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German Pages 148 Year 1956
KIEFERSAUER-GLASER
Geschäftsraummiete
Geschäftsraummiete Erläutert von
Dr. Fritz Kiefersauer 2. a b g e ä n d e r t e und e r g ä n z t e A u f l a g e bearbeitet von
Dr. Hugo Glaser Oberlandesgerichtsrat in Köln
1956 J. S C H W E I T Z E R V E R L A G
BERLIN
UND
MÜNCHEN
Satz, Druck und Bindearbeiten: Dr. F. P. Datterer & Cie. - Inhaber Sellier - Freising
Vorwort Das Geschäftsraummietengesetz bedeutet einen Wendepunkt in der Raummietgesetzgebung, insofern darin die Wiederherstellung der Vorschriften des BGB über die Miete nach einer für die bestehenden Mietverhältnisse gültigen Übergangszeit fast ausnahmslos verwirklicht ist. Die Vorschriften der Preisbindung entfallen künftig für die Geschäftsraummiete. Der Vermieter kann rechtswirksam kündigen, sofern ihm der Vertrag dies erlaubt. Für bestehende Mietverhältnisse kann der Mieter unter bestimmten Voraussetzungen den Widerruf der ausgesprochenen Kündigung verlangen. Über diesen Anspruch entscheidet das Gericht, dem in diesem Verfahren regelmäßig auch die Aufgabe obliegt, die angemessene Miete, d.h. die ortsübliche Miete für Räume gleicher Art und Lage nach Wegfall der Preisbindung festzustellen. Der Vollzug dieses Gesetzes, das nach dem Willen des Gesetzgebers dazu berufen ist, marktwirtschaftliche Verhältnisse auf diesem Teilgebiet des Raummietrechtes wiederherzustellen, stellt erhebliche Anforderungen an die Gerichte. Auch die Preisbehörden haben sich in begrenztem Umfang damit zu befassen. Den Behörden den Vollzug des Gesetzes zu erleichtern und die Beteiligten über Rechte und Pflichten, die ihnen aus der Neuregelung der Geschäftsraummiete erwachsen, aufzuklären — das ist das Ziel des Erläuterungsbuches. Mindelheim, im Dezember 1952.
Der Verfasser
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Vorwort zur zweiten Auflage Am 18. Oktober 1955 ist Dr. Kiefersauer durch den Tod aus seinem arbeitsreichen, aber auch erfolgreichen Leben nach längerer schwerer Krankheit abberufen worden. Er hat daher diese zweite Auflage, zu der er noch manche Ergänzung beigesteuert hat, nicht mehr erleben können. Infolge seiner schweren Krankheit war Dr. Kiefersauer nicht mehr in der Lage, die Änderungen, die das Bundesmietengesetz vom 27. Juli 1955 für das Geschäftsraummietengesetz gebracht hat, in diese Erläuterungsvorschrift hineinzuarbeiten. Diese Arbeit sowie die Erläuterung des Änderungsgesetzes vom 25. Dezember 1955 (BGBl. I, 866) und des zweiten Gesetzes zur Änderung des Geschäftsraummietengesetzes vom 28. März 1956 (BGBl. I, 159) habe ich daher zusammen mit einer Überarbeitung des ganzen Buches übernommen. Hierbei habe ich allerdings auch an manchen Stellen meine abweichende Auffassung zum Ausdruck bringen müssen. Daß diese Schrift allen, die sich mit den Fragen der Geschäftsraummiete beschäftigen müssen, auch weiterhin ein bescheidener Ratgeber sein möge, das ist mein Wunsch beim Abschluß dieser zweiten Auflage. Köln, im April 1956.
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Dr. G l a s e r
Inhalt Erster Teil: Die Erläuterungen des Geschäftsraummietengesetzes Vorbemerkungen I . Entstehung 1—4 I I . Inhalt 5—8 I I I . Gehalt und Ortung 9 - 1 2
9 12 17
Kommentar 1. 2. 3. 4.
Abschnitt: Abschnitt: Abschnitt: Abschnitt:
Freigabe der Mieten und Pachten A 2—20 Aufhebung des Mieterschutzes A 21—33 Widerruf der Kündigung A 34—78 Schluß- und Übergangsvorschriften A 79—95
24 47 64 101
Zweiter Teil: Die Verordnungen der kleinen Mietreform Vorbemerkung A 96
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Mieterschutz Verordnungen über Ausnahmen vom Mieterschutz A 97, 98 . . .
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Mietzinsbildung VO P R Nr. 71/51 über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts A 99, 9 9 a VO P R Nr. 72/52 über einen allgemeinen Mietzuschlag bei Wohnraum des Althausbesitzes A 100—102
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Sachregister
131 142
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Abkürzungen und Schrifttum A BAnz BBauBl Bettermann
= Anmerkung = Bundesanzeiger = Bundesbaublatt = Bettermann, Grundfragen des Preisrechts für Mieten und Pachten 1952 Bettermann = Bettermann, Kommentar zum Mieterschutzgesetz 1950/56 Blätter = Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht DÖV = „Die öffentliche Verwaltung" DRZ = „Deutsche Rechts-Zeitschrift" DVB1 = „Deutsches Verwaltungsblatt" DWW = „Deutsche Wohnungs-Wirtschaft" FrWW = „Die freie Wohnungswirtschaft" Glaser = Entscheidungen aus dem Miet-, Wohnungs-u. Grundstücksrecht GWW = „Gemeinnütziges Wohnungswesen" Gmelin = Gmelin, Das Mietpreisrecht für den Wohnungsbestand 1952 GRMG = Geschäftsraummietengesetz HMR = „Handbuch des gesamten Mietrechts" HW = „Haus und Wohnung" JR = „Juristische Rundschau" JW = „Juristische Wochenschrift" JZ = „Juristenzeitung" Kiefersauer = Kiefersauer, Grundstücksmiete, 7. Aufl. MDR - - „Monatsschrift für Deutsches R e c h t " MietpreisVO = VO P R Nr. 71/51 über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts vom 29. November 1951 MSchAusnVO = Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz vom 27. November 1951 NJW = Neue Juristische Wochenschrift Roquette = Roquette, Mietrecht, 3. Aufl. Roquette = Roquette, Die kleine Mietreform 1952 SJZ = Süddeutsche Juristenzeitung StaudingerKiefersauer = Staudinger, Kommentar zum B G B , 11. Aufl. 1955. §§ 535—597 bearbeitet von F . Kiefersauer V = Vorbemerkung VerwRspr = „Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland" WBauG = Erstes Wohnungsbaugesetz vom 1. August 1953 WBewG = Wohnraumbewirtschaftungsgesetz WEG = Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht vom 15. März 1951 Weimar = Weimar, Die kleine Mietreform 1952 WM = „Wohnungswirtschaft und Mietrecht" WStG = Gesetz zur Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts i . d . F . der Bekanntmachung vom 25. März 1952 ZMR = „Zeitschrift für Miet- und Raumrecht" 8
Erster Teil
Die Erläuterungen des Geschäftsraummietengesetzes Vorbemerkungen
I. Entstehung. Für das Gesetz zur Regelung der Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte Grundstücke vom 25. Juni 1952 (BGBl. I, 338) ist charakteristisch, daß es lediglich in dem dritten Abschnitt „Widerruf der Kündigung" grundsätzlich neues Recht gebracht hat, während die beiden ersten Abschnitte über Freigabe der Mieten und Aufhebung des Mieterschutzes das bereits seit dem 1. Dezember 1951 bestehende Recht der November Verordnungen 1951 bestätigt und — da die Verordnungen in ihrer Rechtsgültigkeit angezweifelt worden sind (V 8, A 96) — gesetzlich verankert haben. Zur Vorgeschichte des Gesetzes vgl. Weitnauer MDR 1952, 449. 1
1. Die Verordnung P R Nr. 71/51 über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts vom 29. November 1951 (BGBl I 920) — A 99 — hatte in dem durch § 23 Ziff. 1 GRMG außer Kraft gesetzten Teil über Mieten für Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke bestimmt: Abschnitt V Mieten für Geschäftsraum und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke § 13 Die Vermietung von Geschäftsraum und gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken unterliegt vorbehaltlich des §15 nicht mehr den Preisvorschriften. § 14 (1) Geschäftsraum i m Sinne dieser Verordnung ist Raum, der nach seiner baulichen Anlage und Ausstattung auf die Dauer anderen als Wohnzwecken zu dienen bestimmt ist und solchen Zwecken dient. (2) Wohnungen, bei denen mehr als die Hälfte der Wohnfläche anderen als Wohnzwecken dient, gelten als Geschäftsraum. Wird nicht mehr als die Hälfte der Wohnfläche einer Wohnung, die den Preisvorschriften unterliegt, zu anderen als Wohnzwecken benutzt, so darf zu der für Wohnraum zulässigen Miete ein Zuschlag erhoben werden. 9
Vorbem. 2
E n t s t e h u n g des Geschäftsraummietengesetzes
der der wirtschaftlichen Mehrbelastung des Vermieters entspricht. Das Nähere b e s t i m m t der Bundesminister für Wirtschaft. Die Vorschriften des § 3 Abs. 2 N r . 4 und des § 11 Abs. 3 N r . 4 der Mietenverordnung v o m 20. November 1950 bleiben unberührt. § 15 (1) Auf Geschäftsräume, die Teile einer Wohnung bilden oder wegen ihres wirtschaftlichen Zusammenhanges m i t Wohnräumen zugleich m i t diesen vermietet sind, sind die Preisvorschriften weiterhin anzuwenden, wenn die W o h n r ä u m e den Preisvorschriften unterliegen. Dies gilt nicht, wenn der Mietwert der Wohnräume weniger als ein Drittel des g e s a m t e n Mietwerts der vermieteten R ä u m e b e t r ä g t ; in diesem Falle sind auch auf die Wohnräume die Preisvorschriften nicht anzuwenden. (2) Sind gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke wegen ihres wirtschaftlichen Zusammenhanges m i t Wohnräumen zugleich m i t diesen vermietet, so gilt Absatz 1 entsprechend. (3) Soweit nach den Absätzen 1 und 2 auf Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke die Preisvorschriften anzuwenden sind, ist durch die Preisbehörde eine Mieterhöhung bis zur Höhe der ortsüblichen Miete für Geschäftsraum oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke gleicher A r t und L a g e zuzulassen. § 16 Die Vorschriften der § § 13 bis 15 finden auf Pachtverhältnisse entsprechende Anwendung. Die MietpreisVO war am 1. Dezember 1951 in Kraft getreten. 2
2. Auf dem Gebiete des Mieterschutzes war mit Wirkung vom 1. Dezember 1951 die Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz vom 27. November 1951 (BGBl I 926) in Kraft getreten (A 97), deren ebenfaUs durch § 23 Ziff. 2 GRMG außer Kraft gesetzter § 2 bestimmt hatte: § 2 (1) Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräume und über gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke werden von den Vorschriften des ersten Abschnitts des Mieterschutzgesetzes ausgenommen. (2) F ü r Miet- und Pachtverhältnisse, die v o r d e m Inkrafttreten dieser Verordnung begründet worden sind, gilt Absatz 1 erst m i t Wirkung v o m 1. J u l i * ) 1952. (3) Geschäftsräume i m Sinne des Absatzes 1 sind R ä u m e , die nach i h r e r baulichen Anlage und Ausstattung anderen als Wohnzwecken zu dienen b e s t i m m t sind und solchen Zwecken dienen. Wohnungen, bei denen m e h r als die Hälfte der Wohnfläche anderen als Wohnzwecken dient, gelten als Geschäftsräume. (4) Auf Geschäftsräume, die Teile einer Wohnung bilden oder wegen ihres wirtschaftlichen Z u s a m m e n h a n g s m i t Wohnräumen zugleich m i t diesen vermietet sind, ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn die Wohnung oder die W o h n r ä u m e unter Mieterschutz stehen. Dies gilt nicht,
*) Abs. 2 in der Fassung des § 1 der Verordnung zur Änderung der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz vom 21. März 1952 (BGBl I 147), wonach an Stelle des 1. April 1952 der 1. Juli 1962 getreten ist (A 98).
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Entstehung des Geschäftsraummietengesetzes
Vorbem. 3, 4
wenn der Mietwert der Wohnräume weniger als ein Drittel des gesamten Mietwerts der vermieteten Räume beträgt; in diesem Falle sind die Vorschriften des ersten Abschnitts des Mieterschutzgesetzes auch insoweit nicht anzuwenden, als das Miet- oder Pachtverhältnis sich auf die Wohnräume bezieht. (5) Sind gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke wegen ihres wirtschaftlichen Zusammenhangs mit Wohnräumen zugleich mit diesen vermietet, so gilt Absatz 4 entsprechend. 3
3. Abschnitt III „Widerruf der Kündigung" war ursprünglich von der Bundesregierung als „Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Vorschriften über die Aufhebung des Mieterschutzes bei Geschäftsräumen und gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken" vorgelegt worden. In der amtlichen Begründung (Bundestagsdrucksache Nr. 3126) heißt es zu diesem ursprünglich als selbständiges Gesetz zur Ergänzung der verordnungsmäßigen Regelung der Novemberverordnungen: „Für Mietverhältnisse, die am 1. Dezember 1951 bereits bestanden haben, gilt die Ausnahme vom Mieterschutz erst mit Wirkung vom 1. April 1952. Ihre Wirkungen bestimmen sich zunächst nach den Vorschriften der §§ 52 b, c und e des Mieterschutzgesetzes. In dem Kabinettsbeschluß vom 7. November 1951, in dem die Freigabe der Geschäftsräume und gewerblich genutzten unbebauten Grundstücke von den Preisbindungen und dem Mieterschutz vorgesehen wurde, war aber weiter bestimmt, daß zur E r leichterung des Übergangs Vorschriften über eine .richterliche Vertragshilfe' getroffen werden sollten. Der Ausführung dieses Beschlusses dient der vorliegende Referentenentwurf. Abgesehen von der Hinausschiebung des Termins vom 1. April auf den 1. Juli 1952 hat die Bundesregierung nach Durchlauf des Entwurfs durch den Bundesrat unter grundsätzlicher Aufrechterhaltung ihrer Auffassung von der Rechtsgültigkeit der Mieterschutz-Ausnahmeverordnung die Übernahme des § 2 dieser Verordnung in den Gesetzentwurf selbst als eventuelle Lösung in Vorschlag gebracht (S. 14 der Drucksache Nr. 3126).
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Im Laufe der Bundestagsberatungen wurde dann auch die in der MietpreisVO geregelte Mietpreisfreigabe für Geschäftsräume in die gesetzliche Regelung einbezogen. Obgleich die in Abschnitt I des Gesetzes verankerte Freigabe der Mieten für Geschäftsräume nur vier Paragraphen umfaßt, ruht in ihnen das Schwergewicht der Neuregelung, weil durch sie die Möglichkeit eröffnet werden soll, für die Geschäftsräume die Marktmiete an Stelle der gebundenen Miete einzuführen. Diese wirtschaftspolitischen Ziele des Gesetzgebers nehmen in dem Bericht des 18. Ausschusses des Bundestages (Drucksache Nr. 3419) einen breiten Raum ein. Es dürfte genügen, die von dem Abg. Dr. Etzel bei der 3. Lesung vorgenommene Zusammenfassung der Zielsetzung des Gesetzgebers anzuführen: „Der vorliegende Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlüsse des 18. Ausschusses entspricht einer ernstlich kaum mehr bestreitbaren Notwendigkeit. Er baut auf einem wichtigen Gebiete ausschließlich kriegsbedingte zwangswirtschaftliche Einrichtungen ab, löst, indem er die durch die Verordnungen vom 27. und 29. November 1951 getroffenen Maßnahmen fortführt und ergänzt, die im Bereich des Althausbesitzes eingetretene langjährige Erstarrung der Besitzverhältnisse, beseitigt die unverdienten und unberechtigten Differentialgewinne der Althausmieter, gleicht auf dem 11
Vorbem. 5
Inhalt des Geschäftsraummietengesetzes
Gebiet der Mieten die bisherige Verschiedenartigkeit der Wettbewerbsbedingungen aus, öffnet den Weg zur allmählichen Wiederherstellung der Rentabilität des Althausbesitzes, bewirkt die unentbehrliche Belebung der Instandsetzungs-, Aus- und Neubautätigkeit des Althausbesitzes und gibt damit der Wirtschaft bedeutsame Impulse. Das Gesetz wird dazu beitragen, das gegen einen großen Berufs- und Besitzstand, eben den Althausbesitz, gerichtete Ausnahmerecht zu liquidieren und dem im Grundgesetz und den Länderverfassungen verankerten Eigentumsbegriff wieder Geltung zu verschaffen. Es ist eine Dokumentation des Rechts und der wirtschaftlichen Vernunft." Die hier und wiederholt in den Beratungen auch von der Bundesregierung (Roquette, Mietreform S. 163, 165) zum Ausdruck gebrachte Auffassung, daß es sich bei der Auflockerung von Mietzinsbindung und Mieterschutz um den Abbau von „ausschließlich kriegsbedingten zwangswirtschaftlichen Einrichtungen" handelt, mußte zwangsläufig dazu führen, daß das soziale Recht des Raummieters an der Sicherung seines Raumrechts, sein Bestandschutzinteresse dem marktwirtschaftlichen Interesse des Vermieters weichen mußte. Dazu war die Aufhebung des Mieterschutzes erforderlich, weil, wie Weitnauer MDR 1952, 449 feststellt, „nur bei Herstellung der Kündigungsfreiheit eine Marktmiete sich bilden konnte". Obgleich also die Wiederherstellung der Kündigungsfreiheit des Vermieters von Geschäftsräumen nur der beschleunigten Verwirklichung der wirtschaftspolitisch für vertretbar erklärten Marktmiete dient, und ihr darum nur subsidiäre Bedeutung zukommt, hat die gesetzliche Regelung der Aufhebung und der übergangsweisen Wiedereinführung des Mieterschutzes — Roquette JZ 1952, 468 spricht von einem „Mieterschutz in neuem Gewände" — in den Abschnitten II und I I I des Gesetzes eine bevorzugte und für die Praxis des Gesetzesvollzugs beherrschende Stellung eingenommen. 5
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II. Inhalt. Die Geschichte der Entstehung des Gesetzes offenbart zugleich die grundsätzliche Stellung im Rahmen der Privatrechtsordnung. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß die am Miet- und Pachtverhältnis über Geschäftsräume Beteiligten an die V e r e i n b a r u n g e n ihrer v e r t r a g l i c h e n R e g e l u n g nach wie vor gebunden sind (A 3, 25, 29). Es gelten also die V e r e i n b a r u n g e n über die Zeitdauer, über Kündigungsmöglichkeiten, Kündigungsfristen und Kündigungstermine, über die Höhe des Mietzinses und der Zahlungsweise, über besondere Leistungen des Mieters und Vermieters (insbes. zur Instandhaltung des Mietraumes). Vereinbarungen über die Mietdauer und Kündigungsmöglichkeiten, die durch die zwingenden Vorschriften des Mieterschutzgesetzes verdrängt waren, treten wieder in Wirksamkeit. Das gleiche gilt für Preisvereinbarungen, die durch die Preisstopgesetzgebung allgemein oder durch zulässige Einzelmaßnahmen der Preisbehörde z. B. durch eine Mietpreisherabsetzung gegen den Willen eines Vertragspartners geändert worden sind; sie werden mit der Preisfreigabe zum 1. Dezember 1951 automatisch wieder wirksam (vgl. OLG Celle N J W 1955. 1640; LG Köln MDR 1954,43 = ZMR 1954, 44; AG Siegburg MDR 1954, 43 = Glaser Nr. 460/ 1953). A u s n a h m e n für das Ubergangsrecht: §§ 28, 29 (A 93, 95). Die Wiederherstellung der gesetzlichen Vorschriften des B G B über die Miete von Geschäftsräumen, die nach § 5 vom Mieterschutz ausgenommen sind, erfährt durch die Regelung des § 6 über die ordentliche Kündigung durch die Einführung einer Dreimonatsfrist zum Schlüsse des Kalendervierteljahres eine
I n h a l t des G e s c h ä f t s r a u m m i e t e n g e s e t z e s
Vorbem. 6
gesetzliche Einschränkung. Sie gilt für alle Mietverhältnisse, deren Mietzins nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen ist und setzt auch entgegenstehende Vereinbarungen einer kürzeren Kündigungsfrist außer Wirksamkeit. Die gesetzliche Norm des § 6 gilt auch für die nach dem 30. November 1951 begründeten Miet- oder Pachtverhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke (A 26). 6
Der Übergang zur Vertragsfreiheit ist durch das Gesetz bei Geschäftsräumen und gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken 1. vollzogen a) hinsichtlich der Miet- und Pachtverhältnisse, die am 1. Dezember 1951 oder später erst neu begründet worden sind, insofern diese von allen Bestimmungen des Mieterschutzes freigestellt (§ 5) und von der Einhaltung preisrechtlicher Vorschriften entbunden (§ 1) sind; b) hinsichtlich der Miet- und Pachtverhältnisse dieser Art, die am 1. Dezember 1951 bestanden haben, insofern diese den Preisvorschriften nicht mehr unterliegen ( § 1 ) ; 2. erleichtert hinsichtlich der Miet- und Pachtverhältnisse dieser Art, die am 1. Dezember 1951 bereits begründet waren, insofern für Kündigungen des Vermieters für einen vor dem 31. Dezember*) 1954 liegenden Zeitpunkt (§ 22) dem Mieter ein Anspruch auf Widerruf der Kündigung bei Vorliegen der in den § § 8 , 11 und 12 festgelegten Tatbestände eingeräumt worden ist. Der Widerruf der Kündigung erfolgt, sofern er nicht vom Vermieter ausgesprochen wird, durch Entscheidung des Gerichts, sei es durch Verurteilung des Vermieters zum Widerruf, sei es durch Abweisung der Räumungsklage des Vermieters auf Grund der Einrede der Leistungsverweigerung durch den Mieter gemäß § 15 Abs. l . D i e Kündigung gilt alsdann als nicht erfolgt und das Mietverhältnis wird unter den bisherigen Bedingungen fortgesetzt, sofern nicht gemäß § 15 Abs. 3 die angemessene Miete die Vertragsmiete verdrängt. Die hiernach allein dem Interesse des Vermieters an der Kostenmiete oder der Marktmiete dienende Wiedergewinnung der Handlungsfreiheit ist aber bei Geschäftsräumen, deren Eignung und ursprüngliche Zweckbestimmung als Wohnräume feststeht, die also als zweckentfremdet im Sinne der Wohnraumbewirtschaftungsgesetze anzusehen sind, in ihrer Wirksamkeit durch den Zugriff der Wohnungsbehörde (A 62) bedroht. Denn diese ist berechtigt und verpflichtet, die durch die Kündigung oder sonstwie freigewordenen Räume, die zu Wohnzwecken geeignet, hierfür jedoch bisher nicht verwendet worden sind, ihrem ursprünglichen Zweck wieder zuzuführen und für Wohnzwecke in Anspruch zu nehmen. Die weitere Verwendung als Geschäftsräume darf nur mit besonderer Genehmigung der Wohnungsbehörde erfolgen, die mit Auflagen und Bedingungen verknüpft werden kann. Wird die Weiterbenutzung nicht als Geschäftsraum, sondern nur als Wohnraum gestattet, so gelten für die neue Vermietung (Verpachtung wird wohl kaum in Frage kommen) die für Wohnraum erlassenen Bestimmungen der Preisbindung und des Mieterschutzes. Die durch die Kündigung erstrebte Freiheit tritt nicht ein und der Mietzins wird in aller Regel bei der Vermietung als Wohnraum niedriger sein als bisher (A 23, 62).
*) später: 31. Dezember 1955 (Art. I Gesetz zur Änderung des GRMG vom 26. Dezember 1954 ( B G B l 1954, 503); zuletzt: 31. März 1956 (Art. I Ges. z. Änderung des GRMG vom 25. Dezember 1955 ( B G B l . I, 866).
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Vorbem. 7
7
14
Inhalt des Geschäftsraummietengesetzes
Gegenstand der hinsichtlich der Preisfreigabe endgültigen und hinsichtlich des Mieterschutzes übergangsweisen oder endgültigen Regelung — Abschnitt I (Freigabe der Mieten) und Abschnitt II in der Verzahnung mit Abschnitt I I I (Mieterschutzlockerung) •— sind 1. Geschäftsräume im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 und Mischräume im Sinne und nach Maßgabe des § 3 und des § 5 Abs. 3 und 4 sowie 2. gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke (§§ 1, 5 Abs. 1). a) Hinsichtlich d e s M i e t e r s c h u t z e s ist die Durchbrechung der für R ä u m e aller Art geltenden Grundsätze des Mieterschutzgesetzes eine Neuordnung, die unter verschiedenen Gesichtspunkten bemerkenswert ist. Die Freistellung von Mieterschutz holt in gewissem Sinne nach, was für den neugeschaffenen Wohnraum bereits seit dem 27. April 1950 gemäß dem durch § 26 des Ersten Wohnungsbaugesetzes eingefügten § 31 a MSchG rechtens geworden war. Die hier ausgesprochene Lockerung des Mieterschutzes mußte entsprechend dem Anwendungsbereich des Ersten Wohnungsbaugesetzes auf Wohnräume beschränkt bleiben, so daß Mietverhältnisse über Nichtwohnräume, insbes. über gewerblich oder geschäftlich benutzte Räume gemäß § 1 ff. MSchG dem Mieterschutzgesetz auch dann unterstellt blieben, wenn im übrigen die Voraussetzungen des § 31 a MSchG gegeben waren. Bei diesem unerfreulichen Rechtszustand ist es bis zum Erlaß der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz vom 27. November 1951 (V 2) geblieben. Die hier eingeführte Auflockerung des Mieterschutzes für Geschäftsräume, die auf Grund des § 53 Satz 2 MSchG erfolgt ist, wurde grundsätzlich auch in die Regelung des Abschnittes II des Gesetzes übernommen, aber immerhin im Sinne einer „Aufhebung des Mieterschutzes", die die Fesseln des „Mietrechts der Übergangszeit" — Staudinger-Kiefersauer, Vorbem. 208 vor § 535 —• mehr oder weniger abgestreift hat. Für die am 1. Dezember 1951 bestehenden Miet- und Pachtverhältnisse gilt die zeitlich begrenzte (bis zum 31. März 1956) Übergangsregelung des Abschnittes III, die dem Mieter gegenüber der Kündigung des Vermieters einen Rechtsanspruch auf Widerruf der Kündigungserklärung unter bestimmten Voraussetzungen einräumt. Bei den seit 1. Dezember 1951 neu vereinbarten Mietverhältnissen gilt als rudimentäres Übergangsrecht materieller Natur lediglich die Vorschrift des § 6, der sich die prozessualen Bestimmungen des § 7 des Gesetzes zufügen (A 26—28). Der Mieterschutz, der in § 1 Abs. 1 Satz 2 und § 36 MSchG f ü r g e w e r b l i c h g e n u t z t e u n b e b a u t e G r u n d s t ü c k e festgelegt war, ist wiebeider Raummiete und Raumpacht durch § 2 der MietpreisVO vom 27. November 1951 (V2) aufgehoben worden. Auch der zweite Abschnitt des Gesetzes über die Aufhebung des Mieterschutzes und den Widerruf der Kündigung gilt grundsätzlich für Mietund Pachtverhältnisse über gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke. Die Frage, ob Trümmergrundstücke unter das Mieterschutzgesetz fallen, ist bestritten, vgl. Grundstücksmiete 7. Aufl. Vorbem. 6. Da die Anwendung des Mieterschutzgesetzes auf Trümmergrundstücke dem dringend notwendigen Wiederaufbau der zerstörten Innengebiete der Städte hemmend entgegensteht und da auch die Anwendung des §25 MSchG (Vermietung oder Verpachtung nur für die Zeit, solange eine ordnungsmäßige Bebauung des Grundstücks nicht erfolgen kann) nicht unbestritten ist, gibt § 4 b MSchG i. d. F. des § 28 W B a u G dem Vermieter das Recht, die Aufhebung des Mietverhältnisses zu verlangen, wenn auf dem vermieteten Grundstück oder Grundstücksteil ein Gebäude durch Kriegseinwirkungen zerstört oder erheblich beschädigt ist, der alsbaldige Wiederaufbau oder die alsbaldige Wiederherstellung gewährleistet erscheint und bei Fortsetzung des Mietverhältnisses der Wiederaufbau oder die Wieder-
Inhalt des Geschäftsraummietengesetzes
Vorbem. 7
herstellung wesentlich erschwert wäre. § 9 Abs. 1 Nr. 3 GRMG gab dem Vermieter von Geschäftsräumen unter den gleichen Voraussetzungen das Recht, die Aufhebung des Mietverhältnisses zu verlangen (vgl. L G Essen: ZMR 1953, 47 = Glaser Nr. 16/VI/1954). Die Aufhebung des Mieterschutzes für Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke bedeutet eine positivrechtliche Abwandlung der in den §§ 1, 36 MSchG vorgeschriebenen Anwendung des Mieterschutzgesetzes auf die hierüber abgeschlossenen und künftig abzuschließenden Mietund Pachtverhältnisse. Abweichend von der in den §§ 52, 53 MSchG vorgesehenen Auflockerung des Mieterschutzes, die sich auf die Vorschriften des ersten Abschnittes beschränkte und zwangsläufig mit der Beibehaltung einzelner Vorschriften des Übergangsrechts gemäß § 52b, § 52c, § 52e MSchG verbunden war, gilt für Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke seit dem Inkrafttreten des Gesetzes, d. h. seit dem 27. Juni 1952, die völlige Löslösung vom Mieterschutzgesetz; dieses ist trotz des entgegenstehenden Wortlautes der §§ 1, 36 auf Miet- und Pachtverhältnisse über diese Grundstücke und Räume nicht mehr anwendbar. L e x posterior derogat legi priori (A 21). Die absolute Rückkehr zu den Grundsätzen des B G B über die Miete ist damit freilich nicht sichergestellt; denn auch für die seit dem 1. Dezember 1951 neu begründeten Miet(Pacht)verhältnisse galt zunächst gemäß der auf § 53 MSchG gestützten Ausnahmeverordnung vom 27. November 1951 das Übergangsrecht der §§ 52, 52b, 52c und 52e MSchG (Kiefersauer N J W 1952, 245; Roquette a.a.O. S. 178), das erst nach Maßgabe der Überleitungsvorschriften der §§ 24,28 GRMG in die nur mehr durch die Vorschriften der §§ 6, 7 begrenzte Freistellung von außer vertraglichen und prozessualen Bindungen übergeleitet ist. Eine wesentlich stärkere Bindung aber hat das Gesetz für die v o r dem 1. Dezember 1951 begründeten Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke durch das neugeschaffene Recht des Mieters auf Widerruf der Kündigung belassen, dessen Grundsätze nach den §§ 8—22, 25—29 anzuwenden sind. Dieses „Mieterschutzrecht in neuem Gewände" (Roquette) war freilich kein Dauerrecht und hat mit dem 31. März 1956 seine Geltung verloren. Seit diesem Zeitpunkt gilt die Freistellung vom Mieterschutz nach Maßgabe der §§ 6, 7 des Gesetzes, d. h. auch die am 1. Dezember 1951 bestehenden und noch fortdauernden Miet- und Pachtverhältnisse werden den seit dem 1. Dezember 1951 neubegründeten Rechtsverhältnisse gleichgestellt. Diese schichtweise Auflockerung des Mieterschutzes hat den Vorsprung aufholen zu wollen, den § 31a MSchG für den neugeschaffenen Wohnraum im Sinne des § 23 des Ersten Wohnungsbaugesetzes vom 24. April 1950 durch die Herausnahme aus gewissen Vorschriften des Mieterschutzgesetzes seit dem 27. April 1950 gewonnen hat. Während für diesen neugeschaffenen Wohnraum das Übergangsrecht des § 52 e MSchG unverändert in Geltung geblieben ist, ist für die Geschäftsraummiete ein abgeschwächtes Übergangsrecht „Widerruf der Kündigung" für alle am 1. Dezember 1951 bestehenden Miet- und Pachtverhältnisse neu geschaffen und gleichzeitig die Ablösung dieses Ubergangsrechts durch ein für alle seit dem 1. Dezember 1951 neu begründeten Miet- und Pachtverhältnisse bereits geltendes Dauerrecht ab 31. März 1956 angeordnet worden. Dieses Dauerrecht ist materiellrechtlich die Rückkehr zu den Vorschriften des B G B über die Miete — lediglich beschränkt durch die zwingende Vorschrift des § 6 G R M G — und enthält in § 7 G R M G prozessuale Vorschriften über die Gewährung einer Räumungsfrist und die Zulassung der vorläufigen Vollstreck15
Vorbem. 8
Inhalt des Geschäftsraummietengesetzes
barkeit des Urteils. Darüber hinaus erfaßt die Freistellung vom Mieterschutz nachdem G R M G nicht nur den neu geschaffenen Geschäftsraum, sondern jeden Geschäftsraum, gleichviel ob er sich in einem Altbau oder Neubau befindet. Die Frage, ob die Freistellung eines neugeschaffenen Wohnraumes vom Mieterschutz gegeben ist, wird nur aktuell, wenn es sich um sog. Mischräume im Sinne des § 2 Abs. 3 GRMG handelt. 8
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b) D i e P r e i s b i n d u n g für Geschäftsräume ist seit der Neufassung des Reichsmietengesetzes vom 20. April 1936 ( R G B l I 378) gemäß § 16 Ziff. 5 R M G aufgehoben „mit Ausnahme von Geschäftsräumen, die Teile einer Wohnung bilden oder wegen ihres wirtschaftlichen Zusammenhanges mit Wohnräumen zugleich mit solchen vermietet sind". Die Herausnahme der reinen Geschäftsräume aus dem der privatrechtlichen Gestaltung dienenden Reichsmietengesetz ist freilich durch die im gleichen Jahre erfolgte Einsetzung eines Preiskommissars für die Preisbildung zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken, weil die Preisbildung und Preisüberwachung sich auf alle Miet- und Pachtpreise für Grundstücke erstreckte. Durch die Preisstopverordnung vom 26. November 1936 ( R G B l I 955) wurde rückwirkend vom 18. Oktober 1936 ab jede Miet(Pacht)preiserhöhung verboten; lediglich für die Zeit vom 1. Dezember 1936 bis 15. Dezember 1937 konnte bei Mietverhältnissen, die dem R M G nicht unterlagen, also bei reinen Geschäftsräumen, der Stichtagmietzins vom 17. Oktober 1936 unter bestimmten Voraussetzungen ohne Genehmigung gemäß § 3 PStopVO überschritten werden, Ziff. I I I Erste AusfVO z. PStopVO; vgl. Kiefersauer, Reichsmietengesetz 6. Aufl. S. 108, 114. Der Durchführung von Mietzinssenkungen und Mietzinserhöhungen bei Geschäftsräumen war im Runderlaß Nr. 184/37 des Reichskommissars für die Preisbildung vom 12. Dezember 1937 ein eigener Abschnitt (Nr. 64—66) gewidmet worden. Die Preisvorschriften sind für Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke bis zum 1. Dezember 1951 in Geltung geblieben. Ähnlich wie bei der Lockerung des Mieterschutzes, wenn auch beschränkt auf den freifinanzierten neugeschaffenen Wohnraum, ist gemäß § 27 Abs. 2 des Ersten Wohnungsbaugesetzes die Auflockerung des Preisgefüges bei Wohnräumen bereits mit dem 27. April 1950 vorausgegangen. Erst die Mietpreisverordnung P R Nr. 71/51 vom 29. November 1951 brachte in den §§ 13—16 die grundsätzliche Preisfreigabe der Mieten und Pachten für Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke und öffnete damit den Weg zur freien Preisgestaltung (A 17). Die Rechtsgültigkeit der VO P R Nr. 71/51 ist aber nicht nur im Schrifttum (Bettermann, J Z 1952, 65; Kiefersauer N J W 1952, 245; Hamann DÖV 1952, 747; Hausleiter DÖV 1952, 750; dagegen Bormann G W W 1951, 533; Wormit ZMR1952, 3 ; Weitnauer M D R 1952, 67; Rubarth N J W 1952, 957, Hase D W W 1952, 58) und in der Rechtsprechung (OVG Hamburg N J W 1953, 879 = MDR 1953, 185; L G Wiesbaden ZMR 1953,90 ; V G Stuttgart ZMR 1 9 5 3 , 2 2 4 = B B a u Bl. 1 9 5 3 , 2 6 0 ; V G H KarlsruheZMR1954,49), sondernauch imBundesrat (Sitzung vom 18. Januar 1952; dazu GieseDWW 1952,58) bezweifelt worden. DieNiedersächsischeLandesregierunghat ihrenAntrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz unter grundsätzlicher Aufrechterhaltung ihrer Auffassung, daß die Verordnung rechtsungültig sei, am 8. Juli 1952 beim Bundesverfassungsgericht zurückgezogen. Durch die Einbeziehung der Freistellung der Geschäftsräume vom Mieterschutz in das Geschäftsraummietengesetz ist zwar die Rechtsgrundlage des §2MSchAusnVO sichergestellt worden. Auch die Rechtsgültigkeit dieser Verordnung ist bestritten
Gehalt und Ortung
Vorbem. 9
worden (Bettermann M D R 1952, 1; Weimar WM 1952 Nr. 1 S. 1; dagegen Weitnauer M D R 1952, 65; Schopp-Groothold, 7 zu § 36 MSchG; Kiefersauer N J W 1952, 245; L G Düsseldorf N J W 1952, 269 = ZMR 1952, 39). Durch die Verkoppelung mit der Verordnung P R Nr. 71/51 in § 1 ist die Ausdehnung der Mieterschutzfreistellung auf die seit der Währungsreform neu geschaffenen Wohnräume zwar nicht rechtsunwirksam geworden (so mit Recht AG Hamburg M D R . 1952, 231), wohl aber gegenstandslos geworden, auch wenn man die Rechtsgültigkeit der Ausnahmeverordnung bejaht, Kiefersauer N J W 1952, 245. Die „Preisfreigabe der Mieten für Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke" im Abschnitt I umfaßt mit 4 Paragraphen zwar nur einen Bruchteil der Vorschriften, dürfte aber gleichwohl das Kernstück der gesetzlichen Regelung darstellen. Marktwirtschaftliche Erwägungen sind in dem Gesetzentwurf — wie aus der Bundetagsdrucksache Nr. 3419 zu entnehmen ist — so stark zur Geltung gekommen, daß die rechtliche Formulierung des angemessenen Preises in bestimmten Fällen der Bundesregierung überlassen werden mußte. Dem Bundesminister für Wirtschaft obliegt es, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wiederaufbau gemäß § 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 4 das „Nähere" durch Rechtsverordnung zu bestimmen über die wirtschaftliche Mehrbelastung des Vermieters bei Benutzung von Wohnraum für Nichtwohnzwecke (A 10), und bei der Ermittlung der angemessenen Geschäftsraummiete, wenn die Feststellung der ortsüblichen Miete Schwierigkeiten begegnet. Diese Rechtsverordnung ist bis heute noch nicht ergangen. Die Preisfreigabe der Mieten für Geschäftsräume ist somit in vollem Umfang nur für die seit dem 1. Dezember 1951 neu vereinbarten Miet- und Pachtverhältnisse verwirklicht. Preisvereinbarungen über den Miet- und Pachtzins sind grundsätzlich einer Begrenzung nach oben nicht mehr unterworfen. Die Bestimmungen des § 19 W S t G über Preistreiberei sind nicht anwendbar (A 46), weil die Überlassung von Geschäftsräumen und unbebauten gewerblich genutzten Grundstücken in aller Regel nicht „in Ausübung eines Gewerbes oder Berufes oder in unbefugter Betätigung wie ein Gewerbetreibender" erfolgt, Kiefersauer, M D R 1951, 708; Gmelin, Das Mietpreisrecht für den Wohnungsbestand 17. FortsBl; Roquette, Die kleine Mietreform S. 159; a.M. Schoan Betrieb 1952, 264. I I I . Gehalt und Ortung 9
Die Verflechtung von Preisfreigabe und Aufhebung des Mieterschutzes für Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke schafft aus wirtschaftlichen Erwägungen eine Rechtssituation, für die die wirtschaftlichen Voraussetzungen — wenn sie nicht schon bei Erlaß des Gesetzes gegeben waren — auf jeden Fall aber nach der Entwicklung der Marktlage heute voll und ganz gegeben sind. E s kann aber nicht übersehen werden, daß das Geschäftsraummietengesetz ebenso in die für die Wohnraummiete bestehende Bindung an Bestandschutz und Preisrecht übergreift, insofern es bei bestimmten Mischräumen die Wohnräume aus dieser Bindung löst, wie es umgekehrt die Geschäftsraummiete in solchen Fällen den Regeln des Wohnraumrechts unterwirft. E s verbleibt in allen Fällen, in denen der räumliche oder wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Geschäftsraum und Wohnraum bei einheitlicher Vermietung oder Verpachtung festgestellt ist und der Mietwert der mieterschutz2 K i e f e r s a u e r - G l a s e r , Geschäftsraummiete, 2. Aufl.
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V o r b e m . 10
Gehalt und Ortung
Pflichtigen Wohnräume die Hälfte oder mehr des gesamten Mietwertes der vermieteten (verpachteten) Räume beträgt, bei der P r e i s b i n d u n g und der M i e t e r s c h u t z p f l i c h t i g k e i t d e r G e s c h ä f t s r ä u m e . Die wirtschaftspolitischen Absichten des Gesetzes werden hier nicht wirksam und sollen es in Zukunft auch nicht dadurch werden, daß das Verhältnis der Mietwerte sich durch eine nach dem 1. Dezember 1951 eintretende Wertänderung zugunsten der Geschäftsräume verschiebt (§ 3 Abs. 1, § 5 Abs. 3 i. d. Fassung des § 36 Bundesmietengesetz vom 27. Juli 1955 (RGBl. I, 458). Aus dem gleichen Grunde kann aber auch eine zugunsten der Wohnräume später eintretende Änderung des Mietwertes den Verlust des Mieterschutzrechtes und der Preisbindung nicht wiedergutmachen. In beiden Fällen wandelt sich die entscheidende Rechtslage am 1. Dezember 1951 in Dauerrecht; sie bleibt, auch wenn sich die maßgebenden Voraussetzungen des Verhältnisses der Mietwerte der Raumarten zueinander geändert hat. 10
Der Gedanke der Notwendigkeit der Ordnung des Rechts um des räumlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhanges willen lenkt den Blick auch auf den nach Art und Tiefenwirkung ganz anderen Zusammenhang der hier versuchten gesetzgeberischen Problemlösung im Mietraumrecht überhaupt. Daß die Geschäftsraummiete nicht losgelöst von der Wohnraummiete gesehen und gesetzgeberisch behandelt werden kann, läßt die dem ganzen Gesetz zugrundeliegende Begriffsbestimmung des Geschäftsraumes in § 2 Abs. 1 erkennen. Die hiernach maßgebende Zweckbestimmung und Zweckverwendung kann nicht anders als mit dem negativen Ausdruck „anderer als Wohnzweck" bezeichnet werden. Man h a t daran Anstoß genommen, vgl. Roquette JZ 1952, 103 und Mietreform S. 190. Es darf aber nicht übersehen werden, daß die Negation die Feststellung der möglichen Zwecke positiv ermöglicht (Weitnauer MDR 1952, 450) und daß darüber hinaus auf dieser Unterscheidung die gesamte Wohnraumbewirtschaftung aufgebaut ist. Erst durch die Einführung der sog. Zwangswirtschaft im Raumrecht ist die Abgrenzung von Wohnraum und Nichtwohnraum üblich geworden. Dem Mietrecht als solchem gehört diese Unterscheidung nicht a n ; insbesondere umfaßt die Grundstücksmiete des B G B gemäß § 580 B G B sowohl die Miete von Wohnräumen als auch die anderer Räume. Erst die Aufspaltung der Grundstücksmiete in Mieterschutz, Mietzinsbildung und Wohnraumbewirtschaftung brachte eine Auflockerung der Bestimmungen des B G B über Miete und damit eine Differenzierung des Raumrechtes mit sich. Freilich zeigte sich alsbald eine klare Einsicht in die Verschiedenartigkeit der neu aufgenommenen Rechtsbereiche. Als die Brüningsche Notverordnung vom 1. Dezember 1930 die Aufhebung des Wohnungsmangelgesetzes zum 1. April 1934 ausgesprochen hatte, da ließ sie das Mieterschutzgesetz und das Reichsmietengesetz in Kraft und stellte die Außerkraftsetzung bis zum 1. April 1936 in Aussicht, s o f e r n „bis zu diesem Zeitpunkt ein Gesetz in Kraft tritt, wodurch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Miete u n t e r s o z i a l e n G e s i c h t s p u n k t e n a u s g e s t a l t e t werden". Damit h a t der Gesetzgeber zunächst selbst die Rechtsbereiche des Mieterschutzes und der Mietzinsbildung deutlich von der eigentlichen sog. Wohnungsbewirtschaftung abgegrenzt und in ihrer rechtlichen Unabhängigkeit von der Wohnraumbewirtschaftung festgestellt. Von dieser Linie der gesetzgeberischen
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Gehalt und Ortung
V o r b e m . 11,12
Entwicklung ist der Gesetzgeber aber erstmalig abgewichen, als das Erste Wohnungsbaugesetz vom 24. April 1950 im Zuge der Förderung des Wohnungsbaues durch Auflockerung der Wohnungszwangswirtschaft (§ 3 Buchst, e) durch § 26 den Mieterschutz und durch § 27 die Preisbindung für bestimmten neugeschaffenen Wohnraum aufgehoben hat, obwohl eine soziale Ausgestaltung der Mietbestimmungen des B G B bis heute nicht erfolgt ist Diese durch das Wohnungsbaugesetz eingeleitete und durch das Geschäftsraummietengesetz fortgesetzte Entwicklung kann nur gebilligt werden, da das Mieterschutzgesetz den Charakter eines Notgesetzes trägt (Wormit MDR 1950, 709) und Mieterschutz und Mietpreisbindung nur kriegsbedingte zwangswirtschaftliche Einrichtungen sind (vgl. aber Bettermann MDR 1950, 516 und Komm, zum MSchG Einl. Nr. 48, 64; Kiefersauer, MDR 1951, 705; Roquette,Mietrecht S. 7, JZ1951, 381 und JZ1952,470sowieMietreform S. 162; WM 1951 Beilage zu Nr. 5). 11
Im Rahmen der Ordnung des Raummietrechts ist durch die Ausklammerung der Geschäftsraummiete aus Mieterschutz und Mietpreisbildung dem Individualinteresse des Geschäftsraumvermieters an einer günstigeren Verwaltung des Raumes der Vorrang vor dem sozialen Bestandschutzinteresse eingeräumt, wie dies bereits im Rahmen des bayer. Gesetzes zur Freimachung und Vergütung zweckentfremdeten Beherbergungsraumes vom 22. November 1950 (GVB11951 S. 1) geschehen ist, vgl. dazu Kiefersauer DVB11951, 303. Man hat die Herausstellung des sozialen Bestandteiles des Raummietrechts mit Skepsis vermerkt DWW1952, 223 und darin mit Recht eine Überbetonung der Mieterinteressen zu Lasten der Rechtsstellung des Eigentümers gesehen. Als „Dokumentation des Rechts und der wirtschaftlichen Vernunft" (V 4) scheint das GRMG tatsächlich die Fesseln abgestreift zu haben, die der bestmöglichen Nutzung von Grundstücken und Gebäuden (Gebäudeteilen) entgegenstehen. Gleichwohl war die bestehende Geschäftsraummiete einem bis 31. März 1956 befristeten Ü b e r g a n g s r e c h t unterworfen. Das aber bedeutete die E i n engung des Machtbereiches des E i g e n t ü m e r s .
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Nur im Rahmen der s o z i o l o g i s c h e n R e c h t s p f l i c h t ist das Eigentum alsGrundrecht der verfassungsmäßigen Ordnung und als Grundlage wirtschaftlicher Betätigung gewährleistet*).
*) In diesem Zusammenhang darf darauf hingewiesen werden, daß die insbes. von N i k o l a u s E h l e n theoretisch und praktisch geförderten Bestrebungen auf Schaffung von Hauseigentum in der Form der Kleinsiedlung in steigendem Maße die Unterstützung des Parlaments gefunden haben. Das Erste Wohnungsbaugesetz hat sogar im Bundesdurchschnitt die Hälfte der Bundeswohnbaumittel ausschließlich für den Bau von Eigenheimen, Kleinsiedlungen, Kauf-Eigenheimen und Wohnungen in der Rechtsform des Wohnungseigentums (V 12) vorgesehen. Diese vorzugsweise Berücksichtigung der Eigenheimwünsche dürfte aber eine derzeit wohl noch nicht gerechtfertigte Verlagerung des sozialen Wohnungsbaues zur Folge haben. Immerhin liegt in dieser gesetzgeberischen Lösung des Problems des Hauseigentumes die A n e r k e n n u n g einer V e r p f l i c h t u n g d e s S t a a t e s begründet, für eine gesicherte Raumnutzung der Wohnungsuchenden Sorge zu tragen. Diese Sicherung kann aber den auf die Fremdnutzung angewiesenen Mieter — diese sind heute und in aller Zukunft in der Mehrzahl — nicht verweigert werden. Die soziologische Tatsache der Verflechtung von individuellem Lebensanspruch und Gemeinschaftsbindung rechtfertigt ebenso sehr die Verpflichtung des Eigentümers gegenüber der Gemeinschaft wie die Verpflichtung der Gemeinschaft zugunsten des Einzelnen. Deshalb bleibt auch die Einliegerwohnung im Eigenheim, dessen Herstellung mit öffentlichen Mitteln gefördert ist (Teil II des Ersten Wohnungsbaugesetzes), dem Mieterschutz und der Preisbindung unterworfen. Die Wiederbelebung des Willens zum Eigentum, die zur tieferen Verwurzelung des Menschen im demokratischen Staat für notwendig erachtet wird, darf aber die Idee der Sozialpflichtigkeit des Eigentums, die dem sozialen Rechtsstaat wesentlich zugehört, nicht verfälschen.
2«
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Vorbem. 12
Gehalt und Ortung
Es ist bezeichnend, daß die moderne deutsche Rechtsentwicklung gerade auf dem Gebiete der Raumnutzung einen neuen Eigentumstyp, nämlich das Wohnungs(Teil)eigentum*) geschaffen hat, dessen wesentlicher Inhalt, das „ E i g e n t u m am R a u m " , erst das Sondereigentum innerhalb der Gemeinschaft derWohnungseigentümer auszufüllen vermag. Dieses Raumeigentum oder Raumnutzungseigentum entzieht sich so sehr den Grundsätzen des Machtbereichs des Eigentümers gemäß § 903 B G B (trotz der grundsätzlichen Anerkennung in § 13 WEG), daß es nicht nur in § 14 die P f l i c h t g e b u n d e n h e i t dieses Eigentums in den Vordergrund stellt, sondern darüber hinaus die Verletzung wesentlicher Gemeinschaftspflichten mit der E n t z i e h u n g des Wohnungseigentums selbst bedroht (§ 18 WEG). Die Gemeinschaftsbindung, die über die gewöhnliche Bruchteilsgemeinschaft gemäß §§ 741, 1008 B G B hinaus ein besonderes gemeinschaftliches Eigentum im Sinne des W E G voraussetzt, dehnt sich aus in den Bereich des Sondereigentums und verpflichtet unter D u r c h b r e c h u n g b ü r g e r l i c h - r e c h t l i c h e r Grund s ä t z e durch die nach § 12 W E G mögliche V e r ä u ß e r u n g s b e s c h r ä n k u n g den Wohnungseigentümer in einer Weise, daß Zweifel laut geworden sind (Wesenberg DRiZ 1951, 123), ob in dem so gestalteten Sondereigentum überhaupt noch Eigentum im Sinne des § 903 B G B zu erkennen ist. Nur in ihrer B e z i e h u n g zum M e n s c h e n sind die auf das E i g e n t u m bezüglichen Grundrechte zu verstehen und auszulegen. Die soziologische Tatsache der Notwendigkeit der Raumnutzung zur Ermöglichung der Lebenshaltung überhaupt begründet die Sozialpflichtigkeit des Eigentums. Die Notwendigkeit und Zulässigkeit der Lösung der Spannungslage durch Belastung des Eigentums mit Pflichten ist allgemein anerkannt, sofern die Einengung des Herrschaftsbereiches des Eigentumsrechtes in einer allgemein verbindlichen Weise innerhalb gewisser Grenzen erfolgt. Von diesen Rechtsgrundsätzen geht auch die Entscheidung des Großen Senates für Zivilsachen des B G H vom 9./10. Juni 1952 GSZ 2/52 N J W 1952, 972 (1176) = JZ 1952, 622 = MDR 1952, 610 = ZMR 1952, 201 = J R 1952, 399 = DWW 1952, 243 aus. Es wird ausdrücklich festgestellt, daß die allgemein angeordnete inhaltliche Bindung und Begrenzung des Eigentums an sich noch keine Enteignung darstellt, daß vielmehr einzig und allein der Verstoß gegen den Gleichheitssatz die Enteignung kennzeichnet. Die Gleichbehandlung als grundlegendes Prinzip wird freilich in zunehmendem Maße durch Auflockerungsmaßnahmen — Beschlagnahme* und Preisfreigabe, Freistellung vom Mieterschutz — aufgegeben, so daß der Kreis der von den Beschränkungen betroffenen Eigentümer immer kleiner und die Bindung und Begrenzung desEigentümers ihres allgemein verbindlichen Charakters entkleidet wird. Das GRMG kennzeichnet diese Entwicklung in doppelter Weise: einmal durch die unterschiedliche Ordnung der Miet(Pacht) Verhältnisse, je nachdem sie vor oder seit dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, zum anderen durch die in das Übergangsrecht eingebaute Planung der Als-ob-Miete in ihrer Begrenzung der marktwirtschaftlichen Konjunkturmiete auf die „angemessene Miete", dazu Kiefersauer, Raummietrecht im Übergang, J R 1953 Heft 3. *) Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht vom 15. März 1951 ( B G B l I I 75). Teileigentum ist im Gegensatz zu Wohnungseigentum das Sondereigentum an Gebäudeteilen (Räumen), die nicht Wohnzwecken dienen. Für dieses Teileigentum gelten die Vorschriften über das Wohnungseigentum entsprechend (§ 1 Abs. 3 und 5 W E G ) .
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Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Anm. 1
Gesetz zur Regelung der Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke (Geschäftsraummietengesetz) Vom 25. Juni 1952 (BGBl I 338)
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: 1
Das Gesetz umfaßt vier Abschnitte: Abschnitt I : Freigabe der Mieten (und Pachten) für Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke §1 §2
Grundsatz der Preisfreigabe ab 1. Dezember 1951 Begriff des Geschäftsraumes; Zuschlag für Benutzung von Wohnraum für Nichtwohnzwecke § 3 Behandlung von Mischräumen. Ortsübliche Miete, Kostenmiete § 4 Pachtverhältnisse
Abschnitt I I : Aufhebung des Mieterschutzes § 5 Grundsatz der Freistellung vom Mieterschutz ab 1. Dezember 1951 bzw. ab 1. Juli 1952 Behandlung von Mischräumen § 6 Mindestkündigungsfristen als Zwangsdauerrecht § 7 Räumungsfrist und vorläufige Vollstreckung von Räumungsurteilen Abschnitt I I I : Widerruf der Kündigung §§ 8—10 Wirtschaftlicher Nachteil für den Mieter und Zumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter in Interessenabwägung. Angemessene Mieterhöhung § 11 Sonderrecht des Beitrag leistenden Mieters § 12 Sonderbehandlung von Mischräumen §§ 13, 14 Befristete Geltendmachung des Anspruchs auf Widerruf der Kündigung §§ 15—19 Die prozessuale Behandlung des Anspruchs, Urteilsinhalt und Berufung § 20 Mietverhältnisse mit Verlängerungsklausel, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind § 21 Pachtverhältnisse; Sonderregelung für Unternehmenspacht § 22 Zeitliche Beschränkung der Rechtsregelung Abschnitt IV: Schluß- und Übergangsvorschriften § 23 Inkrafttreten des Gesetzes am 27. Juni 1952 §§ 24—26 Rückliegender Zeitraum § 27 Übergang von der Mietaufhebungsklage zur Räumungsklage § 28 Rücktritt von Vertragsvereinbarungen zwischen dem 1. Dezember 1951 und dem 27. Juni 1952 § 29 Verpflichtung zur Zahlung der angemessenen Miete aus Vereinbarungen vor dem 1. Dezember 1951.
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Anm. 1
E r l ä u t e r u n g e n zum
Geschäftsraummietengesetz
Der dritte Abschnitt des Geschäftsraummietengesetzes hat mit Wirkung vom 1. April 1956 seine praktische Bedeutung verloren. E r enthält für Mietund Pachtverhältnisse, die v o r dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, Kündigungsschutzvorschriften, insbesondere das Recht des Geschäftsraummieters, unter bestimmten Voraussetzungen den Widerruf der Kündigung des Vermieters zu verlangen. Diese Kündigungswiderrufsmöglichkeit für den Mieter hatte der Gesetzgeber bei dem Erlaß des Gesetzes bis zum 31. Dezember 1954 befristet (§ 22 GRMG) in der Erwartung, daß bis Ende 1954 der Neubau und der Wiederaufbau gewerblich genutzter Räume so weit fortgeschritten sei, daß das Angebot an Geschäftsräumen die Nachfrage ohne weiteres zu decken geeignet sei. E s handelte sich hierbei um eine vom Gesetzgeber für erforderlich gehaltene „Härteregelung für eine Übergangszeit bis zum Inkrafttreten voller Vertragsfreiheit''. Während die Bundesregierung nach Einholung der Stellungnahme des Zentralverbandes der Deutschen Haus- und Grundbesitzer, der Mieterorganisation, der Handwerker- und Einzelhandelsverbände zu der Überzeugung gelangt war, daß eine Verlängerung der Übergangsbestimmungen des Geschäftsraummietengesetzes über den 31. Dezember 1954 nicht erforderlich sei, haben Bundestag und Bundesrat auf Grund verschiedener Initiativanträge die Auffassung vertreten, daß für offenbare Härtefälle dem Geschäftsraummieter ein weiterer Kündigungsschutz gewährt werden müsse. Demgemäß hat der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates ein Gesetz zur Änderung des Geschäftsraummietengesetzes beschlossen, das am 26. Dezember 1954 (BGBl. I, 503) verkündet worden und am Tage danach in Kraft getreten ist. Dieses Änderungsgesetz gab dem Geschäftsraummieter noch für ein weiteres J a h r — bis zum 31. Dezember 1955 — die Möglichkeit, den Widerruf der Kündigung des Vermieters zu verlangen, jedoch nur unter bedeutend erschwerten Bedingungen. Während nach der ursprünglichen Fassung des § 8 GRMG der Mieter den Widerruf der Kündigung schon dann verlangen konnte, wenn die Kündigung für ihn erhebliche wirtschaftliche Nachteile brachte, stand ihm das Widerrufsrecht für die Zeit nach dem 31. Dezember 1954 nur noch dann zu, wenn die Kündigung für ihn eine erhebliche Gefährdung seiner derzeitigen wirtschaftlichen Lebensgrundlage mit sich bringen würde. Nach dem durch das Änderungsgesetz vom 26. Dezember 1954 neu gefaßten § 10 GRMG konnte sich der Mieter nicht mehr darauf berufen, daß die Kündigung für ihn eine erhebliche Gefährdung seiner derzeitigen wirtschaftlichen Lebensgrundlage mit sich bringen würde, wenn er die Möglichkeit hatte, sich für die gekündigten Geschäftsräume einen zumutbaren Ersatz zu verschaffen. Ursprünglich versagte sein Kündigungswiderrufsrecht nur dann, wenn er die Möglichkeit hatte, sich für die gekündigten Geschäftsräume ,,zu zumutbaren Bedingungen einen wirtschaftlich im wesentlichen gleichwertigen E r s a t z " zu verschaffen. Es war also nicht mehr erforderlich, daß die Bedingungen, unter denen die Ersatzräume dem Mieter überlassen wurden, zumutbar waren; es genügte vielmehr, daß die Ersatzräume ganz allgemein ihrer Beschaffenheit nach für den Mieter zumutbar waren. Das Änderungsgesetz zum Geschäftsraummietengesetz vom 26. Dezember 1954 hat die Kündigungsschutzbestimmungen mit den in § 8 und § 10 vorgenommenen Einschränkungen nur um e i n J a h r verlängert. Hierfür war die Erwägung maßgebend gewesen, daß seit dem Inkrafttreten des Geschäftsraummietengesetzes schon der größte Teil der Geschäftsraummietverhältnisse neu geregelt worden war und daß auf Grund der regen Neubautätigkeit von Jahr zu J a h r immer mehr Geschäftsraummietverhältnisse neu begründet worden
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Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Anm. 1
waren, deren Mieter die Kündigungsschutzbestimmungen nicht mehr für sich in Anspruch nehmen konnten. Auf Antrag aller Fraktionen hatte daher der Bundestag mit der Verabschiedung des Änderungsgesetzes noch zusätzlich eine Entschließung gefaßt, durch die die Bundesregierung ersucht wurde, bis zum 30. Juni 1955 die Lage auf dem Geschäftsraummarkt erneut zu prüfen und dem Bundestag Vorschläge zu unterbreiten, die geeignet sein sollten, nach Ablauf der Schutzbestimmungen der §§ 8 ff GRMG etwa eintretende schwere soziale Härten zu vermeiden, insbesondere für solche Fälle, in denen die Kündigung zur Vernichtung der wirtschaftlichen Lebensgrundlage des Mieters führen würde. Auf Grund dieser Entschließung hat die Bundesregierung weitere Erhebungen bei den maßgebenden Verbänden und Dienststellen angestellt und alsdann in einer Stellungnahme vom 21. September 1955 (Bundestagsdrucksache Nr. 1701) ausgeführt, auf Grund der Erhebungen sei es weder erforderlich noch zu rechtfertigen, den im Dritten Abschnitt des Geschäftsraummietengesetzes vorgesehenen Kündigungsschutz zu verlängern. E s könnten auch ähnliche Beschränkungen des Kündigungsrechts nicht mehr in Betracht gezogen werden. Dagegen sei es geboten, bestimmte Maßnahmen des Vollstreckungsschutzes vorzusehen. Die Bundes regierung werde den Entwurf eines entsprechenden Gesetzes den gesetzgebenden Körperschaften zuleiten. Gemäß dieser Ankündigung ist dann auch unter dem 10. November 1955 dem Bundestag ein von der Bundesregierung beschlossener Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Geschäftsraummietengesetzes zugegangen, der die erwähnten Maßnahmen eines Vollstreckungsschutzes enthält (Bundestagsdrucksache Nr. 1845). Obwohl die Bundesregierung im Anschluß an die von ihr durchgeführten Erhebungen in ihrem Entwurf die Notwendigkeit einer Verlängerung des Kündigungsschutzes für Geschäftsraummieten verneint hat, hat sich der Bundestag diese mit den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Geschäftsraummarkt im Einklang stehende Erkenntnis nicht zu eigen gemacht. E r hat es vielmehr für richtig und notwendig gehalten, den Kündigungsschutz für Geschäftsräume nochmals um drei Monate zu verlängern, indem er das „Gesetz zur Änderung des Geschäftsraummietengesetzes und des Mieterschutzgesetzes" in der 114. Sitzung nach 3 Lesungen an einem Tag einstimmig und ohne Aussprache beschloß. Dieses Gesetz ist unter dem 25. Dezember 1955 im Bundesgesetzblatt vom 30. Dezember 1955 verkündet worden. Die Notwendigkeit zum Erlaß dieses Gesetzes ist damit begründet worden, daß infolge verspäteter Einbringung der Stellungnahme der Bundesregierung keine Möglichkeit mehr bestehe, hierüber zu beraten und dem Bundesrat Gelegenheit zur Äußerung zu geben; zwischen dem Auslaufen der Kündigungsschutzbestimmungen am 31. Dezember 1955 und der erst in zwei bis drei Monaten möglichen Verabschiedung des beabsichtigten Vollstreckungsgesetzes würde ein Vakuum entstehen (Bericht über die 114. Bundestagssitzung vom 1. Dezember 1955). Diese Besorgnis war nicht begründet. Mit Recht hat Häusler (DWW 1956, 4) gegen diese Begründung des Bundestags insofern Bedenken erhoben, als der Geschäftsraummieter auch dann nicht mit Rechtsnachteilen hätte zu rechnen brauchen, wenn zwischen der Beendigung des Kündigungsschutzes mit dem 31. Dezember 1955 und dem Inkrafttreten des vorgesehenen Vollstreckungsschutzes zeitlich eine Lücke von 2 bis 3 Monaten eingetreten wäre, denn für alle Kündigungen, die zum 31. Dezember 1955 ausgesprochen waren, hatte der bisherige Kündigungsschutz Geltung, auch wenn ein etwaiger Rechtsstreit auf Grund einer solchen Kündigung über den 31. Dezember 1955 hinaus anhängig geworden wäre.
