden schwierigen bzw. unmöglichen Beweisführung.368 Wesentliche Probleme bereiten zum einen die Identifizierung des Urhebers einer verbotenen Markttransaktion und zum anderen der Beweis der Kausalität zwischen Schaden und Insiderhandeln.369 Dies ist Gegenstand der folgenden Untersuchung. a) Qualifikation des oder der geschädigten Anleger(s) Zur Qualifikation des Geschädigten beim Insiderhandel sollen die folgenden Beispielfälle beitragen. aa) Kauf durch Insider bei erwarteter positiver Kursentwicklung Im ersten Beispielfall hat der Insider Kenntnis von einer sich auf den Börsenkurs des Unternehmens positiv auswirkenden Information. In dem im Rahmen der Erörterung der Sanktionen de lege lata genannten Fallbeispiel ist es das Ausscheiden eines umstrittenen Vorstandsmitglieds aus dem Unternehmen.370 Um an dem erwarteten Anstieg des Wertpapierkurses Teil haben zu können, kauft der Insider eine erhebliche Anzahl der Aktien des eigenen Emittenten. 368

Gronstedt, Zentrale staatliche Börsenaufsicht und Insiderrecht, S. 145; Rider, Enforcement of Finance Services Law, in: Rider/Ashe, The Fiduciary the Insider and the Conflict, S. 210: „When the transaction occurs on an impersonal and anonymous market where the matching of a particular buyer with a particular seller is essentially a matter of chance, even if a duty existed, traditional concepts of reliance and causation would have to be strechted to the point of fiction to afford the counterparty a conventional right of action.“ 369 Gronstedt, Zentrale staatliche Börsenaufsicht und Insiderrecht, S. 145; Hausmaninger, Insider Trading, S. 132; zu den Modellen der Schadensberechnungen, insbesondere dem Kursdifferenzschaden Kapitel 7, C.II., S. 340 ff. 370 Vgl. den Beispielsfall im Rahmen der Erörterung der Sanktionen de lege lata unter Kapitel 3, A.I., S. 96.

B. Durchsetzungsdefizit

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(1) Transaktionspartner Als Geschädigter des Insiderhandels kommt zunächst der Transaktionspartner des Insiders in Betracht. Dieser könnte durch den Informationsnachteil einen Schaden erlitten haben, da er das Wertpapier zu einem Preis verkauft hat, der dem Wert des Wertpapiers, der die Insiderinformation371 bereits inkorporiert, nicht entspricht. Die Identifizierung des Transaktionspartners bereitet besondere Probleme, sofern der Insiderhandel über die Wertpapiermärkte durch Einschaltung von Finanzintermediären anonym abgewickelt wird – wie so häufig.372 Doch auch bei einem identifizierbaren Transaktionspartner und bei Bejahung eines Schadens, ist zu bezweifeln, ob der Kausalitätsnachweis in der Rechtswirklichkeit am Kapitalmarkt erbracht werden kann. Für den Nachweis der Kausalität, für die der Anleger – wie bereits aufgezeigt373 – die Darlegungs- und Beweislast trägt, gibt es zwei Möglichkeiten: Zunächst kann darauf abgestellt werden, ob der Insider eine Insidertransaktion vorgenommen hat oder nicht. Aufgrund der elektronischen Abwicklungssysteme kann sich ein Anleger seinen Transaktionspartner nicht aussuchen.374 Zu vermuten ist daher, dass der Transaktionspartner auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten des Insiders – folglich bei Unterlassen der entsprechenden Insidertransaktion – seine Transaktion mit einem anderen Investor zu denselben oder vergleichbaren Konditionen getätigt hätte.375 Dann kann aber die Handlung des Insiders hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfiele.376 Fraglich ist jedoch, ob diese hypothetische Reserveursache in Form eines dritten Geschäftspartners überhaupt Beachtung findet und wenn ja, welcher Wahrscheinlichkeitsgrad als Voraussetzung an die „mit Sicherheit eingreifende Reserveursache“ zu stellen ist. Da es sich hier um ein Dreipersonenverhältnis handelt (Insider, Transaktionspartner, hypothetischer Transaktionspartner des Transaktionspartners) und sich nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststellen lässt, dass der Transaktionspartner bei Untätigbleiben des Insiders mit einem anderen In371 Siehe zur Bestimmung des Wertes eines Wertpapiers die Ausführungen im Rahmen der Gewinnberechnung Kapitel 7, C.II.2.c)bb), S. 345. 372 Hierzu genauer Kaiser, WM 1997, 1557 (1560). 373 Insbesondere kommen ihm keine Beweiserleichterungen im Sinne der fraudon-the-markets-Theorie zu, siehe Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(7)(b), S. 122. 374 Zur Darstellung der Abwicklung von Transaktionen über zwischengeschaltete Finanzintermediäre Kaiser, WM 1997, 1557 (1560, 1561). 375 Vgl. Fridrich v. Bradford, 542 F.2d 307 (321 f.) (1976); D’Amato, Wis.L.Rev. 1989, 1433 (1449, 1456); Kaiser, WM 1997, 1557 (1561); Rider/Ashe, Insider Crime, S. 3 f. 376 Westermann/Bydlinski/Weber, BGB Schuldrecht Allgemeiner Teil, S. 242.

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

vestor entsprechende Verkäufe oder Käufe getätigt hätte – zu denken wäre etwa an ein Ausbleiben eines preiskompatiblen Interessenten – könnte man die Kausalität zwischen dem Insiderhandel und dem Schaden des Anlegers bejahen.377 Der Insider könnte sich nicht auf das Argument der Ersatzursache berufen. Andererseits fällt es nach klassischen zivilrechtlichen Bewertungskriterien schwer, einen adäquaten Kausalzusammenhang anzunehmen.378 Zum einen gibt ein Investor, der gewillt ist eine Transaktion vorzunehmen, einen Minimalkurs (im Falle des Verkaufs) sowie einen Maximalkurs (im Falle des Kaufs) als verbindliches Vertragsangebot ab. Zum anderen zeigt die Praxis, dass Transaktionen, die vorgenommen werden wollen, in aller Regel auch tatsächlich getätigt werden. Dass in der Realität tatsächlich ein Transaktionspartner fehlen sollte, kommt – wenn dann überhaupt – nur bei relativ kleinen Unternehmen in Betracht, nach deren Aktien nicht unbedingt eine stetige Nachfrage besteht. Aufgrund der anonymen Transaktionstätigung am Kapitalmarkt und dem sehr unwahrscheinlichen Fehlen eines geeigneten Transaktionspartners bei Fernbleiben des Insiders, muss im Ergebnis die Kausalität zwischen Insidertransaktion und entstandenem Schaden zumeist verneint werden. Ferner kann für die Kausalität der Fokus auf das Vorenthalten der Insiderinformation bei Transaktionstätigung gegenüber dem Transaktionspartner gelegt werden.379 Dann wäre die für den Schaden maßgebliche Pflichtverletzung die unterlassene Veröffentlichung der Insiderinformation. Hätte der Transaktionspartner Kenntnis von der Insiderinformation gehabt, hätte er – aller Voraussicht nach – keinen Kauf oder Verkauf von Wertpapieren vorgenommen. Der Nachweis der kausalen Verknüpfung von Nichtveröffentlichung der Insidertransaktion und dem Schaden des Investors scheint damit leichter zu gelingen, als wenn die Insidertransaktion als Anknüpfungspunkt für die Kausalität angesehen wird. Als problematisch erweist sich jedoch die Tatsache, dass der Insider nach deutschem Recht selbst nicht zur Veröffentlichung der entsprechenden Insiderinformation verpflichtet ist.380 Die Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 WpHG trifft allein den Emittenten. Die Veröffentlichungspflicht des Insiders bei Directors’ Dealings kann in jedem Fall nicht zur Begründung der Kausalität herangezogen werden, da diese erst fünf Tage nach Transaktionsvornahme fällig ist, § 15a Abs. 1 S. 1 WpHG. Für einen Schaden, der wegen unzureichender Information durch unterlassene Publizierung entstanden ist – mithin für das 377

In diese Richtung auch Kaiser, WM 1997, 1557 (1561). Näher hierzu Kötz/Wagner, Deliktsrecht, S. 79 ff.; Westermann/Bydlinski/ Weber, BGB Schuldrecht Allgemeiner Teil, S. 242. 379 Vgl. zu dieser Differenzierung auch Kirchner, FS Kitagawa, 665 (672). 380 Siehe zu der fehlenden Offenlegungspflicht von Organpersonen de lege lata Kapitel 4, F.III.1., S. 204 ff. 378

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Risiko eines Informationsgefälles – kann das einzelne Organmitglied jedoch nur haften, wenn es zur Veröffentlichung der Information verpflichtet ist und damit eine Garantenstellung innehat. Anders als im US-amerikanischen Recht, wo die sog. Disclose-or-abstain-Rule381 existiert, kann nach derzeitiger Rechtslage keine Haftung der Organmitglieder wegen unterlassener Veröffentlichung von Insiderinformationen ausgelöst werden. Nur im Einzelfall und unter strengen Voraussetzungen kommt eine Haftung des Insiders nach § 826 BGB in Betracht.382 Voraussetzung wäre, dass die verantwortliche Führungsperson es schuldhaft unterlassen hat, auf die Veröffentlichung durch den Emittenten hinzuwirken. Angenommen, es bestünde eine Veröffentlichungspflicht des Insiders383 bezüglich der Insiderinformation, so könnten die Transaktionspartner gegebenenfalls nachweisen, dass sie bei Kenntnis der Insiderinformation ihre schadensbringende Transaktion nicht vorgenommen hätten.384 (2) Anleger des Emittenten (Anteilseigner) Auf den ersten Blick könnten alle Anleger des Emittenten mit dem Argument als Geschädigte qualifiziert werden, dass sie bei Kenntnis der Insiderinformation zusätzliche Wertpapiere des Emittenten erworben hätten. Als Pflichtenverstoß kann hierbei nur auf die Nichtveröffentlichung der Insiderinformation abgestellt werden, nicht auf den Transaktionsvorgang des Insiders selbst. Sofern der Emittent quasi als Eigentümer der Information gilt385, müssten die Anteilseigner gleichermaßen von „ihrem“ Eigentum profitieren können. Damit könnten sie den „entgangenen Gewinn“ als Schaden ersetzt verlangen. Durch die Emission der Wertpapiere ist automatisch die Zahl der potentiellen Anspruchsberechtigten begrenzt, so dass keine grenzenlose Haftung droht.386 Der Schadensersatz könnte auf alle beteilig381

Siehe hierzu Kapitel 2, A.II.2.a), S. 63 ff. Siehe hierzu Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(7), S. 121 ff. 383 Zu möglichen Begründungsmodellen, die im Ergebnis abgelehnt werden müssen, unter Kapitel 4, F.III.1., S. 204 ff. 384 So zum Beispiel nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz – KapInHaG) (vom 7. Oktober 2004), unveröffentlichter Entwurf abrufbar unter: http://www.jura.uni-augsburg.de/prof/moellers/materialien. Darüber hinaus kann kein entgangener Gewinn geltend gemacht werden. Denn jeglichem Anspruchsteller könnte in diesem Fall entgegen gehalten werden, dass er bei rechtmäßigem Verhalten des Insiders in Gestalt der ordnungsgemäßen Publizierung aufgrund des austarierten Informationsniveaus gerade keinen Gewinn hätte erwirtschaften können. 385 So im US-amerikanischen Recht, siehe Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(3), S. 111 ff. 386 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 219. 382

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ten Anleger gleichmäßig verteilt werden.387 Die Auszahlung des Schadensersatzes könnte mittels einer außerordentlichen Dividende erfolgen. Dieser Argumentation kann eine gewisse Konsequenz nicht abgesprochen werden, da sich die Nichtoffenlegung der Information auf jeden Anleger im Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung in gleicher Weise auswirkt.388 Lässt man sich auf diese Argumentation ein, eröffnen sich vier Problemkreise. Erstens ist fraglich, ob von dem Kreis der Mitaktionäre auch rechtmäßig handelnde, nämlich untätig gebliebene Insider erfasst sind. Diese haben zwar keinen Informationsnachteil erlitten, da auch sie gerade von der Insiderinformation Kenntnis hatten. Dennoch sollten sie nicht vom Kreis der anspruchsberechtigten Anleger herausgenommen werden, da sie gerade – im Gegensatz zum rechtswidrig handelnden Insider – nicht von der Insiderinformation profitiert haben. Zweitens gelingt der Vergleich mit der hypothetischen Situation nach Veröffentlichung der Insiderinformation nicht. Denn wenn ordnungsgemäß publiziert worden wäre, hätten auch die Verkäufer Kenntnis von der Information. Geschäfte zum „alten“ Kurs würden nicht geschlossen. Es geht damit nicht um einen entgangenen Gewinn, der seitens der Mitaktionäre geltend gemacht werden kann, sondern um die Ausnutzung des Informationsvorteils durch den Insider dergestalt, dass er noch von Kursen profitieren konnte, die dem Wert des Wertpapiers schon nicht mehr entsprachen. Drittens ist die Eigentümerstellung des Emittenten an den Insiderinformationen aufgrund des Verwertungsverbots nach klassischer zivilrechtlicher Dogmatik zweifelhaft.389 Die Anteilseigner haben ebenfalls kein Verwertungsrecht an den Insiderinformationen. Schließlich könnte die Idee der Qualifikation der Anteilseiger als Geschädigte im Sinne der um den „entgangenen Gewinn“ Betrogenen ad absurdum geführt werden, indem nicht nur die Anteilseigner des Emittenten als Geschädigte angesehen werden, sondern in konsequenter Fortführung jeder Anleger am Kapitalmarkt – da kursrelevante Informationen dem Markt unverzüglich zu veröffentlichen sind – ja sogar jeder zahlungskräftige Mensch. Jeder könnte behaupten, dass er mit Wissen der Insiderinformation die gleiche Transaktion wie der Insider vorgenommen hätte, um von dem 387

Kaiser, WM 1997, 1557 (1561). Dies sei unabhängig davon der Fall, ob der Anleger zeitgleich (contemporaneously) mit dem Insider und auf der Marktgegenseite Geschäfte getätigt habe, siehe D’Amato, Wisc.L.Rev. 1989, 1433 (1456 f.); Harbour, Colum.L.Rev. 74 (1974), 299 (307); Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 412. 389 Vgl. zu der Frage der Eigentümerstellung des Emittenten an den Insiderinformationen Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(3), S. 111 ff. 388

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Kursanstieg profitieren zu können. Denn diejenigen Anteilseigner, die durch das Halten von Aktien von dem Kursanstieg profitiert haben, haben zunächst einmal keinen Schaden erlitten. Bezüglich der (erst gar nicht gefassten oder wieder aufgegebenen) Entscheidung, zusätzliche Aktien zu erwerben, sind sie mit externen Anlegern gleichzusetzen. Hiergegen lässt sich einwenden, dass potentielle Anleger, die aufgrund der fehlerhaften oder unterbliebenen Mitteilung noch gar keinen Kaufentschluss gefasst haben und damit keinen Gewinn aus einem Kursanstieg erwirtschaften konnten, keinen konkreten Schaden erlitten, sondern lediglich eine noch nicht ersatzfähige Gewinnchance versäumt haben.390 Damit könnte eine Eingrenzung des Kreises der Anspruchsberechtigten durch das Merkmal des gefassten und wieder aufgegebenen Kaufentschlusses erfolgen. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass der Nachweis solcher subjektiven Entscheidungsprozesse in der Praxis in weitem Umfang erfolgreich geführt werden kann. Es bleibt festzuhalten, dass Anteilseigner nur in Ausnahmefällen einen Schadensersatzanspruch erfolgreich durchsetzen können. (3) Gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite Sämtliche Anleger der Marktgegenseite des Insiders, die gleichzeitig mit dem Insider eine Transaktion getätigt haben (sog. contemporaneous traders391), sind gewissermaßen in dergleichen Position wie der Transaktionspartner des Insiders.392 Wenn die anonymisierte Form der Handelsgeschäfte am Kapitalmarkt dazu führt, dass der Transaktionspartner des Insiders nach klassischen Kriterien möglicherweise nur unter Schwierigkeiten eine Kausalität zwischen der Insidertransaktion und dem bei ihm entstandenen Schaden nachweisen kann393, so muss im Gegenzug auch angenommen werden, dass Anleger der Marktgegenseite ebenso wahrscheinlich mit dem Insider eine Transaktion hätten tätigen können. Bei den Transaktionsgeschäften erfolgt keine spezifische Auswahl eines konkreten Vertragspartners. Die Zusammenstellung der Handelspartner erfolgt fast willkürlich.394 Dies hätte zur Folge, dass nicht nur der Transaktionspartner, sondern gleichermaßen alle gleichzeitig handelnden Anleger der Marktgegenseite als Geschädigte zu qualifizieren sind. 390

So Kalss/Opitz/Zollner, Kapitalmarktrecht, S. 467. Vgl. hierzu Kapitel 3, A.I.2.b)aa)(1)(a), S. 133 ff. 392 Siehe auch Rider/Ashe, Insider Crime, S. 61; so auch für das US-amerikanische Recht Hausmaninger, Insider Trading, S. 294. 393 Siehe zur Kausalität Kapitel 3, B.III.1.a)aa)(1), S. 168 ff. 394 Vgl. Rider/Ashe, The Fiduciary the Insider and the Conflict, S. 210. 391

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Diejenigen Anleger, die einen gleichgerichteten Transaktionsvorgang wie der Insider getätigt haben, können keinen Schaden geltend machen, da sie vielmehr von den Marktpreisen profitieren, welche unabhängig von der (bislang nicht veröffentlichten) Insiderinformation gebildet wurden. Als Geschädigte kommen daher nur Anleger in Betracht, die eine dem Insider entgegengesetzte Transaktion vorgenommen haben.395 Das Kriterium der Gleichzeitigkeit der Transaktionshandlung ist als restriktiv wirkendes Element erforderlich, um eine zu weitgehende Haftung zu vermeiden. Gleichzeitig in diesem Sinne handeln diejenigen Anleger, die im Zeitraum zwischen der Transaktionsvornahme des Insiders und dem Bekanntwerden der Insiderinformation tätig werden. Die vorangegangene Analyse hat ergeben, dass gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite inklusive des Transaktionspartners grundsätzlich als Geschädigte in Betracht kommen. Unbeantwortet ist jedoch die Frage der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden. Sofern auf die Transaktion selbst abzustellen ist, müsste der Investor beweisen, dass er sich ohne die Insidertransaktion anders verhalten hätte. Die gleichzeitig handelnden Anleger der Marktgegenseite haben ihre Transaktionen gänzlich unabhängig von der Vornahme der Insidertransaktion getätigt.396 Hier kann daher in keinem Fall eine kausale Verknüpfung festgestellt werden. bb) Verkauf durch Insider bei erwartetem Kursfall (1) Transaktionspartner Im umgekehrten Fall, in dem der Insider aufgrund des Wissens um ein sich negativ auf den Kurs des Wertpapiers auswirkendes Ereignis einen Wertpapierverkauf vornimmt, ist erneut der Transaktionspartner potentiell Geschädigter, da er für die Wertpapiere einen höheren Preis gezahlt hat, als er es bei Kenntnis der Insiderinformation zum Zeitpunkt des Transaktionsgeschäfts getan hätte. Der Schaden würde sich anhand der Differenz des Transaktionspreises und desjenigen Börsenkurses errechnen lassen, der besteht, nachdem sich die Insiderinformation auf den Börsenkurs ausgewirkt hat.397 Jedoch vermag aus bereits genannten Gründen auch hier der Kausalitätsnachweis nur selten zu gelingen.398 395 So auch Kirchner in seinem Vorschlag einer qualifizierten Gewinnabschöpfung Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (680): Aktivlegitimation sollten die durch die Nichtoffenlegung Geschädigten als Gruppe erfahren, an die auch der erwirtschaftete Gewinn auszukehren sei. 396 So auch Kirchner, FS Kitagawa, 665 (672). 397 Siehe zur genauen Schadensberechnung nach dem Kursdifferenzschaden Kapitel 7, C.II.2.c), S. 344 ff.

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(2) Anleger des Emittenten Das Argument der gänzlich uferlosen Haftung ist im Fall des Verkaufs des Insiders aufgrund negativer Insiderinformation abgemildert, da die Anzahl der potentiellen Anspruchsteller durch die Aktionäre des Emittenten tatsächlich begrenzt ist – nur diese haben wegen des unzureichenden Informationsniveaus keinen Verkauf der Wertpapiere vorgenommen. Mit der Argumentation, dass nicht nur die Investitionsfreiheit, sondern auch die Deinvestitionsfreiheit des Anlegers geschützt werden soll, wäre das Auslassen der untätig gebliebenen Altanleger von der Aktivlegitimation mit einem logischen Bruch verbunden. Denn auch diese haben aufgrund der ungenügenden Informationslage eine Transaktion nicht vorgenommen, die ihnen einen Verlust erspart hätte. Der Pflichtenverstoß gegenüber dieser Gruppe von Anspruchstellern liegt wiederum allein in der unterlassenen Mitteilung der Insiderinformation und nicht im Insidergeschäft selbst. Der BGH hat in der sog. EM.TV-Entscheidung die Anspruchsberechtigung der Altanleger ohne nähere Problemerörterung bejaht.399 Um dennoch einer missbräuchlichen Klageerhebung entgegen zu wirken, hält der BGH an dem Kausalitätserfordernis fest, wonach ein Altanleger den Nachweis des Ursachenzusammenhangs zwischen der Pflichtverletzung und der Halteentscheidung erbringen muss.400 Das Auslassen der untätig gebliebenen Altanleger vom Kreis der Geschädigten könnte durch die Sorge aufgewogen werden, dass es ansonsten zu einer Flut von Individualklagen käme, die entweder mangels Kausalitätsnachweises keinerlei Erfolgsaussichten haben, oder aber – bei entsprechender Beweislastumkehr – zu einer Überforderung der Gerichte und einer übermäßigen Haftung des pflichtwidrig handelnden Organmitglieds führen würden.401 In der Rechtswirklichkeit ist jedoch zu beachten, dass Anleger durch die Erhebung von Schadensersatzklagen auch ein erhebliches finanzielles Risiko eingehen, sofern der Erfolg der Klage fragwürdig ist. Der Nachweis von Kausalität und Schaden bereitet den Anlegern so erhebliche Schwierigkeiten, dass keine missbräuchliche und umfangreiche Klageerhebung befürchtet werden muss. Daher ist im Ergebnis der Kreis der Geschädigten nicht von vornherein auf den Transaktionspartner zu begrenzen. Vielmehr ist dem BGH zuzustimmen, dass in jedem Einzelfall der Nachweis von Kausalität und Schaden zu erbringen ist. 398

Siehe hierzu Kapitel 3, B.III.1.a)aa)(1), S. 168 ff. BGH, NZG 2005, 672 (675). 400 BGH, NZG 2005, 672 (675). 401 Vgl. zu diesem Problemkreis auch Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, S. 380. 399

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(3) Gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite Als Geschädigte kommen schließlich erneut diejenigen Anleger in Betracht, die eine dem Insider gegenläufige Transaktion vorgenommen haben – folglich bei einem verkaufenden Insider alle Käufer von Wertpapieren des Emittenten zum Zeitpunkt des Verkaufs der Wertpapiere durch den Insider. Wie bereits angeklungen ist, steht dahinter der Gedanke, dass diese Anleger zwar nicht mit dem Insider direkt Wertpapiertransaktionen abgewickelt haben, jedoch insofern mit dem Transaktionspartner gleichzusetzen sind, als sie eine gleichgerichtete Transaktion vorgenommen haben und es aufgrund der vermehrt elektronischen Abwicklung der Börsentransaktionen mehr oder weniger als Zufall bewertet werden kann, dass diese nicht den Insider als Transaktionspartner „zugeteilt bekommen“ haben. Im Fall des Verkaufs des Insiders sind folglich „gleichzeitig“ handelnde, Aktien erwerbende Neu- oder Altanleger potentielle Geschädigte, jedoch misslingt auch in diesem Fall der Nachweis der Kausalität zwischen Insidertransaktion und Schaden. Sofern auf den Transaktionsvorgang des Insiders abgestellt wird, besteht keinerlei Zusammenhang zwischen den Insidertransaktionen und den entgegengerichteten Transaktionen der Anleger der Marktgegenseite.

cc) Exkurs: Fehlerhafte Anlageinformation In der vorangegangenen Analyse wurde allein der Insiderhandel bzw. die unterlassene Veröffentlichung der Insiderinformation als schädigende Handlung herangezogen. Bezüglich der Information handelt es sich bei der Insiderhandelstransaktion um einen Fall der unterlassenen Mitteilung. Im Fall der fehlerhaften Anlageinformation ist die Situation ähnlich wie im Fall der unterlassenen Mitteilung. Sofern die publizierte (fehlerhafte) Information eine positive Aussage bezüglich des Aktienkurses enthält, der Insider aufgrund besseren Wissens gleichwohl einen Verkauf tätigt, handelt es sich um eine negativ verstärkte Situation im Vergleich zum Fall der unterlassenen Mitteilung. Man könnte hier in Form eines Erst-Recht-Schlusses die gleichzeitig handelnden Anleger der Marktgegenseite als Geschädigte ansehen. Auch in der umgekehrten Variante, dass der Insider trotz negativer Informationsveröffentlichung von einer positiven Unternehmensentwicklung ausgeht und einen Kauf von Aktien tätigt, sind die gleichzeitig handelnden Anleger der Marktgegenseite erneut in einem „Erst-recht-Schluss“ als potentielle Geschädigte zu qualifizieren.

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Im Wesentlichen gelten damit sowohl im Fall der unterlassenen als auch im Fall der fehlerhaften Information dieselben Prinzipien: Als Geschädigte und Gewinnempfänger sind – vorbehaltlich der Kausalität – die contemporaneous traders der Marktgegenseite anzusehen. b) Zwischenergebnis Damit kann im Ergebnis festgehalten werden, dass die Schadensersatzansprüche de lege lata keine umfassende Sanktionierung der Verstöße gegen Insiderhandel ermöglichen.402 Auch wenn Transaktionspartner und andere gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite als potentielle Anspruchsteller qualifiziert werden können, so misslingt jedoch zumeist der Nachweis einer Kausalität zwischen Insidertransaktion und entstandenem Schaden. 2. Eigenart der am Kapitalmarkt verursachten Schäden Auch die Eigenart der kapitalmarktlichen Schäden trägt dazu bei, dass herkömmliche traditionelle zivilrechtliche Sanktionsmechanismen nahezu ergebnislos sind. So ist Schaden selbst u. U. nur schwer zu beweisen und nur schwer bezifferbar – unabhängig davon ob er nun als Schaden eines Privatanlegers oder als überindividueller Schaden im Sinne der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes festzusetzen ist.403 Die entstandenen Schäden verteilen sich auf eine Vielzahl an Personen, so dass zwar der Summe nach ein beträchtlicher Schaden entstanden sein mag, die Bezifferung bezogen auf die einzelnen Personen jedoch nur schwer möglich ist bzw. misslingt. Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien haben durch die Emission von Wertpapieren die Möglichkeit, Eigenkapital an der Börse aufzunehmen.404 Die Organisationsform der Aktiengesellschaft ermöglicht hier eine große Anzahl von Eigentümern durch eine Aufteilung des Eigenkapitals in möglichst kleine Beträge. Diese Streuung von Kapital spiegelt sich auch bei den Schadensposten wider.

402 Vgl. zur Analyse der Sanktionen im Bereich des Insiderrechts und Marktmanipulation Kapitel 3, A.I., S. 96 ff. (Insiderrecht); Kapitel 3, A.II., S. 155 ff. (Marktmanipulation). 403 Vgl. hierzu Eichelberger, Verbot der Marktmanipulation, S. 120; Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 212. 404 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, S. 281 f. m. w. Nachw.; Rittner/ Dreher, Europäisches und deutsches Wirtschaftsrecht, S. 890 f.

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a) Streuschäden Als Streuschäden können solche Schäden bezeichnet werden, die bei einer Vielzahl von Personen durch pflichtwidriges Verhalten entstehen, von ihrer Höhe her jedoch so gering sind, dass sie im Regelfall nicht geltend gemacht werden.405 Die Besonderheit liegt darin, dass der Schaden des Einzelnen oft rechnerisch überhaupt nicht oder nur sehr schwer zu ermitteln ist. Für die Anspruchsinhaber muss damit ein hinreichender Anreiz geschaffen werden, die Gewinnabschöpfung gerichtlich geltend zu machen. Grundsätzlich erscheint es vernünftig, wenn der Geschädigte sich von Effizienzgesichtspunkten leiten lässt und Ansprüche unter 100 EUR nicht vor Gericht einklagt.406 Unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichsprinzips könnte im Fall der Streuschäden ein faktischer Ausfall des Schadenersatzrechts hinzunehmen sein. Dem Einzelnen könnte zugemutet werden, einen Bagatellschaden zu verkraften.407 Korrespondierend zu den im Einzelfall geringen, jedoch in der Summe erheblichen Schäden hat der pflichtwidrig Handelnde einen Gewinn erwirtschaftet. Sofern der Akteur trotz Normverstößen nicht Gefahr läuft, durch Schadensersatzklagen und sonstigen Sanktionsmöglichkeiten in Anspruch genommen zu werden, kann er sich so verhalten, als unterliege er keiner Haftung. Dies führt dazu, dass ein Anreiz zu normgetreuem, sorgfaltsgerechtem Verhalten entfällt.408 Nach dem Grundsatz, dass sich pflichtwidriges Verhalten nicht lohnen darf, sollte der Gewinn nicht bei dem pflichtwidrig Handelnden verbleiben, sondern im Sinne einer Steuerungsfunktion abgeschöpft werden.409 b) Massenschäden Von den Streuschäden abzugrenzen sind die sog. Massenschäden. Als Massenschäden sind solche Schäden zu bezeichnen, die durch dasselbe Schadensereignis bei einer Vielzahl von Personen herbeigeführt werden, deren individuelles Ausmaß jedoch über der Bagatellgrenze liegt.410 Der we405 So die Rechtslage im Wettbewerbs- und Kartellrecht; zur Gewinnabschöpfung im UWG BT-Drucksache 15/1487, S. 23; zur Vorteilsabschöpfung im GWB Bechtold, DB 2004, 135 (240); Schaub, GRUR 2005, 918 (921). 406 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 107. 407 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 109. 408 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 110. 409 Im Rahmen des § 10 UWG hat der Gesetzgeber diesen Weg beschritten und Verbänden die Möglichkeit der Gewinnabschöpfung eingeräumt; Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 109. 410 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 119. Als Beispiele können Schiffs- und Zugunglücke, Seilbahnunfälle und Flugzeugabstürze genannt werden.

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sentliche Unterschied zu den sog. Streuschäden liegt in der Tatsache, dass die Opfer bei Massenschäden individuell einen erheblichen Schaden erleiden und folglich ein berechtigtes Interesse an der Erlangung einer Kompensationsleistung haben.411 Demzufolge steht bei Massenschäden nicht nur die Steuerungs-, sondern auch die Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes im Mittelpunkt.412 Massenschäden sind ein Phänomen unserer modernen Gesellschaft. Massenproduktion und Massenverkehr sowie die moderne Technologie sind unter anderem dafür verantwortlich, dass im Falle von Störungen und Unfällen eine Vielzahl von Beteiligten gleichermaßen betroffen ist.413 Das Investieren am Kapitalmarkt ist heute eine verbreitete Anlageform. So ist im Jahr 2005 die Gesamtzahl der Anleger in Deutschland um fast 300.000 gestiegen. 2005 besaßen fast 10,8 Millionen Deutsche Aktien oder Anteile an Aktienfonds.414 Die Investoren nehmen ihre Funktion als aktive „Marktbürger“ wahr: so informieren sie sich nicht nur umfassend über ihre Finanzprodukte und Anlagemöglichkeiten, sondern scheuen auch nicht das Risiko, Schäden im Falle von Pflichtverletzungen einzuklagen. Damit einher geht die Tatsache, dass Massenschäden am Kapitalmarkt in Deutschland keine Seltenheit mehr darstellen.415 Eine verbreitete Auffassung führt an, dass es sich bei den infolge fehlerhafter Kapitalmarktinformationen entstandenen Schäden um Massenschäden handele.416 Im Bereich der Kapitalmarkthaftung sei gerade nicht das Problem der Streuschäden vorherrschend, da viele Privatinvestoren in teilweise erheblichem Ausmaß in einzelne Titel investierten, so dass im Fall der Pflichtverletzung über hohe Summen zu entscheiden sei und die durch falsche Kapitalmarktinformationen Geschädigten nicht erst zur Klage angereizt werden müssten.417 Die terminologische Abgrenzung zwischen Streuschäden und Massenschäden erfolgt jedoch nicht einheitlich.418 So wird von anderer Seite ver411 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 119; vgl. auch die Ausführungen bei Medicus, JZ 2006, 805 (809). 412 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 119. 413 Reuschle, in: BMELV, Kollektive Rechtsdurchsetzung, S. 67 (67). Zu den rechtstatsächlichen Problemen bei der Rückabwicklung von Kapitalanlagen am grauen Kapitalmarkt und der Bewältigung uniformer Massenklagen, siehe Stackmann, NJW 2008, 1345 ff. 414 Lorenz, in: BMELV, Kollektive Rechtsdurchsetzung, S. 61 (61). 415 Lorenz, in: BMELV, Kollektive Rechtsdurchsetzung, S. 61 (62). 416 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 119. 417 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 121. 418 So wird teilweise davon gesprochen, dass kapitalmarktrechtliche Fehlinformationen regelmäßig „Streuschäden“ verursachten, die zwar eine Vielzahl von Anle-

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deutlicht, dass es sich bei den Streuschäden ebenfalls um sog. Massenschäden handele, die Massenschäden daher den Oberbegriff bildeten.419 Kritisch zu hinterfragen ist insbesondere die pauschale Einordnung kapitalmarktlicher Anlegerschäden als Massenschäden. Es wird betont, dass der durch verbotenen Insiderhandel oder fehlerhafte Kapitalmarktinformation entstandene Schaden zwar marktweit betrachtet erheblich sein kann, auf den einzelnen Anleger bezogen jedoch nur ein geringes Ausmaß annehmen kann.420 Aufgrund der Prozessrisiken und ungewissen Erfolgsaussichten scheut ein nur gering geschädigter Anleger ein gerichtliches Vorgehen.421 Damit ist die Abgrenzung von Streu- und Massenschäden am Kapitalmarkt nicht trennscharf. Eine ex ante Festlegung dahingehend, dass am Kapitalmarkt nur erhebliche Schäden – somit solche, die über der Bagatellgrenze liegen – auftreten, ist zumindest zweifelhaft. 3. Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz Es stellt sich die Frage, ob die Beweisprobleme der Schadensersatzansprüche durch die speziellen Durchsetzungsmöglichkeiten des deutschen Kapitalmarktrechts relativiert werden. Erstmals hat der deutsche Gesetzgeber mit dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) eine Form des kollektiven Rechtsschutzes in den deutschen Zivilprozess eingeführt. Anwendbar ist das KapMuG bei durch Fehlinformation am Kapitalmarkt verursachten Schäden der Anleger.422 Das KapMuG ermöglicht jedoch keine Kollektivklage im Sinne einer class action, sondern „lediglich“ die teilweise Bündelung der Klagen für die zivilprozessuale Durchsetzung.423 Im Rahmen eines einzigen „Großverfahgern beträfen, in ihrer Höhe aber vergleichsweise gering seien; zudem werden „Massenschäden von geringer individueller Höhe“ genannt, vgl. Stürner, Markt und Wettbewerb über alles?, S. 98. 419 Medicus, JZ 2006, 805 (810). 420 Vgl. BT-Drucksache, 15/5091, S. 13; Gronstedt, Zentrale staatliche Börsenaufsicht und Insiderrecht, S. 146; Zypries, ZRP 2004, 177: Das durch das KapMuG erklärtermaßen verfolgte Ziel besteht in der Erleichterung der Geltendmachung von Streuschäden, bei denen viele Geschädigte jeweils geringfügige Schäden erlitten haben, die sich erst in der Summe zu hohen Schäden aufaddierten, vgl. zum KapMuG näher Kapitel 5, D.II.3.e), S. 285 ff. 421 Veil, ZGR 2005, 155 (177). 422 Hess, ZIP 2005, 1713; Maier-Reimer/Wilsing, ZGR 2006, 79 ff.; Möllers/Weichert, NJW 2005, 2737 (2738). 423 Lüke, Zivilprozessrecht, S. 433; Wolf/Lange, in: Vorwerk/Wolf, KapMuG, Einleitung Rn. 1. Zur Einschätzung, dass das KapMuG als ein reines Instrument zur Verfahrensbeschleunigung und zur Justizentlastung dient Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 122; anders aber die Intention des Gesetzgebers, wonach das

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rens“424 werden gleichlautende Tatsachen- und Rechtsfragen nicht für jedes Verfahren gesondert, sondern in dem sog. Musterverfahren mit Bindungswirkung für die übrigen Verfahren geklärt.425 Die Mindestklägeranzahl beträgt zehn Personen. Während der Anhängigkeit des Musterverfahrens sind die einzelnen Rechtsstreite ausgesetzt, § 8 Abs. 3 KapMuG.426 Die Rechtstellung der Beigeladenen entspricht im Wesentlichen derjenigen eines Streithelfers, § 12 KapMuG. Der Musterentscheid erlangt Rechtskraft gegenüber den Parteien des Rechtsstreits und aller Beigeladenen, § 16 Abs. 1 S. 2 KapMuG. Kritik wird dahingehend geäußert, dass die Erhebung nur einer Musterklage nicht zielführend sei, da einerseits die gerichtliche Entscheidung keine rechtliche Bindungswirkung für die übrigen Ansprüche entfalte und diese andererseits zu verjähren drohten.427 In der Rechtswirklichkeit konnte das KapMuG bislang nicht den gewünschten Effekt erzielen, da beispielsweise die Aktionäre der Telekom – nicht zuletzt ausschlaggebendes Beispiel für die Einführung des Kapitalmarktmusterverfahrensgesetzes – immer noch eines Urteils harren.428 Damit Gesetz einen effizienteren Umgang mit Klagen bei sog. Streuschäden ermöglichen soll, indem es die verbindliche Entscheidung über die Musterfrage und damit in gewissem Umfang eine Verfahrenskonzentration zulässt, vgl. hierzu auch Lüke, Zivilprozessrecht, S. 434. Teilweise wird auch eine Erweiterung des Anwendungsbereichs auf andere Sachverhalte mit Streuschäden befürwortet, vgl. Hess/Michailidou, ZIP 2004, 1386 f. 424 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 120. 425 Näher zum Verfahrensablauf Lüke, Zivilprozessrecht, S. 434; Möllers/Weichert, NJW 2005, 2737 (2739); Weber, NJW 2005, 3682 (3686). 426 Der Aussetzungsbeschluss gilt als Beiladungbeschluss, vgl. Lüke, Zivilprozessrecht, S. 435; Reuschle, in: KK-KapMuG, § 8 Rn. 83. 427 Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 6; Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz zugunsten geschädigter Kapitalanleger, S. 58. Zum Kapitalanlegermusterverfahren gegen Daimler AG wegen unterlassener Ad-hoc-Mitteilung von Insiderinformation siehe BGH, BB 2008, 855. 428 Anlass für das Gesetz waren mehr als 16.000 Schadensersatzklagen gegen die Deutsche Telekom AG vor dem LG Frankfurt, vgl. Hess, ZIP 2005, 1713; zur Entwicklung des KapMuG siehe Hess, in: Hess, KK-KapMuG, Einl. Rn. 16. Als Pflichtverletzung wurde eine unzutreffende Prospektinformation im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung genannt. Am 7. April 2008 wurde die mündliche Verhandlung vor dem OLG Frankfurt aufgenommen. Siehe zu den erhobenen Verfassungsbeschwerden wegen jahrelanger Wartezeit auf die erste mündliche Verhandlung, BVerfG NJW 2004, 3320; vgl. auch Lüke, Zivilprozessrecht, S. 434. Dagegen liegt in Sachen DaimlerCrysler der bundesweit erste Musterentscheid des OLG Stuttgart vor, BB 2007, 565–573; dazu Fleischer, NZG 2007, 401; Widder BB 2007, 572 ff.; für eine Praxistauglichkeit in begrenztem Umfang: Hess, in: Hess, KK-KapMuG, Einl Rn. 44 f.

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

dient das KapMuG wohl nicht in dem erforderlichen Maße der erleichterten Geltendmachung der kapitalmarktspezifischen Schäden.

IV. Vorfeldwirkung von Sanktionen Bei der Frage des rechtspolitischen Bedürfnisses nach weitergehender und praxistauglicherer Sanktionierung kapitalmarktrechtlichen Fehlverhaltens ist zu berücksichtigen, dass Verbotsnormen auch ohne gesicherte Durchsetzung bestimmte Verhaltensanreize setzen und dadurch eine sog. Vorfeldwirkung erzielen. Die potentiellen Täter vergegenwärtigen sich, dass zumindest eine Sanktion angedroht ist, bei der nicht sicher davon ausgegangen werden kann, dass sie nicht auch vollstreckt werde. Sobald jedoch in der Praxis die Erfahrungen dahin gehen, dass eine Rechtsdurchsetzung nahezu gänzlich ausbleibt, sind auch die Resultate einer Vorfeldwirkung zu vernachlässigen. Obgleich die moralische Verurteilung der Insiderhandelsverstöße sowie der Marktmanipulationen zumindest als gewichtiges Argument für eine strafrechtliche Sanktionierung zu bewerten ist, fordern die Schwierigkeiten bei der Verfolgung und Verurteilung die Untersuchung, ob nicht effektivere Sanktionen zur Verfügung stehen.429

C. Ergebnis Kapitel 3 Die vorangehende Analyse hat ergeben, dass Verstöße gegen die kapitalmarktrechtlichen Veröffentlichungspflichten sowie gegen das Verbot des Insiderhandels und der Marktmanipulation nicht in erforderlichem Maße Sanktionen nach sich ziehen. Zwar besteht die Möglichkeit der strafrechtlichen Verurteilung von Insiderhandelsverstößen, jedoch zeichnet sich die Praxis durch Einstellungen von Gerichtsverfahren und geringen Verurteilungsraten aus. Die bestehenden Rechtsvorschriften bieten bei den typischerweise über börsliche Handelseinrichtungen abgewickelten Insidergeschäften keinen hinreichenden Präventionsschutz und auch keine nachträglichen Ausgleichsmöglichkeiten der beeinträchtigten Interessen.430 Eine präventive Wirkung des Strafrechts ist nur insoweit zu bejahen, als auch tatsächlich mit einer Sanktionierung des Täters gerechnet werden muss. Die insiderrechtlichen Regelungen erfüllen damit nicht hinreichend ihr Ziel des Abbaus von Informationsgefällen und der Verbesserung der Chancengleichheit der Anleger. Neben den strafrechtlichen Sanktionen bei Insiderhandels429

Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 457. Ebenso: Hausmaninger, Insider Trading, S. 132; Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 228. 430

C. Ergebnis Kapitel 3

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verstößen sind folglich andere Sanktionen erforderlich, zum Beispiel ziviloder verwaltungsrechtliche Sanktionen.431 Die verwaltungsrechtlichen Bußgelder sowie die Möglichkeit der Gewinnabschöpfung nach § 17 Abs. 4 OWiG greifen entweder gar nicht ein (so die Gewinnabschöpfung im Falle der Directors’ Dealings) oder sind der Höhe nach zu gering bemessen (so die Bußgelder im Falle der Directors’ Dealings). Zudem unterliegen auch die administrativen Sanktionen hohen Beweisanforderungen, wenngleich diese im Vergleich zu strafrechtlichen Sanktionen abgemildert sind. Die begrenzte Wirkungsweise der straf- und verwaltungsrechtlichen Sanktionen lässt folglich ein Bedürfnis nach der Ergänzung durch effektivere (möglicherweise zivilrechtliche) Mechanismen entstehen. Zivilrechtliche Schadensersatzansprüche scheitern im Bereich des Insiderhandels zumeist an Beweisproblemen. So bereitet der Anspruch aus § 826 BGB dem Geschädigten in der Praxis Schwierigkeiten, da die anonymisierte Weise der Transaktionstätigung die Feststellung der einzelnen Transaktionspartner und damit der potentiell Geschädigten erschwert. Zudem misslingt zumeist der Nachweis der Kausalität zwischen der Insidertransaktion und dem potentiellen Schaden des Transaktionspartners oder der anderen Anleger. Auch wenn das Dogma des fehlenden Drittschutzes kapitalmarktrechtlicher Normen, insbesondere von Mitteilungspflichten im Sinne der §§ 15, 15a WpHG, zumindest überdacht werden sollte, so können nach derzeit herrschendem Verständnis der Rechtsprechung bei Insiderhandelsverstößen keine Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einem (wertpapierhandelsrechtlichen) Schutzgesetz abgeleitet werden. Andererseits kann auch bei Bejahung der drittschützenden Wirkung kapitalmarktrechtlicher Publizitätspflichten in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB die Frage aufgeworfen werden, ob nicht eine spezialgesetzliche kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung wünschenswert ist. Auf die Frage, ob eine Anpassung der zivilrechtlichen Ansprüche an die Anforderungen des Kapitalmarktes sinnvoll erscheint, ist noch zurückzukommen.432 Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass keine positiv normierte Gewinnabschöpfungsmöglichkeit und zudem ein beweisnotbedingtes Sanktions- und Durchsetzungsdefizit insider- und marktmanipulationsrechtlicher Verbotsnormen vorhanden ist. Die bestehenden Sanktionen sind daher durch geeignete spezielle kapitalmarktrechtliche Sanktionen zu ergänzen. Die Analyse der insiderrechtlichen Sanktionen des US-amerikanischen Rechts 431 Hopt, Hearing des Finanzausschusses, Protokoll Nr. 70 zu BT-Drucksache 12/6679, AZ.: 2450, S. 54; Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 217. 432 Siehe hierzu Kapitel 4, D., S. 186 ff.

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Kap. 3: Sanktions- und Durchsetzungsdefizit im Kapitalmarktrecht

hat die Bandbreite der möglichen Sanktionen und Maßnahmen aufgezeigt, deren Transfer in das deutsche Recht zu einer Verbesserung des Sanktionensystems de lege lata beitragen könnte. Das US-amerikanische Kapitalmarktrecht kennt sowohl Formen der administrativen als auch Formen der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung. Die Erkenntnisse aus der Analyse des USamerikanischen Sanktionensystems helfen bei der Untersuchung im vierten Kapitel, ob nicht eine Ausweitung der kompensatorischen oder bußgeldbewehrten Sanktionen gegenüber der Etablierung einer neuen, möglicherweise systemfremden Gewinnabschöpfung als vorzugswürdig erscheint.

Kapitel 4

Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda Im Folgenden soll untersucht werden, mit welchen Lösungen dem rechtspolitischen Bedürfnis nach einer wirksameren Sanktionierung im Bereich des Insiderhandels entsprochen werden kann. Nach Überlegungen zu einer Eigenregulierung durch den Markt (A.) und einer Kontrolle durch Marktintermediäre (B.) werden alternative Maßnahmen zur Gewinnabschöpfung diskutiert (C.). Es wird untersucht, ob der Informationsasymmetrie bereits durch präventive Maßnahmen begegnet werden kann. Sodann wird die Frage aufgegriffen, ob nicht eine Ausweitung des Schadensersatzrechts für das Kapitalmarktrecht der Schaffung einer neuen Sanktion in Gestalt der Gewinnabschöpfung vorzuziehen ist (D.). Auch die Ausweitung der Geldbußen bei kapitalmarktrechtswidrigem Verhalten wird diskutiert. Eine Ausdehnung des bereits bestehenden Systems administrativer Bußgelder wird mit den Vor- und Nachteilen der Schaffung einer neuen Sanktion in Gestalt der Gewinnabschöpfung abgewogen (E.).

A. Eigenregulierung durch den Markt Fraglich ist auf der einen Seite, ob der Staat in erhöhtem Maße regulierend in den Wertpapiermarkt eingreifen sollte, um aus seiner Sicht bestehende Missstände zu beseitigen. Die Ressourcenallokation könnte auf der anderen Seite allein von dem Gedanken der Effizienz getragen werden, so dass die Rechtsordnung eine effiziente Ressourcenallokation, die durch einen Rechtsbruch verursacht wurde, nicht verhindern darf, sondern im Gegenzug Anreize hierfür schaffen muss. Aus ökonomischer Sicht sind zwingende gesetzliche Regelungen immer dann erforderlich, wenn ansonsten ein Versagen des Marktmechanismusses zu befürchten ist, wenn sich also am Markt nicht spontan eine richtige Ordnung herausbildet.1 In der Wirtschaftswissenschaft sind für ein Marktversagen verschiedene Gründe anerkannt – beispielsweise Monopolmacht, externe Effekte und asymmetrisch 1 Hopt, Kapitalmarktrecht und Aufsicht über Kapitalmarktintermediäre, in: Grundmann, Systembildung, S. 306 (321).

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Kap. 4: Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

verteilte Informationen.2 Grundsätzlich wird hier einem Korrektiv durch den Kapitalmarkt selbst keine allzu große Bedeutung zugeschrieben, da viele der Fondsmanager und der professionellen Investoren durch ein Netz von Kontakten verknüpft sind und daher keine objektive Kontrolle gewährleistet werden kann.3 Es zeigt sich, dass ein gemeinschaftsweiter, liberalisierter Kapitalmarkt, der möglichst wenige Zugangshindernisse aufstellt, für ein Selbstregulierungsprinzip eine Überforderung darstellt. Dieses funktioniert nur bei einem verhältnismäßig eng umrissenen und abgeschlossenen Teilnehmerkreis.4 Bei einem anonymisierten Kapitalmarkt von gewisser Größe ist zu erwarten, dass die Führungskräfte gute, für das Unternehmen positive Informationen unmittelbar veröffentlichen, da der Aktienkurs steigen wird und dies auch für sie positiv ist. Wenn jedoch schlechte Nachrichten vorliegen, ist zu befürchten, dass die Informationen nicht oder nur verfälscht veröffentlicht werden.5 Damit ist die Sicherstellung der Befolgung von Publizitätspflichten auf dem Sekundärmarkt besonders wichtig, wenn es darum geht, negative Informationen in den Markt zu bringen.6 Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Regulierung von Fehlverhalten durch die Gesellschaft selbst ohne staatliche Verfolgung nur bis zu einem gewissen Grad möglich ist. Staatliche Regulierung ist daher gerade in Spezialgebieten wie dem Kapitalmarkt erforderlich.

B. Kontrolle durch Intermediäre Eine Möglichkeit, die Befolgung von Publizitätspflichten sowie die Beachtung des Insiderhandelsverbots zu überwachen und sicherzustellen, liegt in der Verpflichtung von Intermediären.7 Diesem Lösungsansatz widerspricht jedoch die Abhängigkeit der Intermediäre von den durch den Emittenten offen gelegten Informationen bei der Ausübung ihrer Kontrollfunktion. Daher wird vertreten, dass die marktbezogenen externen Kontrollmechanismen allein nicht genügen, um die Einhaltung von Publizitätspflichten sicherzustellen. Es bietet sich folglich an, öffentliches Wirtschaftsaufsichtsrecht oder zivilrechtliches Haftungsrecht zur Regulierung heranzuziehen. 2 Bak/Bigus, ZBB 2006, 430 (440); Hopt, Kapitalmarktrecht und Aufsicht über Kapitalmarktintermediäre, in: Grundmann, Systembildung, S. 306 (321). 3 Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, 499. 4 Eichelberger, Verbot von Marktmanipulationen, S. 116. 5 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 175. 6 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 176. 7 Siehe zu diesem Ansatz auch Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 176.

C. Maßnahmen zur präventiven Verhinderung des Insiderhandels

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C. Maßnahmen zur präventiven Verhinderung des Insiderhandels Bevor die detaillierte Erörterung von Modellen einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung sowie deren materiell- und prozessrechtliche Systemkonformität in den Vordergrund der Untersuchung treten, sollen Varianten der Gewinnabschöpfung diskutiert werden. Zu überlegen ist, ob nicht bereits präventiv eine Verbesserung der Situation erzielt werden kann, so dass sich eine Intensivierung des Sanktionsniveaus erübrigen würde.

I. Verpflichtung zur Vorabveröffentlichung Zunächst wurde der Vorschlag geäußert, eine unternehmensinterne Regelung einzuführen – ggf. im Sinne einer Regelung im deutschen Corporate Governance Kodex –, die Organmitglieder dazu verpflichtet, beabsichtigte größere Transaktionen der Compliance-Abteilung sowie dem Vergütungsausschuss des Aufsichtsrates vorab mitzuteilen, sog. pretrading disclosureRegelung.8 Darüber hinaus wird bei privat vereinbarten Transaktionen gefordert, auch den Grund des Tätigwerdens erläutern zu müssen.9 Danach müssten Organmitglieder nicht nur das „Ob“, sondern auch das „Warum“ ihrer Transaktionsvornahme darlegen. Allein die Tatsache, dass der Insider nach der geltenden Rechtslage zeitlich vor den externen Anlegern Transaktionen vorzunehmen vermag, verschafft ihm einen Vorteil.10 Durch eine Veröffentlichungspflicht im Vorfeld von Transaktionen könnte eine erhöhte Transparenz geschaffen werden und dem Markt wäre entsprechend Zeit gegeben, bei einem Insiderverkauf den Preis zu senken und bei einem Insiderkauf den Preis entsprechend zu erhöhen.11 Eine pretrading disclosure-Regelung hat negativen Einfluss auf die Höhe der durch Insider erwirtschafteten Gewinne. Es wird insgesamt eine Eindämmung der Anzahl der Insiderhandelstransaktionen vorausgesagt.12 Im Vergleich zu § 16(b) SEA wird eine pretrading disclosure-Regelung als 8 Rosen, Directors’ Dealings, S. 36 f.; Stellungnahme des BRat, DT-Drucks. 14/8017, S. 165; Rudolph, BB 2002, 1036 (1040). 9 Diese Überlegungen werden sowohl in der deutschen als auch in der US-amerikanischen Rechtswissenschaft angestellt, so für das US-amerikanische Recht Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (352). 10 Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275 (1279). 11 So für das US-amerikanische Recht Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (331-37); Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (672). 12 So für das US-amerikanische Recht Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (357).

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Kap. 4: Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

vorzugswürdig eingestuft, da diese auf ebenso effektive Weise die Ziele der Transparenz und Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes erreichen könnte.13 1. Zeitlicher Rahmen für die Meldung Vorausgesetzt, der Markt wird die Information dergestalt verarbeiten, dass der Wertpapierkurs sich dem wahren Wert des Wertpapiers annähert, könnte eine möglichst weit im Voraus erfolgende Transaktionsankündigung zur Preisakkuratheit beitragen.14 Aufgrund der Tatsache, dass Insider zumeist mehrere Monate vor dem „Einschlag“ eines wesentlichen Ereignisses auf den Wertpapierpreis Transaktionen tätigen, könnte eine 90-Tages-Frist für die Ankündigung der Directors’ Dealings angemessen und effektiv sein.15 Jedoch ist die Praktikabilität einer solchen weitgefassten Regelung zweifelhaft. Die weit im Voraus erfolgende Ankündigung einer Wertpapiertransaktion ist mit einem hohen Investitionsrisiko verbunden, da der Insider das Risiko eventuell auftretender Preisstürze trägt. Zwar können bestimmte Preisfenster16, innerhalb derer der Insider willig ist, seine angekündigte Transaktion vorzunehmen, das Risiko mindern, jedoch nicht gänzlich ausschließen. Daher wird vorgeschlagen, eine Offenlegungspflicht von bis zu drei Tagen vor Vornahme der Transaktion anzusetzen.17 2. Gefahr der missbräuchlichen Verwendung Auch wenn aus Perspektive der Anleger eine vorherige Veröffentlichungspflicht wünschenswert wäre, so sind die Nachteile einer solchen Regelung zu gravierend.18 Einer vorzeitigen Veröffentlichungspflicht wohnt ein gewisses Umgehungs- bzw. Missbrauchsrisiko inne. Zunächst könnten die Vorabveröffentlichungspflichten durch einen Tippempfänger, der die 13 So für das US-amerikanische Recht Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (362). 14 Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (387). 15 Vgl. zu der 90-Tages-Frist die Ausführungen im Rahmen der Berechnungsmethoden unter Kapitel 7, C.II.2.c)bb)(3), S. 348; hier dient die 90-Tages-Frist zur Bestimmung des maßgeblichen Gewinnberechnungszeitraumes. 16 Die Preisfenster ermöglichen dem Insider einen Rahmen anzugeben, innerhalb dessen sich der Börsenkurs bei Vornahme der Transaktion bewegen muss, damit der Insider auch tatsächlich dazu angehalten werden kann, seine angekündigte Transaktion vorzunehmen. 17 So Comeau, UCLA L.Rev. 53 (2006), 1275, (1293). 18 So auch Hower-Knobloch, Directors’ Dealings, S. 68.

C. Maßnahmen zur präventiven Verhinderung des Insiderhandels

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entsprechende Transaktion vornimmt, umgangen werden.19 Daneben könnte die pretrading disclosure-Verpflichtung auch zur Preismanipulation verwendet werden. Die Veröffentlichung bloßer Absichten der Tätigung eines Wertpapiergeschäfts würde zu einer erheblichen Verunsicherung am Kapitalmarkt führen. Es besteht ein erhöhtes Risiko, dass die Unternehmensinsider entsprechend einer „crying wolf-Strategie“, Transaktionen ankündigen, jedoch diese nicht durchführen und dadurch fehlleitende Transaktionsanreize schaffen, was ein manipulatives Verhalten am Kapitalmarkt darstellt. Folglich müsste eine vorherige Veröffentlichungspflicht mit einem immanenten Widerrufsverbot verbunden werden, da ansonsten die Verwirrung des Marktes und die Gefahr der Marktmanipulation zu groß wären.20 Eine vorherige Veröffentlichungspflicht könnte andernfalls eine Marktmanipulation nicht schwieriger, sondern leichter gestalten.21 Unter Praktikabilitätsaspekten kann jedoch kein Zwang für Insider bestehen, ihren angekündigten Geschäften auch wirklich nachzukommen. Andernfalls würde dem Insider ab dem Veröffentlichungszeitpunkt das allgemeine Marktrisiko auferlegt. Ein Widerrufsverbot ist damit zu weitgehend. Eine weitere Möglichkeit liegt in der Auferlegung einer geringen Geldbuße, sofern der Insider seiner Meldepflicht nicht nachkommt.22 Eine Buße wird in Höhe von ein bis zwei Prozent der Transaktionssumme vorgeschlagen.23 Auch trotz der Androhung von Bußgeldern bei Ausübung des Widerrufes ist die Missbrauchsgefahr nicht gebannt, da konkrete Zahlungsposten in der Bilanz einberechnet werden. Ein solches – in der Theorie wohl begrüßenswertes – Modell der vorherigen Veröffentlichungspflicht mit immanentem Widerrufsverbot muss daher als praxisuntauglich bewertet werden. Der Mehrwert einer vorzeitigen Veröffentlichungspflicht im Vergleich zur Situation de lege lata mit ex-post-Meldepflichten ist zweifelhaft. Ob die Veröffentlichungspflichten im Vorfeld einer Transaktion oder an diese anschließend eingegriffen hätten, spielt keine Rolle, wenn der Pflicht insgesamt nicht nachgekommen wird. So stellt eine pretrading disclosureRegelung keine wirkliche Alternative zur ex post eingreifenden Gewinnabschöpfung dar. Vielmehr wird auch von den Befürwortern einer pretrading disclosure-Regelung die Einführung einer kumulativen Gewinnabschöpfung erwogen. Sofern der Insider die entsprechenden Transaktionen nicht 19 Hier könnte Abhilfe geschaffen werden, indem ein Insider auch dann zur Veröffentlichung verpflichtet wird, wenn die Transaktion selbst durch einen Tippempfänger vorgenommen wird, vgl. Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (365). 20 Siehe hierzu auch Hagen-Eck/Wirsch, DB 2007, 504 (507); Rudolph, BB 2002, 1036 (1040). 21 So auch Hower-Knobloch, Directors’ Dealings, S. 68. 22 Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (351). 23 Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (351).

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Kap. 4: Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

im Vorfeld der Transaktionsvornahme veröffentlicht hat, muss er den erwirtschafteten Gewinn herausgeben.24

II. Offenlegung des Insiderstatus bei privaten Geschäften Als weitere Variante zu einer Gewinnabschöpfung bietet sich die sog. face-to-face-Regelung an. Diese Regelung würde Insidern lediglich erlauben, private Geschäfte mit Wertpapieren des Emittenten zu tätigen, deren Konditionen einzeln ausgehandelt wurden.25 Eine solche Regelung könnte sich zwar als effektiv erweisen, wenn es darum geht, die ungerechtfertigte Gewinnerwirtschaftung durch Insider einzudämmen.26 Durch die Offenlegung des Insiderstatus kann der Transaktionspartner den Preis entsprechend dem Risiko, dass der Insider auf der Grundlage von Insiderinformationen gehandelt hat, anpassen. Im anonymisierten Kapitalmarkt ist eine solche individuelle, an den Insiderstatus gekoppelte Preisfestlegung gerade nicht möglich. Die Vertragsgestaltung könnte bei face-to-face-Regelungen auch die Vereinbarung eines Schadensersatzanspruchs umfassen, der eingreift, wenn sich herausstellt, dass es im Anschluss an die Transaktion zu einem Preissturz der Wertpapierpreise kommt. Dies stellt eine privatrechtlich vereinbarte Sachmängelgewährleistungshaftung beim Rechtskauf dar. Zweifelhaft erscheint jedoch die Praxistauglichkeit einer solchen face-toface-Regelung. Zunächst wäre eine Überwachung der Tätigkeiten der Manager erforderlich, um zu überprüfen, ob diese die Anforderung der Regelung auch tatsächlich einhalten. Weiter wäre es für Insider deutlich schwieriger und aufwändiger, Transaktionspartner zu finden und mit diesen die individuellen Transaktionsbedingungen zu vereinbaren.27 Eine face-to-faceRegelung kommt damit dem gänzlichen Ausschluss der Insider von Transaktionen in Wertpapiere des eigenen Emittenten im Sinne eine Handelsverbots sehr nahe.

III. Handelsverbot Als Lösung und Beseitigung des „naturgemäßen“ Informationsdefizits der externen Anleger im Vergleich zu Insidern eines Unternehmens wird ein 24 So Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (351), wonach die Durchsetzung der Klage einer eigenständigen Untersuchung bedarf. Sie könnte ebenfalls wie im Rahmen von § 16(b) SEA durch Privatanwälte in Vertretung der Anleger erhoben werden. 25 Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (382). 26 Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (385). 27 Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (385).

C. Maßnahmen zur präventiven Verhinderung des Insiderhandels

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vollständiger Ausschluss von Managern und Führungspersonen eines Unternehmens von dem Handel mit Wertpapieren des eigenen Emittenten vorgeschlagen. Während die bislang vorgestellten Regelungen der Gewinnerwirtschaftung seitens Insider durch verbesserte Informationspolitik Einhalt gebieten wollten, schließt ein Handelsverbot (sog. No trading-Regelung) die Insider gänzlich vom Handel am Kapitalmarkt mit Aktien des eigenen Emittenten aus.28 An dieser Stelle ist zu betonen, dass ein Handelsverbot folglich weitergehende Auswirkungen hat, als das Verbot des Insiderhandels. Nach der geltenden Rechtslage ist es Insidern erlaubt, Eigengeschäfte mit Aktien des eigenen Emittenten vorzunehmen. Vom Verbot des Insiderhandels umfasst sind lediglich diejenigen Transaktionen, die in Kenntnis von Insiderwissen vorgenommen werden. Unter ökonomischen Gesichtspunkten ist zu berücksichtigen, dass die Sicherstellung und Überwachung des Ausschlusses potentieller Insider vom kapitalmarktlichen Geschehen vermutlich kostenintensiver ist, als der Versuch ex post und repressiv eine „Schadensbehebung“ vorzunehmen, indem die pflichtwidrigen Handlungen entsprechend sanktioniert werden. Der Ausschluss von Insidern von Transaktionen am Kapitalmarkt ist von staatlicher Seite kaum zu kontrollieren. Denn einerseits bereitet die technische Umsetzung der Überwachung aufgrund der anonymen Transaktionsvornahme am Kapitalmarkt unüberwindbare Schwierigkeiten. Andererseits ist eine Umgehungsgefahr des Handelsverbots durch die Einschaltung von Dritten nicht zu bannen. Auch ist zu berücksichtigen, dass ein solches Handelsverbot mit erheblichen Auswirkungen verbunden ist, wenn es sich um kleinere Unternehmen handelt. Bei kleineren Unternehmen kaufen Insider zumeist einen großen Anteil der Wertpapiere des eigenen Unternehmens. Nach einem Handelsverbot wären sie gezwungen, die Wertpapiere bis zur Aufgabe ihrer Unternehmensstellung zu halten. Gegen ein generelles Verbot von Eigengeschäften der Führungspersonen kann auch angeführt werden, dass von den Geschäften nicht zuletzt ein gewünschter positiver Effekt dergestalt ausgeht, dass die Führungspersonen aufgrund der eigenen wirtschaftlichen Beteiligung ein erhöhtes pekuniäres Interesse am Wohlergehen der Gesellschaft insgesamt haben. Manager, die von Transaktionen mit Wertpapieren des eigenen Emittenten ausgeschlossen sind, könnten in unternehmensfremde Aktien investieren und sich dadurch in Interessenskonflikte bringen. Das Interesse an der eigenen Gewinnmaximierung verknüpft mit der wirtschaftlichen Zukunft des fremden Unternehmens kollidiert mit den Interessen des eigenen Emittenten. Bei einer Investition der Führungspersonen in Aktien des eigenen Emittenten ist zumindest ein Gleichlauf der eigenen Interessen (Gewinnmaximierung) und der Unter28

Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 1998, 303 (344).

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Kap. 4: Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

nehmensinteressen (wirtschaftlicher Erfolg) gesichert. Um einen Interessenskonflikt zu vermeiden, müssten Führungspersonen daher konsequenterweise vom Kapitalmarktgeschehen insgesamt ausgeschlossen werden. Dies erscheint unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit ein zu großer Eingriff in die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Insider.29 Damit wäre ein absolutes Handelsverbot nicht mit den Grundrechten vereinbar. Zudem würde die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes insgesamt in Frage gestellt, da mit den Insidern eine erhebliche Anzahl von Investoren wegbrechen würde. Daher ist gegenüber einem Handelsverbot das Anhalten zu einem sorgfältigen Umgang mit dem Aktienportfolio vorzugswürdig.

D. Schadensrechtliche Anpassung Grundsätzlich stellt sich in vielen Konstellationen die Frage, ob eine Sanktionierung bestimmter Pflicht- oder Rechtsverletzungen durch Ausweitung der bestehenden zivil- bzw. strafrechtlichen Regelwerke bewirkt werden kann oder ob die Schaffung entsprechend neuer Instrumente vorzuziehen ist. Die vorangegangene Analyse zeigt, dass in der Regel nach der geltenden Gesetzeslage keine Schadensersatzansprüche bei Verletzung der insiderrechtlichen Regelungen eingreifen. Die Forderung einer ausschließlichen oder kumulativen zivilrechtlichen Sanktionierung kapitalmarktrechtlichen Fehlverhaltens ist in der europäischen und deutschen Rechtswissenschaft nicht neu.30 So wurde beispielsweise im Rahmen der Umsetzung der EG-Insider-Richtlinie ein Vorschlag unterbreitet, der auf jegliche straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen verzichten will und stattdessen allein auf den Einsatz von zivilrechtlichen Sanktionen setzt.31 Es stellen sich damit zwei Fragen. Zum einen die Frage nach dem Sanktionscharakter: Bedarf das Sanktionensystem de lege lata einer Öffnung für zivilrechtliche Sanktionen de lege ferenda?32 Zwischen den USA und Europa bestehen hier große Meinungsunterschiede. Während die USA bei der Entwicklung und Ausgestaltung der zivilrechtlichen Sanktionen insbesondere den Adressatenkreis sowie die Anspruchsberechtigten kontinuierlich ausweiteten, wurde eine ausdrückliche Verankerung der zivilrechtlichen Sanktionsinstrumente in europäischen Rechtsordnungen größtenteils abgelehnt.33 29 Elster, Europäisches Kapitalmarktrecht – Recht des Sekundärmarktes, 2002, S. 323 ff.; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a Rn. 16. 30 Siehe nur beispielsweise Rider, Brooklyn J. Int’l L. 16 (1990), 179 (195). 31 Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (677–682). 32 Zu der Abwägung zwischen zivil- oder strafrechtlichen/administrativen Sanktionen im Kapitalmarktrecht Kapitel 6, B.V., S. 309 ff. 33 Hausmaninger, Insider Trading, S. 271.

D. Schadensrechtliche Anpassung

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Zum anderen stellt sich die Frage, ob als Rechtsfolge eine Schadensersatz- oder eine Gewinnhaftung vorzugswürdig ist.34 Diese zweite Frage wird im Folgenden untersucht. Ob eine Gewinnabschöpfungsnorm, die an durch unerlaubte Transaktionen erwirtschaftete Gewinne anknüpft, oder eine Schadensersatzhaftung entsprechend dem Gedanken des verworfenen Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes für vorzugswürdig zu halten ist, ist schwer zu beantworten. In dieser Arbeit wird untersucht, ob ein Schadensersatzanspruch in seiner Ausgestaltung einer zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht überlegen ist. Es wird hier jedoch nicht näher auf die Möglichkeiten und genaue Ausgestaltung einer kapitalmarktrechtlichen Organaußenhaftung im Sinne einer Schadensersatzhaftung eingegangen.35 Auf Schwierigkeiten wird lediglich dann hingewiesen, wenn sie auch für die Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung von Bedeutung sind.

I. Abgrenzung von privatrechtlicher Gewinnabschöpfung und Schadensersatz Die Gewinnabschöpfung steht in einem grundsätzlichen Spannungsverhältnis zwischen der Überkompensation des Verletzten und einer Unrechtsprämie für den Verletzer.36 Bereits aufgrund eines allgemeinen Gerechtigkeitsgedankens ist ein Verbleiben des Gewinns beim Verletzer nicht gerechtfertigt. Soweit der Verletzer nur mit Schadensersatzansprüchen zu rechen hat, degradiert er den Wert des verletzten Rechtsgut – auf dessen Höhe sich auch primär Schadensersatzforderungen belaufen – zu einen bloßen Rechnungsfaktor in der Kosten/Nutzen-Analyse der Rechtsbrechung herab.37 Sofern der Gewinn den Wert des verletzten Rechtsguts übersteigt, ist der Rechtsbruch als lohnend einzustufen. Andererseits kann der Verletzte an einem über den Schaden hinausgehenden Gewinn kein rechtlich anerkanntes Interesse haben, sofern der Schaden vollumfänglich beglichen wurde. Ein Abstellen auf die jeweiligen Interessen von Verletzer und Verletztem schafft ein tieferes Verständnis für die Komplexität der Gewinnabschöpfung. Zunächst ist die Gewinnabschöpfung vom Schadensersatzanspruch abzugrenzen. Hierbei soll nicht die spezielle Situation der Streuschäden am Kapitalmarkt betrachtet werden, sondern eine allgemeine Abgrenzung von zi34 Der prozessualen Frage widmen sich unten Kapitel 6 und Kapitel 7 der Untersuchung. 35 Siehe hierzu aber die Nachweise unter Kapitel 1, S. 31, Fn. 42. 36 Siehe hierzu auch Helms, Gewinnherausgabe, S. 22 ff. 37 Helms, Gewinnherausgabe, S. 24.

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Kap. 4: Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

vilrechtlicher Gewinnabschöpfung und Schadensersatz vorgenommen werden, um das Verhältnis dieser Rechtsfolgen zu beleuchten. Es handelt sich bei Schadensersatz- und Gewinnhaftung um zwei „ganz konträre und daher säuberlich zu trennende Prinzipien“38. Nach den Regelungen des BGB stellt grundsätzlich das Vermögen des Verletzten die Berechnungsgrundlage für Schadensersatzleistungen dar, denen der Kompensationsgedanke innewohnt und die gleichwohl auch einen entgangenen Gewinn des Verletzten nach § 252 S. 2 BGB umfassen.39 Trotz der Beweiserleichterungen der §§ 287 ZPO, 252 S. 2 BGB kann es hier zu einer Beweisnot des Verletzten kommen. Dieser muss nachweisen, dass er ohne Eintritt des schädigenden Ereignisses wahrscheinlich einen Gewinn erzielt hätte. Abhilfe könnte der Zugriff auf den Verletzergewinn schaffen. Schadensersatz- und Gewinnhaftung führen nämlich zum gleichen Resultat, wenn man für die Berechnung des entgangenen Gewinns seitens des Verletzten dem seitens des Verletzers tatsächlich erwirtschafteten Gewinn zumindest hinsichtlich des Gewinnpotentials des betroffenen Rechtsguts Indizwirkung beimisst.40 Noch weitergehend wäre der folgende Ansatz: Die Gewinnhaftung könnte als „Umkehrung der Schadensersatzidee“41 gewertet werden, so dass nicht das Vermögen des Verletzten, sondern das Vermögen des Verletzers als Berechnungsgrundlage für die Wiederherstellung des Zustandes dient, der ohne den widerrechtlichen Eingriff bestünde.42 In dem Anspruch auf Gewinnabschöpfung wären lediglich eine besondere Art der objektiven Schadensberechnung und damit ein besonders ausgestalteter Schadensersatzanspruch zu sehen.43 Hiergegen wenden sich jedoch die meisten Stimmen und plädieren dafür, die Gewinnabschöpfung als ein zusätzliches, gesondertes Sanktionsmittel anzusehen, das die bisherigen schadensersatzrechtlichen Vorschriften ergänzt.44 Es bedürfe einer gesonderten Regelung, die unter Inkaufnahme einer Überkompensation einen Zugriff auf den erwirtschafteten Gewinn erlaubt.45 38

Kellmann, Grundsätze der Gewinnhaftung, S. 74. Siehe zum entgangenen Gewinn näher Kapitel 5, C.I.1.a), S. 225 ff. 40 Helms, Gewinnherausgabe, S. 5; König, FS Caemmerer, S. 178, (202). 41 Schulz, AcP 105 (1909), 1 (445). 42 Helms, Gewinnherausgabe, S. 4 m. w. Nachw.; Kellmann, Grundsätze der Gewinnhaftung, S. 74. 43 Wenckstern, AcP 2000, 240 (262). 44 Wenckstern, AcP 2000, 240 (262); vgl. die Beschlussfassung des 66. Deutschen Juristentages, wonach allenfalls eine Gewinnabschöpfung in Weiterentwicklung der angemaßten Eigengeschäftsführung zugelassen werden soll, näher hierzu Kapitel 5, C.I.2.b), S. 231 ff. 45 Siehe zu dem Vorschlag Wagners, einen neuen § 251 Abs. 3 BGB zu schaffen Kapitel 5, C.I.2.b), Kapitel 5, C.I.1.c), S. 227 ff.; vgl. Helms, Gewinnherausgabe, S. 5. 39

D. Schadensrechtliche Anpassung

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Bei Anerkennung der Gewinnabschöpfung als eigenständige Sanktion stellt sich die Frage des Anwendungsvorrangs von Gewinnabschöpfung oder Schadensersatz. Bei korrespondierendem Gewinn und Schaden ist grundsätzlich fraglich, inwiefern der Gewinnabschöpfung neben dem Schadensausgleich eigenständige Bedeutung zukommt. In diesen Fällen können Schadensersatz- und Gewinnhaftung nur alternativ geltend gemacht werden, was im Sinne einer gegenseitigen Anrechenbarkeit zu verstehen ist.46 Eine zusätzliche Verpflichtung des Schädigers, neben der Gewinnherausgabe auch Schadensersatz leisten zu müssen, würde zu einer unangemessenen Doppelsanktionierung führen.47 Ebenso wie aber ein Schaden ohne korrespondieren berechenbaren Gewinn verursacht worden sein kann – zu denken ist etwa an eine Körperverletzung oder eine Sachbeschädigung, somit eine Handlung mit allein destruktivem Charakter – sind Fälle denkbar, in denen ein Gewinn auf Seiten des Verletzers gezogen wurde, dem jedoch kein entsprechender Schaden gegenüber steht.48 Hier tritt der Schaden nicht messbar bei einer oder mehreren Person auf, sondern verteilt sich auf so viele Personen, dass Nachweis und Bezifferung des tatsächlich eingetretenen Schadens kaum gelingen (sog. Streuschäden). Insbesondere am Kapitalmarkt werden teilweise beachtliche Gewinne seitens des verbotswidrig Handelnden erwirtschaftet, denen jedoch (zumeist) aufgrund der Charakteristik der Schäden als sog. Streu- bzw. Massenschäden49 kein messbarer oder nachweisbarer Schaden seitens der Anleger gegenüber steht. Eine Gewinnherausgabepflicht hätte also keinen Kompensationscharakter, sondern ausschließlich eine generalpräventive Sanktionsfunktion, die im geltenden Zivilrecht möglicherweise als systemwidrig anzusehen ist – hierauf wird sogleich näher eingegangen.50 Eine Ausschüttung des Gewinns an den Kläger erscheint zweifelhaft, sofern der erwirtschaftete Gewinn über den eingetretenen Schaden hinausgeht. Zwar gilt im Grundsatz, dass sich widerrechtliches Verhalten nicht lohnen darf, gleichwohl könnte eine Auskehr des gezogenen Gewinns an den Verletzten für diesen ein unverhofftes Glück darstellen, da er bei fehlendem Verletzungserfolg einen solchen Gewinn allein nicht hätte erzielen können, 46

So auch Kellmann, Grundsätze der Gewinnhaftung, S. 74. Vgl. Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 96. 48 Insbesondere wenn die Rechtsgutsinhaber unterschiedlichen Marktstufen angehören ergibt sich eine Diskrepanz zwischen den Verwertungsmöglichkeiten, siehe zu weiteren Fallgruppen: Helms, Gewinnherausgabe, S. 1 f. 49 Näheres zu diesen Begrifflichkeiten und den Unterschieden zwischen den Termini unter Kapitel 3, B.III.2., S. 171. 50 Bydlinski, AcP 2004, 309 (343 ff. m. w. Nachw.); Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (213); zur Frage der präventiven Elemente im deutschen Zivilrecht siehe Kapitel 4, D.II., S. 191 f. 47

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beispielsweise aufgrund fehlender Sachkenntnis oder mangels individueller Fähigkeiten.51 An adequate solution (. . .) must explain not just why what the defendant did was wrong, but also why the plaintiff has a right to recover from the defendant.52

Eine über den entstandenen Schaden hinausgehende Gewinnauskehr an den Gläubiger wird unterschiedlich gerechtfertigt. In Ausnahmefällen wird anerkannt, dass über die vollständige Kompensation der durch den Geschädigten erlittenen Einbußen hinauszugehen ist, um die gewünschte Anreizwirkung zu erzielen.53 Ein solcher Fall wird etwa dann angenommen, wenn nicht damit zu rechnen ist, dass alle Geschädigten ihre ihnen rechtlich zustehenden Ersatzansprüche auch tatsächlich geltend machen und durchsetzen werden.54 Hier soll die Überkompensation im Interesse der wirksamen Verhaltenssteuerung hingenommen werden, solange der Schädiger insgesamt über sämtliche Fälle hinweg nicht auf höhere Schadenskosten in Anspruch genommen wird, als er tatsächlich verursacht hat.55 Manche Autoren stellen auf den Rechtsschutzgedanken ab56, andere halten die Herausgabe an den Gläubiger aus Zuordnungsgesichtspunkten für gerechtfertigt57. Es sei naheliegender den Gewinn an den Gläubiger auszukehren – auch wenn damit eine Überkompensation desselben verbunden ist – als ihn beim Schädiger zu belassen. Wieder andere kommen auf das Ergebnis, indem sie eine Interessensabwägung anstellen.58 Eine Bereicherung des Geschädigten, sei es auch eine unverhoffte, sei im Sinn der durch den Strafschadensersatz bzw. durch die Gewinnabschöpfung geförderten Interessen hinzunehmen. Eine Entschädigung derjenigen Personen, die unter dem Verlust des Anlegervertrauens und ihrem Zurückziehen vom Kapitalmarkt leiden, also Unternehmen ohne ausreichendes Kapital oder arbeitslos gewordene Personen oder solche Anleger, die nicht mehr an der Börse tätig sein wollen, sei in der Realität nicht umsetzbar.59 Daher sei die Gewinnabschöpfung gegenüber einem Schadensersatzanspruch als vorzugswürdig zu betrachten und die unverhoffte Bereicherung des Gläubigers quasi als „kleineres Übel“ zu tolerieren. 51 Nach teilweiser Ansicht ist daher auch eine vertragliche Gewinnhaftung gänzlich abzulehnen; vgl. Beuthien, in: Soergel, BGB, § 687, Rn. 12; Wittmann, in: Staudinger, § 687 Rn. 7. 52 Smith, LQR 115 (1994/95), 245 (251 Fn. 21). 53 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht A 23. 54 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht A 23. 55 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht A 23. 56 Smith, CBLJ 24 (1994/95), 121 (123). 57 Nipperdey, FS Böhm, S. 165 (171, 174); Schwark, JuS 1989, 707 (710). 58 Schulz, AcP 105 (1909), 1 (444). 59 Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 223; so auch Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 114.

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Es kann festgehalten werden, dass es eher vertretbar erscheint, an den verletzten Gläubiger einen unrechtmäßig erwirtschafteten Gewinn eventuell auch als unverhofftes Glück auszukehren, als ihn bei dem Schuldner zu belassen.60 Man könnte darüber hinaus in Betracht ziehen, den über eine vollständige Schadenskompensation hinausgehenden Gewinn nicht an den Verletzten, sondern an eine „neutrale“ Instanz – beispielsweise den Staat – auszukehren.

