Gesamtausgabe (MEGA): Band 1 Karl Marx: Werke, Artikel, literarische Versuche bis März 1843 9783050075976, 9783050033518

Der erste Teil bringt die Dissertation „Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie“ und die ersten

103 25 106MB

German Pages 1425 [1402] Year 1975

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Gesamtausgabe (MEGA): Band 1 Karl Marx: Werke, Artikel, literarische Versuche bis März 1843
 9783050075976, 9783050033518

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[MEGA]

KARLMARX FRIEDRICH ENGELS GESAMTAUSGABE (MEGA) ERSTE ABTEILUNG WERKE· ARTIKEL· ENTWÜRFE BAND 1

Herausgegeben vom Institut für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und vom Institut ftir Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands

KARLMARX WERKE· ARTIKEL LITERARISCHE VERSUCHE BIS MÄRZ 1843 TEXT

DIETZ VERLAG BERLIN 1975

Redaktionskommission der Gesamtausgabe: Günter Heyden und Anatoli Jegorow (Leiter), Rolf Dlubek und Alexander Malysch (Sekretäre), Heinrich Gemkow, Lew Golman, Erich Kundel, Sofia Lewiowa, Wladimir Sewin, Richard Sperl. Redaktionskommission der Ersten Abteilung: Rolf Dlubek (Leiter), Erich Kundel, Alexander Malysch, Richard Sperl, lnge Taubert. Bearbeitung des Bandes: lnge Taubert (Gesamtleitung), Renate Merkel (Leitung für Teil II), Jörg Armer, Ueana Bauer, Johanna Dehnert, Bernhard Dohm, unter Mitarbeit von Hansulrich Labuske. Gutachter: Larissa Miskewitsch und Boris Krylow.

Mit 20 Faksimiles

© Dietz Verlag Berlin

1975

Lizenznummer I LSV 0046 Technische Redaktion: Heinz Ruschinski Korrektur: Hanna Behrendt, Gerda Plauschinnat Einband: Albert Kapr Typografie : Albert Kapr/Horst Kinkel Printed in the German Democratic Republic Gesamtherstellung: GO Interdruck Leipzig Papierherstellung: VEB Spezialpapierfabrik Golzern Best.-Nr.: 744 800 5 EVP 135,- Mark

Inhalt Text Vorwort zur Gesamtausgabe

19"

Einleitung zum ersten Band der Ersten Abteilung

53"

Editorische Hinweise

81"

Verzeichnis der Abkürzungen, Siglen und Zeichen

Apparat

873

ERSTER TEIL: DISSERTATION UND PUBLIZISTISCHE ARBEITEN Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie nebst einem Anhange Widmung Vorrede Inhalt

Erster Teil : Differenzder demokritischen und epikureischen Naturphilosophie im allgemeinen I. Gegenstand der Abhandlung II. Urteile über das Verhältnis der demokritischen und epikureischen Physik 111. Schwierigkeiten hinsichtlich der Identität demokritischer und epikureischer Naturphilosophie

Zweiter Teil: über die Differenz der demokritischen und epikureischen Physik im einzelnen Erstes Kapitel : Die Deklination des Atoms von der geraden Linie Zweites Kapitel: Die Qualitäten des Atoms Drittes Kapitel: 1\.toJ.Lo• cipxat und ä'toJ.La (J"tO•XE~a Viertes Kapitel: Die Zeit Fünftes Kapitel : Die Meteore

5 11 13 19

879

21 21

23 25 33 33 40 44 48

51

5"

Inhalt

Anmerkungen Erster Teil : Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie im allgemeinen II. Urteile über das Verhältnis demokritischer und epikureischer Physik 111. Schwierigkeiten hinsichtlich der Identität demokritischer und epikureischer Naturphilosophie IV. Allgemeine prinzipielle Differenz zwischen demokritischer und epikureischer Naturphilosophie

Text 59 59 59

60 66

Zweiter Teil : Ober die Differenz der demokritischen und epikureischen Physik im einzelnen

72

Erstes Kspitel : Die Deklination des Atoms von der geraden Linie Zweites Kspitel: Die Qualitäten des Atoms Drittes Kspitel : ;t\TOj.LO~ apxat und äTOj.LQ crTmxt~a Viertes Kspitel : Die Zeit Fünftes Kapitel : Die Meteore

72 75 79 81 83

Anhang: Kritik der plutarchischen Polemik gegen Epikurs Theologie I. Das Verhältnis des Menschen zu Gott 1. Die Furcht und das jenseitige Wesen 2. Der Kultus und das Individuum 3. Die Vorsehung und der degradierte Gott

Fragment einer neuen Vorrede

Apparat

88 88

88 89 89 92

963

Publizistische Arbeiten Bemerkungen über die neueste preußische Zensurinstruktion

97

984

Die Verhandlungen des 6. Rheinischen Landtags. Erster Artikel : Debatten über Preßfreiheit und Publikation der Landständischen Verhandlungen

121

990

Die Zentralisationsfrage in bezugauf sich selbst und in bezug auf das Beiblatt der "Rheinischen Zeitung" zu Nr. 137, Dienstag, 17. Mai 1842

170

1006

Der leitende Artikel in Nr. 179 der "Kölnischen Zeitung"

172

1009

Das philosophische Manifest der historischen Rechtsschule

191

1016

Verhandlungen des 6. Rheinischen Landtags. Dritter Artikel : Debatten über das Holzdiebstahlsgesetz

199

1021

Der Kommunismus und die Augsburger " Allgemeine Zeitung"

237

1032

6•

Inhalt

Zur Polemik über den Kommunismus

Text 241

Apparat 1038

Noch ein Wort über "8runo Sauer und die akademische Lehrfreiheit" von Dr. 0. F. Gruppe. Berlin 1842

245

1040

Die "liberale Opposition" in Hannover

249

1042

Die Kommunalreform und die "Kölnische Zeitung"

251

1044

Der Ehescheidungsgesetzentwurf. Kritik der Kritik

260

1051

Kabinettsordre in bezug auf die Tagespresse

264

1054

Ein Korrespondent der "Kölnischen Zeitung" und die "Rheinische Zeitung"

266

1056

Die polemische Taktik der Augsburger Zeitung

268

1058

Der Artikel in Nr. 335 und 336 der Augsburger "Allgemeinen Zeitung" über die ständischen Ausschüsse in Preußen

272

1061

über Adolph Stahr

286

1068

Der Ehescheidungsgesetzentwurf

287

1069

Das Verbot der "Leipziger Allgemeinen Zeitung" für den preußischen Staat

291

1071

Zur Polemik der Augsburger "Allgemeinen Zeitung"

294

1073

Ankündigung der "Rechtfertigung des tt-Korrespondenten von der Mosel"

295

1074

296 298

1076

Rechtfertigung des tt-Korrespondenten von der Mosel A. Die Frage in bezug auf die Holzverteilung B. Das Verhältnis der Moselgegend zur Kabinettsordre vom 24. Dezember 1841 und der durch dieselbe bewirkten freieren Bewegung der Presse

300

Rechtfertigung des tt-Korrespondenten von der Mosel. Fragment des Abschnitts C : Krebsschäden der Moselgegend

324

1088

Die "Kölnische Zeitung" und das Verbot der "Leipziger Allgemeinen Zeitung"

328

1091

Die gute und die schlechte Presse

330

1093

Replik auf den Angriff eines "gemäßigten" Blattes

331

1094

Replik auf die Denunziation eines ,.benachbarten" Blattes

334

1097

Erwiderung auf ein Nachwort der Augsburger ,.Allgemeinen Zeitung"

338

1100

Inhalt

Text

Apparat

Die Denunziation der "Kölnischen" und die Polemik der .. Rhein- und Mosel-Zeitung"

340

1102

Die .. Rhein- und Mosel-Zeitung"

347

1106

Randglossen zu den Anklagen des Ministerialreskripts

349

1108

Zum Ausbleiben der Fortsetzung der .. Rechtfertigung des tt-Korrespondenten von der Mosel"

354

1116

Die hiesige Landtagsabgeordnetenwahl

355

1117

Die "Rhein- und Mosel-Zeitung" als Großinquisitor

360

1120

Stilistische Übungen der "Rhein- und Mosel-Zeitung"

363

1122

Erklärung

366

1124

Herweghs und Ruges Verhältnis zu den Freien. Brief von Georg Herwegh. Redigiert von Karl Marx

371

1131

Die inquisitorische Behandlung eines Gefangenen in Hannover. Korrespondenz von Lothar Hörner. Redigiert von Karl Marx

373

1133

Über die Kommunalreform

381

1137

Übergabe eines Gemeindeordnungsentwurfs, welcher die Rechtsgleichheit zwischen Stadt- und Landgemeinden nicht anerkennt, an die rheinischen Deputierten in Berlin

382

1138

Zur Korrespondenz "Die Besetzung der Insel Fernando Po durch die Engländer"

384

1140

Über Schutzzölle

385

1141

Zur Rede von Dr. Coremans .. Die niederdeutschen Belgier, ihre Sprache, ihre Literatur"

386

1143

Über das Projekt merkantilischer Jahreskongresse

387

1145

Die .. Rheinische Zeitung für Politik, Handel und Gewerbe". Zum Beginn des zweiten Jahrgangs

388

1146

ANHANG Von Marx veränderte Texte anderer Autoren

Dubiosa

Inhalt

Text

Apparat

Zur Korrespondenz ,.Kampf zwischen Deutschtum und Dänentum"

390

1147

Über Geschwornengerichte

391

1148

Denkschrift betreffend die Unterdrückung der ,.Rheinischen Zeitung" I. Die Konzession II. Die Zurücknahme der Konzession 111. Die Tendenz

392 392 395 400

1150

Erwiderung auf eine Kritik des Pastors von Erpel

404

1157

Unwahrheiten der ,.Rhein- und Mosel-Zeitung"

407

1159

Die Augsburger ,.Allgemeine Zeitung"

408

1161

Verleumdungen seitens der ,.Rhein- und Mosel-Zeitung"

410

1163

Die neue Zensurinstruktion

412

1164

Mitteilungen der Redaktion der ,.Rheinischen Zeitung"

414

1166

421

1171

423

1173

Dokumente Petition Kölner Bürger um das Fortbestehen der ,.Rheinischen Zeitung" Bittschrift der Aktionäre der Rheinischen Zeitungsgesellschaft um das Fortbestehen der ,.Rheinischen Zeitung" nebst Denkschrift Untertänigste Bittschrift der Aktionäre der Rheinischen Zeitungsgesellschaft um das Fortbestehen der ,.Rheinischen Zeitung" Denkschrift der Aktionäre der Rheinischen Zeitungsgesellschaft

423 425

Protokoll der außerordentlichen Generalversammlung der Rheinischen Zeitungsgesellschaft am 12. Februar 1843

434

1177

Protokoll der ordentlichen Generalversammlung der Rheinischen Zeitungsgesellschaft am 24. Februar 1843

444

1182

9•

Inhalt Text

Apparat

ZWEITER TEIL: ABITURARBEITEN UND LITERARISCHE VERSUCHE 1185

Abiturarbeiten Die Vereinigung der Gläubigen mit Christo nach johannes 15,1-14, in ihrem Grund und Wesen, in ihrer unbedingten Notwendigkeit und in ihren Wirkungen dargestellt. Religionsaufsatz

449

1190

Aus Sophoclis Trachiniae. V. 140-176. Übersetzung aus dem Griechischen

453

1193

Betrachtung eines Jünglings bei der Wahl eines Berufes. Deutscher Aufsatz

454

1197

Exemples qui servent i prouver, que l'homme peut modifier les influences du climat qu'il habite. Übersetzung ins Französische

458

1201

Mathematische Arbeit

460

1204

An principatus Augusti merito inter feliciores reipublicae Romanae aetates numeretur? Lateinischer Aufsatz

465

1207

Oe Hemsterhusii moribus. Lateinisches Extemporale

470

1216

1220

Literarische Versuche Buch der Liebe. Erster Teil Die zwei Himmel. Auf der Reise nach Berlin im Wagen. An jenny Die Nacht. An jenny Der Gedanken. An jenny Menschenstolz. An jenny Des Sängers letztes Lied. Ballade Das bleiche Mädchen. Ballade Lucinde. Ballade Sängerliebe. An jenny Der Wilden Brautgesang. Ballade Trennungsabend. Anjenny Die Zerrißne. Ballade Schlußsonette. An jenny Inhalt

477 483 485 487 487 490 494 496

Buch der Liebe. Zweiter Teil Amulett Das Gift

523 527 527

1224

502 506 510 516 519 521 1231

Inhalt Text Pultlied Lied an die Sterne Oie zwei Sterne. Rätsel Meine Welt Glöckners Turmlied Der Lampe Licht Empfindungen Abendstunde Klage Mein Streben Das Gespenst. Ballade Traum Lied eines Schiffers auf der See Umwandelung Todschmerz Der Knabe und das Mägdlein. Ballade Die Mutter. Ballade Sturm Vorwurf Wunsch Inhalt Buch der Lieder Die Geister. Ballade. An jenny Alboin und Rosemunde. Romanze Harmonie. An jenny Seelenmusik. An jenny Sehnsucht. An jenny Die beiden Harfensängerinnen. Ballade An jenny. Sonette An jenny Oie Romanze vom Grab Der Sirenen Sang. Ballade Lied der Elfen Gnomenlied Phantasiegebilde. Sonette an jenny Oie beiden Rosen. Romanze Sonette an jenny Vorerinnerung an jenny Die Zauberin. An jenny An jenny An jenny. Sonette An jenny. Sonette An Jenny. Sonette Des Sängers Christabend. Romanze An jenny Inhalt

Apparat

528 529 530 531 532 534

535 537 537 538 539

541 542 545 547 548 550 551 551 552 553 555 559 561 572 573 574 577 579 581 583 586 590 592 594 596 597 599

1233

599

601 603 607 608 609

611 613

,,.

Inhalt

Text Gedichte, meinem teuren Vater zu seinem Geburtstage 1837 Inhalt Widmung. An den Vater I. Schöpfung II. Dichtung Zauberharfe. Ballade Sehnsucht. Romanze Nachtliebe. Romanze Sirenensang. Ballade Der Wassergreis. Ballade Erste Elegie aus Ovids Büchern der Trauer ; frei übersetzt Die Wahnsinnige. Ballade Blumenkönig. Phantastische Ballade Erwachen Des Verzweitlenden Gebet Lucinde. Ballade Weltgericht. Scherz Die beiden Harfensängerinnen. Ballade Epigramme I. II. Hegel. Epigramme 111 . IV.

V. VI. VII. Auf einen gewissen Kahlkopf VIII. Pustkuchen (falschen Wanderjahren) Schlußepigramm an den pustenden Meister Harmonie Die Zerrißne. Ballade Menschenstolz Szenen aus : Oulanem. Trauerspiel Lied an die Sterne Lied eines Schiffers auf der See Das bleiche Mädchen. Ballade Waldquell Spielmann Drei Lichtlein Die Entführung. Ballade Wiener Affentheater in Berlin Armida von Ritter Gluck Verdingung Sentimentale Seelen Neumodische Romantik An die Sonne der Wahrheit Auf einen Ritterheroen Meiner Nachbarin jenseits Philisterverwunderung

12°

615 621 622 622 623

624 625 626 627 627 628 637

638

639 640

641 641 643 643 643 644 644

645 645 645 645 646 648

648 648

648 649

669 669 669 669 670

671 672 673 674

675 675 675 676 676 676 677

Apparat 1237

Inhalt

Mathematikerweisheit An die Mediziner Mediziner-Psychologie Mediziner-Metaphysik Mediziner-Anthropologie Mediziner-Ethik Zwei Lieder an jenny Gesucht. Lied Gefunden. Lied Schluß-Sonett an jenny Wechselgespräch an .. . .. Seefels Männerl und Trommerl. Märlein Spaziergang Zauberschiff Mondmann Nachtgedanken. Dithyrambe Traumbild. Dithyrambe Einige Kapitel aus : Scorpion und Felix. Humoristischer Roman

Gedichte aus den Jahren 1835 und 1836. Zusammengestellt von Sophie Marx Die zwei Himmel. Auf der Reise nach Berl in Der Gedanken. An jenny Menschenstolz. An jenny Des Sängers letztes Lied. Ballade Die Tochter. Ballade Der stolzen Schönen. 2 Sonette Lucinde. Ballade Widmung mehrerer Gedichte zu Vaters Geburtstage '36 Dir Beim Schlusse dieser Poesien Schiller. 2 Sonette Goethe. 2 Sonette Wunsch Die Blinde. Ballade Rizio, Sänger der Maria Stuart. Ballade Zuruf Die Sänger. Ballade Die zwei Königskinder Sturmlied Der Greis. Romanze in 6 Liedern Die Göttin des Rheins. Ballade Der Schaum Die Erscheinung Sängerliebe. An jenny Die Zerrißne. Ballade Das bleiche Mädchen. Ballade

Text 677 677 678 678 678 679 679 679 680 680 681 682 683 684 685 685 686 687 688

Apparat

705 711 711 711 711 712 713 714 715 715 716 716 717 718 720 723 727 729 732 734 736 739 741 743 745 745 745

1250

Inhalt

Text Empfindungen Die Sterne. 3 Sonette Engalbert Klingholz. Ballade Pustkuchen {falschen Wanderjahren) Verdingung Die Ruhe Die Geistesblüte Die Oper Hans Heiling. Oper Das eherne Pferd. Oper Der Misanthrop Die unmoralische und die mystische Literatur Deutscher Geschmack Harmonie. An )enny Schlußsonette an )enny

Gedichte. Aus einem Notizbuch von Sophie Marx Menschenleben Auf Karl den Großen Die Rhelngöttin. Ballade 0 Schwester hold . .. Die Blinde. Ballade. 1835 Die zwei Himmel. Auf der Reise nach Berlin Zu Vaters Geburtstag. 1836 Schlußgedicht Schiller. 2 Sonette Goethe. 2 Sonette Die Tochter. Ballade Die Zerrißne. Ballade

Wilde Lieder I. Der Spielmann II. Nachtliebe

Apparat

745 746 747 752 752 753 753 753 754 754 754 755 755 755 755 757 759 760 763 763 766 766 766 766 766 767 767 767 768 768 769

1255

773 779 779

1261

1258

ANHANG Volksl iedersammlung Lieder in allemannischer Mundart Im Frühlinge An 's Meieli Rote Röslein Winterblümchen Rosegilge Tirolerlieder I. Busserl II. Lied in der Mundart des Kuhländchens Unendliche Liebe

14•

780 780 781 782 782 782 783 783 783

Inhalt

Text Die Nonne Lied eines Klosterfräule ins Aphoristische Volksliedehen Korbflechter! i ed Wer bist du armer Mann? Wo bist du dann gesessen? Die schwarze Amsel Schnaderhüpferl Blaublümlein Sächsisches Lied Sächsisches Lied Abschied . Hochländisch Der Wildschütz. Hochländisch Hochländische Lieder I. II. 111.

IV. V. Der Sennerin Gruß VI. 's Blümeli. Schweizerisch Osterreichische Lieder I. II. Mondscheinlied Traum Die beiden Königskinder Treue Die wunderbare Harfe Der Jäger Drei Winterrosen Das Blumenhaus Die Kronschlange. Bergisch Jung Hänschen. Bergisch Alcino. Spanisch Der klagende Fischer. Spanisch Das schiffende Brautpaar. Spanisch Der Brautkranz. Spanisch Straßburg. Rheinisch Wie kommt es. daß Du traurig bist? Rheinisch Aus der Zeit der Hohenstaufen Wenn ich ein Vöglein wär. Rheinisch Verlorne Schwimmer. Norddeutsch Der eifersüchtige Knabe. Rheinisch Spottlied. Norddeutsch Knabe und Veilchen Verlorne Mühe. Schwäbisch Täuschung

Apparat

784 786 786 786 787 787 787 787 788 788 789 789 790 791 791 792 792 793 794 794 795 795 795 796 796 797 797 799 800

801 802 803 804

805 806

807 808 809

810 811 812 812 813 814 815 816 816 817

15•

Inhalt

Text Aus Hoffmann : Kampfbilder 1.-4. Die Gefangenen Estnisches Lied jörru. Estnisch Die Fahrt zur Geliebten. Lappländisch Griechisch Lied der Sappho Pietos Epigramm Wunsch. Griechisch Lied der Freiheit. Griechisch Rätsel um Rätsel Albanesisches Lied Lettische Lieder I. II.

111. IV.

V. VI. Klage um einen gefallenen Krieger Italienische Lieder Die Taube (Rom) La Capuana (Napoli) Das verlorne Herz (Neapel) Pater Franzesko (Rom) Des Schiffers Heimkehr (Sorento) Das Guitarrchen (Perugia) Die Schönheit (Venezia) Nachtgesang (Rom) Nachtgesang (Rom) Die Procidanerin (Procida) Finnische Runen Die Geburt des Bären Die Geburt der Kolik Die Geburt der Harfe Übersicht der Volkslieder

Verzeichnis nicht überlieferter Arbeiten

Apparat

817 817 818 819 819 820 821 821 821 821 822 822

824 825 825 826 827 828 830

831

846

846 846 847 848 848 849 849

850 850 851 851 851 852 853 855 1274

REGISTER Literaturregister I. Arbeiten von Marx II . Arbeiten anderer Autoren 111. Periodica

16"

1283 1283 1284 1298

Inhalt

Text Namenregister

Apparat 1303

1328

Sachregister

Verzeichnis der Faksimiles und Illustrationen Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie nebst einem Anhange. Titelblatt Promotionsurkunde

9

17

Anekdote zur neuesten deutschen Philosophie und Publicistik. Titel~tt

~

Beginn des Artikels .. Die Verhandlungen des 6. Rheinischen Landtags. Debatten über Preßfreiheit .. ." . Rheinische Zeitung. Nr. 125, 5. Mai 1842. Beiblatt

119

Deutsche Jahrbücher für Wissenschaft und Kunst. Titelblatt der Nr. 273 vom 16. November 1842, in der Marx' Artikel ,.Noch ein Wort über ,Bruno Bauer und die akademische Lehrfreiheit' " erschien

243

Beginn des Artikels .. Die Kommunalreform und die ,Kölnische Zeitung' " mit Änderungen von Marx' Hand. Rheinische Zeitung. Nr. 312, 8. November 1842

253

Redaktionelle Fußnote .. Der Ehescheidungsgesetzentwurf. Kritik der Kritik" mit Änderungen von Marx' Hand. Rheinische Zeitung. Nr. 319, 15. November 1842. Beiblatt

261

Die inquisitorische Behandlung eines Gefangenen in Hannover. Erste Seite des Manuskripts von Lothar Hörner mit Änderungen von Marx' Hand

375

An principatus Augusti merito inter feliciores reipublicae Romanae aetates numeretur? Letzte Seite des lateinischen Aufsatzes mit Korrekturen und Bemerkungen des Lehrers

467

Reifezeugnis

471

Buch der Liebe . Erster Teil. Titelblatt

481

Gedichte, meinem teuren Vater zu seinem Geburtstage 1837. Titel blatt

619

Gedichte aus den Jahren 1835 und 1836. Zusammengestellt von Sophie Marx. Titelblatt

709

Gedichte. Aus einem Notizbuch von Sophie Marx. Seite 9 der Hand~Mft

m

Volksliedersammlung. Titelblatt

777

17"

Inhalt Text

Apparat

Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie nebst einem Anhange. Die beiden letzten Seiten des Heftes 6 der Handschrift mit dem Fragment einer neuen Vorrede

895

Gedichte, meinem teuren Vater zu seinem Geburtstage 1837. Inhaltsübersicht

1239

18•

Vorwort zur Gesamtausgabe Die Gesamtausgabe der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels (MEGA) wird auf der Grundlage vereinbarter Beschlüsse des Zentral· komitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und des Zentral· komitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands veröffentlicht. Sie ist eine Gemeinschaftsarbeit der Institute für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU und beim ZK der SED. Die MEGA enthält das gesamte literarische Erbe von Marx und Engels in den Originalsprachen : ihre Werke und Artikel, Entwürfe und unvollendeten Manuskripte, die von ihnen verfaßten Dokumente der Arbeiterbewegung, ihre Briefe sowie ihre Exzerpte, Konspekte, Notizbücher und Randbemerkungen in Büchern. Eine derartige Ausgabe entspricht dringenden Bedürfnissen der Wissen· schaft und der revolutionären Praxis in der gegenwärtigen Epoche, da die marxistisch-leninistische Theorie im gesellschaftlichen Leben zunehmende Bedeutung gewinnt und die historische Größe der Leistung von Marx und Engels als Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus immer über· zeugender sichtbar wird.