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Anm. 1,2
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Das am 31. Dezember 1955 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Geschäftsraummietengesetzes und des Mieterschutzgesetzes vom 25. Dezember 1955 (BGBl. I, 866) hatte im einzelnen folgende Übergangsbestimmungen getroffen : 1. Die Gültigkeitsdauer des Kündigungsschutzes in den §§ 8 ff GRMG in der Fassung vom 26. Dezember 1954 wurde bis zum 31. März 1956 verlängert (Art. I Nr. 2, Art. II Abs. 2 Satz 1 des Änderungsgesetzes). Demnach waren für die Kündigung eines vor dem 1. Dezember 1951 begründeten Miet- oder Pachtverhältnisses, die für einen Zeitpunkt erfolgte, der nach dem 31. Dezember 1955 und vor dem 1. April 1956 lag, die Schutzbestimmungen anzuwenden. 2. Eine vor dem 31. Dezember 1955 abgegebene Erklärung des Vermieters oder Verpächters nach § 13 Abs. 2 GRMG, sofern sie sich auf eine Kündigung bezog, wurde für unwirksam erklärt (Art. II Abs. 2 Satz 2 des Änderungsgesetzes). 3. Die Verlängerung der Kündigungsschutzvorschriften sollte auch dann gelten, wenn der Mieter oder Pächter bereits vor dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes auf Grund einer Kündigung, die für einen nach dem 31. Dezember 1955, aber vor dem 1. April 1956 liegenden Zeitpunkt ausgesprochen worden war, rechtskräftig zur Räumung verurteilt worden war (Art. II Abs. 3 des Änderungsgesetzes). 4. Das Gesetz hatte weiter, ebenso wie anläßlich der Verlängerung vor einem Jahr, die sich hieraus zwangsläufig ergebenden Übergangsmaßnahmen getroffen. Es wurde wiederum die Wirksamkeit einer Vereinbarung über den fristlosen Ablauf eines Miet- oder Pachtverhältnisses beseitigt, wenn sie vor dem 1. Januar 1956 getroffen war, auch wenn die Zeit, für die das Miet- oder Pachtverhältnis eingegangen war, vor dem 1. April 1956 ablief (Art. I Nr. 1 des Änderungsgesetzes). Dies sollte allerdings nicht gelten, wenn vor dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes, also vor dem 31. Dezember 1955, die Miet- oder Pachtzeit abgelaufen und der Miet- oder Pachtgegenstand geräumt worden war; in diesen Fällen sollte es bei der Beendigung des Miet- oder Pachtverhältnisses sein Bewenden haben (Art. II Abs. 1 aaO.).
Erster
Abschnitt
Freigabe der Mieten für Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke 2
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Dieser Abschnitt hat im wesentlichen die Bestimmungen des Abschnittes V §§ 13—16 der Verordnung PR Nr. 71/51 über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts vom 29. November 1951 übernommen, abgedruckt V 1. Die Preisfreigabe gilt trotz der auf Mieten beschränkten Überschrift auch für Pachtverhältnisse, § 4. Formell sind die Bestimmungen der VO PR Nr. 71/51 erst mit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 27. Juni 1952 aufgehoben, § 23. Gleichwohl kann, auch wenn verfassungsrechtliche Bedenken gegen die VO PR 71/51 erhoben werden — V 8 —, die Rechtsgültigkeit der Preisfreigabe nicht angezweifelt werden, da das Gesetz in Übereinstimmung mit der VO PR Nr. 71/51 die Preisfreigabe auf den Zeitpunkt vom 1. Dezember 1951 ausdrücklich zurückverlegt hat.
Anm. 3 Gegen diese Art der rückwirkenden Rechtsetzung können verfassungsrechtliche Bedenken auch dann nicht erhoben werden, wenn man die Rückwirkung von Gesetzen nicht in allen Fällen für zulässig erachtet, vgl. hierzu Pergande, FrWW 1952 Heft 8 S. 10; BayerVerfGH DÖV 1952, 278; OVG Hamburg DVB1 1951, 573 und JZ 1952, 416; Meyer-Cording JZ 1952, 161; WttbBadVGH (Karlsruhe) DÖV 1952, 503. Wegen der rückwirkenden Inkraftsetzung der zur Durchführung der Mietzuschlagserhebung für Wohnräume, die z.T. für Nichtwohnzwecke benutzt werden, zu erlassenden Rechtsverordnung, vgl. A 10. Soweit eine Preisfreigabe bei Mischräumen gemäß § 3 Abs. 1 und 2 nicht Platz greift, läßt das Gesetz in jedem Fall die E r h ö h u n g des Mietpreises für den Geschäftsraum auf die ortsübliche (§ 3 Abs. 3) oder die Kostenmiete zu. In dieser Regelung tritt die Tendenz des Gesetzes, marktwirtschaftliche Erwägungen auf dem Gebiete des Raummietrechtes auch im preisgebundenen Bereich der Geschäftsraummiete zu verwirklichen, klar in Erscheinung (A 17).
§ 1 Die Vermietung von Geschäftsräumen und gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken unterliegt vorbehaltlich des § 3 mit Wirkung vom 1. Dezember 1951 nicht mehr den Preisvorschriften. 3
Miet- und entsprechend § 4 auch Pachtverhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke unterliegen nicht mehr den Preisvorschriften. Die Regelung gilt auch dann, wenn der Mieter (Pächter) auf dem ihm überlassenen unbebauten Grundstück vereinbarungsgemäß ein Gebäude errichtet, in welchem der Mieter (Pächter) ein Gewerbe oder einen selbständigen Beruf ausüben will: OVG Münster ZMR 1953, 157 = N J W 1953, 877 = MDR 1953, 381 — DWW 1953, 117 — Glaser Nr. l/VI/1954. Diese Freistellung hat bereits § 13 der VO P R Nr. 71/51 (V1) ausgesprochen. Die den Preisbehörden übertragene Kontrolle der Mieten und Pachten umfaßte Wohn- und Geschäftsräume und in Ziff. 64—68 des R E 184/37 sind besondere Anweisungen für die Durchführung von Mietzinssenkungen und Mietzinserhöhungen bei Geschäftsräumen ergangen. Durch die Anordnung über Preisbildung und Preisüberwachung nach der Währungsreform vom 25. Juni 1948 (WiGBl S. 61) ist in § 1 Ziff. 7 die Anwendung der geltenden Preisvorschriften als Höchstpreisvorschriften angeordnet worden für „die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und Räumen jeder Art" (Fassung der AO vom 27. Dezember 1948, WiGBl 1949 S. 12). An diese Ausdrucksweise haben sich offenbar sowohl § 13 der VO P R Nr. 71/51 als auch § 1 dieses Gesetzes angelehnt. Sie könnte in diesem Zusammenhang zu der mißverständlichen Auffassung führen, daß nur die Neuvermietung von der Preisbindung freigestellt sei, daß dagegen die laufenden Miet- und Pachtverhältnisse von der Neuregelung nicht betroffen würden. Das wäre nicht richtig. Der Gesetzgeber wollte in beiden Fällen die P r e i s b i n d u n g auch für die l a u f e n d e n V e r t r ä g e a u f h e b e n . Der Vertragsabschluß vor dem 1. Dezember 1951 steht der Anwendung des Gesetzes nicht entgegen, OVG Münster ZMR 1953, 158. Preisrechtlich können daher für alle Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke die Vertragspreise erhöht werden. Dazu bedarf es keiner Mitwirkung der Preisbehörden mehr, wohl aber grundsätzlich einer Vereinbarung der Beteiligten.
Anm. 4
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
B e s t e h e n d e V e r t r ä g e sind — auch nach Aufhebung des Mieterschutzes A 25 — e i n z u h a l t e n , insbesondere hinsichtlich der vereinbarten Vertragsdauer (V 5) und der gesetzlichen (dazu § 6) Kündigungsfristen. Eine sofortige Mieterhöhung ohne Rücksicht auf die vertraglichen Bindungen ist durch § 1 nicht zugelassen; Vereinbarungen aus der Zeit zwischen dem 1. Dezember 1951 und dem Inkrafttreten des Gesetzes können nach Maßgabe des § 28 rückgängig gemacht werden. 4
Die zivilrechtliche Wirksamkeit der Preisfreigabe ist also keine unmittelbare. Die vom Vermieter gewünschte Erhöhung der Geschäftsraummiete kann nur im Wege des Vertragsabschlusses erreicht werden. Dazu bedarf es der Einwilligung des Mieters, nicht aber der Genehmigung der Mietpreisbehörde; eine erteilte Genehmigung wird gegenstandslos und stellt keine Rechtsbeeinträchtigung des Mieters dar (OVG Münster ZMR 1953, 123). Die Preisbehörde ist nicht verpflichtet, für die Zeit vor dem 1. Dezember 1951 später Mietpreise festzusetzen (OVG Münster ZMR 1953,158 = D W W 1953, 202 — Blätter 1953,270 — BB1953, 723 (n. L.); BVerwG, Urteil v. 19. Januar 1956 — VC114/55; BVerwG ZMR 1955, 241 — BB 1955, 592 — WM 1955, 143; OVG Münster Städtetag 1955, 411). Bei Rechtsverhältnissen, die nach dem 30. November 1951 n e u abgeschlossen worden sind oder abgeschlossen werden, unterliegt die Preisvereinbarung dem freien Ermessen der Vertragsteile. Sie waren hierin auch nicht durch den bis 9. Juli 1954 geltenden § 19 WiStG über Preistreiberei (vgl. Gesetz zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts vom 9. Juli 1954 (BGBl. I, 175) eingeschränkt, weil die Überlassung von Geschäftsräumen und unbebauten gewerblich genutzten Grundstücken nicht „in Ausübung eines Gewerbes oder Berufes oder in unbefugter Betätigung wie ein Gewerbetreibender'' erfolgt (Kiefersauer: MDR 1951, 708; OLG Braunschweig; Nds. Rpfl. 1953, 93 — ZMR 1953, 161 — Blätter 1954, 12; OLG H a m m : ZMR 1954, 64 — JMB1 (NRW) 1953, 285 — Glaser Nr. 34/X/1954). Bei l a u f e n d e n Miet(Pacht)verhältnissen hat die Preisfreigabe eine zweifache Wirkung: 1. Eine s e l b s t t ä t i g e Wirkung, insofern Verträge, die wegen Verstoßes des vereinbarten Miet(Pacht)zinses gemäß § 134 B G B nur zu dem Höchstmiet(pacht)preis erfüllbar geworden sind (dazu Roquette, Mietrecht S. 242 und Mietreform S. 188; Kiefersauer MDR 1951, 706; Gmelin, Mietpreisrecht Blatt 17; Bettermann, Grundfragen S. 44; StaudingerKiefersauer 150 vor §535), nunmehr vom 1. Dezember 1951 zu dem ursprünglichen preisrechtlich überhöhten Miet(Pacht)preis wirksam werden, ebenso LG Landshut Blätter 1954, 254; LG Köln MDR 1954, 43; LG München; BayrHZtg. 1954 Nr. 6 — Glaser Nr. 36/X/1954; AG Siegburg MDR 1954, 43; AG Köln WM 1953, 47; AG Bremerhaven D W W 1952, 192; OLG Frankfurt BBB1 1954, 438; a.M. LG Dortmund MDR 1954, 42 u. Rademacher WM 1954, 37 (mit der Begründung, daß der nichtige Teil des Vertrages nicht nach Aufhebung der Preisbindung wieder wirksam werden könne). Mit der Preisfreigabe ist dem Verwaltungsakt der Mietpreisbehörde die Rechtsgrundlage u. damit die Wirksamkeit entzogen; die Mietpreisherabsetzung macht die Vereinbarung des höheren Mietzinses, wie in § 45 Abs. 3 WBauG 1953 ausdrücklich bestimmt ist, nur „insoweit" u., wie man hinzufügen darf, „insolange" nichtig, als sie „der Entscheidung der Preisbehörde widerspricht". Der Mieter ist zur Zahlung des vereinbarten Miet(Pacht)preises verpflichtet; die Berufung
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Anm. 4
§§ 1 . 2
auf die Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des überhöhten Betrages gemäß § 275 B G B entfällt mit dem 1. Dezember 1951. Haben die Vertragsteile nach der Entscheidung der Preisbehörde einen neuen Vertrag mit dem preisrechtlich zulässigen Mietzins vereinbart, so verbleibt es bei dieser Vertragsmiete; eine andere Beurteilung der Rechtslage wäre möglich, wenn die spätere der preisrechtlichen Situation entsprechende Zusatzvereinbarung nur vorläufigen Charakter trägt u. deshalb nur für die Dauer der Gültigkeit der Preisbindung Geltung haben soll, LG Köln ZMR 1953, 178. Eine Einschränkung dieser Rechtsfolge tritt gemäß § 29 (A 95) insofern ein, als bei schuldhaftem oder nicht schuldhaftem Verstoß einer vor dem 1. Dezember 1951 begründeten Preisvereinbarung gegen preisrechtliche Vorschriften für die Übergangszeit bis zum 31. Dezember 1954 das Wiederaufleben der früheren Vereinbarung auf die Verpflichtung zur Zahlung der angemessenen Miete im Sinne des § 9 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit § 3 Abs. 4 beschränkt wird. 2. Im übrigen muß die Verwirklichung der Preisfreigabe den Beteiligten überlassen werden. Lehnt der Mieter (Pächter) die vom Vermieter geforderte Preiserhöhung ab, so ist der Vermieter, wenn er seinen Willen durchsetzen will, genötigt, die Auflösung des Miet(Pacht)verhältnisses durch einseitigen Rechtsakt herbeizuführen. Soweit die Preisfreigabe für Geschäftsraum erfolgt ist, in eben diesem Umfang ist aber auch nach § 5 das Rechtsverhältnis vom Mieterschutz freigestellt und damit das Kündigungsrecht dem Vermieter nach Vertrag und Gesetz gegeben. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Miet-(Pacht)verhältnissen, die a) am 1. Dezember 1951 b e s t a n d e n haben und f o r t g e s e t z t worden sind: gegenüber der Kündigung, die frühestens zum 1. April bzw. Juli 1952 zulässig gewesen ist, konnte der Mieter in der Übergangszeit bis 31. März 1956 (vgl. § 22 i.d. F. der Änderungsgesetze vom 26. Dezember 1954 (BGBl. I, 503) und vom 25. Dezember 1955 (BGBl. I, 866) den Anspruch auf Widerruf geltend machen, über den im Weigerungsfalle das Gericht gemäß den Vorschriften des I I I . Abschnittes zu entscheiden hatte; ergänzende Vorschriften finden sich in Abschnitt I V ; b) seit dem 1. Dezember 1951 n e u b e g r ü n d e t worden sind: die Wirksamkeit der Kündigung des Vermieters bestimmt sich ausschließlich nach Vertrag und den Vorschriften des B G B ; lediglich die Kündigungs fristen sind fürbestimmteRechtsVerhältnisse in § 6 abweichend geregelt. Seit dem 31. März 1956 ist auch das für bestehende Rechtsverhältnisse geltende Übergangsrecht durch das Dauerrecht abgelöst worden. Wegen des Vorbehaltes des § 3 vgl. A l l .
§
2
(1) Geschäftsräume im Sinne dieses Gesetzes sind Räume, die nach ihrer baulichen Anlage und Ausstattung auf die Dauer anderen als Wohnzwecken, insbesondere gewerblichen oder beruflichen Zwecken, zu dienen bestimmt sind und solchen Zwecken dienen. 27
Anm. 5
Erläuterungen zum
Geschäftsraummietengesetz
(2) Wohnungen, bei denen mehr als die Hälfte der Wohnfläche anderen als Wohnzwecken dient, stehen bei der Anwendung dieses Gesetzes Geschäftsräumen gleich. Das gleiche gilt für selbständig vermietete Teile von Wohnungen. (3) Wird nicht mehr als die Hälfte der Wohnfläche einer Wohnung, die den Preisvorschriften unterliegt, zu anderen als Wohnzwecken benutzt, so darf zu der für Wohnraum zulässigen Miete ein Zuschlag erhoben werden, der der wirtschaftlichen Mehrbelastung des Vermieters entspricht. Das Nähere bestimmt der Bundesminister für Wirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wohnungsbau auf Grund des Preisgesetzes vom 10. April 1948 (WiGBl S. 27) in seiner jeweils geltenden Fassung durch Rechtsverordnung. Die Vorschriften des § 3 Abs. 2 Nr. 4 und des § 11 Abs. 3 Nr. 4 der Mietenverordnung vom 20. November 1950 (Bundesgesetzbl. S. 759) bleiben unberührt. 5
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Gegenstand der Regelung dieses Gesetzes ist in erster Linie der G e s c h ä f t s r a u m . Die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 und 2 gilt nicht nur für die in Abschnitt I behandelte Preisfreigabe, sondern auch gemäß § 5 Abs. 1 für die Aufhebung des Mieterschutzes (Abschnitt II). Die Begriffsbestimmung entspricht fast wörtlich dem § 14 der VO P R Nr. 71/51 und dem § 2 Abs. 3 MSchAusnVO. Das Gesetz unterscheidet zwischen Geschäftsraum, der die gesetzlichen Merkmale an sich trägt und deshalb Geschäftsraum im Sinne des Gesetzes ist, und Geschäftsraum, bei dem diese Merkmale nicht vorliegen, der aber nach dem Willen des Gesetzes (Abs. 2) bei der Anwendung dieses Gesetzes dem Geschäftsraum gleichgestellt sein soll oder, wie es in der früheren Regelung (A 99) hieß, die den Gedanken der gesetzlichen Fiktion besser zum Ausdruck brachte, als Geschäftsraum im Sinne dieses Gesetzes g e l t e n soll. Der Begriff des Geschäftsraumes (vgl. hierzu insbes. Meeske Blätter 1953, 103 u. 117 sowie N J W 1952, 847; dagegen LG Wiesbaden ZMR 1954, 12) ist so weitgehend wie möglich gefaßt: das Gesetz versteht darunter zunächst (vgl. aber A 6) alles, was nicht Wohnraum ist. Es ist der Raum, der — wie das Gesetz mit „insbesondere", also beispielsweise erwähnt — gewerblichen oder beruflichen, aber auch gesellschaftlichen, dienstlichen, sportlichen, religiösen Zwecken dient und dienen soll (LG Göttingen ZMR 1955, 14). Deshalb sind hierher zu rechnen: Werkstätten, Fabriken, Lagerräume, Kontore, Ausstellungsund Messehallen, Scheunen, Ställe, Speicherräume — Läden, Verkaufsbuden, Kioske, Ateliers, Praxisräume, Garagen—, Gaststätten, Fremdenheime (LG Düsseldorf: DWW 1955, 47; LG Göttingen ZMR 1955, 14), Theater-, Kino-, Konzerträume, Spielsäle, Unterrichtsräume, Bibliotheken (LG Düsseldorf: ZMR 1954, 14 — Glaser Nr. 22/VI/1954), Versammlungsräume, Krankenhäuser, Erholungsheime (LG Göttingen ZMR 1955, 14) Jugend- und Schülerheime. Altersheime (LG Göttingen ZMR 1955, 14), Schulen, Forschungsinstitute, Museen, Kasernen — Diensträume der Behörden, Parteien und Organisationen öffentlicher und nichtöffentlicher Art, Bürohäuser, Warteräume der Verkehrsanstalten — Sporthallen, Badeanstalten — Kirchen, Bethäuser, Friedhofs-
§2
Anm. 6
hallen, Baubaracken auf einer Baustelle zur Übernachtung für Bauarbeiter (AG Wiesbaden B B a u B l 1954, 558). Der Begriff des Wohnraumes (der Wohnung) ist im G R M G nicht festgelegt. Nach Din-Blatt 283 (GemMinBl 1951 Nr. 6 S. 79), auf das in den Richtlinien für die Ausstellung von Bescheinigungen gemäß §§ 7, 32 W E G (BAnz 1951 Nr. 152) hingewiesen ist, gilt als Wohnung die Summe der Räume, welche die Führung eines Haushaltes ermöglichen; dazu gehört stets Küche oder Kochgelegenheit, Wasserversorgung, Ausguß und Abort. Über den Begriff der Wohnung i . S . d . WohnBauG vgl. OVG Hamburg; B B a u B l . 1955, 127 — ZMR 1954, 338; OVG Koblenz: B B a u B l 1955, 129; OVG Münster: B B a u B l . 1954, 122 — G W W 1954, 286 — Glaser Nr. 30/VIII/1954 — ZMR 1954, 124 (n. L.); vgl. auch Schwender: B B a u B l . 1954, 489; Herold: Blätter 1955, 161. 6
G e s c h ä f t s r a u m im Sinne des Gesetzes setzt voraus, daß die Raumnutzung einer bestimmten Tätigkeit ausschließlich zugeordnet ist. Diese Z u o r d n u n g erfordert 1. eine besondere E i g n u n g des Raumes, also eine der Zuordnung entsprechende räumliche Gestaltung, hier Anlage genannt, die durch eine dem jeweiligen Bedürfnis genügende bauliche Ausstattung (dazu Bettermann M D R 1952, 2) ergänzt werden kann und 2. eine tatsächliche V e r w e n d u n g für die vorgesehene Tätigkeitsausübung. Deshalb sind Räume, die sonst als Geschäftsräume anzusehen wären, aber zu Wohnzwecken tatsächlich verwendet werden, im Sinne des Gesetzes Wohnräume und nicht Geschäftsräume, Wormit D W W 1952, 152; L G Essen ZMR 1953, 67; Haas ZMR 1953, 169. Das Gesetz spricht von einer baulichen, Anlage und Ausstattung umfassenden und auf Dauer ausgerichteten Zweckbestimmung und Zweckverwendung. Die dem Wortlaut nach für Zweckbestimmung und Zweckverwendung geforderte bauliche Eignung — bauliche Anlage und Ausstattung — ist keineswegs im Sinne einer die Zwecksetzung als Nichtwohnraum (Zweckbestimmung und Zweckverwendung) gleichmäßig und ausschließend bestimmenden Voraussetzung anzusehen. Man wird deshalb wohl nicht sagen dürfen, daß die bauliche Anlage und Ausstattung die Verwendbarkeit des Raumes zu Wohnzwecken ausschließen müsse, vgl. Roquette 2b zu § 2. Man wird vielmehr die bauliche Eignung für Nichtwohnzwecke nur als die positivrechtlich geforderte Voraussetzung für die Anerkennung der Zwecksetzung als Geschäftsraum bewerten dürfen. Das objektive Moment der Eignung für den Zweck ist beim Geschäftsraum ebenso wie beim Wohnraum unerläßlich für die Begriffsbestimmung. Aber die Eignung ist weder ein ausschließendes noch ein ausschließliches Begriffselement der Geschäftsraummiete. Denn a) auch für Wohnzwecke geeignete und für Nichtwohnzwecke verwendete Räume können als Geschäftsräume im Sinne des Gesetzes zu behandeln sein, wenn die Voraussetzung des Abs. 2 gegeben ist, und b) die Zwecksetzung muß in jedem Falle zu der Eignung des Raumes •— beim Geschäftsraum ebenso wie beim Wohnraum — hinzutreten. Diese Einbeziehung der Zwecksetzung ist das Ergebnis derzumWohnG entwickelten Zweckbestimmungstheorie, vgl. VGH Stuttgart N J W 1948, 358 und D R Z 1950, 139; VGH München Nr. 360 I I 48 M D R 1949, 703 (Bettermann) = V G H E Bd. 2 Nr. 14; Nr. 232 I I 48 V G H E Bd. 2 Nr. 8; Nr. 243 I I 49 BayBgmstr 1950, 285; Nr. 384 I I 3/50 ZMR 1952, 136; OVG Hamburg M D R 1949, 377 und
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Anm. 7
E r l ä u t e r u n g e n zum
Geschäftsraummietengesetz
649; OVG Lüneburg HMR Rspr 1950 Nr. 63 und 173; OVG Münster HMR Rspr 1950 Nr. 174; OVG Hamburg ZMR 1952, 259; LG Düsseldorf: D W W 1955, 47. Die Zweckbestimmungstheorie, die auch für die Begriffsbestimmung für Wohnraum in § 2 WBewG maßgebend geworden ist, dürfte auch für die Auslegung des § 2 Abs. 1 und 2 des Gesetzes entscheidend sein. Demgemäß sind frühere Wohnräume, die für Nichtwohnzwecke, z. B. als Diensträume von Behörden vertragsgemäß — nicht bloß tatsächlich, LG Lüneburg D W W 1954, 98 — verwendet werden, als Geschäftsräume im Sinne dieses Gesetzes für die Dauer dieser Verwendung auch dann anzusehen, wenn ihre ursprüngliche Zweckbestimmung als Wohnräume feststeht (LG Göttingen ZMR 1955, 14; AG Wiesbaden B B a u B l . 1954, 558). Die Tatsache, daß die bauliche Anlage und Ausstattung den Wohnzweck nicht ausschließt, kann die Anwendung des Gesetzes nicht ausschließen, wenn das entscheidende Gewicht auf die Zweckbestimmung des Raumes durch den Verfügungsberechtigten und die ihr entsprechende Zweckverwendung gelegt wird. Daß diese Kombination von objektiver Eignung und subjektiver Zwecksetzung im Rahmen des Mietrechts (Mieterschutz, Preisbildung) verfehlt sei, weil sie nicht an die Raumart, sondern an die Vertragsart gebunden sei — so Bettermann M D R 1952, 2 — , kann nicht zugegeben werden, vgl. Groothold und Schopp ZMR 1952, 51 und 169. Denn die Bestimmung im Rahmen der Wohnraumbewirtschaftung ist, auch wo eine vertragliche Bindung nicht vorliegt, eine subjektive Zwecksetzung. Selbst die vom Vertragszweck abweichende andere Zweckverwendung, die der Vermieter (Verpächter) duldet, muß als wirksame Zweckbestimmung im Sinne des Abs. 1 angesehen werden, solange der Vermieter diese vertragswidrige Benutzung nicht verhindert, vgl. Weitnauer M D R 1952, 67. u. D W W 1952,214. Widerspricht dagegen der Vermieter der vertragswidrigen Benutzung, so verbleibt es bei der Zwecksetzung, die dem Vertrage entspricht und es kann keine Rede davon sein, daß der Mieter durch vertragswidrige Nutzung sich gewisse Vorteile sichern kann, die ihm bei vertragsgemäßer Benutzung nicht zustehen. E r kann also nicht durch die vertragswidrige Benutzung eines ihm ausschließlich für Berufszwecke überlassenen Geschäftsraumes z. B. eines Ateliers als Wohnraum die Preisfreigabe nach § 1 oder die Freistellung vom Mieterschutz nach § 5 Abs. 1, 2 des Gesetzes verhindern (vgl. LG Lüneburg: D W W 1954, 98; AGNortheim Nieders. Haus-u. Grundbesitz 1955, 63 — Glaser Nr. 86/VI/1955). Insoweit ist Roquette 2 c zu § 2 zuzustimmen; a.M. Weitnauer D W W 1952, 284. 7
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Weitergehend ist aber auch das Dürfen des Vermieters dahin einzuschränken, daß er auch nicht über eine v e r t r a g s m ä ß i g herbeigeführte Ä n d e r u n g d e r Z w e c k b e s t i m m u n g z. B . der Umwandlung des Wohnzwecks in einen Nichtwohnzweck sich die Vorteile dieses Gesetzes verschaffen kann, wenn er durch Zusicherung bestimmter Vorteile die Zustimmung des Mieters erreicht. Hier könnte nicht nur unter Umständen das Verbot des Verzichtes und der Umgehung des Mieterschutzes gemäß § 49 MSchG verletzt und damit die Wirksamkeit der veränderten Zwecksetzung in Frage gestellt sein. E s muß vielmehr auch der wohnraumwirtschaftliche Grundsatz beachtet werden, daß nur die u r s p r ü n g l i c h e d.h. bei der Errichtung des Baues vom Eigentümer in freier E n t schließung gewollte Zweckbestimmung als Nichtwohnraum von der Wohnungsbehörde zu respektieren ist, vgl. HessVGH VerwRspr. Bd. 3 Nr. 123; OVG Münster DÖV 1951, 366. Die Zweckbestimmungsfreiheit des Vermieters findet daher trotz des allgemeinen Wortlautes der Begriffsbestimmung in Abs. 1 eine Schranke in der Verpflichtung zur Erhaltung des Wohnraumes, wie sie im W B e w G insbes. in dem Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (§21)
§2
Anm.7a, 8
ausgesprochen ist. Diese Einordnung auch des GRMG in die Struktur des Wohnraumrechts darf bei der Auslegung dieses Gesetzes nicht übersehen werden. Wohnungsrechtlich gesehen ist es deshalb nach § 21 WBewG dem Vermieter von Wohnraum nicht gestattet, auch nicht mit Zustimmung seines Mieters, die Zwecksetzung durch Umwandlung der Bestimmung und Verwendung in Geschäftsraum die formalen Voraussetzungen des Abs. 1 von sich aus zu schaffen. 7a
Bei den g e w e r b l i c h g e n u t z t e n u n b e b a u t e n G r u n d s t ü c k e n entfällt das Erfordernis einer besonderen Eignung und Zweckbestimmung; es genügt die dem Vertragszweck entsprechende tatsächliche Nutzung für gewerbliche Zwecke. Die Beschränkung der Preisfreigabe auf die Grundstücke läßt die durch Ziff. 7 des § 1 der PreisfreigabeAO vom 25. 6. 48 (WiGBl S. 61) erneut betonte Preisbindung der Vermietung (Verpachtung) aller anderen Grundstücke unberührt. Es handelt sich insoweit nur um eine teilweise Freigabe der Grundstücks Vermietung (soweit sie nicht Raummiete ist) im Gegensatz zu der Freistellung vom Mieterschutz, der gemäß § 36 MSchG überhaupt nur für gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke Geltung hatte, § 5 Abs. 1. Wegen der Sonderregelung bei der Verbindung mit Wohnraum vgl. A 12.
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Eine besondere Stellung nehmen in der gesetzlichen Regelung ein d i e M i s c h r ä u m e , d. s. Räume, die teils zu Wohnzwecken, teils zu Nichtwohnzwecken bestimmt und genutzt werden. Für sie ist charakteristisch, daß die Gesamtheit der vermieteten Räume nicht einer einheitlichen Zweckbestimmung als Wohnraum oder Nichtwohnraum unterworfen ist. Räume, die ihrer baulichen Anlage und Ausstattung nach sowohl für Wohnzwecke wie für Nichtwohnzwecke verwendet werden können —- Bettermann MDR 1952, 2 nennt sie neutrale Räume —, fallen deshalb grundsätzlich unter das GRMG (so mit Recht Weitnauer MDR 1952, 68 gegen Bettermann; Groothold ZMR 1952, 51); sind sie in ihrer Gesamtheit für Geschäftszwecke bestimmt und genutzt, so werden sie als Geschäftsräume im Sinne des Abs. 1 behandelt, Weitnauer DWW 1952, 284. Ist die Zwecksetzung der Wohnraumeinheit geteilt, so gelten die Grundsätze des Abs. 2. Hiernach sind Wohnungen oder Wohnungsteile — erstere ohne Rücksicht auf ihre Abgeschlossenheit, Roquette 4a zu § 2 —-als Geschäftsräume im Sinne des Gesetzes ohne Rücksicht auf das Vorliegen der in Abs. 1 geforderten begrifflichen Voraussetzungen zu behandeln, a) wenn und soweit von der Wohnungseinheit mehr als die halbe Wohnfläche anderen als Wohnzwecken dient oder b) wenn und soweit durch selbständigen Mietvertrag —- ein solcher kann auch im Falle der Untervermietung vorliegen, Weitnauer D W W 1952, 283 gegen Roquette 5 a zu § 2 — Teile der Wohnung für Nichtwohnzwecke überlassen sind. Der Vertragszweck muß in beiden Fällen auf eine gemischte Nutzung gerichtet sein. Die rein tatsächliche Benutzung der Wohnungen zu Nichtwohnzwecken genügt trotz des Wortlautes „dienen" nicht; denn die begriffliche Abgrenzung von Wohnzweck und Nichtwohnzweck kann in Abs. 2 keine andere sein als in Abs. 1, Roquette, 4a zu § 2; a.M. Schopp ZMR 1952, 170 und anscheinend auch Wormit D W W 1952, 152 sowie LG Wiesbaden ZMR 1952. 278. Aus dem gleichen Grunde wird aber auch die widerspruchslose Duldung der vertragswidrigen Benutzung der Wohnung seitens des Vermieters der vertragsgemäßen Benutzung hinsichtlich der Anwendung des GRMG gleichzustellen sein, A 6.
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Anm. 9 9
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Die G r ö ß e d e r W o h n f l ä c h e , der Gesamtwohnung —nicht eines größeren Zimmers, LG Köln WM 1954, 78 —, die der Benutzung für Nichtwohnzwecke zur Verfügung steht, entscheidet über die Preisfreigabe und gemäß § 5 Abs. 1 auch über die Freistellung vom Mieterschutz. Wird von der Wohnfläche der Wohnungseinheit weniger als die Hälfte für Nichtwohnzwecke in Anspruch genommen, so verbleibt es bei der für Wohnraum grundsätzlich geltenden Preisbindung und dem Mieterschutz. Für die Ermittlung der Wohnfläche der Wohnung gibt das Gesetz keine Vorschrift. E s liegt nahe, die Grundsätze der §§ 25—27 der VO über Wirtschaftlichkeits- und Wohnflächenberechnung für neugeschaffenen Wohnraum (Berechnungsverordnung) vom 30. November 1950 (BGBl I, 753) heranzuziehen, GrootholdZMR 1952, 51; SchoppZMR 1952, 170; Weitnauer:BundesAnz. 1952 Nr. 125 S. 5. Nach § 25 Abs. 3 dieser VO gehören zur Wohnfläche jedenfalls nicht die Grundfläche von Dachböden, Kellern, Trockenräumen und Waschküchen (LG Wiesbaden ZMR 1952, 278; AG Wiesbaden ZMR 1953, 348). Anrechenbar auf die Wohnfläche ist nach § 25 Abs. 1 aber auch nur die Grundfläche der Räume, die ausschließlich zur Wohnung gehören. Es scheiden für die Aufteilung zwischen Wohn- und Nichtwohnzwecken gewidmeten Nebenräumen jedenfalls die gemeinschaftlich benutzten Räume wie Flur, Diele, Toiletten aus, ebenso Roquette 5 b zu § 2, a.M. Meeske N J W 1952, 847 u. Haas ZMR 1953, 170. Regelmäßig aber dürfte die Nutzfläche von Bad und Küche auf die Wohnung anrechenbar sein; denn eine gemeinschaftliche Benutzung mit dem Nichtwohnraummieter dürfte hier wohl kaum in Frage kommen. Aus diesem Grunde dürfte die Nutzflächenberechnung, wie sie § 1 der AO Nr. 111/47 vom 18. November 1947 (MittBl S. 320) für die Ermittlung der anteiligen Leerraummiete für die Berechnung des Untermietzinses vorschreibt, nicht, wie Roquette a.a.O. S. 197 vorschlägt, voll und ganz zu übernehmen sein, vgl. hieher auch Weitnauer D W W 1952, 283. Die Grundflächen von Räumen, die zugleich für Wohn- und Nichtwohnzwecke benutzt werden, z. B. der Warteraum einer Arztpraxis, der außerhalb der Sprechstunden Wohnzwecken dient, können zur Hälfte der Wohnraumnutzung und zur Hälfte der Geschäftsraumnutzung zugerechnet werden, Groothold ZMR 1952, 52; a.M. Breetzke N J W 1 9 5 2 , 1 1 2 0 der den Raum bei gleichmäßiger Benützung als Wohnraum werten will, während L G Siegen WM 1953, 92 = DRsp I I (277) 58 den dauernd für Nichtwohnzwecke bestimmten Raum den Geschäftsräumen zurechnet. Vgl. auch LG Wiesbaden ZMR 1952, 278, das nur unter besonderen Umständen ausnahmsweise die Verwendung zu Wohnzwecken ganz außer Betracht lassen will. Ist hiernach die anrechenbare Grundfläche für die Gesamtwohnung festgestellt, so ergibt die Teilung durch zwei die für die Anwendung nicht nur des Absatzes 2, sondern auch des Absatzes 3 (Zuschlag zur Wohnungsmiete) maßgebende Zahlengröße. Bleibt die für Nichtwohnzwecke bestimmte Teilfläche der Gesamtwohnung unter dieser Zahl oder erreicht sie diese, so ändert die Benutzung für Nichtwohnzwecke nichts an der für die Gesamtwohnung geltenden Preisbindung (Mieterschutz); wohl aber findet Abs. 3 Anwendung. Die Anwendung der Preisvorschriften hat auch die Erhebung des Mietzuschlages nach § 3 VO P R 72/52 für die ganze Wohnung zur Folge. Überschreitet dagegen die für Nichtwohnzwecke bestimmte Wohnfläche diese Zahlengröße, so gilt der Gesamtwohnraum als Geschäftsraum. Ein Wechsel in der Benutzungsart hat eine Änderung der Rechtsanwendung zur Folge. Zu dieser Änderung ist aber nicht nur das Einverständnis der Vertragsgegners
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Anm. 10 notwendig, sondern auch, soweit eine Verminderung des Wohnraumes durch Zweckentfremdung in Frage kommt, die Zustimmung der Wohnungsbehörde, A 6 und V 12. 10
Erreicht bei Mischräumen die Benutzung für Nichtwohnzwecke nicht mehr als die Hälfte der anrechenbaren Wohnfläche (A 9), so verbleibt es bei der Preisbindung und gemäß § 5 Abs. 1 beim Mieterschutz für den Gesamtwohnraum. Darüber hinaus bringt das G R M G eine preisrechtliche Neuerung: einen Z u s c h l a g zum Mietzins. Der Vermieter ist nach Abs. 3 berechtigt, zu der preisrechtlich zulässigen Miete einen Zuschlag zu verlangen, der der wirtschaftlichen Mehrbelastung des Vermieters entspricht. Der Gedanke, dem Vermieter für die besondere Abnutzung einen Zuschlag bei Wohnungen zu gewähren, die zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken mitbenutzt werden, sofern nicht mehr als die Hälfte der Wohnfläche gewerblichen oder beruflichen Zwecken dient, hat bereits für den neugeschaffenen Wohnraum (§ 7 Abs. 3 des Ersten Wohnungsbaugesetzes) zur Erhebung eines Zuschlages neben der Miete geführt (§ 3 Abs. 2 und § 11 Abs. 3 zu Ziffer 4 der MietenVO). Auf diese Vorschrift nimmt Abs. 3 Satz 3 des Gesetzes ausdrücklich Bezug mit dem Hinweis, daß diese für den steuerbegünstigten und öffentlich geförderten neugeschaffenen Wohnraum getroffene Regelung unberührt bleibt. Für Altwohnraum gilt vorläufig noch R E 153/38 vom 29. Dezember 1938 (MittBl 1939 I S. 10), der dem Vermieter die Erhebung eines Zuschlages von 10 v . H . der Gesamtwohnungsmiete gestattet (ebenso Hans ZMR 1953, 170). Die Berechnung des Zuschlages nach Abs. 3, insbes. die Bestimmung des Maßstabes, nach welchem die Mehrbelastung des Vermieters zahlenmäßig ermittelt werden soll, ist — wie im § 3 Abs. 4 (A 18) — der näheren Bestimmung einer „auf Grund des Preisgesetzes" zu erlassenden Rechtsverordnung überlassen. Da diese Ermächtigung ihre Rechtsgrundlage im Gesetz selbst hat, dürfte die Bezugnahme auf das Preisgesetz nicht unbedingt notwendig sein, um so weniger, wenn man mit Rubarth N J W 1952, 956 den Anordnungen der obersten Preisbehörde, die der Bundesminister für Wirtschaft darstellt, den Charakter von Rechtsverordnungen zubilligt. Man könnte aber gegen die allgemeine Fassung, daß „das Nähere" durch Rechtsverordnung zu bestimmen sei, im Hinblick auf die Vorschrift des Art. 80 Abs. 1 GG, daß Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden müssen, Bedenken erheben, so Roquette 4 c zu § 2. Allein im Zusammenhang mit Satz 1 des Abs. 3 wird man nicht sagen können, daß „die Ermächtigung so unbestimmt ist, daß nicht mehr vorausgesehen werden kann, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von ihr Gebrauch gemacht wird und welchen Inhalt die auf Grund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben", BVerfG vom 23. Oktober 1951, Leitsatz 36 (DVB1 1952, 15); vgl auch Ziff. 5 der Ergebnisse der Weinheimer Tagung der Staatsrechtslehrer über „Die Übertragung rechtsetzender Gewalt im Rechtsstaat" bei Ule J Z 1952, 41. Die Aufgabe, die dem ermächtigten Bundesminister gestellt ist, ist ihrem Inhalt nach genau umrissen: er soll die Voraussetzungen festlegen, unter welchen der Vermieter für die Verwendung von Wohnräumen, deren Anteil an Wohnfläche die Hälfte der Gesamtwohnfläche nicht übersteigt, wegen wirtschaftlicher Mehrbelastung einen Zuschlag zur Wohnungsmiete erheben darf. Daß die rechtstechnische Erfassung dieser Voraussetzungen erheblichen Schwierigkeiten begegnen wird, kann nicht gegen die Zulässigkeit der Ermächtigung als solche geltend gemacht werden. 3 Kiefersauer-Glaser, Geschäftsraummiete, 2. Aufl.
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A n m . 10
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Wie sich der Bundeswirtschaftsminister dieser Aufgabe entledigt, bleibt abzuwarten. In seinem Schreiben vom 17. September 1955 — I B 4/U 2/9253/55 — mitgeteilt von Kirchhof (NW 1955, 1639) — vertritt der B W M die richtige Auffassung, daß der Vermieter bereits heute den Zuschlag verlangen kann; so auch Kirchhof (a. a. O.) mit Recht unter Hinweis darauf, daß der Richter nicht nur dem Gesetz, sondern auch dem Recht unterworfen sei (so EnneccerusNipperdey, B G B Allg. Teil § 51 I I 1) und daß er auf Grund des Fehlens der angekündigten RechtsVO. selbst die Grundsätze aufstellen müße, nach denen sich der gewerbliche Zuschlag bemessen läßt; ebenso OVG Münster: ZMR 1955, 205 — Glaser, Entscheidungen Nr. 73/VI/1955; Hans (ZMR 1953, 170) will eine individuelle Berechnung in Anwendung des R E r l Nr. 153/38 bis zum Erlaß der RechtsVO zulassen; anderer Ansicht: Roquette, MRecht 4. Aufl. S. 288, der die Ansicht vertritt, daß der Vermieter solange mit der Geltendmachung der Zuschläge warten müsse, bis dessen Berechnung durch die vorgesehene RechtsVO möglich sei; ebenso L G Detmold: N J W 1955, 1639 (m. abl. Anm. von Kirchhof) und AG Hamburg, Urteil vom 4. Januar 1956 — 46 C 520/55 (noch nicht veröffentlicht); dagegen für Ausfüllung der Lücke durch die Gerichte auch OLG Frankfurt/M., Urteil v. 23. Dezember 1953 — 7 U 87/53 — Hess. HZtg. 1954, 301; vgl. auch Glaser: Hess. HZtg. 1956, 21. Nach der Auffassung des OVG Lüneburg (Amtl. Sa. Bd. 9, 367) verbleibt es bei den bisher ortsüblichen Zuschlägen, solange der B W M keine näheren Bestimmungen erlassen hat.
§
3
(1) Sind Geschäftsräume wegen ihres räumlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhangs mit Wohnräumen, die bei selbständiger Vermietung den Preisvorschritten unterliegen würden, zugleich mit diesen vermietet, so werden auch die Wohnräume von den Preisvorschriften ausgenommen. Dies gilt nicht, wenn der Mietwert der Geschäftsräume geringer ist als der Mietwert der Wohnräume; in diesem Falle unterliegen auch die Geschäftsräume den Preisvorschriften. Bei Mietverhältnissen, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, bleibt eine nach diesem Zeitpunkt eingetretene oder eintretende Änderung des Mietwerts außer Betracht. Wohnräume, die nach den Sätzen 1 bis 3 von den Preis Vorschriften ausgenommen sind, bleiben von diesen auch dann ausgenommen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 nachträglich wegfallen. (2) Sind gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke wegen ihres wirtschaftlichen Zusammenhangs mit Wohnräumen zugleich mit diesen vermietet, so gilt Absatz 1 entsprechend. (3) Soweit nach den Absätzen 1 und 2 auf Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke die Preisvorschriften anzuwenden sind, ist durch die Preisbehörde eine Miet34
Anm.ll
erhöhung bis zur Höhe der ortsüblichen Miete für Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke gleicher Art und Lage zuzulassen. 11
Anders als im Falle des § 2 Abs. 2 (A 8) werden hier die beiden verschiedenen Raumtypen —• Wohnraum und Nichtwohnraum —, sofern sie in einer bestimmten Beziehung zu einander stehen, einer besonderen Regelung unterworfen, die den Grundsatz der Preisfreigabe f ü r G e s c h ä f t s r ä u m e in § 1 ganz ebenso ändert (daher der Vorbehalt in § 1) wie dies in § 5 Abs. 3 für die Freigabe dieser Räume vom Mieterschutz geschieht. § 3 GRMG, der die Preisbindung für Mischmietverhältnisse (Mietverhältnisse über Geschäftsraum und Wohnung) grundsätzlich aufrecht erhalten hat, hat durch § 36 des am 1. August 1955 in Kraft getretenen 1. Bundesmietengesetzes - BMG - v. 27. Juli 1955 (BGBl. I, 458) eine wesentliche Änderung erfahren. Die günstigen Erfahrungen, die mit der Aufhebung der Preisbindung und des Mieterschutzes für reine Geschäftsräume durch das Geschäftsraummietengesetz gemacht worden sind, haben den Gesetzgeber zu einer weiteren Auflockerung bei den Mietverhältnissen über sogenannte Mischräume veranlaßt. Mischräume sind solche Geschäftsräume, die wegen ihres räumlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhanges mit Wohnraum zugleich mit diesem vermietet sind. Während nach der bisherigen Fassung des §3 Abs. 1 GRMG Mischmietverhältnisse nur dann nicht mehr denPreisvorschriften unterlagen, wenn derMietwert der Geschäftsräume mehr als zwei Drittel des Gesamtmietwertes ausmachte, sind auf Grund der durch § 36 BMietG geschaffenen Änderung des § 3 Abs. 1 GRMG Wohn- und Geschäftsräume ab 1. August 1955 von den Preisvorschriften schon dann frei, wenn der Mietwert der Geschäftsräume nach dem Stande vom 1. Dezemberl951 nicht geringer ist als der Mietwert der Wohnräume oder - mit anderen Worten - wenn der Mietwert der Geschäftsräume mindestens die Hälfte des Gesamtmietwertes erreicht. E s sind also nunmehr auch diejenigen Mischräume von den Preisvorschriften freigestellt, bei denen der Geschäftswert zwischen der Hälfte und zwei Dritteln des Gesamtmietwertes Hegt. Zutreffend weist Roquette (Anm.2 zu § 36 BMG) daraufhin, daß nach der bisherigen Fassung des § 3 GRMG die Freistellung von den Preisvorschriften die Ausnahme war. Nunmehr gilt der umgekehrte Grundsatz, daß Mischmietverhältnisse von den Preisvorschriften ausgenommen werden. Nur dann, wenn der Mietwert der Geschäftsräume geringer als der Mietwert der Wohnräume ist, sind künftig die Preisvorschriften noch anzuwenden. Sind beide Mietwerte gleich oder ist der Mietwert der Geschäftsräume höher als der der Wohnräume, so unterliegen die Mischräume nicht mehr der Preisbindung. Dem Vorschlag der Bundesregierung, die Preisvorschriften auf Mischmietverhältnisse nur noch dann anzuwenden, wenn der Mietwert der Geschäftsräume im Verhältnis zum Mietwert der Wohnräume von untergeordneter Bedeutung ist, ist der Bundestag nicht gefolgt, da er es für zweckmäßig gehalten hat, an einer bestimmten Relation festzuhalten, weil es in der Praxis schwierig sein werde, festzustellen, wann der Mietwert der Geschäftsräume von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. den schriftlichen Bericht des Bundestagsausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen zur Bundestagsdrucksache 1421). § 3 GRMG findet nur auf solche Mischmietverhältnisse Anwendung, bei denen die Wohnräume bei selbständiger Vermietung den Preisvorschriften unterliegen würden. Trifft dies nicht zu, z . B . bei freifinanziertem Wohnraum 3'
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Anm. 12,13
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
im Sinne des § 46 WohnBauG oder bei Wohnraum, der in der Zeit zwischen dem 21. Juni 1948 und dem 31. Dezember 1949 bezugsfertig geworden ist (§ 11 BMG), so unterliegt das gesamte Mischmietverhältnis nicht den Preisvorschriften, da die Geschäftsräume als solche bereits nach § 1 GRMG von diesen Vorschriften ausgenommen sind. Die Verkoppelung von Wohnraum und Geschäftsraum ist in diesem Falle bedeutungslos. E s bleibt ohne Rücksicht auf den Anteil des Wohnraummietwertes bei der Preisfreigabe für die Geschäftsräume nach der Regel des § 1 GRMG. 12
Wenn gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke wegen ihres wirtschaftlichen Zusammenhangs mit Wohnraum zugleich mit diesem vermietet worden sind, dann findet die Regelung des § 3 Abs. 1 GRMG hinsichtlich der Preisbindung und der Preisfreiheit des sich auf die Grundstücke und die Wohnräume beziehenden Mietverhältnisses entsprechende Anwendung (§ 3 Abs. 2 GRMG). Sind Wohnräume zusammen mit Geschäftsräumen u n d gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken vermietet, dann kommt es auf den Mietwert der Wohnräume an im Verhältnis zum Mietwert der Geschäftsräume zuzüglich des Mietwerts der unbebauten Grundstücke (Schütz, Anm. 2 zu § 36 BMG). Dagegen hat das Geschäftsraummietengesetz die Rechtsverbindung von Wohnraum und nicht gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken unberührt gelassen. Für die preisgebundenen Wohnräume gilt auch die 1 0 % ige Erhöhung der Altraummiete, was in § 3 VO P R Nr. 72/52 (A 100) ausdrücklich festgestellt ist. Mit der in § 3 geregelten Preisfreigabe von Wohnräumen greift, wenn auch für beschränkte Rechtsverhältnisse, das G R M G über die ihm gesteckte Zielsetzung der Auflockerung der Preisbindung für Geschäftsräume hinaus. E s wird nicht nur, wie die Bundesregierung betont, „die Zwangswirtschaft auf dem Gebiet der Geschäftsmieten gelockert", sondern auch die Wohnraummiete freigegeben. Dieser Übergriff auf die Wohnraummiete ist um so beachtlicher, als die Freistellung vom Mieterschutz in § 5 Abs. 3 genau nach den gleichen Grundsätzen geregelt ist.