II. Präventive Elemente im deutschen Schadensersatzrecht Eine kapitalmarktrechtliche zivilrechtliche Gewinnabschöpfung müsste mit den Grundprinzipien des deutschen Zivilrechts vereinbar sein. Zweifel bestehen hinsichtlich der Frage, ob Elemente, die über die bloße Kompensation eines Schadens hinausgehen, auch von der Zielsetzung zivilrechtlicher Sanktionen umfasst sind. Das generelle Ziel einer zivilrechtlichen Haftung ist die Kompensation eines entstandenen Schadens, § 249 BGB.61 Die vollständige Kompensation sämtlicher Schäden ist nicht nur ein Gebot ausgleichender Gerechtigkeit, sondern auch das Rückgrat der Steuerungsfunktion des Haftungs- und Schadensersatzrechts. Es wird vermehrt die These vertreten, das Ausgleichsprinzip stelle kein starres Dogma dar, sondern erfahre durch den Einfluss präventiver Aspekte eine gewisse Relativierung.62 Als „unvertretbar“ wird von den meisten Autoren sogar die Ansicht beurteilt, die eine Verhaltenssteuerung durch das Schadensersatzrecht für verfassungswidrig hält.63 So werden verschiedene Funktionen einer zivilrechtlichen Sanktion angeführt: Wiedergutmachung, Lenkung, Gerechtigkeit, Abschreckung und Kompensation.64 Eine strikte Trennung der Rechtsgebiete des Zivil- und des Strafrechts nach den Zwecken der Genugtuung und der Prävention wird als künstlich bezeichnet.65 Auch im Zivilrecht sei der Zweck der Prävention anzuerkennen, da der Rechtsordnung als Ganzes 60

So der Supreme Court in Janigan v. Taylor, 344 F.2d 781 (786) (1965). Ashe/Rider/Counsell, in: Rider/Ashe, The Fiduciary, the Insider, the Conflict, S. 172; Looschelders, Schuldrecht AT, Rn. 873. 62 Diederichsen, AcP 1982, 101 (111 f.): „Über den Einsatz des Schadensersatzrechts als Mittel der Prävention und Erzwingung sozialgerechten Verhaltens sollte generell und unvoreingenommen nachgedacht werden“; Staudinger, NJW 2006, 1433 (2434); siehe die Untersuchung von Wagner, AcP 206 (2006), 352 ff. 63 So Sack, WRP 2003, 549 (553); hierzu auch Wagner, AcP 206 (2006), 352 (432). 64 Diederichsen, AcP 1982, 101 (112). 65 Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 98; Deutsch, JZ 1971, 244 (244 ff.); Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 76. 61

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ein Interesse an Vorbeugung innewohnt und die Zufälligkeiten eines Rechtsgebietes den Schutz eines Rechtsguts nicht einschränken dürfen.66 Prävention und Verhaltenssteuerung als Zwecke des Schadensersatzrechts werden von anderen Autoren mit Argwohn betrachtet.67: „Der Gedanke der Sanktion im Sinne einer Reaktion der Rechtsordnung auf das Unrecht als solches gehört dem Strafrecht an, dem Zivilrecht ist er fremd.“68 „In primitiven Rechtsordnungen dominiert die Buße; eine entwickelte Rechtskultur kennt keine Buße, sondern nur den Schadensersatz.“69

Auch Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler äußern bei der Rolle der zivilrechtlichen Haftung zur Verhaltenssteuerung Bedenken.70 Aufgrund des ablehnenden Urteils des BGH zur Anerkennung US-amerikanischer „punitive damages“ aus dem Jahre 1992 wird vermehrt angeführt, dass zentrale Sanktions- und Abschreckungsaspekte mit dem Grundverständnis des deutschen Zivilrechts unvereinbar seien.71 Vielmehr seien die Kompensationsziele nach wie vor in den Vordergrund zu rücken.72 Beim Schmerzensgeld und dessen Bemessung unter Einbeziehung seiner Genugtuungsfunktion wird daher argumentiert, dass auch die dem Schmerzensgeld innewohnende Ausgleichsfunktion im Vordergrund stehe.73 So seien die Erscheinungsformen vermeintlicher Präventionsgesichtspunkte im Schadensersatzrecht stets mit dem Wiedergutmachungsinteresse verknüpft. Der Präventionsgedanke habe nur eine unselbständige Position.74 Die Grenzen zivilrechtlicher Sanktionierung seien mit einem Gewinnabschöpfungsanspruch weit überschritten.75 Bereits aus dem Gesetz können aber konkrete Anhaltspunkte gewonnen werden, die auch für den Einschluss präventiver Aspekte sprechen. So hat die Genugtuungsfunktion nach der Neukonzeption des § 253 Abs. 2 BGB deutlich an Gewicht gewonnen.76 Zudem soll der Schadensersatzpflicht des 66 Auch der GEMA wird nach Ansicht des BGH, ein 100%-Aufschlag bei Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach § 97 UrhG zugestanden, BGHZ 59, 286 (289); siehe auch Deutsch, JZ 1971, 244 (244 ff.); siehe zur Gewinnabschöpfung im Rahmen des deliktischen Rechtsgüterschutzes Kapitel 5, C.I.4., S. 240 ff. 67 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 14. 68 Larenz, Schuldrecht Bd. I, § 17 I, S. 423. 69 Bydlinski, AcP 2004, 309 (344 f.). 70 Hopt, FS Mestmäcker, S. 909 (914 ff.); Spindler, WM 2004, 2089 (2095). 71 BGHZ 118, 312 ff.; hierzu auch noch einmal im Rahmen der Diskussion um die punitive damages unter Kapitel 7, D.I.1., S. 360 ff. 72 Pritchard, Virginia LR 85 (1999), 925. 73 BGHZ 118, 312 (339) unter Bezugnahme auf BGHZ 18, 149 (155 ff.). 74 Canaris, FS Deutsch, S. 85 (105) m. w. Nachw. 75 Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 564. 76 Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 87.

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Arbeitgebers nach § 611a Abs. 2 BGB auch abschreckende Wirkung zukommen.77 Pönale Elemente sind im Zivilrecht auch bei Vertrags- oder Vereinsstrafen sowie in den Regelungen der §§ 817 Abs. 2 BGB, 61 Abs. 1 2. Hs., 113 Abs. 1 HGB anzutreffen.78 Insbesondere die nach § 339 ff. BGB den Parteien zur Verfügung stehende Möglichkeit, eine Vertragsstrafe zu vereinbaren, spricht für die Zulässigkeit von Strafschadensersatz, denn „wenn schon die Parteien das Schadensersatzrecht für Präventionszwecke instrumentalisieren und sich auf suprakompensatorische Sanktionen verständigen können, warum sollte dann der Privatrechtsgesetzgeber daran gehindert sein, dasselbe zu tun?“79 Auch der Verzugszins nach § 288 BGB weist strafende Elemente auf, da dessen Höhe fünf (§ 288 Abs. 1 S. 2 BGB) bzw. acht (§ 288 Abs. 2 BGB) Prozentpunkte über dem üblichen Basiszinssatz liegt.80 Darüber hinaus bemisst sich das Schmerzensgeld unter Rekurs auf dessen Genugtuungsfunktion anhand des erwirtschafteten Gewinns, sog. Präventivschmerzensgeld.81 Schließlich ist im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts die Figur des Verletzergewinns eine anerkannte Größe.82 Dies geht beispielsweise im Falle der Musikaufführungsrechte soweit, dass die Rechtsprechung eine pauschale Gebührenverdoppelung anerkennt, um so Schwierigkeiten der Berechnung des Verletzergewinns, dem gesteigerten Bedürfnis zur Vorbeugung gegen Rechtsverletzungen und damit den leicht verletzbaren Musikaufführungsrechten gerecht zu werden.83 Die Verhaltenssteuerung ist – rechtssystematisch betrachtet – damit auch genuine Aufgabe des Privatrechts.84 Für die Zwecke der Verhaltenssteuerung kommt es weniger darauf an, dass der Nachteil seitens des Geschädigten exakt ausgeglichen wird, sondern vielmehr, dass der Schädiger mit den gesamten Schadenskosten konfrontiert wird, die durch sein Verhalten entstanden sind.85 Historisch betrachtet war bereits in den Pandekten das Erscheinungsbild von Privatstrafen, sog. actiones poenales bekannt: 77

von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 117. Bentert, Das pönale Element, S. 151; Canaris, FS Deutsch, S. 85 (105); Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 87. 79 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 79. 80 Ernst, in: MünchKomm, BGB, § 288, Rn. 3. 81 BGHZ 128, 1 ff. (Caroline von Monaco). 82 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 118; siehe zur Gewinnabschöpfung im Urheberrecht Kapitel 5, C.I.4.a), S. 241 ff. 83 BGHZ 17, 376 (383); BGHZ 59, 286–294. 84 Vgl. Staudinger, NJW 2006, 1433 (2434); Wagner, AcP 206 (2006), 352 (422 ff.). 85 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 83. 78

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„Der Verletzte fordert was, was ganz ausser den Grenzen der Verletzung seines Rechts und der Wiederherstellung desselben liegt.“86

Auch wenn viele der Klagegegenstände heute von Staats wegen mittels Strafen und Geldbußen durchgesetzt werden, so ist dennoch „kein Grund vorhanden, die Privatstrafen allgemein im gemeinen Recht als aufgehoben zu betrachten.“87 Damit greift der erhobene Einwand, dass Präventionsnormen oder gar Vorschriften mit poenalem Charakter, wie etwa eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung, im materiellen Kapitalmarktrecht oder allgemein im Zivilrecht nichts zu suchen hätten88, zu kurz.89 Heute herrscht zu Recht die pragmatische Erkenntnis vor, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Verankerung von Sanktions- und Präventionsnormen nach freiem Ermessen entscheiden kann und sich primär vom Gedanken der Effizienz und Verhältnismäßigkeit zu leiten hat.90

III. Ausweitung der Schadensersatzansprüche versus spezialgesetzliche zivilrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda Die Prävention von Rechtsbrüchen und die Durchsetzung des Rechts werden als maßgebliche Faktoren für die Einführung einer zivilrechtlichen Haftung im Kapitalmarktrecht genannt.91 Die generelle Frage lautet: Kann die bestehende Systematik von Schadensersatzansprüchen und der grundsätzliche Kompensationsgedanke des deutschen Zivilrechts bei einer Anwendung auf das Kapitalmarktrecht unverrückt beibehalten werden oder bedarf es einer Erweiterung und Anpassung an neue Rechtsprobleme?92 Schadensersatzansprüche sind bei kapitalmarktrechtlichen Schäden, unabhängig davon, ob es sich bei ihnen um allgemeine oder spezialgesetzliche Ansprüche handelt, mit erheblichen Beweisproblemen konfrontiert.93 Allein die existierende Beweisnot bei herkömmlichen Schadensersatzprinzipien vermag je86

Savigny/Hammen, Pandektenvorlesung 1824/25, S. 215. Savigny/Hammen, Pandektenvorlesung 1824/25, S. 215. 88 Vgl. etwa Semmler/Gittermann, NZG 2004, 1081 (1086). 89 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 182. 90 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 182; Casper, BKR 2005, 83 (87); zur Strafe und Prävention im Zivilrecht auch Looschelders, Schuldrecht AT, Rn. 873; Schäfer, AcP 202 (2002), 397 ff.; Schäfer, NZG 2005, 985 (988). 91 Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 216, 219. 92 So könnte beispielsweise die Drittwirkung kapitalmarktrechtlicher Veröffentlichungspflichten überdacht werden, siehe hierzu genauer Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(5), S. 113 ff. 93 Siehe zu den Defiziten der Schadensersatzhaftung Kapitel 3, B.III., S. 162 ff. 87

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doch eine Abwälzung der kapitalmarktrechtlichen Sanktionierungsmechanismen auf das öffentliche Recht, insbesondere das Strafrecht, nicht zu rechtfertigen. So kann eine Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtliche Sanktion auch zivilrechtlich ausgestaltet werden. Im Vergleich zu einer Schadensersatzhaftung unterliegen zivilrechtliche Gewinnabführungsansprüche geringeren Beweisanforderungen.94 Unter dem Berechnungsaspekt kann als Vorteil der Gewinnabschöpfung gegenüber der Schadensersatzhaftung angeführt werden, dass bei jener nur einmal die Höhe des abzuschöpfenden Gewinns festgestellt werden muss, so dass sich die Berechnung einer Vielzahl von Schadensposten erübrigt. Eine Gewinnabschöpfung hat auch den Vorteil, dass aufgrund der anderen Perspektive – es geht gerade nicht um die Kompensation entstandener Schäden – Kausalitätsgesichtspunkte weniger Schwierigkeiten bereiten als beim Schadenersatz.95 So muss kein auf der Pflichtverletzung beruhender Schaden des Anspruchstellers bewiesen werden, sondern es genügt im Rahmen der Kausalität die Feststellung, dass der Insider den Gewinn aufgrund der Pflichtverletzung erwirtschaftet hat. Der Beweis, dass der Insider den Gewinn auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten erwirtschaftet hätte, kann faktisch nicht erbracht werden. Hierfür könnten allenfalls Transaktionen der Nichtinsider der gleichen Marktseite als Beurteilungsmaßstab herangezogen werden, was mit einem erheblichen praktischen Aufwand verbunden wäre. Der Insider hat auf der Grundlage der Insiderinformationen gehandelt und dadurch einen günstigen Informationsvorteil ausgenutzt. Die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Gewinn steht damit nicht in Frage. Zutreffend wird angeführt, dass sich die allgemeinen Haftungsregelungen des bürgerlichen Rechts für die kapitalmarktrechtlichen Regelungen nicht eignen, da sie zu „holzschnittartig“ sind und dadurch den komplexen Verhältnissen am Kapitalmarkt nicht gerecht werden.96 Allein spezialgesetzliche Haftungstatbestände können die konkurrierenden Interessen in angemessener Weise austarieren.97 So ist das deutsche Zivilrecht grundsätzlich auf ein Zweiparteiensystem ausgerichtet. Eine nicht personifizierbare Anzahl von Geschädigten – wie sie am Kapitalmarkt vorkommen kann – vermag das traditionelle zivilrechtliche Schadensersatzrecht kaum zu bewältigen. Doch selbst bei einer Erweiterung des Anwendungsbereichs bestehender Schadensersatzansprüche sind bestimmte systemfremde Erweiterungen in Form von pauschalisierenden, sich mit Indizien begnügenden Tatbeständen 94 Vgl. ähnliche Argumentation bei Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost, Handelsgesetzbuch, § 38 WpHG, VI 295, 297. 95 Vgl. schon Kapitel 4, D.III., S. 194 ff. 96 Veil, ZBB 2006, 162 (166). 97 Veil, ZBB 2006, 162 (166).

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unvermeidlich. Ein Aspekt der Pauschalisierung lässt sich anhand von Entwicklungen im Kartellrecht verdeutlichen. In der Praxis des Kartellrechts hat sich insbesondere bei der Festsetzung der Schadenshöhe in Schadensersatzprozessen eine pauschalierende Betrachtungsweise durchgesetzt. Hierbei wird die Gewinnsumme auf gebündelte Schadensersatzansprüche umgerechnet, so dass ein Durchschnittswert des erlittenen Schadens ermittelt wird. Sinn und Zweck ist die praktikable Erfassung von Streuschäden mittels der herkömmlichen Sanktionsinstrumente, insbesondere des Schadensersatzanspruchs. Der pauschalisierenden Berechnung kann entgegen gehalten werden, dass ein Schaden festgestellt wird, der in Realität so nie bestanden hat. Kritisch zu hinterfragen ist auch, ob der zentrale Gedanke der Kompensation des Schadens bei dieser Berechnungsmethode Bedeutung erlangt oder ob nicht vielmehr die Abschöpfung rechtswidrig erlangter Gewinne bezweckt wird. Eine Abschöpfung des tatsächlich erwirtschafteten Gewinns ist gegenüber einer Kompensation von in ihrer Höhe hypothetischen Schäden vorzugswürdig. Zwar könnte auch unter Inkaufnahme von gewissen Pauschalisierungen und mit Einführung einer Beweislastumkehr das herkömmliche Schadensersatzrecht zumindest praxistauglicher für das Kapitalmarktrecht gemacht werden. Eine Sanktion in Gestalt der Gewinnabschöpfung ist jedoch einem Ersatz des mehr oder weniger willkürlich festzusetzenden Schadens in bestimmten Fällen an Zielgenauigkeit weit überlegen.98 Es ist konsequent, die Sanktion in Gestalt der Gewinnabschöpfung anzuwenden, da der Fokus sowohl bei einer Ausweitung des Schadensersatzes als auch bei der Ausgestaltung und Berechnung der Gewinnabschöpfung auf den Schädiger gerichtet ist. So wird für eine kapitalmarktrechtliche Schadensersatzpflicht einschränkend erklärt, dass diese nicht über den gezogenen Gewinn hinausgehen sollte.99 Zutreffend wird bemerkt, dass auch vom Wesen der Insiderhandelsverbote her geschlossen werden kann, dass auf eine Schadenskompensation bei Insiderverstößen nicht abgestellt werden kann.100 Wie bereits untersucht wurde, kann ein Geschädigter des Insiderhandels nach klassischen zivilrechtlichen Bewertungskriterien nicht benannt werden.101 Es geht vielmehr darum, einen unrechtmäßigen Vorteil abzuschöpfen, um sicherzustellen, dass sich rechtswidriges Verhalten nicht lohnt. So tritt der Kompensationszweck des Schadensersatzes im Sinne einer Organaußenhaftung vor dem Hintergrund der üblichen Emissionsvolumina und der möglichen Haftungsbeschränkung in der Regel hinter dem Präventionsgedanken zurück.102 98

Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (691). Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 460. 100 Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (691). 101 Siehe zur Untersuchung des Geschädigten bei Insiderhandel Kapitel 3, B.III.1.a), S. 162 ff. 99

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E. Bußgeldrechtliche Anpassung Es stellt sich die Frage, ob sich die mit einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung verfolgten Ziele auch durch eine Optimierung der Bußgelder erreichen lassen, insbesondere durch die Erhöhung derselben. Die Geldbuße im Ordnungswidrigkeitenrecht wird in ihrer derzeitigen Ausgestaltung insbesondere im Rahmen von § 15a WpHG als nicht ausreichend qualifiziert.103 Hierfür ist zunächst der Regelungszweck des Ordnungswidrigkeitenrechts in Abgrenzung zu straf- bzw. zivilrechtlichen Sanktionen zu erläutern. Dies mag Rückschlüsse zulassen, ob die Ausweitung der Geldbußen vom Regelungszweck des Ordnungswidrigkeitenrechts gedeckt ist oder ob zusätzliche Sanktionen zur Steigerung des Abschreckungseffektes geschaffen werden müssen.

I. Sinn und Zweck der Geldbuße Nach dem BVerfG unterscheidet sich das Ordnungswidrigkeitenrecht vom Kriminalstrafrecht dadurch, dass die Geldbuße als Ahndungsmittel der Verwaltung die sittliche Persönlichkeit unberührt lasse und damit der nachdrücklichen Pflichtenmahnung des Ernstes staatlichen Strafens entbehre.104 Der Geldbuße fehle das mit der Kriminalstrafe notwendigerweise verbundene Unwerturteil.105 Nach anderer Auffassung in der Literatur ist diese Differenzierung aufgrund des Ausmaßes, das eine Geldbuße erlangen kann, nicht aufrecht zu erhalten.106 Eine Unterscheidung zwischen Ordnungswidrigkeitenrecht und Strafrecht erfolgt danach allein aufgrund formaler Kriterien – Geldbuße oder Strafe.107 Bei der Verhängung einer Geldbuße findet keine Eintragung in das Zentralregister statt, so dass kein Status der „Vorbestraftheit“ erreicht wird.108 Zudem hat das Ordnungswidrigkeitenrecht in Abgrenzung zum Strafrecht mit § 17 Abs. 4 OWiG die Funktion der Gewinnabschöpfung.109 Schließlich sind die Beweisanforderungen im Ordnungswidrigkeitenrecht gegenüber den kriminalstrafrechtlichen Beweisfüh102

Deutsches Aktieninstitut, Stellungnahme zum KapInHaG, S. 7. Rosen, Directors’ Dealings, S. 56 f. 104 BVerfGE 27, 18 (29, 33). 105 BVerfGE 27, 18 (33); 45, 272 (288); Eichelberger, Verbot von Marktmanipulation, S. 130; Gürtler, in: Göhler, OWiG, Einl. Rn. 9; Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 566. 106 Drathjer, Abschöpfung Vorteile, S. 28 f. 107 Drathjer, Abschöpfung Vorteile, S. 28. 108 Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 566. 109 Diese Funktion kann das Ordnungswidrigkeitenrecht jedoch gerade im Fall der unterlassenen Directors’ Dealings nicht erfüllen, vgl. Kapitel 3, A.I.1.c), S. 105 f. 103

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rungsregeln bis hin zur Unschuldsvermutung (in dubio pro reo) vermindert. So ist beispielsweise eine Beweislastumkehr im Verwaltungsprozess nicht unbekannt.110

II. Ausweitung der behördlichen Sanktionen versus spezialgesetzliche zivilrechtliche oder behördliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda Es ist noch einmal zu betonen, dass eine Überschneidung der Anwendungsbereiche der Gewinnabschöpfung nach § 17 Abs. 4 OWiG mit einer behördlichen kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung de lege ferenda einen seltenen bis unmöglichen Fall – letzteres insbesondere im Rahmen von § 15a WpHG – darstellt.111 Allein bei tatsächlichen Insiderhandelstransaktionen i. S. d. § 14 WpHG kann eine Konkurrenzsituation auftreten. Dann greifen aber auch die strafrechtlichen Sanktionen, so dass das allgemeine Verhältnis von privatrechtlichen und strafrechtlichen bzw. bußgeldbewehrten Sanktionen Bedeutung erlangt.112 Es stellt sich im Rahmen des § 15a WpHG die Frage nach dem Mehrwert einer behördlichen Gewinnabschöpfung neben der Möglichkeit der Verhängung eines (erhöhten) Bußgeldes. Beispielsweise könnte der Bußgeldrahmen auf 200.000 EUR erhöht werden. Gerade bei dem Aspekt der Durchsetzung der Verbotsnormen liegt eine Personalunion vor, da Verwaltungsbehörde im Sinne des OWiG die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ist, § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG, die auch die Durchsetzung der behördlichen Gewinnabschöpfung vornehmen könnte.113 Die Abgrenzung einer administrativen kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung von bußgeldbewehrten Verbotstatbeständen kann dadurch erfolgen, dass die Höhe der Gewinnabschöpfung durch den Verletzergewinn präzise definiert ist, wohingegen die Bemessung des Bußgeldes grundsätzlich im richterlichen Ermessen liegt.114 Vorteil einer spezialgesetzlichen Gewinnabschöpfung de lege ferenda mag zum einen die Tatsache sein, dass die Gewinnabschöpfung eine eigenständige Sanktion darstellt, die neben dem Bußgeld eine erhöhte Vorfeldwirkung 110 Siehe hierzu für das Häftlingshilferecht, BVerwG, NVwZ-RR 90, 165, zu weiteren Fällen Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 286, Rn. 3, Kuhla/ Hüttenbrink, Verwaltungsprozess, E Rn. 237. 111 Vgl. zu den Möglichkeiten der Gewinnabschöpfung nach geltender Rechtslage Kapitel 3, A.I.1.c), S. 105 ff. 112 Vgl. zum Verhältnis von Ordnungswidrigkeitenrecht und Strafrecht die Ausführungen Kapitel 4, E.I., S. 197 ff., zu den Vor- und Nachteilen der zivilrechtlichen oder verwaltungsrechtlichen Rechtsdurchsetzung Kapitel 6, B.V., S. 309 ff. 113 Vgl. durch Durchsetzungskompetenz der BaFin Kapitel 6, B.I., S. 302 ff. 114 Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (729).

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und auch eine verbesserte Durchsetzung der insiderrechtlichen Vorschriften bezweckt.115 Zum anderen soll dem potentiellen Täter vor Augen geführt werden, dass er nicht nur einen durch den Bußgeldrahmen limitierten Betrag, den er als Rechungsfaktor in seine Kalkulation einbeziehen kann, bei Verstoß gegen die insiderrechtlichen Vorschriften abzuführen hat, sondern ihm der Gewinn insgesamt entzogen wird und sich damit sein widerrechtliches Verhalten nicht lohnt. Ein organisatorischer bzw. verfahrenstechnischer Vorteil der administrativen Durchsetzung der Gewinnabschöpfung gegenüber den bestehenden Bußgeldern und strafrechtlichen Sanktionen wäre eine größere Flexibilität beim Anwendungsbereich der Gewinnabschöpfung. So könnten Beweiserleichterung hinsichtlich des Verschuldens und der Kenntnis von Insiderwissen eingreifen.116 Für den Beweis des subjektiven Tatbestandes könnten Beweiserleichterungen bis hin zu einer Beweislastumkehr geschaffen werden, die zu einer lückenloseren Sanktionierung und damit zu einer erhöhten Abschreckung führen – hierauf ist noch näher einzugehen.117 Bei der Frage, wer den Schaden erlitten hat, wäre es nicht nötig, mit aller Präzision die geschädigte Person zu identifizieren, vielmehr würde die Feststellung genügen, dass irgendeine Person durch das Verhalten verletzt wurde.118 Für ein Nebeneinander von Bußgeldern und administrativer Gewinnabschöpfung sprechen auch entscheidend die Erfahrungen aus dem Kartellrecht.119 Neben der Gewinnabschöpfung nach § 34 GWB – diese ist noch näher zu erörtern120 – existiert auch die Möglichkeit der Verhängung eines Bußgeldes bei wettbewerbswidrigem Verhalten nach § 81 Abs. 2 S. 1 GWB. Nach Art. 81 Abs. 5 EGV kommt der Kartellbehörde eine Wahlmöglichkeit zu, ob sie den wirtschaftlichen Vorteil über ein Bußgeld erhalten möchte, oder ein Abschöpfungsverfahren nach § 34 GWB durchführt. Für ein Verfahren nach § 34 GWB sprechen insbesondere die geringeren Anforderungen an das Verschulden. Zwar hat die Norm große Praxisrelevanz, sie kommt jedoch nur subsidiär zur Anwendung.121 115

Nach der derzeitigen Berechnungsmethode kann zwar die Abschöpfung des Gewinns auch zu einer Überschreitung des gesteckten Bußgeldrahmens führen, dennoch wird dem Täter nicht klar vor Augen geführt, dass er den erwirtschafteten Gewinn in jedem Fall verliert. Vielmehr bedarf es noch einer richterlichen Ermessensentscheidung, welche Höhe das auf den abgezogenen Gewinn aufgesetzte Bußgeld erreichen soll, vgl. näher zur Berechnungsmethode nach § 17 Abs. 4 OWiG Kapitel 3, A.I.1.c), S. 105. 116 Näher zum Verschulden Kapitel 7, B., S. 322. 117 Siehe hierzu Kapitel 7, B.II.2., S. 327 ff. 118 Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 392. 119 Zu der kartellrechtlichen Gewinnabschöpfung näher unter, Kapitel 5, C.II.3., S. 254 ff. 120 Siehe hierzu Kapitel 6, A.II.1., S. 298 ff. 121 Für das UWG vgl. auch von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 20 f.

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Kap. 4: Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

Oft wird auch betont, dass eine Erhöhung des Bußgeldrahmens des § 39 Abs. 2 Nr. 2 lit. D) und Nr. 5 lit. B) WpHG vor dem Hintergrund der Erfahrungen in den USA nicht empfohlen werden kann.122 Es ist nicht zu erwarten, dass mit einer bloßen Ausweitung des Bußgeldrahmes eine nennenswerte Steigerung der pflichtgemäßen Meldungen nach § 15a WpHG erreicht werden kann.123 Als Zwischenergebnis ist damit festzuhalten, dass sich gerade im Bereich des unlauteren Verhaltens am Kapitalmarkt, insbesondere des Insiderrechts, eben nicht die Frage eines „Entweder-Oder“, sondern die Frage eines „Sowohl-als-auch“ stellt, wenn überhaupt eine der Sozialschädlichkeit angemessene Prävention erreicht werden soll.124

F. Modelle für eine Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda Grundsätzlich stellt sich die Frage, inwieweit die strengen Vorschriften des US-amerikanischen Kapitalmarktrechts – konkret eine Gewinnabschöpfung in Anlehnung an § 16(b) SEA – auch für das deutsche Kapitalmarktrecht sinnvoll sein könnten. So wird als Begründung für die Strenge der US-amerikanischen kapitalmarktrechtlichen Regelungen angeführt, diese seien nicht zuletzt aufgrund der Größe und Bedeutung des US-amerikanischen Kapitalmarkts unerlässlich.125 Hier ist jedoch zu bedenken, dass auch der europäische und auch deutsche Kapitalmarkt mit Unternehmenszusammenbrüchen und gravierenden Folgen für den Kapitalmarkt konfrontiert wurden.126 Zudem ist die Entwicklung des deutschen Kapitalmarktes zu beachten und dessen wachsende Bedeutung zu konstatieren. Eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung – entweder in behördlicher Gestalt oder als privatrechtliche Sanktion – könnte die Lücke des Sanktions- und Durchsetzungsdefizits im deutschen Recht schließen. Im Folgenden sind Modelle einer solchen Gewinnabschöpfung unter Einbezug der gewonnenen Erkenntnisse vorzustellen. Hierbei liegt der Schwerpunkt der Untersuchung auf der Abgrenzung der Tatbestände, an die eine Ge122

Osterloh, Directors’ Dealings, S. 625; so für die USA: Bettis/Coles/Lemmon, Journal of Financial Economics 57 (2000), 191 (193 f.). 123 So auch Osterloh, Directors’ Dealings, S. 615. 124 Ebenso Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 537. 125 Siehe nur beispielhaft folgende Fälle kapitalmarktrechtlichen Fehlverhaltens mit gravierenden Auswirkungen: Worldcom, Inc. Securities Litigation, In re, 308 F.Supp.2d 431 (2004) (MCI Worldcom); Enron Corp. Securities, Derivative & ERISA Litigation, In re, 235 F.Supp.2d 549 (2002) (Enron). 126 Vgl. beispielsweise BGH, NJW 2005, 3213–3215 (FlowTex).

F. Modelle für Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda

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winnabschöpfung auf der Rechtsfolgenseite anknüpfen könnte. Die Durchsetzung der Gewinnabschöpfung soll sodann in Kapitel 5 und Kapitel 6 der Untersuchung erörtert werden.

I. Optimales Präventionsniveau Vorangestellt sei ein Blick auf die ökonomischen Aspekte bei der Schaffung neuer Sanktionen. Die Rechtsökonomie kann wertvolle Hinweise auf die Ziele, Wirkungen, Funktionen und auch die Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtliche Sanktion geben.127 Auch wenn die Ökonomie grundsätzlich nicht als einziges Mittel herangezogen werden darf, um das Recht zu bewerten, so trägt sie dennoch zur interdisziplinären Beurteilung bei und ist damit gerade bei der Schaffung neuen Rechts ein erhebliches Entscheidungskriterium.128 Die ökonomische Sichtweise stellt für die Etablierung einer Gewinnabschöpfung folgende Frage: Wann erhöht die Gewinnabschöpfung den Wert der Emittenten und die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes?129 Eine Antwort auf diese Frage kann mit empirischen oder theoretischen Erklärungen gewonnen werden. Als theoretischer Hintergrund ist auf die bereits dargestellte Informationsasymmetrie zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer zu verweisen.130 Hier stellt sich die Frage, ob und wie die Rechtsordnung diesem Problem regulatorisch entgegen wirken kann.131 Das grenzziehende Kriterium für die ökonomische Effizienz von Sanktionen lässt sich als optimales Präventionsniveau bezeichnen. Danach ist eine Legitimation zur Gewinnabschöpfung nur dann gegeben, wenn die Kosten verhinderter Rechtsbrüche höher sind, als die Kosten ihrer Prävention.132 Die ökonomische Analyse des Rechts ist also folgenorientiert und bedient sich einer ex-ante Sichtweise.133 Aus Sicht des Verletzers lohnt sich der Verstoß gegen Verhaltenspflichten dann nicht, wenn der Erwartungswert der Sanktionskosten die Opportunitätskosten des ordnungsgemäßen Verhaltens übersteigt.134 127

Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 165. Siehe aber zu der These, dass Ökonomie nur ein Mittel zum Zweck sein kann, jedoch nicht alleinige Legitimation zur Rechtssetzung erfährt, Kapitel 2, A.I.1., S. 48 f. 129 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 165. 130 Vgl. die Ausführungen zu Informationsasymmetrie Kapitel 1, A.II., S. 33 ff. 131 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 167. 132 Köndgen, Gewinnabschöpfung, RabelsZ 64 (2000), 696 (680); Kötz/Wagner, Deliktsrecht, Rn. 59 ff.; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, S. 121 ff. jeweils m. w. Nachw. 133 Hower-Knobloch, Directors’ Dealings, S. 184. 134 Köndgen, Gewinnabschöpfung, RabelsZ 64 (2000), 696 (684). 128

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Kap. 4: Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

Damit eine Vorschrift als effizient erklärt werden kann, muss sie mehrere Kriterien erfüllen.135 Zunächst ist hierbei die Summe der zur Verfügung stehenden Mittel zur Rechtsverfolgung zu beachten, sodann die Art, in der diese Mittel zu Verfügung stehen und schließlich die Kosten-Nutzen-Analyse des Insiders bei Verletzung der Vorschrift.136 Die beim Insiderhandel eingreifenden Sanktionen wurden bereits analysiert mit dem Ergebnis, dass kein optimales Sanktionsniveau besteht, da sich die Rechtswirklichkeit durch Verfahrenseinstellungen kennzeichnet.137 Bei der Art der zur Verfügung stehenden Sanktionen kann zwischen zivilrechtlichen, strafrechtlichen und administrativen Sanktionen differenziert werden. In der ökonomischen Theorie wird heftig darüber diskutiert, ob privat- oder öffentlich-rechtliche Normen zur Einhaltung der materiellrechtlichen Pflichten vorzugswürdig sind und wo die jeweiligen Vor- und Nachteile liegen.138 Aus theoretischer Sicht besteht wenig Klarheit darüber, ob öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Sanktionen wirkungsvoller sind.139 Zumeist wird als Lösung vorgeschlagen, dass eine Kombination aus öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Pflichten am wirkungsvollsten sei.140 Wesentliche Thesen sind: Privatrechtliche Sanktionen funktionieren unabhängig vom jeweiligen Land. Der Verlust des Insiders bei der von ihm aufgestellten Kalkulation, ob er das Insidergeschäft gewinnbringend durchführen soll, erhöht sich bei dem Vorhandensein sowohl zivilrechtlicher als auch strafrechtlicher Sanktionsmöglichkeiten bei Insiderverstößen, da auch die Entdeckungs- und Sanktionswahrscheinlichkeit wächst.141 Dadurch könnten Insiderverstöße effektiver verhindert werden. Damit die Gewinnabschöpfung de lege ferenda als effektive Sanktion bezeichnet werden kann, muss hinsichtlich der Kosten/Nutzen-Analyse des Insiders Folgendes beachtet werden: Zunächst stellt der Insider die Frage nach der Entdeckungswahr135

Notes, Wm & Mary L.Rev. 18 (1977), 389 (403). Notes, Wm & Mary L.Rev. 18 (1977), 389 (403). 137 Siehe zum Sanktionsdefizit und den Statistiken der Verfolgung von Insiderverstößen Kapitel 3, B.I., S. 159 f. 138 Posner, Economic Analysis of Law, S. 655 ff.; Polinsky, J.Leg. Stud. 9 (1980) 105, 107. 139 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 177. 140 Baums, Gutachten, S. 28: „Nun ist es nicht schlimm, wenn wenig gehaftet wird, aber schlimm ist es, wenn das Management weiss, dass es de facto haftungsfrei operiert.“ Horn, Europäisches Finanzmarktrecht, S. 64; hierzu auch Köndgen, FS Druey, S. 791 (804); Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 469. 141 Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 218. 136

F. Modelle für Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda

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scheinlichkeit seines kapitalmarktrechtswidrigen Verhaltens.142 Das Ziel muss damit sein, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass eine Publizitätspflichtverletzung oder ein Insiderhandel aufgedeckt werden.143 Weiter ist die Bemessung der Verurteilungswahrscheinlichkeit relevant.144 Je geringer die Wahrscheinlichkeit einer angemessenen Sanktionierung ist, desto höher müssen die angedrohten Geldstrafen ausfallen, um eine angemessene Abschreckung zu gewährleisten. Ein erhöhtes Maß der Abschreckung für Marktfehlverhalten verbessert das Maß der effizienten Güterverteilung, das durch die Entscheidungen der Marktaktionäre erreicht wird. Schließlich ist für den potentiell pflichtwidrig Handelnden maßgebend, wie groß die Sanktionseffizienz ist. Maßgebend für die Entscheidungsfindung sind die Kosten, die der Verletzer der Publizitätspflicht zu tragen hat in Relation zu den Gewinnen, die er im Falle einer Publizitätspflichtverletzung macht.145 Zunächst ist das Vermögensausmaß des Verletzers von Bedeutung. Je geringer das Vermögen des Verletzers ausfällt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Sanktion in der Höhe des bestehenden Vermögens einen ausreichenden Schutz vor zukünftigen Verstößen bietet.146 Weitere entscheidende Faktoren stellen der erwirtschaftete Gewinn des Verletzers und das erwartete Schadensausmaß dar. Je höher der erwartete Gewinn ist, desto höher muss auch die in einer Geldzahlung bestehende Sanktion ausfallen, um einen hinreichenden Abschreckungseffekt zu erzielen. Je höher das Schadensausmaß ist, desto weitreichender müssen die Maßnahmen sein, die zur Schadensabwehr ergriffen werden.147 Sofern ein kapitalmarktrechtlicher Gewinnabschöpfungstatbestand als effektive Sanktion zu qualifizieren ist, würde sich zumindest eine der drei Variablen erhöhen, so dass eine Ergänzung der bestehenden kapitalmarktrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen den Insiderhandel als sinnvoll erachtet werden kann.148 Zumindest in der Theorie ist eindeutig klar, dass man durch Erhöhung der Kosten des Verletzers sowie der Wahrscheinlichkeit, die Publizitätspflichtverletzungen und Insiderhandelsverstöße aufzudecken, in Verbindung mit einer Abschöpfung der Gewinne des Rechtsverletzers eine höhere Abschreckungswirkung erzielen kann.149

142 143 144 145 146 147 148 149

Benner, Tat-Ort Börse, S. 21. Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 190. Benner, Tat-Ort Börse, S. 21. Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 190. Shavell, The Journal of Law and Economics 36 (1993), 255 (266). Shavell, The Journal of Law and Economics 36 (1993), 255 (266). Vgl. hierzu auch Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (198). So auch Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 190.

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Kap. 4: Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

II. Generaltatbestand versus Einzeltatbestände Eine Gewinnabschöpfung könnte einerseits als allgemeine Sanktion bei kapitalmarktrechtlichem Fehlerverhalten etabliert werden, andererseits kommt eine Gewinnabschöpfung als Sanktion bei konkreten Einzeltatbeständen in Betracht. Eine Gewinnabschöpfung als Sanktion bei konkreten Einzeltatbeständen muss sich zwar des Vorwurfs erwehren, dass sie dann keine allgemeingültige kapitalmarktrechtliche Sanktion darstellt und wie bislang im allgemeinen Zivilrecht nur punktuell als Sanktion eingreift (was noch aufzuzeigen ist). Jedoch ist eine allgemeingültige Gewinnabschöpfung bei kapitalmarktrechtlichem Fehlverhalten unter dem Blickwinkel der Praxistauglichkeit sehr zweifelhaft, da die Konkretisierung der Einzeltatbestände und der konkreten Voraussetzung der Gewinnabschöpfung den Gerichten überlassen wäre. Eine solche „Faulheit“ oder „Kurzsichtigkeit“ des Gesetzgebers wird gelegentlich im Kartellrecht und Wettbewerbsrecht kritisiert.150

III. Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei der Verletzung von Veröffentlichungspflichten Eine Gewinnabschöpfung de lege ferenda bietet sich bei der Sanktionierung der Nichterfüllung von Veröffentlichungspflichten an, die der Transparenz am Kapitalmarkt und damit als Fernziel auch der Verhinderung von Insidergeschäften dienen (beispielsweise die Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 WpHG oder die Veröffentlichungspflichten bei Directors’ Dealings, § 15a WpHG). 1. Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei fehlerhafter oder unterlassener Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG Die fehlerhafte oder unterlassene Veröffentlichung von Ad-hoc-Informationen nach § 15 WpHG könnte mit einer Gewinnabschöpfung sanktioniert werden. Die Nichtoffenlegung von Insiderinformationen bedarf auf der ex post-Ebene einer effektiven Sanktionierung, um entsprechende Verhaltensanreize zu schaffen.151 Bei Ausgestaltung der Sanktion ist zu beachten, dass bei zu niedriger Sanktionshöhe das gewinnbringende Insidergeschäft 150 Zur Kritik an § 10 UWG: Schaub, GRUR 2005, 918 (922); zur Kritik an § 34a GWB: BRat, BT-Drucks. 15/3640, S. 78; zu den Gewinnabschöpfungsnormen im Wettbewerbsrecht: Kapitel 5, C.II.2., S. 248; sowie im Kartellrecht: Kapitel 5, C.II.3., S. 254. 151 Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (676).

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(ohne Offenlegung der Information) gleichwohl durchgeführt würde, bei zu hoch bemessener Sanktion die Insidertransaktion unterbleiben würde und sich der Insider auch nicht zur Veröffentlichung gezwungen sähe.152 a) Personenidentität von Informationsverpflichtetem und Transaktionsausführendem Man kann die Frage aufwerfen, ob es sich beim Insiderhandel nicht um ein Phänomen der Verletzung von Offenlegungs- und Veröffentlichungspflichten handelt.153 So kann argumentiert werden, dass die wirtschaftliche Benachteiligung der anderen Anleger nicht durch das Handeln des Insiders hervorgerufen wird, sondern allein durch die ungenügende Information des Anlegers.154 Danach ist Ersatzverpflichteter nicht der das Insidergeschäft vornehmende Insider, sondern diejenige Person, der nach § 15 WpHG grundsätzliche Informationspflichten auferlegt sind.155 Im US-amerikanischen Recht steht bei einer Sanktionierung von Insiderhandel mit zivilrechtlichen Instrumentarien daher im Vordergrund, dass der Insider es unterlassen hat, seinem Handelspartner die entsprechende Information zu veröffentlichen.156 aa) Reichweite und Umfang der Publizitätspflicht Zu untersuchen sind damit Reichweite und Umfang der geltenden Informationsveröffentlichungspflicht nach § 15 WpHG. Als problematisch könnte sich die Tatsache erweisen, dass das mit Führungsaufgaben betraute Organ nach deutscher Rechtslage selbst nicht zur Ad-hoc-Publizität verpflichtet ist. Diese obliegt nach § 15 Abs. 1 WpHG vielmehr dem Emittenten. Zwar besteht zwischen einer Führungsperson und dem Unternehmen selbst ein Treueverhältnis mit gegenseitigen Rechtspflichten, dennoch ist daraus keine Informationspflicht gegenüber Dritten ableitbar.157 Dies wäre nach klassischen zivilrechtlichen Methoden nur im Wege eines Vertrages 152 Vgl. Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (676): „der Nachweis, dass sich der potentielle Insider im Besitz der entsprechenden Insiderinformation befunden hat, ist faktisch undurchführbar.“ 153 So Bainbridge, The Law and Economics of Insider Trading, S. 9. 154 Siehe Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 231. 155 Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 231. 156 Ashe/Rider/Counsell, in: Rider/Ashe, The Fiduciary the Insider and the Conflict, S. 173. 157 Siehe zur Rechtslage in Großbritannien auch Ashe/Rider/Counsell, in: Rider/ Ashe, The Fiduciary the Insider and the Conflict, S. 179.

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Kap. 4: Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter möglich. Dass alle Anleger des Kapitalmarktes in den Schutzbereich des Vertrages zwischen Aktiengesellschaft und Organmitglied aufgenommen werden, ist abwegig. Eine Nebenpflicht dergestalt, dass der Insider seinen Transaktionspartner über die Insiderinformation hätte in Kenntnis setzten müssen, wäre zu weitreichend. Es würden faktisch keine Geschäfte mehr mit Insidern geführt, wenn diese vor Transaktionsvornahme ihren Geschäftspartner über ihr Wissen und ihre Position aufklären müssten. Eine Pflicht zur „Eigenanzeige“ des Insiders im Sinne der Offenlegung der Insiderinformation gegenüber dem Transaktionspartner ist zu weitgehend. Andererseits kann man unter Rekurs auf die strafrechtlichen Verbote argumentieren, dass, wenn das Insidergeschäft sogar als kriminelles Unrecht angesehen wird, erst recht eine privatrechtliche Nebenpflichtverletzung in Gestalt der unterlassenen Information des Geschäftspartners angenommen werden muss. Wenn man in der Konsequenz annimmt, dass den Insider eine solche Nebenpflicht gegenüber seinem direkten Transaktionspartner trifft, so scheidet sie jedoch nach klassischen zivilrechtlichen Bewertungsmaßstäben in jedem Fall gegenüber anderen Anlegern der Marktgegenseite aus. Gegen eine Nebenpflichtverletzung sprechen formale Kriterien. Der Gesetzgeber hat sich bewusst für eine positiv normierte Pflicht zur Ad-hoc-Publizitätspflicht des Emittenten entschieden, § 15 Abs. 1 WpHG. Es ist sinnvoll, dem Unternehmen als Ganzes die Informationspflicht zu übertragen, da die Information durch Insider vermutlich schwieriger zu kontrollieren wäre und zudem der Zeitpunkt (unverzüglich) der Pflichtenentstehung manchmal Schwierigkeiten bereiten kann.158 Das Unternehmen kann ein Interesse daran haben, dass bestimmte Informationen gerade nicht an die Öffentlichkeit gelangen.159 Zum Geheimnisschutz der Gesellschaft tragen daher auch die Tatbestände § 404 AktG, § 17 UWG sowie §§ 203 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. 204 StGB bei. Andererseits sind auch zukunftsbezogene Umstände, wie Pläne, Vorhaben und Absichten einer Person zu den veröffentlichungspflichtigen Insiderinformationen i. S. v. § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG zu zählen, sofern sie hinreichend präzise sind und ihre Verwirklichung hinreichend wahrscheinlich ist.160 Die hinreichende Wahrscheinlichkeit ist bei ei158 In der Regel bedeutet dies, dass der Emittent der Veröffentlichungsverpflichtung ohne schuldhaftes Zögern nachkommen muss, § 121 Abs. 1 S. 1 BGB. Es besteht jedoch für den Emittenten ein angemessener Prüfungszeitraum, vgl. näher hierzu Assmann, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rn. 248 ff. Siehe auch zu besonderen Fällen der Ad-hoc-Veröffentlichungspflicht Assmann, in: Assmann/ Schneider, WpHG, § 15 Rn. 73 ff.; zur Frage, wann aus einem ungewissen Sachverhalt eine ad hoc zu veröffentlichende Information wird Widder, BB 2007, 572 ff. 159 Siehe hierzu auch Bainbridge, Insider Trading, S. 161 ff. 160 BGH, AG 2008, 380.

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ner Eintrittswahrscheinlichkeit von über 50% anzusetzen.161 Es wird deutlich, dass die Grenze zwischen der geheimhaltungsberechtigten und der veröffentlichungspflichtigen Tatsache zwar bestimmbar ist, jedoch ein erheblicher Einschätzungsspielraum und damit eine gewisse Rechtsunsicherheit besteht. Der Insider soll nach der gesetzlichen Konzeption diese Entscheidung des „Ob“ der Veröffentlichung einer Insiderinformation nicht selbst treffen, indem er gegebenenfalls seinen Geschäftspartner über die entsprechende Tatsache informiert, sondern er hat das Insidergeschäft gänzlich zu unterlassen, § 14 WpHG. Damit trifft alleine den Emittenten eine Ad-hoc-Publizitätspflicht nach § 15 Abs. 1 WpHG. Zur Gewinnherausgabe im Rahmen einer Gewinnabschöpfung verpflichtet wäre damit primär der Emittent, der lediglich im Innenverhältnis zum Organmitglied über § 670 BGB bzw. §§ 93 Abs. 1 und 116 AktG Regress nehmen könnte. Im Rahmen des Entwurfs für das KapInHaG wurde eine Außenhaftung für Organpersonen für unterlassene oder fehlerhafte Kapitalmarktinformationen vorgesehen, sofern die Organpersonen nach der internen Geschäftsverteilung die fehlerhafte oder unterbliebene Informationsveröffentlichung zu verantworten haben.162 Adressaten der Haftungsnorm waren der Emittent sowie die im Innenverhältnis für die ordnungsgemäße Veröffentlichung der Information zuständigen Organmitglieder. Hintergrund war, dem durch die Falschinformation geschädigten Anleger haftungsrechtlich einen erweiterten Zugang zu den eigentlichen Verantwortlichen entsprechender Nachrichten zu verschaffen.163 Zwar könnte man argumentieren, dass der mit Insiderwissen handelnde Insider in dem Moment der Ausnutzung des Insiderwissens seine ihm als Führungsperson des Unternehmens obliegende Pflicht, auf eine Informationsveröffentlichung hinzuwirken, verletzt hat. Dann besteht eine Identität zwischen Verpflichtetem zur Informationsveröffentlichung und dem die Transaktion Tätigenden. Dennoch existiert eine solche positive Haftung der Führungspersonen nach der geltenden Rechtslage nicht. Abhilfe könnte nur eine Gesetzesänderung schaffen.164 161

BGH, AG 2008, 380. Zu dieser bis heute ungelösten Problematik einer Organaußenhaftung im Kapitalmarktrecht vgl. zum Beispiel Casper, BKR 2005, 83–90; Duve/Basak, BB 2005, 2645–2651; Elster/Hackenberg, PHI 2005, 42–52; Gerke, BB Die erste Seite 2004, Nr. 46; Gottschalk, Der Konzern 2005, 274–286; Möllers, JZ 2005, 75–83; Sauer, ZBB 2005, 24–35; Spindler, BB 2004, 2197–2205; Veil, BKR 2005, 91–98. 163 Siehe Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz – KapInHaG), Stand 7. Oktober 2004, S. 17. 164 Nach Kirchner müsste der Insider selbst mit einer Offenlegungsverpflichtung der Insiderinformation belegt werden, Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (681). 162

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Kap. 4: Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

Sofern eine Publizitätspflicht der Organmitglieder bezüglich Insiderinformationen de lege ferenda eingeführt würde, ist die Effektivität einer Gewinnabschöpfung als Sanktion für fehlerhafte oder unterlassene Kapitalmarktinformation gleichwohl zweifelhaft. Es stellt sich dann erneut die Frage, wie in der Praxis bewiesen werden kann, dass zwischen dem die Transaktion ausführenden und dem zur Veröffentlichung verpflichteten Insider eine Personenidentität vorliegt. Es müsste sichergestellt werden, dass ein Nexus zwischen Offenlegungspflicht und Pflicht zur Gewinnherausgabe besteht.165 Die Anonymität der Transaktionstätigung schafft hier unüberwindbare Beweisschwierigkeiten. Im Ergebnis ist eine Gewinnabschöpfung als Sanktion bei fehlerhaften oder unterlassenen Publizitätspflichten nach § 15 WpHG (auch unter der Annahme einer Publizitätspflicht für Organmitglieder de lege ferenda) nicht anzuraten. Vielmehr ist hier eine Schadensersatzhaftung praktikabler. Das Erfordernis einer Personenidentität besteht bei der Schadensersatzhaftung nicht. bb) Transaktionserfordernis Aufgrund der Ausrichtung der Gewinnabschöpfung auf das Vermögen des Anspruchsgegners ist neben der Nicht- oder Schlechterfüllung der Publizitätspflichten auch eine Transaktionsvornahme seitens des Anspruchsgegners erforderlich, die gewinnbringend durchgeführt sein muss. Mit der bloßen Nicht- bzw. Schlechterfüllung der kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten ist nicht notwendig ein wirtschaftlicher Gewinn verbunden. Dies ist nur in Ausnahmefällen möglich, nämlich, wenn ein mit Wertpapieren des eigenen Emittenten handelndes Verwaltungsmitglied aufgrund der Kenntnis einer positiven Information von einer ursprünglich gefassten Verkaufsidee Abstand nimmt und die Wertpapiere weiterhin hält. Solche subjektiven Tatbestände als sanktionsbewehrt zu qualifizieren, ist aufgrund der faktischen Unmöglichkeit der Beweisführung unpraktikabel. Der Anspruchsgegner muss tatsächlich einen Gewinn durch die Vornahme von Transaktionen realisiert haben und darf nicht lediglich einen Wertzuwachs seiner gehaltenen Aktien erhalten. Ausgangspunkt für die Gewinnabschöpfung muss damit in jedem Fall die Vornahme von Transaktionen der Führungsperson mit Aktien des eigenen Emittenten sein.166 Der Emittent als einziger Informationsverpflichteter hat selbst keine Transaktionen durchgeführt. Vielmehr tätigen allein die Insider Transaktionen mit Wertpapieren des eigenen Emittenten. Hier könnte man allenfalls 165 166

Vgl. hierzu auch Haar, ZBB 2009, 177 (186). Ebenso Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (672).

F. Modelle für Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda

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mit einer Figur der Geschäftsführung den Emittenten als den eigentlichen Geschäftsherrn ansehen, der von seinem Geschäftsführer den erwirtschafteten Gewinn herausverlangen kann, § 670 BGB. Die Annahme einer Geschäftsführung des Organmitglieds für den Emittenten widerspricht jedoch – wie bereits mehrfach erwähnt – der Systematik der Geschäftsführung ohne Auftrag, da das Unternehmen selbst keine Verwertung der Insiderinformationen vornehmen kann und damit nach klassischen Beurteilungskriterien auch nicht als Eigentümer der Insiderinformation angesehen werden kann.167 b) Zwischenergebnis Eine Sanktionierung von Organmitgliedern in Gestalt der Gewinnabschöpfung wegen unterlassener Informationspflichten nach § 15 WpHG kommt im Ergebnis nicht in Betracht. Vielmehr ist bei einer Gewinnabschöpfung an die Transaktionstätigung selbst anzuknüpfen, die in Fällen einer nicht erfolgten Ad-hoc-Veröffentlichung mit zu vermutendem Insiderwissen stattgefunden hat. Dann handelt es sich jedoch um eine Gewinnabschöpfung zur Sanktionierung verbotenen Insiderhandels, welche noch näher untersucht wird.168 2. Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei unterlassenen Meldungen nach § 15a WpHG Eine Gewinnabschöpfung könnte auf der Rechtsfolgenseite von § 15a WpHG bei Nichtvornahme der Meldungen eingreifen.169 De lege lata ist das Organmitglied einerseits zur Unterlassung von tatsächlichen Insidertransaktionen und andererseits zur Veröffentlichung von Directors’ Dealings verpflichtet. Bei Eigengeschäften von Führungspersonen liegt grundsätzlich eine Personenidentität vor: Die Person, die eine Transaktion mit Aktien des eigenen Emittenten vornimmt, hat auch diese Transaktion spätestens fünf Tage nach Vornahme der Transaktion publik zu machen, § 15a WpHG. Im Unterschied zur Ad-hoc-Publizität ist bei den Directors’ Dealings der die Transaktion vornehmende Insider damit auch zur Meldung nach § 15a WpHG verpflichtet. Die Verletzung der gesetzlichen Mitteilungspflicht bei Directors’ Dealings legt die (unwiderlegliche) Vermutung nahe, dass die betreffende Person 167 Näher zu der Figur der Geschäftsführung, insbesondere der angemaßten Eigengeschäftsführung siehe Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(3), S. 111 ff. 168 Siehe hierzu Kapitel 4, F.IV., S. 212 ff. 169 Siehe zur Gewinnabschöpfung im Rahmen von § 15a WpHG: Veil, ZGR 2005, 155 (196).

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Kap. 4: Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

einen Informationsvorsprung ausgenutzt hat. Der Insider scheut die Publizierung seiner Transaktion und erweckt dadurch den Anschein, mit Insiderwissen zu handeln. Um einer Kritik der zu strengen Ausgestaltung vorzubeugen, wie etwa in der US-amerikanischen Rechtslehre an der verschuldensunabhängigen Haftung nach § 16(b) SEA170, sollte auf ein Verschuldenselement nicht vollständig verzichtet werden. Die Nichterfüllung der gesetzlichen Mitteilungspflichten muss daher schuldhaft erfolgen, wobei auf den erforderlichen Verschuldensgrad noch näher einzugehen ist.171 In Betracht kommt jedoch eine widerlegliche Vermutung des Verschuldens, so dass das Organmitglied den entsprechenden Gegenbeweis des fehlenden Verschuldens der Nichterfüllung der Mitteilungspflichten erbringen könnte. Diese Beweislastumkehr wäre dem Kläger gegenüber ein Entgegenkommen und eine notwendige Bedingung für die Praxistauglichkeit der Gewinnabschöpfung als kapitalmarktrechtliche Sanktion.172 Auf die Möglichkeiten der Durchsetzung dieser Form der Gewinnabschöpfung de lege ferenda wird an anderer Stelle noch näher eingegangen.173 In Betracht kommt auf der einen Seite eine behördliche Durchsetzungskompetenz, bei der die BaFin die rechtswidrig erwirtschafteten Gewinne abschöpfen müsste. Eine behördliche Durchsetzung würde mit dem Regelungszweck des § 15a WpHG korrelieren, wonach primär die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes durch die Erhöhung des Informationsniveaus gesichert werden soll. Auf der anderen Seite könnten zur Steigerung der Effektivität der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung de lege ferenda aufgrund weiterreichender personeller und finanzieller Mittel auch Private zur Rechtsverfolgung eingesetzt werden. Hier könnten die gleichzeitig handelnden Anleger der Marktgegenseite, der Transaktionspartner oder Anlegerschutzverbände den Gewinn einklagen.174 Das Modell einer Gewinnabschöpfung auf der Rechtsfolgenseite von § 15a WpHG wird teilweise skeptisch beurteilt, da sich eine Gewinnabschöpfung allenfalls in dem Fall rechtfertige, in dem sich die Bußgelder als wenig wirksame Sanktionen erweisen.175 Damit sei lediglich ein mögli170

Siehe hierzu Loss/Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, S. 677 ff. Veil, ZGR 2005, 155 (196); näheres zum Verschuldenserfordernis bei der konkreten Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung unter Kapitel 7, B., S. 322 ff. 172 Vgl. hierzu näher Kapitel 7, B.II.2., S. 327. 173 Siehe zur Durchsetzung der zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung Kapitel 5, D.II., S. 260 ff.; siehe zur Durchsetzung der administrativen Gewinnabschöpfung Kapitel 6, B., S. 302 ff. 174 Siehe hierzu Kapitel 5, D., S. 258 ff. 175 Die fehlende Wirksamkeit der Bußgelder – insbesondere was deren Höhe betrifft – wird von Veil gerade als Anlass für die Forderung nach einer Gewinn171

F. Modelle für Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda

211

cher Anwendungsbereich für eine Gewinnabschöpfung gegeben, sofern die Organmitglieder „lock-up“-Vereinbarungen brechen und dadurch einen erheblichen Gewinn erwirtschaften.176 Als Konsequenz solle jedoch keine Verschärfung des § 15a WpHG erfolgen, sondern eine wirksame Vertragsstrafe bei einer lock-up-Vereinbarung festgesetzt werden.177 3. Vergleich der Modelle der Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei § 15a WpHG und § 15 WpHG Ein wesentlicher Unterschied zwischen einer Gewinnabschöpfung bei Nichtvornahme der Meldungen nach § 15a WpHG und einer Gewinnabschöpfung bei unterlassener Ad-hoc-Mitteilung liegt in der Person des Mitteilungspflichtigen. Bei Directors’ Dealings trifft den Insider selbst eine Veröffentlichungspflicht. Zur Ad-hoc-Publizität verpflichtet ist jedoch nach geltender Rechtslage der Emittent. Wie soeben ausgeführt gelingt die Konstruktion einer Gewinnabschöpfung bei Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht wegen Auseinanderfallens des Mitteilungspflichtigen und des die Transaktion Tätigenden nicht. Diese ist selbst dann mit Schwierigkeiten verbunden, wenn eine positive Pflicht zur Ad-hoc-Publizität der entsprechenden Organmitglieder eingeführt würde.178 Bei einer Gewinnabschöpfung wegen Nichtvornahme der Directors’ Dealings ist die Transaktion selbst Anknüpfungspunkt für die Gewinnabschöpfung. Die Gewinnabschöpfung im Rahmen der Ad-hoc-Publizitätspflicht hingegen bezieht sich auf die fehlende oder fehlerhafte Veröffentlichung der Insiderinformation. In beiden Fällen bedarf es zur Ermittlung eines Gewinns des objektiven Vorliegens von Transaktionen in Wertpapiere des Emittenten. Bei pflichtgemäßer Publizierung von Directors’ Dealings und der Nichtveröffentlichung der ad-hoc-publizitätspflichtigen Tatsache ist zu vermuten, dass keine Insidertransaktion vorliegt, da die Strafbarkeit des Organmitglieds aufgrund der „Selbstanzeigeverpflichtung“ in § 15a WpHG leicht zu überprüfen wäre. Es ist nicht zu erwarten, dass ein Insider, der Kenntnis abschöpfung genommen, vgl. näher Kapitel 3, A.I.1.b), S. 101. Zu weiteren Forderungen einer Gewinnherausgabepflicht für jegliche Art der Verstöße gegen ein Handelsverbot („closed period“) (zu Beispielen von closed periods siehe auch Rudolph, BB 2002, 1036 [1040]). Das Handelsverbot bestünde in einem Zeitraum zwischen Ankündigung (Vorabveröffentlichung) der Directors’ Dealings mit einer de minimisRegelung und Veröffentlichung der Unternehmensergebnisse, so Baums, ZHR 166 (2002), 375 (379); skeptisch hierzu Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a Rn. 144; Schuster, ZHR 166 (2002), 193 (212 f.); Veil, ZGR 2005, 155 (88 ff.). 176 Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a Rn. 144; näher zu den sog. lock-up-Verpflichtungen unter Kapitel 2, D., S. 91 ff. 177 Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a Rn. 144. 178 Vgl. hierzu Kapitel 4, F.III.1., S. 204 ff.

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Kap. 4: Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

von einer noch nicht publizierten Ad-hoc-Information hat, eine Transaktion gleichwohl vornimmt – was er von Gesetzes wegen zu unterlassen hat – und dieses Insidergeschäft dann aber pflichtgemäß nach § 15a WpHG meldet. Dies gleicht tatsächlich einem Dieb, der im Anschluss an einen Ladendiebstahl zur Polizei geht und meldet, dass er soeben kriminelles Unrecht begangen hat. In diesem Fall erscheint der Insider – sofern er nicht Kenntnis der Insiderinformation hatte – nicht zwingend sanktionsbedürftig. Im umgekehrten Fall, in dem eine Ad-hoc-Information ordnungsgemäß veröffentlicht wurde, die Meldung einer erfolgten Transaktion nach § 15a WpHG jedoch unterblieben ist, ist ein sanktionsbedürftiges Verhalten des Insiders zu bejahen. Der Vorwurf liegt in dem fehlenden Beitrag zur Markttransparenz durch unterlassene Meldung der Transaktion. Hier spielt die Insiderinformation selbst keine Rolle. Der Transaktion des Organmitglieds können Vermutungen und Gerüchte zugrunde liegen. Sofern beide Veröffentlichungspflichten – eine Veröffentlichung entsprechend § 15 WpHG und eine Meldung nach § 15a WpHG – unterblieben sind, ist die Qualifikation der Transaktion eines Organmitglieds mit Aktien des eigenen Emittenten als echtes Insidergeschäft naheliegend. Dies ist auch dann der Fall, wenn eine Ad-hoc-Veröffentlichung einem nicht mitgeteilten Eigengeschäft von Führungspersonen in gewissem Abstand zeitlich nachfolgt.179 Im Ergebnis ist eine Gewinnabschöpfung als Sanktion bei unterlassenen Meldepflichten nach § 15a WpHG gegenüber einer Gewinnabschöpfung bei Verstoß gegen die Publizitätspflichten nach § 15 WpHG unter Praktikabilitätsaspekten durch Anknüpfen an die Transaktion selbst vorzugswürdig.

IV. Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei „echtem“ Insiderhandel nach § 14 WpHG 1. Voraussetzungen und Beweislast In Betracht kommt die Etablierung einer Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei nachweisbarem Vorliegen von „echten“ Insidertransaktionen. Hierbei ist der Handel mit Wertpapieren des Emittenten in Kenntnis von Insiderinformationen entsprechend § 14 WpHG Haftungsvoraussetzung. Ebenso wie bei der Gewinnabschöpfung bei Nichtveröffentlichung der Directors’ Dealings wird daher primär an die Transaktion in Wertpapiere des 179 Vgl. hierzu auch im Rahmen der Gewinnberechnung Kapitel 7, C.II.2.c)bb)(3), S. 348 ff.

F. Modelle für Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda

213

Emittenten angeknüpft, welche gewinnbringend durchgeführt sein muss. Der Arbeitskreis Gesellschaftsrecht hat bereits im Jahre 1976 eine Gewinnhaftung von Insidern gegenüber denjenigen empfohlen, die auf der Marktgegenseite in demselben Zeitraum wie der Insider Börsengeschäfte über Wertpapiere getätigt haben, ohne von der Insiderinformation Kenntnisse gehabt zu haben.180 Bei der Gewinnherausgabe handele es sich um eine „nachträgliche Wiederherstellung der Marktbedingungen durch einen Kollektivausgleich“.181 In § 25 Abs. 1 und Abs. 2 des Gesetzesentwurfs war eine Haftung für Insider wegen Ausnutzung von Informationsvorsprüngen im Rahmen von Börsengeschäften vorgesehen. In der Praxis stellt die Beweisbarkeit der positiven Kenntnis von Insiderinformationen ein erhebliches Problem dar.182 Ähnlich wie das geltende Strafrecht kann eine Sanktionierung von Insiderhandel Gefahr laufen, praktisch bedeutungslos zu bleiben. Bei der Ausgestaltung einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung sind solche unüberwindbaren Hürden zu vermeiden. Im Rahmen einer Gewinnabschöpfung bei Verstoß gegen § 14 WpHG könnten daher Beweiserleichterungen dergestalt eingeführt werden, dass das Verschulden im Sinne einer Beweislastumkehr zu vermuten ist.183 So sah auch § 25 Abs. 3 des Entwurfes des Arbeitskreises Gesellschaftsrecht eine Vermutung für Insiderwissen bei entsprechender Insiderstellung vor. Diese Beweislastumkehr und der Verzicht auf den tatsächlichen Nachweis des Verschuldens werden zu Recht als notwendig angesehen, um eine effektive Durchsetzung und Gewährleistung der Haftungsnormen sicherzustellen.184 Zu beachten ist darüber hinaus, dass im Falle tatsächlichen Insiderhandels bereits nach geltendem Recht über die Vorschriften des Verfalls sowie über § 17 Abs. 4 OWiG eine Gewinnabschöpfung erzielt werden kann. Der Vorteil der neu zu schaffenden Gewinnabschöpfung läge allein bei den Möglichkeiten der flexibleren Gestaltung der Tatbestandsmerkmale.

180

§ 25 des Gesetzesvorschlages, Arbeitskreis Gesellschaftsrecht (Hueck/Lutter/ Mertens/Rehbinder/Ulmer/Wiedemann/Zöllner), Verbot des Insiderhandelns, S. 48, 66. 181 Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, S. 112. 182 Dies ist nicht zuletzt der Grund für die fehlende Bedeutung der insiderrechtlichen Strafnormen in der Praxis, vgl. die Statistiken auf Kapitel 3, B.I., S. 159 ff. 183 Siehe zum Verschulden und einer möglichen Beweislastumkehr Kapitel 7, B., S. 322 ff. 184 Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, S. 48 f.; zustimmend auch: Hopt/Will, Europäisches Insiderrecht, S. 167 f.; Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (681, 672); Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 533.

214

Kap. 4: Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

2. Vergleich der Modelle Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei § 15a WpHG und § 14 WpHG Für die Umsetzung der Gewinnabschöpfung de lege ferenda ist fraglich, wie sich die Gewinnabschöpfung auf der Rechtsfolgenseite von § 15a WpHG von derjenigen bei Verstößen gegen § 14 WpHG unterscheidet, sofern im letzten Fall eine Beweislastumkehr zugunsten des Klägers anzunehmen ist und das Insiderwissen vermutet wird.185 Bei dem Modell der Gewinnabschöpfung bei Nichtveröffentlichung von Directors’ Dealings handelt es sich im Kern um eine Gewinnabschöpfung bei Insiderhandelstransaktionen, wobei die objektivierten Merkmale der Meldepflichten bei Directors’ Dealings als Beweiserleichterungen herangezogen werden. Die Tatsache, dass ein Organmitglied eine Transaktion mit Wertpapieren des eigenen Emittenten tätigt und diese Transaktion nicht offen legt, lässt die Schlussfolgerung zu, dass diese Person mit Insiderwissen gehandelt hat. Durch die objektivierten Merkmale sollen die subjektiven Beweisanforderungen im Rahmen von § 14 WpHG verringert werden. Für die Praxis wäre diese Ausgestaltung vermutlich einfacher zu handhaben, als eine subjektive Form der Gewinnabschöpfung, die an den positiven Nachweis des Insiderwissens anknüpft. Damit stellt die Gewinnabschöpfung als Sanktion bei nicht veröffentlichten Directors’ Dealings eine zugespitzte und konkretisierte, mit Beweiserleichterungen versehene und damit praktikable Form der Gewinnabschöpfung als Sanktion für tatsächlichen Insiderhandel dar. Die Offenlegung bei Directors’ Dealings kann kritisch betrachtet als Selbstanzeigeverpflichtung, positiv gewendet als notwendigen Baustein zur Steigerung der Markttransparenz betrachtet werden.186 Mit Bejahung der Sanktionswürdigkeit nicht veröffentlichter Directors’ Dealings müsste konsequenter Weise im Sinne eines „Erst-Recht-Schlusses“ eine Gewinnabschöpfung bei tatsächlichem Vorliegen von Insiderhandel eingeführt werden, da die Sanktion einer Gewinnabschöpfung bei tatsächlichem Insiderhandel weniger generalisierende Elemente beinhaltet. Wenn schon derjenige, bei dem die Kenntnis von Insiderinformation vermutet wird, den Gewinn herauszugeben hat, dann trifft diese Pflicht erst recht denjenigen, bei dem das Vorliegen von Insiderwissen tatsächlich festzustellen ist. Grundsätzlich sanktionsbedürftig ist in jedem Fall der Insiderhandel.

185 So beispielsweise der Vorschlag des Arbeitskreis Gesellschaftsrecht (Hueck/ Lutter/Mertens/Rehbinder/Ulmer/Wiedemann/Zöllner), Verbot des Insiderhandelns, S. 48 f. 186 Vgl. zum Regelungszweck des § 15a WpHG Kapitel 2, C.II.3., S. 83 ff.

F. Modelle für Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda

215

V. Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei kurzfristigen Wertpapierkäufen und -verkäufen 1. Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei tatsächlicher Marktmanipulation Auch bei Marktmanipulationen könnte eine Gewinnabschöpfung auf der Rechtsfolgenseite angeordnet werden. Jedoch ist deren Mehrwert gegenüber der Rechtslage de lege lata zu bezweifeln. Eine Gewinnabschöpfung bei Vorliegen tatsächlicher Marktmanipulation ist nach geltender Rechtslage bereits über § 17 Abs. 4 OWiG möglich.187 Hier wäre unter Durchsetzungsgesichtspunkten lediglich eine zivilrechtliche Gewinnabschöpfung ein „Mehr“ gegenüber der bestehenden Rechtslage. Zudem könnte eine neu zu schaffende Gewinnabschöpfung mit Beweiserleichterungen bei den tatbestandlichen Voraussetzungen verbunden werden. Jedoch bereiten die Marktmanipulationen bei der Standardisierung der Verletzungshandlungen, die für die praktikable Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung erforderlich ist, Schwierigkeiten. Eine einheitliche Struktur lässt sich bei Marktmanipulationen – im Gegensatz zum Geschädigten beim Insiderhandel188 – nicht erkennen, vielmehr ist auf die jeweilige Art der Marktmanipulation abzustellen. Der Versuch, prozessuale Vereinfachungen wie eine Beweislastumkehr bei Marktmanipulationen einzuführen, erweist sich damit aufgrund des unterschiedlichen Erscheinungsbildes der Marktmanipulationen als schwierig. 2. Halteverpflichtung in Anlehnung an § 16(b) SEA Eine Gewinnabschöpfung kommt im Fall der kurzfristigen spekulativen Wertpapiergeschäfte in Betracht, die sich als spezieller Fall der Marktmanipulation herauskristallisieren. Die Ausgestaltung dieser Gewinnabschöpfung könnte in Anlehnung an § 16(b) SEA des US-amerikanischen Rechts erfolgen. Für einen Gewinnabschöpfungstatbestand in Anlehnung an § 16(b) SEA würde es ausreichen, dass ein Unternehmensinsider durch wechselseitige kurzfristige Transaktionen mit Wertpapieren seines Emittenten innerhalb eines bestimmten Zeitraums einen Gewinn erwirtschaftet.189 Ein schuldhafter 187 Siehe zu den Bußgeldern bei Marktmanipulationen § 39 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 2 Nr. 11 WpHG. 188 Siehe hierzu die Ausführungen unter Kapitel 3, B.III.1.a), S. 162 ff. 189 Fleischer hält eine solche Vorschrift rechtspolitisch nicht für vordringlich, als ultimum remedium bei überhand nehmenden Insidergeschäften aber für bedenkens-

216

Kap. 4: Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

Verstoß gegen Mitteilungspflichten ist hierbei nicht erforderlich. Für die Gewinnberechnung ist stets das Zusammenspiel von mindestens zwei gegenläufigen Transaktionen erforderlich, die miteinander verrechnet werden können. Der Berechnungszeitraum kann im Vergleich zu den sechs Monaten im Rahmen von § 16(b) SEA erweitert oder verkürzt werden. Die Gewinnabschöpfung bei kurzfristigen Transaktionen de lege ferenda ist als spezieller Fall der Sanktionierung von Marktmanipulationen zu verstehen und aufgrund der scharfen Konturierung der Voraussetzungen praktikabler als eine allgemeine Gewinnabschöpfung bei Marktmanipulationen. 3. Vergleich der Modelle der Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei § 15a WpHG und in Anlehnung an § 16(b) SEA Die Schaffung eines Tatbestands in Anlehnung des § 16(b) SEA wäre darauf angelegt, spekulativen Geschäften entgegen zu wirken. Für eine solche Gewinnabschöpfung spricht, dass sie verbotene Insidergeschäfte weiter erschwert.190 Zudem vermag eine solche Regelung die Verwaltungsmitglieder dazu veranlassen, ihre Wertpapiere über einen längeren Zeitraum zu halten und ihren Managemententscheidungen infolgedessen auch langfristige Perspektiven zugrunde zu legen.191 Die Sanktionierung der Nichterfüllung der Mitteilungspflichten aus § 15a WpHG in Gestalt einer Gewinnabschöpfung de lege ferenda steht der USamerikanischen Gewinnhaftung nach § 16(b) SEA insofern nahe, als die Gewinnabschöpfung auf der Rechtsfolgenseite von § 15a WpHG zur praktikablen Durchsetzung allein objektive Kriterien voraussetzt. So genügt auch im Rahmen von § 16(b) SEA bereits das objektive Vorliegen zweier „matched transactions“ für die Gewinnabschöpfung. Im Fall der Directors’ Dealings würde allein die Tatsache, dass eine Führungsperson eine Insiderposition innehat und eine Transaktion vornimmt ohne den Meldepflichten nachzukommen, für eine Sanktion in Gestalt der Gewinnabschöpfung genügen. Die Vornahme von nicht publizierten Transaktionen dieser Insider spricht für das Vorhandensein von Insiderwissen. Eine Gewinnabschöpfung bei Nichterfüllung der Pflichten nach § 15a WpHG hätte damit ebenfalls objektivierte Voraussetzungen, da der Transaktion selbst eine Indizwirkung zukommt. In ihrer Reichweite unterscheiden sich die Gewinnabschöpfungsmodelle als Sanktion im Rahmen von § 15a WpHG und in Anlehnung an § 16(b) wert, siehe Fleischer, Gutachten zum 64. DJT, F 127; näher zur Bestimmung des Zeitraumes Kapitel 7, C.I.2., S. 336 ff. 190 So Fleischer, Gutachten zum 64. DJT, F 127. 191 So Fleischer, Gutachten zum 64. DJT, F 127.

G. Ergebnis Kapitel 4

217

SEA. Eine Gewinnabschöpfung, die an die Missachtung von Veröffentlichungspflichten nach § 15a WpHG anknüpft, wäre gegenüber einer an § 16(b) SEA angelehnten Gewinnabschöpfung als geringerer Eingriff zu verstehen. Sogar der kurzfristige und damit nach traditionellem Verständnis spekulative und nicht schützenswerte Handel in Wertpapiere des Emittenten wäre für Führungspersonen börsennotierter Aktiengesellschaften bei einem Modell nach § 15a WpHG nicht grundsätzlich verboten bzw. mit der Gewinnabschöpfung sanktioniert, sondern nur in dem Fall, dass die entsprechende Transaktion nicht offen gelegt wurde. Dieses Modell der Gewinnabschöpfung zeigt trotz der objektiven Voraussetzungen mehr Flexibilität als eine Gewinnabschöpfung, die dem § 16(b) SEA entsprechend ausgestaltet ist. Damit wäre ein hinreichendes Informationsniveau geschaffen, welches das dem Kapitalmarkt immanente Informationsgefälle ex post wieder ausgleichen würde.

G. Ergebnis Kapitel 4 Die Durchsetzung eines Insiderhandelsverbotes sollte insofern effektiv sein, als der Insider wirksam von der Verwendung seines Informationsvorsprunges abgehalten wird. Einer Ausweitung und „Aufweichung“ der Grenzen zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche ist die Etablierung neuer spezialgesetzlicher Instrumente vorzuziehen. Diese könnten flexibler und damit praxistauglicher gestaltet werden, um einen erhöhten Abschreckungseffekt zu erzielen. Ein Schadensersatzanspruch kann Marktfehlverhalten nur sanktionieren, wenn Pauschalisierungen gerade beim Nachweis des entstandenen Schadens sowie der Kausalität gemacht werden.192 Eine spezialgesetzliche administrative Gewinnabschöpfung de lege ferenda ist gegenüber der Erhöhung des Bußgeldrahmens vorzugswürdig. Varianten einer Gewinnabschöpfung sind entweder zu weitgehend oder wirkungslos bzw. praxisuntauglich. Es handelt sich hierbei um Maßnahmen zur präventiven Verhinderung der Verletzung von Publizitätspflichten und des Verstoßes gegen das Verbot des Insiderhandels. Sie sind teilweise als zu weitreichend und damit als unangemessen zu bewerten (so beispielsweise das Handelsverbot) oder bedürfen zur Sicherstellung ihrer Befolgung ebenfalls einer ex post-Sanktionierung in Form der Gewinnabschöpfung (so beispielsweise die Vorabveröffentlichungspflicht). Bei einer spezialgesetzlichen Sanktionierung ist die Gewinnabschöpfung nicht von vornherein als systemwidrig abzulehnen, wenn es darum geht das Recht an neue Phänomene wie Streu- und Massenschäden strukturell anzu192

Vgl. Schaub, GRUR 2005, 918 (923).

218

Kap. 4: Präventive und repressive Möglichkeiten de lege ferenda

passen. Das Zivilrecht schafft neben der Kompensation von Schäden auch Verhaltsanreize, so dass ihm eine Steuerungswirkung zugeschrieben wird. Eine Festlegung hinsichtlich der Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung – ob privatrechtlich oder administrativ – kann an dieser Stelle noch nicht erfolgen.193 Die vorangegangenen Ausführungen zu den Modellen einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung machen deutlich, dass diese primär als Sanktion bei tatsächlichem Insiderhandel und bei Verletzung der Meldpflichten nach § 15a WpHG in Betracht kommt. Ein Anknüpfen an die Adhoc-Publizität nach § 15 WpHG vermag nicht zu überzeugen, da den Organmitgliedern selbst keine Publizitätspflichten obliegen. Die Gewinnabschöpfung bei Marktmanipulationen stellt nur in dem speziellen Fall der kurzfristigen und damit möglicherweise spekulativen Insidertransaktionen in Anlehnung an § 16(b) SEA einen Mehrwert zur geltenden Rechtslage dar. Die damit verbundene Halteverpflichtung ist aufgrund ihrer objektiven Merkmale praxistauglich und mit einer hohen Abschreckungswirkung verbunden. Die Marktmanipulation nach § 20a WpHG hat erhöhte Beweisanforderungen, so dass eine daran anknüpfende Gewinnabschöpfung aufgrund der tatbestandlichen Nachweispflichten in der Praxis – ähnlich der Sanktionen de lege lata – nahezu bedeutungslos bleiben könnte. Eine Gewinnabschöpfung auf der Rechtsfolgenseite des § 15a WpHG könnte sich unter Praktikabilitätsgesichtspunkten als am effektivsten erweisen. Aufgrund des objektiven Erfordernisses einer Transaktion von Führungspersonen sind die Beweisanforderungen des Tatbestands im Vergleich zu den strafrechtlichen Insiderverboten abgeschwächt. Der Insider muss nicht nachweisbar auf der Grundlage von Insiderinformationen seine Transaktion getätigt haben. Es genügen im Rahmen von § 15a WpHG auch Vermutungen, Gerüchte oder sonstige Motive. Daher führt bereits das objektive Nichtvorliegen der Meldung nach § 15a WpHG zu der unwiderleglichen Vermutung, dass der Insider mit Kenntnis von Insiderinformationen seine Transaktion vorgenommen hat.194 In einem „Erst-recht-Schluss“ kommt auch eine Gewinnabschöpfung bei nachweisbarem Insiderhandel in Betracht. Die genaue Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung bedarf weiterer Untersuchung. Insbesondere ist fraglich, ob eine Geltendmachung durch die BaFin oder durch Verbände bzw. einzelne Anleger anzuraten ist. Auch stellen sich die Fragen, ob die Gewinnabschöpfung verschuldensunabhängig auszugestalten ist oder ob diese einen Verschuldensvorwurf voraussetzen sollte, 193 194

Vgl. §§ 6 und 7 der vorliegenden Untersuchung. So auch Veil, ZGR 2005, 155 ff.

