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German Pages 199 Year 2012
Schriften der Gesellschaft für Sozialen Fortschritt e.V. Band 29
Gemeinschaftliches Wohnen im Alter in der Kommune Das Problem der kommunalen Gastfreundschaftskultur gegenüber dem homo patiens
Von Frank Schulz-Nieswandt
Duncker & Humblot · Berlin
FRANK SCHULZ-NIESWANDT
Gemeinschaftliches Wohnen im Alter in der Kommune
Schriften der Gesellschaft für Sozialen Fortschritt e. V. Band 29
Gemeinschaftliches Wohnen im Alter in der Kommune Das Problem der kommunalen Gastfreundschaftskultur gegenüber dem homo patiens
Von Frank Schulz-Nieswandt
Duncker & Humblot · Berlin
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„Es kam mir vielmehr darauf an zu zeigen, daß auch außerhalb der Psychose, nämlich in der sog. Existenz-Angst, deutlich wird, wie unsere schäbige Bürgerlichkeit von einem dramatischen paläoanthropologischen Unterbau bedroht ist.“1 „Auch den Sisyphos sah ich, von schrecklicher Mühe gefoltert, Einen schweren Marmor mit großer Gewalt fortheben. Angestemmt arbeitet’ er stark mit Händen und Füßen, Ihn von der Au aufwälzend zum Berge. Doch glaubt’ er ihn jetzo Auf den Gipfel zu drehn, da mit einmal stürzte die Last um; Hurtig mit Donnergepolter entrollte der tückische Marmor. Und von vorn arbeitet’ er, angestemmt, daß der Angstschweiß Seinen Gliedern entfloß und Staub sein Antlitz umwölkte.“2
1 Bilz, Rudolf (1974): Studien über Angst und Schmerz. Paläoanthropologie Band 1/2. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 214. Zu Bilz vgl. auch insgesamt Peters, Sven-Karsten (2003): Rudolf Bilz (1898 – 1976). Leben und Wirken in der Medizinischen Psychologie. Würzburg: Königshausen & Neumann. 2 Homer: Odysseus (1962), 11. Gesang, 593 – 600. München: Goldmann.
Vorwort „Im Grunde schreibt man die Bücher, die man selbst gerne lesen würde, und was mir vorschwebte, habe ich bisher nicht gefunden.“1 Bausteine zu solch einem Buch finden sich viele2; ich habe sie angeführt und verknüpft. Ohne diese vorgegebenen Bausteine wäre ein solches Buch nicht denkbar. Alles kann man (ich) nicht erfinden. Aber auch nicht alles zitieren. Viele Quellen, die ich gerne angeführt hätte, finden sich zum Teil in anderen Publikationen von mir; andere bleiben „draußen“. Ich spreche dem Hause Duncker & Humblot wiederum viel Dank aus für die Aufnahme und Betreuung der Arbeit. Es geht um eine Verdichtung: Aus Bausteinen ein Gebäude zu bauen, das es so bislang (hoffentlich) nicht gab und das vor allem auch relevant ist, in die Welt gesetzt zu werden. Richtig ist: Es gibt einschlägige Forschungen z. B. und u. a. zum Wohnen (im Alter), zur (Anthropologie der) Gastfreundschaft, zum Binärismus des Strukturalismus und zu vielen anderen Bausteinen (Dimensionen und Aspekten) der Arbeit. Aber auf die Verdichtung, auf die Verknüpfung, kommt es hier an. Ausgangspunkt des Buches ist die Frage nach den Blockaden und Barrieren der Einpflanzung gemeinschaftlicher Wohnformen im Alter im kommunalen Raum. Institutionalisierung wird dabei nicht auf eine Architekturfrage reduziert, sondern als „mentales Modell“ mit Vorliebe für spezifische soziale Interaktionsordnungen (dependency support script) verstanden. Das Buch behandelt inter-disziplinär vor dem Diskurs- und Praxishintergrund der De-Institutionalisierung die Probleme der Integration gemeinschaftlicher Wohnformen im Alter für Menschen mit chronischen Erkrankungen, Behinderungen sowie Hilfe- und Pflegebedürftigkeiten in dem kommunalen Raum. Dabei bleibt die Analyse nicht auf der Ebene einer oberflächlichen interessenzentrierten Stakeholder-Betrachtung stehen, sondern analysiert die tiefere kulturelle Grammatik von Ein- und Ausgrenzungen im sozialen Raum als Problem einer anthropologisch reflektierten „Gastfreundschaftskultur“ gegenüber dem „ganz Anderen“ (als dem Dämonischen „da Draußen“) und berücksichtigt dabei die psychischen Dispositionen der Akteure im Lichte paläoanthropologischer Betrachtungen. Methodologisch kommt ein strukturalistischer Blick zur Wirkung, bei dem die Analyse der binären Codes in der Grammatik von Inklusion/Exklusion im Zentrum steht. Ethnologische, religions- und kulturgeschichtliche Befunde fundieren diese Blickweise. Die Betrachtungen münden in eine Ethik-Perspektive einer empathiegestützten Achtsamkeit im Dialog mit dem An1 2
Messadié, Gerald (1998): Die Geschichte Gottes. Berlin: Propyläen, S. 9. Bahr, Hans-Dieter (1994): Die Sprache des Gastes. Leipzig: Reclam.
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Vorwort
deren, aber auch einer Achtsamkeit der Gelassenheit im Sozialreformprozess, der als Sisyphos-Arbeit anthropologisch begriffen wird. Die vorliegende Studie ist intellektuell eventuell anstrengend und moralisch anspruchsvoll. Das fällt auch mir nicht leicht, ahne ich doch, an dem eigenen Programm leicht scheitern zu können. Auch ich bin ein solches paläoanthropologisch disponiertes Geschöpf, und über meine kulturelle Veredelung mache ich mir zwar Hoffnungen, aber keine Illusionen. Der moderne Mensch, ich halte es hier mit Erich Kästner, der uns, bei näherer Betrachtung (wie ich im Rahmen vieler Examensfeiern und Doktorverkündungen rezitiert habe), immer noch auf den Bäumen angesiedelt sieht, ist im Kern archaisch: Er codiert die Welt gerne im einfachen Kontrast: Gut und Böse – das ist nicht nur das Weltbild der (fundamentalistisch, vom Exodus-Mythos inspirierten) neoliberal-neoneo-imperialistischen US-Amerikaner (was durchaus stimmt); dort schickt man die Schwarzen in den Krieg gegen die Gelben, um das Land zu verteidigen, das man den Roten genommen hat (ein Musical lässt grüßen). Wir Europäer (denen ich an anderer Stelle viel Aufmerksamkeit gewidmet habe3) leben immer noch im Selbst-Mythos (Mythos im schlechten Sinne, nicht im Typus der allerersten Aufklärung einer philosophischen Anthropologie) des glanzvollen Abendlandes in Abgrenzung zum Orient – obwohl wir wissen, dass hier unser Vermächtnis liegt.4 Jesus führte eine intra-jüdische Sekte an. Und das Judentum siedelt im Vorderen Orient! Athen – hin oder her. Die Levante, ohnehin interaktiv mit der Ägäis zu denken, ist unsere Krippe, kulturtopographisch gesehen. Ich schenke es mir hier, die ganze Jesus-Forschung anzuführen. Es ist eine der tiefsitzenden und entsprechend ausgeprägten Illusionen, den kulturellen Synkretismus Europas zu übersehen. Europa ist heute different zum Orient. Aber sozio-genetisch handelt es sich um eine enge Verwandtschaftssystematik. Und sollte auch Blut nicht dicker sein als Wasser (die bodenständigen Volkserkenntnisse mögen wir uns hier schenken), so bleibt doch die Möglichkeit der Freundschaft (temporal: der Gastfreundschaft), zumindest der Anerkennung auf reziproker Weise und Basis, die zur Vertragskultur führen kann. Diese schätzenswerte Klugheitsmoral der Kontrakt-Ökonomen mag zumindest Frieden sichern, Kultur jedoch nur begrenzt: Dazu bedürfte es, als notwendige Voraussetzung, eines Interesses an der Eigenart des Anderen. Hinreichende Bedingungen wären mehr zu 3 Vgl. Schulz-Nieswandt, Frank (2011): „Europäisierung“ der Sozialpolitik und der sozialen Daseinsvorsorge? Eine kultursoziologische Analyse der Genese einer solidarischen Rechtsgenossenschaft. Berlin: Duncker & Humblot. Das Buch skizziert den Prozess der „Europäisierung“ der Sozialpolitik und der sozialen Daseinsvorsorge. Das Thema wird interdisziplinär behandelt. Verschiedene Teilbereiche der Sozialpolitik werden in dieser Hinsicht dargelegt. Im Zentrum steht die These der Herausbildung einer gemeinsam geteilten Sozialpolitikgestaltungskompetenz im Mehr-Ebenen-System. Die Analyse wird überlagert durch eine methodologische Sicht: Die europäische Integration wird einerseits funktionalistisch analysiert, andererseits im Lichte einer Kulturtheorie kohärenter Sozialintegration reflektiert. 4 Dawson, Christopher (1961): Die Gestaltung des Abendlandes. Frankfurt am Main: Fischer; Zimmer, Hans (1993): Das orientalische Abendland. Ursprung, Wesen und Vermächtnis der abendländischen Werthaltungen. Gerolzhofen: Buntstift.
Vorwort
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nennen: Empathie, Sympathie, Gabebereitschaft – irgendwann, irgendwo, irgendwie eine Form ansatzweiser Liebe. Romantisch bin ich hierbei nicht. Diese ganze Vision ist nicht trivial. Die Geschichte ist nicht einfach gestrickt. Sie ist Arbeit, Dramatik, eben eine Praxis der eventuell perfekten Absichten und der sicherlich unvollkommenen (Zwischen-) Resultate. Die Angst, die Unsicherheit, die kulturgrammatische Fremd-Entfremdung als Sekundärderivat der psychogrammatischen Selbst-Entfremdung sitzt tief, anthropologisch wie kulturhistorisch (im Wechselspiel dieser Kräfte). Soweit meine Propädeutik angesichts (der Chimäre) des Postulates der Werturteilsfreiheit der modernen Wissenschaft. Wir wissen heute (nicht zuletzt im Lichte der neueren historischen Epistemologie) um die Unmöglichkeit dieses Postulates. Daher gilt: Wenn schon, dann denn schon. Ich schließe dieses Buch nach ca. 6 Monaten ab, wobei es eigentlich nur eine theoretische Vertiefung einer (weiter unten angeführten) empirischen Studie zum Wohnen im Alter (allerdings in politischer Absicht) sein sollte, sich dann aber in eine kulturwissenschaftliche Studie wandelte, in der es um kulturgrammatische Regeln und psychogrammatische Prozeduren von Inklusion und Exklusion geht. Ich habe, nachdem das empirische Projekt Ende Juli 2011 abgeschlossen war und die Studie im Spätsommer bei Kohlhammer in Druck ging, diese Arbeit im Dezember 2011 bei Duncker & Humblot in Druck gegeben, dabei die weitere Komplexitätsverdichtung und Tiefendurchdringung abbrechend. Mein 2010 bei Duncker & Humblot erschienenes Buch „Wandel der Medizinkultur?“ sollte einen Umfang von 150 Seiten aufweisen und wuchs dann auf über 800 Seiten an. Dem vorliegenden Buch drohte das gleiche Schicksal. Wie man sieht, war ich diesmal diszipliniert. Damit blieb viel Material uneingearbeitet, viel Lektüre war zwar nicht umsonst, wurde aber nicht angeführt. Schön war es zu erleben, wie ich Literatur aus meiner Bibliothek, die ich, lange zurückliegend, bereits einmal (zum Teil ganz anders) rezipiert hatte, neu zur Geltung kommen lassen konnte. Das hat nicht einfach Spaß gemacht: Das war Daseins-erfüllend, Erkenntnis-erhellend. Ich habe etwas vom Phänomen des Persönlichkeitswachstums verspürt. Entdeckt habe ich die Einsicht in die erneute Notwendigkeit, die Göttin Artemis zu erfinden: Damit diese unser Symbol sei, wie im archaischen Griechenland, das Fremde (in) uns produktiv zu vermitteln, so dass wir es nicht abschlachten, sondern kennenlernen, anerkennen, akzeptieren (wo es uns nicht gefällt), auch integrieren, denn wir müssen uns nicht selbst kastrieren in der Ethik angesichts des Anderen. Ein anderer Archetypus ist christologischer Art. Aber aus dem hat die Kirche in ihrer Geschichtswerdung nichts durchweg Glanzvolles werden lassen, was heute daher ohne tiefgreifende De-Konstruktion noch authentisch fassbar ist. Ich danke wieder Francis Langenhorst für die Korrektur. Nimmer müde an dieser Praxis widme ich das Buch erneut meiner Tochter Alessa. Aachen, Dezember 2011
Frank Schulz-Nieswandt
Inhaltsverzeichnis Einleitende Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Vertiefende Einleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Exkurs: Strukturale Analyse bei Edmund Leach und der pathosophische Blick bei Viktor von Weizsäcker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 I.
Eine empirische Studie und ihre kulturtheoretische, auf politische Fragen abstellende Reflexion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 1. Zentrale Befunde der explorativen Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 2. Ohne Romantik und Dogmatik – die Befunde im konkreten Betrachtungszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
II.
Politische Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 1. Rechtliche Situation und politischer Wille . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2. Kulturelle Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3. Altersbilder – Behindertenbilder: Wahrnehmungs-Skripte und kollektive Denkstile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
III.
Die anthropologische Herausforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
IV.
Die kulturelle Tiefengrammatik und die Psychogrammatik des Problems: Historische Epistemologie der Alterität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
V.
Kommunikative Choreographie statt „social engineering“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
VI. Vernetzung mit Absicht auf abgestimmte Verbindlichkeit im kommunalen Raum – Eine sehr unwahrscheinliche, aber nicht unmögliche Aufgabe: Die Studie von Grunow u. a. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 VII. Das „Gesundheitsnetz 2025“ der Stadt Zürich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 1. Strukturelle Hintergründe der Genese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 2. Die Konturen der Politik der Impulse zur Veränderung des Feldes . . . . . . . . . . 121 VIII. Die Hausärzte – Warum kooperieren sie nicht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
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Inhaltsverzeichnis
IX. Achtsamkeit und Gelassenheit: Zukunftsdenken zwischen Gemütsruhe und Gleichgültigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 Schlusswort im Lichte der hermeneutischen Anthropologie von Bollnow . . . . . . . . . . . . 148 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
Einleitende Vorbemerkungen Wohnen, das haben grundlegende ontologische, anthropologische, soziologische1, psychologische2 und kulturgeschichtliche Reflexionen, die in der Literatur verfügbar sind, gezeigt, ist von ganz existenzieller3 Bedeutung für den Menschen, wenn man diesen aus der Perspektive leiblich im Raum4 gestellter Personalität phänomenologisch erschließt.5 Im Prinzip dreht sich meine ganze Argumentation um eine historische Anthropologie. Ich erlaube mir jedoch, auf einen Abriss und eine systematische Verortung innerhalb der Theoriegeschichte philosophischer Anthropologie zu verzichten. Vor allem Max Scheler (1874 – 1928) und Helmuth Plessner (1892 – 1985) haben geradezu eine Renaissance erlebt, so dass ich hier nicht auf die zahlreiche neuere Literatur verweisen muss.6 Es wären ohnehin auch noch viele andere Köpfe zu nennen. Ich müsste daher viele Fundstellen in Handbüchern und Lexika angeben, um die Positionen kurz und nachschlagbar zu rekonstruieren. Einige tauchen weiter unten 1
Vgl. etwa zu Simmel die Dissertation von Ziemann: Ziemann, Andreas (2000): Die Brücke zur Gesellschaft. Erkenntniskritische und topographische Implikationen der Soziologie Georg Simmels. Konstanz: UVK, insb. S. 228 ff. Vgl. ferner Hahn, Achim (1994): Erfahrung und Begriff. Zur Konzeption einer soziologischen Erfahrungswissenschaft als Beispielshermeneutik. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 304 ff. 2 Bär, Paul K. (2008): Architekturpsychologie. Psychosoziale Aspekte des Wohnens. Gießen: Psychosozial-Verlag; vgl. auch Flade, Antje (2006): Wohnen psychologisch betrachtet. 2., vollst. überarb. u. erw. Aufl. Bern: Huber. Die Sicht geht auch in Analysen der sozialökologischen Sozialisationsforschung über. 3 Biella, Burkhard (2008). Eine Spur ins Wohnen legen. Entwurf einer Philosophie des Wohnens nach Heidegger und über Heidegger hinaus. Berlin: Parega; Bollnow, Otto F. (2010): Mensch und Raum. 11. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer; Gölz, Walter (1970): Dasein und Raum. Philosophische Untersuchungen zum Verhältnis von Raumerlebnis, Raumtheorie und gelebtem Dasein. Berlin-New York: de Gruyter sowie auch Hoffstadt, Christian (2009): Denkräume und Denkbewegungen. Untersuchungen zum metaphorischen Gebrauch der Sprache der Räumlichkeit. Karlsruhe: Universitätsverlag Karlsruhe; Müller, Klaus E. (2010): Die Siedlungsgemeinschaft. Grundriß der essentialistischen Ethnologie. Göttingen: V&R unipress sowie Trebsche, Peter/Müller-Scheeßel, Nils/Reinhold, Sabine (Hrsg.) (2010): Der gebaute Raum. Bausteine einer Architektursoziologie vormoderner Gesellschaften. Münster u. a.: Waxmann. 4 Art. „Raum“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 260 – 267. 5 Fuchs, Thomas (2000): Leib, Raum, Person. Entwurf einer phänomenologischen Anthropologie. Stuttgart: Klett-Cotta. 6 Vgl. jedoch Becker, Ralf/Fischer, Joachim/Schloßberger, Matthias (Hrsg.) (2010): Philosophische Anthropologie im Aufbruch. Max Scheler und Helmuth Plessner im Vergleich. Berlin: Akademie Verlag.
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Einleitende Vorbemerkungen
auch noch auf; viele andere habe ich etwa aufgegriffen in meinen umfangreichen Abhandlungen „Wandel der Medizinkultur?“, die ich weiter unten öfters zitiere. Ich hänge meine ganze Argumentation am Themenkreis Wohnen, Wohnen im Alter und damit aber übergreifend und die Perspektiven ausweitend an der Frage des gesellschaftlichen Umgangs mit dem Alter auf. Zugleich ist es mir möglich, die Gerontophobie als eine Teilmenge der Xenophobie7 zu diskutieren. Damit geht es um die Ausgrenzung des Fremden8, des Anders-Artigen insgesamt, klar gesagt: der Krüppel, der Bekloppten, der Aussätzigen etc. Das Fremde: Überaus schön hat Schmitz in seiner neuen phänomenologischen Anthropologie der Leiblichkeit das Wohnen dargelegt in seiner Dialektik von Behausung, Eingrenzung, Abgrenzung und Abschottung gegenüber dem unwirklichungeheueren, verdächtig vorkommenden Außen, dem Fremden, dem Gefährlichen, dem Bösen und Dämonischen.9 Wenn ich auf das archaische Griechenland verweise, dann sicherlich aus vielen plausiblen Gründen, zum Teil auch aus fachlich nicht zwingenden bildungsbürgerlichen Präferenzen. Aber die Begegnung mit dem Fremden ist, folge ich der Darlegung von Fox10, dem Griechischen a priori eigen, geradezu kulturell konstitutiv. Fox stellt die griechische Kultur des homerischen Zeitalters – bekanntlich ein auch wissenschaftspolitisch sehr strittiges Feld11 – als Volk reisender Helden dar. Und wenn Menschen in die Fremde reisen, begegnen diese dem Fremden oftmals in so überraschend-befremdlicher Weise, dass das Monsterhafte12 nicht fern ist. Und damit bin ich mitten drin in der Problematik. Und die weltgeschichtliche Faktizität ubiquitärer Migrationsprozesse, kultureller Diffusion oder auch politischer Eroberungen konfrontierte die Menschen (auf beiden Seiten des push- und pull-Geschehens) mit kulturell stressvollen Begegnungen, Entdeckungen und Konfrontationen. Von Anbeginn an ist, kulturanthropologisch gesehen13, also die Menschheitsgeschichte eine Konfrontationsgeschichte mit dem jeweils radikal Anderen, damit auch eine Geschichte der Angst und Angstbewälti7
Art. „Xenologie“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 779 – 780. 8 Vgl. Art. „Fremde/Flüchtlinge“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/ Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 159 – 162 sowie Art. „Fremde Religionen“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 162 – 167. 9 Schmitz, Hermann (2005): Das Göttliche und der Raum. System der Philosophie. Dritter Band: Der Raum. Vierter Teil. Bonn: Bouvier, S. 258 ff. 10 Fox, Robin Lane (2011): Reisende Helden. Die Anfänge der griechischen Kultur im homerischen Zeitalter. Stuttgart: Klett-Cotta. 11 Kolb, Frank (2010): Tatort „Troia“. Geschichte, Mythen, Politik. Paderborn: Schöningh. 12 Nippel, Wilfried (1990): Griechen, Barbaren und „Wilde“. Frankfurt am Main: Fischer, S. 30. 13 Vgl. auch Wagner, Hans-Josef (2004): Sozialität und Reziprozität. Strukturale Sozialisationstheorie I. Frankfurt am Main: Humanitas Online, S. 29 ff.