13
Das Gesetz ordnet zwei Fälle von Rechtsverbindungen von Wohnraum und Geschäftsraum bzw. gewerblich genutztem unbebautem Grundstück: a) die t a t s ä c h l i c h e , äußerlich erkennbare Verbindung, b) die wirtschaftliche Verbindung. a) R ä u m l i c h e r Z u s a m m e n h a n g : § 15 VO P R Nr. 71/51 bezeichnete i h n — i m Anschluß an § 16 Nr. 6 RMG — konkret (wenn auch vielleicht etwas enger, vgl. Staudinger-Kiefersauer, 11. Aufl. 47 vor § 535) als Vermietung von Geschäftsräumen, die (Bestand)teile einer Wohnung sind, sich also nicht nur an Geschäftsräume anschließen. Abs. 1 fordert schlechthin das Vorhandensein eines räumlichen Zusammenhanges zwischen den gemäß der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 1 und 2 als Geschäftsräume zu behandelnden Räumen und den „zugleich" mit ihnen vermieteten Wohnräumen. Es genügt ein loser Zusammenhang, wie er zwischen den Stockwerken eines Gebäudes besteht, Hans 4 zu § 3; LG Hamburg M D R 1953, 174; AG Bremen ZMR 1953, 159; AG Pinneberg M D R 1953, 99; AG Hannover, Glaser Nr. 6/VI/1954; L G Frankenthal M D R 1954, 4 2 1 — ZMR 1955, 15 m. Anm.v. Weitnauer-Glaser Nr. 41/VI/ 54; a.M. R o q u e t t e D M i e t R 2 a zu § 3; AGDüsseldorf Blätter 1954,126 — Glaser Nr. 7/VI/1954; L G Essen ZMR 1954,48, das den Begriff des räumlichen Zusammenhangs wörtlich nimmt und verlangt, daß die beiden
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Anm. 13 Raumarten, Geschäftsraum und Wohnraum, tatsächlich unmittelbar zusammenhängen; vgl. auch Weitnauer MDR 1952, 450 und ZMR1955, 15; BayrVGH München ZMR 1955, 340 = Glaser Nr. 4/VI/1956. Wohnraum in diesem Sinne ist nicht nur die Wohnungseinheit, also eine Mehrheit von Wohnräumen mit Nebenräumen, sondern auch der Einzelwohnraum, immerhin ein Raum, der für Wohnzwecke geeignet, bestimmt und verwendet wird. Ob die Zweckbestimmung als Wohnraum eine ursprüngliche war oder nicht, ist — anders als im Bereich der Wohnraum-, bewirtschaftung — unerheblich; es können daher auch Nebenräume, die ursprünglich als solche für Geschäftszwecke bestimmt oder genutzt worden waren, als Wohnräume in Betracht kommen. Der räumliche Zusammenhang zwischen den beiden Raumtypen wird in der Regel die Notwendigkeit einer einheitlichen Vermietung, also die Raumüberlassung an denselben Mieter durch einheitlichen Mietvertrag zur Folge haben (OVG Lüneburg N J W 1955, 1651). Jedenfalls setzt das Gesetz diesen Fall allein voraus, wenn es die Vermietung der Geschäftsräume „zugleich" mit den Wohnräumen verlangt, wobei mit dem Wort „zugleich" nicht die Vermietung zu demselben Zeitpunkt durch denselben Vertrag' sondern nur im Sinne von „zusammen, von demselben Vermieter'' gemeint sein kann, wie RGZ 122, 274 zur Preuß LockVO 1926 entschieden hat; AG Bremen ZMR 1953, 159 — Glaser Nr. 5/VI/1954; LG Hannover NdsHZtg. 1954, 102 = Glaser Nr. 57/VI/ 1954; LG Essen ZMR 1954, 48, bezieht das Wort „zugleich" nur auf den Zustand des „Vermietetseins" und nicht auf den Zeitpunkt der Begründung des Mietverhältnisses über beide Raumarten. Es können auch mehrere selbständige Mietverträge vorliegen, die nachträglich verkoppelt werden, Weitnauer DWW 1952, 285; Meeske N J W 1952, 847; LG Köln MDR 1954, 230 (Weimar) = WM 1955, 137; LG Amberg WM 1954, 102 u. LG Frankfurt: WM 1954, 103. b) W i r t s c h a f t l i c h e r Z u s a m m e n h a n g : Diese Verbindung kann auch bei räumlichem Zusammenhang bestehen, a.M. Roquette S. 202. Der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs reicht aber weiter und kann deshalb auch gegeben sein, wenn der räumliche Zusammenhang fehlt. Es genügt, wie RGZ 122, 274 betont, daß sich „aus der räumlichen Nähe besondere das wirtschaftliche Fortkommen des Mieters sichernde Vorteile für ihn ergeben". LG Bochum glaubt aus einer veränderten Zielsetzung des GRMG gegenüber der PreußLockVO 1926 diese Rechtsprechung ablehnen zu müssen. Streit Betrieb 1952, 619 stimmt dem zu und meint, daß familiäre Bindungen, Bequemlichkeitsrücksichten oder Ausnutzung einer zufälligen Gelegenheit zur Annahme eines wirtschaftlichen Zusammenhanges nicht genügten. Streit hält es nicht für ausreichend, daß die Parteien sich bei Vertragsschluß über die Zweckmäßigkeit einig sind, Wohnung und Geschäft zusammen zu vermieten, will vielmehr den wirtschaftlichen Zusammenhang objektiv feststellen und verlangt den Nachweis einer geschäftlichen Notwendigkeit (Nachtbetrieb) oder wirtschaftlicher Erfolge (Umsatzsteigerung). Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Im Gegensatz zu dem räumlichen ist dem wirtschaftlichen Zusammenhang nicht die objektive, sondern in aller Regel vor allem die s u b j e k t i v e Wertung des Nutzens der Rechts Verbindung eigentümlich (vgl. LG Köln u. LG Frankenthal MDR 1954, 230 u. 421). Nach LG Essen (ZMR 1954, 48) sind die Geschäftsräume wegen ihres 87
A n m . 14
E r l ä u t e r u n g e n zum
Geschäftsraummietengesetz
wirtschaftlichen Zusammenhangs mit Wohnräumen dann vermietet, wenn der wirtschaftliche Zusammenhang den Mieter bewogen hat, beide Raumarten zugleich zu mieten und dieser Beweggrund dem Vermieter erkennbar gewesen ist. LG Hannover (Nds. HZts. 1954, 102 — Glaser Nr.57/VI/1954) stellt es darauf ab, ob Geschäftsräume und Wohnräume als Einheit angeboten und nur für den Fall der Aufrechterhaltung dieses Zusammenhangs vergeben worden sind, ob beide Objekte zwar nicht durch die Abrede eines Gesamtpreises, so doch in der zu Tage getretenen Kalkulation als einheitliches Ganzes behandelt worden sind; vgl. auch AG Hannover, Glaser Nr. 6/VI/1954. Gerade der Schutz des subjektiven Interesses des Mieters an der Verkoppelung der verschiedenen Raumarten ist Gegenstand der Regelung des § 3 und es fehlt jede Berechtigung dazu, das Vertragsinteresse bei der Anwendung der Ausnahmegesetzgebung des GRMG einer Nachprüfung nach angeblich objektiven wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu unterwerfen. Bemerkenswert ist, daß die Begründung dieser Meinung allzusehr den Gegensatz von „Teilen einer Wohnung" und wirtschaftlichem Zusammenhang betont, während das G R M G nur von räumlichem Zusammenhang spricht, der in dem vom L G Bochum entschiedenen Fall gegeben sein dürfte, da Wohnung und Geschäftsraum im gleichen Hause liegen und darum Teil ein und desselben Gebäudes sind, vgl. auch Weitnauer D W W 1 9 5 2 , 2 8 5 . Nur der Raum, also auch der Einzelraum, ist Gegenstand der Rechtsverbindung; gerade dadurch unterscheidet sich die Regelung des Abs. 1 von der bisherigen Ordnung des § 15 Abs. 1 Satz 1, wie Roquette 2 b zu § 2 mit Recht hervorhebt. 14
Für Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke, die mit Rücksicht auf den räumlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit Wohnräumen zugleich mit diesen vermietet (verpachtet § 4) sind, gilt 1. die Regel des § 1, d.h. sie sind von den Vorschriften über die Preisbindung ab 1. Dezember 1951 nur b e f r e i t , wenn der Anteil des Mietwertes der Wohnräume geringer ist als der gesamte Mietwert der Raumverbindung. 2. die Beibehaltung des bisherigen Rechtes der P r e i s b i n d u n g , wenn der Mietwertanteil der Wohnräume mehr als die Hallte beträgt. E s verbleibt dann bei laufenden Verträgen bei der Zuständigkeit der Preisbehörden für Geschäftsräume trotz der durch § 20 Ziff. 1 der VO P R Nr. 71/51 erfolgten formellen Aufhebung der für die Durchführung von Mietzinssenkungen und Mietzinserhöhungen bei Geschäftsräumen geltenden Anweisungen der Ziff. 64—66 des R E 184/37. Durch die Vorschrift des Abs. 3 (bisher § 15 Abs. 3 VO P R Nr. 71/51) ist die Preisbehörde ausdrücklich für verpflichtet erklärt, für preisgebundene Geschäftsräume (gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke), bei denen die vereinbarte Miete oder die Stichtagmiete unter der ortsüblichen Miete liegt, auf Antrag des Vermieters die Erhöhung des Mietpreises bis zum Betrag der ortsüblichen Miete für Geschäftsräume (Grundstücke) gleicher Art und Lage zu genehmigen. Die Durchführung der auf das Verhältnis des Mietwertes von Geschäftsraummiete und Wohnraummiete zueinander abgestellten Regelung nötigt die Preisbehörde sogar, abweichend von der bisherigen Rechtslage den zulässigen Höchstpreis für Geschäftsraum (Grundstück) g e s o n d e r t von dem zulässigen Höchstpreis für den Wohnraum festzustellen, worauf Gmelin, Mietpreisrecht Blatt 17, ausdrücklich hinweist. Eine weitere Änderung des § 3 ist durch § 36 Bundesmietengesetz dadurch eingetreten, daß im Abs. 1 ein Satz 4 eingefügt worden ist. Danach bleiben ent-
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§3
Anm. 14 a
gegen dem bisherigen Rechtszustand Wohnräume, die wegen ihres räumlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhanges mit Geschäftsräumen von den Preisvorschriften ausgenommen worden sind, auch dann frei von der Preisbindung, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 von Abs. 1 nachträglich wegfallen, d. h. wenn der räumliche oder wirtschaftliche Zusammenhang später aufgehoben wird. Solche Wohnräume unterliegen also auch dann nicht den Preisvorschriften, wenn sie künftig selbständig, also getrennt von den Geschäftsräumen vermietet werden. 14a D u r c h s e t z u n g v o n M i e t e r h ö h u n g e n Die Aufhebung der Preisbindung für die unter § 3 Abs. 1 n.F. GRMG fallenden Mischmietverhältnisse hat zur Folge, daß Vermieter und Mieter einen Mietzins frei vereinbaren können. Wenn der Mieter einer Mietzinserhöhung nicht zustimmt, dann fragt es sich, wie der Vermieter die preisrechtlich zulässige Mieterhöhung gegenüber seinem Mieter durchsetzen kann. Für Mischmietverhältnisse, die nach ihrem Abschluß von den Preisvorschriften ausgenommen worden sind oder ausgenommen werden, gilt nunmehr § 24 Abs. 2 BMG. Danach kann der Vermieter in entsprechender Anwendung der §§ 18—21 BMG. eine Mieterhöhung durch eine einseitige Erklärung durchsetzen. Dabei tritt an die Stelle der in § 18 BMG vorgesehenen preisrechtlich zulässigen Miete (Pacht) eine angemessen erhöhte Miete oder Pacht. Wann die Miete als angemessen erhöht anzusehen ist, ist für die Geschäftsräume und für die Wohnräume des von der Preisbindung ausgenommenen Mischmietverhältnisses getrennt zu beurteilen. Als angemessen erhöht ist h i n s i c h t l i c h d e r G e s c h ä f t s r ä u m e des Mischmietverhältnisses eine Miete oder Pacht anzusehen, wenn sie die ortsübliche Miete oder Pacht im Sinne des § 9 Abs. 2 und des § 21 Abs. 1 GRMG nicht übersteigt (§ 24 Abs. 2 Satz 2 BMG). Danach ist eine Miete oder Pacht angemessen, wenn sie der ortsüblichen Miete oder Pacht entspricht, wie sie sich für Geschäftsräume gleicher Art und Lage nach Wegfall der Preisbindung herausgebildet hat. Soweit es sich um den W o h n r a u m des Mischmietverhältnisses handelt, finden die §§ 18—-21 BMG unmittelbare Anwendung. Hierbei ist jedoch § 23 Abs. 2 Nr. 2 BMG zu beachten. Danach ist die Miete für die Wohnräume als angemessen erhöht anzusehen, wenn sie einen Betrag von 130 v H der Miete für preisgebundene Wohnräume gleicher Art, Lage und Ausstattung nicht übersteigt. Dieser Mietbetrag von 130 v H ist unter Anwendung aller Vorschriften des Bundesmietengesetzes zu ermitteln. Der Vermieter kann also auch von der Kostenvergleichsmiete ausgehen, wobei die Bagatellgrenze von 5 % keine Rolle spielt. Der Betrag von 130 vH ist von der Gesamtmiete, also von der Miete einschließlich der gesetzlich zulässigen Umlagen, zu berechnen, da § 23 Abs. 2 Nr. 2 BMG im Gegensatz zu § 7 BMG, der für die Berechnung der allgemeinen Mietzuschläge der §§ 5 u. 6 BMG gilt, den Abzug dieser Umlagen nicht vorschreibt (vgl. Schütz, Anm. 3 zu § 23 BMG; Kellerhals: Bayer. HZtg. vom 1. Oktober 1955). B e i s p i e l : In dem vor dem 1. April 1924 bezugsfertig gewordenen Altmietwohnhaus sind im Jahre 1948 ein Ladenlokal mit der dazugehörigen Wohnung zu einem Gesamtmietpreis von 1 4 0 . — DM vermietet worden. Von der Miete entfallen 5 0 , — DM auf die Wohnung und 9 0 , — DM auf den Laden. Dieses Mischmietverhältnis unterlag bis zum Inkrafttreten des Bundesmietengesetzes — 1. August 1955 •— den Preisvorschriften, weil der Mietwert der Wohnung mehr als ein Drittel des Gesamtmietwertes ausmachte. Nunmehr ist dieses Mietverhältnis durch die Neufassung von § 3 Abs. 1 GRMG von der Preisbin-
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A n m . 14 b , 15
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
dung freigestellt. Der Vermieter kann nach den §§ 23 Abs. 2 Satz 2, 24 Abs. 2 BMG durch schriftliche Erklärung die angemessen erhöhte Miete verlangen. Die angemessene Miete für die Wohnräume errechnet sich wie folgt: Grundmiete 10% Altmietraum-Zuschlag 10% Zuschlag nach § 5 BMG 3,5% Gebührenumlagen von 50,— DM
50,— 5,— 5,— 1,75 61,75
DM DM DM DM DM
Dies ist die vergleichbare preisrechtlich zulässige Miete. Davon 130% ergeben 80,28 DM. Die ortsübliche Miete für das Ladenlokal beträgt 120,— DM Dazu 80,28 DM Die angemessene Miete für das gesamte Mietobjekt beträgt demnach 200,28 DM Diesen Betrag kann der Vermieter unter Mitteilung der Berechnung durch schriftliche Erklärung nach § 18 BMG zur Vertragsmiete machen. 14b Mieterhöhung für l a n g f r i s t i g e M i e t v e r t r ä g e ( P a c h t v e r t r ä g e ) § 24 Abs. 2 BMG gewinnt für langfristige Mietverträge über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke eine besondere praktische Bedeutung. Da das Geschäftsraummietengesetz keine Möglichkeit vorsieht, langfristige Mietverträge über gewerbliche Räume vorzeitig zu kündigen, konnte trotz Wegfalls der Preisbindung keine höhere Miete vor Ablauf der Vertragsdauer vom Vermieter erzielt werden. Nur dann, wenn besondere Umstände vorlagen, die die beiderseitigen Leistungen in einem besonders auffälligen Mißverhältnis erscheinen ließen, konnte dem Vermieter nach Treu und Glauben ein Recht auf Erhöhung des Mietzinses zugebilligt werden (vgl. Glaser: MDR 1954, 213). Dieser Rechtszustand ist von dem Vermieter, der an den langfristigen Mietvertrag gebunden bleibt, mit Recht als eine unbillige Härte empfunden worden. Nunmehr gibt ihm der § 24 Abs. 2 BMG die Möglichkeit, auch bei einem auf bestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrag vor Ablauf der Mietzeit die angemessen erhöhte Miete oder Pacht durch die Vermietererklärung nach § 18 BMG zu verlangen (Steinberg: D W W 1955, 183). § 24 Abs. 2 BMG erklärt die §§ 18—21 BMG für entsprechend anwendbar. Das bedeutet, daß auch § 19 Abs. 1 BMG Anwendung findet. Danach stehen dem Vermieter die Rechte aus § 18 BMG insoweit nicht zu, als eine Erhöhung der Miete auch für den Fall ihrer preisrechtlichen Zulässigkeit durch ausdrückliche Vertragsbestimmung ausgeschlossen ist oder der Ausschluß sich aus den Umständen ergibt. Der Ausschluß der Mieterhöhung kann sich also beim Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung auch aus dem gesamten Inhalt des Vertrages ergeben. Wann dies zutrifft, kann für jedes Mietverhältnis nur unter Würdigung der gesamten Umstände beurteilt werden. Mit Recht weist aber Steinberg (a.a.O.) darauf hin, daß die Tatsache, daß der Vertrag auf Zeit abgeschlossen worden ist, für sich allein jedenfalls nicht genügt, um einen vertraglichen Ausschluß der Mieterhöhung anzunehmen. 15
40
Entscheidend für die Preisfreigabe ist das V e r h ä l t n i s des M i e t w e r t e s der Wohnräume im Hauptmietverhältnis (ohne Berücksichtigung etwaiger Untermieträume, AG Essen ZMR 1953, 314) zum Gesamtmietwert der Wohnund Geschäftsräume (Grundstücke). Nicht auf die Vertragsmiete kommt es an
§3
Anm. 15
— ebenso Meeske NJW 1952, 847; a.M. offenbar LG Essen ZMR 1954,13 —, sondern auf den Mietwert, der nach dem Grundgedanken des Gesetzes nur durch die ortsübliche Miete für Geschäftsräume gleicher Art und Lage ausgedrückt werden kann, ebenso Breetzke NJW 1952, 1120 unter Bezugnahme auf Wormit ZMR 1952, 7; a. M. Meeske N J W 1952, 847, der die preisrechtlich zulässige Miete als preisgebundene Normalmiete ansetzen will. Deshalb wird die an sich dem Gericht obliegende Feststellung nicht ohne Mitwirkung der Preisbehörde möglich sein; a. M. Weitnauer DWW 1952, 286 gegen Roquette 4 b zu § 3. Auch wird die vereinbarte und tatsächlich bezahlte Miete in aller Regel nicht als der preisrechtlich zulässige Preis angesehen werden können. Daher wird auch in den Fällen, in denen ein einheitlicher Mietpreis für beide Raumtypen vereinbart ist, die Aufteilung des Mietwertes durch die Ermittlung des wahren Mietwertes beider Raumtypen durch das Gericht mit Hilfe eines Sachverständigen notwendig machen. Die Gerichte pflegen hierbei meistens das Gutachten der Preisbehörde einzuholen. Daß der auf den NichtWohnraum entfallende Mietwert nur der ortsübliche Mietzins sein kann, wurde bereits angeführt. Dagegen kann man wohl kaum den Mietwert für die Wohnung anders als nach den Grundsätzen der Preisbildung ermitteln; a. M. Breetzke N J W 1952, 1121, der — um den Mieter nicht zu benachteiligen — die ortsübliche Miete für mieterschutzfreien Altwohnraum ohne Preisbindung feststellen will. Daß die hier vertretene Auffassung auch den Absichten des Gesetzgebers entsprechen dürfte, ergibt sich aus § 3 Ziff. 1 und 2 der VO P R Nr. 72/52, wonach der 10% ige Mietzuschlag auch für den Mischwohnraum erhoben werden kann. Die A u f t e i l u n g des G e s a m t m i e t w e r t e s auf die beiden Raumtypen ist bei laufenden Miet(Pacht)verhältnissen, d. h. solchen, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, an den für diesen Zeitpunkt festgestellten Mietwert g e b u n d e n , so daß eine nachträglich eintretende Mietwertänderung unberücksichtigt bleibt, wie Satz 3 des Abs. 1, der in § 15 Abs. 1 VO P R Nr. 71/51 noch nicht enthalten war, ausdrücklich bestimmt. Deshalb sind nachträglich eintretende Erhöhungen oder Minderungen des Mietzinses für eine der Raumtypen während der Fortsetzung des bestehenden Mietverhältnisses ohne Einfluß auf die Ermittlung des Mietwertes und des Verhältnisses von Wohnraummietwert zum Gesamtmietwert, soweit es sich nicht um Veränderungen auf Grund der bis zu diesem Stichtag geltenden Preisvorschriften handelt, Breetzke N J W 1952, 1120. Dies gilt jedoch nicht für Mietverhältnisse, die erst seit dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind; hier ist jede spätere Änderung eines Mietwertes für die Anwendung der Sätze 1 und 2 des Abs. 1 von entscheidender Bedeutung. Als Zeitpunkt für die Ermittlung des Mietwertes dürfte grundsätzlich der Tag der Begründung des Mietverhältnisses maßgebend sein. Weitnauer BAnz. Nr. 125 S. 5, MDR1952, 450 u. DWW 1952, 286; Wormit DWW 1952, 153; Breetzke N J W 1952, 1121. Eine solche Verschiebung der Mietwerte ist deshalb möglich, weil durch die Vorschriften des Abs. 3 des Gesetzes auch für die preisgebundene Geschäftsraummiete eine Erhöhung des Mietzinses ausdrücklich zugelassen ist. Durch eine solche Mietzinserhöhung bis zur ortsüblichen Miete bzw. bis zur Kostenmiete wird der Mietwertanteil der Geschäftsräume gesteigert. Wenn bei der Neufeststellung des Mietwertes sich ergibt, daß die Grenze des Abs. 1 Satz 2, also die Hälfte des gesamten Mietwertes, erreicht oder überschritten wird, dann bewirkt die Feststellung bei den seit dem 1. Dezember 1951 begründeten MietVerhältnissen eine Veränderung in der preisrechtlichen Behandlung 41
A n m . 16
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
gemäß Abs. 1 und 2. Dies gilt auch dann, wenn die Wertverschiebung deshalb eingetreten ist, weil die preisgebundene Geschäftsraummiete aus irgendeinem Grunde ausnahmsweise — Nr. 64 RE 184/37 hatte schon die Möglichkeit der Ermäßigung stark eingeschränkt — von der Preisbehörde ermäßigt worden ist. B e i s p i e l e : a) Laden (Mietwert 60 DM) und Wohnung (Mietwert 70 DM) sind zusammen zum Gesamtmietpreis von 130 DM monatl. vermietet. Nach der Regel des Abs. 1 Satz 1 bleibt der Laden preisgebunden. Wird später der Ladenmietpreis (damit der Mietwert) mit Genehmigung der Preisbehörde auf 100 DM monatl. erhöht, so bleibt diese Erhöhung und die dadurch eingetretene Wertverschiebung bei MietVerhältnissen, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, außer Betracht; es tritt keine Änderung in der Preisbindung für Wohn- und Geschäftsräume ein. Bei n a c h dem 1.12.1951 begründeten Mietverhältnissen dagegen bewirkt die Wertverschiebung, die den Anteil des gleichbleibenden Wohnmietwertes an der von 130 auf 170 DM erhöhten Gesamtmiete (Gesamtmietwert) vermindert, daß dieser Anteil nunmehr unter die Hälfte (85 DM) des Gesamtmietwertes (170 DM) sinkt, während bisher der Wohnmietwert die Hälfte (130: 2 = 65) überschritten hat. Die Folge davon ist, daß vom Tag der Zahlung der erhöhten Geschäftsraummiete an das ganze Mietverhältnis (Wohn- und Geschäftsräume) gemäß Abs. 1 S. 2 von den Vorschriften über Preisbindung und zugleich gemäß § 5 Abs. 3 vom Mieterschutz freigestellt wird. b) Laden (Mietwert 60 DM) und Wohnung (Mietwert 50 DM) sind zum Gesamtpreis von 110 DM vermietet. Da der Mietwert der Wohnung die Hälfte des Gesamtmietwertes ( = 5 5 DM) nicht erreicht, ist das gesamte Mietverhältnis gemäß Abs. 1 Satz 2 nicht mehr den Preisvorschriften unterworfen; es gilt die Regel des § 1 des Gesetzes. Das Rechtsverhältnis ist auch vom Mieterschutz freigestellt, § 5 Abs. 3. c) Laden (Mietwert 60 DM) und Wohnung (Mietwert 70 DM). Da der Wohnmietwert mehr als Vi des Gesamtmietwertes ( = 65 DM) ausmacht, sind die Vorschriften des Preisgesetzes gemäß Abs. 1 Satz 1 weiterhin auch für den Laden anzuwenden. Trotz formeller Aufhebung der Anweisungen der Nr. 64—66 des R E 184/37 durch § 20 VO PR Nr. 71/51 bleibt die Befugnis der Preisbehörde auch zur Herabsetzung der Geschäftsraummiete bestehen; die auf die Wohnraummiete beschränkten Grundsätze über Mietherabsetzungen in § 1 VO PR Nr. 71/51 finden keine unmittelbare Anwendung, doch dürfte der darin zum Ausdruck gebrachte Verwirkungsgedanke auch für die Behandlung von Mietherabsetzungsanträgen für die Geschäftsraummiete Geltung beanspruchen. Soweit hiernach dem Antrag stattgegeben werden darf, könnte sich daran die Rechtsfolgerung knüpfen, daß, wenn die Geschäftsraummiete von 60 auf 55 DM und die Wohnungsmiete zugleich im VV ege der Berichtigung nach § 1 VO PR Nr. 71/51 auf 40 DM herabgesetzt würde, eine die bisherige Preisbindung aufhebende Wertverschiebung eintritt. Da von dem nunmehrigen Gesamtmietwert (55 + 40 = 95 DM) der Wohnraummietwert mit 40 DM weniger als die Hälfte beträgt, würde vom Tag der Wirksamkeit der Mietherabsetzung an nach der Regel des Abs. 1 Satz 2 das ganze Rechtsverhältnis von den Preisvorschriften und nach § 5 Abs. 3 auch vom Mieterschutz freigestellt werden. Auch hier bleibt die Veränderung unbeachtlich, soweit es sich um laufende, d. h. vor dem 1. Dezember 1951 begründete Rechtsverhältnisse handelt.
Diese Beispiele lassen erkennen, daß auch nach der grundsätzlichen Aufhebung der Preisbindung für Geschäftsräume im Rahmen des § 3 nicht nur die Preisbehörden durch Zulassung der ortsüblichen Miete tätig werden können, sondern auch, daß eine mögliche Wertverschiebung zwischen Wohn- und Geschäftsraummietwert auch nach Inkrafttreten des Gesetzes den Übergang von der Preisbindung zur Preisfreigabe zu bewirken vermag, gleichviel ob diese Rechtsfolge durch eine Mietzinserhöhung oder eine Mietzinsminderung ausgelöst worden ist. Der Umstand, daß mit der Preisfreigabe aus gleichem Grund die Freistellung vom Mieterschutz verbunden ist (§ 5 Abs. 3), verstärkt die Auswirkungen, die an die den Beteiligten freigestellten Anträge auf preisbehördliches Eingreifen geknüpft sind. Da diese die mittelbare Rechtsgestaltung mit der Antragstellung auf Bewilligung der Preiserhöhung bewußt herbeiführen können, ist damit dem Vermieter das Recht gegeben, die Mieterschutzpflichtigkeit der Raumüberlassung zu beseitigen. 16
42
Auch ohne das Mittel der Wertverschiebung ist für W o h n r ä u m e Preisund Bestandschutzrecht verwirkt, wenn der Anteil des Wohnraummietwertes am Gesamtmietwert weniger als die Hälfte beträgt. In diesem Falle gilt Preisfreiheit nicht nur für den Geschäftsraum, sondern auch automatisch für den Wohnraum. Mit dieser Ausdehnung der Freistellung vom Preisschutz ist gemäß § 5 Abs. 3 zugleich die Freistellung vom Mieterschutz verbunden.
§3
A n m . 17
Hinsichtlich des Z e i t p u n k t e s dieser Freistellung gibt § 1 nur hinsichtlich der Preisfreigabe eine klare Auskunft. In Übereinstimmung mit den §§ 13, 22 der Verordnung P R Nr. 71/51 tritt diese Aufhebung des Preisschutzes für Wohnraum mit dem 1. Dezember 1951 in Wirksamkeit. Hinsichtlich der Aufhebung des Mieterschutzes fehlt es im Gesetz an einer ausdrücklichen Vorschrift, vgl. dazu Wormit DWW 1952, 153; Roquette 2 zu § 5. Es kann aber kaum zweifelhaft sein, daß der Gesetzgeber das Recht der MSchAusnVO hat übernehmen wollen, die am 1. Dezember 1951 in Kraft getreten ist. Er hat, wie aus der Begründung des Gesetzentwurfes BTDrucksache Nr. 3126 S. 14 hervorgeht, die bestrittene Rechtsgültigkeit dieser VO (A 8) ausdrücklich verfestigen wollen. Dazu kommt, daß die in § 5 Abs. 3 getroffene Regelung — abgesehen von der sachlich gebotenen Abweichung — wörtlich Satz für Satz mit der für die Preisfreigabe getroffenen Regelung in § 3 Abs. 1 übereinstimmt, so daß für die Herausnahme rechts verbundener Wohn- und Geschäftsräume aus dem Preisund Mieterschutz sachlich das gleiche Recht gilt und darum vernünftigerweise nur zu dem gleichen Zeitpunkt in Kraft treten kann. Die einzige Abweichung besteht darin, daß für Miet(Pacht)verhältnisse, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, nach dem Vorbild der MSchAusnVO in der Fassung der ÄnderungsVO vom 21. März 1952 die Freistellung vom Mieterschutz erst mit Wirkung vom l.Juli 1952 in Kraft treten sollte (§ 5 Abs. 2), während die Preisfreigabe alle, also auch die vor dem 1. Dezember 1951 begründeten Rechtsverhältnisse trifft. Das Wörtchen „erst" hat wohl nur dann einen Sinn, wenn ein vorhergehender Termin gegeben ist und dieser kann nur der Tag des Inkrafttretens der AusnahmeVO, d. i. der 1. Dezember 1951, sein. Die mit Rücksicht auf die Freigabe des Geschäftsraumes erfolgte Freistellung vom Mieterschutz bei Wohnraum ist eine von der Herausnahme aus dem Mieterschutzgesetz gemäß §§ 52, 53 MSchG grundsätzlich verschiedene Maßnahme. Diese Lockerung des Mieterschutzes hatte zwangsläufig ein Übergangsrecht gemäß § 52 Halbsatz 2, §52b, § 52c und insbes. § 52e MSchG zur Folge; dieses noch für die Ausnahmeregelung der MSchAusnVO geltende Übergangsrecht hat mindestens seit dem Inkrafttreten des Gesetzes keine Geltung mehr. Auch für die gemäß § 5 Abs. 3 vom Mieterschutzgesetz freigestellten Wohnräume gilt keineVorschrift des MSchG mehr. Rechtsverhältnisse, die erst seit dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, werden, auch soweit der Wohnraum in Frage kommt, nur durch die Kündigungsbeschränkungen des § 6 und die Vorschriften des § 7 über Gewährung einer Räumungsfrist und über die vorläufige Vollstreckung des Urteils geschützt. Die Ausdehnung der Mieterschutzfreistellung auf Wohnraum auf Grund des § 5 Abs. 3 geht daher weit über die Auflockerung des Mieterschutzes beim freifinanzierten und steuerbegünstigten neugeschaffenen Wohnraum im Sinne des § 23 des Ersten Wohnungsbaugesetzes (§ 31a MSchG) und des gemäß § 6 VO P R Nr. 71/51 preisfreigegebenen neugeschaffenen Wohnraumes (§ 1 MSchAusnVO) hinaus. Denn für beide Fälle — abgesehen von der in § 31 a MSchG und § 1 MSchAusnVO vorgesehenen Ausnahmeregel — gilt unbefristetes Übergangsrecht im Sinne des § 52 e MSchG, während hier für die seit dem 31. Dezember 1951 begründeten Rechtsverhältnisse, abgesehen von § 6, kein materielles Übergangsrecht besteht. Es gelten nur mehr die Bestimmungen des B G B über Miete. 17
Soweit nach Abs. 1 und 2 G e s c h ä f t s r ä u m e und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke wegen ihres Zusammenhanges mit Wohnraum abweichend von der Regel des § 1 p r e i s g e b u n d e n bleiben, sind sie den allge48
A n m . 17
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
meinen Grundsätzen des Preisrechts und damit der Zuständigkeit der Preisbehörden — Vierte Anordnung über die Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse des RfPr vom 27. September 1937 — unterworfen. Diese bereits aus der Regelung des § 15 VO P R Nr. 71/51 sich ergebende Rechtslage bedingt, daß die Preisbehörden insoweit auch nach dem 1. Dezember 1951 Anträge auf Mietzinserhöhung und Mietzinsermäßigung für Geschäftsräume entgegennehmen müssen, solange diese preisgebunden sind. Die Aufhebung der Nr. 64 bis 66 R E 184/37 durch § 20 VO P R 71/51 war daher verfrüht. Im Rahmen des § 3 Abs. 1 und 2 bleibt weiterhin das Verbot der Erhöhung der als Höchstpreise anzusehenden Vertragspreise (§ 1 Ziff. 7 PreisfreigabeAO vom 26. Juni 1948). Es bedürfen also Preiserhöhungen bei preisgebundenen Geschäftsräumen der Genehmigung der Preisbehörde. Abweichend von dem trotz der teilweisen Aufhebung der für die Mieterhöhung von Wohnraum geltenden Grundsätze der Nummern 40 Satz 1, 42, 62 und 63 R E 184/37 wird den Preisbehörden — ähnlich wie in § 2 VO P R Nr. 71/51 hinsichtlich des Wohnraumes — in Abs. 3 zur Pflicht gemacht, auf Antrag des Vermieters die Erhöhung des Mietzinses für den Geschäftsraum bis zur Höhe der ortsüblichen Miete für Geschäftsräume gleicher Art und Lage zuzulassen. Diese preisrechtliche Maßnahme setzt zunächst eine Abtrennung der Geschäftsraummiete von der Wohnraummiete voraus, verlangt also eine Aufteilung des Vertragspreises in Geschäftsraummiete und Wohnraummiete, soweit diese nicht bereits im Vertrag erfolgt ist. Es ist dies eine vorbereitende Maßnahme, die, wie die Beispiele A 15 ersehen lassen, bereits für die Entscheidung der Frage zu treffen ist, ob die Preisbindung gemäß Abs. 1 und 2 überhaupt für das Rechtsverhältnis fortbesteht. Diese, die Zuständigkeit der Preisbehörde berührende Vorfrage ist im Streitfall durch das ordentliche Gericht zu klären. Da eben diese gleiche Frage hinsichtlich der Fortgeltung des Mieterschutzes gemäß § 5 Abs. 3 im Mietaufhebungsverfahren bzw. Räumungsverfahren vom ordentlichen Gericht (mindestens incidenter) zu entscheiden ist, bedarf es einer sorgsamen Zusammenarbeit zwischen Gericht und Preisbehörde. Es muß unter allen Umständen vermieden werden, daß z.B. die Preisbehörde die Fortgeltung der Preisbindung etwa durch Genehmigung einer Mietpreiserhöhung gemäß Abs. 3 bejaht, während das Gericht die Preisbindung und die Fortgeltung des Mieterschutzes verneint und einer Räumungsklage des Vermieters stattgibt. Möglich ist auch, daß umgekehrt die Preisbehörde die Freistellung der Geschäftsraummiete von der Preisbindung, das Gericht die Fortgeltung des Mieterschutzes annimmt und die Klage abweist. Die Vorabentscheidung über das Verhältnis von Geschäftsraummiete und Wohnraummiete ist auch deshalb wichtig, weil sie zugleich auch über das Schicksal der Wohnung mitbestimmt (A 16). Hat die Preisbehörde im Rahmen des Verfahrens über Mieterhöhung diese Vorfrage so entschieden, daß sie zu der Annahme der Fortgeltung der Preisvorschriften für den Geschäftsraum kommt, weil die Wohnraummiete die Hälfte des Gesamtmietpreises übersteigt, danri muß sie, wenn die Geschäftsraummiete für sich allein die ortsübliche Miete nicht erreicht, die Erhöhung bis zu diesem Betrage genehmigen (Abs. 3). Auf die Mieterhöhung hat der Vermieter einen Rechtsanspruch, es ist der Anspruch auf die „angemessene Miete". Die o r t s ü b l i c h e Miete ist bis zur Preisfreigabe durch § 13 VO PRNr. 71/51 die preisgebundene Miete, in der Hauptsache die Stopmiete des Jahres 1936 geblieben. Nicht einmal der neugeschaffene Geschäftsraum konnte sich den Preisvorschriften über Miete als Höchstpreisvorschriften entziehen; er blieb insoweit in der preisrechtlichen Entwicklung hinter dem neugeschaffenen frei 44
Anm. 18,19 finanzierten oder steuerbegünstigten Wohnraum im Sinne des § 27 WohnBauG (a. F.) zurück; Die mit Wirkung vom 1. Dezember 1951 grundsätzlich erfolgte Preisfreigabe für Geschäftsräume konnte aber bisher unmöglich die Voraussetzungen schaffen, unter denen sich eine am Orte allgemein übliche Miete, nämlich die ortsübliche Miete, bilden kann. Aber auch abgesehen davon wird sie sich durch die schlagartige Freigabe aus der preisrechtlichen Bindung nicht überall in einer Steigerung des Mietzinses verwirklichen lassen, da die Bindung an langjährige Verträge, die gerade bei Geschäftsraummieten zur Sicherung der Existenzgrundlage des Mieters häufig von den Vertragsteilen gewählt worden sind, die Verwirklichung der Möglichkeit der Mietzinssteigerung in vielen Fällen verhindert. Dies gilt auch für den noch preisgebundenen und mieterschutzpflichtigen Geschäftsraum. 18
Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des GRMG war es mangels einer ausreichend durch Angebot und Nachfrage gelenkten Marktlage für den Geschäftsraum außerordentlich schwierig, die „ortsübliche Miete" für „Geschäftsräume gleicher Art und L a g e " festzustellen. Die Preisbehörde war hier vor einer nahezu unmöglichen Aufgabe gestellt, zumal das OVG Münster (ZMR 1954, 330) die einfache Methode beanstandete, zur ermittelten Miete von Vergleichsobjekten einen Zuschlag von 3 0 % hinzuzurechnen. Diesen Schwierigkeiten hatte der Gesetzgeber durch Abs. 4 des § 3, der aber durch § 36 Bundesmietengesetz mit Wirkung vom 1. August 1955 aufgehoben worden ist, Rechnung tragen wollen. Danach war es der Preisbehörde überlassen, an Stelle der ortsüblichen Miete die K o s t e n m i e t e ihrer Entscheidung über den Mieterhöhungsantrag zugrunde zu legen. Diese Kostenmiete sollte unter sinngemäßer Anwendung der für die Wohnraummiete geltenden Grundsätze der BerechnungsVO vom 20. November 1950 (BGBl 753) ermittelt werden. Das Gesetz fügte hinzu, daß die gegenwärtigen Kapitalkosten (§ 17) und Bewirtschaftskosten (§ 18) zu berücksichtigen seien, überließ aber im übrigen die nähere Bestimmung der Kostenmiete einer Rechtsverordnung des Bundeswirtschaftsministers „auf Grund des Preisgesetzes", die niemals erlassen worden ist. § 36 Abs. 1 Nr. 2 BMG hat diesen Abs. 4 des § 3 GRMG aufgehoben, weil sich die Durchführung dieser Vorschrift als unmöglich herausgestellt hatte (vgl. Schütz Anm. 3 zu § 36 BMG). Im übrigen bedarf es heute nicht mehr dieser Vorschrift des Abs. 4, weil seit dem Inkrafttreten des GRMG nahezu 4 Jahre vergangen sind und heute die Ermittlung der „ortsüblichen Miete" nicht mehr den Schwierigkeiten begegnet, wie sie beim Erlaß des GRMG bestanden haben.
19
Das Recht des Geschäftsraumvermieters auf die ortsübliche Miete, deren Zulassung der Preisbehörde im Bereich der noch verbleibenden Preisbindung zur Pflicht gemacht ist (Abs. 3), legt die Prüfung der Frage nahe, ob und inwieweit die U m s a t z m i e t e in den Bereich der Erwägungen einzubeziehen ist. Üblich ist die Entgeltsberechnung nach dem Umsatz, die eine Beteiligung am Ertrag des Gewerbebetriebes darstellt, weniger bei der mietweisen als bei der pachtweisen Raumüberlassung, weil diese naturgemäß über den bloßen Gebrauchszweck hinaus den Nutzungszweck in die vertraglichen Abmachungen einbezieht. Ergänzt wird diese Zwecksetzung regelmäßig durch Mitüberlassung von Einrichtungsgegenständen, insbes. von Inventar. Die Rechtsprechung des R G — Staudinger-Kiefersauer 7 zu § 581 — hat für den Gastwirtschaftsbetrieb ins
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A n m . 20
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Einzelne gehende Gesichtspunkte für die Unterscheidung von Miete und Pacht aufgestellt. Gastwirtschaften, Hotels. Lichtspieltheater, Bäckereien, Konditoreien usw. werden in aller Regel verpachtet, Läden, Werkstätten, Praxisräume für Ärzte und Rechtsanwälte regelmäßig ohne Bezugnahme auf den Umsatz zu festen Mietpreisen vermietet. Doch besteht kein Verbot, z. B. Ladenräume als Grundlage einer auf Umsatz und Ertrag gerichteten Tätigkeit nach dem Umsatz zu vermieten. Ärzte und Rechtsanwälte dagegen treiben kein Gewerbe, sondern üben einen Beruf aus; für die Raumüberlassung an diese geistigen Berufe kommt die Umsatzmiete nicht in Frage. In DWW 1952, 155 sind Tabellen veröffentlicht, aus denen ersichtlich ist, in welchem Umfang der Mietanteil am Umsatz seit dem Jahre 1933 zurückgegangen, so z. B. bei den Tabakwarenfachgeschäften von 5,3% auf 1,4% im Jahre 1950. Mit Recht zieht Hesberg (a.a.O.) aus der unterschiedlichen Preisentwicklung seit 1935 den Schluß, daß sie deutlich die Benachteiligung der Hausbesitzer widerspiegle, weil ihnen der Übergang zur Marktwirtschaft so lange vorenthalten sei. Die Tabellenveröffentlichung zeigt den Weg, auf dem die Preisbehörde die von den Vertragsteilen etwa gewünschte Umsatzmiete unter dem Gesichtspunkt der angemessenen Miete zuzulassen befugt ist.
§
4
Die Vorschriften der §§ 1 bis 3 finden auf Pachtverhältnisse entsprechende Anwendung. 20
Die entsprechende Anwendung der für die preisrechtliche Behandlung der Mietverhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke geltenden Vorschriften in §§ 1, 2 und 3 besagt, daß a) Pachtverhältnisse über Geschäftsräume und Grundstücke grundsätzlich gemäß § 1 nicht mehr den Preisvorschriften unterworfen sind, A 3, 4; b) Mischräume im Sinne des § 3, also Geschäftsräume (Grundstücke), die wegen ihres räumlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhangs (A 13) mit Wohnräumen zugleich mit diesen verpachtet sind, grundsätzlich preisgebunden bleiben, sofern der Mietwertanteil der Wohnräume mehr als die Hälfte des gesamten Pachtwertes der Raumverbindung beträgt; da aber wohl in aller Regel der im Gesamtpachtpreis steckende Anteil des Mietwertes •— Wohnräume für sich allein werden nur mietweise überlassen — die Hälfte nicht erreichen wird, werden die verpachteten Geschäftsräume gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 regelmäßig ab 1. Dezember 1951 von den Vorschriften der Preisbindung ausgenommen sein. Für die Zuständigkeit der Preisbehörden zur Feststellung des ortsüblichen Pachtpreises wird daher kaum eine Gelegenheit sich bieten. c) Mischräume im Sinne der A 8 setzen die doppelte Nutzung von Wohnräumen voraus; Wohnräume werden nicht verpachtet, sondern vermietet.
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A n m . 21
Zweiter
Abschnitt
Aufhebung des Mieterschutzes 21
Die Auflockerung des Mieterschutzes für Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke, die ihren Vorläufer in § 2 der V O über Ausnahmen v o m Mieterschutz v o m 27. N o v e m b e r 1951 ( V 2) hat, bildet die eigentliche Veranlassung zu der gesetzlichen Regelung, die in ihrem Entwurf sich als „ E r g ä n z u n g der Vorschriften über die Aufhebung des Mieterschutzes" ( B T Drucksache Nr. 3126) bezeichnet hatte. Diese Ergänzungsvorschriften des Entwurfs der Bundesregierung sind im wesentlichen im Abschnitt I I I enthalten. Abschnitt I I und I I I sind insoweit ineinander verzahnt, als für die v o r dem 1. Dezember 1951 begründeten Miet- und Pachtverhältnisse ein zunächst bis zum 31. Dezember 1954 (§ 22), dann bis zum 31. Dezember 1955 und schließlich bis zum 31. März 1956 befristetes Übergangsrecht unter der Bezeichnung „ W i d e r r u f der K ü n d i g u n g " geschaffen worden ist. Die Kündigungsfreiheit des Vermieters nach Vertrag und Gesetz ist wiederhergestellt. Die Kündigung des Vermieters ist zulässig und rechtswirksam; eine rechtliche Neuerung war die Möglichkeit des Widerrufes der Kündigung und der Anspruch des Mieters auf Widerruf. Die F r e i s t e l l u n g d e r G e s c h ä f t s r ä u m e und gewerblich genutzten unbebauten Grundstücke ist inhaltlich von anderer A r t als die bisher auf Grund der §§ 52, 53 M S c h G für W o h n - und NichtWohnräume mögliche Auflockerung des Mieterschutzes. Diese hatte zwangsläufig ein bestimmtes, rudimentäres und durch zahlreiche Verweisungsbestimmungen recht unübersichtliches Übergangsrecht zur Folge. Demgegenüber spricht § 5 die Aufhebung aller Bestimmungen des Mieterschutzgesetzes aus, also auch der Übergangsvorschriften der §§ 52ff M S c h G und ändert damit den Geltungsbereich des Mieterschutzgesetzes, ohne den W o r t l a u t der entgegenstehenden Bestimmungen, insbesondere der §§ 1, 36, abzuändern Diese Bestimmungen bleiben wirksam, der M i e t e r s c h u t z also auch für G e s c h ä f t s r ä u m e a u f r e c h t e r h a l t e n , soweit die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 zutreffen, also grundsätzlich für die Rechtsverbindung von Geschäftsraum und Wohnraum, wenn der Mietwert des Wohnraumes ein Drittel oder mehr des Gesamtmietwertes beträgt. Bei Miet- und Pachtverhältnissen, die nach dem Inkrafttreten des Bundesmietengesetzes — 1. August 1955 — abgeschlossen worden sind, entfällt der Mieterschutz schon dann, wenn der Mietwert der Geschäftsräume den Mietwert der W o h n räume übersteigt (§ 5 Abs. 3 G R M G (n.F.) in V b d g . m. § 36 Abs. 2 B M G ) . Die A u f h e b u n g des Mieterschutzes ist im übrigen eine a l l u m f a s s e n d e nur für diejenigen Miet(Pacht)verhältnisse, die seit dem 1. Dezember 1951 neu begründet worden sind. Für die v o r diesem Zeitpunkt begründeten Rechtsverhältnisse galt zugunsten des Mieters das bis zum 31. März 1956 befristete Übergangsrecht des Abschnittes I I I . Nach diesem Zeitpunkt soll nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich das freie Kündigungsrecht des Vermieters gerrfäß den Vorschriften des B G B über die Miete volle Geltung erlangen. Es gelten nur mehr die Vollstreckungsschutzbestimmungen des § 7a G R M G (vgl. 2. Gesetz zur Änderung des Geschäftsraummietengesetzes v o m 28. März 1956, B G B l I , 159). Dauergeltung haben die §§ 6 und 7 des Gesetzes.
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A n m . 22
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Sieht man von diesen beiden Bestimmungen ab, so kann man die Regelung des Abschnittes I I , die seit dem 31. März 1956 allein maßgebend ist, als die Wiederherstellung des auf freier Willensentschließung beruhenden Mietrechtes des B G B bezeichnen. §
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(1) Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräume (§ 2 Abs. 1 und 2) und über gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke werden vom Mieterschutz ausgenommen. (2) Für Miet- und Pachtverhältnisse, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, gilt Absatz 1 erst mit Wirkung vom 1. Juli 1952. (3) Sind Geschäftsräume wegen ihres räumlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhangs mit Wohnräumen, die bei selbständiger Vermietung unter Mieterschutz stehen würden, zugleich mit diesen vermietet, so wird das Mietverhältnis auch insoweit, als es sich auf die Wohnräume bezieht, vom Mieterschutz ausgenommen. Dies gilt nicht, wenn der Mietwert der Geschäftsräume geringer ist als der Mietwert der Wohnräume; in diesem Falle unterliegt das Mietverhältnis dem Mieterschutz auch insoweit, als es sich auf die Geschäftsräume bezieht. Bei Mietverhältnissen, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, bleibt eine nach diesem Zeitpunkt eingetretene oder eintretende Änderung des Mietwerts außer Betracht. (4) Sind gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke wegen ihres wirtschaftlichen Zusammenhangs mit Wohnräumen zugleich mit diesen vermietet, so gilt Absatz 3 entsprechend. (5) Die Absätze 3 und 4 gelten für Pachtverhältnisse entsprechend. 22
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Die Aufhebung des Mieterschutzes umfaßt alle Geschäftsräume im Sinne der Begriffsbestimmungen des § 2 Abs. 1 und 2 (A 6 und 8) sowie die gewerblich genutzten unbebauten Grundstücke (A 7 a). Im Rahmen der sachlich genau entsprechenden Regelung in § 3 Abs. 1 (A 11) galten nach § 5 Abs. 3 a. F. für Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke, die wegen ihres räumlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs (A 13) mit Wohnräumen zugleich mit diesen vermietet sind, grundsätzlich die Bestimmungen des Mieterschutzes weiter, sofern der Mietwertanteil der Wohnräume am Gesamtmietwert der Rechtsverbindung ein Drittel oder mehr betrug. Hier hat § 36 BMG mit Wirkung vom 1. August 1955 eine sehr wesentliche Änderung des Geschäftsraummietengesetzes gebracht. Der in § 5 Abs. 3 GRMG geregelte Mieterschutz für Mischmietverhältnisse ist durch § 36 Abs. 1 Nr. 3 BMG in dem gleichen Umfang eingeschränkt worden, wie die Mischmietverhältnisse von der Preisbindung freigestellt worden sind. Nunmehr gilt der umgekehrte Grundsatz, daß das Mietverhältnis auch insoweit, als es sich auf die Wohnräume bezieht, vom Mieterschutz ausgenommen wird (§5 Abs. 3 Satz 1 n.F.).
Anm. 22 Nach der früheren Fassung des § 5 Abs. 3 GRMG waren Mischmietverhältnisse, die nicht mehr der Preisbindung unterlagen (Drittelgrenze), auch vom Mieterschutz ausgenommen worden. Nunmehr wird das Mischmietverhältnis auch insoweit, als es sich auf den Wohnraum bezieht, schon dann vom Mieterschutz ausgenommen, wenn der Mietwert der Geschäftsräume den Mietwert der Wohnräume übersteigt. Voraussetzung für die Rechtsgeltung des § 5 Abs. 3 ist, daß die verbundenen Wohnräume unter Mieterschutz stehen, daß also keine der Ausnahmevorschriften des Mieterschutzgesetzes oder des § 1 MSchAusnVO (A 97) auf die Wohnräume Anwendung findet. Es gelten aber hinsichtlich der durch das Bundesmietengesetz geschaffenen Einschränkungen des Mieterschutzes für Mischmietverhältnisse zwei wichtige Ausnahmen, die vorerst praktisch noch die Regel bilden. Während die Aufhebung der Preisbindung auch für solche Mietverhältnisse gilt, die vor dem 1. August 1955 — dem Tag des Inkrafttretens des Bundesmietengesetzes — begründet worden sind, bleibt der Mieterschutz für solche Mietverhältnisse bestehen (§36 Abs. 2 BMG). Der Kreis der mieterschutzfreien Mischmietverhältnisse wird sich also nur durch Neuvermietungen nach dem Inkrafttreten des Bundesmietengesetzes — 1. August 1955 — erweitern. Ist das Mietverhältnis zwar vor dem 1. August 1955, aber nach dem 30. November 1951 abgeschlossen worden, dann bleibt der Mieterschutz aufrecht erhalten, wenn und solange der Mietwert der Geschäftsräume nicht zwei Drittel des Gesamtmietwertes übersteigt. Hierbei kommt es nur darauf an, daß dieses Wertverhältnis am 1. Dezember 1951 oder zu irgendeinem späteren Zeitpunkt eingetreten ist oder erreicht wird. Ist das Mischmietverhältnis bereits vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden, dann bleibt nach § 5 Abs. 3 Satz 3 n. F. GRMG eine nach diesem Zeitpunkt eingetretene oder eintretende Änderung des Mietwertes außer Betracht. Mit Recht weist Steinberg (DWW 1955,183) darauf hin, daß diese Bestimmung jetzt überflüssig ist; denn wenn die Neufassung des § 5 Abs. 3 GRMG nach § 36 Abs. 2 BMG auf Miet- und Pachtverhältnisse, die vor dem 1. August 1955 begründet worden sind, keine Anwendung finden soll, dann kann es einen Anwendungsfall des Satzes 3, der ein vor dem 1. Dezember 1951 begründetes Mietverhältnis voraussetzt, nicht geben. In § 5 Abs. 3 n. F. (§ 36 Abs. 1 Nr. 3 BMG) fehlt ein dem § 3 Abs. 1 Satz 4 n. F. (§ 36 Abs. 1 Nr. 1 BMG) entsprechender Satz. Daraus ist zu schließen, daß im Gegensatz zur Preisbindung der Mieterschutz für die Wohnräume wieder eintritt, wenn der räumliche oder wirtschaftliche Zusammenhang im Sinne des § 5 Abs. 3 Satz 1 GRMG nachträglich wegfällt und die Wohnräume selbständig vermietet werden (so Steinberg a.a.O.). Dasselbe gilt auch für den Fall, daß sich das Mietwertverhältnis nachträglich so verschiebt, daß der Mietwert der Geschäftsräume nicht mehr den Mietwert der Wohnräume übersteigt (vgl. Steinberg a. a. O.; Sfchütz Anm. 4 zu § 36 BMG). Die Herausnahme vom Mieterschutz gilt, obgleich in Abs. 1 dies nicht wie in § 1 für die Preisfreigabe ausdrücklich bestimmt ist, mit Wirkung vom 1. Dezember 1951 an. Für Miet- und Pachtverhältnisse, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, ist die Wirksamkeit der Herausnahme aus dem Mieterschutz zunächst auf den 1. April 1952, später durch die ÄnderungsVO vom 21. März 1952 (BGBl 1147) auf den 1. Juli 1952 hinausgeschoben worden. Diesei Termin ist auch in Abs. 2 des Gesetzes übernommen worden. Die Vorschrift, des Abs. 2 wird für die Zeit vom Inkrafttreten des Gesetzes bis zum 1. Juli 1952 durch die Übergangsregelung in § 24 ergänzt. 4
Kieiersauer'Glaser, Geschäftsraummiete, 2. Aufl.
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Anm. 23,24
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Die F r e i s t e l l u n g vom Mieterschutz wird — im Gegensatz zu der Preisfreigabe in Abschnitt I — u n m i t t e l b a r für das Miet(Pacht)verhältnis wirks a m ; die wesentliche Folge ist, daß der Vermieter das Rechtsverhältnis durch Kündigung gemäß Vertrag oder Gesetz einseitig zur Auflösung bringen kann. Die Vorschriften des Mieterschutzgesetzes finden keine Anwendung mehr; dies gilt insbes. auch für die Bestimmung des § 36 MSchG in dem Fall, daß der Mieter des Grundstücks auf diesem Aufbauten errichtet hat, die neben gewerblichen Zwecken reinen Wohnzwecken dienen, LG Essen ZMR 1952, 279. 23
M i s c h r ä u m e , d.h. Räume, die teils zu Wohnzwecken, teils zu Nichtwohnzwecken bestimmt und verwendet werden, gelten, wenn es sich um Wohnungen handelt, nach § 2 Abs. 2 als Geschäftsräume, wenn und insolange von der Wohnungseinheit mehr als die Hälfte der Wohnfläche anderen als Wohnzwecken dient. Die Verwendung muß dem Vertragszweck entsprechen (A 6). Maßgebend ist die Wohnfläche nach dem Stande vom 1. Dezember 1951. Werden Wohnungen im Ganzen für Nichtwohnzwecke vertragsmäßig verwendet, z.B. für Bürozwecke, so gelten sie als Geschäftsräume. Sie werden also mit dem 1. Juli 1952 mieterschutzfrei. Werden sie gekündigt, so werden sie „frei" im Sinne der Wohnraumbewirtschaftung und können von der Wohnungsbehörde gemäß § 12 WBewG als Wohnung zugeteilt werden, sofern die Zweckbestimmung als Nichtwohnraum als ursprüngliche nicht nachgewiesen werden kann. Die Kündigung des Vermieters bewirkt also in gewissem Sinne die Rückgängigmachung der Zweckentfremdung. Die früher der Wohnungsbehörde zustehende Möglichkeit der Rückführung zweckentfremdeten Wohnraumes (Art. VI Buchst a WohnG) besteht seit dem Inkrafttreten des WBewG nicht mehr. Eine Ausdehnung der unter der halben Wohnraumfläche stehenden Benutzung der Wohnung für Nichtwohnzwecke ist auch bei Zustimmung des Mieters nicht gestattet (A 7); auch würde sie von der Wohnungsbehörde unterbunden werden können. Die selbständige Vermietung von Teilen einer Wohnung im Sinne des § 2 Abs.2 kann auch vorliegen, wenn der Mieter (mit oder ohne Genehmigung des Hauseigentümers) für Nichtwohnzwecke untervermietet. Der Mieterschutz des Untermieters ist nach § 24 MSchG zu beurteilen. Dagegen wird man trotz § 24 Abs. 3 MSchG die Freistellung der für Nichtwohnzwecke überlassenen Teile der Wohnung des Hauseigentümers und sonstigen Verfügungsberechtigten annehmen dürfen. Im Falle des Freiwerdens stehen die Räume aber, sofern eine ursprüngliche Zweckbestimmung für Nichtwohnzwecke nicht nachweisbar ist, der Wohnungsbehörde im Rahmen des WBewG (§ 12) wieder zur Verfügung. Die Änderung der Wohnfläche hat, sofern sie wohnungsrechtlich nicht beanstandet wird, eine Freistellung vom Mieterschutz dann zur Folge, wenn die bisher für Nichtwohnzwecke verwendete Fläche unter der Hälfte der Gesamtfläche diese erreicht oder überschreitet. Umgekehrt kann auch das Rechtsverhältnis, das als Geschäftsraummietverhältnis zu behandeln war, bei Wiederverwendung von nicht weniger als der Hälfte für Wohnzwecke, wiederum dem Mieterschutz unterstellt werden. Dazu bedarf es der Zustimmung des Vermieters, sofern nicht die Wohnungsbehörde bei Freiwerden eingreift und eine Mietverfügung erläßt.
24
Für Mischräume, bei denen wegen ihres räumlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhangs der Geschäftsräume solche mit Wohnräumen zugleich vermietet (verpachtet) worden sind, werden grundsätzlich die Mieterschutzbestimmungen a u f r e c h t e r h a l t e n . Wie die Preisfreigabe (A 15) ist die Freistellung vom Mieterschutz davon abhängig, daß der Anteil des Mietwertes der Wohnräume
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§5
Anm.25
weniger als die Hälfte des gesamten Mietwertes der Raumverbindung beträgt. In diesem Falle wird auch der Wohnraum mieterschutzfrei; das Raumherausgabeverlangen kann nur auf die Gesamtheit von Geschäfts- und Wohnräumen gerichtet werden, LG Lüneburg MDR 1952, 748. Da der Mietwert im Verhältnis zum Gesamtmietwert über Fortgeltung oder Freistellung von Mieterschutz entscheidet, ist die Beibehaltung oder der Verlust des Bestandschutzes am Wohnraum bei der Rechtsverbindung mit Geschäftsraum ausschließlich auf die Bewertung des Geschäftsraumes abgestellt. J e höher der Mietraumwert für die Geschäftsräume — die Tendenz des § 3 geht auf die ortsübliche Miete mindestens in Höhe der Kostenmiete —, desto wirksamer wird der Anteil des Wohnraummietwertes unter das Drittel bzw. die Hälfte des Gesamtmietwertes herabgedrückt und damit neben dem Geschäftsraum auch der Wohnraum außerhalb des Mieterschutzes gedrängt. Unter Ausnutzung der Marktlage bei den Geschäftsräumen h a t es der Vermieter in der Hand, die ortsübliche Miete bei der Wertermittlung so hoch anzusetzen, daß die Zweidrittelgrenze bzw. jetzt die 50°/o-Grenze erreicht wird. Ist dies der Fall, dann wird mit der Preisfreigabe auch der Wegfall des Mieterschutzes für Wohnraum erreicht. Ob dieser Rechtsfolge unter dem Gesichtspunkt der Umgehung des Mieterschutzgesetzes (§ 49) entgegengewirkt werden kann (so Groothold ZMR 1953, 54), erscheint zweifelhaft; denn der Wille des Gesetzgebers ist eindeutig auf die Auflockerung der sog. Wohnungszwangswirtschaft gerichtet, wie sich eindeutig auch aus § 3 Buchst c WBewG ergibt, der für diesen Fall den Wohnraum auch von der Bewirtschaftung freistellt. Mit dem 1. Dezember 1951 sind die Vorschriften des 1. Abschnittes des Mieterschutzgesetzes, mit dem 1. Juli 1952 sämtliche Bestimmungen dieses Gesetzes (A 21) in Wegfall gekommen. Blieben bis zu diesem Zeitpunkt auch die seit dem 1. Dezember 1951 begründeten Miet(Pacht)Verhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke dem Übergangsrecht des § 52 c MSchG unterworfen, so gilt nunmehr für diese Rechtsverhältnisse ausschließlich das Recht des BGB, d.h. in erster Linie das Vertragsrecht, ersatzweise das Gesetz. Da der Mieterschutz wesentlich Aufhebung des Kündigungsrechts des Vermieters bedeutet, bewirkt die Freistellung das Wiederaufleben dieses Rechts nach Maßgabe des Vertrages. Der Vertrag bestimmt auch grundsätzlich Kündigungsfrist und Kündigungstermin mit der einzigen Ausnahme der als Dauerrecht abweichend von BGB und Vertrag für diese freigestellten Rechtsverhältnisse bestimmten Norm des § 6 (A 26). Mit der Einschränkung der Anwendung der Preisvorschriften und des Mieterschutzgesetzes hat das Bundesmietengesetz in seinem § 37 auch die Vorschriften über die Wohnraumbewirtschaftung bei Mietverhältnissen über Mischräume gelockert und der neuen Rechtslage angepaßt. Nach § 3c WBewG in der durch § 37 BMG geschaffenen Neufassung unterliegt in Zukunft Wohnraum, der wegen seines räumlichen und wirtschaftlichen Zusammenhanges mit Geschäftsraum im Sinne des Geschäftsraummietengesetzes zugleich mit diesem vermietet oder verpachtet oder auf Grund eines sonstigen Rechtsverhältnisses einem anderen überlassen worden ist, nicht mehr der Zwangsbewirtschaftung, wenn sein Mietwert den Mietwert des Geschäftsraums nicht übersteigt. Obwohl das Gesetz nichts darüber sagt, in welchem Zeitpunkt das Mietwertverhältnis vorliegen soll, wird man mit Schütz (Anm. 1 zu § 37 BMG) annehmen müssen, daß es wie bei der Preisfreigabe von Mischräumen genügt, wenn das Wertverhältnis am 1. August 1955 — am Tage des Inkrafttretens des 4
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A n m . 26
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Bundesmietengesetzes — bestanden hat oder später zu irgendeiner Zeit eintritt (ebenso Steinberg a . a . O . ; Roquette Anm. 9 zu § 37 BMG). Die Ausnahme von der Wohnraumbewirtschaftung bleibt nach § 3 c Satz 2 W B e w G — ebenso wie bei den Preisvorschriften, jedoch abweichend von den Mieterschutzvorschriften — auch dann bestehen, wenn der räumliche oder wirtschaftliche Zusammenhang nachträglich wegfällt, die Wohnräume also selbständig, d. h. getrennt von den Geschäftsräumen vermietet werden. Aus dieser Vorschrift ist zu schließen, daß — ebenso wie bei der Preisbindung — die Vorschriften der Wohnraumbewirtschaftung auch dann nicht wieder eingreifen können, wenn die Wertverhältnisse der beiden Raumtypen, die zur Befreiung von der Wohnraumbewirtschaftung geführt haben, sich nachträglich so ändern, daß der Wert der Wohnräume wieder überwiegt. Es bleibt also bei der einmal erlangten Freiheit von den Bewirtschaftungsvorschriften (Schütz a. a. O.; Steinberg : a. a. O.; a. A. dagegen Zoll: Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht 1955, 372; Roquette, Anm. 11 zu § 37, der immer nur den Wert entscheiden lassen will, den das Mietobjekt im Zeitpunkt des Eingreifens der Wohnungsbehörde hat). Im § 3 c a. F . WBewG war die Freistellung der Mischräume von der Wohnraumbewirtschaftung nur für den Fall vorgesehen, daß diese in einem r ä u m l i c h e n Zusammenhang standen. Durch die neue Fassung des § 3 c WBewG ist in Angleichung an die §§ 3 und 5 GRMG die Freigabe auch auf solche Mischmietverhältnisse ausgedehnt worden, bei denen nur ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Wohn- und den Geschäftsräumen besteht. §
6
Ein Mietverhältnis, das nach § 5 vom Mieterschutz ausgenommen ist, kann, sofern der Mietzins nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen ist, nur für den Schluß eines Kalendervierteljahres gekündigt werden; die Kündigung hat spätestens am dritten Werktage des Vierteljahrs zu erfolgen. Auf die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist können sich die Parteien nicht berufen. 26
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Die Vorschrift schafft z w i n g e n d e s D a u e r r e c h t für alle Kündigungen, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ausgesprochen worden sind oder ausgesprochen werden; sie gilt für alle, auch die seit dem 1. Dezember 1951 neu begründeten Mietverhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke. Sie ändert die gesetzlichen oder vertraglichen Vereinbarungen über Kündigungsfristen und Kündigungstermine insoweit ab, als kürzere Kündigungsfristen nicht geltend gemacht werden dürfen. Nur die ordentliche Kündigung wird von der Sonderregelung betroffen; das fristlose außerordentliche Kündigungsrecht der §§ 553, 554 B G B bleibt unberührt, eine dem § 52e Abs. 1 Ziff. 4 MSchG entsprechende Regelung ist nicht getroffen. Dagegen ist mit Bettermann (ZMR 1953, 233) die Vorschrift des § 6 auf das befristete außerordentliche Kündigungsrecht nach Vertrag oder gesetzlicher Vorschrift (z.B. §§ 567, 569, 1056 B G B , § 5 7 a ZVG, § 19 KO, § 30 ErbbauRVO, § 37 WohnEigtG) anzuwenden; die bisherige gegenteilige Auffassung, die Roquette 2 b vertritt, wird aufgegeben. Längere als dreimonatige Kündigungsfristen können vereinbart werden.
Anm. 26 Soweit das Gesetz über die Auflockerung der Kündigungstermine Platz greift, können sich bei der Anwendung beider Gesetze Überschneidungen ergeben, da die Regelung der Kündigungstermine in verschiedener Weise erfolgt ist; in solchen Fällen hat das GRMG als das jüngere Gesetz zur Anwendung zu kommen, Heinisch DWW 1952, 208; Bettermann ZMR 1953, 234. Die Sonderregelung gilt nur für Mietverhältnisse, derenMietzins nach Monaten oder längeren Zeitabschnitten bemessen ist. Die Art der Zahlungsweise ist gegenüber der Bemessung des Mietzinses ohne rechtliche Bedeutung. „Bemessen" und „Entrichten" des Mietzinses sind begrifflich zu scheiden; die Bemessung kann mit der Bezahlung übereinstimmen, muß es aber nicht, Staudinger-Kiefersauer 7 zu § 551. Mietverträge, bei denen der Mietzins nach längeren als monatlichen Zeitabschnitten oder nach dem Umsatz bemessen ist, scheiden aus; für sie gilt der Vertrag oder § 565 BGB, vgl. Roquette a.a.O. S. 237. Die Vertragsfreiheit besteht in diesen Fällen auch hinsichtlich der Vereinbarung einer kürzeren als vierteljährigen Kündigungsfrist. Wenn daher bei der Vereinbarung eines nach dem Umsatz zu berechnenden, aber mit einem Mindestmonatsbetrag zu entrichtenden Mietzinses eine monatliche Kündigung vereinbart ist, so bleibt diese Bestimmung in Kraft; der Vermieter kann daher trotz § 6 zum Monatsende kündigen. Abweichend von der Vorschrift des § 565 Abs. 1 Satz 1 B G B bestimmt § 6, daß auch bei einem nach Monaten bemessenen Mietzins die Kündigung nicht zum Monatsende, sondern mit Dreimonatsfrist nur zum Schlüsse eines Kalendervierteljahres erfolgen kann; die Erklärung muß spätestens am dritten Werktage des Vierteljahres, nicht am 15. des Monats abgegeben werden. Diese Regelung ist zwingend in dem Sinne, daß auch eine vertraglich vereinbarte kürzere Kündigungsfrist nicht rechtswirksam ist oder — bei späterer Verabredung — gemäß § 134 B G B wirksam werden kann. Die Vereinbarung eines anderen Kündigungstermins ist nicht ausgeschlossen; es kann also die Kündigung mit Dreimonatsfrist auch zu einem anderen Zeitpunkt als dem Kalendervierteljahrsschluß als Gegenstand vertraglicher Regelung wirksam bleiben, Roquette 2a; Steinberg DWW 1954, 189. Abweichend von der Regelung des § 52e Abs. 1 Ziff. 5, Abs. 2 Satz 2 MSchG gilt dieser Zwang nicht nur zugunsten des Mieters, sondern auch des Vermieters, so daß auch der Mieter an die Kündigungsfrist des § 6 gebunden ist. Kündigung ist nach der Regel des § 564 Abs. 2 B G B begrifflich nur zulässig bei einem auf u n b e s t i m m t e Zeit eingegangenen Rechtsverhältnis. Ein Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit liegt vor, wenn aus den Vereinbarungen der Vertragsteile der Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses weder mittelbar noch unmittelbar hervorgeht. Der Wille der Vertragschließenden ist entscheidend, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Wird bei einem Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, die in § 566 Satz 1 B G B vorgeschriebene schriftliche Form nicht beachtet, so gilt der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Für Mietverhältnisse, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind und bei denen die vereinbarte Mietzeit nach dem Inkrafttreten des GRMG abläuft, gilt nach der zwingenden Regelung des § 20 das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern nicht einer der Vertragsteile unter Einhaltung der Frist des § 6 auf den Zeitpunkt des Ablaufes kündigt, dazu Bettermann ZMR 1953, 233. Mietverhältnisse dieser Art, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgelaufen sind, sind im Geltungsbereich des Mieterschutzgesetzes nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 MSchG in Mietverhältnisse auf unbestimmte Zeit umgewandelt worden.Wird außerhalb des Geltungsbereiches des MSchG die Raumnutzung nach Ablauf der vereinbarten Mietzeit 58
A n m . 27
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
fortgesetzt, so gilt unter den Voraussetzungen des § 568 B G B das MietVerhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert. Als auf unbestimmte Zeit fortgesetzt gilt ein Mietverhältnis auch dann, wenn das auf bestimmte Zeit abgeschlossene, aber mit einer Verlängerungsklausel verbundene Mietverhältnis unter Beschränkung auf die Klausel „gekündigt" wird, vgl. Staudinger-Kiefersauer 89 vor § 535 und 5 zu § 564; R G Z 114, 135; Bettermann 141 zu § 1 ; Weitnauer M D R 1952, 4 5 0 ; a . M . Roquette J W 1938, 2876 und Mietrecht S. 66. Als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist auch ein Mietvertrag anzusehen, der auf zwei J a h r e unkündbar abgeschlossen ist und von da ab mit bestimmter Kündigungsfrist gekündigt werden kann; denn durch die Abrede der Unkündbarkeit für die ersten zwei J a h r e ist nur ein Mindestmaß der im übrigen unbegrenzten Vertragsdauer festgelegt. Die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist des § 6 erfordert nach dem Wortlaut dieser Vorschrift nicht nur die Einhaltung einer Dreimonatsfrist, sondern die Beziehung zum Schlüsse des Kalendervierteljahres. B e i Rechtsverhältnissen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ablaufen, wird wohl in aller Regel das Ende eines Kalendermonats, nicht aber stets das Ende eines Kalendervierteljahres als Endtermin in Frage kommen. Man darf deshalb mit R o q u e t t e 2 zu § 6 die Bestimmung dahin auslegen, daß in solchen Fällen die Kündigung zum Schlüsse eines Kalendermonates in der Weise zulässig ist, daß die bis zum dritten Werktage eines Kalendermonats erfolgte Kündigung für den Schluß des übernächsten Kalendermonats wirksam ist. Diese Einschränkung des Wortlautes des § 6 ist aber nur statthaft, wenn auf den gesetzlich oder vertraglich festgelegten Zeitpunkt des Ablaufes des Mietverhältnisses, der mit dem Ende eines Kalendervierteljahres nicht zusammenfällt, zu kündigen ist. Die Zulässigkeit der Anwendung der KündigungsVorschrift des § 6 auf solche Fälle ergibt sich unmittelbar aus § 20. Die Kündigung von Miet Verhältnissen, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, war gemäß § 24 Abs. 1 (nach dem Vorbild des § 5 2 b MSchG.) bereits in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes (27. J u n i 1952) und dem 1. Juli 1952 zulässig. 27
Die Kündigungsvorschrift des § 6 gilt nach ihrem Wortlaut nur für Miet-, nicht aber für Pachtverhältnisse. Die Beschränkung auf Mietverhältnisse ist, wie Bettermann (ZMR 1953, 233) mit guten Gründen, insbes. durch den Hinweis auf die günstigere Regelung von Kündigungsfrist und Kündigungstermin in § 595 B G B darlegt, sachlich begründet. Die bisherige gegenteilige Auffassung wird aufgegeben, vgl. hierher Roquette 3 zu 6 ; Meeslce 2 zu § 6 ; Schopp ZMR 1952, 193; Breetzke N J W 1954, 1594. §
7
(1) In dem Urteil, durch das auf Räumung oder Zurückgabe von Geschäftsräumen oder gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken erkannt wird, kann dem Mieter oder Pächter auf seinen Antrag eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewährt werden; der Antrag kann nur bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung gestellt werden, auf die das Urteil ergeht. Ist der Antrag indem Urteil übergangen, so ist das Urteil 54
Anm.28
zu ergänzen; auf das Verfahren finden die Vorschriften des§ 319 Abs. 2, 3 der Zivilprozeßordnung entsprechende Anwendung. (2) Ein Urteil, durch das auf Räumung oder Zurückgabe von Geschäftsräumen oder gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken erkannt wird, darf nur für vorläufig vollstreckbar erklärt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, daß die Aussetzung der Vollstreckung dem Vermieter einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. 28
Die Vorschrift gilt für Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke und zwar gleichgültig, ob das Rechtsverhältnis vor oder seit dem 1. Dezember 1951 begründet worden ist; sie schafft wie § 6 ein Dauerrecht, das auch über den für den Abschnitt I I I geltenden Zeitpunkt des 31. März 1956 hinausreicht. Wenn auch nur in Abs. 1 neben dem Mieter der Pächter ausdrücklich genannt ist, so dürfte doch Abs. 2 dahin zu ergänzen sein, daß nicht nur die dem Vermieter, sondern auch die dem Verpächter drohenden Nachteile zu berücksichtigen sind und diesem ein Antragsrecht gemäß Abs. 2 geben, ebenso Roquette Anm. 4 zu § 7. 1. Die Gewährung einer angemessenen R ä u m u n g s f r i s t für die Herausgabe — das Gesetz sagt etwas ungenau „Räumung oder Zurückgabe*) — von Geschäftsräumen und gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken ist in das Ermessen des Gerichts gestellt. Die in § 721 ZPO für Wohnräume allein geltende Regelung ist durch § 7 ausgedehnt auf Nichtwohnräume und Grundstücke der bezeichneten Art; Abs. 1 findet auch Anwendung auf Mischräume der in § 5 Abs. 3 bezeichneten Art. Die Gewährung der Räumungsfrist erfolgt nur auf Antrag des Mieters (Pächters), der spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung vor der Urteilsverkündung zu stellen ist. Durch die Gewährung der Räumungsfrist, auf die der Mieter keinen Anspruch hat, wird nicht wie im Falle des § 5 a Abs. 4 MSchG ein Mietrechtsverhältnis begründet. Abs. 1 gewährt dem Mieter nur die Möglichkeit eines Vollstreckungsschutzes, also lediglich ein prozessuales Recht, kein materielles Recht auf Besitz und beseitigt nicht die Verzugsfolgen, die durch die nicht rechtzeitige Rückgabe der Räume entstanden sind (BGH M D R 1953, 675 = N J W 1953, 1586; LG MGladbach ZMR 1954, 272). § 557 B G B ist anzuwenden, vgl. Staudinger-Kiefersauer, 11. Aufl., 1955, Anm. 26 vor § 535 B G B ; Roquette, Mietrecht S. 367; Bettermann ZMR 1952, 278 gegen AG Pforzheim ZMR 1952, 252. Eine Verlängerung der im Urteil ausgesprochenen Räumungsfrist — etwa nach dem Vorbild des § 5 a Abs. 2 MSchG — ist nicht möglich. Auch die selbständige Anfechtung des Urteils wegen Gewährung oder Versagung der Räumungsfrist ist hier nicht wie in § 6 Abs. 1 Satz 2 MSchG möglich; es muß vielmehr das für das Urteil im Ganzen zulässige Rechtsmittel eingelegt werden, LG München ZMR 1953, 160 u. L G Lübeck ZMR 1954, 13. Ist der Antrag im Urteil übergangen, so findet eine Ergänzung des Urteils statt, aber nicht wie bei Wohnungen gemäß §§ 721, 716, 321 ZPO, sondern wie
•) § 656 B G B verpflichtet den Mieter zur Zurückgabe der Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses, die bei Mieträumen nicht nur im praktischen Leben, sondern auch in gesetzlichen Vorschriften, z. B . Art. 93 E G B G B , Räumung genannt wird. Im § 885 ZPO findet sich in Beziehung auf Grundstücke und bewohnte Schiffe die Ausdrucksweise „herausgeben, überlassen, räumen".