G. Ergebnis Kapitel 4

219

auf welchen Verschuldensgrad sich dieser bezieht und wer schließlich für das Verschulden die Beweislast trägt. Schließlich ist die Gewinnberechnungsmethode aufzuzeigen. Im Folgenden werden die Modelle einer Gewinnabschöpfung als Sanktion im Rahmen von § 15a WpHG, bei echtem Insiderhandel nach § 14 WpHG sowie in der Ausgestaltung entsprechend § 16(b) SEA näher untersucht.

Kapitel 5

Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung Im Folgenden wird der Frage nachgegangen, ob eine zivilrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda als effektiv und sinnvoll bezeichnet werden kann. Zunächst ist zu analysieren, ob gemeinschaftsrechtliche Vorgaben einer privatrechtlichen Gewinnabschöpfung de lege ferenda entgegenstehen (A.) Nachfolgend ist die Systematik der Gewinnabschöpfung im deutschen Zivil- und Wirtschaftsrecht zu untersuchen. Es wird der Versuch der Einordnung einer kapitalmarktrechtlichen zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung in bestehende Anspruchskategorien des deutschen Privatrechts unternommen (B.). Schließlich sind die Aktivlegitimierten einer privatrechtlichen kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung zu personifizieren (C.). An den jeweils relevanten Stellen soll ein Vergleich mit § 16(b) SEA und den Gewinnabschöpfungsnormen de lege lata im deutschen Recht erfolgen, insbesondere § 10 UWG und § 34a GWB. Gerade das Wettbewerbs- und Kartellrecht muss sich in der Rechtsentwicklung zunehmend mit Streu- bzw. Massenschäden auseinandersetzten, so dass die Entwicklung des wettbewerbsrechtlichen Sanktionensystems vergleichsweise heranzuziehen ist.

A. Hintergrund: Systemkonforme Konstruktion einer Gewinnabschöpfung Die Untersuchung des „Ob“ und des „Wie“ der Gewinnabschöpfung wirft die grundsätzliche Frage auf, ob neue Institute und Gesetzesvorhaben systemkonform auszugestalten sind, oder ob auch eine systemwidrige Konstruktion sinnvoll sein kann. Die nachfolgende Untersuchung widmet sich der Frage, wie die konkrete Konstruktion der Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda aussehen kann und ob hierbei die Dogmatik der Sanktion „Gewinnabschöpfung“ im deutschen Recht und zusätzlich auch die Systematik der kapitalmarktrechtlichen Sanktionen de lege lata beachtet werden müssen. Man kann annehmen, dass der Grundsatz der systemkonformen Rechtsfortbildung auf der Vorstellung beruht, dass das geltende Recht ein in sich geschlossenes und gewachsenes System darstellt,

B. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben

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das zwar keine unbedingte und ausnahmslose Einzelfallgerechtigkeit gewährleistet, jedoch im Ganzen als stimmiges und wohl durchdachtes Regelwerk angesehen werden kann. Neue Sanktionen müssen daher an die „Tradition“ der bestehenden Sanktionen anknüpfen und dürfen keinen Fremdkörper im deutschen Rechtssystem darstellen. Andererseits kann es als sinnvoll erachtet werden, die gewachsene Rechtssystematik zu durchbrechen, wenn sie sich in der Praxis als unzureichend und ineffizient erweist. Hier bedarf es einer Rechtsfortbildung, die entweder neue, systemfremde Entwicklungen als Versuch der Neuorientierung des Rechts einschließt oder sich in den Rahmen des geltenden Rechts eingebunden fühlt und die bestehende Systematik möglichst weitreichend beibehält. Um zu dieser Erkenntnis der Effektivität einer konkreten (systemfremden) Weiterentwicklung zu gelangen, bedarf es gleichwohl in einem ersten Schritt der Untersuchung der bestehenden Dogmatik. Ohne hier weitergehende grundlegende Überlegungen zur Methodenlehre bei der Rechtsneuschöpfung anstrengen zu wollen1, ist an dieser Stelle zu betonen, dass die Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht bereits eine Neuerung darstellt, die sich an verschiedenen Punkten des Vorwurfs der Systemwidrigkeit ausgesetzt sieht. Unter anderem ist hier die Nähe zu punitive damages2 sowie die Änderung der Blickrichtung auf das Vermögen des Verletzers zu nennen.3 Bei der Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung soll daher der Grundsatz der Systemkonformität soweit wie möglich beibehalten werden. Dies betrifft zum einen die Systematik der Gewinnabschöpfung als Sanktion im deutschen Zivil- und Verwaltungsrecht. Zum anderen schließt dies auch die Systematik der kapitalmarktrechtlichen Sanktionen ein. Dies soll in der folgenden Untersuchung der Konstruktion einer Gewinnabschöpfung stets berücksichtigt werden.

B. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben Zunächst ist fraglich, ob das Gemeinschaftsrecht Zielvorgaben für eine privatrechtliche oder eine administrative Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung enthält.

1

Siehe hierzu aber beispielsweise Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff. 2 Siehe zum Verhältnis Gewinnabschöpfung und punitive damages Kapitel 7, D.I., S. 358 ff. 3 Siehe zum Verhältnis Gewinnabschöpfung und Schadenersatz Kapitel 4, D.I., S. 187 ff.

222

Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

I. Insiderrichtlinie Die Insiderrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, Insiderhandel in ihren nationalen Rechtsordnungen zu verbieten.4 Auf europäischer Ebene existiert hingegen keine Regelung zur Sanktionierung von Verletzungen der insiderrechtlichen Publizitäts- und Verhaltenspflichten.5 Vielmehr obliegt diese Aufgabe dem nationalen Gesetzgeber. Gemäß Art. 13 S. 1 Ins-RL steht es jedem Mitgliedstaat selbst zu, über die Art der Sanktion bei Verstößen gegen das Insiderhandels-, das Weitergabe- und das Empfehlungsverbot zu entscheiden.6 Das Gemeinschaftsrecht ist damit als sanktionsneutral zu bewerten. Es enthält auch keine Empfehlung bezüglich der von den einzelnen Mitgliedstaaten zu wählenden Sanktionsform (administrative, strafrechtoder zivilrechtliche). Die Gewinnabschöpfung wird als Sanktion nicht explizit erwähnt. Die durch die Mitgliedstaaten gewählten Sanktionen, unabhängig von ihrem Normcharakter, müssen so weitreichend sein, dass genügend Anreiz besteht, die Verbotstatbestände zu beachten. Nach dem Gebot des „effet utile“ des Gemeinschaftsrechts müssen die Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein, Art. 10 EGV.7 Folglich steht die freie Auswahl des Sanktionscharakters den Mitgliedstaaten zu – bei der konkreten Ausgestaltung haben sie aber das sog. Äquivalenzprinzip zu beachten.8 Nach dem Äquivalenzprinzip ist es erforderlich, Verstöße gegen Gemeinschaftsrecht in materiell- und verfahrensrechtlicher Hinsicht genauso zu behandeln wie nach Art und Schwere gleichartige Verstöße gegen nationales Recht.

II. Marktmissbrauchsrichtlinie Nach der Marktmanipulationsrichtlinie sind die Mitgliedstaaten dazu angehalten, verwaltungsrechtliche Sanktionen einzuführen, die bestehende strafrechtliche Sanktionen ergänzen sollen, Art. 14 Abs. 1 Marktmissbrauchsrichtlinie.9 Die Marktmissbrauchsrichtlinie stellt damit höhere An4

König, Verbot von Insiderhandel, S. 73. Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 23. 6 Weiterführend: Elster, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 112; Moloney, EC Securities Regulation, S. 999; Rider/Ashe, in: Rider/Ashe, The Fiduciary, the Insider and the Conflict, S. 47. 7 EuGH Slg. 1998 I-4951 Rn. 35; von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 96; Streinz, EGV, Art. 10 Rn. 17. 8 EuGH v. 21.9.1989, Rs. 68/88 (Kommission/Griechenland), Slg. 1989, 2965 (2985), Nr. 24. 9 Marktmissbrauchsrichtlinie, Art. 14(1) und Rec. 38. Als verwaltungsrechtliche Sanktionen kommen Bußgelder sowie die Gewinnabschöpfung auch § 17 Abs. 4 5

B. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben

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forderungen als die Insiderrichtlinie. Die Kommission begründet diese Anforderungen mit den Vorteilen der Verwaltungsverfahren gegenüber strafrechtlichen Verfahren und der mit den verwaltungsrechtlichen Sanktionen verbundenen gesteigerten Prävention. Die kürzere Verfahrensdauer sei unter präventiven Gesichtspunkten mit positiven Auswirkungen verbunden und erleichtere die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Behörden.10 Die positive Festsetzung der Pflicht, verwaltungsrechtliche Sanktionen zu schaffen, schließt jedoch eine kumulative zivilrechtliche Sanktionierung nicht aus.11 Die Marktmissbrauchsrichtlinie schreibt lediglich vor, dass wirksame, verhältnismäßige und abschreckende verwaltungsrechtliche Sanktionen zu etablieren sind, Art. 14 Abs. 1 Marktmissbrauchs-Richtlinie. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten die nach ihrem Ermessen angemessenen Sanktionen verhängen. Damit würde sich sowohl eine administrative als auch eine privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung – letztere nur neben den administrativen Bußgeldern – mit europäischem Recht in Einklang bringen lassen.

III. Wettbewerb der Rechtssysteme der EU-Staaten Als politisch wünschenswert könnte sich eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung auf europäischer Ebene erweisen. Seit den Verträgen von Rom ist die Idee eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes, zu dem auch ein europäischer Kapitalmarkt gehört, ein wesentliches Ziel der Europäischen Union, vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. c) EGV.12 Die Sanktionsneutralität des EU-Gemeinschafsrechts und die Dezentralität der Rechtssetzung schaffen einen Ideenwettbewerb der EU-Staaten bei der Entwicklung effektiver Sanktionen zur Bekämpfung des Insiderhandels. Eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda in Deutschland könnte eine Innovationsfunktion einnehmen, deren Effizienz und praktische Bewährtheit von anderen EU Staaten beurteilt werden könnte.13

OWiG in Betracht. Eine „Bestrafung“ durch Bußgelder ist bereits nach geltendem Recht möglich. Gleichwohl werden die zu geringe Höhe und die Seltenheit der Verhängung von Bußgeldern kritisiert, vgl. hierzu oben Kapitel 3, A.I.1.b), S. 101 ff. 10 Begründung Marktmissbrauchsrichtlinie S. 12. 11 König, Verbot von Insiderhandel, S. 235. 12 Heinze, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 3; Schulte, in: Ad-hoc-Publizität, S. 51. 13 Zum „Konkurrenzdruck zwischen nationalen Justizblättern“ siehe Hess, in: Hess, KK-KapMuG, Einl. Rn. 2.

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

C. Materiellrechtliche Systemkonformität: Eingliederung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung in die Systematik der zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung Fraglich ist, ob aus der Existenz von anderen privatrechtlichen Normen und Instituten mit der Rechtsfolge der Gewinnherausgabe allgemeine Erkenntnisse über die Systematik der Gewinnabschöpfung als Sanktion im deutschen Recht gewonnen werden können. Die Gewinnhaftung ist zwar nicht ausdrücklich im Privatrecht geregelt, dennoch existiert eine Reihe anerkannter oder zumindest diskutierter Fallgruppen der Gewinnabschöpfung. Auch in anderen Rechtsgebieten wie dem Wettbewerbs- und Kartellrecht wurden bereits Erfahrungen mit dieser Anspruchsform gesammelt. Für die Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung, insbesondere hinsichtlich Fragen zum Verschuldensgrads, zum Haftungsumfang, zum Gewinnempfänger oder zur Klagebefugnis, soll untersucht werden, ob das deutsche Recht bereits ein einheitliches System der Gewinnabschöpfung vorzuweisen hat, in das sich eine privatrechtliche kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung eingliedern könnte. An dieser Stelle ist noch einmal zu betonen, dass die zivilrechtlichen Ansprüche bei Verstößen gegen das Verbot des Insiderhandels oder der Mitteilungspflichten bei Directors’ Dealings nicht einschlägig sind. Dies hat bereits die Analyse der Sanktionen de lege lata zu Beginn der Untersuchung ergeben.14 Es soll daher nicht untersucht werden, ob die privatrechtlichen Ansprüche des BGB auf die spezielle kapitalmarktrechtliche Situation von Pflichtverletzungen und Normverstößen Anwendung finden. Vielmehr soll allein den konkreten Fragen nachgegangen werden, ob die Gewinnabschöpfung im deutschen Privat- und Wirtschaftsrecht bereits als etablierte Sanktion gilt und ob eine kapitalmarktrechtliche privatrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda rechtssystematisch als vertragliche, fremdgeschäftsführungsrechtliche oder bereicherungsrechtliche Figur zu qualifizieren ist und damit in die bekannten Anspruchskategorien eingeordnet werden kann, oder ob es sich bei ihr vielmehr um eine Sanktion sui generis handelt. Sofern die Gewinnabschöpfung im deutschen Privatrecht eine eigenständige Struktur aufweist, könnten aus dieser Struktur für eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda Voraussetzungen abgeleitet werden. Die Analyse der Gewinnabschöpfung de lege lata im deutschen Zivilrecht dient daher der Beantwortung der Fragen, ob ein einheit14 Siehe zur der Analyse der Sanktionen nach geltendem Recht Kapitel 3, A., S. 96 ff.

C. Materiellrechtliche Systemkonformität

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liches System und bestimmte zwingende Voraussetzungen einer privatrechtlichen Gewinnabschöpfung existieren. Diese Fragen sind für den Transfer zu einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung de lege ferenda elementar.

I. Gewinnhaftung de lege lata nach dem allgemeinen Zivilrecht Generell kann bei der Gewinnhaftungsdiskussion nach dem BGB zwischen dem vertraglichen Bereich15 und dem außervertraglichen Bereich differenziert werden. 1. Vertragliche Gewinnhaftung, §§ 280 ff. BGB bzw. § 311a Abs. 2 BGB i. V. m. § 252 S. 2 BGB oder § 285 BGB Zunächst ist zu untersuchen, ob eine Gewinnabschöpfung eine anerkannte Sanktion bei vertragswidrigem Verhalten darstellt und ob die kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda als vertragliche Sanktion etabliert werden kann. Als vertragliche Anspruchsgrundlagen, die eine Gewinnabschöpfung ermöglichen können, sind die Ansprüche auf Ersatz des entgangenen Gewinns nach §§ 280 ff. BGB bzw. § 311a Abs. 2 i. V. m. § 252 S. 2 BGB sowie der Anspruch auf Herausgabe des stellvertretenden commodums nach § 285 BGB zu nennen. a) Entgangener Gewinn, § 252 S. 2 BGB Nach der Systematik des BGB steht dem Gläubiger bei zu vermutender schuldhafter Vertragsverletzung durch den Schuldner ein Sekundäranspruch in Gestalt eines Schadensersatzanspruches nach §§ 280 ff. oder 311a Abs. 2 BGB zu. Als Berechnungsgrundlage dient hier das Gläubigervermögen, nicht jedoch das Schuldnervermögen, §§ 249 ff. BGB. Eine kompensationsfähige Größe stellt neben den realen Vermögenseinbußen auch der entgangene Gewinn nach § 252 S. 2 BGB dar.16 Dieser wird ebenfalls aus Sicht des Gläubigervermögens ermittelt. Zu fragen ist nach dem Gewinn, den der Gläubiger bei fehlender Pflichtverletzung durch den Ver15 Siehe speziell zum Problem der Gewinnhaftung als Sanktion bei Vertragsbrüchen, Soeffky, vertragliche Gewinnhaftung; zum US-amerikanischen Recht siehe McCamus, Loy. L.A. L. Rev. 36 (2003), 943 ff. 16 Der Schadensersatzanspruch in Deutschland erfüllt mit seiner Ausprägung durch § 252 S. 2 BGB zu einem guten Teil die Funktion der angloamerikanischen Gewinnhaftung, König, FS Caemmerer, S. 179 (203).

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

tragspartner aller Wahrscheinlichkeit nach erzielt hätte.17 Soweit sich bei der Berechnung des entgangenen Gewinns aufgrund der anzustellenden Hypothese Schwierigkeiten ergeben, könnte ein Abstellen auf den seitens des Schuldners tatsächlich erwirtschafteten Gewinn eine einfachere Handhabe ermöglichen.18 Jedoch ist eine Indizwirkung des vom Schuldner erzielten Gewinns dahingehend, dass dieser demjenigen entspricht, den der Gläubiger bei pflichtgemäßer Leistung hätte erwirtschaften können, nicht anerkannt.19 Noch weitergehend ist ein Ansatz, wonach auf den real erwirtschafteten Gewinn des Schuldners und damit auf das Schuldnervermögen als Berechnungsgrundlage abzustellen ist.20 Dieser zweite Lösungsweg nähert sich jedoch der abstrakten Schadensberechnung an und widerspricht damit der derzeitigen Regelungstechnik des BGB.21 b) Stellvertretendes commodum, § 285 BGB Bei der Bemessung der Höhe des dem Gläubiger gegen den Schuldner zustehenden Anspruchs auf Herausgabe des stellvertretenden commodums war lange strittig, ob der dem Gläubiger entstandene Schaden die Obergrenze des herausgabepflichtigen Betrages bildet. Die herrschende Auffassung in Literatur und Rechtsprechung lehnt eine solche Begrenzung ab und erstreckt die Herausgabepflicht des Schuldners, wenn dieser zur Leistung aufgrund von Unmöglichkeit, § 275 Abs. 1, 2, 3 BGB, außer Stande ist, auch auf einen darüber hinausgehenden Vermögenszuwachs beim Schuldner.22 Die Herausgabepflicht nach § 285 BGB umfasst folglich nicht allein das commodum ex re, sondern auch das commodum ex negotiatione.23 So kann auch der durch eine pflichtwidrige Veräußerung des Vertragsgegenstandes an einen Dritten gezogene Gewinn herausverlangt werden.24 Dieses 17

Oetker, in: MünchKomm, BGB § 252 Rn. 30 f., 45, 52. Vgl. Soeffky, Vertragliche Gewinnhaftung, S. 48. 19 Oetker, in: MünchKomm, BGB § 252 Rn. 45, 52. 20 Siehe hierzu näher beim Verhältnis Gewinnabschöpfung und Schadensersatz Kapitel 4, D.I., S. 187. 21 Siehe auch: Looschelders, Schuldrecht AT, Rn. 965 f.; Soeffky, Vertragliche Gewinnhaftung, S. 48; zur US-amerikanischen Rechtslage: Weinrib, Chi.-Kent. L. Rev. 78 (2003), 55 ff.; siehe zum schadensrechtlichen Erklärungsansatz der Gewinnabschöpfung auch Helms, Gewinnherausgabe, S. 275. 22 Vgl. BGHZ 75, 203 (207 f.); BGHZ 29, 157 (157); Hartmann, Der Anspruch auf das stellvertretende commodum, S. 258; Zweigert/Kötz, Rechtsvergleichung, § 38 II. 23 BGHZ 46, 260 (264); Grüneberg, in: Bamberger/Roth, BGB § 285, Rn. 1; Looschelders, Schuldrecht AT, Rn. 688. 24 Wenn beispielsweise der Mieter einer Sache diese an einen gutgläubigen Dritten veräußert, kann der Vermieter Herausgabe des Veräußerungserlöses verlangen, 18

C. Materiellrechtliche Systemkonformität

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Ergebnis, welches der Wortlaut des § 285 BGB nahe legt, müsste jedoch auch mit der Ratio der Vorschrift zu vereinbaren sein.25 Teilweise wird eingewandt, dass sich eine Herausgabepflicht, die sich auch auf den Veräußerungserlös erstreckt, nicht mit dem Trennungsprinzip in Einklang zu bringen sei. Die Unmöglichkeit sei erst durch die Weiterveräußerung (Verfügungsgeschäft) eingetreten. Dagegen sei der Kaufpreis durch den Kaufvertrag und damit durch das Verpflichtungsgeschäft erzielt worden. Dennoch wird im Rahmen des § 285 BGB anerkannt, dass der Übererlös dem Gläubiger des Anspruchs zusteht.26 Nicht zuletzt spricht die vertragliche und damit freiwillig und bewusst gewählte Bindung der Vertragsparteien für dieses Ergebnis. Uneinheitlich wird die Frage nach der Natur des § 285 BGB beantwortet. Nach der herrschenden Meinung ist ein bereicherungsrechtlicher Charakter des Anspruchs aus § 285 BGB anzunehmen.27 Es gelte auch hier der Grundgedanke des Bereicherungsrechts, dass Vermögenswerte, die jemandem zugeflossen sind, an denjenigen zurückgeführt werden sollen, dem sie gebühren.28 Dem Zuweisungsgehalt absoluter Rechte, beispielsweise des Eigentums, entspreche auf vertraglicher Ebene die relative Zuweisung des Leistungsgegenstandes inter partes.29 Nach der Gegenansicht ist ein Rekurs auf bereicherungsrechtliche Ansätze verfehlt. Im Rahmen des § 285 BGB sei vielmehr eine Parallele zum schadensrechtlichen Institut der Vorteilsausgleichung zu ziehen.30 Auch wenn sich Vorteil und Schaden nicht in einer Person vereinigten, erfordere die Kongruenz der beiden Größen die Zusammenführung beim Gläubiger.31 c) Gewinnabschöpfung nach § 251 Abs. 3 BGB de lege ferenda Im vorbereitenden Gutachten zum 66. Deutschen Juristentag, der im September 2006 stattfand, wird empfohlen, die Gewinnabschöpfung bei vorsätzlich-lukrativem Delikt als neuen § 251 Abs. 3 BGB mit folgendem auch wenn dieser über dem Wert der Sache liegt; vgl. Looschelders, Schuldrecht AT, Rn. 688. 25 Vgl. Helms, Gewinnherausgabe, S. 17, 339 ff. 26 Emmerich, in: MünchKomm, BGB § 285 Rn. 31 m. w. Nachw., a. A. Löwisch, NJW 2003, 2049 (2051 f.). 27 BGH, NJW-RR 1988, 902 (903); ständige Rspr. seit RGZ 120, 347 (351); Emmerich, in: MünchKomm, § 281 a. F., Rn. 2; Schulz, AcP 105 (1909), 1 (12 f.). 28 RGZ 120, 347 (348). 29 Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (741). 30 Löwisch, in: Staudinger, § 285, Rn. 3; siehe auch die Nachweise bei Emmerich, in: MünchKomm § 285, Rn. 3. 31 Stoll, FS Schlechtriem, 677 (689).

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

Wortlaut in das BGB einzufügen, wohingegen im Gegenzug § 687 Abs. 2 BGB zu streichen wäre: „Hat sich der Ersatzpflichtige vorsätzlich über die Berechtigung des Gläubigers (= des Geschädigten) hinweggesetzt, so kann dieser statt des Schadensersatzes die Herausgabe des Gewinns, den der Ersatzpflichtige erzielt hat, und Rechnungslegung über diesen Gewinn verlangen.“32

Gegen die Schaffung einer einheitlichen zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung sprechen nach anderer Auffassung aber die gravierenden Unterschiede in den Lebenssachverhalten, in denen nach derzeitiger Rechtslage eine Gewinnabschöpfung als mögliches Sanktionsinstrument anerkannt ist. So sei eine einheitliche Handhabung fast undenkbar.33 Diese Formel müsste so allgemein gefasst sein, dass die Praxis gleichermaßen für Einschränkung und Präzisierung verantwortlich wäre.34 Vorzugswürdig sei daher, die Einzeltatbestände in umfassender Interessensabwägung herauszubilden.35 In Fortbildung der Kodifikation sei eine Ausarbeitung besonderer Tatbestände der Gewinnhaftung anzuraten.36 Der DJT hat jedoch eine ausdrückliche Normierung der Gewinnabschöpfung als zivilrechtliche Sanktion – sei es im Bereicherungsrecht oder als neuer § 251 Abs. 3 BGB – nicht empfohlen.37 d) Transfer zur Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda Rechtsdogmatisch wäre eine im Kapitalmarktrecht angesiedelte zivilrechtliche Gewinnabschöpfung nicht auf ein vertragliches oder gesetzliches Schuldverhältnis gestützt.38 Eine privatrechtliche Zahlungspflicht setzt jedoch grundsätzlich ein zugrunde liegendes Rechtsverhältnis (Vertrag oder gesetzliches Schuldverhältnis) voraus, § 311 Abs. 1 BGB.39 Hier lässt sich einwenden, dass in der Realität gerade mit dem Vertragspartner der Transaktion ein vertragliches Schuldverhältnis gegeben ist, das Ausgangspunkt für wechselseitige Rechte und Pflichten sein kann. Indessen ist eine Ge32

Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 97; kritisch zu diesem Ansatz: Medicus, JZ 2006, 805 (809 f.); Staudinger, NJW 2006, 2433 (2435). 33 König, FS Caemmerer, S. 179 (205). 34 König, FS Caemmerer, S. 179 (205). 35 König, FS Caemmerer, S. 179 (205). 36 König, FS Caemmerer, S. 179 (207). 37 Der DJT fasste seinen Beschluss dahingehend, die Gewinnhaftung nach §§ 687 Abs. 2, 681, 667 BGB weiter zu entwickeln und ihren Anwendungsbereich auszubauen, abrufbar unter www.djt.de/files/djt/66/66_DJT_Beschluesse.pdf. 38 Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (212). 39 Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (212).

C. Materiellrechtliche Systemkonformität

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winnherausgabe an Anleger der Marktgegenseite oder an Anlegerschutzverbände im Kontext des anonymisierten Kapitalmarktes tatsächlich nicht auf ein Schuldverhältnis im klassischen Sinne zurückzuführen.40 Die Bindung zwischen den Insidern und den Anlegern ist nicht eng genug, um eine vertragliche Gewinnhaftung nach dem BGB zu konstruieren.41 Die Auskehr des Gewinns an die gleichzeitig handelnden Anleger der Marktgegenseite würde sich als gesetzliche Anordnung darstellen. Bezogen auf den Transaktionspartner ist einzuwenden, dass dieser aufgrund der anonymisierten Transaktionsvornahme in der Praxis nicht einfach zu ermitteln ist. Eine Gewinnabschöpfung, die an vertragliche Bindung anknüpft, würde daher aufgrund ihres begrenzten Wirkungsbereichs keine weitreichende Praxisbedeutung erlangen. 2. Der Gewinnabschöpfungsanspruch bei angemaßter Eigengeschäftsführung nach § 687 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 2. Alt. BGB Zu untersuchen ist, ob die kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda als eine angemaßte Eigengeschäftsführung qualifiziert werden kann und welche Voraussetzungen dies hätte. Dem System der Gewinnabschöpfung ähnelt das System der Geschäftsführung, wonach der Geschäftsführer jedweden Gewinn, den er durch die Geschäftsführung erzielt hat, an den Geschäftsherrn herausgeben muss.42 § 687 Abs. 2 BGB gilt als Zentraltatbestand in der zivilrechtlichen Gewinnhaftungsdiskussion. Bei Eingriffen in einen fremden Interessenskreis, der von einem Eigeninteresse getragen ist, sog. Geschäftsanmaßung, soll verhindert werden, dass der Geschäftsführer einer Eigengeschäftsführung besser gestellt ist als derjenige, der mit Fremdgeschäftsführungswillen tätig wird und dem Geschäftsherrn gemäß §§ 677, 681 S. 2 BGB zur Herausgabe des erwirtschafteten Gewinns verpflichtet ist. Bei der echten Geschäftsführung ohne Auftrag ergibt sich die Vorteilsgewährung als automatische Folge des fremdnützigen Handelns.43 Derjenige, der ein fremdes Geschäft wissentlich als eigenes behandelt, muss dann aber erst recht dazu verpflichtet sein, dasjenige herauszugeben, was er durch die Geschäftsführung erlangt hat. Bei einem Anspruch nach §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667 BGB ist der 40 Siehe zu den Anlegerschutzverbänden als Gewinnempfänger Kapitel 5, D.II. 3.f)bb)(3), S. 290 ff. 41 Siehe zu den vertraglichen Ansprüchen schon Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(2), S. 110. 42 Sprau, in: Palandt, BGB, § 687 Rn. 3. 43 Bei der echten GoA steht im Vordergrund, die Entlohnung des fremdbegünstigenden Verhaltens sicherzustellen, siehe hierzu Helms, Gewinnherausgabe, S. 129.

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

erzielte Gewinn darüber hinaus auch insoweit herauszugeben, als der Geschäftsherr diesen nicht selbst erzielt hätte.44 Gleichwohl stellt § 687 Abs. 2 BGB keine Generalklausel für die Abschöpfung jeglicher rechtswidrig erzielter Gewinne dar. Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs ergibt sich durch das Erfordernis des fremden Geschäfts, das der Bereicherte als sein eigenes behandelt haben muss.45 Der aus dem historischen Hintergrund herzuleitende Telos des § 687 Abs. 2 BGB ist der Schutz des Selbstbestimmungsrechts des Geschäftsherrn vor Verletzungen.46 Es ist immer bedeutend, „ob durch die bewusst unberechtigte Geschäftsführung ein Ergebnis herbeigeführt worden ist, das einer bestimmten rechtsverbindlich festgelegten Interessensregelung widerspricht und deshalb nach dem Sinn der Vorschrift auf Verlangen des Berechtigten korrigiert werden muss“.47 In der Praxis ist die Bedeutung eines Anspruchs aus § 687 Abs. 2 BGB gering, da die herrschende Meinung bereits einen Anspruch aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB in dem praxisrelevanten Fall der wissentlichen Veräußerung einer fremden Sache bejaht.48 Allerdings wird in der Rechtslehre die Bedeutung des Gewinnabschöpfungsanspruchs hervorgehoben, da es sich bei diesem um eine selbständige Rechtsfigur im System der zivilistischen Ausgleichsordnung handele, die als Ergänzung des Bereicherungs- und Schadensrechts „rechtspolitisch sehr wichtig“49 sei.50 a) Anwendungsbereich für absolute und relative Rechte Im Rahmen der angemaßten Eigengeschäftsführung erfolgt eine Differenzierung zwischen absoluten und relativen Rechten. Die Beurteilung, ob eine 44

Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 418; dies ist gerade bei einer vertraglichen Gewinnabschöpfung nicht der Fall, bei der die Auskehr eines über den aller Voraussicht nach erwirtschafteten Gewinn hinausgehenden tatsächlichen Gewinns als unverhoffter und damit unverdienter Glücksfall eingeordnet wird, siehe Kapitel 4, D.I., S. 187. 45 Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (666). 46 Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (667). 47 Nipperdey, FS Böhm, 163 (166). 48 Helms, Gewinnherausgabe, S. 18; anders hingegen nach der Auffassung, die im Rahmen des § 816 Abs. 1 S. 1 nur einen Wertersatzanspruch zubilligt, so Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 723, 726. 49 Esser/Weyers, Schuldrecht II/2, S. 25. 50 Die rechtssystematische Einordnung von § 687 Abs. 2 BGB ist umstritten. Gegen eine Einordnung der Geschäftsanmaßung in das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag Wenckstern, AcP 2000, 240 (250); Kaser, römisches Privatrecht, Bd.1, S. 586 ff. Für eine bereicherungsrechtliche Einordnung Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (667); Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 720, 726, siehe zur Diskussion bei Helms, Gewinnherausgabe, S. 131; Wenckstern, AcP 200 (2000), 240 (259 ff.).

C. Materiellrechtliche Systemkonformität

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Geschäftsanmaßung auch bei Verletzung vertraglicher Pflichten oder nur in dem unstreitigen Fall einer Verletzung absolut geschützter Rechtsgüter Anwendung findet, fällt unterschiedlich aus. Nach der herrschenden Meinung scheidet § 687 Abs. 2 BGB als Anspruchsgrundlage des durch vertragswidriges Handeln oder Unterlassen Geschädigten aus.51 Danach greift eine auf § 687 Abs. 2 BGB gestützte Gewinnhaftung nur bei Eingriffen in Ausschließlichkeitsrechte ein.52 Nach der Gegenansicht, wonach § 687 Abs. 2 auch bei reinen Vertragsverletzungen herangezogen werden könne53, ist allein das Ausmaß des dem Geschäftsführer zugewiesenen Geschäftsbereichs ausschlaggebend und nicht die Art des verletzten Rechts.54 Es sei aufgrund der umstrittenen systematischen Einordnung der Norm nicht einleuchtend, weshalb nicht auch vertragliche Positionen inter partes einen besonderen Schutz gegenüber vorsätzlichem Rechtsbruch verdienen.55 b) Entwicklung; rechtspolitische Tendenzen Der bereits erwähnte 66. Deutsche Juristentag hat sich unter anderem der Frage gewidmet, ob eine allgemeine zivilrechtliche Gewinnabschöpfungsnorm gesetzlich zu kodifizieren sei und dies negativ beantwortet. Der DJT sieht die Verankerung der zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung grundsätzlich bei der angemaßten Eigengeschäftsführung. Es wird befürwortet, den Anspruch auf Gewinnabschöpfung, wie er im BGB in §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667 BGB verankert ist, auszubauen.56 Das in diesem Zusammenhang entworfene Gutachten erörtert die Voraussetzungen und Probleme einer solchen zivilrechtlichen Gewinnhaftung.57 Grundsätzlich sei ein Eingreifen der zu schaffenden Gewinnabschöpfungsnorm nur bei vorsätzlich lukrativen Engriffen in fremde Rechtsgüter zu bejahen.58 Sowohl bei Verletzung von Vermögensrechten als auch von 51 BGH, NJW-RR 1989, 1255; BGH, NJW 1984, 2411; Gehrlein, in: Bamberger/ Roth, § 687, Rn. 5, Sprau, in: Palandt, § 687, Rn. 2. 52 Veil, ZGR 2005, 155 (180), König, FS Caemmerer S. 179 (181 ff.). 53 Schlechtriem, Schuldrecht BT, Rn. 715. 54 Nipperdey, FS Böhm, S. 163 (167). 55 Helms, Gewinnherausgabe, S. 20 f. 56 Der DJT fasste seinen Beschluss dahingehend, die Gewinnhaftung nach §§ 687 Abs. 2, 681, 667 BGB weiter zu entwickeln und ihre Bedeutung auszubauen, abrufbar unter www.djt.de/files/djt/66/66_DJT_Beschluesse.pdf.; vgl. auch Staudinger, NJW 2006, 2433 (2435). In der Diskussion um die Schuldrechtsmodernisierung im Jahre 2002 wurde bereits erwogen, einen allgemeinen zivilrechtlichen Gewinnabschöpfungstatbestand zu schaffen. Der Vorschlag wurde jedoch nicht umgesetzt, vgl. Helm, Geschäftsführung ohne Auftrag, S. 335 (387). 57 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht. 58 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 96.

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

ideellen Gütern sollte die Gewinnabschöpfung als Sanktion zur Verfügung stehen.59 Der abgeschöpfte Gewinn soll jedoch dem Geschädigten nur teilweise zugute kommen, um eine missbräuchliche Klageerhebung zu verhindern und einen für den Gläubiger „unverdienten Glücksfall“ auszuschließen.60 Ob eine Zuordnung zu deliktsrechtlichen (§ 823 ff. BGB) oder zu allgemeinen schadensersatzrechtlichen Vorschriften vorzunehmen ist (§§ 249 ff. BGB), hängt maßgeblich von der Frage ab, ob der Anwendungsbereich einer Gewinnabschöpfungsnorm auch bei einem Vertragsbruch eröffnet ist.61 Die Gewinnhaftung stelle die natürliche Reaktion der Rechtsordnung auf das „planmäßig – kalkulierende“62 Gewinnstreben des Vorsatztäters dar, weil diesem Verhalten mit dem herkömmlichen Sanktionsinstrumentarium nicht effektiv begegnet werden könne. Die Verankerung der Gewinnabschöpfungsnorm im allgemeinen Schadensersatzrecht sei zudem auf das Argument zu stützen, dass es sich bei dem Sanktionsinstrument der Gewinnhaftung nicht um einen speziellen Deliktstatbestand handelt, sondern um eine besondere Rechtsfolge.63 c) Transfer zur Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda Um sich in die Anspruchskategorien der angemaßten Eigengeschäftsführung einordnen zu lassen, müsste die kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung ein vorsätzliches Handeln des Insiders voraussetzen. Allein fahrlässige Verstöße, beispielsweise gegen Publizitätspflichten, würden nach der zivilrechtlichen „Struktur“ der Gewinnabschöpfung nicht genügen. Man könnte in Anlehnung an das US-amerikanische Verständnis im Rahmen von § 16(b) SEA die Eigentümerposition an der Insiderinformation als absolut geschützte Rechtsposition begreifen, bei deren Verletzung der erwirtschaftete Gewinn entsprechend einer angemaßten Eigengeschäftsfüh59 Vgl. Beschlüsse des 66. Deutschen Juristentages Stuttgart 19. bis 22. September 2006 A)VI 1. und 2. 60 Beschlüsse des 66. Deutschen Juristentages Stuttgart 19. bis 22. September 2006 A) VI. 3.b), 5.b). 61 Befürwortend: Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 96; anders die Meinungen, die allein bei der Verletzung von Ausschließlichkeitsrechten eine Gewinnabschöpfung ermöglichen wollen, vgl. Ehmann, in: Erman, BGB, § 687, Rn. 4; Wittmann, in: Staudinger, § 687, Rn. 7; teilweise wird die Differenzierung zwischen absoluten und relativen Rechten zumindest bei vertraglichen Verhältnissen auch als bedeutungslos empfunden, vgl. Picker, AcP 183 (1983), 369 (511 f.). 62 Helms, Gewinnherausgabe, S. 135. 63 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 97.

C. Materiellrechtliche Systemkonformität

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rung an den Emittenten herauszugeben wäre.64 Nach dem US-amerikanischen Recht ist die Insiderinformation als unternehmenseigen zu qualifizieren und darf nicht für die private bzw. persönliche Gewinnerzielung verwendet werden.65 Die Insidertransaktion des Insiders (Geschäftsführer) wäre als Geschäftsführung des Emittenten (Geschäftsherrn) aufzufassen.66 Der Insiderinformation fehlt jedoch ein Vermögenswert, da die Unternehmen Insiderinformationen am Kapitalmarkt nicht verwenden dürfen. Es wird selbst für das US-amerikanische Recht bezweifelt, dass die Insiderinformation tatsächlich ein Unternehmensgut darstellt.67 Schließlich erscheint fraglich, ob auch eine strafende Berechnung des Gewinns mit dem Grundgedanken der angemaßten Eigengeschäftsführung zu vereinbaren wäre. Grundsätzlich ist nach § 687 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 681 S. 2, 667 2. Alt. BGB nur ein tatsächlich realisierter Gewinn herauszugeben, nicht etwa ein Gewinn der nach der noch näher zu erörternden lowest price in/highest price out-Methode68, die § 16(b) SEA zugrunde liegt, erwirtschaftet wurde.69 Jedenfalls ein Modell in Anlehnung an § 16(b) SEA kann nicht in die Anspruchskategorie der Geschäftsführung ohne Auftrag eingeordnet werden. 3. Der bereicherungsrechtliche Gewinnabschöpfungsanspruch Sofern eine unrechtmäßige Bereicherung des Insiders durch die kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda rückgängig gemacht werden soll, kommt eine Einordnung in das Bereicherungsrecht in Betracht. Es ist im Folgenden zu untersuchen, ob das Bereicherungsrecht eine einheitliche Struktur der Gewinnabschöpfung beinhaltet und diese auf das Kapitalmarktrecht de lege ferenda übertragen werden kann. Die bereicherungsrechtliche Diskussion, ob eine Gewinnerzielung des Bereicherungsschuldners auch an den Bereicherungsgläubiger herauszugeben ist, ist wegweisend für die Frage der Struktur und Anerkennung der Gewinnhaftung im deutschen Zivilrecht. Im Wege der Eingriffskondiktion nach §§ 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt, 818 BGB oder im Speziellen nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB könnte eine Gewinnabschöpfung möglich sein. 64 Siehe zu der Frage des Eigentümers der Insiderinformation Kapitel 3, A.I.2. a)aa)(3), S. 111 ff. 65 So auch Ishizumi, Fordham Law Review 47 (1978–1979), 449 (455). 66 Siehe zum Modell der Gewinnabschöpfung in Anlehnung an § 16(b) SEA Kapitel 4, F.V., S. 215 ff. 67 Ishizumi, Fordham Law Review 47 (1978–1979), 449 (456). 68 Siehe hierzu genauer Kapitel 7, C.I., S. 334 ff. 69 Ishizumi, Fordham Law Review 47 (1978–1979), 449 (456).

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

a) § 818 Abs. 1 und Abs. 2 BGB aa) Schädigungserfordernis Sinn des Bereicherungsrechtes ist es, einen Ausgleich von Vermögensverschiebungen herbeizuführen, die vor der Rechtsordnung keinen Bestand haben sollen, weil sie mit dem Zuweisungsgehalt der Vermögensgegenstände, die verschoben wurden, im Widerspruch stehen.70 Hierbei herrschte zunächst die enge Auffassung vor, dass eine Identität zwischen der Vermögensminderung des einen und der Vermögensmehrung des anderen vorliegen müsse.71 Mit dem Argument, es bestünden auch in den Fällen Bereicherungsansprüche, in denen der Vermögensmehrung kein entsprechendes Korrelat im Gläubigervermögen zugeordnet werden könne – beispielsweise, soweit der Betroffene lediglich Verwahrer oder Verwalter fremden Vermögens sei72 – wurde jedoch dann die Einführung des flexibleren Merkmals „auf dessen Kosten“ in § 812 Abs. 1 BGB befürwortet.73 In der weiteren Entwicklung wurde schließlich vollständig auf ein Schädigungserfordernis verzichtet, was mit der Erkenntnis begründet wurde: „wir haben es mit Bereicherungs- und nicht mit Entreicherungsrecht zu tun“74. bb) Umfang des Bereicherungsanspruchs Der Umfang des Wertersatzanspruchs ist in § 818 Abs. 1 BGB geregelt. Umstritten ist, ob der Umfang allein anhand des objektiven Wertersatzes zu bestimmen ist, oder ob darüber hinaus auch ein gezogener Gewinn als herauszugebendes „Etwas“ qualifiziert werden kann.75 Die Pflicht zur Herausgabe des Gewinns wird von den Autoren selbstverständlich bejaht, die von vornherein der Auffassung sind, dass es Aufgabe des Bereicherungsrechts sei, „die gesamte ‚Bereicherung‘, folglich den Gesamtbetrag der beim Bereicherungsschuldner eingetretenen Vermögensmehrung, abzuschöpfen“.76 So wird betont, dass der Verpflichtete nur das herauszugeben 70 Hierzu genauer: Helms, Gewinnherausgabe, S. 28; v. Savigny, System V, S. 525; Wenckstern, AcP 2000, 240 (252). 71 Mot. II, S. 830. 72 Prot. II, S. 684 f. 73 Zur Entwicklung siehe auch Helms, Gewinnherausgabe, S. 27 f. 74 Esser/Weyers, Schuldrecht BT, S. 363. 75 Lieb, in: Münchner Komm, BGB, 4. Auflage, § 818 Rn. 18 ff. 76 So Flume, NJW 1970, 1161 (1162 f.); Jakobs, Eingriffserwerb, S. 17 ff., 64 ff.; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 516 ff., 538 ff.; vgl. auch die Nachweise bei Lieb, in: MünchKomm, BGB, 4. Auflage, § 818 Rn. 18; Schwab, in: MünchKomm, BGB, Rn. 77 ff.

C. Materiellrechtliche Systemkonformität

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habe, was ihm durch Verwertung eines fremden Rechtsguts ohnehin nicht zustehe.77 Konstruktiv könnte man auch den Gedanken der Gewinnhaftung mit der Begründung rechtfertigen, dass es sich bei dem Gewinn um eine Nutzung (§ 818 Abs. 1 BGB) handele.78 Dies wäre eine konsequente Fortführung der Idee, dass Nutzungsmöglichkeiten ihrerseits selbständige Kondiktionsgegenstände sind, aus deren Verwendung sich über den Wert (§ 818 Abs. 2 BGB) hinausgehende „Verwendungserfolge“ (Gewinne) ebenso ergeben können wie bei der Nutzung indebiter erlangter Gegenstände. Auf die waren die §§ 812, 818 Abs. 1 BGB unter Vernachlässigung des Sonderbereichs der unkörperlichen Kondiktionsgegenstände ursprünglich wohl allein zugeschnitten.79 Im Rahmen des § 818 Abs. 1 BGB beschränkt die herrschende Meinung jedoch die Herausgabepflicht auf den objektiven Wertersatz.80 Nach der Konzeption der Eingriffsbereicherung ist die Bereicherungsherausgabe keine Sanktion für unerlaubtes Tun, sondern eine Korrektur eines „unrechten“ Vermögenszustandes.81 Der Schuldner habe gewisse Anstrengungen unternommen, um einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen und daher andere wirtschaftliche Betätigungsmöglichkeiten nicht wahrgenommen.82 Er solle daher auch nicht über Gebühr in Anspruch genommen werden. Mit der Gewährung eines Anspruchs auf den objektiven Wertersatz werde der Berechtigte so gestellt, wie er stehen würde, wenn seine Rechtsgüter nicht außerhalb der üblichen Marktmechanismen verwertet worden wären.83 cc) Anwendungsbereich Auch im Bereicherungsrecht wird darüber diskutiert, ob allein absolut geschützte Rechtspositionen im Anwendungsbereich des Bereicherungsrechts als schützenswert zu erachten sind oder auch vertragliche Pflichten genügen. Nach der sog. Rechtswidrigkeitenlehre ist die für die Eingriffskondiktion notwendige Rechtsgrundlosigkeit in der Rechtswidrigkeit der 77

Jakobs, Eingriffserwerb, S. 66. Schwab, in: MünchKomm, BGB, § 818 Rn. 77 ff. 79 Schwab, in: MünchKomm, BGB, § 818 Rn. 77 ff. 80 Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 719; Schlechtriem, Restitution und Bereicherungsausgleich Band II, S. 273; a. A.: Schulz, AcP 105 1909, 3 (463–469); Jakobs, Eingriffserwerb, S. 64–68. 81 Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (664). 82 Helms, Gewinnherausgabe, S. 67. 83 Helms, Gewinnherausgabe, S. 76. 78

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

Eingriffshandlung zu sehen.84 Diese Ansicht steht einer Anwendbarkeit der Eingriffskondiktion bei vertraglichen Pflichtverletzungen folglich nicht entgegen, da auch diese eine rechtswidrige Eingriffshandlung darstellen. Die herrschende Meinung sieht jedoch die wesentliche Aufgabe der Eingriffskondiktion in dem Ausgleich von Vermögensverschiebungen, die mit dem Zuweisungsgehalt der verschobenen Vermögensgegenstände nicht übereinstimmen.85 Danach genügt die Verletzung einer vertraglichen Pflicht nicht. Vielmehr werden nach der herrschenden Auffassung allein absolute Rechtspositionen geschützt. b) § 816 Abs. 1 S. 1 BGB § 816 Abs. 1 BGB stellt einen Kernpunkt in der Argumentation um eine privatrechtliche Gewinnhaftung dar. Hierin könnte ein solides Fundament gesehen werden, auf das sich ein System der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung stützen kann.86 Hinsichtlich der Frage, ob ein durch die Verfügung eines Nichtberechtigten gezogener Gewinn von diesem an den Berechtigten abgeführt werden muss, gehen die Meinungen in der Literatur und Rechtsprechung weit auseinander. Nach einer insbesondere von Medicus vertretenen Auffassung ist das Erlangte nicht der aus dem Geschäft gezogene Kaufpreis, sondern die Befreiung von einer Verbindlichkeit.87 Mangels Herausgabefähigkeit dieser Befreiung ist nach § 818 Abs. 2 BGB deren Wert zu ersetzen. Der Wert bemisst sich jedoch nicht anhand des pflichtwidrig erwirtschafteten Kaufpreises, sondern anhand des Wertes der veräußerten Sache. An dieser Sichtweise wird dahingehend Kritik geübt, dass eine derartige „atomistisch-konstruktivistische“88 Sichtweise den natürlichen und wirtschaftlichen Sinnzusammenhang des auszulegenden Gesetzestextes zerstöre.89 Auch andere Konstruktionen, wie etwa die Interpretation des Gesetzestextes dahingehend, der Vorteil des unberechtigt Verfügenden bestehe in der Beseiti84 Haines, Bereicherungsansprüche, S. 88; Jakobs, Eingriffserwerb, S. 54 ff.; Lieb, in: Münchner Komm, § 812 Rn. 234, 240 ff. 85 Canaris, FS Deutsch, S. 85 (88); Schwab, in: MünchKomm, § 812, Rn. 38 ff.; vgl. auch ausführlich in der Vorauflage Lieb, in: MünchKomm 4. Auflage, § 812 Rn. 1 ff.; Wenckstern, AcP 200 (2000), 240 (252). 86 Zu der gesamten Diskussion um § 816 Abs. 1 S. 1 BGB siehe ausführlich Helms, Gewinnherausgabe, S. 79 ff. 87 Medicus, Bürgerliches Recht, Rn. 723. 88 So Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 322. 89 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, S. 322; dem zustimmend: Helms, Gewinnherausgabe, S. 81 ff.; hierzu auch Kupisch, FS Niederländer, S. 305 ff.

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gung der Einrede des Dritterwerbers nach § 320 BGB, nur Zug um Zug gegen Lieferung der Kaufsache zahlen zu müssen, werden kritisiert, da sowohl der Wille des Normgebers als auch das natürliche Verständnis des Normadressaten unberücksichtigt blieben.90 Nach einer differenzierenden Auffassung von Helms lasse die „bewegte Entstehungsgeschichte“ deutlich werden, dass sich nach dem Verständnis des Gesetzgebers das Erlangte auf die Gegenleistung erstrecke.91 Hierbei sei jedoch zu beachten, dass in der Lebenswirklichkeit Veräußerungserlös und objektiver Wert der Sache in aller Regel gleichzusetzen sind.92 Aus Praktikabilitätsgesichtspunkten solle daher prima facie davon ausgegangen werden, dass der gezogene Kaufpreis dem objektiven Wert der Sache entspricht. In Fällen, in denen der erwirtschaftete Kaufpreis offensichtlich über dem objektiven Wert der Sache liegt, folglich ein Übererlös erwirtschaftet wurde, sei danach zu differenzieren, ob der Mehrerlös auf die besonderen Leistungen des Veräußerers bzw. auf seine Marktsituation zurückzuführen ist oder ob dem Gewinn eine gewisse Zufallskomponente zuzusprechen ist.93 In Fällen, in denen ein Gewinn nicht auf dem Wirtschaftspotential des Gegenstandes beruht, sondern aufgrund der Eigenleistung des Veräußerers erwirtschaftet wurde, sei eine Gewinnabschöpfung nicht gerechtfertigt. Die wohl überwiegende Meinung in der Rechtsprechung geht aber davon aus, dass „das aus der Verfügung Erlangte“ der erwirtschaftete Kaufpreis darstellt, so dass auch ein Übererlös an den Berechtigten herauszugeben ist. Dieses Verständnis lässt sich bei „unbefangener Lektüre“94 aus dem Wortlaut des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ableiten. Faktisch stellt dies eine Gewinnabschöpfung dar. Der Nichtberechtigte soll nicht noch von seinem nicht gerechtfertigten Handeln profitieren.95 Der Berechtigte hingegen trägt einerseits das Risiko, einen Gegenstand „unter Wert“ zu veräußern, andererseits kommt ihm ein gezogener Gewinn zu Gute.96 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich § 816 Abs. 1 S. 1 BGB nach der differenzierenden Auffassung von Helms sowie der Auffassung 90

Helms, Gewinnherausgabe, S. 81. Siehe zur Entstehungsgeschichte des § 816 BGB auch Helms, Gewinnherausgabe, S. 81 ff. 92 Helms, Gewinnherausgabe, S. 84. 93 Insbesondere sind jedoch auch diejenigen Gewinnerzielungsmöglichkeiten, die durch die Verletzungshandlung zutage getreten sind, aus einer ex-post-Perspektive für die Bestimmung des konkreten Marktwertes einzubeziehen, siehe hierzu genauer Helms, Gewinnherausgabe, S. 89; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, § 72 III 3b und c, S. 277 ff. 94 So Helms, Gewinnherausgabe, S. 81. 95 Schwab, in: MünchKomm, BGB, § 816 Rn. 43. 96 Sprau, in: Palandt, BGB, § 816 Rn. 20 m. w. Nachw. 91

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

von Medicus nicht als Grundnorm für eine Gewinnabschöpfung eignet, wobei in einer Vielzahl von Fällen ein mit der herrschenden Meinung übereinstimmendes Ergebnis erzielt wird. Allein die herrschende Meinung schreibt der Norm eine Gewinnabschöpfungsfunktion zu. c) Verhältnis der bereicherungsrechtlichen Gewinnhaftungsnormen Die unterschiedliche Handhabung der bereicherungsrechtlichen Ansprüche aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB sowie §§ 812, 818 Abs. 1 BGB seitens der herrschenden Meinung wird teilweise als inkonsequent beurteilt.97 Das für § 818 Abs. 1 BGB gefundene Ergebnis, dass sich der Bereicherungsanspruch auf den objektiven Wertersatz beschränkt, werde fälschlicherweise nicht im Wege einer korrigierenden Auslegung für § 816 Abs. 1 S. 1 BGB herangezogen.98 Überraschend ist die Divergenz der Ergebnisse bei Beeinträchtigungen fremder Rechtspositionen durch Verfügungen, je nachdem, ob der Anspruch aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB bzw. § 285 Abs. 1 BGB hergeleitet wird oder ob § 818 Abs. 1 und Abs. 2 herangezogen wird.99 Die herrschende Meinung betont die Parallelität der Ansprüche aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB und § 285 BGB. Von anderer Seite wird diese Argumentationsweise zutreffend als Zirkelschluss bezeichnet: Wenn bei § 816 Abs. 1 S. 1 BGB auf § 285 Abs. 1 BGB verwiesen und dessen angebliche Gewinnhaftungsfunktion betont wird, so führen die Befürworter einer Gewinnabschöpfung auf der Grundlage des § 285 Abs. 1 BGB die angeblich gesicherte Gewinnhaftung nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB als ihr Hauptargument an.100 d) Transfer zur Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda In der Rechtsfolge gleicht die kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda einem Bereicherungsanspruch, da die Herausgabe des Erlangten gefordert wird.101 In der Zielsetzung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung, eine Rechtsdurchsetzungslücke zu schließen und Vermögensvorteile ohne Rechtsgrund abzuschöpfen, klingt ebenfalls die Zielsetzung des Bereicherungsrechts an, das im Wesentlichen als ein Billigkeits97

So Helms, Gewinnherausgabe, S. 16. Helms, Gewinnherausgabe, S. 17. 99 Helms, Gewinnherausgabe, S. 20. 100 Helms, Gewinnherausgabe, S. 21. 101 Zum Wettbewerbsrecht: Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, § 10 Rn. 5; Schaub, GRUR 2005, 918 (921). 98

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recht angesehen werden kann, da es ungerechtfertigte Vermögenszustände korrigieren will.102 Ein weiteres Kriterium für die Beurteilung der bereicherungsrechtlichen Qualifikation ist das Verschuldenselement. Sofern die Gewinnabschöpfung verschuldensunabhängig auszugestalten wäre, würde dies für eine bereicherungsrechtliche Qualifikation sprechen. Gerade ein Modell der Gewinnabschöpfung in Anlehnung an § 16(b) SEA würde auf den Nachweis der schuldhaften Pflichtverletzung verzichten.103 Das Bereicherungsrecht bezieht erst auf der Rechtsfolgenseite, §§ 818 Abs. 3, 818 Abs. 4, 819 BGB, Verschuldensaspekte mit ein. Man muss jedoch beachten, dass eben die Verschuldensunabhängigkeit als maßgeblicher Kritikpunkt an der US-amerikanischen Lösung in Gestalt von § 16(b) SEA angeführt wird. Zudem wird ein Modell der Gewinnabschöpfung im deutschen Kapitalmarktrecht zumeist mit einem Verschuldenselement empfohlen.104 Um den Grundsätzen des Bereicherungsrechts zu entsprechen, müssten die abgeschöpften Vermögenswerte dem Entreicherten zugewandt werden.105 Dies stellt einen elementaren Grundsatz des Bereicherungsrechts dar. Fraglich ist somit, wer nach Tätigung eines Insidergeschäfts Entreicherter ist. Ein tatsächlich Geschädigter ist insbesondere aufgrund der mangelhaften Beweisführungsmöglichkeiten bezüglich Schaden und Kausalität nicht auszumachen.106 Zweifelhaft ist daher, ob aufgrund der Streuschädenproblematik und des besonderen Deliktstyps des Insiderhandels überhaupt ein Entreicherter vorhanden ist. Zudem gilt nach der zivilrechtlichen Dogmatik zu beachten, dass ein bloßer Vermögensschaden nach herrschender Auffassung nicht ausreicht, sondern die Verletzung eines absoluten Rechtsguts erforderlich ist. Eine bereicherungsrechtliche Qualifikation der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung scheitert daher letztlich an der Einordnung der Insidertransaktion als Eingriff in Eigentumsrechte der Gesellschaft.107 Für das Merkmal „auf dessen Kosten“ der bereicherungsrechtlichen Eingriffskondiktion genügt es nicht festzustellen, dass die Insider102 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 82; Lieb, in: MünchKomm, BGB, 4. Auflage, § 812 Rn. 1; näher zur sog. Einheits- und Trennungslehre auch Schwab, in: MünchKomm, BGB, Rn. 38. 103 Siehe näher zum Verschulden Kapitel 7, B., S. 322 ff. 104 Statt aller Veil, ZGR 2005, 155 (194). 105 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 82; mit dieser Begründung ist die bereicherungsrechtliche Qualifikation des Gewinnabschöpfungsanspruchs in § 10 UWG abgelehnt worden, vgl. hierzu Schaub, GRUR 2005, 918 (921); WimmerLeonhard, GRUR 2005, 12 (16). 106 Näher zum Geschädigten des Insiderhandels Kapitel 3, B.III.1.a), S. 162 ff. 107 Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 223; siehe hierzu bereits Kapitel 3, A.I.2. a)aa)(3), S. 111 ff.

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

informationen allein dem Unternehmen zustehen. Nach klassischer zivilrechtlicher Bewertung ist das Unternehmen gerade nicht als Eigentümer der Insiderinformation zu sehen, da es nicht zur Nutzung der Insiderinformation berechtigt ist, vgl. § 14 WpHG.108 Als Schlussfolgerung hierzu verbietet sich jedoch auch die Annahme eines Eingriffs in ein Recht bzw. den Zuweisungsgehalt eines Rechts des Unternehmens.109 Nach klassischen zivilrechtlichen Bewertungskriterien ist der herauszugebende Vorteil bei einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung folglich ohne Ausbeutung eines fremden Vermögensrechts erzielt worden. 4. Deliktische Haftung: Sog. dreifache Schadensberechnungsmethode Schließlich könnte die Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda an deliktische Haftungsgrundsätze anlehnen. Fraglich ist, ob das deutsche Deliktsrecht eine Gewinnabschöpfung als Sanktion vorsieht. Trotz des vorherrschenden Grundsatzes der Naturalrestitution im deutschen Schadensersatzrecht ist in bestimmten, sogleich näher zu erörternden Fällen der Ersatz von Vermögenswerten über den bloßen Kompensationsgedanken hinaus möglich. Hinter dem Begriff der sog. dreifachen Schadensberechnung verbirgt sich eine gewohnheitsrechtliche Konstruktion der Schadensberechnung, die dem Geschädigten ein Wahlrecht einräumt, die Kompensation eines konkreten Schadens nach §§ 249 ff. BGB einschließlich des entgangenen Gewinns aus § 252 BGB, die Erstattung einer nicht gezahlten Lizenz (Lizenzanalogie) oder die Herausgabe des Verletzergewinns zu verlangen.110 Als Begründung des Anspruchs auf Herausgabe des Verletzergewinns wird auf die Rechtsfigur der unechten Geschäftsführung aus §§ 687 Abs. 2, 677 BGB analog verwiesen.111 108 Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 224; vgl. die Diskussion zur GoA unter Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(3), S. 111 ff. 109 Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 224; Tippach, Insider-Handelsverbot, S. 50. 110 Die Berechnungsformen „Lizenzgebühr“ und „Gewinnherausgabe“ stehen grundsätzlich nebeneinander. Die Variante der „Lizenzgebühr“ ist eine Kategorie des Schadensersatzes, die Gewinnherausgabe ihrer Rechtsnatur nach jedoch nicht. Dennoch besteht zwischen beiden ein wirtschaftlicher Zusammenhang über das Merkmal der „Angemessenheit“ der Lizenz, Däubler, JuS 1969, 49 (49); von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 34; RGZ 35, 63; Meier-Beck, GRUR 2005, 617 f.; Tilmann, GRUR 2003, 647 (652), zur Entwicklung der sog. dreifachen Schadensberechnungsmethode siehe bei Helms, Gewinnherausgabe, S. 222 f. 111 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 34. Insgesamt zeigt sich jedoch kein einheitliches Bild. Der Rechtsprechung ist es nicht gelungen, eine Einordnung der dritten Schadensberechnungsmethode in das System des geltenden Haftungsrechts vorzunehmen, vgl. hierzu genauer Helms, Gewinnherausgabe, S. 244 ff., 263 ff.

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Der Normzweck bei Immaterialgüterrechten gebietet aufgrund deren erhöhten Verletzbarkeit eine dreifache Schadensberechnung.112 Wegen der unkörperlichen Natur der Rechte sind Vorkehrungen, welche Verletzungen verhindern, nur schwer zu treffen. Zudem fällt auch der Nachweis eines Schadens schwer.113 Schließlich ist auch der hypothetisch zu erwirtschaftende Gewinn nur mit Mühe zu bestimmen. Aus diesen Gründen besteht im Falle der Verletzung von Immaterialgüterrechten in erhöhtem Maße die Gefahr, dass eine eingetretene Verletzung ohne jede Sanktion bleibt.114 Zur Sicherung der Rechtsdurchsetzung und zum Schutz der erfassten (hochwertigen) Rechte ist daher die dreifache Schadensberechnung erforderlich. Der Anwendungsbereich der alternativen Schadensberechnungsmethoden, insbesondere der dritten Schadensberechnungsmethode, ist jedoch auf bestimmte Rechtsgebiete beschränkt. Hier sollen zwei wesentliche Anwendungsbereiche kurz erläutert werden. a) Verletzung von Patent- und Urheberrechten Über die gesetzliche Grundlage der Figur der Herausgabe des Verletzergewinns wird diskutiert. So findet sich im Bereich des Urheberrechts eine ausdrückliche Rechtsgrundlage in § 97 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG. Im Patentrecht gibt es jedoch keine ausdrückliche gesetzliche Verankerung der Gewinnhaftung. Vielmehr sieht § 139 PatG einen Schadensersatzanspruch als Rechtsfolge einer Patentverletzung vor. Die Einordnung in die bestehenden Kategorien des Schadensersatzrechts, der Geschäftsführung ohne Auftrag oder des Bereicherungsrechts ist schwierig. Nach verbreiteter Ansicht ist eine schematische Einordnung nicht erstrebenswert, da die dem jeweiligen Normentypus eigenen Aspekte bei nur einseitiger Anwendung unterlaufen würden und daher nur ein Zusammenspiel der Normen sachwidrige Resultate verhindert.115 Sofern beispielsweise eine vorsätzliche Patentverletzung vorliegt, kann mit Hilfe der Figur der angemaßten Eigengeschäftsführung eine Gewinnherausgabepflicht in systematisch unbedenklicher Weise begründet werden.116 Eine Patentverletzung ist ein Eingriff in den Rechtskreis des Patentinhabers, so dass die Voraussetzungen der angemaßten Eigengeschäftsführung erfüllt sind.117 Die 112

Däubler, JuS 1969, 49 (51). Däubler, JuS 1969, 49 (51). 114 Däubler, JuS 1969, 49 (51). 115 Däubler, JuS 1969, 49 (53). 116 Haedicke, GRUR 2005, 529 (530). 117 Siehe zur Frage der Begründung einer Gewinnhaftung des fahrlässig gegen Patentrecht Verstoßenden BGH, GRUR 2001, 329 (331) (Gemeinkostenanteil ). 113

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

Abschöpfung des auf rechtswidrige Weise erwirtschafteten Gewinns dient der Prävention. Ohne ein einheitliches scharfes Haftungsregime würden Investitionen in Innovation gebremst.118 b) Verletzung von sonstigen Rechten, insbesondere Persönlichkeitsrechten Die für das Immaterialgüterrecht entwickelten Grundsätze finden nach überwiegender Ansicht auch bei der unbefugten Verwendung von Gebrauchs- und Geschmacksmustern119, bei Eingriffen in das Recht am Warenzeichen sowie bei Eingriffen in reine Persönlichkeitsrechte Anwendung.120 Bei Persönlichkeitsverletzungen, beispielsweise durch Berichterstattungen in Rundfunk, Fernsehen und Printmedien in Form von ungenehmigten Verwendungen von Fotos, Enthüllungen von Details aus dem Privat- oder Intimleben, wird zumeist ein Anspruch auf Immaterialschadensersatz geltend gemacht.121 Im Fall „Marlene Dietrich“122 machte der BGH grundsätzliche Ausführungen zur Problematik des kommerzialisierten Werts des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht diene nicht nur der Wahrung des ideellen Anspruchs auf Achtung, sondern habe darüber hinaus – ebenso wie die besonderen Persönlichkeitsrechte – auch die Aufgabe, kommerzielle Verwertungsinteressen zu schützen.123 In diesen Fällen der Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Massenmedien gehe es weniger um Schadensausgleich als um Genugtuung, vor allem aber um Prävention.124 Demzufolge sei die Entschädigung so anzusetzen, dass von ihr ein „echter Hemmungseffekt“ für die autorisierte Vermarktung der Persönlichkeit der Klägerin ausgehe. „Erfolgt der Einbruch in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vorsätzlich mit dem Ziel der Auflagensteigerung und Gewinnerzielung, dann gebietet der Gedanke der Prävention, die Gewinnerzielung als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe der Geldentschädigung einzubeziehen.“125 118 Erwägungsgrund 9 der Richtlinie 2004/84/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates v. 29.4.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, ABlEG Nr. L 157 v. 30.4.2004, S. 45 ff. 119 Siehe zum GeschmMG § 42 Abs. 2 GeschmMG. 120 Siehe zum Gebrauchsmuster- (RGZ 50, 111 (115 f.); Geschmacksmuster(§ 42 GeschmMG, BGH, GRUR 1963, 640 (642); und Markenrecht (BGHZ 34, 320 (322 ff.); BGHZ 44, 372 ff.; BGH, GRUR 2006, 419 (420) auch Däubler, JuS 1969, 49 (50). Weitere Anwendungsgebiete sind das Namens- und Firmenrecht (BGHZ 60, 206 (208 f.). 121 Helms, Gewinnherausgabe, S. 286 ff., 300. 122 BGH, NJW 2000, 2201 (Blauer Engel ). 123 BGH, NJW 2000, 2201 (Blauer Engel ). 124 BGHZ 128, 1 (15) (Caroline von Monaco).

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Jedoch ist hier zu betonen, dass der erwirtschaftete Gewinn selbst bei der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu kommerziellen Zwecken nicht den Klagegegenstand darstelle, sondern lediglich bei Bemessung der Entschädigung heranzuziehen sei.126 c) Transfer zur Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda Der kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfungsanspruch de lege ferenda könnte sich in das Deliktsrecht eingliedern lassen. Auch wenn er keine spezifischen deliktstypischen Elemente aufweist, so ist doch ein wesentlicher Ursprung der Diskussion um einen kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfungsanspruch in einem kollektiven Schadensersatzanspruch zu sehen.127 Eine Einordnung in das deliktische Schadensersatzrecht setzt voraus, dass ein eigener Schaden des Anspruchsberechtigten vorliegt. Sofern Anspruchsinhaber und Geschädigter bzw. Gewinnempfänger nicht personenidentisch sind, erscheint eine Qualifikation der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung als deliktischer Anspruch zweifelhaft. Eine weitere Hürde bereitet erneut das Erfordernis der Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts. Dem deutschen Deliktsrecht liegt die Vorstellung zugrunde, dass bei der Haftung gegenüber jedermann Zurückhaltung geboten ist, weil der Kreis der potentiellen Gläubiger theoretisch unbegrenzt ist. Diese Zurückhaltung äußert sich in der nur begrenzten Gewähr von Ersatz für primäre Vermögensschäden im Rahmen der §§ 823 ff.128 Wie bereits aufgezeigt, ist durch die Insidertransaktion kein absolutes Recht der Anleger eines Emittenten an der Insiderinformation verletzt worden. Zwischen dem Insider und anderen Anlegern scheiden daher deliktische Ansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB von vornherein aus, da die Anleger nicht berechtigt sind, die Insiderinformation zu verwerten und 125

BGHZ 128, 1 (16) (Caroline von Monaco). „Auch in Fällen rücksichtsloser Kommerzialisierung der Persönlichkeit ist keine ‚Gewinnabschöpfung‘ vorzunehmen, wohl aber ist die Erzielung von Gewinnen aus der Rechtsverletzung als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe der Geldentschädigung einzubeziehen“, BGHZ 128, 1 (16). Es ist Aufgabe des Richters, mit Blick auf die Interessen des Opfers sowie das Verhalten des Täters den Gewinnanteil festzulegen, vgl. auch Helms, Gewinnherausgabe, S. 309. 127 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 86. 128 So bedarf es für den Ersatz primärer Vermögensschäden der Verletzung eines Schutzgesetzes. Die Schutzgesetzeigenschaft wertpapierhandelsrechtlicher Normen muss nach noch herrschender Auffassung abgelehnt werden, siehe Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(5). S. 113 ff.; siehe auch Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 218. 126

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damit keine Eigentümerstellung innehaben. Doch auch der Emittent selbst kommt als Eigentümer der Insiderinformation im klassischen Sinne nicht in Betracht.129 5. Zusammenfassung und Schlussfolgerung für die kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung Zunächst bleibt festzuhalten, dass es sich bei der zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung de lege lata um eine Sanktionsfigur handelt, die einer hinreichend konkreten und gesicherten Struktur (noch) entbehrt, da keine einheitliche Systematik existiert. Vielmehr handelt es sich um eine lose Aneinanderreihung von Einzelproblemen und diversen Anspruchsgrundlagen.130 a) Zwei Arten von Gewinnhaftungsansprüchen Es können zwei Arten von Gewinnhaftungsansprüchen unterschieden werden. Zum einen ist eine Gewinnhaftung zum Ausgleich von Durchsetzungsdefiziten der herkömmlichen Schadensersatzansprüche denkbar, zum anderen zu Präventionszwecken. aa) Defizitäre Schadensersatzhaftung Kennzeichnendes und gleichzeitig verbindendes Merkmal aller Einzelfälle der Gewinnhaftung ist die defizitäre Schadensersatzhaftung sowie die fehlende praktische Durchsetzung der anderen Sanktionen, insbesondere aufgrund der fast unmöglichen Nachweisbarkeit eines Schadens.131 Die Kompensation schwer nachweisbarer Schäden bedeutet für die Gewinnhaftung jedoch nur einen erwünschten Nebeneffekt, sicherlich nicht den die Haftungsfolge legitimierenden Hauptzweck.132

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Siehe hierzu auch Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(3), S. 111. „Der Gewinnabschöpfungsanspruch wird sowohl auf der Grundlage des Geschäftsführungsrechts als auch des Bereicherungs- und des Schadensersatzrechts begründet, doch eine gesicherte Heimat findet er nirgends“, so Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 86; ebenso Helms, Gewinnherausgabe, S. 20: „das deutsche Recht enthält keine lückenlose, systematisch stimmige Lösung.“ 131 So insbesondere im Rahmen des Wettbewerbs- und Kartellrechts; vgl. Helms, Gewinnherausgabe, S. 139. 132 Vgl. Ebert, Geschäftsanmaßung, S. 345; Helms, Gewinnherausgabe, S. 139. 130

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bb) Gesteigertes Präventionsbedürfnis bei besonderen Rechtsgütern Auch ein gesteigertes Präventionsbedürfnis wird als Grund für eine Gewinnhaftung akzeptiert. In diesen Regelungskreis ist die Gewinnabschöpfung bei Verletzung von Immaterialgüterrechten zu verorten.133 Hier erlangt die Gewinnhaftung Bedeutung, da es um den Schutz hochwertiger Schutzgüter geht und die Verletzung dieser als besonders sanktionierungsbedürftig erscheint. Es steht die Bemühung im Vordergrund, dem Rechtsgutsinhaber dasjenige zuzusprechen, was ihm gebührt.134 Die Benutzung fremder Rechtsobjekte kann hier als maßgebliches Kriterium der Gewinnhaftung gewertet werden, wobei es auf Vermögensverschiebungen und Vermögensnachteile nicht ankommt.135 Tatbestandskriterium einer Gewinnhaftung ist danach die „Ausnutzung eines identifizierbaren Rechtsobjekts“.136 Diskussionswürdig ist die Frage, ob die Gewinnhaftung allein bei der Verletzung absoluter Rechtsgüter eingreift. Rechtsprechung und Lehre haben dies in der Vergangenheit bejaht.137 Von anderer Seite wird vorgebracht, dass die für die Gewinnhaftung wesentlichen Elemente bei absoluten wie bei relativen Rechten anzutreffen seien.138 Maßgebend sei danach nur der Eingriff in den Geschäftsbereich (in Anlehnung an die angemaßte Eigengeschäftsführung), die Art des verletzten Rechts sei nicht von Bedeutung. Das Festhalten an der Zuweisungstheorie führe zu einer unangemessenen Beschränkung des Gegenstandes der Gewinnhaftungspflicht auf absolute Rechte.139 b) Transfer zur Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda Bei einer Übertragung der „Struktur“ der Gewinnabschöpfung auf das Kapitalmarktrecht stellt sich die Frage, ob eine mit Insiderwissen getätigte Transaktion bzw. die Nichterfüllung von Mitteilungspflichten die Verletzung subjektiver Rechte mit sich bringt. Verstöße gegen bloße Verhaltensanforderungen, mit denen kein fremdes Recht verletzt wurde, begründen 133

Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 113. Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 87. 135 Kellmann, Grundsätze der Gewinnhaftung, S. 86. 136 Kellmann, Grundsätze der Gewinnhaftung, S. 86. 137 Siehe hierzu in der obigen Analyse bei den jeweiligen Ansprüchen Kapitel 5, C.I.2.a), S. 230 ff. (für die Geschäftsanmaßung), Kapitel 5, C.I.3.a)bb), S. 234 ff. (für das Bereicherungsrecht). 138 Statt aller: Kellmann, Grundsätze der Gewinnhaftung, S. 90. 139 Kellmann, Grundsätze der Gewinnhaftung, S. 90. 134

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

grundsätzlich keinen Anspruch auf Gewinnabschöpfung, auch nicht bei vorsätzlichen Begehungsweisen.140 Nach klassischen zivilrechtlichen Beurteilungsmaßstäben kann nur beim Transaktionspartner ein Eingriff zumindest in relative Rechte – nicht jedoch die Verletzung eines absoluten Rechts – bejaht werden. Die Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht dient bei einer privatrechtlichen Ausgestaltung allein den Vermögensinteressen der Anleger, nicht jedoch der Verfolgung von Verletzungen immaterieller oder absolut geschützter Rechte. Zudem kommt der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung der wesentliche Zweck zur „Kompensation“ nicht nachweisbarer oder nur schwer errechenbarer Schäden zu. Eine Einordnung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung in etablierte zivilrechtliche Anspruchskategorien erscheint wegen der Uneinheitlichkeit in der Rechtsnatur nicht möglich. Die Figur der Gewinnabschöpfung ähnelt in verschiedenen Punkten altbekannten zivilrechtlichen Systematiken, jedoch fällt eine eindeutige Einordnung in das bestehende System schwer. Auch misslingt die Zuordnung der Gewinnabschöpfung zu Konzepten der kapitalmarktrechtlichen Informationshaftung. Eine Kapitalmarktinformationshaftung kann einerseits auf der von Canaris entwickelten Vertrauenshaftung141 oder andererseits entsprechend dem Vorschlag Assmanns begründet werden, im Bereich der Prospekthaftung die Informationspflichten als deliktische Verkehrspflichten zu qualifizieren und die Informationshaftung damit als Haftung für die Verletzung von Informationsverkehrspflichten deliktisch zu verorten.142 Bei der hier favorisierten Gewinnabschöpfung sind materiellrechtliche Verhaltenspflichten, deren Nichtbefolgung eine Gewinnabschöpfung auslösen kann, die Meldepflichten nach § 15a WpHG. Auch wenn es sich hierbei um Informationspflichten handelt und eine deliktische Einordnung bei Anerkennung von Informationsverkehrspflichten damit grundsätzlich möglich erscheint, dient § 15a WpHG der Aufdeckung und Verfolgung von Insiderhandel. Insiderhandel stellt zwar eine unberechtigte Ausnutzung von Insiderinformationen dar, jedoch ist der Insider, wie gezeigt, nicht selbst zur Informationsveröffentlichung verpflichtet. Bei den Insiderhandelsverboten handelt es sich um Unterlassungspflichten, auf die Modelle von deliktischen Informationsverkehrspflichten nicht angewendet werden können. Auch das Konzept der Vertrauenshaftung kann daher auf die Konstellation des Insiderhandels nicht übertragen werden. Insbesondere fehlt es an einem positiv gesetzten Vertrauenstatbestand. Die unterlassene Mitteilung 140

Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 91. Canaris, Vertrauenshaftung, S. 490 ff. 142 Assmann, Prospekthaftung, S. 252 ff.; vgl. auch Baums, ZHR 167 (2003), 140 (165); Köndgen, FS Druey, S. 791 (805 ff.). 141

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der Insiderinformation oder der Meldung nach § 15a WpHG kann nicht als Vertrauenstatbestand gewertet werden.143 Folglich würde es sich bei einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung um einen Anspruch sui generis handeln, für den weder das Deliktsnoch das Bereicherungsrecht als Ausgangspunkt passend sind.144 Der Gesetzgeber ist grundsätzlich dazu befugt, neue Anspruchsgrundlagen zu schaffen, deren Einordnung in bestehende zivilrechtliche Systematiken nicht gelingt. Insbesondere in „Grenzbereichen“145 können dadurch neue Formen von Anspruchsgrundlagen kreiert werden. Die genaue Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung soll an dieser Stelle noch nicht aufgezeigt werden. Die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen bedürfen eingehender Untersuchung. Fest steht jedoch, quasi nach dem Ausschlussprinzip, dass sich ein zivilrechtlicher Gewinnabschöpfungsanspruch im Kapitalmarktrecht nicht in die bestehenden Anspruchskategorien des BGB einfügen, sondern einen Anspruch sui generis darstellen würde.

II. Gewinnabschöpfung de lege lata im Wettbewerbsund Kartellrecht Im Folgenden soll auch eine Analyse der spezialgesetzlichen Gewinnabführungstatbestande vorgenommen werden, die im GWB und UWG verankert sind. Besondere Beachtung verdienen die Abschöpfungsansprüche nach § 10 UWG, § 34a GWB, welche einen Teil der privatrechtlichen Sanktionen im Wettbewerbsrecht bilden. Darüber hinaus sind Eintrittsrechte als wettbewerbswidrige Verhaltensweisen sowie deren Rechtsfolgen aufzuzeigen. Es wird der Frage nachgegangen, ob in anderen wirtschaftsrechtlichen Spezialgebieten eine Gewinnabschöpfung existiert, der für die kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda Vorbildcharakter zuzusprechen ist. 1. Eintrittsrechte Handlungsgehilfen (§ 61 Abs. 1 HGB), OHG-Gesellschafter (§ 113 Abs. 1 HGB) und Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft (§ 88 Abs. 2 S. 2 AktG) sind bei Verletzung von Wettbewerbsverboten zur Abführung des 143

Zur ähnlich gelagerten Diskussion über den Schutzgesetzcharakter im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB vgl. Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(5), S. 113. 144 Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, § 10 Rn. 5; Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 113 ff., 117 ff.; Rittner/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, S. 155; Wimmer-Leonhard, GRUR 2004, 12 (16). 145 Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 120.

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

Gewinns verpflichtet, indem sie ihrem Prinzipal bzw. ihrer Gesellschaft entweder ein Eintrittsrecht in verbotswidrig getätigte Geschäfte gewähren oder die bezogene Vergütung herausgeben müssen.146 Auch im GmbH-Recht, in dem keine ausdrückliche Normierung eines solchen Eintrittsrechts existiert, wird die Verpflichtung des Geschäftsführers zur Gewinnherausgabe in Analogie zu den genannten Bestimmungen einhellig angenommen.147 Als Beispiel für verbotswidrige Geschäfte dient der Fall, in dem sich leitende Bankangestellte entgegen einem Verbot der Bank mit Eigengeschäften am Devisenhandel beteiligt haben und alle Gewinne gemäß § 61 HGB herauszugeben hatten.148 Als weitere wettbewerbswidrige Verhaltensweisen in Gestalt von Vertragsverletzungen sind exemplarisch die Annahme von Bestechungsgeldern, der Verstoß gegen Wettbewerbsverbotsklauseln sowie Treuepflichtverletzungen zu nennen. § 88 Abs. 1 S. 2 AktG verbietet nicht nur Konkurrenztätigkeiten im engeren Sinne, sondern grundsätzlich jedes Tätigwerden als Mitglied des Vorstands, als Geschäftsführer oder als persönlich haftender Gesellschafter einer anderen Handelsgesellschaft. Dabei ist unbeachtlich, ob diese „konkurrierende“ Gesellschaft dem Geschäftszweig der betroffenen Aktiengesellschaft zugehört oder auf anderen Märkten tätig wird.149 2. Wettbewerbsrecht, § 10 UWG Ein rechtliches Novum stellt die wettbewerbsrechtliche Gewinnabschöpfung in § 10 UWG dar. Die durch einen Verstoß gegen das Verbot des unlauteren Wettbewerbs (§ 3 UWG) erlangten Vermögenswerte können nach § 10 UWG bei den Unternehmen, die unlauteren Wettbewerb betreiben, abgeschöpft werden. § 10 Abs. 1 UWG: Wer dem § 3 vorsätzlich zuwiderhandelt und hierdurch zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt, kann von den gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten auf Herausgabe dieses Gewinns an den Bundeshaushalt in Anspruch genommen werden.