Einleitende Vorbemerkungen
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gung. Wahrscheinlich werden LeserInnen mir einen Rückfall in den Animismus vorwerfen (damit in den ganzen Evolutionismus in der Tradition von Tylor und anderen). Das ist Unsinn. Aber in der Tat konstatiere ich auch in der Moderne nicht die Wiederkehr, sondern die Beobachtung der ohnehin immer schon gebliebenen animistischen Denkformen, ohne allzu eng an der Psychoanalyse14 anzuknüpfen. Die Darlegungen von Fox sind für mich auch aus einer anderen Wahrnehmungsperspektive noch von besonderem Interesse. Es geht um die Sinn-Dechiffrierung der Metapher des Reisens insgesamt. Es gibt eine gewisse psychoanalytische Rezeptionsweise des Odysseus. Demnach ist die Reise von Odysseus nur eine narrativ breit entfaltete Symbolik der menschlichen Selbst-Findung, also seelische Identitätsbildung im Kontext der Auseinandersetzung mit der (fremdartigen) Umwelt. Und auch bei Campbell finde ich diese Idee, Odysseus Reisen als Seelenabenteuer zu deuten.15 Diese würde das ganze Leiden am Fremden und in der Fremde anders deuten lassen: nämlich als gelingenden Empfang des Lebens, als Lebenslauf der Daseinsbewältigung als solche. Hier war Odysseus schlicht bodenständig. Er erlebte nicht die faustische Unendlichkeit gotischer Lichtmetaphysik16, sondern war sinnlich in das nackte Leben des Kampfes eingebunden. Und in diesem Sinne war dieser Mythos schöpferisch.17 Ich werde zeigen (und konnte dies wohl mit einer gewissen Überzeugungskraft auch als Vortrag im Rahmen der DGGG-Tagung „Wert[e] des Alters“ am 22. 9. 2010 in Frankfurt am Main darlegen), dass die Dionysos18-Forschung19 des frühen (deutschen) bis hin zum späten (französischen) Jahrhunderts mit den Themenkreisen der Inklusion und der De-Institutionalisierung sehr viel zu tun hat. Die Analogie liegt in der Psychodynamik und Kulturgrammatik des Ausgrenzungs-Geschehens be14
Lohmann, Hans-Martin/Pfeiffer, Joachim (Hrsg.) (2006): Freud-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 204. 15 Campbell, Joseph (1992): Die Masken Gottes. Bd. 3: Mythologie der Westens. München: dtv, S. 190 f. 16 Campbell, Joseph (1992): Die Masken Gottes. Bd. 3: Mythologie der Westens. München: dtv, S. 266 f. Zur Lichtmetaphysik als Theologie der Gotik vgl. auch Duby, Georges (1998): Kunst und Gesellschaft im Mittelalter. Berlin: Wagenbach, S. 76 ff. 17 Campbell, Joseph (1992): Die Masken Gottes. Bd. 4: Schöpferische Mythologie. München: dtv, S. 17. 18 Auch hier instruktiv: Schmitz, Hermann (2005): Das Göttliche und der Raum. System der Philosophie III. Teil 4. Bonn: Bouvier, S. 46 ff. 19 Vgl. auch Baeumer, Max L. (2006): Dionysos und das Dionysische in der antiken und deutschen Literatur. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Zur Forschungsgeschichte der Mythologie vgl. (zu Griechenland) Graf, Fritz (1999): Griechische Mythologie. Düsseldorf: Artemis & Winkler; Graf endet mit dem Hinweis auf die neueren Beiträge von Walter Burkert (*1931): vgl. etwa Burkert, Walter (1998): Kulte des Altertums. München: Beck; wenig orientierend dagegen Geyer, Carl-Friedrich (1996): Mythos. Formen, Beispiele, Deutungen. München: Beck. Vgl. bereits älter, aber wertvoll: Vries, Jan de (1961): Forschungsgeschichte der Mythologie. Freiburg i. Br.-München: Alber. Heute schreibt man Mythologie methodologisch anders: vgl. Bremmer, Jan N. (1996): Götter, Mythen und Heiligtümer im antiken Griechenland. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
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Einleitende Vorbemerkungen
gründet, hängt zusammen mit der Angst vor der Alterität20, die das eigene Selbst zu verletzen droht21. Ausgrenzungen sind universal. In den Satzungen des (genossenschaftsförmigen22) Kultvereins der Essener (Qumran-Rollen)23 findet man den Ausschluss einiger Menschen wegen ihrer kultischen Unreinheit24, „andere wegen körperlicher Gebrechlichkeit, die als Sündenmahl gewertet werden.“25 Und insofern wähle ich noch eine andere kulturgeschichtliche Quelle, die ich religionsgeschichtlich erschließe: das Alte Testament im alt-orientalischen Rahmen. Die verschiedenen Ur-Monotheismus-Varianten ablehnend, wissen wir heute um die späte redaktionspolitische Formung des Alten Testaments. Der JAHWE-Monotheismus stand nicht am Anfang, sondern am Ende der israelitischen, dann auch kultzentralistischen Geschichte im Lichte des Verlustes einer eigenen Staatlichkeit. Landnahme und Exodus sind Mythen einer kulturellen Identitätsfindung und einer religionspolitischen Selbstbehauptung26 in diesem exilisch27/nach-exilischen Situationsrahmen, also vor allem in der Perserzeit28. Das frühe Alt-Israel ist dagegen von Formen des Dämonenglaubens, des Ahnen- und Totenkults und der Magie29 – wie sonst im kulturellen Umfeld auch – geprägt. Beide Phasen der israelitischen Geschichte sind strukturalistisch über binäre30 Codes31 der Dichotomie32 von Innen 20 Art. „Alterität, kulturelle“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literaturund Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 15 – 16. 21 Kloft, Hans (1999): Mysterienkulte der Antike. München: Beck, S. 26 ff. Dionysos war polymorph, trieb zur Ekstase und zum Wahnsinn (mania). Die ekstasis war ein Heraustreten aus der normalen Identität. 22 Schulz-Nieswandt, Frank (2000): Studien zur strukturalen Anthropologie sozialer Hilfeformen und sozialer Risikogemeinschaften. Regensburg: Transfer Verlag, S. 113 ff. 23 Heute ist es archäologisch strittig, ob die Qumran-Rollen auch von den Bewohnern von Qumran geschrieben worden sind, oder anders gesagt: Ob die Bewohner von Qumran auch wirklich Essener waren. Vgl. dazu Hirschfeld, Yizhar (2006): Qumran. Die ganze Wahrheit. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus. Dazu auch knapp Davies, Philip R./Brooke, George J./ Callaway, Phillip R. (2002): Qumran. Die Schriftrollen vom Toten Meer. Stuttgart: Theiss, S. 190. 24 Vgl. auch Art. „Reinheit/Unreinheit“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 471 – 475. 25 Wise, Michael/Abegg, Martin Jr./Cook, Edward (1997): Die Schriftrollen von Qumran. Augsburg: Pattloch (Weltbild Verlag), S. 163. 26 Kohl, Karl-Heinz (2003): Die Macht der Dinge. Geschichte und Theorie sakraler Objekte. München: Beck, S. 32 f. in Anlehnung an Assmann, Jan (1999): Das kulturelle Gedächtnis. 3. Aufl. München: Beck, S. 196. 27 Vgl. Art. „Deportationen“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/ Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 85 – 86. 28 Gerstenberger, Erhard S. (2005): Israel in der Perserzeit. 5. und 4. Jahrhundert. Stuttgart: Kohlhammer. 29 Schmitt, Rüdiger (2004): Magie im Alten Testament. Münster: Ugarit. 30 Art. „Binarismus/Binäre Opposition“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 72 – 73.
Einleitende Vorbemerkungen
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und Außen, von Identität und Alterität, geprägt. Dass sich dieses JAHWE-Israel aus dem kanaanitischen33 und allgemein-orientalisch geprägten Kulturzusammenhang endogen herauskristallisierte, besagt nur etwas über die Sozio- und Ethnogenese des israelitischen Glaubens: Die Identitätsfindung in Abgrenzung zur Umwelt erfolgte als Abspaltung von dieser oder als Ausdifferenzierung aus dieser gemeinsamen Kulturheimat. Ich werde dies gleich in der vertiefenden Einleitung näher darlegen, verweise hier aber schon auf die Darstellungen von Lemche34 und von Fritz35. Gerstenberger hat uns den verschachtelten Prozess des religionsgeschichtlichen Kultursynkretismus nochmals systematisch darlegen können.36 Ein ethisch gehaltvolles37 personalistisches Verhältnis zwischen dem Menschen und seinem einen Gott – und die Übertragung auf ein dialogisches38 und moralisches Miteinander zwischen den Menschen (etwa im Elterngebot39) als Achsendrehung von der Vertikalität in die Horizontalität – bestand also überhaupt nicht von Beginn an; das Verhältnis der Menschen zu den Göttern war von Magie geprägt. Auch heute hat die Religionswissenschaft durchaus Probleme, Religion und Magie sauber zu trennen, lassen sich doch magische Elemente in der Fülle der Kommunikations-
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Art. „Code“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 98 – 99. 32 Art. „Dichotomie/Dichotomisierung“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 129. 33 Vgl. Herrmann, Wolfram (2004): Theologie des Alten Testaments. Geschichte und Bedeutung des israelitisch-jüdischen Glaubens. Stuttgart: Kohlhammer, S. 55 zum Ahnenkult. Vgl. auch Gerstenberger, Erhard S. (2001): Theologien im Alten Testament. Stuttgart: Kohlhammer, S. 32 ff. mit weiterer Forschungsliteratur. 34 Lemche, Niels Peter (1996): Die Vorgeschichte Israels. Von den Anfängen bis zum Ausgang des 13. Jahrhunderts v. Chr. Stuttgart: Kohlhammer. 35 Fritz, Volkmar (1996): Die Entstehung Israels im 12. und 11. Jahrhundert v. Chr. Stuttgart: Kohlhammer. 36 Gerstenberger, Erhard S. (2001): Theologien im alten Testament. Pluralität und Synkretismus alttestamentlichen Gottesglaubens. Stuttgart: Kohlhammer. 37 Otto, Eckart (1994): Theologische Ethik des Alten Testaments. Stuttgart: Kohlhammer. Vgl. auch Otto, Eckart (2008): Altorientalische und biblische Rechtsgeschichte. Wiesbaden: Harrassowitz. Vgl. auch Art. „Ethik und Recht“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/ Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 125 – 128. 38 Art. „Dialog/Monolog“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 67 – 72. Vgl. auch Art. „Dialogizität“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 127 – 128. 39 Loretz, Oswald (1978): Vom kanaanäischen Totenkult zur jüdischen Patriarchen- und Elternehrung. Historische und tiefenpsychologische Grundprobleme der Entstehung des biblischen Geschichtsbildes und der jüdischen Ethik. In: Jahrbuch für Anthropologie und Religionsgeschichte 3, S. 149 – 204.
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Einleitende Vorbemerkungen
prozesse zwischen den Menschen und den Göttern (in Gebet40, Opferkult41, Klageliedern, Kommunion etc.) ausmachen. Und die Begegnung und der Umgang mit dem Göttlichen sind numinos, also anziehend und abstoßend zugleich, von Faszination einerseits und von Angst und Furcht andererseits geprägt. Insofern, Evolutionismus hin oder her, war die Begegnung des Menschen mit einer Welt, die er nicht verstand, dämonisch in einem prinzipiellen Sinne.42 Gute und böse Geister, vielfach auch verschränkt mit den Kulturen des Totenglaubens und des Ahnenkults43, beschäftigten den Menschen im Alltag (und, bewältigungstheoretisch gesprochen, in Kult und Ritus wie im Mythos) angesichts der Kontingenz der Welt: Chaos und Krisen, Krankheit44, Hunger45 und Durst, Altern46, Sterben und Tod47 beschäftigten den homo patiens. Bei kulturanthropologisch angemessener Sichtweise wirft die Legende tatsächlich das Thema auf, wie der Mensch leidend und angstvoll erfährt, wie das völlig Andere in die gewohnte Lebenswelt48 einbricht.49 Magische Elemente begleiten menschliches Denken, Wahrnehmen und Tun auch später noch im Kontext der Christianisierung Europas durch das ganze Mittelalter hindurch. Die Kultur- und Mentalität50sgeschichte51 des Mittelalters hat hier viel40 Vgl. auch Art. „Gebet/Klage“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/ Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 183 – 186. 41 Art. „Opfer“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/ Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 428 – 433. 42 Kritisch dazu Frey-Anthes, Henrike (2007): Unheilsmächte und Schutzgenien, Antiwesen und Grenzgänger. Vorstellungen von „Dämonen“ im alten Israel. Fribourg: Academic Press Fribourg. 43 Eliade, Mircea (1991): Geschichte der religiösen Ideen. Bd. 4. Freiburg i. Br. u. a.: Herder, S. 160 ff. sowie S. 220 ff. 44 Art. „Krankheit/Heilung“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/ Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 315 – 320. 45 Art. „Hunger“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/ Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 268 – 269. 46 Art. „Alter“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/ Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 8 – 10. 47 Vgl. Art. „Tod“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 586 – 589. 48 Art. „Lebenswelt“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 414. 49 Dazu auch Ecker, Hans-Peter (1993): Die Legende. Kulturanthropologische Annäherung an eine literarische Gattung. Stuttgart-Weimar: Metzler. 50 Art. „Mentalität“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 481.
Einleitende Vorbemerkungen
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fältige Bilder der traditionellen Vor-Moderne neu konstruiert. Und es wäre fatal, den modernen Menschen paläoanthropologisch von all diesen Dispositionen freizusprechen. Der ethnologische Evolutionismus ist sicherlich überholt, wenn in deterministischer und linearistischer Weise die Stufenentwicklungen von der primitiven über die hochkulturellen zu den modernen Gesellschaftskulturen skizziert werden. Wobei zu beachten ist, mit welcher Plausibilität sich heute elaborierte Theorien zur Synchronisation von Onto- und Phylogenese und sich Theorien einer Logik der Weltbilder und der Stufen geistigen und moralischen Argumentierens halten.52 Gleichwohl wäre es in synchroner Sicht fatal, kulturelle Vererbungen in diachronischer Perspektivität als Funktionen langer historischer Dauer und inter-generationeller Transitionen zu übersehen oder gar zu missachten. Angst: Angst ist die Schlüsselkategorie der Entstehung von Religion und Kultur überhaupt. Und mit der Angst, als ihr Bezugssystem verbunden, war das Fremde, das Unverstandene, das Andere schlechthin. Wer heute über Inklusion und Exklusion tiefgründig reflektieren will, muss dieses ganze Wechselspiel von paläoanthropologischer Dispositivität und kulturgeschichtlichen Erbschaften sowie jeweils zeitgeschichtlicher kulturgrammatischer und psychogrammatischer Aktualisierung verstehen. Sonst fällt die Problemdiagnostik zu flach aus. Dann wird Oberflächenbehandlung angedacht, ohne die ganze Rollen53-Ambiguität54, die seelischen Ambivalenzen und vor allem die Handlungsblockaden angemessen zu verstehen. Sozialtechnologien und manageriale Machbarkeitsillusionen nähren sich aus dieser fehlenden Einsicht. Sozialwissen51 Art. „Mentalitätsgeschichte“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 481 – 483. 52 Vgl. dazu Oesterdiekhoff, Georg W. (1977): Kulturelle Bedingungen kognitiver Entwicklung. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Dazu ist ferner auf den Forschungsansatz von Dux zur „Logik der Weltbilder (Dux, Günter [1982]: Die Logik der Weltbilder: Sinnstrukturen im Wandel der Geschichte. Frankfurt am Main: Suhrkamp) zu verweisen: Wenzel, Ulrich/Dux, Günter (Hrsg.) (1994): Der Prozeß der Geistesgeschichte. Studien zur ontogenetischen und historischen Entwicklung des Geistes. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Dux, Günter (2005): Historisch-genetische Theorie der Kultur. 2. Aufl. Weilerswist: Velbrück. Die menschliche Geschichte ist demnach einteilbar in Epochen. Solche Epochen haben unterschiedliche Weltbilder (es kann auch zur agonalen Gemengelage kommen). Die Untersuchungen von Günter Dux legen die Art der epochenspezifischen Weltbilder dar und zeigen auf, dass sich und weshalb sich Weltbilder in einer spezifischen und eben nicht willkürlichen oder zufälligen Art und Weise entwickelt haben: Es gibt folglich in diesem Sinne eine Logik in der Abfolge der Weltbilder. Der Wandel der menschlichen Sinnstrukturen, die er in Auseinandersetzung mit seiner Welt sucht, ist an diesem Wandel gebunden. 53 Art. „Rolle“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 278 – 283 sowie Art. „Rollentheorien“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 632 – 633. 54 Art. „Ambiguität“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 17.
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Einleitende Vorbemerkungen
schaftlicher Steuerungsomnipotenz-Glauben ersetzt ein Eingeübtsein des Denkens in philosophischer Anthropologie und ein Argumentieren aus der Fülle der Humanund Verhaltenswissenschaften. Ontologischer Status und anthropologische Hermeneutik55 des Wohnens: Und diese Einschätzung des Wohnens des Menschen gilt nicht nur (folge ich der Arnold Gehlen [1904 – 1976]-Tradition56) im Lichte seines Status als biologisches Mängelwesen, das einer „zweite(n) sozio-kulturellen Geburt“57 (wie es Teile der [familiensoziologischen58] Sozialisationsforschung59 genannt haben) bedarf, die auch bauliche Rahmenbedingungen in ihrer Schutzfunktion gegenüber dem Absolutismus der Umweltwirklichkeit60 benötigt. Die Seinsbedeutung des Wohnens als ein zur Geborgenheit neigendes Einrichten im Raum (als daseinstechnische Reaktion auf das existenziale In-die-Welt-Geworfen-Sein) erkennt man immer und überall, egal ob im heutigen Burkina Faso61, im südbabylonischen Fara im kulturhistorischen Kontext frühdynastischer Epochen des Alten Mesopotamiens, also im Forschungskontext vorderasiatischer Archäologie62 oder auch im hellenistischen Delos63. Pädagogische Anthropologie: Die Bedeutung64 des Wohnens ist durchaus nochmals im Kontext der pädagogischen Anthropologie zu reflektieren, wie sie u. a.