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Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
nach § 6 Abs. 1 MSchG gemäß § 319 Abs. 2 und 3 ZPO. Der Antrag kann jederzeit gestellt werden, er ist an keine Frist gebunden. Die Entscheidung hierüber kann ohne mündliche Verhandlung erfolgen. Gegen den Beschluß, durch den der Antrag auf Ergänzung zurückgewiesen wird, ist ein Rechtsmittel nicht gegeben; wird dem Antrag stattgegeben, so kann der Beschluß mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden, § 319 Abs. 2 ZPO. 2. U r t e i l e , die auf Herausgabe von Mieträumen lauten, sind nach § 709 Ziff. 1 ZPO ohne Antrag für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Abs. 2 ändert diese Vorschrift für Geschäftsräume dahin ab, daß die Räumungs(Herausgabe)-urteile hier und bei gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken grundsätzlich n i c h t für v o r l ä u f i g v o l l s t r e c k b a r erklärt werden dürfen, es sei denn, daß dem Vermieter — und, wie zu ergänzen sein dürfte, dem Verpächter — durch die Aussetzung der Vollstreckung ein nicht zu ersetzender Nachteil entstehen würde.
§ 7a (l) Ist ein vor dem 1. Dezember 1951 begründetes Mietverhältnis über Geschäftsräume durch Kündigung des Vermieters oder wegen Zeitablaufs beendigt und ist der Mieter aus diesem Grunde zur Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes verurteilt worden, so hat das Vollstreckungsgericht die Vollstreckung wegen des Anspruchs auf Räumung oder Zurückgabe auf Antrag des Mieters einstweilen einzustellen, wenn die Vollstreckung für ihn eine erhebliche Gefährdung seiner derzeitigen wirtschaftlichen Lebensgrundlage mit sich bringen würde. Die Einstellung kann auf Antrag auch ein zweites Mal angeordnet werden. Die Vollstreckung kann jedoch insgesamt höchstens auf die Dauer von 9 Monaten, gerechnet vom Tage der Rechtskraft des Urteils oder, falls eine Räumungsfrist gewährt worden ist ( § 7 ) , vom Tage des Ablaufs dieser Frist, eingestellt werden. r
(2) Die Einstellung ist zu versagen, 1. wenn der Mieter es unterlassen hat, sich ernsthaft um andere ihm zumutbare Räume zu bemühen; 2. wenn zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung Umstände vorgelegen haben, aus denen der Vermieter zur Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt war, oder wenn später solche Umstände eingetreten sind; 3. wenn und soweit die Einstellung auch unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Mieters für den Vermieter oder einen Dritten eine unzumutbare Härte bedeuten würde. 56
§ 7a
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(3) Eine Entscheidung, durchweiche die Vollstreckung gemäß Absatz 1 eingestellt worden ist, kann auf Antrag des Vermieters aufgehoben oder geändert werden, wenn die für sie maßgeblichen Verhältnisse sich geändert haben. (4) Das Vollstreckungsgericht entscheidet über Anträge, die nach den vorstehenden Absätzen gestellt werden können, durch Beschluß; vor der Entscheidung ist der Gegner zu hören. Gegen den Beschluß findet die sofortige Beschwerde statt. (5) Ist eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts noch nicht ergangen, so kann der Gerichtsvollzieher die Vollstreckung wegen des Anspruchs auf Räumung oder Zurückgabe bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen für die Einstellung glaubhaft gemacht werden und dem Mieter die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war. (6) Für die Kosten ist § 788 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. (7) Die Absätze 1 bis 6 gelten für Mietverhältnisse über gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke sowie für Pachtverhältnisse über Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke entsprechend. 29
Durch Art. I des Änderungsgesetzes zum Geschäftsraummietengesetz vom 25. Dezember 1955 (BGBl. I, 866) ist die Frist für die Kündigungsschutzbestimmungen des Altmieters von Geschäftsraum letztmalig bis zum 31. März 1956 verlängert worden (§ 22). Das am 1. April 1956 in K r a f t getretene zweite Gesetz zur Änderung des Geschäftsraummietengesetzes vom 28. März 1956 (BGBl. I, 159) h a t den im Jahre 1951 für die vor dem 1. Dezember 1951 begründeten Geschäftsraummietverhältnisse eingeführten Kündigungsschutz in Gestalt der Kündigungswiderrufsklage endgültig beseitigt. Nunmehr kann jedes Miet- und Pachtverhältnis über einen Geschäftsraum zu einem nach dem 31. März 1956 liegenden Zeitpunkt unter Beachtung der vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt werden. Damit ist die Sonderstellung der sogenannten Altmieter von Geschäftsräumen, die seit 1952 Zeit gehabt haben, sich auf das Auslaufen des Kündigungsschutzes einzustellen, aufgehoben. Mit Recht bezeichnet Pergande (BBauBl. 1956, 67) diese Neuregelung als einen „überfällig gewordenen Schlußstrich unter eine unhaltbar gewordene Situation", die den Altmieter einseitig bevorzugt habe gegenüber den jungen gewerblichen Nachwuchskräften sowie gegenüber den Heimatvertriebenen, Flüchtlingen und Spätheimkehrern, die erst nach dem 1. Dezember 1951 ihre Existenz neu haben aufbauen und erst nach diesem Zeitpunkt einen Geschäftsraummietvertrag haben abschließen können (vgl. auch Peragande: BB 1956, 194). Das zweite Änderungsgesetz zum Geschäftsraummietengesetz vom 28. März 1956, durch das die drei neuen Paragraphen 7 a—7 c in das Geschäftsraum-
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mietengesetz eingefügt worden sind, sieht aber für die sogen. Altmieter noch einen v e r s t ä r k t e n Vollstreckungsschutz vor. Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag des zur Räumung verurteilten Geschäftsraummieters die Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs auf Räumung oder Herausgabe einstweilen einstellen, jedoch höchstens auf die Dauer von 9 Monaten, gerechnet vom Tage der Rechtskraft des Urteils oder, falls bereits nach § 7 GRMG eine Räumungsfrist gewährt worden ist, vom Tage des Ablaufs dieser Frist (§ 7 a Abs. 1 GRMG). Da es sich um eine letzte Übergangsmaßnahme zum Schutz des Geschäftsraumaltmieters handelt, ist die Dauer der Einstellung gesetzlich auf insgesamt 9 Monate befristet. Diese Frist erscheint ausreichend . Innerhalb dieses Zeitraumes muß es jeden Räumungsmieter eines Geschäftsraumes möglich sein, sich in der durch die Aufgabe der Räume veranlaßten Weise umzustellen. Der wesentliche Unterschied dieses besonderen Vollstreckungsschutzes zu dem nunmehr beseitigten Kündigungswiderrufsverfahren besteht darin, daß die Prüfung der für einen Schutz des Geschäftsraummieters sprechenden Umstände nicht mehr wie bisher durch das Prozeßgericht im Erkenntnisverfahren erfolgt, sondern dem Vollstreckungsgericht im Vollstreckungsverfahren vorbehalten bleibt, wo auch am ehesten eine Anpassung an die Verhältnisse, die sich möglicherweise ändern, zu erreichen ist. Das Zweite Änderungsgesetz zum Geschäftsraummietengesetz ist am 1. April 1956 in Kraft getreten. Es schließt damit unmittelbar an den Ablauf des in § 22 GRMG bis zum 31. März 1956 begrenzten Kündigungsschutzes an. Für die Gewährung von Vollstreckungsschutz kommt es nicht darauf an, ob dem Mieter auf Grund des I I I . Abschnittes des Geschäftsraummietengesetzes bereits ein Kündigungsschutz gewährt worden ist oder nicht (vgl. Amtl. Begründung der Bundesregierung). Die einstweilige Einstellung der Vollstreckung setzt voraus, daß die Vollstreckung für den Geschäftsraummieter eine erhebliche Gefährdung seiner derzeitigen wirtschaftlichen Lebensgrundlage mit sich bringen würde (§ 7 a Abs. 1 GRMG). Es genügt also nicht, daß die Kündigung für den Mieter oder Pächter erhebliche wirtschaftliche Nachteile zur Folge hat. Eine erhebliche Gefährdung der wirtschaftlichen Lebensgrundlage des Geschäftsraummieters ist im allgemeinen nur dann gegeben, wenn der Mieter als Folge der Kündigung seinen Betrieb einstellen muß. Dagegen wird man ihm zumuten dürfen, daß er seinen Betrieb, den er bisher in einer Hauptgeschäftsstraße geführt hat, in eine Nebenstraße verlegt, auch wenn er durch diese Geschäftsverlegung einen erheblichen Teil seiner bisherigen Kundschaft verlieren sollte. Von einer erheblichen Gefährdung der wirtschaftlichen Lebensgrundlage kann nämlich nicht gesprochen werden, wenn der Geschäftsraummieter seinen Geschäftsbetrieb in anderen, wenn auch weniger günstigeren Geschäftsräumen unter ungünstigeren Verdienstmöglichkeiten fortsetzen muß. Aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung, wonach die d e r z e i t i g e wirtschaftliche Lebensgrundlage erheblich gefährdet sein muß, ist aber zu entnehmen, daß die einstweilige Einstellung der Räumungsvollstreckung auch dann gerechtfertigt ist, wenn der Geschäftsraummieter zwar sein derzeitiges Geschäft verlieren, aber auf andere Weise, insbesondere in unselbständiger Stellung ein seine Existenz sicherndes Einkommen haben würde. Ein Gewerbetreibender kann also nicht darauf verwiesen werden, daß er als Angestellter oder Arbeiter eine Beschäftigung mit ausreichendem Einkommen finden könnte. Da auf die derzeitige wirtschaftliche Lebensgrundlage abgestellt wird, kann der Geschäftsraummieter auch nicht darauf verwiesen werden, daß er nach
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Auflösung seines Geschäfts die Möglichkeit habe, ein anderes Geschäft völlig neu aufzubauen (Begründung des Regierungsentwurfs: Bundestagsdrucksache 1845). Nach § 7 a Abs. 2 Nr. 1 kann die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung versagt werden, wenn der Geschäftsraummieter sich nicht ernsthaft um andere ihm zumutbare Räume bemüht hat. Der Mieter ist eines Vollstreckungsschutzes nur würdig, wenn er auch seinerseits alles getan hat, um sich seine Lebensgrundlage zu sichern (vgl. Häusler: D W W 1956, 57). Diese Forderung ergibt sich schon aus § 242 B G B (so auch Meeske: N J W 1955, 410 im Zusammenhang mit Fragen des Kündigungsschutzes). Eine Zeitungsanzeige allein wird nicht als genügend angesehen werden können. Der Geschäftsraummieter wird sich, wenn eine Zeitungsanzeige ohne Erfolg geblieben ist, auf jeden Fall mit einer angesehenen Maklerfirma in Verbindung setzen müssen, um auf diese Weise baldmöglichst ein geeignetes Ersatzobjekt zu finden. J e nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Geschäftsraummieters wird man von ihm auch verlangen müssen, daß er mit Hilfe eines Baukostenzuschusses versucht, alsbald für sein Geschäft geeignete Ersatzräume zu finden (so schon für den Räumungsmieter einer Wohnung OLG München: N J W 1954, 1613). Allerdings findet diese Privatinitiative des Räumungsmieters stets ihre natürliche Grenze an seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (vgl. LG Kassel: M D R 1936, 37 — Glaser Nr. 37/IV/1956). Der Vollstreckungsschutz wird dem Geschäftsraummieter auch dann zu versagen sein, wenn er einen ihm zumutbaren Ersatzraum ohne berechtigten Grund ausgeschlagen hat (vgl. OLG München: MDR 1955, 421). Sodann ist die Einstellung zu versagen, wenn zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung Umstände vorgelegen haben, aus denen der Vermieter zur Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt war, oder wenn später solche Umstände eingetreten sind (§ 7 a Abs. 2 Nr. 2 GRMG). Die gesetzlichen Gründe, die den Vermieter zur Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, sind in den §§ 553, 554 B G B enthalten. Gemäß § 553 B G B kann der Vermieter fristlos kündigen, wenn der Mieter ungeachtet einer Abmahnung des Vermieters einen vertragswidrigen Gebrauch der Sache fortsetzt, der die Rechte des Vermieters in erheblichem Maße verletzt, insbesondere einem Dritten den ihm unbefugt überlassenen Gebrauch beläßt, oder die Mietsache durch Vernachlässigung der dem Mieter obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet. Der Vermieter kann ferner nach § 554 B G B ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist das Mietverhältnis kündigen, wenn der Mieter für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Entrichtung des Mietzinses oder eines Teiles des Mietzinses in Verzug ist. Neben den gesetzlichen Kündigungsgründen sind auch die vertraglich vereinbarten Gründe zu berücksichtigen, die den Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigen (ebenso LG Köln: M D R 1953, 682 — Glaser Nr. 4/VI/1954 — Breetzke: N J W 1954, 1593; a.M. Bettermann: ZMR 1954, 225). Schließlich sind auch die von der Rechtsprechung entwickelten übergesetzlichen Grundsätze für eine fristlose Kündigung des Vermieters zu beachten. Insoweit kann auch die Belästigung des Vermieters, die zwar in § 2 MSchG als Mietaufhebungstatbestand, nicht aber in § 553 B G B als Kündigungsgrund anerkannt ist, dem Vermieter ein Recht zur fristlosen Kündigung geben. Auch kann eine wiederholte unpünktliche Mietzahlung nicht nur als erhebliche Belästigung im Sinne des § 2 MSchG (vgl. Glaser: ZMR 1952, 147), sondern auch als wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung in Frage kommen.
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Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Schließlich ist nach § 7a Abs. 2 Nr. 3 GRMG die Einstellung der Vollstrekkung zu versagen, wenn und soweit die Einstellung auch unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Geschäftsraummieters für den Vermieter oder einen Dritten eine unzumutbare Härte bedeuten würde. Was eine unzumutbare Härte ist, ist vom Vollstreckungsgericht in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse der Vertragsteile und unter Abwägung der beiderseitigen widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Es werden hierbei vielfach ähnliche Gesichtspunkte maßgeblich sein, wie sie bei der Interessenabwägung bei der Eigenbedarfsklage nach § 4 MSchG zu beachten sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf). Da das Gesetz ausdrücklich hervorhebt, daß die Einstellung auch dann zu versagen ist, wenn sie für einen Dritten eine unzumutbare Härte bedeuten würde, ist die Versagung des Vollstreckungsschutzes insbesondere auch dann gerechtfertigt, wenn in der Person des nachfolgenden Mieters Gründe vorliegen, die für diesen die Einstellung der Vollstreckung als eine unbillige Härte erscheinen lassen. Der Mieter ist für das Vorliegen der Voraussetzungen für die einstweilige Einstellung beweispflichtig. Das Vollstreckungsgericht wird bei seiner Entscheidung über den Vollstreckungsschutzantrag des Altgeschäftsraummieters stets beachten müssen, daß nach dem Willen des Gesetzgebers der verstärkte Vollstreckungsschutz des § 7a GRMG nur als eine seltene Ausnahme zuzulassen ist, nämlich nur dann, wenn der Mieter den Beweis erbracht hat, daß seine derzeitige Lebensgrundlage erheblich gefährdet ist. Der Mieter wird daher in den meisten Fällen damit rechnen müssen, daß ihm der Vollstreckungsschutz versagt wird, zumal er seit dem Inkrafttreten des Geschäftsraummietengesetzes — also schon seit nahezu vier Jahren — sich darauf hat einstellen müssen, daß ihm der Vermieter die Geschäftsräume kündigen und die Räumung verlangt werde (vgl. Häusler: DWW 1956, 59). Auf Antrag des Vermieters kann ein Einstellungsbeschluß aufgehoben oder geändert werden, wenn die für die Einstellung der Zwangsvollstreckung maßgeblichen Verhältnisse sich geändert haben (§ 7a Abs. 3 GRMG). In Anlehnung an § 765 a Abs. 2 ZPO kann der Gerichtsvollzieher die Durchführung der zwangsweisen Räumung bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts aufschieben, jedoch nicht länger als eine Woche, wenn ihm die Voraussetzungen für eine Einstellung glaubhaft gemacht werden und dem Mieter die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war (§ 7a Abs. 5 GRMG). Das Vollstreckungsgericht entscheidet über einen Vollstreckungsschutzantrag durch Beschluß. Vor der Entscheidung ist der Vermieter zu hören. Gegen den Beschluß findet die sofortige Beschwerde statt (§ 7a Abs. 4 GRMG). Wegen der Kosten des Verfahrens ist in § 7a Abs. 6 GRMG bestimmt, daß die eine Billigkeitsentscheidung ermöglichende Vorschrift des § 788 Abs. 3 ZPO entsprechend anzuwenden ist. Nach dieser Vorschrift, die durch das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiet der Zwangsvollstreckung vom 20. August 1953 in die Zivilprozeßordnung eingefügt worden ist, kann das Gericht die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens ganz oder teilweise dem Gläubiger auferlegen, wenn dies aus besonderen, in dem Verhalten des Gläubigers liegenden Gründen der Billigkeit entspricht. Die Vollstreckungsschutzregelung beschränkt sich ausdrücklich auf Räumungsurteile. Von einer entsprechenden Regelung für gerichtliche Vergleiche ist bewußt abgesehen worden. Bei V e r g l e i c h e n kann und muß es den Parteien überlassen werden, die Voraussetzungen, unter denen die Räumung erfolgen soll, selbst vertraglich festzulegen (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs).
Anm. 31 Der Bundesrat hat zwar den Vollstreckungsschutz auch auf gerichtliche Vergleiche ausdehnen wollen. Den entsprechenden Ergänzungsvorschlag des Bundesrats h a t jedoch der Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen des Bundestages nicht gebilligt, indem er sich mit der Bundesregierung zutreffend auf den Standpunkt gestellt hat, daß die Einbeziehung der Vergleiche in den Vollstreckungsschutz geeignet sei, die Vergleichsbereitschaft der Vermieter zu beeinträchtigen. Der Vergleich ist ein Vertrag wie jeder andere. Nach dem das gesamte Zivilrecht beherrschenden Grundsatz müssen Verträge eingehalten werden. Der Geschäftsraummieter, der einen gerichtlichen Räumungsvergleich abgeschlossen hat, muß sich darüber klar sein, daß er diesen Vergleich auch erfüllen muß. Wenn nach dem Abschluß des Vergleichs infolge unvorhergesehener Umstände sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschäftsraummieters wesentlich ändern sollten, so können diese Umstände, soweit sie rechtserheblich sind, unter dem Gesichtspunkt des § 779 BGB oder des Wegfalls oder der Änderung der Geschäftsgrundlage berücksichtigt werden. I m übrigen ist es aber durchaus möglich, und dem Mieter auch zuzumuten, beim Abschluß eines Vergleichs das Fehlen einer Vollstreckungsschutzvorschrift in Rechnung zu stellen. Auch bei einem Vergleich, der vor dem Inkrafttreten des Zweiten Änderungsgesetzes zum Geschäftsraummietengesetz in Unkenntnis der in diesem Gesetz enthaltenen Vollstreckungsschutzmöglichkeiten abgeschlossen worden ist, kann dem Mieter oder Pächter, der die Räumung zu einem bestimmten Zeitpunkt versprochen hat, zugemutet werden, diese Verpflichtung einzuhalten. Weder Rechtsgründe noch Billigkeitserwägungen lassen demnach eine Ausdehnung des Vollstrekkungsschutzes auf gerichtliche Räumungsvergleiche als erforderlich erscheinen. Während nun der Vorschlag des Bundesrates, die gerichtlichen Vergleiche in den Vollstreckungsschutz einzubeziehen, auf Anregung der SPD im Bundestag zunächst in der zweiten Lesung des Änderungsgesetzes Zustimmung erfahren hatte, ergab die von dem Bundestagsabgeordneten Dr. Hesberg bei der dritten Lesung beantragte namentliche Abstimmung eine Mehrheit für die Regierungsvorlage. Die gerichtlichen Vergleiche sind also von dem besonderen Vollstreckungsschutz des § 7a GRMG ausgenommen. Dagegen gelten die Vollstreckungsschutzvorschriften auch für Mietverhältnisse über gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke sowie für Pachtverhältnisse über Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke (§ 7a Abs. 7 GRMG).
§ 7b Wird im Fall der Beendigung eines vor dem 1. Dezember 1951 begründeten Mietverhältnisses über Geschäftsräume eine Räumungsfrist gewährt (§7) oder die Vollstreckung eingestellt (§ 7 a), so kann der Vermieter für die Zeit von der Beendigung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Räumungsfrist oder des Vollstreckungsschutzes abweichend von § 557 Satz 2 desBürgerlichen Gesetzbuches Ersatz des Schadens, der ihm durch die Vorenthaltung des Mietgegenstandes entsteht, über die bis zur Beendi61
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Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
gung des Mietverhältnisses geschuldete Miete hinaus nur insoweit verlangen, als eine Entschädigung nach den Umständen billig erscheint. Entsprechendes gilt für die Mietverhältnisse über gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke sowie für Pachtverhältnisse über Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke. 32
Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist der Mieter gem. § 556 Abs. 1 B G B verpflichtet, die gemietete Sache dem Vermieter zurückzugeben. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, so gerät er in Verzug. Die Gewährung einer Räumungsfrist nach § 7 GRMG und die Gewährung von Vollstreckungsschutz nach § 7 a GRMG schließen einen Verzug des Mieters hinsichtlich der Erfüllung des Räumungsanspruches nicht aus. Dies würde nach § 557 Satz 2 B G B zur Folge haben, daß der Mieter, dem eine Räumungsfrist nach § 7 GRMG oder Vollstrekkungsschutz nach § 7 a GRMG gewährt wird, verpflichtet ist, über den bisher gezahlten Mietzins hinaus dem Vermieter den vollen Verzugsschaden zu ersetzen. Eine solche Schadenersatzpflicht hat der Gesetzgeber als eine für den zur Räumung verurteilten Geschäftsraummieter zu schwere Belastung angesehen, die diesen im Einzelfall trotz der ihm gewährten Räumungsfrist oder trotz des ihm zugebilligten Vollstreckungsschutzes zur sofortigen Räumung seiner Geschäftsräume zu zwingen geeignet wäre. Damit würde der Räumungsschutz, der dem Altmieter von Geschäftsräumen für eine letzte Übergangszeit gewährt werden soll, vielfach wieder vereitelt. Das Gesetz billigt daher dem Vermieter das Recht, gem. § 557 Satz 2 B G B seinen vollen Verzugsschaden geltend zu machen, nicht uneingeschränkt zu, sondern schränkt dieses Recht zugunsten des Altmieters für die Dauer der Räumungsfrist und des Vollstreckungsschutzes nochmals wesentlich ein. Der Vermieter kann nämlich nach § 7 b GRMG abweichend von § 557 Satz 2 B G B Ersatz des Schadens, der ihm durch die Vorenthaltung des Mietgegenstandes entsteht, über die bis zur Beendigung des Mietverhältnisses geschuldete Miete hinaus nur insoweit verlangen, als eine Entschädigung nach den Umständen billig erscheint. Es ist also in jedem Einzelfall unter Abwägung aller Umstände zu prüfen, welcher Schadenersatz angemessen ist. Im Streitfall ist die Höhe des Schadenersatzanspruches vom Prozeßgericht zu bestimmen. E s bedarf keines Hinweises, daß diese gesetzliche Regelung in zahlreichen Fällen zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Vermieter und Mieter führen wird, da zu erwarten ist, daß sich die Mietvertragsparteien nur selten außergerichtlich über die Höhe des Schadenersatzanspruches des Vermieters einigen werden. Immerhin ist diese zugunsten des zur Räumung verurteilten Altgeschäftsraummieters getroffene gesetzliche Regelung für den Vermieter immer noch wesentlich günstiger als die in § 5 a Abs. 4 MSchG getroffene Regelung, die dem Wohnungsmieter für die Dauer der Räumungsfrist und des Vollstreckungsschutzes die gleiche Rechtsstellung gibt, die er bis zur Beendigung des Mietverhältnisses gehabt hat. Die Prüfung der Höhe des Entschädigungsanspruches des Vermieters ist nicht nur für den Fall der Beendigung eines vor dem 1. Dezember 1951 begründeten Mietverhältnisses über Geschäftsräume vorgeschrieben, sondern gilt auch entsprechend für Mietverhältnisse über gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke sowie für Pachtverhältnisse über Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke (§ 7 b Satz 2 GRMG).
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Anm. 33 §7c Die §§ 7 a und 7 b sind nur anzuwenden, wenn der Mieter vor dem 31. Dezember 1957 rechtskräftig zur Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes verurteilt ist. 33
D a u e r des V o l l s t r e c k u n g s s c h u t z e s In der Erwägung, daß für die vor dem 1. Dezember 1951 begründeten Mietverhältnisse über Geschäftsräume ein besonderer Vollstreckungsschutz nur noch für eine letzte Übergangszeit erforderlich ist, ist in § 7 c GRMG für die Schutzbestimmungen der §§ 7 a und 7 b eine zeitliche Begrenzung vorgesehen. Danach kann der Vollstreckungsschutz aus § 7 a und § 7 b GRMG nur dann gewährt werden, wenn der Geschäftsraummieter vor dem 31. Dezember 1957 rechtskräftig zur Räumung oder zur Rückgabe des Mietgegenstandes verurteilt ist. Es ist also nicht wie bisher beim Kündigungsschutz der Endtermin des Mietoder Pachtverhältnisses entscheidend, sondern die Rechtskraft des Urteils. Mit Recht weist Lutz (Blätter 1956, 108) darauf hin, daß durch diese Regelung den Parteien die Möglichkeit eröffnet ist, hinsichtich der in der zweiten Hälfte des Jahres 1957 ergehenden Urteile der ersten Instanz die Anwendung des verstärkten Vollstreckungsschutzes auszuschließen, weil der Eintritt der Rechtskraft von der Zustellung des Räumungsurteils im Parteibetrieb und von der Möglichkeit abhängt, Berufung gegen das Räumungsurteil einzulegen. So kann der Vermieter bei Räumungsurteilen, die gegen Ende des Jahres 1957 ergehen werden, dem Mieter den verstärkten Vollstreckungsschutz dadurch nehmen, daß er durch die Einlegung der Berufung verhindert, daß das Urteil noch vor dem 31. Dezember 1957 rechtskräftig wird. Für Urteile, die erst nach dem 31. Dezember 1957 rechtskräftig werden, besteht der besondere Vollstreckungsschutz der §§ 7 a und 7 b nicht mehr. Nach jener Übergangszeit werden die Geschäftsraummietverhältnisse ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihrer Begründung einander gleichgestellt sein. Wenn man berücksichtigt, daß die Höchstdauer der einstweiligen Einstellung 9 Monate beträgt, dann läuft der Vollstreckungsschutz für Geschäftsraummietverhältnisse, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, unter Berücksichtigung einer etwa noch gem. § 7 GRMG gewährten Räumungsfrist spätestens Ende 1958 endgültig aus. Bei Urteilen, die erst nach dem 31. Dezember 1957 rechtskräftig werden, gibt es auch für den Altmieter von Geschäftsräumen als Vollstreckungsschutz nur noch eine Räumungsfrist nach § 7 GRMG, die der Mieter vor dem Erlaß des Räumungsurteils beantragen muß. Ob diese Räumungsfrist gewährt wird, steht ebenso im Ermessen des Gerichts wie die Dauer dieser Räumungsfrist. Eine Verlängerung dieser im Urteil gewährten Räumungsfrist, wie sie in § 5 a Abs. 2 MSchG für Wohnräume vorgesehen ist, ist nicht möglich. Wenn die Räumungsfrist abgelaufen oder vom Gericht rechtskräftig versagt worden ist, dann bleibt nur noch der Vollstreckungsschutz des § 765 a ZPO. Nach dieser eine allgemeine Härteklausel enthaltenden Vorschrift kann nur in ganz besonderen Ausnahmefällen die Zwangsvollstreckung aufgehoben, untersagt oder einstweilen eingestellt werden, wenn nämlich die Vollstreckung mit den guten Sitten nicht vereinbar ist.
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Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Dritter Abschnitt Widerruf der Kündigung 34
In diesem Abschnitt ist für Miet- und Pachtverhältnisse, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet und zum 1. April bzw. 1. Juli 1952 oder zu einem späteren Zeitpunkt vom Vermieter entsprechend den vertraglichen oder gesetzlichen Bedingungen gekündigt worden sind, ein zeitlich zunächst bis 31. Dezember 1954, dann bis 31. Dezember 1955 (vgl. Änderungsgesetz vom 26. Dezember 1954 — BGBl I, 503 —) und schließlich bis 31. März 1956 (vgl. Änderungsgesetz vom 25. Dezember 1955 — BGBl I, 866 —) befristetes Übergangsrecht eingeführt worden. Es beschränkt sich auf Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke, gleichgültig, ob diese dem Mieterschutz bisher unterstellt waren oder nach § 5 unterstellt sind oder nicht. Seinem Inhalt nach ist es, wie Wormit (DWW 1952, 154) feststellt, eine „Härteregelung für eine Übergangszeit bis zum Inkrafttreten voller Vertragsfreiheit"; vgl. auch OLG Hamm MDR 1953, 297. Die Vorschriften des 3. Abschnittes finden nur Anwendung, wenn ein vor dem 1. Dezember 1951 begründetes Miet- oder Pachtverhältnis über Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke für einen vor dem 1. April 1956 liegenden Zeitpunkt gekündigt worden ist (Art III, 2 Änderungsgesetz z. GRMG vom 25. Dezember 1955 — BGBl. I, 866). Voraussetzung für die Anwendung des Übergangsrechtes ist, daß dem Vermieter nach Vertrag oder Gesetz (§ 565 BGB.) ein K ü n d i g u n g s r e c h t z u s t e h t und daß dieses rechtswirksam ausgeübt worden ist. Langfristige Verträge müssen ausgehalten werden. Das GRMG als solches berechtigt den Vermieter nicht, sich von irgend einer Vertragsabrede (Mietzinshöhe, Zeitdauer) einseitig loszusagen oder vorzeitig zu kündigen, soweit nicht ein gesetzlicher oder vertraglicher Grund vorliegt. Heinisch DWW 1952, 207; vgl. aber über Mieterhöhung für langfristige Miet- und Pachtverträge Glaser: MDR 1954, 213; ist auch oben Anm. 14 b.
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Die E i g e n t ü m l i c h k e i t e n d e s Ü b e r g a n g s r e c h t s bestehen darin, daß 1. der Vermieter — abweichend von der Norm des BGB, das den nachträglichen Widerruf der ausgesprochenen Kündigung nicht gestattet, vgl. Staudinger-Kiefersauer 11. Aufl. Anm. 14 zu § 564; Roquette, Mietreform S. 1 vor § 8, die — ordentliche oder außerordentliche, befristete oder unbefristete (einschränkend Bettermann ZMR 1954, 225) — Kündigung widerrufen kann. Diese B e f u g n i s wird zwar nicht ausdrücklich als solche ausgesprochen, aber vorausgesetzt, insofern dem Mieter das Recht eingeräumt wird, vom Vermieter — ohne Rücksicht auf den Ablauf der Kündigungsfrist —• den Widerruf zu verlangen (A 60); bei Rechtsverhältnissen, die seit dem 1. Dezember 1951 neu begründet worden sind oder neu begründet werden, kann weder der Vermieter von sich aus die Kündigung widerrufen, noch der Mieter den Widerruf nach Maßgabe dieses Abschnitts verlangen (A 76). Der Vermieter kann während des Widerrufsverfahrens sowohl den Anspruch des Mieters anerkennen und auf Antrag des Mieters entsprechend dem Anerkenntnis zum Widerruf der Kündigung verurteilt werden, als auch außerhalb des Verfahrens von sich aus die Kündigung widerrufen und dadurch
vor § 8
Anm. 35
den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigen, Schoan DWW 1952, 179. Der außergerichtliche Widerruf ist auch nach Ablauf der Kündigungsfrist zulässig (Schoan: Betrieb 1952, 618), aber nur solange über die Widerrufsklage nicht rechtskräftig entschieden ist. Ist der Anspruch des Mieters auf Widerruf infolge Versäumnis einer gesetzten Widerspruchsfrist erloschen (A 58), so kann auch der Vermieter nicht mehr die Kündigung widerrufen. 2. dem Mieter das Recht eingeräumt ist a) den Widerruf der ausgesprochenen Kündigung vom Vermieter zu verlangen und — darin offenbart sich, daß der Anspruch nicht ein dem Gestaltungsrecht ähnliches Recht ist, wie Meeske N J W 1952, 848 meint— bei Verweigerung Widerrufsklage (A 60, 64) zu erheben; b) die Räumung bzw. Herausgabe des Miet- und Pachtgegenstandes zu verweigern, wenn er den Widerruf der Kündigung verlangen kann. Das Recht des Mieters auf Widerruf der Kündigung kann von diesem auf einen Teil der vom Vermieter gekündigten Räume beschränkt werden; selbst wenn man eine Teilkündigung grundsätzlich für unzulässig hält (StaudingerKiefersauer 16 zu § 564), wird man die Geltendmachung des Widerrufsrechts des Mieters nicht beschränken dürfen, da es sich hier nur um die Abwehr von Rechtsnachteilen handelt, die für den Mieter durch die Kündigung des Vermieters ausgelöst worden sind. Eine andere Frage ist, ob die Verurteilung des Vermieters zum T e i l w i d e r r u f zulässig ist, da eine dem §4 Abs. 2 MSchG entsprechende Bestimmung fehlt, LG Bochum ZMR 1953, 315. Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf das Widerrufsverfahren würde eine Aufspaltung der durch die wirksame Kündigung des einheitlichen Rechtsverhältnisses erfolgten Auflösung des Miet(Pacht)verhältnisses zur Folge haben. Durch die teilweise Klageabweisung würde die durch die Kündigung herbeigeführte Auflösung in ihrer Wirksamkeit zu ihrem Teil bestätigt, während durch die teilweise Verurteilung zum anderen Teile die Kündigungswirksamkeit aufgehoben wird. Von einer Gestaltungswirkung des Urteils kann auch bei der teilweisen Klageabweisung nicht die Rede sein, weil diese nur die Kündigungswirkung endgültig offenbart; a. M. Grein zu LG Freiburg ZMR 1954, 151. Trotz der offenkundigen Schlechterstellung des Vermieters gegenüber dem Mietaufhebungsverfahren ist deshalb eine Teilverurteilung zum Widerruf unzulässig; ebenso offenbar auch OLG Hamm ZMR 1954, 371; hier kann nur gütliche Einigung Abhilfe schaffen. Gegenstand des Verfahrens (§ 15) ist immer nur die Kündigung in dem Ausmaße, wie sie vom Vermieter ausgesprochen ist (A 61, 62). Für die Ausübung dieses Rechts ist an sich dem Mieter keine Frist gesetzt, es sei denn, daß der Vermieter gemäß § 13 ihm schriftlich eine ausdrückliche Aufforderung zur Erklärungsabgabe zugehen läßt (A 58). Nach der tatsächlichen Aufgabe des Mietbesitzes ist aber das Recht verwirkt; ebenso wenn der Anspruch des Mieters auf Widerruf im Verfahren gemäß § 16 rechtskräftig (§ 19) abgewiesen ist oder die gesetzte Widerspruchsfrist versäumt ist (A 58). Auf das Widerrufsrecht kann der Mieter jederzeit verzichten; anders als in § 49 MSchG ist der Kündigungsschutz des Abschnittes I I I nicht unverzichtbar. 3. bestimmte R e c h t s t a t b e s t ä n d e aufgestellt sind, bei deren Vorliegen dem Mieter das Recht eingeräumt wird, den Widerruf der Kündigung vom Vermieter zu fordern. Liegen die Voraussetzungen für alle Tatbestandsmerkmale vor, so kann sich der Mieter auf alle berufen. Gemeinsam ist allen drei Rechtstatbeständen, daß das Miet(Pacht)verhältnis vor dem 1. Dezember 1951 5 Kiefersauer-Glaser, Geschäftsraummiete, 2. Aufl.
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Anm. 35
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
begründet worden sein muß, ferner daß eine rechtswirksame, auf Beendigung des Miet(Pacht)verhältnisses gerichtete Kündigung des Vermieters vorliegt. a) Der a l l g e m e i n e R e c h t s t a t b e s t a n d des § 8 setzt voraus, daß dem Mieter (Pächter) aus der durch die Kündigung erfolgten Auflösung des Miet( Pacht) Verhältnisses eine erhebliche Gefährdung der derzeitigen wirtschaftlichen Lebensgrundlage droht. Bei der öffentlichen Zwecken dienenden Raumüberlassung genügt eine Gefährdung öffentlicher Belange. Trotz Vorliegens dieser Voraussetzungen ist dem Mieter deren Geltendmachung in den Fällen des § 10 (Ersatzbeschaffung, Entschädigung) versagt. Der Anspruch auf Widerruf der Kündigung besteht nicht, wenn dem Vermieter (Verpächter) die Fortsetzung des Miet(Pacht)verhältnisses nicht zugemutet werden kann, wofür in § 9 beispielhaft Gründe aufgeführt sind. b) Die beiden S o n d e r f ä l l e betreffen 1. die Verbindung der Geschäftsraummiete(pacht) mit dem W o h n raum, § 12. Der Mieter kann hier ohne Nachweis der Gefährdung der derzeitigen Lebensgrundlage und öffentlicher Belange den Anspruch auf Widerruf der Kündigung geltend machen, es sei denn, daß er die Möglichkeit hat, sich angemessenen Ersatzraum zu beschaffen. Die Zumutbarkeit der Fortsetzung des Miet(Pacht)Verhältnisses darf nur dann verneint werden, wenn einer der in § 9 Abs. 1 Ziffern 1, 3 oder 4 bezeichneten Tatbestände vorliegt, oder wenn — in Einschränkung der Ziff. 2 — überwiegender dringender Eigenbedarf des Vermieters (Verpächters) festgestellt werden kann. 2. die erhebliche B e i t r a g s l e i s t u n g des Mieters (Pächters) zur Schaffung oder Instandsetzung des Mietraumes, § 11. Auch hier brauchen die in § 8 Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen (Gefährdung der Lebensgrundlage) nicht vorzuliegen. Die Gründe der Nichtzumutbarkeit sind auf die Tatbestände des § 9 Abs. 1 Ziffer 1, 3 und 4 beschränkt. Die Voraussetzungen für den geltendgemachten Tatbestand müssen noch oder spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor der Urteilsverkündung gegeben sein; dieser Zeitpunkt gilt auch für die Einwilligung des Mieters auf angemessene Mieterhöhung (A 63). 4. die G e l t e n d m a c h u n g des Anspruchs auf Widerruf der Kündigung in d a s E r m e s s e n des M i e t e r s gestellt ist. Macht er von diesem Recht keinen Gebrauch, so verbleibt es bei der rechtsauflösenden Wirkung der nach allgemeinen Grundsätzen gültigen Kündigung des Miet(Pacht)verhältnisses durch den Vermieter (Verpächter). Das gleiche gilt, wenn der Anspruch des Mieters vom Vermieter abgelehnt wird und der Mieter nichts weiter unternimmt. Die R e c h t s b e h e l f e des M i e t e r s sind a) Erhebung der Klage auf Widerruf beim zuständigen Gericht. Dies ist bei Mietverhältnissen ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes das Amtsgericht ( § 1 6 Abs. 2); bei Pachtverhältnissen ist der Wert des Streitgegenstandes für die Zuständigkeit entscheidend (§ 21 Abs. 1). örtlich zuständig ist in beiden Fällen das Gericht, in dessen Bezirk sich der Miet(Pacht)gegenstand befindet. b) Erhebung durch die Einrede der Leistungsverweigerung gegenüber der Räumungsklage des Vermieters (Verpächters), § 15 Abs. 1.
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vor § 8
Anm. 36
c) Erhebung der Widerklage gegenüber der Räumungsklage des Vermieters, § 16 Abs. 3. Dem Mieter ist es nicht verwehrt, die Nichtigkeit der Kündigung nach allgemeinrechtlichen Gesichtspunkten, z. B. wegen Formfehlers, Nichteinhaltung der gesetzlichen oder vereinbarten Kündigungsfrist usw., durch Klage auf Feststellung des Bestehens des Mietverhältnisses geltend zu machen. E r kann aber damit nicht incidenter die sachliche Begründung seines Widerrufsanspruchs geltend machen, Schoan D W W 1952, 179. 5. Hat der Mieter (Pächter) mit der Geltendmachung seines Anspruchs E r f o l g , sei es, weil der Vermieter (Verpächter) die Kündigung widerruft (zurücknimmt), sei es, weil der Mieter (Pächter) im Verfahren aus Anlaß der Klage (Widerklage) oder Leistungsverweigerung (§§ 15, 16) obsiegt, so gilt die Kündigung als nicht erfolgt (§ 15 Abs. 3), d. h. die Rechtswirksamkeit wird rückwirkend aufgehoben, die rechtsgestaltende Wirkung der Kündigung der Auflösung des Miet(Pacht)verhältnisses wird ex tunc vernichtet. E s wird das Rechtsverhältnis im bisherigen Umfang unter den bisherigen Partnern fortgesetzt. Wird der Vermieter (Verpächter) zum Widerruf der Kündigung verurteilt, so gilt die Erklärung des Widerrufs mit der Rechtskraft des Urteils als abgegeben (§ 894 ZPO). Das Rechtsverhältnis wird, weil die Gestaltungskraft der Kündigung aufgehoben ist, ohne weiteres f o r t g e s e t z t . E s bedarf nicht nur keines neuerlichen Vertragsabschlusses, es darf ein solcher nicht vorgenommen, weil dadurch für das neu begründete Rechtsverhältnis eine andere Rechtslage geschaffen werden würde. Der Widerruf der Kündigung bzw. die Verurteilung zum Widerruf hindert den Vermieter (Verpächter) nicht daran, zu dem nächstzulässigen Termin erneut die Kündigung zu erklären, ebenso Weitnauer M D R 1952, 452; Weimar WM 1952, 38. Denn durch die Freistellung des Miet(Pacht)verhältnisses vom Mieterschutz ist dem Vermieter (Verpächter) die Freiheit zur Ausübung seiner vertraglichen und gesetzlichen Befugnisse zurückgegeben. Der Widerruf beschränkt sich auf die ausgesprochene Kündigungserklärung. Wenn daher die zum 1. Juli 1952 ausgesprochene Kündigung durch Erklärung des Widerrufs oder durch Urteil als nicht erfolgt (§ 15 Abs. 3) anzusehen ist, so kann der Vermieter (Verpächter) gleichwohl die nächstzulässige Kündigung, etwa zum 1. Januar 1953, unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist des § 6 aussprechen; dies ist möglich, auch wenn das Verfahren um den Widerruf der Kündigung zum 1. Juli 1952 noch läuft. Man kann in diesem Verhalten nicht etwa einen Rechtsmißbrauch erblicken, weil je nach dem Ausgang des schwebenden Verfahrens die erneuerte Kündigung gegenstandslos werden könnte. Denn die Kündigung bedarf keiner rechtfertigenden Begründung; die Kündigungsbefugnis des Vermieters ist nach dem B G B abstrakter Natur, Kiefersauer, Die Miete S. 153, 160. Selbst wenn die Kündigung zum Zwecke der Mietzinssteigerung erfolgt, kann sie, nach Aufhebung des Preisschutzes (§ 1), nicht als Mißbrauch der Vertragsfreiheit angesehen werden, StaudingerKiefersauer 28 zu § 564. Dies gilt für die Geschäftsraummiete um so mehr, als die Erhöhung des Mietzinses geradezu der Zweck der gesetzlichen Regelung ist. Die Freistellung vom Mieterschutz ist wesentlich Mittel zu dem Zweck, um dem Vermieter die Erhöhung der Geschäftsraummiete durch Wiedereinführung des Kündigungsrechts zu ermöglichen. Von der wiedergewonnenen Vertragsfreiheit soll er nach dem Willen des Gesetzgebers jederzeit — aber nach Vertrag (A 3, 25) und Gesetz — Gebrauch machen können und dürfen.
67
Anm. 36
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Gegenüber der wiederholten Kündigung hat der Mieter erneut das Recht, den Widerruf der Kündigung zu verlangen; ob der Vermieter im Widerrufsverfahren nunmehr durchdringt, hängt davon ab, ob sich die Verhältnisse gegenüber dem ersten Verfahren wesentlich geändert haben, Wormit DWW 1952, 177 unter Hinweis auf dem in § 17 Abs. 2 (A 70) zum Ausdruck gebrachten allgemeinen Grundsatz. 6. Bleiben die Bemühungen endgültig ohne E r f o l g oder verzichtet der Mieter (Pächter) auf die Geltendmachung seines Anspruchs auf Widerruf der Kündigung, so ist, wenn die vertraglichen oder gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, zu dem Kündigungstermin das Miet(Pacht)verhältnis aufgelöst. Der Mieter (Pächter) hat die Räume (Grundstück) zurückzugeben, §§ 556, 580 BGB. Hinsichtlich der Möglichkeit der Gewährung einer Räumungsfrist und der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils gilt § 7, A 28. Ist der Mieter mit der Raumrückgabe in Verzug gekommen, so kann der Vermieter gemäß § 557 Satz 2 B G B neben dem Entschädigungsbetrag in Höhe des Mietzinses Schadensersatz für entgangene höhere Miete (§ 9 Abs. 1 Ziff. 4) verlangen. Einigen sich die Vertragsteile später über die Fortsetzung des Miet(Pacht)verhältnisses, so liegt darin, weil das alte Rechtsverhältnis durch die Kündigung des Vermieters (Verpächters) rechtswirksam beendet ist, die Neubegründung eines Miet(Pacht)verhältnisses, auch wenn die alten Bedingungen weitergelten sollen. Die Rechtslage ist dann die, daß das Miet(Pacht) Verhältnis als seit dem 1. Dezember 1951 neubegründet gemäß §§ 1, 5 von der Preisbindung und vom Mieterschutz freigestellt ist, ohne daß die Vorschriften des dritten Abschnittes zur Anwendung kommen können. In der Kündigung dieses neuen Miet(Pacht)verhältnisses ist daher der Vermieter (Verpächter) nur mehr an die Vorschriften des BGB, die Vertragsbedingungen und an die §§ 6, 7 GRMG gebunden. Ein Anspruch des Mieters (Pächters) auf Widerruf der Kündigung besteht nicht. 7. Die Regel des § 564 Abs. 2 BGB, wonach eine Kündigung des Miet(Pacht)verhältnisses nur möglich ist, wenn das Rechtsverhältnis auf unbestimmte Zeit (A 26) abgeschlossen ist, wird für den Geltungsbereich dieses Gesetzes, d. h. für Miet(Pacht)verhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, insoweit durchbrochen, als der nach Inkrafttreten des Gesetzes eintretende Zeitablauf der Rechtswirksamkeit entkleidet wird, wenn nicht einer der beiden Vertragspartner ausdrücklich auf diesen Zeitpunkt „kündigt" Geschieht dies nicht, so wandelt sich das Rechtsverhältnis in ein Rechtsverhältnis auf u n b e s t i m m t e Zeit, § 20 (A 74). Für diese „Kündigung" — ihr Vorbild dürfte das übliche Mietvertragsverhältnis mit Verlängerungsklausel sein, Staudinger-Kiefersauer 80 vor § 535 — ist die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist vorgesehen. Macht der Vermieter (Verpächter) von dieser Kündigungsbefugnis Gebrauch, so kann, sofern der Zeitpunkt des Ablaufs nicht nach dem 31. März 1956 liegt, der Mieter den Widerruf der Kündigung verlangen. Hat er Erfolg, so gilt die Kündigung als nicht erfolgt und das Rechtsverhältnis muß gemäß § 20 nach dem vereinbarten Endzeitpunkt als Rechtsverhältnis auf unbestimmte Zeit behandelt werden. Durch vertragliche Vereinbarungen kann aber sowohl die Fiktion des § 20 wie auch das Rechtsinstitut des Abschnittes I I I im ganzen oder in einzelnen Auswirkungen ausgeschaltet werden. Denn abweichend von § 49 MSchG sind die in Abschnitt I I I getroffenen Bestimmungen zum Schutze des Mieters nicht unabdingbar. Lediglich die vor dem Inkrafttreten des GRMG vereinbarte Verzichtleistung des Mieters (Pächters) ist gemäß § 20 Satz 2 rechtsunwirksam.
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Anm. 37 §
8
(1) Bringt die Kündigung eines Mietverhältnisses über Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke, das vor dem 1. Dezember 1951 begründet ist, für den Mieter eine erhebliche Gefährdung seiner derzeitigen wirtschaftlichen Lebensgrundlage oder, soweit die Räume öffentlichen Zwecken dienen, eine Gefährdung öffentlicher Belange mit sich, so kann der Mieter den Widerruf der Kündigung verlangen; dies gilt nicht, wenn dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. (2) Vermieter ist auch, wer nach dem Abschluß des Mietvertrages das Eigentum an dem Grundstück erwirbt. 37
Der Vermieter ist seit dem 1. Dezember 1951 — wegen der vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgesprochenen Kündigung vgl. § 24 (A 80) — berechtigt, nicht nur die seit dem 1. Dezember 1951 neubegründeten, sondern auch die laufenden, vor diesem Zeitpunkt begründeten Miet(Pacht)verhältnisse entsprechend Vertrag oder Gesetz durch Kündigung zur Auflösung zu bringen. Begründet ist das Miet(Pacht)Verhältnis mit dem Vertragsabschluß; auf den Zeitpunkt, von dem an das Rechtsverhältnis zu laufen beginnt, kommt es nicht an, ebenso Meeske N J W 1952, 847. Nur für die laufenden Rechtsverhältnisse ist dem Mieter (Pächter) ein Anspruch auf Widerruf der Kündigung des Vermieters (Verpächters) eingeräumt. Der Anspruch richtet sich gegen den Vermieter (Verpächter), also gegen den Vertragsgegner des Mieters oder dessen Rechtsnachfolger. Zugunsten des Mieters sind in den §§ 571—577 B G B besondere Bestimmungen für den Fall getroffen, daß der Eigentümer das vermietete Grundstück veräußert (§§ 571, 579) oder mit dem Rechte eines Dritten belastet (§ 577, 579; dazu Schopp ZMR 1952, 38 gegen L G Bochum). Die gesetzliche Regelung gilt aber nur, wenn die Veräußerung oder Belastung n a c h der Raumüberlassung erfolgt. Für den Geltungsbereich des Mieterschutzgesetzes ist durch § 1 Abs. 4 MSchG diese Regelung auch auf den Erwerber vor der Raumüberlassung ausgedehnt worden, Staudinger-Kiefersauer 61 vor § 535. Nach dem Vorbild des § 1 Abs. 4 MSchG spricht Abs. 2 in fast gleichem Wortlaut die Gleichstellung des Grundstückserwerbers mit dem Veräußerer-Vermieter aus. Wie für das MSchG ist auch für Abs. 2 dieses Gesetzes dem Grundstückerwerber gleichzustellen der Erwerber dinglicher Rechte und Verwaltungsbefugnisse, insbesondere der Nießbrauchrechtserwerber (§ 1056 BGB), der Erwerber eines Dauerwohnrechts oder der Eigentümer, der von seinem Heimfallrecht Gebrauch macht (§ 37 des Wohnungseigentumsgesetzes). In allen diesen über den Wortlaut hinaus reichenden Fällen (vgl. Bettermann 118, 132a zu § 1 MSchG) wird durch positive Gesetzesvorschrift der neue Rechtsinhaber dem Vermieter-Eigentümer gleichgestellt, mit der Rechtsfolge, daß der Anspruch auf Widerruf der Kündigung gegen den Erwerber usw. zur Geltung zu bringen und daß die gegen die Fortsetzung des Miet(Pacht)verhältnisses geltend zu machenden Gründe aus der Person des Erwerbers zu beurteilen sind. Der in § 8 geordnete allgemeine Rechtstatbestand wird zugunsten des Mieters in § 12 für den besonderen Fall erweitert, daß sich das Rechtsverhältnis auf 69
A n m . 38
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Mischräume bezieht, d. h. auf die Verbindung von Geschäftsräumen (Grundstücke) mit Wohnräumen, sofern die Geschäftsräume (Grundstücke) gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 vom Mieterschutz freigestellt sind, weil der Mietwert der Wohnräume weniger als die Hälfte des Gesamtmietwertes beträgt. Der Anspruch auf Widerruf kann nur begründet werden mit dem Nachweis des wahrscheinlichen Eintritts bestimmter Folgen, die mit der Auflösung des Miet(Pacht)verhältnisses auf Grund der Kündigung eintreten können. E s handelt sich nicht um Rechtstatsachen, sondern um M ö g l i c h k e i t e n , die mit der Erstursache der Kündigung, nämlich der Auflösung des Rechtsverhältnisses, als Zweitursache eintreten können, nämlich 38
1. e r h e b l i c h e G e f ä h r d u n g der derzeitigen w i r t s c h a f t l i c h e n L e b e n s g r u n d l a g e (Neufassung des Abs. 1 Satz 1 gemäß Artikel I Ziffer 1 des Änderungsgesetzes vom 26. Dezember 1954 (BGBl. I 503) — A 229). Es genügt also nicht mehr, daß die Kündigung für den Mieter (Pächter) erhebliche wirtschaftliche Nachteile zur Folge hat. In Ablehnung an die Rspr zu der bisherigen Fassung des Gesetzes „erhebliche wirtschaftliche Nachteile" d. s. solche, die die wirtschaftliche Existenz des Mieters ernstlich gefährden (vgl. LG Hamburg MDR 1952, 749; AG F r a n k f u r t D W W 1953, 45 u. Blätter 1953, 319; LG Landsh u t ZMR 1953, 160; AG München Blätter 1953, 303; AG Hamburg Glaser Nr. 47/VI/1954; AG Wuppertal Glaser Nr. 50/VI/1954) und in Übereinstimmung mit der bisherigen Auslegung (Schopp ZMR 1952, 194; LG Hamburg MDR 1954, 484 = Glaser Nr. 19/VI/54) verlangt die Neufassung ausdrücklich eine erhebliche G e f ä h r d u n g der wirtschaftlichen L e b e n s g r u n d l a g e d e s M i e t e r s als Folge der Kündigung des Vermieters. Durch diese Neuformulierung der gesetzlichen Voraussetzung der Mieterbenachteiligung ist die Anwendung des § 8 zugunsten des Vermieters nicht unerheblich erweitert worden. Die Rechtsstellung des Vermieters ist stärker geworden. Nur unter diesem Gesichtspunkt sind die nachstehenden Ausführungen zur ursprünglichen Fassung des § 8 Abs. 1 GRMG zu verstehen und in einschränkender Auslegung zur Anwendung zu bringen. Die Relativität der Nachteilserleidung kann zwar durch objektive Tatsachen (Lagean bestimmten Straßen, Ortsteilen, Orten; betriebliche Voraussetzungen) und bestimmte allgemeine Erfahrungen ergänzt, erhärtet oder korrigiert werden. Im allgemeinen aber treten bei der Beurteilung der Frage, ob bestimmte erhebliche wirtschaftliche Nachteile für den Mieter (Pächter) zu befürchten sind und ob sie eine unzumutbare Härte für ihn bedeuten, die subjektiven Momente in den Vordergrund. Bei schwach fundierten Geschäftsinhabern kann daher bereits der Aufwand für den Umzug in Verbindung mit der Neueinrichtung des Geschäftes (z. B. die Installierung der Wasserzufuhr und Wasserableitung für ein Friseurgeschäft) einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil im Sinne des Gesetzes bedeuten, während die Verlagerung eines Industriebetriebes trotz des Aufwandes großer Mittel für sich allein nicht die Voraussetzung des Gesetzes zu erfüllen braucht, weil Umzugskosten bei jedem Raumwechsel anfallen. Nach dem Ausschußbericht (vgl. Weitnauer MDR 1952, 451 und Schopp ZMR 1952, 193) können Umzugskosten nur ausnahmsweise berücksichtigt werden; vgl. Meeske N J W 1952, 847; Groothold ZMR 1953, 210; LG Hamburg MDR 1954, 484. Wesentlich wichtiger können andere Umstände, wie z. B. der Verlust eines erheblichen Teiles der bisherigen Kundschaft bei der Verlegung eines Geschäftes, sein. Die Möglichkeit der Neugewinnung einer Kundschaft ist zumeist an eine
70
Anm. 39,40 bestimmte Lage gebunden, z. B. für die Ausübung der Rechtsanwalts- oder Arztpraxis. Subjektive und objektive Momente aller Art (Schopp ZMR 1952, 194) zusammen genommen lassen erst die wirkliche Gefährdung erkennen, die dem Rauminhaber aus der Raumaufgabe drohen. Steht fest, daß der Mieter (Pächter) nach den gegebenen Verhältnissen einen zumutbaren Ersatzraum nicht aufzutreiben vermag, so daß ihm die weitere Ausübung von Beruf oder Geschäft oder die Weiterführung des Betriebes einfach unmöglich ist, so ist seine Existenz von der Vernichtung bedroht und die Voraussetzung des Halbsatzes 1 des Absatzes 1 gegeben. Nachteile kommen in Betracht: Gewinnausfall während der Betriebsverlegung, Aufwendungen für Transport, Wiederaufbau, Wiederauf Stellung der Maschinen und sonstigen Einrichtungsgegenstände, für Stromumstellung usw.; dauernde Nachteile infolge ungünstigerer Lage (höhere Frachtkosten, fehlende Gleisanlage), A 50. Die Beweispflicht dafür, daß mit der Aufgabe des Miet(Pacht)verhältnisses für den Mieter (Pächter) eine Gefährdung der wirtschaftlichen Lebensgrundlage verbunden ist, obliegt nach der Fassung des Gesetzes dem Mieter (Pächter), der den Anspruch auf Widerruf der Kündigung geltend macht. Da es sich nicht um den Nachweis von Tatsachen handelt, sondern um Vermutungen, für die nur ein gewisser Grad der Wahrscheinlichkeit des Eintrittes dargetan werden kann, die vom Vermieter (Verpächter) stets mit gegenteiligen Ausführungen bekämpft werden können, dürfen an die Beweisführung nicht zu strenge Anforderungen gestellt werden. Die Entscheidung ist dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts anheimgestellt. Trotz Gefährdung der Interessen des Mieters (Pächters) ist deren Geltendmachung unbeachtlich, wenn ihm die Beschaffung von gleichwertigem Ersatzraum zu zumutbaren Bedingungen möglich ist oder wenn der Vermieter (Verpächter) angemessene Entschädigung gewährt oder wenigstens Sicherheit leistet, § 10 Abs. 1. Das gleiche gilt, wenn der Mieter ein schon bestehendes zweites Geschäft zweckentsprechend ausbauen kann, um seinen Lebensunterhalt zu finden, AG Düsseldorf ZMR 1953, 88. 39
2. G e f ä h r d u n g ö f f e n t l i c h e r B e l a n g e , sofern die Räume öffentlichen Zwecken dienen. Hier genügt die Möglichkeit der Beeinträchtigung dieser Zweckbestimmung, ohne daß ein bestimmter Grad der Wahrscheinlichkeit dargetan zu werden braucht. In Betracht kommen nicht nur behördliche, sondern alle öffentlich förderungswürdige Aufgaben, auch wenn sie von privaten Organisationen erfüllt werden, z. B. Wohlfahrtsanstalten, Krankenhäuser, Schulanstalten, Jugendheime, kirchliche Einrichtungen (Caritas, Innere Mission), Wormit D W W 1952, 154; Schopp ZMR 1952, 194. Wenn aber die Absicht der Gewinnerzielung die Ursache und Grundlage des Betriebes bildet, wie z. B. bei einer Drogerie, findet die Vorschrift keine Anwendung, LG Essen ZMR 1954, 149. Die hier in Betracht kommenden öffentlichen Interessen sind meist mehr als private Geschäftsräume an bestimmte Lagen gebunden, so daß die Abwanderung in andere Stadtteile meist gar nicht in Frage kommt. Besteht aber die Möglichkeit, einen den öffentlichen Zwecken dienenden, im wesentlichen gleichwertigen Ersatzraum zu beschaffen, so kann sich der Mieter auf Gefährdung öffentlicher Belange nicht berufen, § 10 Abs. 2.