Karl Marx und Friedrich Engels gebührt ein hervorragender Platz in der Entwicklung des fortschrittlichen Denkans und des Kampfes um grund· legende soziale Umgestaltungen in der Welt. Sie begründeten die revo· lutionäre Theorie als geistige Waffe der fortschrittlichen gesellschaftlichen Kräfte, die zum Sturz der Ausbeuterordnung berufen sind. Ihre Theorie bringt umfassend die Lebensinteressen der Arbeiterklasse und aller anderen Werktätigen zum Ausdruck und übt wachsenden Einfluß auf das

Vorwort zur Gesamtausgabe

Denken und Handeln von Millionen Menschen in allen Ländern der Erde aus. Sie bereitete die wichtigste Wende in der Menschheitsgeschichte vor : die Wende von einer Gesellschaft der Ausbeutung, der sozialen und nationalen Unterdrückung, zum Sozialismus und Kommunismus, einer Ordnung, die den Menschen die Möglichkeit gibt, alle ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten zum Wohle der Gesellschaft und jedes einzelnen voll zu entfalten. Marx und Engels waren jedoch nicht nur große Gelehrte, sondern ebenso revolutionäre politische Kämpfer. Sie nahmen unmittelbar an der Revolution von 1848/49 teil. Sie begrüßten begeistert die erste proletarische Revolution, die Pariser Kommune von 1871, und verteidigten mutig die gerechte Sache der Pariser Proletarier. Sie leiteten unmittelbar die Tätigkeit des Bundes der Kommunisten und der I. Internationale, jener ersten politischen Organisationen der Arbeiterklasse, deren Traditionen in der internationalen kommunistischen und Arbeiterbewegung der Gegenwart lebendig sind. Die Lehre von Marx und Engels entstand als Ergebnis der kritischen Aneignung und Weiterentwicklung der besten Leistungen der vorangegangenen Wisse·nschaft, der gründlichen Analyse der Ökonomie und Politik des Kapitalismus, der Klassenverhältnisse und des Klassenkampfes sowie aus der Erkenntnis der Unversöhnlichkeit der Interessen von Ausgebeuteten und Ausbeutern in der bürgerlichen Gesellschaft. Diese Lehre ist nicht nur eine neue Etappe in der Geschichte der Philosophie, der politischen Ökonomie und der Theorie vom Sozialismus. Sie bedeutete eine wahrhaft revolutionäre Umwälzung im gesellschaftlichen Denken, die Verwandlung des Sozialismus aus einer Utopie in eine Wissenschaft. Die von Marx und Engels in schöpferischer Gemeinschaft ausgearbeitete dialektisch-materialistische Philosophie, die politische Ökonomie und der wissenschaftliche Kommunismus sind in ihrer Gesamtheit ein in sich geschlossenes System philosophischer, ökonomischer und sozialpolitischer lehren und stellen die einzige wissenschaftliche Weltanschauung dar. Auf dem Gebiet der Philosophie brachen Marx und Engels entschieden mit dem Idealismus, darunter mit dem Idealismus Hegels. Kritisch überwanden sie auch die Hegeische Dialektik und schufen die materialistische Dialektik. "Meine dialektische Methode", schrieb Marx im Nachwort zur zweiten Auflage des ersten Bandes des "Kapitals", "ist der Grundlage nach von der Hegeischen nicht nur verschieden, sondern ihr direktes Gegenteil. Für Hegel ist der Denkprozeß, den er sogar unter dem Namen Idee in ein selbständiges Subjekt verwandelt, der Demiurg des Wirklichen, das nur seine äußere Erscheinung bildet. Bei mir ist umgekehrt das Ideelle nichts

20"

Vorwort zur Gesamtausgabe

andres als das im Menschenkopf umgesetzte und übersetzte Materielle." Die marxistische Dialektik ist die umfassendste und inhaltlich reichste Lehre von der Bewegung und Entwicklung, das Ergebnis der gesamten, jahrhundertealten Geschichte des Denkens, die theoretische Verallgemeinerung der gesellschaftlichen Praxis in ihrer historischen Entwicklung. Marx und Engels stellten die Dialektik auf eine feste materialistische Grundlage und schufen damit den dialektischen Materialismus als die Wissenschaft von den allgemeinen Gesetzen der Natur, der Gesellschaft und des menschlichen Denkens. Die von ihnen ausgearbeitete Methode der materialistischen Dialektik ist auf die Erforschung aller Bereiche des materiellen und geistigen Lebens anwendbar. Die größte Entdeckung und ein unschätzbares Verdienst von Marx und Engels war die Anwendung des Materialismus und der Dialektik auf das Gebiet der gesellschaftlichen Erscheinungen, die Erarbeitung des historischen Materialismus, wodurch die Lehren von der Gesellschaft auf eine wissenschaftliche Grundlage gestellt wurden. Marx entwickelte den wissenschaftlichen Begriff der ökonomischen Gesellschaftsformation, er deckte die dialektische Einheit der materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft und der ihnen entsprechenden Produktionsverhältnisse auf und zeigte, daß die Gesamtheit der Produktionsverhältnisse, die ökonomische Struktur der Gesellschaft, ihre reale Basis bilden und den Charakter des juristischen und politischen Überbaus sowie das gesellschaftliche Bewußtsein bestimmen. Marx und Engels betrachteten den historischen Prozeß als die gesetzmäßige Aufeinanderfolge ökonomischer Gesellschaftsformationen, die letzten Endes durch die Entwicklung der Produktion bedingt ist. Mit der materialistischen Geschichtsauffassung wiesen sie den einzig richtigen Weg zu einer fruchtbaren Erforschung der Vergangenheit, zur Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse und zur wissenschaftlichen Voraussicht. Marx und Engels erforschten die Gesetzmäßigkeiten der Herausbildung und Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise und bewiesen die Unvermeidlichkeit der revolutionären Umgestaltung der bürgerlichen zur sozialistischen Gesellschaft. Der Eckpfeiler ihrer ökonomischen Lehre ist die Mehrwerttheorie. Marx enthüllte den Mechanismus der kapitalistischen Ausbeutung. Er wies nach, daß stets ein bestimmter Teil unbezahlter Arbeit durch den Kapitalisten angeeignet wird. Die Produktion von Mehrwert, so erkannte Marx, ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Produktionsweise, das Hauptziel der Produktion im Kapitalismus. Im Gegensatz zur gesamten vorangegangenen politischen Ökonomie untersuchte er zunächst den Mehrwert rein als solchen, um danach zur Untersuchung seiner besonderen Formen überzugehen. Marx formulierte

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erstmals das Bewegungsgesetz der kapitalistischen Produktionsweise, die ihr gesetzmäßig innewohnende, historische Tendenz, deren Resultat die .,Expropriation der Expropriateure" , die Schaffung des gesellschaftlichen Eigentums an den Produktionsmitteln, der Sieg des Sozialismus ist. ln ihren Arbeiten begründeten Marx und Engels wesentliche Merkmale der sozialistischen Gesellschaft und schufen die Grundlagen für die politische Ökonomie des Sozialismus. Marx und Engels studierten den Ursprung und das Wesen der Klassen in der Gesellschaft sowie die soziale Struktur Englands, Frankreichs, Deutschlands, der USA und anderer Länder. Sie wiesen als erste wissenschaftlich nach, daß der Kapitalismus nicht ewig existiert, wie die bürgerlichen Ökonomen, Soziologen und Historiker annahmen, und daß die Teilung der Gesellschaft in Klassen nur an bestimmte historische Phasen der Produktion gebunden ist. Die von Marx und Engels geschaffene Theorie des Klassenkampfes ermöglichte es, in der Vielfalt der historischen Erscheinungen und Ereignisse die Gesetzmäßigkeiten der gesellschaftlichen Entwicklung zu finden . Die Schlußfolgerungen und wissenschaftlichen Prognosen von Marx und Engels über das unvermeidliche Anwachsen der inneren Widersprüche des Kapitalismus, über die Unmöglichkeit, die sozialen Gegensätze und scharfen Antagonismen auf der Grundlage des Privateigentums an den Produktionsmitteln zu beseitigen, sowie über den revolutionären Sturz der kapitalistischen Ordnung haben ihre historische Bewährungsprobe voll 1..1nd ganz bestanden. Marx und Engels bewiesen, daß der Klassenkampf in der bürgerlichen Gesellschaft mit Notwendigkeit zur Errichtung der politischen Herrschaft des Proletariats, zur Diktatur des Proletariats führt, die ihrem Wesen nach den Staat der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus darstellt. Das Endziel des Proletariats ist die Errichtung der klassenlosen, der kommunistischen Gesellschaft, in der die höchste Entwicklungsstufe der gesellschaftlichen Produktivkräfte und des gesellschaftlichen Reichtums erreicht wird. Im Prozeß der sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft schließt das Proletariat die anderen werktätigen Klassen und Schichten als Verbündete um sich zusammen. Die Klarstellung der welthistorischen Rolle des Proletariats ist das Wichtigste am Marxismus. Marx und Engels wiesen ferner nach, daß die Arbeiterklasse ihre historische Mission nur erfüllen kann, wenn sie sich als politische Avantgarde eine revolutionäre Partei schafft, die den gesamten Prozeß der revolutionären Umgestaltung leitet. Die Notwendigkeit einer Kampfpartei der Arbeiterklasse als entscheidende Voraussetzung für den Sieg des Sozialismus und Kommunismus hoben Marx und Engels besonders an Hand der Erfahrungen und Lehren der Pariser Kommune hervor.

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Mehr als je zuvor wird in unseren Tagen sichtbar, daß die Arbeiterklasse die revolutionäre Hauptkraft des gesellschaftlichen Fortschritts ist. Die Erfahrungen der internationalen Arbeiterbewegung haben bewiesen: je größer ihre Aufgaben im Kampf um die Verwirklichung ihrer welthistorischen Mission werden, je bestimmender ihr Einfluß auf den gesellschaftlichen Entwicklungsprozeß ist, um so wichtiger ist die Wahrung und Festigung der Einheit ihrer Reihen. Die Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus betonten immer wieder, daß das Proletariat der Macht des internationalen Kapitals den engen Zusammenschluß seiner nationalen Abteilungen zu einer einheitlichen Armee im Weltmaßstab, die Treue zu den Prinzipien des proletarischen Internationalismus entgegenstellen muß. "Die vergangene Erfahrung", schrieb Marx in der lnauguraladresse der I. Internationale, "hat gezeigt, wie Mißachtung des Bandes der Brüderlichkeit, welches die Arbeiter der verschiedenen Länder verbinden und sie anfeuern sollte, in allen ihren Kämpfen für Emanzipation fest beieinanderzustehen, stets gezüchtigt wird durch die gemeinschaftliche Vereitlung ihrer zusammenhangslosen Versuche." Marx und Engels beschäftigten sich hauptsächlich mit den Gesellschaftswissenschaften, waren aber zugleich vorzügliche Kenner der Naturwissenschaften und lieferten hervorragende Beispiele für die philosophische Verallgemeinerung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse. Von ihnen stammen geniale Prognosen über die wachsende Rolle der Wissenschaft im leben der Gesellschaft. Unter den Bedingungen der wissenschaftlichtechnischen Revolution, die sich seit der Mitte des 20. Jahrhunderts stürmisch entfaltet, sind die Feststellungen der Begründer des Marxismus über das Verschmelzen von Wissenschaft und Produktion und über die Verwandlung der Wissenschaft in eine unmittelbare Produktivkraft besonders bemerkenswert. Der Marxismus verkörpert die organische Verbindung von revolutionärer Wissenschaft und revolutionärer Praxis. Das bedeutet sowohl, daß die marxistische lehre die Erfahrungen der revolutionären Bewegung verallgemeinert, als auch, daß die marxistischen Ideen durch den revolutionären Kampf der Arbeiterklasse und aller Werktätigen für den Kommunismus verwirklicht werden. Die Werke von Marx und Engels sind nicht nur Ergebnisse ihres Wirkens als Theoretiker, sondern zugleich ein vortreffliches Zeugnis ihrer intensiven Tätigkeit als aktive Teilnehmer und Führer der Arbeiterbewegung, als kämpferische Publizisten und Organisatoren revolutionärer Aktionen der Volksmassen. Der Kampf von Marx und Engels um die Vereinigung aller Kräfte der Arbeiterklasse, um die Ausarbeitung einer revolutionären Strategie und Taktik des Proletariats und um seinen internationalen Zusam-

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menschluß, um die Durchsatzung der Prinzipien des proletarischen Internationalismus in der Arbeiterbewegung ist von bleibender Bedeutung . ln den Werken von Marx und Engels spiegeln sich die Höhepunkte der revolutionären Bewegung ihrer Zeit wider; in ihnen dokumentiert sich die untrennbare Einheit von revolutionärer Theorie und revolutionärer Politik. Die Stärke und Lebenskraft des Marxismus beruhen auf seiner Wissenschaftlichkeit und seiner revolutionären Parteilichkeit. Er entstand, entwickelte und festigte sich in entschiedenem und unversöhnlichem Kampf gegen die bürgerliche und kleinbürgerliche Ideologie, gegen Sozial reformismus und Anarchismus, gegen nationale Begrenztheit, Chauvinismus wie auch gegen nationalen Nihilismus, gegen Dogmatismus und Sektierertum, kurz : gegen alle Schattierungen des Opportunismus in der Arbeiterbewegung. Von Anfang an übten die Ideen von Marx und Engels einen organisierenden Einfluß in der Arbeiterbewegung aus. Sie bildeten die Grundlage für das Programm und die Taktik der ersten internationalen Organisationen des Proletariats - des Bundes der Kommunisten und der Internationalen Arbeiterassoziation - sowie der sozialistischen und Arbeiterparteien mehrerer Länder. Oie marxistische Theorie weist der Arbeiterklasse den Weg zur erfolgreichen Lösung ihrer strategischen und taktischen Aufgaben unter den unterschiedlichen historischen Bedingungen des Befreiungskampfes, zur revolutionären Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Ein wichtiger Wesenszug des Marxismus ist die ihm innewohnende Dynamik, die Fähigkeit zur ständigen Entwicklung und Bereicherung durch die Verallgemeinerung neuer gesellschaftlicher Prozesse und neuer Erkenntnisse der Wissenschaft. Marx und Engels wandten sich entschieden gegen jede Unterschätzung der Bedeutung der revolutionären Theorie. Gleichzeitig verurteilten sie alle Versuche, ihre Theorie auf eine Samm lung starrer Formeln und fertiger Rezepte zu reduzieren; sie lehnten jede Dogmatisierung theoretischer Schlußfolgerungen und taktischer Mittel ab. Der Marxismus wendet sich gegen Konservativismus und Stagnation im wissenschaftlichen Denken ebenso wie im gesellschaftlichen Leben. Deshalb ist es ganz natürlich, daß auch die Theorie des Marxismus ständig durch neue Erkenntnisse bereichert wird. Marx und Engels wollten und konnten nicht alle Wechselfälle des historischen Prozesses darstellen. Sie erarbeiteten die grundlegenden wissenschaftlichen Prinzipien, die für das Verständnis der allgemeinen Richtung der gesellschaftlichen Entwicklung und ihrer Gesetzmäßigkeiten eine zuverlässige Orientierung darstellen .

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Die weitere Entwicklung der Lehre von Marx und Engels, die großen Siege des Marxismus im 20. Jahrhundert sind vor allem mit dem Namen Wladimir lljitsch Lenins verbunden. Er begann in einer Zeit welthistorischer Umwälzungen zu wirken, einer Zeit, die durch revolutionäre Stürme und gesellschaftliche Erschütterungen gekennzeichnet war: in der Epoche des Imperialismus und der proletarischen Revolution. Der Leninismus ist die Errungenschaft und die theoretische Waffe der gesamten internationalen Arbeiterklasse. Er ist der Marxismus der Epoche des Imperialismus und der proletarischen Revolution, der Epoche der allgemeinen Krise des kapitalistischen Systems, des Zusammenbruchs des Kolonialismus und des Sieges der nationalen Befreiungsbewegung, der Epoche des Obergangs der Menschheit vom Kapitalismus zum Sozialismus und zur Errichtung der kommunistischen Gesellschaft. Die revolutionäre Theorie dieser Epoche wird daher zu Recht Marxismus-Leninismus genannt. Völlig haltlos sind die Versuche bürgerlicher und revisionistischer Ideologen, den Leninismus als nationale, spezifisch russische Erscheinung abzutun. Als wahrer Revolutionär verteidigte Lenin die Lehre von Marx und Engels gegen die Angriffe ihrer offenen Feinde wie auch gegen die Revisionisten, jene, die diese Lehre für "veraltet" erklärten und sie verfälschten. Unter den veränderten historischen Bedingungen, als der Kapitalismus in sein imperialistisches Stadium eintrat, als die proletarische Revolution und die Errichtung des Sozialismus auf die Tagesordnung traten, entwickelte Lenin den Marxismus als Ganzes weiter und bereicherte ihn durch zahlreiche neue Entdeckungen. Lenin stützte sich auf die Lehre von Marx und Engels, er analysierte Ökonomie und Politik seiner Zeit, die neuen Erkenntnisse der Wissenschaft, den Kampf der Arbeiterklasse und der nichtproletarischen werktätigen Schichten, den Kampf der Volksmassen gegen das Monopolkapital, für Demokratie und Sozialismus. Auf dieser Basis entwickelte er alle Bestandteile der marxistischen Theorie weiter: den dialektischen und historischen Materialismus, die marxistische politische Ökonomie und den wissenschaftlichen Kommunismus. Es ist das bleibende Verdienst Lenins, daß er die wichtigsten Probleme des revolutionären Prozesses und der Schaffung der kommunistischen Gesellschaft unter: den Bedingungen der Existenz und des Kampfes zweier Weltsysteme - des sozialistischen und des kapitalistischen - ausarbeitete und damit eine Antwort auf die Fragen gab, die von der gesellschaftlichen Entwicklung in der neuen Epoche aufgeworfen wurden. Lenin vervollkommnete die wissenschaftliche Strategie und Taktik des internationalen Proletariats. Er gründete die Kommunistische Partei der Sowjetunion, deren Tätigkeit und Erfahrungen von größter internationaler Bedeutung sind, er erarbeitete die theoretischen, ideologischen und poli-

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tischen Prinzipien für den Kampf der kommunistischen Weltbewegung der Gegenwart. Lenin leitete die erste siegreiche proletarische Revolution in der Geschichte: die Große Sozialistische Oktoberrevolution 1917 in Rußland. Sie eröffnete eine neue Ära in der Menschheitsgeschichte, die Epoche des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus im Weltmaßstab. Sie war der erste weltweit sichtbare Triumph des Marxismus-Leninismus. Lenin gründete und lenkte den ersten sozialistischen Staat in der Welt und stand an der Spitze des Kampfes der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten für den Sieg des Sozialismus. Die Leninsche Etappe in der Entwicklung des Marxismus findet ihre Fortsetzung in der theoretischen Tätigkeit der marxistisch-leninistischen Parteien der Arbeiterklasse. Der Marxismus-Leninismus wird in der Gegenwart weiterentwickelt vor allem in den Dokumenten der kommunistischen und Arbeiterparteien, in den Dokumenten und der revolutionären Praxis der internationalen kommunistischen Bewegung. Die Errichtung des Sozialismus in der UdSSR, die Zerschlagung des Faschismus im zweiten Weltkrieg, der Sieg der sozialistischen Revolution in einer Reihe von Ländern, die Entstehung des sozialistischen Weltsystems, die Erfolge der Völker der sozialistischen Gemeinschaft beim Aufbau der neuen Gesellschaft, die Erfolge der Arbeiterklasse in den Ländern des Kapitals, der Zusammenbruch des Kolonialsystems des Imperialismus, der Kampf der Völker in den befreiten Ländern für die Festigung der nationalen Unabhängigkeit und für sozialen Fortschritt sowie der beispiellose Aufschwung des antiimperialistischen Kampfes all das zeugt von der Richtigkeit des Marxismus-Leninismus und beweist die Unvermeidlichkeit seines Sieges. Die Praxis bestätigt, daß nur auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus die komplizierten Probleme richtig gelöst werden können, die die gegenwärtige Epoche aufwirft. Seit der Marxismus den historischen Schauplatz betreten hat, brachte und bringt ihm jede neue große Epoche der Weltgeschichte neue Bestätigung und neue Siege. Der Marxismus-Leninismus ist das unerschütterliche theoretische Fundament der internationalen kommunistischen Bewegung, der Avantgarde aller revolutionären Kräfte, die das Streben nach Frieden eint. Er erhellt unter den Bedingungen des siegreichen realen Sozialismus die Entwicklungswege der Gesellschaft, bildet die theoretische und ideologische Grundlage für die Innen- und Außenpolitik der kommunistischen und Arbeiterparteien in den Staaten der sozialistischen Gemeinschaft. Er weist der Volksmacht Weg und Ziel. Unter den Bedingungen der kapitalistischen Ordnung wendet sich die Arbeiterklasse und ihre politische Vorhut dem Marxismus-Leninismus zu, um Strategie und Taktik des politischen