55 Art. „Hermeneutik“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 281 – 284. 56 Delitz, Heike (2011): Arnold Gehlen. Konstanz: UVK. Vgl. ferner Wöhrle, Patrick (2010): Metamorphosen des Mängelwesens. Zu Werk und Wirkung Arnold Gehlens. Frankfurt am Main-New York: Campus. 57 Claessens, Dieter (1979): Familie und Wertesystem. 4. Aufl. Berlin: Duncker & Humblot. 58 Vgl. dazu Ecarius, Jutta/Köbel, Nils/Wahl, Katrin (2010): Familie, Erziehung und Sozialisation. Wiesbaden: VS. 59 Abels, Heinz/König, Alexandra (2010): Sozialisation. Wiesbaden: VS. 60 Blumenberg, Hans (2008): Beschreibung des Menschen. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 61 Dafinger, Andreas (2004): Anthropologie des Raumes. Untersuchungen zur Beziehung zwischen räumlicher und sozialer Ordnung im Süden Burkina Fasos. Köln: Köppe. 62 Starzmann, Maria Theresa (2007): Archäologie des Raumes. Soziale Praxis und kulturelle Bedeutung am Beispiel der Wohnarchitektur von Fara. Berlin: LIT. 63 Trümper, Monika (1998): Wohnen in Delos. Eine baugeschichtliche Untersuchung zum Wandel der Wohnkultur in hellenistischer Zeit. Rahden/Westf.: Marie Leidorf. Andere Blicke sind möglich: Weinmann, Cornelia (1994): Der Hausbau in Skandinavien vom Neolithikum bis zum Mittelalter. Berlin-New York: de Gruyter. Vgl. ferner Kuckenburg, Martin (1994): Siedlungen der Vorgeschichte in Deutschland 300 000 bis 15. v. Chr. Köln: Dumont oder auch Pfälzner, Peter (2001): Haus und Haushalt. Wohnformen des dritten Jahrtausends vor Christus in Nordmesopotamien. Mainz: Verlag Philipp von Zabern. Oder auch Krafeld-Daugherty, Maria (1994): Wohnen im Alten Orient. Eine Untersuchung zur Verwendung von Räumen in altorientalischen Wohnhäusern. Münster: Ugarit. 64 Vgl. Art. „Bedeutung“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 30 – 33 sowie Art.
Einleitende Vorbemerkungen
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auf Adolf Portmann (1897 – 1982) zurückreichen darf. Ist der Mensch zoologisch als hilfloser Nestflüchter zu verstehen65, dann kommt die ganze Problematik des notwendigen Erlernens der Daseinsführung zum Ausdruck: „das Tier ,lebt’ sein Leben, während der Mensch sein Dasein ,führe’.“66 Darin gründet sich die Weltoffenheit des Menschen: als Fähigkeit, aber auch als Notwendigkeit. Zur Weltoffenheit paart sich sodann die Entscheidungsfreiheit.67 Dies ist im Rahmen einer hermeneutischen Anthropologie tiefgreifender ausgearbeitet bei Otto Friedrich Bollnow (1877 – 1959) (vgl. auch Schlusswort)68, der für meine Analyse auch in raumontologischer Hinsicht so überaus bedeutsam ist. Für Bollnow ist der Gegenpol zum Leben (durch Stimmungen) die Existenz (durch Haltung), die sich durch sittliche Verantwortung definiert und insofern auf die notwendigen, passenden Tugenden verweist. Für meine weiter unten darzulegenden Perspektiven einer Tugendlehre des Sozialreformers69 (vgl. unten Kapitel V.) ist Bollnow von fundamentaler Bedeutung. Denn Bollnow sieht in der antinomischen Natur des Menschen die Notwendigkeit einer ausgleichenden Tugendhaltung angelegt, die zwischen der (Skylla70 der) Ignoranz des Menschen gegenüber (dem Elend in) der Welt einerseits und (der Charybdis71) der (ungeduldig-sozialreformerischen) Neurose des Eiferers andererseits auf die Mitte hin vermittelt. Im Zentrum steht ein Wohnenkönnen in dieser Welt,
„Semantik, strukturale und historische“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 650 – 652. 65 Portmann, Adolf (1956): Zoologie und das neue Bild vom Menschen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 49. 66 Portmann, Adolf (1956): Zoologie und das neue Bild vom Menschen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 67. 67 Zu Sartre vgl. auch Suhr, Martin (2007): Jean-Paul Sartre zur Einführung. 3. Aufl. Hamburg: Junius. Sartre bleibt ein Thema neuerer, verschiedenster Rezeptionsweisen. Vgl. etwa Ebinger, Thomas (2010): Verkehrte Freiheit? Jean-Paul Sartres Freiheitslehre aus christlicher Sicht. Tübingen: Mohr Siebeck; Münk, Christina (2011): Handeln oder Sein. Die existenzielle Psychoanalyse Jean-Paul Sartres. Marburg: Tectum; Richter, Mathias (2011): Freiheit oder Macht. Perspektiven kritischer Gesellschaftstheorie – der Humanismusstreit zwischen Sartre und Foucault. Bielefeld: transcript. 68 Schüz, Gottfried (2001): Lebensganzheit und Wesensoffenheit des Menschen. Otto Friedrich Bollnows hermeneutische Anthropologie. Würzburg: Königshausen & Neumann. 69 Ideengeschichtlich vgl. Gehrig, Hans (1914): Die Begründung des Prinzips der Sozialreform. Jena: G. Fischer. Im Sinne einer psychoanalytischen Charakterlehre ist der Umgang der Persönlichkeitstypen mit Utopien wichtig: vgl. dazu König, Karl (1999): Kleine psychoanalytische Charakterkunde. 5. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 70 f. 70 Skylla war ein Meeresungeheuer in der griechischen Mythologie, vor allem bekannt aus der Sage des Odysseus. 71 Charybdis ist ebenfalls ein Meeresungeheuer aus der griechischen Mythologie, ebenso bekannt aus dem Zusammenspiel mit Skylla in der Sage von Odysseus. Beide, Skylla und Charybdis, leben in der Meerenge von Messina. Vgl. den Art. „Charybdis“ in: Roscher, Wilhelm Heinrich (Hrsg.) (1993): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Bd. I.1 (1886). Nachdruck, Hildesheim u. a.: Olms, Sp. 887 – 888.
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Einleitende Vorbemerkungen
bei dem verantwortliches Tun einerseits und Gnade72, definiert als ein Entgegenkommen des Lebens andererseits, korrespondieren, korrespondieren müssen, wenn personale Existenz gelingen soll. Lebensganzheit und Wesensoffenheit kommen so in einem schöpferischen Dasein als Vollzug des Lebens zusammen. Kommune und „Kommunion“: Gerade diese „Gnade“ ist mein Thema: Die Kommune – hier nun ganz im Sinne einer Kommunion (ohne auch die ganze liturgische Produktionsweise73 einzufordern74) – als die Gemeinschaft der Etablierten muss gegenüber dem neu hinzukommenden Anderen ein Entgegenkommen zeigen, denn nur so wird der Andere sich im Wohnen einrichten können. Wie am Ende der Arbeit betont wird, sei daran erinnert, dass die alten Griechen dazu mythopoetisch Artemis75 konstruiert und in das eigene Pantheon eingegliedert haben. Artemis war in der griechischen Mythologie, wie so oft bei diesen Göttern, multi-funktional und daher religionsmorphologisch nicht so eindeutig feststellbar. Sie war Göttin der Jagd, des Waldes und die Hüterin der Frauen und der Kinder. Schmitz rekurriert auf Artemis als „Herrin des Draußen“.76 Dabei fungiert Artemis hier noch als die noch nicht integrierte, als Göttin der Verkörperung der „abgründigen Unfaßlichkeit des Draußen“. Ich rekurriere später auf Interpretationen von Artemis in der Situation nach ihrer Integration in das Innere, wodurch Gemeinschaft (polis) ermöglicht wird. Artemis wird im 5. Jahrhundert mit Hektate identifiziert. Und diese wiederum wird als Schutzgöttin des Wanderers „da draußen“, als Schutzmacht gegenüber der Umwelt der Häuslichkeit verstanden. Hektates Leistung ist es, so Schmitz, „den Gegensatz von Wohnung und Draußen“ zu überspannen.77 72 Vgl. dazu Art. „Gnade“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/ Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 220 – 223. Kritisch zur Kategorie: Hardt, Peter (2005): Genealogie der Gnade. Eine theologische Untersuchung zur Methode Michel Foucaults. Berlin: LIT. Vgl. auch Niediek, Imke (2010): Das Subjekt im Hilfesystem. Eine Studie zur individuellen Hilfeplanung im Unterstützten Wohnen für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Wiesbaden: VS. 73 Bargatzky, Thomas (1997): Ethnologie. Hamburg: Buske. Vgl. dazu auch Schulz-Nieswandt, Frank (2002): Zur Genossenschaftsartigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung. Weiden-Regensburg: eurotrans. 74 Religionsgeschichtlich, um die Taufe kreisend, klassisch Reitzenstein, Richard (1967): Die Vorgeschichte der christlichen Taufe. (1929). Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft; ferner Heitmüller, Wilhelm (1911): Taufe und Abendmahl im Urchristentum. Tübingen: Mohr-Siebeck. Zum Abendmahl aber auch Hörisch, Jochen (1992): Brot und Wein. Die Poesie des Abendmahls. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Vgl. auch Art. „Taufe“ in Crüsemann, Frank/ Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 577 – 581. 75 Vgl. dazu den Art. „Artemis“ in: Roscher, Wilhelm Heinrich (Hrsg.) (1993): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. I. 1. (1886). Nachdruck, Hildesheim u. a.: Olms, Sp. 558 ff. 76 Schmitz, Hermann (2005): Das Göttliche und der Raum. System der Philosophie. Dritter Band: Der Raum. Vierter Teil. Bonn: Bouvier, S. 243. 77 Schmitz, Hermann (2005): Das Göttliche und der Raum. System der Philosophie. Dritter Band: Der Raum. Vierter Teil. Bonn: Bouvier, S. 311.
Einleitende Vorbemerkungen
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Form-Inhalts-Metaphysik: Ich folge in der tieferen Logik meines Argumentierens meinen Studien zu Paul Tillich (1886 – 1965)78, wobei ich mit Blick auf eine nicht einfache (nämlich zwei-stufige), sondern mehrstufige (nämlich drei-stufige) hylemorphe Grammatik einer Form79-Inhalts-Metaphysik eine kulturtheologische Hermeneutik der Kultur anstrebe, diese aber augenblicklich auch nicht kohärenter darlegen kann als es Tillich selbst defizitär gelang80. Ausgangspunkt ist hierbei sicherlich die Grundstimmung einer existenziellen Angst des Menschen; auch bin ich überzeugt davon, dies als Ausgangspunkt für die Idee einer Gestaltwerdung der Gestalt als Form eines humanen Gehalts zu verstehen, die eng mit der Sozialreform korreliert. Aber der Gestalt-Begriff81 will mir über die Form-Inhalts-Metaphysik hinaus nicht konkreter gelingen. Wichtig erscheint mir allerdings die Kritik der zweistufigen hylemorphen Theorie zu sein. Die Form ist nämlich nicht einfache oberflächliche Form eines Inhalts; die Form ist die eigen-wertige Gestalt(werdung) eines Gehaltes von existenzieller Bedeutung. Dies wäre der Kerngedanke einer kulturtheologischen Hermeneutik des konkreten Daseins des Menschen zwischen Gelingen und Verfehlung, zwischen kairos-artiger Werdung und Entfremdung. Kommunalität ist demnach überhaupt erst erneut zu begreifen. Nicht zufällig wurden die vielfältigen Gilden82 in verschiedensten Gesellschaften und Epochen (auch schon in altorientalischen Hochkulturen83) in ihrer (Kult-)Genossenschaftsartigkeit bruderschaftlich84 (manchmal auch schwesterschaftlich85) aufgefasst86, 78 Schulz-Nieswandt, Frank (2009): Paul Tillichs Onto(theo)logie der Daseinsbewältigung und die Fundierung der Wissenschaft von der Sozialpolitik. In: Danz, Christian/Schüßler, Werner/ Sturm, Erdmann (Hrsg.): Religion und Politik. Internationales Jahrbuch für die Tillich-Forschung. Bd. 4. Berlin: LIT, S. 125 – 138. 79 Art. „Form“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 213. 80 Danz, Christian/Schüßler, Werner (Hrsg.) (2011): Paul Tillichs Theologie der Kultur. Berlin-New York: de Gruyter. 81 Art. „Gestalttheorie“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 255 – 266. 82 Schulz-Nieswandt, Frank (2000): Gilden als „totales soziales Phänomen“ im europäischen Mittelalter. Regensburg: eurotrans-Verlag. Vgl. auch in Schulz-Nieswandt, Frank (2003): Herrschaft und Genossenschaft. Berlin: Duncker & Humblot sowie in Schulz-Nieswandt, Frank (2010): Wandel der Medizinkultur? Berlin: Duncker & Humblot, S. 260 f. Ich betone soziogenetisch und morphologisch die religiös-kultischen Funktionen der Gilden: vgl. auch Meister, Bert (2001): Sie sollen bruderschafft halden. Religiöses Engagement in den genossenschaftlichen Vereinigungen (Bruderschaften, Zünfte, Gesellenvereinigungen) der Stadt Altenburg im Spätmittelalter. Markkleeberg: Sax; als ökonomische Zweckgebilde treten sie erst später auf. Vgl. auch zu den Zünften: Kluge, Arnd (2009): Die Zünfte. Stuttgart: Steiner; Schulz, Knut (2010): Handwerk, Zünfte und Gewerbe. Eine Wirtschaftsgeschichte 800 – 1800. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft; Haupt, Heinz G. (Hrsg.) (2002): Das Ende der Zünfte. Ein europäischer Vergleich. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 83 Müller, Klaus E. (2003): Nektar und Ambrosia. Kleine Ethnologie des Essens und Trinkens. München: Beck, S. 109. 84 Vgl. etwa auch Escher-Apsner, Monika (Hrsg.) (2009): Mittelalterliche Bruderschaften in europäischen Städten. Frankfurt am Main: Lang.
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Einleitende Vorbemerkungen
wobei Schwur- und Eidgemeinschaftlichkeit hier Gestalt annahmen. Schwur und Eid87 führen (wie schon im Alten Testament, aber ubiquitär in vielen [allen?] Kulturen) zu einer tiefen symbolischen Bindung. Und genau um diese Bindung als Einbindung aller VereinsmitgliederInnen ging es. Es ging um eine verschworene Gemeinschaft, um Bund und Eidgenossenschaft. Kinder kennen auch heute noch das tiefe Bedürfnis nach Geheim-Club-Bildungen. Es ging, auch sprachlich, immer um die Analogie zur Familienbildung als Gemeinschaftsbildung. Kommunalität und Gabe: Das sind, wie gesagt, ubiquitäre Wurzeln der Kommunalität.88 Heute wird man diese Gemeindebildung chancenorientiert sachlicher sehen müssen. Mehr noch: Die Kommune ist ein forensischer Raum89, der dahin85 Steinmüller, Martin (2008): Gleichheit, Freiheit, Geschwisterlichkeit. Möglichkeiten geschlechtlicher Egalität in antiken Vereinen und frühchristlichen Gemeinden. Diplomarbeit. Universität Wien. 86 Die ganze ur- und frühchristliche Gemeindebildung im Spiegel des griechischen Vereinswesens wäre hier zu nennen. Dazu ist sicherlich bereits die klassische Kontroverse mit Bezugnahmen auf die Schriften von Franz Poland, Erich Ziebarth und Carl Friedrich Georg Heinrici spannend. Vgl. auch Ebel, Eva (2004): Die Attraktivität früher christlicher Gemeinden. Die Gemeinde von Korinth im Spiegel griechisch-römischer Vereine. Tübingen: Mohr Siebeck. Es gibt bereits eine breite Forschungslage, von Thomas Schmeller (vgl. etwa Schmeller, Thomas [2001]: Urchristliche Gemeindebildung in ihrem sozialen Kontext. In: Bibel und Kirche 56 [4], S. 212 – 218 sowie Schmeller, Thomas [2003]: Gegenwelten. Zum Vergleich zwischen paulinischen Gemeinden und nichtchristlichen Gruppen. In: Biblische Zeitschrift 47, 167 – 185), Markus Öhler (vgl. etwa Öhler, Markus [2005]: Antikes Vereinswesen. In: Scherberich, Klaus [Hrsg.]: Neues Testament und Antike Kultur, II: Familie, Gesellschaft, Wirtschaft. Neukirchen: Neukirchen-Vluyn, S. 79 – 86) u. a. Vgl. auch Rüpke, Jörg (Hrsg.) (2007): Gruppenreligionen im römischen Reich. Tübingen: Mohr Siebeck; Egelhaaf-Gaiser, Ulrike/Schäfer, Alfred (Hrsg.) (2002): Religiöse Vereine in der römischen Antike. Tübingen: Mohr Siebeck; Gutsfeld, Andreas/Koch, Dietrich-Alex (Hrsg.) (2006): Vereine, Synagogen und Gemeinden im kaiserlichen Kleinasien. Tübingen: Mohr Siebeck; Kloppenburg, John S./Wilson, Stephen G. (Hrsg.) (1996): Voluntary Associations in the Graeco-Roman World. London-New York: Routledge. Hervorheben möchte ich Stein, Hans Joachim (2008): Frühchristliche Mahlfeiern. Tübingen: Mohr Siebeck. Hinzu kommt die Studie von Schmeller, Thomas (1995): Hierarchie und Egalität. Eine sozialgeschichtliche Untersuchung paulinischer Gemeinden und griechisch-römischer Vereine. Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, auf das ich vor allem in meinen älteren Studien verwiesen habe. 87 Pedersen, Johannes (1914): Der Eid bei den Semiten in seinem Verhältnis zu verwandten Erscheinungen sowie die Stellung des Eides im Islam. Straßburg: Trübner; Prechel, Doris (Hrsg.) (2008): Fest und Eid. Instrumente der Herrschaftssicherung im Alten Orient. Würzburg: Ergon; Blickle, Peter (Hrsg.) (1993): Der Fluch und der Eid. Die metaphysische Begründung gesellschaftlichen Zusammenlebens und politischer Ordnung in der ständischen Gesellschaft. Berlin: Duncker & Humblot; Prodi, Paolo (Hrsg.) (1993): Glaube und Eid. Treueformeln, Glaubensbekenntnisse und Sozialdisziplinierung zwischen Mittelalter und Neuzeit. MünchenWien: Oldenbourg; Esposito, Roberto (2004): Communitas. Ursprung und Wege der Gemeinschaft. Zürich-Berlin: Diaphanes. 88 Zum Kommunalismus in der europäischen Geschichte vgl. auch Blickle, Peter (2000): Kommunalismus. Skizzen einer gesellschaftlichen Organisationsform/Europa. MünchenWien: Oldenbourg. 89 Buske, Thomas (1973): Der forensische Raum. Morphologie der Gesellschaft I. Neustadt an der Aisch: Schmidt.