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Der Anspruch des Mieters auf Widerruf der Kündigung versagt, auch wenn im einzelnen Fall die Voraussetzungen des Abs. 1 Halbsatz 1 vorliegen, stets dann, wenn dem Vermieter die F o r t s e t z u n g des Mietverhältnisses n i c h t z u g e m u t e t werden kann. Die Zumutbarkeit der Fortsetzung wird damit zu einer gesetzlichen Voraussetzung für den Schutz des Mieters gegen die Kündi71
Anm. 40
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
gung des Vermieters erhoben. Der Beweis dafür, daß die Fortsetzung des Rechtsverhältnisses für ihn nicht zumutbar ist, hat der Vermieter zu erbringen; er hat die Tatsachen darzulegen, aus denen er die Nichtzumutbarkeit ableitet. Die Entscheidung darüber, ob diese Tatsachen den Schluß zulassen, steht im Ermessen des Gerichtes, das nach den Umständen des einzelnen Falles, insbes. unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse der Vertragspartner und ihrer widerstreitenden Interessen, die Nichtzumutbarkeit anerkennt oder ablehnt. Der Gedanke, daß dem Vermieter die Fortsetzung unter Umständen nicht zugemutet werden kann, ist im Rahmen des Mieterschutzgesetzes vor allem in der Festlegung des Mietaufhebungstatbestandes des § 2 zum Ausdruck gekommen. Erhebliche Belästigung des Vermieters oder eines Hausbewohners, unangemessener Gebrauch desMietraumes, Vernachlässigung der gebotenen Sorgfalt begründen nach Maßgabedes §2MSchGdieMietaufhebungsklage. Damit sind die Gründe der Nichtzumutbarkeit gegenüber der Rechtfertigung der fristlosen Kündigung gemäß § 553 B G B nicht unerheblich erweitert worden, auch wenn man von der Berücksichtigung der erheblichen Belästigung absieht. Die Kündigung aus wichtigem Grunde ist aber über die Bestimmung des § 553 B G B hinaus durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts für Dauerschuldverhältnisse dem Vermieter dann zugestanden worden, wenn die Verhältnisse eingetreten sind, die die Fortsetzung des auf einem Vertrauens- und Treuverhältnis gegründeten Mietverhältnisses zwischen den Vertragsteilen als nicht mehr tragbar erscheinen lassen. Der wichtige Grund braucht nicht notwendigerweise in der Person eines Vertragsteiles begründet sein, RGZ 94, 235; 128, 1; 148, 92; 150, 193 und 321; 160, 270; 168, 361. Die Grundsätze des RG sind auch vom BGH V ZR 86/50 N J W 1952, 836 als zwingende Rechtssätze anerkannt worden, die durch Parteivereinbarung nicht vollständig ausgeschlossen werden können. Mit Recht weist der BGH darauf hin, daß die Kündigung nicht auf Umstände gestützt werden kann, die dem Gefahrenbereich des Kündigenden entstammen. Die hier dargelegten Gesichtspunkte dürften auch für die Auslegung der Nichtzumutbarkeit der Fortsetzung des Miet(Pacht)verhältnisses die Richtung weisen. Die in § 9 Nr. 1—4 als Beispiele der Nichtzumutbarkeit aufgezählten Gründe lehnen sich in der Hauptsache an die gegebene Rechtslage an. Liegen diese Voraussetzungen vor, so hat der Vermieter (Verpächter) einen Rechtsanspruch darauf, daß das Gericht den Anspruch auf Widerruf der Kündigung dem Mieter abspricht. Das Ermessen des Gerichts ist insoweit gebunden; es muß die Zumutbarkeit der Fortsetzung des Miet(Pacht)Verhältnisses verneinen, wenn auch nur einer der vier Tatbestände vorliegt. Das Vorliegen einer der in Nr. 1, 3 oder 4 bezeichneten Voraussetzungen nimmt dem Mieter auch in den Sonderfällen der §§ 11, 12 den Anspruch auf Widerruf der Kündigung. Durch diese ausdrückliche Beschränkung der Nichtzumutbarkeit auf die nur beispielsweise aufgeführten Fälle erfährt die als eine Art Generalklausel anzusehende Norm des § 8 Abs. 1 Halbsatz 2 eine starke Abschwächung, weil sie das Ermessen des Richters weitgehend bindet. Die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf Pachtverhältnisse gemäß § 21 kommt nur für die Geltendmachung wirtschaftlicher Nachteile in Betracht, da die Verpachtung von Räumen stets auf wirtschaftliche Nutzung gerichtet ist; bei Verwendung für öffentliche Zwecke liegt stets ein Mietverhältnis, niemals ein Pachtverhältnis vor, A 76.
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§9 § 9 (1) Die Fortsetzung des Mietverhältnisses kann dem Vermieter insbesondere nicht zugemutet werden: 1. wenn ein Grund vorliegt, aus dem der Vermieter zur Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt ist; 2. wenn der Vermieter die Räume oder Grundstücke für eigene Zwecke oder für Zwecke seines Ehegatten oder eines Verwandten gerader Linie benötigt und auch bei Berücksichtigung der Verhältnisse des Mieters die Vorenthaltung des Mietgegenstandes eine schwere Unbilligkeit für den Vermieter darstellen würde; eine schwere Unbilligkeit liegt nicht vor, wenn der Eigenbedarf in der Absicht geltend gemacht wird, dem Mieter in seinem in dem Mietraum geführten Geschäftszweig eine unzumutbare Konkurrenz zu machen; 3. wenn auf dem vermieteten Grundstück oder Grundstücksteil ein Gebäude durch Kriegseinwirkungen zerstört oder erheblich beschädigt ist, der alsbaldige Wiederaufbau oder die alsbaldige Wiederherstellung gewährleistet erscheint und bei Fortsetzung des Mietverhältnisses der Wiederaufbau oder die Wiederherstellung wesentlich erschwert wäre; 4. wenn der Vermieter bei anderweitiger Vermietung eine höhere als die bisherige Miete erzielen könnte und der Mieter sich weigert, in eine angemessene Mieterhöhung von dem Zeitpunkt an einzuwilligen, zu dem die Kündigung wirksam war. (2) Eine Mieterhöhung ist angemessen im Sinne des Absatzes 1 Nummer 4, wenn und soweit die vom Vermieter geforderte Miete die ortsübliche Miete, die sich für Geschäftsräume oder Grundstücke gleicher Art und Lage nach Wegfall der Preisbindungen bildet, nicht übersteigt. (3) Sofern die Feststellung der ortsüblichen Miete im Sinne des Absatzes 2 erheblichen Schwierigkeiten begegnet, tritt an die Stelle der ortsüblichen Miete die Miete, die sich auf Grund der Verordnung nach § 3 Abs. 4 ergibt. (4) Willigt der Mieter in eine angemessene Mieterhöhung ein, so kann sich der Vermieter nicht darauf berufen, daß er bei anderweitiger Vermietung eine höhere als die ortsübliche oder 73
A n m . 41, 42
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
im Falle des Absatzes 3 eine höhere als die dort bezeichnete Miete erzielen könnte. 41
Diese Vorschrift ist zunächst lediglich eine Ergänzung des § 8 Abs. 1 Halbsatz 2, wonach der Anspruch des Mieters (Pächters) auf Widerruf der Kündigung ausgeschlossen ist, wenn Gründe vom Vermieter geltend gemacht werden können, die die Fortsetzung des Miet(Pacht)verhältnisses für den Vermieter unzumutbar machen, z. B. erhebliche Vertragsverletzungen aus früherer Zeit oder während des Widerrufsverfahrens (A 43, Fußnote). Die vier Tatbestandsgründe sind, obgleich sie, wie aus dem Wort,.insbesondere" hervorgeht, nur b e i s p i e l s w e i s e aufgeführt sind, so gewichtig, daß bei ihrem Vorliegen die Zumutbarkeit vom Gericht verneint, der Anspruch auf Widerruf der Kündigung daher abgewiesen werden muß, LG Köln MDR 1954, 458. Jeder der Tatbestände für sich hat diese Rechtswirkung. Wegen der Einschränkung auf bestimmte Tatbestände in §§ 11, 12 vgl. A 51, 56. Unter diesen Tatbeständen nimmt die Möglichkeit der Erzielung einer höheren Miete durch anderweitige Vermietung (Nr. 4) insofern eine besondere Stellung ein, als die Einwilligung des Mieters in die „angemessene" Miete die Fortsetzung des Miet(Pacht)verhältnisses zumutbar macht. Da als solche nach Abs. 2 nur die nach Wegfall der Preisbindung sich bildende Raummiete für Geschäftsräume und Grundstücke gleicher Art und Lage in Betracht kommt, steht die Feststellung dieser ortsüblichen Miete vor den gleichen Schwierigkeiten wie im Falle des § 3, A 17.
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Zu Ziff. 1: D i e f r i s t l o s e K ü n d i g u n g steht dem Vermieter zu gemäß § 553 BGB, wenn der Mieter trotz Abmahnung einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache fortsetzt, der die Rechte des Vermieters in erheblichem Maße verletzt (insbes. durch unbefugte Gebrauchsüberlassung an Dritte — hieher gehört die vom Vermieter nicht gestattete Untervermietung, deren ersatzweise Genehmigung nach Wegfall des § 29 MSchG nicht mehr in Frage kommt —) oder die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet; gemäß § 554 BGB, wenn der Mieter für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Zahlung des Mietzinses ganz oder teilweise in Verzug ist. Soweit der Kündigungsgrund nachträglich, wie z. B. im Falle des § 554 B G B durch Befriedigung des Vermieters (§ 554 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2) rechtswirksam beseitigt worden ist, die hier in Frage stehenden wirtschaftlichen Belange ausreichend gewahrt sind — Staudinger-Kiefersauer 4 zu § 554 —, darf hierauf zur Auswertung der ursprünglichen Kündigungsbefugnis auch im Verfahren über den Anspruch auf Widerruf der Kündigung nicht zurückgegriffen werden. Anders verhält es sich in den Fällen des § 553 BGB, in denen die geschaffene Tatsache, z. B. der unbefugten Gebrauchsüberlassung, der Beleidigung, der Gefährdung der Mietsache nicht mehr zu beseitigen ist, Schoan: Betrieb 1952, 619. Neben den gesetzlichen sind auch die vertraglich vereinbarten Gründe zu berücksichtigen, die den Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigen, ebenso LG Köln MDR 1953, 682 — Glaser Nr. 4/VI/1954; Breetzke N J W 1954, 1593; a. M. Bettermann ZMR 1954, 225. Auch die von der Rechtsprechung ent-
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A n m . 43 wickelten übergesetzlichen Grundsätze für eine fristlose Kündigung des Vermieters sind zu beachten. Insoweit kann auch die Belästigung des Vermieters, die zwar in § 2 MSchG als Mietaufhebungstatbestand, nicht aber in § 553 B G B als Kündigungsgrund anerkannt ist, Grund genug sein, um die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Rechtsverhältnisses zu begründen. Wiederholte unpünktliche Mietzinszahlung kann sowohl als erhebliche Belästigung im Sinne des § 2 MSchG (LG Göttingen D W W 1952, 306; Glaser ZMR 1952, 147) als insbes. als Grund für die Nichtzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses in Frage kommen, Schoan Betrieb 1952, 619. Der durch Urteil gemäß § 18 ausgesprochene früheste Kündigungstermin läßt die Befugnis des Vermieters zur fristlosen Kündigung unberührt, A 71. 43
Zu Ziff. 2: E i g e n b e d a r f im Sinne dieser Vorschrift ist weitergehend als in § 4 MSchG ausdrücklich auch auf das Fremdinteresse der nächsten Angehörigen des Vermieters — des Ehegatten und der Verwandten gerader Linie — ausgedehnt. Die Dringlichkeit des Raumbedarfs ist stärker betont als im Falle des § 4 MSchG; denn das dringende Interesse an der Erlangung des Mietraumes muß seinen Grund in einer gewissen Benötigung haben, a.M. Schopp ZMR 1952, 195, der an das Bedürfnis des Vermieters keinen so strengen Maßstab wie in § 4 MSchG stellen will. Es muß also eine gewisse berufliche, betriebliche und geschäftliche Zwangslage gegeben sein, aus der heraus das Interesse an der Überwindung der Vorenthaltung des Geschäftsraumes zu würdigen ist. Erst ein solches zwangsläufiges Interesse kann im Wege der Interessenabwägung den Interessen des Mieters an der Erhaltung seines Besitzstandes und Bestandschutzrechtes gegenübergestellt werden. Das Fremdinteresse ist zwar nach dem Wortlaut des Gesetzes auf die Interessen von bestimmten physischen Personen beschränkt*). Die Interessen der nächsten Verwandten werden dem Interesse des Vermieters gleichgestellt; in diesem Sinne ist mit Roquette 2 zu § 9 auch die für die Interessenabwägung entscheidende schwere Unbilligkeit der Vorenthaltung des Geschäftsraumes (Grundstückes) für den „Vermieter" auszulegen. Man wird aber noch weitergehend die Z u r ü c k g e w i n n u n g d e s G r u n d s t ü c k s f ü r eigene Zwecke des Vermieters zur D u r c h s e t z u n g ö f f e n t l i c h e r B e l a n g e nicht zu eng fassen dürfen. Wenn eine Stadtgemeinde auf öffentlichen Grundflächen oder der Eigentümer von Trümmergrundstücken (d. h. Grundstücken, deren Bauwerke durch Kriegsereignisse so schwer beschädigt sind, daß ihre Wiederherstellung aus Gründen der Ortsplanung oder der Bausicherheit nicht gestattet werden kann), auf diesen Flächen die Errichtung von Verkaufsständen, Behelfsläden, Kioske gestattet, so konnte es bisher zweifelhaft sein, ob die mietweise Überlassung mieterschutzpflichtig ist. Da diese Geschäftsräume nunmehr gemäß § 5 vom Mieterschutz freigestellt sind, wird für laufende Miet(Pacht)verhältnisse die Nichtzumutbarkeit der Fortsetzung des Rechtsverhältnisses im Sinne der Ziff. 2 auch dann bejaht werden müssen, wenn der „eigene Zweck" des Vermieters in der Verwirklichung des öffentlichen Interesses an dem Wiederaufbau der zerstörten Innengebiete der Städte, der Nutzbarmachung von Baulücken und der Durchführung der Stadtplanung besteht. Dabei wird es gleichgültig sein, ob der Vermieter selbst oder ein Dritter den Wiederaufbau durchführt; denn hier steht das öffentliche In-
•) W a s aber nicht hindert, d a ß u n t e r U m s t ä n d e n auch der Eigenbedarf f ü r Zwecke e n t f e r n t e r e r Angehöriger, z. B. von Verschwägerten, die U n z u m u t b a r k e i t der F o r t s e t z u n g des Miet(Pacht)verhältnisses begründen kann, da, wie W o r m i t D W W 1952, 154 m i t Recht bemerkt, die konkreten T a t b e s t ä n d e des § 9 keine erschöpfende E r l ä u t e r u n g des Begriffes der U n z u m u t b a r k e i t geben.
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A n m . 44
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
teresse am Wiederaufbau der Ruinengrundstücke wirtschaftlich und sozial — insbesondere wenn dabei zugleich neuer Wohnraum geschaffen wird — im Vordergrund. Die schwere Unbilligkeit der Vorenthaltung trifft hier nicht so sehr den Vermieter, als die Allgemeinheit; dies gilt auch dann, wenn der Vermieter nicht selbst Bauherr des Wiederaufbauunternehmens sein kann oder will. Für diesen Fall darf auch die einschränkende Bestimmung des § 12 Abs. 1 kein Hindernis bilden. Der Eigenbedarf im Sinne der Ziff. 2 darf nach der besonderen Schutzvorschrift des Halbsatzes 2 nicht geltend gemacht werden, um dem Mieter in seinem Geschäftszweig eine u n z u m u t b a r e K o n k u r r e n z zu machen. Die Vorschrift gibt zu erheblichen Zweifeln Anlaß. Dem Wortlaut nach könnte der Vermieter nicht das von ihm eingerichtete Friseurgeschäft seines langjährigen Mieters erhalten, obwohl sein Sohn sich selbständig machen will. Das kann nicht der Sinn des Gesetzes sein. Man wird vielmehr die Vorschrift dahin einschränken müssen, daß die Absicht, unzumutbare Konkurrenz zu schaffen, als alleiniger Kündigungsgrund untragbar ist. Eine solche Absicht wird der Mieter aber wohl nur in ganz seltenen Fällen dem Vermieter nachweisen können. Das gilt auch von der Absicht der Ausnutzung des vom Mieter geschaffenen Geschäftswertes (good will), Ausschußberatungen BT-Drucksache Nr. 3419; Roquette WM 1952, 37. Kann der Mieter in der nächsten Nähe einen Ersatzraum nicht ausfindig machen, muß er also entweder in einen anderen Stadtteil ziehen oder sein Geschäft überhaupt aufgeben, so kann von einer Konkurrenz kaum mehr die Rede sein. Durch die Verpflichtung des Mieters, jede Möglichkeit der Ersatzraumbeschaffung auszunutzen (§ 10 Abs. 1 Ziff. 1), wird daher die Anwendung der Schutzvorschrift des Halbsatzes 2 nicht unerheblich eingeschränkt. Es kann auch nach dem Aufbau des Abschnittes III wohl kaum verhindert werden, daß der Vermieter sein Kündigungsrecht mit Eigenbedarf begründet, die Nichtzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses damit nachweist und dadurch den Anspruch des Mieters auf Widerruf der Kündigung zu Fall bringt, nach Ablauf des Mietverhältnisses aber über den freigewordenen Geschäftsraum anderweit verfügt. Wird der Eigenbedarf lediglich deshalb vorgetäuscht, um die Zahlung eines Entschädigungsanspruchs des Mieters zu vermeiden, so könnte der Vermieter gemäß §§ 823 Abs. 2, 826 BGB unter Umständen schadensersatzpflichtig werden, so Roquette 4 zu § 9; vgl. auch Meeske NJW1952, 847 und Blätter 1953, 166; Weimar Blätter 1953, 341. Es darf aber nicht übersehen werden, daß das GRMG im ganzen nicht als ein „den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz" anzusehen ist und daß die Bereitschaft des Vermieters zur Entschädigung des Mieters in § 10 ebenso wie die Nichtzumutbarkeit der Fortsetzung des Rechtsverhältnisses gemäß § 9 nur als anspruchvernichtendes Tatbestandsmoment konstruiert ist. 44
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W i e d e r a u f b a u . Ziffer 3 behandelt den Sonderfall, daß dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann, wenn der Fortbestand des Rechtsverhältnisses dem Wiederaufbau oder der Wiederherstellung kriegszerstörter oder kriegsbeschädigter Gebäude im Wege steht. Die Zweckverwendung im öffentlichen Interesse ist bereits in etwa in A 43 zu Ziff. 2 behandelt worden. Ziffer 3 setzt voraus, daß der Vermieter die alsbaldige Wiederherstellung des zerstörten Gebäudes oder den alsbaldigen Wiederaufbau des beschädigten Gebäudes •— gleichgültig ob für Wohn- oder Geschäftsräume oder für beide Raumarten — beabsichtigt und diese Absicht in ihrer technischen und finanziellen Durchführung gesichert ist. Nach dieser Richtung sind hier strengere Anforderungen gestellt als für die Benötigung für
Anm. 45 eigene Zwecke im Sinne der Ziff. 2. Zur Begriffsbestimmung Wiederaufbau und Wiederherstellung vgl. § 2 der Berechnungs- und der Mietenverordnung vom 20. November 1950 (BGBl 753, 759). Hiernach ist als Wiederaufbau der Aufbau «ines zerstörten Gebäudes anzusehen; als zerstört gilt im Zweifel das Gebäude, wenn oberhalb des Kellergeschosses auf die Dauer benutzbarer Raum nicht vorhanden ist. Wiederherstellung ist die Schaffung von Wohnraum durch Instandsetzung eines beschädigten Gebäudes, in dem oberhalb des Kellergeschosses auf die Dauer benutzbarer Raum vorhanden ist. Die Beschädigung muß eine so erhebliche sein, daß von einer bloßen Instandsetzung unbewohnbar gewordener Räume nicht mehr gesprochen werden kann, auch wenn es sich um die Aufwendung beträchtlicher Mittel handelt. Die Ursache des Schadens muß bei der Beschädigung ebenso wie bei der Zerstörung des Gebäudes auf Kriegsereignisse oder Kriegsfolgen (Beseitigung von Einsturzgefahr) zurückzuführen sein; Zerstörungen durch Brand, durch Blitzschlag bleiben hier ebenso außer Betracht wie Zerfallserscheinungen (Abnutzungschäden, Hausschwamm). Der Fortbestand des Miet(Pacht)Verhältnisses muß den Wiederaufbau bzw. die Wiederherstellung des Gebäudes wesentlich erschweren. Bloße Behinderung der Bauarbeiten genügt ebensowenig wie eine nachweisbare angemessene Verteuerung der Baumaßnahmen. Wenn es möglich ist, die vermieteten Räume (Grundstücksteile, § 580 BGB) in den Wiederaufbau bzw. die Wiederherstellung einzubeziehen, dann entfällt die geforderte wesentliche Erschwerung. Es wird deshalb stets auf die Verhältnisse des einzelnen Falles ankommen. Doch darf im Interesse der Förderung dringlicher Wiederaufbaumaßnahmen die Vorschrift nicht zu eng ausgelegt werden; dies gilt insbes. für den Fall, daß Mietinteressenten bereit sind, den Wiederaufbau durch Beiträge so zu fördern, daß er dem leistungsschwachen Vermieter möglich wird. Das Miet(Pacht)verhältnis muß sich auf das Grundstück oder einen Grundstücksteil beziehen. Ob es sich bei dem Grundstück um gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke handelt, ist unerheblich. Auch Trümmergrundstücke fallen unter diese Regelung. Ebenso können Räume Gegenstand des Mietverhältnisses sein, da nach § 580 B G B Raummiete Grundstücksmiete ist. •45
Die Erzielung höherer Mieten fürGeschäftsräume (Ziff .4) ist dieGrundabsicht des Gesetzes; die Freistellung vom Mieterschutz (Abschnitt II) dient vorzüglich dem Zwecke, dem Vermieter (Verpächter) die in Abschnitt I ausgesprochene Preisfreigabe gegen den Willen des Mieters (Pächters) verwirklichen zu helfen. Deshalb nimmt die Regelung der Frage der M i e t e r h ö h u n g im Gesetz den breitesten Raum ein. Die „ortsüblicheMiete" fürGeschäftsräume (Grundstücke) „gleicher Art und Lage", bis zu der die preisgebundene Miete nach § 3 Abs. 3 und 4 (A 17, 18) erhöht werden darf, wird für den mieterschutzfreien Raum im Rahmen des Übergangsrechtes des Abschnittes I I I zur angemessenen Miete. Vgl. hierher Lewald MDR 1953, 134; Becker u. Rolrecht ZMR1954,139. Diese angemessene Miete zu zahlen, wird dem Mieter (Pächter) unter allen Umständen zugemutet, auch wenn er von früherer Vereinbarung gemäß § 28 zurücktreten kann. Weigert er sich, in eine Mieterhöhung bis zu dieser angemessenen Miete (Ziffer 4 sagt etwas ungenau abgekürzt: in eine angemessene Mieterhöhung) einzuwilligen, so wird zugunsten des Vermieters angenommen, daß die Fortsetzung des Rechtsverhältnisses für ihn unzumutbar ist, sofern er nur bei anderweitiger Vermietung eine höhere als die bisherige Miete erzielen könnte, AG Düsseldorf MDR 1953, 682; LG Düsseldorf ZMR 1954, 149 und 150; AG Landau ZMR 1953, 220; LG Düsseldorf ZMR 1954, 14 = DRsp I I (277) 62. 77
A n m . 45
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
a) Die Voraussetzung a u f S e i t e d e s V e r m i e t e r s (Verpächters) ist zunächst, daß er dem V e r l a n g e n nach einer höheren Miete eindeutig Ausdruck gibt. Ohne Aufforderung zur Erklärung ist bloßes Schweigen des Mieters, der den Widerrufsanspruch erhoben hat, nicht ohne weiteres als Weigerung anzusehen, so mit Recht Meeske N J W 1952, 848. Darüber hinaus muß der Vermieter dartun, daß er eine höhere Miete erzielen könnte. Es genügt der Nachweis der — immerhin realisierbaren, dazu Schopp ZMR 1952, 195 — Möglichkeit der Mietertragssteigerung; nicht erforderlich ist die Vorlage bindender Angebote oder Vertragsabschlüsse mit höherer Miete, vielmehr müssen auch unverbindliche Angebote als ausreichend erachtet werden, sofern es sich nicht nach den Umständen des Falles um offensichtliche Scheinangebote handelt. Immerhin ist zu beachten, daß eine Erhöhung der Vertragsmiete und die Anerkennung durch den Mieter (unten b) vom Vermieter nur verlangt werden kann, wenn bei neuer Vermietung eine höhere Miete erzielt werden könnte. Diese Voraussetzung ist regelmäßig dann nicht gegeben, wenn etwa bei rückläufiger Nachfrage nach Läden infolge Verminderung der Zahl der Einzelhandelsgeschäfte A n g e b o t an Läden vorliegt. Je nach den ö r t l i c h e n V e r h ä l t n i s s e n können Angebote in der Gemeinde im Ganzen, in einzelnen Stadtteilen oder Straßen vorhanden sein. Die Fortsetzung des Mietverhältnisses zum bisherigen Vertragspreis ist in solchem Falle dem Vermieter zuzumuten und der Mieter ist nicht verpflichtet, einer Mieterhöhung zuzustimmen. Das Gericht wird sich hier eine eigene Überzeugung, gegebenenfalls im Einvernehmen mit der Preisbehörde und nach Anhörung der Industrieund Handelskammer bzw. Handwerkskammer bilden müssen. b) Auf S e i t e d e s M i e t e r s (Pächters) wird die E r k l ä r u n g des Einverständnisses mit der Zahlung des bis zur angemessenen Miete erhöhten Mietzinses und zwar von dem Zeitpunkt an verlangt, zu dem die ausgesprochene Kündigung des Vermieters wirksam geworden ist. Solange diese Erklärung vom Mieter nicht abgegeben ist, läuft er Gefahr, daß die Nichtzumutbarkeit der Fortsetzung des Miet(Pacht)verhältnisses anerkannt und damit sein Anspruch auf Widerruf der Kündigung nach § 8 aberkannt wird. E r kann sich nicht darauf berufen, daß er die Höhe dieser höheren „angemessenen Miete" nicht kennt. Der Zwang zur Anerkennung der angemessenen Miete besteht für den Mieter nicht, wenn infolge örtlichen Angebots eine günstigere Weitervermietung dem Vermieter gar nicht möglich ist (oben a). Spätester Zeitpunkt für die Erklärung des Einverständnisses mit der Zahlung der höheren Miete bis zur Zahlung der angemessenen Miete ist die letzte mündliche Verhandlung, auf die das Urteil im Widerrufsverfahren bzw. im Raumherausgabeverfahren gemäß §§ 15, 16 ergeht. Die Erklärung muß sich auch auf die Bereitschaft zur Zahlung vom Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kündigung an erstrecken, andernfalls ist sie für das Widerspruchsverfahren unbeachtlich. Der Vermieter h a t ein rechtliches Interesse daran, daß diese Erklärung abgegeben wird; denn nur wenn dies geschieht, muß er mit der Feststellung der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses rechnen, sofern nicht andere Gründe die Nichtzumutbarkeit begründen. 78
Anm. 46, 47 46
Die h ö h e r e M i e t e , die der Vermieter an sich verlangen kann, unterliegt keiner Kontrolle. Zunächst ist davon auszugehen, daß die Preisfreigabe den Vermieter theoretisch in die Lage versetzt, die Miete unbeschränkt zu erhöhen, sofern nicht ausnahmsweise bis zur Änderung des Wirtschaftsstrafrechts § 19 WiStG zur Anwendung kommt. Eine dem § 49a MSchG ä. F. entsprechende Mietwucherbestimmung ist bis jetzt noch nicht ergangen, Kiefersauer MDR 1951, 708. Die Geltendmachung der Ausbeutung einer Notlage im Sinne des § 138 Abs. 2 BGB ist an besondere Voraussetzungen gebunden, die bei der Geschäftsraumanmietung kaum in Frage kommen. Die höhere Miete kann der Vermieter im Rahmen des Widerrufsverfahrens nach Abschnitt I I I nicht verwirklichen, auch dann nicht, wenn er bei anderweitiger Vermietung eine die angemessene Miete übersteigende Miete erzielen könnte, Abs. 4. Das Gesetz gibt ihm nach Ziffer 4 in jedem Fall nur den Anspruch auf die a n g e m e s s e n e Miete; nur die Steigerung der vereinbarten Miete bis zu diesem Betrage kann im Widerrufsverfahren wirksam gemacht werden. Bei früheren Vereinbarungen, d.h. Vereinbarungen vor dem 1. Dezember 1951, kann sich der Mieter (Pächter) gegen die Anforderung einer höheren als der angemessenen Miete gemäß § 29 zur Wehr setzen (A 95).
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Die angemessene Miete oder, wie das Gesetz sich ausdrückt, die angemessene Mieterhöhung im Sinne der Ziff. 4 ist bestimmt durch die o r t s ü b l i c h e Miete für Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke gleicher Art und Lage und zwar durch die, wie in Abs. 2 ausdrücklich hervorgehoben ist, „nach Wegfall der Preisbindungen" nach den Grundsätzen der Marktwirtschaft sich bildende Miete. Der Auffassung, daß als ortsübliche Miete ein Mietwert anzusetzen sei, der aus den drei Gruppen Altbaumieten, Mieten für Bauten aus der Zeit zwischen den beiden Kriegen und Neubaumieten gewonnen wird (so Meeske N J W 1952, 848), kann nicht zugestimmt werden; denn die Absicht des Gesetzgebers geht gerade auf die Bildung einer Geschäftsraummiete nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten (A 78). Die Schwierigkeiten der Feststellung soll die auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsberechnung nach näherer Regelung einer auf Grund des Preisgesetzes zu erlassenden Rechtsverordnung zu ermittelnde Kostenmiete überwinden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit dieser Ausweg eine Lösung bringt. Auf diese Rechtsverordnung (A 18) nimmt Abs. 3 Bezug. Ob es sich um die Feststellung der ortsüblichen Miete oder der Kostenmiete handelt, in jedem Fall wird die damit befaßte Preisbehörde (A 17, 19) oder das Gericht (A 15, 45) vor eine schwerwiegende Entscheidung gestellt.
§ 10 (1) Der Mieter kann sich nicht darauf berufen, daß die Kündigung für ihn im Sinne des § 8 Abs. 1 eine erhebliche Gefährdung seiner derzeitigen wirtschaftlichen Lebensgrundlage mit sich bringt: 1. wenn er die Möglichkeit hat, sich für die gemieteten Räume oder Grundstücke einen zumutbaren Ersatz zu verschaffen, oder 79
A n m . 48, 49
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
2. wenn der Vermieter ihn für die durch den Verlust der Räume entstehenden Nachteile angemessen entschädigt oder, soweit die Nachteile erst in Zukunft zu erwarten sind, angemessene Sicherheit leistet. (2) Der Mieter kann sich nicht darauf berufen, daß die Kündigung eine Gefährdung öffentlicher Belange mit sich bringt, wenn die Voraussetzung des Absatzes 1 Nummer 1 vorliegt. 48
Der Anspruch des Mieters auf Widerruf der Kündigung, den er gemäß § 8 Abs. 1 Halbsatz 1 in der ursprünglichen Fassung bereits bei Bedrohung durch erhebliche wirtschaftliche Nachteile oder bei Gefährdung öffentlicher Belange geltend machen kann, entfällt a) im Regelfall der wirtschaftlichen Benachteiligung bei zumutbarer Möglichkeit der Ersatzraumbeschaffung oder bei Entschädigungsleistung des Vermieters; b) bei Gefährdung öffentlicher Interessen nur bei zumutbarer Ersatzraumbeschaffung. Beide Rechtstatbestände werden nur wirksam, wenn der Vermieter sich darauf beruft und die Voraussetzungen im einzelnen nachweist. Der Vermieter kann sich auf § 10 neben oder an Stelle der in § 9 geregelten Voraussetzungen der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Rechtsverhältnisses berufen. Ob und in welchem Umfang der Vermieter zur Zahlung einer Entschädigung bereit ist, steht in seinem Ermessen; soll das Angebot wirksam sein, so muß die Entschädigung angemessen sein, worüber das Gericht befindet. Aus A.bs. 1 Ziff. 2 kann keinesfalls gefolgert werden, daß der Vermieter zur Zahlung einer Ausgleichsentschädigung bzw. zur Sicherheitsleistung verpflichtet ist, ebenso Wormit DWW 1952, 154. Er kann deshalb nicht hierzu verurteilt werden; der Mieter kann keinen Antrag hierauf stellen. Bei Raumüberlassung für öffentliche Zwecke kann der Vermieter mit der Bereitschaft zur Entschädigungszahlung (Sicherheitsleistung) dem Anspruch auf Widerruf der Kündigung nicht wirksam entgegentreten, da Abs. 1 Ziff. 2 keine Anwendung findet, Abs. 2. Nach der Neufassung des Abs. 1 Satz 1 durch Art I Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung des Geschäftsraummietengesetzes vom 26. Dezember 1954 (BGBl I 503) muß die Rechtsfolge der Kündigung „eine e r h e b l i c h e Gefährdung der derzeitigen w i r t s c h a f t l i c h e n L e b e n s g r u n d l a g e des Mieters darstellen. Darüber hinaus muß der Mieter die Möglichkeit haben, sich für die gemieteten Räume (Grundstücke) einen zumutbaren Ersatz zu verschaffen.
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Die bloße Möglichkeit der E r s a t z r a u m b e s c h a f f u n g durch den Mieter schließt den Anspruch auf Widerruf der Kündigung aus, wenn es sich um einen wirtschaftlich im wesentlichen gleichwertigen Ersatz für die gekündigten Geschäftsräume (Grundstücke) handelt und wenn die Beschaffung zu für den Mieter zumutbaren Bedingungen möglich ist. Sowohl für die Beurteilung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit als auch der Zumutbarkeit der Überlassungsbedingungen sind in erster Linie die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mieters und dessen berufliche, geschäftliche, betriebswirtschaftliche Interessen maßgebend. Nach diesen Gesichtspunkten ist zu entscheiden, ob ein in einer anderen Gegend angebotener größerer Ersatzraum als „im wesentlichen gleichwertig"
Anm. 50 anzusehen ist, ob die für den Ersatzraum etwa zu zahlende höhere Miete dem Mieter zumutbar ist. Insoweit ist das subjektive Interesse des Mieters ausschlaggebend ; er darf nicht übermäßig mehr als bisher belastet werden. Es darf aber nicht übersehen werden, daß das Gesetz eindeutig auf die allgemeine Erhöhung der Geschäftsraummieten hinarbeitet und daß daher selbst die Zahlung der ortsüblichen Miete für Geschäftsräume gleicher Art und Lage dem Mieter auch für die Beschaffung von Ersatzraum als zumutbar anzusehen ist, ähnlich Meeske N J W 1952, 848. Insoweit beeinflußt der Anspruch des Vermieters auf die ortsübliche bzw. Kostenmiete nach § 9 Abs. 2 und 3 auch die Auslegung des Abs. 1 Ziff. 1. Die Möglichkeit der Beschaffung von Ersatzraum muß irgendwie belegt werden können; verpaßte Gelegenheiten genügen ebensowenig wie allgemeine Zukunftsaussichten. Die Beschaffungsmöglichkeit muß bestimmte Einzelfälle betreffen, da ohne konkrete Tatbestände weder das Erfordernis der Gleichwertigkeit noch der zumutbaren Beschaffungsbedingungen vom Gericht beurteilt werden kann. Bei der Raumüberlassung für öffentliche Zwecke kann Abs. 1 Ziff. 1 nur entsprechende Anwendung finden, da wirtschaftliche Interessen bei der drohenden Gefährdung öffentlicher Belange mindestens nicht im Vordergrund des Interesses stehen und an die Stelle der zumutbaren Beschaffungsbedingungen in aller Regel die zumutbare Verwendungsmöglichkeit für die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe tritt. Bei Pachtverhältnissen (§ 21) wird die Ersatzbeschaffung auf Pachtobjekte bezogen werden müssen; die Möglichkeit, Mieträume zu beschaffen, genügt nicht (A 76). 50
Die Bereitschaft des Vermieters zur Zahlung einer angemessenen Ausgleichsentschädigung oder zur Sicherheitsleistung — Ziffer 2 — ist für sich allein geeignet, den Anspruch des Mieters auf Widerruf der Kündigung aufzuheben, dazu Meeske Blätter 1953, 183. Der wirtschaftliche Ausgleich für die Aufgabe des Mietrechtes kann nur vom Vermieter selbst angeboten werden. Ob die angebotene Zahlung der Höhe nach angemessen ist, ob Zahlung oderSicherheitsleistung oder beide Ausgleichsleistungen nebeneinander notwendig sind, darüber entscheidet ebenso wie über den Zeitpunkt das ordentliche Gericht nach billigem Ermessen. Die Entschädigung umfaßt alle Nachteile, die mit der Aufgabe der Mieträume verbunden sind, in erster Linie die Umzugskosten. Daneben sind ausdrücklich noch sonstige wirtschaftliche Nachteile zu ersetzen, z. B. für den Verlust der Ladenkundschaft, der Laufkundschaft. Die Nachteile sind in angemessenem, also nicht in vollem Umfang zu entschädigen. Das Gesetz unterscheidet zwischen gegenwärtigen und zukünftigen Nachteilen und sieht für die ersteren die Zahlung, für die letzteren die Sicherstellung der Entschädigungsleistung vor. Die Entscheidung darüber, ob neben der Zahlung noch für einen weiteren Betrag Sicherheit gemäß §§ 232ff. B G B zu leisten ist, bestimmt das Gericht.
§ 11 (1) Der Mieter kann bei einem vor dem 1. Dezember 1951 begründeten Mietverhältnis ohne Rücksicht auf die in § 8 Abs.l bezeichneten Voraussetzungen den Widerruf der Kündigung verlangen, wenn er durch Gewährung von Zuschüssen oder Darlehen oder in sonstiger Weise einen erheblichen Beitrag 6 Kiefersauer-Glaser, Geschäftsraummiete, 2. Aufl.
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A n m . 51
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
zur Schaffung oder Instandsetzung der gemieteten Räume erbracht hat und nicht die in § 9 Abs. 1, 3 oder 4 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. (2) Ein Zuschuß ist als erheblich im Sinne des Absatzes 1 anzusehen, wenn er den Betrag der bisherigen Jahresmiete übersteigt. Ein vor der Kündigung getilgtes Darlehen oder ein vor der Kündigung durch die Dauer des Vertrages als getilgt anzusehender Zuschuß oder ein Beitrag, der nicht zu einer nachhaltigen Wertsteigerung geführt hat, bleiben außer Betracht. (3) Hat der Mieter einen im Sinne des Absatzes 1 erheblichen Beitrag zur Schaffung oder Instandsetzung der Räume geleistet, so ist eine Mieterhöhung angemessen im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 4, wenn und so weit die von dem Vermieter geforderte Miete die ortsübliche oder die sich aus § 9 Abs. 3 ergebende Miete abzüglich eines nach der Höhe des Beitrags angemessenen Betrages nicht übersteigt. Der Bundesminister für Wirtschaft kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister fürWohnungsbau das Nähere durch Rechtsverordnung bestimmen. 51
Der Mieter, der einen erheblichen Beitrag zur Schaffung oder Instandsetzung der Räume geleistet hat, hat auch ohne Gefährdung seiner wirtschaftlichen Lebensgrundlage oder Gefährdung öffentlicher Belange (§ 8 Abs. 1) Anspruch auf Widerruf der Kündigung, sofern nicht die Nichtzumutbarkeit der Fortsetzung des Miet(Pacht)verhältnisses gemäß den Ziffern 1, 3 oder 4 gegeben ist. Der Anspruch entfällt also, wenn a) der Vermieter fristlos kündigen kann (A 42), wobei das Vorliegen des wichtigen Grundes genügt, oder wenn b) der Fortbestand des Miet(Pacht)verhältnisses den Wiederaufbau oder die Wiederherstellung kriegszerstörter oder kriegsbescbädigter Gebäude wesentlich behindert (A 44), was wohl nur in den Ausnahmefällen einer behelfsmäßigen Raumerstellung in Frage kommen dürfte, oder wenn c) der Mieter die Anerkennung der vom Vermieter geforderten Mietzinserhöhung auf die angemessene Miete verweigert (A 45, 54). Andere als die hier aufgeführten Gründe, aus denen gemäß § 9 die Fortsetzung des Mietverhältnisses dem Vermieter nicht zugemutet werden, insbes. der Eigenbedarf des Vermieters und seiner nächsten Angehörigen (A 43), vermögen die Geltendmachung des Anspruchs auf Widerruf der Kündigung nicht zu behindern. Insofern ist die Tatbestandswirkung des § 9 eingeschränkt (A 41). Im Hinblick auf die Neuregelung des Kündigungsschutzes des Mieters durch § 57c ZVG (Staudinger-Kiefersauer 31 vor § 535) erachtet Weitnauer BAnz 1953 Nr. 195 die Berufung des Mieters auf § 11 gegenüber dem Ersteher regelmäßig für ausgeschlossen; soweit § 57c ZVG zur Anwendung kommt, sollen die Vorschriften über Kündigungswiderruf nur wirksam werden, wenn die Kündigungsmöglichkeit aus § 57 a ZVG wieder eröffnet ist, vgl. § 8 Abs. 2 GRMG.
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A n m . 52, 53 Voraussetzung für die Anwendung des § 11 ist im übrigen, daß es sich um Miet(Pacht)verhältnisse über Geschäftsräume oder Mischräume (A 8) oder über Rechtsverbindungen von Wohn- und Geschäftsraum (A 13) handelt. Gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke kommen nur in dieser Rechtsverbindung in Frage. Die Miet(Pacht)verhältnisse müssen vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sein; dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut des Abs. 1, sondern bereits aus dem Zusammenhang mit der Regelung des § 8 Abs. 1. 52
Die Leistung des Mieters wird im Gesetz als „erheblicher Beitrag zur Schaffung oder Instandsetzung der gemieteten R ä u m e " bezeichnet. Zum Begriff LG Wiesbaden ZMR 1953, 89. Der Beitrag ist nach Abs. 2 dann erheblich, wenn er den Betrag der bisher, d. h. vor der Kündigung, zuletzt bezahlten J a h r e s m i e t e übersteigt. Der Wortlaut des Gesetzes beschränkt die ziffermäßige Mindestleistung auf Zuschüsse, so daß für Mietvorauszahlungen und Darlehen h ö h e r e L e i s t u n g e n zu verlangen sind, Wormit D W W 1952, 176; a. M. Roquette, 2 zu § 11, LG Düsseldorf, Glaser Nr. 25/VI/1954. Die Erheblichkeit muß noch in dem Zeitpunkt gegeben sein, zu dem die Kündigung frühestens zulässig ist (§ 18). Bei Tilgungsdarlehen muß daher der noch nicht getilgte Darlehensbetrag die Jahresmiete übersteigen. Ist ein Zuschuß, also ein nicht rückzahlbarer Betrag, vom Mieter geleistet worden, so soll nach dem Wortlaut des Gesetzes ein „durch die Dauer des Vertrages als getilgt anzusehender Zuschuß" ermittelt werden. Das bedeutet, daß etwa unter Zugrundelegung der Differenz zwischen der vereinbarten niedrigeren und der üblichen höheren Miete eine Tilgungsquote in Ansatz gebracht und der nicht getilgte Rest nach der Vertragsdauer berechnet wird — ein Verfahren, das mit manchen Zweifeln belastet ist. Selbst wenn der bestehende Tilgungsrest oder der fiktive Zuschußrestbetrag als erheblich anzusehen ist, darf der Betrag trotz der Erheblichkeit im Sinne des Abs. 2 Satz 1 dann nicht berücksichtigt werden, wenn er „nicht zu einer nachhaltigen Wertsteigerung geführt h a t " . Geht man davon aus, daß die Schaffung ebenso wie die hier in Betracht kommende Instandsetzung in aller Regel eine Mehrung der Räume oder doch ihrer Verwendungsmöglichkeit zur Folge hat, dann wird man auch regelmäßig eine Wertsteigerung annehmen dürfen. Nach Wormit D W W 1952, 176 handelt es sich bei der Vorschrift des Abs. 2 Satz 2 insbesondere um die Schaffung vorübergehender baulicher Maßnahmen, die unter Umständen später wieder beseitigt werden müssen und daher zusätzliche Kosten verursachen.
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Die Form des Mieterbeitrages beschränkt sich durchaus nicht auf die Gewährung von Zuschüssen oder Darlehen. Die Leistung des Mieters kann auch „ i n sonstiger Weise" erfolgen. In Betracht kommen vor allem Sachleistungen des Mieters z. B. durch Lieferung von Baumaterial und Arbeitsleistungen (persönliche Mitarbeit, Stellung von Arbeitskräften). Für die Bewertung des erheblichen Beitrages müssen diese Leistungen in Geld veranschlagt werden. Der Mieter kann aber auch geldliche Zuwendungen durch Mietvorauszahlungen in größerem Umfang für eine mehr oder weniger lange Mietdauer machen. Dabei kann diese Vorausleistung ganz oder teilweise auf die jeweilige Miete angerechnet werden. Die Möglichkeiten der Zuschußleistung sind sehr groß, vgl. Pergande N J W 1951, 737; Bettermann ZMR 1952, 29; Himmelmann MDR 1952, 196. Das Gesetz nennt ausdrücklich a) Zuschüsse, d.s. Zuwendungen an den Vermieter, die vom Mieter ohne Verpflichtung zur Rückgabe zur Verfügung gestellt werden, gemeinhin (wenn auch nicht ganz richtig) verlorene Zuschüsse genannt; 5*
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Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
b) Darlehen, d.h. geldliche Zuwendungen —• verzinslich oder unverzinslich —, die vom Vermieter zurückbezahlt oder verrechnet werden müssen. Für alle diese Formen der Beitragsleistung des Mieters gemeinsam ist die Zweckbindung. Der Beitrag kommt für den Anspruch auf Widerruf der Kündigung nur insoweit in Betracht, als er entweder auf die Schaffung oder auf die Instandsetzung der gemieteten Räume gerichtet ist. Schaffung ist die Neuherstellung eines bisher nicht vorhandenen Raumes oder die Wiederherstellung eines bisher nicht nutzbaren Raumes. Ob es sich dabei um reine Geschäftsräume handelt oder um Mischräume, ist unerheblich. Das gleiche gilt von der Art der Neuschaffung: Neubau, Wiederaufbau zerstörter oder Wiederherstellung beschädigter Gebäude (A 44), Umbau, Einbau, Ausbau oder Erweiterung bestehender Gebäude. Die Instandsetzung muß über bloße Schönheitsreparaturen oder Verbesserungen hinausgehen und eine nicht unwesentliche Baumaßnahme erfordern. Zur Ermöglichung dieses Bauaufwandes muß der Mieterbeitrag gegeben sein; es muß sich um eine Förderungsmaßnahme gerade zugunsten der gemieteten Räume handeln. 54
Die a n g e m e s s e n e M i e t e soll nach dem Willen des Gesetzgebers auch der Mieter bezahlen müssen, der einen Mietbeitrag geleistet hat. Wenn daher der Vermieter die Erhöhung des Mietzinses verlangt (A 45), dann muß der Mieter diese Steigerung des Mietzinses bis zur angemessenen Miete über die vertragliche Regelung hinaus anerkennen, andernfalls dem Vermieter die Fortsetzung des Miet(Pacht)verhältnisses nicht zugemutet und der Anspruch auf Widerruf der Kündigung abgewiesen wird. Voraussetzung ist, daß der Vermieter nach den Vertragsbedingungen überhaupt kündigen kann. Für die Ermittlung der oberen Grenze der ortsüblichen Miete bzw. der Kostenmiete (§ 9 Abs. 2 und 3) gibt Abs. 3 die Anweisung, daß von ihr ein angemessener Betrag, der der Höhe des Mieterbeitrages entspricht, in Abzug zu bringen ist. Es soll hierdurch die Auswirkung des Mieterbeitrages auf die angemessene Miete nachträglich berücksichtigt werden. Ist der Beitrag in Form eines Darlehens gegeben, so besteht kein Anlaß zu dem vorgeschriebenen Abzug, weil der Beitrag nicht in das Vermögen des Vermieters übergegangen und vereinbarungsgemäß zu tilgen ist. Das gleiche gilt bei Mietvorauszahlungen, soweit diese in voller Höhe auf die jeweils fällige Miete verrechnet werden. Erfolgt die Verrechnung nur teilweise, so verbleibt ein Teil der Mietzinsleistung, der erhöht werden kann. Bei Zuschußleistungen des Mieters und bei sonstigen Zuwendungen —• Sachleistungen und persönliche Leistungen sind in Geld zu bewerten •—• muß nach Abs. 3 ein angemessener Betrag von der ortsüblichen bzw. Kostenmiete in Abzug gebracht werden. Das Nähere bestimmt die zu erlassende Rechtsverordnung; der Zusatz „auf Grund des Preisgesetzes" (§ 2 Abs. 3, § 3 Abs. 4) fehlt hier, weil es sich nicht um eine Rechtsverordnung im Sinne des Preisgesetzes handelt, Wormit D W W 1952, 176. Die entsprechende Anwendung auf Pachtverhältnisse (§ 21) dürfte im Hinblick darauf, daß die Ertragsmöglichkeiten in erster Linie die Höhe des Pachtzinses bestimmen, die Ermittlung des abzugspflichtigen Betrages besonders erschweren; es kann nur im Wege der Schätzung das Entgelt für Raum- und Grundstücksnutzung getrennt und von dem auf die Raumnutzung entfallenden Teilbetrag der „nach der Höhe des Beitrags angemessene Betrag" in Abzug gebracht werden.
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Anm. 55
§ 12 (1) Der Mieter kann ohne Rücksicht auf die in § 8 Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen bei Mietverhältnissen, die vordem 1. Dezember 1951 begründet sind und sich auch auf Wohnräume beziehen, den Widerruf der Kündigung verlangen, wenn weder die in §9 Abs. 1 Nr. 1, 3 oder 4 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen noch für den Vermieter an der Erlangung des Mietraums ein so dringendes Interesse besteht, daß auch bei Berücksichtigung der Verhältnisse des Mieters die Vorenthaltung eine schwere Unbilligkeit für den Vermieter darstellen würde. (2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Mieter die Möglichkeit hat, sich für die Wohnräume unter zumutbaren Bedingungen einen angemessenen Ersatz zu verschaffen. 55
Der dritte, von den allgemeinen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Halbsatz 1 unabhängige Rechtstatbestand, der dem Mieter einen Anspruch auf Widerruf der Kündigung gibt, hängt eng mit der gesetzlichen Regelung der Aufhebung des Mieterschutzes für Mischräume zusammen. § 5 Abs. 3 stellt bei der Rechtsverbindung von Wohn- und Geschäftsräumen, die in räumlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (A 13), die Wohnräume vom Mieterschutz frei, wenn der Anteil des Mietwertes der Wohnräume weniger als die Hafte des gesamten Mietwertes der Raumverbindung beträgt (A 15). Weiterhinl gehen Wohnräume, die sowohl für Wohnzwecke als auch für Nichtwohnzwecke verwendet werden, des Mieterschutzes verlustig, wenn sie gemäß der Weisung in § 2 Abs. 2 Satz 1 als Geschäftsräume im Sinne des Gesetzes zu behandeln sind, d. h. wenn für die Nichtwohnzwecke mehr als die Hälfte der Wohnfläche in Anspruch genommen wird (A 8, 9). Diese beiden Fälle meint Abs. 1, wenn bei Mietverhältnissen über Geschäftsräume (Grundstücke), die „sich auch auf Wohnräume beziehen", die Voraussetzungen des Anspruchs auf Widerruf der Kündigung einer Sonderregelung im Sinne einer erleichterten Geltendmachung des Rechts unterworfen wird. Rechtspolitisch kann man darin in etwa die Wiederherstellung des Mieterschutzes wenigstens für die Übergangszeit erblicken. In der Durchführung wird dabei nicht nur der Mieterschutz für den Wohnraum aufrechterhalten, sondern darüber hinaus der durch § 5 für den Geschäftsraum grundsätzlich aufgehobene Mieterschutz wiedereingeführt, weil der Zwang zum Widerruf der Kündigung bei den Mischräumen Wohn- und Geschäftsräume erfaßt und somit mindestens für die Übergangszeit (§ 22) die bisherige Rechtslage wiederherstellt. Diese Rechtsfolge gilt auch dann, wenn im Falle des § 5 Abs. 3 die Vermietung der Geschäftsräume im räumlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang durch zwei selbständige Mietverträge (A 13) erfolgt ist; hier wird, falls der Vermieter sowohl den Wohnraummietvertrag als auch den Geschäftsraummietvertrag gekündigt hat, die erfolgreiche Geltendmachung des Anspruchs auf Widerruf der Kündigung beide Verträge erfassen, so daß nicht nur das Wohnraum-, sondern auch das Geschäftsraummietverhältnis fortgesetzt werden muß. Die Verkoppelung von Wohn- und Geschäftsraummiete schlägt hier also zum Nachteil des Vermieters aus. Ähnlich ist die Rechtslage bei doppelgenutzten Wohnungen, die wegen der Überschreitung der Hälfte der Wohn-
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A n m . 56
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
fläche in der Verwendung für andere als Wohnzwecke gemäß § 2 Abs. 2 als Geschäftsräume zu behandeln sind. Dringt hier der Mieter mit seinem lediglich wegen der Beziehung zu Wohnraum begründeten Anspruch auf Widerruf der Kündigung durch, verbleibt es bei der Fortsetzung des Miet(Pacht)verhältnisses auch für die Räume, die Nichtwohnzwecken dienen. Die Rechtsstellung des Mieters, der den Anspruch auf Widerruf der Kündigung geltend macht, wird aber durch die Möglichkeit der Ersatzraumbeschaffung für den Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen bedroht. Die Bedrohung ist besonders stark für den Pächter, da er mit der Möglichkeit der Beschaffung von Wohnraum das für seine Existenz wertvollere Pachtobjekt verliert. Die Voraussetzungen sind die gleichen wie im Falle des § 10 Abs. 1 Ziff. 1 (A 49), aber beschränkt auf die Beschaffung von Wohnraum. Besteht diese Möglichkeit — hier wird der Nachweis unter Umständen leichter als im Falle des § 10 zu erbringen sein —, so entfällt der Anspruch des Mieters auf der Grundlage des § 12 und es verbleibt, wenn nicht die Tatbestände der §§ 8, 11 geltend gemacht werden können und geltend gemacht sind, bei der Rechtswirksamkeit der Kündigung des Vermieters. Der Mieter muß Geschäfts- und Wohnraum herausgeben, auch wenn er für den Geschäftsraum keinen Ersatz erhält. Die bloße Beziehung des Miet(Pacht)Verhältnisses zu Wohnraum genügt zur Anspruchsbegründung. Deshalb braucht das geltend gemachte Rechtsverhältnis nicht unmittelbar selbst den Wohnraum zum Vertragsgegenstand zu haben. Hierher gehört der Fall, daß mit dem gleichen Vermieter mehrere Mietverträge über Mischräume abgeschlossen sind (A 13). In Betracht kommen nur Miet(Pacht)Verhältnisse, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind; für die seitdem abgeschlossenen Miet(Pacht)vertrage über Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke bleibt es bei der Freistellung vom Mieterschutz; es gelten lediglich die allgemeinen Vorschriften des B G B über Miete (Pacht) in Verbindung mit den §§ 6, 7 dieses Gesetzes. Mit dem 31. März 1956 entfällt aber in jedem Fall der durch § 12 wieder erreichte Mieterschutz für die Mischräume; von diesem Zeitpunkt an sind daher die Wohnräume des Mieterschutzes endgültig verlustig geworden. 56
Abgesehen von der Regelung des Abs. 2 e n t f ä l l t d e r A n s p r u c h M i e t e r s , wenn
des
1. der Vermieter das Rechtsverhältnis fristlos kündigen kann (A 42), wobei das Vorliegen eines wichtigen Grundes genügt; oder wenn 2. der Fortbestand des Rechtsverhältnisses dem Wiederaufbau oder der Wiederherstellung kriegszerstörter oder kriegsbeschädigter Gebäude im Wege steht (A 44); oder wenn 3. der Mieter die Anerkennung der vom Vermieter geforderten Mietpreiserhöhung für das ganze Rechtsverhältnis (also einschließlich der Wohnräume) auf die angemessene Miete verweigert (A 4 5 ) ; oder wenn 4. für den Vermieter selbst (nicht auch wie nach § 9 Abs. 1 Ziff. 2 für die nächsten Angehörigen) ein so dringendes Interesse an der Erlangung des Mietraumes besteht, daß auch bei Berücksichtigung der Verhältnisse des Mieters die Vorenthaltung für ihn eine schwere Unbilligkeit darstellen würde. Mietraum im Sinne dieser Vorschrift ist Wohn- und Geschäftsraum, so daß ein Teilinteresse des Vermieters lediglich am Geschäftsraum oder lediglich am Wohnraum den Anspruch auf Widerruf
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A n m . 57 der Kündigung nicht auszuschalten vermag, ebenso Roquette S. 279. Zur Frage der Zulässigkeit des Teilwiderrufs: Weimar WM 1952, 38; Schopp ZMR 1953, 26; Bull und Weitnauer ZMR 1953, 73 und 76; LG Bochum ZMR 1953, 315; LG Freiburg ZMR 1954, 151 (Grein). Andere als die hier aus § 9 unverändert (Ziff. 1, 3, 4) oder verändert (Ziff. 2) übernommenen Gründe für die Nichtzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses können der Geltendmachung des Anspruchs auf Widerruf der Kündigung nicht entgegengehalten werden. Insofern ist wie im Falle des § 11 auch hier die Tatbestandswirkung des § 9 eingeschränkt (A 51).
§ 13 (1) Der Mieter verliert den Anspruch auf Widerruf der Kündigung, wenn erder Kündigung nicht innerhalb eines Monats seit dem in Absatz 2 bezeichneten Zeitpunkt schriftlich widerspricht. (2) Die Frist nach Absatz 1 beginnt mit dem Zugang einer schriftlichen Erklärung des Vermieters, aus der sich ergibt, daß der Mieter den Anspruch auf Widerruf der Kündigung verliert, wenn er ihr nicht unter Einhaltung der in Absatz 1 bestimmten Form und Frist widerspricht. Diese Erklärung des Vermieters kann mit der Kündigung verbunden werden. 57
Der Anspruch des Mieters auf Widerruf der Kündigung setzt eine ordnungsgemäße, nach Vertrag oder Gesetz begründete Kündigung des Vermieters (Verpächters) voraus. Die Geltendmachung des Anspruchs und die Begründung richtet sich nach den Tatbestandsmerkmalen der §§ 8, 11 und 12. Ohne Rücksicht auf die Geltendmachung e r l i s c h t der A n s p r u c h , wenn 1. der Vermieter die Kündigung selbst widerrruft, gleichviel ob auf Ansuchen des Mieters oder aus eigenem Entschluß; oder wenn 2. die Vertragsteile über die Fortsetzung des Mietverhältnisses sich einigen; dann liegt ein neuer Vertragsabschluß vor, gleichgültig, ob die alten Vertragsbedingungen weitergelten oder — was insbesondere hinsichtlich der Mietpreiserhöhung regelmäßig der Fall sein dürfte — geändert worden sind. In jedem Fall handelt es sich um die Neubegründung eines Miet(Pacht)verhältnisses seit dem 1. Dezember 1951, für das die Kündigungsbefugnis des Vermieters — abgesehen von § 6 — gesetzlich nicht beschränkt und nicht beschränkbar ist; oder wenn 3. der Mieter auszieht und dadurch durch die Tat auf seinen Anspruch verzichtet. Macht der Mieter seinen Anspruch mit Erfolg gegen den Willen des Vermieters geltend, wird dieser zur Erklärung des Widerrufs verurteilt oder im Rahmen des Räumungsverfahrens mit der Klage abgewiesen (§ 15 Abs. 2), so erlischt der Anspruch mit der Rechtskraft des Urteils durch Erfüllung. Er erlischt, ohne erfüllt zu sein, wenn die Einrede als unbegründet erklärt und der Vermieterklage stattgegeben wird, A 64.