146 Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (699); König, FS Caemmerer, S. 179 (198). Im Hinblick auf die Verletzung von Treuepflichten im US-amerikanischen Recht und die dortige Möglichkeit der Gewinnabschöpfung kann festgehalten werden, dass die im deutschen Recht normierten Eintrittsrechte einen wesentlichen Teil der angloamerikanischen Gewinnhaftung abdecken, König, FS Caemmerer, S. 179 (187); vgl. oben Kapitel 3, A.I.2.b)bb)(4)(a), S. 151 ff. 147 BGHZ 49, 30 (31), Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 92. 148 RGZ 109, 355. 149 Helms, Gewinnherausgabe, S. 2.

C. Materiellrechtliche Systemkonformität

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a) Zielsetzung Die maßgebliche Motivation zur Schaffung der Gewinnabschöpfung in § 10 UWG stellten ein Generalpräventions- und ein Sanktionsdefizit im Bereich des Wettbewerbsrechts dar.150 Nach der Regierungsbegründung dient der Anspruch weniger dem Interessenausgleich, sondern vielmehr der wirksamen Abschreckung und der Erfassung sog. Streuschäden.151 Unter dem Vorbehalt gewichtiger Detailkritik wird dem Gewinnabschöpfungsanspruch allgemein die berechtigte Funktion der Lückenschließung im Rechtsfolgensystem zugesprochen.152 Nach einer Stellungnahme des Bundesrates zu § 10 UWG sind Gewinnabschöpfungstatbestände gerechtfertigt und ordnungspolitisch vertretbar, weil sie einen wettbewerbswidrigen und damit ungerechtfertigten Vorteil neutralisieren.153 Es mag hilfreich sein, die Vorschrift des § 10 UWG anhand eines Beispielfalls zu erläutern: In den Fällen unvollständiger oder falscher Wiedergabe der Urteile der Stiftung Warentest ist ein werbendes Unternehmen in der Lage, innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums durch Manipulation und Beeinflussung der Käuferentscheidungen einen hohen Gewinn zu erwirtschaften.154 Dieser Gewinn soll dem Unternehmen nicht verbleiben, da sich rechtswidriges Verhalten nicht lohnen darf. Dennoch ist eine Schadensbestimmung im Einzelfall aufgrund der Vielzahl der Geschädigten nicht möglich, so dass entweder die Pauschalisierung der Schadenshöhe oder das Abschöpfen des Gewinns als Lösung verbleibt.155 Das Verbandsklagesystem des § 10 UWG soll unter anderem den Ausschluss individueller wettbewerbsrechtlicher Schadensersatzansprüche im Wettbewerbsrecht kompensieren.156 Ein An150 von Braunmühl, in: Fezer, § 10 UWG, Rn. 1; Rittner/Kulka, Wettbewerbsund Kartellrecht, S. 155. 151 BT-Drucks. 15/1487, S. 23, 24; Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 134; Leipold, Kollektivierung des Zivilprozesses, S. 123 (135); von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 65; zu den Streuschäden siehe auch Kapitel 3, B.III.2.a), S. 172. 152 Begr. RegE BT-Drucksache 15/1487, S. 23; Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 148; von Braunmühl, in: Fezer, § 10 UWG, Rn. 3, 82; Köhler, GRUR 2003, 265 (265); Wimmer-Leonhard, GRUR 2004, 12 (13). 153 Stellungnahme des BRat unter Punkt 23b zu § 10 RegE. – BT-Drucksache, 15/1487. 154 Vgl. hierzu auch von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 103. 155 Siehe zum Verhältnis der Gewinnabschöpfung zur Ausweitung der schadensersatzrechtlichen Ansprüche Kapitel 4, D., S. 186 ff. 156 Die Implementierung des Verbraucherschutzes als eigenständigen Schutzzweck in das UWG hat generell zu einer verstärkten Berücksichtigung der Verbraucherinteressen bei Auslegung der wettbewerbsrechtlichen Vorschriften geführt, von Braunmühl, in: Fezer, § 10 UWG, Rn. 5; Wimmer-Leonhard, GRUR 2004, 12 (13);

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

spruch nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 3 UWG ist mangels Schutzgesetzcharakters des § 3 UWG nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen ausgeschlossen.157 Der Ausschluss von Individualansprüchen durch die fehlende Nennung der Verbraucher in § 8 Abs. 3 UWG soll die Gefahr einer Klagenüberhäufung für das Unternehmen eindämmen.158 In einer „Klagenflut“ wird eine zu hohe Belastung der Wirtschaft gesehen. Damit verbunden seien auch Standortnachteile für Deutschland.159 b) Tatbestandsvoraussetzungen Tatbestandsvoraussetzung für einen Anspruch auf Gewinnabschöpfung gemäß § 10 UWG ist zum einen ein vorsätzliches Handeln des Verletzers entsprechend § 3 UWG sowie die Erzielung eines Gewinns auf Kosten einer Vielzahl von Abnehmern (sog. Streuschäden).160 § 3 UWG beinhaltet ein allgemeines Verbot des unlauteren Wettbewerbs. Als Fallgruppen eines tatbestandlichen Fehlverhaltens im Sinne von § 3 UWG wurde die unmittelbare Benachteiligung der Verbraucher beispielsweise durch Erwecken falscher Vorstellungen beim Abnehmer und durch unlauteres und belästigendes Direktmarketing anerkannt.161 Umstritten ist die Auslegung des Merkmals „auf Kosten“ im Rahmen des § 10 UWG. Zunächst kann festgehalten werden, dass darin eine wirtschaftliche Schlechterstellung auf Abnehmerseite zu fordern ist.162 Einerseits wird vertreten, dass diese Schlechterstellung in einem realen Vermögensnachteil liegen muss.163 Überwiegend wird jedoch das Merkmal extensiv interpretiert und „jeder gezielte Angriff auf die den Abnehmern auf dem Markt im Wettbewerb zugewiesene Funktion“ als eine Beeinträchtigung qualifiziert, zu deren Korrektur die Gewinnabschöpfung ein erforderliches anders in Österreich (ÖstOGH, ÖJZ 1998, 572 ff.) oder in der Schweiz (vgl. Art. 10 schweizerisches UWG.). 157 BGH, NJW 1983, 2493 (2494); BGH, NJW 1974, 1503; eine ähnliche Situation stellt sich im Kapitalmarktrecht im Bereich der insiderrechtlichen Regelungen der §§ 14 ff. WpHG, siehe Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(5), S. 113 ff. 158 Begr. z. Reg.E, S. 22. 159 Wimmer-Leonhard, GRUR 2004, 12 (13). 160 Der Regelungszweck der Erfassung von Streuschäden ist nicht offensichtlich, da der Anspruch nach § 10 UWG auf Gewinnherausgabe und nicht auf Schadensersatz gerichtet ist; vgl. Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 111; Schaub, GRUR 2005, 918 (921); vgl. Veil, ZGR 2005, 155 (182); Boesche, Wettbewerbsrecht, S. 67. 161 Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 25 ff. 162 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 73, 176. 163 Begr. RegE BT-Drucksache, 15/1487 S. 24; Köhler, in: Hefermehl/Köhler/ Bornkamm, UWG, § 10 Rn. 9.

C. Materiellrechtliche Systemkonformität

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Mittel darstellt.164 Auch das Merkmal der Vielzahl von verletzten Verbrauchern und dadurch entstandenen Schäden ist nicht in dem Sinne zu verstehen, dass das reale Ausfindigmachen der Verletzten und eine zahlenmäßige Benennung der Schäden erforderlich sind. Vielmehr soll nach Sinn und Zweck des § 10 UWG gerade keine umfangreiche Sammlung von Einzelfällen vorausgesetzt sein.165 Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 10 UWG bereiten in der Akzeptanz Schwierigkeiten. Als wesentlicher Kritikpunkt an § 10 UWG wird angeführt, dass die Schäden von Abnehmern und Mitbewerbern vermengt würden.166 Zudem werden praktische Probleme bei der Gewinnermittlung aufgezeigt.167 Anspruchsverpflichteter ist derjenige, der vorsätzlich gegen § 3 UWG verstoßen hat. Das Unternehmen kann unter den Voraussetzungen der §§ 31, 831 BGB analog ebenfalls zu Haftung herangezogen werden.168 Aktivlegitimiert, den Anspruch auf Herausgabe des Gewinns geltend zu machen, sind nach § 10 Abs. 1 UWG die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten. Dies sind nicht etwa Behörden, sondern Wirtschafts- und Verbraucherverbände sowie Industrie-, Handels-, und Handwerkskammern. Grundsätzlich ist die Verbandsklage ein effektives Mittel zur Liquidation der Streuschäden.169 Gleichwohl wird an der Verbandsklage nach § 10 UWG erhebliche Kritik geübt, auf die sogleich eingegangen wird. Eine Abtretung des Anspruchs, § 398 BGB, ist nicht zulässig. Ebenso ist auch eine Ermächtigung zur Anspruchsgeltendmachung ausgeschlossen.170 c) Rechtsfolge Als Rechtsfolge des § 10 UWG ergibt sich die Möglichkeit zur Gewinnabschöpfung.171 Die Herausgabe erfolgt an den Bundeshaushalt, um 164

Alexander, WPR 2004, 407 (418). von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 197; anders Micklitz/Stadler, die eine Zahl über 15 zugrunde legen. 166 Schaub, GRUR 2005, 918 (922). 167 Stadler/Micklitz, WRP 2003, 559 (561 f.); Begründung des Gesetzesentwurfs zu § 10 UWG, S. 24. 168 Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, § 10 Rn. 6. 169 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 113; a. A. Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 95 ff. 170 Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, § 10 Rn. 17. 171 Teilweise wird auch gefordert, den Anspruch in einen Schadensersatzanspruch umzuformen, wobei das prozessuale Element der Verbandsklage beibehalten werden soll, hierzu näher Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 134. 165

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

zu vermeiden, dass der Gewinn aus dem letztlich sachfremden Motiv der Einnahmeerzielung geltend gemacht wird.172 Doch ist das Auseinanderfallen von Aktivlegitimiertem und Gewinnempfänger erheblicher Kritik ausgesetzt.173 So stellen sich Probleme der fehlenden Anreizwirkung zur Klageerhebung für die Verbände, da sie den abgeschöpften Gewinn an den Staat herausgeben müssen.174 Anstelle der Gewinnauskehr an den Staat wurde auch die Gründung einer Stiftung vorgeschlagen, die die Interessen des Verbraucherschutzes fördert.175 Als Gegenargument wurde der befürchtete hohe Verwaltungsaufwand einer solchen Einrichtung vorgebracht, obgleich eingeräumt wurde, dass auch bei Abführung des Gewinns an den Bundeshaushalt eine zuständige Stelle in Gestalt des Bundesverwaltungsamtes geschaffen werden müsse.176 Aufgrund der Tatsache, dass die Arbeit der Verbraucherschutzverbände finanziell ohnehin durch öffentliche Mittel honoriert werde, sei der Zufluss des abgeschöpften Gewinns an den Bundeshaushalt gerechtfertigt.177 Es wird versucht, das Auseinanderfallen von Aktivlegitimiertem (Verband) und Gewinnempfänger (Staat) und Geschädigtem (Verbraucher) rechtlich einzuordnen. Eine Zuordnung zu Kategorien der Drittschadensliquidation ist nicht möglich, da Streuschäden nicht allein beim Rechtsinhaber eintreten und nicht nur aufgrund einer zufälligen Schadensverlagerung bei den Verbrauchern entstanden sind.178 Auch scheidet eine gesetzliche Prozessstandschaft aus.179 Bis zu einer Beleihung kommt es auch nicht, weil es an einer gesetzlich verankerten Verpflichtung fehlt, den Anspruch auf Herausgabe des Gewinns tatsächlich geltend zu machen, auch wenn dies das öffentliche Interesse gebietet.180 Es handelt sich daher bei § 10 UWG um einen Anspruch sui generis. 172

Wimmer-Leonhard, GRUR 2004, 12 (14). Siehe nur Boesche, in: BMELV, Kollektive Rechtsdurchsetzung, S. 25 (25). 174 Siehe hierzu genauer Kapitel 5, D.I., S. 258 ff. 175 Vgl. RegE UWG § 10 Abs. 4, BT-Drucksache 15/1487, S. 25; Wimmer-Leonhard, GRUR 2004, 12 (14). 176 Vgl. § 10 Abs. 5 S. 1 UWG; Begr. z. RegE, S. 25. 177 Begr. z. RegE, S. 25. 178 So im Rahmen des § 10 UWG von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 90; Wimmer-Leonhard, GRUR 2004, 12 (16): Die Verbände sind selbst Anspruchsinhaber und machen den Gewinn lediglich für fremde Rechnung, nämlich für den Bund geltend. 179 Zu diesem Ansatz vgl. Marotzke, ZZP 98, 160 (169 f.); von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 91. 180 So für § 10 UWG Wimmer-Leonhard, GRUR 2004, 12 (16): Zwar gilt im öffentlichen Recht das Opportunitätsprinzip, jedoch ist bei der danach erforderlichen Ermessensausübung eine „Ermessensreduzierung auf Null“ möglich. 173

C. Materiellrechtliche Systemkonformität

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d) Praktische Bedeutung In ihrer Ausgestaltung als Kombination von Verbands- und Leistungsklage mit Sanktionszweck ist die Vorteilsabschöpfung in § 10 UWG ein Novum im deutschen Recht und erheblicher Kritik ausgesetzt.181 So wird der Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG ein verschwindend geringer Anwendungsbereich nachgesagt. Insbesondere die gesetzlich angeordnete Subsidiarität führt zu einer nahezu fehlenden Praxisrelevanz. Ein Schadensersatzanspruch nach § 9 UWG geht einer Gewinnabschöpfung gemäß § 10 UWG grundsätzlich vor.182 Dies zeigt sich in der Regelung in § 10 Abs. 2 UWG, wonach individuelle Schadensersatzleistungen als Abzugsposten bei Ermittlung des Gewinns geltend gemacht werden können.183 Ebenfalls abzugsfähig sind staatliche Sanktionen wie z. B. Geldbußen und Geldstrafen, § 10 Abs. 2 S. 1 UWG, was den Anwendungsbereich noch erheblich einschränkt. Auch bereitet das Erfordernis des Nachweises vorsätzlichen Verhaltens des Verletzers ein erhebliches Problem für die Praxis.184 Die bislang zu § 10 UWG erhobenen Gewinnabschöpfungsklagen scheiterten allesamt an diesbezüglichen Schwierigkeiten in der Beweisführung.185 Die weitere Kritik an § 10 UWG ist an dieser Stelle nicht im Detail zu vertiefen.186 Es kann nur soviel festgehalten werden: Die Norm wird mangels praktischer Bedeutung für einen „schönen bunten Papiertiger“187 gehalten. Zudem wird bemängelt, dass § 10 UWG nicht ausschließlich Streuschäden fokussiere, sondern auch Massenschäden erfasse.188 Bei Massenschäden seien ebenfalls substanzielle Einbußen seitens des Verbrauchers gegeben. Gegenüber der Berechtigung der nicht geschädigten Verbände zur Geltendmachung der Verbraucherschäden wäre die Einräumung der Aktivlegitimation der Verbraucher selbst vorzugswürdiger gewesen.189 Teilweise 181

von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 16. Schaub, GRUR 2005, 918, (921); Wimmer-Leonhard, GRUR 2004, 12 (14); Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 144. 183 Im Rahmen der Zwangsvollstreckung ist dies über § 767 ZPO geltend zu machen, näher zur Vollstreckungsgegenklage siehe beispielsweise Stöber/Herget, in: Zöller, ZPO, § 767. 184 Für eine Erstreckung fahrlässiger Verstöße daher Schmauß, Gewinnabschöpfungsanspruch von Verbänden, S. 118. 185 Wegen des Vorsatzerfordernisses blieb das Verfahren ohne Erfolg; vgl. LG Bonn, GRUR-RR 2006, 111; LG Heilbronn VuR 2007, 73–74; Entscheidungsbesprechung Beuchler, WRP 2006, 1288–1293. 186 Überblick bei Von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 99 ff.; BT-Drucks. 15/3163, S. 2; Stadler/Micklitz, WRP 2003, 559 (562). 187 Stadler/Micklitz, WRP 2003, 559 (562). 188 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 111. 189 Vgl. den Vorschlag von Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 53. 182

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

wird zwar die Gewinnabführung an den Bundeshaushalt als tragfähiger Kompromiss bezeichnet, jedoch vorgeschlagen, dass die Mittel zweckgebunden für die Arbeit der Anspruchsberechtigten verwendet werden müssten.190 Weiter sei eine Begrenzung der Verbandsklage auf Ansprüche über beispielsweise 25 EUR anzuraten.191 Darüber hinaus mangele es aufgrund der Festsetzung der Gewinnabschöpfung als alleinige Rechtsfolge an genügender Flexibilität bei der Rechtsdurchsetzung. Doch äußern sich zu § 10 UWG auch positive Stimmen. So sei § 10 UWG eine konzeptionell sinnvolle Ergänzung des bisherigen Sanktionensystems, um sicherzustellen, dass Zuwiderhandlungen angemessen sanktioniert werden und dem unlauter Handelnden der erwirtschaftete Gewinn nicht verbleibt.192 3. Kartellrecht, § 34a GWB Im Kartellrecht existieren zwei Rechtsgrundlagen für eine Vorteilsabschöpfung. Zunächst kommt § 34 Abs. 1 GWB in Betracht. Hier handelt es sich um eine administrative Vorteilsabschöpfung durch die Kartellbehörde. Diese Norm wird im Rahmen der administrativen Gewinnabschöpfung im siebten Kapitel näher erörtert.193 Nach § 34a GWB haben Verbände die Möglichkeit, einen rechtswidrig erwirtschafteten Vorteil herauszuverlangen. Der Vorteilsabschöpfungsanspruch in § 34a GWB ist dem Gewinnabschöpfungsanspruch in § 10 UWG nachgebildet und ähnlicher Kritik ausgesetzt.194 Durch die Schaffung einer § 10 UWG entsprechenden Regelung im GWB sollte zwar der individuelle Rechtsschutz gestärkt werden, gleichwohl stellen sich in diesem Zusammenhang ebenfalls die oben genannten Probleme und Streitstände, insbesondere verschwimmt auch hier die Grenze zwischen privatrechtlichen Ansprüchen und staatlichen Sanktionen.195 Die Verbände und Einrichtungen, die nach § 32 Abs. 2 GWB zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs berechtigt sind, sind subsidiär zur Kartellbehörde dazu ermächtigt, den durch einen Verstoß i. S. d. 190

Schmauß, Gewinnabschöpfungsanspruch von Verbänden, S. 123. Vorschlag von Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 53. 192 Neuberger, Der wettbewerbsrechtliche Gewinnabschöpfungsanspruch, S. 132. 193 Siehe hierzu näher Kapitel 6, A.II.1., S. 298 ff. 194 Vgl. Begr. RegE eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewersbeschränkungen v. 7.7.2005, BGBl. I v. 12.7.2005, BT-Drucksache 15/3640, S. 55 f.; Klose, in: Wiedemann, Handbuch Kartellrecht, S. 1791 zu weiteren Kritikpunkten an der Verbandsklage siehe im Rahmen des § 10 UWG unter Kapitel 5, C.II.2.d). 195 Vgl. Schaub, GRUR 2005, 918 (924). 191

C. Materiellrechtliche Systemkonformität

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§ 34 Abs. 1 GWB rechtswidrig erzielten Vorteil an den Bundeshaushalt herauszuverlangen.196 § 34a GWB soll verhindern, dass den Unternehmen rechtswidrig erwirtschaftete Gewinne verbleiben. Die vom Gesetzgeber angestrebte Prävention soll durch das Verbandsklagerecht verstärkt werden.197 Es ist anerkannt, dass der Präventionsgedanke dem Zivilrecht nicht völlig fremd ist, dennoch nicht als zivilrechtlicher Primärzweck bewertet werden kann.198 Das Gebot der Gerechtigkeit sowie das Interesse der Öffentlichkeit forderten die Korrektur eines wirtschaftlichen Unrechtstatbestands.199 Der Gesetzgeber zeigt mit Schaffung des § 34a GWB, dass er grundsätzlich alles unternehmen möchte, um demjenigen, der kartellrechtlichen Verboten zuwiderhandelt, mit der Sanktion der Vorteilsabschöpfung zu begegnen. § 34a GWB setzt einen Verstoß gegen die Vorschriften des GWB oder gegen Art. 81 oder 82 EGV voraus. Dieser Verstoß muss vorsätzlich erfolgen.200 § 34a GWB verlangt eine Vorteilsziehung zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern. Die Vorteilsabschöpfung durch Verbände betrifft nur die Verstöße zu Lasten der Marktgegenseite.201 Mit dem Mehrerlös sind diejenigen Vermögensvorteile erfasst, die sich aus der Durchsetzung von überhöhten Preisen ergeben.202 Aktivlegitimiert zur Geltendmachung der Vorteilsabschöpfung sind die nach § 33 Abs. 2 GWB anspruchsberechtigten Verbände. Als Rechtsfolge ist der abgeschöpfte Gewinn an den Staatshaushalt herauszugeben. In der Literatur wird bemängelt, dass der Gesetzgeber zu große Hürden eingebaut habe, als dass dem Vorteilsabschöpfungsanspruch nach § 34a GWB in der Praxis eine große Bedeutung zukommen könnte.203 Das im 196 Vertiefend von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 14; Klose, in: Wiedemann, Handbuch Kartellrecht, S. 1790 f.; zu einer Verbandsklage im Kartellrecht, bei der die eingeklagten Beträge von Geschädigten des Verbandes abverlangt werden könnten oder eine Abführung an den Staat vorgesehen werden kann, bereits Steindorff, ZHR 138, 1974, 504 (517); näher zu § 34 GWB Kapitel 6, A.II.1., S. 298. 197 Rehbinder, in: Loewenheim/Messen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 34a Rn. 1. 198 Näher zu präventiven Elementen bei zivilrechtlichen Haftungsansprüchen Kapitel 4, D.II., S. 191; Rehbinder, in: Loewenheim/Messen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 34a Rn. 1. 199 BT-Drucksache, 8/2136, S. 26. 200 Rittner/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, S. 482. 201 So auch Langen/Bunte, Komm. zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 34a Rn. 8. 202 BT-Drucksache, 8/2136, S. 26. 203 Emmerich, Kartellrecht, S. 544 m. w. Nachw.; vgl. auch zu den folgenden Argumenten: Emmerich, in: Immenga/Dannecker/Mestmäcker, GWB, § 34 Rn. 3; Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. Kartellrecht, § 34a, Rn. 1 f.

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

Rahmen von § 10 UWG geltend gemachte Argument, dass kein Verband so altruistisch sei, einen Prozess zu finanzieren, dessen eingeklagter Betrag an die Staatskasse fließt, erlangt auch hier Bedeutung.204 Als Manko der kartellrechtlichen Vorteilsabschöpfung durch Verbände wird zudem das Vorsatzerfordernis gesehen.205 Der Anspruch nach § 34a GWB ist subsidiär gegenüber dem Anspruch nach § 34 GWB. Sofern ein Verband seinen Anspruch geltend machen will, muss er das Bundeskartellamt über sein Vorgehen unterrichten, § 34a Abs. 4 GWB. Dem Bundeskartellamt steht insoweit ein zivilrechtlicher Auskunftsanspruch gegenüber den betreffenden Verbänden zu.206 Andererseits ist in den Fällen, in denen die Kartellbehörde kein Bußgeldverfahren einleitet, ein Vorgehen nach § 34a GWB möglich. Es sind sämtliche Leistungen des Unternehmens anzurechnen, die dieses bereits im Zusammenhang mit dem Verstoß erbracht hat.207 Auch wenn der gesetzliche Verweis in § 34a Abs. 2 GWB sich nur auf § 34 Abs. 2 S. 2 GWB erstreckt, die Subsidiarität von § 34 GWB gerade auch zu Geldbußen sowie dem Verfall jedoch in § 34 Abs. 2 S. 1 GWB geregelt ist, überwiegt die Auffassung, dass § 34a Abs. 2 GWB in seiner Ergänzungsfunktion von § 34 GWB auch die Subsidiarität der Vorteilsabschöpfung gegenüber Schadenersatzzahlungen regelt.208 4. Zusammenfassung für die spezialgesetzliche zivilrechtliche Gewinnabschöpfung de lege lata und Transfer zur Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda In anderen wirtschaftsrechtlichen Spezialgebieten als dem Kapitalmarktrecht findet die Gewinnabschöpfung de lege lata Anwendung, wobei nicht von einer einheitlichen Struktur der Sanktion gesprochen werden kann. Dennoch sind einige Gemeinsamkeiten der spezialgesetzlichen Gewinnabschöpfungsnormen festzuhalten. Die Gewinnabschöpfung versucht primär das beweisnotbedingte Sanktionsdefizit auszugleichen und einen präventiven Anreiz zur Einhaltung der gesetzlichen Verbote zu schaffen.209 Gegenüber Schadensersatzansprüchen oder strafrechtlichen Sanktionen greift die Gewinnabschöpfung jedoch nur subsidiär ein. Bei den Verbandsklagen im 204 Vgl. auch Kapitel 5, C.II.2., S. 248 ff.; Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. Kartellrecht, § 34a Rn. 3. 205 Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ. Kartellrecht, § 34a Rn. 9. 206 Emmerich, in: Immenga/Dannecker/Mestmäcker, GWB, § 34a Rn. 19 ff. 207 Rehbinder, in: Loewenheim/Messen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 34a Rn. 5. 208 Rehbinder, in: Loewenheim/Messen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 34a Rn. 5. 209 BGHZ 38, 306 (309); siehe hierzu auch Alexander, JZ 2006, 890 (892).

C. Materiellrechtliche Systemkonformität

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UWG sowie im GWB handelt es sich zwar nicht um zivilrechtliche Ansprüche im klassischen Sinne, da der Gewinn an den Staat bzw. an eine Behörde abzugeben ist, dennoch stehen die Ansprüche dogmatisch in zivilrechtlichem Kontext.210 So erfolgt die Durchsetzung der wettbewerbs- und kartellrechtlichen Gewinnabschöpfungsansprüche im Wege einer Verbandsklage. Es handelt sich hierbei um ein Instrument der kollektiven Rechtsdurchsetzung. Der Gesetzgeber folgt mit der Verbandsklage dem bewährten Weg der zivilrechtlichen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts.211 Beispielsweise ist die Unterlassungsklage nach § 8 UWG auch durch Verbraucherschutzverbände geltend zu machen, welche dann im Rahmen der Popularklage die Rolle des gesetzlichen Prozessstandschafters einnehmen.212 In den §§ 12 bis 15 UWG sind Sondervorschriften für den Wettbewerbszivilprozess enthalten. Einer Behörde, die das Lauterkeitsrecht durchsetzt, bedarf es hierbei nicht. Gegen Behördenbefugnisse im Wettbewerbsrecht spricht auch der Umstand, dass den Wirtschafts- und Verbraucherverbänden sowie den Kammern bei der praktischen Rechtsdurchsetzung eine erhebliche Bedeutung zukommt.213 Eine Ergänzung erfolgt durch strafrechtliche Normen – beispielsweise §§ 16 ff. UWG und §§ 299 ff. StGB – soweit ein besonderes Gefährdungspotential besteht.214 Individuelle Ansprüche einzelner Verbraucher gewährt das UWG hingegen nicht.215 Im Hinblick auf das Kapitalmarktrecht lässt sich Folgendes festhalten: Sowohl § 10 UWG also auch § 34a GWB könnten bei der konkreten Ausgestaltung der privatrechtlichen kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung als Vorbilder dienen. Zwar ist keine gefestigte Struktur einer spezialgesetzlichen privatrechtlichen Gewinnabschöpfung vorhanden. Mit nunmehr zwei Gewinnabschöpfungsansprüchen im deutschen Wettbewerbs- und Kartellrecht kann aber zumindest nicht mehr von einer singulären Entscheidung des Gesetzgebers gesprochen werden.216 Vielmehr hat der Gesetzgeber mit § 10 UWG und § 34a GWB eine neue Anspruchskategorie geschaffen, deren Zielsetzung und Durchsetzungsform auch für das Kapitalmarktrecht 210 Alexander, JZ 2006, 890 (890); von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 31. 211 Vgl. hierzu genauer von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 6 ff.; Rittner/ Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, S. 141. 212 Marotzke, ZZP 1985, 160 (199). 213 Rittner/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, S. 141. 214 Rittner/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, S. 141. 215 Nach wohl herrschender Ansicht stellt § 3 UWG kein Schutzgesetz i. S. v. § 823 Abs. 2 BGB dar, vgl. Rittner/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, S. 142; a. A. Säcker, WRP 2004, 1199 (1219 f.), rechtsvergleichend Augenhofer, WRP 2006, 169. 216 Alexander, JZ 2006, 890 (891).

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

fruchtbar gemacht werden könnte. Die Vor- und Nachteile einer Verbandsklage als Durchsetzungsform der Gewinnabschöpfung sind noch näher zu erörtern.217

D. Durchsetzung der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung Zu untersuchen bleibt, inwiefern sich ein privatrechtlicher Gewinnabschöpfungsanspruch de lege ferenda in das Umfeld kapitalmarktrechtlicher Sanktionen einfügen würde. Zivilrechtliche Sanktionen sind bis auf wenige spezialgesetzliche Normierungen im deutschen Kapitalmarktrecht nicht vorhanden. Zu nennen sind hier die Haftung des Emittenten wegen fehlerhafter Ad-hoc-Publizität nach § 37b Abs. 5 WpHG sowie die Haftung wegen fehlerhafter Erfüllung der Prospektpflicht nach § 45 Abs. 1 BörsG. Eine zivilrechtliche Gewinnabschöpfung würde daher ein neues Haftungsinstrument neben der primär öffentlich-rechtlichen, von Kontrolle durch Aufsichtsbehörden geprägten kapitalmarktrechtlichen Organisationsstruktur in Deutschland und Europa darstellen. Zu klären sind die möglichen Durchsetzungsvarianten einer privatrechtlichen Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht.

I. Vorfrage: Personenidentität: Geschädigter des Insiderhandels – Gewinnempfänger – Aktivlegitimierter 1. Personenidentität: Geschädigter der Insiderhandels und Gewinnempfänger Die Diskussion über die Qualifikation des Geschädigten beim Insiderhandel dient dazu, bei einer zivilrechtlichen Ausgestaltung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung festzustellen, wer als Kläger und Gewinnempfänger in Betracht kommt. Der Gewinn sollte bei einer privatrechtlichen Gewinnabschöpfung – unter dem Vorbehalt der Praktikabilität – geschädigtennah ausgezahlt werden. So ist bei der Qualifikation des Gewinnempfängers an den Schutzzweck einer Vorschrift anzuknüpfen. Grundsätzlich sollte bei einer zivilrechtlichen Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung derjenige den Gewinn erhalten, der durch das entsprechende sanktionswürdige Verhalten geschädigt wurde. Zivilrechtliche Sanktionen sollten 217

Siehe hierzu Kapitel 5, D.II.3.f), S. 286 ff.

D. Durchsetzung der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung

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möglichst auch die Opfer gutstellen und die Kompensation ihrer Ansprüche bewirken.218 Damit sollten die abgeschöpften Beträge so geschädigtennah wie nur möglich ausgezahlt werden.219 Es müsste folglich sichergestellt werden, dass der Empfänger des Gewinns mit dem Geschädigten (oder dem „nahe Geschädigten“) identisch ist. 2. Personenidentität: Gewinnempfänger und Aktivlegitimierter Um eine Effektivität der zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung als Sanktion im Kapitalmarktrecht zu gewährleisten, muss – wie bereits an verschiedenen Stellen angeklungen – auch die Geltendmachung des Gewinns mit der Empfangsberechtigung desselben (zumindest teilweise) korrespondieren.220 Zwar wird vertreten, dass aus wirtschaftspolitischer Perspektive die Drohung mit der Haftungsfolge bereits den Schädiger zu gewünschten Verhaltensänderungen veranlasse und damit der Empfänger des abgeschöpften Gewinns letztlich nur sekundäre Bedeutung habe.221 Jedoch ist hier einzuwenden, dass dies nur so lange der Fall ist, wie auch mit einer effektiven Sanktionierung gerechnet werden muss.222 Sofern jegliche Anreize für die Klageerhebung fehlen – was bei einem vollständigen Auseinanderfallen von Klagebefugtem und Gewinnempfänger der Fall ist – würde eine Gewinnabschöpfungsnorm in der Praxis leer laufen und damit nicht den gewünschten Präventiveffekt erzielen. Insbesondere bei den kartell- und wettbewerbsrechtlichen Vorteils- bzw. Gewinnabschöpfungstatbeständen wird zutreffend kritisch hervorgehoben, dass aufgrund der Abführung der Gewinne an den Staatshaushalt keine Anreize zur Erhebung einer Klage durch Verbraucherverbände bestehen.223

218 Thel, Hastings L.J. 42 (1991), 391 (451); zu den präventiven Zielen zivilrechtlicher Ansprüche Kapitel 4, D.II., S. 191 ff. 219 Siehe auch Schäfer, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 15; Winer, § 18.10 Disgorgement, S. 1. 220 Siehe zum Auseinanderfallen von Gewinnempfänger und Klagebefugtem im Rahmen des § 10 UWG Kapitel 5, C.II.2., S. 248 ff., im Rahmen des § 34a GWB Kapitel 5, C.II.3., S. 254 ff. 221 Schäfer, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 91; Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, § 10 Rn. 4. 222 Siehe zur sog. Vorfeldwirkung von Sanktionen Kapitel 3, B.IV., S. 176 ff. 223 BT-Drucksache, 15/1487, S. 35; Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 151; Veil, ZGR 2005, 155 (182); Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 114.

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

II. Privatrechtliche Durchsetzung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung de lege ferenda Im Folgenden werden Möglichkeiten der Durchsetzung der zivilrechtlichen kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung unter Einbeziehung der Frage des Gewinnempfängers und der Frage des Geschädigten de lege ferenda untersucht. 1. Emittent a) Aktivlegitimation des Emittenten In Anlehnung an § 16(b) SEA wäre es denkbar, die Gewinnabschöpfung so auszugestalten, dass der Emittent selbst aktivlegitimiert ist, den erwirtschafteten Gewinn einzuklagen. Da der Emittent im Rahmen des § 16(b) SEA auch als Gewinnempfänger qualifiziert wird und darüber hinaus nach US-amerikanischem Verständnis quasi Eigentümer der Insiderinformation ist224, räumt § 16(b) SEA ihm auch das Recht ein, den Gewinn gerichtlich geltend zu machen. Durch eine Aktivlegitimation des Emittenten könnten zusätzliche Ressourcen der Rechtsverfolgung geschaffen werden.225 Zweifel hinsichtlich der Aktivlegitimation des Emittenten ergeben sich jedoch, da damit zu rechnen ist, dass eine Gesellschaft nur selten gegen Insider aus ihrem Haus vorgehen wird – sog. Personeninkompatibilität. Fraglich ist insbesondere, wer innerhalb des Unternehmens eine Gewinnabschöpfung gegen das einzelne Organmitglied durchsetzen soll. In dem Fall, dass ein Vorstandsmitglied das Insidergeschäft getätigt hat, kommt eine Rechtsverfolgung durch den Aufsichtsrat in Betracht. Im umgekehrten Fall könnten Vorstandsmitglieder aktivlegitimiert sein. Aufgrund der in der Praxis häufig vorkommenden Positionswechsel der Organmitglieder und der personellen Überschneidungen erscheint jedoch keine hinreichende Kontrolle gewährleistet. Schließlich muss bedacht werden, dass der Emittent bei der Aufdeckung von Insidergeschäften mit einem Rufverlust konfrontiert ist, der ihn nicht zur Klageerhebung motiviert. Zumeist ist eine Steigerung der Effektivität von Sanktionen aber nur dann zu erreichen, wenn zur Durchsetzung ein „starker Gegenspieler“ eingesetzt wird, der von dem gegen Verhaltensnormen Verstoßenden auch ernst genommen wird. Unter Berücksichtigung der Chance, dass das Geschäft nicht entdeckt wird, wäre 224 Weinrib, U. Toronto L.J. 38 (1988), 117 (126 ff.); siehe hierzu bereits Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(3), S. 111 ff. 225 Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 458.

D. Durchsetzung der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung

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eine Aktivlegitimation des Emittenten keinesfalls geeignet, einen hinreichenden Abschreckungseffekt zu erzielen.226 Ferner wird in genau entgegengesetzter Argumentation angeführt, dass eine Klagebefugnis des Emittenten und dessen Aktionäre mit einem nicht zu unterschätzenden Missbrauchspotential verbunden wäre, das „mehr Probleme aufwerfen als lösen würde“.227 Dass jedoch ein kollusives Zusammenwirken zwischen Emittent und Insider zum Zwecke der Gewinnerzielung erfolgt, erscheint aufgrund des mit einer Verfolgung zusammenhängenden Rufverlusts als unwahrscheinlich. b) Emittent als Gewinnempfänger aa) Emittent als Geschädigter Der Ruf des Emittenten insgesamt könnte durch Insiderhandel Schaden nehmen und damit zu einer Verschlechterung der Möglichkeit seiner Finanzierung an der Börse führen.228 Von anderer Seite wird eingewandt, dass das Unternehmen durch die konkrete Verwertung der Insiderinformation nicht geschädigt und nicht entreichert sei.229 Hier ist zu bedenken, dass zwar eine Eigentümerstellung des Emittenten nach klassischen zivilrechtlichen Bewertungskriterien nicht begründet werden kann und damit feststeht, dass der Emittent selbst die Insiderinformation nicht hätte gewinnbringend verwerten können.230 Dennoch treten mittelbare Verluste beim Emittenten ein. So ist am Kapitalmarkt zu beobachten, dass Investoren, die Kenntnis von Insiderhandel erlangen, diesem mit einem sich in Verkäufen niederschlagenden Vertrauensverlust antworten. Ferner kann ein mittelbarer Schaden der Gesellschaft bejaht werden, wenn sich beispielsweise ein Übernahmeangebot aufgrund gestiegener Nachfrage durch Insidertransaktionen verteuert hat.231 Folglich ist der Emittent als potentiell (wenn auch nur mittelbar) Geschädigter des Insiderhandels zu qualifizieren.

226 Elster, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 112 f.; Hopt, ZGR 1991, 17 (57); Schödermeier-Wallach, EuZW 1990, 122 (125). 227 Vgl. Veil, ZGR 2005, 155 (189); so auch die Einschätzung von Dessent, Akron L.Rev. 33 (2000), 481 (504): „Thus, Section 16(b) SEA has essentially become moot, or at worst, much more of a problem than a solution.“ 228 Hierzu auch Bainbridge, Insider Trading, S. 163 f. 229 Hausmaninger, Insider Trading, S. 293; König, Verbot von Insiderhandel, S. 41. 230 Siehe hierzu im Rahmen der Analyse der Sanktionen de lege lata Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(3), S. 111 f. 231 Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 212 m. w. Nachw.

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

Sofern der Emittent als Geschädigter und damit als Aktivlegitimierter anzusehen ist – wie bereits ausgeführt ist letzteres aufgrund der fehlenden Praxistauglichkeit nicht ratsam232 –, müsste an ihn auch der abgeschöpfte Gewinn fließen. bb) Emittent als Gewinnempfänger nach europäischem und ausländischem Recht Die Gewinnabschöpfung könnte so ausgestaltet werden, dass der Insider verpflichtet ist, den Gewinn aus Insidergeschäften an das betroffene Unternehmen herauszugeben.233 Art. 82 Abs. 5 des ursprünglichen Vorschlags für eine Verordnung des Rates über das Statut der europäischen Aktiengesellschaft sah eine Gewinnherausgabeverpflichtung an den Emittenten vor234: „Jeder Gewinn, der von Mitgliedern des Vorstands, des Aufsichtsrats und allen Personen, denen die Kontrolle der Rechnungslegung der Gesellschaft obliegt, durch Kauf oder Wiederverkauf von Aktien oder umgekehrt innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten für eigene Rechnung, Rechnung ihres Ehegatten oder ihrer minderjährigen Kinder gemacht worden ist, ist von Rechts wegen durch die SE erworben worden. Der entsprechende Betrag muss innerhalb von acht Tagen nach Abwicklung des Rechtsgeschäfts, das zu dem Gewinn geführt hat, an die SE abgeführt werden.“

Es gibt aber eine anders gelagerte Begründung für die Befürwortung der Ausschüttung des Gewinns an den Emittenten. Diese lehnt an § 16(b) SEA an. In der US-amerikanischen Rechtslehre werden Klagebefugnis des Emittenten und Auszahlung des Gewinns an denselben im Rahmen des § 16(b) SEA nicht etwa mit Kompensationsgesichtspunkten gerechtfertigt, sondern es werden vielmehr ausschließlich Überlegungen der Prävention und der Optimierung der Durchsetzungsmöglichkeiten angeführt.235 Eine Schadensherbeiführung beim Emittenten ist im Rahmen von § 16(b) SEA gerade nicht erforderlich, aber denkbar.236 Die Zuwendung des abgeschöpften Gewinns sollte mit der Zielsetzung der Norm korrelieren. Die Auszahlung des erwirtschafteten Gewinns an den Emittenten ist strukturell korrekt, wenn das Ziel von § 16(b) SEA darin gesehen wird, Manipulation durch das Ma232

Siehe hierzu bereits Kapitel 5, D.II.1., S. 260 ff. Zwischen der Herausgabe an das Unternehmen und an eine andere Institution differenzierend Ott/Schäfer, ZBB 1991, 226 (237). 234 Vgl. Nachweise bei Fleischer, Gutachten zum 64. DJT, F 128; Hausmaninger, Insider Trading, S. 279 f. 235 Lowenfels, Cornell L.Rev. 54 (1968), 45, (45); Thel, Hastings L.J. 42 (1991), 391 (452). 236 Hazen, Securities Regulation, S. 577; Hausmaninger, Insider Trading, S. 74. 233

D. Durchsetzung der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung

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nagement zu verhindern und zu einer effektiven Unternehmenspolitik beizutragen.237 Im Rahmen der Ansprüche nach § 10(b) SEA i. V. m. Rule 10(b)-5 erkennt die US-amerikanische Rechtsprechung jedoch keine Aktivlegitimation des Emittenten und damit diesen auch nicht als Gewinnempfänger an, da der Emittent als rechtmäßiger Informationsinhaber keine entsprechenden Wertpapiergeschäfte getätigt hätte.238 Auch im internationalen Vergleich kann sich eine Gewinnherausgabe an den Emittenten auf gesetzliche Grundlagen stützen. In der Rechtspraxis des Vereinigten Königreiches ist anerkannt, dass eine Person, die in einem Treueverhältnis steht und einen Vorteil aus ihrer Position zieht, den Wert des unrechtmäßigerweise erwirtschafteten Gewinns an den Geschäftsherrn herausgeben muss.239 Hierbei kommt es gerade nicht auf den Einwand an, dass der Geschäftsherr den erwirtschafteten Gewinn niemals selbst hätte erzielen können.240 Auch dem französischen Insiderrecht liegt das Verständnis zugrunde, dass Ausgangspunkt des auf dem Schutz des Unternehmens beruhenden Insiderhandelsverbots das Treueverhältnis zwischen dem Emittenten und der Leitungsorgane des Unternehmens ist.241 Die in einem Treueverhältnis zum Emittenten stehende Führungspersönlichkeit hat ihre Treuepflichten verletzt, indem sie die Insiderhandelstransaktion unter Ausnutzung des auf ihre Position zurückzuführenden Insiderwissens tätigte. In Konsequenz daraus wird angenommen, dass sich die Statuierung einer Gewinnabführungspflicht des Insidergewinns an den Emittenten als gesetzgeberisches Ziel in Frankreich vertreten lassen würde.242 Eine solche Sanktion ist jedoch im französischen Recht de lege lata nicht enthalten. 237 Vgl. zum Regelungszweck von § 16(b) SEA Kapitel 3, A.I.2.b)bb)(2)(b), S. 146 ff.; vgl. auch Thel, Hastings L.J. 42 (1991), 391 (452). 238 Langevoort, Insider Trading Regulation, S. 283. 239 Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, S. 1089 f., 1124. 240 Rider, Enforcement of Finance Services Law, in: Rider/Ashe, The Fiduciary, the Insider and the Conflict, S. 211: „The courts have emphasised that where a person in fiduciary position derives a benefit from his position he is accountable to his principal for the value of this benefit, unless the taking of such is specifically authorised or excused, irrespective of whether the principal has or could have lost anything by the taking of the opportunity and regardless of the honesty or otherwise of the fiduciary.“; S. 212: „It would seem clear that in England as in other common law jurisdictions, where a director or officer of a company takes advantage of privileged information that comes into his possession by virtue of his fiduciary relationship, or on the case of an officer his duty of fidelity, unless there has been full disclosure and assent to the taking of his profit by the company, he will be accountable to the company.“ 241 Viandier, in: Hopt/Wymeersch, European Insider Dealing, 57 (58). 242 Gronstedt, Zentrale staatliche Börsenaufsicht und Insiderrecht, S. 156.

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

Einer Eigenschaft des Emittenten als Gewinnempfänger steht der Einwand entgegen, das Unternehmen selbst hätte den Gewinn nicht erwirtschaften können, so dass die Auszahlung ein „unverhofftes Glück“ und damit eine nicht gewollte Besserstellung darstellt. Dieser Einwand entspricht einem bereits erörterten, dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag immanenten Gedanken, dass der Geschäftsherr durch die Geschäftsführung in den geschützten Rechtsbereich des Geschäftsherrn eingreift.243 c) Zwischenergebnis Ein Modell der Gewinnabschöpfung, die durch den Emittenten geltend gemacht wird und damit in der Ausgestaltung § 16(b) SEA gleicht, ist im Ergebnis mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Der Emittent ist nach der herkömmlichen Betrachtungsweise nicht als Eigentümer der Information zu verstehen, so dass sich die Auskehr des Gewinns als unverhoffter Glücksfall erweist. Zudem ist die Effektivität einer solchen Durchsetzungsform aufgrund der Personenidentität innerhalb des Unternehmens (der eine Transaktion vornehmende Insider auf der einen Seite und vertretungsberechtigte Führungspersonen auf der anderen Seite) zweifelhaft. Unter Effizienzgesichtspunkten ist damit eine Aktivlegitimation des Emittenten nicht anzuraten. d) Sog. derivative action Eine Gewinnabschöpfung könnte durch Anleger im Wege einer derivative action innerhalb von sechs Monaten geltend gemacht werden. Nur eine Abstimmung in der Hauptversammlung könnte dazu führen, dass keine Klage erhoben wird. Im US-amerikanischen Recht gibt es eine Form der „abgeleiteten Klage“, bei der Anleger im Falle des Untätigbleibens des Emittenten die Klagebefugnis an sich ziehen können.244 Traditionell wird die derivative action allein aus der Notwendigkeit begründet zu vermeiden, dass ein Fehlverhalten ohne Sanktion bleibt.245 Grundsätzlich ist eine Aktiengesellschaft ein Zusammenschluss vieler Aktionäre, deren unterschiedliche Interessen in Ausgleich gebracht werden müssen. Da dies primäre Aufgabe des Unternehmens selbst ist, soll dieses auch zunächst das Recht haben, Pflichtverletzungen der Führungspersonen 243

Vgl. Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(3), S. 111. Rule 23.1 der Federal Rules of Civil Procedure; Dorfman, § 5.04 Implied Civil Liabilities under Section 10(b) SEA and Rule 10b-5, S. 34; Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 824 ff. 245 Reisberg, EBOR 2005, 227 (233). 244

D. Durchsetzung der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung

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mit Klagen zu sanktionieren. Dies entspricht in der Realität der Tatsache, dass das Unternehmen eine eigenständige Rechtspersönlichkeit besitzt und die Aktionäre grundsätzlich dafür gestimmt haben, dass ihr Vermögen in Gestalt ihrer Einzahlungen durch die Führungspersonen verwaltet wird und diese damit wirtschaften.246 Die derivative actions stellen eine Verbesserung der Kontrolle von Fehlverhalten in der Führungsetage dar, da es bei der ausschließlichen Rechtsdurchsetzung durch den Emittenten zu Personeninkompatibilitäten kommen kann.247 Dennoch wird in der Literatur vertreten, dass derivative actions ein uneffektives Instrument der corporate governance darstellten.248 Die Kritik bezieht sich auf die missbräuchliche Ausübung dieses Klagerechts, so dass derivative actions einer restriktiveren Kontrolle bedürften.249 2. Anleger a) Aktivlegitimation einzelner oder mehrerer Anleger Eine Möglichkeit der privatrechtlichen Durchsetzung der Gewinnabschöpfung besteht auch in einem Klagerecht eines einzelnen Anlegers oder mehrerer Anleger. aa) US-amerikanisches Recht Das US-amerikanische Recht kennt bereits seit längerem eine zivilrechtliche Rechtsdurchsetzung im Kapitalmarktrecht, sog. private enforcement. Hier besteht eine für den Anleger vergleichsweise einfache Klagemöglichkeit und eine rechtskulturell zu erklärende Prozesslastigkeit der amerikanischen Streitbeilegung.250 Bei Schaffung des § 16(b) SEA, wonach der Emittent und bei dessen Untätigbleiben der einzelne Anleger aktivlegitimiert sind, war der Kongress nicht zuletzt deshalb von einer privaten Klageerhebung überzeugt, weil ihm die begrenzte Personendisponibilität sowie die begrenzten finanziellen Mittel der SEC bewusst waren.251 Auch Rule 10b-5 SEC billigt den Anlegern einen Bereicherungsanspruch im Gewand 246

Reisberg, EBOR 2005, 227 (232). Vgl. zu den Problemen bei der Klagebefugnis des Emittenten Kapitel 5, D.II.1., S. 260 f. 248 Vgl. die Ausführungen bei Reisberg, EBOR 2005, 227 (235) m. w. Nachw. 249 Siehe zu der Gefahr der missbräuchlichen Klageerhebung Kapitel 5, D.II.2.a)cc)(2), S. 267 ff. 250 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 183. 251 Ishizumi, Fordham Law Review 47 (1978–1979), 449 (468). 247

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

eines Schadensersatzanspruchs zu.252 Dieser Norm kommt sogar eine größere Praxisrelevanz zu als § 16(b) SEA.253 Im US-amerikanischen Recht gibt das sog. pre-trial-discovery-Verfahren dem Kläger ein weitreichendes Instrument zur Tatsachenerforschung und Beweisbeschaffung. In prozessualer Hinsicht unterstützt im US-amerikanischen Recht das Prozesskostensystem, das eine Klageerhebung ohne größeres finanzielles Risiko ermöglicht, die erwünschte Klageerhebung durch Private.254 bb) Entlastung der Behörden Zivilrechtlichen Sanktionen kommt stets eine die Behörden unterstützende Funktion bei der Durchsetzung von Insiderhandelsvorschriften zu.255 Eine effektive Vervielfachung der zur Verfolgung von Insidergeschäften zur Verfügung stehenden Ressourcen soll durch eine Entlastung und Unterstützung der BaFin erfolgen, welche nur über limitierte finanzielle und personelle Ressourcen verfügt.256 Das Defizit der Aufsichtsbehörden liegt in den budgetären Beschränkungen, so dass sie nur in begrenztem Maße ihren Aufgaben nachkommen können.257 cc) Spannungsverhältnis: Anreizschaffung und Missbrauchspotential Die private Rechtsverfolgung kann jedoch nur dann effektiv sein, wenn der Kläger einen hinreichenden Anreiz zur Klageerhebung hat und zudem Informationsansprüche gegen den Klagegegner erheben kann. Eine effektive Durchsetzung der privatrechtlichen kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung erfordert daher, dass der Kläger den eingeklagten Gewinn auch erhalten muss, um einen hinreichenden Anreiz zur Klageerhebung zu erhalten.258 252

Näher zu § 10(b) SEA und der darauf beruhenden Rule 10b-5 Kapitel 3, A.I. 2.b)aa)(2), S. 135 ff. 253 Vgl. zum Verhältnis von § 16(b) SEA und Rule 10b-5 Kapitel 3, A.I.2. b)bb)(3), S. 148 ff. 254 Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz zugunsten geschädigter Kapitalanleger, S. 61; Schütze, RIW 2005, 579 (580). 255 Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, S. 43; Hausmaninger, Insider Trading, S. 271; Loss/Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, S. 924 ff.; Philippe, Rev.dr.int.dr.comp. 1980, 347 (372). 256 Hausmaninger, Insider Trading, S. 271; Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 413; Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 217; Veil, ZGR 2005, 155 (195). 257 Anisman, Insider Trading Legislation for Australia, S. 109 f.; vgl. die Ausführungen bei Fallone, UIll.L.Rev. 1997, 71 (75). 258 Siehe zum Erfordernis der Personenidentität von Gewinnempfänger und Aktivlegitimierten näher Kapitel 5, D.I., S. 258 ff.

D. Durchsetzung der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung

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Auf der anderen Seite sind mit der privatrechtlichen Rechtsverfolgung auch stets Anreize zur missbräuchlichen Klageerhebung verbunden, denen entgegenzuwirken ist. (1) Anreizschaffung Sofern allgemeine, also öffentliche Interessen geltend gemacht werden, kommt der Gesetzgeber nicht umhin, pekuniäre Anreize zu schaffen. Ansonsten würden die entsprechenden Vorschriften leer laufen. So besteht im Bereich von § 10 UWG die Gefahr, dass die Verbände keine Verfahren anstrengen, da diese für sie mit keinerlei positiver Wirkung verbunden sind. Die öffentlich-rechtliche Durchsetzung der Gewinnabschöpfung hat gegenüber der zivilrechtlichen Durchsetzung den Vorteil, dass es nicht auf eine Anreizwirkung zur Geltendmachung von Massen- bzw. Streuschäden ankommt.259 Aus ökonomischer Sicht liegt der Nutzen einer Individualklage aus Anlegerperspektive in der Auszahlung einer Schadensersatzsumme bzw. der Auszahlung des rechtswidrig vorenthaltenen Gewinns, den der Anleger von dem in Anspruch genommenen Verwaltungsmitglied erhält.260 Der einzelne rationale Aktionär wird sich bei der Entscheidung über die Klageerhebung maßgeblich davon leiten lassen, ob er mit der Klage mehr Geld einnehmen kann, als er für die prozessuale Durchsetzung der geltend gemachten Ansprüche ausgeben muss.261 Oft wird eine fehlende Anreizwirkung zur Klageerhebung bei einem pro rata ausgezahlten Gewinn an die Anleger proklamiert262: Der Prozess erscheint aufgrund der im Einzelfall geringen bis zu nivellierenden Streuschäden und der dazu diametral erheblichen finanziellen Belastung als nicht lohnenswert. (2) Missbrauchspotential Im Gegenzug dürfen die Möglichkeiten zur kollektiven Rechtsverfolgung nicht so weitreichend sein, dass eine missbräuchliche Klageerhebung zu befürchten wäre. Auch im Bereich der Diskussion um das sog. KapInHaG263 wurde der Aspekt der missbräuchlichen Klagegeltendmachung diskutiert. 259 Siehe zur Abwägung der öffentlich-rechtlichen oder der privatrechtlichen Durchsetzung Kapitel 6, B.V., S. 309 ff. 260 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 186. 261 Zu der Frage der kollektiven Rechtsdurchsetzung vgl. unten, S. 276 ff.; vgl. auch Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 187. 262 Hausmaninger, Insider Trading, S. 294. 263 Siehe hierzu Kapitel 3, A.I.2.a)bb)(4), S. 130.

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

Mit der Etablierung eines neuen zivilrechtlichen Anspruchs im Kapitalmarktrecht geht die Befürchtung einher, dass „ein neues Feld geschaffen werde, das ‚Berufskläger‘ unter Rückgriff auf die vorgesehenen Beweiserleichterungen und ohne großes Kostenrisiko zu erpresserischen Klagen wegen angeblich falscher oder unvollständiger Kapitalmarktinformationen mit voraussichtlich noch stärkerer öffentlicher Wirksamkeit nutzen könnten. Dies bringe die einzelnen Organmitglieder in eine schwierige Lage. Zudem würden sich langwierige Verfahren auch insgesamt negativ auf die Unternehmensentwicklung auswirken.“264 Bei einer öffentlich-rechtlichen Durchsetzung der Gewinnabschöpfung ist allein aufgrund der begrenzten personellen und sachlichen Mittel keine missbräuchliche Klageerhebung zu befürchten. Gegen die Einführung zivilrechtlicher Sanktionsinstrumente im Kapitalmarktrecht werden immer wieder die negativen Erfahrungen der USA mit der missbräuchlichen Erhebung von Schadensersatz- und Gewinnabführungsklagen angeführt.265 So ist insbesondere in der ökonomischen Diskussion über die class actions auf das Problem hingewiesen worden, dass solche Klagen oftmals völlig grundlos erhoben würden, nur um bei dem schuldlosen Opfer „Beute“ zu machen („Beutetheorie“).266 Die ökonomische Analyse zeichnet folgendes Bild: Eigentliche Akteure bei der Gruppenklage seien die Anwälte und nicht etwa die Gruppenmitglieder selbst. Der Anwalt „mutiere damit vom treuhänderischen Vertreter der Mandanteninteressen zum reinen Gebührenunternehmer“.267 Ein weiterer Aspekt, der ein übermäßiges Engagement von Anwälten fördert, ist die Möglichkeit eines Vergleichs. Die nach US-amerikanischem Recht erhobenen Klagen werden zumeist durch Betreiben und auf Bestärken der Anwälte nicht durch ein rechtskräftiges Urteil entschieden, sondern durch einen Vergleich (settlement).268 Zumeist sind es die Anwälte, die aufgrund einer hohen Abfindung von den Vergleichen mit den entsprechenden Firmen profitieren und weniger der einzelne Anleger bzw. Verbraucher. Teilweise wird daher einem privaten Klagerecht nachgesagt, dass es keinen anderen Zweck verfolge als die zusätzliche lukrative Beschäftigung von Rechtsanwälten.269 264

Vgl. Deutsches Aktieninstitut, Stellungnahme zum KapInHaG, S. 2. Zu sog. strike suits: Baums, ZHR 167 (2003), 139 (179); Fleischer, Gutachten zum 64. DJT, S. 116; Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 27. Zu den Auswirkungen und geeigneten Gegenmaßnahmen bei missbräuchlichen US-Sammelklagen gegen deutsche Unternehmen siehe Bellinghausen/Paheenthararajah, ZIP 2008, 492. 266 Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 27. 267 Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 28; hierzu auch Voss, Das US-amerikanische Insiderkonzept, S. 109. 268 Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 392. 265

D. Durchsetzung der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung

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Neben der class action dient manchen die Funktion der Rechtsanwälte im Rahmen von § 16(b) SEA als weiteres Beispiel für eine missbräuchliche Klageerhebung. So agierten in den USA einige wenige spezialisierte Anwälte, die sich ausschließlich mit Klagen nach § 16(b) SEA beschäftigen. Diese Anwälte verfolgten die Veröffentlichungen der Führungspersonen nach § 16(a) SEA. Sofern sie eine Pflichtverletzung ausfindig gemacht hätten, suchten sie nach einem geeigneten Kläger, also nach einem Aktionär der Gesellschaft, der mindestens eine Aktie des Unternehmens hält.270 Da der Aktionär durch die Erhebung der Klage, vertreten durch den entsprechenden Anwalt, auch bei nicht erfolgreicher Klage keinerlei finanzielles Risiko eingehe, sei es zumeist in der Praxis nicht schwer, einen willigen Aktionär als Kläger ausfindig zu machen.271 Grund für das nur beschränkte Kostenrisiko des Klägers im US-amerikanischen Zivilprozess ist unter anderem die Möglichkeit, mit den Anwälten eine erfolgsabhängige Vergütung zu vereinbaren.272 Dies wird durch die in den USA geltende Gebührenregelung noch verstärkt, da jede Partei, unabhängig vom Verfahrensausgang, (nur) die ihr anfallenden Prozesskosten zu tragen hat. Auch wird der US-amerikanischen Praxis der Vorwurf gemacht, dass die Anwaltsgebühren von dem abzuschöpfenden Gewinn bezahlt werden, was zu einer Fehlallokation der Gelder führen könnte.273 Die Anwaltsgebühren bei Klagen nach § 16(b) SEA beliefen sich in der Vergangenheit auf ein Viertel, ein Drittel oder sogar die Hälfte des an den Emittenten geflossenen Gewinns.274 In der Rechtswirklichkeit in den USA ist daher aufgrund des berechenbaren und finanziell begrenzten Risikos eine Schwemme an Klagen auf Anregung der an den hohen Anwaltsgebühren interessierten Anwälte zu beobachten.275 Um die Anwälte von ihrer Position als „Wachhunde“ der Einhaltung von § 16(b) SEA zu verdrängen, wird vorgeschlagen, dass die SEC 269

Siehe zu diesem Kriterium bei einer kollektiven zivilrechtlichen Rechtsdurchsetzung auch Stürner, Markt und Wettbewerb über alles?, S. 99. 270 Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.02-33. 271 Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.02-33. 272 Merkt, Abwehr der Zustellung von „punitive damages“-Klagen, S. 71. 273 Ishizumi, Fordham Law Review 47 (1978–1979), 449 (470); zur Berechnung der Anwaltsgebühren auch Cohen u. a., Liability under Section 16(b), S. 9. 274 Munter, Cornell L.Rev. 52 (1966–1967) 69 (86); Reus, DAJV Newsletter 4/2006, 154 (157). Bei punitive damages-Klagen liegt der Anteil ebenfalls üblicherweise zwischen 30 und 50%, vgl. Merkt, Abwehr der Zustellung von „punitive damages“-Klagen, S. 71. 275 Fallone, U.Ill.L.Rev. 1997, 71 (75, 77); siehe im Kontext des US-amerikanischen Zivilprozesses auch die Ausführungen zu den class action unter Kapitel 5, D.II.3.c)aa), S. 280.

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

selbst nach Ablehnung des Emittenten die Klage erheben kann. In diesem Fall würde der abgeschöpfte Gewinn an die Staatskasse fallen.276 Ob eine solche „Flucht“ zu administrativen Rechtsbehelfen auch nach deutscher Rechtslage erforderlich ist, bleibt zu klären. Im Gegensatz zum US-amerikanischen Recht sind von § 91 ZPO in deutschen Zivilverfahren die Prozesskosten grundsätzlich von der unterliegenden Partei zu tragen, so dass ein Anleger bereits aus Kostengründen dazu angehalten wird, die Erfolgsaussichten der Klage im Voraus zu überprüfen.277 Daneben stehen im deutschen Recht einer erfolgsabhängigen Vergütung von Anwälten grundsätzlich die Vorschriften der §§ 2, 4 RVG, § 49b BRAO entgegen.278 Nur in den engen Grenzen des am 1.7.2008 in Kraft getretenen § 4a RVG ist eine solche Vereinbarung zulässig.279 Daher ist einer missbräuchlichen Klageerhebung in der deutschen Rechtspraxis schon von Gesetzes wegen entgegengewirkt. Ein weiterer Unterschied besteht schließlich in den unterschiedlichen Anforderungen an die Nachforschungen zur Sachverhaltsermittlung. Die Aufdeckung von Verstößen gegen die Meldepflichten nach § 15a WpHG birgt aufgrund der anonymen und unkörperlichen Vorgehensweise bei Transaktionen erhebliche Beweisprobleme. Hingegen unterliegen die Verfolgung von Meldungen nach § 16(a) SEA und das Ausfindigmachen zweier gegenläufiger Transaktionen innerhalb von sechs Monaten geringeren Beweisanforderungen. Eine Erleichterung tritt nicht zuletzt aufgrund der erwähnten Urkundenvorlagepflichten des Prozessgegners im US-amerikanischen Recht ein. Insgesamt könnten Anwälte zwar auch in Deutschland daran interessiert sein, Anlegerschutzklagen zu erheben. Jedoch sprechen die prozessualen Unterschiede sowie die unterschiedlichen tatbestandlichen Anforderungen der Gewinnabschöpfung gegen eine weitläufige missbräuchliche Klageerhebung. Als positiv lässt sich sogar herausstellen, dass Anwaltsgebühren zunächst einmal nichts „Schlechtes“ darstellen. Die anwaltliche Vergütung trägt im Ergebnis zu einer effektiveren Rechtsverfolgung bei, als es allein bei kriminalstrafrechtlichen Sanktionen der Fall wäre. Die Tatsache, dass Anwälte von der Rechtsberatung und Rechtsverfolgung profitieren, ja sogar ihre „Daseinsberechtigung“ daraus ableiten, kann daher noch kein Ausschlussgrund für eine privatrechtliche Rechtsdurchsetzung sein. 276

Munter, Cornell L.Rev. 52 (1966–1967), 69 (99). Vgl. die Argumentation bei Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 214. 278 Vgl. Lorenz, in: BMELV, Kollektive Rechtsdurchsetzung, S. 61 (65). 279 Voraussetzung für ein Erfolgshonorar ist, dass der Auftraggeber andernfalls aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung von der Rechtsverfolgung abgehalten würde, § 4a Abs. 1 RVG. 277

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dd) Informationsdefizit Aufgrund unsicherer Erfolgsaussichten und der damit verbundenen finanziellen Risiken sowie der Schwierigkeiten bei der Informationsbeschaffung ist eine umfassende Kontrolle durch einzelne Anleger nicht zu erwarten. Daher ist die Effektivität einer „Hilfsfunktion“ von Privatklagen gegenüber der weit reichenden Nachforschungs- und Untersuchungsbefugnisse der staatlichen Behörden kritisch zu hinterfragen. Insbesondere die Rechtswirklichkeit in den USA hat gezeigt, dass private Klagen zumeist erst im Anschluss an die erfolgreichen Klagen der SEC erhoben werden.280 ee) Zusammenhang mit Schutzzweck kapitalmarktrechtlicher Normen Zweifel an einer privatrechtlichen Gewinnabschöpfung ergeben sich unter Rekurs auf den Telos der kapitalmarktrechtlichen Insidernormen. So könnte es einen Widerspruch darstellen, wenn ein individualrechtsschützender Charakter der betreffenden insiderrechtlichen Normen nach (noch) herrschender Meinung verneint, gleichwohl eine privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung, die mit einer Zusprechung des abgeschöpften Gewinns an die Anleger verbunden ist, bejaht wird. Die in §§ 14, 15a Abs. 1 WpHG normierten Verhaltensverbote und Mitteilungspflichten begründen keinen Individualschutz, sondern gewährleisten lediglich die Sicherheit des Kapitalmarktes, indem durch die Förderung der Chancengleichheit das Vertrauen der Anleger gestärkt wird.281 Damit stehen öffentliche Interessen im Vordergrund. Es besteht daher nach nachvollziehbarer Auffassung keine Notwendigkeit, den übrigen Aktionären durch zumeist minimale Vermehrung des Gesellschaftsvermögens etwas zuzuwenden, wenn sich die Schutzfunktion des § 15a WpHG sowie der insiderrechtlichen Normen ausschließlich auf den Kapitalmarkt erstreckt.282 Sofern keine privaten Rechte verletzt sind und dennoch die Allgemeinheit ein Interesse an der Vermeidung von Insiderhandel hat, sollte die Allgemeinheit (also der Staat) dieses Interesse durchsetzen. Doch auch die Begründung einer privatrechtlichen Gewinnabschöpfung trotz Ablehnung des Drittschutzes kapitalmarktrechtlicher Normen ist möglich. Wenn die Mitteilungspflichten primär dazu dienen, den Anlegern gleichen Zugang zu wesentlichen, das heißt kursrelevanten Informationen zu 280 Siehe bereits schon im Rahmen des Informationsdefizits Kapitel 6, B.V.3., S. 312. 281 Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (212 f.); Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 223; siehe bereits Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(5), S. 113. 282 Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (213).

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

verschaffen, sollte auch der beim Insider abgeschöpfte Gewinn den Anlegern zugute kommen.283 Bei der Gewinnabschöpfung handelt es sich um „nachträgliche Wiederherstellung der Marktbedingungen durch einen Kollektivausgleich“.284 Der Drittschutz und das auf Kompensation zielende Privatklagerecht müssen damit nicht notweniger Weise korrelieren. Es geht unter pragmatischen Gesichtspunkten bei der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung um die Personifizierung desjenigen, an den der Gewinn am sinnvollsten auszukehren ist und der damit als Kläger in Betracht kommt. b) Anleger als Gewinnempfänger Durch Insiderhandel könnten die Interessen aller Anleger kollektiv gefährdet werden, da Gewinne aus Insiderhandelsgeschäften dazu führen, dass die Gewinne der anderen Anleger kontinuierlich geschmälert werden. Sofern eine negative Belastung bestimmter Anleger festzustellen ist, kommt die Auskehr des abgeschöpften Gewinns an diese Anlegergruppen bzw. allgemein an die Anlegerschaft in Betracht. Der Kreis der geschädigten Anleger könnte je nachdem, ob der Insider einen Kauf oder Verkauf von Aktien vorgenommen hat, veräußernde Altanleger, die ihre Wertpapiere zu einem zu geringen Preis veräußert haben, untätig gebliebene Altanleger bzw. erwerbende Neuanleger, die ihre Aktien zu teuer gekauft haben, umfassen.285 Eine nähere Konkretisierung der Person des Geschädigten beim Insiderhandel286 hat ergeben, dass all diejenigen Anleger (inklusive dem Transaktionspartner) potentiell geschädigt sind, die zwischen der Insidertransaktion und dem öffentlichen Bekanntwerden der kurserheblichen Information ein Wertpapiergeschäft zu einem Kurs getätigt haben, der wegen des Informationsdefizits am Markt zu ihren Ungunsten fehlerhaft war.287 Die fehlerhafte oder unterlassene Information wirkt sich auf den Preis aus und führt dazu, dass dieser für die Risiko-Rendite-Kombination der Anlage nicht mehr angemessen ist.288 aa) Transaktionspartner Den Transaktionspartner allein als Anspruchsteller zu qualifizieren, würde die Gewinnabschöpfung zu einer praxisirrelevanten Sanktion werden 283 284 285 286 287 288

Thel, Hastings L.J. 42 (1991), 391 (451). Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, S. 112. Fleischer, BB 2002, 1869 (1869). Siehe hierzu Kapitel 3, B.III.1.a), S. 162 ff. So auch Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 268. Reifschneider, Informationeller Anlegerschutz, S. 166.

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lassen, da aufgrund der Anonymität des Kapitalmarkts der Transaktionspartner nur unter Schwierigkeiten oder überhaupt nicht ausfindig zu machen ist. Daher wären für eine Gewinnabschöpfung de lege ferenda gegenüber einem Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB289 nur auf der Tatbestandsseite Vorteile zu verbuchen – beispielsweise durch eine Beweislastumkehr und durch geringere tatbestandliche Anforderungen, da keine Sittenwidrigkeit zu fordern ist. Sofern jedoch inzident im Rahmen des Gewinnabschöpfungsanspruchs der Geschädigte des Insiderhandels und die Kausalität der Transaktionsentscheidung mit aller Sicherheit festgestellt werden sollen, treten die Beweisschwierigkeiten, die mit einem Schadensersatzanspruch verbunden sind, auch im Rahmen des Gewinnabschöpfungsanspruchs auf.290 Gegenüber einem Schadensersatzanspruch, der sich keinen dogmatischen Bedenken des Zivilrechts aussetzen muss291, ist dann der Mehrwert einer privatrechtlichen Gewinnabschöpfung zweifelhaft. bb) Gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite Bereits der Arbeitskreis Gesellschaftsrecht hat in seinem Vorschlag zum „Verbot des Insiderhandelns“ die Herausgabe an alle Personen auf der Marktgegenseite, die mit dem Insider gleichzeitig eine Transaktion getätigt haben, gefordert.292 Aktivlegitimierte und Empfänger des Gewinns wären damit die Anleger eines Emittenten, die gleichzeitig zum Wertpapierkauf des Insiders Wertpapierverkäufe vorgenommen haben und damit den Kursanstieg nicht bei ihren Wertpapieren als Wertzuwachs verbuchen konnten.293 Nach klassischen Beurteilungsmaßstäben können die gleichzeitig handelnden Anleger der Marktgegenseite jedoch nicht als Geschädigte des Insiderhandels angesehen werden. Die Begründung eines Schadensersatzanspruchs bereitet erhebliche Beweisprobleme. Insbesondere gelingt der Nachweis der Kausalität zwischen Pflichtverletzung (Insidertransaktion) und Schaden kaum.294 Fraglich ist, ob diese Beweisprobleme auch im Rahmen einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung Bedeutung erlangen können. Die privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung zielt 289

Siehe zu § 826 BGB Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(7), S. 121. Vgl. zu den Beweisanforderungen eines Schadensersatzanspruchs Kapitel 3, B.III.1., S. 162 ff. 291 Siehe hierzu die Gegenüberstellung von Gewinnabschöpfung und Schadensersatz unter Kapitel 4, D.I., S. 187 ff. 292 Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, S. 48. 293 Diese Konstruktion eines Klagerechts lehnt sich an das im US-amerikanischen Recht bestehende private Klagerecht für contemporaneous traders an, § 20a SEA, siehe oben S. 133. 294 Siehe zum Kausalitätserfordernis Kapitel 3, B.III.1.a)aa)(1), S. 168 ff. 290

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

im Gegensatz zum Schadensersatzanspruch darauf ab, einen unrechtmäßig erwirtschafteten Vorteil denjenigen Investoren zur Verfügung zu stellen, die – wie auch der Transaktionspartner des Insiders – zeitgleiche gegenläufige Transaktionen auf unzureichender Informationsgrundlage getätigt haben. Es geht hier nicht um den Gedanken der Kompensation eines Schadens, sondern vielmehr um die Sicherstellung, dass der Insider nicht besser steht als die anderen (nicht mit Insiderinformationen ausgestatteten) Marktteilnehmer. Eine Informationsasymmetrie kann auf der Rechtsfolgenseite dadurch ausgeglichen werden, dass diejenigen, die von der Informationsasymmetrie profitiert haben, ihre unrechtmäßig gezogenen Vorteile an diejenigen auszukehren haben, denen die Information nicht bekannt war. Bei einer privatrechtlichen Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung ist nach dem Gebot der „geschädigtennahen Auszahlung“ damit eine Auskehr des Gewinns an die gleichzeitig handelnden Anleger der Marktgegenseite sowie deren Klagebefugnis denkbar.295 cc) Weitere Anleger als Gewinnempfänger? Bei der Rechtsfolge des Schadensersatzes ist der Auffassung des BGH – wie bereits dargelegt296 – zu folgen, so dass im Einzelfall die Kausalität nachgewiesen werden muss und ein untätig gebliebener Altanleger bei erfolgreicher Beweisführung nicht von vornherein vom Kreis der Klagebefugten ausgeschlossen werden darf.297 Im Rahmen der Ermittlung des Gewinnempfängers bei der Gewinnabschöpfung sind unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität pauschalierende Merkmale erforderlich, um den damit verbunden Organisationsaufwand zu begrenzen. Im Vordergrund steht weniger die Kompensation aller Geschädigten des Insiderhandels als vielmehr die Sicherstellung, dass der Insider nicht von seinem unrechtmäßigen Verhalten profitiert. Für eine praktikable Konzeption der Gewinnabschöpfung sind objektive Kriterien erforderlich. Gegen den Einbezug der Altanleger in den Kreis der Geschädigten spricht das formale Argument, dass eine einheitliche Handhabung der Gewinnabschöpfung als Sanktion für Insiderhandel anzustreben ist. So sollte unter Praktikabilitätsgesichtspunkten der Kreis der Haftungssubjekte sowohl bei einem Verkauf als auch bei einem Kauf des Insiders identisch sein. An295 In diese Richtung auch Kirchner, in: FS Kitagawa, S. 665 (680), der es als „interessant“ bezeichnet, „die Gruppe der durch die Nichtoffenlegung der Insidertransaktion Betroffenen zu aktivieren, indem an die Mitglieder dieser Gruppe der vom Insider abzuführende Gewinn (multipliziert mit dem Faktor X) ausgekehrt wird“. 296 Siehe Kapitel 3, B.III.1.a)bb)(2), S. 169 ff. 297 Siehe hierzu Kapitel 3, B.III.1.a)bb)(2), S. 169 ff.

D. Durchsetzung der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung

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dernfalls wäre die Gewinnabschöpfung mit ähnlichen Beweisproblemen wie Schadensersatzansprüche behaftet, da in jedem Einzelfall der entstandene Schaden und die Kausalität zwischen Insidertransaktion und Schaden bewiesen werden müsste. Zudem kommen die beiden Lösungsansätze – einerseits die untätig gebliebenen Altanleger vom Kreis der Anspruchsteller auszunehmen und andererseits sie hinzuzuzählen, aber im letzten Fall weder auf den Beweis der Kausalität zu verzichten noch Beweiserleichterungen zuzulassen – vermutlich in vielen Fällen zu denselben Ergebnissen. Sofern untätig gebliebene Altanleger in den Kreis der Haftungssubjekte eingeschlossen werden, sie jedoch den Kausalitätsnachweis ohne Beweiserleichterungen erbringen müssen, sind die Probleme, nämlich der Nachweis von subjektiven Vorgängen (gefasster und wieder aufgegebener Verkaufsentschluss) nicht behoben, sondern lediglich auf die Beweisführung zur Kausalität verlagert. So wird untätig gebliebenen Altanlegern der Nachweis zumeist nicht gelingen, dass sie aufgrund der Insidertransaktion oder der nicht veröffentlichten Insiderinformation einen Schaden erlitten haben. Als Fazit ergibt sich daher, dass zur Qualifikation als Gewinnempfänger ein Transaktionsvorgang zu fordern ist. Untätig gebliebene Altanleger gehören folglich nicht zum Kreis der Anspruchsteller. Im Rahmen der Gewinnabschöpfung ist unter dem Gesichtspunkt der möglichst effektiven und praxistauglichen Ausgestaltung damit ein Kriterium der tatsächlichen Transaktionshandlung des Anspruchstellers erforderlich. dd) Praktikabilität der Durchsetzung durch gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite Gegen die grundsätzliche Qualifikation der „contemporaneous traders“ als Aktivlegitimierte sprechen Praktikabilitätsgesichtspunkte. So mag eine Auskehr des Gewinns an die Anleger der Marktgegenseite als nachträglicher Ausgleich für ungleiche Marktbedingungen in der Theorie zu überzeugen, jedoch ist eine Durchsetzung der Gewinnabschöpfung durch Anleger der Marktgegenseite in der Praxis mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Zunächst erscheint fraglich, welcher Anreiz für contemporaneous traders bestehen könnte, den Gewinn kollektiv geltend zu machen. Allein das Ziel, die Verfolgung kapitalmarktrechtswidrigen Verhaltens sicherzustellen, vermag einen einzelnen Anleger nicht zu motivieren, eine Klage zusammen mit anderen Anlegern zu erheben. Sofern der Gewinn pro rata an die Anleger der Marktgegenseite ausgezahlt werden soll, hat der einzelne Anleger nur einen geringen Anteil des Gewinns zu erwarten. Zudem erscheint die Umsetzung des Verteilungsverfahrens in der Praxis zweifelhaft.298 Schließ298

Hierzu näher im Rahmen des Verwaltermodells Kapitel 5, D.II.3.b), S. 277 ff.

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

lich sind die – sogleich näher zu erörternden – Möglichkeiten des kollektiven Rechtsschutzes maßgeblich bei der Frage, ob der Durchsetzung einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung durch Anleger der Marktgegenseite eine weitreichende Praxisbedeutung zuzusprechen ist. 3. Kollektive Rechtsdurchsetzung Bei den Anlegerinteressen im Bereich des Insiderhandels handelt es sich um kollektive Interessen299, denen die Gewinnabschöpfung durch die ex post Sanktionierung eines unberechtigten Informationsvorsprungs nachkommt. Es wird vorgeschlagen, dass die Aktivlegitimation bezüglich der Gewinnabschöpfung den geschädigten Anlegern als Gruppe zugestanden werden soll.300 Dahinter steht der Gedanke, dass das klassische, vom ZweiParteien-Prozess geprägte Zivilprozessrecht kaum in der Lage ist, eine Vielzahl von gleichgelagerten Schadensfällen angemessen zu bewältigen.301 Zu befürchten ist, dass der einzelne Anleger einen zu geringen Anreiz hinsichtlich der Durchführung einer Individualklage hat und nur eine kollektive Klageeinreichung Erfolgschancen bietet und sich damit finanziell lohnt.302 In der deutschen Rechtswissenschaft werden zur Steigerung der Verfahrenseffizienz daher Forderungen nach einer weitergehenden kollektiven Rechtsdurchsetzung geäußert.303 Zunächst sei damit eine Verbesserung des Rechtsschutzes der Anleger verbunden.304 Darüber hinaus sei eine Zivilklage zur Verhaltenssteuerung anzuraten.305 Auch seien Verbesserungen der Konkurrenzfähigkeit des Finanz- und Justizplatzes Deutschland zu erwarten.306 Es werden insbesondere zwei Instrumente vorgeschlagen, einerseits die Gruppenklage und andererseits das Musterverfahren nach dem Kapital299 Zum Schutzzweck des Insiderhandelsgebots siehe Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(5), S. 113 ff. 300 So Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (680). 301 Wolf/Lange, in: Vorwerk/Wolf, KapMuG, Einleitung Rn. 2. 302 Wolf/Lange, in: Vorwerk/Wolf, KapMuG, Einleitung Rn. 2. 303 Siehe hierzu die Untersuchung von Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz zugunsten geschädigter Kapitalanleger, S. 39 ff.; Fleischer/Kalss, AG 2002, 329 (334); zu den präventiven Zielen der zivilrechtlichen Haftung Kapitel 4, D.II., S. 191 ff. 304 Zypries/Eichel, Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums und des Bundesfinanzministeriums zum „Maßnahmenkatalog der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes“ vom 25. Februar 2003; abrufbar unter http://www.bmj.bund.de/enid/53a19ad7519ca5e03e37c95376899b3f,0/Ser vice/Pressestelle_10h.html. 305 Fleischer/Kalss, AG 2002, 329 (334), näher zur zivilrechtlichen Sanktion im Kapitalmarktrecht Kapitel 6, B.V.2., S. 311 ff. 306 Heß, AG 2003, 113 (115).