Einleitende Vorbemerkungen
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gehend hinterfragt werden muss, wie viel Spielraum er – als ewige Wiederkehr der sozialen Mechanismen des „(Auf- und Ab-)Wertens, des Ein- und Ausschließens“90 – für soziale Integration des Externen bietet. Dennoch bleibt im Kern die kulturgrammatische und mythopoetisch reflektierte Wahrheit richtig, wenn auch verborgen: Es geht um die Synthese von Inklusion und Reziprozität, um Gabe und Obligationen (Gegen-Gabe), um die (in fundamentaler Weise trans-utilitaristisch91 zu begreifende) Ontologie des „Zwischen“ im dialogischen Kontext des sozialen Miteinanders. Auch bleibt nicht zu leugnen, dass gerade in der aufkommenden bürgerlichen Moderne das (idiosynkratische) Wohnen zu einem ideologischen Selbst-Projekt privater Selbstvergewisserung von Authentizität und individueller Ausdruckskunst wurde92. Wohnbilder sind Seelenbilder – niemand (oder kaum einer) hat das so luzide analysiert wie Pierre Bourdieu (1930 – 2002)93 in seiner Habitus94-Soziologie, die hier der Aufdeckung sozialer Distinktionsgrammatiken im Kontext sozialer Ungleichheit dient. Chimäre der Privatheit: Relevant ist hier die Studie von Ines Lauffer zur „Poetik des Privatraums“.95 Es handelt sich um eine poststrukturalistische96 Analyse, die semiotisch97 und struktural (S. 47, S. 69) orientiert ist und (dennoch) die Subjektivität des Wohnens ernsthaft achtet. Distanz ist eine Schlüsselkategorie, die mit Bezug auf die Figur der Masken98 analysiert wird. Poststrukturalistisch ist die Analyse dennoch, weil die Subjektivität und Wohn-Kreativität als „historisch-kulturellen Determinantionsprozessen ausgesetzt“ gesehen wird (S. 22). Wohnen ist „Gegenstand von diskursive(n), historisch veränderbare(n) Formationen“ (S. 22). Dennoch 90
Hondrich, Karl Otto (2001): Der Neue Mensch. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 11. Moebius, Stephan (2006): Die Zauberlehrlinge. Soziologiegeschichte des Collège de Sociologie (1937 – 1939). Konstanz: UVK. 92 Wichard, Norbert (2011): Erzähltes Wohnen. Literarische Fortschreibungen eines Diskurskomplexes im bürgerlichen Zeitalter. Bielefeld: transcript. 93 Bourdieu, Pierre (2011): Die feinen Unterschiede. 21. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 94 Art. „Habitus“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 271 – 272. 95 Lauffer, Ines (2011): Poetik des Privatraums. Der architektonische Wohndiskurs in den Romanen der Neuen Sachlichkeit. Bielefeld: transcript. 96 Art. „Poststrukturalismus“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 591 – 592. 97 Art. „Semiotik“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 298 – 302 sowie Art. „Semiotik“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 654 – 656. 98 Vgl. in Schulz-Nieswandt, Frank (2010): Wandel der Medizinkultur? Berlin: Duncker & Humblot, S. 117, 120, 126. Vgl. auch Art. „Maske/Maskerade“ in Fischer-Lichte, Erika/ Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. StuttgartWeimar: Metzler, S. 192 – 194. 91
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Einleitende Vorbemerkungen
wird nicht einfach unterdrückt, sondern erzeugt. Und nochmals trotzdem: Trotzdem ist diese Erzeugung in ihrem Code zu verstehen (S. 22, S. 70). Meines Erachtens schafft Lauffer eine humanistische Mitte: „Räume und Häuser werden zu materialisierter Geschichte, zu Objekten, an denen sich die Kontur und Konstruktion ihrer Bewohner ablesen lässt.“ (S. 57) Wohnen ist nicht einfach ge- und be- oder ver-baute Welt als Umwelt des Menschen, Wohnen ist personales (mitunter entfremdetes, also misslungenes) Erlebnisgeschehen in Wechselwirkung zum Raum. Gerade das unfreiwillige Wohnen in Settings im Alter, die nicht gewählt werden können und insofern nicht passungsfähig sind, sind Elemente eines verfehlten Daseins in der letzten Lebensphase. An dieser Stelle kristallisieren sich, um in der Terminologie des öffentlichen Rechts (das über das Europarecht bis hinein in das individualisierte Völkerrecht reicht99) zu argumentieren, gesellschaftliche Gewährleistungspflichten heraus. Doch jenseits einer kritischen Reflexion dieser zeitdiagnostischen Diskurse bleibt Wohnen ein (vor allem sozialisationstheoretisch100 verstehbares) Sorgeexistenzial und zugleich (und mit Bezug auf die Sorge-Herausforderung in einem transaktionalen Zusammenhang stehend101) eine Behausung (wobei sich, wie bei den Affen, das Entlausen darauf reimt) für liebendes Miteinander der Menschen. Transzendenzsequenzen: Reziprozität, Gastfreundschaft, Gabe, Liebe: Bereits hier sei eine Anmerkung zum Prinzip der Liebe dargelegt. Das ganze Problem der Gastfreundschaftskultur verweist gabeanthropologisch über den rationalen Utilitarismus der ausbalancierten Reziprozität von Geben und Nehmen hinaus auf das Prinzip der „Liebe“. Hiermit die grundsätzlich dialogische Existenz des Menschen gemeint, die nie ein individuelles Dasein sein kann, sondern auf die konstitutive Bedeutung der Interaktion mit dem Mitmenschen verweist, in die das personale Sein des Menschen, soll es personale Qualität haben, eingebettet ist. Die Einbettungskategorie geht auf Richard Thurnwald (1869 – 1957) zurück, der in der Dogmengeschichte der Reziprozitätsforschung manchmal vergessen wird. Gelingendes personales Sein ist liebendes Dasein, Selbst-Sein im sozialen Modus des Mitseins mit anderen Menschen. Anthropologisch hat dies Todorov102 überaus schön entfaltet; und zuletzt hat Badiou103 (trotz einiger Schwächen, auf die ich nicht eingehen möchte 99
Schulz-Nieswandt, Frank (2011): „Europäisierung“ der Sozialpolitik und der sozialen Daseinsvorsorge? Eine kultursoziologische Analyse der Genese einer solidarischen Rechtsgenossenschaft. Berlin: Duncker & Humblot. 100 Niederbacher, Arne/Zimmermann, Peter (2011): Grundwissen Sozialisation. 4., überarb. u. aktual. Aufl. Wiesbaden: VS; Tillmann, Klaus-Jürgen (2010): Sozialisationstheorien. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. 101 Zu Theorien der Person-Umwelt-Interaktion im Alter vgl. Dapp, Ulrike (2008): Gesundheitsförderung und Prävention selbständig lebender älterer Menschen. Eine medizinischgeographische Untersuchung. Stuttgart: Kohlhammer, S. 35 ff. 102 Todorov, Tzvetan (1998): Abenteuer des Zusammenlebens. Versuch einer allgemeinen Anthropologie. Frankfurt am Main: Fischer. 103 Badiou, Alain (2009): Lob der Liebe. Wien: Passagen.
Einleitende Vorbemerkungen
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und die sich vor allem auf seine politische Theorie beziehen) nochmals zeigen können, wie dieses Prinzip der Liebe nicht romantisch auf eine neue Verschmelzungseinheit von Subjekt und Objekt verweist, sondern auf die dramatische Arbeit an der vorausgesetzten und nicht hintergehbaren Zweiheit. Und mir ist nochmals überaus deutlich geworden, wie sehr dieses Prinzip im Christentum (auch im Judentum) wurzelt (und sich auch im Islam findet), aber letztendlich nicht im Rahmen der Kirche wirklich akzeptabel ist. Badiou argumentiert, „dass das Christentum die kämpferische Liebe, die ich hier lobpreise (…) durch eine passive, devote, gebeugte Liebe ersetzt. Eine kniende Liebe ist für mich keine Liebe“.104 Das ist mir überaus deutlich geworden, als ich kurz darauf die theologische Anthropologie von Sauter las. Ich frage mich, ob man wirklich intellektuell auf diese Anthropologie gewartet hat. Der hintere theoretische Teil (u. a. mit Bezug auf den dialogischen Personalismus) ist überaus schwach und nicht auf Stand der Forschung; und im langen ersten Teil ist kaum vom Menschen, sondern nur von Gott und Christus die Rede. Trotz angedeuteter Distanz gegenüber dem alles erdrückenden Supranaturalismus von Karl Barth (1886 – 1968) ist der Blick wirklich nicht vom Menschen her, sondern immer „von oben“ herab auf den Menschen geartet.105 Zurück zum Thema i.e.S.: Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass Wohnen lange schon und immer wieder erneut im Lichte eines sozialen Grundrechtes diskutiert worden ist. Die Kontroverse um die Qualität des Wohnens als Teildimension der Lebensqualität (nicht nur im höheren Alter, sondern über den ganzen Lebenszyklus hinweg, so auch mit Blick auf die Umwelten gelingenden Aufwachsens von Kindern) ist hierbei wohl als sublimierte Erscheinung auf höherem, aber dennoch legitim-wichtigem Themenniveau zu verstehen. Transaktionale Theorie des Raumes: Wenn Raum, wie die neueren raumwissenschaftlichen Diskurse106 zeigen, soziale Praxis, also Geschehen ist, dann sind sie die Orte der Geschichten, also Orte mythopoetisch fundierter praktischer Seinseinrichtungen und symbolischer Seinsdeutungen. Das Autonomie-Mythologem des modernen (zumal europäischen107) Menschen ist eine solche Geschichte, die das Verhältnis des heutigen Menschen zu seinem Raum, in dem er transaktional steht,
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Badiou, Alain (2009): Lob der Liebe. Wien: Passagen, S. 57. Sauter, Gerhard (2011): Das verborgene Leben. Eine theologische Anthropologie. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 343 ff. 106 Dünne, Jörg/Günzel, Stephan (Hrsg.) (2010): Raumtheorie. 5. Aufl. Grundlagentexte aus Philosophie und Kulturwissenschaften. Frankfurt am Main: Suhrkamp sowie Günzel, Stephan (Hrsg.) (2010): Raumwissenschaften. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 107 Koepping, Klaus-Peter/Welker, Michael/Wiehl, Reiner (Hrsg.) (2002): Die autonome Person – eine europäische Erfindung? München: Fink. Vgl. auch Art. „Individualität“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 271 – 274. 105
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Einleitende Vorbemerkungen
prägt. So haben, lehne ich mich an Greverus108 an, Räume als Geschehens-Orte, als Einrichtungen des Menschen im Sinne des Wohnens eine eigene Poesie109 und Prosa. Der transaktionale Blick ist auch konstitutiv für die Autonomiedebatte in der Gerontologie.110 Mensch und Raum bilden im Bauen und sodann im ge- oder bebauten Wohnen einen transaktionalen Zusammenhang111. Die Tempel in Olympia, Ägina oder Delphi werden beherrscht durch ihre Einbindung und Einbettung in die umliegende Landschaft; das Pantheon der athenischen Akropolis beherrscht dagegen die Landschaft.112 Dies sind die zwei Wirkrichtungen des Merk- und des Wirkkreises des Transaktionalismus des Menschen in der Welt, den uns bereits die klassische theoretische Biologie des 20. Jahrhunderts (Jakob von Uexküll [1864 – 1944]113) überliefert hat.114 Interessant ist hierbei die Verkehrung der jeweils asymmetrischen Reziprozitäten. Die Umwelt dominiert einerseits die (Wahrnehmungs- und Erlebnisform der) innere(n) Bebauung; die innere Bebauung prägt andererseits die (Wahrnehmung- und Erlebnisform der) Umwelt. Die implizite Theologie der Lichtmetaphysik der gotischen Kathedrale115, ein in der Fachtheologie umstrittenes 108 Greverus, Ina-Maria (2009): Über die Poesie und die Prosa der Räume. Gedanken zu einer Anthropologie des Raums. Berlin: LIT. 109 Wobei ich, lehne ich mich an Karl Eibl an, hier nicht die Entstehung des Fiktiven im Gegensatz zur Realität betone, sondern das Fiktive als Realität in ihrer Verwobenheit mit der Realität. Vgl. Eibl, Karl (1995): Die Entstehung der Poesie. Frankfurt am Main-Leipzig: Insel. Vgl. auch Iser, Wolfgang (2009): Das Fiktive und das Imaginäre. Perspektiven literarischer Anthropologie. 3. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Vgl. zu einer inter-disziplinären Analyse des Mythos als sozial produzierte und kollektiv geteilte symbolische Seinsdeutung, die ich als Mythopoetik der praktischen Einwohnung des Menschen in seiner sowohl vorgegebenen als auch kreierten Wirklichkeit verstehe: Jamme, Christoph (1999): „Gott an hat ein Gewand“. Grenzen und Perspektiven philosophischer Mythos-Theorien der Gegenwart. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Vgl. auch Art. „Poetik“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 577 – 579. 110 Vgl. etwa Dapp, Ulrike (2008): Gesundheitsförderung und Prävention selbständig lebender älterer Menschen. Stuttgart: Kohlhammer, S. 35 ff. 111 Schildt, Göran (1954): Im Kielwasser des Odysseus. Wiesbaden: Brockhaus, S. 71 f. 112 Schildt, Göran (1954): Im Kielwasser des Odysseus. Wiesbaden: Brockhaus, S. 180 f. 113 Uexküll, Jakob von (1973): Theoretische Biologie. (1928): Frankfurt am Main: Suhrkamp. Dazu auch Mildenberger, Florian (2007): Umwelt als Vision. Leben und Werk Jakob von Uexkülls (1864 – 1944). Stuttgart: Steiner, eine Studie, die ein sehr differenziertes Bild auf das überaus komplexe Gebilde der Person Jakob von Uexküll wirft. 114 Ebenso von Belang: Buytendijk, Frederik Jacobus Johannes (1958): Mensch und Tier. Ein Beitrag zur vergleichenden Psychologie. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. Buytendijk folgt dem Funktionskreis von Uexküll (S. 39 f.) und unterscheidet zwischen der Welt der Menschen und der Umwelt der Tiere (S. 18, S. 39, S. 58). Zuletzt auch Agamben, Giorgio (2003): Das Offene. Der Mensch und das Tier. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 115 Vgl. etwa Simson, Otto von (2010): Die gotische Kathedrale. Beiträge zu ihrer Entstehung und Bedeutung. 5. Aufl. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft sowie Hendrix, John Shannon (2010): Architecture as Cosmology. New York: Lang. Ferner Ohler, Norbert (2007): Die Kathedrale. Religion, Politik, Architektur. Düsseldorf: Patmos.
Einleitende Vorbemerkungen
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Theorem, ist ein weiteres Beispiel für diesen Transaktionalismus; ebenso der Prototypus des Panoptikums116 für die sich entwickelnde moderne gouvernementale Architektonik der sozialen Kontrolle und der sozialen Disziplinierung. Die gouvernementale Analyse des Wohnens darf nicht den Blick verengen. Wohnen ist ontologisch und anthropologisch breiter und tiefer zu denken. Wohnen ist und bleibt der anthropologischen Wissensreferenz nach ein Ort des dialektischen Gleichgewichts von Selbst-Sein, performativer Ausdrucksqualität, seelischer Geborgenheit und Distanzbedürfnis, sozialer Integration und Funktionalität der Alltagsbewältigung. Wohnen ist die Kultivierung der Höhlenfunktion, die der Mensch am Beginn seiner kulturellen Evolution benötigte, und die, das wissen wir aus der Kunstethnologie117, bereits Ort der Welt-Deutung, Sinngebung und der symbolischen Praxis war, wie uns Interpretationen der frühen Höhlenmalerei118 plausibel machen. Orientiere ich mich an das Höhlengleichnis von Platon119, so wird überaus deutlich, was ich mit Kultivierung meine. Auf der Ebene der Blick-Verengung durch die Höhle darf das Wohnen als Einrichtung in der Welt nicht stehen bleiben; künstliche Wohnformen werden benötigt, um, verbunden mit bleibenden Sicherheitsbedürfnissen120, zugleich in die Umwelt hinein sich weltoffen selbst zu entfalten. Dennoch bleibt dies eine sorgenvolle Aneignung der Welt und implizit eine Arbeit an sich selbst angesichts der Aufgabe der Personalisierung. In der vorliegenden Studie reflektiere ich, kulturanthropologisch und tiefenpsychologisch (gerontopsychologisch, mit Blick auf die ganze Lebensspanne: d. h. entwicklungspsychologisch auf Persönlichkeitswachstum hin ausgelegt) fundiert, das Problem der Akzeptanz neuer Wohnformen im Alter im kommunalen Raum. Soziale Integration: die Angst, der Ekel, die Scham: Das Akzeptanzproblem klingt nach einer relativ trivialen Fragestellung. Aber mit dem Alter sind, trotz aller Differentialität, die die (eben daher als differentielle bezeichnete) multi-disziplinäre 116
Bentham (1748 – 1832), Jeremy (2011): Das Panoptikum. Berlin: Matthes & Seitz. Kreide-Damani, Ingrid (1992): Kunstethnologie. Zum Verständnis fremder Kunst. Köln: Dumont. Vgl. ferner Frey, Gerhard (1994): Anthropologie der Künste. Freiburg i. Br.München: Alber. 118 Dazu vor allem Leroi-Gourhan (1911 – 1986), André (1981). Höhlenkunst in Frankreich. Bergisch Gladbach: Lübbe. Umfassend in Wunn, Ina (2005): Die Religionen in vorgeschichtlicher Zeit. Stuttgart: Kohlhammer; ferner Lorblanchet, Michel (2001): Höhlenmalerei. 2. Aufl. Esslingen: Thorbecke; sodann Leroi-Gourhan, André (1964): Die Religionen der Vorgeschichte. Frankfurt am Main: Suhrkamp sowie in Leroi-Gourhan, André (2009): Hand und Wort. Die Evolution von Technik, Sprache und Kunst. 5. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 119 Vgl. auch Blum, Wilhelm (2004): Höhlengleichnisse. Thema mit Variationen. Bielefeld: Aisthesis. Platon (427 – 347 v. Chr.) hat dieses Gleichnis geschrieben. Es ist platziert im 7. Buch der Politeia (ca. 370 v. Chr.). Vgl. Platon (2009): Das Höhlengleichnis. Sämtliche Mythen und Gleichnisse. Frankfurt am Main-Leipzig: Insel. 120 Schulz-Nieswandt, Frank (2011): Öffentliche Daseinsvorsorge und Existenzialismus. Eine gouvernementale Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Wasserwirtschaft. Baden-Baden: Nomos. 117
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Einleitende Vorbemerkungen
Gerontologie121 zu Recht betont, zunehmend auch chronische Erkrankungen, Formen der Behinderungen, Hilfe- und Pflegebedürftigkeiten, vor allem auch das Demenzproblem verbunden. Sind denn solche Menschen willkommen in der Kommune? Oder anders (aber in Foucaultscher Tradition stehend122), auf den psychiatrischen Sektor bezogen123, formuliert: „Wohin mit dem Wahnsinn?“124 Dies ist vordergründig eine Architekturfrage, eingebettet in Siedlungsstrukturen. Die „Lepra-Insel“ ist eine Erscheinungsform einer geistig geformten, epistemisch125 strukturierten Architektur oder eines Raumnutzungsmusters. Die „Gartensiedlungen“, wie ich es nennen möchte, also die dörflich anmutenden Sonder-Siedlungen für behinderte Menschen am Stadtrand „im Grünen“ ist eine Zwischenstufe auf dem Weg von der singulären Anstaltsarchitektur zur De-Institutionalisierung im Rahmen der Stadtteilorientierung. Bereits ein 4000 Jahre alter Lepra-Toter wurde entdeckt.126 Die Geschichte der Lepra-Politik ist ansatzweise gut erforscht.127 Die Leprainsel Spinalonga in NordKreta ist vielen bekannt. Im Foucaultschen Sinne ist hier der diskursive und praktisch-institutionelle Regimetyp der Aussonderung wirksam. Dies ist die Form des binären Spaltens. Die Unreinheit wird ausgesondert und ausgegrenzt. In der Kritik an Foucaults Denken wurde oftmals der Hinweis auf Ambivalenzerzeugung dadurch vorgebracht, dass die christliche Liebestätigkeit doch immer Anläufe zu einer Heilung und Re-Integration vorgenommen hätte. Sicherlich, ja. Dennoch bleibt dies eine Praxis der Barmherzigkeit, die aus der Asymmetrie heraus Almosen verteilt. Man grenzt in dieser Praxis aus, sorgt am Ort der Entsorgung aber für barmherzige Hilfe. 121 Schulz-Nieswandt, Frank (2007): Lebenslauforientierte Sozialpolitikforschung, Gerontologie und philosophische Anthropologie. Schnittflächen und mögliche Theorieklammern. In: Wahl, Hans-Werner/Mollenkopf, Heidrun (Hrsg.): Alternsforschung am Beginn des 21. Jahrhunderts. Berlin: AKA, S. 61 – 81. 122 Foucault, Michel (2010): Wahnsinn und Gesellschaft. 18. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Vgl. auch Porter, Roy (2007): Wahnsinn. Eine kleine Kulturgeschichte. Frankfurt am Main: Fischer. Entgegen Agamben lesen wir Foucaults Genealogie und Archäologie durchaus auch kulturgeschichtlich als Genese moderner Praktiken und mentaler Dispositionen. Vgl. Agamben, Giorgio (2009): Signatura rerum. Zur Methode. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 123 Hier spielt die Psychiatriereform seit Ende der 1960er Jahre eine zentrale Rolle: vgl. etwa Kersting, Franz W. (Hrsg.) (2003): Psychiatriereform als Gesellschaftsreform. Paderborn: Schöningh. 124 Brügge, Claudia (2004): Wohin mit dem Wahnsinn? Berlin: Peter Lehmann. 125 Vgl. auch Art. „Episteme“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 164 – 165. 126 Robbins, G. u. a. (2009): Ancient skeletal evidence for Leprosy in India (2000 B.C.). In: Public Library of Science One 10.1371/journal.pone.0005669, 2009. 127 Umfangreich etwa Schelberg, Antje (2000): Leprosen in der mittelalterlichen Gesellschaft. Diss. Universität Göttingen; Müller, Christian (2007): Lepra in der Schweiz. Zürich: Chronos. Und natürlich ist auf das monumentale Werk von Winkle zu verwiesen: Winkle, Stefan (1997): Kulturgeschichte der Seuchen. Düsseldorf-Zürich: Artemis & Winkler, S. 1 ff.