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Anm. 58 58
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Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Der W i d e r s p r u c h gegen die Kündigung des Vermieters ist dem M i e t e r nur dann zur P f l i c h t g e m a c h t , wenn der Vermieter ihm—-gleichzeitig mit der Kündigungserklärung oder späterhin — schriftlich eine Erklärung des Inhalts zugehen läßt, daß er den Anspruch auf Widerruf der Kündigung verliert, wenn er nicht der Kündigung form- und fristgerecht widerspricht. Ob der Vermieter von diesem Recht der Fristsetzung (von dessen Ausübung jedenfalls die Wirksamkeit der Kündigungserklärung nicht abhängt. Heinisch DWW 1952, 208) Gebrauch macht, steht in seinem Ermessen, ebenso AG Weilheim MDR 1953, 100. Tut er es nicht, so braucht sich der Mieter über die Geltendmachung seines Anspruchs nicht zu erklären; dieser kann noch im Räumungsverfahren im Wege der Einrede seinen Anspruch geltend machen, § 15. Die Aufforderung des Vermieters verpflichtet den Mieter zur Erklärung des W i d e r s p r u c h s gegen die Kündigung. In dieser F o r m ist der Wille des Mieters zur Geltendmachung seines Anspruchs auf Widerruf der Kündigung zum Ausdruck zu bringen, ohne daß dabei die Gründe im ganzen oder im einzelnen — etwa durch Hinweis auf die §§ 8, 11, 12 —• angegeben oder auch nur angedeutet werden müßten. Bloße Erhebung der Widerrufsklage genügt nicht; a.M. anscheinend Schoan Betrieb 1952, 618. Die Erklärung muß dem Vermieter gegenüber schriftlich abgegeben werden, §§ 130, 126 BGB. Telegraphische Übermittlung kann bei gesetzlich vorgeschriebener Schriftform — abweichend § 127 B G B bei rechtsgeschäftlich bestimmter Schriftform — nicht genügen. Die schriftliche Form der Widerspruchserklärung ist wesentliches Erfordernis ihrer Wirksamkeit, so daß eine mündliche, insbesondere fernmündliche Erklärung auch dann den Verlust des Anspruchs des Mieters zur Folge hat, wenn der Vermieter diese mündliche Erklärung ohne Vorbehalt entgegennimmt. Die F r i s t zur Abgabe der Widerspruchserklärung durch den Mieter, die nach Abs. 1 einen Monat (§ 188 BGB) beträgt, beginnt unabhängig von dem Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung erst mit dem Zeitpunkt, in dem die Aufforderung zur Erklärung des Widerspruchs dem Mieter zugeht. Wird die Kündigung mit der Aufforderung verbunden — die Zulässigkeit der Verbindung wird in Abs. 2 Satz 2 ausdrücklich ausgesprochen —, so läuft die Frist vom Tage des Zugehens auch der Kündigungserklärung an. Von diesem Fall abgesehen hat der Fristablauf gemäß Abs. 1 mit der Kündigungserklärung nichts zu tun. Vor Erklärung der Kündigung kann die Aufforderung zur Widerspruchserklärung nicht gesetzt werden, da diese Erklärung die Abgabe einer Kündigungserklärung des Vermieters mindestens im gleichen Zeitpunkt voraussetzt. Eine vor dem Inkrafttreten des Gesetzes d. h. vor dem 27. Juni 1952 abgegebene Aufforderung des Vermieters (Verpächters) ist gemäß § 25 Satz 2 unwirksam (A 85). Die Frist des Abs. 1 ist eine Ausschlußfrist, Schoan Betrieb 1952, 618. Der Mieter verliert seinen Anspruch auf Widerruf der Kündigung, wenn er die Frist versäumt, Abs. 1. Sein Anspruch erlischt, gleichviel aus welchen Gründen die Frist versäumt worden ist. Die Kündigung des Vermieters wird endgültig, Wormit DWW 1952, 177. Nach Maßgabe des § 14 kann aber bei Fristversäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Nach fruchtlosem Ablauf der Widerspruchsfrist ist auch der Vermieter nicht mehr in der Lage, die Kündigung einseitig zu widerrufen (A 30); im beiderseitigen Einverständnis kann aber vor Ablauf der Kündigungsfrist, also vor Beendigung des Mietverhältnisses, vom Vermieter die Kündigung zurückgenommen werden, Schoan Betrieb 1952, 618. I n h a l t l i c h muß die dem Vermieter zumutbare (Wormit DWW 1952, 177) B e l e h r u n g unter Hinweis auf den dem Mieter zustehenden Anspruch auf Widerruf der Kündigung und das ihm deshalb zustehende Widerspruchsrecht
§§ 14, 15
A n m . 59
gegen die Kündigung die Aufforderung an den Mieter enthalten, binnen Monatsfrist seit Zugang schriftlich den Widerspruch zu erheben mit dem Beifügen, daß der Anspruch auf Widerruf erlischt, wenn der Widerspruch nicht innerhalb der Monatsfrist schriftlich dem Vermieter gegenüber erklärt wird. Mängel der Aufforderungserklärung bewirken, daß die Frist nicht in Lauf gesetzt, die mit der vollständigen Erklärung verbundene Rechtsfolge also nicht wirksam wird. §
14
Ist der Mieter ohne eigenes Verschulden an der rechtzeitigen Erklärung des Widerspruchs gehindert, so läuft die Frist des § 13 Abs. 1 nicht vor Ablauf von zwei Wochen seit Behebung des Hindernisses ab. Jedoch kann der Widerspruch nach Ablauf von sechs Monaten seit dem Ende der versäumten Frist nicht mehr erklärt werden. 59
Die Versäumnis der Widerspruchsfrist des § 13 (A 58) ist unschädlich, wenn der Mieter „ohne eigenes Verschulden" an der rechtzeitigen Erklärung des Widerspruchs gehindert ist. Daß die Verhinderung, wie in § 233 ZPO vorgesehen, durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle erfolgt sein muß, ist nicht vorgeschrieben. Erforderlich ist nur, daß den Mieter kein eigenes Verschulden an der Versäumung der Frist trifft. Man wird aus der Ausdrucksweise des Gesetzes den Schluß ziehen dürfen, daß fremdes Verschulden, also auch Verschulden des Vertreters, dem Mieter nicht anzurechnen ist, Roquette a.a.O. S. 259; a. M. Schoan Betrieb 1952, 618. Bei juristischen Personen ist das Verhalten der Vertretungsorgane maßgebend, ebenso das des Vertreters bei gesetzlicher Vertretung. Liegt eigenes Verschulden des Mieters nicht vor, so wird die Monatsfrist um zwei Wochen über den Zeitpunkt hinaus verlängert, zu dem das Hindernis der Fristwahrung beseitigt ist. Für diese Fristerstreckung ist jedoch im Interesse des Vermieters eine absolute Grenze gesetzt. Abs. 2 legt fest, daß die Widerspruchsfrist nach Ablauf von sieben Monaten seit Zugehen der Vermietererklärung (§ 13 Abs. 2) unter allen Umständen als versäumt gilt und damit der Anspruch des Mieters auf Widerruf der Kündigung endgültig erloschen ist.
§ 15 (1) Macht der Vermieter auf Grund einer Kündigung Ansprüche, insbesondere den Anspruch auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes, geltend, so kann der Mieter die ihm obliegende Leistung verweigern, wenn er den Widerruf der Kündigung verlangen kann. (2) Widerruft der Vermieter die Kündigung oder wird er rechtskräftig zum Widerruf verurteilt oder wird die Klage auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes auf Grund der Einrede nach Absatz 1 rechtskräftig abgewiesen, so gilt die Kündigung als nicht erfolgt. 89
A n m . 6 0 , 61
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
(3) Hat der Mieter in eine angemessene Mieterhöhung eingewilligt, so tritt in den Fällen des Absatzes 2 an die Stelle der bisherigen Miete die erhöhte Miete. 60
Die Geltendmachung des Anspruchs des Mieters auf Widerruf der Kündigung — auch der in der Zeit nach dem 30. November 1951 erklärten, A 81, 84 — erfolgt gegenüber dem Vermieter 1. durch formloses Verlangen, die Kündigung zu widerrufen. Eine Form ist im Gesetze nicht vorgesehen. Es wird sich aber die Schriftform schon deshalb empfehlen, weil das Verlangen des Mieters auf einen der Rechtstatbestände der §§ 8, 11 und 12 hinweisen und die sie begründenden Tatsachen angeben muß, andernfalls der Vermieter sich nicht über den Widerruf schlüssig machen kann; oder 2. durch Erhebung der Klage oder Widerklage (A 66) mit dem Antrag, den Vermieter zum Widerruf der Kündigung zu verurteilen; oder 3. durch die Einrede der Leistungsverweigerung - dazu RoquetteNJW 1954, 169-auf Grund des Abs. 1 im Verfahren über Ansprüche des Vermieters „auf Grund einer Kündigung", insbes. imRaumherausgabeverfahren (§ 556 Abs. 1 BGB), das auch mit Schadensersatzansprüchen des Vermieters gemäß § 557 B G B verbunden sein kann. In diesem Verfahren kann auch ein Versäumnisurteil ergehen, Weitnauer MDR 1952, 452. An Stelle der einredeweisen Geltendmachung kann der Mieter gemäß § 16 Abs.3 die Widerklage (A 66) erheben. Zur Rechtsnatur der Widerrufsklage vgl. Schoan DWW 1952, 178; zur Kostenfolge Becker u. Rolrecht ZMR 1954, 139.
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Die Rechtsfolge des Widerrufs der Kündigung, deren Zulässigkeit vom Gesetz vorausgesetzt ist, ist eine doppelte: 1. Der W i d e r r u f b e s e i t i g t die K ü n d i g u n g s e r k l ä r u n g und zugleich mit ihr die an die Kündigung geknüpfte Rechtsgestaltung der Auflösung des Miet(Pacht)verhältnisses und zwar rückwirkend zu dem Zeitpunkt der Kündigungserklärung. Diese Gestaltungswirkung ist nur möglich mit Hilfe einer rechtlichen Fiktion: die K ü n d i g u n g gilt als n i c h t e r f o l g t (Abs. 2). Diese Rechtsgestaltung tritt ein, gleichgültig, ob die Kündigung durch die Erklärung des Vermieters selbst widerrufen wird, oder ob bei gerichtlicher Geltendmachung des Anspruchs der Vermieter zum Widerruf verurteilt wird. In letzterem Fall gilt die Erklärung mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils als abgegeben, § 894 ZPO. Das Widerrufsurteil dürfte mit Schoan DWW 1952, 179 als unechtes Leistungsurteil — nicht zugleich auch als Gestaltungsurteil, wie Grein ZMR 1954, 152 meint — anzusehen sein. Die Rechtsfolge, daß die Kündigung als nicht erfolgt gilt, tritt aber zufolge der positiven Vorschrift des Abs. 2 — daxin liegt dessen besondere Bedeutung— auch dann ein, wenn die auf Raumherausgabe gerichtete Klage des Vermieters infolge der Einrede des Mieters rechtskräftig abgewiesen worden ist. Die Rechtskraftwirkung des Urteils erhält damit eine Ergänzung, die aus dem Streitverfahren über die Raumherausgabe nicht zu folgern ist. Weil aber hier der Einrede nach Abs. 1, auf die in Abs. 2 ausdrücklich Bezug genommen ist.
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A n m . 62, 63 eine außerordentliche, alle prozessualen Grundsätze sprengende Wirksamkeit verliehen ist, dürfen über den Wortlaut des Abs. 2 —der nur vom Raumherausgabeverfahren spricht — hinaus die Vorschrift auch dann anzuwenden sein, wenn der Vermieter lediglich Schadensersatzansprüche nach § 557 B G B geltend gemacht und der Mieter die Einrede, die ihm Abs. 1 auch für dieses Verfahren zugesteht (A 60), erhoben hat; a. M. Roquette 3 zu § 15, der für diesen Fall die Erhebung der Widerklage auf Widerruf der Kündigung empfiehlt. 62
2. Gilt die Kündigung gemäß Abs. 2 als nicht erfolgt, so folgt daraus a) soweit die Kündigung noch nicht wirksam geworden war, weil der Kündigungstermin noch nicht eingetreten ist: die F o r t s e t z u n g des M i e t v e r h ä l t n i s s e s . Diese Rechts Wirkung tritt automatisch ein; es bedarf also keiner Vertragserklärung, vor allem aber keines neuen Vertragsabschlusses. Ein solcher würde im Gegenteil eine völlig neue Rechtslage schaffen, da seit dem 1. Dezember 1951 neu begründete Miet(Pacht)verhältnisse außerhalb des Mieterschutzes stehen und auf sie die Vorschriften des Abschnittes I I I keine Anwendung finden. b) Ist die Kündigungsfrist abgelaufen, ehe der Widerruf nach Abs. 2 wirksam geworden ist, dann ist das M i e t v e r h ä l t n i s a u f g e l ö s t . Diese Rechtslage tritt vor allem dann ein, wenn das Widerrufs- oder Einredeverfahren sich länger hinzieht; sie kann aber auch dann gegeben sein, wenn der Vermieter nach dem Zeitpunkt widerruft, zu dem die Beendigung des Mietverhältnisses eingetreten ist. Es besteht alsdann ein vertragloser Zustand, für den zunächst § 568 B G B gilt. Mit der Wirksamkeit der Widerrufserklärung wird kraft der Fiktion die Rechtslage wiederhergestellt, die vorher bestand; der vertraglose Zustand wird beseitigt. Das M i e t v e r h ä l t n i s gilt hier als f o r t g e s e t z t . c) daß die Räume nicht als frei im Sinne der Wohnraumbewirtschaftung gelten. Dies gilt auch für die Fälle desAblaufes der Kündigungsfrist (oben b), so daß es sich für die Wohnungsbehörde empfiehlt, mit Zuteilungsmaßnahmen (§ 12 WBewG) bis zur Beendigung des anhängigen Widerrufsverfahrens zuzuwarten.
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Die Fortsetzung des Mietverhältnisses (A 62) erfährt durch Abs. 3 eine gesetzliche Änderung des Vertragsinhaltes hinsichtlich des Miet(Pacht)zinses, sofern der Vermieter im Rahmen des Kündigungswiderrufsverfahrens (A 45, 46, 54, 56) oder des Verfahrens nach Abs. 1 eine Erhöhung des Mietzinses verlangt hat. Wenn der Mieter, wie ihm durch die Regelung des § 9 Abs. 1 Ziff. 4 bereits nahegelegt ist, sich zur Zahlung der angemessenen Miete spätestens bis zum Schlüsse der letzten mündlichen Verhandlung vor der Urteilsverkündung bereit erklärt hat, so tritt mit der Rechtskraft des Urteils gemäß Abs. 2 die erhöhte angemessene Miete an die S t e l l e des bisher vereinbarten niedrigeren Mietzinses. Die Höhe des nunmehr geltenden Mietzinses ist im Urteil festzustellen, § 17. Der Anspruch auf die Zahlung der höheren Miete beruht zwar auch bei den erwähnten gerichtlichen Verfahren ebenso wie bei dem freiwilligen Widerruf der Kündigung durch den Vermieter nach Einwilligung des Mieters in die geforderte Mieterhöhung auf der Vereinbarung der Beteiligten. Durch Abs. 3 wird n e b e n dieser Rechtsfolge noch ausdrücklich die gesetzliche Regelung dahin getroffen, daß die a n g e m e s s e n e Miete als V e r t r a g s -
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Anm. 64
E r l ä u t e r u n g e n zum G e s c h ä f t s r a u m m i e t e n g e s e t z
m i e t e k r a f t G e s e t z e s gilt. Hat der Vermieter, was zulässig, eine höhere Miete verlangt, so gilt diese innerhalb des Widerrufs- und des Anspruchsverfahrens nach Abs. 1 jedoch nur in Höhe der angemessenen Miete. §
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(1) Über den Anspruch des Mieters auf Widerruf der Kündigung wird, sofern ihn der Mieter durch Einrede gemäß § 15 Abs. 1 geltend macht, in dem Verfahren entschieden, in dem der Vermieter Ansprüche auf Grund der Kündigung geltend macht. Das Recht des Mieters, den Anspruch auf Widerruf im Wege der Klage geltend zu machen, bleibt unberührt. (2) Für die Klage auf Widerruf der Kündigung ist ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk sich der Mietgegenstand befindet. (8) Ist eine Klage auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes anhängig, so kann der Anspruch auf Widerruf der Kündigung, falls er nicht durch Einrede nach § 15 Abs. 1 geltend gemacht wird, nur im Wege der Widerklage geltend gemacht werden; ist eine Klage auf Widerruf der Kündigung anhängig, so kann der Anspruch auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes nur im Wege der Widerklage geltend gemacht werden. Klage und Widerklage betreffen in diesen Fällen denselben Streitgegenstand im Sinne des § 13 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes. (4) Für die Wertberechnung bei einer Klage auf Widerruf der Kündigung gilt § 10 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskosten gesetzes. (5) Für die Vertretung der Parteien gilt bei der Klage auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes oder auf Widerruf der Kündigung § 12 des Mieterschutzgesetzes entsprechend. 64
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Von den möglichen Wegen, auf denen der Mieter seinen Anspruch auf Widerruf der Kündigung geltend machen kann (A 60), nennt Abs. 1 die einredeweise Geltendmachung im Verfahren über Raumherausgabe und (oder) Schadensersatzansprüche sowie die Erhebung der Klage auf Verurteilung des Vermieters zum Widerruf der Kündigung. Daß mit der E n t s c h e i d u n g über d e n A n s p r u c h d e s V e r m i e t e r s „auf Grund der Kündigung" (A 60) zugleich auch über die Einrede, durch die über das Leistungsverweigerungsrecht des § 15 Abs. 1 der Anspruch auf Widerruf der Kündigung vom Mieter geltend gemacht werden kann, entschieden werden kann und muß, ergibt sich bereits aus der für die Abweisung der Vermieterklage in § 15 Abs. 2 getroffenen Regelung (A 61), daß die Kündigung als nicht erfolgt gilt. Wird die Einrede des Mieters — Beweislast AG Weilheim M D R 1953, 100 — für unbegründet erklärt, der Räumungsklage (Schadensersatzklage) des Vermieters also stattgegeben, so verbleibt es nach Rechtskraft des Urteils bei der Wirksamkeit der Kündigung und der Anspruch des Mieters auf Widerruf erlischt, ohne Erfüllung gefunden zu haben; der Mieter muß räumen (A 57).
Anm. 65,66 Der Versuch, im Wege der Vollstreckungsgegenklage die Aberkennung des Anspruchs auf Widerruf der Kündigung anzugreifen, scheitert daran, daß nach § 767 Abs. 2 ZPO nur Gründe geltend gemacht werden können, die erst nach dem Schlüsse der letzten mündlichen Verhandlung entstanden sind. Die Tatbestandsmerkmale der § § 8 , 1 1 , 1 2 dieses Gesetzes liegen aber alle vor diesem Zeitpunkt. Mit der Rechtskraft des Urteils, das die Einrede gemäß § 15 Abs. 1, § 16 Abs. 1 Satz 1 für unbegründet erklärt, hat daher der Mieter seinen Anspruch auf Widerruf der Kündigung endgültig verloren. Eine Ausnahme ergibt sich nur für die Übergangszeit aus der Regelung des § 26, A 86. Mit dem Verlust des Anspruchs durch das Urteil ist auch die sonst (A 60) wahlweise mögliche Erhebung einer Klage mit dem Antrag auf Verurteilung des Vermieters zum Widerruf unmöglich geworden. Diese Schlußfolgerung kann auch nicht durch den Hinweis auf Abs. 1 Satz 2 erschüttert werden, da hier nur die Möglichkeit der selbständigen Klageerhebung neben der einredeweisen Geltendmachung betont werden sollte, ebenso Roquette 2 zu § 16. 65
Die sachliche Z u s t ä n d i g k e i t d e s A m t s g e r i c h t s für Klagen auf Widerruf der Kündigung durch den Vermieter ist wie für Mietstreitigkeiten gemäß § 23 Ziff. 2 GVG ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes begründet. Die Zuständigkeit ist hier wie dort keine ausschließliche, so daß die Parteien auch die Zuständigkeit des Landgerichts vereinbaren können. Örtlich zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich der Mietgegenstand befindet. Auch diese Zuständigkeit ist keine auschließliche. Die Parteien können auch eine andere Zuständigkeit vereinbaren. Die Zuständigkeit gilt nicht für Pachtsachen; diese Vorschrift ist die einzige Bestimmung des Übergangsrechtes des Abschnittes I I I , die nicht auf Pachtverhältnisse entsprechend anzuwenden ist, § 21 Abs. 1.
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Macht der Mieter den Anspruch auf Widerruf der Kündigung in einem anhängigen Räumungsverfahren aus § 556 Abs. 1 B G B — trotz des entgegenstehenden mit § 15 Abs. 2 übereinstimmenden Wortlautes (A 61) wird man das Verfahren über den Schadensersatzanspruch aus § 557 B G B einbeziehen dürfen, a.M. Roquette S. 267 —statt durch Einrede durch Klage geltend, so kann er dies nach Abs. 3 nur im Wege d e r W i d e r k l a g e tun. Voraussetzung ist, daß die Raumherausgabe-(Schadensersatz)klage durch Zustellung der Klage (nicht schon durch Einreichung bei Gericht) rechtshängig geworden ist. Der Zwang zur Erhebung der Widerklage hat zur Folge, daß die Erhebung der selbständigen Klage, die an sich nach Abs. 1 Satz 2 dem Mieter gestattet ist, prozessual unzulässig ist. Die sich hieraus ergebende Unzuständigkeit des Gerichts ist von Amts wegen zu beachten. Die Abhängigkeit von Widerrufs- und Räumungsklage (Schadensersatzklage) ist auch in dem Fall gegeben, daß der Vermieter, wenn die Widerrufsklage anhängig ist, gezwungen ist, die Räumungs(Schadensersatz)klage im Wege der Widerklage zu erheben. Die prozessuale Unzulässigkeit der selbständigen Klageerhebung kann in den Fällen, in denen das gleiche Gericht angerufen ist, durch eine Verbindung der Klagen überwunden werden; vgl. dazu Roquette a.a.O. S. 267. Klage und Widerklage werden kostenrechtlich als denselben Streitgegenstand betreffend behandelt, Abs. 3 Satz 2.
93
Anm.67—69 67
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Die W e r t b e r e c h n u n g bei Widerrufsklagen erfolgt in gleicher Weise wie bei Räumungsprozessen grundsätzlich nach dem Jahresbetrag der Miete (des Pachtzinses). § 10 Abs. 1 Satz 2 hat durch Art. 7 Ziff. 3 des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiete des Kostenrechts vom 7. August 1952 (BGBl I 481) folgende Fassung erhalten: „Geht der Anspruch auf Räumung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils, so ist ohne Rücksicht darauf, ob über das Bestehen des Miet- oder Pachtverhältnisses Streit besteht, der für die Dauer eines Jahres zu entrichtende Zins maßgebend, sofern sich nicht nach der Vorschrift des Satzes 1 ein geringerer Streitwert ergibt."
68
Die Partei, die einer Vereinigung angehört, kann sich inRäumungs(Schadensersatz)prozessen von Beauftragten einer anerkannten Vereinigung der Hausbesitzer oder Mieter oder eines ihr angeschlossenen Verbandes oder Vereines v e r t r e t e n lassen. Gebühren und Auslagen einer Mieter- oder Vermietervereinigung sind entsprechend § 91 Abs. 2 ZPO den Beauftragten wie den Rechtsbeiständen zu erstatten, LG Bochum WM 1954, 105; LG Göttingen ZMR 1956, 136: AG Dortmund: WM 1956, 25; AG Wuppertal: Glaser Nr. 76/11/ 1956 m. w. Nachweisen; LG Dortmund: DWW 1955, 116 — Glaser Nr. 21/11/ 1956 m. zahlreichen Nachweisen. Die entsprechende Anwendung des § 12 MSchG gilt nur für das Verfahren vor dem Amtsgericht. Für das Verfahren vor dem Landgericht — bei vereinbarter Zuständigkeit oder in der Berufungsinstanz — verbleibt es bei dem Anwaltszwang.
§ 17 (1) Hat der Mieter in eine angemessene Mieterhöhung eingewilligt, so ist auf Antrag des Vermieters oder des Mieters in dem Urteil, durch das der Vermieter zum Widerruf der Kündigung verurteilt oder durch das die Klage auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes auf Grund der Einrede nach§ 15 Abs. 1 abgewiesen wird, die geschuldete Miete festzustellen. (2) Ist die geschuldete Miete nach Absatz 1 in dem Urteil festgestellt, so kann im Falle einer neuen Kündigung des Vermieters eine abweichende Miete nur festgestellt werden, wenn sich die Verhältnisse wesentlich geändert haben. 69
Die Einwilligung des Mieters (Pächters) in die vom Vermieter angestrebte Mietzinserhöhung auf die angemessene Miete (A 45, 63), hat gemäß § 15 Abs. 3 die Verdrängung der Vertragsmiete durch die angemessene Miete zur Folge. § 17 ermöglicht auf Antrag eines Vertragsteiles die F e s t s t e l l u n g dieses Betrages der nunmehr geschuldeten a n g e m e s s e n e n M i e t e in dem Urteil, durch das 1. der Vermieter auf die Widerrufsklage zum Widerruf der Kündigung verurteilt wird oder 2. im Räumungs(Schadensersatz)verfahren auf Grund der Einrede (A 61) des Mieters die Klage des Vermieters abgewiesen wird.
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Anm. 70 Die Feststellung des Betrages, die auch bei übereinstimmender Auffassung der Parteien möglich und zulässig ist, muß im Urteil auf Antrag einer Partei erfolgen. Notwendig ist nur die Angabe des ziffernmäßigen Betrages in den Urteilsgründen, a. M. Schoan DWW 1952, 180. Die Aufnahme des Betrages in den Urteilstenor ist jedoch zulässig; Teil-Anerkenntnisurteil und Teil-Versäumnisurteil ist möglich. Meeske N J W 1952, 849 unterscheidet in der Weise, daß bei Feststellung der Miethöhe lediglich in den Urteilsgründen jederzeit eine andere Feststellung erfolgen könne. Wird der Antrag auf diese Nebenentscheidung übergangen, so dürfte jede Partei die nachträgliche Ergänzung des Urteils in entsprechender Anwendung des § 321 ZPO innerhalb Wochenfrist nach Zustellung des Urteils beantragen können. Unterbleibt die Mietfestsetzung, so entsteht hieraus für den Vermieter kein Rechtsnachteil, wenn der Mieter sich mit der angemessenen Miete einverstanden erklärt hat; dieses Einverständnis, das die Grundlage des Urteils bildet, kann vom Mieter nicht widerrufen werden, Schoan DWW 1952, 180. Da die ziffernmäßige Feststellung des Mietbetrages nur die Aufgabe hat, die Höhe der auf Grund des § 15 Abs. 3 zu zahlenden Miete zu ermitteln, wird durch die Aufnahme des Betrages (einschließlich des Zeitpunktes, von dem ab die Miete zu zahlen ist) auch in den Urteilstenor k e i n e L e i s t u n g s p f l i c h t für den Mieter begründet. Das Urteil ist also nicht ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel. Die Feststellung kann aber gemäß § 19 Satz 2 selbständig angefochten werden. Der Antrag auf Feststellung muß spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Erlaß des Urteils gestellt werden. Er kann auch noch in der Berufungsverhandlung nachgeholt werden. Die Feststellung des Betrages der vom Vermieter verlangten höchstzulässigen Miete in dem Widerrufs- bzw. Räumungsverfahren hat aber gemäß Abs. 2 die Bindung des Vermieters in dem Sinne zur Folge, daß er im Wege einer n e u e r l i c h e n K ü n d i g u n g , die ihm gemäß Gesetz oder Vertrag weiterhin für den nächsten Kündigungstermin offen steht, eine höhere Miete nur dann feststellen lassen kann, wenn sich die V e r h ä l t n i s s e w e s e n t l i c h geä n d e r t haben. Diese wesentliche Veränderung bezieht sich auf die Angemessenheit der Miete, die nach § 9 Abs. 2 bei der ortsüblichen Miete von der Preisbildung für Räume und Grundstücke gleicher Art und Lage oder im Falle des § 9 Abs. 3 von der Wirtschaftlichkeitsberechnung nach Maßgabe der zu erlassenden Rechtsverordnung (A 46) abhängig ist. Nur soweit die hiernach maßgebenden Berechnungsgrundlagen eine wesentliche Änderung der Miethöhe zur Folge haben, darf der Vermieter im neuen Widerrufs- oder Herausgabeverfahren die neuerliche Feststellung der (höheren) geschuldeten Miete überhaupt beantragen. Für den Mieter ergeben sich aus der Regelung des Abs. 2 keinerlei Rechtsfolgen. Da er bereits im ersten Verfahren sich zur Zahlung der angemessenen Miete, deren Betrag im Urteil festgestellt ist, bereit erklärt hat, kann der Vermieter sich nicht auf § 9 Abs. 1 Ziff. 4 berufen. Der Mieter kann sich darauf beschränken, die Voraussetzungen dafür zu bestreiten, daß seit der Feststellung des Urteils im früheren Verfahren eine wesentliche Änderung eingetreten ist.
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A n m . 71, 72
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz §
18
(1) Hat der Mieter einen im Sinne des§ 11 Abs. 1 und 2 erheblichen Beitrag zur Schaffung oder Instandsetzung der Räume geleistet, so kann auf Antrag des Mieters in dem Urteil, durch das der Vermieter zum Widerruf der Kündigung verurteilt oder durch das die Klage auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes auf Grund der Einrede nach § 15 Abs. 1 abgewiesen wird, ein Zeitpunkt bestimmt werden, für den eine Kündigung des Vermieters frühestens zulässig ist. (2) Der Zeitpunkt ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Höhe des Beitrags, der Billigkeit entsprechend zu bestimmen. (3) Durch eine Bestimmung nach den Absätzen 1 und 2 wird das Recht des Vermieters zur Kündigung ohne Einhaltung der Kündigungsfrist nicht berührt. 71
In dem Urteil, durch das der Vermieter zum Widerruf der Kündigung verurteilt ist oder durch das die Raumherausgabe(Schadensersatz)klage des Vermieters auf Grund der Einrede nach § 15 Abs. 1 abgewiesen wird, kann zugunsten des Mieters der Zeitpunkt festgestellt werden, zu dem der V e r m i e t e r f r ü h e s t e n s das Miet(Pacht)Verhältnis w i e d e r k ü n d i g e n kann. Voraussetzung ist, daß 1. der Mieter (Pächter) zur Schaffung oder Instandsetzung der gemieteten Räume einen erheblichen Beitrag geleistet hat (A 52, 53); der Anspruch auf Widerruf der Kündigung muß auf § 11 gestützt sein; ob daneben noch eine der anderen Tatbestandsgründe (§§ 8, 12) geltend gemacht worden sind, ist unerheblich; 2. der Mieter im Widerrufsverfahren bzw. im Räumungs(Schadenersatz) v erfahren denAntrag auf Feststellung des Kündigungstermins gestellt hat Durch eine nach Abs. 1 getroffene Feststellung des frühest möglichen Kündigungstermins wird das Recht des Vermieters (Verpächters) zur fristlosen Kündigung (A 42) nicht berührt (Abs. 3); nur die Ausübung der ordentlichen Kündigungsbefugnis wird eingeschränkt.
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Die Entscheidung des Gerichts ist — anders als bei der Feststellung der Höhe der angemessenen Miete gemäß § 17 (A 70) — eine den Inhalt des Vertrages unmittelbar berührende Entscheidung; sie ändert die Bestimmungen des Vertrages über die Dauer des Miet(Pacht)verhältnisses zugunsten des Mieters. Ob das Gericht dem Antrag stattgeben will, steht — gleichfalls im Gegensatz zu der Regelung in § 17 (A 69) — im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Der Sinn der Regelung ist, dem Mieter, der zur Schaffung oder Instandsetzung einen erheblichen Beitrag geleistet hat, eine dieser finanziellen Beteiligung entsprechende Mietdauer zu sichern. Abs. 2 gibt hierfür lediglich die Weisung, den Zeitpunkt „unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Höhe des Beitrages, der Billigkeit entsprechend zu bestimmen." Nicht nur die Höhe des Beitrages, sondern auch die Art der Leistung, ob Darlehen, Zuschuß oder sonstige Beteiligung, ist zu berücksichtigen.
§§ 1 9 — 2 0 §
A n m . 7 3 , 74
19
Gegen das Urteil, durch das über den Anspruch auf Widerruf der Kündigung oder über den Anspruch auf Räumung oder Zurückgabe des Mietgegenstandes entschieden wird, findet die Berufung ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes statt. Das Urteil kann auch nur bezüglich der Feststellung der von dem Mieter geschuldeten Miete oder bezüglich der Bestimmung des Zeitpunktes, für den die Kündigung des Vermieters frühestens zulässig ist, selbständig angefochten werden. 73
Gegen das Urteil, das auf die Klage des Mieters (Pächters) auf Verurteilung des Vermieters (Verpächters) zum Widerruf der Kündigung ergeht, findet ebenso wie gegen das Urteil, das im Räumungs(Schadensersatz)verfahren (A 61) im Zusammenhang mit der vom Mieter (Pächter) erhobenen Einrede gemäß § 15 Abs. 1 (A 64) erlassen ist, ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes die B e r u f u n g statt. Die Nebenentscheidung des Urteils über die Feststellung der angemessenen Miete (A 69) ist ebenso wie die Bestimmung des Zeitpunktes des frühestens zulässigen Kündigungstermins (A 72) selbständig mit der Berufung anfechtbar.
§ 20 Läuft die Zeit, für die ein Mietverhältnis der in § 8 Abs. 1 bezeichneten Art eingegangen ist, nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ab, so gilt das Mietverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern nicht der Vermieter oder der Mieter es unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist (§ 6) auf den Zeitpunkt des Ablaufs kündigt. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist unwirksam, wenn sie vor dem 1. Januar 1955 getroffen ist und wenn die Zeit, für die das Mietverhältnis eingegangen ist, vor dem 1. Januar 1956 abläuft. 74
Miet(Pacht)verhältnisse, die auf bestimmte Dauer eingegangen sind, endigen mit dem Ablauf der vereinbarten Dauer. Diese dem Vertragswillen entsprechende Rechtsfolge ist für den Geltungsbereich des Mieterschutzgesetzes durch § 1 Abs. 2 MSchG aufgehoben worden, insofern das Miet(Pacht)verhältnis mit dem Ablauf der Miet(Pacht)zeit sich in ein Rechtsverhältnis von unbestimmter Dauer verwandelt hat. Diese Rechtslage wird bei zahlreichen Geschäftsraummietverhältnissen eingetreten sein, die gemäß § 5 Abs. 1 und 2 vom Mieterschutz freigestellt sind. Soweit es sich um Rechtsverhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke handelt, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, wird zufolge der Weisung des Satzes 1 — die jede vor dem Inkrafttreten des Gesetzes getroffene entgegenstehendeVereinbarung außer Kraft setzt, Satz 2 — das Rechtsverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert angesehen und demgemäß dem Widerrufsverfahren des Abschnittes I I I 7 K i e f e r s a u e r - G l a s e r , Geschäftsraummiete, 2. Aufl.
97
A n m . 75
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
unterworfen. Durch § 20 soll die Möglichkeit eines Kündigungswiderrufs auch bei Mietverhältnissen auf bestimmte Zeit geschaffen werden, Wormit D W W 1952, 177. Diese Rechtsbehandlung tritt nur dann nicht ein, wenn der Mieter (Pächter) oder der Vermieter (Verpächter) auf den vertraglichen Endzeitpunkt unter Einhaltung der gesetzlichen Dreimonatsfrist (A 26) „kündigt", d. h. den Willen zur Beendigung durch einseitige, festgebundene Willenserklärung nochmals zum Ausdruck bringt. Für den .Mieter dagegen besteht wohl kaum ein Anlaß zur Abgabe der Erklärung und es ist andererseits mit Roquette a.a.O. S. 274 nicht recht verständlich, warum das Gesetz auch gegen seinen Willen eine Verlängerung des Mietverhältnisses eintreten läßt, wenn er nicht „kündigt". Daß der Vermieter an der Abgabe dieser Erklärung ein begründetes Interesse hat, dürfte nicht bezweifelt werden; denn er will durch die „Kündigung" die Beendigung des Mietverhältnisses zu dem vereinbarten Zeitpunkt sicherstellen und damit dem Mieter den Anspruch auf Widerruf der Kündigung, der ihm bei Umwandlung des Mietverhältnisses in ein solches auf unbestimmte Zeit zusteht, vorenthalten. Bleibt es infolge der „Kündigung" bei der Vereinbarung der Miete auf bestimmte Zeit, so ist für eine echte Kündigung des Vermieters und damit für ein Kündigungswiderrufsverfahren nach § 8 kein Raum; dies übersieht AG/LG Bremen N J W 1954, 1610. Der Zwang zur Einhaltung der Dreimonatsfrist hat zur Folge, daß bei allen Mietverhältnissen, deren vertragsmäßiges Ende in die ersten drei Monate nach dem Inkrafttreten des Gesetzes (27. Juni 1952) fällt, die „Kündigung" nicht mehr möglich ist. Diese Mietverhältnisse gelten also als auf unbestimmte Zeit verlängert. Mietverhältnisse, bei denen nach Ablauf der Mietzeit der Gebrauch der Mietsache durch den Mieter fortgesetzt ist, gelten gemäß § 568 B G B als Mietverhältnisse auf unbestimmte Zeit, fallen also nicht unter § 20; die maßgebenden Kündigungsfristen bemessen sich hier nach der Regel des § 565 B G B . 75
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Entgegenstehende Vereinbarungen waren bis zur Änderung des Satzes 2 durch Art I des Gesetzes vom 26. Dezember 1954 ( B G B l I 503) nur insoweit ungültig, als sie v o r dem Inkrafttreten des Gesetzes getroffen worden waren. I m übrigen waren die Vertragsteile nicht gehindert, die Rechtsfolge dieser Vorschrift durch Vertrag auszuschließen und damit auf den Schutz des Mieters durch die Bestimmungen des Abschnittes I I I zu verzichten. Eine dem § 49 MSchG entsprechende Vorschrift besteht nicht. Die Neufassung des § 20 Satz 2 stellt im übrigen klar, daß es sich um eine v o r dem 1. Januar 1955 getroffene Regelung handeln muß und daß die der gesetzlichen Regelung des Satzes 1 entgegenstehende Vereinbarung für ein Mietverhältnis eingegangen ist, dessen Gültigkeit vor dem 1. Januar 1956 abläuft. Ohne den in der Neufassung des § 20 Satz 2 liegenden E i n g r i f f in b e s t e h e n d e V e r e i n b a r u n g e n (einschließlich der Vergleiche), die nach dem Inkrafttreten des GRMG abgeschlossen worden sind, wäre die Anwendung der Kündigungsschutzvorschriften trotz der Verlängerung des Kündigungsschutzes nicht möglich. Die Vorschrift gilt auch für inhaltsgleiche Vereinbarungen, die bereits v o r dem Inkrafttreten des GRMG getroffen worden waren, sofern nur der vorgesehene Endtermin im Laufe des Jahres 1955 eintritt, Weitnauer M D R 1955, 8. Ist das Miet(Pacht) Verhältnis bereits vor dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes (gemäß Art. I V dem 29. Dezember 1954) abgelaufen und der
Anm. 76 Miet(Pacht)gegenstand geräumt worden, so gilt die neue Fassung des § 20 Satz 2 nicht; es verbleibt vielmehr, wie Art. II Abs. 1 des Änderungsgesetzes vom 26. Dezember 1954 (BGBl I 583) ausdrücklich bestimmt, bei der Beendigung des Miet(Pacht)verhältnisses. Die Abwicklung des Rechtsgeschäftes ist insoweit eine endgültige.
§ 21 (1) Die Vorschriften der §§ 8 bis 20 mit Ausnahme des § 16 Abs. 2 gelten entsprechend für Pachtverhältnisse über Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind. Für die Klage auf Widerruf der Kündigung ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich der Pachtgegenstand befindet. (2) Bilden ein Geschäftsbetrieb oder Unternehmen und die zu diesen gehörenden Räume oder Grundstücke den Gegenstand eines einheitlichen Pachtverhältnisses, so ist der Anspruch auf Widerruf der Kündigung ausgeschlossen, es sei denn, daß der Nutzungswert der Räume oder Grundstücke den Nutzungswert der sonst überlassenen Sachen und Rechte erheblich übersteigt. 76
Die entsprechende Anwendung der zunächst für Mietverhältnisse geltenden Vorschriften des Abschnittes III — auch § 22 gehört hierher — entspricht der Aufhebung des Mieterschutzes auch für P a c h t v e r h ä l t n i s s e in Abschnitt II (A 20). Ganz ebenso wie in den §§ 8, 11, 12 dem Mieter der Anspruch auf Widerruf der Kündigung nur bei Rechtsverhältnissen eingeräumt ist, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, steht dieses Recht auch dem Pächter nur in diesen Fällen zu. Abs. 1 Satz 1 wiederholt diese Abgrenzung des Rechtsbereiches des Abschnittes III. Für Pachtverhältnisse, die seit dem 1. Dezember 1951 neu begründet werden, entfällt die Möglichkeit, den Widerruf der Kündigung zu verlangen; der Verpächter kann auch von sich aus die Kündigung nicht widerrufen (A 30). Die entsprechende Anwendung hat dem Unterschied zwischen Miete und Pacht Rechnung zu tragen, weshalb z.B. die Anwendung des § 8 auf die Gefährdung der wirtschaftlichen Lebensgrundlage beschränkt bleiben muß (A 38), die Ermittlung des ortsüblichen Pachtzinses „nach Wegfall der Preisbindungen" auf besondere Schwierigkeiten stoßen dürfte (A 47), die Ersatzraumbeschaffung gemäß § 10 nur insoweit in Frage kommt, als ein gleichwertiges Pachtobjekt zur Verfügung stehen könnte. N i c h t a n w e n d b a r auf Pachtverhältnisse ist nur die Z u s t ä n d i g k e i t s v o r s c h r i f t des § 16 Abs. 2 (A 65), die ausdrücklich ausgeschlossen ist. Es gelten daher die allgemeinen Vorschriften über die sachliche und örtliche Zuständigkeit; für letztere bestimmt aber Abs. 1 Satz 1, daß für die Widerrufsklage des Pächters auch das Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk sich der Pachtgegenstand befindet. Für die Wertfestsetzung bei Räumungsklagen gilt § 3 ZPO, gegebenenfalls § 8 ZPO. Bei Widerrufsklagen richtet sich die Wertberechnung nach § 10 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes (A 67). Daraus kann sich eine verschiedene Zuständigkeit des Amts- bzw. Landgerichts ergeben. 7'
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A n m . 77, 78 77
E r l ä u t e r u n g e n zum G e s c h ä f t s r a u m m i e t e n g e s e t z
Das Widerrufsverfahren ist grundsätzlich ausgeschlossen bei der U n t e r n e h m e n s p a c h t , d. h. bei Pacht eines Unternehmens oder Geschäftsbetriebes im Ganzen mit den dazu gehörenden Räumen und Grundstücken. Die Vorschriften des Abschnittes I I I finden jedoch dann auch auf die Unternehmenspacht Anwendung, wenn der Nutzungswert der Räume (Grundstücke) den Nutzungswert der sonst überlassenen Sachen und Rechte erheblich übersteigt. Die Überlassung des Unternehmens darf also gegenüber der Raum(Grundstücks)überlassung nicht die Hauptleistung des Verpächters darstellen, vgl. hierzuArt.9 DVO zur NotV des R P r vom 8. Dezember 1931, Staudinger- Kiefersauer 13 zu § 581. Die Abgrenzung soll nach dem Nutzungswert erfolgen. Nur wenn der Nutzungswert der Räume (Grundstücke) erheblich über dem Nutzungswert des sonstigen Pachtgegenstandes (Inventar, Maschinen, Firmenwert) liegt, also z. B . 6 0 : 40, steht dem Pächter ein Anspruch auf Widerruf der Kündigung zu. Die Feststellung des Nutzungswertes des sonstigen Pachtgegenstandes dürfte erhebliche Schwierigkeiten bereiten.
§ 22 Auf Kündigungen, die für einen nach dem 31. März 1956 liegenden Zeitpunkt erfolgen, finden die §§ 8 bis 21 keine Anwendung. 78
100
Das Übergangsrecht des Abschnittes I I I ist insofern zeitlich begrenzt, als Kündigungen von Miet(Pacht)Verhältnissen, die vor dem 1. Dezember 1951 abgeschlossen worden sind und denen gegenüber der Mieter (Pächter) den Anspruch auf Widerruf der Kündigung gemäß §§ 8, 11, 12 geltend machen kann, nur insoweit von dieser Regelung betroffen werden, als der Kündigungszeitpunkt spätestens auf den 31. März 1956 fällt. Nach Art. I Ziffer 5 des Gesetzes zur Änderung des GRMG vom 26. Dezember 1954 (BGBl I 503) ist der ursprünglich auf Ende 1954 vorgesehene Termin des Außerkrafttretens auf den 31. D e z e m b e r 1 9 5 5 verlegt worden. Durch Art. I Nr. 2 des Änderungsgesetzes vom 25. Dezember 1955 (BGBl I, 866) ist der Termin letztmalig auf den 31. März 1956 hinausgehoben worden. Rechtsverhältnisse, die erst auf einen späteren Zeitpunkt gekündigt werden können, etwa weil das Miet(Pacht)verhältnis erst am 1. Juli 1956 vereinbarungsgemäß beendet wird, können daher, obgleich der Mieterschutz für sie seit dem 1. Juli 1952 gemäß § 5 Abs. 2 in Wegfall gekommen ist, weder gekündigt noch kann für sie im Rahmen eines Widerrufsverfahrens die Zahlung der angemessenen Miete (A 45) erzwungen werden. Der Vertrag muß ausgehalten werden. Eine freie Vereinbarung über die vorzeitige Aufhebung des Rechtsverhältnisses ist aber ebenso möglich wie über die Erhöhung des Miet(Pacht)zinses. Für das Kündigungsverfahren, das auf eine Beendigung des Mietverhältnisses nach dem 31. März 1956 abzielt, gilt § 6 in Verbindung mit den Vertragsbestimmungen. Über die Möglichkeiten der vorzeitigen Kündigung vgl. Grein ZMR 1954, 230 und Breetzke N J W 1954, 1593. Zur Frage, ob eine vom Vermieter auf einen nach dem 31. März 1956 liegenden Zeitpunkt ausgesprochene Kündigung — eine solche kann er zur Vermeidung von Auseinandersetzungen vorziehen, Schopp ZMR 1952, 171 — ihre Wirksamkeit behält, vgl. Bettermann ZMR 1953, 273; Duddeck ZMR 1954, 141; Steinberg D W W 1954, 189.
§§ 23—24
Anm.79, 80
Vierter A b s c h n i t t Schluß- und Übergangsvorschriften § 23 Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. Gleichzeitig treten außer Kraft: 1. die Vorschriften des Abschnitts V der Verordnung PR Nr 71/51 über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts vom 29. November 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 920); 2. § 2 der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz vom 27. November 1951 (Bundesgesetzbl.I Seite926) in der Fassung der Verordnung vom21. März 1952 (Bundesgesetzbl. IS. 147). 79
Da das Gesetz im Bundesgesetzblatt vom 26. Juni 1952 verkündet worden ist, ist es a m 27. Juni 1952 in Kraft getreten. Die außer Kraft gesetzten Vorschriften der beiden Novemberverordnungen sind in V 1 und 2 abgedruckt.
§ 24 (1) Die Kündigung eines Miet- oder Pachtverhältnisses der in § 5 Abs. 2 bezeichneten Art ist bereits in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten dieses Gesetzes und dem 1. Juli 1952 zulässig ¡jedoch kann die Räumung oder Zurückgabe der Räume oder Grundstücke frühestens zum 1. Juli 1952 verlangt werden. (2) Hat der Vermieter oder Verpächter nach dem 30. November 1951 und vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gekündigt, so kann er die Räumung oder Zurückgabe der Räume oder Grundstücke frühestens zum 1. Juli 1952 verlangen. (3) Aus einem Urteil, durch das ein Mieter oder Pächter vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes auf Grund des § 2 der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz in Verbindung mit § 52 b des Mieter Schutzgesetzes zur Räumung oder Zurückgabe der Räume oder Grundstücke verurteilt worden ist, ist dieZwangsvollstreckung nicht vor dem 1. Juli 1952 zulässig; der Vollstrekkungsschuldner kann die Unzulässigkeitgemäß § 766 der Zivilprozeßordnung geltend machen. 80
Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräume (im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 und § 5 Abs. 3) und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke, die v o r d e m 1. Dezember 1951 begründet worden sind, können zum 1. Juli 1952
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A n m . 81—83
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
gekündigt werden. Dieser Rechtssatz ergibt sich bereits aus § 5 Abs. 2. Dem gemäß kann, wenn es die vereinbarte oder gesetzliche Kündigungsmöglichkeit — nur die fristlose Kündigung kommt hier in Betracht — zuläßt, die Kündigung auch in der Zwischenzeit zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes, d. i. dem 27. Juni und dem 1. Juli 1952, ausgesprochen werden. Nach dem Vorbild des § 52 b MSchG bestimmt Absatz 2, daß die Raum(Grundstücks)herausgabe frühestens zum 1. Juli 1952 verlangt werden kann. Dazu genügt auch eine Kündigung, die vor diesem Zeitpunkt abgelaufen ist, Schopp ZMR 1952, 171. 81
Die auf Grund des § 53 Satz 2 MSchG ergangene MSchAusnVO hatte in § 2 (V 2) Miet-(Pacht)verhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke zunächst mit Wirkung vom 1. April 1952, später auf Grund der ÄnderungsVO vom 21. März 1952 mit Wirkung vom 1. Juli 1952 vom Mieterschutz freigestellt. Gemäß der im Zuge der „stellvertretend" für die Länder erlassenen Lockerungsverordnung (Kiefersauer N J W 1952, 245) mußte für die hiernach nach der Bekanntgabe der Verordnung zulässige Kündigung die vierteljährige Kündigungsfrist des § 565 Abs. 1 Satz 1 BGB gemäß § 52 b MSchG auch dann eingehalten werden, wenn kürzere Kündigungsfristen vereinbart oder gesetzlich zulässig waren. Die Ordnungsmäßigkeit der nach Bekanntgabe der AusnahmeVO am 30. November 1951 erfolgten Kündigung vorausgesetzt, bestätigt Abs. 2 die damalige Rechtslage — daß Kündigungen nach dem 30. November 1951 volle Wirksamkeit haben — mit der Wiederholung der Norm des § 52b MSchG, daß die Herausgabe der Räume (Grundstücke) frühestens zum 1. Juli 1952 —• dem Tag der Freigabe, § 2 Abs. 2 — verlangt werden kann. Wegen der Zulässigkeit der Geltendmachung des Anspruchs auf Widerruf auch gegenüber dieser früheren Kündigung s. A 84.
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Die Zwangsvollstreckung aus Räumungsurteilen gemäß § 2 Abs. 2 MSchAus nahmeVO in Verbindung mit § 52b MSchG ist, ohne Rücksicht auf einen nach der ursprünglichen Fassung des § 2 Abs. 2 MSchAusnahmeVO (V 2) möglichen früheren Termin, nach dem Vorbild des § 2 der ÄnderungsVO vom 21. März 1952 in Abs. 3 nur für den frühesten Termin des 1. Juli 1952 für zulässig erklärt. Damit sind alle anderen im Urteil enthaltenen Räumungstermine abgeändert. Die Nichtbeachtung der Vorschrift konnte vom Mieter im Wege der Erinnerungen nach § 766 ZPO geltend gemacht werden.
§ 25 Die §§ 8 bis 22 dieses Gesetzes finden auch Anwendung auf Kündigungen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes auf Grund des § 2 der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz in Verbindung mit § 52 b des Mieterschutzgesetzes erfolgt sind. Eine vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgegebene Erklärung des Vermieters oder Verpächters nach § 13 Abs. 2 ist unwirksam. 83 102
Die Geltendmachung des Anspruchs auf Widerruf der Kündigung ist dem Mieter auch gegenüber den vor dem Inkrafttreten des Gesetzes auf Grund der
§§ 25, 26
Anm. 85
bisherigen Rechtslage möglichen (A 81) Kündigungen des Vermieters gestattet. In welcher Form dies geschieht (A 60), ist gleichgültig. In schwebenden Verfahren nach § 15 Abs. 1 (Einrede) oder durch Erhebung der Klage oder Widerklage (A 66) kann der Anspruch noch bis zur letzten mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, geltend gemacht werden. Dies ist auch noch in der Berufungsinstanz möglich. Die Geltendmachung gegenüber dem rechtskräftigen Urteil auf Raumherausgabe (oder Schadensersatz, A 61) ist jedoch nicht zulässig, es sei denn, daß das Räumungsurteil bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes ergangen ist, A 86. Auch die selbständige Geltendmachung durch Klage ist unzulässig, A 64. Wegen der Verwendung der Vorschrift auf zwischenzeitliche Prozeßvergleiche vgl. Meeske N J W 1952, 849. 85
Die Setzung einer Frist zur Erklärung des Widerspruchs gegen die Kündigung gemäß § 13 Abs. 2 (A 58) ist, wenn sie vom Vermieter (Verpächter) vor dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgt ist, ausdrücklich in Satz 2 für unwirksam erklärt. Es ist daher dem Mieter kein Rechtsnachteil daraus entstanden, daß er innerhalb der Frist nicht Widerspruch gegen die Kündigung erhoben hat. Den Anspruch auf Widerruf der Kündigung kann er gleichwohl geltend machen (A 84).
§ 26 (1) Die §§ 8 bis 22 und 25 gelten auch dann, wenn der Mieter oder Pächter vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gemäß § 2 der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz inVerbindung mit § 52 b des Mieterschutzgesetzes rechtskräftig zur Räumung verurteilt worden ist. (2) Macht der Mieter oder Pächter den Anspruch auf Widerruf der Kündigung durch Klage geltend, so kann das Gericht auf Antrag des Mieters oder Pächters die Vollstreckung des Räumungsurteils bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Anspruch auf Widerruf der Kündigung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstellen oder Maßnahmen der Zwangsvollstreckung aufheben. Die Entscheidung über diesen Antrag kann ohne mündliche Verhandlung ergehen; sie ist durch sofortige Beschwerde anfechtbar. (8) Wird der Vermieter oder Verpächter zum Widerruf der Kündigung verurteilt, so ist in dem Urteil die Zwangsvollstrekkung aus dem Räumungsurteil für unzulässig zu erklären. Über die außergerichtlichen Kosten des Räumungsverfahrens entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen; die Gerichtskosten des RäumungsVerfahrens werden niedergeschlagen. (4) Wird die Klage auf Widerruf der Kündigung abgewiesen, so werden in dem Verfahren Gerichtsgebühren nur insoweit erhoben, als sie nicht bereits in dem Räumungsverfahren erhoben worden sind. 103
A n m . 86, 87 Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
(5) Macht im Falle des Absatzes 1 der Mieter oder Pächter den Anspruch auf Widerruf der Kündigung durch Klage geltend, so ist§74Abs.2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes nicht anzuwenden. 86
87
104
Die rechtskräftige Verurteilung des Mieters auf Grund einer nach Bekanntgabe der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz (§ 2) in Verbindung mit § 52b MSchG erfolgten Kündigung des Vermieters (A 81, 84) nimmt ausnahmsweise (A 64) dem Mieter nicht das Recht, seinen Anspruch auf Widerruf im Wege der Klage geltend zu machen. Für die Durchführung dieses Klageverfahrens gelten die Grundsätze der Abs. 2—5. Voraussetzung ist, daß die Entscheidung zugunsten des die Herausgabe des Mietraumes (Grundstücks) gemäß § 52b oder § 52c MSchG begehrenden Vermieters ergangen ist, wobei unerheblich ist, ob ein Anerkenntnis- oder ein Versäumnisurteil vorliegt. Dagegen gilt § 26 nicht, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses durch Mietaufhebungsurteil erfolgt ist, auch wenn darin gemäß § 5 Abs. 3 MSchG die Verpflichtung zur Herausgabe des Mietraumes ausgesprochen ist. Die Anwendung der Vorschriften über die Widerrufsklage begegnet nur im Falle des § 20 (A 74) gewissen Schwierigkeiten, weil die dort gesetzlich ausgesprochene Umwandlung des Rechtsverhältnisses auf bestimmte Zeit in ein solches auf unbestimmte Zeit gegenüber einem rechtskräftig durch Urteilsspruch beendigtem Miet(Pacht)verhältnis eine Korrektur des Richterspruchs in sich schließt. Denn wenn die Voraussetzungen des § 20 vorliegen, dann gilt das Miet(Pacht)verhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert und der Richterspruch, der auf Grund des Ablaufes der Vertragsdauer den Mieter zur Raumherausgabe rechtskräftig verurteilt hat, ist nachträglich unrichtig geworden. Ein solcher Eingriff des Gesetzgebers dürfte, wenn er allgemein erfolgt, für zulässig zu erachten sein; damit wird die Rechtskraftwirkung durch die Rechts, norm des § 20 beseitigt. Die Geltendmachung des Anspruchs auf Widerruf der Kündigung erfolgt, wie Roquette 1 zu § 26 zutreffend ausführt, im Wege der Vollstreckungsgegenklage des § 767 ZPO. Die Anwendung des § 25 h a t zur Folge, daß trotz Vorliegens eines rechtskräftigen Räumungsurteils der Mieter den Widerruf der Kündigung, die nach dem Inkrafttreten der Ausnahmeverordnung erfolgt ist, verlangen kann. H a t das Verlangen Erfolg (A 61), so gilt Abs. 2. Nur die Geltendmachung des Anspruchs durch K l a g e ist dem Mieter (Pächter) gestattet, weil für die Erhebung der Widerklage (A 66) ebensowenig eine Möglichkeit besteht wie für die einredeweise Geltendmachung (A 60), wenn das Räumungsurteil vor dem Inkrafttreten des Gesetzes (A 79) rechtskräftig geworden ist. In dem seltenen Fall, daß die letzte mündliche Verhandlung in der Berufungsinstanz zwar vor diesem Termin stattgefunden h a t und das Gericht den die Rechtskraft des Urteils auslösenden Verkündungstermin für einen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes liegenden Tag festgesetzt hat, wird man aber den Mieter für verpflichtet erachten müssen, das etwa zulässige Rechtsmittel einzulegen und den Anspruch auf Widerruf der Kündigung durch Erhebung der Widerklage (A 66) geltend zu machen, so mit Recht Roquette 2 zu § 26. Bei Erhebung der Widerrufsklage ist das Gericht auf Antrag des Mieters (Pächters) zur einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem rechtskräftigen Räumungsurteil befugt, bis über die Widerrufsklage entschieden ist. Da diese Vollstreckungsmaßnahme nur Recht, aber nicht Pflicht des Gerichts ist, besteht die Gefahr, daß bei Ablehnung des Antrags der Vermieter
A n m . 88—91 (Verpächter) das Räumungsurteil vollstrecken läßt. Der Mieter (Pächter) kann dann, auch wenn er mit der Klage auf Widerruf Erfolg h a t und dadurch die Fortsetzung des Miet(Pacht)verhältnisses trotz des Räumungsurteils endgültig feststeht (A 62), nur unter erheblichen Schwierigkeiten wieder in den Besitz der Mieträume gelangen. I m Falle der Weitervermietung (Doppelvermietung) kann er gegenüber dem neuen Mieter sein Mietrecht nicht durchsetzen, Roquette Mietrecht S. 197, 215; Staudinger-Kiefersauer 22 zu § 535. Bei Ablehnung des Antrages steht dem Mieter (Pächter) die sofortige Beschwerde zu. 88
Der Erfolg der Klage auf Widerruf der Kündigung bewirkt, daß die Kündigung des Vermieters als nicht erfolgt gilt (A 61). Das Mietverhältnis wird also als fortgesetzt behandelt, obgleich das rechtskräftige Räumungsurteil die Beendigung festgestellt hat. Dieses Räumungsurteil bleibt bestehen, doch ist das Gericht — auch ohne Antrag des Mieters (Pächters) — durch Abs. 3 verpflichtet, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil für unzulässig zu erklären und dem Urteil damit die Eigenschaft als Vollstreckungstitel zu entziehen. Das Urteil selbst kann nicht aufgehoben werden. Die Gerichtskosten des Räumungsverfahrens werden in diesem Fall kraft Gesetzes niedergeschlagen; über die außergerichtlichen Kosten ist in dem Urteil, das die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Räumungsurteil ausspricht, nach billigem Ermessen des Gerichts zu entscheiden.
89
Bei Abweisung der Klage auf Widerruf der Kündigung gewährt Abs. 4 hinsichtlich der Gerichtsgebühren gewisse Erleichterungen, die im Räumungsverfahren bereits erhobenen Gerichtsgebühren werden auf die für das Widerrufsverfahren zu erhebenden Gebühren angerechnet.
90
Abs. 5: Die Anberaumung des Termins zur mündlichen Verhandlung über die Klage des Mieters (Pächters) auf Widerruf der Kündigung gegenüber dem Räumungsurteil braucht entgegen der Regel des § 74 Abs. 2 G K G nicht von der vorherigen Einzahlung der Prozeßgebühr abhängig gemacht zu werden.
§ 27 (1) Der Vermieter oder Verpächter kann nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes von der Aufhebungsklage zur Räumungsklage übergehen. (2) Mit dem 1. Juli 1952 ist der Aufhebungsstreit in der Hauptsache erledigt. Jede Partei trägt die ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten; die Gerichtskosten werden niedergeschlagen. Das gleiche gilt bei dem Uber gang zur Räumungsklage (Absatz 1) bezüglich der durch das Aufhebungsverfahren verursachten besonderen Kosten. 91
Die Vorschrift des Abs. 1 entspricht § 52c MSchG und ist auf die Zeit vom 27. Juni bis 1. Juli 1952 beschränkt; in dieser Zeit h ä t t e noch ein Aufhebungsurteil ergehen können. Abs. 1 ermöglicht es aber dem Vermieter (Verpächter), bereits nach Inkrafttreten dieses Gesetz nach seiner Wahl von der Mietaufhebungsklage zur Räumungsklage überzugehen.
105
A n m . 92, 93
Erläuterungen zum Geschäftsraummietengesetz
Dabei werden gemäß Abs. 2 Satz 2 die durch das Aufhebungsverfahren verursachten besonderen Gerichtskosten, z. B. die Kosten einer Beweisaufnahme über den geltend gemachten Mietaufhebungstatbestand, kraft Gesetzes, also ohne besonderen Ausspruch durch Urteil oder Beschluß, niedergeschlagen. Jede Partei trägt die ihr dabei entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst. Zur Frage der sachlich-rechtlichen Fortwirkung der Aufhebungssachverhalte Breetzke NJW 1954, 498. 92
Nicht bereits mit dem Inkrafttreten des Gesetzes, sondern erst mit der Wirksamkeit der Aufhebung des Mieterschutzes für die nach § 5 Abs. 2 freigestellten Miet(Pacht)verhältnisse wird nach dem Vorbild des § 52c Abs. 2 MSchG der Aufhebungsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Das Mietaufhebungsverfahren als solches kann wegen des Wegfalls des Mieterschutzes nicht mehr fortgesetzt werden; wohl aber kann der Vermieter (Verpächter) an Stelle des erledigten Aufhebungsanspruchs in dem „anhängigen" Verfahren den Räumungsanspruch geltend machen. Dabei handelt es sich nicht um einen Übergang von der Aufhebungs- zur Räumungsklage wie im Falle des Abs. 1, sondern um die selbständige Geltendmachung eines neuen Anspruchs, so mit Recht Roquette 2 zu § 27 unter Berufung auf Ebel 2 zu § 52c MSchG.. Die Kostenregelung ist die gleiche wie im Falle des Abs. 1: Jede Partei trägt die ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten; die Gerichtskosten werden niedergeschlagen. Wenn aber der Kläger den Räumungsanspruch an Stelle des Aufhebungsanspruchs geltend macht, wird in diesem Verfahren über die gesamten Kosten des Rechtstreites im Urteil nach allgemeinen Grundsätzen entschieden.
§ 28 Von Vereinbarungen, durch die ein vor dem 1. Dezember 1951 begründetes Miet- oder Pachtverhältnis in der Zeit vom 1. Dezember 1951 bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geändert worden ist, kann jeder Vertragsteil innerhalb einer Frist von einem Monat seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zurücktreten. Hat der Mieter oder Pächter auf Grund einer solchen Vereinbarung eine höhere als die bisherige Miete oder Pacht entrichtet und tritt er von der Vereinbarung zurück, so kann er den Unterschiedsbetrag nur insoweit zurückfordern, als die vereinbarte höhere Miete oder Pacht die sich aus § 9 Abs. 2, 3 ergebende Miete oder Pacht übersteigt. 93
106
Die Vorschrift betrifft nur Vereinbarungen über Änderungen der Miet(Pacht)verträge über Rechtsverhältnisse, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind. Miet(Pacht)verhältnisse, die seit dem 1. Dezember 1951 neu begründet worden sind, fallen nicht unter diese Vorschrift; Vertragsänderungen, die sie betreffen, bleiben für die Beteiligten bindend. Das hier gesetzlich begründete Rücktrittsrechtgilt im übrigennur für Abänderungsverträge, die in der Zeit zwischen dem 1. Dezember 1951 und dem 27. Juni 1952 (A 79) abgeschlossen worden sind. Zum Begriff der Abänderung LG Essen ZMR 1953, 89 (Aufhebung mit oder ohne Neubegründung eines Miet-
§§ 28, 29
Anm.