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Kampfes für die Nah- und Fernziele festzulegen. Ihrem Wesen nach international. wird die marxistisch-leninistische Lehre für die Arbeiterklasse in den kapitalistischen Ländern immer mehr zur theoretischen Waffe in ihrem Kampf gegen die Monopole und für die progressiven Kräfte der Entwicklungsländer zu einer Hilfe bei der Wahl der besten Formen und Methoden der nationalen und sozialen Entwicklung. Es ist deshalb gesetzmäßig, daß die marxistisch-leninistischen Parteien die Verbreitung der Ideen und Werke von Marx, Engels und Lenin, die umfassende Aneignung der revolutionären Theorie, ihre schöpferische Weiterentwicklung, ihre konsequente Verteidigung gegen alle Gegner stets als eine ihrerwichtigsten und dringlichsten Aufgaben betrachteten und betrachten. ln der Tatsache, daß der Marxismus die Prüfungen der Geschichte bestanden hat und seinen Siegeszug durch die Welt fortsetzt, liegt der Hauptgrund für das zunehmende Interesse an marxistischer Literatur, insbesondere an den Arbeiten von Marx, Engels und lenin. Das hat zur Folge, daß die Zahl der verschiedenen Ausgaben der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels wie auch von W. I. Lenin überall stark anwächst. Die Klassiker des Marxismus-leninismus sind die meistgelesenen Autoren in der Welt. Allerorts steigt die Nachfrage nach ihren Werken. Die Werke von Marx, Engels und Lenin wurden und werden in viele Sprachen der Welt übersetzt und finden Leser in den unterschiedlichsten Kreisen. Oberall zeigt sich das Streben nach einem umfassenden, gründlichen Studium ihrer Arbeiten, spürt man erhöhte Aufmerksamkeit für die Publikation neu aufgefundener Handschriften und Dokumente, für neue biographische Materialien. Zahlreiche bürgerliche Ideologen, die auf die wachsende Nachfrage nach den Werken der Klassiker des Marxismus-leninismus spekulieren, publizieren immer häufiger Texte von Marx, Engels und lenin und geben sie in tendenziöser Auswahl heraus oder versehen sie mit antimarxistischen Vorworten und Kommentaren. Die einen verfälschen den Marxismus, indem sie die Werke des jungen Marx den Arbeiten des reifen Marx oder die Gedanken von Marx und Engels den Ideen von Lenin gegenüberstellen. Andere konstruieren einen Gegensatz zwischen der Lehre von Marx, Engels und Lenin und der Theorie und Praxis der kommunistischen Bewegung in der Gegenwart oder propagieren die falsche These vom "Pluralismus" des Marxismus. jedoch sind die Behauptungen vom "Pluralismus" des Marxismus, von seinen angeblichen inneren Widersprüchen und andere Erfindungen durchaus kein originelles Manöver der "Kritiker" des Marxismus-Leninismus. Diese verschiedenartigen Versuche bürgerlicher Ideologen bezwecken nichts anderes, als den Marxismus in einen abstrakten Humanismus bürgerlich-liberaler Prägung umzufälschen und ihn damit

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seines revolutionären Kerns zu berauben: der Lehre von der historischen Mission der Arbeiterklasse, von der Diktatur des Proletariats, von der unvermeidlichen revolutionären Ablösung der kapitalistischen durch die sozialistische Produktionsweise, vom notwendigen Sieg des Kommunismus. Seit der Zeit, da Marx und Engels lebten, wirkten und kämpften, sind Jahrzehnte vergangen. Aber die Begründer des Marxismus üben durch ihre wissenschaftliche Theorie nach wie vor unvermindert Einfluß auf das Weltgeschehen aus. Aus ihr schöpft jede neue Generation, die sich in den Kampf gegen kapitalistische Ausbeutung, gegen Imperialismus und Krieg, für eine glückliche sozialistische Zukunft der Menschheit einreiht, Unbeugsamkeit, Wissen und Siegeszuversicht. Wie ein Treueschwur auf ihre Lehre klingen auch heute die begeisterten Worte Lenins über Marx und Engels: ., ... das sind wirkliche Menschen! Von ihnen muß man lernen. Diesen Boden dürfen wir nicht verlassen." Wissenschaftler in aller Welt wenden sich immer häufiger den Originaltexten von Marx und Engels zu, begnügen sich nicht mehr mit übersetzten Ausgaben, wollen sich ausführlich mit den authentischen Texten bekannt machen, die Entwicklung der Gedanken von Marx und Engels im Detail verfolgen, die Methoden und Verfahrensweisen ihres wissenschaftlichen Schaffens sowie ihre Terminologie studieren. Die objektiven Erfordernisse der gesellschaftlichen Entwicklung, die zunehmende Ausdehnung und Stärkung des revolutionären Weltprozesses sowie der gegenwärtige ideologische Kampf stellen dringend die Aufgabe, den literarischen Nachlaß von Marx und Engels vollständig herauszugeben, und zwar in einer Form, die es gestattet, die Geschichte der theoretischen und praktischen Tätigkeit von Marx und Engels allseitig zu studieren. Diesem Zweck dient die Marx-Engels-Gesamtausgabe. Die Ausgabe, die sich auf alle bei der Edition von Marx-Engels-Texten gesammelten Erfahrungen stützt und die Ergebnisse der Marx-EngelsForschung auswertet. soll das gesamte literarische Erbe der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus der fortschrittlichen Menschheitzugänglich machen. Die Herausgeber lassen sich dabei in methodologischer Hinsicht von Lenins Ausführungen über die Entstehung, die Herausbildung und die wichtigsten Entwicklungsetappen des Marxismus leiten. Diese Prinzipien erfordern ein konkret-historisches Herangehen bei der Analyse der Ideen von Marx und Engels. Das verdient um so mehr hervorgehoben zu werden, als bürgerliche .,Marxologen", die in der Regel die Bedeutung des Marxismus für die Gegenwart negieren, nicht selten gleichzeitig einige Thesen aus den frühen Schriften von Marx - als sich dessen Weltanschauung erst herausbildete - verabsolutieren und die Weiterentwicklung der marxistischen Theorie ignorieren.

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Die beiden herausgebenden Institute sehen es als eine ehrenvolle Verpflichtung an, die Gesamtausgabe der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels nach den neuesten Erkenntnissen der Marx-Engels-Forschung und der Editionswissenschaft zu veröffentlichen. Auf diese Weise wird die Marx-Engels-Gesamtausgabe der weiteren Verbreitung marxistischer Kenntnisse in der Welt dienen. II Die Herausgabe der Arbeiten von Karl Marx und Friedrich Engels war stets organischer Bestandteil des Prozesses der Entwicklung und Verbreitung des Marxismus, seiner Bestätigung im revolutionären Befreiungskampf der internationalen Arbeiterklasse. Marx und Engels selbst maßen der Veröffentlichung ihrer Werke und deren Übersetzung in verschiedene Sprachen erstrangige Bedeutung bei. Sie unternahmen große Anstrengungen, um die notwendigen Verbindungen zu Verlagen herzustellen und versahen neue Ausgaben mit entsprechenden Vorworten. Es ist bekannt, welche Aufmerksamkeit sie der Veröffentlichung solcher Werke wie "Manifest der Kommunistischen Partei", "Das Kapital" u. a. schenkten. Der Vorbereitung der verschiedenen Ausgaben des "Kapitals" widmete Engels mehr als zehn Jahre seines Lebens. Die revolutionären Vertreter der internationalen Arbeiterbewegung erkannten in den Arbeiten von Marx und Engels eine mächtige geistige Waffe im Klassenkampf und betrachteten ihre Veröffentlichung sowie die Aneignung und schöpferische Anwendung der marxistischen Ideen als wichtigste Voraussetzung für den Sieg der Arbeiterklasse. Mit dem Wachsen der internationalen Arbeiterbewegung, mit der Entstehung und raschen Entwicklung revolutionärer Parteien nahm auch die Anziehungskraft der Ideen von Marx und Engels unaufhaltsam zu. Ihre Schriften fanden weite Verbreitung. In diesem Prozeß wurde es zu einer immer dringenderen Notwendigkeit, das literarische Erbe der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus in größeren, geschlossenen Werkausgaben zu publizieren . Erste Versuche, gesammelte Werke von Marx und Engels herauszugeben, gab es bereits zu ihren Lebzeiten. Marx selbst begann kurze Zeit nach der Revolution von 1848/49 eine zweibändige Ausgabe seiner Schriften vorzubereiten, die das Mitglied des Bundes der Kommunisten Hermann Becker in Köln herausgeben sollte. Die Arbeiten mußten jedoch nach dem Erscheinen der ersten Lieferung wegen der Verhaftung des Verlegers eingestellt werden. Nach Beendigung der Arbeit am dritten Band des "Kapitals" begann Engels mit der Vorbereitung einer Ausgabe gesammelter

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Werke von Marx und von sich selbst. Sein Tod setzte dieser Arbeit ein Ende. Eleanor Marx-Aveling begann Ende der neunziger Jahre mit Veröffentlichungen aus dem literarischen Erbe von Marx und Engels. Sie gab einige Sammelbände mit Werken von Marx und Engels aus den fünfziger Jahren heraus. Die Führung der deutschen Sozialdemokratie, in deren Archiv ein großer Teil des handschriftlichen Nachlasses der Begründer des Marxismus aufbewahrt wurde, ließ eine Reihe bis dahin unbekannter Manuskripte von Marx und Engels, einen Teil ihrer Briefe und einige bereits früher gedruckte publizistische Arbeiten, hauptsächlich aus der Presse der vierziger und fünfziger Jahre, in Einzelausgaben sowie in Zeitschriften, darunter in der "Neuen Zeit", veröffentlichen. Einen wichtigen Platz unter diesen Publikationen nahm die von Franz Mehring erarbeitete und 1902 erschienene Ausgabe von Werken aus den vierziger Jahren ein. Das war der erste Versuch, vergessene und praktisch unzugängliche Arbeiten von Marx und Engels aus der ersten Zeit ihrer revolutionären Tätigkeit zu sammeln und zu kommentieren. Vor dem ersten Weltkrieg erschienen außerdem die von Karl Kautsky herausgegebenen "Theorien über den Mehrwert" von Marx, eine vierbändige Ausgabe des Briefwechsels zwischen Marx und Engels, die Briefe von Marx und Engels an Friedrich Adolph Sorge, Marx' Briefe an Louis Kugelmann u. a. Besondere Bedeutung hatte die Herausgabe des Briefwechsels zwischen den Begründern des Marxismus. Er wurde jedoch von Eduard Bernstein, der bereits zum Ideologen des Revisionismus geworden war, unzulänglich ediert. Von den Briefen, die sich im Archiv der deutschen Sozialdemokratie befanden, wurden etwa 150 nicht in die Ausgabe aufgenommen und eine Reihe von Briefen wurde nur gekürzt wiedergegeben . Die Vorworte und die Erläuterungen waren oberflächlich und teilweise falsch. Während des ersten Weltkrieges erschienen zwei von D. B. Rjasanow vorbereitete Bände mit Artikeln von Marx und Engels aus den fünfziger Jahren, hauptsächlich aus der "New-York Daily Tribune" . Ungeachtet ihrer großen Bedeutung machten alle diese Veröffentlichungen nur einen geringen Teil des literarischen Erbes der Begründer des Marxismus zugänglich. Je weiter sich die Mehrheit der SPD-Führer vom Marxismus entfernte, um so geringer wurde ihr Interesse an einer systematischen Herausgabe der Schriften von Marx und Engels. Eine neue Etappe bei der Veröffentlichung des literarischen Erbes der Begründer des Marxismus wurde durch den Sieg der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution und die Errichtung der Sowjetmacht eingeleitet. Die Kommunistische Partei, die Sowjetregierung und Lenin persönlich betrach-

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teten die umfassende Publikation des literarischen Erbes von Marx und Engels als eine der wichtigsten ideologischen Aufgaben und als ihre internationalistische Pflicht gegenüber der Arbeiterklasse der ganzen Welt. Ein wichtiger Schritt zur erfolgreichen Lösung dieser Aufgabe war die Bildung einer speziellen Institution, der die Aufgabe übertragen wurde, für die Herausgabe der Werke der Begründer des Marxismus die entsprechende dokumentarische Basis zu schaffen und andere notwendige Vorbereitungsarbeiten in Angriff zu nehmen. Im Januar 1921 wurde deshalb auf Initiative W.l.lenins und auf Beschluß des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Rußlands (Bolschewiki) das Marx-Engels-lnstitut (das später mit dem lenin-lnstitut zum Marx-Engels-lenin-lnstitut vereinigt wurde) gegründet. Dieses Institut begann mit der systematischen Sammlung der veröffentlichten Werke von Marx und Engels, ihrer Handschriften und Briefe sowie der an sie gerichteten Briefe verschiedener Korrespondenten. Zahlreiche biographische Materialien, aber auch Quellen und Literatur zur Geschichte der Arbeiterbewegung und des wissenschaftlichen Sozialismus, Periodica, an denen die Begrunder des Marxismus mitgearbeitet hatten, u. a. m. konnten zusammengetragen werden. Bereits gegen Ende der zwanziger Jahre verfügte das Institut über die umfangreichste Sammlung des literarischen Erbes von Marx und Engels in der Welt und entfaltete eine vielseitige Publikationstätigkeit, die weite internationale Anerkennung fand. Das Marx-Engels-lenin-lnstitut veröffentlichte erstmals solche wichtigen Arbeiten der Begründer des Marxismus wie den vollständigen Text der .,Deutschen Ideologie" und der .,Dialektik der Natur", die .,ökonomischphilosophischen Manuskripte" und andere Dokumente. Ab 1924 begann das Institut auf Beschluß des XIII. Parteitags der KPR(B) mit der Vorbereitung der ersten vielbändigen Ausgaben der Werke von Marx und Engels sowohl in russischer Sprache als auch in den Originalsprachen. Der V. Kongreß der Kommunistischen Internationale begrüßte begeistert diesen Beschluß und rief alle kommunistischen Parteien der Welt auf, dem Marx-Engelslnstitut jede mögliche Unterstützung zu erweisen. Die erste Werkausgabe in russischer Sprache begann 1928 zu erscheinen und wurde im wesentlichen 1941 abgeschlossen. Sie bestand aus 28 Bänden (in 33 Büchern). Bis zum Erscheinen der zweiten Ausgabe der Werke von Marx und Engels in russischer Sprache blieb sie die einzige und vollständigste Sammlung der Werke der Begründer des Marxismus. Sie enthielt etwa 1250 Werke und ca. 3300 Briefe, von denen 460 Werke und etwa 800 Briefe bis dahin der Öffentlichkeit unbekannt waren. Die Gesamtausgabe der Werke von Marx und Engels in den Originalsprachen (MEGA), die zur gleichen Zeit vom Marx-Engels-lnstitut zunächst

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unter der Leitung von D. B. Rjasanow und später von W . W . Adoratski in Angriff genommen wurde, sollte alle bis zum damaligen Zeitpunkt bekannten Werke von Marx und Engels, ihren handschriftlichen Nachlaß, darunter die unvollendet gebliebenen Arbeiten, aber auch alle vorbereitenden Materialien enthalten : Entwürfe, Notizen, Exzerpte usw., teils vollständig, teils in Beschreibungen. ln die MEGA sollten weiterhin alle erhalten gebliebenen Briefe der Begründer des Marxismus sowie ein Teil der Briefe dritter Personen an sie aufgenommen werden. An der Vorbereitung der MEGA nahmen neben den sowjetischen Mitarbeitern des Instituts auch Vertreter anderer kommunistischer Parteien teil, in erster Linie deutsche Kommunisten. Fortschrittliche Wissenschaftler mehrerer Länder unterstützten ebenfalls die Arbeit an dieser Ausgabe, indem sie dem Institut wichtiges Quellenmaterial zur Verfügung stellten. Bis zur Errichtung der faschistischen Diktatur in Deutschland wurden die Bände zunächst in Frankfurt am Main und später in Berlin gedruckt. Der Plan für diese Ausgabe konnte nur zum Teil verwirklicht werden. ln den Jahren 1927 bis 1935 erschienen 7 Bände der ersten Abteilung, die die Werke von Marx und Engels (außer dem .. Kapital", das die zweite Abteilung bilden sollte) enthielt, 4 Bände der dritten Abteilung (Briefwechsel zwischen Marx und Engels) und ein gesonderter Band mit dem .. Anti-Dühring" und der .,Dialektik der Natur" von Engels. Außerdem wurde nach dem Typ dieser Ausgabe 1939-1941 erstmals Marx' ökonomisches Manuskript aus den Jahren 1857/1858 (.. Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie. Rohentwurf 1857-1858") veröffentlicht. Alle diese MEGA-Bände fanden weltweite Verbreitung und Anerkennung. Parallel zur Herausgabe der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels erschien seit 1924 das .. Marx-Engels-Archiv". Darin wurden neben wissenschaftlichen Artikeln und Mitteilungen viele handschriftlich überlieferte Arbeiten von Marx und Engels - zumeist erstmals - veröffentlicht. Ab 1931 änderte sich der Charakter des .. Archivs". Fortan wurden hier ausschließlich Materialien aus der Feder der Begründer des Marxismus publiziert. Ein Teil davon wurde später in der ersten und zweiten Ausgabe der Werke wieder abgedruckt, einige bedeutende Arbeiten blieben jedoch nur im .,Archiv" veröffentlicht. Die Entstehung der sozialistischen Staatengemeinschaft und das gewaltige Anwachsen der fortschrittlichen Kräfte in allen Ländern im Ergebnis des Sieges der Sowjetunion und der mit ihr in der Antihitlerkoalition verbündeten Völker über den deutschen und italienischen Faschismus sowie den japanischen Militarismus im zweiten Weltkrieg eröffneten neue Möglichkeiten für die Verbreitung des Marxismus-leninismus. Das Interesse an den Werken der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus

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wuchs außerordentlich. ln den sozialistischen Ländern wurden spezielle wissenschaftliche Zentren zur Herausgabe der Werke von Marx, Engels und Lenin und zur Ausarbeitung der Geschichte der Arbeiterbewegung und des Marxismus-Leninismus geschaffen. Eine besondere Rolle bei der Herausgabe der Werke von Marx und Engels in ihrer Muttersprache spielte das Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, das bei der Entdeckung, Sammlung und Edition von Handschriften und Drucken der Werke von Marx und Engels sowie von Materialien über ihr Leben und Wirken eine umfangreiche Arbeit leistet. Vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU wurde von 1955 bis 1966 die zweite Ausgabe der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels in russischer Sprache veröffentlicht. Sie umfaßt 39 Bände (42 Bücher) und enthält rund 5500 Werke und Briefe der Begründer des Marxismus, womit der Umfang der ersten Ausgabe um fast 1000 Dokumente, darunter etwa 600 Briefe, übertroffen wurde. Durch intensive Forschungen konnte erstmalig die Autorschaft von Marx und Engels für eine große Anzahl publizistischer Arbeiten ermittelt werden. Es konnten zahlreiche Druckfehler und ungenaue Entzifferungen von Handschriften berichtigt sowie viele von Marx und Engels benutzte Quellen ausfindig gemacht werden. Die zweite Ausgabe ist mit einem umfangreichen wissenschaftlichen Apparat versehen, zu dem redaktionelle Vorworte, historische und textalogische Anmerkungen, Erläuterungen zur Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte einzelner Werke usw. gehören. Die wissenschaftliche Öffentlichkeit schätzt diesen Apparat als einen bedeutenden Beitrag zur Ausarbeitung vieler wichtiger Probleme der Marx-Engels-Forschung, der Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung und des wissenschaftlichen Kommunismus. Die zweite russische Ausgabe diente als Grundlage für die 1968 vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED in deutscher Sprache fertiggestellten Marx-Engels-Werke (MEW) in 39 Bänden (41 Büchern) und einem Ergänzungsband (in zwei Büchern) mit frühen Schriften der Begründer des Marxismus. Fast zwei Drittel der in der Ausgabe enthaltenen Werke und Briefe wurden in Deutsch geschrieben und somit in der Originalsprache vorgelegt. Diese Werkausgabe fand daher eine außerordentlich große internationale Verbreitung. Auf der Basis dieser beiden Ausgaben werden vielbändige Ausgaben in bulgarischer, japanischer, koreanischer, polnischer, rumänischer, serbokroatischer, tschechischer, ukrainischer, ungarischer und anderen Sprachen veröffentlicht. Einen bedeutsamen Beitrag zur weiteren Veröffentlichung des literarischen Erbes der Begründer des Marxismus stellen elf Ergänzungsbände zur

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zweiten Werkausgabe in russischer Sprache (die Bände 40 bis 50) dar. Sie enthalten eine ganze Reihe bisher unveröffentlichter Manuskripte von Marx und Engels, Artikel und Briefe, die erst nach dem Erscheinen der zweiten Ausgabe aufgefunden wurden, sowie einige Arbeiten, die in die Bände 1 bis 39 nicht aufgenommen worden waren. Die Herausgabe dieser Ergänzungsbände wieauch dervorgesehenen Ergänzungsbände der Marx-Engels-Werke in der DDR erweitern die Möglichkeiten für neue Veröffentlichungen und für das Studium des literarischen Erbes von Marx und Engels bedeutend. Das Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU und der Moskauer Verlag .,Progress" nahmen gemeinsam mit Verlagen der Kommunistischen Partei Großbritanniens und der Kommunistischen Partei der USA eine fünfzigbändige Ausgabe der Werke von Marx und Engels in englischer Sprache in Angriff. Diese Ausgabe wird die Materialien der zweiten russischen Ausgabe einschließlich der Ergänzungsbände enthalten, darunter in den letzten Jahren neu aufgefundene Werke und Briefe der Begründer des Marxismus. Für diese Ausgabe wird ebenfalls eine spezielle textalogische Arbeit geleistet, insbesondere an den Schriften, die in englischer Sprache verfaßt wurden. Entsprechend der englischen Ausgabe begann der Verlag .,Editori Riuniti" in Rom mit einer fünfzigbändigen Ausgabe der Werke von Marx und Engels in italienischer Sprache. Der Verlag .. ~ditions Sociales" in Paris gibt eine vollständige Ausgabe der Briefe in französischer Sprache heraus und bereitet gleichfalls eine Ausgabe sämtlicher Werke von Marx und Engels in französischer Sprache vor. Außerdem haben einige wissenschaftliche Institutionen- wie das Internationale Institut für Sozialgeschichte (Amsterdam), das Institut Feltrinelli (Mai land) u. a. - eine Reihe wichtiger wissenschaftlicher Einzelausgaben veröffentlicht, darunter den Briefwechsel von Marx und Engels mit einzelnen Persönlichkeiten. Die umfangreiche Arbeit, die für alle genannten Ausgaben sowohl bei der Suche und Sammlung des literarischen Erbes der Begründer des Marxismus als auch bei der Textuntersuchung und wissenschaftlichen Kommentierung geleistet wurde, schafft wichtige Voraussetzungen, um das Vorhaben einer Gesamtausgabe der Werke von Karl Marx und Friedrich Engels in den Originalsprachen zu verwirklichen.