Einleitende Vorbemerkungen
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Und dieser architektonischen Performativität kommt in der Tat große Bedeutung zu. Aber ich will herausheben, wie wichtig es ist, die Alten-, Kranken-, Behindertengerechte Kultur der praktischen Sozialpolitik und die Prozesse der Herbeiführung dieser Sozialstaatskultur mit einem ethnologischen Blick zu begleiten, denn der Wandel ist ein tiefgreifender kultureller Gestalt-Switch. Da vor allem auch an den handlungsleitenden mentalen Modellen der Akteure gearbeitet werden muss, ist wohl auch die Hervorhebung sogar eines tiefenpsychologischen Blicks verständlich zu machen. Also – sind die „Andersartigen“ (die Menschen im Modus des „Anders-Sein“128) willkommen? Oder begegnet man ihnen, paläoanthropologisch129 tief verwurzelt, aber immer wieder aus Sicht der chronotopischen Einschätzung des Menschen im Lichte historischer Anthropologie130, mit Angst und Ekel131 verbunden, die hygienisch bereits in der Gestik132 und Mimik erkennbar sind, insgesamt in einer von (Ab-) Scheu geprägten Körperhaltung, während die verbale Kommunikation bereits das St. Florians-Prinzip artikuliert? Das ist meine kritische Ausgangsfrage, die epistemisch (also auf dispositive133 Mentalitäten abstellend) auf die Haltungen und Denkstile der Menschen in der sozialen Gemeinschaft bezogen ist. 128 Rohrmann, Eckhard (2011): Mythen und Realitäten des Anders-Sein. Gesellschaftliche Konstruktionen seit der frühen Neuzeit. 2., überarb. u. erw. Aufl. Wiesbaden: VS. 129 Bilz, Rudolf (1973): Wie frei ist der Mensch? Paläoanthropologie Band 1. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 130 Tanner, Jakob (2008): Historische Anthropologie zur Einführung. 2. Aufl. Hamburg: Junius. Vgl. auch Dülmen, Richard van (2000): Historische Anthropologie. Köln: Böhlau; Gestrich, Andreas (1999): Vergesellschaftungen des Menschen. Einführung in die Historische Sozialisationsforschung. Tübingen: Ed. diskord. Es ist durchaus möglich, Kulturanthropologie historisch zu betreiben: vgl. etwa Reinhard, Wolfgang (2004). Lebensformen Europas. Eine historische Kulturanthropologie. München: Beck. 131 Ekel (ein Affekt) ist eine existenzielle Erfahrung, da sie als Reaktion auf Daseinssituationen zu verstehen ist, wobei ein Phänomen definiert ist über eine zu große, ungewollte Nähe. Eine zweite Reaktion auf Kontingenzerfahrung stellt die Scham dar, die auf Identitätsprobleme verweist: Der Mensch kann sich in bestimmten Situationen nicht sich selbst akzeptieren, weil er Dinge hätte lieber unterlassen sollen, dies aber nicht gekonnt hat. Steigert sich, spiegelbildlich, die Scham zum selbstreferentiellen Ekel? Ekel ist manchmal Element auch von Phobien, dort bleibt jedoch die Angst das Zentrum des Phänomens. Der Ekel mag als Disposition zwar eine angeborene Fähigkeit sein, aber wird konkret nur innerhalb der Sozialisation herausgebildet. Gesellschaftskritisch relevant wird der Ekel dann, wenn sich aus ihm Formen von Kontaminationsgefühlen bilden, die zur Ausgrenzung Anderer führen. Das evolutionspsychologisch rationale Element ist dabei der tiefsitzende Schutzmechanismus vor Krankheit und Tod. Aber es geht kritisch um die kulturelle Überformung und die so hergestellte soziale Ausrichtung der Wirksamkeit. 132 Art. „Geste/Gestus“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 129 – 136. 133 Der auf Foucault zurückgehende Begriff, der ein kompliziertes konstellatives Ensemble (Netz) von Diskursen, Institutionen, sozialen Praktiken, Architekturen, Wissenssystemen, Denkweisen etc. bezeichnet, ist oftmals interpretiert worden. Vgl. Agamben, Giorgio (2008):
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Einleitende Vorbemerkungen
Damit wird auch meine Auffassung von Anthropologie deutlich. Ja, ich frage nach wie vor altmodisch und anachronistisch anmutend nach dem „Wesen“ des Menschen. Das „Wesen“ ist die Frage nach seiner „Natur“, nur dass Natur hier nicht Natur ist, sondern die Kultur ist seine Natur – sein Wesen. Der Mensch ist universell ein Kulturwesen. Damit eröffnet sich, parallel zur differentiellen Psychologie, das Feld der differentiellen Kulturwissenschaft. Und dennoch: Die ontologischen Mechanismen sind überall die gleichen Grammatiken des Sozialen. Vergesellschaftung findet überall statt. Plastizität gilt für alle, ebenso die Erziehungsfähigkeit und -bedürftigkeit. Das Mensch-Umwelt-Verhältnis ist überall und stets transaktional. Doch dies sind keine archimedischen Punkte, an denen „sich ein festes Menschenbild verankern ließe“, was „der historisch-kulturellen Bedingtheit der Wissenschaft selbst wie auch ihres Gegenstandes“134 entspricht. Bemerkenswerte Aufnahme fand dieser differentielle, und dennoch am „Wesen“ des Menschen interessierte Ansatz im Denken auch bei Wilhelm Stern (1871 – 1938), dem im Personalismus fundierten Begründer der differentiellen Psychologie135, vor allem in seiner „Allgemeine(n) Psychologie auf personalistischer Grundlage“136. Anders gesprochen: Ich vertrete keine neue Unverbindlichkeit, die Orientierungslosigkeit als post-moderne Wahrheit verkauft, obwohl sich die post-moderne Wissenschaft doch von jeder Wahrheitsspielerei verabschieden wollte. Post-strukturale Sozialforschung ist aber nicht zwingend radikal post-modern und somit dekonstruktiv137. Ich folge daher nicht der bekannten These vom Ende der Ethnographie Was ist ein Dispositiv? Zürich-Berlin: Diaphanes; Deleuze, Gilles (1991): Was ist ein Dispositiv? In: Ewald, Francois/Waldenfels, Bernhard (Hrsg.): Spiele der Wahrheit. Michel Foucaults Denken. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 153 – 162. Ausführlich in methodischer Sicht: Bührmann, Andrea D./Schneider, Werner (2008): Vom Diskurs zum Dispositiv: Eine Einführung in die Dispositivanalyse. Berlin: transcript. Dies erinnert sehr an die marxistische Analyse der Totalität der Zusammenhänge; aber Veyne (*1930) hat überaus deutlich machen können, dass hier gerade nicht die primär dual-hierarchisch getrennten und erst sekundär wieder integrierten (Theoreme der „letzten Instanz“ oder der „Struktur mit Dominante“) Zusammenhänge von Basis und Überbau modelliert sind: Veyne, Paul (1992): Foucault: Die Revolutionierung der Geschichte. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Vgl. auch Art. „Dispositiv“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 135 – 136. 134 Burkard, Franz-Peter (2011): Anthropologie der Religion. 2., vollst. überarb. Aufl. Dettelbach: Röll, S. 9. 135 Stern, Wilhelm (1921): Die Differentielle Psychologie in ihren methodischen Grundlagen. 3. Aufl. Leipzig: Johann Ambrosius Barth. 136 Stern, Wilhelm (1950): Allgemeine Psychologie auf personalistischer Grundlage. 2., unveränderte Aufl. Haag: Martinus Nijhoff, dort vor allem Kapitel 4, S. 95 ff. 137 Vgl. Art. „Dekonstruktion“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 63 – 67; Art. „Dekonstruktion“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 115 – 117 sowie Art. „Dekonstruktivismus“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 117 – 120.
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und damit der dahinter liegenden Theorie Derridas138 über das Ende jeder TextWahrheit. Auch in der neueren Gesamtschau von Petermann139 auf die Transformation der Anthropologie/Ethnologie der letzten Jahre bleibt Nebulosität übrig. Ich folge also nicht der Rhizomatik, da ich nicht auf Theorie zu verzichten beabsichtige. Ich verzichte nicht auf die Verstehbarkeit der klassischen Moderne, etwa140 am Beispiel der Kunst mit Blick auf deren existenziale Analysekraft. Hermeneutik – eben nicht leicht gemacht: De-Konstruktion ist nicht De-Konstruktion. Ich möchte unterscheiden zwischen einem wirklichkeitswissenschaftlichen De-Konstruktivismus, der inter-textuell arbeitet und einem modischen elitären De-Konstruktivismus, der selbst den Kritikern zuarbeitet, die diesem wiederum Derridadaismus vorwerfen können. Wahrheitsorientierte Wissenschaft mag Wahrheitsspiel sein, aber Wahrheitsspiele sind unabkömmlich, als Praxis ontologischer Natur, als Konkretion immer nur in der Verschränkung von historischer Zeit und kulturellem Raum verstehbar in einer Inter-Textualität zwischen (1) der Praxis einer „Produktionsästhetik“141 PÄ (performative Akte), (2) der Praxis einer „Rezeptionsästhetik“142 erster Ordnung RÄ1 (Hermeneutik der Performativität143 seitens der involvierten Akteure, wobei die je eigenen Deutungs-Skripte ebenso als Tiefenstruktur beachtet werden müssen wie die Kontexte der Performativität der Produzenten) sowie (3) der Praxis einer „Rezeptionsästhetik“ zweiter Ordnung RÄ2, die als Wissenschaft die horizontale, zum Teil (angesichts der zeitlichen Differenz zwischen PÄ und RÄ1) inter-temporale Inter-Textualität selbst nochmals (vertikale, eventuell inter-temporale Inter-Textualität: RÄ2 im Verhältnis zur Inter-Textualität von PÄ und RÄ1) hermeneutisch erschließt, dabei wiederum kontextuell an die eigenen chronotopischen Horizonte gebunden ist oder zumindest in diese verankert ist. Der hermeneutische Zirkel erweist sich demnach als mehrfach verschachtelte (horizontale/vertikale, intra-temporale/inter-temporale) Inter-Textualität.
138 Derrida, Jacques (1972): Die Schrift und die Differenz. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Derrida, Jacques (1974): Grammatologie. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 139 Petermann, Werner (2010): Anthropologie unserer Zeit. Wuppertal: Hammer. 140 Orientierend Schneede, Uwe M. (2009): Die Kunst der Klassischen Moderne. München: Beck. 141 Art. „Produktionsästhetik“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 598 – 599. 142 Art. „Rezeptionsästhetik“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 619 – 621. 143 Art. „Performance“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 231 – 234; Art. „Performativität/performativ“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 234 – 242.
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Einleitende Vorbemerkungen
Das bedeutet, dass es kein „Ende der großen Theorien“ gibt, ebenso wie das Ende des Individuums als Tod des Individuums falsch verstanden wurde (weil die Bücher, auf die man sich bezieht, ohnehin nicht eigens gelesen worden sind); es gibt nur das Ende der theoretischen Selbstverständlichkeiten. Die großen Theorien müssen selbst hermeneutisch-kritisch hinterfragt werden144. Aber bei der Suche nach den besseren großen Theorien sollte man bleiben und hier intellektuell nicht aussteigen. Ich folge hier dem deutlichen Plädoyer von Burkart.145
144
Kippenberg, Hans G./Stuckrad, Kocku von (1997): Einführung in die Religionswissenschaft. München: Beck. 145 Burkard, Franz-Peter (2011): Anthropologie der Religion. 2., vollst. überarb. Aufl. Dettelbach: Röll, S. 10 – 12.
Vertiefende Einleitungen Tief sitzen die Ängste vor den Phänomenen, die sich nicht dem herrschenden Normalitätsmuster fügen. Das Normale und das Anormale (das Pathologische) definieren sich in dieser dichotomischen Anordnung bipolarer Art reziprok. Die Auflösung der Dichotomie durch die Erkenntnis des Kontinuums des Dazwischens wird selten erwogen. Gerontophobie1 ist dann als Unterfall der Xenophobie2 zu verstehen. Natürlich ist angesichts dieses Phänomens in dieser Problemdiagnostik eine gewisse Absurdität3 nicht zu leugnen. Denn so, wie wir alle irgendwo in dieser Welt Fremde (Ausländer) sind, sind wir alle auch geprägt vom Altern. Heidegger hat hier seinen archimedischen Punkt4 gefunden: Das Sein ist ein Sein zum Tode. Und in der Tat ist der Tod ein generatives Themenzentrum5 von Philosophie überhaupt und letztendlich Geburtshelfer der Kultur.6 Und tief sitzt die Angst vor dem Tod.7 Überhaupt können historische Unsicherheiten radikale tiefe Formen kollektiv erlebter Angst hervorbringen.8
1 Gerontophobie im klinischen Sinne ist an sich eine phobische Störung. Damit wäre eine krankhafte Angst, eine gesteigerte Furcht im Umgang mit alten Menschen gemeint. Tiefenpsychologisch gesehen kann diese Furcht die Angst vor dem eigenen Altern bedeuten. 2 Zum Themenkreis der Xenophobie vgl. auch Etzersdorfer, Irene/Ley, Michael (Hrsg.) (1999): Menschenangst. Die Angst vor dem Fremden. Berlin-Bodenheim b. Mainz: Philo. 3 Hober, Christine (2001): Das Absurde. Studien zu einem Grenzbegriff menschlichen Handelns. Berlin: LIT. 4 Der archimedische Punkt ist ein methodisch angenommener „absoluter“ Punkt außerhalb eines experimentellen Designs. Dieser Punkt gilt als Schlüssel, als Hebelpunkt. Von diesem Punkt aus ist alles (die Welt) zu erklären. 5 Taureck, Bernhard H. F. (2004): Philosophieren: Sterben lernen? Frankfurt am Main: Suhrkamp. 6 Feldmann, Klaus/Fuchs-Heinritz, Werner (Hrsg.) (1995): Der Tod ist ein Problem der Lebenden. Beiträge zur Soziologie des Todes. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Assmann, Jan (2000): Der Tod als Thema der Kulturtheorie. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Und Harrison, Robert (2006): Die Herrschaft des Todes. München: Hanser. Eine Variante, die Kulturschöpfung angesichts und im Lichte des Todesbewußtseins zu verstehen, ist die von De Marchi, Luigi (1988): Der Urschock. Unsere Psyche, die Kultur und der Tod. Darmstadt: Luchterhand. 7 Vgl. auch mit Bezug auf den Prozess des Sterbens, der dem Tod vorgängig ist: Hoffmann, Matthias (2010): „Sterben? Am liebsten plötzlich und unerwartet.“ Die Angst vor dem „sozialen Sterben“. Wiesbaden: VS. Vgl. ferner Birkenstock, Eva (2008): Angst vor dem Altern? Zwischen Schicksal und Verantwortung. Freiburg i. Br.: Alber. 8 Delumeau, Jean (1983): Angst im Abendland. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt; Dinzelbacher, Peter (1996): Angst im Mittelalter. Paderborn: Schöningh.