93
Verhältnisses); Hans 1 zu § 28. Spätere Vertragsänderungen bleiben bindend. Welchen Inhalt die Vertragsänderung hat, ist unerheblich; die Änderung kann sich auf die Mietdauer, auf die Mieterleistungen (Miethöhe), aber auch auf Vermieterleistungen beziehen. Die Ausübung des Rücktrittsrechts, das jedem der Vertragsteile freisteht, ist zeitlich beschränkt; sie ist nur zulässig innerhalb eines Monats seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes, also nur bis zum 27. Juli 1952 einschließlich. Diese Frist ist eine Ausschlußfrist, die nicht verlängert werden kann; mit ihrer Versäumung erlischt das Rücktrittsrecht. Die gesetzliche Regelung geht von der Auffassung aus, daß derartige Vereinbarungen vor Erlaß des GRMG teilweise aus einer gewissen Zwangslage heraus getroffen worden sind, auch wenn sie unter Mitwirkung von Mietausgleichstellen der Verbände zustandegekommen sind; unter diesem Gesichtspunkt ist diese dem Rechtsfrieden kaum förderliche Bestimmung erlassen worden. Wormit D W W 1952, 178; vgl. auch Weitnauer ZMR 1953, 77. Gerichtliche Vergleiche, die nicht unter § 28 fallen, sind gegebenenfalls entsprechend diesen Grundsätzen zu behandeln, Weitnauer MDR 1952, 453. Die Ausübung des Rücktrittsrechts, die auch zugunsten des Vermieters geschaffen ist, bewirkt die Wiederherstellung des Rechtszustandes, der vor dem Wirksamwerden der Abänderungsvereinbarung bestanden hat. E s gelten also, sofern das Mietverhältnis nicht gekündigt ist, die ursprünglichen Vertragsabreden in vollem Umfang weiter. Der Vermieter (Verpächter) ist, soweit höhere Mieterleistungen vereinbart worden sind, gemäß § 346 B G B zur Rückvergütung der über die ursprüngliche Vereinbarung hinausgehenden Leistung, also insbes. des erhöhten Mietzinses, verpflichtet. Satz 2 schränkt bei vereinbartem höheren Mietzins die Rückzahlungspflicht des Vermieters (Verpächters) zu dessen Gunsten insoweit ein, als er nur den Betrag zurückvergüten muß, der die angemessene Miete (Pacht) im Sinne des § 9 Abs. 2 oder 3 (A 45, 46) übersteigt. An der, unter Umständen erst in einem langwierigen Verfahren festzustellenden ortsüblichen Miete für Räume gleicher Art und Lage nach Aufhebung der Preisbindung wird der Mieter auch nach Ausübung des Rücktritts festgehalten. Die Abänderungsvereinbarung wird insoweit in ihrer Wirkung aufrechterhalten, aber nur f ü r die Vergangenheit, für die die Rücktrittserklärung wirksam geworden ist. Will der Vermieter (Verpächter) für die Zukunft diese höhere Miete (Pacht), so kann er diese erhöhte Leistung nur durch Kündigung (mit oder ohne nachfolgendes Widerspruchsverfahren) erzwingen, sofern der Mieter (Pächter) nicht freiwillig zur Weiterzahlung bereit ist. Ist das Mietverhältnis gekündigt, so wird durch die Ausübung des Rücktrittsrechts der frühere Zustand vor der Beendigung des Mietverhältnisses wieder hergestellt. Dem Mieter steht es nun frei, unter den Voraussetzungen der § § 8, 11, 12 den Anspruch auf Widerruf der Kündigung geltend zu machen.
§ 29 Hat ein Mieter oder Pächter sich vor dem 1. Dezember 1951 verpflichtet, eine höhere als die preisrechtlich zulässige Miete oder Pacht zu bezahlen, so ist diese Verpflichtung vom 1. Dezember 1951 an bis zu dem in § 22 bestimmten Zeitpunkt nur wirksam, 107
A n m . 95
Erläuterungen z u m Geschäftsraummietengesetz
soweit die versprochene Miete oder Pacht die sich aus §9 Abs.2,3 ergebende Miete oder Pacht nicht übersteigt. 95
Die Regelung betrifft Preis Vereinbarungen aus der Zeit v o r dem 1. Dezember 1951 und umfaßt alle Miet(Pacht)zinsen, gleichviel, ob sie vor oder nach Erlaß der PStopV 1936 vereinbart waren. In jedem Falle muß es sich um eine preisrechtlich nicht zulässige Miet(Pacht)zinsvereinbarung handeln. Ein strafbarer Verstoß gegen die Preisbestimmung braucht keineswegs vorzuliegen; es genügt objektiver Verstoß. Durch § 29 wird zunächst festgestellt, daß die teilweise Unwirksamkeit der Miet(Pacht)zinsvereinbarung, die der Preisverstoß gemäß §134 B G B zur Folge hatte, als geheilt anzusehen ist. Die unzulässige Preisvereinbarung — dazu LG Köln ZMR 1953, 178 — wird nach der Preisfreigabe wirksam und eine von der Preisbehörde wegen des Verstoßes angeordnete Preisherabsetzung (Nr. 25, 64, 70 R E 184/37) wird ihrer Verbindlichkeit entkleidet, ebenso LG Landshut Blätter 1954, 254. Die Anerkennung der Rechtswirksamkeit ist aber nach zwei Richtungen beschränkt, denn sie gilt 1. sachlich nur bis zur Höchstgrenze des nach § 9 Abs. 2, 3 ermittelten an gemessenen Miet(Pacht)zinses, d. i. der ortsüblichen Miete für Räume (Grundstücke) gleicher Art und Lage; auf die Schwierigkeiten dieser Ermittlung ist im Gesetz selbst (§ 9 Abs. 3) hingewiesen (A 45, 47). Die Feststellung der Angemessenheit kann, da es sich um einen Rechtsbegriff handelt, nur im gerichtlichen Verfahren (Urteil, Vergleich) getroffen werden. Der Zeitpunkt, von dem ab dieser Höchstmiet(pacht)- • betrag Geltung beanspruchen darf, ist in Verbindung mit der preiserhöhenden Vereinbarung ab 1. Dezember 1951 zu ermitteln. Die Wirksamkeit der früheren Vereinbarung ist weiterhin 2. zeitlich beschränkt; denn sie gilt nur für die Zeit vom 1. Dezember 1951 bis 31. März 1956, d. h. für die Übergangszeit der Regelung des Abschnittes I I I (Widerruf der Kündigung). Nach diesem Zeitpunkt h a t der Vermieter (Verpächter) mit der völligen Freistellung des Rechtsverhältnisses vom Mieterschutz volle Handlungsfreiheit hinsichtlich der Durchsetzung auch einer höheren als der ortsüblichen Miete (A 47). Die Bindung der Vertragsschließenden aus früherer Zeit an die angemessene Miete bedeutet eine Einschränkung der Preisfreigabe in § 1 (A 4); die gemäß § 29 wiedereingeführte Preisbindung für die Geschäftsraummiete ist im Gesetz weder der Kontrolle durch die Preisbehörde unterworfen, noch ist der Verstoß gegen die Höchstpreisbestimmung strafbar, a.M. Haas ZMR 1953, 172. Bei Einverständnis der Vertragsteile kann die Vorschrift jederzeit umgangen werden. Praktische Bedeutung hat sie nur für den Mieter, der sich gegen die Forderungen einer höheren als der angemessenen Miete (A 45, 47) für die Übergangszeit zur Wehr setzen kann, A 46.
108
Zweiter Teil
Die Verordnungen der kleinen Mietreform Die Auseinandersetzungen um die Rechtsgültigkeit der November-Verordnungen — dazu Weitnauer MDR 1952, 449 —, insbes. um die MietpreisVO (V 8) haben weder mit dem Erlaß des GRMG noch der Verkündung der VO PR Nr. 72/52 in formalrechtlichem Sinne ein Ende gefunden. Gleichwohl dürfte, nachdem der in beiden Verordnungen behandelte Rechtsstoff als gültiges Recht sowohl vom Bundestag als auch —• mindestens durch die Nichtausübung der verfassungsmäßigen Rechte — vom Bundesrat angesehen und der Fortbildung des Rechts zugrundegelegt worden ist, die Fortführung des Streites des politischen und des juristischen Interesses entbehren. Es genügt darauf hinzuweisen, daß sowohl das vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Regelung der Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke als auch die von den Bundesministern für Wirtschaft und für Wohnungsbau erlassene Verordnung über einen allgemeinen Mietzuschlag bei Wohnraum des Althausbesitzes die Zustimmung des Bundesrates — letztere auch des Bundestages — erfahren hat. Die Landesregierung Niedersachsen, die die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der MSchAusnVO beim Bundesverfassungsgericht beantragt hatte, hat ihren Antrag — freilich unter Aufrechterhaltung ihrer grundsätzlichen Auffassung — am 8. Juli 1952 zurückgenommen. Die vom Bundesrat am 18. Januar 1952 auf Antrag der hessischen Landesregierung beschlossene Erklärung der Rechtsunwirksamkeit der VO PR Nr. 71/51 ist staatsrechtlich ohne Wirksamkeit geblieben, zumal der weitergehende Teil des hessischen Antrages, nach dem die Bundesregierung um förmliche Außerkraftsetzung der Verordnung gebeten wurde, vom Bundesrat abgelehnt worden ist. Die vom Bundesrat aus seiner Mitte in den Sitzungen vom 18. und 19. Juni 1952 geltend gemachten Bedenken gegen die November-Verordnungen — BRDrucksache Nr. 2411—3/52 — hatten keinen Einfluß auf die Erteilung der Zustimmung zum GRMG. Man wird deshalb mit Wormit DWW 1952, 153, auch wenn man die Richtigkeit der vom Bundesrat hinsichtlich der Zustimmungsbedürftigkeit der VO PR 71/51 angemeldeten Bedenken teilt (V3), die Rechtsgültigkeit der beiden November-Verordnungen nicht mehr in Zweifel ziehen dürfen. Man kann letzten Endes die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit einer Rechtsverordnung im Sinne des Art. 80 Abs. 2 GG als eine staatsrechtlich unter den Gesetzgebungsorganen selbst auszumachende Rechtsfrage ansehen, die der verfassungsgerichtlichen Nachprüfung nur unter dem Gesichtspunkt des Ermessensmißbrauchs unterstellt werden kann, vgl. Weitnauer MDR 1952, 449. Jedenfalls kann für den Bereich des Mieterschutzes und der Mietzinsbildung die Frage insoweit als geklärt angesehen werden, daß durch die gesetzestechnische Behandlung des Entwurfes eines ,,Gesetzes zur Ergänzung der Verordnung" eine weitgehende Klärung der Zweifelsfragen eingetreten und die Basis der sog. Kleinen Mietreform nahezu völlig als gesichert gelten kann. 109
A n m . 97
Verordnungen über Ausnahmen vom Mieterschutz
Man dient nicht dem Rechtsfrieden, wenn man die Rechtsgültigkeit dieser auf eingehende Beratungen gegründeten Mietreform noch länger bestreitet. Die ordentlichen Gerichte, denen allein die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der November-Verordnungen zusteht (Kiefersauer N J W 1952, 246), werden unbedenklich von deren Verfassungsmäßigkeit ausgehen dürfen; für die Aussetzung des Verfahrens und die Einholung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art. 100 Abs. 1 GG besteht keine rechtliche Grundlage, unrichtig AG Bremen WM 1952, 11.
Mieterschutz Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz Vom 27. November 1951 (BGBl. I 926)
Auf Grund des § 53 Satz 2 des Mieterschutzgesetzes in der Fassung vom 15. Dezember 1942 (Reichsgesetzbl. I S. 712) in Verbindung mit Art. 129 des Grundgesetzes wird verordnet: 97
Die Verordnung, deren Rechtsgültigkeit u. a. von Bettermann MDR 1952, 1; Weimer WM 1952, 1 und AG Bremen WM 1952, 11 verneint, von Roquette KIMietR 2 vor § 1; Weitnauer MDR 1952, 66; Kiefersauer N J W 1952, 245; LG Düsseldorf N J W 1952, 269; AG Köln ZMR 1952, 64; LG Flensburg MDR 1952, 231; LG Essen ZMR 1952, 134 bejaht wird, enthält die Freistellung von Mietverhältnissen über a) W o h n u n g e n und Wohnräume, § 1 und b) über G e s c h ä f t s r ä u m e im Sinne des § 2 Abs. 3 mit 5, wobei Pachtverhältnisse den Mietverhältnissen gleichgestellt werden. §
1
(1) Mietverhältnisse über Wohnungen und Wohnräume, die nach§ 6 der Verordnung PR Nr. 71/51 über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts vom 29. November 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 920) nicht mehr den PreisvorSchriften unterliegen, werden von den Vorschriften des ersten Abschnitts des Mieterschutzgesetzes ausgenommen. (2) Absatz 1 gilt nicht: 1. für Mietverhältnisse, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung begründet worden sind; 2. für Mietverhältnisse über Werk- und Betriebswohnungen im Sinne der §§20 bis 23b des Mieterschutzgesetzes; 3. für Mietverhältnisse über Wohnräume, die an Mietereiner unter Mieterschutz stehendenWohnung im gleichen Wohngebäude vermietet werden. 110
§§1,2 97a
A n m . 97a
§ 1 stellt eine Ergänzung der durch § 26 des Ersten Wohnungsbaugesetzes (§ 31a MSchG) eingefügten Freistellung bestimmter Neubauwohnungen vom Mieterschutz dar, erhält aber durch die Verknüpfung mit den Voraussetzungen der Preisfreigabe eine besondere Note, z. B. werden laufende Mietverhältnisse, d. h. solche, die vor dem 1. Dezember 1951 begründet worden sind, wohl von der Preisfreigabe betroffen, bleiben aber nach Abs. 2 Ziff. 1 demMieterschutzgesetz unterstellt. Die in § 1 ausgesprochene Freistellung von Wohnraum beschränkt sich auf den ersten Abschnitt des Mieterschutzgesetzes; es bleiben also die übrigen Bestimmungen des Gesetzes, insbes. das Übergangsrecht gemäß § 52 c MSchG, weiterhin anwendbar. Sie gilt nur für Wohnraum, der 1. in der Zeit nach dem 20. Juni 1948 bis zum 31. Dezember 1949 bezugsfertig geworden ist und für den 2. öffentliche Darlehen (gleichviel ob zinsfrei oder zinsverbilligt) oder Zuschüsse bei der Errichtung nicht in Anspruch genommen worden sind. Zu der Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 2 VO 71/51 treten die Ausnahmebestimmungen des § 1 Abs. 2 dieser VO. Wegen der möglichen Rechtsunsicherheit als Auswirkung dieser Verkoppelung vgl. V 8.
§2 (1) Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräume und über gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke werden von den Vorschriften des ersten Abschnitts desMieterschutzgesetzes ausgenommen. (2) Für Miet- und Pachtverhältnisse, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung begründet worden sind, gilt Absatz 1 erst mit Wirkung vom 1. Juli*) 1952. (3) Geschäftsräume im Sinne des Absatzes 1 sind Räume, die nach ihrer baulichen Anlage und Ausstattung anderen als Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind und solchen Zwecken dienen. Wohnungen, bei denen mehr als die Hälfte der Wohnfläche anderen als Wohnzwecken dient, gelten als Geschäftsräume. (4) Auf Geschäftsräume, die Teile einer Wohnung bilden oder wegen ihres wirtschaftlichen Zusammenhangs mit Wohnräumen zugleich mit diesen vermietet sind, ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn die Wohnung oder die Wohnräume unter Mieterschutz stehen. Dies gilt nicht, wenn der Mietwert der Wohnräume weniger als ein Drittel des gesamten Mietwerts der vermieteten Räume beträgt; in diesem Falle sind die Vorschriften des ersten Abschnitts des Mieterschutz*) Abs. 2 in der Fassung des § 1 der Verordnung zur Änderung der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz vom 21. März 1952 (RGBl 1147), wonach an Stelle des 1. April 1952 der 1. Juli 1952 getreten ist.
111
A n m . 97b,c, 98
§ 2, Ä n d e r u n g d. V O ü. A u s n a h m e n v . M i e t e r s c h u t z
gesetzes auch insoweit nicht anzuwenden, als das Miet- oder Pachtverhältnis sich auf die Wohnräume bezieht. (5) Sind gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke wegen ihres wirtschaftlichen Zusammenhangs mit Wohnräumen zugleich mit diesen vermietet, so gilt Absatz 4 entsprechend. 97b
Die auf die Freistellung der Geschäftsräume vom Mieterschutz abzielenden Bestimmungen sind durch § 23 GRMG (A 79) aufgehoben worden; sie sind mit Wirkung vom 1. Dezember 1951 fast wörtlich in § 5 GRMG (A 22) übernommen. §
3
Diese Verordnung tritt am 1. Dezember 1951 in Kraft. Der Bundesminister der Justiz Der Bundesminister für Wohnungsbau 97c
Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der VO gilt unmittelbar nur für die Regelung des § 1 für Wohnräume, während für die Freistellung der Geschäftsräume der Zeitpunkt des Inkrafttretens der VO durch die Aufhebung des § 2 gegenstandslos geworden ist. Die Regelung des § 5 GRMG (A 22) enthält — abweichend von der Regelung der Preisfreigabe in § 1 — keine ausdrückliche Bestimmung darüber, von wann ab die Geschäftsräume vom Mieterschutz freigestellt werden. Doch dürfte die Rückwirkung auf den 1. Dezember 1951 als dem Sinn des Gesetzes entsprechend anzusehen sein, vgl. auch Roquette KIMietR 2 zu § 5 GRMG.
Verordnung zur Änderung der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz Vom 21. März 1952 (BGBl. I 147) 98
Der für die Freistellung der vordem 1. Dezember 1951 begründeten Mietund Pachtverhältnisse über Geschäftsräume ursprünglich auf den 1. April 1952 festgelegte Termin mußte auf den 1. Juli 1952 hinausgeschoben werden, weil der „Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Vorschriften über die Aufhebung des Mieterschutzes bei G e s c h ä f t s r ä u m e n . . . " (V 3) nicht rechtzeitig parlamentarisch verabschiedet werden konnte.
Auf Grund des § 53 Satz 2 des Mieterschutzgesetzes in der Fassung vom 15. Dezember 1942 (Reichsgesetzbl I S. 712) in Verbindung mit Artikel 129 Abs. 1 des Grundgesetzes wird verordnet: § 1 In § 2 Abs. 2 der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz vom 27. November 1951 (Bundesgesetzbl I S.926) tritt an die Stelle des 1. April 1952 der 1. Juli 1952. 112
§§ 2, 3. — M i e t p r e i s v e r o r d n u n g N r . 71/51 §
A n m . 99
2
Aus Urteilen, durch die ein Mieter oder Pächter auf Grund des § 2 Abs. 2 der Verordnung über Ausnahmen vom Mieterschutz gemäß § 52 b des Mieterschutzgesetzes zur Räumung oder Zurückgabe des Miet- oder Pachtgegenstandes verurteilt ist, ist die Zwangsvollstreckung nicht vor dem 1. Juli 1952 zulässig. §
3
Diese Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündung in Kraft. Der Bundesminister der Justiz Der Bundesminister für Wohnungsbau
Mietzinsbildung Verordnung PR Nr 71/51 über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts Vom 29. November 1951 (BGBl I 920) 99
Die Verordnung umfaßt acht Abschnitte und die Neufassung der Anordnung P R Nr. 72/49 über den Ausgleich von Grundsteuer- und Gebührenmehrbelastung des Hausbesitzes als Anlage. Abschnitt I : Berichtigung von Wohnraummieten. Die §§ 1, 2 ermächtigen und verpflichten die Preisbehörden, auf Antrag die Erhöhung von Mieten, die unter der Stichtagmiete liegen, bis zur Grenze der Stichtagmiete zu genehmigen. Für die Ermittlung der Stichtagmiete werden Grundsätze aufgestellt. Eine H e r a b s e t z u n g der Miete u n t e r die Stichtagmiete d a r f g r u n d s ä t z l i c h n i c h t m e h r e r f o l g e n . Der Vermieter h a t einen Anspruch darauf, daß die in § 1 festgelegte unterste Grenze nicht unterschritten wird, dagegen hat der Mieter keinen Anspruch darauf, daß die Preisbehörde die vereinbarte Miete bis auf diesen niedrigsten Betrag herabsetzt. Die VO unterscheidet hinsichtlich der Stichtagmiete zwischen a) Wohnraum, der bis zum 17. Oktober 1936 bezugsfertig geworden ist (§ 1 Abs. 1), b) Wohnraum, der in der Zeit zwischen dem 18. Oktober 1936 und dem 31. Dezember 1949 bezugsfertig und ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel errichtet worden ist (§ 1 Abs. 2), c) steuerbegünstigtem Wohnraum, der zwischen dem 1. Januar und 24 November 1950 bezugsfertig geworden (§ 1 Abs. 4), d) öffentlich gefördertem Wohnraum, für den die öffentlichen Mittel bis zum 31. Dezember 1950 bewilligt worden sind (§ 1 Abs. 5). Die Zulassung von Mietpreiserhöhungen für diese Wohngruppen ist in § 2 geregelt. 8
Kiefersauer-Glaser, Geschäftsraummiete, 2. Aufl.
113
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Mietpreisverordnung Nr. 71/51
Die grundsätzlich für Mietpreiserhöhungen notwendige Genehmigung der Preisbehörde bis zur Mietgrenze e n t f ä l l t gemäß § 3 für die e r s t m a l i g e V e r m i e t u n g des Wohnraumes nach dem 1. Dezember 1951. Abschnitt I I : Ausgleich von Mehrbelastungen. § 4 schafft — ohne Rücksicht auf bestimmte Wohngruppen und bestimmte Bauzeiten, also grundsätzlich für alle Wohnungen — eine neue Rechtsgrundlage für die Abwälzung von M e h r b e l a s t u n g e n des Hausbesitzes durch Grundsteuern und Gebühren. § 5 regelt die Umlegung des W a s s e r g e l d e s . Die Möglichkeit der Abwälzung bzw. Umlegung und der Termin, zu dem sie möglich ist, richtet sich nach Vertrag und Gesetz. Da sie eine Mieterhöhung in sich schließt, kann sie außerhalb des Mieterschutzgesetzes gegen den Willen des Mieters nur durch Kündigung durchgesetzt werden; im Bereich des Mieterschutzgesetzes hatte der Vermieter früher nur die Mietaufhebungsklage aus § 3a MSchG (vgl. Bettermann WM 1952, 48; Wormit ZMR 1952, 222); seit dem Inkrafttreten des Bundesmietengesetzes — 1. August 1955 — kann er durch einseitige Erklärung gemäß § 18 BMG. die Zahlung der Umlage verlangen. Abschnitt I I I : Weitere Preisfreigabe von Wohnraum. § 6 stellt Wohnräume, die in der Zeit nach dem 20. Juni 1948 bis zum 31. Dezember 1949 bezugsfertig und für die weder öffentliche Darlehen noch Zuschüsse in Anspruch genommen worden sind, von der Preisbindung grundsätzlich frei. Liegt eine der in Abs. 2 bezeichneten Voraussetzungen vor, so verbleibt es bei der Preisbindung der Miete, die die Regel bildet und daher nicht als Begünstigung Einzelner gewertet werden kann, vgl. Kiefersauer gegen LG Frankfurt N J W 1952, 1099. Soweit der Wohnraum von der Preisbindung freigestellt ist, ist er grundsätzlich auch mieterschutzfrei (A 97). Abschnitt IV: Untermieten und Untermietzuschläge. § 7 setzt die AO Nr. 111/47 über Höchstpreise bei Untervermietung von Wohnraum praktisch außer Kraft, insofern Abs. 1 die Mietpreisvereinbarung — zeitlich beschränkt — der freien Vereinbarung der Beteiligten überläßt. Da die AO Nr. 111/47 u n m i t t e l b a r g e l t e n d e s R e c h t enthält — Grundstücksmiete Anm. 253; Erlaß des BWM vom 25. April 1949 zit. WM 1951 Nr. 1 S. 2; LG Hagen DVB1 1949, 301; Hermes JZ 1951, 170; OVG Lüneburg Amtl. Slg. Bd. 1 S. 333; 6. 295 = DWW 1952,242;OVGMünsterHMRRspr. 1951 Nr. 178 = JZ 1952, 23 = ZMR 1952, 81 — BVerwG, Urteil vom 27. September 1955 — V C 13/155 — NJW 1955, 1892 = ZMR 1956, 48 — Glaser Nr. 6/XII/56 m. weit. Nachweisen — und da diese AO formell aufrecht erhalten ist und damit in etwa wirksam bleiben soll, erscheint die Regelung des Abs. 1 als in sich widerspruchsvoll und unmöglich, vgl. Kiefersauer J R 1952, 227. Solange die AO 111/47 Geltung hat, ist kraft dieser Regelung jede Mietpreis Vereinbarung, die den Höchstbetrag des Untermietzinses überschreitet, gemäß § 134 B G B nichtig. Wenn diese Rechtsfolge durch Abs. 1 hätte ausgeschlossen werden wollen, dann hätte dies durch eine förmliche Außerkraftsetzung der AO 111/47 geschehen müssen. Eine von der Erklärung des Haupt- oder Untermieters abhängige, die Vertragsabrede wieder außer Kraft setzende W i e d e r i n k r a f t s e t z u n g der H ö c h s t s a t z m i e t e (Abs. 2) setzt aber gerade die Weitergeltung der AO 111/47 in formeller und materieller Hinsicht voraus. Als Widerspruch in sich selbst kann die Regelung des § 7 eine Rechtsgültigkeit nicht beanspruchen. 114
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Von dieser Unterscheidung zwischen freivereinbarter und gesetzlicher Untermiete werden die in den §§ 8, 9 als zulässig erklärten Untermietzuschläge betroffen, insofern a) bei f r e i v e r e i n b a r t e r Untermiete für die Dauer dieser Vereinbarung — dazu die Fiktion in § 8 Abs. 1 S. 2 — 20 v. H. der anteiligen Leerraummiete (§ 8), b) bei g e s e t z l i c h e r Untermiete, sofern der Untervermieter in den Räumen mit seiner Familie einen selbständigen Haushalt führt, 5 v. H. der anteiligen Leerraummiete (§9), als Zuschlag erhoben werden darf. Auf den Untermieter darf der Hauptmieter den Untermietzuschlag nur im Falle zu b) abwälzen (§ 9 Abs. 2). Die ausnahmsweise bisher (Ziff. 9 R E 184/37, Grundstücksmiete Anm. 209, 272) preisrechtlich zulässigen Untermietzuschläge sind auf die Zuschläge der §§ 8, 9 anzurechnen (§ 10). § 11 bringt Änderungen der AO 111/47. Der neu eingefügte § 10a, der die Möglichkeit der Genehmigung oder Festsetzung von Untermieten durch die Preisbehörden vorsieht, steht mit der Grundhaltung der AO 111/47 insofern in Widerspruch, als diesen im Vollzug der AO 111/47 nur eine F e s t s t e l l u n g s - , nicht eine Festsetzungstätigkeit obliegt, Grundstücksmiete Anm. 253; OVG Münster ZMR 1952, 256. § 12 ist eine Klarstellung des geltenden Rechts: wenn die Hauptmiete nicht mehr den Preisvorschriften unterliegt, kann auch die Untermiete nicht mehr preisgebunden sein. Abschnitt V: Miete f ü r Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke. Die §§ 13—16 sind mit Wirkung vom 27. Juni 1952 durch § 23 GRMG aufgehoben (A 79). Abschnitt V I : Entgelte für Übernachtungen. § 17 Die Preisfreigabe der Übernachtungsentgelte entbindet nicht von der Verpflichtung der Anbringung der Preisverzeichnisse in den Fremdenzimmern. Abschnitt V I I : Ergänzende Vorschriften. § 18 Begriffsbestimmungen. § 19 Rückgängigmachung freiwilliger Mietsenkungen bei unverminderter Vermieterleistung nicht mehr genehmigungspflichtig, wenn Höchstmiete nicht überschritten wird. Abschnitt V I I I : Schlußvorschriften. § 20 Die Außerkraftsetzung widersprechender Mietpreisvorschriften gilt auch insoweit, als deren Aufhebung in Satz 2 Ziffern 1 bis 10 nicht ausdrücklich ausgesprochen worden ist. Satz 1 enthält die Generalklausel. § 21 bedroht die Überschreitung des höchstzulässigen Miet (pacht)preises beim Mieter (Pächter) wie beim Vermieter (Verpächter) als Zuwiderhandlung im Sinne des § 18 des Wirtschaftsstrafgesetzes als Wirtschaftsstraftat mit Gefängnis oder Geldstrafe, als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße, § 22 WStG. § 22 Die VO ist am 1. Dezember 1951 in Kraft getreten. 8»
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Auf Grund d e r § § 2 und 3 des Preisgesetzes vom 10. April 1948 (WiGBl S. 27) / 3. Februar 1949 (WiGBl S. 14) / 21. J a n u a r 1950 (Bundesgesetzbl S. 7) / 8. Juli 1950 (Bundesgesetzbl. S. 274) / 25. September 1950 (Bundesgesetzbl S. 681) / 23. Dezember 1950 (Bundesgesetzbl S. 824) / 29. März 1951 (Bundesgesetzbl I S. 223) wird verordnet: Abschnitt I Berichtigung von Wohnraummieten § 1 (1) Bei Wohnraum, der bis zum 17. Oktober 1936 bezugsfertig geworden ist, darf die Miete durch die Preisbehörde nicht unter die Miete herabgesetzt werden, die a m 17. Oktober 1936 zu entrichten war (Stichtagsmiete). Ist seit dem 18. Oktober 1936 die preisrechtlich zulässige Höchstmiete geändert worden oder tritt eine solche Änderung künftig ein, so tritt die geänderte Höchstmiete an die Stelle der Stichtagsmiete. (2) Bei Wohnraum, der in der Zeit vom 18. Oktober 1936 bis zum 31. Dezember 1949 bezugsfertig geworden und nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert worden ist, findet Absatz 1 entsprechend Anwendung ; dabei entspricht der Stichtagsmiete nach Absatz 1 Satz 1: 1. bei Wohnraum, der in der Zeit vom 18. Oktober 1936 bis zum 8. Mai 1945 bezugsfertig geworden ist, der Mietbetrag, der sich auf Grund einer Ertragsberechnung nach den Erlassen des Reichsarbeitsministers vom 15. Juni 1937 (Reichsarbeitsblatt I S. 162) und vom 25. Mai 1950 (Reichsarbeitsblatt I S. 291) ergibt. Dabei sind die tatsächlichen Baukosten, höchstens aber 110 v. H. der vergleichbaren Baukosten nach dem Stande vom 17. Oktober 1936 sowie die angemessenen Bewirtschaftungskosten und Kapitalkosten im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit des Gebäudes zugrunde zu legen. Kosten, die bei wirtschaftlicher Bauausführung und ordnungsmäßiger Geschäftsführung hätten vermieden werden können, sind unberücksichtigt zu lassen. Für die beim Bau aufgewendeten Eigenleistungen ist eine Verzinsung von 4 % v.H. und, soweit die Eigenleistungen über 50 v.H. der Gesamtherstellungskosten hinausgehen, eine Verzinsung von 5% v.H. zulässig; 116
§§ 1, 2 2. bei Wohnraum, der in der Zeit vom 9. Mai 1945 bis zum 20. Juni 1948 bezugsfertig geworden ist, 110 v.H. der Miete für vergleichbaren Wohnraum nach dem Stande vom 17. Oktober 1936; 3. bei Wohnraum, der in der Zeit zwischen dem 21. Juni 1948 und dem 31. Dezember 1949 bezugsfertig geworden ist und nicht nach § 6 von den Preisvorschriften freigestellt worden ist, der Mietbetrag, der sich auf Grund der Ertragsberechnung gemäß Nr. 1 unter Berücksichtigung der tatsächlichen, angemessenen Baukosten und angemessenen Bewirtschaftungskosten im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit des Gebäudes ergibt, höchstens aber 150 v.H. der Miete für vergleichbare Neubauwohnungen nach dem Stande vom 17. Oktober 1936. (3) Soweit nach den in Absatz 2 Nummern 1 und 3 angeführten Bestimmungen eine Berechnung der Gesamtherstellungskosten nicht möglich ist oder in diesen Bestimmungen Kostenansätze nicht geregelt sind, finden die Vorschriften der Berechnungsverordnung vom 20. November 1950 (Bundesgesetzbl. S. 753) entsprechende Anwendung. (4) Bei steuerbegünstigtem Wohnraum im Sinne von § 23 Abs. 1 des Ersten Wohnungsbaugesetzes, der nach dem 31. Dezember 1949 bezugsfertig geworden ist und für den bis zum 24. November 1950 eine Miete vereinbart oder festgesetzt worden ist, findet Absatz 1 entsprechende Anwendung; dabei entspricht der Stichtagsmiete der Mietbetrag, der sich auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsberechnung gemäß der Berechnungsverordnung vom 20. November 1950 und der Mietenverordnung vom 20. November 1950 (Bundesgesetzbl. S. 759) ergibt. (5) Bei mit öffentlichen Mitteln gefördertem Wohnraum, der nach dem 17. Oktober 1936 bezugsfertig geworden ist und für den die öffentlichen Mittel bis zum 31. Dezember 1950 bewilligt worden sind, findet Abs. 1 entsprechende Anwendung; dabei entspricht der Stichtagsmiete der Mietbetrag, der der Bewilligung der öffentlichen Mittel zugrunde gelegt worden ist. § 2 (1) Bleibt die Miete bei Wohnraum, der bis zum 17. Oktober 1936 bezugsfertig geworden ist, hinter der ortsüblichen Miete für Wohnraum gleicher Art, Lage und Ausstattung nach dem Stande vom 17. Oktober 1936 zurück, so ist durch die Preisbehörde eine Erhöhung der Miete bis zu dieser Höhe zuzulassen. Bei Wohn117
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räum, der bis zum 1. Juli 1918 bezugsfertig geworden ist, gilt es als Unterschreitung der ortsüblichen Miete für Wohnraum gleicher Art, Lage und Ausstattung nach dem Stande vom 17. Oktober 1936, wenn die Miete hinter der Friedensmiete nach dem Stande vom 1. Juli 1914 zuzüglich der am 17. Oktober 1936 gesetzlich zulässigen Zuschläge und Umlagen zurückbleibt. Erhebliche, nachhaltige Änderungen des Wohnwertes infolge von Änderungen der Wohngewohnheiten und der Wohnlage sind angemessen zu beberücksichtigen . (2) Bleibt bei den Wohnraumgruppen, die in § 1 Abs. 2 und 4 bezeichnet sind, die Miete hinter den dort vorgesehenen Grenzen zurück, so ist durch die Preisbehörde eine Erhöhung der Miete bis zu diesen Grenzen zuzulassen. Die von Mietern oder zu ihren Gunsten erbrachten Baukostenzuschüsse sind dabei nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 der Mietenverordnung vom 20. November 1950 zu behandeln. (3) Sind seit dem 18. Oktober 1936 Erhöhungen der Miete wegen Änderung der Benutzungsart, der Durchführung baulicher Verbesserungen oder der Erhebung zulässiger Umlagen und Zuschläge preisrechtlich genehmigt worden oder werden sie künftig genehmigt, so bleiben sie bei der Ermittlung der Mietbeträge nach den Absätzen 1 oder 2 unberücksichtigt; sie dürfen diesen Mietbeträgen hinzugerechnet werden. (4)*) Anträge nach den Absätzen 1 oder 2 können nur bis zum 31. Dezember 1953 gestellt werden. Dies gilt nicht, wenn mit Rücksicht auf die Person des Mieters eine geringere als die zulässige Miete vereinbart worden ist. In diesen Fällen kann der Antrag innerhalb eines Jahres nach Wegfall der Ermäßigungsgründe gestellt werden. § 3 Wird Wohnraum der in§ 1 bezeichneten Art nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung erstmalig vermietet, so dürfen Mietpreise bis zu den sich aus §2 Abs. 1 bis 3 ergebenden Mietgrenzen vereinbart werden. Ist in dem Falle des§ 1 Abs. 5 eine bestimmte Miethöhe der Bewilligung der öffentlichen Mittel nicht zugrunde gelegt worden, so darf die Miethöhe nicht überschritten werden, die bei vergleichbaren Mietwohnungen der Bewilligung der öffentlichen Mittel zugrunde liegt. *) Satz 1 in der Fassung P R Nr. 78/52 zur Änderung der Verordnung P R Nr. 71/51 über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts vom 22. Dezember 1D52 (BAnz Nr. 250); Abs. 4 ist aufgehoben mit Wirkung vom 25. 12. 1953 (VOPR 33/53 zur Änderung der V O P R 71/57 vom 19. 12. 1953 (BAnz Nr. 248 vom 24. 12. 1953).
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§§ 2—5 A b s c h n i t t II Ausgleich von Mehrbelastungen § 4 Die Anordnung PR Nr. 72/49 über den Ausgleich von Grundsteuer- und Gebührenmehrbelastungen des Hausbesitzes vom 6. September 1949 (VfWMBl II S. 96) erhält die aus der Anlage ersichtliche Fassung. § 5 (1) Vermieter von Wohnraum dürfen die Kosten des Wasserverbrauchs auf die Mieter umlegen: 1. bei dem bis zum 31. März 1924 bezugsfertig gewordenen Wohnraum, wenn 3 v.H. der Friedensmiete oder 2,5 v.H. des in Absatz 2 bestimmten Betrages abgezogen werden; 2. bei dem seit dem 1. April 1924 bezugsfertig gewordenen Wohnraum, dessen Miete auf Grund einer Ertrags- oder Wirtschaftlichkeitsberechnung ermittelt ist oder für den öffentliche Mittel auf Grund einer Ertrags- oder Wirtschaftlichkeitsberechnung bewilligt worden sind, wenn von der Miete der Betrag abgezogen wird, der in der Ertrags- oder Wirtschaftlichkeitsberechnung als Abgeltung des Wasserverbrauchs enthalten ist; 3. bei dem seit dem 1. April 1924 bezugsfertig gewordenen Wohnraum, der nicht unter Nummer 2 fällt, wenn bei dem bis zum 20. Juni 1948 bezugsfertig gewordenen Wohnraum 2 v.H., bei dem später bezugsfertig gewordenen Wohnraum 1,5 v.H. des in Absatz 2 bestimmten Betrages abgezogen werden. (2) Der Abzug ist von dem Betrage zu berechnen, der sich aus der Miete abzüglich der Umlagen für Heizungskosten und der Umlagen ergibt, die für laufende Mehrbelastungen seit dem 1. April 1945 in zulässiger Weise vereinbart worden sind oder künftig vereinbart werden. (3) Bei der Berechnung der auf die Mieter von Wohnraum umzulegenden Kosten des Wasserverbrauchs sind zunächst die Kosten für den Wasserverbrauch abzuziehen, der nicht mit der üblichen Benutzung des Wohnraums zusammenhängt. Die Umlegung der verbleibenden Kosten erfolgt nach dem Verhältnis der Leerraummieten unter Berücksichtigung des Mietwertes eigengenutzten Wohnraums. Will der Vermieter von der Umlegung 119
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nach dem Verhältnis der Mieten abweichen und einen anderen Umlegungsmaßstab zugrundelegen, so bedarf er hierzu der Genehmigung der Preisbehörde. Die Umlegung darf gemäß der vereinbarten Mietzahlungsweise mit Wirkung von dem Monatsersten an erfolgen, der auf die Ankündigung der Umlegung durch den Vermieter folgt. (4) Will der Vermieter die Kosten des Wasserverbrauchs umlegen, so hat er dem Mieter auf Verlangen Einsicht in die Berechnungsunterlagen zu geben. (5) Sind die Kosten des Wasserverbrauchs gemäß Absatz 1 umgelegt, so bedarf die Rückkehr zu der früheren Miete der Genehmigung der Preisbehörde, wenn hierdurch eine Mehrbelastung des Mieters entstehen würde. (6) Die nach der Vierten Anordnung über die Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse des Reichskommissars für die Preisbildung vom 27. September 1937 (Deutscher Reichsanzeiger Nr. 238) zuständigen Preisbehörden können durch Anordnung an Stelle der Umlegung nach den Absätzen 1 bis 4 einen Zuschlag zur Miete zulassen. Der Zuschlag ist allgemein nach Hundertsätzen der Miete festzusetzen; diese Hundertsätze müssen der durchschnittlichen Mehrbelastung der Vermieter durch Kosten des Wasserverbrauchs Rechnung tragen. (7) Soweit bisher in preisrechtlich zulässiger Weise die Kosten des Wasserverbrauchs ohne Abzug eines Pauschbetrages auf die Mieter umgelegt worden sind, verbleibt es dabei. A b s c h n i t t III
Weitere Preisfreigabe für Wohnraum § 6 (1) Die Vermietung von Wohnraum, der in der Zeit nach dem 20. Juni 1948 bis zum 31. Dezember 1949 bezugsfertig geworden ist, unterliegt nicht mehr den Preisvorschriften, wenn der Wohnraum ohne öffentliche Darlehen oder Zuschüsse geschaffen worden ist. (2) Absatz 1 gilt nicht: 1. wenn für den Wohnraum auf Grund eines gemäß § 8 des Ersten Wohnungsbaugesetzes ergangenen Landesgesetzes oder entsprechender Vorschriften der Länder oder Gemeinden eine Ermäßigung oder ein Erlaß der Grundsteuer in Anspruch genommen wird; 120
§§ 5—8 2. wenn für Arbeiterwohnstätten auf Grund des§29 des Grundsteuergesetzes eine Grundsteuerbeihilfe gewährt wird; 3. wenn und solange die Miete zur Schaffung des Wohnraums ganz oder teilweise vorausbezahlt ist oder mit den Rückzahlungen eines zur Schaffung des Wohnraums geleisteten Mieterdarlehens zu verrechnen ist; 4. wenn und solange ein Mietverhältnis mit einem Mieter besteht, von dem oder für den zur Schaffung des Wohnraums ein Baukostenzuschuß im Betrage von mehr als einer Jahresmiete geleistet oder erstattet worden ist; 5. wenn und solange die Einhaltung einer bestimmten Miethöhe bei der Gewährung von Darlehen oder Zuschüssen zur Schaffung des Wohnraums vereinbart worden ist. A b s c h n i t t IV Untermieten und Untermietzuschläge § 7 (1) Die Miethöhe bei Untervermietung von Wohnraum im Sinne der Anordnung PR Nr. 111/47 über Höchstpreise bei Untervermietung von Wohnraum vom 18. November 1947 (VfW MB1 S. 320) in der Fassung der Anordnung PR Nr. 60/49 vom 20. Juli 1949 zur Änderung der Anordnung PR Nr. 111/47 (VfW MB1 II S. 90) unterliegt vorbehaltlich der Vorschriften des Absatzes 4 der freien Vereinbarung, solange der Hauptmieter oder der Untermieter nicht der Preisbehörde gegenüber schriftlich erklärt, daß die Höhe der Untermiete nach den Vorschriften der vor bezeichneten Anordnung berechnet werden soll. (2) Die Erklärung hat die Wirkung, daß die Preisvorschriften von dem nächsten Termin an wieder anzuwenden sind, zu dem eine Kündigung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässig wäre. (3) Eine Abschrift der Erklärung ist dem anderen Vertragsteil und dem Vermieter unverzüglich zu übermitteln. (4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 finden auf die Untervermietung leerer Wohnungen als räumlich und wirtschaftlich selbständiger Einheiten keine Anwendung. § 8 (1) Bei frei vereinbarter Untermiete darf die Hauptmiete um einen Untermietzuschlag in Höhe von 20 vom Hundert der an121
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teiligen Leerraummiete erhöht werden. Die Untermiete gilt dem Vermieter gegenüber als frei vereinbart, solange ihm nicht entweder eine Abschrift der nach § 10 Abs. 2 der Anordnung PR Nr. 111/47 vorgeschriebenen schriftlichen Mitteilungen vorgelegt oder eine Abschrift der Erklärung nach § 7 dieser Verordnung zugegangen ist. (2) Für die Berechnung der anteiligen Leerraummiete gilt § 1 der Anordnung PR Nr. 111/47 entsprechend. § 9 (1) Wird in untervermieteten Räumen, deren Untermiete sich nach der Anordnung PR Nr. 111/47 richtet, von dem Untermieter mit seiner Familie ein selbständiger Haushalt geführt, so darf die Hauptmiete um einen Untermietzuschlag in Höhe von 5 v.H. der anteiligen Leerraummiete erhöht werden. (2) Die Abwälzung des Untermietzuschlages nach Absatz 1 auf den Untermieter ist zulässig. (3) Vermietet ein Hauseigentümer oder jemand, der einen Raum auf Grund eines Erbbaurechts, Nießbrauchs oder eines ähnlichen Rechtsverhältnisses innehat, einen Teil des von ihm selbst im Hause benutzten Raumes, so darf die Miete um einen Zuschlag von 5 v.H. der anteiligen Leerraummiete erhöht werden, wenn der Mieter mit seiner Familie in den Räumen einen selbständigen Haushalt führt. (4) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden auf die Untervermietung einer Wohnung als räumlich und wirtschaftlich selbständige Einheit keine Anwendung. (5) § 8 Abs. 2 findet Anwendung. § 10 Bisher in preisrechtlich zulässiger Weise erhobene Untermietzuschläge sind auf die Untermietzuschläge nach den §§ 8 und 9 anzurechnen. § 11 Die Anordnung PR Nr. 111/47 wird wie folgt geändert: 1. § 5 Abs. 2 erhält folgende Fassung: ,,(2) Untermietzuschläge dürfen nur erhoben und auf den Untermieter abgewälzt werden, soweit dies nach den §§ 8 bis 10 der Verordnung PR Nr. 71/51 über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts vom 29. November 1951 122
§§ 9—14 (Bundesgesetzbl I S . 920) zulässig ist, oder soweit sie schon nachweisbar am 30. November 1935 erhoben wurden." 2. § 7 erhält folgende Fassung: „§ 7 Bei Wohnungen, die zu einer erheblich geringeren als der üblichen Miete vermietet sind, kann von der Preisbehörde genehmigt werden, daß für die Berechnung der anteiligen Leerraummiete von der für Wohnungen gleicher Art, Lage und Ausstattung üblichen Miete ausgegangen wird. Die Genehmigung kann mit Auflagen oder Bedingungen verbunden werden, insbesondere davon abhängig gemacht werden, daß ein angemessener Teil der Mieterhöhung vom Hauptmieter an den Vermieter abgeführt wird." 3. Nach§ 10 wird folgender § 10a eingefügt: „§ 10a Die Preisbehörden können aus besonderen Gründen in Einzelfällen auf Antrag Untermieten abweichend von dieser Anordnung genehmigen oder festsetzen." §12 Soweit Wohnraum nach § 6 dieser Verordnung und nach § 27 des Ersten Wohnungsbaugesetzes den Preisvorschriften nicht unterliegt, finden auch die Preisvorschritten für Untervermietung keine Anwendung. Abschnitt V*) Mieten für Geschäftsraum und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke § 13 Die Vermietung von Geschäftsraum und gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken unterliegt vorbehaltlich des § 15 nicht mehr den Preisvorschriften. § 14 (1) Geschäftsraum im Sinne dieser Verordnung ist Raum, der nach seiner baulichen Anlage und Ausstattung auf die Dauer anderen als Wohnzwecken zu dienen bestimmt ist und solchen Zwecken dient. (2) Wohnungen, bei denen mehr als die Hälfte der Wohnfläche anderen als Wohnzwecken dient, gelten als Geschäftsraum. Wird nicht mehr *) Abschnitt V außer K r a f t gesetzt durch § 23 G R M G (A 1, 7 9 ) ; dafür Abschnitt I (§§ 1 — 4 ) A 2—20.
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als die Hälfte der Wohnfläche einer Wohnung, die den Preisvorschriften unterliegt, zu anderen als Wohnzwecken benutzt, so darf zu der für Wohnraum zulässigen Miete ein Zuschlag erhoben werden, der der wirtschaftlichen Mehrbelastung des Vermieters entspricht. Das Nähere bestimmt der Bundesminister für Wirtschaft. Die Vorschriften des § 3 Abs. 2 Nr. 4 und des § 11 Abs. 3 Nr. 4 der Mietenverordnung vom 20. November 1950 bleiben unberührt. § 15 (1) Auf Geschäftsräume, die Teile einer Wohnung bilden oder wegen ihres wirtschaftlichen Zusammenhanges mit Wohnräumen zugleich mit diesen vermietet sind, sind die Preisvorschriften weiterhin anzuwenden, wenn die Wohnräume den Preisvorschriften unterliegen. Dies gilt nicht, wenn der Mietwert der Wohnräume weniger als ein Drittel des gesamten Mietwertes der vermieteten Räume beträgt; in diesem Falle sind auch auf die Wohnräume die Preisvorschriften nicht anzuwenden. (2) Sind gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke wegen ihres wirtschaftlichen Zusammenhanges mit Wohnräumen zugleich mit diesen vermietet, so gilt Absatz 1 entsprechend. (3) Soweit nach den Absätzen 1 und 2 auf Geschäftsräume oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke die Preisvorschriften anzuwenden sind, ist durch die Preisbehörde eine Mieterhöhung bis zur Höhe der ortsüblichen Miete für Geschäftsraum oder gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke gleicher Art und Lage zuzulassen. § 16 Die Vorschriften der §§ 13 bis 15 finden auf Pachtverhältnisse entsprechende Anwendung. A b s c h n i t t VI Entgelte für Übernachtungen § 17 Die Gewährung von Übernachtungen unterliegt nicht mehr den Preis Vorschriften. Unberührt bleibt § 6 der Verordnung über Preisauszeichnung in der Fassung vom 6. April 1944 (Reichsgesetzbl I S. 98). A b s c h n i t t VII Ergänzende Vorschriften § 18 (1) Miete im Sinne dieser Verordnung ist das in preisrechtlich zulässiger Weise vereinbarte Entgelt einschließlich von Umlagen und Zuschlägen für die mietweise Überlassung von Räumen. 124
§§ 15—20 (2) Unter Wohnraum, der nach dem 17. Oktober 1936 bezugsfertig geworden ist, ist der durch Neubau, Wiederaufbau, Wiederherstellung, Ausbau oder Erweiterung im Sinne von § 2 Abs. 2 bis 5 der Mietenverordnung vom 20. November 1950 neugeschaffene, nach dem 17. Oktober 1936 bezugsfertig gewordene Wohnraum zu verstehen. (3) Wohnraum ist als bezugsfertig anzusehen, wenn der Bau soweit gefördert ist, daß den zukünftigen Bewohnern zugemutet werden kann, den Wohnraum zu beziehen; die Genehmigung der Bauaufsichtsbehörde zum Beziehen ist nicht entscheidend. § 19 Soll eine nach dem 17. Oktober 1936 freiwillig gesenkte Miete wieder an die preisrechtlich zulässige Höchstmiete herangeführt werden, so bedarf es bei unverminderter Leistung des Vermieters hierzu keiner Ausnahmegenehmigung. Abschnitt
VIII
Schlußvorschriften § 20 Alle Preisvorschriften, die den Preisvorschriften dieser Verordnung entsprechen oder ihnen entgegenstehen, treten außer Kraft. Insbesondere werden aufgehoben 1. die Ziffern 7, 9 bis 12, 25, 28 bis 36, 38, 40 Sätze 2 und 3, 41, 43 bis 58, 64 bis 66 des Runderlasses Nr. 184/37 vom 12. Dezember 1937 (Mitteilungsbl. des Reichskommissars für die Preisbildung vom 15. Dezember 1937, Sondernummer) ; 2. § 2 und Anlage 2 der Verordnung PR Nr. 83/50 über die Inkraftsetzung von Mietpreisvorschriften in den Ländern Baden, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Hohenzollern und dem bayerischen Kreis Lindau vom 22. Dezember 1950 (Bundesanzeiger Nr. 22 vom 1. Februar 1951); 3. die Anordnung PR Nr. 72/49 des Direktors der Verwaltung für Wirtschaft über den Ausgleich von Grundsteuer- und Gebührenmehrbelastungen des Hausbesitzes vom 6. September 1949 (VfWMBl II S. 96); 4. der Runderlaß Nr. 32/48 der Verwaltung für Wirtschaft vom 24. Dezember 1948 betr. Umlegung des Wassergeldes 125
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(VfWMBl 1948 II S. 203) und alle Anordnungen der Länder sowie alle allgemeinen Anordnungen der unteren Preisbehörden über die Umlegung des Wassergeldes; das Rundschreiben des Zentralamtes für Wirtschaft für die britische Zone vom 15. Juli 1946 (Mitteilungsbl. der Verwaltung für Wirtschaft 1948 B S. 28) betr. Wohnungsmiete: Abwälzung der erhöhten Grundsteuer und sonstige Mehrbelastungen der Mieter; das Rundschreiben des Zentralamtes für Wirtschaft für die britische Zone Nr. 48 vom 20. Juli 1946 (Nachrichten der Preisverwaltung A 1947 S. 202) betr. Mietberechnung bei wiedererrichteten Hausgrundstücken; der Erlaß des Verwaltungsamtes für Wirtschaft des amerikanischen und britischen Besatzungsgebietes vom 26. November 1946 (Nachrichten der Preisverwaltung 1947 A S. 20 betr. Berechnungen der Umsatzpacht bei steuerbedingter Steigerung des Umsatzes; der Runderlaß Nr. 5 des Verwaltungsamtes für Wirtschaft des amerikanischen und britischen Besatzungsgebietes vom 2. März 1947 (Nachrichten der Preisverwaltung A S. 17) betr. Mietpreisbildung — Herstellung der Rechtsgleichheit zwischen dem amerikanischen und britischen Besatzungsgebiet, soweit hierdurch die Preismaßnahmen unter Nr. 5, 6 und 7 auf das amerikanische Besatzungsgebiet erstreckt wurden; der Runderlaß Nr. 7 des Verwaltungsamtes für Wirtschaft des amerikanischen und britischen Besatzungsgebietes vom 22. März 1947 betr. Richtlinien für Saalmieten (Nachrichten der Preisverwaltung A S. 45); der Runderlaß Nr. 1/50 des Bundesministers für Wirtschaft vom 26. April 1950 (Ministerialblatt des Bundesministers für Wirtschaft S. 82) betr. Senkung der Stopmiete bei Altbauwohnungen.
§ 21 Wer 1. als Vermieter oder Verpächter oder als dessen Beauftragter einen höheren als den nach dieser Verordnung zulässigen Miet- oder Pachtbetrag sich versprechen läßt, fordert oder annimmt, 2. als Mieter oder Pächter einen höheren, als den nach dieser 126
§§ 1 9 — 2 2
Antn. 99a
Verordnung zulässigen Miet- oder Pachtbetrag zu zahlen verspricht oder zahlt, begeht eine Zuwiderhandlung im Sinne des Zweiten Abschnitts des Ersten Buches (§§ 6 bis 21) des Wirtschaftsstrafgesetzes vom 26. Juli 1949 (WiGBl S. 193) in der Fassung des Gesetzes vom 30. März 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 223). § 22 Diese Verordnung tritt am 1. Dezember 1951 in Kraft. Der Bundesminister für Wirtschaft Der Bundesminister für Wohnungsbau
Anlage
Anordnung PR Nr. 72/49 über den Ausgleich von Grundsteuerund Gebührenmehrbelastungen des Hausbesitzes in der Fassung vom 29. November 1951 B G B l I, S. 924 99a
Die Neufassung der Anordnung P R Nr. 72/49 der VfW vom 6. September 1949 (MittBl II, 96), die seit 1. Dezember 1951 gemäß §§ 20 Ziff. 3,22 MietpreisVO außer Kraft gesetzt ist, beruht auf § 4 MietpreisVO. Sie bildet die Rechtsgrundlage für die U m l e g u n g zeitlich begrenzter, frühestens ab 1. April 1945 eingetretener Erhöhungen oder neu begründeter Lasten des Hausbesitzes, also der Mehrbelastung durch 1. Erhöhung der G r u n d s t e u e r d u r c h Erhöhung der Grundsteuerhebesätze nach Maßgabe des § 1; 2. Neueinführung oder Erhöhung a n d e r e r ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e r A b g a b e n , insbes. öffentlich-rechtlicher Benutzungsgebühren, d. s. vor allem die in § 3 AO Nr. 72/49 alter Fassung genannten K a n a l r e i n i gungs(Entwässerungs)gebühren, M ü l l a b f u h r - und S t r a ß e n r e i n i gung sgebühren. Hierher sind auch die in § 2 Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich erwähnten Schornsteinfeger(Kaminkehrer-) und D e i c h g e b ü h r e n zu zählen; die Kaminkehrergebührenerhöhung war bisher nicht umlagefähig, Grundstücksmiete A 234 a; 3. Neuerhebung oder Erhöhung privatrechtlicher Entgelte (die AO bezeichnet sie als Benutzungsentgelte) für F ä k a l i e n a b f u h r , M ü l l a b f u h r und S t r a ß e n r e i n i g u n g (zu der auch die Bürgersteigreinigung zu zählen ist). Die für diese Leistungen zu entrichtenden Entgelte kann der Vermieter auch dann umlegen, wenn er erst jetzt die Arbeiten durch Abschluß von Leistungsverträgen einem privaten Unternehmer überträgt; dies gilt in vollem Umfang auch dann, wenn der Vermieter die übertragenen Arbeiten bisher selbst ausgeführt hat, a. M. Roquette 3 zu § 4 MietpreisVO. Andere als die drei angeführten Entgelte sind nicht umlagefähig; insbes. sind Erhöhungen der Gebäudebrand Versicherungsprämien nicht umlagefähig. 127
Anm. 99a
A n o r d n u n g N r . 72/49
Die zu Ziff. 2 und 3 angeführten Entgelte müssen eine „zusätzliche Belastung des Hausbesitzes" darstellen, so daß es gleichgültig ist, ob die zu zahlenden Beträge unmittelbar ziffernmäßig oder mittelbar durch Veränderung der Bemessungsgrundlage erhöht werden. Unter den näheren Voraussetzungen der §§ 1, 2 „ d ü r f e n " die Vermieter die Mehrbeträge, soweit es sich nicht um Kleinbetragsbeträge im Sinne des § 3 handelt, auf die Mieter umlegen. Es ist ihnen die preisrechtliche Erlaubnis erteilt, diese über die Stopmiete hinausgehende Erhöhung der vereinbarten Miete durch Vertragsänderung gemäß § 305 BGB wirksam werden zu lassen. Gegen den Willen des Mieters konnte bis zum Inkrafttreten des Bundesmietengesetzes eine solche preisrechtlich zulässige Erhöhung der Vertragsmiete nicht erzwungen werden. Verweigerte der Mieter die Zustimmung zur Erhöhung, so konnte der Vermieter entsprechend den Vertragsbedingungen das Mietverhältnis kündigen oder — im Bereich des Mieterschutzgesetzes — gemäß § 3a MSchG auf Aufhebung des Mietverhältnisses klagen. Seit dem Inkrafttreten des Bundesmietengesetzes kann er jedoch die Erhöhungsbeträge durch einseitige Erklärung gemäß § 18 BMG geltend machen. Dies gilt auch für die in § 5 MietpreisVO neu geregelte U m l e g u n g v o n Wassergeld. Zur Frage der Anwendung der Umlegungsvorschriften der VO P R Nr. 71/51 bei Mehrbelastungen des öffentlich geförderten und steuerbegünstigten Wohnungsbaues, die grundsätzlich auch dann zu bejahen ist, wenn dadurch die Richtsatzmiete oder Kostenmiete in ihrem Höchstsatz (§§ 17, 271 WoBauG) überschritten wird, vgl. Rundschreiben des Bundesministers für Wohnungsbau vom 12. Dezember 1952, Bundes-Baublatt 1952, 307.
§ 1 (1) Vermieter oder Verpächter bebauter Grundstücke im Sinne des Reichsbewertungsgesetzes vom 16. Oktober 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 1035) dürfen Grundsteuererhöhungen, die auf einer Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes zwischen dem 1. April 1945 und 31. März 1949 beruhen, mit Wirkung vom 1. April 1950 auf die Mieter oder Pächter umlegen. Grundsteuererhöhungen, die auf einer Erhöhung des Steuerhebesatzes zwischen dem 1. April 1949 und 31. Dezember 1949 beruhen, dürfen mit Wirkung vom 1. Januar 1950 auf die Mieter oder Pächter umgelegt werden. Grundsteuererhöhungen infolge von Erhöhungen der Grundsteuerhebesätze seit dem 1. Januar 1950 dürfen vom Tage des Inkrafttretens der Grundsteuererhöhung ab umgelegt werden. (2) Absatz 1 gilt in den Ländern Baden, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Hohenzollern und dem bayerischen Kreise Lindau mit der Maßgabe, daß Grundsteuererhöhungen infolge von Erhöhungen der Grundsteuerhebesätze zwischen dem 1. April 1945 und 31. Dezember 1950 mit Wirkung vom 1. Januar 1951, nach dem 31. Dezember 1950 erfolgte oder erfolgende Grundsteuererhöhun128
§§ 1 - 3
gen infolge von Erhöhungen der Grundsteuerhebesätze m i t Wirkung vom Tage des Inkrafttretens der Grundsteuererhöhung ab auf die Mieter oder Pächter umgelegt werden dürfen. (8) Die Umlegung entfällt, wenn der Grundsteuerhebesatz nach der Erhöhung nicht über die Höhe des a m 1. April 1938 geltenden Grundsteuerhebesatzes hinausgeht. (4) F ü r den Zeitraum vom Inkrafttreten der Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes bis z u m Zeitpunkt der Abwälzbarkeit der Grundsteuererhöhung findet eine Umlegung nicht statt. § 2 (1) Sind seit d e m 1. April 1945 andere den Hausbesitz belastende öffentliche Abgaben, insbesondere öffentlich-rechtliche Benutzungsgebühren, neu eingeführt oder erhöht worden oder wurde der Hausbesitz auf d e m Gebiet der öffentlichen Abgaben in sonstiger Weise zusätzlich belastet, so dürfen die laufenden Mehraufwendungen hierfür vom Inkrafttreten dieser Anordnung an auf die Mieter oder Pächter umgelegt werden. Das gleiche gilt f ü r Schornsteinfeger- und Deichgebühren sowie f ü r private Benutzungsentgelte f ü r Fäkalienabfuhr, Müllabfuhr und S t r a ß e n reinigung. (2) Laufende Mehraufwendungen i m Sinne von Absatz 1, die nach d e m Inkrafttreten dieser Anordnung entstehen, dürfen von dem auf die Erhöhung folgenden Monatsersten an auf die Mieter oder Pächter g e m ä ß der vereinbarten Mietzahlungsweise u m gelegt werden. (3) F ü r die Zeit zwischen d e m Inkrafttreten der Erhöhung und dem Zeitpunkt der Abwälzbarkeit der laufenden Mehrbelastung findet eine Umlegung nicht statt. Sind in preisrechtlich zulässiger Weise auf Grund der bisher geltenden Bestimmungen Gebührenerhöhungen zu einem früheren Zeitpunkt umgelegt w o r den, so bewendet es hierbei. Bleibt in diesen Fällen das A u s m a ß der Umlage hinter d e m nach dieser Anordnung zulässigen U m fang zurück, so richtet sich vom Inkrafttreten dieser Anordnung ab der Umfang der Umlage nach dieser Anordnung. § 3 (1) Beträgt die monatliche Belastung nach den §§ 1 und 2 weniger als 1 v . H . der monatlichen Miete eines Hauses einschließlich des Mietwertes eigengenutzter Wohnungen (Klein9 Kiefersauer-Glaser, G e s c h ä f t s r a u m m i e t e , 2. Aufl.