III Die außerordentliche Bedeutung des theoretischen Erbes von Marx und Engels im geistigen Leben unserer Zeit für den Kampf der Arbeiterklasse und aller fortschrittlichen Kräfte erfordert heute mehr denn je, ihre Werke

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in den vielfältigsten Formen zu verbreiten. Um den Voraussetzungen und Anforderungen unterschiedlicher Leserkreise gerecht werden zu können, sind verschiedene Typen von Marx-Engels-Editionen notwendig: Einzelveröffentlichungen, thematische Sammelbände, Auswahlausgaben und gesammelte Werke, Veröffentlichungen in den Originalsprachen und in Übersetzungen. Eine besondere Bedeutung kommt der Veröffentlichung einer wissenschaftlichen Gesamtausgabe der Werke von Marx und Engels in den Originalsprachen zu. Sie soll für die weitere gründliche Erforschung der Geschichte und der Theorie des Marxismus sowie für andere Ausgaben von Werken der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus in allen Ländern und Sprachen eine feste Grundlage bieten. Diese spezielle und zugleich grundlegende Aufgabe bestimmt Charakter und Spezifik der Editionsprinzipien der Marx-Engels-Gesamtausgabe. Die MEGA bietet das literarische Erbe von Marx und Engels - soweit es überliefert und zugänglich ist - vollständig dar. Zu den Werken, Artikeln und Briefen, die bereits in der zweiten russischen und der deutschen Werkausgabe enthalten sind, treten inzwischen neuentdeckte Arbeiten und Briefe hinzu. Ferner werden nunmehr auch alle Manuskripte und Entwürfe, Konspekte und Exzerpte, Marginalien und ähnliche Studienmaterialien von Marx und Engels veröffentlicht. Das gleiche gilt für Aufzeichnungen ihrer Reden und Gespräche, für Dokumente der demokratischen und Arbeiterbewegung, an deren Abfassung Marx und Engels beteiligt waren, und ähnliche Materialien. Darüber hinaus werden außer den Briefen von Marx und Engels auch die Briefe anderer Personen an sie und eine Reihe für die Marx-Engels-Forschung wichtiger Briefe Dritter untereinander aufgenommen. Allein die neu zu veröffentlichenden Materialien beanspruchen mehrere Dutzend Bände. Die MEGA vertieft und erweitert dadurch den Einblick in die theoretische Arbeit und den praktisch-politischen Kampf von Marx und Engels. ln der MEGA werden alle Texte in voller Übereinstimmung mit den Originalen und in deren jeweiliger Sprache veröffentlicht. Der Abdruck in der Originalsprache ermöglicht ein Maximum an Authentizität der Textwiedergabe, er erleichtert die Übersetzung der Werke von Marx und Engels und damit die Verbreitung ihrer Ideen. Er ermöglicht auch genauere Untersuchungen über die Entwicklung der Terminologie des Marxismus und das große sprachschöpferische Wirken seiner Begründer, die die Begriffsweit und den Wortschatz der revolutionären Arbeiterbewegung und der ganzen fortschrittlichen Menschheit nachhaltig beeinflußt haben. Mit dem Vollständigkeitsprinzip und der Wiedergabe aller Texte in den Originalsprachen ist ein weiteres Charakteristikum der MEGA eng ver-

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bunden: Sie bietet das gesamte Werk von Marx und Engels in seiner historischen Entwicklung dar und dokumentiert dabei das Reifen aller Werke von der ersten Skizze bis zur Fassung letzter Hand, soweit es überliefert ist. Erstmals kann somit für jedes Werk jede beliebige von Marx und Engels stammende oder von ihnen autorisierte Fassung bzw. Übersetzung herangezogen, aber auch die Textentwicklung in ihrer Gesamtheit überblickt werden. Dadurch ermöglicht es die MEGA, sowohl die bereits veröffentlichten Werke von Marx und Engels tiefer zu verstehen als auch die erstmals zugänglich gemachten Arbeiten in das gesamte Schaffen der Begründer des Marxismus einzuordnen. Sie gibt einen Einblick in die Arbeitsmethoden von Marx und Engels, wie er bisher nicht gewonnen werden konnte, und dokumentiert die Besonderheiten sowie die Etappen der Entstehung und Entwicklung des Marxismus so umfassend wie mög· lieh. Schließlich wird in der MEGA das literarische Werk von Marx und Engels auf der Basis einer gründlichen textkritischen Analyse dargeboten und, soweit es für den wissenschaftlichen Benutzer erforderlich ist, eingehend und umfassend kommentiert. Die historisch-kritische Marx·Engels-Gesamtausgabe wird etwa 100 Bände umfassen. Um die Bearbeitung und Benutzung zu erleichtern, ist diese große Ausgabe in Abteilungen gegliedert. Die Gliederung der MEGA in Abteilungen geht aus von den verschiedenen Formen des literarischen Schaffens von Marx und Engels, die unterschiedliche Wiedergabeformen erfordern. Zunächst werden die Werke, Artikel, Entwürfe einerseits und die Briefe andererseits in eigenen Abteilungen angeordnet, wie das in allen vergleich· baren Editionen geschieht. "Das Kapital" bildet eine selbständige Abteilung. Seine Entwürfe und Druckfassungen beanspruchen allein etwa 20 Textbücher. Der Leser erhält dadurch die Möglichkeit, den jahrzehntelangen Entstehungsprozeß des Hauptwerks von Marx im Zusammenhang zu verfolgen. ln einer eigenen Abteilung werden schließlich die Exzerpte und Konspekte, Notizbücher, Randbemerkungen und Anstreichungen in Büchern angeordnet. Nur einige von ihnen lassen sich jeweils einem bestimmten Werk als Vorarbeit zuordnen; viele wurden von den Autoren für mehrere Arbeiten benutzt. Zudem spielt in diesen Materialien die Aneignung des vorgefundenen Gedankenmaterials gegenüber der Darlegung des eigenen Standpunktes von Marx und Engels eine wichtige, meist die dominierende Rolle, und dem müssen spezifische Editionsmethoden entsprechen . Die MEGA ist also in vier Abteilungen gegliedert : Erste Abteilung: Werke, Artikel, Entwürfe (mit Ausnahme des" Kapitals"), Zweite Abteilung: "Das Kapital" und Vorarbeiten,

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Dritte Abteilung : Briefwechsel, Vierte Abteilung : Exzerpte, Notizen, Marginalien. Als Ergänzung werden in gesonderten Bänden der MEGA "Lebenszeugnisse" veröffentlicht, d. h. zeitgenössische Dokumente über Marx und Engels von hohem wissenschaftlichen Aussagewert, so Fotos und zeitgenössische Zeichnungen, die Marx und Engels, ihre Familienmitglieder und Kampfgefährten sowie ihre Wohn- und Wirkungsstätten abbilden; authentische Äußerungen von Zeitgenossen in Briefen, Artikeln, Tagebüchern, Berichten; zuverlässige Aussagen aus Akten von Zensur-, Gerichts-, Polizei- und anderen Behörden usw. Zum Abschluß der Editionsarbeiten werden Register für die einzelnen Abteilungen bzw. für das Gesamtwerk die Ausgabe vervollständigen. Innerhalb der vier Abteilungen der MEGA werden die Texte chronologisch geordnet. Da Marx und Engels zunächst unabhängig voneinander vom revolutionären Demokratismus zum Kommunismus und vom Idealismus zum Materialismus übergingen, werden ihre bis zu ihrem Zusammentreffen im August 1844 entstandenen Arbeiten und Briefe getrennt dargeboten; vom Beginn ihres gemeinsamen Schaffens an werden ihre Arbeiten jedoch in einer Chronologie gebracht. Für die chronologische Einordnung der einzelnen Texte ist das Datum der Abfassung, nicht das der Veröffentlichung maßgebend, da die MEGA vor allem die Entstehungsund Entwicklungsgeschichte des Marxismus dokumentiert. Die Bandeinteilung berücksichtigt die allgemeine Periodisierung der Geschichte des Marxismus und der internationalen Arbeiterbewegung sowie die wichtigsten Etappen im Leben von Marx und Engels. Innerhalb der dadurch gebildeten markanten Einschnitte muß jedoch dem Umfang des überlieferten Materials Rechnung getragen werden. ln den eigentlichen Textteilen der MEGA-Bände werden nur jene Texte wiedergegeben, die nachweisbar von Marx und Engels stammen, und zwar in Textfassungen, die von ihnen autorisiert wurden. Alle anderen Materialien werden in einem Anhang zum Textteil gebracht. Dazu gehören auch jene Arbeiten, für die eine Autorschaft von Marx und Engels anzunehmen, aber nicht zweifelsfrei nachzuweisen ist (Dubiosa), zumeist anonym veröffentlichte Artikel in Zeitungen und Zeitschriften. Der wissenschaftliche Apparat zu den einzelnen Bänden, der im folgenden noch näher charakterisiert ist, wird getrennt vom Textteil gebunden, damit er parallel zu diesem gelesen werden kann.

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IV Die Erste Abteilung der MEGA enthält sämtliche Arbeiten von Marx und Engels, ausgenommen "Das Kapital" und die zu ihm gehörenden Manuskripte. Die Werke, Artikel und Entwürfe spiegeln die Entwicklung und den Ideenreichtum der von ihnen begründeten revolutionären Theorie und ihre Vereinigung mit der Arbeiterbewegung umfassend wider. Obwohl gerade dieser wichtige Teil des Erbes von Marx und Engels in den vorliegenden Werkausgaben bereits weitgehend veröffentlicht wurde, bereichert die Erste Abteilung der MEGA die Marx-Engels-Forschung außerordentlich. Eine Reihe noch unveröffentlichter Entwürfe und Manuskripte sowie neu entdeckter Publikationen von Marx und Engels werden hier abgedruckt. Der wissenschaftliche Informationsgehalt wird auch dadurch erweitert, daß alle Werke in der Sprache der jeweiligen Originale und in allen autorisierten Fassungen dargeboten werden. ln der Ersten Abteilung werden Planskizzen, Entwürfe und Rohfassungen zu einer Reihe von Schriften und Artikeln zugänglich gemacht, die anschaulich die Genesis wichtiger Ideen des Marxismus zeigen und wertvolle Einblicke in die Arbeitsmethoden seiner Begründer geben. Wichtige Handschriften erfahren durch die detaillierte Darbietung der innerhandschriftlichen Textentwicklung eine für die Forschung aussagekräftigere Wiedergabe. Das betrifftganz besonders die "Ökonomisch-philosophischen Manuskripte", die "Deutsche Ideologie" und die "Dialektik der Natur" . Im Vergleich zu anderen Ausgaben erhöht sich die Zahl der aufgenommenen Presseartikel von Marx und Engels dadurch, daß die Zeitungen und Zeitschriften, an denen sie mitarbeiteten, erneut nach Arbeiten von ihnen durchforscht werden. Zudem gibt die MEGA die Artikel in allen von Marx und Engels autorisierten Fassungen wieder. Viele Artikel von Marx und Engels erschienen beispielsweise gleichzeitig in der amerikanischen Zeitung "New-York Daily Tribune" und in europäischen Presseorganen im "People's Paper" oder in der "Neuen Oder-Zeitung"- und bisweilen außerdem später als Einzelausgaben. ln einigen Fällen nahmen die Autoren für die verschiedenen Abdrucke erhebliche Veränderungen oder Ergänzungen vor, entsprechend der politischen Richtung des einen oder des anderen Presseorgans oder Verlages. Vor allem aber werden die großen Werke von Marx und Engels, die oft mehrere Ausgaben - darunter Übersetzungen - erlebten, in denen die Verfasser die Darstellung verbesserten und nicht selten neue theoretische Erkenntnisse einarbeiteten, erstmals in allen autorisierten Fassungen zugänglich gemacht. Werke wie "Das Elend der Philosophie", "Manifest der Kommunistischen Partei", "Der Bürgerkrieg in Frankreich", "Die Ent-

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wicklungdes Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft", .. Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats" können in der Ersten Abteilung der MEGA mit ihrer gesamten Textentwicklung studiert werden. Von der aus Marx' Feder stammenden Adresse des Generalrats der Internationalen Arbeiterassoziation ,. Der Bürgerkrieg in Frankreich" werden beispielsweise - außer den Entwürfen - sowohl die englische Originalfassung mit ihren Varianten wie die von Engels stammende Übersetzung ins Deutsche mit ihren Varianten und dazu noch die von Marx betreute und teilweise redigierte französische Übersetzung von 1872 abgedruckt. Von Engels' Arbeit ,.Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats" werden sowohl die Ausgabe von 1884 als auch die Varianten der Ausgabe von 1891 wiedergegeben. Große Aufmerksamkeit verdienen die Publikationen von Marx' Schriften, die nach seinem Tode von Engels besorgt wurden, so dessen Ausgabe von "Lohnarbeit und Kapital". Sie wird im Textteil in der Fassung von 1849, nach der Veröffentlichung in der "Neuen Rheinischen Zeitung", dargeboten, während im Variantenverzeichnis die Fassung von 1891 wiedergegeben wird, in der Engels einige Stellen ergänzt und terminologisch dem "Kapital" angeglichen hat. Besondere Bedeutung kommt den von Marx und Engels angefertigten oder redigierten Übersetzungen einiger ihrer Werke zu. Sie widerspiegeln den Prozeß der Ausarbeitung der marxistischen Terminologie, lassen Rückschlüsse auf den Grad der Verbreitung des Marxismus in den einzelnen Ländern zu und bereichern das Wissen vom Einfluß der Ideen des wissenschaftlichen Kommunismus auf die Entwicklung der internationalen Arbeiterbewegung wesentlich. Sie dokumentieren eine wichtige Seite des Schaffens von Marx und Engels, die den Obersetzungen ihrer Schriften und der von ihnen verfaßten Dokumente der Arbeiterbewegung große Bedeutung beimaßen. ln der Ersten Abteilung der MEGA werden alle von Marx und Engels selbst angefertigten oder redigierten Übersetzungen wiedergegeben, darunter Marx' deutsche Übersetzung der zweiten Adresse des Generalrats der Internationalen Arbeiterassoziation über den Deutsch-Französischen Krieg, die von Engels 1885 redigierte deutsche Übersetzung von Marx' "Misere de Ia philosophie" und die von ihm durchgesehene englische Übersetzung seiner Arbeit "Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" von 1892. Darüber hinaus werden auch Übersetzungen berücksichtigt, die sie nicht selbst anfertigten oder redigierten, aber autorisierten. Sie werden im Anhang zu den Textteilen der Ersten Abteilung ganz oder teilweise abgedruckt oder zumindest beschrieben. Vollständig werden in die Erste Abteilung der MEGA auch alle Aufzeichnungen und Notizen von Marx und Engels zu verschiedenen Ereignissen

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in der Arbeiterbewegung aufgenommen. Das gleiche gilt für Wiedergaben ihrer Reden und Diskussionsbeiträge auf Versammlungen und Beratungen. Solche Dokumente widerspiegeln deutlich die Strategie und Taktik der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus und den stetig zunehmenden Einfluß des Marxismus in der Arbeiterbewegung; außerdem enthalten sie wichtige theoretische und politische Aussagen. Schließlich ist hervorzuheben, daß im Anhang zum Textteil der Bände der Ersten Abteilung auch Arbeiten von Kampfgefährten und Familienangehörigen, die unter unmittelbarer Beteiligung von Marx und Engels entstanden oder von ihnen redigiert wurden, vollständig, auszugsweise oder beschreibend wiedergegeben werden.

V Die Zweite Abteilung der MEGA ist dem Hauptwerk von Karl Marx, dem "Kapital", gewidmet. Aufnahme finden hier die ökonomischen Manuskripte der fünfziger Jahre, Marx' Arbeit "Zur Kritik der politischen Ökonomie" (1859), alle vorhergehenden Manuskripte für "Das Kapital" sowie die autorisierten Ausgaben aller drei Bände. Die Zweite Abteilung soll ein vollständiges Bild vom Verlauf und Charakter der jahrzehntelangen Arbeit von Marx an diesem Werk vermitteln und zugleich die große Leistung dokumentieren, die Engels nach Marx' Tod bei der Bearbeitung und Herausgabe des zweiten und dritten Bandes des "Kapitals" vollbrachte. Da die Zweite Abteilung nur die langjährige Geschichte des "Kapitals", nicht aber die Entstehung und Entwicklung der ökonomischen Lehre von Marx und Engels überhaupt darzustellen hat, beginnt diese Abteilung mit jener neuen Etappe der ökonomischen Forschungen von Marx, die in den fünfziger Jahren einsetzte, als die Struktur des "Kapitals" schon unmittelbar Gestalt annahm. Die Zweite Abteilung wird eröffnet mit dem umfangreichen Manuskript aus den Jahren 1857/1858- bekannt unter dem Titel "Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie" -, das man als ersten Rohentwurf des" Kapitals" betrachten kann. Es gibt Einblick in Marx' Schaffensprozeß und macht es möglich, die Ausarbeitung der Grundlagen seiner ökonomischen Theorie Schritt für Schritt zu verfolgen. Die "Grundrisse" widerspiegeln die Ergebnisse fünfzehnjähriger Forschungen auf dem Gebiet der politischen Ökonomie. Hier hat die Ausarbeitung der ökonomischen Lehre von Marx nicht nur in den Grundzügen, sondern auch in wesentlichen Details erstmals Gestalt angenommen. Im ökonomischen Manuskript von 1857/1858 wurde erstmals die Marxsche Mehrwerttheorie entwickelt, die zusammen

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mit dem von Man< und Engels in den vierziger Jahren ausgearbeiteten historischen Materialismus den Sozialismus aus einer Utopie in eine Wissenschaft verwandelte. Es folgt dann Marx' Arbeit "Zur Kritik der Politischen Oekonomie. Erstes Heft" (1859). Zusammen mit diesem Werk werden das erhalten gebliebene Manuskript seines Entwurfs sowie verschiedene Vorarbeiten aus den Jahren 1859 bis 1861 (Pianentwürfe, detaillierte Verzeichnisse u. ä.) dargeboten . Einen weiteren Band der Zweiten Abteilung (in 6 Büchern) füllt das von 1861 bis 1863 verfaßte umfangreiche Manuskript in 23 Heften, das eine mehr oder weniger systematische, wenn auch noch rohe und unvollendete Ausarbeitung des gesamten "Kapitals" darstellt. Darin sind Fragen behandelt, die alle drei theoretischen Bände des "Kapitals" betreffen. Der Text jener Hefte, in denen vor allem Fragen der Verwandlung von Geld in Kapital und der Produktion des absoluten und relativen Mehrwerts untersucht werden, wurde erstmalig 1973 in russischer Sprache veröffentlicht. Der umfangreichste und am vollständigsten ausgearbeitete Teil dieses Manuskripts sind die "Theorien über den Mehrwert", die den vierten und letzten Band des "Kapitals" bilden sollten; es ist die einzige Fassung des vierten Bandes. Die "Theorien über den Mehrwert" werden in der MEGA als Bestandteil des Manuskripts aus den Jahren 1861 bis 1863 veröffentlicht. Der nächste Schritt zur Ausarbeitung seiner ökonomischen Lehre und zur Vorbereitung des "Kapitals" war das Manuskript, das Marx in den Jahren 1863 bis 1865 niederschrieb. Es wurde schon von vornherein in den drei Teilen des "Kapitals" abgefaßt. Vom Manuskriptdes ersten Bandes des "Kapitals" ist lediglich das sechste Kapitel, "Resultate des unmittelbaren Produktionsprozesses", überliefert, das in die endgültige Fassung des ersten Bandes nicht aufgenommen wurde. Es wurde 1933 vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU deutsch und russisch im "Marx-Engels-Archiv" veröffentlicht. Das Manuskript von 1863-1865 enthält weiterhin die erste Fassung des zweiten Bandes des "Kapitals". Engels hat sie später bei der Bearbeitung dieses Bandes nicht benutzt, sie wurde bisher nur 1974 in russischer Sprache veröffentlicht. Schließlich enthält dieses Manuskript die einzige von Marx hinterlassene Fassung des dritten Bandes des "Kapitals". Auf seiner Grundlage gab Engels 1894 unter Berücksichtigung der späteren Einfügungen und Ergänzungen von Marx und mit eigenen Zusätzen diesen Band heraus. ln der MEGA wird das Manuskript von 1863-1865 vollständig in der von Marx hinterlassenen Form veröffentlicht. Der erste Band des "Kapitals" wird in der MEGA mehrere Bände umfassen. Außer der ersten deutschen Ausgabe von 1867 werden spätere

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autorisierte Ausgaben, die wichtige Änderungen und Ergänzungen enthalten, vollständig abgedruckt. Dazu gehört die zweite deutsche Ausgabe von 1872, die viele Änderungen und Ergänzungen von Marx aufweist und auch in der Struktur wesentlich verändert wurde. Ein Band wird die französische Ausgabe von 1872-1875darbieten.ln ihrhatMarxvieleÄnderungen und Ergänzungen vorgenommen, von denen nur ein Teil in der dritten und vierten deutschen Ausgabe berücksichtigt wurde. Ein weiterer Band wird die englische Ausgabe von 1887 aufnehmen. Sie wurde von Samuel Moore und Edward Aveling bearbeitet und von Friedrich Engels durchgesehen und redigiert. Von der dritten deutschen Ausgabe werden die Varianten im Apparat dargeboten. Vollständig wird wiederum die von Engels redigierte vierte deutsche Ausgabe des ersten Bandes des" Kapitals" (1890) abgedruckt, die heute vorwiegend als Editionsgrundlage dient. Die MEGA wird weiterhin alle überlieferten Manuskripte des zweiten Bandes des "Kapitals" sowie die Druckfassung der von Engels 1885 besorgten Ausgabe enthalten. Als Varianten erscheinen die Änderungen von Engels, die er in der zweiten Auflage des zweiten Bandes von 1893 vorgenommen hat. Von den Vorarbeiten zum dritten Band des "Kapitals" blieben außer der bereits erwähnten Fassung, die ein Teil des Manuskripts von 1863-1865 ist, noch einige Entwürfe zu einzelnen Kapiteln erhalten, darunter das unveröffentlichte Manuskript "Das Verhältnis der Mehrwertrate zur Profitrate, mathematisch behandelt" . Alle diese Materialien werden zusammen mit verschiedenen Manuskripten von Engels, die während seiner redaktionellen Tätigkeit am dritten Band entstanden, in der Zweiten Abteilung wiedergegeben. Der dritte Band des "Kapitals", wie ihn Engels 1894 herausgegeben hat, beschließt diese Abteilung der MEGA.

VI ln der Dritten Abteilung der MEGA wird der Briefwechsel von Karl Marx und Friedrich Engels veröffentlicht. Der Briefnachlaß der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus widerspiegeltanschaulich und umfassend die wichtigsten Etappen in der Herausbildung und Entwicklung des Marxismus und der internationalen Arbeiterbewegung. Er ergänzt den Inhalt ihrer Werke und dokumentiert in spezifischer Form die Wesensmerkmale des Marxismus - seinen schöpferischen Charakter, die Verbindung der revolutionären Theorie mit der revolutionären Praxis, die untrennbare Verbindung der Lehre von Marx und Engels mit dem Klassenkampf des Proletariats.