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Vertiefende Einleitungen
Das Absurde erweist sich aber als quasi-ontologisch kaum hintergehbarer Dialektik menschlicher Existenz, die immer wieder jeweils neu von paläoanthropologischen Ur-Dispositionen einerseits und von historisch-kulturellen Inskriptionen9 andererseits im Wechselspiel dieser Kräfte formatiert wird. Binäre Codes und verschachtelte binäre Ordnungen: Archetypisch10 ist der tiefsitzende kulturelle Code, wonach das Schöne auch das Gute ist und das Hässliche das Böse. Evidenz kommt aus der Ethnologie und Kulturgeschichte (Eliade stellt die komplexen „Dualordnungen“ heraus11, ähnlich auch Campbell12), wurde Krankheit, der Wahnsinn und andere „Anomalien“ doch dadurch erklärt, etwas Dämonisches13 hätte von Körper, Seele und Geist des Menschen Besitz (etwa „verhext“ zu sein14) ergriffen. Schnittbereiche zur sozialen Praxis des Ahnenkults15 sind bekannt, wobei 9
Es ist sehr interessant, wie Fischer-Lichte (Fischer-Lichte, Erika [2004]: Ästhetik des Performativen. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 44 ff.) die klassische religionsgeschichtlichethnologische Debatte über die Vorgängigkeit des Mythos vor dem Ritual und deren quasilineare Umkehrung in der ritualtheoretischen Cambridge-Schule (im Kontext der Theorie der Konstitution einer Mahlgemeinschaft) analogisiert zur Entwicklung von der strukturalen Linguistik und Semiotik zur Theorie des Performativen. M. E. muss die Cambridge-Schule besser wegkommen als es der Stand der Literatur mehrheitlich zum Ausdruck bringt; und ich stehe da im Einklang mit Ernst Cassirer (1874 – 1945). Bei Fischer-Lichte wird die Theorie des Performativen jedoch völlig und radikal abgelöst von jeder Art von Zwei-Welten-Theorie, wonach es einerseits eine Bedeutsamkeit gibt, die sich andererseits in Formen (auch der Aufführung: vgl. Art. „Aufführung“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias [Hrsg.] [2005]: Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 16 – 26) ausdrückt. Geradezu wie in einer radikalen Prozessphilosophie wendet sich die Theorie des Performativen damit gegen jede Substanz-Logik. Und natürlich entsteht dann soziale Wirklichkeit erst durch eine entsprechende Inszenierung. 10 Jung, Carl Gustav (2001): Archetypen. München: dtv. Jung lebte 1875 – 1961. Vgl. dazu auch Art. „Archetypentheorie (archetypical criticism)“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 28 – 29; Art. „Archetypus/Archetyp“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 30. 11 Eliade, Mircea (1991): Geschichte der religiösen Ideen. Bd. 4. Freiburg i. Br. u. a.: Herder, S. 190; Nevermann, Hans/Worms, Ernest A./Petri, Helmut (1968): Die Religionen der Südsee und Australiens. Stuttgart u. a.: Kohlhammer, S. 28. 12 Campbell, Joseph (1991): Die Masken Gottes. Bd. 1: Mythologie der Urvölker. München: dtv, S. 75: Die nächtlichen Ängste werden vom Licht des (anbrechenden) Tages vertrieben. Licht ist der binäre Gegenpol zum Dunkeln der Nacht. Man erkennt, so Campbell, die Dualismen an der „durchgängigen Verbindung von Kot mit Sünde und Sauberkeit mit Tugend.“ (S. 91). 13 Vgl. auch Schüßler, Werner/Görgen, Christine (Hrsg.) (2011): Gott und die Frage nach dem Bösen. Berlin: LIT. Philosophisch vgl. Wolf, Jean-Claude (2011): Das Böse. Berlin-New York: de Gruyter; theologisch: Ebner, Martin u. a. (Hrsg.) (2011): Das Böse. NeukirchenVluyn: Neukirchener. 14 Favret-Saada, Jeanne (1979): Die Wörter, der Zauber, der Tod. Der Hexenglaube im Hainland von Westfrankreich. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 15 Vgl. auch Wernhart, Karl R. (2004): Ethnische Religionen. Universale Elemente des Religiösen. Kevelaer: Topos, S. 86 ff. Dabei will ich überhaupt nicht unkritisch die Animismustheorie in der Tradition der evolutorischen Anthropologie von Edward B. Tylor (1832 –
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ich vor allem auf die Studie von Otto (1928 – 1994), gegen Erwin Rohde (1845 – 1898)16 argumentierend, verweisen muss.17 Letztlich ist es wohl eine archaische Todesangst, die den Menschen im kulturellen Umgang miteinander begleitet. Es ist der Tod, der in vielen Gestalten auftaucht, aber immer als Herrschaft empfunden wurde, der gegenüber, betrachtet man dieses ganze personale Erlebnisgeschehen kulturanthropologisch als Sterbensbewältigung,18 die Menschen Ohnmacht als Erfahrung von Machtlosigkeiten zum Ausdruck bringen mussten.19 Oder Frazer: „Ich denke dabei besonders an die Furcht vor den Toten, die ich im ganzen gesehen als die mächtigste Ursache für die Entstehung primitiver Religionen betrachte.“20 Die 1917), der geprägt war von einer (heute nicht mehr akzeptierten) europäischen Seelenlehre (schon in der Homer-Forschung, um Erwin Rohde [1845 – 1898] zentriert, kontrovers), reanimieren. Es geht nicht um einen Streit zwischen Urmonotheismus und dem Animismus der Primitiven; es geht um Elemente und Segmente der menschlichen Weltbegegnung, ganz im Sinne der Kulturpraxis symbolischer Art, wie sie von Ernst Cassirer als Strukturgesetze der mythischen Denkformen erarbeitet worden sind. Und ich verweise auf Jean Piaget, der zeigen konnte, dass es diese animistische Komponente in der Ontogenese des Kindes gibt. Vgl. auch Campbell, Joseph (1991): Die Masken Gottes. Bd. 1: Mythologie der Urvölker. München: dtv, S. 98 ff. Als Element kann der Animismus bei Jäger- und Sammler-Gesellschaften aufgezeigt werden. Deshalb muss man allerdings nicht eine ganze Animismustheorie evolutorischer Art vertreten, wie sie bei Tylor entwickelt wurde, bereits bei Lucien Lévy-Bruhl (1857 – 1939) differenzierter rezipiert wurde. Zu allen ethnologischen Kontroversen vgl. Petermann, Werner (2004): Die Geschichte der Ethnologie. Wuppertal: Hammer. Herangezogen werden kann auch das Lexikon RGG oder das Lexikon TRE. Vgl. RGG – Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch der Theologie und Religionswissenschaft, hrsg. von Betz, Hans Dieter u. a. Tübingen: Mohr Siebeck 1998 ff. und TRE – Theologische Realenzyklopädie, hrsg. von Krause, Gerhard/Müller, Gerhard. Berlin-New York: de Gruyter 1977 ff. 16 Rohde, Erwin (1898): Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. 2 Bde. Leipzig 1890 – 1894. 2. Aufl. Leipzig: Mohr. Vgl. auch (aus Sicht der Beziehung zu Nietzsche): Ottmann, Henning (Hrsg.) (2011): Nietzsche Handbuch. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 38 f., S. 170 f. 17 Otto, Walter F. (1976): Die Manen oder von den Urformen des Totenglaubens. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Ich lasse aber ein Referat über die klassische Ethnologie „primitiver“ Religion sein; für mein eigenes kulturelles Verständnis mag es aber interessant sein, zu wissen, dass auch die alt-israelitische Welt, lange bevor sich ein Monotheismus (nach-)exilisch im Kontext von Kultzentralisation und post-nationaler GemeindeBildung herausgebildet hat, einen vielfältigen Ahnenkult kannte. Vgl. insgesamt Lang, Bernhard (2002): Jahwe der biblische Gott. München: Beck. Zur Literatur vgl. in Herrmann, Wolfram (2004): Theologie des Alten Testaments. Geschichte und Bedeutung des israelitischjüdischen Glaubens. Stuttgart: Kohlhammer, S. 55. Ich verweise hier auf die Zusammenstellung des Forschungsstandes bei Gerstenberger, Erhard S. (2001): Theologien im Alten Testament. Stuttgart: Kohlhammer, S. 34 ff. Ethnologisch vergleichend vgl. Eliade, Mircea (1991): Geschichte der religiösen Ideen. Bd. 4. Freiburg i. Br. u. a.: Herder, S. 222 ff. 18 Krafft-Krivanec, Johanna (2003): Todesbilder und Sterbensbewältigung. Ein kulturanthropologischer Versuch. Wien: Passagen. 19 Dazu auch Gulde, Stefanie Ulrike (2007): Der Tod als Herrscher in Ugarit und Israel. Tübingen: Mohr Siebeck. 20 Frazer, James George (1994): Der goldene Zweig. Das Geheimnis von Glauben und Sitten der Völker. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. XIII.
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Muster der Reaktion auf das Fremde sind folglich von Tabu21-Mechanismen bestimmt.22 Hier siedeln sich auch die Mechanismen der öffentlichen Sündenböcke an, die Frazer umfassend analysiert, denn diese Mechanismen sind solche der Austreibung des Bösen.23 Frazer: „Andernorts war es üblich, jedes Jahr einen jungen Mann ins Meer zu werfen mit dem Gebet: ’Sei du unser Abschaum.’24 Wir sind nie modern gewesen. Es war nicht erst der Zweite Weltkrieg, sondern bereits der Erste Weltkrieg, der gezeigt hat, wie dünn die Eischale der Zivilisation ist. Die Barbarei des modernen Menschen brach aus. Die Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges generierten den expressionistischen Schrei der erbärmlichen menschlichen Kreatur. Allerdings war es offensichtlich möglich, die Barbarei nochmals zu steigern. So mag, wie auch Nilsson darlegte25, ein Syndrom von Sorge und Magie, von Übertragungsleistungen, wie dem Tabu, und der Reinheitspraxis, der Furcht vor dem Dämon etc. das Spezifikum des frühen Kulturmenschen sein; aber als prä-logische Mentalität dürfte diese Einschätzung nicht mehr gelten dürfen.26 Dies dürfte nämlich den frühen Kulturmenschen beleidigen angesichts der Primitivität des modernen Menschen. Sally Price hat in ihrer Studie zur Rezeption „primitiver Kunst“ in der westlichen Zivilisation in struktural anmutender Weise zeigen können, wie die modernen Menschen glauben, die Primitiven hätten vor allem vor Monstern Angst gehabt.27 Vor allem kann sie, und das passt in meine Kritik am Verständnis der griechischen Mythologie seitens des klassischen deutschen Humanismus, zeigen, wie dagegen das Griechische als das Wahre, Erhabene und Schöne stilisiert wird.28 Die Malerei der Primitiven ist deshalb angewandte Magie und Dämonenbekämpfung, denn diese Dämonen beherrschen das Weltbild des primitiven, wie auch Eliade29 betont. Und ich argumentiere auch gar nicht gegen diese These: Meine These ist vielmehr, dass wir diesbezüglich nie modern gewesen sind. Auch der moderne Mensch kennt seine Dämonen, empfindet tiefe Angst, erlebt immer wieder seine Furcht vor dem Fremden. Price zitiert Malraux, der schrieb, das Studium der primitiven Kulturen sei 21 Nevermann, Hans/Worms, Ernest A./Petri, Helmut (1968): Die Religionen der Südsee und Australiens. Stuttgart u. a.: Kohlhammer, S. 17. 22 Frazer, James George (1994): Der goldene Zweig. Das Geheimnis von Glauben und Sitten der Völker. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 284 ff. 23 Frazer, James George (1994): Der goldene Zweig. Das Geheimnis von Glauben und Sitten der Völker. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 817 ff. 24 Frazer, James George (1994): Der goldene Zweig. Das Geheimnis von Glauben und Sitten der Völker. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 842. 25 Nilsson, Martin P. (1911): Primitive Religion. Tübingen: Mohr (Siebeck). 26 Dazu auch Firth, Raymond W. u. a. (1967): Institutionen in primitiven Gesellschaften. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 27 Price, Sally (1992): Primitive Kunst in zivilisierter Gesellschaft. Frankfurt am Main-New York: Campus, S. 69. 28 Price, Sally (1992): Primitive Kunst in zivilisierter Gesellschaft. Frankfurt am Main-New York: Campus, S. 66 f. 29 Eliade, Mircea (1994): Kosmos und Geschichte. Frankfurt am Main: Insel, S. 108 f.
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die Erforschung der Nachtseite des modernen Menschen.30 Und Lyotard zitiert in seiner Biographie von Malraux (die als „Hyper-Biographie“ in der Tat eher eine Einführung in seine eigene postmoderne Theorie ist als eine lesbare Biographie im herkömmlichen Sinne) eben diese, der darlegt, das Entsetzen stecke in uns selber.31 Hier halte ich es daher mit Jensen, wonach „der Mensch der Frühzeit im wesentlichen der gleiche war, der er noch heute ist“32. Die primitive Kunst wird dagegen mit der Malerei von Kindern gleichgesetzt, oder gar mit der von Affen oder Geisteskranken, wie Price argumentiert. Liebevoll erkennt man allerdings die Abstammungen der „kleinen Brüder“. So wurde lange Zeit auch die naive Malerei eingestuft; und „Kunstkenner“, die unter Kunst das technische Handwerk des Naturalismus als Fotographie-Ersatz verstehen, behaupteten immer schon, abstrakte Malerei kann auch von jedem Kind geleistet werden. In der Abhandlung über Kultpraxis in der alt- und neutestamentlichen Überlieferung können Otto und Schramm33, unabhängig davon, wie der aktuellere Forschungsstand einzuschätzen ist34, sehr schön die Ab- und Ausgrenzungspraktiken darlegen. Festkulte35 galten im vor-israelitischen Protoplasma der Abwehr des Dämonischen, später dann der rückblickenden36 israelitischen Identitätskonstruktion und -verteidigung in religiöser und zugleich dadurch transportierter politischer Perspektive. Diese Sicht von Otto und Schramm kann auch von neueren Studien nach wie vor bestätigt werden. So hält Dahm (auch mit Bezug auf spätere Arbeiten von Otto) fest: „Die Schwelle als Grenzbereich zwischen ,Eigenwelt‘ (= Haus) und Außenwelt war im Kontext der zahlreichen symbolischen, metaphorischen (usw.) Verarbeitungen auch Gegenstand ritueller Gestaltung wie in den vielfach praktizierten, sogen. Schwellenopfern des Mittleren Ostens.“37 Somit wurden die Dämonen, Schadens30 Price, Sally (1992): Primitive Kunst in zivilisierter Gesellschaft. Frankfurt am Main-New York: Campus, S. 62. 31 Lyotard, Jean-François (1999): Gezeichnet: Malraux. Wien: Zsolnay, S. 12. 32 Jensen, Adolf Ellegard (1992): Mythos und Kult bei Naturvölkern. München: dtv, S. 28. 33 Otto, Eckart/Schramm, Tim (1977): Fest und Freude. Stuttgart u. a.: Kohlhammer. 34 Blum, Erhard/Lux, Rüdiger (Hrsg.) (2006): Festtraditionen in Israel und im Alten Orient. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus. 35 Zur Kategorie des Festes vgl. auch Art. „Fest“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/ Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 137 – 143. Vgl. auch Art. „Fest“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 101 – 104. 36 Zwickel, Wolfgang (1997): Die Welt des Alten und Neuen Testaments. Stuttgart: Calwer, S. 75. 37 Dahm, Ulrike (2003): Opferkult und Priestertum in Alt-Israel. Berlin-New York: de Gruyter, S. 160, vgl. auch S. 149. Zum Haus siehe auch Art. „Haus“ in Crüsemann, Frank/ Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 249 – 255.
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mächte, vom Haus und seinen BewohnerInnen ferngehalten. Es wirkt dionysisch38, wenn Quellen (von O. Keel) zitiert werden, die von „wilde(n) Sprüngen der Dämonen“39 sprechen. Dahm kann eine Fülle ethnographisch-kulturgeschichtlichen Materials anführen, etwa bereits die Darlegungen bei Brock-Utne40 oder bei Canaan41. Mit Blick auf das Fremde kann Otto42 später noch die innere Ambivalenz der alttestamentlichen Ethik zum Ausdruck bringen, nämlich einerseits eine nach innen gerichtete geschwisterliche Liebesethik darzustellen, andererseits nach Außen eine Theo-Politik der Verteidigung religiöser Identität: ein dichotomer Inklusions-Exklusions-Code.43 Die Innen-Außen-Dichotomie generiert so „Wildnis“ als das ganz Andere des Eigenen.44 An den neueren, von Jan Assmann45 ausgelösten Diskurs über Monotheismus, Wahrheitsspiele und Gewalt46 sei erinnert.47 In diesem alttestamentlichen Forschungskontext ist ja immer zu bedenken, dass sich das Israel gegen kanaanitische Völker im Umfeld abgrenzte, obwohl ethnogenetisch Israel sich endogen48 aus kanaanitischen Kulturgut49 entwickelte.50 Und das Problem wird dadurch brisant, dass diese geschichtsrekonstruktive Deutungspraxis die eigene Herkunft kulturell abwertete, obwohl Kanaan, auch die Philister51,
38 Art. „Apollinisch/dionysisch“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 4 – 6. 39 Dahm, Ulrike (2003): Opferkult und Priestertum in Alt-Israel. Berlin-New York: de Gruyter, S. 119 FN 27. 40 Brock-Utne, Albert (1934): Eine religionsgeschichtliche Studie zu den ursprünglichen Passahopfer. In: Archiv für Religionswissenschaft 31 (1/2), S. 272 – 278. 41 Canaan, T. (1964): Das Haus in den Sitten und im Aberglauben des palästinensischen Arabers. In: Studi Biblici Franciscani liber annuus 14, S. 145 – 160. 42 Otto, Eckart (2007): Das Gesetz des Moses. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 126 ff. 43 Bormann, Lukas (Hrsg.) (2008): Schöpfung, Monotheismus und fremde Religionen. Studien zu Inklusion und Exklusion in den biblischen Schöpfungsvorstellungen. NeukirchenVluyn: Neukirchener. 44 Überaus instruktiv dazu Termeer, Marcus (2005): Verkörperungen des Waldes. Eine Körper-, Geschlechter- und Herrschaftsgeschichte. Bielefeld: transcript. 45 Schraten, Jürgen (2010): Zur Aktualität von Jan Assmann. Wiesbaden: VS. 46 Assmann, Jan (2003): Die Mosaische Unterscheidung oder der Preis des Monotheismus. München: Hanser. 47 Thonhauser, Johannes (2008): Das Unbehagen am Monotheismus. Marburg: Tectum. 48 Zwickel, Wolfgang (2002): Einführung in die biblische Landes- und Altertumskunde. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 49. 49 Zu Kanaan vgl. auch Zwickel, Wolfgang (2002): Einführung in die biblische Landes- und Altertumskunde. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 16 ff. 50 Tubb, Jonathan N. (2005): Völker im Lande Kanaan. Stuttgart: Theiss. 51 Dothan, Trude/Dothan, Moshe (1995): Die Philister. Zivilisation und Kultur eines Seevolkes. München: Diederichs.
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hohe Kulturen darstellten. Goliat52 war, betrachtet man seine Beschreibung, eindeutig kein Philister, sondern eine Mischung aus phänomenalen Eigenschaften verschiedenster fremder Kulturen überhaupt: Es ging also nur um die Abgrenzung, Ausgrenzung und Abwertung des Anderen. Moderne soziologische Debatten, etwa die um die Generierung von Vertrauenskapital53 (zur Überwindung spieltheoretisch modellierter Dilemmata), also angesiedelt in kooperationstheoretische Forschungskontexte, resultieren aus dieser tiefersitzenden anthropologischen Problematik. Die Probleme sind auch nur begrenzt vertragstheoretisch zu lösen. Es müssen die in der Durkheim-Tradition betonten nicht-kontraktuellen Voraussetzungen des Kontrakts wieder stärker in das Zentrum der Problem-Rekonstruktion gestellt werden. Das Soziale durch das Soziale zu erklären54, das bedeutet, Gesellschaft als symbolischen Imaginationszusammenhang55 zu verstehen56, der kulturtheoretisch eine Psychologie der sozialen Repräsentation des Sozialen voraussetzt. Wir haben diese Sicht der Dinge auch in einem anderen Zusammenhang dargelegt.57
52 Zwickel, Wolfgang (2002): Einführung in die biblische Landes- und Altertumskunde. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 50. 53 Hartmann, Martin (2011): Die Praxis des Vertrauens. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 54 Durkheim, Émile (1976): Regeln der soziologischen Methode. 5. Aufl. DarmstadtNeuwied: Luchterhand. 55 Art. „Imaginäre, das“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 312 – 313. 56 König, René (1978): Émile Durkheim zur Diskussion. München-Wien: Hanser, S. 140, 187 ff., 190 f. 57 Schulz-Nieswandt, Frank (2011): „Europäisierung“ der Sozialpolitik und der sozialen Daseinsvorsorge? Eine kultursoziologische Analyse der Genese einer solidarischen Rechtsgenossenschaft. Berlin: Duncker & Humblot. Das Buch behandelt den Stand der Forschung zum Thema „Europäisierung“ der Sozialpolitik und der sozialen Daseinsvorsorge. Damit ist der Objektbereich breit gespannt: Behandelt werden das koordinierende Sozial- und Arbeitsrecht, die offene Methode der Koordinierung, die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, die Vergrundrechtlichung, die Strukturfondspolitik, der soziale Dialog, die Gender MainstreamingPolitik etc. Inter-disziplinär orientiert, ordnet die Darstellung diese Objektbereiche in die politik- und rechtswissenschaftliche Mehr-Ebenen-Analyse ein und entfaltet die These der gemeinsam-geteilten Kompetenz in der Sozialpolitik. Dabei wird der widerspruchsvolle, inkohärente, ungleichzeitige Prozess der europäischen Integration auch methodologisch perspektivenvielfältig analysiert: (Struktur-)funktionalistische Sichtweisen werden vermittelt zur sozialkonstruktiven Sicht symbolisch-interaktionistischer Kulturtheorie. Der imperative Funktionalismus der Binnenmarktlogik wird dergestalt in Beziehung gesetzt zur kulturgrammatischen Logik symbolischer Sozial- und Systemintegration, was auch die Bildung einer europäischen Öffentlichkeit als demokratietheoretische Dimension umfasst. Das Projekt Europa wird als Idee einer Rechtsgenossenschaft skizziert; vor diesem Hintergrund wird auch die neuere Renaissance des Denkens von Hans Kelsen verständlich.