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Anordnung Nr. 72/49
betragsgrenze), so ist die Umlegung unzulässig. Mehrbelastungen nach den§§ 1 und 2, soweit sie seit dem 1. April 1945 erfolgt sind, aber nicht abwälzbar waren oder künftig abwälzbar sind, dürfen für die Ermittlung der Kleinbetragsgrenze zusammengerechnet werden. (2) Der Berechnung der Kleinbetragsgrenze ist die Miete abzüglich der Umlagen für Wasserverbrauch und Heizungskosten sowie der seit dem 1. April 1945 in zulässiger Weise erhobenen Umlage zugrunde zu legen. § 4 (1) Die Umlegung nach den§§ 1 und 2 erfolgt nach dem Verhältnis der Leerraummieten gemieteter oder gepachteter Räume unter Berücksichtigung des Mietwertes eigengenutzter Räume des Vermieters oder Verpächters. (2) In den Fällen des § 2 darf die Preisbehörde auf Antrag einen anderen Umlegungsmaßstab zulassen. § 5 Findet bei Untermietverhältnissen die Anordnung PR Nr. 111/ 47 über Höchstpreise bei Untervermietung von Wohnraum vom 18. November 1947 (VfWMBl S. 320) Anwendung, so dürfen Hauptmieter die auf sie entfallende Umlage auf ihre Untermieter nach dem Verhältnis der anteiligen Leerraummieten umlegen. Die Berechnung der anteiligen Leerraummiete erfolgt nach den Vorschriften des§ 1 der Anordnung PR Nr. 111/47. § 6 (1) Die nach der Vierten Anordnung über die Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse des Reichskommissars für die Preisbildung vom 27. September 1937 (Deutscher Reichsanzeiger Nr. 238) zuständigen Preisbehörden sollen den monatlichen Umlegungsbetrag, der nach den Vorschriften dieser Anordnung abwälzbar ist, für jede Gemeinde allgemein oder nach Grundstücksgruppen oder für Gemeindeteile nach Hundertsätzen der Miete bestimmen. Die Bestimmung bedarf der Genehmigung der obersten Landesbehörde (Preisbildungsstelle). Der allgemein bestimmte Umlegungsbetrag tritt an die Stelle der abwälzbaren Beträge im Sinne dieser Anordnung. 130
§§4-8
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(•2) Werden Abgaben im Sinne dieser Anordnung neu eingeführt, weil die Gemeinde Aufgaben übernommen hat, die bisher die Vermieter oder Verpächter auf eigene Kosten durchzuführen hatten, so haben die Preisbehörden den monatlichen Umlegungsbetrag entsprechend Absatz 1 zu bestimmen. Hierbei ist die Entlastung, die die Vermieter oder Verpächter erfahren, zu berücksichtigen. (3) Will der Vermieter oder Verpächter den abwälzbaren Betrag umlegen, und ist der Umlegungsbetrag nicht allgemein bestimmt, so hat er dem Mieter oder Pächter auf Verlangen Einsicht in die Berechnungsunterlagen zu geben. §
7
§
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Die vorstehenden Vorschriften finden auf die Vermietung und Verpachtung unbebauter Grundstücke, land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke sowie auf Mehrbelastungen im Zusammenhang mit dem Wegfall oder der Einschränkung von Grundsteuerbeihilfen oder -befreiungen keine Anwendung. Alle dieser Anordnung entgegenstehenden treten außer Kraft.
Bestimmungen
Verordnung PR Nr. 72/52 über einen allgemeinen Mietzuschlag bei Wohnraum des Althausbesitzes Vom 27. September 1952 (BGBl I 648) 100
Die VO, die bereits seit März 1952 dem Bundestag zur Beratung vorgelegen hatte, sollte schon am 1. April 1952 in Kraft treten. Sie ist erst mit Wirkung vom 1. Oktober 1952 in Kraft gesetzt (§ 5). Die Inkraftsetzung bedeutet, daß von diesem Tage an preisrechtlich die Erhöhung der Wohnungsmiete um den Mietzuschlag zulässig ist. Die Verordnung gibt aber von sich aus nicht dem Vermieter einen Rechtsanspruch gegen den Mieter auf Zahlung des Mietzuschlages; sie ändert ebensowenig etwas an den vertraglichen Vereinbarungen über den Mietzins wie die von der Preisbehörde im Einzelfall genehmigte Erhöhung des Mietzinses (Nr. 72 Rf 184/37). Die VO ermächtigt nur den Vermieter, vom 1. Oktober 1952 an den Mietzins um einen Zuschlag von 10 v.H. zu erhöhen; er darf das Verlangen an den Mieter stellen, ohne gegen die gesetzliche Preisbindung zu verstoßen. Insofern enthält die Verordnung nur eine Erlaubniserteilung an den Vermieter, aber kein Gebot an den Mieter, diesen Zuschlag zu zahlen. Seit dem Inkrafttreten des Bundesmietengesetzes — 1. August 1955 — darf der Vermieter den Mietzuschlag durch einseitige Erklärung gemäß § 18 BMG fordern; er ist also auf die Mietaufhebungsklage aus § 3a MSchG, der durch § 40 Abs. 1 BMG aufgehoben worden ist, nicht mehr angewiesen, wenn der Mieter die Zahlung 131
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Mietpreisverordnung Nr. 72/52
des geforderten Mietzuschlages verweigert. Die Erklärung des Vermieters hat die Wirkung, daß an die Stelle der bisher gezahlten Miete die erhöhte Miete von dem ersten des auf die Erklärung folgenden Monats an tritt; wird die Erklärung erst nach dem 15. eines Monats abgegeben, so tritt an die Stelle der bisher entrichteten Miete die erhöhte Miete von dem ersten des übernächsten Monats an. Die Erörterungen über die Wirksamkeit der Mietaufhebungsklage aus § 3a MSchG in der Vorauflage sind seit dem Inkrafttreten des Bundesmietengesetzes gegenstandslos geworden. Die Verordnung läßt für einen begrenzten Teil des Altwohnraumes die Erhebung des Mietzuschlages „allgemein" zu. Die Entscheidung darüber, ob dieser Mietzuschlag unter den Voraussetzungen der §§ 1, 3 nach den Berechnungsgrundsätzen des § 2 erhoben werden soll, steht dem V e r m i e t e r in e i g e n e r V e r a n t w o r t u n g zu. Er bedarf dazu nicht der Mitwirkung der Preisbehörde ; diese ist nicht befugt, über die Höhe des Mietzuschlages von sich aus — etwa unter Einbeziehung in ein Verfahren gemäß Nr. 40, 59—63 R E 184/37 — oder auf Antrag des Vermieters oder Mieters eine Entscheidung etwa durch Feststellung oder Festsetzung des Mietzuschlags zu treffen. Die Preisbehörde kann auch nicht gutachtlich dazu Stellung nehmen, welcher Betrag auf Grund der VO 72/52 preisrechtlich zulässig ist. Die Berechnung obliegt ausschließlich dem Vermieter, der dem Mieter im Zweifelsfalle (auch ohne eine ausdrückliche Vorschrift wie in § 6 Abs. 3 AO 72/49, A 99 a) Einsicht in die Berechnungsunterlagen geben muß. Der Vermieter muß den Mietzuschlag ausdrücklich vom Mieter unter Angabe des Betrages und notfalls der Berechnungsunterlagen a n f o r d e r n ; ob er die vollen 10 v. H. oder weniger verlangt, steht in seinem Ermessen. Der Vermieter darf nicht mehr verlangen, der Mieter nicht mehr zahlen, § 4. Der angeforderte Mietzuschlag ist im Streitfall auf die Richtigkeit vom ordentlichen Gericht in eigener Zuständigkeit nachzuprüfen und festzustellen. Eine Heranziehung der Preisbehörde zur gutachtlichen Äußerung, die sich auf die ,,in preisrechtlich zulässiger Weise vereinbarte" Ausgangsmiete im Sinne des § 2 zu beschränken hätte, ist nicht erforderlich. Der Schwerpunkt der E n t s c h e i d u n g des G e r i c h t s über den verlangten Mietzuschlag, der unter dem preisrechtlich zulässigen Höchstbetrag von 10 v. H. bleiben kann, liegt in aller Regel in der Beurteilung der zivilrechtlichen Zulässigkeit des geltend gemachten Anspruchs. Der Mietzuschlag der VO 72/52 ist H ö c h t b e t r a g in dem Sinne, daß eine Überschreitung des zulässigen Betrages durch Fordern und Gewähren, Annehmen und Versprechen als Zuwiderhandlung im Sinne des Wirtschaftsstrafgesetzes anzusehen ist, § 4. Als prozentualer Betrag ist der Mietzuschlag nur in den Fällen möglich und zulässig, in denen das Mietentgelt in einer G e l d s u m m e vereinbart ist. Die Anforderung des Mietzuschlages durch den Vermieter ist, wenn man von der Einhaltung vertraglicher oder gesetzlicher Kündigungsfristen absieht, nur an die in der VO selbst bezeichneten Voraussetzungen und Berechnungsvorschriften gebunden. Demgemäß können Einwendungen des Mieters aus der Nichterfüllung der Vermieterleistung, aus Mängeln des Mietraumes, aus übervertraglichen Leistungen des Mieters die Geltendmachung des Mietzuschlages nicht beeinträchtigen, Wormit BBauBl 1952, 389. Im einzelnen gilt folgendes: 1. Die Verordnung betrifft grundsätzlich nur einen bestimmten A l t w o h n raum. Nur Wohnraum kommt in Frage, der vor dem 1. April 1924 bezugsfertig geworden ist. Vom Mietzuschlag wird daher nicht betroffen 132
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Anm. 100
der Wohnraum, der nach dem 31. März 1924 bezugsfertig geworden ist. Für diesen Wohnraum kann, sofern nicht die Preisvorschriften wie z. B. für den neugeschaffenen freifinanzierten Wohnraum gemäß § 27 WoBauG ausdrücklich außer Kraft gesetzt sind, ein Mietzuschlag, gleichviel in welcher Höhe, auch im Wege freier Vereinbarung nur mit Genehmigung der Preisbehörde verbindlich gemacht werden. a) Als W o h n r a u m im Sinne der VO ist mangels einer ausdrücklichen Begriffsbestimmung jeder Raum — selbständiger Einzelraum oder Teil einer Wohnung oder Wohnungseinheit •— anzusehen, der nach seiner baulichen Anlage und Ausstattung für Wohnzwecke geeignet und vertragsgemäß dazu bestimmt ist. Ändert sich die vertraglich festgelegte Zweckbestimmung als Wohnraum nach dem 1. Oktober 1952 z. B. durch völlige oder teilweise Verwendung für Nichtwohnzwecke, so entfällt die Anwendung der VO 72/52 und damit die Erhebung des Mietzuschlages auf Grund der VO, wenn und soweit die Preisvorschriften auf den Raum nach Umwandlung der Zweckverwendung nicht mehr anzuwenden sind. Werden T e i l e e i n e r W o h n u n g vertragsgemäß zum Teil für Nichtwohnzwecke verwendet, so gilt die Wohnung als Geschäftsraum, sofern mehr als die Hälfte der Wohnfläche anderen als Wohnzwecken dient und die Anwendung der Preisvorschriften entfällt für die ganze „Wohnung" gemäß §§ 1, 2 Abs. 2 GRMG (A 8). Bleibt die Verwendung für Nichtwohnzwecke dagegen auf die Hälfte der Wohnfläche oder weniger beschränkt, so ändert sich im Sinne des GRMG nichts an dem Charakter der Raumeinheit als Wohnraum und es bleiben die Preisvorschriften nach allgemeinen Grundsätzen in Geltung. Deshalb findet auch die VO 72/52 auf diese Doppelverwendung von Wohnraum Anwendung: der Mietzuschlag kann erhoben werden; er wird von der Miete des g e s a m t e n Wohnraums einschließlich des nach § 2 Abs. 3 GRMG zulässigen Sonderzuschlags (A 10) oder des nach R E 153/38 vom 29. Dezember 1938 (MittBl 1939 I 10) in % der Miete erhobenen Zuschlags erhoben. Schütz DWW 1952, 234; Bormann ZMR 1952, 222. Die Verweisung in § 3 Ziff. 3 dürfte zweckmäßiger auf Abs. 3 (statt Abs. 2) des § 2 GRMG lauten, so Hamann DÖV 1952, 750. Bei der R e c h t s v e r b i n d u n g von Wohnraum und Geschäftsraum mit Rücksicht auf den r ä u m l i c h e n oder w i r t s c h a f t l i c h e n Zus a m m e n h a n g (A 13) folgt die Regelung des § 3 ebenso wie bei den gemischt genutzten Wohnungen den Grundsätzen des GRMG und zwar auch insoweit, als der Wohnraum in wirtschaftlichem Zusammenhang mit gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken steht (A 12) und unter ausdrücklicher Einbeziehung der Pachtverhältnisse, § 3 Ziff. 1 und 2. Rechtsverbindungen dieser Art bleiben nach § 3 GRMG grundsätzlich preisgebunden, sofern nicht der Mietwert der Wohnräume weniger als die Hälfte des gesamten Mietwertes beträgt. Beträgt daher der Mietwertanteil des Wohnraumes die Hälfte oder mehr vom Mietwert des gesamten Mietobjektes, so finden die Preisvorschriften, also auch die VO 72/52, Anwendung; der Mietzuschlag darf aber nur von der anteiligen Wohnraummiete erhoben werden. Da in aller Regel (A 13) für die Rechts Verbindung ein einheitlicher Miet-(Pacht)preis vereinbart sein wird, dürfte für die Ermittlung des anteiligen Mietzinses der ortsübliche Mietpreis für Wohnräume gleicher 183
A n m . 100
Mietpreisverordnung Nr. 7 2 / 5 2 Art, Lage und Ausstattung zum Vergleich heranzuziehen sein; dabei sind Mieterhöhungen vor und nach dem Inkrafttreten der VO (§ 2 Abs. 3) insoweit zu berücksichtigen, als sie den Mietanteil der Wohnung betreffen, vgl. Bettermann WM 1952, 46; Bormann ZMR 1952, 222
b) Als Wohnraum des Althausbesitzes kommt nur der Altwohnraum für die Erhebung des Mietzuschlages in Betracht. Wohnraum, der seit dem 1. April 1924 erstellt bzw. bezugsfertig geworden ist, fällt, soferne für ihn nicht überhaupt z. B . gemäß § 27 W B a u G , § 6 MietpreisVO Preisfreiheit besteht, n i c h t unter die VO 72/52. Dies gilt insbesondere, wenn der Wohnraum seit dem 1. April 1924 neu geschaffen oder der bisherigen völligen, nach objektiven Gesichtspunkten zu bewertenden Unbewohnbarkeit entrissen worden ist durch Neubau, d . h . eines von Grund auf neuen Gebäudes, durch Wiederaufbau eines zerstörten, d. i. bis auf das Kellergeschoß unbenutzbar gewordenen Gebäudes, wobei der Grund der Zerstörung (Kriegseinwirkung, Kriegsfolgeschäden) unerheblich ist, durch Wiederherstellung eines beschädigten Gebäudes, wobei die Ursache des Schadens unerheblich, zur Abgrenzung von bloßen Instandsetzungsarbeiten die Aufwendung erheblicher Mittel dagegen Voraussetzung ist, durch Ausbau (Erweiterung) eines bestehenden Gebäudes, insbes. Aufbau, Aufstockung, Anbau, Ausbau von Dachgeschossen. Zur begrifflichen Erfassung dieser Fragen vgl. § 2 MietenVO, § 18 MietpreisVO (A 99); Schütz D W W 1952, 233; Bormann ZMR 1952, 220; Breetzke N J W 1952, 1236; Wormit B B a u B l 1952, 387. Wohnungen, die lediglich durch T e i l u n g einer größeren Wohnung — vgl hierher die Anweisung hinsichtlich der Mietzinsbildung in Nr. 37 R E 184/37 — oder durch E i n b a u in vorhandene Wohnungen gewonnen wurden, unterliegen, auch wenn die Änderung erst nach dem 1. April 1924 erfolgt ist, in aller Regel der VO 72/52; die Erhebung des Mietzuschlages ist zulässig, sofern nicht durch Zulassung einer Mietzinssteigerung gemäß Nr. 42 R E 184/37 den veränderten Verhältnissen seit der Teilung Rechnung getragen ist, a. M. Schütz D W W 1952, 233. c) Der Begriff der B e z u g s f e r t i g k e i t des Wohnraumes ist nach dem Vorbild in § 18 Abs. 3 MietpreisVO (A 99) und früherer Vorschriften (Bormann ZMR 1952, 220) in § 1 Abs. 2 festgelegt. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung — OVG Lüneburg H M R Rspr 1951 Nr. 192; VGH Bremen DVB1 1952, 45; OVG Münster ZMR 1952, 94 — wird auf die bauaufsichtliche Gebrauchsabnahme kein entscheidendes Gewicht gelegt, vielmehr die Zumutbarkeit der Ingebrauchnahme durch die zukünftigen Bewohner, d. h. die Eignung zum dauernden wohnlichen Aufenthalt von Menschen in den Vordergrund gestellt. Die Tatsache der Vermietung, der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder des Einzuges des Mieters sind für die Feststellung der Bezugsfertigkeit ohne Bedeutung. Die Bezugsfertigkeit am Stichtag bleibt auch dann maßgebend, wenn der ursprünglich für Wohnzwecke bestimmte Raum später für Nichtwohnzwecke verwendet und die ursprüngliche Zweckbestimmung als Wohnraum durch nachträgliche Änderung des Vertragszweckes wiederhergestellt worden ist. 134
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2. Die VO 72/52 bezieht sich grundsätzlich nur auf M i e t v e r h ä l t n i s s e , gleichviel ob diese auf Vertrag oder auf einer Mietverfügung (Zwangsmietvertrag) der Wohnungsbehörde beruhen. P a c h t v e r h ä l t n i s s e werden vom Mietzuschlag nur insoweit betroffen, als bei räumlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang von Wohn- und Geschäftsraum oder gewerblich genutzten unbebauten Grundstücken gemäß § 3 Ziff. 1 und 2 der Wohnraum anteilig erfaßt wird. Andere Benutzungsentgelte für die Überlassung von Wohnraum, insbes. Entschädigungen nach dem Reichsleistungsgesetz, dürften nach dem Wortlaut der VO nicht in Betracht kommen, a. M. Bettermann WM 1952, 46. U n t e r m i e t v e r h ä l t n i s s e werden von der VO 72/52 nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar insofern betroffen, als die der sog. „gesetzlichen Untermiete" (A 99) zugrundeliegende anteilige Leerraummiete durch den Zuschlag erhöht werden kann. Von dieser Hauptmiete sind gemäß § 2 Abs. 1 Ziff. 4 die nach den §§ 8, 9 VO 71/51 in zulässiger Weise vereinbarten Untermietzuschläge in Abzug zu bringen. Die Ausdehnung des Mietzuschlags auf die Leerraummiete setzt aber voraus, daß die AO 111/47 als Höchstpreisanordnung im Einzelfall zur Wirksamkeit gebracht ist. Wenn man die Regelung des § 7 VO 71/51 für rechtsunwirksam erachtet (Kiefersauer J R 1952, 227), so ergibt sich aus der Anwendung des § 1 AO 111/47 die Möglichkeit der Erhöhung der Leerraummiete bis zu 10 v. H. ohne weiteres. Wird dagegen die freie Vereinbarung gemäß § 7 VO 71/51 als rechtlich zulässig erachtet, so entfällt der Mietzuschlag, wenn die Untermiete frei vereinbart und damit der Einwirkung der Preisbehörde entzogen ist. Der Mietzuschlag könnte in diesem Fall nur wirksam werden, wenn sich ein Vertragsteil gemäß § 7 Abs. 1 VO 71/51 der Preisbehörde gegenüber schriftlich auf die sog. gesetzliche Untermiete beruft oder berufen hat, Bettermann WM 1952, 46. Nur die sog. gesetzliche Untermiete, nicht auch die vertraglich vereinbarte Untermiete wird ohne Zustimmung des Untermieters von dem Mietzuschlag erfaßt; sie führt zu einer doppelten Belastung des Untermieters, Bormann ZMR 1952, 221. Untermietverhältnisse, die nicht der Höchstpreisanordnung 111/47 unterliegen, werden hinsichtlich der Anwendung der VO 72/52 den Hauptmietverhältnissen gleichzustellen sein. 3. Von der erstmaligen Vermietung nach dem 30. September 1952 (§ 2 Abs. 2) abgesehen, ist für die B e r e c h n u n g d e s M i e t z u s c h l a g s als Ausgangsmiete die letzte Vertragsmiete vor dem 1. Oktober 1952 maßgebend, soweit diese „in p r e i s r e c h t l i c h z u l ä s s i g e r W e i s e v e r e i n b a r t w a r " § 2 Abs. 1 Halbsatz 1. Aus der Eigenart des Preisrechts, d. i. dem preisrechtlichen Dürfen einerseits und der bürgerlichrechtlichen Vertragsfreiheit und Vertragsbindung, d. i. dem zivilrechtlichen Können und Wollen andererseits, ergibt sich für die nach § 2 maßgebende Berechnungsgrundlage, daß a) die Vertragsmiete zum 30. September 1952 nur in ihrer p r e i s r e c h t l i c h e n U m f o r m u n g heranzuziehen ist. Das bedeutet, daß a) die S t i c h t a g m i e t e zum 17. Oktober 1936 als preisrechtlich zulässige Miete gilt; gegebenenfalls, wenn diese Stichtagmiete mangels Unterlagen nicht mehr feststellbar ist, ist für diesen Stichtag die für Wohnräume gleicher Art, Lage und Ausstattung ortsübliche Miete festzustellen. Bei erstmaliger Vermietung nach diesem Stichtag ist die vereinbarte Miete in jedem Fall als preisrechtlich zulässige
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Miete zu erachten, OVG Münster ZMR 1952, 81 = JZ 1952, 83. Liegt sie über der Stopmiete, so kann sie von der Preisbehörde herabgesetzt werden; in diesem Fall kann nur der herabgesetzte Mietpreis der Mietzuschlagberechnung zugrunde gelegt werden, Bettermann WM 1952, 46. ß) eine H e r a b s e t z u n g des Mietzinses durch die Preisbehörde im Einzelfall als unmittelbar wirksame Änderung der Vertragsmiete (Nr. 70 R E 184/37) zu berücksichtigen ist, auch wenn die Beteiligten eine förmliche Änderung der Vertragsabrede nicht vorgenommen haben. Das gleiche gilt, wenn die Entgeltsvereinbarung gegen die unmittelbar Recht setzenden H ö c h s t p r e i s a n o r d n u n g e n N r . 1 1 1 / 4 7 OVG Münster HMR Rspr. 1951 Nr. 178 = ZMR 1952, 81; OVG Münster ZMR 1952, 256) und Nr. 115/48 (OVG Münster ZMR 1952, 233) oder gegen die P S t o p V verstößt; denn in diesen Fällen wird die Vertragsmiete gemäß §§ 134, 139 B G B auf das höchstzulässige Entgelt herabgesetzt und zum allein verbindlichen Vertragsinhalt gemacht, Kiefersauer MDR 1951, 706. Einer preisbehördlichen Feststellung des Höchstpreises oder Festsetzung des zulässigen Preises durch die Preisbehörde bedarf es nicht; sie ist auch nicht zulässig, weil, wie OVG Münster ZMR 1952, 85 mit Recht ausführt, die Preisbehörden weder das Recht noch auch die Möglichkeit haben, „nach Art richterlicher Vertragshilfe das. . . geschuldete Entgelt festzustellen oder nach Art eines richterlichen Urteils das im Einzelfall geschuldete Entgelt festzustellen". y) eine von der Preisbehörde zugelassene E r h ö h u n g des Mietzinses nur dann als Vertragsmiete anzuerkennen ist, wenn und soweit die Mietzinserhöhung Gegenstand einer vertraglichen Vereinbarung geworden ist, wobei unerheblich ist, ob die Anerkennung der Erhöhung durch den Mieter freiwillig oder unter dem Druck einer Mietaufhebungsklage gemäß § 3 a MSchG erfolgt ist. Soweit eine zugelassene Mietzinserhöhung vom Vermieter auf diese Weise nicht geltend gemacht worden ist, bleibt die ursprüngliche Vertragsmiete maßgebend ; eine Nachholung des Versäumten gibt dem Vermieter keinen Anspruch auf Nachzahlung der erhöhten Miete, wohl aber kann vom Tage der Wirksamkeit der Erhöhung der Mietzuschlag gemäß § 2 Abs. 3 vom erhöhten Betrag berechnet werden, vgl. Bormann ZMR 1952, 220; Wormit BBauBl 1952, 388. ö) P r e i s f e s t s e t z u n g e n durch die Preisbehörde vor dem 1. Oktober 1952 an die Stelle der Vertragsmiete treten, b) bei erstmaliger Vermietung nach dem 30. September 1952 an Stelle der Vertragsmiete die ortsübliche Miete, wie sie nach § 3 VO 71/51 bis zu den in § 2 dortselbst angegebenen Mietgrenzen vereinbart werden darf. 4. Ausgangsmiete kann stets nur der l a u f e n d e Mietbetrag sein, d. h. der Mietzins, der für den letzten vor dem 30. September 1952 liegenden Zahlungsabschnitt (Monat, Vierteljahr) laufend zu entrichten war. Deshalb müssen einmalige Leistungen des Mieters außerhalb des Mietvertrages, z. B. Zuschüsse zur Instandsetzung, Zins- und Tilgungsraten für Baudarlehen, Übernahme eigener Arbeitsleistungen usw. für die Berechnung des Mietzuschlages außer Betracht bleiben, Bormann ZMR 1952, 220; Wormit BBauBl 1952, 388. 136
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Anm. 100
Als Berechnungsgrundlage für den Mietzuschlag erfährt die Vertragsmiete zum 30. September 1952 nach der zwingenden Vorschrift des § 2 Abs. 1 für bestimmte Nebenleistungen des Mieters, soweit solche in der Ausgangsmiete enthalten und nicht gesondert neben dem Mietzins zu entrichten waren, eine K ü r z u n g , und zwar a) um den Mehrbetrag des Wassergeldes über 3 v. H. der Friedensmiete oder 2,5 v. H. der Nettomiete; b) um (Jen Betriebsaufwand für die Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlage (Heizstoffe, Anfuhr, Bedienung); c) um die Umlagen f ü r die Mehrbelastung des Vermieters durch Steuern und Abgaben, soweit die Umlegung preisrechtlich zulässig war ; d) um die Untermietzuschläge, die gemäß §§ 8, 9 VO 71/51 erhoben worden sind (A 99). Weitere Abzüge von der Ausgangsmiete kann der Mieter nicht verlangen; insbesondere dürfen der Zuschlag für wirtschaftliche Mehrbelastung des Vermieters gemäß § 2 Abs. 3 GRMG (A 10), Beiträge für Treppenhausbeleuchtung, für Treppenhausreinigung, f ü r Fahrstuhlbenutzung usw. nicht in Abzug gebracht werden, wohl aber Schornsteinfegergebühren (a. M. Bettermann WM 1952, 47), weil diese gemäß AO 72/49 (A 99a) nunmehr umlagefähig und deshalb abzugsfähig sind. Im Streitfalle entscheidet über Zulässigkeit und Ausmaß der Abzüge das ordentliche Gericht, nicht die Preisbehörde.
Auf Grund der§§ 2 und 3 des Preisgesetzes vom 10. April 1948 (WiGBl S. 27) / 3. Februar 1949 (WiGBl S. 14) / 21. Januar 1950 (Bundesgesetzbl. S. 7) / 8. Juli 1950 (Bundesgesetzbl. S. 274) / 25. September 1950 (Bundesgesetzbl. S. 681) / 23. Dezember 1950 (Bundesgesetzbl. S. 824) / 29. März 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 223) in der Fassung des § 37 des Gesetzes über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft vom 7. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 7) wird mit Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates verordnet: 101 Die als Fortführung der durch die VO Nr. 71/51 (A 99) angebahnten sog. Kleinen Mietreform — dazu Bettermann JZ 1952, 65; Kiefersauer N J W 1952, 245 — anzusehende VO Nr. 72/52 gründet sich auf §§ 2, 3 PreisG und ist daher in ihrem Wesen eine „Anordnung" des federführenden Bundesministers für Wirtschaft (dazu Bettermann aaO; a.M. Rubarth N J W 1952, 957). Die neue Verordnung unterscheidet sich in der rechtstechnischen Behandlung von den anderen Mietrechtsverordnungen dadurch, daß sie getragen wird von der Zustimmung a) d e s B u n d e s t a g e s , der insoweit entsprechend § 1 PreisG (Neufassung) als Rechtsnachfolger des Wirtschaftsrates (Bettermann aaO, Kiefersauer aaO) anzusehen ist, sowie b) d e s B u n d e s r a t e s , wodurch die „grundlegende Bedeutung der Anord" nung für den gesamten Preisstand, insbesondere für die Lebenshaltung" anerkannt ist (Kiefersauer aaO; Bormann ZMR 1952, 217). 187
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§ 1 (1) Die Miete für Wohnraum, der vor dem 1. April 1924 bezugsfertig geworden ist, darf nach Maßgabe der §§ 2 und 3 um einen Zuschlag von 10 vom Hundert erhöht werden. (2) Wohnraum ist als bezugsfertig anzusehen, wenn der Bau so weit gefördert ist, daß den zukünftigen Bewohnern zugemutet werden kann, den Wohnraum zu beziehen; die Genehmigung der Bauaufsichtsbehörde zum Beziehen ist nicht entscheidend. § 2 (1) Der Mietzuschlag ist von der Miete zu berechnen, die für die letzte Mietzeit vordem 1. Oktober 1952 in preisrechtlich zulässiger Weise vereinbart war; von dieser Miete sind abzuziehen: 1. die Umlagen für Wasserverbrauch, soweit sie über den in der Miete enthaltenen Pauschalbetrag für Wasserverbrauch (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung PR Nr. 71/51 über Maßnahmen auf dem Gebiete des Mietpreisrechts vom 29. November 1951 — Bundesgesetzbl. I S. 920 —) hinausgehen, 2. die Brennstoff kosten, Anfuhrkosten für die Brennstoffe und die Kosten der Bedienung für Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlagen, 3. die seit dem 1. April 1945 in zulässiger Weise vereinbarten Umlagen für laufende Mehrbelastungen, 4. die nach den §§ 8 und 9 der Verordnung PR Nr. 71/51 in zulässiger Weise vereinbarten Untermietzuschläge. (2) Wird Wohnraum nach dem 30. September 1952 erstmalig vermietet, so tritt an die Stelle der vereinbarten Miete (Abs. 1 erster Halbsatz) die Miete, die sich aus § 3 der Verordnung PR Nr. 71/51 ergibt. (3) Wird die in den Absätzen 1 und 2 bezeichnete Miete nach Inkrafttreten dieser Verordnung in preisrechtlich zulässiger Weise erhöht, so kann der Mietzuschlag auf der Grundlage der erhöhten Miete berechnet werden. § 3 Die §§ 1 und 2 finden auch Anwendung 1. auf die anteilige Miete der Wohnräume, wenn Geschäftsräume wegen ihres räumlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhanges mit Wohnräumen zugleich mit diesen 138
§§ 1—5
Anm. 102
vermietet oder verpachtet sind und das Miet- oder Pachtverhältnis nach § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Miet- und Pachtverhältnisse über Geschäftsräume und gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke (Geschäftsraummietengesetz) vom 25. Juni 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 338) den Preisvorschriften unterliegt; 2. auf die anteilige Miete der Wohnräume, wenn gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke wegen ihres wirtschaftlichen Zusammenhanges mit Wohnräumen zugleich mit diesen vermietet oder verpachtet sind und das Miet- oder Pachtverhältnis nach § 3 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 des Geschäftsraummietengesetzes den Preisvorschriften unterliegt; 3. auf die Miete des gesamten Wohnraums, wenn die Wohnung mit nicht mehr als der Hälfte der Wohnfläche zu anderen als Wohnzwecken benutzt wird (§ 2 Abs. 2 des Geschäftsraummietengesetzes) . § 4 Wer 1. als Vermieter oder Verpächter oder als dessen Beauftragter einen höheren als den nach dieser Verordnung zulässigen Miet- oder Pachtbetrag sich versprechen läßt, fordert oder annimmt, 2. als Mieter oder Pächter einen höheren als den nach dieser Verordnung zulässigen Miet- oder Pachtbetrag zu zahlen verspricht oder zahlt, begeht eine Zuwiderhandlung im Sinne des Zweiten Abschnitts des Ersten Buches (§§ 6 bis 21) des Wirtschaftsstrafgesetzes vom 26. Juli 1949 in der Fassung vom 25. März 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 189). § 5 Diese Verordnung tritt am 1. Oktober 1952 in Kraft. Der Bundesminister f ü r W i r t s c h a f t Der B u n d e s m i n i s t e r f ü r W o h n u n g s b a u 102 Die Zulassung der Mietpreiserhöhung im R a h m e n der VO 72/52 soll ähnlich wie die Preisfreigabe bei d e n Geschäftsräumen (V 8) d e m Vermieter von Altw o h n r a u m die preisrechtliche Möglichkeit geben, d u r c h V e r e i n b a r u n g eine den e r h ö h t e n Betriebskosten in etwa a n g e p a ß t e Mietzinsregelung herbeizuführen. D a ß eine Angleichung der Altraummieten an die E r h ö h u n g der 139
Anm. 102
M i e t p r e i s v e r o r d n u n g Nr. 7 2 / 5 2
Raumbewirtschaftungskosten notwendig ist, kann keinem Zweifel unterliegen. Mit der VO 72/52 ist in dieser Hinsicht nur ein Anfang gesetzt, da die 10%ige Erhöhung des Mietpreises in aller Regel den Mehrbedarf sachgemäßer Hausbewirtschaftung nicht zu decken vermag. Nach Bormana ZMR 1952, 219 ist allein zur Deckung der laufenden Reparaturen — ohne Berücksichtigung des Nachholbedarfs und das durch Kriegsschadeneinwirkung und stärkere Belegung verursachten Mehrbedarfs — eine Mieterhöhung von etwa 16 v. H. erforderlich .Die wirtschaftspolitische Begründung der preisrechtlichen Zulassung der Erhöhung der Altbaumieten hatte bei den Beteiligten die mehr oder weniger nach drückliche Geltendmachung von Ansprüchen zur Folge, die in der Verordnung selbst nicht begründet sind und nicht erfüllt werden können. a) Die preisrechtliche Zulassung der Mieterhöhung begründet einen zivilrechtlichen Anspruch auf den Mehrbetrag nur in den oben bezeichneten Ausnahmefällen (A 100). Für die Durchsetzung des Mieterhöhungsanspruchs gegen den Willen des Mieters steht dem Vermieter in aller Regel nur die Kündigung offen, an deren Stelle im Bereich des MSchG die einseitige Erklärung gemäß § 18 BMG tritt. b) Die Zulassung der Mieterhöhung soll den Vermieter wirtschaftlich instand setzen, seinen Vertragsverpflichtungen nachzukommen. Sie setzt also die nach B G B unbeschränkte Verpflichtung des Vermieters zur Gewährleistung der Raumüberlassung voraus. Daß die derzeitige Lage der Wohnraumnutzung eine Beschränkung der Mieteransprüche hinsichtlich der Vertragsmäßigkeit zur Folge haben muß, steht der grundsätzlich nicht auf die Mieteinnahme überhaupt oder auf eine für Instandsetzung zur Verfügung stehenden Quote beschränkten Leistungsverpflichtung des Vermieters nicht entgegen. Der Eigentümer = Vermieter haftet grundsätzlich unbeschränkt. Dies gilt insbesondere für die öffentlichen Körperschaften, denen in § 1 des Ersten Wohnungsbaugesetzes die Förderung des sozialen Wohnungsbaues zur „vordringlichen" Pflichtaufgabe gemacht, denen also von Gesetzes wegen die Bereitstellung eigener Mittel zur Neuschaffung zugemutet wird. Diese Verpflichtung begründet — ohne daß dies im Gesetz zum Ausdruck gebracht ist — für diese Körperschaften in ihrer Eigenschaft als Vermieter eine besondere Rechtsstellung, insofern die öffentlichrechtliche Verpflichtung zu Förderungsmaßnahmen auf dem Gebiete des Wohnungsbaues eine verstärkte Vermieterleistung mindestens in der Richtung zur Folge hat, daß dem V e r f a l l d e r körperschaftseigenen M i e t h ä u s e r im ö f f e n t l i c h e n I n t e r e s s e mit allen Mitteln entgegengewirkt werden muß. Eine Gemeinde als Vermieterin kann deshalb unter keinem Gesichtspunkt ihre Leistungspflicht unter Hinweis auf die man gelnde Ertragsfähigkeit des Hausbesitzes verweigern. Die Einräumung des 10%igen Mietzuschlags hatte naturgemäß beiden Mietern den Wunsch hervorgerufen, die erhöhte Mietrate in irgend einer Form ganz oder zum Teil für Instandsetzungen verwaltungsmäßig sicherzustellen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 26. September 1952 auf Antrag des Landes Hessen beschlossen, die Bundesregierung zu ersuchen „durch geeignete gesetzgeberische Maßnahmen sicherzustellen, daß die M i e t p r e i s e r h ö h u n g t a t s ä c h l i c h f ü r d i e S u b s t a n z e r h a l t u n g v e r w a n d t wird".
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Mietpreisverordnung Nr. 72/52
A n m . 102
Der Bundesminister für Wohnungsbau hat persönlich für die Bundesregierung die Erklärung abgegeben, daß sie dem Ersuchen stattgeben werde. Dennoch ist die gesetzliche Reparaturpflicht des Vermieters und der Verpflichtung, einen angemessenen Teil der Erträge aus den Mieten für diesen Zweck zu verwenden, nicht eingeführt worden, um nicht die Beziehungen zwischen den Vertragsteilen, die ohnehin schon reichlich spannungsgeladen waren, weiter zu verschärfen. Man hat sich auch nicht der Erwägung verschlossen, daß die nur preisrechtlich zugelassene Mietpreiserhöhung einen behördlichen Eingriff in die Privatrechtssphäre der Beteiligten um so weniger rechtfertigt, als der 10%ige Mietzuschlag nicht geeignet war, das gestörte Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung in Ordnung zu bringen. Die Vermieter hätten eine derartige nachträgliche Abwandlung einer preisrechtlichen Maßnahme als ungerechtfertigten Eingriff in ihre Vertragsfreiheit ansehen müssen, vgl. DWW 1952, 225. Wenn schon die Wiedereinführung marktwirtschaftlicher Grundsätze im Bereich der Raumvermietung angestrebt wird, dann muß die Durchsetzung der Mieteransprüche hinsichtlich der Gebrauchsgewährleistungspflicht des Vermieters dem Mieter selbst überlassen werden.
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Sachregister Die Zahlen verweisen auf die Anmerkungen (A), sofern nicht durch ein vorgesetztes Vauf die Vorbemerkungen hingewiesen ist. A Abbau der Wohnungszwangswirtschaft \ V 4 Abdingbarkeit des Widerrufsrechtsdes j Mieters 36 I Abgaben, Umlegung der Mehrbelastung I 99a, 100 | Abiauf der Mietzeit u. GRMG 74 Abschluß von Mietverträgen, Bindung 3, 25, 99 a, 100; Rücktritt 93 Abwälzung von Mehrbelastung des i Hausbesitzes 99 a, 100 Althausbesitz, Eingriffe V 4,12, A 100; Mietzuschlag 100 A m t s g e r i c h t , Zuständigkeit im Widerrufsverfahren 65, 76 Änderung der Verhältnisse, Voraussetzung für Mieterhöhung 70 Anerkennung der Zahlung zugelassener Mietpreiserhöhung, Zeitpunkt 100 Angemessene Miete für Geschäfts- i räume V 8, A 18, 45, 46, 47, 54 j Ankündigung der Umlegung von Was- ' sergeld 99 a; der Forderung des Miet- ! Zuschlags 100 ! Anlage des Raumes 6 • Anordnungen der Preisbehörde, ä Begriffliches 10; Wirkung 3, 99a, 100, 101; Nr. 72/49 über Ausgleich von j Mehrbelastungen 99 a, 100 j Anordnungen der Wohnungsbehör- i de V 6 Anteil a m G e s a m t m i e t w e r t , Aus- ! Scheidung 15, 24, 100 Anteiliger Mietzuschlag bei Mischräumen 100 142
Aufhebung der Preisbindung V 8, A 3 ff.; des Mieterschutzes V 7, A 21 ff.; von Preisvorschriften durch die VO 71/51 A 17, 99 (§ 20) Ausbau von Wohnungen, Mietzuschlag 100 Ausgangsmiete für die Berechnung des Mietzuschlags 100 Ausgleich von Mehrbelastungen des Hausbesitzes 99 a, 100 Automatische Mietpreiserhöhung, keine 100 B B a d e z i m m e r , Einbeziehung in die Wohnflächenberechnung 9 Bauabschnitte, Stichtagmiete 99 Bauaufsichtliche Abnahme bezugsfertiger Wohnungen 100 Baudarlehen, Anspruch des Mieters auf Kündigungswiderruf 51, 53 Baukosten, Zuschüsse des Mieters 53 Bauliche Eignung 6, 100 Bauwerke, Wiederaufbau zerstörter B. 43, 44 Beendigung des Mietverhältnisses — durch Zeitablauf 36, durch Kündigung 29 B G B , Vorschriften, Rückkehr zu den V 5, 7, 10, A 21, 29 Begrenzung des Eigentums marktwirtschaftlicher Grundsatzverwirklichung 46,47 Begründung des Mietverhältnisses, maßgebenderZeitpunkt4,15,37,51,55
Sachregister B e h e r b e r g u n g s r ä u m e , Preisauszeichnung 99 Beitrag des Mieters zu den Baukosten, Sonderstellung im Kündigungswiderrufsverfahren 51, 52, 53; keine Berücksichtigung bei Mietzuschlag 100 Belange, öffentliche, Gefährdung 39 B e l a s t u n g des Hausbesitzes, Umlegung 99 a ; Mietzuschlag 100 B e l ä s t i g u n g , erhebliche, macht Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar 30, 42, 43 B e m e s s u n g des Mietzinses, Begriff26 B e n u t z u n g s g e b ü h r e n , Umlegung des Mehrbetrages 99 a ; Abzug von der Ausgangsmiete bei Berechnung des Mietzuschlages 100 Berechnung des Mietzuschlags 100 Berechnungsunterlagen, Einsichtnahme durch den Mieter 99a, 100 Bereitschaft des Vermieters zur Entschädigung des Mieters 50 Berufung, Rechtsmittel im Kündigungswiderrufsverfahren 73; auf die Beendigung des Mietverhältnisses 74 Beschränkung der Zwangsvollstreckung im Räumungsverfahren 29/31 Beschränkung des K ü n d i g u n g s rechts nach Freistellung vom Mieterschutz 26 Bezugsfertigkeit, maßgebender Zeitpunkt 99, 100 Bindung d e s Vertrages V 5, A 3, 25, 29, 29a, 99a, 100 Bundesrat, Zustimmung 101; Stellungnahme zu VO 71/51 V 8, A 96 B u n d e s t a g , Zustimmung 101 B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t zur VO 71/51 V 8, A 96 D Darlehen des Mieters 51, 53 Dauer des Mietverhältnisses 74, 75 Dauerwohnrecht A 37, Deichgebühren, Umlegung des Mehrbetrages 99 a
Diensträume 6 Differentialgewinne der Althausmieter V 4 E Eigenbedarf des Vermieters, Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zumutbar 43 E i g e n t u m , Eingriff iij das E. V 4, 12 Eignung des Raumes 6, 100 Einbau von Wohnungen, Mietzuschlag 100 Eingriff in das Eigentum V 4, 12 E i n k o m m e n s t e u e r b e g ü n s t i g u n g u. Wohnungsbau 99 a Einrede, Geltendmachung des Widerrufsanspruchs des Mieters 58, 60, 64 Einstellung der Zwangsvollstreckung aus Räumungsurteilen 29—31 Entschädigung, Bereitschaft des Vermieters 50 Entziehung des Wohnungseigentums V 12 Erhöhung des Mietzinses, durch Umlegung der Mehrbelastung 99a; durch Mietzuschlag bei Altwohnraum 100; durch Anerkennung des Mieters im Widerrufsverfahren 45, 46, 47, — im Übergangsrecht 95; durch Kündigung bzw. Mietaufhebungsklage oder Erhöhungserklärung 99 a, 100, 102 Erlöschen des Anspruchs des Mieters auf Widerruf der Kündigung 35, 58 E r m ä c h t i g u n g zum Erlaß von Rechtsverordnungen 10, 18, 47, 54 E r m e s s e n des Gerichts im Widerrufsverfahren über die Zumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses 41, bei Entscheidung über die angemessene Mieterhöhung 47 Ersatz der Umzugskosten 50 Ersatzraumbeschaffung, Möglichkeit für den Mieter 43, 48, 49, 55 Ersteher des Grundstücks 37 Ertragsberechnung als Grundlage des Mietzinses 15, 18, 24 Ertragslage des Hausbesitzes, Verbesserung 99, 99a, 100 143
Sachregister F Fahrstuhlbenutzung 100 Fäkalienabfuhrkosten, Umlegung der Mehrkosten 99 a Feststellung der angemessenen Geschäftsraummiete im Widerrufsverfahren 45, 46, 47, 69, 73; im Übergangsrecht 95; des Zeitpunktes der frühest zulässigen Kündigung 71, 72, 73, 100 Fiktion der Marktlage bei Geschäftsräumen V 4, 8, A 24 Finanzierungsbeihilfe des Mieters, Rechtsstellung im Widerrufsverfahren 51, 52, 53 Fläche s. Wohnfläche Fortsetzung des Mietverhältnisses, Prüfung der Zumutbarkeit im Widerrufsverfahren 41—47 Freie Marktwirtschaft, Grundsätze V 8 Freifinanzierter Wohnungsbau, Preisfreiheit V 8, A16. 99,100 Freistellung des Geschäftsraumes von der Preisbindung V 8, A 16; vom Mieterschutz V 7, A 2 1 ; Rückwirkung auf Wohnraum 16 Freiwerdender Geschäftsraum und Wohnraumbewirtschaftung V 6, A 23, 62 F r i s t für Anträge auf Mietzinserhöhung 99 (§ 2); für Widerspruch gegen die Kündigung 57—59 G Gebäudebrandversicherung, Beitragserhöhung nicht umlagefähig 99 a Gebrauchsabnahme, bauaufsichtliche 100 Gebrauchsüberlassungs- und erhaltungspflicht des Vermieters unbeschränkt 102 Gebührenmehrbelastung, Umlegung 99 Gefährdung des Gebäudes durch den Mieter läßt Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar erscheinen 42 Gefälligkeitsmiete 99 Gemeinde, Pflichtaufgabe der Be144
kämpfung des Verfalls gemeindeeigener Gebäude 102 Gemischte Raumnutzung, Freistellung vom Mieterschutz 23, 24, von der Preisbindung 8, 13; Mietzuschlag 100 Gerichtskosten im Widerrufsverfahren 67; bei Übergang von der Mietaufhebungs- zur Räumungsklage 91 G e s a m t m i e t w e r t , Aufteilung 15, 37, 100 Geschäftsgrundlage, Wegfall d e r — 31 Geschäftsraum, Begriff V 10, A 6, 7, 16, 100; s. a. Mischraum Gesetzliche Miete, Mietzuschlag 100, 102 Gewerblich genutzte unbebaute Grundstücke, Freistellung vom Mieterschutz 22; Freistellung von den Preisvorschriften 7 a, 12; Kündigungswiderrufsverfahren 37, 51, 55; kein Mietzuschlag 100, Vollstreckungsschutz 31 Grundsteuerbeihilfen 99 (§ 6) 99a (§7) Grundsteuererhöhung, Umlegung 99 a; Abzug vor Mietzuschlagberechnung 100 Grundstücke, Verbindung mit Wohnraum 8 , 1 3 , 2 3 , 2 4 , 1 0 0 Grundstückserwerber im Widerrufsverfahren 37 H Härte, Ausgleich durch Übergangsregelung A 30 Hausbesitz Verbesserung der Ertragslage 100, Abwälzung zusätzlicher Belastung durch Umlegung 99 a Hauskäufer im Widerrufsverfahren 37 Hausunratabfuhr, Umlegung der Mehrkosten 99 a Heimfallrecht und Widerspruchsverfahren 37 Heizstoffe, Abzug vor Mietzuschlagberechnung 100; umlegungsfähig 99a Herabsetzung des Mietzinses durch die Preisbehörde 100 Herausgabeverfahren, Geltendmachung des Widerrufsanspruchs des Mieters 60, 61, 64; Urteilswirkung 69, 70; Urteilsinhalt 71, 72
Sachregister Höchstmiete, angemessene Geschäftsraummiete im Widerrufsverfahren 45, 63, 69, 95; Stichtagmiete 99 (§ 1); Untermiete 99, 100; Mietzuschlag 100 Höchstpreisvorschriften für Mieten und Pachten 3, 14, 100 Hotelgewerbe, Preisauszeichnungspflicht 99 (§ 17) I Interessenabwägung bei Eigenbedarf des Vermieters 43 K Kaminkehr er gebühren, nicht abzugspflichtig bei Berechnung der Ausgangsmiete bei Mietzuschlag 100; umlegungsfähig bei Erhöhung 99 a Kanaibenutzungsgebühren, Umlegung 99 a Kapitaikosten, Berücksichtigung bei Ertragsberechnung 18, 99 Klage auf Widerruf der Kündigung 31, 60, 64, 69, 71 Kleinbetragsgrenze bei Umlegung 99 a Konjunkturmiete 47 Körperschaften des öffentlichen Rechts, Pflichtaufgabe 102; öffentliche Belange im Widerrufs verfahren 39, 48 Kosten des Widerrufsverfahrens, Wertberechnung 67; bei Übergang zur Räumungsklage 91 Kostenmiete bei der Geschäftsraummiete 15, 18, 24, 47, 54; als Stichtagmiete bei Wohnraum 99 (§1) Kriegsbedingte Zwangswirtschaft V 4, 10 Kriegseinwirkung, Wideraufbauförderung 43, 44 Krisenmiete 99 Küche, Einbeziehung in die Wohnflächenberechnung 9 Kündigung des Vermieters, Begriff 34, 40; Notwendigkeit 100; Zulässigkeit des Widerrufs 30; Widerrufsanspruch des Mieters 37, 51,55; Dauerbeschränkung nach Freistellung vom Mieterschutz 22, 26; Kündigung zum Vertragsende 74 Kündigung aus wichtigem Grunde 40; fristlose 42 Kündigungstermin, Mieterhöhung 10
durch Umlegung 99 a, durch Mietzuschlag 100; im Widerrufsverfahren durch Urteil festgestellt 71; Beschränkung nach Aufhebung des Mieterschutzes 26; Vertragsbindung 25,100 Kündigungswiderrufsverfahren 34ff. Kündigungswiderspruch, Pflicht des Mieters 57, 58, 59 L Ladenmiete als Geschäftsraummiete 5, 19; Ausscheidung desMietwertanteils 15 Lage des Geschäftsraumes, Berücksichtigung bei Ermittlung der ortsüblichen Miete V 8, A 47 Landwirtschaftliche Grundstücke, Nutzung ohne Umlegung 99 a (§ 7) Laufende Mieterleistungen, Gegenstand des Mietzuschlags 100 Laufende Mietverhältnisse bei Geschäftsräumen: Stichtag 1. Dez. 1951 V 6, 7, 8, A3, 16, 21,22, 29 ff. Leerraummiete, Umlegungsmaßstab 99, 99a; Grundlage der Untermiete 100 Leistungsverweigerungsrecht des Mieters, Geltendmachung des Widerrufsanspruchs 33, 60, 64, 69 Lockerung der Zwangswirtschaft, Begriffliches V 8 M Marktmiete V 4, 8, A 3, 18, 19, 46, 47 Mehrbelastung des Hausbesitzes, Umlegung 99 a; Mietzuschlag 100 Miete, gesetzliche und Mietzuschlag 100, s. auch angemessene Miete, Kostenmiete, Marktmiete, ortsübliche Miete, subjektive Miete Mieterdarlehen und Widerrufsverfahren 51, 52, 53 Mieterhöhung, angemessene, Zwang zur 45 ff.; preisrechtliche Zulassung 99 a, 100; zivilrechtliche Durchsetzung 99a, 100, 102 Mietherabsetzung 100 Mieterschutz, Freistellung der Geschäftsräume V 7; Fortführung im Widerrufsverfahren 34 ff.; Wiederherstellung des Mieterschutzes V 4 A 55 Mietrecht der Übergangszeit V 7
Kiefersauer-Glaser, Geschäftsraummiete, 2. Aufl.
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Sachregister Mietreform, kleine 99, 99a, 100—102 Mietvertrag, verpfl. f. beide Vertragspartner V 5, A 3,25, 29, 31, 99 a, 100 Mietvorauszahlung, Widerrufsanspruch des Mieters 51 Mietwert bei Mischräumen 15, 37, 100 Mietwertanteil, maßgeb. 11,12,14,15 Mietwucher V 8, A 46, s. Wirtschaftsstrafrecht Mietzeit, Ablaufsbeschränkung u. Widerrufsrecht 74, 75; Mietverhältnisse auf unbestimmte Zeit 26 Mietzinszahlungsverzug und Widerrufsverfahren 42 Mietzinszuschlag für Altwohnraum 100; für Mehrbelastung des Vermieters bei Mischräumen 10, 100 Mietzuschlag, allgemeiner 9, 11, 100; besonderer 10, 100 M i s c h r ä u m e , Begriff nach dem GRMG 8, 9, 10, 13, 23, 24; Mietzuschlag 100; Preisfreigabe 11, 13, 15, 17; Freistellung vom Mieterschutz 23, 24; Mietzuschlag 100 Müllabfuhrkosten, Umlegung des Mehrbetrags 99 a N Nachteile, wirtschaftliche 38 Neubauwohnungen, MietzuschlaglOO; Umlegung der Mehrbelastung 99 a Neutrale R ä u m e 8 Nießbraucher, Rechtsstellung 37 Notstand, Geschäftsraummarktlage V 4, 8, A 21 Nutzflächenausscheidung bei Mischräumen 9 O Öffentliche Abgaben, Umlegung 9 9 a ; Belange im Widerrufsverfahren 39 Ordnungswidrigkeit 99 (§ 21), 100 (§ 4) Ortsübliche Miete bei Geschäftsräumen V 8 A 16, 47, 54 P Pachtverhältnisse über Geschäftsräume 20, 22, 27, 54, 55, 76; Mietzuschlag 100 pacta sunt servande 3, 25,31,99 a, 102 Planung des Nutzungsrechts A 45, 95 Prämienerhöhung der Gebäudebrandversichg. nicht umlegungsfähig 99 a 146
P r a x i s r ä u m e in Wohnungen 8, 10, 38 Preisbehörde, Zuständigkeit bei Geschäftsräumen V 8, A 3, 4, 14, 17; keine Z. für Mietzuschlag 100 Preisbindung für Mischräume 14 Preisfreigabe bei Geschäftsräumen V 8, A 2, 3, 4 ff. Preisfestsetzung keine Rückwirkung 100 Preisgenehmigung, Rückwirkung zulässig 100 Preisrechtlich zulässige Weise der Mietzinsvereinbarung 99 a, 100 Preistreiberei bei Vermietung V 8, A 4, 46 Preisvorschriften, Aufhebung 16, 99 (§ 20); Verstoß 99 (§ 21), 100 (§ 4) R R a u m b e d a r f des Vermieters 43 R ä u m e , neutrale 8 Räumlicher Z u s a m m e n h a n g von Wohn- und Geschäftsraum 13, 24, 100 Räumungsentschädigung des Vermieters u. Widerrufsverfahren 50 Räumungsfrist bei Geschäftsräumen 28 Räumungsschutz im Vollstreckungsverfahren 29—33 Räumungsverfahren, Geltendmachung des Widerrufsanspruch des Mieters 60, 64 Rechtsgültigkeit der VO 71/51 u. der MSchAusnVO V 8, A 96 Rechtskraft des Urteils im Widerrufsverfahren 61, 64 Rechtsmittel im Widerrufsverfahren 73 Rechtsverordnungen, ausstehende 10, 18, 47, 59 Reichsleistungsgesetz, Entschädigung und Mietzuschlag 100 Rückführung zweckentfremdeten Wohnraumes V 6 Rücktritt von Mietzinsvereinbarungen . 93 Rückzahlungspflicht des Vermieters 93 Rückwirkung von Rechtsnormen, Zulässigkeit 2, 10; von Mieterhöhungen 100 Runderlaß teilweise Aufhebung des R E 184/37 A 15, 17, 99 (§ 20); R E 153/38 A 10, 100
Sachregister S Schornsteinfegergebühren, Umlegung 99a; Abzug bei Berechnung des Mietzuschlags 100 Sicherheitsleistung und Widerrufsverfahren 50 Steuerbegünstigter Wohnungsbau 16, 99a Stichtagmiete 99 (§ 1), 100 Straßenreinigungsgebühren, Umlegung der Erhöhung 99 a Streitwertberechnung im Widerrufsverfahren 67 T Teile einer Wohnung 13, 23, 100 Teilung von Wohnungen, Mietzuschlag 100 Treu und Glauben 31, 102 Treueverhältnis bei Dauerschuldverhältnissen 40 Trümmergrundstücke, Mieterschutz Y 7; Wiederaufbau 43 U Übergangsrecht nach dem Mieterschutzgesetz V7; nach d. GRMG29 ff. Übernachtungsentgelt bei Beherbergungsraum 99 (§ 17) Umlegung von Grundsteuer- und Gebührenmehrbelastung 99 a, 100; von Wassergeld 99 a, 100 Umsatzmiete 19 Umzugskosten, Entschädigung durch den Vermieter 38, 50 Unbebaute Grundstücke 8,13, 23, 24, 100 Unbefugte Gebrauchsüberlassung 42 Untermiete, Mietzuschlag 100 Untermietzuschläge 99 (§§ 8, 9) Unternehmenspacht, Widerrufsverfahren 77 Urteil im Widerrufsverfahren 60ff., 64, 69, 71, 73; Räumungsurteil, vorläufige Vollstreckbarkeit 28 V Veränderung der Geschäftsgrundlage 31 Verbesserung der Ertragslage des Hausbesitzes 100 10»
Verbindung von Wohn- und Geschäftsraum 13, 24 Vereinbarte Untermiete 100 Verfassungswidrigkeit der Novemberverordnungen V 8, A 96 Vergleichsräume nach Aufhebung der Preisbindung für Geschäftsräume V 8 Verlängerung d.Mietverhältnisses nach Freistellung der Geschäftsräume 3 Verordnungen P R Nr. 71/51 (A 99); Nr. 72/52 (A100); Nr. 78/52 (A99§2, Fußnote) Verschiebung der Mietwerte zwischen Wohn- und Geschäftsräumen 15, 24 Verstoß gegen Preisvorschriften 99 (§ 21), 100 (§ 4) Vertragsbindung hindert Durchsetzung der zugelassenen Mietpreiserhöhung V 5, A 3, 25, 99 a, 100 Vertragsdauer 99 a, 100; nach Wegfall des Mieterschutzes V 5, A 3, 25, 74 Vertragsfreiheit, Rückkehr zur V 6, A 31; Eingriff in die V 4, A 100, 102 Vertragsmiete, Kündigungsrecht des Vermieters; Mietpreissteigerung 99a, 100; Mietzuschlag 100 Vertragstreue 25 Verwandte, Ausdehnung des Eigenbedarfs 43 Verweigerung der Anerkennung der Mietzinserhöhung durch den Mieter; Abweisung des Widerrufsanspruchs 45 Verwirkung des Widerrufsanspruch des Mieters 31, 56, 57 Verzicht auf den Anspruch auf Widerruf der Kündigung 35 Verzug mit Mietzinszahlung 30 Vollstreckbarkeit, vorläufige des Räumungsurteils 28 Vollstreckungsbeschränkung durch das Vollstreckungsgericht 29—32 Vollstreckungsgegenklage gegen rechtskräftiges Räumungsurteil 86 Vollstreckungsschutzmaßnahmen 29—33 W Warmwasserversorgung, Betriebskosten, abzugsfähig bei Berechnung des Mietzuschlags 100 147
Sachregister Wassergeld, Umlegung 99a; Abzug bei Berechnung des Mietzuschlages 100 Wegfall der Geschäftsgrundlage 31 Wertverschiebung 15, 16 Widerklage, Geltendmachung des Widerrufsanspruchs 33, 60, 66 Widerruf der Kündigung, Anspruch des Mieters 34ff., 37, 51, 55; Zulässigkeit 34; Abdingbarkeit 36 Widerspruch gegen die Kündigung. Zwang 57, 58, 59 Wiederaufbau, Planung wird berücksichtigt im Widerrufsverfahren 43, 44; Wiederaufbauräume ohne Mietzuschlag 100 Wiederaufleben früherer Mietzinsabreden V 5, A 4 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Fristversäumung zur Widerspruchserklärung 59 Wiederherstellung von Gebäuden 43, 44, 100 Wirksamkeit der Zulassung von Mietpreiserhöhungen 99 a, 100 Wirtschaftliche Nachteile, Voraussetzung des Widerrufsanspruchs 38 Wirtschaftlicher Zusammenhang von Wohn- und Geschäftsraum 13, 23, 100 Wirtschaftsstrafrecht V 8, A 4, 46, 99 (§ 21), 100 (§ 4) Wohnfläche, Berechnung bei Verwendung für NichtWohnzwecke 9, 23, 100 Wohnlage, Berücksichtigung bei Ermittlung der ortsüblichen Miete 17 W o h n r a u m , Begriff V 10, A 5, 6, 99 (§ 18), 100; Freistellung vom Mieterschutz 16, 23; Preisfreigabe 11; Mietzuschlag 100; Zweckentfremdung 6, 7 Wohnrecht, Dauerwohnrecht A 37 Wohnungsbau, sozialer A 99 a Wohnungseigentum A 37 Wohnungsteilung u. Mietzuschlag 100 Wucher mit Mieträumen V 8, A 46
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Z Zahlung des Mietzuschlags 100; der Umlegungsbeträge 99 a Zahlungsverzug des Mieters im Widerrufsverfahren 42 Zeit, Mietverhältnisse auf unbestimmte Zeit 26, 36 Zeitablauf bei Mietverhältnissen über Geschäftsräume 36, 74 Zeitpunkt der Freistellung von Geschäftsräumen 4, 16, 22; der Zahlung des erhöhten Mietzinses 99 a, 100 Zielsetzung des GRMG V 6 A 2, 30—32 Zugriff der Wohnungsbehörde V 6, A 62 Zulässige Miete, in preisrechtlich zulässiger Weise vereinbarte Miete 100 Zumutbarkelt der Ingebrauchnahme 100; der Fortsetzung des Mietverhältnisses durch den Vermieter 40, 41 Z u s a m m e n a r b e i t zwischen Gericht und Preisbehörde 17, 24 Z u s a m m e n h a n g , räumlicher, wirtschaftlicher 13, 23, 100 Zuschläge für wirtschaftliche Mehrbelastung des Vermieters 10, 99a, 100; allgemeiner Z. bei Wohnraum des Althausbesitzes 9, 11, 100 Zuschüsse des Mieters und Widerrufsverfahren 51 ff. Zuständigkeit im Widerrufsverfahren, Mietsachen 65; Pachtsachen 76; der Preisbehörden 17, 100 Z u s t i m m u n g des Bundestags und Bundesrats 101 Zuwiderhandlung, preisrechtliche 99 (§ 21), 100 {§ 4) Zwang zur Anerkennung der angemessenen Miete A 45 ff. Zwangsvollstreckung bei Räumen, Einstellung 29—33 Zweckbestimmung d er Raumnutzung, Rechtserheblichkeit 6; Änderung 7 Zweckentfremdung von Wohnraum, genehmigungspflichtig V 6