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marktinformationshaftungsgesetz, in Anlehnung an § 93a VwGO.307 Diese Instrumente sollen im Folgenden neben den klassischen Möglichkeiten des kollektiven Rechtsschutzes untersucht werden. An dieser Stelle können die Varianten eines kollektiven Rechtsschutzes de lege lata und die Weiterentwicklung derselben für kapitalmarktrechtliche Ansprüche nicht im Einzelnen vertieft werden. Es muss für den Durchsetzungsaspekt der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung de lege ferenda ein Überblick genügen. a) Streitgenossenschaft Eine Form der traditionellen Interessenbündelung liegt in der sog. Streitgenossenschaft des deutschen Rechts, §§ 59, 60 ZPO. Hierbei werden gleichartige Ansprüche einer Vielzahl von Personen zu einem gemeinsamen Verfahren zusammengefasst.308 Die Streitgenossenschaft wird jedoch bei Massenprozessen als untauglich beurteilt, da es bei einer großen Gruppe von Klägern als unwahrscheinlich angesehen wird, dass diese vor demselben Gericht klagen werden.309 b) Verwalter/Treuhänder Der rechtswidrig erwirtschaftete Gewinn des Insiders könnte auch durch einen Verwalter bzw. einen Treuhänder gerichtlich geltend gemacht werden. Anschließend müsste der Gewinn pro rata an die Anlegerschaft ausgezahlt werden.310 So sieht der Vorschlag des Arbeitskreises Gesellschaftsrecht eine Anspruchsgeltendmachung treuhänderisch für die Anleger durch einen Verwalter vor, § 30 ff. des Gesetzesvorschlags des Arbeitskreises Gesellschaftsrecht. Auch im US-amerikanischen Recht ist im Rahmen der „dis307 Der Musterprozess nach § 93a VwGO kann immer dann zur Anwendung gelangen, wenn in mehr als zwanzig Verfahren über die Rechtmäßigkeit ein und derselben behördlichen Maßnahme entschieden werden soll. Diese Voraussetzungen sind eng gefasst. Es existieren wohl nur wenige Fallkonstellationen, in denen die Verfahren ein und denselben Verwaltungsakt angreifen und dabei sowohl gleichgerichtet als auch gleicher Art sind; Eichelberger, Verbot von Marktmanipulation, S. 124; Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 59; Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 120. 308 Schwab, Grundzüge des Zivilprozessrechts, S. 26. 309 Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 54. 310 So der Vorschlag des Arbeitskreises Gesellschaftsrecht zum Insiderrecht (§ 30); für eine kartellrechtliche Klage von Verbänden als Prozessstandschafter zugunsten von Mitgliedern und Nichtmitgliedern Steindorff, ZHR 138 (1974), 504 (516 f.); Mertens, ZHR 139 (1975), 438 (473 f.); für das UWG: Schricker, ZHR 139 (1975) 208, 246 f.

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gorgement-Anordnungen“ der SEC311 anerkannt, dass der abgeschöpfte Gewinn auf ein von einem unabhängigen Vermögensverwalter oder einem Treuhänder verwaltetes Treuhandkonto eingezahlt wird.312 Die Summe wird an alle diejenigen ausgezahlt, die durch die Aktivitäten des Insiders geschädigt worden sind. Der überschießende Betrag wird an die Staatskasse ausgekehrt.313 Ein Verwaltermodell könnte einerseits im Sinne einer gewillkürten Prozessstandschaft, andererseits im Wege einer gesetzlichen Prozessstandschaft auszugestalten sein. aa) Gewillkürte Prozessstandschaft Sofern es sich bei dem Verwalter um einen gewillkürten Prozessstandschafter handelt, müsste sichergestellt werden, dass unabhängig von der Vergütung ein hinreichender Anreiz des Verwalters besteht, die Klage zu erheben.314 Die gewillkürte Prozessstandschaft ist eine traditionelle Form der Interessenbündelgung im Prozess, die jedoch nur dann erfolgsträchtig ist, wenn der Bevollmächtigte ein eigenes rechtliches Interesse an dem Verfahren hat.315 Es erscheint im Fall der Gewinnabschöpfung bei Insiderhandel und nicht gemeldeten Directors’ Dealings zweifelhaft, dass ein Verwalter ein eigenes rechtliches Interesse am Klagegegenstand vorzubringen hat.316 Eine Möglichkeit, das Erfordernis des eigenen rechtlichen Interesses zu umgehen, besteht in der treuhänderischen Anspruchsabtretung.317 Diese ist nach der herrschenden Meinung grundsätzlich zulässig.318 Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass nach §§ 2 Abs. 2, 1, 3 RDG die gerichtliche Geltendmachung von zu Einziehungszwecken abgetretenen Forderungen ver311 Siehe zur Gewinnabschöpfung durch die SEC Kapitel 3, A.I.1.c)bb), S. 108 ff. 312 Committee on Federal Regulation of Securities, Bus. Law. 41 (1985–1986), 223 (245). 313 Loss/Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, S. 1056. 314 Näher hierzu Lüke, Zivilprozessrecht, S. 110 f.: für die gewillkürte Prozessstandschaft ist neben der rechtsgeschäftlichen Übertragung der Prozessführungsbefugnis auch ein eigenes rechtliches Interesse des Prozessstandschafters erforderlich. 315 Siehe hierzu schon im Rahmen des Verwaltermodells Kapitel 5, D.II.3.a), S. 277 f. 316 BHG NJW 2000, 738: die begehrte Entscheidung muss danach auch die Rechtslage des Ermächtigten beeinträchtigen; hierzu auch Lüke, Zivilprozessrecht, S. 108 f. 317 Siehe hierzu Leufgen, kollektiver Rechtsschutz zugunsten geschädigter Kapitalanleger, S. 34 ff. 318 Lüke, Zivilprozessrecht, S. 109 m. w. Nachw.

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boten ist, wenn diese geschäftsmäßig erfolgt. Die Rechtsprechung nimmt eine verbotene Geltendmachung sowohl bei verbandsmäßig organisierten Anlegerschutzvereinigungen als auch bei fallbezogenen Interessensgemeinschaften an.319 Will also jemand eine Forderung nur zur Einziehung erwerben, ohne das wirtschaftliche Risiko zu übernehmen (Forderungsinkasso), muss er sich bei der Landesjustizverwaltung registrieren lassen, § 10 Abs. 1 Nr. 1 RDG. Die treuhänderische Durchsetzung von Ansprüchen durch einen Anwalt ist jedoch von Gesetzes wegen nicht ausgeschlossen, § 3 BRAO. Aufgrund seiner Komplexität birgt die Anspruchsbündelung in Form der treuhänderischen Abtretung jedoch einen hohen Kosten- und Organisationsaufwand, so dass sich die Frage stellt, ob sie als effektiv und praxistauglich qualifiziert werden kann.320 So müssen sich die Anleger zusammenfinden, auf einen gemeinsamen Rechtsanwalt als Treuhänder einigen, auf eine einheitliche Prozessstrategie verständigen und schließlich jeweils einzeln mit dem Rechtsanwalt einen Abtretungsvertrag schließen. Auch birgt das Gewinnverteilungsverfahren einen hohen Organisationsaufwand. Der klagende Verband müsste dem Gericht eine vollständige Liste vorlegen, die den individuellen Schaden für jeden Geschädigten substantiieren kann. Aufgrund der mit der Bezifferung und dem Nachweis kapitalmarktrechtlicher Schäden verbundenen Schwierigkeiten ist ein solches Verfahren mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden. Fest steht, dass den Gewinnempfängern nicht jeweils ein Anspruch auf Auszahlung des gesamten Gewinns zusteht – daher muss im Verteilungsverfahren auf die einzelnen Schadensposten abgestellt werden. Hier kommt nur eine Auszahlung pro rata ihres – notfalls geschätzten Schadensanteils in Betracht.321 Daran wird kritisiert, dass zwischen der eingeklagten Summe und den potentiellen Schadensposten eine so erhebliche Diskrepanz besteht, dass „Größenordnungen eingeklagt werden, die mit dem potenziellen Schaden überhaupt nichts mehr zu tun haben.“322 Es ist aber im Rahmen des Schadensermittlungsverfahrens denkbar, auf die Bezifferung der Einzelschäden zu verzichten und stattdes319 BGH, ZIP 1993, 1708 f.; BVerfG ZIP 2000, 183 f.; zu beachten ist jedoch, dass nach § 7 RDG die außergerichtliche Rechtsdienstleistung durch Interessensvereinigungen und Genossenschaften unter den dort genannten Voraussetzungen erlaubt ist. 320 Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz zugunsten geschädigter Kapitalanleger, S. 36; Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 563. 321 Dorfman, § 5.04 Implied Civil Liabilities under Section 10(b) SEA and Rule 10b-5, S. 37; Fellmann, Rechtliche Erfassung von Insidertransaktionen, S. 143; siehe zur sog. „out-of-pocket-Regel“ im US-amerikanischen Recht: Dorfman, § 5.04 Implied Civil Liabilities under Section 10(b) SEA and Rule 10b-5, S. 37. 322 So von Rosen in einem Interview nach Eröffnung des mündlichen Verhandlung des Verfahrens der Telekomaktionäre vor dem OLG Frankfurt.

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sen den Gesamtschaden nach Wahrscheinlichkeitswerten zu beziffern, für den der erwirtschaftete Gewinn ein maßgebender Faktor ist.323 Die Kritik an einem Vertretermodell („erheblicher organisatorischer Aufwand“) weckt Zweifel an der Effektivität dieser Art der Durchsetzung der Gewinnabschöpfung. bb) Gesetzliche Prozessstandschaft Dem Problem des erheblichen organisatorischen Aufwands eines (vor)prozessualen Zusammenschlusses der anspruchsberechtigten Anleger könnte mit einer gesetzlichen Prozessstandschaft, folglich durch gesetzliche Legitimation eines Vertreters zur Klageerhebung, begegnet werden. Hierbei würde es sich dann um einen Amtswalter im weiteren Sinne handeln, der die Rechte der Anleger gebündelt ausübt.324 Auch wenn die Frage der Person des Vertreters gesetzlich geregelt werden könnte, wäre dennoch die Einberufung des Vertreters und das anschließende Verteilungsverfahren – wie soeben gezeigt – mit enormen organisatorischen Problemen behaftet. Es bedürfte eines ausgearbeiteten Regelwerks, das sowohl eine Antragsberechtigung von geschädigten Anlegern als auch den Verfahrensablauf und das Verteilungsverfahren des abgeschöpften Gewinns regelt. Nähere Überlegungen hierzu würden den Umfang dieser Arbeit deutlich überschreiten. Es kann an dieser Stelle aber ergänzend festgehalten werden, dass gänzlich ungeklärt ist, wie die Vergütung des Verwalters erfolgen sollte und ob und wie dessen Haftung bei (fahrlässig) pflichtwidrigem Handeln gegenüber einer möglicherweise beträchtlichen Anzahl an potentiell geschädigten und damit anspruchsberechtigten Anlegern aussehen könnte. Im Ergebnis ist das Verwaltermodell als Durchsetzungsmöglichkeit der Gewinnabschöpfung aufgrund mutmaßlich fehlender Praktikabilität nicht anzuraten. c) Sammelklagen aa) US-amerikanisches Recht: Class action Die class action im US-amerikanischen Recht ist eine Klage, bei der eine größere Gruppe von Personen mit gleichartigen Ansprüchen durch einen 323 Schäfer, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 15; vgl. zur Gruppenklage im US-amerikanischen Recht Kapitel 5, D.II.3.c)aa), S. 280 ff. 324 Ähnliche Situation beispielsweise im Insolvenzverfahren: hier agiert der Insolvenzverwalter als Partei kraft Amtes, § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO; näher Lüke, Zivilprozessrecht, S. 108; Philippi, in: Zöller, ZPO, § 116 Rn. 2.

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Repräsentanten im Prozess vertreten und im Ergebnis wie ein einzelner Kläger behandelt wird.325 Die class actions dienen der Durchsetzung und Handhabung von Schadensersatzansprüchen bei sog. Streuschäden. Grundgedanke ist die Wahrung des objektiven Rechts durch Klagen Privater im öffentlichen Interesse.326 Die class action muss im Kontext des rechtskulturellen Hintergrundes und des US-amerikanischen Zivilprozesses gesehen werden.327 Historischen Ursprung hatten die class actions in England im 17. Jahrhundert durch richterliche Rechtsentwicklung (sog. equity-Praxis).328 In den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts kam die Idee auf, dass der Zivilprozess nicht nur als ultima ratio der Streitbeilegung, sondern auch als sozialpolitisches Instrument genutzt werden könnte.329 Mittels der Privatinitiative der Kläger sollte Unrecht aufgedeckt und sanktioniert werden.330 Ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der kollektiven Rechtsdurchsetzung ist das Rechtsschutzziel, mithin die Frage, was mit einer solchen Klage verlangt werden kann. Bei der Gruppenklage im US-amerikanischen Rechtsraum sind keine Beschränkungen des Rechtsschutzziels bekannt. Sofern Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, wird jedoch keine individuelle Feststellung der einzelnen Schadensposten getroffen, sondern vielmehr ein Gesamtschaden bestimmt, der sich an dem erwirtschafteten Gewinn des Beklagten orientiert.331 Im Vergleich zu den Möglichkeiten des kollektiven Rechtsschutzes in Deutschland sind die class actions mit einem erheblich geringeren Organisationsaufwand verbunden. So ermöglicht eine class action auch dann eine Klageerhebung, wenn die betroffenen Gruppenmitglieder der prozessualen Vertretung ihrer Interessen nicht ausdrücklich zugestimmt haben oder nicht einmal namentlich bekannt sind.332 325 Definition nach Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz zugunsten geschädigter Kapitalanleger, S. 59 f. 326 Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz zugunsten geschädigter Kapitalanleger, S. 60. 327 Siehe hierzu genauer Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz zugunsten geschädigter Kapitalanleger, S. 60 ff. 328 Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 12; zur Geschichte ausführlich siehe Yeazell, From Medieval Group Litigation To The Modern Class Action, S. 267 ff. 329 Eichholtz, US-amerikanische Class Action, S. 53 f.; Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz zugunsten geschädigter Kapitalanleger, S. 60. 330 Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz zugunsten geschädigter Kapitalanleger, S. 60. 331 Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 25. 332 Siehe Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz zugunsten geschädigter Kapitalanleger, S. 60.

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Eine gesetzliche Verankerung findet die Sammelklage in § 23 US-Bundeszivilprozessrechtsordnung (Federal Rules of Civil Procedure), welche einem Privatkläger die Kollektivklage – ohne Beschränkung des Anwendungsbereichs – im Namen aller Betroffenen zubilligt. Charakteristisch für die Klageart der class action ist es, dass ein Kläger stellvertretend für die Gruppe aller betroffenen Personen seinen eigenen Klageanspruch geltend macht, wobei dieser mit allen anderen Ansprüchen der class members verbunden ist.333 Rule 23(a) spezifiziert vier Voraussetzungen für eine class action: „One or more members of a class may sue or be sued as representative parties on behalf of all only if the class is so numerous that joinder of all members is impracticable, there are questions of law or fact common to the class, the claims or defenses of representative parties are typical of the claims or defenses of the class, and the representative parties will fairly and adequately protect the interest of the class.“

Um von den Rechtswirkungen des Hauptklageanspruchs erfasst zu werden, müssen die potentiellen Gruppenmitglieder in einem fristgebundenen opt-in/opt-out Verfahren ihre Zugehörigkeit zu oder ihren Ausschluss von der Gruppe erklären.334 Voraussetzung ist eine hinreichende Informationspolitik des eine Klage anstrengenden Gruppenmitglieds, um potentiellen Gruppenmitgliedern die Wahlmöglichkeit einzuräumen.335 Wesentlich bei der class action ist jedoch, dass nur das die Klage erhebende Gruppenmitglied formell Partei des Verfahrens wird und damit in den Genuss aller Verfahrens- und Beteiligungsrechte kommt.336 Außer im Falle des nur die Verfahrensbeteiligten bindenden Vergleichs entfaltet die Beendigung des Verfahrens hingegen Rechtswirkungen für alle Gruppenmitglieder.337 Im Kapitalmarktrecht werden die class actions eingeschränkt, um missbräuchlichen massenhaften Klageerhebungen vorzubeugen. Hierzu wurden im PSLRA338 restriktive Voraussetzungen für class actions geschaffen. So kann im Rahmen von Sammelklagen nur noch ein Investor mit dem relativ höchsten Verlust Hauptkläger werden. Schließlich ist auch eine Zertifizierung nur unter erschwerten Voraussetzungen möglich, und zwar in dem Fall, dass der Streitwert über 5 Millionen US-Dollar und die Klägeranzahl über 100 Personen liegt (sog. minimal diversity). 333

von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 39. von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 6. 335 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 39. 336 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 39. 337 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 39. 338 Private Litigation Reform Act von 1995; hierzu genauer: Avery, Business Lawyer 51 (1996), 335 ff. 334

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bb) Deutsche Rechtslage Traditionell ist das deutsche Recht gegenüber Konstruktionen einer kollektiven Rechtsdurchsetzung eher zurückhaltend.339 Eine erste vorsichtige Öffnung hat durch das KapMuG stattgefunden, auf das weiter unten eingegangen wird. Eine Übertragung der class actions in das deutsche Zivilprozessrecht stößt auf Bedenken.340 So wird argumentiert, dass die opt-out Methode gegen die Dispositionsmaxime des deutschen Zivilprozessrechts verstoße.341 Grund hierfür ist die Rechtskrafterstreckung eines Urteils auf alle Angehörigen einer „class“, auch wenn diese keine Kenntnis von dem Verfahren hatten.342 Daneben stelle die kollektive Geltendmachung der Schadensersatzansprüche auch eine Kumulierung der Ansprüche und damit eine Funktionserweiterung des Schadensersatzrechts über die Kompensation von Schäden hinaus dar.343 Eine kollektive Rechtswahrnehmung ist lediglich im Rahmen der sog. GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte)-Rechtsprechung des BGH anerkannt.344 Die GEMA muss die ihr anvertrauten Urheberrechte schützen und hierzu einen umfangreichen Überwachungsapparat einrichten.345 Bei Verletzungen kann die GEMA als urheberrechtliche Verwertungsgemeinschaft pauschal ein sog. Duplum (doppelte Lizenzgebühr) verlangen.346 339

Murray/Stürner, German civil justice, S. 203. Vgl. zum Beispiel Baetge/Eichholtz, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 288 ff.; Duve, BB 2005, 673 ff.; Hirte, VersR 2000, 148 ff.; Holzhüter, Class Action im US-amerikanischen Kapitalmarktrecht; Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 47 ff.; Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz zugunsten geschädigter Kapitalanleger, S. 46 ff.; Micklitz/Stadler, § 1 Gesetz zur Regelung von Verbands-, Muster- und Gruppenklagen (GVMuG); Schneider, BB 2005, 2249 ff.; Stadler, in: FS Schlosser, S. 939 ff. 341 Zudem gewährt die US-amerikanische class action den Gruppenmitgliedern keinen Anspruch auf rechtliches Gehör. Anders die Rechtslage nach dem KapMuG, bei dem die übrigen Kläger zum Musterverfahren beigeladen werden, vgl. Reuschle, in: BMELV, Kollektive Rechtsdurchsetzung, S. 67 (69). 342 Lorenz, in: BMELV, Kollektive Rechtsdurchsetzung, S. 61 (65). 343 Koch, Kollektiver Rechtsschutz, S. 22 f.; Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 556. Hier ist auf die Diskussion über Präventionsaspekte im deutschen Schadensersatzrecht unter Kapitel 4, D.II., S. 191 ff. zu verweisen. 344 BGHZ 17, 376 (383); 59, 286 (287–294); BGH, GRUR 1960, 253 (255); BGH NJW 1973, 96; siehe hierzu auch die Ausführungen im Rahmen der dreifachen Schadensberechnung unter Kapitel 5, C.I.4.a), S. 241 ff. 345 Wagner, AcP 206 (2006), 352 (376). 346 Wagner, AcP 206 (2006), 352 (376). 340

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Gerade bei Massenschäden wird die Einführung einer Gruppenklage abgelehnt, da bei den Betroffenen zumeist ein hinreichender Anreiz zur individuellen Klageerhebung bestehe und zudem eine Gruppenklage Gefahr laufe, wesentliche Unterschiede zwischen den Einzelansprüchen einzuebnen.347 Da die Vorzüge und Nachteile von class actions im deutschen Zivilprozessrecht bereits eingehende Untersuchung erfahren haben348, sollen keine weiteren Überlegungen zur Weiterentwicklung des bestehenden Prozessrechts – insbesondere zur Implementierung neuer Gestaltungsmöglichkeiten wie der class action – angestrengt werden. De lege lata ist nach deutschem Recht keine Durchsetzung mittels class action möglich. d) Sammelklagen geschädigter Anleger mittels BGB-Gesellschaften Seit Beginn der neunziger Jahre ist bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen geschädigter Anleger insbesondere im Kartellrecht eine Praxis der Sammelklagen mittels BGB-Gesellschaften zu beobachten. Hierbei scheuen Einzelanleger zumeist die Durchsetzung ihrer Ersatzansprüche aufgrund des erheblichen Aufwands und der erheblichen Kosten. Daher schließen sie sich unter Mitwirkung ihrer Anwälte zu sog. Anlegerschutzgesellschaften zusammen. Die tatsächlich oder vermeintlich geschädigten Anleger treten der GbR als Gesellschafter bei. Zur Finanzierung der Anwalts-, Gerichts- und sonstigen Verfahrenskosten sind Bareinlagen der Gesellschafter erforderlich.349 Derartige Anlegerschutzgesellschaften verfolgen ausschließlich den Zweck, Schadensersatzansprüche der Anleger durchzusetzen. Hier wurde teilweise argumentiert, dass die Tätigkeit dieser Anlegerinteressengesellschaften als Außen-GbR gegen den früheren Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG verstoße.350 Diese Nichtigkeit erfasse mit ex tunc Wirkung sowohl den Gesellschaftsvertrag als auch die Forderungsabtretungen.351 Nach dem nunmehr geltenden RDG ist nach § 7 RDG nur die außergerichtliche Rechtsdienstleistung durch Berufs- und Interessenvereinigungen erlaubt. Selbst bei Annahme der Zulässigkeit eines Zusammenschlusses zu solch einer GbR ist mit dieser in jedem Fall ein erheblicher organisatorischer 347

Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 6; genauer zu den Massenschäden Kapitel 3, B.III.2.b), S. 172. 348 Siehe hierzu die Nachweise in Kapitel 5, Fn. 340. 349 Loritz/Wagner, WM 2007, 477 (477). 350 Loritz/Wagner, WM 2007, 477 (481). 351 Diekötter, DB 2002, 880 (883), Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz zugunsten geschädigter Kapitalanleger, S. 37 m. w. Nachw.; Loritz/Wagner, WM 2007, 477 (481).

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Aufwand verbunden, der an der Praxistauglichkeit dieses Instruments zur kollektiven Rechtsdurchsetzung zweifeln lässt.352 e) Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz Im Rahmen der Analyse bestehender kollektiver Rechtsdurchsetzungsinstrumente ist auf das am 1. November 2005 erlassene Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz (KapMuG)353 hinzuweisen. Durch das KapMuG hat eine erste Öffnung der recht starren deutschen zivilprozessualen Regelungen stattgefunden. Oft wird darauf verwiesen, dass die Erfahrungen in der Praxis mit dem KapMuG zunächst einmal abzuwarten seien, bis eine weitere Initiative für Gruppen- oder Verbandsklagen gestartet werden sollte. Das KapMuG konnte jedoch in der Praxis bislang nicht den gewünschten Effekt erzielen, da die Verfahren trotz des Musterverfahrens zu langwierig sind, als dass sie effektiv der Durchsetzung von Streuschäden dienten.354 Bereits im Rahmen der Analyse der bestehenden Sanktionsmöglichkeiten wurde festgestellt, dass das KapMuG nicht dazu beiträgt, das beweisnotbedingte Durchsetzungsdefizit bei kapitalmarktrechtlichen Schäden zu beseitigen.355 Der Anwendungsbereich ist auf Schadensersatzansprüche wegen Unterlassung von öffentlichen Kapitalmarktinformationen oder falscher oder irreführender Information der Anleger beschränkt. Eine Gewinnabschöpfung ist nicht vom Gesetzeswortlaut umfasst. Sie müsste erst in den Anwendungsbereich nach § 1 Abs. 1 S. 3 KapMuG aufgenommen werden. Das KapMuG ist aber auch von seiner Konzeption her nicht so einfach auf die Gewinnabschöpfung übertragbar. Bei einer Bündelung der Gewinnabschöpfungsansprüche nach dem KapMuG müssten die singulären Ansprüche jedes einzelnen Anlegers auf die Herausgabe des gesamten Gewinns gerichtet sein, was sich nach der zivilrechtlichen Gewinnherausgabedogmatik als ein „unerhofftes Glück“ darstellen würde.356 Eine Verpflichtung des die Klage erhebenden Anlegers auf Weitergabe des abgeschöpften Gewinns an andere Geschädigte würde die Effektivität einer solchen Klage in Frage stellen, da dem Einzelnen ein zu hohes Risiko und ein zu hoher Verwaltungsaufwand auferlegt würde. Daher käme nur die Klageerhebung und Gewinnverteilung durch einen Verwalter in Betracht.357 352

Siehe zum organisatorischen Aufwand bereits Kapitel 5, D.II.3.a), S. 277 ff. Das KapMuG ist zunächst nur „auf Probe“ bis zum 1.11.2010 eingeführt, Wolf, in: Vorwerk/Wolf, KapMuG, § 20 Rn. 3. 354 Erttmann/Keul, WM 2007, 482 ff. 355 Siehe hierzu Kapitel 3, B.III.3., S. 174 f. 356 Näher zur Überkompensation Kapitel 4, D.I., S. 187 ff. 357 Siehe zum Verwalter Kapitel 5, D.II.3.b), S. 277 ff. 353

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Das Modell der kollektiven Rechtsdurchsetzung, das dem KapMuG zugrunde liegt, ist daher auf die Durchsetzung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung de lege ferenda nicht sinnvoll übertragbar. f) Verbandsklagen Sofern die Geltendmachung von in unrechtmäßiger Weise erwirtschafteten Gewinnen primär im Allgemeininteresse liegt, also im volkswirtschaftlichen Gesamtinteresse an einem funktionierenden Kapitalmarkt, könnte erwogen werden, dass die unrechtmäßigen Vorteile, die aus Insiderhandelstransaktionen resultieren, an eine Organisation abzuführen sind, die die Anlegerinteressen wahrnimmt und die Abführung des Gewinns geltend macht.358 Einer Verbandsklage in Anlehnung an § 10 UWG könnte Vorbildcharakter für die zivilrechtliche Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht zukommen. Anlegerschutzverbände könnten den erwirtschafteten Gewinn geltend machen und für ihren Einsatz eine angemessene Aufwandsentschädigung verlangen oder den Gewinn als Rechtsschutzziel behalten dürfen. aa) Erscheinungsformen Die Verbandsklage wird in den Fällen eingesetzt, in denen der Kläger geltend macht, dass durch ein rechtswidriges Verhalten des Beklagten gleichzeitig die rechtlich geschützten Interessen mehrerer anderer Personen in gleicher Weise verletzt werden und der Schutz der Interessen zu den satzungsgemäßen Aufgaben des klagenden Verbandes gehört.359 Die Verbandsklage ist eine Form der vorprozessualen Organisation. Die Rechtsdurchsetzung durch Verbände ist bei Sachverhalten bezweckt, in denen Individualklagen nicht zuletzt aufgrund des Prozessrisikos in der Regel unterbleiben und folglich eine effektive Rechtsdurchsetzung nicht gegeben ist.360 Bereits an anderer Stelle wurde die Frage aufgeworfen, ob eine zivilrechtliche Sanktion dort legitim und effektiv angewandt werden kann, wo keine individuellen Rechte betroffen sind und allenfalls den Interessen zahlreicher Anleger entsprochen wird.361 Auch wenn nach herrschender Auffas358 Siehe zum sog. Kollektivvertretermechanismus auch Baums, ZHR 166 (2002), 375 (379); Koch, ZZP 2000, 413 (429); Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz zugunsten geschädigter Kapitalanleger; Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 553. 359 Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 3; siehe auch die (rechtsvergleichenden) Untersuchungen von Koch, ZZP 2000, 413 ff.; Schaumburg, Die Verbandsklage, S. 65 ff. 360 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 8. 361 Siehe Kapitel 5, D.II.2.a)ee), S. 271 ff.

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sung bei Verstößen gegen die Insiderhandelsverbote Allgemeingüter betroffen sind und die kapitalmarktrechtlichen Normen keinen Drittschutz bewirken, scheiden zivilrechtliche Durchsetzungsmechanismen im Kapitalmarktrecht nicht von vornherein als unangemessen aus. Bei der Verbandsklage handelt es sich gerade um eine Klagemöglichkeit zugunsten nicht personifizierter Allgemeininteressen.362 Die Betrauung von Verbänden mit der Rechtsdurchsetzung im Allgemeininteresse geht mit der Verlagerung staatlicher Aufgaben einher.363 Die Verbandsklage unterscheidet sich dadurch von der Gruppenklage in Gestalt der class action, dass bei ersterer ein abstraktes Kollektivinteresse geltend gemacht wird und bei letzterer die Summe der verbundenen Individualinteressen.364 Ziel der Verbandsklage ist nicht die Geltendmachung individueller Ansprüche der Verbraucher, sondern vielmehr die Durchsetzung öffentlicher Interessen. Weder für den Zivil- noch für den Verwaltungsprozess gibt es allgemeine Regelungen für eine Verbandsklage.365 Diese ist vielmehr auf Spezialmaterien beschränkt.366 So konnte die Unterlassungsklage bei Wettbewerbsverstößen bereits nach dem UWG von 1896 durch Verbände geltend gemacht werden.367 Auch nach § 10 UWG sind Verbände zur Geltendmachung des Gewinnabschöpfungsanspruchs berechtigt. Im Kartellrecht existiert ein Anspruch auf Vorteilsabschöpfung für Verbände und Einrichtungen nach § 34a GWB.368 Manche Autoren befürworten keine spezialgesetzliche Verbandsklage, sondern die Einführung einer in der ZPO anzusiedelnden Norm. Damit wäre eine bessere Übersichtlichkeit verbunden, als es bei entsprechenden Sondergesetzen der Fall ist.369 362

von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 6; Koch, ZZP 2000, 413 (422,

425). 363

Leipold, Kollektivierung des Zivilprozesses, S. 123 (143). von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 39. 365 Im internationalen Vergleich haben einige Länder in letzter Zeit ihr Recht der Verbands- und Gruppenklage reformiert oder bekunden zumindest diese Absicht. So kennen Frankreich, England, Griechenland, die Niederlande und Spanien ein Verbandsklagenrecht: siehe die rechtsvergleichende Untersuchung von Basedow/Hopt/ Kötz/Baetge (Hrsg.), Die Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess; Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 92. 366 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 6. So führt § 61 BNatSchG eine im gesamten Bundesgebiet geltende Vereinsklage ein, deren Rechtsfolgen sich nach der VwGO richten. Auch nach § 3 UKlaG ist eine Verbandsklage zur Stärkung der Verbraucherrechte möglich, näher hierzu Schmauß, Gewinnabschöpfungsanspruch von Verbänden, S. 20 f. 367 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 9. 368 Näher zum Verbandsklagenrecht nach § 34a GWB Kapitel 5, C.II.3., S. 254 ff. 369 Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 3. 364

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Bezüglich Verbandsklagen wird vermehrt die Kritik und Sorge geäußert, dass diese aufgrund sachfremder Motive geltend gemacht werden könnten.370 Es werden mit Bezug auf das Wettbewerbsrecht Bedenken laut, dass mit § 10 UWG ein neues Refinanzierungsinstrument für Wettbewerbsverbände geschaffen wurde.371 Zudem wird auf die Gefahr einer Instrumentalisierung verwiesen, bei der sich die Verbände unter dem Deckmantel eines für die Beweisführung notwendigen Auskunftsanspruchs372 „vor den Karren der Konkurrenz spannen ließen, um eine legale Betriebsspionage durchzuführen.“373 Zum Schutz der Betriebsinterna sollte daher jedenfalls ein neutraler Wirtschaftsprüfer eingesetzt werden (sog. Wirtschaftsprüfervorbehalt).374 Schließlich wird die Gewaltenteilungstrias angeführt, nach der klar getrennt sei, wer vollstrecken, wer erlassen und wer richten dürfe.375 Sofern private Verbände mit Exekutivbefugnissen betraut würden, ohne eine eigene Verletzung vorweisen zu können, sei dies ein Fremdkörper im Zivilprozessrecht.376 bb) Anforderungen und Inhalt einer kapitalmarktrechtlichen Verbandsklage (1) Vereinsform, §§ 21 ff. BGB Obgleich der oben angeführten Kritik gewichtige Bedeutung einzuräumen ist, sollen im Folgenden Überlegungen angestrengt werden, wie die Voraussetzungen einer Rechtsdurchsetzung von Verbänden im Kapitalmarktrecht ausgestaltet werden müssten. Um aktivlegitimiert zu sein, muss ein Verband zunächst die Voraussetzungen erfüllen, die an die Rechtsform eines Vereins nach den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften, §§ 21 ff. BGB, gestellt werden.377 370 Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 151; Wimmer-Leonhard, GRUR 2004, 12 (17). Zur Kritik an einer Verbandsklage im Insiderrecht vgl. die Ausführungen von Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 558–564. 371 Sack, WRP 2003, 549 (555); Wimmer-Leonhard, GRUR 2004, 12 (17). 372 Siehe zu den die Gewinnabschöpfung begleitenden Ansprüchen Kapitel 7, C.VI., S. 356 ff. 373 Engels/Salomon, WRP 50 (2004), 32 (43); von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 105; Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 561; Sack, WRP 2003, 549 (555). Die Auskunftsansprüche ergeben sich u. a. aus § 19 MarkenG, § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG und zudem aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Anerkennung; Engels/Salomon, WRP 2004, 32 (43); Sack, WRP 2003, 549 (555). 374 Teplitzky, FS Tilmann, S. 913 (921) m. w. Nachw. 375 Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 151. 376 Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 151. 377 So sind auch die Verbraucherverbände in der Regel privatrechtlich, als eingetragene Vereine nach dem BGB organisiert, Leipold, Kollektivierung des Zivilpro-

D. Durchsetzung der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung

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Da ein Verband auch öffentliche Interessen wahrnimmt, bedarf es zur Verhinderung von Zweckentfremdung und Missbrauch der Sicherstellung der hinreichenden Seriosität des Verbandes.378 So verlangt die Rechtsprechung im Wettbewerbsrecht für die Klagebefugnis des Vereins und damit für die Zulässigkeit der Klage eine eigene, umfassende und regelmäßig satzungsmäßige Verfolgung von Wettbewerbsverstößen.379 Zur Sicherstellung der Seriosität der Verbände kann auch eine staatliche Registrierung der Verbände verlangt werden.380 In einem besonderen Registerverfahren könnte eine grundsätzliche Anerkennung der Prozessführungsbefugnis eines Verbandes (eventuell zeitlich befristet) ausgesprochen und so eine gewisse Rechtssicherheit gewährleistet werden.381 (2) Entlastung von Behörden Gegenüber der Kollektivierung der kapitalmarktrechtlichen Ansprüche in der Hand von Verbänden werden Bedenken geäußert. Die Anspruchsbündelung sei nicht zwingend erforderlich, sondern vielmehr unangemessen, da der Einzelne bei Massenschäden aufgrund der Schwere seines individuellen Schadens genügend Anreiz zur Geltendmachung des Ersatzbetrages habe.382 Andererseits könnten die Anlegerschutzverbände unterstützend für die BaFin bei deren Börsenüberwachung und Kontrolle tätig werden.383 Es ist eine die Anspruchsberechtigung von Verbänden legitimierende Entlastung der staatlichen Behörden bei der Aufsichtstätigkeit und folglich eine Optimierung der Kontrolle für Marktfehlverhalten zu erwarten.

zessrechts, S. 123 (143); Schaumburg, Die Verbandsklage, S. 132 f. Bekannte, bereits existierende Anlegerschutzverbände sind beispielsweise die deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e. V. (DSW) sowie die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e. V. (SdK). 378 Koch, ZZP 413 (430). 379 BGH, NJW 1986, 1347; auch selbständige berufliche Interessen sind als wirtschaftliche Interessen im weiteren Sinne zu verstehen, vgl. Schaumburg, Die Verbandsklage, S. 135. 380 So die Unterlassungsklagenrichtlinie in Art. 4 Abs. 3; näher auch Koch, ZZP 413 (430); zur Verbraucherschutzverbandsklage vgl. Schaumburg, Die Verbandsklage, S. 144 ff. 381 Eine genauere Ausarbeitung vermag diese Untersuchung nicht zu leisten, siehe hierzu aber Koch, ZZP 413 (430). 382 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 119. 383 Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 561.

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

(3) Verband als Gewinnempfänger Eine entscheidende Frage der Verbandsklage betrifft auch die Finanzierung der Verbände bei der Rechtsverfolgung. So kann angenommen werden, dass die Prozessverfolgung durch Verbände zumindest teilweise im öffentlichen Interesse erfolgt, so dass die Kosten des Verfahrens möglicherweise nicht allein durch den Verband zu tragen sind. Entweder bietet sich eine Lösung an, bei der eine (teilweise) öffentliche Finanzierung384 stattfindet, oder eine Lösung, bei der ein Erfolgshonorar vereinbart wird.385 Nach deutscher Rechtslage ist die Vereinbarung eines Erfolgshonorars grundsätzlich unzulässig, §§ 2, 4 RVG, § 49b BRAO. Nur in den engen Grenzen des am 1.7.2008 in Kraft getretenen § 4a RVG ist eine solche Vereinbarung gesetzlich erlaubt.386 Zudem muss beachtet werden, dass eine Kostenentlastung des Verbandes nur dann angemessen erscheint, wenn dieser den Gewinn nicht selbst behalten darf, sondern zur Abführung des Ersatzbetrages an Geschädigte verpflichtet wird oder den abgeschöpften Gewinn an den Staat auskehren muss. Dieses Modell der Gewinnabschöpfung wäre den gleichen Bedenken ausgesetzt, wie sie der Regelung in § 10 UWG gegenüber geltend gemacht werden. Nach § 10 UWG sind die Verbände zwar klagebefugt, jedoch fließt der Gewinn in den Staatshaushalt. Nach einem früheren Vorschlag zu § 10 UWG sollten die klagebefugten Verbände den abgeschöpften Gewinn auch erhalten, jedoch zweckgebunden im Sinne der Allgemeinheit verwenden.387 Von einer Doppelfunktion der Verbände als Empfänger des Gewinns und Aktivlegitimierte wurde jedoch abgesehen, um einer missbräuchlichen Geltendmachung der Ansprüche zum Zwecke der Einnahmeerzielung entgegen zu wirken.388 Andererseits wird betont, dass die Finanzierung von Verbänden durch staatliche Mittel abzusenken sei, um die Anreizmechanismen der Verbände zu stärken.389 Sofern das Erfordernis der Personenidentität von Gewinnempfänger und Aktivlegitimiertem erfüllt wird390, erhält der klagende Anlegerschutzver384 Näher zu den Möglichkeiten der öffentlichen Finanzierung in Gestalt der Kostenbefreiung für Verbandsklagen, der behördlichen Subventionierung von Verbänden oder der Bezahlung ihrer Anwälte aus öffentlichen Fonds Koch, ZZP 413 (431). 385 Näher zur Finanzierung über den Markt Koch, ZZP 413 (431). 386 Voraussetzung für ein Erfolgshonorar ist, dass der Auftraggeber andernfalls aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung von der Rechtsverfolgung abgehalten würde, § 4a Abs. 1 RVG. 387 Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 24 ff. 388 Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, § 10 Rn. 4. 389 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 115; die mangelnde Initiative der Verbraucherverbände im Bereich der Rechtsdurchsetzung beklagt auch Kisseler, FS Tilmann, 2003, S. 164 f. 390 Näher hierzu Kapitel 5, D.I., S. 258 ff.

D. Durchsetzung der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung

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band auch den Gewinn. Damit ist zwar sichergestellt, dass ein Anreiz zur Klageerhebung des Verbandes geschaffen wird. Dennoch ist vor dem Hintergrund eines potentiellen Missbrauchsrisikos die Frage offen, ob der abgeschöpfte Gewinn dem Verband vollständig zukommen soll, oder ob eine Aufteilung zwischen Verband und einer anderen Institution anzuraten ist. Aus einem Gutachten zum 66. deutschen Juristentag 2006 zu § 10 UWG stammt der Vorschlag, den gezogenen Gewinn zwischen der öffentlichen Hand oder gemeinnützigen Einrichtungen und dem im Klageweg erfolgreichen Verband aufzuteilen.391 Hierbei sei eine Teilungsquote mit einer absoluten Obergrenze vorzugswürdig. So könne beispielsweise der Schadensersatzbetrag zu 50% an den Verband und zu weiteren 50% an eine gemeinnützige Einrichtung ausgekehrt werden. Sofern die einzelnen Teilungsquoten beispielsweise 10 Millionen EUR übersteigen, sei die darüber hinausgehende Summe an den Staat abzuführen.392 Gegen die Notwendigkeit, den erwirtschafteten Gewinns bei der Rechtsdurchsetzung im Kapitalmarktrecht aufzuteilen, sprechen die erforderliche Anreizschaffung für Verbandsklagen sowie die erheblichen Beweisprobleme, die in der anonymen Form der Transaktionsvornahme begründet sind. Diese betreffen im Rahmen der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung weniger die subjektiven Voraussetzungen in Gestalt der Kenntnis von Insiderinformationen – dieser nur schwer zu erbringende Nachweis wird bei der hier vertretenen Konzeption der Gewinnabschöpfung gerade entbehrlich –, sondern vielmehr den Nachweis, dass überhaupt gegen kapitalmarktrechtliche Pflichten verstoßen wurde. So muss nach dem Modell der Gewinnabschöpfung, welches an die unterlassenen Meldungen nach § 15a WpHG anknüpft, aufgedeckt werden, dass eine Transaktion vorgenommen wurde und dabei die Meldung nach § 15a WpHG unterblieben ist. Dieser Nachweis bereitet in der Praxis so erhebliche Schwierigkeiten, dass keine rechtsmissbräuchliche Klageerhebung zu befürchten ist. Vielmehr muss sichergestellt werden, dass überhaupt genügend Anreiz besteht, Pflichtverletzungen aufzudecken und rechtswidrige Gewinne einzuklagen. Daher sollte der Gewinn bei einem Verbandsklagenrecht auch dem klagenden Verband ungekürzt zufließen. (4) Mehrheit von Gläubigern Ein weiteres Problem entsteht in der Praxis, sofern mehrere Verbände den Anspruch gerichtlich geltend machen. Grundsätzlich ist zu erwarten, dass sich die Verbände hierbei abstimmen.393 Eine derartige Abstimmung 391 392

Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 115. Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 115.

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

kann jedoch aus unterschiedlichen Gründen ausbleiben. Zu nennen sind etwa mangelnder Informationsaustausch zwischen den Gläubigern, Misstrauen gegenüber der sorgfältigen Prozessführung durch einen anderen Verband sowie Profilierungsstreben.394 Prozessual betrachtet handelt es sich um jeweils verschiedene Streitgegenstände, weil den Gläubigern jeweils ein eigenständiger Anspruch zusteht.395 Es ist daher auch denkbar, dass über die jeweiligen Klagen unterschiedlich entschieden wird. Unter dem Aspekt der Prozessökonomie sollten mehrere Gläubiger als einfache Streitgenossen i. S. v. § 59 ZPO gemeinschaftlich klagen. Auch hat das Gericht die Möglichkeit, mehrere anhängige Prozesse nach § 145 ZPO zu verbinden. cc) Abwägung Verbandsklagenrecht und Klagenrecht durch gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite Einem Verbandsklagenrecht kann entgegen gehalten werden, dass hier Verbände zur Rechtsdurchsetzung herangezogen werden, die selbst keinen Schaden erlitten haben. Die Auskehr des Gewinns an den Verband wäre allein von Effizienzgesichtspunkten getragen. Einem Postulat der möglichst geschädigtennahen Auszahlung des Gewinns entspricht eine Gewinnabschöpfung, die die Auskehr des Gewinns an Verbände vorsieht, folglich nicht. Den Verbänden kommt die Funktion eines „privaten Staatsanwalts“ zu, der aufgrund der strikten Trennung von zivil- und strafrechtlichen Verfahren im deutschen Recht Zweifel entstehen lässt. Bei einer solchen zivilrechtlichen Mischform wie dem Verbandsklagenrecht, stellt sich berechtigter Weise die Frage, ob nicht von vornherein öffentlich-rechtliche Regelungen eine höhere Legitimation erfahren.396 Andererseits handelt es sich bei der Verbandsklage nicht um eine singuläre und systemwidrige Rechtsdurchsetzung durch Private. Vielmehr kennen bereits andere wirtschaftsrechtliche Spezialgebiete wie das Kartell- und das Wettbewerbsrecht ein Verbandsklagenrecht mit § 34a GWB bzw. § 10 UWG. Bei einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung muss man jedoch beachten, dass ein Geschädigter des Insiderhandels nach klassischen Bewertungskriterien nicht feststeht. Vielmehr ist auch bei den contemporaneous traders der Markgegenseite eine pauschalierende Betrachtung erforderlich, um eine Geschädigtenposition und die Kausalität zwischen Insidertrans393 Siehe zur Rechtslage nach § 10 UWG Begr. RegE UWG zu § 10 Abs 3, BT-Drucks. 15/1487 S 24; Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, § 10 Rn. 18. 394 Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, § 10 Rn. 18. 395 Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, § 10 Rn. 18. 396 Siehe zur behördlichen Durchsetzung Kapitel 6, B., S. 302 ff.

D. Durchsetzung der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung

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aktion und Schaden zu bestimmen. Wenn folglich im Rahmen der Insiderverstöße die Qualifikation eines Geschädigten erhebliche Probleme bereitet, gleichwohl sichergestellt sein soll, dass dem Insider der rechtswidrig erwirtschaftete Gewinn nicht verbleibt, so kann der Fokus allein auf die Praktikabilität der Gewinnabschöpfung gelegt werden. Auch wenn die materielle Gewinnberechtigung eines Verbands nach klassischen zivilrechtlichen Bewertungskriterien zweifelhaft ist, so scheint von den bestehenden Möglichkeiten der zivilprozessualen Durchsetzung nur die Verbandsklage eine sinnvolle Alternative zu einer behördlichen Durchsetzung zu sein.397 Eine Aufteilung des Gewinns auf eine verhältnismäßig große Anzahl von gleichzeitig handelnden Anlegern der Marktgegenseite würde die Anreize zur Klageerhebung mindern und diese Form der Gewinnabschöpfung daher nicht zum effizienten Mittel zur Kompensation des Durchsetzungsdefizits werden lassen. Die effektive Verfolgung von Insiderhandel durch Verbandsklagen lässt einen höheren Präventiveffekt erwarten, der letztendlich das Vertrauen der einzelnen Anleger stärkt und dadurch auch zur Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes beiträgt. 4. Zwischenergebnis Bei einer privatrechtlichen Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung ist bezogen auf die Person des Aktivlegitimierten festzuhalten, dass diesem zumindest auch einen Teil des Gewinns zugesprochen werden muss, da andernfalls kein Anreiz zur Klageerhebung besteht. Der Gewinn ist, wenn möglich, geschädigtennah auszuzahlen. Eine Lösung, die den Emittenten als Aktivlegitimierten ansieht, muss sich des Vorwurfs erwehren, dass dieser nicht direkter Geschädigter ist, da er selbst den Gewinn nicht hätte erwirtschaften können und dürfen. Der wesentliche Kritikpunkt an der Durchsetzung der Gewinnabschöpfung seitens des Emittenten bezieht sich auf die Ineffektivität dieser Lösung, da nicht zu erwarten ist, dass Führungspersonen als Vertreter des Emittenten in ausreichendem Maße gegen Insider aus dem eigenen Hause vorgehen würden. Sofern gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite (inklusive des Transaktionspartners des Insiders) als Aktivlegitimierte zu qualifizieren sind, misslingt zwar der Nachweis der Kausalität zwischen Insidertransaktion und Schaden, da die gleichzeitig handelnden Anleger der Marktgegenseite ihre Transaktion unbeeinflusst von derjenigen des Insiders vorgenommen haben. Dennoch genügt im Rahmen der Gewinnabschöpfung 397 Zur staatlichen Durchsetzung der Gewinnabschöpfung siehe Kapitel 6, S. 296 ff.

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Kap. 5: Privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

eine geschädigtennahe Auskehr des Gewinns. Kausalität und Schaden müssen nicht mit aller Sicherheit festgestellt werden, da der Fokus bei der Gewinnabschöpfung beim Verletzer liegt. Nach der bestehenden Rechtslage bereiten aber die begrenzten Möglichkeiten des kollektiven Rechtsschutzes ein Problem. Derzeit ist kein geeignetes Instrument im deutschen Zivilprozessrecht vorhanden, um Anlegern der Marktgegenseite als Gruppe die Aktivlegitimation für die Gewinnabschöpfung zuzusprechen. Zwar kennt das geltende Recht bereits eine Reihe von Möglichkeiten, um die Interessen von Anlegern prozessual zu bündeln, diese bieten jedoch aufgrund des erheblichen finanziellen und organisatorischen Aufwands bislang keine zufriedenstellende Lösung für die prozessuale Bewältigung von Anlegerklagen, die auf Gewinnabschöpfung gerichtet sind.398 Es bedarf folglich der Erweiterung und Öffnung des Zivilprozessrechts für kollektive Rechtsdurchsetzungsmechanismen, beispielsweise in Anlehnung an die class action des US-amerikanischen Rechts. Gerade durch Einführung des KapMuG ist eine Tendenz des deutschen Zivilprozessrechts zu vermerken, die Anforderungen an und Voraussetzungen für eine kollektive Rechtsdurchsetzung zumindest in wirtschaftsrechtlichen Spezialgebieten zu formulieren. Eine gesetzgeberische Initiative, ein privates Gruppenklagerecht bei Insiderhandelsverstößen einzuführen, das den verletzten Investoren zustehen soll und auf die Abschöpfung des erwirtschafteten Gewinns gerichtet ist, könnte dazu beitragen, die allgemeinen Verfolgungsraten zu steigern, die Fairness am Kapitalmarkt zu erhöhen und das allgemeine Abschreckungsniveau zu verbessern. Ob sich Europa und Deutschland langfristig auch hinsichtlich der Klagengeltendmachung durch Private im Kapitalmarktrecht öffnen werden, ist wegen ihrer traditionellen Ausrichtung an einer Behördenkultur nur schwer zu prognostizieren. Verbände sind ebenfalls keine Geschädigten des Insiderhandels. Hier handelt es sich um eine Durchsetzung der Gewinnabschöpfung, die aus rein pragmatischen Gesichtspunkten der Effizienz und Praktikabilität der Gewinnabschöpfung den Anlegerschutzverbänden eine Aktivlegitimation zuspricht. Die Verbände müssten den Gewinn auch erhalten, um einen hinreichenden Klageanreiz zu haben. Aus Gründen der Praktikabilität ist im Ergebnis eine zivilrechtliche Durchsetzung der Gewinnabschöpfung allein durch Anlegerschutzverbände anzuraten.

398 So auch Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz zugunsten geschädigter Kapitalanleger, S. 57.

E. Ergebnis Kapitel 5

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E. Ergebnis Kapitel 5 Ein Modell der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung sollte an § 15a WpHG anknüpfen. Die Durchsetzung der privatrechtlichen Gewinnabschöpfung ist Anlegerschutzverbänden zu übertragen, die auch den abgeschöpften Gewinn erhalten sollten. Bei diesem Modell der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung handelt es sich nicht um ein im deutschen Zivilrecht alt bewährtes Instrument. Im Zivilrecht ist eine Gewinnabschöpfung in bestimmten Einzelfällen, insbesondere im Recht der angemaßten Eigengeschäftsführung, möglich, so dass eine Loslösung von der Kompensation als alleiniges Ziel zivilrechtlicher Sanktionen zu beobachten ist. Die Gewinnabschöpfung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Schaden aufgrund der Eigenart der Marktsituation nicht nachweisbar oder unter Effektivitätsgesichtspunkten zu gering bemessen ist (so beispielsweise im Kartell- und Wettbewerbsrecht) oder wenn aus Präventivgesichtspunkten der Gewinn nicht beim Verletzer verbleiben sollte, um den Abschreckungseffekt zu erhöhen und um dem allgemeinen Gedanken Rechnung zu tragen, dass sich rechtswidriges Verhalten nicht lohnen soll. Die privatrechtliche kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung, welche durch Verbände geltend gemacht werden könnte, gleicht den Verbandsklagen im Wettbewerbs- und Kartellrecht, § 10 UWG, § 34a GWB. Jedoch sollte der abgeschöpfte Gewinn nicht an den Staatshaushalt fließen, damit Aktivlegitimierter und Gewinnempfänger nicht auseinander fallen und damit Anreizmechanismen zur Klageerhebung und folglich zur effektiven Rechtsverfolgung nicht verhindert werden. Die Etablierung zivilrechtlicher Sanktionen bei Verstößen gegen das Verbot des Insiderhandels wäre verbundenen mit Erfordernissen der flexiblen Ausgestaltung von Beweisführung – hierzu später genauer399 – und effektiven Durchsetzungsmechanismen. Diese brächten tiefgreifende Veränderungen der klassischen zivilrechtlichen Dogmatik mit sich, insbesondere eine Beweislastumkehr in Bezug auf Verschulden und Kausalität.400 Die Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht würde sich als eine Sanktion mit einem Rechtscharakter sui generis darstellen und könnte sich nicht an eine bestehende „Struktur“ der Gewinnhaftung angleichen.

399 400

Siehe hierzu Kapitel 7, B.II.2., S. 327 ff. So auch Eichelberger, Verbot von Marktmanipulation, S. 128.

Kapitel 6

Verwaltungsrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung Im Folgenden soll die materiellrechtliche Systemkonformität (A.) und Durchsetzung (B.) einer administrativen kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung untersucht werden. Eine behördliche kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung wäre auf der Rechtsfolgenseite von § 14 WpHG und § 15a WpHG oder bei kurzfristigen Transaktionen von Insidern einzuführen. Sie würde dem Staat das Recht einräumen, die bei unterlassener Meldung der Eigengeschäfte und durch verbotenen Insiderhandel erwirtschafteten Gewinne herauszuverlangen.

A. Materiellrechtliche Systemkonformität: Eingliederung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung in die Systematik der administrativen Gewinnabschöpfung Eine behördliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda im deutschen Kapitalmarktrecht müsste sich einerseits in das kapitalmarktrechtliche Sanktionensystem de lege lata und andererseits in die Systematik der öffentlichrechtlichen Gewinnabschöpfungsnormen im deutschen Recht einfügen. Eine Gewinnabschöpfung ist dann als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren, wenn die Durchsetzung von Staats wegen erfolgt. In diesem Fall spielt der Zufluss des Gewinns eine untergeordnete Rolle, da bei entsprechender Normierung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung de lege ferenda der Staat verpflichtet ist, die Gewinnabschöpfung durchzusetzen. Es geht daher im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Gewinnabschöpfung nicht darum, einen Anreiz zur Rechtsdurchsetzung zu schaffen, wie dies bei der zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung erforderlich ist.1 Im Folgenden werden administrative Gewinnabschöpfungsnormen im deutschen Recht näher untersucht, um herauszuarbeiten, ob einheitliche Vo1 Siehe hierzu die Ausführungen im Rahmen der zivilrechtlichen Ausgestaltung unter Kapitel 5, D.II.2.a)cc)(1), S. 267 ff.

A. Materiellrechtliche Systemkonformität

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raussetzungen einer administrativen Gewinnabschöpfung existieren und ob eine gefestigte Struktur einer öffentlich-rechtlichen Gewinnabschöpfung festgestellt werden kann.

I. Ordnungswidrigkeitenrecht, § 17 Abs. 4 OWiG Wie bereits erörtert, regelt § 17 Abs. 4 OWiG eine allgemeine verwaltungsrechtliche Gewinnabschöpfung, jedoch keine spezifisch kapitalmarktrechtliche Sanktion.2 Hierbei handelt es sich nicht um ein für das Kapitalmarktrecht leicht kopierbares Modell einer Gewinnabschöpfung, da weder eine Methode der Gewinnberechnung noch tatbestandliche Voraussetzungen normiert werden. Es kommt lediglich in Betracht, den Anwendungsbereich des § 17 Abs. 4 OWiG auch auf Verstöße gegen die Mitteilungspflicht des § 15a WpHG zu erweitern. Nach geltender Rechtslage findet die ordnungswidrigkeitenrechtliche Gewinnabschöpfung keine Anwendung auf Verstöße gegen § 15a WpHG, da der Gewinn nicht „aus der Ordnungswidrigkeit“ gezogen wurde.3 Es bedürfte daher einer spezialgesetzlichen Normierung der Gewinnabschöpfung etwa dergestalt, dass § 39 Abs. 4 WpHG oder ein neu zu schaffender § 39 Abs. 5 WpHG um einen Zusatz erweitert würde: „Die Geldbuße bei Verstößen gegen § 15a WpHG soll den wirtschaftlichen Vorteil des Insiders, den dieser durch die nicht gemeldete Transaktion erwirtschaftet hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß von 100.000 EUR hierfür nicht aus, so kann es überschritten werden.“

Von seinem Wortlaut her gleicht diese Gewinnabschöpfungsnorm dem § 17 Abs. 4 OWiG. Es handelt sich hierbei lediglich um die ausdrückliche Einbeziehung der Verstöße nach § 15a WpHG in den Anwendungsbereich des § 17 Abs. 4 OWiG. Bezüglich der tatbestandlichen Voraussetzungen und der Durchsetzungskompetenz wären mit dieser Form der Gewinnabschöpfung keine Verbesserungen zur Rechtslage de lege lata verbunden. So würden insbesondere keine Beweiserleichterungen bezüglich des Verschuldens und der Kausalität gelten.4

2

Siehe zu § 17 Abs. 4 OWiG Kapitel 3, A.I.1.c), S. 105 ff. Siehe zu den Sanktionen de lege lata bei Nichtbeachtung der Mitteilungspflichten des § 15a WpHG Kapitel 3, A.I.1.c), S. 105 ff. 4 Siehe hierzu genauer im Rahmen der Erörterung der Anforderungen an das Verschulden Kapitel 7, B., S. 322 ff. 3

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Kap. 6: Verwaltungsrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

II. Kartellrecht 1. § 34 Abs. 1 GWB Eine behördliche Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda könnte in ihrer Ausgestaltung an § 34 Abs. 1 S. 1 GWB angeglichen werden. Es handelt sich bei § 34 Abs. 1 S. 1 GWB um eine behördliche Vorteilsabschöpfung im Kartellrecht, der Vorbildcharakter für eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda zukommen könnte. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 GWB ist die Kartellbehörde ermächtigt, einen Mehrerlös, den ein Unternehmen durch Verstoß gegen eine Vorschrift nach dem GWB oder gegen Art. 81 und 82 des EGV erzielt hat, abzuschöpfen, soweit Schadensersatzansprüche oder die Verhängung einer Geldbuße nicht als ausgleichende Regulative eingreifen. Der Anspruch auf Gewinnabschöpfung ist folglich auch im Kartellrecht nur subsidiär gegenüber einem individuellen Schadensersatzanspruch anwendbar. Dies bedeutet jedoch nicht, dass überhaupt keine Vorteilsabschöpfung stattfindet, wenn irgendein Geschädigter einen konkreten Schaden nachweisen kann. Es findet nur eine Anrechnung der Schadensposten auf die Höhe des abzuschöpfenden Vorteils statt.5 Die Vorteilsabschöpfung nach dem GWB setzt ein schuldhaftes Verhalten im Sinne von Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraus. Bei den der Mehrerlösabschöpfung zugrunde liegenden Vermögensvorteilen soll es sich um solche handeln, die sich „aus der Durchsetzung von missbräuchlichen überhöhten Preisen“ ergeben. Der wirtschaftliche Vorteil ist im Wege der Saldierung durch einen Vergleich der Vermögenssituation, die sich ohne den Kartellverstoß ergeben hätte, mit der tatsächlich eingetretenen Vermögenssituation zu ermitteln (sog. Nettogewinn).6 Die Höhe des erwirtschafteten Gewinns kann von der Kartellbehörde geschätzt werden, § 34 Abs. 4 S. 1 GWB. Diese Schätzung des Gewinns in Ablehnung an § 287 ZPO wird teilweise aufgrund der damit verbundenen Rechtsunsicherheit als verfassungswidrig bewertet.7 Bei § 34 GWB ist zu vermuten, dass diese Vorschrift in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. Zwar hat die Kartellbehörde bis zur 6. GWB-Novelle8 von der Mehrerlösabschöpfung gemäß § 34 GWB a. F. in keinem Fall Gebrauch gemacht, dennoch wurde der Anwendungsbereich des § 34 5

Emmerich, in: Immenga/Dannecker/Mestmäcker, GWB, § 34 Rn. 42. Rittner/Kulka, Wettbewerbs- und Kartellrecht, S. 459. 7 Achenbach, in: Achenbach/Ransiek, Handbuch Wirtschaftsstrafrecht, S. 176 m. w. Nachw. 8 Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zur 6. GWB-Novelle BT-Drucks. 13/9720. 6

A. Materiellrechtliche Systemkonformität

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GWB n. F. in seinen tatbestandlichen Voraussetzungen erheblich erweitert.9 So kann eine Vorteilsabschöpfung nicht nur bei Verstoß gegen eine Untersagungsverfügung bei marktbeherrschenden Unternehmen verhängt werden, sondern bereits bei jedem Verstoß gegen eine im GWB oder in Art. 81, 82 EGV normierte Verhaltenspflicht. Eine behördliche kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung könnte nach dem Vorbild des § 34 GWB eingeführt werden. Dann würde bereits ein fahrlässiger Verstoß gegen die Mitteilungspflichten des § 15a WpHG ausreichen. Durchsetzungsbefugt wäre die BaFin, an die auch der entzogene Gewinn fließen würde. 2. § 81 Abs. 5 GWB Neben der Möglichkeit der Vorteilsabschöpfung nach § 34 Abs. 1 S. 1 GWB besteht auch die Möglichkeit der Auferlegung eines Bußgeldes für eine begangene Ordnungswidrigkeit, § 81 Abs. 5 GWB. Nach § 81 Abs. 5 GWB i. V. m. § 17 Abs. 4 OWiG können die rechtswidrig erlangten Vorteile aus der Tat abgeschöpft werden.10 Die Kartellbehörde muss – weil die Geltendmachung in ihrem Ermessen steht – in den von ihr aufgegriffenen Fällen entscheiden, ob die Möglichkeit der Vorteilsabschöpfung wahrgenommen werden soll, wenn nicht schon mit Hilfe eines Bußgeldes der rechtswidrig erwirtschaftete Gewinn abgeschöpft wurde.11

III. Energiewirtschaftsrecht, § 33 EnWG § 34 GWB weist gewisse Parallelen zu Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten auf.12 So kennt das Energiewirtschaftsrecht ebenfalls eine behördliche Gewinnabschöpfung, der für eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda Vorbildcharakter zuzusprechen sein könnte. Durch § 33 EnWG ist seit dem 7. Juli 2005 die Möglichkeit geschaffen worden, einen von einem Unternehmen wegen zumindest fahrlässigen Verstoßes gegen die Vorschriften zur Anschluss-, Zugangs- und Entgeltregulierung13 rechtswidrig 9 Emmerich, in: Immenga/Dannecker/Mestmäcker, GWB, § 34 Rn. 3; Rittner/ Dreher, Europäisches und deutsches Wirtschaftsrecht, S. 640. 10 Langen/Bunte, Komm zum dt. und europ. Kartellrecht, § 34 Rn. 3. 11 Langen/Bunte, Komm zum dt. und europ. Kartellrecht, § 34 Rn. 3. 12 Ein Vergleich der spezialgesetzlichen Gewinnabschöpfungsvorschriften mit § 10 UWG stellt Schmauß, Gewinnabschöpfungsanspruch von Verbänden, S. 20 ff. an. 13 Näher hierzu Rittner/Dreher, Europäisches und deutsches Wirtschaftsrecht, S. 906 ff.

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Kap. 6: Verwaltungsrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

erlangten Vorteil durch die Bundesregulierungsbehörde14 abzuschöpfen.15 Wie auch im Rahmen des § 34 GWB ist nach § 33 Abs. 4 EnWG eine Schätzung des wirtschaftlichen Vorteils durch die Regulierungsbehörde möglich. Ebenso wie bei § 10 Abs. 2 UWG und §§ 34, 34a GWB findet eine Vorteilsabschöpfung aber lediglich subsidiär, also bei Nichteingreifen einer Schadensersatzforderung oder einer strafrechtlichen Sanktion, Anwendung, § 33 Abs. 2 EnWG.

IV. Telekommunikationsrecht, § 43 TKG Schließlich könnten auch Erkenntnisse über die Gewinnabschöpfung im Telekommunikationsgesetz für das Kapitalmarktrecht herangezogen werden.16 Der am 14. März 2005 in Kraft getretene § 43 TKG eröffnet die Möglichkeit der Gewinnabschöpfung durch die Bundesnetzagentur.17 Inhaltlich orientiert sich der Anspruch an § 34 GWB.18 So greift die Gewinnabschöpfung nach § 43 TKG ebenfalls dann nicht ein, wenn der wirtschaftliche Vorteil durch Schadensersatzleistungen oder durch die Verhängung oder die Anordnung des Verfalls ausgeglichen ist, § 43 Abs. 2 S. 1 TKG. Die Höhe des Vorteils kann von der Bundesnetzagentur geschätzt werden, § 43 Abs. 4 S. 1 TKG. Durch Abschöpfen des Gewinns oder Vorteils eines Marktbeherrschers erhofft sich der Gesetzgeber einen besonderen Effekt zur Errichtung echten Wettbewerbs.19 Dies steht im Einklang mit dem allgemeinen Ziel des TKG, den Wettbewerb auf den liberalisierten Märkten zu errichten bzw. zu sichern.20

14 Die Bundesregulierungsbehörde ist die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur). Nach Maßgabe des § 54 Abs. 2 EnWG nehmen die Landesregulierungsbehörden die ausdrücklich zugewiesenen Aufgaben wahr; BT-Drucksache 15/5268 vom 13.4.2005; RegE Zweites Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts, BT-Drucksache 15/3917, S. 2000; hingegen hat sich der im Entwurf vorgesehene Abschöpfungsanspruch von Verbänden, § 34a RefE, nicht in der aktuellen Gesetzesfassung niedergeschlagen. 15 Rittner/Dreher, Europäisches und deutsches Wirtschaftsrecht, S. 932 ff. 16 Vertiefend hierzu: Schneider, Die Vorteilsabschöpfung in § 43 TKG, S. 157 ff. 17 Näher zu den Voraussetzungen Rittner/Dreher, Europäisches und deutsches Wirtschaftsrecht, S. 1031. 18 BT-Drucksache 15/2316, S. 72. 19 BT-Drucksache 15/2316, S. 8; Boesche, Wettbewerbsrecht, Rn. 134. 20 Hierzu auch Rittner/Dreher, Europäisches und deutsches Wirtschaftsrecht, S. 1000 ff.; Schuster, in: Geppert/Piepenbrock/Schütz/Schuster, TKG-Kommentar, Einl. A Rn. 2 ff.

A. Materiellrechtliche Systemkonformität

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V. Wirtschaftsstrafgesetz, § 8 WiStG Nach § 8 WiStG ist anstelle des Verfalls eine Gewinnabschöpfung nach dem StGB möglich, § 8 Abs. 4 WiStG. Der Gewinn ist an das Bundesland abzuführen, in dem die Zuwiderhandlung stattgefunden hat.21 Hat der Täter durch eine Straftat im Sinne der §§ 1 bis 6 WiStG einen höheren als den zulässigen Preis erzielt, so ist anzuordnen, dass er den Unterschiedsbetrag zwischen dem zulässigen und dem erzielten Preis (Mehrerlös) an das Land abführt, soweit er ihn nicht bereits auf Grund einer rechtlichen Verpflichtung zurückerstattet hat. Die Höhe des Mehrerlöses kann geschätzt werden. Im Strafverfahren ist die Abführung des Mehrerlöses im Urteil auszusprechen, § 11 Abs. 1 S. 1 WiStG. Im Bußgeldverfahren ist die Abführung des Mehrerlöses im Bußgeldbescheid auszusprechen, § 11 Abs. 2 S. 1 WiStG. Als vorrangige Nebenfolge i. S. v. § 21 Abs. 1 S. 2 OWiG kann nach § 9 WiStG der Mehrerlöses im Bußgeldbescheid an den Geschädigten auf dessen Antrag hin abgeführt werden.22 Der abgeschöpfte Gewinn fließt dann nicht an das Land, sondern an den durch die Tathandlung Geschädigten.

VI. Zusammenfassung: Systematik der verwaltungsrechtlichen Gewinnabschöpfung Mit Ausnahme der wettbewerbsrechtlichen Norm in § 10 UWG sowie der kartellrechtlichen Norm in § 34a GWB handelt es sich bei den spezialgesetzlichen Gewinnabschöpfungen im deutschen Recht um Sanktionen, die durch Behörden verhängt werden. Für die Voraussetzungen einer administrativen Gewinnabschöpfung können gewisse Parallelen zwischen den erörterten Regelungen festgestellt und kann zusammenfassend festgehalten werden: § 34 GWB kommt eine Vorbildfunktion für verwaltungsrechtliche Gewinnabschöpfungsnormen im deutschen Recht zu. Verwaltungsrechtliche Gewinnabschöpfungsnormen greifen zumeist nur subsidiär zu sonstigen zivil- und öffentlich-rechtlichen Sanktionen ein. Im Gegensatz zur zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung, bei der in der Regel ein vorsätzliches Handeln des Verletzers erforderlich ist, genügt bei der administrativen Gewinnabschöpfung in der Regel Fahrlässigkeit als Verschuldensgrad. Zumeist ist eine Kontroll- und Überwachungsbehörde des entsprechenden Wirtschaftszweiges zur Durchsetzung der Ge21

von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 25. Weitergehende Möglichkeiten der Abführung des Gewinns an den Geschädigten normiert § 10 OWiG. 22

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Kap. 6: Verwaltungsrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

winnabschöpfung zuständig und erhält im Gegenzug auch den abgeschöpften Gewinn. Bei Übertragung der Struktur der verwaltungsrechtlichen Gewinnabschöpfung auf das Kapitalmarktrecht bietet sich eine Gewinnabschöpfung nach den folgenden Prämissen an: Die Gewinnabschöpfung greift bei Verstößen gegen das Verbot des Insiderhandels nach § 14 WpHG sowie bei Nichterfüllung der Meldpflichten nach § 15a WpHG ein. Die Durchsetzung erfolgt durch den Staat. Konkret könnte die BaFin für die Durchsetzung zuständig sein – was sogleich näher zu untersuchen ist.

B. Durchsetzung der verwaltungsrechtlichen Gewinnabschöpfung I. Hoheitliche Rechtsdurchsetzung 1. BaFin als zuständige Durchsetzungsbehörde Da die Gewinnabschöpfung, welche an § 15a WpHG anknüpft, als Sanktion für unterlassene Meldungen zu verstehen ist und damit weniger dem Schutz des Einzelnen dient als vielmehr zur Effektuierung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes beiträgt, könnte diese Sanktion durch die BaFin verhängt werden.23 Damit käme ihr ein öffentlich-rechtlicher Charakter zu. Unter systematischen Gesichtspunkten würde sich eine öffentlich-rechtliche Vorschrift in das bestehende Normgefüge im Kapitalmarktrecht ohne Schwierigkeiten einfügen. Insgesamt weist das deutsche Kapitalmarktrecht eine Struktur der behördlichen Kontrolle und Rechtsverfolgung auf. In den im StGB oder in Spezialgesetzen wie dem WpHG geregelten strafrechtlichen Tatbeständen kommt der Gedanke zum Ausdruck, dass hier die Allgemeinheit ein Interesse an der Vermeidung und effektiven Sanktionierung von Unrecht hat. Die Marktaufsicht ist in Deutschland durch ein dreistufiges System gekennzeichnet, das auf einer engen Zusammenarbeit zwischen der BaFin, den Aufsichtsbehörden der Bundesländer (Börsenaufsicht) und den Handelsüberwachungsstellen der Wertpapierbörsen beruht.24 Die Handelsüberwachung hat die Aufgabe der Marktaufsicht über den Börsenhandel. Da23 Veil, ZGR 2005, 155 (179); ähnlich auch Hausmaninger, Insider Trading, S. 292, der die Möglichkeit der SEC im US-amerikanischen Recht, Unterlassungsklage und Gewinnabschöpfung zu verhängen und mit den Insidern Vergleiche zu schließen, auch im europäischen Rechtsraum für „durchaus denkbar“ befindet. 24 Hower-Knobloch, Directors’ Dealings, S. 47.

B. Durchsetzung der verwaltungsrechtlichen Gewinnabschöpfung

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durch wird die Selbstverantwortung der Börsen herausgestellt. Die Börsenaufsichtsbehörden der Bundesländer haben im Rahmen der Rechtsaufsicht das Handeln der Börsenorgane zu überprüfen. Die BaFin ist in ihrer Funktion für die Überwachung des lauteren Handels mit Wertpapieren zuständig und in Fällen der fehlenden oder unzureichenden Pflichterfüllung zur Verhängung von administrativen Sanktionen ermächtigt.25 Die Rechte und Pflichten der BaFin bei der Überwachung des Wertpapierhandels sind in § 4 Abs. 1 WpHG geregelt. So ist die BaFin als zentrale Aufsichtsbehörde für die Prüfung und Billigung von Prospekten für Wertpapiere, für die Aufsicht im Bereich des Marktmissbrauchs (Insiderhandel, Marktmanipulation), der Ad-hoc-Publizität, der Directors’ Dealings und der Insiderverzeichnisse (§ 15b WpHG) zuständig.26 Zur Überwachung der Vorschriften hat die BaFin eigene Kompetenzen.27 Dennoch handelt es sich bei ihr um eine Behörde, der als solcher keine Befugnis zukommt, Gerichten und Staatsanwaltschaften bei der Auslegung der Normen mit Bindungswirkung behilflich zu sein.28 Die Auslegungsregeln in den Veröffentlichungen der BaFin dienen lediglich als „Richtschnur“.29 Unterstützung bei der Wahrnehmung der Aufgabe der BaFin zur Überwachung und Kontrolle des Kapitalmarktes leistet die Informationspflicht in § 9 WpHG, wonach alle Kreditinstitute und einige andere Wertpapierhändler die Pflicht haben, sämtliche im In- und Ausland an einer Börse oder außerbörslich getätigten Geschäfte mit Wertpapieren und Derivaten der BaFin am Tag nach ihrem Abschluss zu melden. Die BaFin nutzt zur Überwachung sämtliche Daten über Wertpapiergeschäfte, die ihr von den Kreditund Finanzdienstleistungsinstituten gemeldet werden müssen.30 Außerdem wertet die BaFin alle Ad-hoc-Mitteilungen börsennotierter Unternehmen aus und geht Hinweisen Dritter nach.31 Bestehen hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Insiderstraftat, kann die BaFin von Wertpapierdienstleistungsunternehmen und den Emittenten der Papiere Auskünfte über Geschäfte in Insiderpapiere und Vorlage von Unterlagen verlangen. Die auskunftspflichtigen Unternehmen müssen die Identität des Auf25 Heinemann/Wirth, in: Soulier/Best, International Securities Law Handbook, S. 173. 26 Weber, NJW 2005, 3682 (3688). 27 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, S. 557. 28 Beispielsweise stellt aber der Emittentenleitfaden der BaFin eine sog. norminterpretierende Verwaltungsvorschrift dar, die nach mehreren Jahren stetiger Anwendung in der Praxis zu verbindlichem Recht in Form des Gewohnheitsrechts werden kann; vgl. Hower-Knobloch, Directors’ Dealings, S. 49. 29 Hower-Knobloch, Directors’ Dealings, S. 48. 30 BaFin, Jahresbericht, 2007. S. 172. 31 BaFin, Jahresbericht, 2007. S. 172.

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Kap. 6: Verwaltungsrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

tragsgebers und Bestandsveränderungen mitteilen, die auf Insiderverstöße hindeuten. Verdichten sich die Anhaltspunkte für eine Insiderstraftat zu einem Verdacht32, ist die BaFin nicht für die Anklageerhebung zuständig. Sie hat vielmehr die Straftat der zuständigen Staatsanwaltschaft anzuzeigen, § 18 WpHG.33 Aufgrund der weitreichenden Kontrollbefugnisse und des Systems der Überwachung, welches sich mit der BaFin bereits etabliert hat, ist die BaFin die für die Durchsetzung der öffentlich-rechtlichen Gewinnabschöpfung zuständige Behörde. 2. Vergleich mit US-amerikanischem Recht Die Durchsetzung der Sanktionen und die Überwachung der Einhaltung kapitalmarktrechtlicher Verhaltensge- und verbote durch Behörden ist international ein anerkanntes Strukturprinzip des Kapitalmarktes. In der US-amerikanischen Rechtspraxis beruhen fast alle gerichtlich verfolgten Insiderfälle auf Klagen der SEC und nicht auf Klagen der Anleger oder Emittenten.34 Dies beruht auch auf der Tatsache, dass die SEC erheblich umfassendere Möglichkeiten der Klageerhebung hat als die privaten Anleger.35 Daneben erweist sich von den zivilprozessualen Möglichkeiten lediglich die Bereicherungsabschöpfung nach § 16(b) SEA als praxistauglich, so dass auch ihr eine spezial- und generalpräventive Wirkung zukommt.36 Die SEC überwacht den Kapitalmarkt auf direkte und indirekte Weise: Einerseits übt sie die Aufsicht über die Selbstregulierungsorganisationen aus, andererseits greift die SEC selbst auch direkt in das Marktgeschehen ein, indem sie Verordnungen erlässt.37 Diese sog. „Rules“ stellen ein ausdifferenziertes Regelwerk dar, das zusammen mit der Rechtsprechung zur Konturierung der Vorschriften des SEA beiträgt.38 Bei der Verfolgung von 32 Der Verdachtsgrad der Anhaltspunkte liegt unterhalb der Grenze des strafprozessualen Anfangsverdachts, Schröder, in: Achenbach/Ransiek, Handbuch des Wirtschaftsstrafrechts, S. 864. Es reicht bereits die nicht fern liegende Möglichkeit einer verbotenen Transaktion etc., um der Behörde die Untersuchung des Sachverhalts zu ermöglichen. 33 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, S. 557. 34 Dooley, Va. L. Rev. 66 (1980), 16; Hausmaninger, Insider Trading, S. 295; Langevoort, Insider Trading Regulation, S. 328. 35 Palmiter, Securities Regulation, S. 433. 36 Hausmaninger, Insider Trading, S. 296. 37 § 3(b), 23(a) SEA; König, Verbot von Insiderhandel, S. 243. 38 Osterloh, Directors’ Dealings, S. 82.

B. Durchsetzung der verwaltungsrechtlichen Gewinnabschöpfung

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Gesetzesverstößen kommt der SEC eine umfassende Durchsuchungs- und Nachforschungsbefugnis zu.39 Insbesondere die Möglichkeit der SEC, mit den Insidern Vergleiche abzuschließen (sog. settlement), wird als Erfolgsfaktor für die Gewinnherausgabeklage der SEC im US-amerikanischen Recht gesehen.40 Neben der SEC haben auch die sog. Selbstregulierungsorganisationen (SRO) – dazu zählen die Wertpapierbörsen sowie die National Association of Securities Dealers – die Aufgabe, den Wertpapierhandel zu überwachen und gegebenenfalls entsprechende Sanktionen zu verhängen.41 Eine wesentliche Unterstützungsleistung erbringen die SRO auch bei der Überwachung und Aufdeckung des Insiderhandels.42 Zur Erleichterung der Kontroll- und Überwachungsarbeit führen die SRO Datenbanken, welche Namen und sonstige Angaben von Führungskräften, Anwälten, Investmentbankern und Wirtschaftsprüfern enthalten.43 Es ist festzuhalten, dass auch das US-amerikanische Recht eine behördliche Rechtsdurchsetzung neben den bereits erörterten zivilrechtlichen Klagemöglichkeiten im Kapitalmarktrecht kennt. Die Gewinnherausgabeklage der SEC wird unter Praktikabilitätsgesichtspunkten sogar als besonders erfolgreich bewertet.