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Analogien zur Xenophobie: Ich komme nochmals zu Analogien einer Xenophobie zurück. Noch in der aktuellen, modernen Metaphernpraxis58 wird, wie qualitative, kulturtheoretisch fundierte medizinpsychologische Studien zeigen, an dem Krebs59 eine solche Zuschreibung des Bösartigen eigentümlich praktiziert und der diesbezügliche Ekel, zumindest das Frösteln und Schütteln wird spürbar, wenn das Krebsgeschwür den Körper von innen auffrisst, wie Parasiten im Leib. Die kulturwissenschaftlich aufgeklärte historische Psychologie kann ähnliches vom sozialen Umgang mit der weiblichen Menstruation60 berichten.61 Weiblichkeit war gerne auch als Bezugspunkt der Zuschreibung von (Formen von) Wahnsinn gesehen worden.62 Das als das Unreine charakterisierte Phänomen grenzt aus, stigmatisiert. Dies ist an sich bestaunenswert: Eines der natürlichsten Phänomene wird zum Objekt hygienischer Regime gouvernementaler Art. Regulativer Tiefenmechanismus ist das Tabu63, verhaltensfördernd korreliert mit dem Ekel64. Tabus beziehen sich auf die 58 Dazu auch Art. „Metapherntheorien“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 492 – 494. 59 Vgl. dazu auch Agstner, Irene (2008): Krebs und seine Metaphern in der Psychotherapie. Ein gestalttheoretischer Ansatz. Wien: Krammer; Holmberg, Christine (2005): Diagnose Brustkrebs. Eine ethnografische Studie über Krankheit und Krankheitserleben. Frankfurt am Main-New York: Campus; Seltrecht, Astrid (2006): Lehrmeister Krankheit? Eine biographieanalytische Studie über Lernprozesse von Frauen mit Brustkrebs. Opladen-Farmington Hills: Barbara Budrich. 60 Vgl. dazu Hering, Sabine/Maierhof, Gudrun (2002): Die unpässliche Frau. Sozialgeschichte der Menstruation und Hygiene. Frankfurt am Main: Mabuse; Hohage, Kristina (1998): Menstruation: eine explorative Studie zur Geschichte und Bedeutung eines Tabus. Hamburg: Kovac. Die Frau verliert mit dem Alter jene erotische Aura (Art. „Aura“ in Nünning, Ansgar [Hrsg.] [2008]: Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. StuttgartWeimar: Metzler, S. 38), die an ihre Jugendlichkeit geknüpft ist, in archaischen Gesellschaften jene sexuelle Fruchtbarkeit, die sie für Männer und somit für die ganze Reproduktion der sozialen Verhältnisse attraktiv macht. So gesehen gilt wiederum: Wir sind nie modern gewesen! Wir sind im Kern nach wie vor archaisch. Die Tiefen-Logik unserer sozialen Mechanismen sind schlicht und einfach: binär, auf Hierarchien und soziale Ausgrenzungen abstellend. Es gilt: Frau : Mutter = sexuell : a-sexuell. 61 Dazu mit umfassendem Material auch Frazer, James George (1994): Der goldene Zweig. Das Geheimnis von Glauben und Sitten der Völker. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 865 ff. sowie S. 876 ff. 62 Schluchter, Veronika (2009): Wahnsinn und Weiblichkeit. Motive in der Literatur von William Shakespeare bis Helmut Krausser. Marburg: Tectum; vgl. auch Teuber, Nadine (2011): Das Geschlecht der Depression. „Weiblichkeit“ und „Männlichkeit“ in der Konzeptualisierung depressiver Störungen. Bielefeld: transcript sowie Schaps, Regina (1982): Hysterie und Weiblichkeit: Wissenschaftsmythen über die Frau. Frankfurt am Main-New York: Campus. 63 Kraft, Hartmut (2004): Tabu. Magie und soziale Wirklichkeit. Düsseldorf: Walter; vgl. auch Przyrembel, Alexandra (2011): Verbote und Geheimnisse. Das Tabu und die Genese der europäischen Moderne. Frankfurt am Main-New York: Campus. Das Tabu (tapu) ist die Reaktion als Vorkehrung gegenüber Mana. Mana ist ein Begriff (vgl. auch Eliade, Mircea [1991]: Geschichte der religiösen Ideen. Bd. 4. Freiburg i. Br. u. a.: Herder, S. 171), der etwas bezeichnet, was in der traditionellen Kultur der Völker Polynesiens, geprägt von der Huna-Lehre auf Hawaii, die wiederum schamanistischen (Eliade, Mircea [2009]: Schamanismus und ar-
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Breite der Leiblichkeit: auf das Sprechen, das Sehen, das Berühren, das Tun etc. Das für mich interessante an der ganzen Thematik ist nun die These, dass die gesellschaftlich praktizierten Tabu-Systeme aus Tiefenschichtungen des Glaubens resultieren, der wiederum auf angstbesetzte Urelemente der Magie65 (die nicht leicht zu trennen ist von der Religion66), des Animismus67 und des Dämonischen in der menschlichen Kulturpraxis verweist. Relevant wird diese Sicht gegenstandsbezogen für mich dann und dadurch, dass sich die Macht als Bemächtigung der Denkmodalitäten und in der Ausdrucksformung in institutionellen Praktiken sich auf relevante Themenkreise bezieht: auf Sexualität, hier vor allem auch auf Krankheit, Alter(n) und Tod. Weiblichkeitskonstruktionen: Interessant ist daher z. B., dass der Tabuierung dieser Dimension des Weiblichen die Medikalisierung des Weiblichen68 als Kehrwert chaische Ekstasetechnik. 14. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Müller, Klaus E. [2011]: Schamanismus. 4. Aufl. München: Beck) Religionstraditionen entstammt, eine grundlegend zentrale Rolle im Sozialen spielte. Als Machtkraft existiert Mana auch in verwandten Formen in anderen Kulturen. Das Tabu schafft nun die erhoffte Distanz. In der polynesischen Kultur musste Mana nicht spiritueller Natur sein, sondern konnte auch profaner Art sein. Deshalb ist eine Diffusion dieser Denkstilkomponente in andere soziale Kontexte denkbar. Zumindest Analogien sind erkennbar. Kehrseite von Mana ist also das Tabu: Der profane Mensch kann Mana erhalten, bekommen, geschenkt erhalten; er wird aber nie die Sphäre der Mana-spendenen Macht beitreten können. Das Tabu wird in der Regel kollektiv geteilt, bleibt hierbei oftmals stillschweigend bzw. unhinterfragt und wird dergestalt als Regel praktiziert. Tabus sind strikt, unbedingt, universalisiert. Vom Tabu aus lassen sich die Funktionslinien ziehen zum Heiligen als dem Numinosum, zur binären Codierung des Reinen und Unreinen; das „ganz Andere“ kommt in Sicht. Zu allen ethnologischen Kontroversen vgl. Petermann, Werner (2004): Die Geschichte der Ethnologie. Wuppertal: Hammer. Herangezogen werden kann auch das Lexikon RGG oder das Lexikon TRE. Vgl. RGG – Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch der Theologie und Religionswissenschaft, hrsg. von Betz, Hans Dieter u. a. Tübingen: Mohr Siebeck 1998 ff. und TRE – Theologische Realenzyklopädie, hrsg. von Krause, Gerhard/Müller, Gerhard. Berlin-New York: de Gruyter 1977 ff. 64 Menninghaus, Winfried (2009): Ekel. Theorie und Geschichte einer starken Empfindung. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 65 Assmann, Jan/Strohm, Harald (Hrsg.) (2010): Magie und Religion. München: Fink. 66 Wobei Versnel die Differenz zwischen Magie und Frömmigkeit bereits bei dem antiken Menschen festhalten möchte. Vgl. Versnel, Hendrik Simon (2009): Fluch und Gebet: Magische Manipulationen versus religiöses Flehen? Religionsgeschichtliche und hermeneutische Betrachtungen über antike Fluchtafeln. Berlin-New York: de Gruyter. Zur Kontroverse vgl. Luchesi, Brigitte/Kippenberg, Hans G. (Hrsg.) (1995): Magie. Die sozialwissenschaftliche Kontroverse über das Verstehen fremden Denkens. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 67 Vgl. auch Piaget, der zeigen konnte, dass es diese animistische Komponente in der Ontogenese des Kindes gibt: Piaget, Jean (2005): Das Weltbild des Kindes. 8. Aufl. München: Fischer. Zum Animismus, wie er auf Tylor zurückgeht (Tylor, Edward B. [2005]: Die Anfänge der Cultur. Untersuchungen über die Entwicklung der Mythologie, Philosophie, Religion, Kunst und Sitte. [1873]. 2 Bde. Hildesheim: Olms), vgl. auch die klassische Studie von LévyBruhl, Lucien (2009): Die geistige Welt der Primitiven. Saarbrücken: Verlag Classic Edition. 68 Kolip, Petra (Hrsg.) (2000): Weiblichkeit ist keine Krankheit. Weinheim-München: Juventa; Frömming, Diana (2011): Schicksalhafte Körper zwischen Risiko und Prävention. Die Medikalisierung des Lebenskontextes Menopause. München: Akademische Verlagsgemein-
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eines sowohl symbolischen als auch institutionellen Herrschaftszusammenhangs korrespondiert. Aber die Handlungslogik ist jedoch eine andere: Mit der Medikalisierung wird Geld verdient. Die Tabuierung ist aber funktional eher in dem grammatischen Feld69 der psychischen Ökonomie der Geschlechterverhältnisse angesiedelt, in dem sich ur-typische, also paläoanthropologische Dispositionen abbilden, die früh schon wohl auf sakrale Zusammenhänge verweisen, denn die Unreinheitsproblematik70 korreliert hochgradig mit einer sakralen Ritus- und Kultuspraxis. Ohne die Matriarchatsdebatte71 ernstlich aufgreifen zu wollen, zeigt sich doch zumindest, dass der zirkulär-rhythmische Funktionszusammenhang von Fruchtbarkeit, Mutterschaft und Menstruation längst verloren gegangen ist. Eine moderne Ausprägung von Xenophobie in meinem Sinne finden wir sodann in der europäischen Hexenverfolgung72, so komplex sie auch zu erklären sein wird. Will man die Weiblichkeitskonstruktionen binärer Art tiefer verstehen, so lohnt die Rezeption der Dissertation von Uysal-Ünalan73 zur Mythenrezeptionsgeschichte. Dort findet sich eine brauchbare theoretische Fundierung und eine materialreiche Evidenzdarlegung. Ich suche also einerseits Parallelen zum Mechanismus der Bildung von Differenz, die mit Exklusion verbunden ist. Differenz, die schlicht in der Andersheit des Anderen begründet liegt, muss nicht zur sozialen Ungleichheit, die der Exklusion eigen ist, führen. Jede soziale Ungleichheit ist Differenzierung; aber nicht jede Diffeschaft; Seidel, Hans C. (1998): Eine neue „Kultur des Gebärens“. Die Medikalisierung von Geburt im 18. und 19. Jahrhundert. Stuttgart: Steiner. 69 Art. „Feld, literarisches“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literaturund Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 188 – 189. 70 Douglas, Mary (1985): Reinheit und Gefährdung. Eine Studie zu Vorstellungen von Verunreinigung und Tabu. Berlin: Reimer; Burschel, Peter/Marx, Christoph (2010): Reinheit. Köln: Böhlau; Malinar, Angelika/Vöhler, Martin (Hrsg.) (2009): Un/Reinheit im Kulturvergleich. München: Fink. 71 Klassisch: Bachofen, Johann Jakob (2003): Das Mutterrecht. Frankfurt am Main: Suhrkamp, und vgl. ebenso Neumann, Erich (2003): Die Große Mutter. Die weiblichen Gestaltungen des Unterbewussten. Düsseldorf: Patmos. Bedeutsam sind dann später die Arbeiten etwa von Heide Göttner-Abendroth oder von Marija Gimbutas und Ernest Bornemannn. Kritisch: Wesel, Uwe (1980): Der Mythos vom Matriarchat. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Wagner-Hasel, Beate (1992): Matriarchatstheorien der Altertumswissenschaft. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft; Röder, Brigitte/Hummel, Juliane/Kunz, Brigitta (1996): Göttinnendämmerung. Das Matriarchat aus archäologischer Sicht. München: Droemer Knaur. Auch in der Altersbildforschung werden Archetypen aufgespürt: Walker, Barbara G. (2001): Die Weise Alte. Kulturgeschichte – Symbolik – Archetypus. 3. Aufl. München: Frauenoffensive. Vgl. auch James, Edwin O. (2003): Der Kult der Grossen Göttin (1959). Bern: edition amalia. 72 Vgl. dazu Blauert, Andreas (Hrsg.) (2000): Ketzer, Zauberer, Hexen. Die Anfänge der europäischen Hexenverfolgungen. Frankfurt am Main: Suhrkamp sowie Honegger, Claudia (Hrsg.) (1988): Die Hexen der Neuzeit. Studien zur Sozialgeschichte eines kulturellen Deutungsmusters. 6. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 73 Uysal-Ünalan, Saniye (2011): Mythenrezeption als Weiblichkeitskonstruktion. ZürichBerlin: LIT.
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renzierung ist soziale Ungleichheit, die sich an Referenzsystemen sozialer Gerechtigkeit74 konstituiert. Verschachtelungen binärer Ordnungscodes: Der binäre Code des Normalen und des Anormalen wirkt hintergründig, verknüpft aber binäre Architekturen der ästhetischen (schön – hässlich), der biologischen (jung – alt, Frau – Mann) und der moralischen Ordnung (gut – böse, nochmals kombiniert mit rein – unrein) und mündet in eine komplexe Binärik von Innen und Außen, der Insider und der Outsider, der Inklusion in reziproker Konstitution zur Exklusion. Kulturgeschichtlich dabei als Hintergrundserkenntnis ist immer wieder erneut zu reflektieren, dass die Geburtsstunde der Gerechtigkeitsdiskurse der religionsgeschichtliche Kontext der Entstehung der Hochkulturen war.75
74 Ladwig, Bernd (2011): Gerechtigkeitstheorien zur Einführung. Hamburg: Junius. Vgl. auch Art. „Gerechtigkeit/Recht“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/ Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 197 – 203. 75 Assmann, Jan/Janowski, Bernd/Welker, Michael (Hrsg.) (1998): Gerechtigkeit. Richten und Retten in der abendländischen Tradition und ihren altorientalischen Ursprüngen. München: Fink.
Exkurs: Strukturale Analyse bei Edmund Leach und der pathosophische Blick bei Viktor von Weizsäcker Meine Sicht findet sich durchaus fundiert bei Leach (1910 – 1989). „Wenn wir z. B. eine Braut mit einem weißen Schleier kennzeichnen und eine Witwe mit einem schwarzen, verwenden wir das Gegensatzpaar weiß-schwarz nicht nur als Ausdruck für Braut-Witwe, sondern auch für gut-schlecht und eine ganze Kette untergeordneter harmonischer Metaphern wie glücklich-traurig, rein-unrein usw.“1 Und: „Der christlich-europäische Brauch, Bräute mit einem weißen und Witwen mit einem schwarzen Schleier zu verhüllen, markiert zwei Punkte ein und derselben Nachricht. Bräute treten in die Ehe ein, Witwen verlassen sie. Zwischen den beiden Arten von Verschleierungen besteht eine logische Entsprechung, die wir leicht übersehen, weil die beiden Ereignisse normalerweise zeitlich weit voneinander getrennt sind.“2 Binäre Codes sind für Leach Denkvorgänge, die soziale Klassifikation und soziale Ordnungen hervorbringen. Binäre Codes (etwa Innen – Außen) schaffen Grenzen3 und beachten weniger die Kontinuitäten: „Es liegt in der Natur solcher Grenzmarkierungen, dass sie Mehrdeutigkeiten involvieren und eine Quelle von Konflikten und Ängsten sind.“ „Dieses Prinzip, dass Grenzen immer künstliche Unterbrechungen von etwas von Natur aus Kontinuierlichem sind (etwa das Altern als Prozess des jungen Menschen zum alten Menschen hin – Anm. F. S.-N.), und dass die Mehrdeutigkeit, die Grenzen als solchen innewohnt, eine Quelle von Ängsten ist, gilt für die Zeit ebenso wie für den Raum.“4 Zur Bewältigung solcher Statuspassagen verweist Leach auf rituelle Prozesse. „Soziale Raumgrenzen (…) treten noch in zahlreichen anderen Kontexten (…) auf, vor allem bei den mannigfachen Arten, wie man zwischen ,kultivierten‘ und bewohnbaren Gebieten und der ,Wildnis‘ unterscheidet, zwischen Stadt und Land, zwischen heiligen Bezirken und profanen Wohnbereichen usw.“5 1
Leach, Edmund (1978): Kultur und Kommunikation. Zur Logik symbolischer Zusammenhänge. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 29 (kursiv auch im Original). 2 Leach, Edmund (1978): Kultur und Kommunikation. Zur Logik symbolischer Zusammenhänge. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 38 (kursiv auch im Original). 3 Art. „Grenze/Grenzziehung“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 266 – 267. 4 Leach, Edmund (1978): Kultur und Kommunikation. Zur Logik symbolischer Zusammenhänge. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 46. 5 Leach, Edmund (1978): Kultur und Kommunikation. Zur Logik symbolischer Zusammenhänge. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 47.