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Außerordentlich groß ist die biographische Bedeutung dieses Teils des Nachlasses. Die Briefe ermöglichen es, die wichtigsten Etappen des Lebens von Marx und Engels sowie die Entstehungsgeschichte ihrer Werke zu verfolgen, sie geben Aufschluß über eine Reihe wenig untersuchter Seiten ihrer politischen, organisatorischen und publizistischen Tätigkeit. Der Briefwechsel widerspiegelt die schwierigen Bedingungen, unter denen Marx und Engels lebten und wirkten, z. B. die ständigen Verfolgungen seitens reaktionärer Regierungen, unter denen sie zu leiden hatten. Die Briefe sind ein lebendiges Zeugnis von der selbstlosen Freundschaft, die Marx, Engels und ihre engsten Mitkämpfer miteinander verband. ln der Dritten Abteilung der MEGAwird die Publikationder Korrespondenz von Marx und Engels nach mehreren Richtungen hin erweitert und vertieft. Im Unterschied zu allen bisherigen Ausgaben der Werke werden erstmals alle Briefe von Marx und Engels untereinander wie auch an dritte Personen in einer einheitlichen chronologischen Reihenfolge veröffentlicht. Von großer Bedeutung ist die Veröffentlichung der Briefe an Marx und Engels im Anhang zu den jeweiligen Bänden. Diese Dokumente sind zum vollen Verständnis ihrer eigenen Briefe unumgänglich und bieten für die Erforschung des Lebens und Wirkens von Marx und Engels und für das Studium der Geschichte des Marxismus und der internationalen Arbeiterbewegung wichtiges Material. ln vielen Briefen an die Begründer des Marxismus werden Briefe aus deren Feder erwähnt, wiedergegeben oder zitiert, über deren Inhalt und Verbleib sonst nichts bekannt ist. Diese Briefe ermöglichen es, die Lücken im überlieferten Briefwechsel von Marx und Engels in gewissem Maß zu schließen. Dies trifft insbesondere für die frühe Periode (Ende der dreißiger/Anfang der vierziger Jahre) zu. Aus dieser Zeit sind nur einzelne Briefe von Marx überliefert, und lediglich aus den Antwortbriefen seiner Freunde und ihm nahestehender Personen haben wir vom Inhalt der verlorengegangenen oder bisher nicht aufgefundenen Briefe von Marx Kenntnis. Diese Materialien werden noch ergänzt durch Briefe dritter Personen untereinander, in denen der Inhalt nicht erhalten gebliebener Briefe von Marx und Engels wiedergegeben wird oder die in ihrem Auftrag geschrieben wurden; sie werden in einem gesonderten Teil des Anhangs dargeboten. Zahlreiche Briefe dritter Personen sind eine wichtige und mitunter die einzige Quelle für biographische Angaben über Marx und Engels. Besonders wertvoll sind in dieser Hinsicht Briefe von Familienangehörigen, Verwandten und engen Freunden an die Begründer des Marxismus, denn sie enthalten oft wertvolle Mitteilungen über geplante Arbeiten, über die sonst nichts bekannt ist, sowie zur Entstehungsgeschichte ihrer Werke,

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Urteile über Arbeiten von Marx und Engels, Informationen über deren Veröffentlichung und Propagierung, die den Grad der Verbreitung und des Einflusses der marxistischen Ideen in vielen Ländern widerspiegeln . Zu den Korrespondenzpartnern von Marx und Engels gehörten ihre Kampfgefährten, bedeutende Führer der internationalen Arbeiterbewegung, vor allem des Bundes der Kommunisten und der !.Internationale, sowie Vertreter von sozialistischen und Arbeiterparteien, Führer der revolutionärdemokratischen Bewegung und fortschrittliche Gelehrte in vielen Ländern: Victor Adler, P. W. Annenkow, August Bebel, johann Philipp Becker, Wilhelm Bracke, N. F. Danielson, Eugene Dupont, johann Georg Eccarius, jules Guesde, George Julian Harney, Heinrich Heine, Ernest Charles jones, Karl Kautsky, Paul Lafargue, P. L. Lawrow, Friedrich Leßner, Wilhelm Liebknecht, G. A. Lopatin, G. W. Plechanow, W. I. Sassulitsch, Friedrich Adolph Sorge, joseph Weydemeyer, Wilhelm Wolffund viele andere. Ihre Briefe vermitteln eine Vorstellung von der herausragenden Rolle von Marx und Engels in der Arbeiterbewegung und von ihrem jahrelangen Kampf für die Schaffung und Festigung proletarischer Parteien. Viele Briefe von Arbeitern und Arbeiterorganisationen mehrerer Länder an Marx und Engels zeugen von der Liebe und Achtung gegenüber diesen beiden Führern des internationalen Proletariats. ln den Bänden der Dritten Abteilung werden auch die Widmungen von Marx und Engels in Büchern und auf Photographien publiziert, die ihre vielseitigen Beziehungen zu hervorragenden Persönlichkeiten ihrer Zeit widerspiegeln. VII ln der Vierten Abteilung der MEGA werden erstmals alle überlieferten Exzerpte, Konspekte, Notizbücher und Marginalien von Marx und Engels veröffentlicht. Einige Exzerpte und Konspekte von Marx und Engels wurden bereits in der Ersten Abteilung der ersten, unvollendeten MEGA beschrieben und auszugsweise wiedergegeben. Ein anderer Teil von ihnen wurde vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU im "Marx-EngelsArchiv" und in einzelnen Sammelbänden veröffentlicht. Diese oft fragmentarischen Publikationen vermittelten jedoch keine vollständige Vorstellung vom Charakter und Inhalt dieses wichtigen Teils des literarischen Nachlasses von Marx und Engels. Die Exzerpte und Konspekte in Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch, Italienisch, Latein, Griechisch und anderen Sprachen, die den Hauptinhalt der Vierten Abteilung bilden, sind außerordentlich umfangreich und ihrem

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Inhalt nach sehr mannigfaltig. Die Exzerpte und Konspekte von Marx und Engels enthalten eine Fülle von Material über die sozialökonomische und politische Geschichte mehrerer Völker und Epochen, über die Geschichte der sozialistischen Lehren, der Arbeiterbewegung, der internationalen Beziehungen und der Diplomatie, der Kriegskunst und andere Wissensgebiete. Sehr umfangreich und äußerst interessant sind die zahlreichen Exzerpte von Marx und Engels zu Fragen der politischen Ökonomie. Eine Reihe von Exzerpten und Konspekten behandelt Fragen der Philologie und der Linguistik, der Religion, der Kunst und Literatur sowie der Naturwissenschaften. Eine besondere Gruppe ist politischen Ereignissen gewidmet, deren Zeitgenossen Marx und Engels waren. Einen wichtigen Teil der nicht veröffentlichten handschriftlichen Bemerkungen von Marx stellen seine zahlreichen Notizbücher dar. Die 17 überlieferten Notizbücher von Marx aus den Jahren 1844 bis 1881 widerspiegeln verschiedene Seiten seiner Tätigkeit als Wissenschaftler und als Revolutionär. Sie enthalten kurze Aufzeichnungen von einzelnen Gedanken, knappe Entwürfe einiger Arbeiten, manchmal auch vollständige Dokumente wie z. B. die .. Thesen über Feuerbach" oder die Resolution des Generalrats der I. Internationale über den Konflikt in den Pariser Sektionen, Briefentwürfe, Tagebuchaufzeichnungen, Angaben über gelesene Bücher usw. Die Notizbücher werden ebenso wie die Exzerpthefte vollständig wiedergegeben, einschließlich jener in ihnen enthaltenen Dokumente, Entwürfe von Artikeln oder Briefen usw., die auch in den entsprechenden Bänden der Ersten und Dritten Abteilung erscheinen. Von großem Interesse sind die vielfältigen Randbemerkungen von Marx und Engels in den Büchern, die sie lasen. Diese Marginalien werden im Rahmen der Vierten Abteilung der MEGA in gesonderten Bänden wiedergegeben, die größere Zeitabschnitte im Leben und Wirken von Marx und Engels umfassen. Wie die Randbemerkungen, so werden auch die Anstreichungen in Büchern in angemessener Form veröffentlicht (vollständige oder teilweise Wiedergabe, detaillierte oder summarische Beschreibung). ln ihrer Gesamtheit illustrieren die Materialien der Vierten Abteilung anschaulich die Methoden der schöpferischen wissenschaftlichen Arbeit von Marx und Engels. Sie gewähren dem Leser Einblick in die Werkstatt und den Schaffensprozeß der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus. Viele dieser Materialien enthalten umfangreiche kritische Kommentare, andere sind nur mit einzelnen Bemerkungen von Marx und Engels versehen, für weitere ist die Anordnung und Auswahl des Materials charakteristisch, die den Gedankengang von Marx und Engels erhellt und den Blickwinkel deutlich macht, unter dem sie an die betreffende Frage herangingen.

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Ein Vergleich der Materialien der Vierten Abteilung mit den vollendeten Werken von Marx und Engels über analoge Probleme ermöglicht es, die Entstehung und Entwicklung einer Reihe wichtiger Ideen zu verfolgen. Die Exzerpte und Konspekte enthalten auch Gedanken, die in den vollendeten Werken der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus keine weitere Entwicklung erfuhren. Eine große Gruppe dieser Materialien fertigten Marx und Engels für Arbeiten an, die aus verschiedenen Gründen unvollendet blieben, von einigen ihrer Vorhaben und Pläne sind wir nur durch Exzerpte und Konspekte unterrichtet. Dazu gehören Marx' Exzerpte zur Geschichte der bürgerlichen Revolutionen und der nationalen Befreiungsbewegung in Spanien in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die Exzerpte und Konspekte zur Geschichte der Urgesellschaft und des Gemeindewesens, zur ökonomischen Entwicklung in den USA und in Rußland nach der Reform von 1861, Engels' Exzerpte zur Geschichte Irlands usw. Die Texte der Vierten Abteilung der MEGA stellen einen integrierenden Bestandteil des literarischen Nachlasses der Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus dar. Sie sind eine einzigartige Quelle zum Studium des Entstehungs- und Entwicklungsprozesses der marxistischen Theorie und ihrer Bestandteile; in einigen Fällen ermöglichen sie es, die Besonderheiten dieses Prozesses vollständiger wiederzugeben, als es an Hand der veröffentlichten Schriften bisher möglich war. Zugleich widerspiegeln die Dokumente in den Bänden der Vierten Abteilung die ganze Universalität der wissenschaftlichen Interessen von Marx und Engels. Sie sind ein überzeugender Beweis dafür, daß der Marxismus auf der Grundlage einer kritischen Verarbeitung des Besten entstand, was die Wissenschaft bis dahin geschaffen hatte.

VIII Der Wert der MEGA besteht nicht allein darin, daß sie das literarische Erbe von Marx und Engels erstmals vollständig zugänglich macht, sondern ergibt sich auch aus der Art und Weise, in der hier die Texte dargeboten werden. Für eine Reihe von Aufgaben der Forschung und Edition ist die MEGA schon deshalb die einzige verwendbare Quellengrundlage, weil in ihr die Textwiedergabe getreu den originalen Handschriften und autorisierten Drucken in den Originalsprachen erfolgt. Die Rechtschreibung und Zeichensetzung wird in den Texten nicht modernisiert und nicht vereinheitlicht. Das Prinzip der größtmöglichen Übereinstimmung mit dem Original

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schließt eine kritische Textdurchsicht zur Beseitigung eindeutiger Druckund Schreibfehler ein. Sie erfolgt unter Heranziehung aller von Marx und Engels autorisierten Fassungen ihrer Werke, wobei nur äußerst behutsam und unter genauer RechenschaftslegunQ vor dem Leser in die Autortexte eingegriffen wird. Der originalgetreuen Wiedergabe der Handschriften von Marx und Engels wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Unvollendete Manuskripte und Rohentwürfe werden in jenem Bearbeitungsstadium dargeboten, in dem sie die Autoren hinterlassen haben. Umstellungen, Einordnungen usw. finden in der Regel nur dort statt, wo sie die Autoren selbst vorgesehen haben. ln Einzelfällen wird es erforderlich sein, Exkurse, Nachträge u. ä., die den fortlaufenden Text unterbrechen, an einer anderen Stelle wiederzugeben, die ihrem Inhalt und Charakter besser entspricht. Jede solche Veränderung in der Textanordnung wird nachgewiesen und begründet. Im Interesse einer besseren Lesbarkeit der dargebotenen Texte werden die zahlreichen Kürzel, Abkürzungen und Verkürzungen, die die beiden Klassiker in ihren Manuskripten anwandten, beim Abdruck weitgehend aufgelöst, soweit dies mit ausreichender Sicherheit möglich ist. Wo es das Verständnis großer und wenig gegliederter Manuskripte gebietet, sind Zwischenüberschriften und Absätze eingefügt, die wie alle vorgenommenen Ergänzungen deutlich als von der Redaktion stammend gekennzeichnet sind. Bei der Darbietung von Exzerpten werden die von Marx und Engels stammenden Bemerkungen durch halbfetten Druck von den exzerpierten Quellentexten abgehoben und bei den letzteren durch besondere Zeichen alle wörtlich übernommenen Zitate von sinngemäß wiedergegebenen Passagen unterschieden. Dadurch treten die verschiedenen Stadien der Aneignung des vorgefundenen Gedankenmaterials durch Marx und Engels deutlich hervor. Ein Hauptziel der Textdarbietung in der MEGA besteht darin, die Genesis der einzelnen Arbeiten mit Hilfe moderner Editionsmethoden vollständig und übersichtlich zu dokumentieren. Die Dokumentation der Textentwicklung ist für die Erschließung des Lebenswerkes der Begründer des Marxismus von außerordentlicher Bedeutung. Viele Werke von Marx und Engels entstanden in einem längeren, komplizierten Schaffensprozeß, der sich in mehreren Entwürfen und Druckfassungen niederschlug. Die in ihnen enthaltenen Erkenntnisse können um so besser verstanden werden, je klarer ihre Erarbeitung zu verfolgen ist, denn der Prozeß der ständigen Weiterentwicklung und Vervollkommnung der wissenschaftlichen Theorie der Arbeiterklasse durch Marx und Engels manifestierte sich nicht nur im Entstehen neuer Arbeiten, sondern auch in der Überarbeitung ihrer Werke. Bei der Dokumentation dieser Textveränderungen bilden Textteil und

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Variantenverzeichnis eine Einheit. Wie in der ersten MEGA, aber im Unterschied zu den Studienausgaben, wird dem vollständigen Abdruck der Texte eine frühe Fassung zugrunde gelegt, also in der Regel die Handschrift oder der Erstdruck. Die weiteren Fassungen werden - auf die abweichenden Stellen verkürzt - im Variantenverzeichnis wiedergegeben, soweit sie nicht so starke Umformungen erfahren haben, daß sie im Textteil nochmals vollständig abzudrucken sind. Das Variantenverzeichnis ist somit ein dem Edierten Text prinzipiell gleichrangiger Teil der Darbietung der Textentwicklung. Die hier wiedergegebenen Werkfassungen werden daher auch in gleicher Weise wissenschaftlich kommentiert wie der Edierte Text. Die Gestaltung des Variantenverzeichnisses der MEGA wird bestimmt durch seine Hauptfunktion, die Entwicklung der Texte darzustellen. Darum werden alle redaktionellen Korrekturen von den Varianten gesondert und in eigenen Verzeichnissen aufgeführt. Zur Entlastung der Variantenverzeichnisse werden weiterhin die Sinngebung nicht berührende Veränderungen der Orthographie und Interpunktion und darüber hinaus bei innerhandschriftlichen Textentwicklungen bloße Richtigstellungen von stilistischen und grammatikalischen Versehen, Schreibansätze, Textabbrechungen oder ähnliche kleinere Veränderungen, die weder die inhaltliche Aussage verändern noch den Stil wesentlich modifizieren, nicht im einzelnen verzeichnet, sondern generalisierend in den Zeugenbeschreibungen mitgeteilt. Als Varianten erscheinen also von Marx und Engels vorgenommene oder veranlaßte Textveränderungen, die den Text inhaltlich oder stilistisch durch Erweiterungen, Verkürzungen, Ersetzungen oder Umstellungen weiterentwickeln. Ausgehend davon erfolgt eine vollständige Verzeichnung der Veränderungen von Textfassung zu Textfassung, so daß der Wortbestand jeder autorisierten Fassung rekonstruiert werden kann. Bei umfangreichen Textentwicklungen werden inhaltlich besonders bedeutsame Varianten durch typographische Mittel hervorgehoben. Dies erleichtert dem Forscher das Studium und gibt den Editoren Empfehlungen, welche Varianten auch in Studienausgaben berücksichtigt werden sollten. Die Varianten selbst werden in einer Art und Weise wiedergegeben, die möglichst klar den Inhalt und die Abfolge der jeweiligen Textveränderungen zeigt, während die Form, in der sie erfolgte (z. B. als Einfügung über der Zeile, auf dem rechten Rand usw.) in der Regel nicht mitgeteilt wird. Die Variantenverzeichnung geschieht demnach im Prinzip nicht beschreibend, deskriptiv, sondern schlußfolgernd, diskursiv. Für die Darbietung komplizierter Textumformungen werden in der modernen Editionswissenschaft entwickelte Verfahren angewandt, die die einzelnen Textfassungen bzw. innerhandschriftlichen Schichtungen in chronologischer Folge partiturähnlich untereinanderstellen, angefangen

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von der Zeilen- oder Zeilengruppenparallelisierung einzelner Werksteilen bis zu einer Parallelisierung ganzer Abschnitte oder Werke. Solche Darstellungen erlauben es, sowohl die gesamte Entwicklung einer Werksteile von Fassung zu Fassung zu überblicken, als auch jede Fassung für sich im Zusammenhang zu lesen. Die Anwendung solcher Verfahren ist auch geboten wegen der großen Anzahl von Handschriften, die in der MEGA zu veröffentlichen sind, und infolge der umfangreichen und schwer übersehaubaren innerhandschriftlichen Entwicklungen vor allem in einer Reihe von Marxschen Manuskripten. Sie werden für die Marx-Engels-Edition in der neuen MEGA erstmals angewandt. Die in der MEGA angewandten Prinzipien für die Darstellung der Textentwicklung entsprechen den spezifischen Schaffensmethoden von Marx und Engels. Darüber hinaus paßt sich die Variantendarbietung - bei Wahrung der Einheitlichkeit innerhalb der Ausgabe im Grundsätzlichen auch den Besonderheiten der verschiedenen Abteilungen der MEGA bzw. der einzelnen Arbeiten an. Bei bestimmten Gruppen von Handschriften wie z. B. bei Exzerpten, die vorwiegend Quellentext enthalten, oder bei Briefen und Artikelentwürfen, die vorwiegend der Mitteilung von Fakten dienen - kann ganz oder teilweise auf die Wiedergabe von Textveränderungen im Verlaufe der Niederschrift verzichtet werden, wenn sie für wissenschaftliche Forschungen ohne Belang sind. ln solchen Fällen wird das jeweils gewählte Verfahren in der Textgeschichte mitgeteilt und begründet. Ober alle Details und Besonderheiten der Text- und Variantendarbietung geben die Editorischen Hinweise am Beginn der einzelnen Bände die notwendigen Auskünfte.

IX Der wissenschaftliche Apparat der MEGA vermittelt alle zur wissenschaftlichen Benutzung der Texte erforderlichen Angaben und Erläuterungen. Er stützt sich dabei auf die Ergebnisse der internationalen Marx-EngelsForschung und bereichert sie zugleich durch die bei der historisch-kritischen Edition gewonnenen Erkenntnisse. Die Einleitungen, die den einzelnen Bänden oder Gruppen von Bänden vorangestellt werden, umreißen die inhaltliche Aussage und Bedeutung der im Band enthaltenen Arbeiten und zeigen ihre Stellung in der Geschichte des Marxismus. Der wissenschaftliche Apparat zu jedem Werk beginnt mit einer zusammenfassenden Darstellung der Entstehungs- und Textgeschichte, die eine

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genaue Beschreibung der überlieferten Handschriften und autorisierten Drucke einschließt. Wichtige Aufgaben dieses Teils sind - soweit dies nicht aus dem Text selbst hervorgeht - der Nachweis der Verfasserschaft sowie die Begründung der Datierung, wozu auch für bereits veröffentlichte Arbeiten vielfach eingehende Untersuchungen nötig sind. Hier wird die gesamte autorisierte Textentwicklung analysiert und der chronologische Platz der einzelnen Textzeugen, der Handschriften, Drucke usw. in ihr bestimmt. Ebenso werden in übersichtlicher Form Besonderheiten von autorisierten Übersetzungen eines Werkes im Vergleich mit dem Originaltext mitgeteilt. Weiterhin erfolgt eine Charakterisierung des unmittelbaren Widerhalls der autorisierten Drucke, in der auch wichtige Urteile, Rezensionen und andere Popularisierungsformen erschlossen werden. Die weitere Wirkungsgeschichte wird insoweit beleuchtet, als sie unmittelbar auf die Entwicklung der Texte zurückwirkte. Aus der ausführlichen Beschreibung und inhaltlichen Charakteristik der einzelnen Textzeugen wird die Begründung für die Wahl der Textgrundlage und gegebenenfalls für die Besonderheiten der Textdarbietung und der Variantenverzeichnung abgeleitet. Die Variantenverzeichnisse haben die autorisierte Textentwicklung darzustellen und bilden einen wichtigen, umfangreichen und charakteristischen Teil des wissenschaftlichen Apparats der MEGA. Die gesonderten Korrekturenverzeichnisse vermitteln alle notwendigen Nachweise über redaktionelle Eingriffe in die im Textteil und in den Varianten wiedergegebenen Autortexte. Die Erläuterungen bieten alle für das Verständnis des Textes erforderlichen Erklärungen und Hinweise zu historischen Fakten, Parteien und Organisationen, philosophischen, politischen, religiösen u. a. Richtungen und Schulen sowie zu speziellen Begriffen, Vorgängen und Anspielungen. Einen breiten Raum innerhalb der Erläuterungen nehmen die Nachweise der im Text zitierten oder erwähnten Literatur ein, wobei auch aus den Quellen zitiert wird, wenn es zum Verständnis der Textstelle notwendig ist und es sich um Archivalien oder seltene, schwer zugängliche Literatur handelt. Alle Zitate, die Marx und Engels übersetzt haben, werden in den Erläuterungen in der Originalsprache der Quelle wiedergegeben. Von Textpassagen und Zitaten in Griechisch, Latein und anderen alten Sprachen sowie von mundartlichen Wendungen wird eine deutsche Übersetzung angeführt. Der wissenschaftliche Apparat wird für jeden Text gesondert und in der obengenannten Reihenfolge gebracht. Abschließend erscheint gegebenenfalls ein Verzeichnis nicht überlieferter Handschriften und Drucke solcher Werke oder Briefe von Marx und Engels, deren Entstehung in den

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Zeitabschnitt des jeweiligen Bandes fällt. Dabei werden aus den vorhandenen Zeugnissen Informationen über die verschollenen Texte mitgeteilt. Die Register zu jedem Band erfassen sowohl den Textteil als auch die Varianten. Die Literaturregister stellen alle Literatur in alphabetischer Reihenfolge zusammen, die in den Texten direkt oder indirekt zitiert oder erwähnt wird . Sie sind unterteilt in Arbeiten von Marx und Engels, in Arbeiten anderer Autoren und in ein annotiertes Verzeichnis der Periodica. Die Namenregister verzeichnen die in den Texten direkt oder indirekt genannten Personen in alphabetischer Folge, wobei auch die literarischen und mythologischen Namen mit einbezogen werden. Zu jedem Namen wird eine knappe Annotation gegeben, die die wichtigsten Angaben zur Person enthält und das Verständnis der jeweiligen Textstelle gewährleistet. Die Sachregister zu den einzelnen Bänden sind ein wichtiges Hilfsmittel für die inhaltlich-sachliche Erschließung der Texte von Marx und Engels. ln ihrer Anlage und Form passen sie sich der Spezifik der zu erschließenden Texte in den einzelnen Abteilungen an. Wenn es der Inhalt eines Bandes als zweckmäßig erscheinen läßt, werden den genannten Registern weitere spezielle Verzeichnisse (geographische Bezeichnungen, Maße, Gewichte u. ä.) hinzugefügt. jeder Band der MEGA wird mit Illustrationen ausgestattet: Porträts von Marx und Engels, Faksimiles von Handschriften, Reproduktionen von Titelblättern der Erstausgaben sowie von Zeitungen und Zeitschriften. Im Bedarfsfalle werden auch Karten beigegeben.

Die umfassende Erschließung des literarischen Erbes von Marx und Engels in der historisch-kritischen Gesamtausgabe erfordert eine umfangreiche und vielseitige wissenschaftliche Arbeit. Um die größtmögliche Vollständigkeit der MEGA zu gewährleisten, muß die Suche nach noch nicht aufgefundenen Dokumenten und zeitgenössischen Veröffentlichungen von und über Marx und Engels in aller Welt intensiviert werden. Ein besonderes Anliegen ist es, alle überlieferten Originalhandschriften von Marx und Engels, in wessen Besitz sie auch seien, für die Einsichtnahme zur exakten Textdarbietung in der MEGA zugänglich zu machen. Die wissenschaftliche KommentierunQ bedarf einer intensiven Forschungstätigkeit in den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen. Die Lösung dieser vielfältigen und äußerst komplizierten Aufgaben erfordert die Mitwirkung von wissenschaftlichen Einrichtungen und Gelehrten in vielen Ländern.