II. Mittel der Durchsetzung: Privates Klagerecht oder Verwaltungsakt Bei der kollektiven Geltendmachung von Interessen im Prozess sind neben Verbands- und Gruppenklagen noch eine Reihe anderer Formen bekannt. Hier ist insbesondere die Klageerhebung durch Behörden oder andere staatliche Stellen von Interesse.44 Der Rechtsdurchsetzung durch öffentliche Stellen liegt die Idee zugrunde, dass es sich bei dem Schutz bestimmter Kollektivinteressen – beispielsweise dem Verbraucherschutz oder dem 39 So kann die SEC Zeugen vorladen, Angeschuldigte verhören, eidesstattliche Erklärungen abnehmen und Auskünfte sowie die Herausgabe von Dokumenten verlangen, § 21(a), (b) SEA; ausführlich König, Verbot von Insiderhandel, S. 244; Palmiter, Securities Regulation, S. 433. 40 Die überwiegende Anzahl der Verfahren wegen Insiderhandels werden in der Praxis beispielsweise mittels Vergleich abgeschlossen: Langevoort, Insider Trading Regulation, § 8:2; Hausmaninger, Insider Trading, S. 292. 41 König, Verbot von Insiderhandel, S. 242; vgl. auch § 6(b)(1) und § 15A(b)(2) SEA. 42 König, Verbot von Insiderhandel, S. 242. 43 Hausmaninger, Insider trading, S. 316. 44 Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 14 f.

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Kap. 6: Verwaltungsrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

Schutz der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes – um eine staatliche Aufgabe handelt, der primär staatliche Institutionen nachzukommen haben und weniger Private.45 Allgemeininteressen zu verfolgen, die nicht mit konkreten Personen zusammenhängen, ist primär eine Aufgabe des Staates.46 Im Kapitalmarktrecht ist gerade nicht gesichert, dass die wertpapierhandelsrechtlichen Normen zumindest auch dem Schutz des Einzelnen dienen. Nach ihrem Schutzzweck zielen die kapitalmarktrechtlichen Regelungen zuvorderst auf den Schutz und die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes insgesamt.47 Die Sanktionierung des Insiderhandels sowie der Nichterfüllung der Meldepflichten nach § 15a WpHG dient in diesem Fall keiner Kompensation, sondern lediglich der Sicherung der im Allgemeininteresse stehenden Maxime, dass sich pflichtwidriges Verhalten nicht lohnen darf. Grundsätzlich besteht damit eine hinreichende Legitimation für eine behördliche Ausgestaltung des Gewinnabschöpfungsinstruments. Eine Gewinnabschöpfung, für deren Durchsetzung eine Behörde, insbesondere die BaFin, zuständig ist, gewährt kein privates Klagerecht. Ein solches Klagerecht würde sich systematisch nicht in das deutsche Klagewesen einfügen. Die Behörde müsste in diesem Fall Rechte von Privatpersonen einklagen. Dies hat „leicht den Geruch staatlicher Zwangsbeglückung“48 Die Durchsetzung im Rahmen des Verwaltungsrechtsweges ist getrennt vom Zivilprozess. Ein Behördenklagerecht im Rahmen eines Zivilprozesses ist als dem deutschen Recht systemfremd abzulehnen.49 Der BaFin kommt folglich das Recht zu, die Gewinnabschöpfung durch Verwaltungsakt durchzusetzen.

III. Staatshaushalt als Gewinnempfänger Sofern die BaFin befugt ist, die Gewinnabschöpfung durchzusetzen, sollte der Gewinn korrespondierend zu wettbewerbs-, kartell- und strafrechtlichen 45

Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 15 m. w. Nachw. 46 Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 44. 47 Vgl. zur Untersuchung des Schutzzwecks kapitalmarktrechtlicher Regelungen Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(5), S. 113 ff. 48 Hopt/Baetge, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 7, 53, so wird angeraten: „Die klageweise Geltendmachung ihrer privaten Rechte überlässt man den Bürgern daher besser selber. Das Gebot der Stunde lautet Deregulierung und nicht Schaffung von neuen Behörden.“ 49 Siehe zur Parteifähigkeit von Behörden kraft besonderer gesetzlicher Bestimmungen wie § 61 Nr. 3 VwGO, § 70 Nr. 3 SGG, § 10 Nr. 3 SGBX: Vollkommer, in: Zöller, ZPO, § 50 Rn. 25.

B. Durchsetzung der verwaltungsrechtlichen Gewinnabschöpfung

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sowie bußgeldbewehrten Normen in den Staatshaushalt fließen. Hierfür spricht, dass nicht ein mehr oder weniger willkürlich ausgewählter Kreis von Anlegern den Gewinn als eine Überkompensation erhält, sondern der Staat als Gewinnempfänger statuiert wird.50 Dies entspricht auch dem Schutzzweck der insiderrechtlichen Verbotstatbestände. Sinn und Zweck des Insiderverbots ist die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes insgesamt. Der Schutz der Anleger stellt sich hier allenfalls als Rechtsreflex dar.51 Sofern die Insiderverbote mit ihrem Schutz folglich auf die Allgemeinheit der Kapitalmarktteilnehmer und die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes insgesamt zielen, erscheint ein Zufluss an den Staat gerechtfertigt. Durch die Abführung an die Öffentliche Hand könnten Problemfälle sachgerecht gelöst werden.52 So müsste sich eine behördliche Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda nicht des Vorwurfs der Überkompensation erwehren. Um die Zuwendung eines unverhofften Vorteils zu verhindern und – unter der Annahme, dass eine Gewinnabschöpfung auch bei Vertragsbrüchen als Sanktion möglich sein soll53 –, um gleichzeitig die Sanktionierung des Vertragsbrüchigen sicher zu stellen, wird auch bei vertragswidrigem gewinnbringendem Verhalten vorgeschlagen, den Gewinn dem Staat zukommen zu lassen.54 Die Auskehr des Gewinns an den Bundeshaushalt wird insbesondere im Rahmen der Durchsetzung von § 10 UWG, § 34a GWB praktiziert. Wenn aber schon bei bestimmten privatrechtlichen Gewinnabschöpfungsnormen eine Auskehr des Gewinns an den Staat vorgenommen wird, sollte der Gewinn bei einer behördlichen Gewinnabschöpfung erst recht an den Staat fließen. Nach der für die privatrechtliche Gewinnabschöpfung entwickelten Maxime sollen Zuständigkeit (bezüglich der Durchsetzung) und Gewinnauszahlung zumindest teilweise in einer Person zusammentreffen.55 Im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Gewinnabschöpfung greift das Argument der erforderlichen Anreizschaffung zur effektiven Durchsetzung jedoch nicht ein. Denn bereits von Verfassung wegen sind bei der staatlichen Rechtsverfolgung keine monetären Anreize erforderlich, da der Staat – hier also die BaFin – zur Rechtsverfolgung bei entsprechender positiv normierter Kompetenz zur Durchsetzung verpflichtet ist. 50

Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 223. Vgl. zur Untersuchung des Regelungszwecks der insiderrechtlichen Vorschriften Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(5), S. 113 ff. 52 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht A 76. 53 Siehe zur Gewinnabschöpfung bei vertraglichen Ansprüchen die Nachweise in Kapitel 5, Fn. 15. 54 Smith, LQR 115 (1999), 245 (251, Fn. 21). 55 Siehe zum Erfordernis der Personenidentität zwischen Klagebefugtem und Gewinnempfänger Kapitel 5, D.I., S. 258 ff. 51

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Kap. 6: Verwaltungsrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

Es wird vorgeschlagen, dass der erwirtschaftete Gewinn zur Finanzierung der für die Insiderüberwachung zuständigen Behörde verwendet werden sollte.56 Die BaFin könnte die Mittel entsprechend einsetzen und damit besser zur Kontrolle der Einhaltung von insiderrechtlichen Verhaltenspflichten beitragen. Grundsätzlich finanziert sich die BaFin überwiegend aus Umlagen und Gebühren inklusive gesonderter Erstattungen seitens der beaufsichtigten Unternehmen und ist damit unabhängig vom Bundesetat, § 13 Abs. 1 FinDAG.57 Nach § 13 Abs. 1 S. 2 bleiben Bußgelder jedoch bei Deckung der Kosten zur Aufsicht der BaFin unberücksichtigt. Die administrative kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda kommt Bußgeldern sehr nahe, da auch das Ordnungswidrigkeitenrecht die Möglichkeit der Gewinnabschöpfung in § 17 Abs. 4 OWiG kennt. Da die Geldbußen als Verwaltungseinnahmen auch an die BaFin als zuständige Verwaltungsbehörde – § 40 WpHG – fließen, ist naheliegend, dass auch der abgezogene Gewinn bei einer administrativen Gewinnabschöpfung der BaFin zukommt. Es kommt trotz behördlicher Durchsetzung eine nachträgliche Auskehr an geschädigte Anleger in Betracht, um den Gewinn möglichst geschädigtennah auszuzahlen. Als problematisch erweist sich jedoch dann der erhebliche finanzielle und organisatorische Aufwand, der mit einem solchen Zuteilungsverfahren verbunden wäre.58 Daher ist eine Zuwendung der abgeschöpften Gewinne an die BaFin für die Überwachung des Kapitalmarktes vorzugswürdig. Dies deckt sich auch mit dem bereits mehrfach genannten Regelungszweck der kapitalmarktrechtlichen Insiderhandelsverbote, welche primär die Lauterkeit und Fairness sowie die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes insgesamt schützen sollen. Primär trägt die Veröffentlichungspflicht nach § 15a WpHG zur Kapitalmarkttransparenz bei und dient mit ihrer „Selbstanzeigefunktion“ der Aufdeckung von „Insiderhandel“.

IV. Zusammenarbeit zwischen Behörden und Bürgern In letzter Zeit wurden in den USA Studien hinsichtlich eines sog. Public Private Partnerships im Bereich der Rechtsverfolgung im Kapitalmarktrecht durchgeführt.59 Privatpersonen sollen danach zur Steigerung der Effektivität der Rechtsverfolgung herangezogen werden. Der Veröffentlichung und Wei56 Hausmaninger, Insider Trading, S. 293; eine missbräuchliche Gewinnabschöpfungspraxis ist allein aufgrund der begrenzten finanziellen Ressourcen der BaFin nicht zu erwarten. 57 BaFin, Jahresbericht 2007, S. 231. 58 Siehe hierzu schon im Rahmen des Verwaltermodells Kapitel 5, D.II.3.a), S. 277 ff. 59 Weiterführend Cox, Duke Law Journal 53 (2003), 737.

B. Durchsetzung der verwaltungsrechtlichen Gewinnabschöpfung

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terleitung der Informationen soll mit einer Belohnung der Privatpersonen begegnet werden.60 Ob eine solche Übertragung auf das deutsche Recht erfolgsversprechend wäre, ist sehr zweifelhaft. Die Bafin könnte bei der Verfolgung eine primäre Durchsetzungskompetenz zugesprochen bekommen, dürfte jedoch zur Realisierung auf Private, beispielsweise auf Anlegerschutzverbände, zurückgreifen. Eine solche „Instrumentalisierung“ von Privaten als beauftragte Staatsanwälte, um dem Problem der knappen Rechtsverfolgungsressourcen der BaFin abzuhelfen, erscheint sowohl unter rechtlichen als auch unter praktischen Gesichtspunkten nicht ratsam. Zwar kennt auch das deutsche Recht das Institut der Beleihung oder die Verwaltungshilfe, jedoch sind stets die strengen Voraussetzungen dieser Formen der Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen durch Private zu beachten.61 So ist insbesondere die jederzeitige Kontrolle des Staates über die Vorgehensweise des Beliehenen sicher zu stellen. Sofern die Ressourcenknappheit der BaFin eine Ausdehnung auf Private bei der Rechtsverfolgung erforderlich macht, erscheint es im Ergebnis konsequenter, Privaten die Rechtsdurchsetzung vollständig zu überlassen. So basiert die bereits vorgestellte Verbandsklage62 auf dem Gedanken der „privaten Wirtschaftsaufsicht“, die die staatliche Wirtschaftsaufsicht ergänzen oder ersetzen kann.63

V. Abwägung private versus behördliche Rechtsdurchsetzung Nach der Untersuchung sowohl einer zivil- als auch einer verwaltungsrechtlichen Gewinnabschöpfung sollen die jeweiligen Vor- und Nachteile, die mit den Durchsetzungsvarianten verbunden sind, noch einmal abschließend gegenübergestellt werden. Sanktionen sollten dem Rechtsgebiet entnommen werden, welches eine effektive und durchsetzungsfähige Rolle im Wirtschaftsleben spielen kann. Es stellt sich die grundsätzliche Frage nach der Effektivität zivilrechtlicher Sanktionen im Kapitalmarktrecht. 1. Verhältnis von zivilrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Sanktionen Man kann einer zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht das Argument entgegenhalten, dass sich die einfachere Durchsetzbarkeit aufgrund der Beweiserleichterungen als „Etikettenschwindel“ darstellt, 60

Shavell, The Journal of Law and Economics 36 (1993), 255 (286). Weiterführend Rittner/Dreher, Europäisches und deutsches Wirtschaftsrecht, S. 171 ff. 62 Siehe hierzu Kapitel 5, D.II.3.f), S. 286 ff. 63 Rittner/Dreher, Europäisches und deutsches Wirtschaftsaufsichtsrecht, S. 167. 61

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Kap. 6: Verwaltungsrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

da es in der Sache um nichts anderes als die Einführung einer Strafsanktion in zivilrechtlicher Gestalt geht.64 Sofern einer Gewinnabschöpfung punitive Elemente zuzusprechen sind, muss daher bedacht werden, inwieweit ein Vordringen des Zivilrechts in den Bereich des Strafrechts und insbesondere die Ausschaltung rechtsstaatlicher Garantien des Strafverfahrens hingenommen werden können oder sogar wünschenswert sind.65 Es scheint fraglich, ob bei Verstößen gegen Insiderhandelsverbote ein Abschöpfen des Gewinns „unter Umgehung der strafrechtlichen Anforderungen“ rechtsstaatlich unbedenklich ist. Einführend wird daher das allgemeine Verhältnis von strafund zivilrechtlichen Sanktionen dargestellt. Dies kann bei der Beantwortung der Frage hilfreich sein, in welchen Fällen eine privatrechtliche und wann eine öffentlich-rechtliche Rechtsdurchsetzung erforderlich ist. Das Strafrecht soll grundsätzlich nur dann eingreifen, wenn zivilrechtliche und verwaltungsrechtliche Sanktionen nicht als ausreichend angesehen werden können („Subsidiaritätsprinzip“). Dennoch nimmt das Strafrecht auch in legitimen Fällen, folglich in Fällen, in denen das Verhalten der Täter als sozialinadäquat beurteilt werden muss, keinen exklusiven Rang ein, sondern muss durch zivilrechtliche Haftungsnormen „ergänzt“ werden. Zivilrechtliche und strafrechtliche Verfahren können nebeneinander durchgeführt werden. Dies zeigt die Existenz der deliktsrechtlichen Vorschriften der §§ 823 ff. BGB einerseits, die beispielsweise bei einer Körperverletzung dem Verletzten gegen den Verletzer einen zivilrechtlichen Ersatzanspruch zubilligen, und der strafrechtlichen Tatbestände des StGB andererseits, die im Beispielsfall der Körperverletzung eine staatliche Ahndung nach den §§ 223 ff. StGB vorsehen. Hier gelingt auch der Einwand des Verbots der doppelten Strafverfolgung nicht.66 Zivilrecht und Strafrecht verfolgen grundsätzlich unterschiedliche Zielsetzungen. Das Zivilrecht regelt das Verhältnis der Bürger untereinander, ohne dass es eines staatlichen Eingriffs bedarf. Strafrechtliche Sanktionen sollen in gewissen, moralisch besonders verwerflichen Fällen den Sühnegedanken für begangenes Unrecht manifestieren. Ein Vorteil der strafrechtlichen Sanktionen liegt darin, dass sie nicht an die Zahlungskraft des Verurteilten gebunden sind.67

64

So Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 563. König, FS Caemmerer, 179 (206); vgl. zu den punitive damages und der Gewinnabschöpfung Kapitel 7, D.I., S. 358 ff. 66 Vgl. König, Verbot von Insiderhandel, S. 234, Fn. 1209: Das verfassungsmäßige Verbot von double jeopardy nach US-amerikanischem Recht ist mit dem Grundsatz ne bis in idem nach deutschem Recht vergleichbar. 67 Coffee, Am Crim LR 17 (1980), 419 (434–435). 65

B. Durchsetzung der verwaltungsrechtlichen Gewinnabschöpfung

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2. Prävention: Zivilklage zur Stärkung der Finanzaufsicht Die Einführung zivilrechtlicher Sanktionen im Kapitalmarktrecht kann in Übereinstimmung mit einer wachsenden Literaturansicht68 befürwortet werden, da die Effektivität der Kontrolle und Überwachung des Kapitalmarktes mittels einer zivilrechtlichen Haftung gesteigert wird. So ist eine höhere Durchsetzungsrate im Zivilrecht aufgrund der dort geltenden geringeren Beweisanforderungen und der größeren Flexibilität im Vergleich zum Strafund Ordnungswidrigkeitenrecht zu erwarten.69 Auch dort, wo Behörden aufgrund von geringen Ressourcen nicht tätig werden oder mangels Informationen über Normverstöße nicht tätig werden können, soll die Durchsetzung des objektiven Rechts gesichert sein. Durch verbesserte Prävention und Durchsetzung des Rechts mittels zivilrechtlicher Haftungsregulatoren könnten Anleger effektiver geschützt, ihr Vertrauen gestärkt und damit die Effizienz und Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes aufrechterhalten bzw. verbessert werden.70 Sowohl hinsichtlich der Häufigkeit der Bestrafung des sanktionsbedürftigen Verhaltens als auch hinsichtlich der Informationsdichte für Anleger ist eine Verbesserung durch private Rechtsverfolgung zu erhoffen.71 Durch ein erhöhtes Maß an Abschreckung, das mit zivilrechtlicher Rechtsverfolgung verbunden wäre, würde auch der Emittent vor manipulativen Verhaltensweisen geschützt.72 Die privatrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda könnte damit zur Schließung von erheblichen Sanktionslücken beitragen, indem eine erhöhte Verfolgungsrate und damit eine Steigerung der Effektivität kapitalmarktrechtlicher Normen erzielt werden. Letztlich bezweckt die privatrechtliche Durchsetzung der kapitalmarktrechtlichen Ge- und verbote 68

So Abram, NZG 2003, 307 (311); Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, S. 11 und 43; Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, 465; Baums, ZHR 166 (2002), 375 (379); Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 200; Ebert, Geschäftsanmaßung, S. 72 f.; Fleischer, Gutachten zum 64. DJT, S. 95 ff.; Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (677–682); Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (734); Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz, S. 41; Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 218; Veil, ZGR 2005, 155; Veil, ZBB 2006, 162 (164); Wiesner, ZIP 2003, 977 (979); umfassende Gegenüberstellung bei Wagner, AcP 206 (2006), 352 (434 ff.); siehe auch Helms, Gewinnherausgabe, S. 139 f. 69 Ashe/Counsell, Insider Trading, S. 189 ff. Die strengen Beweisanforderungen sind im Strafrecht nicht zuletzt der Grundrechte wegen erforderlich, vgl. Williams, Manipulation on Trial, 161–189. 70 Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 470; Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 180; Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 413. 71 Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 470. 72 Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, S. 505.

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Kap. 6: Verwaltungsrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

die Nutzbarmachung der privat initiierten Zivilklagen zur Stärkung der staatlichen Finanzaufsicht.73 Dennoch dürfen die Grenzen zur Überregulierung nicht überschritten werden. Dem Potential der zivilrechtlichen kapitalmarktrechtlichen Sanktionen zur Verhaltenssteuerung sind Grenzen gesetzt. Nicht jedes Mehr an zivilrechtlicher Haftung führt unbedingt zu einem Effizienzgewinn.74 Es ist das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu beachten, welches verlangt, dass keine unangemessenen Sanktionen entstehen.75 Überregulierung und zu weit reichende Haftungstatbestände können den Marktzutritt neuer Unternehmen erschweren oder gar verhindern.76 3. Ökonomische Ressourcennutzung zur Rechtsverfolgung Als Hauptargument gegen die Ausweitung der zivilrechtlichen Haftung kann man anführen, dass spezialisierte Behörden wesentlich besser und auch kostengünstiger als Zivilgerichte handeln und die Informationsprobleme auf einfachere Art und Weise bewältigen können.77 Im Vergleich zum US-amerikanischen Recht ist hervorzuheben, dass die Sanktionen der SEC in der US-amerikanischen Rechtspraxis die effektivste Waffe gegen Insiderhandel darstellen.78 Private Klagen sind typischerweise nur im Anschluss an eine durch die SEC erhobene Klage zu finden.79 Es kann damit bei der Frage, ob eine Durchsetzung von Verhaltenspflichten durch Private oder Behörden zu erfolgen hat, anhand der Zugänglichkeit der Informationen differenziert werden. Sofern die Informationen, die für die Verfolgung der Verstöße relevant sind – insbesondere die Person des Verletzers –, durch Private leicht erhältlich sind, kommt eine private Durchsetzung in Betracht.80 Sofern hingegen erhöhte Nachforschungen anzustellen sind, um den Verletzer ausfindig zu machen, ist eine staatliche Durch73 Begründung zum RegE des KapMuG BT-Drucksache 15/5091, S. 16; so auch Heß, AG 2003, 133 (114); Leufgen, Kollektiver Rechtsschutz, S. 41. 74 Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 184; Horn, Finanzmarktrecht, S. 4 und S. 101; Zimmer, WM 2004, 9 (10). 75 Veil, ZBB 2006, 162 (167). 76 Vgl. die Stellungnahme für das Bundesministerium der Finanzen zu dem Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen (KapInHaG) vom 26. Oktober 2004, S. 1. 77 Dieses Problem aufwerfend: D’Amato, Wisc.L.Rev. 1989, 1433 (1461); Schäfer, in: Basedow/Hopt/Kötz/Baetge, Bündelung gleichgerichteter Interessen im Prozess, S. 68, 97. 78 Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 318. 79 Dooley, Va.L.Rev. 66 (1980), 1 (16,17). 80 Shavell, The Journal of Law and Economics 36 (1993), 255 (267).

B. Durchsetzung der verwaltungsrechtlichen Gewinnabschöpfung

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setzung anzuraten. Die unterlegene Partei hat keinen hinreichenden Anreiz zur Klageerhebung, sofern zur Individualisierung der Verletzerpartei erhebliche Nachforschungen erforderlich sind.81 Sofern ein Behördenklagerecht anzuerkennen ist, sind die Beweisanforderungen der Gewinnabschöpfung zwar identisch bzw. höher als bei der zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung, die Beweisführung ist jedoch erleichtert. Einer Behörde kann nämlich aufgrund des fehlenden Wettbewerbsinteresses eine Untersuchungsbefugnis in einem erheblich größeren Ausmaß zugestanden werden, als es bei einer Privatperson der Fall ist. Zur Überwachung des Insiderhandels und der Directors’ Dealings hat die BaFin die Möglichkeit, die Daten über sämtliche Wertpapiergeschäfte, die ihr von den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten gemeldet werden müssen, zu nutzen. Diesbezüglich hat sie einen erheblichen Vorteil gegenüber Privaten bei den Mitteln zur Sachverhaltsaufklärung. Andererseits muss die BaFin die ihr gemeldeten Informationen auch teilweise publik machen. Beispielhaft zu nennen sind die Meldungen bei Directors’ Dealings, § 15a WpHG. Zudem sind auch Hinweise Dritter bei der Sachverhaltsaufklärung relevant, denen Private aufgrund ihrer größeren Kapazitäten in weiterem Umfang nachgehen könnten als die BaFin.82 Ein dennoch bestehendes Informationsdefizit könnte im Wege eines Auskunftsanspruchs der Anlegerschutzverbände gegen das entsprechende Unternehmen sowie gegen die BaFin behoben werden.83 Die BaFin kann jedoch nur in dem Maße zur Auskunft verpflichtet werden, in dem sie nicht ihre Verschwiegenheitspflicht aus § 8 WpHG verletzt. Gegen eine zivilrechtliche Durchsetzung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung de lege ferenda kann angeführt werden, dass bei einer staatlichen Durchsetzung keine Bedenken hinsichtlich einer Gefahr der missbräuchlichen Klageerhebung bestehen. Bei einer staatlichen Durchsetzung besteht eine Verpflichtung zur Rechtsverfolgung von Gesetzes wegen. Eine Rechtsdurchsetzung aus anderen Gründen wie die der Verfolgung von Normverstößen, beispielsweise um einen Wettbewerbsvorteil durch Informationen zu erhalten oder aus monetären Anreizen, ist bei einer öffentlichrechtlichen Gewinnabschöpfung de lege ferenda nicht zu befürchten. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch eine privatrechtliche Gewinnabschöpfung den Nachweis des Pflichtverstoßes überhaupt voraussetzt. Aufgrund der „Heimlichkeit“ bereitet der Nachweis einer Insidertransaktion, die nicht gemeldet wurde, erhebliche praktische Schwierigkeiten. Dass 81

Shavell, The Journal of Law and Economics 36 (1993), 255 (269). So gibt die BaFin in ihrem Jahresbericht 2008 an, dass Auslöser für Ermittlungen wegen Insiderhandels oder Marktmanipulation häufig Hinweise von Anlegern selbst sind, vgl. BaFin, Jahresbericht 2008, S. 154. 83 Siehe hierzu Kapitel 7, C.VI., S. 356 ff. 82

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Kap. 6: Verwaltungsrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung

hier eine missbräuchliche Rechtsdurchsetzung in großem Maße betrieben werden kann, erscheint fernliegend. Zweifel verbleiben, ob und wie eine Rechtsverfolgung in Form der Gewinnabschöpfung die Beweisanforderung zu bewältigen vermag. Anhand der Statistiken der BaFin zur Verfolgung von Insiderverstößen84 kann belegt werden, dass zwischen den eingeleiteten Verfahren durch die BaFin und den „erfolgreich“ abgeschlossenen gerichtlichen Verfahren, die nicht eingestellt wurden, eine erhebliche Diskrepanz liegt.85 Eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda in zivilrechtlicher Ausgestaltung könnte gerade wegen ihrer Beweiserleichterungen diesen Spielraum ausfüllen und zu einer höheren Rate erfolgreicher Durchsetzung beitragen. 4. Zwischenergebnis Sowohl für eine zivilrechtliche als auch für eine öffentlich-rechtliche Durchsetzung der Gewinnabschöpfung können gewichtige Argumente genannt werden. Für eine zivilrechtliche Haftung spricht insbesondere, dass die Effektivität der kapitalmarktrechtlichen Ver- und Gebote durch erhöhte Rechtsdurchsetzung gesteigert werden kann. Eine zivilrechtliche Gewinnabschöpfung könnte folglich stärkere generalpräventive Wirkungen als eine strafrechtliche Gewinnabschöpfung erzielen. Beweisproblemen könnte im Wege der Beweislastumkehr begegnet werden, Profite im Ausland wären einfacher aufzudecken. Private könnten folglich eine erhebliche Unterstützung der staatlichen Rechtsverfolgung leisten. Es muss aber eingeräumt werden, dass eine privatrechtliche Gewinnabschöpfung keinesfalls ein zwingendes Gerechtigkeitspostulat darstellt, sondern einen Anspruch, der aus „Zweckmäßigkeits- und Praktikabilitätserwägungen gewährt werden kann, aber nicht gewährt werden muss“.86 Für die private Rechtsverfolgung müssten bestimmte Garantien aufgestellt werden, um eine missbräuchliche Rechtsdurchsetzung zu verhindern. Auch sollte die Übertragung der Rechtsdurchsetzung vom Strafrecht auf das Zivilrecht nicht allzu weitgehend erfolgen, insbesondere die Funktion des jeweiligen Rechtsgebiets beachtet und das Zivilrecht von allzu weitgehender Kriminalisierung freigehalten werden.87 Die Versuche, verwaltungs- und strafrechtliche Sanktionen de lege lata aus Effektivitätsgründen um zivilrechtliche Sanktionen de lege ferenda zu 84 85 86 87

Siehe hierzu Kapitel 3, B.I., S. 159 ff. Siehe hierzu Kapitel 3, B.I., S. 159 ff. So zutreffend Helms, Gewinnherausgabe, S. 140. Siehe zu der Diskussion um die punitive damages Kapitel 7, D.I., S. 358 ff.

C. Ergebnis Kapitel 6

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ergänzen, zielen im Ergebnis darauf ab, die Vorteile beider Systeme miteinander zu verknüpfen. Den staatlichen Behörden kommt eine weiterreichende und umfassendere Durchsuchungsbefugnis und Kontrollbefugnis zu, als diese Privaten zugestanden werden können. Diese können sie im Rahmen der straf- und verwaltungsrechtlichen Sanktionen wahrnehmen. Auf der anderen Seite existieren im Zivilrecht Beweiserleichterungen, die das öffentliche Recht sowie das Strafrecht nicht kennen. Ob die jeweiligen Vorteile der beiden Sanktionstypen ohne größere dogmatische Schwierigkeiten in einer Sanktion kombiniert werden können, ist zweifelhaft. Jedenfalls ist ein Nebeneinander von zivil- und straf- bzw. verwaltungsrechtlichen Sanktionen möglich.

C. Ergebnis Kapitel 6 Zusammenfassend kann für die verwaltungsrechtliche Gewinnabschöpfung festgehalten werden: Die gesetzessystematischen und historischen Erwägungen sprechen für eine behördliche Durchsetzung der Gewinnabschöpfung. Die Durchsetzungskompetenz würde im Rahmen der administrativen Gewinnabschöpfung bei der BaFin liegen. Der Gewinn wäre an den Staat auszukehren. Nach den Erfahrungen mit dem US-amerikanischen Recht verspricht die verwaltungsrechtliche Durchsetzung der Gewinnabschöpfung ein hohes Maß an Effektivität. Einzuräumen ist aber, dass der BaFin kein privates Klagerecht zusteht, wie es in den USA der Fall ist, sondern sie die Gewinnabschöpfung „nur“ auf dem Verwaltungsrechtsweg durchsetzen kann. Gegenüber einem Verbandsklagenrecht im Kapitalmarktrecht muss die Gewinnabschöpfung, welche durch die BaFin geltend gemacht wird, aber aus Effizienzgründen zurücktreten. Die BaFin vermag aufgrund der begrenzten finanziellen und personellen Mittel keine solch weitreichende Rechtsverfolgung durchzuführen, wie dies von Anlegerschutzverbänden zu erwarten ist. Um dem Informationsdefizit der Privaten zu begegnen, müsste die privatrechtliche Gewinnabschöpfung mit einem Auskunftsanspruch der Anlegerschutzverbände gegen den Emittenten und gegen den Insider verbunden werden.

Kapitel 7

Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung Für die Konkretisierung des Lebenssachverhalts, für den eine Gewinnabschöpfung als mögliches Sanktionsinstrument erachtet wird, ist erforderlich, dass „man von bestimmten Formen der Verletzung einzelner Verhaltenspflichten ausgeht und das Haftungssubjekt (A), den Verschuldensgrad (B), die Praktikabilität der Gewinnberechnung (C) und den Umfang des Gewinns (D) etc. berücksichtigt.“1 In Betracht kommt hierbei die Anlehnung an bereits existierende Modelle der Gewinnabschöpfung im deutschen oder US-amerikanischen Wirtschaftsrecht, insbesondere an § 10 UWG, § 34a GWB oder § 16(b) SEA. Diese bereits bestehenden Gewinnabschöpfungsnormen sollen daher (rechts-)vergleichend herangezogen werden. Bei der Übertragung eines Rechts inklusive seiner Durchsetzung von einer Rechtsordnung in eine andere gilt es jedoch zu beachten, dass stets spezifische Besonderheiten existieren, die aus der Systematik des jeweiligen Rechtssystems resultieren. Schließlich könnte die kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda auch eine eigenständige Struktur aufweisen. Die einzelnen Merkmale der Gewinnabschöpfung sollen im Folgenden – soweit nichts anderes gesagt wird – allein für die zivilrechtliche Gewinnabschöpfung untersucht werden. Eine abschließende Bewertung des Modells unter Einbeziehung der administrativen Form der Gewinnabschöpfung erfolgt im achten Kapitel. Als tatbestandliche Anknüpfungspunkte einer Gewinnabschöpfung dienen im nachfolgenden Abschnitt die Meldepflichten nach § 15a WpHG, der Insiderhandel nach § 14 WpHG und die kurzfristigen Geschäfte in Anlehnung an § 16(b) SEA.2

1 2

König, FS Caemmerer, S. 179 (205). Näher zu den Modellen der Gewinnabschöpfung Kapitel 4, F., S. 200 ff.

A. Haftungssubjekt

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A. Haftungssubjekt I. Insider 1. Personenkreis Haftungssubjekt ist zunächst der Gewinnziehende, zumeist in Gestalt des handelnden Führungsmitglieds der Aktiengesellschaft. Nach deutschem Recht sind dies Organmitglieder und Personen mit Führungsaufgaben. Wichtige Organmitglieder sind die Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane sowie die persönlich haftenden Gesellschafter des Emittenten. Diese sind Primärinsider nach § 13 Abs. 1 WpHG. Zwar kann bei der materiellrechtlichen Ausgangssituation an den Personenkreis von § 14 WpHG angeknüpft werden, so dass grundsätzlich auch sog. Marktinsider und Tippempfänger als Gewinnabschöpfungsverpflichtete angesehen werden, jedoch kommt eine Gewinnabschöpfung unmittelbar über § 14 WpHG nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn eine hinreichende Beweisführung gelingt. Ansonsten könnte die Gewinnabschöpfung nach § 15a WpHG mit einer Verschuldensvermutung und einer Beweislastumkehr verbunden werden. Im Rahmen dieser Vorschrift basiert die Veröffentlichungspflicht jedoch auf einem eng gefassten Insiderbegriff, der mit dem Personenkreis in § 15a WpHG identisch ist.3 Zuvorderst haften diejenigen Insider, die mit dem Wissen der Insiderinformation tatsächlich eine Transaktion getätigt haben. Insider, die beispielsweise von ihrem ursprünglich gefassten Verkaufsentschluss Abstand genommen haben, als sie von den kursrelevanten Informationen erfahren haben, werden von der Gewinnabschöpfung hingegen nicht erfasst, sog. Transaktionserfordernis.4 Eine solche Haftung der untätig gebliebenen Altanleger, die rein rechnerisch ebenfalls einen Gewinn ergeben würde, da der Insider durch die rechtzeitige Kenntnis der Insiderinformation Verluste vermieden hat, wäre aufgrund der Beweisschwierigkeiten bei lediglich subjektiven Vorgängen als praxisuntauglich zu bewerten. Zudem setzt der Verbotsverstoß selbst sowohl im Rahmen von § 15a WpHG als auch im Rahmen von § 14 WpHG eine Transaktion bereits von Gesetz wegen voraus. Folglich ist festzuhalten, dass allein tatsächlich aktiv werdende Insider durch Vornahme einer Transaktion in den Anwendungsbereich der Gewinnabschöpfung fallen, nicht jedoch untätig gebliebene Insider.

3 4

Vgl. die Ausführungen unter Kapitel 2, C.II.2.c)bb), S. 81 ff. Vgl. zum Transaktionserfordernis Kapitel 4, F.III.1., S. 204.

318

Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

2. Auswirkungen von Amtsantritt und Amtniederlegung Sofern im deutschen Recht eine Gewinnabschöpfung bei kurzfristigen Transaktionen in Anlehnung an § 16(b) SEA eingeführt werden sollte, müssen Detailfragen wie die Auswirkung von Amtsantritt und Amtsniederlegung auf die Position als Haftungssubjekt im Überblick erörtert werden. Eine genaue Festlegung vermag diese Untersuchung jedoch nicht zu leisten, sondern bleibt der (richterlichen) Rechtsfortbildung überlassen. Ein Blick in die US-amerikanische Rechtspraxis vermag hilfreich zu sein. Im US-amerikanischen Recht wurden zu der Frage, wie sich der Amtsantritt oder die Amtsniederlegung auf die Position als Haftungssubjekt nach § 16(b) SEA auswirkt, hinreichende Regeln entwickelt. Der Anwendungsbereich von § 16(b) SEA ist dann eröffnet, wenn ein director zwar nach dem Kauf bestimmter Aktien, jedoch vor dem innerhalb von sechs Monaten erfolgenden Verkauf sein Amt überhaupt erst antritt.5 Ebenso wurde es als ausreichend angesehen, dass die Haftung nach § 16(b) SEA hinsichtlich eines Gewinns eingreift, den der Beklagte erwirtschaftet hat, wenn er das Amt als director oder officer nach der Betätigung des Kaufes, jedoch noch vor Durchführung des Verkaufes innerhalb des maßgeblichen sechsmonatigen Zeitraums niedergelegt hat.6 Bei einer Gewinnabschöpfung, die an unterlassene Meldungen nach § 15a WpHG anknüpft, sind keine weitergehenden Regeln für die Stellung als Haftungssubjekt zu beachten. § 15a WpHG enthält hinsichtlich von Meldungen ehemaliger Organmitglieder und Führungskräfte keine Regelung.7 Damit erlöschen mit Ende der Organstellung auch alle Mitteilungspflichten. 3. Auswirkungen von Unternehmensübernahmen Auch die Auswirkungen von Unternehmensübernahmen werden bei einer Gewinnabschöpfung relevant, die in Anlehnung an § 16(b) SEA einen Berechnungszeitraum für den Gewinn von sechs Monaten vorsieht. Im Jahre 5

Rule 16a-2 a., Feder v. Martin Marietta Corp., 406 F.2d 260 (266) (1969); Cohen u. a., Liability under Section 16(b), S. 2; Hazen, Securities Regulation, S. 584. 6 Rule 16a-2 b., Cohen u. a., Liability under Section 16(b), S. 2; Hazen, Securities Regulation, S. 584. 7 Siehe Rosen, Directors’ Dealings, S. 23, der die Einführung einer entsprechenden Regelung für sinnvoll befindet, da es ansonsten „streng genommen bereits am Folgetag nach Verlust der Organstellung erlaubt wäre, eine ‚heimliche‘ Transaktion zu tätigen, obwohl der Anschein von Insiderhandel gegenüber der Zeit als Organmitglied ebenso wenig deutlich gesunken sein dürfte wie das Interesse des Marktes an der Kenntnis solcher Geschäfte.“

A. Haftungssubjekt

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1991 hat sich der Supreme Court in dem Fall Gollust v. Mendell mit der Frage beschäftigt, ob ein Aktionär eines Unternehmens, das anschließend von einem anderen Unternehmen übernommen wurde, nach § 16(b) SEA Klage gegen die officers und directors oder 10%-Aktionäre der übernommenen Gesellschaft erheben kann.8 Im Ergebnis hat der Gerichtshof festgestellt, dass einzige Voraussetzung der Norm sei, dass der Kläger zur Zeit der Klageerhebung Aktionär der betreffenden Gesellschaft ist.9 4. Zurechnungsfragen Bei Qualifikation des Haftungssubjekts sind die Regeln der Stellvertretung zu beachten. Der Supreme Court hat erklärt, dass für den Fall, dass eine Personengesellschaft von sog. short-swing Transaktionen profitiert hat und nur ein Partner als Vertreter der Gesellschaft im Vorstand des Emittenten sitzt, die gesamte Personengesellschaft nach den Stellvertretungsregeln als director i. S. d. § 16(b) SEA angesehen wird.10 Auch stellt sich die Frage, ob die Aktien des Ehepartners dem anderen Ehepartner, der als Insider im Sinne des § 16(b) SEA angesehen wird, zugerechnet werden können. In einem Fall wurde es so gehandhabt, dass die Verkäufe der Ehegattin den Aktienkäufen des Ehegatten entgegengehalten wurden, wobei der Ehegatte als director zu qualifizieren war.11 Obgleich die Vermögensmassen getrennt und unabhängig voneinander verwaltet wur8

Gollust v. Mendell, 501 U.S. 115 ff. (1991). Gollust v. Mendell, 501 U.S. 115 (111) (1991); Hazen, Securities Regulation, S. 714; Hopkins, 48 Bus.Law. 373 (1992); Steinberg/Landsdale, Notre Dame L.Rev. 68 (1992–1993), 33 (40). 10 Blau v. Lehman, 368 U.S. 403 (415) (1962); Hazen, Securities Regulation, S. 583. Zudem ist anzunehmen, dass in den Konstellationen, in denen der Präsident und der CEO einer Gesellschaft im Vorstandsgremium des Emittenten sitzen und in denen eine der Personen ein Mitsprache- bzw. Entscheidungsrecht bei Investitionen der Gesellschaft hat und in denen der Director nach der Entscheidung, innerhalb von sechs Monaten nach einem Kauf zu verkaufen, sein Amt niederlegt, Gewinnabschöpfungsmaßnahmen gegenüber der Gesellschaft ergriffen werden können; Feder v. Martin Marietta Corp., 406 F.2d 260 ff. (1969), Hazen, Securities Regulation, S. 583. Dies entspricht im deutschen Recht den Regeln der Duldungs- und Anscheinsvollmacht. Da auch ohne formellen oder tatsächlichen Beweis einer Vertretung oder Entsendung ein wiederholendes Verhalten und ein Wissen und Dulden der Aktiengesellschaft vorliegt, Hazen, Securities Regulation, S. 583. Die Tatsache, dass das Unternehmen über den Repräsentanten entscheidenden Einfluss auf die Investitionsentscheidungen des Emittenten nehmen konnte, ist Anlass genug, auch eine Gewinnhaftung der Personengesellschaft anzunehmen, Hazen, Securities Regulation, S. 584. 11 Whiting v. Dow Chemical Co., 523 F.2d 680 ff. (1975); Hazen, Securities Regulation, S. 584. 9

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

den, hat die US-amerikanische Rechtsprechung die eheliche Beziehung als ausreichende Basis angesehen, um von der Kenntnis von Insiderinformationen seitens der Ehegattin auszugehen.12 Voraussetzung für die Meldepflicht der Ehepartner ist jedoch nach US-amerikanischem Recht, dass ein Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt vorliegt.13 Nach deutscher Rechtslage sind auch Ehepartner, eingetragene Lebenspartner und Verwandte ersten Grades, also Eltern und Kinder, der Verpflichtung nach § 15a WpHG unterworfen.14 So sind auch Transaktionen, die von diesem Personenkreis vorgenommen und nicht nach § 15a WpHG gemeldet werden, Anknüpfungspunkt für die kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda.

II. Emittent Fraglich ist, ob neben dem Insider auch in bestimmten Konstellationen das Unternehmen selbst zur Abführung des Gewinns verpflichtet ist. So wird argumentiert, dass eine Klage gegen den Arbeitgeber in Gestalt des Emittenten höhere Erfolgsaussichten hat, da dieser in der Regel zahlungskräftiger ist als der Insider.15 Gemäß § 30 OWiG kann auch ein Unternehmen als Haftungssubjekt wegen eines Verstoßes gegen § 15a WpHG herangezogen werden, sofern das Unternehmen durch die Verletzung der Mitteilungspflicht bereichert ist.16 Als Beispiel kann folgende Konstellation angeführt werden: Der Verkauf eines größeren Aktienpakets eines Vorstandes wurde in der Krise des Unternehmens nicht gemeldet, um die Verhandlungen des Emittenten mit der kreditgebenden Bank über eine Kreditprolongation nicht zu gefährden.17 Gegen die Einführung einer zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung, die den Emittenten als Haftungssubjekt vorsieht, spricht die Befürchtung einer Existenzgefährdung des Emittenten durch eine zu weitreichende kapitalmarkt12

Hazen, Securities Regulation, S. 584. Ein solches Erfordernis wird auch im Rahmen der Mitteilungspflichten nach § 15a WpHG vorgeschlagen, vgl. Rosen, Directors’ Dealings, S. 25. Bislang existiert nur bei anderen Verwandten i. S. d. § 15a WpHG das Merkmal des gemeinsamen Haushalts, siehe hierzu genauer Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 15a Rn. 50 f. 14 Hierzu näher Pfüller, in: Fuchs, WpHG, § 15a Rn. 84 f. Der Anwendungsbereich wird teilweise als willkürlich bezeichnet, so Rosen, Directors’ Dealings, S. 24. 15 Pritchard, Virginia LR 85 (1999), 955–959; vgl. in entgegengesetzter Richtung die Argumentation im Rahmen des KapInHaG unter Kapitel 3, A.I.2.a)bb)(4), S. 130 ff. 16 Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (204). 17 Schuster, ZHR 167 (2003), 193 (204). 13

A. Haftungssubjekt

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rechtliche Haftung.18 Hier wird eingewandt, dass als Ausschlussgrund der kapitalmarktrechtlichen Emittentenhaftung die Vermeidung von möglicherweise hohen existenzbedrohenden Haftungssummen nicht stimmig sei: Auch in anderen Bereichen des Wirtschaftslebens, wie zum Beispiel im Produkthaftungsrecht können existenzbedrohende Haftungssummen erreicht werden.19 Grundsätzlich erscheint das Argument, dass eine Gefahr der übermäßigen Haftung des Emittenten bestehe, daher nicht überzeugend. Zu beachten ist aber, dass die Haftung der Gesellschaft statt der verantwortlichen Organmitglieder dazu führt, „dass die Anleger letztendlich den Schadensersatz aus ‚eigener Tasche‘ bezahlen müssen. Dies wirft Fragen des Vorrangs des Gläubigerschutzes auf.“20 Man muss auch bei einer Gewinnabschöpfung im Rahmen von § 15a WpHG bedenken, dass der Emittent selbst nur die an ihn gerichteten Mitteilungen zu veröffentlichen hat, § 15a Abs. 4 WpHG. Eine Gewinnabschöpfung, die an die Informationsverpflichtung des Emittenten anknüpft und auf den Gewinn eines Organmitglieds abstellt, verstößt gegen das oben entwickelte Prinzip der Identität zwischen Gewinnziehendem und zur Veröffentlichung Verpflichtetem.

III. Bewertung Grundsätzlich ist bezüglich der Haftungssubjekte im Rahmen der Gewinnabschöpfung an die Kreise von Haftungssubjekten nach § 14 und § 15a WpHG anzuknüpfen. Allein bei einem Modell der Gewinnabschöpfung in Anlehnung an § 16(b) SEA sind gefestigte Regeln erforderlich, wer in den Anwendungsbereich der Gewinnabschöpfung fällt. Hier ist es in Anlehnung an die USamerikanische Rechtsprechung als ausreichend anzusehen, wenn mindestens eine der beiden Transaktionen, die zur Gewinnberechnung erforderlich sind, zu einem Zeitpunkt getätigt wird, zu dem der Insider in einer entsprechenden Führungsposition in dem Unternehmen tätig war. Anteilseigner, die sich durch eine bestimmte große Zahl von gehaltenen Aktien qualifizieren, sind als Haftungssubjekte hingegen nicht in den Anwendungsbereich der Gewinnabschöpfung aufzunehmen, da sie grundsätzlich nicht den Veröffentlichungspflichten nach § 15a WpHG unterliegen.21 18 Zu dieser Problematik vgl. die Ausführungen bei Köndgen, FS Druey, 791 (803); Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, S. 114, 117. 19 Hopt, ZHR 159 (1995), 135 (161). 20 Baums, ZHR 166 (2002), 375 (379). 21 Siehe zu den 10%-Aktionären bei § 16(b) SEA Kapitel 3, A.I.2.b)bb)(2)(a)(aa), S. 140.

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

B. Verschulden Wichtige Kriterien bei der Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung sind das „Ob“ und das „Wie“ eines Verschuldenserfordernisses.

I. Das „Ob“ der verschuldensabhängigen Gewinnherausgabe Zunächst könnte man ein Modell der Gewinnabschöpfung entwickeln, welches unabhängig von einem Verschuldensvorwurf eingreift, sobald pflichtwidrig gehandelt wurde.22 Eine verschuldensunabhängige Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung würde sich beispielsweise in Anlehnung an das US-amerikanische Recht anbieten, wenn kurzfristige Transaktionen verhindert werden sollen. 1. Verschuldensunabhängige Haftung nach § 16(b) SEA In der US-amerikanischen Rechtswissenschaft herrscht die Erkenntnis vor, dass gerade im Bereich der short swing-Transaktionen nach § 16(b) SEA auf eine verschuldensabhängige Haftung aufgrund ihrer Beweisanforderungen verzichtet werden muss, da es geradezu unmöglich ist, ein Insiderwissen bzw. die bewusste Verwendung von Insiderinformationen zu beweisen. „You hold the director irrespective of any intension or expectation to sell the security within 6 months after, because it will be absolutely impossible to prove the existence of such intension or expectation, and you have to have this crude rule of thumb, because you cannot undertake the burden of having to prove that the director intended, at the time he bought, to get out on a short-swing. Let him get out what he put in, but give the corporation the profit.“23

So wird argumentiert, dass die Tatsache, dass Unternehmensinsider zumeist einen deutlich höheren Gewinn am Kapitalmarkt erwirtschaften als externe Investoren, Beweis genug dafür sei, dass Insider mit dem Wissensvorsprung von Insiderinformationen ihre Transaktionen tätigen.24 Der Supreme Court hält die klare Konstruktion von § 16(b) SEA für die einzige effektive Methode, um die Verantwortlichen des Insiderhandels ausfindig zu machen und zu bestrafen.25 Die präventive und verhaltenssteuernde Wir22 So beispielsweise Kirchner, in: FS Kitagawa, S. 665 (680), der auf jedes Verschuldenselement verzichten will und allein auf die Durchführung der Insidertransaktion abstellt. 23 Hamilton/Motley, Guide to Short-Swing Tradings, ¶ 102. 24 Siehe Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 ( 331-37). 25 Reliance Electric Co. v. Emerson elec. Co., 404 U.S. 418 (422) (1972); Bloomenthal, Securities Law Handbook, Volume 1, S. 875.

B. Verschulden

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kung von Klagen nach § 16(b) SEA wird als lobenswert und erfolgreich bezeichnet.26 2. Verschuldensunabhängige Gewinnabschöpfung nach deutschem Recht Eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung sollte sich unter dem Vorbehalt der effizienten und praktikablen Ausgestaltung in das bestehende „Gewinnabschöpfungssystem“ weitmöglichst einfügen.27 Dies betrifft auch das Verschuldenserfordernis. Eine vergleichende Betrachtung der Verschuldensanforderungen anderer Gewinnabschöpfungsnormen im deutschen Recht mag nützlich sein. § 285 BGB verzichtet sowohl auf ein schuldhaftes Verhalten seitens des Verletzers als auch auf eine objektive Pflichtverletzung. Vielmehr ist allein ein Fall der Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1–3 BGB erforderlich, aufgrund dessen der Schuldner nicht zu leisten in Stande ist. Dies zeigt, dass auch eine verschuldensunabhängige Gewinnabschöpfung nach deutschem Recht möglich ist.28 Die Rechtfertigung für diese Gewinnabschöpfung wird aus der Tatsche abgeleitet, dass Vertragsbrüche für den Schuldner sonst nahezu risikolos wären.29 Bis zur Einführung des § 10 UWG, der nach der geltenden Fassung eine vorsätzliche Pflichtverletzung voraussetzt, wurden verschiedene Formen der Ausgestaltung eines Gewinnabschöpfungsanspruchs im UWG diskutiert. So wurde in Anlehnung an das Bereicherungsrecht ein verschuldensunabhängiger Gewinnabschöpfungsanspruch vorgeschlagen.30 Dieser sei nicht mit den Beweisschwierigkeiten des Bewusstseins der Rechtswidrigkeit verbunden.31 In einem früheren Entwurf zum Referentenentwurf zur 7. GWB-Novelle wurde noch auf das Verschuldenserfordernis im Rahmen des § 34 GWB verzichtet und zwar mit der zutreffenden Begründung, dem Täter dürfe, selbst wenn er nicht schuldhaft gehandelt haben sollte, kein Vorteil aus dem Kartellrechtsverstoß verbleiben.32 Die Vorteilsabschöpfung sei in diesem Sinne nicht als Strafe zu verstehen, sondern diene vielmehr dazu, eine Be26 Karmel, Brook.L.Rev. 59 (1993), 149 (159); Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 219. 27 Siehe zur möglichst systemkonformen Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung Kapitel 5, A., S. 220 ff. 28 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 92. 29 Emmerich, in: MünchKomm, BGB, § 285, Rn. 14. 30 Micklitz/Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, S. 21. 31 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 238. 32 Nachweis in RefE, Fassung v. 17.12.2003, BT-Drucksache 15/3640, S. 78.

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reicherung durch einen Kartellrechtsverstoß zu verhindern.33 Auch in der Literatur wird geltend gemacht, dass es sich angeboten hätte, die Vorteilsabschöpfung nach § 34 GWB verschuldensunabhängig auszugestalten, da innerhalb des Bußgeldverfahrens eine Vorteilsabschöpfung durch die Kartellbehörde möglich ist.34 Auch wenn zumindest in der Theorie über eine verschuldensunabhängige Haftung bei Gewinnabschöpfungsnormen in wirtschaftsrechtlichen Spezialgebieten nachgedacht wurde, hat sich in der Umsetzung der Normen eine verschuldensabhängige Haftung realisiert. Sowohl in § 10 UWG als auch in § 34a GWB ist ein Erfordernis des schuldhaften Verstoßes aufgenommen worden.35 Eine verschuldensunabhängige Haftung in Anlehnung an § 16(b) SEA im deutschen Kapitalmarktrecht würde zwar zur effektiven Abschreckung von Insidertransaktionen beitragen, da keine die Rechtsverfolgung erschwerende Beweisführung des Ausnutzens von Insiderwissen erforderlich ist. Jedoch wäre eine solche Regelung nur schwer mit dem wohl vorherrschenden Grundsatz der Sanktionierung von nachweisbar schuldhaftem Verhalten im deutschen Recht in Einklang zu bringen. Vergleiche mit den Haftungsinstituten des deutschen Kapitalmarktrechts, wie der Börsenprospekthaftung in § 45 Abs. 1 BörsG sowie der Ad-hoc-Publizitätshaftung nach §§ 37b, c Abs. 2 WpHG, legen ebenfalls die Einführung eines Verschuldenserfordernisses nahe. 3. Kritik an der verschuldensunabhängigen Haftung Wesentliche Kritik wird in der US-amerikanischen Literatur an der Tatsache geübt, dass in § 16(b) SEA ein strenges Haftungssystem begründet liege, dem eine Tendenz zu überschießenden Maßnahmen innewohne.36 Teilweise wird die Norm als „einziger Fehler“ bewertet, „der dem Kongress infolge seiner emotionalen Reaktion auf die Vorkommnisse 1929 unterlaufen sei“.37 Die schuldunabhängige und damit strenge Haftung eines Insiders führe zu einem allgemeinen Handelsverbot mit Aktien des eigenen 33

Nachweis in RefE, Fassung v. 17.12.2003, BT-Drucksache 15/3640, S. 78. Langen/Bunte, Komm zum dt. und europ Kartellrecht, Rn. 7; Fuchs, WRP 2005, 1384 (1391). 35 Vgl. zu § 10 UWG Kapitel 5, C.II.2., S. 248 ff., zu § 34a GWB Kapitel 5, C.II.3., S. 254 ff. 36 Vgl. bei Hazen, Securities Regulation, S. 572. 37 Ishizumi, Fordham Law Review 47 (1978–1979), 449–494; siehe zur geschichtlichen Entwicklung des US-amerikanischen Insiderrechts auch Kapitel 2, A.II.1., S. 59 ff. 34

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Emittenten, da Führungsmitglieder des Emittenten aufgrund der strengen Haftungskonzeption den Erwerb der Aktien des eigenen Unternehmens meiden würden.38 Wie bereits erörtert ist ein solches absolutes Handelsverbot von Insidern nicht zu befürworten, da dieses entweder Interessenskonflikte hervorruft – sofern das Handelsverbot nur auf unternehmenseigene Aktien begrenzt ist – oder einen zu erheblichen Eingriff in die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Unternehmensmanager darstellt – sofern das Handelsverbot die Investition auf dem Kapitalmarkt generell umfasst. Zwar kristallisierten sich bestimmte Ausnahmetatbestände heraus, dies erfordere jedoch ein besonderes „gesetzgeberisches Geschick, um die Ausnahmetatbestände präzise und zuverlässig handhabbar zu machen“.39 Auch der Kongress gestand zu, dass § 16(b) SEA zur Haftung unschuldiger Insider führen könnte.40 Es lässt sich in der Rechtswirklichkeit eine Entwicklung beobachten, wonach § 16(b) SEA in zunehmendem Maße in seinem Anwendungsbereich eingeschränkt wurde und dagegen Rule 10b-5 eine wachsende Bedeutung erlangte.41 Neben Differenzen in Zielsetzung und Rechtsfolge unterscheiden sich die beiden Sanktionsmodelle insbesondere durch das Vorhandensein bzw. Fehlen eines Verschuldenserfordernisses. Doch auch der Anwendungsbereich des § 16(b) SEA wird zunehmend flexibler interpretiert und bezieht subjektive Elemente mit ein. So wählen die Gerichte in Fällen, in denen sog. unorthodoxe Transaktionen bei einem Kauf oder einem Verkauf miteinbezogen sind, einen „pragmatisch analytischen Ansatz“.42 Zudem spielt bei der Beurteilung der Stellung als officer oder director der Zugang zu Insiderinformationen eine maßgebende Rolle.43 Damit wird § 16(b) SEA entgegen der ursprünglichen gesetzgeberischen Absicht einer subtilen Einzelfallanalyse unterzogen, welche die Unsicherheiten kasuistischer Rechtsanwendung mit sich bringt.44

38 Kritisch Fleischer, Gutachten zum 64. DJT, S. 127; Veil, ZGR 2005, 155 (173). 39 Veil, ZGR 2005, 155 (189); vgl. zu den Ausnahmetatbeständen im Rahmen des § 16(b) SEA Loss/Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, S. 718 f. 40 Ishizumi, Fordham Law Review 47 (1978–1979), 449 (452); Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-8. 41 Hazen, Securities Regulation, S. 577. 42 Hazen, Securities Regulation, S. 577; siehe hierzu genauer Kapitel 3, A.I.2. b)bb)(2)(a)(bb), S. 141 ff. 43 Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-7. 44 So Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 420.

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4. Bewertung Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass sich eine Gewinnherausgabepflicht bei fehlendem Verschulden nur schwer in das geltende System der Haftungsvorschriften im Kapitalmarktrecht einfügen würde. Die Gewinnabschöpfungsnormen im deutschen Zivil- und Wirtschaftsrecht setzen zumeist einen schuldhaften Verstoß voraus. Grundsätzlich ist die Sanktionierung nach deutschem Recht an ein Verschuldenserfordernis gekoppelt. Lediglich in Ausnahmefällen wie beispielsweise der Tierhalterhaftung und dem Produkthaftungsgesetz kommt eine verschuldensunabhängige Haftung in Betracht. In diesen Ausnahmefällen ist das Verhalten, beispielsweise das Inverkehrbringen von Produkten oder das Halten eines Hundes, bereits mit einem so großen Risiko belastet, dass der Schädiger quasi als Garant für eingetretene Schäden haftet, ohne dass sein Verschulden im konkreten Fall nachgewiesen werden muss.45 Man könnte nun annehmen, dass einer Transaktion von Managern das Risiko eines Insidergeschäfts innewohnt, so dass der Insider bereits durch seine Tätigkeit am Markt das Risiko des Ausnutzens eines Informationsvorsprunges schafft. Dies würde jedoch dazu führen, dass allein die Transaktionsvornahme, die nach hier vertretener Auffassung gerade nicht versagt werden soll, sanktioniert wird. Die Argumentation, dass eine Insidertransaktion ein erhebliches Risiko der Informationsausnutzung beinhaltet, führt daher wiederum zu der Kernfrage, ob Transaktionen von Führungspersonen mit Aktien des eigenen Emittenten überhaupt zugelassen werden sollten – was unter Bezugnahme auf obige Ausführungen zu bejahen ist. Vor diesem Hintergrund ist von einer verschuldensunabhängigen Haftung abzuraten.

II. Das „Wie“ der verschuldensabhängigen Gewinnherausgabe Es bedarf der Untersuchung, welchen Anforderungen der Verschuldensvorwurf genügen sollte und wer für den Nachweis des Verschuldens die Beweislast trägt. 1. Anknüpfungspunkt des Verschuldens Zunächst ist der Anknüpfungspunkt des Verschuldens in den jeweiligen Modellen einer Gewinnabschöpfung festzulegen.

45 Näher zu den Begründungen der Gefährdungshaftung Blaschczok, Gefährdungshaftung und Risikozuweisung, S. 1, 45 ff.

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a) Unterlassene Mitteilungen nach § 15a WpHG Bei einem Modell der Sanktionierung der unterlassenen Mitteilungen nach § 15a WpHG durch die Gewinnabschöpfung könnte ein Entlastungsbeweis eingreifen, wenn die mitteilungspflichtige Person ohne Verschulden die Meldung unterlässt. Das Verschulden ist danach lediglich bei dem Verstoß gegen die Mitteilungspflichten zu fordern, jedoch nicht hinsichtlich der Frage, ob das entsprechende Organmitglied Zugang zu Insiderinformationen hatte.46 Damit ist Anknüpfungspunkt für das Verschulden folglich die fehlende Meldung der Transaktion. b) Tatsächliches Insiderhandeln Im Fall der Sanktionierung tatsächlicher Insiderhandelstransaktionen könnte der Insider dann nicht zur Herausgabe eines Gewinns verpflichtet sein, wenn er rechtmäßig Aktien des Emittenten gekauft oder verkauft hat. Ein unschuldiges Verhalten des Insiders bei Vornahme der entsprechenden Transaktionen ist dann anzunehmen, wenn tatsächlich keine Insiderinformation vorgelegen hat (1) oder wenn zwar eine Insiderinformation objektiv gegeben war, der Insider hiervon jedoch keinerlei Kenntnis hatte (2).47 2. Beweislast für das Verschulden Grundsätzlich trägt bei zivilrechtlichen Ansprüchen der Anspruchsteller die Beweislast für die haftungsbegründenden Voraussetzungen.48 Den erwähnten Bedenken hinsichtlich der Beweislast des schuldhaften Verhaltens49 bei tatsächlichem Insiderhandel, aber auch bei unterlassenen Meldungen nach § 15a WpHG, kann in der Weise begegnet werden, dass eine Vermutung für schuldhaftes Verhalten eingreift. Diese Vermutung kann widerleglich oder unwiderleglich ausgestaltet werden. Hierbei muss man 46

Veil, ZGR 2005, 155 (199). Fraglich ist, ob ein Entlastungseinwand der Haftungssubjekte dann eingreifen könnte, wenn diese vorbringen, sie hätten von der Insiderinformation nicht aufgrund ihres Angestelltenverhältnisses beim Emittenten, sondern aufgrund privater Beziehungen Kenntnis erlangt. Der BGH hat das Rechtfertigungsmoment der privaten Kenntniserlangung bei der Ausnutzung von Geschäftschancen der Gesellschaft nicht anerkannt, BGH, NJW 1986, 585 (586); dem folgend OLG Frankfurt a. M., GmbHR 1998, 376 (378). Differenzierend: Fleischer, NZG 2003, 985 (989) m. w. Nachw.; Munter, Cornell L.Rev. 52 (1966–1967), 69 (93). 48 Lüke, Zivilprozessrecht, S. 272 f. 49 Vgl. die Ausführungen bei der Analyse der Sanktionen nach geltender Rechtslage unter Kapitel 3, B.II., S. 160 ff. 47

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

beachten, dass eine unwiderlegliche Vermutung der Ausnutzung von Insiderwissen bei Organgeschäften einer verschuldensunabhängigen Gewinnabschöpfung gleichzusetzen ist. a) Systematischer Vergleich Eine Umkehr der Beweislast wurde im Rahmen der spezialgesetzlichen Gewinnabschöpfungsnormen, beispielsweise bei § 10 UWG und § 34a GWB sowie bei Entwicklung des KapInHaG50 mehrfach diskutiert. Zur Verbesserung der Praxistauglichkeit und Absenkung der Beweisschwierigkeiten wurde im Rahmen eines Schadensersatzanspruches der Anleger wegen Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht gegen Organmitglieder de lege ferenda zumeist für eine Umkehr der Beweislast plädiert, so dass der objektive Pflichtenverstoß mit entsprechenden, die Anleger schädigenden Folgen das subjektive Verschulden indiziert.51 Der Arbeitskreis Gesellschaftsrecht hat vorgeschlagen, dass bei Insidern mit Zugang zu vertraulichen Informationen, die in einem fraglichen Zeitraum Geschäfte vorgenommen haben, ein schuldhafter Verstoß gegen das Handelsverbot vermutet wird.52 b) Modell nach § 16(b) SEA Ein Änderungsvorschlag für § 16(b) SEA im US-amerikanischen Recht zielt darauf ab, lediglich eine widerlegbare Vermutung für die Ausnutzung der Insiderinformationen vorzusehen, anstatt eine objektive Gleichbehandlung aller Insider zu postulieren.53 Zwar wird das Insiderwissen bei zwei gegensätzlichen Transaktionen, die innerhalb eines sechsmonatigen Zeitraums vorgenommen werden, vermutet, dennoch soll dem Anspruchsgegner die Möglichkeit eines Entlastungsbeweises eingeräumt werden.54

50

Siehe zur Organaußenhaftung wegen falscher Kapitalmarktinformation Kapitel 3, A.I.2.a)bb)(4), S. 130 ff. 51 Zur Frage der Beweiserleichterung für den Geschädigten, wenn feststeht, dass ein objektiv verkehrswidriger Zustand zum Zeitpunkt des Unfalles bestanden hat, BGH, NJW 1986, 2757 (2758); Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 271; Büche, Pflicht zur Ad-hoc-Publizität, S. 146. 52 Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, S. 48. 53 Munter, Cornell L.Rev. 52 (1966–1967), 69 (88). 54 Munter, Cornell L.Rev. 52 (1966–1967), 69 (69).

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c) Modell nach § 15a WpHG Bei Verstößen gegen § 15a WpHG ist ein zweistufiges Verschuldensmodell anzuraten. Veil hat im Rahmen seines Vorschlags einer kapitalmarktrechtlichen administrativen Gewinnabschöpfung überzeugend ein solches Verschuldensmodell entwickelt: Zur Optimierung der Praxistauglichkeit der Gewinnabschöpfung kann eine Vermutung dahingehend eingeführt werden, dass die Transaktionsvornahme ohne Meldung nach § 15a WpHG für eine Ausnutzung von Insiderwissen spricht. Die Kenntnis von Insiderinformationen wird aufgrund der Transaktion ohne anschließende Veröffentlichung unwiderleglich vermutet. Um die Gewinnabschöpfung als „schneidige Waffe“55 auszugestalten, muss dem Insider hier ein Entlastungsbeweis verwehrt bleiben. Der Verstoß gegen die Meldpflicht des § 15a WpHG hat dabei schuldhaft zu erfolgen, wobei das Verschulden in diesem Fall widerleglich vermutet wird. d) Modell nach § 14 WpHG Ein Modell der Gewinnabschöpfung, welches an § 14 WpHG anknüpft, sollte ohne Umkehr der Beweislast ausgestaltet sein. Andernfalls käme das Modell einer sog. No-Profit-Regelung nahe, da in jeder Transaktion einer Führungsperson die widerlegliche Vermutung der verbotenen Transaktion in Kenntnis von Insiderwissen zu sehen wäre. Hier erscheint das zwischengeschaltete Regulativ des § 15a WpHG als angemessener. Um mit einer Gewinnabführungspflicht belegt zu werden, muss die Führungsperson daher schuldhaft gegen die Meldepflichten des § 15a WpHG verstoßen haben. e) Zwischenergebnis Im Ergebnis ist eine Umkehr der Beweislast hinsichtlich des Verschuldens für die praxistaugliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung auf der Rechtsfolgenseite von § 15a WpHG erforderlich. 3. Verschuldensgrad a) Vorsätzliches Handeln Es wird vertreten, dass eine im Interesse der Prävention ausgerichtete Gewinnabschöpfung als Sanktion allein bei vorsätzlichem Verhalten legitim 55

Veil, ZGR 2005, 155 (194).

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

sei und nicht auch bei fahrlässigem Verhalten einschlägig sein dürfe. Für eine Gewinnabschöpfung sei erforderlich, dass „der marktliche Allokationsmechanismus durch einen vorsätzlichen Nutzentransfer umgangen worden ist“56. Zur Begründung hierfür kann auf den Grundgedanken der Gewinnabschöpfung verwiesen werden. Wie bereits im Rahmen der Gegenüberstellung von Schadensersatz und Gewinnabschöpfung festgestellt, dient die Gewinnabschöpfung weniger der Kompensation entstandener Schäden, sondern vielmehr dem Schutz hochwertiger Rechtsgüter.57 Daneben stellt die Gewinnabschöpfung ein präventives Mittel zur Abwehr und Verhinderung weiterer Verletzungshandlungen dar. Die Aussicht des Täters, einen Gewinn durch sein rechtswidriges Verhalten erzielen zu können, wird durch die ex post eingreifende Gewinnabschöpfung zunichte gemacht. Dieser Abschreckungseffekt ist allein bei vorsätzlichen Handlungen bedeutsam. Eine solche Prävention ist bei fahrlässigen Verstößen nicht in gleichem Maße erforderlich. Wenn durch Nachlässigkeit ein Gewinn erzielt wurde, so ist eine Wiederholung des fahrlässigen Verstoßes gegen Melde- und Verhaltenspflichten nicht zwangsläufig zu befürchten. Bei einem Versuch der Einordnung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung in das „System“ der Gewinnhaftung im deutschen Zivilrecht liegt zunächst eine Orientierung an den Voraussetzungen der angemaßten Eigengeschäftsführung nahe.58 Dort ist grundsätzlich vorsätzliches Handeln erforderlich. Dennoch kann auch in Anlehnung an Spezialtatbestände wie § 113 Abs. 1 HGB fahrlässiges Handeln ausreichen. Verletzt ein Gesellschafter einer OHG seine Pflicht, Geschäfte im gleichen Handelszweig wie die OHG oder die Teilnahme an gleichartigen Handelsgesellschaften wie die OHG als persönlicher Gesellschafter zu unterlassen, so kann die OHG statt Schadensersatz von dem Gesellschafter verlangen, dass er die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft eingegangen gelten lasse und die aus Geschäften für fremde Rechnung bezogene Vergütung herausgebe oder seinen Anspruch auf die Vergütung abtrete, § 113 Abs. 1 2. HS. HGB. Während § 687 Abs. 2 BGB eine vorsätzliche Vertragsverletzung voraussetzt, genügt nach § 113 Abs. 1 HGB auch Fahrlässigkeit.59 Auch wenn sich dies nicht explizit aus dem Wortlaut ergibt, so jedoch aus der Anknüpfung an die allgemeine Schadensersatzpflicht.60 56 Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (693); Polinsky/Shavell, Harv.L.Rev. 111 (1998), 869 (918 f.); Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 84. 57 Siehe zur Gegenüberstellung von Gewinnabschöpfung und Schadensersatz Kapitel 4, D.I., S. 187 ff. 58 Vgl. die Ausführungen zur angemaßten Eigengeschäftsführung unter Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(3), S. 111 ff. 59 Nipperdey, FS Böhm, 163 (168).

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Erkenntnisse können auch aus der parallel verlaufenden Diskussion über § 10 UWG gewonnen werden. Hier wird die Gewinnabschöpfung als Instrument zur Liquidation von Streuschäden betont, die bei vorsätzlichem und fahrlässigem Verhalten gleichermaßen wahrzunehmen sei.61 Dennoch wird § 10 UWG auf vorsätzliches Verhalten beschränkt, um einer missbräuchlichen Anspruchsdurchsetzung entgegenzuwirken.62 An das Vorsatzerfordernis im Rahmen des § 10 UWG sowie dessen Beweisbarkeit werden aber keine überhöhten Anforderungen gestellt. So ist für die Kenntnis und Zielgerichtetheit des Zuwiderhandelns eine Indizwirkung der tatsächlichen Marktaktivität gegeben.63 Bei besonders groben Verstößen ist eine Indizwirkung für bedingten Vorsatz zulässig.64 Zudem sind Konstruktionen dahingehend anerkannt, dass aus Gründen der Durchsetzbarkeit und Darlegungspflicht der Rechtsgedanke der Parallelbewertung in der Laiensphäre entsprechend heranzuziehen ist.65 Kritisch anzumerken ist jedoch, dass § 10 UWG bislang keine erhebliche Praxisbedeutung erlangt hat. Das ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass diese Norm aufgrund ihrer strengen Tatbestandsvoraussetzungen mit einem zu großen Prozessrisiko verbunden ist. Dem VerbraucherzentraleBundesverband ist es bislang nicht gelungen, unrechtmäßig erwirtschaftete Gewinne mit Hilfe einer erfolgreichen Gewinnabschöpfungsklage nach § 10 UWG abzuschöpfen. Der Vorsatz der gesetzeswidrigen Handlung und der Nachweis, dass die Gewinne auf diese Handlung zurückzuführen sind, stellen fast unüberwindbare Hürden in den Verfahren dar.66 Für die kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung ist damit Folgendes festzuhalten: Grundsätzlich ist bei der Sanktion in Gestalt der zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung eine vorsätzliche rechtswidrige Gewinnerzielung erforderlich, die sanktioniert werden soll. Gleichwohl kommt bei der Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung dem Gesichtspunkt der Praktikabilität ein hoher Stellenwert zu. Sofern eine Sanktion aufgrund der hohen Tatbestandsanforderungen keine Praxistauglichkeit erlangt, ist die tatbestandliche Strenge kritisch zu hinterfragen. So ist aus Gründen der Praxistauglichkeit an eine Beweislastumkehr zu denken. Eine Gewinnabschöpfung, die zwar einen vorsätzlichen Pflichtenverstoß – hier in Gestalt der unterlasse60 Hopt, in: Baumbach/Hopt/Merkt, HGB, § 113, Rn. 1; Nipperdey, FS Böhm, 163 (168). 61 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 115. 62 Vgl. zum Vorsatzerfordernis des § 10 UWG bereits Kapitel 5, C.II.2. S. 248 ff. 63 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 162. 64 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 162. 65 Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, § 10 Rn. 6. 66 von Braunmühl, in: BMELV, Kollektive Rechtsdurchsetzung, S. 22.

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

nen Mitteilungen nach § 15a WpHG – fordert, das Verschulden gleichwohl widerleglich vermutet, stellt in gewisser Hinsicht ein Kuriosum dar. So stellt sich die Frage, ob der Insider mit dem Einwand, er habe die Meldung aus Nachlässigkeit vergessen, das Verschulden hinreichend widerlegen könnte. Wenn dies der Fall wäre, würde die Gewinnabschöpfung in der Praxis de facto leer laufen. Daher ist fraglich, ob bezüglich der unterlassenen Meldepflichten nicht vielmehr ein Fahrlässigkeitsvorwurf genügt. Das die Gewinnabschöpfung auslösende Verhalten des Insiders stellt bei der Nichterfüllung der Meldepflichten nach § 15a WpHG ein Unterlassen dar. Hier kann auch eine Fahrlässigkeit als Verschuldensgrad ausreichen.67 b) Fahrlässiges Handeln Aus Gründen der effektiven Vorbeugung rechtswidrigen Verhaltens erscheint erwägenswert, eine Gewinnabschöpfung nicht allein auf vorsätzliche Rechtsverletzungen zu begrenzen, sondern auch grob oder leicht fahrlässiges Verhalten einzubeziehen.68 Insbesondere wenn das Verschulden an die Mitteilungspflicht nach § 15a WpHG anknüpft, sollte auch ein fahrlässiger Verstoß für die Gewinnabschöpfung ausreichend sein, da § 15a WpHG nicht zwischen vorsätzlichen und fahrlässigen Verstößen gegen die Meldepflicht differenziert.69 Ein Vergleich zu den Anforderungen der Gewinnabschöpfungsnormen im deutschen Recht de lege lata mag erneut nützlich sein. Wie bereits erwähnt, stellt die Beschränkung auf Vorsatzdelikte im Rahmen des § 10 UWG einen der wesentlichen Kritikpunkte dar.70 Dem grob fahrlässig Handelnden komme dadurch eine Privilegierung zu, die nicht einleuchtend sei. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip sei auch gewahrt, wenn eine grobe Fahrlässigkeit als Verschuldensmaßstab aufgenommen worden wäre, da selbst ein verschuldensunabhängiger Anspruch diskutiert wurde.71 Nach der Gewinnabschöpfungsmöglichkeit im deutschen Kartellrecht, § 34 GWB, genügt bereits ein fahrlässiges Verhalten. Auch im Rahmen der §§ 812, 285 BGB ist 67

Siehe grundsätzlich zum objektiven Fahrlässigkeitsbegriff im Zivilrecht Grundmann, in: MünchKomm, BGB, § 276 Rn. 50–149; zu Parallelen im Strafrecht Cramer/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 15 Rn. 132 f.; zum Vorsatzerfordernis beim Unterlassensdelikt im Strafrecht, Cramer/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, § 15 Rn. 93. 68 Vgl. Helms, Gewinnherausgabe, S. 24; von Braunmühl, in: BMELV, Kollektive Rechtsdurchsetzung, S. 22. 69 Veil, ZGR 2005, 155 (195). 70 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 112 f. 71 von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 158, 159; Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 113.

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kein vorsätzliches Handeln erforderlich. Die Kondiktionsansprüche aus § 812 BGB beziehen erst auf der Rechtsfolgenseite einen Verschuldensmaßstab mit ein. Schließlich ist auch für das Eingreifen der Emittentenpublizitätshaftung kein vorsätzliches Verhalten erforderlich. Die §§ 37b, c WpHG setzen als Schwelle nur eine grobe Fahrlässigkeit voraus.72 Aus systematischen Gründen kann daher ein Verzicht auf das Vorsatzerfordernis vertreten werden.73 Da ein fahrlässiger Verstoß gegen die Pflichten aus § 15a WpHG nur dann nicht in Betracht kommt, wenn die verpflichtete Person einem nicht vorwerfbaren Rechtsirrtum unterlag, sollte das Verschulden vermutet werden. Hierbei handelt es sich jedoch um eine widerlegbare Vermutung.74 Die Behauptung des Insiders, die Meldepflichten nach § 15a WpHG nicht zu kennen, ist hierbei als vorwerfbarer Rechtsirrtum zu verstehen und damit als Entlastungsgrund unbeachtlich. 4. Bewertung Im Ergebnis ist eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung mit einem Verschuldenserfordernis auszugestalten. Maßgebende Kriterien für den Verschuldensgrad könnten auf der einen Seite die Anreize zur Verfolgungsbereitschaft der Anlegerschutzverbände und auf der anderen Seite eine zu befürchtende Klagenflut sein. Die im Wettbewerbsrecht geäußerten Bedenken dahingehend, dass eine Klagegeltendmachung durch Private, vertreten durch auf eine hohe Vergütung spekulierende Anwälte, zu einer regelrechten „Klagenflut“ führt, könnten auch in Bezug auf das Kapitalmarktrecht Bedeutung erlangen. Damit liegt auf den ersten Blick bei einer privatrechtlichen Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung ein Erfordernis des vorsätzlichen Handelns des Insiders nahe. Dies entspricht auch der mit der Gewinnabschöpfung verbunden Zwecksetzung, einen gewinnbringenden Pflichtenverstoß durch Eliminierung der Anreize zum Rechtsbruch zu verhindern. Andererseits werden bei den sonstigen Gewinnabschöpfungsnormen im deutschen Recht weitgehende Verfolgungsschwierigkeiten aufgrund des Vorsatzerfordernisses geltend gemacht. Deshalb erscheint zumindest unter Praktikabilitätsgesichtspunkten eine Umkehr der Beweislast als zwingend. Wenn die Möglichkeiten der praxisgerechten Handhabung der Gewinnabschöpfung sicher gestellt sind, so sind die Anforderungen der Gewinnabschöpfung möglichst systemkonform auszugestalten. Zu berücksichtigen ist, dass nach 72 73 74

Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007), 553. So auch Medicus, JZ 2006, 805 (810). Veil, ZGR 2005, 155 (195).

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

dem hier vertretenen Modell der Gewinnabschöpfung die Nichtvornahme der Meldepflicht nach § 15a WpHG als unwiderlegliche Vermutung der Verwendung von Insiderwissen gesehen wird. Grundsätzlich liegt der Gewinnabschöpfung damit ein vorsätzlicher Rechtsbruch zugrunde. Die unterlassene Meldung dient lediglich als Anlass für die unwiderlegliche Vermutung, dass vorsätzlich gegen das Verbot des Insiderhandels verstoßen wurde. Bezüglich der Meldepflichten selbst ist das Verschulden widerleglich zu vermuten. Der Verschuldensmaßstab ist in Anlehnung an die gesetzliche Fassung des § 15a WpHG, die sowohl den fahrlässigen als auch den vorsätzlichen Verstoß umfasst, und vor dem Hintergrund der Praktikabilität der Gewinnabschöpfung auf fahrlässiges Verhalten zu begrenzen. Daher genügt bei einer privatrechtlichen kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung im Rahmen von § 15a WpHG ein widerlegbarer Fahrlässigkeitsvorwurf.

C. Gewinnberechnung Die Methode der Gewinnberechnung stellt ein zentrales Problem in der Untersuchung dar. Nachfolgend sollen zwei Modelle der Gewinnberechnung dargestellt werden: zunächst eine Berechnungsmethode, die sich an § 16(b) SEA anlehnt (I.), und sodann die Berechnung mit Hilfe der sog. Kursdifferenzmethode (II.). Es könnte auch auf eine konkrete Berechnung verzichtet und ein Vergleich zu Transaktionen von Nichtinsidern gezogen werden (III.) oder die Gewinnberechnung gänzlich der richterlichen Schätzung überlassen bleiben (IV.). Zu betonen ist an dieser Stelle, dass die Berechnungsmethoden primär für das Modell der Gewinnabschöpfung, welches an § 15a WpHG anknüpft, untersucht werden. So kann einerseits eine Gewinnberechnung durch eine Fristenregelung entsprechend § 16(b) SEA erfolgen, andererseits kann auch die Kursdifferenzmethode angewandt werden.

I. Gewinnberechnung nach der lowest price in/highest price out-Methode Es wird eine abgewandelte Form der im US-amerikanischen Recht geltenden lowest price in/highest price out-Methode vorgestellt. Da das geltende deutsche Kapitalmarktrecht keine spezialgesetzliche Gewinnabschöpfung kennt, existiert auch keine positive Normierung von Berechnungsmethoden für Gewinne, die durch Transaktionen am Kapitalmarkt erwirtschaftet werden. Die allgemeinen Gewinnberechnungsmethoden im deutschen Zivilrecht sowie im Speziellen im Wettbewerbs- und Kartellrecht sind nicht weiterführend, da das Kapitalmarktrecht aufgrund der komplexen Wertbestimmung

C. Gewinnberechnung

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der am Kapitalmarkt gehandelten Wertpapiere mittels unbeständiger und wechselnder Börsenkurse eine eigene Gewinnberechnungsmethode erfordert. Allein das US-amerikanische Recht normiert mit der lowest price in/highest price out-Methode ein Berechnungsmodell für unrechtmäßig erwirtschaftete kapitalmarktrechtliche Gewinne. Die US-amerikanische Methode der Gewinnberechnung als bestehendes und in der Praxis bereits angewandtes Modell soll daher zuvorderst erörtert werden. 1. Inhalt der Methode Die Berechnungsmethode nach § 16(b) SEA beschränkt die Gewinnberechnung auf ein festes Zeitfenster von sechs Monaten, innerhalb dessen sowohl Käufe als auch Verkäufe der entsprechenden Führungsperson vorgenommen worden sein müssen. Die Berechnungsmethode ist nicht von Gesetzes wegen vorgeschrieben, sondern wurde von der Rechtsprechung entwickelt.75 Danach werden – unabhängig von ihrer zeitlichen Folge76 – alle Käufe innerhalb der Sechs-Monatsfrist nach Preisen aufsteigend sowie alle Verkäufe nach Preisen absteigend sortiert. Aus diesen Listen erhält man durch direkte Gegenüberstellung Transaktionsaktienpaare.77 Beim ersten Paket treffen niedrigster Kauf- und höchster Verkaufspreis aufeinander. Transaktionspaare, die rechnerisch keinen Gewinn ergeben, bleiben außer Betracht. Bei den restlichen Transaktionspaaren werden die Differenzen zwischen Verkaufs- und Kaufpreis als Gewinne aufgefasst und zum Gesamtgewinn aufsummiert.78 Innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist des § 16(b) SEA können mehrere 6-Monats-Phasen gebildet werden, die sich auch überlappen dürfen. Zu beachten ist jedoch, dass jede Transaktion nur einmal als Rechnungsposten verwertet werden darf.79 Zu Veranschaulichung soll folgendes Beispiel dienen80: Insider A startet mit 5000 Aktien. Er kauft 1000 weitere zu je 10 US-Dollar, verkauft 1000 zu je 9 US-Dollar, kauft 1000 zu je 8 US-Dollar und verkauft 1000 zu je 7 US-Dollar. Am Ende hält er zwar immer noch 5000 Aktien, hat jedoch 2000 US-Dollar verloren. 75

Smolove v. Delendo Corporation, 136 F.2d 231 (239) (1943). Palmiter, Securities Regulation, S. 385. 77 Vgl. auch die Ausführungen bei Smolove v. Delendo Corporation, 136 F.2d 231, (148) (1943); Sonderquist/Brown/Mendel Mayden, Nuts & Bolts of Securities Laws, S. 444. 78 Hamilton/Motley, Guide to Short-Swing Trading, ¶ 113; Hazen, Securities Regulation, S. 717. 79 Loss/Seligman, Fundamentals of Securities Regulation, § 6-E-4. 80 Vgl. das Berechnungsbeispiel bei Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 1030; zudem bei Sonderquist/Gabaldon, Securities Law, S. 179 f. 76

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

Die Rechtsprechung nimmt aus der Kette der Transaktionen die beiden Transaktionen heraus, die zusammengenommen zu dem für den Insider ungünstigsten Ergebnis führen, in dem hier genannten Beispielsfall also den Verkauf zu je 9 USDollar und den anschließenden Kauf zu 8 US-Dollar je Aktie. Nach der highest price in/lowest price out-Methode ergibt sich damit ein Gewinn von insgesamt 1000 US-Dollar.

Diese Methode ist als eine strenge Variante der Gewinnberechnung zu verstehen, da selbst dann ein Gewinn ermittelt wird, wenn tatsächlich sogar ein Verlust durch alle innerhalb des sechsmonatigen Zeitraums getätigten Transaktionen eingetreten ist.81 Aufgrund dieser Berechnungsmethode kann der Insider folglich dazu verpflichtet werden, eine über den tatsächlich erwirtschafteten Gewinn hinausgehende Summe herauszugeben. Dieses Problem der strafenden Berechnung tritt nicht auf, wenn eine Serie von Käufen erfolgt, die von einem einzelnen anschließenden Verkauf begleitet wird (oder umgekehrt).82 Dann genügt es, die Summe der Kaufpreise zu ermitteln und diese anschließend vom Verkaufspreis abzuziehen.83 Als Argument gegen die strenge Variante der Gewinnberechnung in § 16(b) SEA wird hervorgebracht, dass sich der strafende Charakter nicht mit der auf Ausgleich und Verbesserung abzielenden Zwecksetzung von § 16(b) SEA vereinbaren lasse.84 Die Haftung nach § 16(b) SEA sei vielmehr nach dem Gesetzeswortlaut auf die Herausgabe des gezogenen Gewinns, der durch den Insider realisiert wurde („profit realized“), beschränkt und beinhalte keine zusätzliche Geldstrafe, wie es aber nach der lowest price in/highest price out-Methode der Fall sein kann.85 2. Anwendbarkeit: Maßgeblicher Zeitrahmen Die lowest price in/highest price out-Methode soll innerhalb eines konkreten Zeitrahmens eine praktikable Gewinnberechnung ermöglichen. Bei einer Übertragung der Berechnungsmethode auf eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung im deutschen Recht ist es damit unumgänglich, einen Zeitrahmen zu bestimmen, innerhalb dessen die gewinnbringenden Vergleichstransaktionen vorgenommen worden sein müssen. 81

Smolowe v. Delendo Corp., 136 F.2d 231 (239) (1943); Hamilton/Motley, Guide to Short-Swing Trading, ¶ 113; Hazen, Securities Regulation, S. 717. 82 Hazen, Securities Regulation, S. 717. 83 Für den maßgebenden Zeitpunkt stellt die Rechtsprechung auf die unwiderrufliche Verpflichtung des Käufers oder Verkäufers ab, vgl. Riseman v. Orion Research Inc., 749 F. 2d 915 (918) (1984); Hazen, Securities Regulation, S. 717. 84 Hazen, Securities Regulation, S. 717; Munter, Cornell L.Rev. 52 (1966–1967), 69 (84). 85 Hamilton/Motley, Guide to Short-Swing Tradings, ¶ 113.

C. Gewinnberechnung

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a) Zeitraum von sechs Monaten Das US-amerikanische Recht gibt in § 16(b) SEA einen sechsmonatigen Zeitraum an.86 Zur Begründung können verschiedene Gesichtspunkte angeführt werden: die Dauer der Auswirkung der Insiderinformation auf den Börsenkurs, Praktikabilitätsaspekte sowie die Schutzbedürftigkeit von langfristigen Transaktionen von Unternehmensinsidern. Zunächst ist der Zeitraum von sechs Monaten unter der Annahme gewählt worden, dass Insiderinformationen grundsätzlich innerhalb von sechs Monaten bekannt werden.87 Für den relativ kurzen (willkürlichen)88 Zeitraum von sechs Monaten, in dem ein Insider haftbar gemacht werden kann, sprechen zudem Praktikabilitätsaspekte.89 Schließlich dient die Zeitperiode von sechs Monaten als Basis für eine Einschätzung der Motive des Insiders. Kurzfristige, mit dem Anschein der Spekulation versehene Geschäfte stehen grundsätzlich nicht im Interesse der Gesellschaft. Lediglich langfristige, an der Maximierung des Unternehmenswertes ausgerichtete Geschäfte der Führungspersonen sind förderungswürdig.90 Wenn ein Insider seine Position bzw. den Wertpapierbestand innerhalb des kurzen Zeitraumes von sechs Monaten verändert, so kann angenommen werden, dass der ursprüngliche Wertpapierhandel eine spekulative Transaktion war. Daher ist das Zeitfenster, welches eine Gewinnabschöpfung ermöglichen soll, relativ eng angelegt. Es soll vermieden werden, dass eine Überschneidung mit schützenswerten langfristigen Investitionen stattfindet.91 Diesen Grundgedanken der lowest price in/highest price out-Methode erläutert auch der US-amerikanische Supreme Court:92 „We must suppose that the statute was intended to be thoroughgoing thus to establish a standard so high as to prevent any conflict between the selfish interest 86

Der maßgebliche Zeitrahmen beginnt um 00:01 Uhr an einem Tag und endet um Mitternacht des Tages, der zwei Tage vor dem im Datum dem Anfangstag entsprechenden Tag nach Ablauf von sechs Monaten liegt, vgl. Cohen u. a., Liability under Section 16(b), S. 6: „A period of less than six months therefore commences at 12:01 AM on one day and ends at midnight on the day two days prior to the corresponding date on the sixth succeeding month.“ 87 Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-5. 88 So Dessent, Akron L.Rev. 33 (2000), 481, (497); siehe auch Nachweise bei Veil, ZGR 2005, 155 (173). 89 So der frühere vorsitzende Richter Burger, während seiner Amtszeit als circuit Richter (Nachweis bei Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-9). 90 Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht. 91 Notes, Wm & Mary L.Rev. 18 (1977), 389 (394). 92 Smolove v. Delendo Corporation, Second Circuit 136 F.2d 231 (239) (1943).

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

of a fiduciary officer, director, or stockholder and the faithful performance of his duty. The only rule whereby all possible profits can be surely recovered is that of lowest price in, highest price out within six months . . .“

An der Bemessung des relevanten Zeitrahmens von sechs Monaten wird von zwei Seiten Kritik geübt. Einerseits wird die sog. überschießende Innentendenz von § 16(b) SEA kritisiert. Die Vertreter dieses Kritikpunkts sehen § 16(b) SEA insofern als zu weitgehend an, als durch diese Norm die Manager mit einem Handelsverbot belegt würden.93 Die Kritik bezieht sich insbesondere auf die verschuldensunabhängige Haftung nach § 16(b) SEA. Da eine solche verschuldensunabhängige Gewinnabschöpfung in dieser Untersuchung auch im Rahmen von § 15a WpHG nicht empfohlen werden kann, ist damit auch das Argument der überschießenden Innentendenz entkräftet.94 Andererseits wird bemängelt, § 16(b) SEA umfasse nur einen eng begrenzten Kreis von Konstellationen und lasse damit ein weites Feld des unkontrollierten und unsanktionierten Insiderhandels unberührt.95 Zutreffend wird bemerkt, dass die Fristenregelung von § 16(b) SEA einfach umgangen werden kann. Käufe und Verkäufe oder vice versa, die genau sechs Monate oder mehr auseinander liegen, sind vom Gesetz nicht erfasst, auch wenn diese auf Insiderinformationen beruhen.96 Viele Insider sind nicht auf sofortige Realisierung ihrer Gewinne angewiesen, so dass die Überschreitung des sanktionierten Zeitrahmens problemlos möglich ist.97 Dieser Argumentation ist jedoch entgegen zu halten, dass den Fristenlösungen eine Umgehungsgefahr durch Verstreichenlassen der Frist quasi immanent ist. Mit dieser Argumentation könnte man im Ergebnis jede Fristenlösung verwerfen. b) Zeitraum zwischen Amtsantritt und Amtsniederlegung einer Führungsperson In konsequenter Fortentwicklung der soeben erörterten Idee der Umgehungsgefahr kommt als längste Zeitspanne die Dauer zwischen Beginn und Ende der Insiderposition in Betracht. Sämtliche Gewinne, die seitens des Insiders während seiner Position als Führungsperson erwirtschaftet werden, 93

Siehe hierzu bei Hazen, Securities Regulation, S. 572 m. w. Nachw. Vgl. zum Verschulden Kapitel 7, B., S. 322 ff. 95 Vgl. hierzu auch Palmiter, Securities Regulation, S. 384. 96 Vgl. die Ausführungen der Rechtsprechung in dem Fall Reliance Electric. Co. v. Emerson Electric Co., 404 U.S. 418 (422) (1973); Sonderquist/Brown/Mendel Mayden, Nuts & Bolts of Securities Laws, S. 430. 97 Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 220. 94

C. Gewinnberechnung

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könnten abgeschöpft werden.98 Dies käme einem Handelsverbot gleich, das hier aus genannten Gründen abzulehnen ist.99 c) Zeitraum von einem Jahr vor und nach der unterlassenen Mitteilung Veil schlägt in seinem Modell der Gewinnabschöpfung einen Zeitrahmen von einem Jahr vor und nach der unterlassenen Mitteilung i. S. d. § 15a WpHG vor.100 d) Bewertung An dieser Stelle soll noch keine Entscheidung für oder gegen die lowest price in/highest price out-Methode erfolgen. Es kann jedoch festgehalten werden, dass eine Berechnungsmethode in Anlehnung an § 16(b) SEA auch bei einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung in Betracht kommt. Hierbei ist vorzugswürdig, einen Zeitrahmen von sechs Monaten anzunehmen. Ein Zeitraum zwischen Amtsantritt und Amtsniederlegung ist als zu weit reichend abzulehnen, da dieser einem Handelsverbot entspricht. Dem Insider würde bei dieser Variante das allgemeine Marktrisiko auf zu weit gehende Weise auferlegt. Doch auch mit einem Modell, das einen Berechnungszeitraum von einem Jahr vor und nach der unterlassenen Mitteilung vorsieht, ist eine übermäßige Aufbürdung des allgemeinen Marktrisikos auf den Insider verbunden. Dies steht insbesondere nicht in Relation zu der Tatsache, dass die Informationen, die dem Markt durch Meldungen nach § 15a WpHG zugänglich gemacht werden, grundsätzlich nach wenigen Tagen in den Preis der Wertpapiere inkorporiert werden – darauf ist zurückzukommen.101 Ein Zeitraum von sechs Monaten erscheint folglich als Mittelweg angemessen. Es gilt darüber hinaus zu beachten, dass – wegen des möglichen Tauschs von Kaufs- und Verkaufszeitpunkt – sich rechnerisch ein Gewinn ergeben kann, auch wenn der Insider insgesamt ein Verlustgeschäft getätigt hat.

98

Fried, S.Cal.L.Rev. 71 (1997–1998), 303 (344). Vgl. hierzu näher die Ausführungen unter Kapitel 4, C.III., S. 184 ff. 100 Veil, ZGR 2005, 155 (196). 101 Vgl. Kapitel 7, C.II.2.c)bb)(3), S. 348 ff. 99

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

II. Gewinnberechnung in Anlehnung an die Kursdifferenzmethode: Kursdifferenzgewinn Eine weitere Gewinnberechnungsmethode kann durch einen Vergleich mit dem Schadensersatzrecht gewonnen werden. Die Berechnungsmethode für kapitalmarktrechtliche Schäden könnte in umgekehrter Form auch für die Gewinnberechnung herangezogen werden.102 Auch wenn diese Berechnungen aus dem Schadensersatzrecht resultieren und damit primär zivilrechtliche Sanktionen betreffen, so können sie auf die Gewinnabschöpfung übertragen werden, so dass die Berechnung eines Kursdifferenzgewinns sowohl bei der privatrechtlichen als auch bei der administrativen Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda gilt. 1. Naturalrestitution und Differenzschaden a) Berechnungsvarianten nach § 249 BGB Bei der Berechnung des Schadens bieten sich die schadensrechtlichen Grundmodelle in Gestalt der Naturalrestitution sowie in Gestalt des Differenzschadens an, § 249 BGB. Bei der Naturalrestitution hat der Anleger einen Anspruch auf die Herstellung des status quo ante und damit auf Rückabwicklung des Wertpapiergeschäfts.103 Im Rahmen des Differenzschadens kommt dem Anleger lediglich ein Ersatzanspruch in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Preis zu, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte.104 Nach der Differenzhypothese kommt es auf den Vergleich zweier Vermögenslagen an: Der tatsächliche Vermögenswert ist mit demjenigen Wert zu vergleichen, der sich ergeben hätte, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre.105 Ergibt sich aus diesem Vergleich ein negativer Saldo, liegt ein Schaden vor.106 102 Vgl. Ashe/Murphy, Insider Dealing, S. 115: „(. . .) The legisation does not, as in the case of the compensation provision, link the account to the hypothetical price differential at the time of the deal. Logically it should be the profit arising as a result of the inside information.“ 103 BGH, ZIP 2004, 1593 (1597); BGH, NJW 2005, 2450 (2453); Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, S. 413. 104 Zuzüglich eines Ersatzanspruchs der steuerlichen Nachteile, vgl. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 333; Fleischer, BB 2002, 1869 (1870); Sethe, in: Assmann/ Schneider, WpHG, §§ 37b, c, Rn. 119 ff., 123 ff. 105 Oetker, in: MünchKomm, BGB, § 249 Rn. 16 ff. m. w. Nachw.; Looschelders, Schuldrecht AT, Rn. 879. 106 Looschelders, Schuldrecht AT, Rn. 879.

C. Gewinnberechnung

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b) Schadensersatzansprüche wegen Verstoßes gegen kapitalmarktrechtliche Verhaltens- und Publizitätspflichten Im Kapitalmarktrecht werden für die Schadensberechnungsmethode, je nach Anspruchsgrundlage, unterschiedliche Lösungen vertreten. Die §§ 37b, c WpHG enthalten keine Regelung zur Berechnung des zu ersetzenden Schadens. Auch in der Gesetzesbegründung findet sich kein Hinweis darauf, wie der konkrete Schaden bei der Verletzung der Publizitätspflicht zu ermitteln ist. Konsens besteht in der Literatur hinsichtlich der Tatsache, dass lediglich das negative Interesse zu ersetzen ist.107 Es verbleibt die Wahl zwischen der Naturalrestitution und dem Wertausgleich. Die konkrete Art der Berechnung des Schadens ist jedoch umstritten. Einerseits könnte dem Anleger eine Naturalrestitution durch Rückabwicklung des Wertpapiergeschäfts zugestanden werden.108 Nach herrschender Lehre ist hingegen grundsätzlich nur der Kursdifferenzschaden zu ersetzen.109 Die Rechtsprechung hat sich im Rahmen der §§ 37b, c WpHG noch auf keine Berechnungsmethode festgelegt. Am 9.5.2005 hat der BGH110 zum ersten Mal zur Berechnung von Schäden am Kapitalmarkt, genauer bei Anlegerschäden, Stellung genommen. Danach steht dem Kläger im Rahmen des § 826 BGB ein Wahlrecht zwischen Naturalrestitution und Kursdifferenzschaden zu.111 Der Anleger soll so gestellt werden, „wie er stehen würde, wenn die für die Veröffentlichung Verantwortlichen ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen Mitteilung nachgekommen wären“.112 Dies mag in Anbetracht des Eingriffs in die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Anlegers und der schädigenden Handlung selbst nicht unbillig erscheinen. Es ist jedoch zu beachten, dass demjenigen, der zur Rückabwicklung verpflichtet ist, einseitig das Risiko von Kursschwankungen aufgebürdet wird.113 Bei der Restitutionslösung trägt der 107 Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, c Rn. 123; zur bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung siehe auch BGHZ 71, 284 (291); 72, 382 (389); 79, 337 (346). 108 Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932 (939 f.); Leisch, ZIP 2004, 1573 (1578 f.); Möllers/Leisch, BKR 2002, 1071, 1072 ff. 109 Fleischer, BB 2002, 1869 (1871); Fleischer, DB 2004, 2031 (2035); Fuchs/ Dühn, BKR 2002, 1063 (1069); Kümpel/Veil, WpHG, S. 228; Sethe, in: Assmann/ Schneider, WpHG, §§ 37b, c, Rn. 123, Fn. 1; Zimmer, in: Schwark, Kapitalmarktrechtskommentar, §§ 37b, c WpHG Rn. 86 ff. 110 BGH, NJW 2005, 2450 („EMTV“), dazu Fleischer, ZIP 2005, 1805. 111 BGHZ 160, 149 (153); BGH, NJW 2004, 2668 (2669); BGH, NJW 2005, 2450 (2451); siehe auch Weber, NJW 2005, 3682 (3686); kritisch hierzu: Hutter/ Stürwald, NJW 2005, 2428 (2430). 112 BGHZ 160, 149 (153). 113 Baums, ZHR 167 (2003), 139 (185 ff.); Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 335.

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

Schädiger dieses Risiko bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.114 Jedoch kann die unproblematische Berechnung und Abwicklung bei der Restitution als gewichtiger Vorteil gegenüber der komplexen Bestimmung eines hypothetischen Marktwertes – hierzu sogleich – hervorgehoben werden.115 c) Rekurs auf den Schutzzweck der Norm Die Frage, ob das allgemeine Kursrisiko bei der Berechnungsmethode einbezogen werden soll, kann auch unter Rekurs auf den Schutzbereich der Norm beantwortet werden.116 Die jeweiligen Haftungsnormen sind im Rahmen einer Abgrenzung der Risikobereiche daraufhin zu untersuchen, ob das allgemeine Marktrisiko eher dem Insider oder dem Aktivlegitimierten auferlegt werden sollte. Bei der Haftung im Rahmen des § 826 BGB handelt es sich um eine solche wegen vorsätzlich-sittenwidriger Schädigung, so dass es vertretbar ist, den Ersatzverpflichteten das Risiko schwankender Kurse tragen zu lassen. „Im Rahmen der Haftung nach § 826 BGB ist nicht etwa nur der Differenzschaden, d.h. der Unterschiedsbetrag zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, zu ersetzen; der Anleger kann vielmehr Naturalrestitution in Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien verlangen.“117

Nach den §§ 37b, c WpHG wird hingegen schon bei grober Fahrlässigkeit gehaftet, was gegen eine zu weite Zuweisung des allgemeinen Kursrisikos an den Schädiger und damit für eine Differenzhaftung spricht.118 d) Bewertung und Übertragung auf die kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda Bei Übertragung dieser Überlegungen auf eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung ergibt sich sowohl für deren zivilrechtliche als auch für deren administrative Ausgestaltung Folgendes: Zunächst ist eine Restitutionslösung nur schwer realisierbar, da der Insider beispielsweise im Falle 114 Dieser Aspekt ist erheblicher Kritik ausgesetzt, Baums, ZHR 167 (2003), 139 (187); Fleischer, BB 2002, 1869 (1872); Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063 (1069). 115 So Vogler, Fehlerhafte Aktienanalyse, S. 322. 116 Für §§ 37b, c WpHG ablehnend: Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 335. 117 So der BGH, ZIP 2004 1593 (1594); Fleischer, BB 2002, 1869 (1874); zu der Vermutung, dass der Anleger in den meisten Fällen die Restitutionslösung wählt: Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, S. 413. 118 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 335.

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des Verkaufs von Aktien den erhaltenen Verkaufspreis herauszugeben hätte, im Gegenzug jedoch Aktien des Emittenten erhalten müsste. Sofern der Transaktionspartner nicht näher qualifiziert werden kann, ist eine „Rückerstattung“ von Aktien an den Insider nicht praktikabel. Das Gleiche gilt für den Fall, dass der Insider einen Wertpapierkauf getätigt hat. Zwar könnte zur Verbesserung der Prävention auf die Rückerstattung der Aktien bzw. des Kaufpreises verzichtet und von dem Insider quasi in einer strafenden Berechnung verlangt werden, einseitig das Transaktionsgeschäft rückabzuwickeln. Dies widerspricht jedoch der zivilrechtlichen Dogmatik, die bei einer Rückabwicklung einen Anspruch auf die jeweils erbrachte Leistung zuerkennt. Gegen eine Restitutionslösung spricht schließlich auch die Tatsache, dass nach dem hier vertretenen Modell der zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung bereits fahrlässiges Verhalten des Insiders bezüglich der Nichtvornahme der Meldungen nach § 15a WpHG genügt.119 Die Kursdifferenzhaftung ist folglich aufgrund der geringeren Aufbürdung des allgemeinen Marktrisikos auf den Insider auch unter Rekurs auf den Schutzzweck der Gewinnabschöpfung im Rahmen von § 15a WpHG einer Restitutionslösung vorzuziehen. 2. Berechnung des Kursdifferenzgewinns a) Berechnungsmethode Der Gewinn könnte aus der Differenz des Kaufpreises (auf den sich die Insiderinformation nicht ausgewirkt hat) und dem „wahren“ oder auch hypothetischen Wert des Wertpapiers, den es gehabt hätte, wenn Information zum Zeitpunkt der Transaktionstätigung öffentlich bekannt gewesen wäre, ermittelt werden.120 Grundsätzlich ist dieser „wahre“ Wert nur mittels einer Hypothese zu bestimmen. b) Anwendungsfälle der Kursdifferenzmethode im US-amerikanischen und deutschen Recht Die Kursdifferenzmethode wird nicht nur in der Theorie zur Berechnung kapitalmarktrechtlicher Schäden bzw. Gewinne herangezogen, sondern hat sich bereits in der Praxis des US-amerikanischen und deutschen Kapitalmarktrechts bewährt. 119

Siehe zum Verschulden Kapitel 7, B., S. 322 ff. Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 333; König, Verbot von Insiderhandel, S. 19; Fleischer, BB 2002, 1869 (1874); Näheres zum sog. Kursdifferenzschaden unter Kapitel 7, C.II.2., S. 343. 120

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

Im US-amerikanischen Recht ist im Rahmen des Privatklagerechts aus § 20A SEA die Theorie entwickelt worden, dass jeder Kläger den Betrag erhalten soll, der zur vollständigen Kompensation nötig ist, d.h. die Differenz zwischen tatsächlichem Kauf- bzw. Verkaufskurs und einem hypothetischen Kurs, der sich bei pflichtgemäßer Bekanntgabe der Information ergeben hätte.121 Auch bei Gewinnabschöpfungsverfahren durch die SEC berechnet sich der Gewinn im Sinne dieses Kursdifferenzschadens.122 Schließlich ist im Rahmen von Rule 10b-5 die sog. out-of-pocket Methode verbreitet, wonach auf die Differenz zwischen dem gezahlten oder erhaltenen Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert zum Zeitpunkt des Kaufs oder Verkaufs abgestellt wird.123 Im deutschen Recht ist im Rahmen der Differenzhaftung nach §§ 37b, c WpHG auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Wert des Papiers bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten abzustellen.124 c) Ermittlung der Parameter der Differenzhypothese aa) Erster Wert: Kaufpreis Die folgende Untersuchung dient einer näheren Bestimmung der beiden Verrechnungsgrößen. Als ein fester Wert ist zunächst der der Wertpapiertransaktion des Insiders zugrunde liegende Kaufpreis zu nennen.125 121 „In an insider trading case, the proper amount of disgorgement is generally the difference between the value of the shares when the insider sold them while in possession of the material, non-public information, and their market value a reasonable time after public dissemination of the inside information“, S.E.C. v. Happ, 392 F.3d 12 (30) (2004); Avgouleas, The Mechanics and Regulation of Market Abuse, 492, Langevoort, Insider Trading Regulation, S. 272; siehe zu § 20A bereits Kapitel 3, A.I.2.b)aa)(1), S. 133 ff. 122 Hausmaninger, Insider Trading, S. 274; zur Kritik an dieser Berechnungsmethode: König, Verbot von Insiderhandel, S. 227; siehe zum Gewinnabschöpfungsverfahren durch die SEC Kapitel 3, A.I.1.c)bb), S. 108 ff. 123 Sonderquist/Gabaldon, Securities Law, S. 165; Näheres zu § 10(b) SEA i. V. m. Rule 10b-5 unter Kapitel 3, A.I.2.b)aa)(2), S. 135 ff. 124 Fleischer, BB 2002, 1869 (1874); Hutter/Stürwald, NJW 2005, 2428 (2431); Plück/Kühn/Schmutzler, Kapitalmarktrecht, S. 104; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, c, Rn. 79 ff., 125; Weber, NJW 2005, 3682 (3686); siehe auch Kapitel 7, C.II.1.b), S. 341. 125 Als Beginn des maßgeblichen Berechnungszeitraumes wird teilweise auch vorgeschlagen, auf den Tag abzustellen, an dem die letzte unternehmensspezifische Information veröffentlicht wurde, bevor die unterlassene Information nachgeholt

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bb) Zweiter Wert: Hypothetischer „wahrer“ Wert des Wertpapiers Schwierigkeiten bereitet die Ermittlung des „wahren“ Werts der Wertpapiere zum Zeitpunkt der Transaktion. Zur genauen Wertberechnung der Wertpapiere können die Methoden der modernen Finanztheorie herangezogen werden. Danach unterstellt man grundsätzlich die Effektivität der Kapitalmärkte. So kann davon ausgegangen werden, dass sich relevante Informationen zeitnah nach der Veröffentlichung auf den Börsenkurs auswirken.126 Nach der Theorie semi-effizienter Kapitalmärkte127 haben neue, fehlerhafte Informationen auch Auswirkungen auf die Kurse von Wertpapieren, sofern den Anlegern die Fehlerhaftigkeit der Informationen nicht auffällt.128 Ebenso kann eine fehlende Information den Marktpreis beeinflussen, da die Erwartungen über zukünftige Ausschüttungen in Form von Dividenden nicht angepasst werden können. Die Auswirkungen, die eine fehlerhafte bzw. eine fehlende Kapitalmarktinformation auf den Kurs von Wertpapieren hat, lässt sich durch einen Vergleich des Wertpapierkurses vor und nach der Berichtigung bzw. Bekanntgabe der Information ermitteln. Maßgebend ist damit die in dem relevanten Zeitraum zwischen den beiden Zeitpunkten der Kursmessung erzielte Rendite.129 So hat der BGH im Rahmen des § 826 BGB festgestellt, dass es auf die Kursbewegung nach tatsächlicher Bekanntgabe der entsprechenden Information ankommt. Der Kaufpreis ist mit dem bereinigten Erwerbs- oder Veräußerungspreis zu verrechnen, auf den „vermittels rückwärtiger Induktion“ aus dem Betrag geschlossen werden kann, der sich unmittelbar nach Bekanntwerden der wahren Sachlage ergibt.130 Dem tatsächlichen Kurs nach Ablauf eines angemessenen Zeitraumes nach Absorption der zutreffenden Information durch den oder die fehlerhafte Information berichtigt wurde, Reifschneider, Informationeller Anlegerschutz, S. 150. Als Begründung lässt sich anführen, dass die letzte veröffentlichte Information Grundlage der folgenden Transaktionsentscheidungen der Investoren darstellt. Sie kennzeichnet quasi den „aktuellen“ Informationsstand der Investoren über den Emittenten. Dies ist jedoch mit einer weit reichenden Haftung verbunden, da dem Schädiger das allgemeine Marktrisiko in weitem Umfang auferlegt würde. 126 Escher-Weingart/Lägeler/Eppinger, WM 2004, 1845 (1849 ff.); König, Verbot von Insiderhandel, S. 227; grundlegend auch: Sauer, ZBB 2005, 24 (30 ff.); Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, c, Rn. 79 ff.; siehe bereits die Ausführungen unter Kapitel 2, A.I.2.a)bb), S. 52 ff. 127 Vgl. hierzu Kapitel 2, A.I.2.a)bb), S. 52 f. 128 Reifschneider, Informationeller Anlegerschutz, S. 141. 129 Fama/French, Journal of Finance 1996, 55 (72 ff.); Reifschneider, Informationeller Anlegerschutz, S. 144; zu den einzelnen Modellen zur Erklärung der Preisbildung auf Kapitalmärkten siehe die Studie von Rau, Directors’ Dealings, S. 54 ff. 130 BGH, NJW 2005, 2450 (2454).

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

Markt kommt folglich Indizwirkung hinsichtlich der Festlegung des wahren Wertes im Sinne der hypothetischen Kursentwicklung zu.131 Diese Gewinnberechnung ist auch im US-amerikanischen Recht bei Gewinnabschöpfungsverfahren durch die SEC gängig. In der Entscheidung des First Circuit, SEC v. MacDonalds132 hat das Gericht folgende Berechnungsmethode angewandt: Der abzuführende Vorteil wurde auf die Höhe des Kursanstiegs vom Tag des Ankaufs des entsprechenden Papiers bis zu einem Zeitpunkt kurz nach Veröffentlichung der Information, in deren Kenntnis der Insider gehandelt hat, beschränkt.133 Diese Berechnungsmethode führt zu dem teilweise als ungerecht empfundenen Ergebnis, dass der Insider im Falle eines nach diesem Zeitpunkt erfolgenden Kursanstiegs durch einen Verkauf einen höheren Gewinn erzielt, als er abzuführen hat. Im umgekehrten Fall, wenn der Insider die Papiere nach einem Sinken des Kurses verkauft, muss er einen Betrag abführen, der über seinem tatsächlich erlangten Gewinn liegt.134 Der Insider trägt also das allgemeine Kursrisiko. Als Zwischenergebnis für die Differenzhypothese lässt sich festhalten: Die Höhe des abzuschöpfenden Gewinns ist in der Praxis grundsätzlich die Differenz zwischen dem Wert der Aktien zu dem Zeitpunkt, zu dem der Insider diese in Kenntnis von Insiderinformationen ge- oder verkauft hat, und dem „wahren“ Wert, für dessen Ermittlung der Marktwert von Bedeutung ist, der nach Bekanntwerden der Insiderinformation zuzüglich eines angemessenen Zeitablaufs eintritt. Eine spätere entgegengesetzte Transaktion des Insiders bleibt unbeachtlich. (1) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung des wahren Wertes: Konkreter Zeitpunkt oder Durchschnittsberechnung Es bleibt die Frage zu beantworten, welcher Tag für die Ermittlung des „wahren“ Wertes heranzuziehen ist. Es wird der Tag, der dem Tag des Bekanntwerdens der relevanten Information folgt, als maßgebender Zeitpunkt angesehen.135 Andere Vorschläge zielen auf eine Gegenüberstellung der 131 Fleischer, BB 2002, 1869 (1874); Hausmaninger, Insider Trading, S. 274; König, Verbot von Insiderhandel, S. 19; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, c, Rn. 79. 132 SEC v. MacDonald, 699 F. 2d 47 (54 f.) (1983): „a reasonable time after public dissemination of the inside information“; Ferrara/Nagy/Thomas, Ferrara on Insider Trading, § 4.01 (2); Winer, § 18.10 Disgorgement, S. 2. 133 SEC v. McDonald, 699 F. 2d 47 (55) (1983). 134 Siehe auch Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 322. 135 Fleischer, BB 2002, 1869 (1873) m. w. Nachw.; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, c, Rn. 79.

C. Gewinnberechnung

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Werte zum Zeitpunkt des Kaufvertrages und zum Zeitpunkt des letzten Termins der mündlichen Verhandlung ab. Es kann auch ein Zeitpunkt nach Ablauf einer konkreten Zeitspanne nach der Verletzerhandlung (hier die nicht mitgeteilte Transaktion) festgesetzt werden. Ferner kommt der Zeitpunkt in Betracht, nachdem der Kläger von der Pflichtverletzung erfahren hat, zuzüglich einer gewissen Zeitspanne.136 An diesen Vorschlägen ist die Kritik anzubringen, dass die Festsetzung eines konkreten Zeitpunktes stets dem Risiko ausgesetzt ist, dass der Kurs zu diesem Zeitpunkt externen Einflüssen ausgesetzt ist. Da die Kapitalmarkteffizienz nicht in jeder Konsequenz besteht137, muss bedacht werden, dass beobachtete Kursänderungen nicht nur aus dem in Frage stehenden Ereignis resultieren können.138 Kurse können auch entweder absichtlich manipuliert sein oder aus anderen Gründen vom Gleichgewichtspreis abweichen. Daher stellt der Börsenkurs nicht unbedingt eine zuverlässige Größe dar, wenn es um die Höhe des Gewinns oder des Schadens bei Haftungsfragen geht. Die Fristenlösung für die Schadens- bzw. Gewinnberechnung wird von manchen Autoren auch generell verworfen, da sie unzulänglich und zu wenig konkretisiert sei.139 Ein konkreter Zeitpunkt des Bekanntwerdens einer Information könne regelmäßig auch nicht bestimmt werden. Dennoch überzeugen auch die alternativen Berechnungsmethoden des Gewinns nicht: die Schätzung durch den Richter i. S. d. § 287 Abs. 2 ZPO und Vergleich mit Transaktionen von Nichtinsidern.140 Daher verbleibt nur die Möglichkeit der Heranziehung des Börsenkurses trotz der damit verbunden Gefahr des Einbezugs des allgemeinen Marktrisikos. An der Börse lassen sich bestimmte Phänomene beobachten, die dafür sprechen, nicht einen konkreten Kurs zu einem konkreten Zeitpunkt als Berechnungsgrundlage heranzuziehen, sondern vielmehr einen Durchschnittswert zu bilden. Zunächst lassen sich oftmals vor der Bekanntgabe von Informationen Kursbewegungen feststellen, die vermutlich auf Transaktionen von Insidern zurückzuführen sind.141 Der Kurs reagiert auch nicht sofort auf die neu veröffentlichte Information, sondern braucht in aller Regel ei136 Vgl. zum Ganzen die Ausführungen bei Jacobs, Disclosure and Remedies under Securities Laws, 20–45, 46. Zu der ähnlich gelagerten Diskussion um die Einordnung der „gleichzeitig“ handelnden Anleger: D’Amato, Wis.L.Rev. 1989, 1433 (1450); Dorfman, § 5.04 Implied Civil Liabilities under Section 10(b) SEA and Rule 10b-5, S. 37. 137 Siehe hierzu genauer Kapitel 2, A.I.2.a)bb), S. 52 ff. 138 Weber, ZGR 2004, 280 (290). 139 Vgl. hierzu auch Vogler, Fehlerhafte Aktienanalyse, S. 324. 140 Zu der richterlichen Schätzung siehe Kapitel 7, C.V., S. 356; zu dem Vergleich mit Transaktionen von Nichtinsidern siehe Kapitel 7, C.IV., S. 355. 141 Baever, Acc. Rev. 77 (2002), 453 (460).

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

nige Tage oder Wochen, um sich auf das neue Niveau einzupendeln. Schließlich ist eine Überreaktion der Anleger auf mehrere gleichgerichtete Nachrichten über ein Unternehmen zu verfolgen. Der Grund hierfür wird in der Tatsache vermutet, dass die Investoren die Informationen der Vergangenheit zu unkritisch in die Zukunft übertragen.142 Diese nur beispielhaft dargestellten Phänomene zeigen, dass sowohl zu schwache als auch zu starke Berücksichtigungen bekannter Informationen im Aktienkurs zu beobachten sind. Den sog. drifts nach einer Informationsveröffentlichung könnten Durchschnittsberechnungen des Aktienkurses entgegenwirken. Die Durchschnittsberechnungen ermöglichen eine näherungsweise Feststellung des wahren Wertes der Aktien. Zudem trägt eine Berechnung anhand der durchschnittlichen Kurswerte zur einer Nivellierung der externen kursbeeinflussenden Faktoren bei.143 Wie eine solche Durchschnittsberechnung erfolgen kann, ist noch nicht abschließend geklärt. Fest steht, dass eine möglichst lange Zeitspanne kurzzeitige Preisschwankungen ausgleicht bzw. außer Acht lässt. Im Gegenzug sind bei längeren Zeiträumen Einflüsse durch andere, neue Informationen zu befürchten.144 (2) Beginn des relevanten Berechnungszeitraums für die Durchschnittsberechnung Als Beginn des Berechnungsszeitraums ist in Anlehnung an die Berechnungsmethode des BGH bei fehlerhafter Information die (nachgeholte) Veröffentlichung der Meldung nach § 15a WpHG zu nennen. Sofern diese ausbleibt, in der Zwischenzeit jedoch eine Ad-hoc-Veröffentlichung stattgefunden hat, ist auf die Publizierung dieser (der nicht gemeldeten Insidertransaktion zugrunde gelegenen) Information abzustellen. (3) Ende des maßgeblichen Berechnungszeitraumes für die Durchschnittsberechnung Als Ende des relevanten Beobachtungszeitraums sind verschiedene Varianten aufzuzeigen. Nach dem Gesetzesvorhaben im Rahmen des KapInHaG sollte nur ein solcher Schaden ausgeglichen werden, der sich als Unter142

LaPorta/Lakonishok/Shleifer/Vishny, JoF 52 (1997), 859 (859). Vgl. zur Durchschnittsberechnung auch Reifschneider, Informationeller Anlegerschutz, S. 145 ff. 144 Reifschneider, Informationeller Anlegerschutz, S. 148; Weber, ZGR 2004, 280 (292). 143

C. Gewinnberechnung

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schiedsbetrag zwischen dem Kauf- oder Verkaufspreis und dem gewichteten durchschnittlichen inländischen Börsenpreis des Finanzinstruments während der ersten dreißig Tage nach dem öffentlichen Bekanntwerden, dass die Angaben unrichtig waren oder Umstände verschwiegen wurden, ergibt.145 Begründet wurde diese Berechnungsweise, deren Gewichtung auch an § 5 WpAngV angelehnt ist, mit der Bedeutung der an verschiedenen Tagen gehandelten Volumina bei der Preisberechnung. Zwar wird dieser Berechnungsmethode zugute gehalten, dass sie auf die bei Bekanntwerden der Pflichtverletzung festgestellte Kursbewegung abstellt146, dennoch wird eine „holzschnittartige“147 Ausgestaltung kritisiert. Im US-amerikanischen Recht wirkt die Regelung in § 21D(e) SEA 1934 einer allzu weitgehenden Haftung entgegen. Bei einem Schadensersatzanspruch darf der zu ersetzende Betrag nicht höher sein als die Differenz zwischen dem Kauf- oder Verkaufspreis, den der Kläger für das entsprechende Wertpapier gezahlt hat, und dem durchschnittlichen Kurs des Wertpapiers binnen 90 Tagen nach der Korrektur der Falschmeldung.148 (4) Bewertung Die aufgeführten Berechnungszeitpunkte bedürfen einer Bewertung. Sowohl § 21D(e) SEA als auch der Entwurf des KapInHaG beinhalten Durchschnittsberechnungen, um externe Einflüsse zu minimieren. Es werden zur Durchschnittsberechnung die Zeitpunkte der (nachgeholten) Veröffentlichung der Information und des Ablaufs einer darauf folgenden Zeitspanne der Kursanpassung von 30 bzw. 90 Tagen festgesetzt. Die Berechnungsmethode des durchschnittlichen Börsenkurses scheint sich in der Praxis bereits bewährt zu haben, so dass sie für eine Gewinnabschöpfung übernommen werden sollte. Zu klären bleibt aber, wie lange die Zeitspanne der Kursanpassung für die kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung zu bemessen ist. Hierfür ist auf das Modell der Gewinnabschöpfung und den damit verfolgten Sanktionszweck abzustellen. 145 Begr. DiskE KapInHaG zu § 37a Abs. 4, NZG 2004, 1042 (1048); vgl. auch Veil, BKR 2005, 91 (96). 146 Vgl. Veil, BKR 2005, 91 (96). 147 So Veil, BKR 2005, 91 (96). 148 Sonderquist/Gabaldon, Securities Law, S. 165; Lev/Villiers, Stan LR 47 (1994), 7 (13–17); Dorfman, § 5.04 Implied Civil Liabilities under Section 10(b) SEA and Rule 10b-5, S, 37; für eine Einführung auch im deutschen Recht sprechen sich unter anderem aus: Baums, ZHR (167) 2003, 139, 188 f. und 190; Rössner, AG-Report 2003, R 16, R 17.; ablehnend hingegen: Vogler, Fehlerhafte Aktienanalyse, S. 323.

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

(a) Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei unterlassener Meldung nach § 15a WpHG Ein Modell, das an die Veröffentlichungspflichten nach § 15a WpHG anknüpft, müsste der Durchschnittsberechnung den Zeitpunkt der nachgeholten Veröffentlichung bei Directors’ Dealings und einen Zeitpunkt nach Ablauf einer angemessenen Zeitspanne zugrunde legen. Es stellt sich damit die Frage, wie schnell sich die Meldungen nach § 15a WpHG auf den Börsenkurs auswirken. Hierfür können Untersuchungen hilfreich sein, die sich auf die Überprüfung von Existenz und Ausmaß eines sog. Ankündigungseffekts von nach § 15a WpHG veröffentlichten Wertpapiergeschäften beziehen. Eine Verfolgung der Kurse und Umsatzentwicklungen am Tag der öffentlichen Bekanntgabe und den unmittelbar darauf folgenden Tagen ist für die Bestimmung der Preisanpassungsspanne erforderlich. Folgende Ergebnisse können diesbezüglich festgestellt werden: Die Preisanpassungsprozesse bei den von Insidern gekauften Papieren sind im Wesentlichen innerhalb von zwei Tagen nach der Veröffentlichung abgeschlossen. Bei den Verkäufen sind hingegen noch nach mehreren Tagen abnorme Handelsumsätze erkennbar.149 Das Ausmaß des Ankündigungseffekts einer Meldung nach § 15a WpHG korreliert negativ mit der durch den Marktwert des Eigenkapitals wiedergegebenen Unternehmensgröße. Bei kleineren Unternehmen fallen die Kurs- und Umsatzreaktionen deutlich stärker aus als bei größeren Emittenten.150 Aufgrund der relativ kurzen Dauer eines Preisanpassungsprozesses ist eine 90-Tages-Zeitspanne in Anlehnung an das US-amerikanische Recht zu lang bemessen. Auch die 30-Tages-Spanne nach dem Entwurf zum KapInHaG erscheint gegenüber einer Preisanpassung der Meldungen nach § 15a WpHG innerhalb von zwei Tagen noch unangemessen lang. Die 30-TagesRegelung zielt auch nicht auf die unterlassenen Meldungen bei Directors’ Dealings ab, sondern fokussiert die unterlassenen oder fehlerhaften Ad-hocMeldungen. Die Auswirkungen einer Meldung nach § 15a WpHG im Vergleich zu Ad-hoc-Meldungen nach § 15 WpHG sind unterschiedlich heftig. Daher könnte eine kürzere Preisanpassungszeitspanne angemessener erscheinen. Eine Festsetzung von zwei Tagen als maßgeblicher Zeitraum für die Durchschnittsberechnung wäre sicher zu knapp, um den wahren Wert zu ermitteln. Denn kurz nach Veröffentlichung der entsprechenden Information ist mit einer Überreaktion der Anleger zu rechnen. Diese Überreaktion darf kein unangemessen hohes Gewicht bei der Durchschnittsberechnung erlangen, was eine entsprechende Ausgleichsphase erforderlich macht. Diese 149 150

Rau, Directors’ Dealings, S. 216 f. Rau, Directors’ Dealings, S. 217, 222 ff.

C. Gewinnberechnung

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Ausgleichsphase darf jedoch nicht zu lang bemessen sein, da andernfalls dem Insider das allgemeine Marktrisiko mit der Gefahr externer Einflüsse auf den Börsenkurs in zu weitreichender Weise auferlegt würde. Bei einem Modell der Gewinnabschöpfung, welches an unterlassene Mitteilungen nach § 15a WpHG anknüpft, ist jedoch Folgendes zu beachten. Sofern Insider Transaktionen tätigen und hierbei die Meldung nach § 15a WpHG unterlassen, kann von einem Handeln in Kenntnis von Insiderwissen ausgegangen werden. Daher ist zu erwarten, dass diesen Transaktionen der Insider auch eine Veröffentlichung der relevanten Insiderinformation in Gestalt der Ad-hoc-Mitteilung in gewissem zeitlichem Abstand folgt. Der Kaufpreis könnte für den Fall, dass eine Ad-hoc-Mitteilung auf die Pflichtverletzung in Gestalt der unterlassenen Mitteilungen nach § 15a WpHG folgt, mit dem Wert der Aktien nach Mitteilung der Ad-hoc-Information und dem Wert der Aktien bei Vornahme der entsprechenden Transaktion verglichen werden. Sofern eine Ad-hoc-Veröffentlichung in einem gewissen Zeitabstand erfolgt, kann die Nichtveröffentlichung der Directors’ Dealings erst recht als ein Indiz für das Vorliegen einer Transaktion mit Insiderwissen gewertet werden. Hier sollte daher nicht auf die nachgeholte Veröffentlichung der Meldung nach § 15a WpHG, sondern auf die Veröffentlichung der Ad-hoc-Meldung abgestellt werden. In diesem Fall bietet sich auch an, eine Preisanpassungsspanne von dreißig Tagen in Anlehnung an die Überlegungen im Rahmen des KapInHaG anzusetzen. Für den Fall, dass eine Ad-hoc-Meldung den nicht gemeldeten Eigengeschäften von Führungspersonen nachfolgt, ist daher die Kursdifferenz zwischen der Vornahme der Transaktion und dem durchschnittlichen Börsenkurs seit Veröffentlichung der ad-hoc-publizitätspflichtigen Tatsache zuzüglich dreißig Tage zu errechnen. Es ist jedoch nicht gesichert, dass auf Directors’ Dealings auch stets eine Ad-hoc-Mitteilung folgt. Auch wenn den Directors’ Dealings der Anschein einer Insidertransaktion anhaftet, so kann die Information, welche den Führungspersonen bei Vornahme der Transaktion bekannt ist, auch unter der Schwelle einer Insiderinformation liegen.151 Bei der Nichtveröffentlichung von Directors’ Dealings, denen auch keine Veröffentlichung einer Ad-hocInformation folgt, ist auf den Wert der Aktien zum Zeitpunkt der Transaktion und dem Wert der Aktien zum Zeitpunkt der Nachholung der Veröffentlichung nach § 15a WpHG abzustellen. Es erscheint angemessen, aufgrund der geringeren Auswirkungen von Meldungen bei Directors’ Dealings auf den Börsenkurs einen kürzeren Zeitraum als Preisanpassungsspanne festzulegen. Auf der Grundlage der Untersuchungen zu den Auswirkungen eines Ankündigungseffektes kann beispielsweise ein Zeitraum von 151

Siehe zu den sog. Sub-material Informationen Kapitel 2, C.II.2.c)bb), S. 81.

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

einer Woche angesetzt werden. Hier soll kein abschließendes Urteil für die Angemessenheit der Preisanpassungsspanne erfolgen. Vielmehr müssten weitere Untersuchungen der Auswirkungen eines Ankündigungseffekts vorgenommen werden. Der Zeitraum von einer Woche entspricht dem oben angenommen Zeitrahmen des Ankündigungseffekts bei Directors’ Dealings und beinhaltet noch einen pauschalen Zuschlag für verzögerte Einpreisungen im Einzelfall. Zu bedenken ist ferner die Möglichkeit, dass innerhalb des konkreten, durch die Kursdifferenzmethode selbst vorgesehenen Zeitrahmens eine entsprechende gegenläufige Transaktion des Insiders vorgenommen werden könnte. Hier ist das Abstellen auf die tatsächlich getätigten Transaktionen und die damit real erwirtschafteten Gewinne ratsam. Diese Berechnungsmethode ist der lowest price in/highest price out-Methode angenähert.152 Die real getätigte Gegentransaktion findet auch trotz Veröffentlichung der Meldung nach § 15a WpHG bzw. der Ad-hoc-Meldung Berücksichtigung, wenn sie innerhalb der Kursanpassungsspanne von einer Woche bzw. von dreißig Tagen vorgenommen wird. (b) Gewinnabschöpfung de lege ferenda bei Verstoß gegen § 14 WpHG Für ein Modell der Gewinnabschöpfung, das an tatsächliche Insiderhandelstransaktionen nach § 14 WpHG anknüpft, gilt das oben Gesagte im Wesentlichen entsprechend. Somit ist auf den Veröffentlichungszeitpunkt der Insiderinformation in Gestalt der Ad-hoc-Meldung abzustellen. Als Preisanpassungsspanne ist hierbei tatsächlich ein Zeitraum von dreißig Tagen anzusetzen, da von weitergehenden und länger andauernden Effekten der Veröffentlichung einer Insiderinformation auf den Börsenkurs auszugehen ist. 3. Zwischenergebnis Die Berechnungsmethode des Gewinns im Rahmen eines Modells nach § 15a WpHG erfolgt nach der Kursdifferenzmethode und ist dreistufig auszugestalten. Der Gewinn berechnet sich primär anhand der Differenz zwischen dem Kaufpreis und einem durchschnittlichen Transaktionspreis, der zwischen nachgeholter Veröffentlichung der Meldung nach § 15a WpHG und einer Preisanpassungsspanne von einer Woche ermittelt wird. Sofern vor der nachgeholten Meldung nach § 15a WpHG eine Ad-hocVeröffentlichung erfolgt, berechnet sich der Gewinn sekundär anhand der 152

Vgl. zu dieser Berechnungsmethode Kapitel 7, C.I., S. 334 ff.

C. Gewinnberechnung

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Differenz zwischen dem Kaufpreis und einem durchschnittlichen Transaktionspreis, der zwischen Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG und einer Preisanpassungsspanne von dreißig Tagen ermittelt wird. Da nach veröffentlichten Ad-hoc-Meldungen in der Regel eine heftigere Reaktion von Seiten des Marktes erfolgt als bei veröffentlichten Eigengeschäften von Führungspersonen, hat der Insider einen Anreiz, tatsächlich vergessene Meldungen nach § 15a WpHG, denen keine Insiderinformation zugrunde lag, nachzuholen, um vermutlich nur einen geringeren Betrag als rechtswidrigen Gewinn herausgeben zu müssen als in der zweiten Berechnungsvariante. Als dritte Möglichkeit kommt die Verrechnung tatsächlich vorgenommener kurzfristiger Transaktionen in Betracht, sofern der Insider noch vor Vornahme der Meldung nach § 15a WpHG und vor Veröffentlichung einer Adhoc-Information eine dem ursprünglichen Transaktionsvorgang gegenläufige Transaktion vorgenommen hat. Bei Insiderhandel i. S. d. § 14 WpHG ist nur eine Berechnungsmethode anhand der zweiten oder dritten Variante vorzunehmen.

III. Vergleich der Gewinnberechnungsmethoden nach der lowest price in/highest price out-Methode und nach der Kursdifferenzmethode Bei zusammenfassender Würdigung der beiden Gewinnberechnungsmethoden ergibt sich Folgendes: Nach der lowest price in/highest price outMethode wird gerade kein singulärer Kauf oder Verkauf erfasst, der auf einer anvertrauten Information beruht, sondern lediglich das Zusammenspiel von Kauf und Verkauf innerhalb von sechs Monaten, das zur tatsächlichen Gewinnrealisierung führt.153 Hier wird daher das spekulative Geschäft unter Ausnutzung eines Informationsvorsprunges sanktioniert. Es kann die grundsätzliche Frage aufgeworfen werden, ob die Insidertransaktion an sich sanktionsbedürftig ist, oder ob vielmehr erst die Realisierung des Vorteils in der entgegengesetzten Transaktion als sanktionierungsbedürftiges Verhalten zu qualifizieren ist. Dem Insiderhandelsverbot ist der Gedanke immanent, dass ein Informationsvorsprung nicht durch die Durchführung von Transaktionen ausgenutzt werden darf. Das Regelungsziel der Veröffentlichungspflichten bei Directors’ Dealings ist kongruent zu demjenigen der Insiderhandelsverbote: Primär soll die Transaktion von Insidern in Kenntnis von Insiderinformationen verhindert werden. Die Berechnung in Anlehnung an § 16(b) SEA durch Gegenüberstellung zweier real getätigten Transaktionen enthält 153

Romeo/Dye, Section 16 SEA, § 8.01-10.

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

pragmatische und damit praktikable Ansätze.154 Dennoch ist hier das allgemeine Kursrisiko auf so erhebliche Weise dem Insider auferlegt, dass eine solche Regelung unter Verhältnismäßigkeits- und Gerechtigkeitserwägungen in Zweifel zu ziehen ist. Wegen eines eventuellen Tauschs von Kaufs- und Verkaufszeitpunkt kann trotz eines tatsächlichen Verlusts ein Gewinn errechnet werden. Bei der konkreten Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung ist eine möglichst funktionale Ausrichtung des Haftungstatbestandes einzuhalten.155 Zu befürchten wäre, dass eine Gewinnabschöpfung mit einer Gewinnberechnung in Anlehnung an die lowest price in/highest price out-Methode den Handel mit Aktien des eigenen Emittenten von Führungspersonen insgesamt einschränkt, wenn nicht sogar verbietet. Dies könnte – ähnlich einem Handelsverbot – aus ökonomischen Gesichtspunkten nachteilige Auswirkungen auf die Flexibilität und die Effizienz des Kapitalmarktes insgesamt haben.156 Eine Berechnungsmethode, die auf den Wert des Informationsvorteils abstellt und den Kaufpreis bei Transaktionstätigung mit demjenigen Wertpapierpreis vergleicht, der sich nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne nach Wiederherstellung des Informationsgleichgewichts ergibt, beinhaltet ebenfalls Pauschalisierungsansätze, die jedoch ein geringeres Ausmaß erreichen. Die Festsetzung eines gewissen Zeitrahmens, nach dessen Ablauf der für die Berechnung maßgebliche Wertpapierpreis bestimmt werden soll, verkörpert den Gedanken, dass der Insider nicht das allgemeine Marktrisiko und das erhebliche Risiko externer Einflüsse (über sechs Monate hinweg) tragen soll, sondern „nur“ für das Ausnutzen bzw. das Handeln in zu vermutender Kenntnis der Insiderinformation zur Rechenschaft gezogen werden soll. Eventuelle Kursrückgänge fließen in die Durchschnittsberechnung ein und verringern den abzuführenden „fiktiven“ Gewinn. In einem Punkt gleichen sich die Berechnungsarten in Anlehnung an § 16(b) SEA sowie nach der hier entwickelten Variante der Kursdifferenzmethode: Nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne wird bei der Kursdifferenzmethode fingiert, der Insider hätte eine zu der Insidertransaktion gegenläufige Wertpapiertransaktion vorgenommen. Der abschöpfungsfähige Gewinn stellt die Differenz zwischen dem Kaufpreis und einem durchschnittlichen Transaktionspreis, der zwischen nachgeholter Veröffentlichung der Meldung nach § 15a WpHG und einer Preisanpassungsspanne von einer Woche ermittelt wird, dar. Insider werden daher mit dem allgemeinen Marktrisiko innerhalb dieser Zeitspanne belegt. Die Fiktion besteht in der Festlegung eines bestimmten Kurswertes, zu dem der Insider eine gegenläu154 155 156

Siehe genauer zu der Berechnung nach § 16(b) SEA Kapitel 7, C.I., S. 334 ff. Brellochs, Publizität und Haftung von Aktiengesellschaften, S. 22. Siehe zu dieser Diskussion bereits Kapitel 4, C.III., S. 184 f.

C. Gewinnberechnung

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fige gewinnbringende Transaktion hätte vornehmen können. Die zweite Transaktion, anhand derer der Gewinn festgesetzt wird, wird daher nicht real getätigt, sondern lediglich hypothetisch festgesetzt. In diesem Punkt ist die Berechnungsvariante nach der lowest price in/highest price out-Methode vorteilhaft, nach der die gegenläufigen, real getätigten Transaktionen innerhalb eines gewissen Zeitraumes miteinander verrechnet werden. Hierbei wurde die gegenläufige Transaktion tatsächlich realisiert und es handelt sich nicht nur um eine „Fiktion“ derselben. Doch ist die Berechnungsvariante in Anlehnung an die Kursdifferenzmethode aufgrund der Verringerung des allgemeinen Kursrisikos und der auf die Transaktion folgenden zeitnahen Berechnung und dadurch ermöglichten einheitlichen Behandlung der Pflichtverletzungen vorzugswürdig. Bei der Entscheidung für die eine oder die anderer Methode der Gewinnberechnung darf die Praktikabilität nicht aus den Augen verloren werden. Zwar ist die Berechnung von Gewinnen oder Schäden anhand von Börsenkursen stets eine komplexe Thematik, die man nicht mit einer pauschalen Lösung ohne Einzelfallanalyse abhandeln sollte. Dennoch muss die gefundene Lösung für die BaFin bzw. die Gerichte handhabbar bleiben. Es handelt sich bei der hier gefundenen Berechnungsmethode um eine Art Leitfaden, wie der Gewinn berechnet werden kann. Ein abschließendes Urteil vermögen nur Methoden der modernen Finanzmathematik zu geben, die hier jedoch nicht erörtert werden können. Als Fazit für die vorliegende Untersuchung kann festgehalten werden: Die Gewinnberechnung sollte anhand der Kursdifferenzmethode erfolgen. Wie gezeigt, ist die Berechnungsmethode des Gewinns nach der Kursdifferenzmethode im Rahmen eines Modells nach § 15a WpHG dreistufig auszugestalten. Der Gewinn berechnet sich primär anhand der Differenz zwischen dem Kaufpreis und einem durchschnittlichen Transaktionspreis, der zwischen nachgeholter Veröffentlichung der Meldung nach § 15a WpHG und einer Preisanpassungsspanne von einer Woche ermittelt wird. Die Kursdifferenzmethode ist für eine Gewinnabschöpfung auf der Rechtsfolgenseite von § 15a WpHG angemessen, da Verschuldensanforderungen gesenkt sind und eine weitreichende Umkehr der Beweislast erfolgt.157

IV. Gewinnberechnung durch Vergleich mit Transaktionen von Nichtinsidern Als weitere Berechnungsmethode kommt ein Vergleich zwischen der durch das Organmitglied tatsächlich getätigten Transaktion und anderen 157

Siehe die Ausführungen zum Verschulden unter Kapitel 7, B.II., S. 326 ff.

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

Transaktionen von Nicht-Insidern in Betracht.158 Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Insider gerade aufgrund der nicht veröffentlichten Insiderinformation zu demselben Kurs kaufen oder verkaufen kann wie Nichtinsider. Lediglich die darauffolgende Kursentwicklung gewährt ihm einen Vorteil und eine Erhöhung des Wertes der Wertpapiere.

V. Gewinnberechnung durch richterliche Schätzung Schließlich kommt bei Schwierigkeiten der Gewinnberechnung eine richterliche Schätzung des Gewinns in Betracht, § 287 Abs. 2 ZPO.159 Grundidee ist, dass im Falle der praktischen Unbeweisbarkeit der Höhe des erwirtschafteten Gewinns Ansätze und Vorschläge zu einer praktikablen Pauschalierung vorliegen müssen. Dieser Ansatz ist jedoch mit einem erheblichen Prozessrisiko verbunden.160 Es kann auf eine richterliche Schätzung zurückgegriffen werden, wenn tatsächlich die Gewinnberechnung im Einzelfall unlösbare Schwierigkeiten bereitet. Grundsätzlich empfiehlt es sich aber, die Möglichkeiten der Gewinnberechnung gesetzlich zu regeln und dies nicht der richterlichen Rechtsfortbildung zu überlassen.161 Die richterliche Schätzung sollte lediglich subsidiär als Korrektiv zulässig sein, wenn in der Rechtspraxis die Gewinnbemessung nur schwer oder gar nicht gelingt.

VI. Beweislastverteilung bezüglich der Höhe des Gewinns Fraglich ist im Rahmen eines Gewinnabschöpfungstatbestandes, wen die Beweislast hinsichtlich der Höhe des gezogenen Gewinns trifft. Soweit der Anspruchsteller mit der Ermittlung und dem Nachweis der beim Eingreifer bzw. Anspruchsgegner noch vorhandenen Vermögensvermehrung belastet wird, könnte im Vergleich zum zivilrechtlichen Bereicherungsrecht ein Verstoß gegen die vom Gesetzgeber gewollte Beweislastverteilung des § 818 Abs. 2, Abs. 3 BGB vorliegen.162 Nach der Entstehungsgeschichte entschieden sich die Schöpfer des BGB bewusst für den Ersatz des objektiven Wertes des durch die Leistung oder Eingriff Erlangten, um dem Kläger nicht die Vermögensinterna des Bereicherungsbeklagten auf158

Veil, ZGR 2005, 155 (196). Im Rahmen des Einführungs- und Entwicklungsprozesses bei § 10 UWG wurde eine richterliche Gewinnschätzung im sog. Professorenentwurf vorgeschlagen, siehe Köhler/Bornkamm/Hennig-Bodewig, WRP 2002, 1317 (1322). 160 Vgl. Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932 (939). 161 Vgl. Veil, ZGR 2005, 155 (199). 162 König, FS Caemmerer, 179 (188). 159

C. Gewinnberechnung

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zubürden.163 Diese Argumentation führt jedoch bei der Gewinnabschöpfung zu einem Zirkelschluss, da gerade aus Gründen der fehlenden oder schwierigen Beweisbarkeit des eingetretenen Schadens auf den Gewinn des pflichtwidrig handelnden Insiders abgestellt wird. Sofern nun inzident bei der Ermittlung des Gewinns auf die Wertminderung der Wertpapiere oder den entgangenen Gewinn des Anlegers abzustellen ist, verlagert sich die Perspektive wiederum auf das Vermögen des Anlegers, so dass erneut Beweisprobleme auftreten. Andererseits könnte eine Beweislast des Klägers – nach hier vertretener Ansicht in Gestalt eines Anlegerschutzverbandes – bezüglich der Höhe des erwirtschafteten Gewinns die Grenzen des Zumutbaren übersteigen, da dieser weder Einblick in die Schriften und Dokumente des Beklagten hat noch mit Unternehmensinterna vertraut ist. Abhilfe könnte ein Informationsanspruch gegen den Emittenten und den handelnden Insider schaffen. Zur Sicherung der Effektivität der Gewinnabschöpfung sind Nebenansprüche, die mit dem Anspruch auf Herausgabe des erwirtschafteten Gewinns einhergehen, unerlässlich. Insbesondere ist an einen Anspruch des Gläubigers der Gewinnabschöpfung gegen den Schuldner auf Auskunft über die Vermögensverhältnisse sowie an einen Anspruch auf Rechnungslegung zu denken.164 Auch im Rahmen des § 10 UWG sowie im Rahmen von § 34 GWB werden dem Anspruchsberechtigten begleitende Ansprüche zuerkannt. Der anspruchsberechtigte Verband wird in der Regel nicht in der Lage sein, den Anspruch zu beziffern. So kann er nach allgemeinen Grundsätzen einen Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch geltend machen.165 Der Anspruchsberechtigte kann daher im Wege der Stufenklage auf Auskunft und Leistung klagen, § 254 ZPO. Hierbei sind jedoch die schützenswerten Geheimhaltungsinteressen des Emittenten als eingrenzender Faktor zu betrachten. Dieser wird nicht gewillt sein, Akten und Vorgänge Dritten offen zu legen. Dem Anspruchsverpflichteten ist daher im Rahmen von § 10 UWG regelmäßig ein sog. Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen, da es für ihn einen unangemessenen Eingriff darstellen würde, wenn er Mitbewerbern durch einen Einblick in Betriebsinterna einen Vorteil verschaffen müsste.166 Die finanziellen Auf163

König, FS Caemmerer, 179 (206). Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 (695); Ebert, Bereicherungsausgleich, S. 187. Ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung ist in § 97 Abs. 1 S. 2 UrhG enthalten. Im Übrigen ist ein solcher Anspruch im gewerblichen Rechtsschutz allgemein üblich, BGH, NJW 1973, 1837; von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 37. 165 Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, § 10 Rn. 15; Langen/Bunte, Komm. zum dt. und europ Kartellrecht, § 34a Rn. 11. 166 Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, § 10 Rn. 15. 164

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

wendungen könnten dem Beklagten angelastet werden, da der Sachverständige der Geheimhaltung und diskreten Behandlung von Unternehmensinterna dient.

D. Umfang des herauszugebenden Gewinns Die Berechnungsmethode sollte in jedem Fall den gesamten tatsächlich erwirtschafteten Gewinn des Insiders einbeziehen. Eine Berechnung nur nach dem Nettogewinn ist im Bereich des Kapitalmarktrechts aus Präventionsgesichtspunkten nicht zu empfehlen.167 In der Praxis ist nicht zu erwarten, dass die Transaktionen mit erheblichen Eigenkosten verbunden sind. Stattdessen ist eine eventuelle Schlechterstellung des Verletzers durch das Abschöpfen des Bruttogewinns hinzunehmen.168 Einwände, die die Summe des tatsächlich erwirtschafteten Gewinns zu reduzieren versuchen, sind nicht zugelassen.169 Zudem sollten auch externe Größen einberechnet werden.170

I. Strafende Gewinnberechnung Es wird gefordert, den Anspruchsumfang über den im konkreten Fall erwirtschafteten Gewinn hinaus zu erweitern.171 Sofern der an den Verletzten herauszugebende Betrag nicht über die Höhe des durch den Verletzer er167 Siehe zur Diskussion um die Abschöpfung nach dem Brutto- oder Nettoprinzip: Cramer/Vogel, in: Assmann/Schneider, § 39 WpHG, Rn. 70; Drathjer, Abschöpfung Vorteile, S. 63, 86; Gürtler, in: Göhler, OWiG, § 17 Rn. 38; Steindorf, in: KK-OWiG, § 17 Rn. 119, 123; Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 89. 168 Medicus, JZ 2006, 805 (810). 169 Hypothetische Gewinne, die das meldepflichtige Organ im Rahmen des § 15a WpHG bei ordnungsgemäßer Mitteilung mit dem Betrag X gezogen hätte, sind bei der Berechnung des Gewinns außer Betracht zu lassen, siehe zu entsprechenden Fragestellungen im Wettbewerbsrecht und im Rahmen von § 17 Abs. 4 OWiG: Drathjer, Abschöpfung Vorteile, S. 75, 77 ff.; von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 22; Gürtler, in: Göhler, OWiG, § 17 Rn. 41b; Lemke/Mosbacher, OWiG, § 17 Rn. 33. 170 Früchte und Gebrauchsvorteile, insbesondere Dividenden, sind als herauszugebender Gewinn zu qualifizieren, sofern diese innerhalb der gewöhnlichen Unternehmenspraxis ausgeschüttet werden, vgl. zum US-amerikanischen Recht Hazen, Securities Regulation, S. 718; Sonderquist/Brown/Mendel Mayden, Nuts & Bolts of Securities Laws, S. 446. Siehe zur Frage des Einbezugs von Dividenden in die Gewinnberechnung bei § 16(b) SEA: befürwortend: Western Auto Supply Co. v. Gamble-Skogmo, Inc., 348 F 2d 736 (1965), ablehnend: Steel Partners II, L.P. v. Bell Industries, 2000 WL 1372831, S. 3 (2000). 171 Notes, Wm & Mary L.Rev. 18 (1977), 389 (427).

D. Umfang des herauszugebenden Gewinns

359

wirtschafteten Gewinns hinausgeht, läuft der Verletzer lediglich Gefahr, diesen Vorteil wieder herausgeben zu müssen. Er stellt sich damit im ungünstigsten Falle nicht schlechter als vor seiner Tat.172 Allein die Wiederherstellung des status quo ante durch die Sanktionierung sei nicht geeignet, einen Insider zu veranlassen, von der Ausnutzung gewinnträchtiger Informationen abzusehen.173 Abhilfe könnte eine Regelung schaffen, wonach der abzuführende Betrag aus dem Insidergewinn multipliziert mit einem Faktor x zu errechnen ist.174 Eine einfache Gewinnabschöpfung habe zu geringe Abschreckungswirkung. So hält der Arbeitskreis Gesellschaftsrecht bei der Ausarbeitung eines zivilrechtlichen Sanktionsinstruments wegen Verstößen gegen das Insiderhandelsverbot eine Sanktionierung des Insiders für angemessen, nach der das Doppelte des erwirtschafteten Gewinns „abgeschöpft“ werde.175 Dies diene nicht zuletzt auch der Entschädigung des Aufwandes, der bei der Geltendmachung der Ansprüche entstehe. Bei einer privatrechtlichen Gewinnabschöpfung sei aus Sicht des klagebefugten Anlegers zu beachten, dass eine Begrenzung des abzuführenden Vorteils auf den seitens des Insiders tatsächlich erwirtschafteten Gewinn dazu führen kann, dass der einzelne Anleger einen so geringen Schadensersatzanteil erhält, dass sich für ihn das finanzielle Risiko und der Kostenaufwand eines Prozesses nicht lohnen.176 Ein erhöhter Betrag würde in die Kosten-Nutzen-Analyse miteinfließen, zur Einhaltung der Verhaltensnormen beitragen und nicht lediglich als Rechnungsposten degradiert werden. Die Größe des Faktors müsste in den Fällen umso größer ausfallen, in denen der Insider nicht mit der Veröffentlichung seiner Transaktionen gerechnet habe.177 Hinsichtlich des Umfangs des abzuschöpfenden Gewinns kommt auch die Unterscheidung zwischen einem lediglich fahrlässigen und einem vorsätzlichen Verstoß in Betracht. Bei einem fahrlässigen Verstoß wäre nur die Abschöpfung des tatsächlichen Gewinns möglich.178 Bei einem vorsätzlichen Verstoß könnte darüber hinaus ein Strafzuschlag erfolgen. 172 Vgl. Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, S. 48; Eichelberger, Verbot von Marktmanipulation, S. 119; Hopt, ZGR 1991, 17 (57); Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (680); Notes, Wm & Mary L.Rev. 18 (1977), 389 (427). 173 Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (680); Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696, (730); Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 539. 174 Kirchner, FS Kitagawa, 665 (680); Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 538 f. 175 So § 25 Abs. 1 des Vorschlags des Arbeitskreises Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns. 176 Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 413. 177 Kirchner, FS Kitagawa, 665 (680).

360

Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

1. Punitive damages a) Verhältnis Gewinnabschöpfung und punitive damages An einer über den real erwirtschafteten Gewinn hinausgehenden Berechnungsmethode werden Zweifel dahingehend geäußert, dass eine solche Gewinnberechnung einem pauschalierten Schadensersatzanspruch nahe käme und sich zudem der Kritik an Strafschäden (sog. punitive damages) erwehren müsse.179 Die Abgrenzung der im US-amerikanischen Recht geltenden punitive damages von der Gewinnabschöpfung fällt nicht leicht. Ausschlaggebend für den Strafcharakter einer Norm sind nicht allein ihr „äußeres Gewand“ (die formale Zuordnung in das Straf-, das Zivil- oder das Verwaltungsrecht), sondern vielmehr auch ihre Wirkung und der Zweck, der mit dieser Regelung verfolgt wird.180 Erneut kann auf die Diskussion im Rahmen von § 10 UWG verwiesen werden. Es wird behauptet, bei § 10 UWG würde ein „outsourcing von Strafjustiz“ stattfinden.181 Aufgrund des pönalen Charakters sei ein Verstoß gegen das Strafmonopol des Staates gegeben.182 Die Vorschrift sei mit elementaren Rechtsgrundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar.183 Daher stünde die Vorschrift im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass eine Vollstreckung von ausländischen Urteilen, die punitive damages zusprechen, abzulehnen ist.184 Die Gewinnabschöpfung wird in bestimmten Fällen nicht als selbständiger Sanktionstypus angesehen, sondern als eine Berechnungsmethode der Strafschäden verwendet.185 Sie kann als eine Sanktion verstanden werden, die zwischen Haftung und Strafe liegt, wobei sie mehr der Strafe gleicht, während im klassischen Zivilrecht der Kompensationsgedanke verankert ist.186 Im Unterschied zu punitive damages muss 178

Schlechtriem/Coen/Hornung, European Review of Private Law 2001, 377

(403). 179 Vgl. Kirchner, FS Kitagawa, 665 (680); Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (724); hierzu sogleich Kapitel 7, D.I.1.d), S. 363 ff. 180 Eser, in: Schönke/Schröder, StGB, Vorbem. § 73 Rn. 12, 19 m. w. Nachw. 181 Sack, WRP 2003, 549 (558). 182 Dazu Sack, WRP 2003, 549 (552 f.); Wimmer/Leonhard, GRUR 2004, 12 (16 ff.). 183 Sack, WRP 2003, 549 (558); Sack, BB 2003, 1073 (1080). 184 BVerfG NJW 1995, 649 (650); Engels/Salomon, WRP 2004, 32 (43); Sack, WRP 2003, 549 (552). 185 Vgl. Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696, (721); United States v. Snepp, 595 F. 2d 926 (935 ff.) (1979). 186 Vgl. zum US-amerikanischen Recht, Weinrib, Chi-Kent.L.Rev. 78 (2003), 55 ff.

D. Umfang des herauszugebenden Gewinns

361

der Gewinnabschöpfungsanspruch jedoch nicht unbedingt eine Eingriffsqualität aufweisen.187 Es wird bei einer einfachen Gewinnabschöpfung gerade nicht auf das sonstige Vermögen des Verletzers abgestellt, sondern lediglich ein der Gewinnhöhe entsprechender Betrag abgeschöpft. Damit wird auch von Gegnern der Sanktions- und Präventionsaspekte im Zivilrecht eingeräumt, dass ein derartiger Anspruch primär mit dem Rechtsinstitut der ungerechtfertigten Bereicherung vergleichbar sei, als tatsächlich punitive damages darzustellen.188 Etwas anderes ergibt sich nur in den Fällen, in denen ein Vielfaches des Gewinns abgeschöpft werden soll. b) Punitive damages im US-amerikanischen Recht Die aus dem US-amerikanischen Recht stammenden punitive damages verfolgen vier Hauptzwecke: „punishment, deterrence, law enforcement and compensation“189. Eine Bestrafung erfolgt für das pflichtwidrige und besonders sanktionsbedürftige Verhalten des Täters, damit mögliche Racheakte des Opfers selbst überflüssig werden. Täter sollen präventiv von zukünftigem sozialschädlichem Verhalten abgeschreckt werden, soweit das bloße Risiko der Kompensationspflicht keine ausreichende Verhaltenssteuerung gewährleistet (Ausgleichsfunktion zur Komplementierung des Kompensationsschadensersatzes).190 Ferner soll der Geschädigte für die auf seinem Einsatz beruhende Rechtsdurchsetzung – zur Stärkung der Rechtsordnung im Allgemeinen – belohnt werden. Der Akzent liegt bei punitive damages weniger auf der Zuwendung an den Geschädigten, als vielmehr darauf, dem Schädiger einen Schaden zuzufügen bzw. dessen unrechtmäßigen Profit abzuschöpfen.191 Dennoch soll auch das Opfer eine Ergänzung zu einer als unzureichend empfundenen Schadensbeseitigung erhalten.192 Im US-amerikanischen Rechtsraum treffen punitive damages den Täter als weitere Zahlungspflicht neben dem kompensatorischen Schadensersatz, wenn dem Täter als erschwerender Umstand zu einem allgemeinen Haf187

von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 120. BGHZ 118, 312 (340); Bungert, ZIP 1992, 1707 (1717 f.); zu dem bereicherungsrechtlichen Hintergrund der Gewinnabschöpfung auch Siehr, RIW 1991, 705 (708). 189 Mörsdorf-Schulte, Funktion und Dogmatik US-amerikanischer punitive damages, S. 60; Owen, Mich. L.Rev. 74 (1976), 1257 (1287), Fn. 152. 190 Vgl. zu punitive damages: Mörsdorf-Schulte, Funktion und Dogmatik USamerikanischer punitive damages. 191 Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (721); Mörsdorf-Schulte, NJW 2006, 1184 (1185); Mörsdorf-Schulte, Funktion und Dogmatik US-amerikanischer punitive damages, S. 61; Siehr, RIW 1991, 705 (708). 192 BGHZ 118, 312 (334 f.). 188

362

Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

tungstatbestand ein absichtliches, bösartiges oder rücksichtsloses Fehlverhalten anzulasten ist.193 In den USA kann ein Strafschadensersatz nur unter folgenden eingrenzenden Kriterien verlangt werden: Hinsichtlich der Höhe der zugesprochenen Summe ist (1) der Grad des dem Schädiger zu Last zu legenden Verschuldens, (2) der Umfang des eingetretenen Schadens und des insoweit zuzusprechenden kompensatorischen Schadensersatzes und (3) die Schwere der für vergleichbare Delikte zu verhängenden strafrechtlichen Sanktionen maßgebend.194 Ein Strafschadensersatz kommt jedoch lediglich als ultima ratio in Betracht soweit der normale Schadensersatz keine regulierende Wirkung entfaltet und auch die weiteren verhaltenssteuernden Instrumente versagen, wie etwa straf- oder gesellschaftsrechtliche Sanktionen.195 c) Strafschadensersatz in europäischen Rechtsordnungen Europäische Rechtsysteme nehmen gegenüber einem Strafschadensersatz grundsätzlich eine ablehnende Haltung ein. Gleichwohl ist beispielsweise in Frankreich bei Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine Betrachtung sowohl präventiver als auch punitiver Aspekte üblich.196 Im Recht des Vereinigten Königreiches ist eine Sanktionierung durch Strafschadensersatz nur in wenigen Fällen anerkannt. Beispielhaft ist die Abschreckung vor lukrativen Delikten zu nennen, bei denen der Schädiger den Schadensersatz einkalkuliert, und wegen des überschießenden Gewinns die Tat gleichwohl begeht.197 Schäden mit einem Strafzuschlag können daher zugesprochen werden, wenn es notwendig erscheint, einen Täter zu lehren, dass sich unrechtes Verhalten nicht lohnt. Es ist zu beobachten, dass im Recht des Vereinigten Königreiches ein Trend zum Ausbau des Instituts des Strafschadensersatzes besteht und sich auch bei der Schadensbemessung punitive Elemente finden lassen.198 193

BGHZ 118, 312 (334 f.); Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 68. Sog. Multi-Factor-Test: „reprehensibility, ratio to compensate damages, sanctions for comparable misconduct“; vgl. auch bei Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 68. 195 BGHZ 118, 312 (334 ff.); Mörsdorf-Schulte, NJW 2006, 1184 (1185). 196 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 70. 197 Lord Devlin, in Rookes v. Barnard, [1964] A.C. 1129 (H. L. 1964): One man should not be allowed to sell another man’s reputation for profit. Where a defendant with a cynical disregard for a plaintiff’s right has calculated that the money to be made out of his wrongdoing will probably exceed the damages at risk, it is necessary for the law to show that it cannot be broken with impunity . . . Exemplary damages can properly be awarded whenever it is necessary to teach a wrongdoer that tort does not pay; vgl. auch Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 70. 198 Staudinger, NJW 2006, 2433 (2436). 194

D. Umfang des herauszugebenden Gewinns

363

Die EU-Kommission hat sich im Jahre 2003 in Art. 24 ihres „Vorschlags einer Verordnung über das Kollisionsrecht der außervertraglichen Schuldverhältnisse“ gegen einen Strafschadensersatz ausgesprochen: „Jede über den Ausgleich des entstandenen Schadens hinausgehende Entschädigung etwa in Form eines Schadensersatzes mit Strafcharakter oder mit abschreckender Wirkung ist als Verstoß gegen den gemeinschaftsrechtlichen ordre public (§ 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, Art. 12 EGV) anzusehen, da der Zweck des Schadensersatzes ausschließlich darin liege, den ‚Schaden wieder gut zu machen‘ “.199 In einem revidierten Vorschlag zur sog. Rom-II-Verordnung stellt die Kommission jedoch nur fest, dass der Strafschadensersatz unter dem ordre public Vorbehalt auf eine verhältnismäßige Höhe zu beschränken sei.200 d) Strafschadensersatz nach deutschem Recht aa) Fallgruppen Bei Verhängung von „Strafschäden“ aus Präventionszwecken nach deutschem Recht haben sich zwei Fallgruppen herauskristallisiert: Zunächst im Falle der Abschreckung vor gewinnbringender Aneignung fremder Rechtsgüter und sodann – als pragmatischer Ansatz – bei der Schließung von Kompensationslücken, die infolge mangelhafter Durchsetzung bestehender Schadensersatzansprüche bestehen.201 Bei Musikurheberrechtsprozessen ist auch seitens der Rechtsprechung eine strafende Berechnung anerkannt. Der BGH spricht der GEMA das Recht zu, für die schuldhafte Verletzung der von ihr verwalteten Urheberrechte durch nicht genehmigte Musikaufführungen die doppelte Tarifgebühr als Schadensersatz von den Schutzrechtsverletzern zu berechnen.202 Der Strafzuschlag rechtfertige sich durch die hohen Verwaltungs- und Organisa199 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 22.7.2003, KOM (2003) 427 endg., S. 43. 200 Vgl. Art. 23 S. 2 geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) vom 21. Februar 2006, KOM (2006), 83 endg.: „(. . .) Als mit der öffentlichen Ordnung des Staates des angerufenen Gerichts unvereinbar kann nach dieser Verordnung insbesondere ein Recht angesehen werden, das eine über den Ausgleich des entstandenen Schadens hinausgehende Entschädigung in unverhältnismäßiger Höhe zur Folge hätte.“ 201 Medicus, JZ 2006, 805 (810); Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 83. 202 BGHZ 17, 376 (383); 59, 286 (287 f.); 97, 37 (49 ff.), Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 553; Wagner, AcP 206 (2006), 352 (376).