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Vorwort zur Gesamtausgabe

Eine wirksame Unterstützung erhalten die Herausgeber bereits jetzt von zahlreichen Institutionen, Archiven, Bibliotheken und einzelnen Wissenschaftlern. So macht das Internationale Institut für Sozialgeschichte in Amsterdam, in dem ein großer Teil des handschriftlichen Nachlasses von Marx und Engels aufbewahrt wird, seine Bestände den Bearbeitern der MEGA zugänglich. Das Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU und das Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED danken allen, die die Vorbereitung der MEGA unterstützten und künftig zu unterstützen bereit sind. Sie sind überzeugt, daß sich die internationalen Verbindungen der an der Marx-Engels-Forschung teilhabenden Wissenschaftler ständig erweitern werden, um so zur erfolgreichen Realisierung des begonnenen Vorhabens beizutragen.

Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU

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Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED

Einleitung zum ersten Band der Ersten Abteilung Der vorliegende Band 1 der Ersten Abteilung der MEGA enthält die überlieferten Werke, Artikel und literarischen Versuche von Karl Marx, die bis März 1843 entstanden. Zusammen mit den im Band 1 der Dritten Abteilung wiedergegebenen Briefen und den im Band 1 der Vierten Abteilung enthaltenen Exzerpten beleuchten die Dokumente die Anfänge der politischen und philosophischen Entwicklung von Karl Marx, seine eigenständige Entwicklung als Junghegelianer sowie die Herausbildung und Formung seiner revolutionär-demokratischen Anschauungen. Die in den Band aufgenommenen Arbeiten stammen aus einer Zeit, in der Marx das Gymnasium in Trier verließ, um in Bonn und Berlin zunächst Jura, später Philosophie zu studieren. ln diesen Studienjahren begann Marx um einen eigenen politischen und philosophischen Standpunkt zu ringen. Das Ergebnis war das Bekenntnis zur Hegeischen Philosophie, der Anschluß an den Kreis der Junghegelianer um Bruno Bauer sowie die ersten Versuche schöpferischer wissenschaftlicher Arbeit. Daneben versuchte sich Marx als Poet. Am Ende seiner Studienjahre lagen die Beschäftigung mit der Philosophie Epikurs, mannigfaltige Pläne von wissenschaftlichen Publikationen, mit denen Marx an den philosophischen Auseinandersetzungen seiner Zeit teilnehmen wollte, und die Ausarbeitung der Dissertation. Mit dieser Arbeit deutete der Junghegelianer Marx bereits einen selbständigen Weg seiner weltanschaulichen Entwicklung an. Nach mehreren Monaten enger Zusammenarbeit mit Bruno Bauer, deren Ergebnis eine gemeinsame Publikation über Hegels Religionsphilosophie sein sollte, begann Marx Anfang 1842 seine publizistische Tätigkeit. Die Mitarbeit an der "Rheinischen Zeitung", vor allem der Eintritt in die Redaktion einer

Einleitung zum ersten Band der Ersten Abteilung

Tageszeitung, wurden für die Herausbildung und Entwicklung der revolutionär-demokratischen Ansichten von Marx sehr bedeutungsvoll, sie beeinflußten in starkem Maße sein weiteres theoretisches Schaffen, die Entwicklung seiner Weltanschauung und bereiteten seinen Übergang zum Materialismus und Kommunismus vor. Von den überlieferten Dokumenten aus dem literarischen Schaffen des jungen Marx enthält der vorliegende Band die Dissertation, mit der Marx im März 1841 seine Studienzeit beendete, und die publizistischen Arbeiten von 1842 bis März 1843. Es handelt sich hier um Ergebnisse selbständiger wissenschaftlicher Arbeit, mit denen Marx in die theoretische und politische Auseinandersetzung seiner Zeit eingriff. Von seinem Werdegang vor dieser Zeit zeugen die ebenfalls in den Band aufgenommenen Abiturarbeiten und die umfangreichen literarischen Versuche. Geben die Abiturarbeiten aus dem Jahre 1835 Kenntnis davon, welche Ideen Karl Marx am Ende seiner Schulzeit beschäftigten, so zeugen die literarischen Versuche, die vorwiegend 1835 bis 1837 entstanden, von geistigen Einflüssen dieser Zeit und von Marx' Bemühen, seinen Gedanken und Gefühlen in poetischer Form Ausdruck zu verleihen.

Die Abiturarbeiten sind die frühesten Materialien, die über Marx' Geisteshaltung vor seinem Eintritt in das wissenschaftliche und politische Leben Aufschluß geben. Der von ihm erreichte Entwicklungsstand wird vor allem dort sichtbar, wo er eigene Ansichten formuliert: in den drei Aufsätzen in den Fächern Deutsch, Religion und Latein. Besonders im Deutschaufsatz wird deutlich, wie die fortschrittlichen Ideen, mit denen Marx im Elternhaus und am Trierer Gymnasium bekannt gemacht wurde, auf ihn wirkten. Es handelt sich hierbei vor allem um das Gedankengut der späten deutschen Aufklärung mit lmmanuel Kant als führendem Vertreter sowie um die Ideen der französischen Aufklärung, die im Rheinland eine besondere Rolle spielten. Für Marx war der entscheidende Vermittler der Gedanken der Aufklärung der Direktor des Gymnasiums und führende Repräsentant des geistigen Lebens in Trier, johann Hugo Wyttenbach. Das zeigt sich unter anderem darin, daß die wichtigsten Gesichtspunkte des deutschen Aufsatzes in Schriften Wyttenbachs nachweisbar sind. Die meisten der von Marx geäußerten Gedanken sind auch in den Arbeiten seiner Mitschüler enthalten. Im wissenschaftlichen Apparat zu den einzelnen Aufsätzen wird ausgeführt, welche Probleme nur bei ihm herausgearbeitet werden. Bezeichnend für Marx ist, daß bestimmte Ansichten gerade bei ihm auf fruchtbaren Boden fielen und auch später wieder aufgegriffen wurden. Seine eigene Leistung besteht in der Auswahl des Dargebotenen, in der

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Gewichtung sowie in der Art und Weise der Darstellung. Für alle drei Aufsätze ist ein bestimmtes Herangehen charakteristisch : Marx steckt selbst die Grenzen ab, innerhalb derer er die Untersuchung führen will, wobei sich seine Arbeiten durch ein besonders weites Blickfeld auszeichnen. Er formuliert Gesichtspunkte, nach denen er die Darstellung anordnet. Kennzeichnend für Marx ist ferner das Bemühen um ein abgewogenes Urteil. Er versucht, die Dinge und Erscheinungen in ihrer Kompliziertheit, Gegensätzlichkeit und unter Einschluß der negativen Seiten zu erfassen. Alle drei Aufsätze heben sich von den Arbeiten der anderen Schüler durch ihre reiche Sprache ab. Marx' Geisteshaltung ist an seiner Stellung zu einigen Fragen abzulesen, die im deutschen Aufsatz und im Religionsaufsatz zum Teil in unterschiedlicher, jedoch im wesentlichen sich nicht widersprechender Weise dargestellt werden. Im Mittelpunkt seiner Überlegungen steht der Gedanke von der Vervollkommnung des einzelnen und der Gesellschaft als Ziel der menschlichen Entwicklung. Im deutschen Aufsatz geht Marx ausführlich auf dieses Thema ein. Die Selbständigkeit des Menschen und das Bewußtsein seiner eigenen Kraft sind Hauptgedanken der Darstellung. Die Verantwortung des Menschen für die Gestaltung seines Schicksals wird - ganz im Sinne der Aufklärung - stark herausgearbeitet und von vielen Seiten beleuchtet, die "Gottheit" tritt in den Hintergrund. Gleichzeitig verweist Marx auf außerhalb des einzelnen Menschen existierende Bedingungen, darauf, daß die "Verhältnisse in der Gesellschaft . . . einigermaßen schon begonnen" haben, "ehe wir sie zu bestimmen im Stande sind" (S. 455). Der Religionsaufsatz enthält, wenn auch mit Unterschieden, eine in mancher Hinsicht ähnliche Gedankenführung. ln ihm geht Marx zunächst von der Unvollkommenheit und Erlösungsbedürftigkeit der Menschen aus. Die Grundlage für die Vereinigung der Gläubigen mit Christus sucht Marx jedoch bei den Menschen selbst, in ihrer Geschichte, in ihrer Natur, die in der Begeisterung für das Gute und im Streben nach Erkenntnis besteht. Auch die Wirkungen dieser Vereinigung werden in bezugauf die menschliche Tugend untersucht. So orientiert Marx in dem durch das Thema abgesteckten Rahmen auf die menschliche Entwicklung. Marx behandelt in seinen Aufsätzen auch das Verhältnis zu den anderen Menschen. Dieser Gedanke, der im Religionsaufsatz nur anklingt, nimmt im deutschen Aufsatz breiten Raum ein. Das Wirken für das Wohl der Menschheit ist für Marx das ausschlaggebende Motiv bei der Berufswahl. Der Zusammenhang zwischen der Vollendung des einzelnen und dem Wirken für das Wohl der Allgemeinheit wird in dieser Ausführlichkeit nur von ihm dargelegt.

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Einleitung zum ersten Band der Ersten Abteilung

Anknüpfend an das Ideengut der Aufklärung, verwies Marx in seinen Abiturarbeiten auf die Vervollkommnung des Menschen und begann- wenn auch noch in abstrakter Form - das Wechselverhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft zu erfassen. Damit hatte er wichtige Ausgangspunkte für seine weitere geistige Entwicklung gewonnen.

Aus Man Schon der Bücherkatalog bei Diogenes Laertius zeugt für seine Gelehrsamkeit}'> Wie es aber der Charakter der Gelehrsamkeit ist. in die Breite zu gehen, und zu sammeln, und von außen zu suchen: so sehen wir den Demokrit die halbe Welt durchwandern, um Erfahrungen, Kenntnisse, Beobachtungen einzutausehen. "Ich", rühmt er von sich selbst, "habe von meinen Zeitgenossen den größten Theil der Erde durchirrt, das Entlegenste durchforschend; und die meisten Himmelsstriche und Lande sah ich, und die meisten gelehrten Männer hörte ich; und in der Liniencomposition mit Beweis übertraf mich Niemand, auch nicht der Ägypter sogenannte Arsepedonapten." 18 > Demetrius in den "Weder der Jüngling", lehrt er daher, "zögere zu philosophiren, noch lasse ab der Greis vom Philosophiren. Denn Keiner ist zu unreif, Keiner zu überreif, um an der Seele zu gesunden. Wer aber sagt, entweder noch nicht da sei

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Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie

die Zeit des Philosophirens, oder vorübergegangen sei sie, Der ist ähnlich Dem, der behauptet, zur Glückseligkeit sei noch nicht die Stunde, oder sie sei nicht mehr." 221 Während Demokrit. von der Philosophie unbefriedigt, sich dem empirischen Wissen in die Arme wirft, verachtet Epikur die positiven Wissenschaften; denn Nichts trügen sie bei zur wahren Vollendung23 >. Ein Feind der Wissenschaft, ein Verächter der Grammatik wird er genannt. 241 Unwissenheit selbst wird ihm vorgeworfen; "aber", sagt ein Epikuräer bei Cicero, ,.nicht Epikur war ohne Erudition, sondern Diejenigen ungeii20ilehrt, die glauben, was dem Knaben Schande macht nicht zu wissen, sei noch vom Greise herzusagen" 251 • Während aber Demokritvon ägyptischen Priestern, persischen Chaldäern und indischen Gymnosophisten zu lernen sucht, rühmt Epikur von sich, er habe keinen Lehrer gehabt, er sei Autodidakt 261 • Einige, sagt er nach Seneca, ringen nach Wahrheit ohne jegliche Beihilfe. Unter Diesen habe er sich selbst den Weg gebahnt. Und sie, die Autodidakten, lobt er am Meisten. Die Andern seien Köpfe zweiten Ranges.271 Während es den Demokrit in alle Weltgegenden treibt, verläßt Epikur kaum zwei- oder drei-mal seinen Garten zu Athen, und reist nach Ionien, nicht um Forschungen anzustellen, sondern um Freunde zu besuchen 281 • Während endlich Demokrit, am Wissen verzweifelnd, sich selbst blendet, steigt Epikur, als er die Stunde des Todes nahen fühlt, in ein warmes Bad, und begehrt reinen Wein, und empfiehlt seinen Freunden, der Philosophie treu zu sein 291 .1 1211 C) Die eben entwickelten Unterschiede sind nicht der zufälligen Individualität beider Philosophen zuzuschreiben; es sind zwei entgegengesetzte Richtungen, die sich verkörpern. Wir sehen als Differenz der praktischen Energie, was oben als Unterschied des theoretischen Bewußtseins sich ausdrückt. Wir betrachten endlich die Ref/exionsform, die die Beziehung des Gedankens auf das Sein, das Verhältniß derselben darstellt. In dem allgemeinen Verhältnisse, das der Philosoph der Welt und dem Gedanken zu einander giebt, verobjectivirt er sich nur, wie sein besonderes Bewußtsein sich zur realen Welt verhält. Demokrit nun wendet als Reflexionsform der Wirklichkeit die Nothwendigkeit an. 301 Aristoteles sagt von ihm, er führe Alles auf Nothwendigkeit zurück.31) Diogenes Laertius berichtet, der Wirbel der Atome, aus dem Alles entstehe, sei die demokritische Nothwendigkeit. 321 Genügender spricht hierüber 11221 der Auetor De placitis philosophorum : Die Nothwendigkeit sei nach Demokrit das Schicksal und das Recht und die Vorsehung und Weltschöpferinn . Die Substanz aber dieser Nothwendigkeit sei die Antitypie und die Bewegung und der Schlag der Materie. 331 Eine ähnliche Stelle

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findet sich in den physischen Eklogen des Stobäus 34 > und im 6ten Buch der Praeparatio evangelica des Eusebius 35 >. In den ethischen Eklogen des Stobäus ist folgende Sentenz des Demokrit aufbewahrt 36>, die im 14ten Buch des Eusebius fast eben so wiederholt wird 13'>1, nämlich: Die Menschen 5 fingirten sich das Scheinbild des Zufalls, - eine Manifestation ihrer eigenen Rathlosigkeit; denn mit einem starken Denken kämpfe der Zufall. Eben so deutet Simplicius eine Stelle, in der Aristoteles von der alten Lehre spricht, die den Zufall aufhebt, auf den Demokrit.38> Dagegen Epikur: 10 "Die Nothwendigkeit, die von Einigen als die Allherrscherinn eingeführt ist, ist nicht, sondern Einiges ist zufällig, Anderes hängt von unll23lserer Willkür ab. Die Nothwendigkeit ist nicht zu überreden, der Zufall dagegen unstät. Es wäre besser, dem Mythos über die Götter zu folgen, als Knecht zu sein der ELJ.LapJ.LEVT) der Physiker. Denn Jener läßt Hoffnung der 15 Erbarmung wegen der Ehre der Götter, diese aber die unerbittliche Nothwendigkeit. Der Zufall aber, nicht Gott, wie die Menge glaubt, ist anzunehmen."39> "Es ist ein Unglück, in der Nothwendigkeit zu leben, aber in der Nothwendigkeit zu leben, ist keine Nothwendigkeit. Offen stehen überall zur Freiheit die Wege, viele, kurze, leichte. Danken wir daher 20 Gott, daß Niemand im Leben festgehalten werden kann. Zu bändigen die Nothwendigkeit selbst, ist gestattet. " 40> Ähnliches spricht der Epikuräer Vellejus bei Cicero über die stoische Philosophie: "Was soll man von einer Philosophie halten, welcher, wie alten und zwar ungelehrten Vetteln, Alles durch das Fatum zu geschehen 25 scheint? ..... vom Epikur sind wir erlöst, in Freiheit gesetzt worden." 4HI 1241 So leugnet Epikur selbst das disjunctive Urtheil, um keine Nothwendigkeit anerkennen zu müssen. 42> Es wird zwar auch vom Demokrit behauptet, er habe den Zufall angewandt; allein von den beiden Stellen, die sich hierüber beim Simplicius 30 finden 43 >, macht die eine die andere verdächtig, denn sie zeigt offenbar, daß nicht Demokrit die Kategorie des Zufalls gebraucht, sondern Simplicius sie ihm als Consequenz beigelegt. Er sagt nämlich: Demokrit gebe von der Weltschöpfung im Allgemeinen keinen Grund an; er scheine also den Zufall zum Grunde zu machen. Hier handelt es sich aber nicht um die 35 Inhaltsbestimmung, sondern um die Form, die Demokrit mit Bewußtsein angewandt hat. Ähnlich verhält es sich mit dem Bericht des Eusebius: Demokrit habe den Zufall zum Herrscher des Allgemeinen und Göttlichen gemacht und behauptet, hier geschehe Alles durch ihn, während er ihn vom menschlichen Leben und der empirischen Natur fern gehalten, seine 40 Verkünder aber sinnlos gescholten habe. 44 >j 1251 Theils sehen wir hierin eine bloße Consequenzmacherei des christ-

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Iichen Bischofs Dionysius, theils, wo das Allgemeine und Göttliche anfängt, hört der demokritische Begriff der Nothwendigkeit auf, vom Zufall verschieden zu sein. So viel ist also historisch sicher, Demokrit wendet die Nothwendigkeit, Epikur den Zufall an; und zwar verwirft Jeder die entgegengesetzte Ansicht 5 mit polemischer Gereiztheit. Die Hauptconsequenz dieses Unterschiedes erscheint in der Erklärungsweise der einzelnen physischen Phänomene. Die Nothwendigkeit erscheint nämlich in der endlichen Natur als relative Nothwendigkeit, als Determinismus. Die relative Nothwendigkeit kann 10 nur deducirt werden aus der realen Möglichkeit, d. h. es ist ein Umkreis von Bedingungen, Ursachen, Gründen u. s. w., durch welche sich jene Nothwendigkeit vermittelt. Die reale Möglichkeit ist die Explication der relativen Nothwendigkeit. Und sie finden wir vom Demokrit angewandt. Wir führen einige Belege aus Simplicius an. I 15 1261 Wenn Einer dürstet, und trinkt, und gesund wird: so wird Demokrit nicht den Zufall als die Ursach angeben, sondern das Dürsten. Denn wenn er auch bei der Weltschöpfung den Zufall zu gebrauchen schien: so behauptet er doch, daß dieser im Einzelnen von Nichts die Ursach sei, sondern führt auf andere Ursachen zurück. So sei z. B. das Graben die 20 Ursach des Schatzfindens, oder das Wachsen des Ölbaums. 45 > Die Begeisterung und der Ernst. mit dem Demokrit jene Erklärungsweise in die Betrachtung der Natur einführt, die Wichtigkeit, die er der Begründungstendenz beilegt, spricht sich naiv in dem Bekenntnisse aus: "Ich will lieber eine neue Ätiologie finden. als die persische Königswürde 25 erlangen !" 46> Epikur steht dem Demokrit wiederum direct gegenüber. Der Zufall ist eine Wirklichkeit, welche nur den Werth der Möglichkeit hat. Die abstracte Möglichkeit aber ist gerade der Antipode der realen. Die Letztere ist beschränkt in scharfen Grenzen, wie der Verstand; 11271 die Erste 30 schrankenlos, wie die Phantasie. Die reale Möglichkeit sucht die Nothwendigkeit und Wirklichkeit ihres Objectes zu begründen; der abstracten ist es nicht um das Object zu thun, das erklärt wird, sondern um das Subject, das erklärt. Es soll der Gegenstand nur möglich, denkbar sein. Was abstract möglich ist, was gedacht werden kann, Das steht dem denken- 35 den Subject nicht im Wege, ist ihm keine Grenze, kein Stein des Anstoßes. Ob diese Möglichkeit nun auch wirklich sei, ist gleichgiltig, denn das Interesse erstreckt sich hier nicht auf den Gegenstand als Gegenstand. Epikur verfährt daher mit einer grenzenlosen Nonchalance in der Erklärung der einzelnen physischen Phänomene. 40 Näher wird Dies aus dem Brief an den Pythokles erhellen, den wir

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Erster Teil: Differenz im allgemeinen

später zu betrachten haben. Hier genüge es, auf sein Verhältniß zu den Meinungen früherer Physiker aufmerksam zu machen. Wo der Auetor de placitis philosophorum und Stobäus die verschiedenen Ansichten der Philosophen über die Substanz der Sterne, 11281 die Größe und Figur der 5 Sonne und Ähnliches anführen, heißt es immer vom Epikur: Er verwirft keine dieser Meinungen, alle könnten richtig sein, er halte sich am Möglichen.41> Ja Epikur polemisirt sogar gegen die verständig bestimmende und eben daher einseitige Erklärungsweise aus realer Möglichkeit. So sagt Seneca in seinen Quaestiones naturales: Epikur behauptet, alle 10 jene Ursachen könnten sein, und versucht dazu noch mehrere andere Erklärungen, und tadelt Diejenigen, die behaupten, irgend eine bestimmte von diesen finde Statt, da es gewagt sei, über Das, was nur aus Conjecturen zu folgern, apodiktisch zu urtheilen. 48 > Man sieht, es ist kein Interesse vorhanden, die Realgründe der Objecte 15 zu untersuchen: Es handelt sich bloß um eine Beruhigung des erklärenden Subjects. Indem alles Mögliche als möglich zugelassen wird, was dem Charakter der abstracten Möglichkeit entspricht, wird offenbar der Zufall des St!ins nur in den Zufall des Denkens übersetzt. Die einzige Regel,j 1291 die Epikur vorschreibt, .~nicht widersprechen dürfe die Erklärung der 20 sinnlichen Wahrnehmung", versteht sich von selbst; denn das AbstractMögliche besteht eben darin, frei vom Widerspruch zu sein, der also zu verhüten ist. 49 > Endlich gesteht Epikur, daß seine Erklärungsweise nur die Ataraxie des Selbstbewußtseins bezwecke, nichtdie Naturerkenntniß an und für sich.s01 25 Wie ganz entgegengesetzt er sich also auch hier zu Demokrit verhalte, bedarf wol keiner Ausführung mehr. Wir sehen also beide Männer sich Schritt für Schritt entgegenstehn. Der Eine ist Skeptiker, der Andere Dogmatiker; der Eine hält die sinnliche Welt für subjectiven Schein, der Andere für objective Erscheinung. Der30 jenige, der die sinnliche Welt für subjectiven Schein hält, legt sich auf empirische Naturwissenschaft und positive Kenntnisse, und stellt die Unruhe der experimentirenden, überall lernenden, in die Weite schweifenden Beobachtung dar . Der Andere, der die erscheinende Welt für real hält, verachtet die Empirie; die Ruhe des in sich befriedigten Denkens, die 35 Selbstständigkeit, die II30I ex principio interno ihr Wissen schöpft, sind in ihm verkörpert. Aber noch höher steigt der Widerspruch. Der Skeptiker und Empiriker, der die sinnliche Natur für subjectiven Schein hält, betrachtet sie unter dem Gesichtspunkte der Nothwendigkeit, und sucht die reale Existenz der Dinge zu erklären und zu fassen. Der Philosoph 40 und Dogmatiker dagegen, der die Erscheinung für real hält, sieht überall nur Zufall; und seine Erklärungsweise geht vielmehr dahin, alle objective

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Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie

Realität der Natur aufzuheben. Es scheint eine gewisse Verkehrtheil in diesen Gegensätzen zu liegen. Kaum aber kann man noch vermuthen, daß diese Männer, in Allem sich widersprechend, einer und derselben Lehre anhangen werden. Und doch scheinen sie an einander gekettet. Ihr Verhältniß im AUgemeinen zu fassen. ist die Aufgabe des nächsten Abschnitts.