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Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

tionskosten, die der GEMA bei der Verfolgung der Urheberrechtsverstöße entstünden.203 Damit hat die Höhe des Schadensersatzes jedoch primär den Ausgleich von Verwaltungskosten zum Ziel und dient nicht einer zusätzlichen Bestrafung. bb) Meinungsstand Nach geltendem Recht lässt sich ein Strafzuschlag bei zivilrechtlichen Sanktionen in der deutschen Rechtsordnung nicht rechtfertigen. Der BGH hat im Jahre 1992 einen Fall zur Vollstreckbarkeitserklärung eines US-amerikanischen Urteils entschieden, das einen Strafschadensersatz zum Gegenstand hatte.204 In dem Urteil wurde die Anerkennung der Vollstreckbarkeitserklärung unter Rekurs auf den Grundsatz des ordre public, §§ 723 Abs. 2 S. 2, 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, abgelehnt.205 Ausnahmen existieren lediglich für die Gewinnabschöpfung, für bestimmte Nachweisprobleme sowie für Kollektivschäden. Für den BGH steht der Strafcharakter der punitive damages im Vordergrund, was einer Anerkennung im deutschen Zivilrecht entgegensteht.206 Dem deutschen Schadensersatzrecht wohne der Kompensationsgedanke inne, der sich an dem beim Verletzten entstandenen Schaden orientiert und nicht am Verhalten des Ersatzpflichtigen.207 Im US-amerikanischen Recht, das für punitive damages eine Vorreiterrolle einnimmt, hat der private Kläger eine quasi staatsanwaltschaftliche Position inne. Dies ist jedoch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung mit dem im deutschen Recht herrschenden Bestrafungsmonopol des Staates sowie mit den grundgesetzlich verankerten Verfahrensgarantien unvereinbar.208 Sanktionen seien den Form- und Verfahrensvorschriften des Grundgesetzes entsprechend zu verhängen, was staatliches Handeln voraus203

BGHZ 59, 286 (292 f.). BGH, NJW 1992, 3096 (3102); BVerfG, RIW 2007, 211. Siehe zur Verfassungsbeschwerde wegen der Verletzung von Grundrechten im Falle der Klagezustellung einer US-amerikanischen Klage, die auf punitive damages gerichtet ist, BVerfG, RIW 2007, 211 f. 205 BGHZ 118, 312 (338). 206 BGH, NJW 1992, 3096 (3103). 207 Bungert, ZIP 1992, 1707 (1718); siehe zum Verhältnis Gewinnabschöpfung und Schadensersatz bereits Kapitel 4, D.I., S. 187 ff. 208 BGH, NJW 1992, 3096 (3096); zur Frage der Vereinbarkeit von punitive damages mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem Kompensationsgedanken, dem Bereicherungsverbot des Schadensrechts, dem staatlichen Strafmonopol, dem Bestimmtheitsgebot und dem Verbot der Mehrfachbestrafung Merkt, Abwehr der Zustellung von „punitive damages“-Klagen, S. 148 ff.; zur Frage der Vollstreckbarkeit US-amerikanischer Schadensersatzansprüche Stiefel/Stürner, VersR 1987, 829 (838). 204

D. Umfang des herauszugebenden Gewinns

365

setze.209 Nach Ansicht des BGH ist damit eine Bestrafung durch Privatpersonen mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar. Gegen einen Strafaufschlag auf den herauszugebenden Gewinn wendet sich auch ein Teil der Literatur mit dem Argument, dass eine zivilrechtliche Gewinnabschöpfung nicht die einzige Sanktion wäre, sondern daneben straf- und verwaltungsrechtliche Sanktion bestünden.210 Die Höhe eines Strafzuschlages sei unkontrollierbar.211 Zudem gehe es bei dem Zivilrecht allein um die Frage der Kompensation, nicht jedoch wie im Strafrecht um die Verhängung von Strafen.212 Mit der Verhängung von Strafen mittels zivilrechtlicher Haftungsnormen würden die strafprozessualen Verfahrensgarantien umgangen, die in Art. 103 GG verfassungsrechtlich garantiert und in der StPO umgesetzt werden.213 Schließlich sollten Geldstrafen an den Staat abgeführt werden und nicht an das Opfer, da ansonsten eine grundlose Bereicherung desselben eintritt (sog. windfall profit).214 Für eine Gewinnabschöpfung in Höhe eines über den real erwirtschafteten Gewinn hinausgehenden Betrages spricht sich ein anderer Teil der Rechtslehre aus.215 Prävention und Gewinnabschöpfung hingen insofern zusammen, als Prävention versage, wenn dem Verletzer noch ein Gewinn aus seinem pflichtwidrigen Verhalten verbliebe.216 Zu Präventionszwecken sei die Heraufsetzung des Ersatzbetrages des Schädigers erforderlich. 2. Multiplikationsprinzip Von einem Strafschadensersatz im klassischen Sinne abzugrenzen sind Entwicklung und Ausgestaltung des sog. Multiplikationsprinzips. Nach diesem wäre ein abzuschöpfender Gewinn mit dem Faktor x zu multiplizieren.217 Der Faktor x müsste umso größer ausfallen, je kleiner die Wahrscheinlichkeit von Insidern eingeschätzt würde, dass ihre Insidertransaktion offenkundig wird.218 Zur genauen Größenbestimmung des Faktors wären 209

Wimmer-Leonhard, GRUR 2004, 12 (18). Hoechst, VersR 1983, 13 (17); Steinhauer, Insiderhandelsverbot, S. 222. 211 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 75. 212 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 75. 213 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 76; zum US-amerikanischen Recht Colby, Minn.L.Rev. 87 (2003), 583 (606 f., 608 f.). 214 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 76. 215 Beispielsweise v. Westphalen, RIW/AWD 1981, 141 (148 f.). 216 Medicus, JZ 2006, 805 (809). 217 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 98. 218 Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (680); siehe auch Dobbs, Ala. L. Rev. (40) 1989, 831 (858): „By adopting deterrence-measured extra compensatory damages, 210

366

Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

empirische Untersuchungen erforderlich.219 Der Insider hätte jedoch in jedem Fall mit einer ex post erfolgenden Offenlegung die Möglichkeit, die Höhe der Sanktion für sein verbotenes Handeln zu reduzieren.220 „Legt der Insider offen, so ist x auf 1 abzusenken. In diesem Fall muss der Insider nur die bereits erzielten Gewinne auskehren, hat aber den Vorteil, bei voller Informationsvergabe an den Markt durch überlegene Reaktionsgeschwindigkeit besser abzuschneiden als andere Marktteilnehmer. Der Gewinnanreiz, der dem Insider hier belassen wird, stellt sich als das Instrument dar, das zu einer Minimierung der zu falschen Kursen getätigten Umsätze führt.“221

Das Multiplikationsprinzip wurde im Rahmen einer sog. qualifizierten Gewinnabschöpfung bereits als Modell für eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung im deutschen Recht vorgeschlagen.222 Aufgrund von Effizienzgesichtspunkten sei die qualifizierte Gewinnabschöpfung einer einfachen Gewinnabschöpfung überlegen.223 Sofern zwar Verhaltenspflichten normiert sind und deren Nichtbeachtung sanktionsbewehrt ist, die Durchsetzung der Schadensersatzpflichten gleichwohl in der Realität nicht gesichert ist, so müsse diesem Umstand durch die Befolgung des Multiplikationsprinzips Rechnung getragen werden. Gegen das Multiplikationsprinzip wird eingewandt, es erweise sich im Bereich der Massenschäden als ungeeignet, da eine übermäßige Inanspruchnahme des Schädigers zu befürchten sei.224 Auch wenn durch bestimmte Maßnahmen, beispielsweise in Gestalt der Hinterlegung des Ersatzbetrages bis zum Eintritt der Verjährung bei Gericht, den genannten Bedenken begegnet werden könne, so erweise sich dieses Instrument von seiner Natur her dennoch als verkappte Gruppenklage.225 Zudem seien die erforderlichen Maßnahmen mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden.

we could for the first time actually measure and therefore limit the award.“; Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 98. 219 Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (680). 220 Zu diesem Einwand auch Kirchner, in: FS Kitagawa, S. 665 (676, 680): Die Sanktion sei durch eine Qualifikation zu ergänzen. Demnach sei der Faktor x auf 1 abzusenken, sofern der Insider die Insiderinformation offen lege. 221 Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (680). 222 Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (677 f.). 223 Kirchner, FS Kitagawa, S. 665 (680); Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 98. 224 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 100. 225 Wagner, Perspektiven im Schadensersatzrecht, A 101.

D. Umfang des herauszugebenden Gewinns

367

3. Bewertung Zur Steigerung der Prävention und zur Effektuierung der Praktikabilität der Gewinnabschöpfung ist auf das Bruttoprinzip abzustellen. Eine über den tatsächlich erwirtschafteten Gewinn hinausgehende strafende Gewinnberechnung ist bei einer zivilrechtlichen Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung als unzulässig zu beurteilen und damit abzulehnen. Es handelt sich hierbei um eine Vermischung der „Kompetenzen“. Die kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung in sowohl zivilrechtlicher als auch administrativer Gestalt soll nicht „bestrafen“, sondern lediglich sicherstellen, dass dem Insider kein rechtswidriger Gewinn verbleibt. Eine zusätzliche „Bestrafung“ kann durch Bußgelder erfolgen, welche durch die BaFin verhängt werden. Die Begrenzung auf die Höhe des tatsächlich erwirtschafteten Gewinns muss sich zwar der Kritik erwehren, dass der Insider keinem wirklichen finanziellen Risiko ausgesetzt ist. Positiv an einer solchen Konstruktion der Gewinnabschöpfung erweist sich jedoch die Tatsache, dass dogmatische Bedenken gegen einen Strafschadensersatz kein Gewicht erlangen. Bei einer administrativen Ausgestaltung sind eine strafende Berechnung und sogar der Aspekt eines Strafzuschlages geringeren dogmatischen Bedenken ausgesetzt. Fraglich ist jedoch, ob hier ein Strafzuschlag überhaupt erforderlich ist. Denn auch bei Etablierung einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung verbleibt der BaFin daneben auch die Möglichkeit, Bußgelder zu verhängen. Da eine spezialgesetzliche kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung an sich bereits ein Novum im kapitalmarktrechtlichen Sanktionensystem darstellt, hat die Ausgestaltung möglichst systemkonform zu erfolgen. Eine zusätzliche „Strafe“ kann durch Bußgelder und im Fall des tatsächlichen Insiderwissens durch strafrechtliche Sanktionen erfolgen. Von einer Gewinnabschöpfung nach dem Multiplikationsprinzip ist jedoch abzuraten. Zu beachten ist schließlich, dass die erörterten Berechnungsmethoden des Gewinns, insbesondere die hier vertretene Kursdifferenzmethode, selbst ein gewisses Risiko hinsichtlich eines „Strafzuschlages“ beinhalten. So trägt der Insider bei einer Berechnung nach der Kursdifferenzmethode über einen gewissen Zeitraum – nämlich die Kurspreisanpassungsspanne – das allgemeine Marktrisiko.226 Auch kann nach der US-amerikanischen lowest price in/highest price out-Methode eine strafende Berechnung erfolgen und dem Insider die Herausgabe eines Gewinns auferlegt werden, der real gar nicht erwirtschaftet wurde.227 226 227

Siehe hierzu Kapitel 7, C.II.2., S. 343 ff. Siehe zur lowest price in/highest price out-Methode Kapitel 7, C.I., S. 334 ff.

368

Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

Fazit: Eine strafende Berechnung durch Abschöpfung des doppelten oder dreifachen Gewinns ist weder bei vorsätzlichen noch bei fahrlässigen Verstößen anzuraten. Lediglich das der konkreten Berechnungsmethode innewohnende Risiko des zusätzlichen Strafzuschlages soll berücksichtigt werden.

II. Abzug konkurrierender Ansprüche sowie straf- und verwaltungsrechtlicher Sanktionen Generell stellt sich die Frage, wie das Nebeneinander von Gewinnabschöpfung und Schadensersatzansprüchen zu bewerten ist. Auch könnte eine Gewinnabschöpfung – unabhängig, ob sie administrativ oder privatrechtlich ausgestaltet wäre – stets kumulativ zu einer behördlich zu bemessenden Geldbuße nach § 38 OWiG erfolgen. Dadurch würde sichergestellt, dass dem Täter kein Vorteil aus seiner rechtswidrigen Tat verbleibt und er gleichzeitig eine finanzielle Einbuße erfährt.228 Jedoch könnte auch dieser doppelten Belangung des Insiders der Einwand des Übermaßverbots entgegengebracht werden. 1. Gewinnabschöpfung und Schadensersatzansprüche In Anlehnung an die Gewinnabführungstatbestände des UWG könnte die zivilrechtliche Gewinnabschöpfung gegenüber Schadensersatzansprüchen lediglich subsidiär eingreifen. Die pflichtwidrig handelnde Führungsperson könnte dann nicht zu Schadensersatzleistungen zuzüglich einer Gewinnabführung verpflichtet werden. Man kann jedoch auch annehmen, dass bei einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung keine Anrechnung bereits geleisteter Schadensersatzzahlungen vorzunehmen ist. Vielmehr könnte eine Gewinnabschöpfung neben Schadensersatzleistungen Anwendung finden. Das Problem der Konkurrenz der zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung zu Schadensersatzansprüchen kann auf drei Arten gelöst werden: erstens durch Subsidiarität der Gewinnabschöpfung gegenüber Schadensersatzansprüchen229, zweitens durch ein Wahlrecht des Anspruchstellers oder drittens durch eine kumulative Gewinnabschöpfung und Schadensersatzhaftung. Um dem Kläger eventuelle Vorteile beider Sanktionsmodelle – Gewinnabschöpfung auf der einen Seite und Schadensersatz auf der anderen Seite – offen zu halten, ist eine subsidiäre Gewinnabschöpfung gegenüber Schadens228 Siehe zum Verhältnis der Gewinnabschöpfung zu anderen Sanktionen Kapitel 7, D.II., S. 368 ff. 229 So beispielsweise im Rahmen des § 10 UWG, siehe Kapitel 5, C.II.2., S. 248 ff.

D. Umfang des herauszugebenden Gewinns

369

ersatzzahlungen abzulehnen. Ein Wahlrecht – zweite Lösungsvariante – hat beispielsweise auch der Gläubiger in dem Fall, dass ein Gewinnherausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 BGB mit einem außervertraglichen Schadensersatzanspruch zusammentrifft. Durchsetzbar ist nur einer der Ansprüche, da die beiden Abwicklungswege sich gegenseitig ausschließen.230 So können dem Anspruchsteller die Vorteile der beiden Sanktionen je nach Einzelfallkonstellation zugute kommen. Für eine nur alternative Geltendmachung der Gewinnabschöpfung oder der Schadensersatzhaftung spricht, dass der Anspruchgegner dann nicht über Gebühr in Anspruch genommen wird. Jedoch stellt sich in der Praxis das Problem, dass der Anspruchsteller der Gewinnabschöpfung – nach hier vertretener Maxime die Anlegerschutzverbände – und der mögliche Anspruchsteller von Schadensersatzansprüchen – ein geschädigter Anleger – nicht personenidentisch sind. Die Insidertransaktion selbst kann keine Schadensersatzansprüche auslösen, da der Nachweis von Kausalität zwischen Insidertransaktion und Schaden misslingt.231 Schadensersatzansprüche geschädigter Anleger kommen daher nur bei fehlerhafter oder unterlassener Kapitalmarktinformation in Betracht. Wie oben bereits gezeigt, greifen solche Schadensersatzansprüche im Kapitalmarktrecht nur sehr beschränkt ein. Dies liegt einerseits an der fehlenden positiven Normierung einer kapitalmarktrechtlichen Informationshaftung im Sinne einer Organaußenhaftung und andererseits an der fehlenden Anerkennung der wertpapierhandelsrechtlichen Normen als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.232 Für die Anleger besteht daher nur die Möglichkeit im engen Rahmen des § 826 BGB Ansprüche gelten zu machen.233 Die Effektivität einer Gewinnabschöpfung ist zweifelhaft, sofern bei unterschiedlichen Anspruchstellern eine Anrechung der Schadensersatzzahlungen auf den abzuschöpfenden Gewinn erfolgen soll. Zu beachten ist auch, dass nicht nur die Anspruchsteller, sondern auch die Anspruchgegner personenverschieden sind. Bei der Gewinnabschöpfung richtet sich der Anspruch gegen den die Transaktion ausführenden Insider. Bei Schadensersatzforderungen wegen fehlerhafter oder unterlassener Kapitalmarktinformation ist Anspruchsgegner entweder der Emittent (so im Rahmen von §§ 37b, c WpHG) oder das zur ordnungsgemäßen Veröffentlichung verpflichtete Organmitglied (so im Fall des § 826 BGB oder bei Etablierung einer Organaußenhaftung entsprechend dem Kapitalmarktinfor230

Nipperdey, FS Böhm, 163 (169). Siehe hierzu Kapitel 3, B.III.1., S. 162 ff. 232 Siehe hierzu Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(5), S. 113 ff. 233 Siehe zu den Ansprüchen im nach § 826 BGB Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(7), S. 121 ff. 231

370

Kap. 7: Tatbestandliche Voraussetzungen der Gewinnabschöpfung

mationshaftungsgesetz de lege ferenda), welches nicht notwendig auch eine Transaktion vorgenommen haben muss. Im Ergebnis ist aus Praktikabilitätsgesichtspunkten eine Anrechnung von Schadenersatzansprüchen aufgrund der Personenverschiedenheit von Anspruchstellern und auch Anspruchsgegenern abzulehnen. 2. Gewinnabschöpfung und straf- bzw. verwaltungsrechtliche Sanktionen Die folgenden Ausführungen, die das Verhältnis von Gewinnabschöpfung und straf- bzw. verwaltungsrechtlichen Sanktionen betreffen, gelten sowohl für eine zivil- als auch eine verwaltungsrechtliche Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht de lege ferenda. a) Gewinnabschöpfung und Geldstrafe Auch das Verhältnis einer Gewinnabschöpfung zu strafrechtlichen Sanktionen in Form von Geldstrafen bedarf der Klärung. Soweit hier den wettbewerbsrechtlichen Vorschriften erneut Vorbildcharakter zuzusprechen ist, ist nur eine subsidiäre Gewinnabschöpfungsmöglichkeit zu bejahen. Die Anrechnung von Strafzahlungen auf die Gewinnabschöpfung im Rahmen von § 10 UWG sind jedoch umstritten. So kann man einerseits annehmen, dass sie gerechtfertigt sind, da der Präventionszweck des Gewinnabschöpfungsanspruchs ausschließlich darauf gerichtet ist, dass sich unlauteres Verhalten nicht lohnen darf. Dies wäre durch die entsprechenden Verpflichtungen zur Strafzahlung bereits sicher gestellt.234 Nur für den Fall, dass eine objektive Schadensberechnung nicht möglich ist, stehe § 10 UWG als wichtiges (Auffang-)Instrument gegen den Schädiger zur Verfügung.235 Andererseits muss man beachten, dass eine kriminalstrafrechtliche Geldstrafe nur bei positivem Vorliegen einer Insidertransaktion in Betracht kommt. Hier könnte neben der Strafe eine Gewinnabschöpfung einen höheren Präventiveffekt erzielen. Zudem sind die Regelungsziele strafrechtlicher Sanktionen und der Gewinnabschöpfung nicht identisch. Während die Gewinnabschöpfung sicherstellen soll, dass sich rechtswidriges Verhalten nicht lohnt, betont die kriminalstrafrechtliche Geldstrafe das kriminelle Unrecht. 234

von Braunmühl, in: Fezer, UWG, § 10 Rn. 74. Schaub, GRUR 2005, 918 (921); vgl. zu § 10 UWG Kapitel 5, C.II.2., S. 248 ff. 235

D. Umfang des herauszugebenden Gewinns

371

Auch seitens des Bundesrates wurde die Anrechnungsmöglichkeit von Geldstrafen auf den Gewinn im Rahmen des § 10 UWG für unvertretbar gehalten.236 Besonders schwerwiegende Verstöße gegen das UWG mit Strafcharakter würden auf diese Weise privilegiert. Auch vom Strafzweck her sei es nicht zu tolerieren, wenn eine Geldstrafe auf zivilrechtlicher Ebene gewinnmindernd angerechnet werde.237 Demzufolge ist keine Anrechnung einer kumulativen Geldstrafe bei einer zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung vorzunehmen. b) Gewinnabschöpfung und Freiheitsstrafe Zu klären ist auch das Verhältnis zwischen einer Gewinnabschöpfung und einer aufgrund strafrechtlicher Verurteilung zu verbüßenden Freiheitsstrafe. Dieses Problem ergibt sich in ähnlichem Ausmaß auch bei § 10 UWG. Hier wird argumentiert, dass die fehlende Anrechnung einer Freiheitsstrafe auf die Gewinnhöhe die rechtspolitisch bedenkliche Anrechnung der Geldstrafe und Geldbuße auf die Höhe des abzuschöpfenden Gewinns kompensiere.238 Nach dem hier gewonnenen Ergebnis ist jedoch eine Anrechnung der Geldstrafen auf die Höhe der Gewinnabschöpfung abzulehnen. So scheidet erst recht eine Anrechnung der Freiheitsstrafe auf die Gewinnabschöpfung aus. c) Gewinnabschöpfung und Bußgelder Da kriminalstrafrechtliche Sanktionen keine Anrechnung bei der Gewinnabschöpfung finden, sind Bußgelder als „minus“ erst recht neben der Gewinnabschöpfung zu verhängen. Zudem ist bereits nach § 17 Abs. 4 OWiG die Gewinnabschöpfung neben einer verwaltungsrechtlichen Geldbuße möglich.239

236 Vgl. aber auch § 34 Abs. 1 S. 2 GWB; Stellungnahme des BRat unter Punkt 23b zu § 10 RegE. 237 Stellungnahme des BRat unter Punkt 23b zu § 10 RegE. 238 Fezer, UWG, § 10 Rn. 145. 239 Vgl. zu § 17 Abs. 4 OWiG Kapitel 3, A.I.1.c), S. 105 ff.

Kapitel 8

Schlussbetrachtung: Gewinnabschöpfung – eine sinnvolle Ergänzung des modernen kapitalmarktrechtlichen Sanktionensystems? A. Rechtspolitisches Bedürfnis nach einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung Aufgrund der Anonymität der kapitalmarktrechtlichen Aktivitäten und der Beweisschwierigkeiten im Rahmen der Streu- bzw. Masseschäden muss die Rechtsordnung gewillt sein, bestimmte starre Prinzipien, die sich in der modernen Rechtspraxis als untauglich erweisen, zu verändern und gegebenenfalls weiterzuentwickeln. Das moderne Sanktionsrecht ist heute in zunehmendem Maße mit kollektiven Schäden befasst, bei denen sich die herkömmlichen Mechanismen der individuellen Schadensbehebung und Kompensation als unzureichend erweisen.1 Wenn man die Haltung einnimmt, dass das geltende System der zivilrechtlichen Sanktionen unverrückt beibehalten werden soll, und Veränderungen der bestehenden Rechtsdogmatik als fremd und systemwidrig verwirft, bleibt in modernen Handelssystemen wie dem Kapitalmarkt, welcher nicht auf einem Rechtsverhältnis von zwei Handelspartnern aufbaut, nur die Möglichkeit des „Rückzugs des Rechts“ und der Selbstregulierung. Denn an einem Ausgleich dieses beweisnotbedingten Sanktionsdefizits durch Ausweitung der Schadensersatzhaftung oder durch Erhöhung der Bußgelder bestehen Zweifel.2 Zunächst würde die Schaffung von Schadensersatzansprüchen mit dem Aufweichen des starren Dogmas, dass kapitalmarktrechtliche Vorschriften keinen Drittschutz haben, einhergehen.3 Es werden zudem im Rahmen der Organaußenhaftung hohe Anforderungen an die Kausalität zwischen schädigender Handlung und entstandenem Schaden gestellt.4 Daneben existieren Beweisprobleme hinsichtlich des entstandenen Schadens. Auch kann die Abschreckungswirkung, die von 1

Siehe zu den Streu- und Massenschäden Kapitel 3, B.III.2., S. 171. Zur schadensersatzrechtlichen Anpassung siehe Kapitel 4, D., S. 186 ff.; zur bußgeldrechtlichen Anpassung siehe Kapitel 4, E., S. 197 ff. 3 Siehe zur Frage der Qualifikation kapitalmarktrechtlicher Vorschriften als Schutzgesetze Kapitel 3, A.I.2.a)aa)(5), S. 113 ff. 4 Siehe hierzu Kapitel 3, B.III.1.a), S. 162 ff. 2

B. Zweck der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung

373

Bußgeldtatbeständen ausgeht, nicht einfach durch die Erhöhung des Bußgeldes gesteigert werden, da die Tatbestände, an welche die Bußgelder auf der Rechtsfolgenseite anknüpfen, entweder ähnlichen Beweisanforderungen ausgesetzt sind wie die strafrechtlichen Tatbestände (so im Fall der Sanktionierung tatsächlichen Insiderhandelns) oder erst gar nicht eingreifen (so im Fall der Directors’ Dealings).5 Die Gewinnabschöpfung stellt ein geeignetes Instrument dar, um die bestehenden Defizite des kapitalmarktrechtlichen Sanktionensystems auszugleichen. Daneben entfaltet sie eine verhaltenssteuernde Wirkung und steigert dadurch die Effektivität des Kapitalmarktes insgesamt.6 Man könnte die Gewinnabschöpfung als eine Art Kollektivausgleich für das im Zeitpunkt der Vornahme des Insidergeschäfts bestehende Informationsgefälle ansehen.7 Mit dem Wunsch, die Liquidation kapitalmarktrechtlicher Schäden zu optimieren, ist eine dogmatische Konstruktion verbunden, die sich von klassischen zivilrechtlichen oder verwaltungsrechtlichen Grundstrukturen entfernt. Es sind hybride Lösungsansätze, die den Gegebenheiten des modernen Kapitalmarkts gerecht zu werden versuchen und gleichzeitig die gefestigten Strukturen der zivilrechtlichen oder verwaltungsrechtlichen Dogmatik nicht gänzlich aufbrechen dürfen. In jedem Fall kann man die Gewinnabschöpfung, pragmatisch gesprochen, „mit dem Gedanken retten, dass irgendeine Sanktion immer noch besser ist als überhaupt keine“.8

B. Zweck der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung Eine Gewinnabschöpfung im Kapitalmarktrecht ist in ihrer Zielrichtung ebenso wie andere allgemein zivilrechtliche oder spezialgesetzliche Gewinnabschöpfungen janusköpfig. Einerseits dient die Gewinnabschöpfung dazu, eine Rechtsdurchsetzungslücke zu schließen. Anlass, über die Verbesserung des Sanktionensystems im Kapitalmarktrecht nachzudenken und Optimierungsmöglichkeiten zu erforschen, gibt überhaupt erst das Sanktionsund Durchsetzungsdefizit nach geltender Rechtslage. Damit soll die Gewinnabschöpfung zunächst sicherstellen, dass rechtswidriges Verhalten entsprechend sanktioniert wird und eine verbesserte Prävention und Abschreckung vor zukünftigem Fehlverhalten erreicht wird. 5 6 7 8

Zur bußgeldrechtlichen Anpassung siehe Kapitel 4, E., S. 197 ff. Vgl. Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (723). So auch Mennicke, Sanktionen gegen Insiderhandel, S. 540. Vgl. Köndgen, RabelsZ 56 (1992), 696 (724).

374

Kap. 8: Schlussbetrachtung

Andererseits könnte auch eine Kompensation kapitalmarktrechtlicher Schäden verfolgt werden. Dies hängt jedoch von der konkreten Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung ab. Bei der Beseitigung von Kompensationslücken bei Massenschäden müssten die Abschöpfungsansprüche konsequenterweise denjenigen zustehen, die durch das rechtswidrige Verhalten geschädigt wurden.9 Gerade bei der Zielsetzung des hier entwickelten Modells der Gewinnabschöpfung, die Einhaltung von Meldepflichten nach § 15a WpHG sicherzustellen, ist jedoch die schadensersatzrechtliche Komponente in den Hintergrund gedrängt. Ausschließlich der Gewinn des Täters ist im Visier. Eine Gewinnabschöpfung verfolgt damit den Zweck, Marktmechanismen ex post zu korrigieren. Im Vordergrund steht das Ziel, sicherzustellen, dass dem Insider ein rechtswidrig erwirtschafteter Gewinn nicht verbleibt. Hier sollte die Durchsetzung der Gewinnabschöpfung demjenigen übertragen werden, der effektiv den Sinn und Zweck der Gewinnabschöpfung gewährleisten kann. Aus rechtspolitischer Sicht ist bei der administrativen Gewinnabschöpfung weder eine Haftungsüberforderung des Insiders noch eine missbräuchliche Klageerhebung zu erwarten.10 Dennoch sind rechtstatsächliche Defizite mit diesem Modell verbunden. So ist die BaFin als Verfolgungsbehörde zwar mit umfassenden Durchsuchungsbefugnissen ausgestattet, dennoch ist in der Praxis eine Überforderung der Behörden bei der Rechtsdurchsetzung zu beobachten, welche aus den begrenzten personellen und sachlichen Mitteln resultiert. Daher ist zu erwarten, dass die administrative Gewinnabschöpfung gegenüber einer zivilrechtlichen Gewinnabschöpfung weniger Bedeutung in der Praxis und damit weniger Präventivwirkung erlangen würde. Zudem ist der Mehrwert der administrativen Gewinnabschöpfung gegenüber einer Bußgelderhöhung nur in Fällen besonders großvolumiger Transaktionen der Insider gegeben. Eine zivilrechtliche Gewinnabschöpfung gewährleistet die Rechtsdurchsetzung umfassender als eine alleinige öffentlich-rechtliche Durchsetzung. Sie muss aber den begrenzten Kompetenzen der privaten Anleger zur Durchsuchung und Beweisfindung mit einem Auskunftsanspruch begegnen. Eine zivilrechtliche Gewinnabschöpfung, die nicht vorwiegend auf die Kompensation von Schäden gerichtet ist, kann sich nur dann am Geschädigten des Insiderhandels orientieren und eine geschädigtennahe Gewinnauszahlung vorsehen, wenn die Effektivität der Rechtsverfolgung nicht beein9

So auch für das Wettbewerbs- und Kartellrecht: Alexander, JZ 2006, 890 (893). Siehe zur Gegenüberstellung der zivil- und verwaltungsrechtlichen Durchsetzung der Gewinnabschöpfung Kapitel 6, B.V., S. 309 ff. 10

B. Zweck der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung

375

trächtigt wird. Eine privatrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung, die gleichzeitig handelnde Investoren der Marktgegenseite sowohl als Aktivlegitimierte als auch als Empfänger des Gewinns statuiert, verfolgt neben der Kompensation von Durchsetzungsdefiziten zwar auch den Zweck, den Gewinn den potentiell Geschädigten zukommen zu lassen. Die praktische Umsetzung der kollektiven Rechtsdurchsetzung durch gleichzeitig handelnde Anleger der Marktgegenseite sowie das Verfahren der Gewinnauszahlung pro rata sind jedoch mit einem erheblichen organisatorischen Aufwand verbunden. Zudem reicht der Anreiz des einzelnen Anlegers, einen sehr geringen Anteil des Gewinns bei erfolgreicher Klage zu erhalten, nicht aus, um eine effektive Rechtsdurchsetzung zu gewährleisten. Bei einem Schadensersatzanspruch geschädigter Anleger ist der Anreiz des einzelnen Anlegers, den Insider in Anspruch zu nehmen, größer als bei der Gewinnabschöpfung. Bei einer Organaußenhaftung im Sinne einer Schadensersatzhaftung sollte daher auch der einzelne Anleger seinen individuellen Schaden geltend machen. Bei der Gewinnabschöpfung steht nicht die individuelle, sondern die kollektive Rechtsdurchsetzung im Vordergrund. Daher sollte die Aktivlegitimation Anlegerschutzverbänden zugesprochen werden. Diese könnten den Insider als Kollektiv in Anspruch nehmen und dürften den Gewinn als Rechtsschutzziel auch erhalten. Dadurch wäre die Zielsetzung der Gewinnabschöpfung gewährleistet und eine effektive Rechtsdurchsetzung zu erwarten. Schließlich ist zu betonen, dass bei einer globalen Betrachtung die Gewinnabschöpfung dazu dient, Marktversagen zu korrigieren, insbesondere Informationsasymmetrien ex post auszugleichen. Grundsätzlich könnte dem Markt die Sanktionierung des Insiderhandels selbst überlassen werden, indem Emittenten unrichtiger oder unterlassener Informationen vom Markt verdrängt werden oder Organmitglieder, die Transaktionen mit Insiderwissen vorgenommen haben, durch ihren Rufverlust geschädigt werden. Es zeigt sich jedoch in der Rechtswirklichkeit, dass rechtswidriges Verhalten nicht marktintern bestraft, sondern vielmehr „belohnt“ wird, indem unrechtmäßig erwirtschaftete Gewinne dem Täter verbleiben. In diesem Fall sollte die Rechtsordnung korrigierend eingreifen. Das Recht muss überhaupt über wirksame Sanktionsmechanismen verfügen, um die Einhaltung von Ge- und Verboten im Kapitalmarktrecht sicherzustellen.11

11

So auch Alexander, JZ 2006, 890 (894).

376

Kap. 8: Schlussbetrachtung

C. Praktische Bedeutung der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung Für eine Gewinnabschöpfung sprechen rechtstatsächliche Gründe, da sie eine Verbesserung des bislang defizitären Durchsetzungsinstrumentariums kapitalmarktrechtlicher Normen erwarten lässt. Als erster wesentlicher Punkt sprechen Beweiserleichterungen und Vermutungsregeln für eine spezialgesetzliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda. So muss im Gegensatz zu den strafrechtlichen Sanktionen und Geldbußen bei tatsächlichem Insiderhandel nach § 14 WpHG bei einer kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung die Kenntnis von Insiderinformationen nicht bewiesen werden. Vielmehr wird bei Verstoß gegen die Meldepflicht des § 15a WpHG diese Kenntnis unwiderleglich vermutet. Ein Vorteil der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung wegen Verstößen gegen die Meldepflichten des § 15a WpHG liegt auch bereits in ihrer Existenz de lege ferenda, da die Möglichkeit der Gewinnabschöpfung aufgrund der Unanwendbarkeit von § 17 Abs. 4 OWiG in diesem Rahmen bislang nicht gegeben ist. Eine spezialgesetzliche Gewinnabschöpfung ist aufgrund ihrer flexiblen Ausgestaltung gegenüber einer schlichten Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 17 Abs. 4 OWiG vorzugswürdig.12 Neben der praxistauglichen tatbestandlichen Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung wäre die privatrechtliche Durchsetzung der Gewinnabschöpfung durch Anlegerverbände ein erheblicher Vorteil zur bestehenden Rechtslage. Eine privatrechtliche Rechtdurchsetzung könnte sich aufgrund der weitreichenden finanziellen und personellen Mittel als effizienter gegenüber einer behördlichen Durchsetzung erweisen. Die BaFin erscheint als Behörde zwar geeignet, eine administrative Gewinnabschöpfung mittels Verwaltungsakt durchzusetzen, jedoch erweisen sich die begrenzten Ressourcen der Behörde in der Praxis als hinderlich. Insbesondere eine privatrechtliche Gewinnabschöpfung, welche durch Anlegerschutzverbände geltend gemacht wird, ist sowohl tatbestandlich als auch prozessual praktikabel konstruiert. Anlegerschutzverbände könnten ihre Durchsetzungskompetenz daher in größerem Umfang wahrnehmen und dadurch zur effektiven Rechtsdurchsetzung beitragen. Jedoch vermag auch eine privatrechtliche Gewinnabschöpfung nicht das Problem zu lösen, dass das objektive Vorliegen eines Pflichtenverstoßes in der Praxis bewiesen werden muss. Sofern der Nachweis, dass eine Transaktion eines Insiders 12

Siehe hierzu Kapitel 6, A.I., S. 297 ff.

D. Konstruktionen der Gewinnabschöpfung

377

ohne Meldung nach § 15a WpHG stattgefunden hat, misslingt, ist auch mit Etablierung einer Gewinnabschöpfung keine wesentliche Verbesserung der Durchsetzungsmöglichkeiten zu erwarten. Eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda muss daher ebenfalls faktische Beweisprobleme bezüglich des Nachweises des objektiven Pflichtenverstoßes bewältigen. Aufgrund der „Heimlichkeit“ bereitet der Nachweis einer Insidertransaktion, die nicht gemeldet wurde, erhebliche praktische Schwierigkeiten. Jedoch kann eingewandt werden, dass allein anhand der Statistiken der BaFin zur Verfolgung von Insiderverstößen13 belegt werden kann, dass zwischen der Einleitung von Verfahren durch die BaFin und den abgeschlossenen gerichtlichen Verfahren, die nicht eingestellt wurden, eine erhebliche Diskrepanz liegt. Auch die Untersuchungen der BaFin wegen Verdachts des Insiderhandels werden regelmäßig bereits ohne Einschaltung der Staatsanwaltschaft mangels Beweisen eingestellt.14 Eine kapitalmarktrechtliche Gewinnabschöpfung de lege ferenda könnte gerade wegen ihrer Beweiserleichterungen den Spielraum zwischen den eingeleiteten Untersuchungen und den erfolgreich abgeschlossenen Verfahren ausfüllen und zu einer höheren Durchsetzungsrate im Kapitalmarktrecht beitragen. Anlegerschutzverbände müssten ebenso wie die BaFin Untersuchungen durchführen, wobei ihnen ein Auskunftsanspruch gegen entsprechende Behörden und Personen zukommt.15 Die BaFin nutzt zur Überwachung sämtliche Daten über Wertpapiergeschäfte, die ihr von den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten gemeldet werden müssen.16 Außerdem wertet die BaFin alle Ad-hoc-Mitteilungen börsennotierter Unternehmen aus und geht Hinweisen Dritter nach.17 Es ist zu hoffen, dass Anlegerschutzverbände aufgrund größerer Kapazitäten Hinweisen Dritter vertiefter nachgehen und zudem Analysen von Meldungen in größerem Umfang durchführen könnten.

D. Konstruktionen der Gewinnabschöpfung Im Folgenden sollen die Modelle der Gewinnabschöpfung noch einmal unter Einbezug der in der Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse dargestellt werden.

13 14 15 16 17

Siehe hierzu Kapitel 3, B.I., S. 159 ff. BaFin, Jahresbericht 2007, S. 176. Vgl. hierzu Kapitel 7, C.VI., S. 356. BaFin, Jahresbericht 2007, S. 172. BaFin, Jahresbericht 2007, S. 172.

378

Kap. 8: Schlussbetrachtung

I. Modell 1: Sanktionierung der Verletzung der Meldepflichten bei Directors’ Dealings Bei den materiellrechtlichen Verhaltensgeboten und -verboten, die zu einer Gewinnabschöpfung führen können, kristallisiert sich insbesondere ein Modell heraus, bei dem die Gewinnabschöpfung an eine singuläre Transaktion ohne nachfolgende Meldung im Sinne des § 15a WpHG anknüpft.18 Die obige Untersuchung hat ergeben, dass sich eine zivilrechtliche Ausgestaltung des Modells anbietet. Die Durchsetzung der Gewinnabschöpfung durch Private ist grundsätzlich mit dem Auftrag an den Gesetzgeber der Verbesserung der kollektiven Rechtsdurchsetzungsmechanismen verbunden. Bei einer zivilrechtlichen Ausgestaltung sind nach dem hier vertretenen Modell Anlegerschutzverbände anspruchsberechtigt. Die Anlegerschutzverbände als klagebefugt zu qualifizieren, entspricht § 10 UWG sowie § 34a GWB. Trotz der fehlenden eigenen Vermögensschädigung der Verbände spricht das gewichtige Argument der praktikablen Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung für eine Durchsetzung derselben durch Anlegerschutzverbände. Eine missbräuchliche Geltendmachung ist nicht zu befürchten, da der mit der Gewinnabschöpfung zu sanktionierende Pflichtenverstoß erhebliche objektive Beweisschwierigkeiten birgt. Einer motivierten und personell sowie finanziell hinreichend unterstützten Verfolgung von Insiderverstößen durch Anlegerschutzverbände haftet daher nicht der Anschein einer missbräuchlichen, zu Einnahmezwecken verfolgten Klageerhebung an. Die Klage von Anlegerschutzverbänden auf Herausgabe des rechtswidrig erwirtschafteten Gewinns kann vielmehr zur Ausfüllung der beschriebenen Rechtsdurchsetzungslücke beitragen. Grundsätzlich ist eine Gewinnabschöpfung verschuldensabhängig auszugestalten.19 Die Gewinnabschöpfung auf der Rechtsfolgenseite von § 15a WpHG beinhaltet ein zweigliedriges Verschuldensmodell. Zunächst ist Anknüpfungspunkt für das Verschulden die unterlassene Meldung nach § 15a WpHG. In dieser unterlassenen Veröffentlichung ist die unwiderlegliche Vermutung für einen Verstoß gegen § 14 WpHG und damit die unwiderlegliche Vermutung für eine Transaktion unter Verwendung von Insiderinformationen zu sehen. Diese unwiderlegliche Verschuldensvermutung knüpft folglich an ein vorsätzliches Handeln des Insiders an, das die Gewinnherausgabepflicht auslöst. Eine Festlegung auf vorsätzliches Handeln 18 Siehe zu den materiellrechtlichen Veröffentlichungspflichten, deren Nichtbefolgung mit einer Gewinnabschöpfung begegnet werden kann, Kapitel 2, C., S. 73 ff. 19 Siehe zum Verschuldenserfordernis Kapitel 7, B., S. 322 ff.

D. Konstruktionen der Gewinnabschöpfung

379

des Insiders entspricht den klassischen zivilrechtlichen Modellen einer Gewinnabschöpfung.20 Auch § 10 UWG setzt einen Vorsatznachweis für die Gewinnabschöpfung voraus.21 Zudem steht die Voraussetzung vorsätzlichen Handelns in Einklang mit der Zielsetzung der Gewinnabschöpfung als zivilrechtlicher Sanktion, die sicherstellen will, dass der Rechtsbruch nicht auch noch belohnt wird. Bezüglich der unterlassenen Meldung nach § 15a WpHG ist ebenfalls ein Verschuldenserfordernis vorzusehen. Aufgrund der gesetzlichen Konzeption des § 15a WpHG, der sowohl fahrlässige als auch vorsätzliche Verhaltensweisen erfasst, und vor dem Hintergrund der praktikablen Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung ist grundsätzlich eine fahrlässige Nichtvornahme der Meldungen zu fordern, wobei das Verschulden des Insiders widerleglich zu vermuten ist. Die Dogmatik der Gewinnabschöpfung ist auch bei diesem Modell der kapitalmarktrechtlichen Gewinnabschöpfung gewahrt, da die objektive Vornahme von Transaktionen ohne nachfolgende Veröffentlichung i. S. d. § 15a WpHG zur unwiderleglichen Vermutung einer tatsächlichen Insidertransaktion im Sinne eines vorsätzlichen Rechtsbruchs führt. Als Berechnungsmethode des Gewinns ist die Kursdifferenzmethode anzuwenden.22 Die Berechnungsmethode im Rahmen eines Modells nach § 15a WpHG ist dreistufig ausgestaltet. Der Gewinn berechnet sich primär anhand der Differenz zwischen dem Kaufpreis und einem durchschnittlichen Transaktionspreis, der zwischen nachgeholter Veröffentlichung der Meldung nach § 15a WpHG und einer Preisanpassungsspanne von einer Woche ermittelt wird. Sofern vor der nachgeholten Meldung nach § 15a WpHG eine Ad-hoc-Veröffentlichung erfolgt, berechnet sich der Gewinn sekundär anhand der Differenz zwischen dem Kaufpreis und einem durchschnittlichen Transaktionspreis, der zwischen Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG und einer Preisanpassungsspanne von dreißig Tagen ermittelt wird. Durch dieses System verbleibt dem Insider ein Anreiz, seine unterlassene Meldung nach § 15a WpHG in den Fällen nachzuholen, in denen er die Meldung tatsächlich vergessen hat und die Transaktionsvornahme nicht durch Insiderinformationen motiviert ist. Meldungen nach § 15a WpHG sind grundsätzlich mit geringeren Kursauswirkungen verbunden als Ad-hocMeldungen, so dass der zu ermittelnde und herauszugebende Gewinn bei einer nachgeholten Meldung nach § 15a WpHG vermutlich geringer ausfällt. Als dritte Möglichkeit kommt die Verrechnung tatsächlicher kurzfristiger Transaktionen in Betracht, sofern der Insider noch vor Vornahme der 20

Siehe zur Gewinnabschöpfung im allgemeinen Zivilrecht Kapitel 5, C.I., S. 225 ff. 21 Siehe zu den Voraussetzungen des § 10 UWG Kapitel 5, C.II.2., S. 248. 22 Siehe zur Kursdifferenzmethode Kapitel 7, C.II., S. 340 ff.

380

Kap. 8: Schlussbetrachtung

Meldung nach § 15a WpHG und vor Veröffentlichung einer Ad-hoc-Information eine dem ursprünglichen Transaktionsvorgang gegenläufige Transaktion vorgenommen hat. Der Einwand, der Insider habe bei einer „einfachen“ Gewinnabschöpfung nichts zu befürchten, da er nach der Tat nicht schlechter stehe als vor der Tat, ist zwar auf den ersten Blick nachvollziehbar, insgesamt aber nicht zutreffend.23 Eine strafende Gewinnberechnung würde sich nicht mit der fehlenden Anerkennung von punitive damages im deutschen Recht vereinbaren lassen.24 Auch wenn die einfache Gewinnabschöpfung zwar keine „Bestrafung“ des Täters darstellt, so wird diesem durch die vollständige Abschöpfung der erlangten Vorteile jedoch vor Augen geführt, dass sich sein widerrechtliches Verhalten zumindest nicht lohnt. Dies ist der eigentliche Regelungszweck der Gewinnabschöpfung. Eine darüber hinausgehende finanzielle Einbuße kann den Insider durch ein auferlegtes Bußgeld oder durch eine strafrechtliche Verurteilung treffen. Diese Sanktionen sind nicht vorteilsmindernd abzuziehen.25 Zwischen der Gewinnabschöpfung und eventuellen Schadensersatzzahlungen ist aufgrund der Personenverschiedenheit von Anspruchsstellern und Anspruchsgegner ebenfalls keine Konkurrenz anzunehmen, so dass keine Anrechnung von Schadensersatzzahlungen auf die Höhe des Gewinns erfolgt.26

II. Modell 2: Sanktionierung von tatsächlichem Insiderhandel Ein zweites Modell der Sanktionierung des Insiderhandels ist in einem Erst-recht-Schluss zum ersten Modell zu befürworten. Wenn schon Insider den erwirtschafteten Gewinn abführen müssen, bei denen nicht fest steht, ob sie „nur“ gegen Mitteilungspflichten verstoßen haben oder tatsächlich einen Informationsvorsprung ausgenutzt haben, dann muss die Gewinnabführungspflicht erst Recht diejenigen treffen, bei denen ein Insiderwissen zum Zeitpunkt der Transaktionsvornahme nachgewiesen werden kann.27 Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung gelten die Ausführungen zum ersten Modell entsprechend.28 Lediglich das Verschulden ist nicht im Sinne einer Beweislastumkehr zu vermuten. Der praktikablen Form der Sanktionierung des Insiderhandels unter Einschluss von Beweiserleichterungen und Verschuldensvermutungen dient gerade die Gewinnabschöpfung auf der Rechts23 24 25 26 27 28

Siehe zu der strafenden Gewinnberechnung Kapitel 7, D.I., S. 358 ff. Siehe hierzu Kapitel 7, D.I., S. 358 ff. Vgl. hierzu Kapitel 7, D.II.2., S. 370 ff. Siehe hierzu Kapitel 7, D.II.1., S. 368 f. Siehe zu dem Vergleich der Modelle auch Kapitel 4, F.IV.2., S. 214 ff. Siehe zum ersten Modell Kapitel 8, D.I., S. 378 ff.

D. Konstruktionen der Gewinnabschöpfung

381

folgenseite von § 15a WpHG mit seinem zweigliedrigen Verschuldensmodell. Ein Gewinnabschöpfungsmodell zur Sanktionierung tatsächlichen Insiderhandels knüpft an einen Verstoß gegen das Verbot des Insiderhandels, § 14 WpHG, an.29 Primär ist eine Durchsetzung seitens der Anlegerschutzverbände anzuraten. Auch eine behördliche Gewinnabschöpfung ist möglich. Deren Effektivität ist jedoch gegenüber einer Klage durch Anlegerschutzverbände abgemildert, da die BaFin nur über begrenzte finanzielle und personelle Ressourcen verfügt.

III. Modell 3: Gewinnabschöpfung bei short-swing tradings Ein drittes Modell lehnt sich an § 16(b) SEA des US-amerikanischen Rechts an.30 Ein Modell in Anlehnung an § 16(b) SEA, das nicht an materiellrechtliche Veröffentlichungspflichten anknüpft, sondern jeden Gewinn als abschöpfungsfähig qualifiziert, der sich durch Transaktionen innerhalb von sechs Monaten rechnerisch ergibt, stuft jeden solchen Fall als Marktmanipulation ein. Kurzfristige, spekulative Geschäfte können mit einer Marktverwirrung durch gegenläufige Signale und mit Preismanipulationen verbunden werden.31 Der Gewinn würde anhand einer lowest price in/highest price out-Methode innerhalb eines sechsmonatigen Zeitraumes nach der unterlassenen Meldung berechnet werden.32 Dieses Modell ist praxistauglich, da der Gewinn anhand von festen Größen bestimmt wird. Reale Transaktionspreise sind in der Praxis leichter zu ermitteln als hypothetische Kursentwicklungen.33 Erforderlich sind nach dem dritten Modell stets zwei Transaktionen, die miteinander verrechnet werden können. Das dritte Modell schließt das erste und zweite Modell nicht aus, weil andernfalls ein Insider die Gewinnabschöpfung dadurch umgehen könnte, dass er eine zu einer rechtswidrigen, da nicht veröffentlichten Transaktion gegensätzliche Transaktion innerhalb der ersten sechs Monate nicht vornimmt. In einem solchen Fall würden Modell 1 oder 2 greifen. Aufgrund der starren Voraussetzungen kann das dritte Modell der Gewinnabschöpfung im deutschen Recht nicht befürwortet werden, sondern würde vielmehr einen Fremdkörper im Sanktionensystem darstellen. Eine 29

Siehe hierzu Kapitel 7, B.II.2.d), S. 329 ff. Siehe zu § 16(b) SEA Kapitel 3, A.I.2.b)bb)(2), S. 138 ff. 31 Siehe zum Regelungszweck des § 16(b) SEA und der Verhinderung von Marktmanipulation Kapitel 3, A.I.2.b)bb)(2)(b), S. 146 ff. 32 Siehe zu der Berechnungsmethode Kapitel 7, C.I., S. 334 ff. 33 Siehe hierzu Kapitel 7, C.III., S. 353 ff. 30

382

Kap. 8: Schlussbetrachtung

Gewinnabschöpfung im Sinne des ersten Modells, die an unterlassene Meldungen anknüpft, ist als geringerer Eingriff zu verstehen. Ein Handelsverbot innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten ist aufgrund der geringen Flexibilität und der strengen Konzeption im Ergebnis abzulehnen.

E. Thesen der Untersuchung 1. These: Eine Gewinnabschöpfung ist primär im Falle der unterlassenen Veröffentlichungspflichten bei Directors’ Dealings nach § 15a WpHG einzuführen, in einem Erst-recht-Schluss auch bei Vorliegen eines tatsächlichen Insiderhandels im Sinne des § 14 WpHG. 2. These: Ein Modell der Gewinnabschöpfung auf der Rechtsfolgenseite von § 15a WpHG vermutet bei einem Eigengeschäft einer Führungsperson mit Wertpapieren des eigenen Emittenten ohne Meldung nach § 15a WpHG unwiderleglich eine Transaktion unter Verwendung von Insiderinformationen. Das Unterlassen der Meldung nach § 15a WpHG muss schuldhaft erfolgen – wobei fahrlässiges Handeln des Insiders genügt. Dieses wird widerlegbar vermutet. 3. These: Eine Gewinnabschöpfung kann sowohl zivilrechtlich als auch administrativ ausgestaltet werden. Eine zivilrechtliche Ausgestaltung der Gewinnabschöpfung ist aufgrund der weiterreichenden personellen und finanziellen Mittel Erfolg versprechender als eine administrative Gewinnabschöpfung. Hier ist Anlegerschutzverbänden die Aktivlegitimation zur Gewinnabschöpfung zuzusprechen. Zur Sicherung der effektiven Durchsetzung kommt den Anlegerschutzverbänden ein Auskunftsanspruch zu. Der Gewinn ist mittels einer dreistufigen Form der Kursdifferenzmethode zu bestimmen. Eine strafende Gewinnberechnung ist nicht zu befürworten. Ein Abzug von Schadensersatzansprüchen, kriminalstrafrechtlichen Sanktionen oder Bußgeldern ist nicht vorzunehmen. 4. These: Gesetzesvorschlag § 37d n. F. WpHG Gewinnabschöpfung Abs. 1 1

Wer die Meldepflichten nach § 15a verletzt und mit der nicht gemeldeten Transaktion einen Gewinn erwirtschaftet, kann von Anlegerschutzverbänden i. S. d. Abs. 3 auf Herausgabe dieses Gewinns in Anspruch genommen werden. 2Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. 3Auf die Kenntnis von Insiderinformationen kommt es nicht an.

E. Thesen der Untersuchung

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Abs. 2 Die Pflicht zur Gewinnherausgabe gegenüber Anlegerschutzverbänden trifft auch denjenigen, der § 14 zuwiderhandelt. Abs. 3 Anlegerschutzverbände i. S. d. Abs. 1 sind Vereine nach §§ 21 ff. BGB, die in einem staatlichen Registerverfahren die grundsätzliche Anerkennung ihrer Prozessführungsbefugnis erhalten haben. Abs. 4 1

Der Gewinn i. S. d. Abs. 1 und Abs. 2 ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Kaufpreis und einem durchschnittlichen Transaktionspreis, der zwischen nachgeholter Meldung nach § 15a und einer Preisanpassungsspanne von einer Woche ermittelt wird. 2Sofern eine Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 vor der nachgeholten Meldung nach § 15a erfolgt, ist die Differenz zwischen dem Kaufpreis und einem durchschnittlichen Transaktionspreis, der zwischen der Ad-hoc-Mitteilung und einer Preisanpassungsspanne von dreißig Tagen ermittelt wird, als Gewinn herauszugeben. 3Sofern der Insider vor der nachgeholten Meldung nach § 15a und vor der Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 eine dem ursprünglichen Transaktionsvorgang gegenläufige Transaktion vorgenommen hat, ist die Differenz der beiden Transaktionspreise maßgebend. 4Auf den Gewinn sind Leistungen nicht anzurechnen, die der Schuldner aufgrund der Zuwiderhandlung an Dritte oder an den Staat erbracht oder noch zu erbringen hat.

Materialanhang US-amerikanisches Recht § 10(b) SEA It shall be unlawful for any person, directly or indirectly, by the use of any means or instrumentality of interstate commerce or of the mails, or of any facility of any national securities exchange (. . .) (b) To use or employ, in connection with the purchase or sale of any security registered on a national securities exchange or any security not so registered, or any securities based swap agreement (as defined in section 206B of the Gramm-LeachBliley Act), any manipulative or deceptive device or contrivance in contravention of such rules and regulations as the Commission may prescribe as necessary or appropriate in the public interest or for the protection of investors. Rules promulgated under subsection (b) that prohibit fraud, manipulation, or insider trading (but not rules imposing or specifying reporting or recordkeeping requirements, procedures, or standards as prophylactic measures against fraud, manipulation, or insider trading), and judicial precedents decided under subsection (b) and rules promulgated thereunder that prohibit fraud, manipulation, or insider trading, shall apply to security-based swap agreements (as defined in section 206B of the Gramm-Leach-Bliley Act) to the same extent as they apply to securities. Judicial precedents decided under section 17(a) of the Securities Act of 1933 and sections 9, 15, 16, 20, and 21A of this title, and judicial precedents decided under applicable rules promulgated under such sections, shall apply to security-based swap agreements (as defined in section 206B of the Gramm-Leach-Bliley Act) to the same extent as they apply to securities. Rule 10b-5: Employment of Manipulative and Deceptive Devices It shall be unlawful for any person, directly or indirectly, by the use of any means or instrumentality of interstate commerce, or of the mails or of any facility of any national securities exchange, To employ any device, scheme, or artifice to defraud, To make any untrue statement of a material fact or to omit to state a material fact necessary in order to make the statements made, in the light of the circumstances under which they were made, not misleading, or To engage in any act, practice, or course of business which operates or would operate as a fraud or deceit upon any person, in connection with the purchase or sale of any security.

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§ 16(a) SEA: Disclosures required (1) DIRECTORS, OFFICERS, AND PRINCIPAL STOCKHOLDERS REQUIRED TO FILE. Every person who is directly or indirectly the beneficial owner of more than 10 percent of any class of any equity security (other than an exempted security) which is registered pursuant to section 12, or who is a director or an officer of the issuer of such security, shall file the statements required by this subsection with the Commission (and, if such security is registered on a national securities exchange, also with the exchange). (2) TIME OF FILING. The statements required by this subsection shall be filed (A) at the time of the registration of such security on a national securities exchange or by the effective date of a registration statement filed pursuant to section 12(g); (B) within 10 days after he or she becomes such beneficial owner, director, or officer; (C) if there has been a change in such ownership, or if such person shall have purchased or sold a security based swap agreement (as defined in section 206(b) 1 of the Gramm-Leach-Bliley Act (15 U.S.C. 78c note)) involving such equity security, before the end of the second business day following the day on which the subject transaction has been executed, or at such other time as the Commission shall establish, by rule, in any case in which the Commission determines that such 2-day period is not feasible. § 16(b) SEA: Profits from purchase and sale of security within six months For the purpose of preventing the unfair use of information which may have been obtained such beneficial owner, director or officer by reason of his relationship to the issuer, any profit realized by him from any purchase and sale, or any sale and purchase, of any equity security of such issuer (other than an exempted security) or a security-based swap agreement (as defined in section 106B of the Gramm-LeachBliley Act) involving any such equity security within any period of less than six months, unless such security or security-based swap agreement was acquired in good faith in connection with a debt previously contracted, shall insure to and be recoverable by the issuer, irrespective of any intention on the part of such beneficial owner, director, or officer in entering into such transaction of holding the security or security-based swap agreement purchased or of not repurchasing the security or security-based swap agreement sold for a period exceeding six months. Suit to recover such profit may be instituted at law or in equity in any court of competent jurisdiction by the issuer, or by the owner of any security of the issuer in the name and in behalf of the issuer if the issuer shall fail or refuse to bring such suit within sixty days after request or shall fail diligently to prosecute the same there- after; but no such suit shall be brought more than two years after the date such profit was realized. This subsection shall not be construed to cover any transaction where such beneficial owner was not such both at the time of the purchase and sale, or the sale and purchase, of the security or security-based swap agreement (as defined in section 206B of the Gramm-Leach-Biley Act) involved, or any transaction or transac-

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tions which the Commission by rules and regulations may exempt as not comprehended within the purpose of this subsection. § 20A SEA: LIABILITY TO CONTEMPORANEOUS TRADERS FOR INSIDER TRADING (a) PRIVATE RIGHTS OF ACTION BASED ON CONTEMPORANEOUS TRADING. Any person who violates any provision of this title or the rules or regulations thereunder by purchasing or selling a security while in possession of material, non-public information shall be liable in an action in any court of competent jurisdiction to any person who, contemporaneously with the purchase or sale of securities that is the subject of such violation, has purchased (where such violation is based on a sale of securities) or sold (where such violation is based on a purchase of securities) securities of the same class. (b) LIMITATIONS ON LIABILITY. (1) CONTEMPORANEOUS TRADING ACTIONS LIMITED TO PROFIT GAINED OR LOSS AVOIDED. The total amount of damages imposed under subsection (a) shall not exceed the profit gained or loss avoided in the transaction or transactions that are the subject of the violation. (2) OFFSETTING DISGORGEMENTS AGAINST LIABILITY. The total amount of damages imposed against any person under subsection (a) shall be diminished by the amounts, if any, that such person may be required to disgorge, pursuant to a court order obtained at the instance of the Commission, in a proceeding brought under section 21(d) of this title relating to the same transaction or transactions. (. . .) (d) AUTHORITY NOT TO RESTRICT OTHER EXPRESS OR IMPLIED RIGHTS OF ACTION. Nothing in this section shall be construed to limit or condition the right of any person to bring an action to enforce a requirement of this title or the availability of any cause of action implied from a provision of this title. § 21 SEA: INVESTIGATIONS; INJUNCTIONS AND PROSECUTION OF OFFENSES (. . .) (d)(1) Whenever it shall appear to the Commission that any person is engaged or is about to engage in acts or practices constituting a violation of any provision of this title, the rules or regulations thereunder, the rules of a national securities exchange or registered securities association of which such person is a member or a person associated with a member, the rules of a registered clearing agency in which such person is a participant, the rules of the Public Company Accounting Oversight Board, of which such person is a registered public accounting firm or a person associated with such a firm, or the rules of the Muncipal Securities Rulemaking Board, it may in its discretion bring an action in the proper district court of the United States, the United States District Court for the District of Columbia, or the United States courts of any territory or other place subject to the jurisdiction of

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the United States, to enjoin such acts or practices, and upon a proper showing a permanent or temporary injunction or restraining order shall be granted without bond. The Commission may transmit such evidence as may be available concerning such acts or practices as may constitute a violation of any provision of this title or the rules or regulations thereunder to the Attorney General, who may, in his discretion, institute the necessary criminal proceedings under this title. (2) AUTHORITY OF A COURT TO PROHIBIT PERSONS FROM SERVING AS OFFICERS AND DIRECTORS. In any proceeding under paragraph (1) of this subsection, the court may prohibit, conditionally or unconditionally, and permanently or for such period of time as it shall determine, any person who violated section 10(b) of this title or the rules or regulations thereunder from acting as an officer or director of any issuer that has a class of securities registered pursuant to section 12 of this title or that is required to file reports pursuant to section 15(d) of this title if the person’s conduct demonstrates unfitness to serve as an officer or director of any such issuer. (3) MONEY PENALTIES IN CIVIL ACTIONS. (A) AUTHORITY OF COMMISSION. Whenever it shall appear to the Commission that any person has violated any provision of this title, the rules or regulations thereunder, or a ceaseand- desist order entered by the Commission pursuant to section 21C of this title, other than by committing a violation subject to a penalty pursuant to section 21A, the Commission may bring an action in a United States district court to seek, and the court shall have jurisdiction to impose, upon a proper showing, civil penalty to be paid by the person who committed such violation. (B) AMOUNT OF PENALTY. (i) FIRST TIER. The amount of the penalty shall be determined by the court in light of the facts and circumstances. For each violation, the amount of the penalty shall not exceed the greater of (I) $5,000 for a natural person or $50,000 for any other person, or (II) the gross amount of pecuniary gain to such defendant as a result of the violation. (ii) SECOND TIER. Notwithstanding clause (i), the amount of penalty for each such violation shall not exceed the greater of (I) $50,000 for a natural person or $250,000 for any other person, or (II) the gross amount of pecuniary gain to such defendant as a result of the violation, if the violation described in subparagraph (A) involved fraud, deceit, manipulation, or deliberate or reckless disregard of a regulatory requirement. (iii) THIRD TIER. Notwithstanding clauses (i) and (ii), the amount of penalty for each such violation shall not exceed the greater of (I) $100,000 for a natural person or $500,000 for any other person, or (II) the gross amount of pecuniary gain to such defendant as a result of the violation, if (aa) the violation described in subparagraph (A) involved fraud, deceit, manipulation, or deliberate or reckless disregard of a regulatory requirement; and (bb) such violation directly or indirectly resulted in substantial losses or created a significant risk of substantial losses to other persons. (. . .) (d)(5) EQUITABLE RELIEF. In any action or proceeding brought or instituted by the Commission under any provision of the securities laws, the Commis-

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sion may seek, and any Federal court may grant, any equitable relief that may be appropriate or necessary for the benefit of investors.

CIVIL PENALTIES FOR INSIDER TRADING § 21A(a) SEA: AUTHORITY TO IMPOSE CIVIL PENALTIES. (1) JUDICIAL ACTIONS BY COMMISSION AUTHORIZED. Whenever it shall appear to the Commission that any person has violated any provision of this title or the rules or regulations thereunder by purchasing or selling a security or securitybased swap agreement (as defined in section 206B of the Gramm-Leach-Bliley Act) while in possession of material, non-public information in, or has violated any such provision by communicating such information in connection with, a transaction on or through the facilities of a national securities exchange or from or through a broker or dealer, and which is not part of a public offering by an issuer of securities other than standardized options or security futures products, the Commission (A) may bring an action in a United States district court to seek, and the court shall have jurisdiction to impose, a civil penalty to be paid by the person who committed such violation; and (B) may, subject to subsection (b)(1), bring an action in a United States district court to seek, and the court shall have jurisdiction to impose, a civil penalty to be paid by a person who, at the time of the violation, directly or indirectly controlled the person who committed such violation. (2) AMOUNT OF PENALTY FOR PERSON WHO COMMITTED VIOLATION. The amount of the penalty which may be imposed on the person who committed such violation shall be determined by the court in light of the facts and circumstances, but shall not exceed three times the profit gained or loss avoided as a result of such unlawful purchase, sale, or communication. (3) AMOUNT OF PENALTY FOR CONTROLLING PERSON. The amount of the penalty which may be imposed on any person who, at the time of the violation, directly or indirectly controlled the person who committed such violation, shall be determined by the court in light of the facts and circumstances, but shall not exceed the greater of $1,000,000, or three times the amount of the profit gained or loss avoided as a result of such controlled person’s violation. If such controlled person’s violation was a violation by communication, the profit gained or loss avoided as a result of the violation shall, for purposes of this paragraph only, be deemed to be limited to the profit gained or loss avoided by the person or persons to whom the controlled person directed such communication. (b) LIMITATIONS ON LIABILITY. (1) LIABILITY OF CONTROLLING PERSONS. No controlling person shall be subject to a penalty under subsection (a)(1)(B) unless the Commission establishes that (A) such controlling person knew or recklessly disregarded the fact that such controlled person was likely to engage in the act or acts constituting the violation

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and failed to take appropriate steps to prevent such act or acts before they occurred; or (B) such controlling person knowingly or recklessly failed to establish, maintain, or enforce any policy or procedure required under section 15(f) of this title or section 204A of the Investment Advisers Act of 1940 and such failure substantially contributed to or permitted the occurrence of the act or acts constituting the violation. (2) ADDITIONAL RESTRICTIONS ON LIABILITY. No person shall be subject to a penalty under subsection (a) solely by reason of employing another person who is subject to a penalty under such subsection, unless such employing person is liable as a controlling person under paragraph (1) of this subsection. Section 20(a) of this title shall not apply to actions under subsection (a) of this section. (c) AUTHORITY OF COMMISSION. the Commission, by such rules, regulations, and orders as it considers necessary or appropriate in the public interest or for the protection of investors, may exempt, in whole or in part, either unconditionally or upon specific terms and conditions, any person or transaction or class of persons or transactions from this section. (d) PROCEDURES FOR COLLECTION. (1) PAYMENT OF PENALTY TO TREASURY. A penalty imposed under this section shall (subject to subsection (e)) be payable into the Treasury of the United States, except as otherwise provided in section 308 of the Sarbanes-Oxley Act of 2002. (2) COLLECTION OF PENALTIES. If a person upon whom such a penalty is imposed shall fail to pay such penalty within the time prescribed in the court’s order, the Commission may refer the matter to the Attorney General who shall recover such penalty by action in the appropriate United States district court. (3) REMEDY NOT EXCLUSIVE. The actions authorized by this section may be brought in addition to any other actions that the Commission or the Attorney General are entitled to bring. (4) JURISDICTION AND VENUE. For purposes of section 27 of this title, actions under this section shall be actions to enforce a liability or a duty created by this title. (5) STATUTE OF LIMITATIONS. No action may be brought under this section more than 5 years after the date of the purchase or sale. This section shall not be construed to bar or limit in any manner any action by the Commission or the Attorney General under any other provision of this title, nor shall it bar or limit in any manner any action to recover penalties, or to seek any other order regarding penalties, imposed in an action commenced within 5 years of such transaction. (e) AUTHORITY TO AWARD BOUNTIES TO INFORMANTS. Notwithstanding the provisions of subsection (d)(1), there shall be paid from amounts imposed as a penalty under this section and recovered by the Commission or the Attorney General, such sums, not to exceed 10 percent of such amounts, as the Commission deems appropriate, to the person or persons who provide information leading to the imposition of such penalty. Any determinations under this subsection, including whether, to whom, or in what amount to make payments, shall be in the sole discre-

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tion of the Commission, except that no such payment shall be made to any member, officer, or employee of any appropriate regulatory agency, the Department of Justice, or a self-regulatory organization. Any such determination shall be final and not subject to judicial review. (f) DEFINITION. For purposes of this section, „profit gained“ or „loss avoided“ is the difference between the purchase or sale price of the security and the value of that security as measured by the trading price of the security a reasonnable period after public dissemination of the nonpublic information. (g) The authority of the Commission under this section with respect to securitybased swap agreements (as defined in section 206B of the Gramm-Leach-Bliley Act) shall be subject to the restrictions and limitations of section 3A(b) of this title. § 21B SEA (a) COMMISSION AUTHORITY TO ASSESS MONEY PENALTIES. – In any proceeding instituted pursuant to sections 15(b)(4), 15(b)(6), 15D, 15B, 15C, or 17A of this title against any person, the Commission or the appropriate regulatory agency may impose a civil penalty if it finds, on the record after notice and opportunity for hearing, that such person (1) has willfully violated any provision of the Securities Act of 1933, the Investment Company Act of 1940, the Investment Advisers Act of 1940, or this title, or the rules or regulations thereunder, or the rules of the Municipal Securities Rulemaking Board; (2) has willfully aided, abetted, counseled, commanded, induced, or procured such a violation by any other person; (3) has willfully made or caused to be made in any application for registration or report required to be filed with the Commission or with any other appropriate regulatory agency under this title, or in any proceeding before the Commission with respect to registration, any statement which was, at the time and in the light of the circumstances under which it was made, false or misleading with respect to any material fact, or has omitted to state in any such application or report any material fact which is required to be stated therein; or (4) has failed reasonably to supervise, within the meaning of section 15(b)(4)(E) of this title, with a view to preventing violations of the provisions of such statutes, rules and regulations, another person who commits such a violation, if such other person is subject to his supervision; and that such penalty is in the public interest. (. . .) (e) AUTHORITY TO ENTER AN ORDER REQUIRING AN ACCOUNTING AND DISGORGEMENT. In any proceeding in which the Commission or the appropriate regulatory agency may impose a penalty under this section, the Commission or the appropriate regulatory agency may enter an order requiring accounting and disgorgement, including reasonable interest. The Commission is authorized to adopt rules, regulations, and orders concerning payments to investors, rates of interest, periods of accrual, and such other matters as it deems appropriate to implement this subsection.

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Stichwortverzeichnis Ad-hoc-Publizität 63, 73 ff., 74 ff., 108 ff., 117, 128, 131, 164, 204 ff., 328 Aktivlegitimation 168 f., 253, 260 ff., 294, 375, 382 Allokationsfunktion 33, 51 Angemaßte Eigengeschäftsführung 230, 245 Anlageberatung 40, 92 ff., 158 ff. Anlageentscheidung 33, 73, 89 f., 123 ff. Anleger 33 ff., 48 ff., 64 ff., 73, 86 f., 110 ff., 162 ff., 265 ff., 272 ff., 284, 292 ff. Anlegerklagen 132, 294 Anlegerschutz 48 ff., 66, 75, 87, 114 ff., 270, 279 Anlegervertrauen 49, 52, 86 ff., 114 ff., 124, 190 Anreiz 35, 37, 54, 69, 92 f., 275 ff., 289 ff., 307, 313 Ansprüche 110 ff., 162 ff., 177, 186, 194 ff., 224 ff., 234, 238, 244 Anteilseigner 43, 165 f., 321 Anwaltsgebühren 269 f. Appellfunktion 55 Arbeitskreis Gesellschaftsrecht 213, 273, 328, 359 BaFin 77, 82 f., 159 f., 198, 210, 266, 289 f., 302 ff., 374 ff., 381 Behörde 271, 289 f., 301 ff., 312 Bereicherungsrecht 224, 227, 233 ff., 238, 323, 356 Beweislast 273, 295, 314, 317, 326 ff., 356 ff., 380 Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen siehe BaFin

Bußgeld 40, 101 ff., 106, 152, 157, 177, 179, 197 f., 371 Capital Market Hypothesis 53 ff., 123 Class action 53, 174, 268 f., 280 ff., 287 Contemporaneous traders 64, 133 f., 167, 171, 275, 292, 386 Deliktsrecht 129, 232, 240, 243 Derivative action 144 f., 264 f. Deutscher Corporate Governance Kodex 83 Differenzhypothese 340, 344, 346 Director 140 ff., 317 ff. Directors’ Dealings 39 f., 45, 76 ff., 103, 378 ff. Disclose-or-abstain-Rule 63, 74 f., 165 Dreifache Schadensberechnung 240 f. Durchsetzungsdefizit 95, 159 ff., 200, 285, 293, 373, 375 Effektivität des Kapitalmarktes 53, 71, 73, 84, 373 Effizienz des Kapitalmarktes siehe Effektivität des Kapitalmarktes Eintrittsrechte 247 Emittent 32, 43 f., 57 f., 73 f., 108, 111 f., 113, 120 ff., 142, 164 f., 180, 207 f., 233, 258, 260 f., 262 ff., 320 f., 357, 369, 375 Entgangener Gewinn 225 Face-to-face-Transaktionen siehe Privattransaktionen Fiduziarische Pflichten (vgl. Treuepflichten) 151 f.

Stichwortverzeichnis Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes 51 f., 66, 75, 87, 91 f., 102, 114, 118 f., 154 f., 201, 210, 293, 310 Gemeinschaftsrecht 221 ff. Geschäftsleiterhaftung 125 ff. Gewinnberechnung 297, 321, 334 ff., 358 ff. Gewinnempfänger 224, 243, 252, 256, 258 ff. Haftung 36, 38, 41 f., 61, 97, 116, 121, 125 ff., 130 f., 140, 158, 187, 191, 207, 213, 224 f., 229, 231 f., 240, 244 ff., 322 ff. Halteverpflichtung 157 f., 215 Handelsverbot 184 f., 324 f., 338 f., 354 Handelsvolumen 56, 85, 103 Implied right of action/implizierte Klagerechte 133 f. Informationsasymmetrie 33 ff., 55, 97, 179, 201, 274, 375 Informationsdefizit 36, 117, 271 ff., 313 Informationspflicht 73 ff., 205 ff., 246 Insider 43 f., 58, 162, 168, 184, 317 Insiderhandelsverbot 35 ff., 43, 52, 55, 71 ff., 108, 133, 154, 160, 196, 217, 246, 287, 353 Insiderrichtlinie 47, 222 f. Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz 130, 187 Kapitalmarktmusterverfahrensgesetz 175, 283, 285, 294 KapMuG siehe Kapitalmarktmusterverfahrensgesetz Kartellrecht 196, 199, 120, 204, 220, 224, 247, 254, 284, 287, 295, 298, 301, 332 Kaufpreis 227, 236 f., 343 f. Kausalität 343 f., 351 f., 379, 383

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Klagebefugnis 134, 224, 261 f., 264, 274, 189 Kollektivklage 174, 282 Koordinationsfunktion 51 Kurs 52 ff., 67, 82, 162 ff., 273, 340 ff. Kursanpassung 55 ff., 349 ff. Kursdifferenzmethode 334, 340, 343, 353 Lock-up-Verpflichtungen siehe Marktschutzvereinbarungen Lowest price in/highest price outMethode 144, 233, 334 ff., 381 Marktgegenseite 64, 133, 167, 170, 273 ff., 292, 375 Marktmanipulation 70 ff., 147 f. Marktpreis 35, 43, 52 f., 68, 117, 168, 345 Marktschutzvereinbarungen 39 f., 91 f., 157 Marktversagen 179, 375 Massenschaden 33, 172 ff., 189, 217, 220, 253, 284, 366, 372 ff. Material information 61, 76, 81, 88, 148 Meldepflicht siehe Informationspflicht Multiplikationsprinzip 365 ff. Naturalrestitution 240, 319, 340 ff. Officer 140 f., 385 Ökonomische Theorie 49, 202 Ordnungswidrigkeitenrecht 97, 297 Pragmatischer Ansatz 143 f. Prävention 132, 176, 191 ff. 223, 242 ff., 262, 311 ff., 329 f., 358, 371 Preisbildungsfunktion 51 f. Pretrading disclosure siehe Vorabveröffentlichungspflicht Privattransaktionen 105, 135

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Stichwortverzeichnis

Prospekthaftung 123, 128, 131 f., 158 Publizitätspflichten siehe Informationspflichten Punitive damages 136, 192, 221, 360 ff.

Transaktion 94, 108, 208 ff. Transaktionspartner 110, 163, 168, 177, 184, 206, 229, 246, 272, 343 Treuepflichten 64, 125 ff., 251 Treuhand 138, 268, 277 ff.

Regelungszweck 66, 70, 83 ff., 146, 380 Restitution 42, 109, 136, 151, 340 ff.

Unorthodox transactions 142

Sanktionsdefizit 96 ff., 155 ff., 249, 256, 372 Schaden 32 f., 171 ff., 186 ff., 340 ff. Schadensersatzanspruch 32, 37, 101, 110 f., 115 f., 128, 132 ff., 153, 170, 194 ff., 341, 368 f. Schutzgesetz 113 ff., 156 f., 250 Schutzzweck der Norm 115, 120, 342 Securities and Exchange Commission 60, 99 Short-swing-tradings 138 ff., 141 Stellvertretendes commodum 226 Strafrecht 36, 97 ff., 156 ff., 197, 222, 310 f. Streuschäden 32, 102, 172, 331 Sub-material information 76, 81 f.

Verbände 210, 218, 229, 251 f., 267, 286 ff., 290 ff., 329, 357, 369, 375 f., 381 f. Verbandsklagen 286 ff. siehe auch Verbände Verschulden 125 ff., 150, 199, 210 ff., 224, 239, 295, 316, 322 ff. Verschuldensvermutung 142, 317, 378, 380 Verwalter 151, 234, 277 ff. Vorabveröffentlichungspflicht 88, 126, 181 Vorsatz 62, 121, 298, 301, 323, 329 ff. Vorteilsabschöpfung 41 f., 253 ff. Wettbewerbsrecht 152, 248 ff., 257, 288 ff. Windfall profit 134, 365