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Zweiter Teil: Über die Differenz im einzelnen

J[3t]J ZWEITER THEIL:

Über die Differenz der demokritischen und epikuräischen Physik im Einzelnen.

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ERSTES KAPITEL:

Die Declination des Atoms von der geraden Linie. Epikur nimmt eine dreifache Bewegung der Atome im Leeren an. 11 Die eine Bewegung ist die des Falls in gerader Linie; die andere entsteht dadurch, 10 daß das Atom von der geraden Linie abweicht; und die dritte wird gesetzt durch die Repulsion der vielen Atome. Die Annahme der ersten und letzten Bewegung hat Demokrit mit dem Epikur gemein, die Declination des Atoms von der geraden Linie unterscheidet ihn von Demselben. 21 Über diese deklinirende Bewegung ist viel geJJ[32]Jscherzt worden. 15 Cicero vor Allen ist unerschöpflich, wenn er dies Thema berührt. So heißt es unter Anderm bei ihm: "Epikur behauptet, die Atome würden durch ihr Gewicht abwärts getrieben in gerader Linie; diese Bewegung sei die natürliche der Körper. Dann aber fiel es auf, daß, wenn alle von oben nach unten getrieben würden, nie ein Atom das andere treffen könne. Der Mann 20 nahm daher zu einer Lüge seine Zuflucht. Er sagte, das Atom weiche ganz wenig aus, was aber durchaus unmöglich ist. Daher entständen Complexionen, Copulationen und Adhäsitationen der Atome unter sich, und aus diesen die Welt und alle Theile der Welt und, Was in ihr ist. Außerdem, daß diese ganze Sache knabenhaft fingirt ist, erreicht er nicht einmal, was er will." 31 25 Eine andere Wendung finden wir bei Cicero im I. Buch der Schrift "Über die

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Natur der Götter" : .,Da Epikur einsah, daß. wenn die Atome durch ihr eigenes Gewicht abwärts getrieben würden , Nichts in unserer Gewalt stände . weil ihre Bewegung 11[3311 bestimmt und nothwendig ist: erfand er ein Mittel. der Nothwendigkeit zu entgehen. was dem Demokrit entgangen war. Er sagt, das Atom , obgleich es durch Gewicht und Schwere von oben nach unten getrieben wird, weiche ein klein wenig aus. Dies zu behaupten, ist schmählicher, als Das, was er will . nicht vertheidigen zu können. " 4 > Ähnlich urtheilt Pierre Bay/e: «A vant lui (c.-a-d. Epicure) on n'avait admis dans les atomes que Je mouvement de pesantement et celui de reflexion. Epicure supposa, que meme au milieu du vide les atomes declinaient un peu de Ia ligne droite; et de Ia venait Ia liberte, disait-il .. ... Remarquez en passant, que ce ne fut [pas] Je seul motif, qui Je porta a inventer ce mouvement de declinaison ; il le fit servir aussi a expliquer Ia rencontre des atomes, car il vit bien, qu'en supposant, qu'ils se mouvaient avec une egale vitesse par des lignes droites, qui tendaient toutes de haut en bas, il ne ferait jamais entendre, qu'ils eussent pu se rencontrer, et qu'aussi Ia production du monde 11[3411 aurait ete impossible. 11 fallut donc, qu'ils s'ecartaient de Ia ligne droite.» 5> Ich lasse einstweilen die Bündigkeit dieser Reflexionen dahingestellt. Soviel wird Jeder im Vorbeigehen bemerken können, daß der neuste Kritiker des Epikur, Schaubach, den Cicero falsch aufgefaßt hat, wenn er sagt: " Die Atome würden alle durch die Schwere abwärts, also nach physischen Gründen parallel getrieben, bekämen aber durch gegenseitiges Abstoßen eine andere Bewegung, nach Cicero (De Nat . Deor. 1,25) eine schräge Bewegung durch zufällige Ursachen, und zwar von Ewigkeit her. " 6> Cicero macht in der angeführten Stelle erstens nicht das Abstoßen zum Grund der schrägen Richtung, sondern vielmehr die schräge Richtung zum Grund des Abstoßens . Zweitens spricht er nicht von zufälligen Ursachen, sondern tadelt vielmehr, daß gar keine Ursachen angegeben werden, wie es denn an und für sich widersprechend wäre, zugleich das Abstoßen, und nichts desto weniger zufällige Ursachen als Grund 11[3511 der schrägen Richtung anzunehmen. Höchstens könnte denn noch von zufälligen Ursachen des Abstoßens, nicht aber der schrägen Richtung die Rede sein. Eine Sonderbarkeil in Cicero's und Bayle's Reflexionen ist übrigens zu augenfällig, um sie nicht sogleich hervorzuheben. Sie schieben nämlich dem Epikur Beweggründe unter, von denen der eine den andern aufhebt. Einmal soll Epikur die Declination der Atome annehmen, um die Repulsion, das andere Mal, um die Freiheit zu erklären . Treffen sich aber die Atome nicht ohne Declination: so ist die Declination zur Begründung der Freiheit überflüssig; denn das Gegentheil der Freiheit beginnt, wie wir aus Lucrez7 > ersehen, erst mit dem deterministischen und gewaltsamen Sich-Treffen der

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Atome . Treffen sich aber die Atome ohne Declination, so ist sie zur Begründung der Repulsion überflüssig. Ich sage, dieser Widerspruch entsteht, wenn die Gründe der Declination des Atoms von der geraden Linie so äußerlich und zusammenhangslos aufgefaSt werden, wie es von Cicero und Bayle lll36ll geschieht. Wir werden bei Lucrez, der überhaupt von allen Alten die epikuräische Physik allein begriffen hat, eine tiefere Darstellung finden. Wir wenden uns jetzt zur Betrachtung der Declination selbst. Wie der Punkt in der Linie aufgehoben ist: so ist jeder fallende Körper in der geraden Linie aufgehoben, die er beschreibt. Hier kömmt es gar nicht auf seine specifische Qualität an. Ein Apfel beschreibt beim Fall so gut eine senkrechte Linie, als ein Stück Eisen. Jeder Körper, so fern er in der Bewegung des Falls aufgeiaßt wird, ist also nichts als ein sich bewegender Punkt, und zwar ist er ein unselbstständiger Punkt, der in einem gewissen Dasein - der geraden Linie, die er beschreibt - seine Einzelheit aufgiebt. Aristoteles bemerkt daher mit Recht gegen die Pythagoräer: "Ihr sagt, die Bewegung der Linie sei die Fläche, die des Punktes die Linie; also werden auch die Bewegungen der lll37ll Monaden Linien sein." 8> Die Consequenz hiervon sowol bei den Monaden als den Atomen wäre also, da sie in steter Bewegung sind9', daß weder Monade noch Atom existiren, sondern vielmehr in der geraden Linie untergehn; denn die Solidität des Atoms ist noch gar nicht vorhanden, so fern es nur als in gerader Linie fallend aufgefaßt wird. Zunächst, wenn die Leere als räumliche Leere vorgestellt wird, ist das Atom die unmittelbare Negation des abstracten Raums; also ein räumlieher Punkt. Die Solidität, die Intensivität, die sich gegen das Außer-einander des Raums in sich behauptet, kann nur durch ein Princip hinzukommen, das den Raum seiner ganzen Sphäre nach negirt, wie es in der wirklichen Natur die Zeit ist. Außerdem, wollte man Dies selbst nicht zugeben, ist das Atom, so weit seine Bewegung gerade Linie ist, rein durch den Raum bestimmt, ihm ein relatives Dasein vorgeschrieben, und seine Existenz eine rein materielle. Aber wir haben gesehen, das eine lll381l Moment im Begriff des Atoms ist reine Form, Negation aller Relativität, aller Beziehung auf ein anderes Dasein zu sein. Wir haben zugleich bemerkt, daß Epikur beide Momente, die sich zwar widersprechen, die aber im Begriff des Atoms liegen, sich verobjectivirt. Wie kann Epikur nun die reine Formbestimmung des Atoms, den Begriff der reinen Einzelheit, der jedes durch Anderes bestimmte Dasein negirt, verwirklichen? Da er sich im Feld des unmittelbaren Seins bewegt, so sind alle Bestimmungen unmittelbare. Also werden die entgegengesetzten Bestimmungen als unmittelbare Wirklichkeiten sich entgegengesetzt.

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Die relative Existenz aber, die dem Atom gegenübertritt, das Dasein, das es zu negiren hat, ist die gerade Linie. Die unmittelbare Negation dieser Bewegung ist eine andere Bewegung. also. selbst räumlich vorgestellt. die Declination von der geraden Linie.!

1[3911 Die Atome sind rein selbstständige Körper, oder vielmehr der Körper, in absoluter Selbstständigkeit gedacht, wie die Himmelskörper. Sie bewegen sich daher auch, wie diese, nicht in geraden, sondern in schrägen Linien. Die Bewegung des Falls ist die Bewegung der Unselbst-

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ständigkeit. Wenn also Epikur in der Bewegung des Atoms nach gerader Linie die 10 Materialität desselben darstellt, so hat er in der Declination von der geraden Linie seine Formbestimmung realisirt; und diese entgegengesetzten Bestimmungen werden als unmittelbar entgegengesetzte Bewegungen vorgestellt. Lucrez behauptet daher mit Recht, daß die Declination die fati foedera 15 durchbricht 10l; und, wie er Dies sogleich auf das Bewußtsein anwendet•n, so kann vom Atom gesagt werden, die Declination sei das Etwas in seiner Brust, was entgegenkämpfen und widerstehen kann. Wenn Cicero aber dem Epikur vorwirft: ,.Er erreiche nicht einmal Das, weswegen er Dies 11[4011 erdichtet habe; denn declinirten alle Atome: so 20 würden sich nie welche verbinden, oder einige würden ausweichen, andere würden durch ihre Bewegung geradeaus getrieben werden. Man müßte vorher also gleichsam den Atomen bestimmte Posten zuweisen, welche gerade aus, und welche schräg sich bewegen sollten ... ~,, so hat dieser Einwurf darin seine Berechtigung, daß beide Momente, die im Begriff des 25 Atoms liegen, als unmittelbar verschiedene Bewegungen vorgestellt werden, also auch verschiedenen Individuen zufallen müßten;- eine lnconsequenz, die aber consequent ist, denn des Atoms Sphäre ist die Unmittelbarkeit. Epikur fühlt recht gut den Widerspruch, der darin liegt. Er sucht daher 30 die Declination so viel, als möglich, unsinnlich darzustellen. Sie ist Nec regione loci certa, nec tempore certo 131 , sie geschieht im möglichst kleinsten Raum 141 • Ferner tadelt Cicerd 5' und, nach 11[41]1 Plutarch, mehrere Alten 161 , daß die Declination des Atoms ohne Ursache geschehe; und Etwas Schmählicheres, sagt Cicero, kann einem Physiker nicht passiren 171 • Allein erstens würde eine physische Ursache, wie sie Cicero will, die Declination des Atoms in die Reihe des Determinismus zurückwerfen, aus dem sie gerade erheben soll. Dann aber ist das Atom noch gar nicht vollendet, ehe es in der Bestimmung der Declination gesetzt ist. Nach der Ursach dieser Bestimmung fragen, heißt also, nach der Ursach fragen, die das Atom zum

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Princip macht, - eine Frage, die offenbar für Den sinnlos ist, dem das Atom Ursache von Allem. also selbst ohne Ursache ist. Wenn endlich Bayle 181 , auf die Auctorität des Augustinus gestützt 191 , nach dem Demokrit den Atomen ein spirituelles Princip zugeschrieben hat,eine Auctorität, die übrigens bei dem Gegensatz zu Aristoteles und den andern Alten gänzlich unbedeutend ist - dem Epikur vorwirft, statt dieses spirituellen Princips die Declination ersonnen zu haben: so wäre im Geli(421lgentheil mit der Seele des Atoms bloß ein Wort gewonnen, während in der Declination die wirkliche Seele des Atoms, der Begriff der abstracten Einzelheit, dargestellt ist. Ehe wir die Consequenz der Declination des Atoms von der geraden Linie betrachten, ist noch ein höchst wichtiges, bis jetzt gänzlich übersehenes Moment hervorzuheben. Die Declination des Atoms von der geraden Linie ist nämlich keine besondere, zufä/Jig in der epikuräischen Physik vorkommende Bestimmung. Das Gesetz, das sie ausdrückt, geht vielmehr durch die ganze epikuräische Philosophie hindurch, so allerdings, wie sich von selbst versteht, daß die Bestimmtheit seiner Erscheinung von der Sphäre abhängig ist, in der es angewandt wird. Die abstracte Einzelheit kann nämlich ihren Begriff, ihre Formbestimmung, das reine Für-sich-sein, die Unabhängigkeit von dem unmittelbaren Dasein, das Aufgehoben-sein aller Relativität, nur so bethätigen, daß sie von dem Dasein, das ihr gegenübertritt, abstrahirt: denn, um es wahrhaft zu überwinden, müßte sie es ideall[431llisiren, was nur die Allgemeinheit vermag. Wie also das Atom von seiner relativen Existenz, der geraden Linie, sich befreit, indem es von ihr abstrahirt, von ihr ausbeugt: so beugt die ganze epikuräische Philosophie überall da dem beschränkenden Dasein aus, wo der Begriff der abstracten Einzelheit, die Selbstständigkeit und Negation aller Beziehung auf Anderes, in seiner Existenz dargestellt werden soll. So ist der Zweck des Thuns das Abstrahiren, das Ausbeugen von dem Schmerz und der Verwirrung, die Ataraxie. 201 So ist das Gute die Flucht vor dem Schlechten 21 ', so ist die Lust das Ausbeugen von der Pein 22 '. Endlich, wo die abstracte Einzelheit in ihrer höchsten Freiheit und Selbstständigkeit, in ihrer Totalität erscheint, da ist consequenter Weise das Dasein, dem ausgebeugt wird, alles Dasein; und daher beugen die Götter der Welt aus, und bekümmern sich nicht um dieselbe, und wohnen außerhalb derselben23J. Man hat gespottet über diese Götter des Epikur, die, Menschen ähnlich, in den Intermundien der wirklichen Welt wohnen, keinen Körper, sondern

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einen Quasi-Körper, kein Blut, il[441j sondern Quasi-Blut haben 241 , und, in seliger Ruhe verharrend, kein Flehen erhören, unbekümmert um uns und die Welt, wegen ihrer Schönheit, ihrer Majestät und ihrer vorzüglichem Natur, keines Gewinnes wegen, yerehrt werden. Und doch sind diese Götter nicht Fiction des Epikur. Sie haben existirt . Es sind die plastischen Götter der griechischen Kunst. Cicero, der Römer, persiflirt sie mit Rechtv>; aber Plutarch, der Grieche, hat alle griechische Anschauung vergessen, wenn er meint, Furcht und Aberglaube hebe diese Lehre von den Göttern auf, Freude und Gunst der Götter gebe sie nicht, sondern sie leihe uns zu ihnen das Verhältniß, das wir zu den hyrkanischen Fischen haben, von denen wir weder Schaden noch Nutzen erwarten 26' . Die theoretische Ruhe ist ein Hauptmoment des griechischen Göttercharakters, wie auch Aristoteles sagt: "Was das Beste ist, bedarf keiner Handlung, denn es selbst ist der Zweck." 27 ' Wir betrachten jetzt die Consequenz, die aus der Declination des Atoms unmittelbar hervorgeht. Es ist in ihr ausgedrückt, daß das Atom 11[4511 alle Bewegungund Beziehung negirt, worin es als ein besonderes Dasein voneinem andern bestimmt wird. Es ist Dies so dargestellt, daß das Atom abstrahirt von dem Dasein, das ihm gegenübertritt, und sich demselben entzieht. Was aber hierin enthalten ist, seine Negation aller Beziehung auf Anderes, muß verwirklicht, positiv gesetzt werden. Dies kann nur geschehen, indem das Dasein, auf das es sich bezieht. kein anderes. als es selbst, ist, also ebenfalls ein Atom, und, da es selbst unmittelbar bestimmt ist, viele Atome.

So ist die Repulsion der vielen Atome die nothwendige Verwirklichung der Iex atomi, wie Lucrez die Declination nennt. Weil hier aber jede Bestimmung als ein besonderes Dasein gesetzt wird: so kömmt die Repulsion als dritte Bewegung zu den frühern hinzu. Mit Recht sagt Lucrez, wenn die Atome nicht zu decliniren pflegten, wäre weder Gegenschlag noch Treffen derselben entstanden, und niemals die Welt erschaffen worden. 281 Denn die Atome sind sich selbst ihr einziges Object, können sich nur auf sich beziehen, also, räumlich ausgedrückt, sich treffen, indem 11[4611 jede relative Existenz derselben, in der sie auf Anderes sich bezögen, negirt ist; und diese relative Existenz ist, wie wir gesehen haben, ihre ursprüngliche Bewegung, die des Falls i"n gerader Linie. Also treffen sie sich erst durch Declination von derselben. V m die bloß materielle Zersplitterung ist es nicht zu thun. 291 Und in Wahrheit: die unmittelbar seiende Einzelheit ist erst ihrem Begriff nach verwirklicht, in so fern sie sich auf ein Anderes bezieht, das sie selbst ist, wenn auch das Andere in der Form unmittelbarer Existenz gegenübertritt. So hört der Mensch erst auf Naturproduct zu sein. wenn das Andere, auf das er sich bezieht, keine verschiedene Existenz, sondern

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selbst ein einzeler Mensch ist, ob auch noch nicht der Geist. Daß der Mensch als Mensch sich aber sein einziges wirkliches Object werde, dazu muß er sein relatives Dasein, die Macht der Begierde und der bloßen Natur, in sich gebrochen haben. Die Repulsion ist die erste Form des Selbstbewußtseins; sie entspricht daher dem Selbstbewußtsein, das sich als Unmitlll47Jitelbar-Seiendes, Abstract-Einzeles erfaßt. In der Repulsion ist also der Begriff des Atoms verwirklicht, wonach es die abstracte Form, aber nicht minder das Gegentheil. wonach es abstracte Materie ist; denn Das, auf das es sich bezieht, sind zwar Atome, aber andere Atome. Verhalte ich mich aber zu mir selbst als zu einem Unmittelbar-Anderm, so ist mein Verhalten ein materielles. Es ist die höchste Äußerlichkeit, die gedacht werden kann. In der Repulsion der Atome ist also die Materialität derselben, die im Fall nach gerader Linie, und die Formbestimmung derselben, die in der Declination ponirt war, synthetisch vereinigt. Demokrit im Gegensatz zu Epikur macht zu einer gewaltsamen Bewegung, zu einer That der blinden Nothwendigkeit, was Jenem Verwirklichung des Begriffs des Atoms ist. Schon oben haben wir gehört, als Substanz der Nothwendigkeit gebe er den Wirbel (&tvTJ) an, der aus dem Repelliren und Aneinanderstoßen der Atome entsteht. Er faßt also in der Repulsion nur die materielle Seite, die Zersplitterung, die Veränderung, nicht die ideelle, wonach darin alle Beziehung auf Anderes negirt, und die Bewegung I ll48] als Selbstbestimmung gesetzt ist. Dies sieht man klar daraus, daß er sich ganz sinnlich einen und denselben Körper durch den leeren Raum in viele getheilt denkt, wie Gold, das in Stücke gebrochen ist. 30> Er faßt also kaum das Eins als den Begriff des Atoms. Mit Recht polemisirt Aristoteles gegen ihn: "Deswegen wäre dem Leukipp und dem Demokrit, die behaupten, immer bewegten sich die ersten Körper im Leeren und im Unendlichen, zu sagen, welcher Art die Bewegung sei, und welche die ihrer Natur adäquate Bewegung. Denn, wenn jedes der Elemente von dem andern durch Gewalt bewegt wird: so ist es doch nothwendig, daß jedes auch eine natürliche Bewegung habe, außer welcher die gewaltsame ist; und diese erste Bewegung muß nicht gewaltsam, sondern natürlich sein. Sonst findet der Progreß ins Unendliche Statt." 31 > Die epikuräische Declination des Atoms hat also die ganze innere Construction des Reichs der Atome verändert, indem durch sie die Bestimmung der Form geltend gemacht, und der Widerspruch, der im Begriff des Atoms liegt, jj[49]j verwirklicht ist. Epikur hat daher zuerst, wenn auch in sinnlicher Gestalt, das Wesen der Repulsion erfaßt, während Demokrit nur ihre materielle Existenz gekannt hat.

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Wir finden daher auch konkretere Formen der Repulsion vom Epicur angewandt; im Politischen ist es der Vertrag 32 l, im Socialen die Freundschaft, die als das Höchste gepriesen wird.

j[SOJ! ZWEITES KAPITEL: Die Qualitäten des Atoms.

Es widerspricht dem Begriff des Atoms, Eigenschaften zu haben; denn, wie Epikur sagt, jede Eigenschaft ist veränderlich, die Atome aber verändern sich nicht 0 • Allein es ist nichts desto weniger eine nothwendige Consequenz, ihnen dieselben beizulegen. Denn die vielen Atome der Repulsion, die durch den sinnlichen Raum getrennt sind, müssen nothwendig unmittelbar von einander und von ihrem reinen Wesen verschieden sein, d. h. Qualitäten besitzen. Ich nehme daher in der folgenden Entwickelung gar keine Rücksicht auf Schneider's und Nürnberger's Behauptung, "Epikur habe den Atomen keine Qualitäten beigelegt, die §§. 44 und 54 in dem Brief an Herodot bei Diogenes Laertius seien untergeschoben". Wäre wirklich an dem, wie wollte man die Zeugnisse des Lucrez, des Plutarch, ja aller Schriftsteller, die über Epikur berichten, entkräften? Dazu erwähnt Diogenes Laertius die Qualitäten des 11[5111 Atoms nicht in zwei, sondern in zehn Paragraphen, nämlich den §§. 42, 43, 44, 54, 55, 56, 57. 58, 59 und 61. Der Grund, den jene Kritiker angeben, "sie wüßten die Qualitäten des Atoms mit seinem Begriff nicht zu vereinigen", ist sehr seicht. Spinoza sagt, die Ignoranz sei kein Argument. Wollte Jeder die Stellen, die er in den Alten nicht versteht, ausstreichen, wie bald hätte man tabula rasa! Durch die Qualitäten erhält das Atom eine Existenz, die seinem Begriff widerspricht, wird es als entäußertes, von seinem Wesen unterschiedenes Dasein gesetzt. Dieser Widerspruch ist es, der das Hauptinteresse des Epikur bildet. Sobald er daher eine Eigenschaft ponirt, und so die Consequenz der materiellen Natur des Atoms gezogen hat: contraponirt er zugleich Bestimmungen, welche diese Eigenschaft in ihrer eigenen Sphäre wieder vernichten, und dagegen den Begriff des Atoms geltend machen . Er bestimmt daher alle Eigenschaften so, daß sie sich selbst widersprechen. Demokrit dagegen betrachtet nirgends die Eiii[52Jigenschaften in Bezug auf das Atom selbst, noch verobjectivirt er den Widerspruch zwischen Begriff und Existenz, der in ihnen liegt. Vielmehr geht sein ganzes Interesse darauf, die Qualitäten in Bezug auf die concrete Natur, die aus ihnen gebildet

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werden soll, darzustellen. Sie sind ihm bloß Hypothesen zur Erklärung der erscheinenden Mannichfaltigkeit. Der Begriff des Atoms hat daher Nichts mit ihnen zu schaffen. Um unsere Behauptung zu erweisen, ist es zuvörderst nöthig, uns mit den Quellen zu verständigen, die sich hier zu widersprechen scheinen. In der Schrift "De placitis philosophorum" heißt es: "Epikur behauptet, den Atomen komme dies Dreifache zu : Größe, Gestalt, Schwere. Demokrit nahm nur zweierlei an: Größe und Gestalt; Epikur setzte Diesen als Drittes die Schwere hinzu." 2' Dieselbe Stelle findet sich, wörtlich wiederholt, in der Praeparatio evangelica des Eusebius .3'l j[53]j Sie wird bestätigt durch das Zeugniß des Simplicius 4 ' und Philoponus5', nach dem Demokrit den Atomen nur den Unterschied der Größe und der Gestalt zugetheilt hat. Direct entgegen steht Aristoteles, der im I. Buch "De generatione et corruptione" den Atomen des Demokrit verschiedenes Gewicht beilegt.6' · An einer andern Stelle (im 1. Buch De coelo) läßt Aristoteles unentschieden, ob Demokrit den Atomen Schwere beigelegt habe, oder nicht; denn er sagt: "So wird keiner der Körper absolut leicht sein, wenn alle Schwere haben ; wenn aber alle Leichtigkeit haben, wird keiner schwer sein." 7 ' Ritter in seiner "Geschichte der alten Philosophie" verwirft, auf das Ansehen des Aristoteles sich stützend, die Angaben bei Plutarch, Eusebius und Stobäus8'; die Zeugnisse des Simplicius und Philoponus berücksichtigt er nicht. Wir wollen zusehen, ob sich jene Stellen wirklich so sehr widersprechen. In den angeführten Citaten spricht Aristoteles von den Qualitäten des Atoms nicht ex professo. Dagegen heißt es im 7. Buch der Metaphysik: "Demokrit setzt jj[54]j drei Unterschiede der Atome. Denn der zu Grunde liegende Körper sei der Materie nach einer und derselbe; er sei aber unterschieden durch den puaf.Loc;;, das die Gestalt, durch die >tpo?tT), das die Lage, oder durch die lhatkyT), das die Ordnung bedeutet. " 9' Soviel folgt sogleich aus dieser Stelle. Die Schwere wird nicht als eine Eigenschaft der demokritischen Atome erwähnt. Die zersplitterten, durch die Leere auseinandergehaltenen Stücke der Materie müssen besondere Formen haben, und diese werden ganz äußerlich aus der Betrachtung des Raumes aufgenommen . Noch deutlicher geht Dies aus folgender Stelle des Aristoteles hervor: "Leukipp und sein Genosse Demokrit sagen, die Elemente seien das Volle und das Leere . .. .. . Diese seien Grund des Seienden als Materie. Wie nun Diejenigen, die eine einzige Grundsubstanz setzen, das Andere aus deren Affectionen erzeugen, indem sie das Dünne und das Dichte als Principien der Qualitäten unterstellen: auf dieselbe !1[55]j Weise lehren auch Jene, daß die Unterschiede der Atome Ursachen des Andern seien; denn das zum Grunde liegende Sein unterscheide sich allein durch puaf.Loc;;, &La6L'YTJ

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und 'tp01tTJ . . ... . Es unterscheide sich nämlich A von N durch die Gestalt. AN von NA durch die Ordnung, Z von N durch die Lage ." 101 Es folgt aus dieser Stelle evident, daß Demokrit die Eigenschaften der Atome nur in Bezug auf die Bildung der Unterschiede der Erscheinungswelt, nicht in Bezug auf das Atom selbst betrachtet. Es folgt ferner , daß Demokrit die Schwere nicht als eine wesentliche Eigenschaft der Atome hervorhebt. Sie versteht sich ihm von selbst, weil alles Körperliche schwer ist. Eben so ist selbst die Größe nach ihm keine Grundqualität. Sie ist eine aceidenteile Bestimmung, die den Atomen schon mit der Figur gegeben ist. Nur die Verschiedenheit der Figuren - denn weiter ist in Gestalt, Lage. Stellung Nichts enthalten - interessiren den Demokrit. Größe, Gestalt. Schwere, indem sie zusammengestellt werden, wie es vom Epikur geschieht, sind Differenzen, welche das Atom lll56JI an sich selbst hat; Gestalt, Lage, Ordnung - Unterschiede, welche ihm in Bezug auf ein anderes zukommen. Während wir also bei Demokrit bloße hypothetische Bestimmungen zur Erklärung der Erscheinungswelt finden, wird sich uns bei Epikur die Consequenz des Princips selbst darstellen . Wir betrachten daher seine Bestimmungen der Eigenschaften des Atoms im Einzelen . Erstens haben die Atome Größe.111 Andrerseits wird auch die Größe negirt. Sie haben nämlich nicht jede Größe 121 , sondern es sind nur einige Größenwechsel unter ihnen anzunehmen 131• Ja es ist nur die Negation des Großen ihnen zuzuschreiben, das Kleine 141 , und auch nicht das Minimum, denn Dies wäre eine rein räumliche Bestimmung, sondern das Unendlichkleine, das den Widerspruch ausdrückt 151 • Rosinius in seinen Adnotationen zu den Fragmenten des Epikur übersetzt daher eine Stelle falsch, und übersieht die andere gänzlich, wenn er sagt : "Hujusmodi autem tenuitatem atomorum incredibili parvitate arguebat Epicurus, utpote quas nulla magnitudine lll57JI praeditas ajebat teste Laertio X,44." 161 Ich will nun keine Rücksicht darauf nehmen, daß nach Eusebius erst Epikur unendliche Kleinheit den Atomen zugeschrieben 171 , Demokrit aber auch die größten Atome - Stobäus sagt sogar 18l, von Weltgröße - angenommen habe. Einerseits widerspricht Dies dem Zeugniß des Aristote/es 191 , andrerseits widerspricht Eusebius, oder vielmehr der alexandrinische Bischof Dionysius, den er excerpirt, sich selbst; denn in demselben Buche heißt es, Demokrit habe als Principien der Natur untheilbare, durch die Vernunft anschaubare Körper unterstellt2°1• Allein soviel ist klar, Demokrit bringt sich den Widerspruch nicht zum Bewußtsein; er beschäftigt ihn nicht, während er das Hauptinteresse Epikur's bildet. Die zweite Eigenschaft der epikuräischen Atome ist die Gesta/t.21) Allein auch diese Bestimmung widerspricht dem Begriff des Atoms, und es muß ihr Gegentheil gesetzt werden. Die abstracte Einzelheit ist das Abstract-

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sich-Gleiche, und daher gestaltlos. Die Unterschiede der Gestalt der Atome sind daher zwar unbestimmbarm, 11[5811 allein sie sind nicht absolut unendlichm. Vielmehr ist es eine bestimmte und endliche Anzahl von Gestalten, durch die die Atome unterschieden werden. 24 ' Es ergiebt sich hieraus von selbst, daß es nicht so viel verschiedene Figuren, als Atome giebt 25 ', während Demokrit unendlich viele Figuren setztl6'. Hätte jedes Atom eine besondere Gestalt, so müßte es Atome von unendlicher Größe geben 27', denn sie hätten einen unendlichen Unterschied, den Unterschied von allen übrigen an sich, wie die leibnitzischen Monaden. Die Behauptung von Leibnitz, daß nicht zwei Dinge sich gleich seien, wird daher umgekehrt; und es giebt unendlich viele Atome von derselben Gestalt 28 ', womit offenbar die Bestimmung der Gestalt wieder negirt ist; denn eine Gestalt, die nicht mehr von Anderm unterscheidet, ist nicht Gestalt./ 1[5911 Höchst wichtig ist es endlich, daß Epikur als dritte Qualität die Schwere anführt 29'; denn im Schwerpunkt besitzt die Materie die ideale Einzelheit, die eine Hauptbestimmung des Atoms bildet. Sind also die Atome einmal in das Reich der Vorstellung versetzt, so müssen sie auch schwer sein. Allein die Schwere widerspricht auch direct dem Begriff des Atoms; denn sie ist die Einzelheit der Materie als ein idealer Punkt, der außerhalb derselben liegt. Das Atom ist aber selbst diese Einzelheit, gleichsam der Schwerpunkt, als eine einzele Existenz vorgestellt. Die Schwere existirt daher für den Epikur nur als verschiedenes Gewicht, und die Atome sind selbst substantiale Schwerpunkte, wie die Himmelskörper. Wendet man Dies auf das Concrete an: so ergiebt sich von selbst, was der alte Brucker so wunderbar findetl 0', und was uns Lucrez versichertl 0 , nämlich, daß die Erde kein Centrum hat, nach dem Alles strebt, und daß es keine Antipoden giebt. Da die Schwere ferner nur dem von Anderm unterschiedenen, also entäußerten und mit Eigenschaften begabten Atome zukömmt: so versteht es sich, daß, wo die Atome nicht als viele 11[6011 in ihrer Differenz von einander, sondern nur in Beziehung zur Leere gedacht werden, die Bestimmung des Gewichtes fortfällt. Die Atome, so verschieden sie an Masse und Form sein mögen, bewegen sich daher gleich schnell im leeren Raum. 32' Epikur wendet daher die Schwere auch nur in der Repulsion und den Compositionen an, die aus der Repulsion hervorgehen, was Veranlassung gegeben hat, zu behaupten, nur die Conglomerationen der Atome, nicht aber sie selbst, seien mit Schwere begabtm. Gassendi lobt schon den Epikur, daß er, rein durch Vernunft geleitet, die Erfahrung anticipirt habe, wonach alle Körper, obgleich an Gewicht und Last höchst verschieden, dennoch gleich schnell sind, wenn sie von oben nach unten fallen. 34'

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Die Betrachtung der Eigenschaften der Atome liefert uns also dasselbe Resultat, wie die Betrachtung der Declination, nämlich, daß Epi!l[6t]!kur den Widerspruch im Begriff des Atoms zwischen Wesen und Existenz verobjectivirt, und so die Wissenschaft der Atomistik geliefert hat, während beim Demokrit keine Realisirung des Princips selber Statt findet, sondern nur die materielle Seite festgehalten, und Hypothesen zum Behufe der Empirie beigebracht werden.

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J[62JJ DRITIES KAPITEL:

!1\TOJ.LOL apzai und aTOJ.La O'TOLXELa.

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Schaubach behauptet in seiner schon oben angeführten Abhandlung über

die astronomischen Begriffe des Epikur: "Epikur hat mit Aristoteles einen Unterschied gemacht zwischen Anfängen (a"tOf.LOL apxat Diogen. Laert. X,41) und EJementen(ä"tOf.La O'"tOLXt:ia 15 Diogen. Laert. X,86). Jene sind die durch den Verstand erkennbaren Atome, erfüllen keinen Raum.n Dieselben heißen Atome, nicht als die kleinsten Körper, sondern weil sie im Raum nicht getheilt werden können. Nach diesen Vorstellungen sollte man meinen, daß Epikur den Atomen keine Eigenschaften, welche sich auf den Raum beziehen, beigelegt habe. 2' In dem 20 Brief an den Herodot aber (Diogen. Laert. X,44.54) giebt er den Atomen nicht nur Schwere, sondern auch Größe und Gestalt ..... Ich rechne daher diese Atome zu der zweiten Gattung, die aus jenen entstanden sind, aber doch wieder als Elementartheilchen der Körper angesehen werden." 31 Betrachten wir uns die Stelle, die Schaubach 1![63]! aus dem Diogenes 25 Laertius citirt, genauer. Sie heißt: .. Otov Ön TO nä V Nun ist aber das Unendliche nach den eigenen Bestimmungen des Epikur weder eine besondere Substanz, noch Etwas außer den Atomen und 15 dem Leeren, sondern vielmehr eine aceidenteile Bestimmung desselben. Wir finden nämlich drei Bedeutungen des ä?tupov . Erstens drückt das ä?tupov dem Epikur eine Qualität aus, die den Atomen und dem Leeren gemein ist. So bedeutet es die Unendlichkeit des Alls, das unendlich ist durch die unendliche Vielheit der Atome, durch 20 die unendliche Größe des Leeren. 17> Das andere Mal ist ci?tt:~pLa !lf68)j die Vielheit der Atome, so daß nicht das Atom, sondern die unendlich vielen Atome dem Leeren entgegengesetzt werden. 18> Endlich, wenn wir vom Demokrit auf den Epikur schließen dürfen, 25 bedeutet li?tt~pov auch gerade das Gegentheil, die unbegrenzte Leere, die dem in sich bestimmten und durch sich selbst begrenzten Atom opponirt wird} 9> In allen diesen Bedeutungen - und sie sind die einzigen, sogar die einzig möglichen für die Atomistik - ist das Unendliche eine bloße Be- 30 stimmung der Atome und des Leeren. Nichts desto weniger wird es zu einer besondern Existenz verselbstständigt, sogar als eine specifische Natur neben die Principien gestellt, deren Bestimmtheit es ausdrückt. Mag daher Epikur selbst die Bestimmung, in der das Atom Ja ihr Dasein selbst war damit aufgehoben. 25> Es bedurfte also für den Atomistiker keiner neuen Methode. Dies ist noch nicht die ganze Schwierigkeit. Eine räthselvollere Antinomie erhebt sich. Das Atom ist die Materie in der Form der Selbstständigkeit, der Einzelheit, gleichsam die vorgestellte Schwere. Die höchste Wirklichkeit aber der Schwere sind die Himmelskörper. In ihnen sind alle ll[93]j Antinomien zwischen Form und Materie, zwischen Begriff und Existenz, die die Entwickelung des Atoms bildeten , gelöst, in ihnen alle Bestimmungen, die gefordert wurden, verwirklicht. Die cölestischen Körper sind ewig und unveränderlich; ihren Schwerpunkt haben sie in sich, nicht außer sich; ihr einziger Act ist die Bewegung, und, getrennt durch den leeren Raum, beugen sie aus von der geraden Linie, bilden ein System der Repulsion und Attraction, in dem sie eben so sehr ihre Selbstständigkeit bewahren, und erzeugen endlich die Zeit, als die Form ihrer Erscheinung, aus sich selbst. Die Himmelskörper sind also die wirklich gewordenen Atome. In ihnen hat die Materie in sich selbst die Einzelheit empfangen. Hier also mußte Epikur die höchste Existenz seines Princips, den Gipfel und Schlußpunkt seines Systems erblicken. Er gab vor, die Atome zu unterstellen, damit unsterbliche Fundamente der Natur zu Grunde lägen. Er gab vor, daß es ihm um die substantiale Einzelheit der Materie zu thun sei. Wo er aber die jj[94]j Realität seiner Natur - denn er kennt keine andere, als die mechanische - vorfindet, die selbstständige, unzerstörbare Materie, in

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den Himmelskörpern, deren Ewigkeit und Unveränderlichkeit der Glaube der Menge, das Urtheil der Philosophie, das Zeugniß der Sinne bewies: da ist es sein einziges Streben, in die irdische Vergänglichkeit sie hinabzuziehen; da wendet er sich eifernd gegen die Verehrer der selbstständigen , den Punkt der Einzelheit in sich besitzenden Natur. Dies ist sein größter Widerspruch. Epikur fühlt daher, daß seine frühern Kategorien hier zusammenbrechen, daß die Methode seiner Theorie eine andere wird. Und es ist die tiefste Erkenntniß seines Systems, die durchgedrungenste Consequenz, daß er Dies fühlt, und bewußt ausspricht. Wir haben nämlich gesehen, wie die ganze epikureische Naturphilosophie durchströmt ist von dem Widerspruch zwischen Wesen und Existenz, zwischen Form und Materie. In den Himmelskörpern aber ist dieser Widerspruch ausgelöscht, sind die widerstreitenden Momente 11[9511 versöhnt. In dem cölestischen System hat die Materie die Form in sich empfangen, die Einzelheit in sich aufgenommen, und so ihre Selbstständigkeit erreicht. Auf diesem Punkt aber hört sie auf Affirmation des abstracten Selbstbewußtseins zu sein. In der Welt der Atome, wie in der Welt der Erscheinung, kämpfte die Form mit der Materie; die eine Bestimmung hob die andere auf, und gerade in diesem Widerspruch fühlte das abstracteinzelne Selbstbewußtsein seine Natur vergegenständlicht. Die abstracte Form, die mit der abstracten Materie unter der Gestalt der Materie kämpfte, war es selbst. Jetzt aber, wo die Materie sich mit der Form versöhnt hat, und verselbstständigt ist, tritt das einzele Selbstbewußtsein aus seiner Verpuppung heraus, und ruft sich als das wahre Princip aus, und befeindet die selbstständig gewordene Natur. Nach einer andern Seite hin drückt sich Dies so aus : Indem die Materie die Einzelheit, die Form, in sich empfangen, wie es in 11[9611 den cölestischen Körpern der Fall ist, hat sie aufgehört abstracte Einzelheit zu sein. Sie ist concrete Einzelheit, Allgemeinheit, geworden. In den Meteoren glänzt also dem abstract-einzelen Selbstbewußtsein seine sachlich gewordene Widerlegung entgegen, - das Existenz und Natur gewordene Allgemeine. Es erkennt daher in ihm seinen tödlichen Feind . Ihnen schreibt es also, wie Epikur es thut, alle Angst und Verwirrung der Menschen zu ; denn die Angst und Auflösung des Abstract-Einzelen ist eben das Allgemeine . Hier verbirgt sich also das wahre Princip des Epikur, das abstract-einzele Selbstbewußtsein, nicht länger. Es tritt hervor aus seinem Versteck, und , befreit von materieller Vermummung, sucht es, durch die Erklärung nach abstracter Möglichkeit - Was möglich ist, kann auch anders sein; von dem Möglichen ist auch das Gegentheil möglich - die Wirklichkeit der selbstständig gewordenen Natur zu vernichten. Daher die Polemik gegen

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Zweiter Teil : Über die Differenz im einzelnen

Die, die aTCA.wc;. d. i. auf eine bestimmte Weise, die Himmelskörper erklären ; denn das Eine ist das Nothwendige und In-sich-Selbstständige.! j[97ll So lange also die Natur als Atom und Erscheinung das einzele Selbstbewußtsein und seinen Widerspruch ausdrückt, tritt die Subjectivität 5 des Letztern nur unter der Form der Materie selbst hervor; wo sie dagegen selbstständig wird, reflectirt es sich in sich, tritt es ihr in seiner eigenen Gestalt als selbstständige Form gegenüber. Es war von vorn herein zu sagen, daß, wo das Princip des Epikur sich verwirklicht, es aufhören werde, Wirklichkeit für ihn zu haben. Denn 10 würde das einzele Selbstbewußtsein realiter unter der Bestimmtheit der Natur, oder die Natur unter seiner Bestimmtheit gesetzt: so hätte seine Bestimmtheit, d . h. seine Existenz, aufgehört, da nur das Allgemeine im freien Unterschiede von sich zugleich seine Affirmation wissen kann. In der Theorie der Meteore erscheint also die Seele der epikureischen 15 Naturphilosophie. Nichts sei ewig, was die Ataraxie des einzelen Selbstbewußtseins vernichtet. Die Himmelskörper stören seine Ataraxie, seine Gleichheit jj[98ll mit sich, weil sie die existirende Allgemeinheit sind, weil in ihnen die Natur selbstständig geworden ist. Nicht also die Gastrologie des Archestratus, wie Chrysippus meint26 >, 20 sondern die Absolutheil und Freiheit des Selbstbewußtseins ist das Princip der epikureischen Philosophie, wenn auch das Selbstbewußtsein nur unter der Form der Einzelheit gefaßt wird. Wird das abstract-einzele Selbstbewußtsein als absolutes Princip gesetzt: so ist zwar alle wahre und wirkliche Wissenschaft in so weit aufgehoben, 25 als nicht die Einzelheit in der Natur der Dinge selbst herrscht. Allein zusammenstürzt auch Alles, was gegen das menschliche Bewußtsein sich transcendent verhält, also dem imaginirenden Verstande angehört. Wird dagegen das Selbstbewußtsein, das sich nur unter der Form der abstracten Allgemeinheit weiß. zum absoluten Princip erhoben: so ist der abergläubi30 sehen und unfreien Mystik Thür und Thor geöffnet. Der historische Beweis davon findet sich in der stoischen Philosophie . ll[99]j Das abstractallgemeine Selbstbewußtsein hat nämlich den Trieb in sich, in den Dingen selbst sich zu affirmiren, in denen es nur affirmirt wird, indem es sie negirt. 35 Epikur ist daher der größte griechische Aufklärer, und ihm gebührt das Lob des Lucrez 27>: Humana ante oculos foede quum vita jaceret, ln terreis oppressa gravi sub relligione, Quae caput a coeli regionibus ostendebat, 40 Horribili super aspectu mortalibus instans : Primum Grajus homo mortaleis tollere contra

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Differenz der demokritischen und epikureischen Naturphilosophie

Est oculos ausus, primusque obsistere contra; Quem nec fama Deum nec fulmina nec minitanti Murmure compressit coelum .. .. . Quare relligio pedibus subjecta vicissim Obteritur, nos exaequat victoria coelo . Der Unterschied zwischen demokritischer und epikureischer Naturphilosophie, den wir am Schlusse des allgemeinen Theils aufgestellt, hat sich in allen Sphären der Natur weiter entwickelt und bestätigt gefunden. Bei Epilrur ist daher die Atomistik mit allen ihren Widersprüchen als die Naturwissenschaft des Selbstbewußtseins, das sich unter der Form der abstracten Einzelheit absolutes Princip ist, bis IIUOOJI zur höchsten Consequenz, welches ihre Auflösung und bewußter Gegensatz gegen das Allgemeine ist, durchgeführt und vollendet. Dem Demokrit dagegen ist das Atom nur der allgemeine objective Ausdruck der empirischen Naturforschung überhaupt. Das Atom bleibt ihm daher reine und abstracte Kategorie, eine Hypothese, die das Resultat der Erfahrung, nicht ihr energisches Princip ist, die daher eben sowol ohne Realisirung bleibt, wie die reale Naturforschung nicht weiter von ihr bestimmt wird.

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Anmerkungen zum Ersten Teil

(Anmerkungen]

j1j ERSTER THEIL:

Differenz der demokritischen und epikuräischen Naturphilosophie im Allgemeinen. 5

II. Urtheile über das Verhältniß demokritischer

und epikuräischer Physik.

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1) Diogen. Laert. X,4. AA.i..a xat ot 1tt:pt llocrn&wvLov -rov I.-rw~xov xat Nuu)i..aos xat I.w-rtwv ... .. -ra 8€ ~TJf.LOxpt-rou 1tt:pt a"tOf.LWV xat Apw·-rt1t1tou 1ttpt ~8ovi)s. ws t8La i..i-ynv (E1tl.xoupov). 2)Cic. de Nat. Deor. 1,26. Quid est in physicis Epicuri non a Democrito? nam etsi quaedam commutavit ... . . tarnen pleraque dicit eadem. 3) Id. de Fin . 1.6. lta, quae mutat, ea corrumpit; quae sequitur, sunt tota Democriti . /b. . . . . . in physicis, quibus maxime gloriatur, primum totus est alienus. Democrito adjicit, perpauca mutans, sed ita, ut ea, quae corrigere vult, mihi quidem depravare videatur .. . .. in quibus sequitur Democritum, non fere labitur.j 121 4) Plutarch. Colot. (ed. Xyl.) p. 1108. Awv-rt:ils ... . . nf.Läcr9at. l:pTJO"L "tOV ~TJf.LOXpL"tOV V1t0 E1tLXOVpou 8La "tO 1tponpov a'iJacr9aL -rils op9i)s "YVW