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Leach ordnet dann die Verschachtelung der binären Codes an: „Normal/anormal = zeitlich/zeitlos = klarumrissene Kategorie/mehrdeutige Kategorie = im Zentrum/am Rande = profan/heilig.“6
Im Schnittbereich der Pole des binär codierten Spannungsfeldes findet sich der Mechanismus des Tabus. Ich muss bei der Herausarbeitung des strukturalen Blicks, der Wirklichkeitserzeugung durch binäre Klassifikationssysteme des kulturell gebundenen Menschen betont, nicht bei Leach allein verweilen. Auch die Pathosophie von Viktor von Weizsäcker (1886 – 1957)7 kann ich heranziehen. Schon einleitend in seiner Pathosophie formuliert er: „Denn was krank ist, das ist auch unschön und ist auch nicht recht.“ (S. 15) Das könnte man falsch verstehen, doch rückt von Weizsäcker diese Verschachtelung binärer Codes kritisch zurecht. Nicht unpolemisch argumentiert er: „Und man kann die Spannweite des Begriffes ,Sollen‘ bewundern, der mit dem Sittlichen und dem Schönen auch noch den des Gesunden umfaßt.“ (S. 91) Die „Kompaßnadel im Dasein“ sei oftmals auf Gutes, Schönes, Wahres, Gesundes und Vollkommenes“ gerichtet (S. 93). Doch das sei naiv. Das Leben sei immer nur ein Kampf mit Leiden, Krankheit und Schmerz. Damit – das ist reinste Mythopoetik – rückt das Unnormale ins Zentrum, das Normale an den Rand; wie überhaupt die Differenz angesichts des Kontinuums fraglich ist. Dennoch sind die binären Codes, die das Gesunde mit dem Guten und Schönen verknüpfen, dominant. Die Suche nach dem so definierten Glück mag menschlich, allzu menschlich sein. Nur grenzt sie als konstitutiven logischen Gegenpol das Kranke und Hässliche als das Böse und Unreine aus. Komme ich auf seine Theorie des Gestaltkreises (S. 395 ff.) (den ich ganz im Sinne von Bubers dialogischer Seinslehre der personalen Existenz transaktional lese und im Um-Gang zwischen den Menschen als Ontologie des „Zwischen“ deute8) zu sprechen, so passt seine Formulierung, „im Worte Gestaltkreis“ sei „eine Struktur des Verkehrs zwischen Lebewesen festgehalten“ (S. 402) zu meinem Befund, in der Ausgrenzung des Anderen nur eine Deformation des menschlichen Existenzmodus des „Zwischen“ zu verstehen. Insofern liefert mir die Gestaltkreis-Theorie ebenso wie eine daseinsanalytisch und existenzanthropologisch gelesene FunktionskreisTheorie von Uexküll die Basis, um ein verfehltes Dasein zu klassifizieren. Exemplarisch ist hier die (mit Blick auf die zeitliche Ordnung9) fehlende Zukunfts-Offenheit des Menschen im depressiv-melancholischen10 Formenkreis zu nennen. 6 Leach, Edmund (1978): Kultur und Kommunikation. Zur Logik symbolischer Zusammenhänge. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 47. 7 Weizsäcker, Viktor von (2005): Pathosophie. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 8 Zu Buber vgl. auch Mbogu, Nicholas Ibeawuchi (2007): Person und das dialogische Denken Martin Bubers. Berlin: Logos. 9 Waldenfels, Bernhard (2010): Phänomenologie in Frankreich. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 405 ff. zu Eugene Minkowski (1885 – 1972). 10 Burton, Robert (2001): Die Anatomie der Melancholie. 3. Aufl. Mainz: Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung. Vgl. auch Art. „Melancholie“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008):
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Und auch bei Viktor von Weizsäcker muss ich nicht stehen bleiben. Ich kann intensiv auf Roger Caillois (1913 – 1978)11, und über ihn vermittelt, auf den Sinologen Marcel Granet (1884 – 1940)12 und Robert Hertz (1881 – 1915)13, alle dem Durkheim-Mauss-Kreis zuzuordnen, zurückgreifen. Gemäß Granet lässt sich, so Caillois (S. 87 ff.), das Verhältnis der Prinzipien von Yin und Yang bi-polar14 und als mehr-dimensionale Verschachtelung von binären Codes (Winter – Sommer, Mann – Frau, Außen – Innen etc.) verstehen. Eine ähnliche Verschachtelung binärer Codes leistet, so Caillois (S. 51 ff.), analytisch Hertz in seiner Studie zu „links“ und „rechts“ in der (vergleichenden) Kulturgeschichte.15 Doch bleibe ich bei Caillois selbst. Er konstatiert die Möglichkeit einer Art von sozialer Geographie des Reinen und des Unreinen (S. 62). Das Gute ist im Zentrum, das Böse ist in der Peripherie (S. 66). Im Zentrum geht es um Kohäsion, in der Peripherie um Auflösung (S. 67). Das Draußen ist geprägt vom Dämonischen, von Monstern und von Epidemien, von Verderben. Das Innen ist Ort der Harmonie, des Guten. Das Innen des Zentrums ist Ort des Lichtes, die Peripherie ist der Raum des Dunklen. Es ist ein ethnologisch weit verbreitetes Motiv von Licht und Finsternis, das hier wirksam wird.16 Und vor ihm, den solarisch17 gedachten Gott (im alttestamentlichen Fall vom Wettergott18 vegetationsreligionsgeschichtlich abstammend, wie eine breite Fachliteratur darlegen konnte), weichen auch die Dämonen dahin.19 So korrelieren die Dichotomien der Hygiene mit den Dichotomien der Moral (S. 70). In der Geschichte der Zivilisation lässt sich, so Caillois (S. 70), diese Verschachtelung binärer Codes zunehmend erkennen: „Der Gegensatz von Gekrümmt Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 479 – 480. 11 Caillois, Roger (1980): Der Mensch und das Heilige. (3., erweiterte Aufl., ursprünglich 1939). München-Wien: Hanser. 12 Vgl. Granet, Marcel (1988): Die chinesische Zivilisation. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Granet, Marcel (1985): Das chinesische Denken. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 13 Hertz, Robert (2007): Das Sakrale, die Sünde und der Tod. Religions-, kultur- und wissenssoziologische Untersuchungen. Konstanz: UVK. 14 Eliade, Mircea (1979): Geschichte der religiösen Ideen. Bd. 2. Freiburg i. Br. u. a.: Herder, S. 23. 15 Luschey, Heinz (2002): Rechts und Links. Untersuchungen über Bewegungsrichtung, Seitenordnung und Höhenordnung als Elemente der antiken Bildsprache. Tübingen-Berlin: Wasmuth. 16 Vgl. auch Eliade, Mircea (1979): Geschichte der religiösen Ideen. Bd. 2. Freiburg i. Br. u. a.: Herder, S. 395. 17 Vgl. Arneth, Martin (2000): Sinne der Gerechtigkeit. Studien zur Solarisierung der Jahwe-Religion im Lichte von Psalm 72. Wiesbaden: Harrassowitz. 18 Vgl. Müller, Reinhard (2008): Jahwe als Wettergott. Studien zur althebräischen Kultlyrik anhand ausgewählter Psalmen. Berlin-New-York: de Gruyter; Leuenberger, Martin (2011): Gott in Bewegung. Religions- und theologische Beiträge zu Gottesvorstellungen im alten Israel. Tübingen: Mohr Siebeck. 19 Campbell, Joseph (1992): Die Masken Gottes. Bd. 3: Mythologie der Westens. München: dtv, S. 91.
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und Gerade wird in die Geometrie verwiesen, der von Gerade und Ungerade in die Arithmetik, der von Sauber und Schmutzig in die Hygiene; der Gegensatz von Gut und Böse bleibt der Ethik und der von Gnade und Sünde der Religion vorbehalten.“ (S. 71) Gesellschaft als symbolischer Kosmos ist die Verknüpfung all dieser dichotomen Dimensionen zu einer Ordnung, einer Ordnung des Denkens, des Sehens, des Fühlens, …., des Tuns etc. Zurück in die Einleitung. Archaik und Modernität: die falsche Differenz: So gesehen sind wir nie völlig modern gewesen, sondern schleppen, ganz in der Tradition von Durkheims Soziologie der Erkenntnis und des Wissens sowie der symbolischen Ordnungen20 argumentierend, archaische soziale Klassifikationsmechanismen mit uns herum, lassen sie in verschlungenen Pfaden sozial in den Interaktionsordnungen21 unserer alltäglichen Lebenswelten22 wirken und generieren so auch ganze Code-gesteuerte praktische Handlungssysteme symbolischer Ordnungsmächte. Der moderne Mensch „ist abergläubisch, wenn sich das auch nicht in Opfergaben für die Götter, rituellen Beschwörungen oder Achten auf Unglückstage oder Vorzeichen auszudrücken braucht.“23 Ich bin daher der Meinung, die Probleme des Miteinanderlebens sind nicht rein aus der aktuellen oder jüngst-historischen Zeitgeschichte des Gesellschaftlichen, in dem die personalen Biographien eingebettet sind und die die Zeitgeschichte durch ihre Zukunftsorientierung wiederum transzendieren, (im Sinne einer hermeneutischen Soziologie als Wirklichkeitswissenschaft24) sinnhaft zu verstehen und dadurch zu erklären. Lebensgeschichte und kollektive Zeitgeschichte bleiben ebenso verstrickt in die längerfristig wirksamen kulturgeschichtlichen Pfadzusammenhänge, die von langer Dauer25 sind, so dass hier nicht nur strukturgeschichtliche „Sattelzeiten“26, sondern auch übersäkulare Bahnungen wirksam werden.27 20 Durkheim, Émile (1993): Schriften zur Soziologie der Erkenntnis. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 21 Goffman (1922 – 1982), Erving (2010): Interaktionsrituale. 9. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Vgl. auch Art. „Interaktion“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 153 – 156. 22 Schütz, Alfred (1974): Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Zu Schütz (1899 – 1959) vgl. auch Endreß, Martin (2006): Alfred Schütz. Konstanz: UVK. 23 Schildt, Göran (1954): Im Kielwasser des Odysseus. Wiesbaden: Brockhaus, S. 78. 24 Vgl. dazu Schröer, Norbert/Bidlo, Oliver (2011): Die Entdeckung des Neuen. Qualitative Sozialforschung als hermeneutische Wissenssoziologie. Wiesbaden: VS. Vgl. ferner Raab, Jürgen/Pfadenhauer, Michaela/Stegmaier, Peter/Dreher, Jochen/Schnettler, Bernt (Hrsg.) (2008): Phänomenologie und Soziologie. Wiesbaden: VS. 25 Braudel (1902 – 1985), Fernand (1977): Geschichte und Sozialwissenschaften. Die longue durée. In: Honegger, Claudia (Hrsg.): Schrift und Materie der Geschichte. Vorschläge zur systematischen Aneignung historischer Prozesse. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 47 – 85.
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Hermeneutik binärer Mechanismen: Damit gewinne ich, ohne einfach den alten neu-kantianischen Methodendualismus (Geistes- versus Naturwissenschaften) wieder aufleben lassen zu wollen, erneut eine gewisse Komplexität im wissenschaftlichen Verstehen und Erklären (zurück), nachdem diese Komplexität im Lichte naturwissenschaftlich-nomothetischer Modellorientierungen in der Suche nach dem einfachsten (nutzentheoretischen28) Kalkül versickerte. Meines Erachtens fehlt es aber der erklärenden Soziologie deutlich an einer Hermeneutik der kulturellen Mechanismen, die die statistischen Variablenzusammenhänge überhaupt erst generieren und eben lebensweltlich29 verstehen lassen.30 Eine solche Verschachtelung der Geschichten hatte Aby Warburg (1866 – 1929)31 methodologisch aufgespürt. Das erinnert sehr an kulturelle Überlagerungen und dadurch komplex verschachtelte Schichtungen in der Hermeneutik der sozialen Wirklichkeit des Altertums (etwa bei Usener [1834 – 1905]32 oder von Wilamowitz-
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Koselleck, Reinhart (1971): Über die Theoriebedürftigkeit der Geschichtswissenschaft. In: Conze, Werner (Hrsg.): Theorie der Geschichtswissenschaft und Praxis des Geschichtsunterrichts. Stuttgart: Klett-Cotta, S. 10 – 28, hier S. 14 f. 27 Duby (1919 – 1996), Georges/Lardreau, Guy (1982): Geschichte und Geschichtswissenschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Sarasin, Philipp (2010): Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse. 3. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Haussmann, Thomas (1991): Erklären und Verstehen: Zur Theorie und Pragmatik der Geschichtswissenschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Iggers, Georg G. (1996): Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert. Ein kritischer Überblick im internationalen Zusammenhang. 2. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 28 Vgl. kritisch Niemann, Hans-Joachim (2011): Die Nutzenmaximierer. Der aufhaltsame Aufstieg des Vorteilsdenkens. Tübingen: Mohr Siebeck. 29 Hahn, Achim (1994): Erfahrung und Begriff. Zur Konzeption einer soziologischen Erfahrungswissenschaft als Beispielshermeneutik. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 305: „Es muss verhindert werden, dass Wohnen ,vor jeder konkreten Fallbetrachtung schon definitorisch‘ abgehandelt wird, ohne die an lebensweltliche Horizonte gebundenen Erfahrungen der Menschen mit ,Wohnen‘ wahrzunehmen.“ 30 Wenn man sich daher auch den qualitativen Verfahren zuwendet, muss bedacht werden, dass es hier nicht nur verschiedene interpretative Methoden gibt, sondern dahinter jeweils ganz andere Wirklichkeitsverständnisse stehen. Vgl. dargelegt in Kauppert, Michael (2010): Erfahrung und Erzählung. Zur Topologie des Wissens. 2., korr. Aufl. Wiesbaden: VS. Methodenvielfalt betrieb man auch in der klassischen Marienthal-Studie: vgl. dazu Müller, Reinhard (2008): Marienthal. Das Dorf – die Arbeitslosen – die Studie. Innsbruck u. a.: Studien Verlag. Und es sei noch angemerkt angesichts der Kritik am Wissenschaftsstatus qualitativer Studien, dass einer der Ursprünge der modernen empirischen Sozialforschung die Sozialreportage war: vgl. Lindner, Rolf (2007): Die Entdeckung der Stadtkultur. Soziologie aus der Erfahrung der Reportage. Frankfurt am Main-New York: Campus. Dazu auch mit Blick auf die Chicagoer Schule: Christmann, Gabriela (2007): Robert E. Park. Konstanz. UVK. 31 Warburg, Aby (2011): Werke in einem Band. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp; dazu auch Forster, Kurt W. (2011): Aby Warburg zur Einführung. Hamburg: Junius; Rösch, Perdita (2010): Aby Warburg. München: Fink (UTB). 32 Usener, Hermann (1948): Götternamen. Versuch einer Lehre von der religiösen Begriffsbildung. Frankfurt am Main: G. Schulte-Bulmke.
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Moellendorff [1848 – 1931]33, wenn es um die genetisch-synchrone Freilegung der verschiedenen Komponenten der Religionsgeschichte geht34). In der Analyse der Möglichkeiten eines sozialen Wandels im Lichte von ideellen Innovationen35 ist nach den notwendigen Voraussetzungen und den hinreichenden Bedingungen zu fragen. Auch hier überlagern sich verschiedene Schichtungen von Wirkkräften, die verschachtelt sind. Menschen sind in diese Ablagerungsüberschichtungen „verstrickt“. Dabei wird die Relevanz dieser Schichtungsfreilegungen deutlich: Nicht alle Blockaden sind oberflächlichen Interessenskonstellationen geschuldet. Das ist der im schlechten Sinne36 abstrakte Blick der Rational choice-Theorie37. Das ist anthropologisch nicht hinreichend gedacht. Vor allem die seelischen Dispositionszusammenhänge der Akteure lassen sich psychologisch nur im Kontext von angemessen tief forschenden kulturwissenschaftlichen Analysen entdecken und verstehen. Nur dann wird man die Entstehung und Entwicklung von „Innovations-Biotopen“ (Johannes Rüegg-Stürm38) verstehen lernen. Der Umgang mit dem Alter, um auf den eigentlichen Gegenstand der Betrachtung nach diesen kurzen und dichten methodologischen Überlegungen zurückzukommen, unterliegt demnach der Gefahr der Ausgrenzung durch einen verwickelten ästhetisch-medizinisch-moralischen Ordnungscode, der, um in der „Analytik der Macht“39 von Foucault (1926 – 1984) zu denken, die Diskurse und die institutionellen Praktiken prägt.40 Dies zeigt sich allgemein in den vorherrschenden Altersbildern41. Aber dies zeigt sich eben auch in der binären Codierung der Morphologie des Wohnens im Alter. 33
Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von (1959): Der Glaube der Hellenen. (1931). 3., durchges. Aufl. 2 Bde. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 34 Beide seien hier schon genannt, weil ich später nochmals auf beide zurückkommen werde. 35 Hier zeichnet sich eine verstärkte Forschung zur Thematik sozialer Innovationen ab: vgl. etwa Kristof, Kora (2010): Models of Change. Einführung und Verbreitung sozialer Innovationen und gesellschaftlicher Veränderungen in transdisziplinärer Perspektive. Zürich: vdf Hochschulverlag; Wendt, Wolf Rainer (Hrsg.) (2005): Innovation in der sozialen Praxis. BadenBaden: Nomos; Howaldt, Jürgen/Schwarz, Michael (Hrsg.) (2010): „Soziale Innovation“ im Fokus. Skizze eines gesellschaftstheoretisch inspirierten Forschungskonzepts. Bielefeld: transcript. 36 Hier ist eine Anlehnung an Whitehead möglich: vgl. Whitehead, Alfred North (2001): Denkweisen. (1936). Frankfurt am Main: Suhrkamp. 37 Braun, Norman/Gautschi, Thomas (2011): Rational-Choice-Theorie. Weinheim-München: Juventa. 38 Aus einem Vortrag am 4. 10. 2011 in Zürich. 39 Foucault, Michel (2011): Analytik der Macht. 4. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 40 Foucault, Michel (2009): Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften. 21. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 41 BMFSFJ (Hrsg.) (2010): Sechster Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland – Altersbilder in der Gesellschaft. Deutscher Bundestag. 17. Wahlperiode. Drucksache 17/3815 vom 17. 11. 2010. Berlin.
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„Sondereinrichtungen“: Das Normale ist das Private, die private Häuslichkeit der amtlichen Statistik. Andere Wohnformen im Alter, vor allem das Heim, sind die „Sonderwohnformen“. Die Ausgrenzungslogik der Sonderschule (die „Klötzchenaufbauschule“ nannte man es in meiner Kindheit) lässt grüßen. Die Sonderschule42 war, so erinnere ich mich gut, gleich neben meiner Hauptschule, räumlich ihr zugangsmäßig sogar vorgesetzt, so dass man Zugang und Abgang zur und aus der Hauptschule nur über den Weg entlang der Sonderschule realisieren konnte. Ich kann mich zwar nicht an Ekel und Abscheu erinnern, aber die Scham, wohl möglich zum Kreis der Nutzer der Sonderschule gezählt zu werden, wenn man an ihr vorbei geht, war ausgeprägt. Die Schritte waren beschleunigt, ganz im Gegensatz zur sonstigen klüngeligen Zeit, die man sich auf dem Rückweg nach Hause nahm, vor allem, wenn es wieder einmal eine mangelhafte Note gab, die elterlich abgezeichnet werden musste. So inkorporierte mein Gehverhalten, meine zeitliche Ordnung des Rückweges, doch zumindest ansatzweise, wenn auch relativ schwach ausgeprägt, eine komplex verschachtelte dispositive Ordnung der moralisierten Ästhetik oder der ästhetisierenden Moral, verdichtet auf die Scham, Dritte würden glauben, ich wäre ein Zugehöriger der Ausgegrenzten. Das zentrale Motiv hierbei ist die Scham43. Einer der stabilsten negativen Mythen, der mythopoetisch44 eben nicht (im Sinne einer positiven Kulturbedeutung) sinnhaft Existenzerhellung45 ermöglicht, in dem auch der Alltagsmensch im vor-wissenschaftlichen Reflexionsraum seine philosophische Anthropologie seines Daseins denkt, besteht darin, im privaten Raum der Häuslichkeit die Autonomie topologisiert zu sehen, in anderen Wohnformen immer Orte der Abhängigkeit. Die soziale Wirklichkeit ist dagegen komplizierter. Chimäre der Privatheit als Raum der Autonomie: Auch private Welten sind Orte der Abhängigkeit, der Gewalt, der Vernachlässigung, der Verwahrlosung, der Vereinsamung. Die Fixierung auf die Privatheit um jeden Preis bis ins höchste Alter hinein kann eine Blickverengung induzieren; das Spektrum der Möglichkeiten wird reduziert auf Dualismen, die nicht optimal sind, wenn es um Passungsfähigkeiten in der Findung von Wohnarrangements geht.
42 Pfahl, Lisa (2011): Techniken der Behinderung. Der deutsche Lernbehinderungsdiskurs, die Sonderschule und ihre Auswirkungen auf Bildungsbiografien. Bielefeld: transcript. 43 Vgl. dazu auch Wurmser, Léon (2010): Die Maske der Scham. Die Psychoanalyse von Schameffekten und Schamkonflikten. Magdeburg: Dietmar Klotz. 44 Damit spreche ich implizit auch das weite Thema einer epistemologischen Konkurrenz und Interferenzsituation zwischen Wissenschaft und Poetik an. Dazu u. a. Kohlross, Christian (2010): Die poetische Erkundung der wirklichen Welt. Literarische Epistemologie (1800 – 2000). Bielefeld: transcript; Klinkert, Thomas (2010): Epistemologische Fiktionen. Zur Interferenz von Literatur und Wissenschaft seit der Aufklärung. Berlin-New York: de Gruyter; Renneke, Petra (2009): Poesie und Wissen. Poetologie des Wissens der Moderne. Heidelberg: Winter. 45 Jaspers (1883 – 1969), Karl (1973): Philosophie, Bd. 2: Existenzerhellung. 4., unveränd. Aufl. Berlin: Springer.
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Pluralismus und Passung: Wir müssen uns stattdessen, dafür plädiere ich in epistemischer Absicht, mit Blick auf eine biographisch relationierte Präferenzgerechtigkeit im lebenslagentheoretisch fassbaren Dreieck von Bedarf, Ressourcen und Wünschen eine Welt multipler Optima vorstellen, nicht eine dichotome Ordnung. Dies war eine der Hauptergebnisse der empirischen Studie, die ich mit Mitarbeiterinnen durchgeführt habe und auf die gleich noch einzugehen sein wird (Kapitel I.). Diese Orientierung an multiplen Optima hat nicht viel mit einem oberflächlichen Pluralismus der Präferenzen – und hier verlasse ich den Bezugsraum des oberflächlichen (Kritizismus46-vergessenen) formalen Wohlfahrtsökonomismus – zu tun. Ein Möglichkeitsraum multipler Optima wäre das Resultat einer kulturellen BlickVerschiebung (Teil einer historischen Bildung der Sinne47, wie auch die der Entdeckung der Perspektivität48)49, nämlich (mit Folgen für die praktische Tuns-Ordnung) vom Dualismus binärer Codes hin zu einer neuen Ordnung des Denkens und des Handelns, die gestaltartige Passungen für Personen mit ihren jeweiligen Lebenslagen ermöglichen. Damit würde die Gesellschaft die Wahrscheinlichkeit reduzieren, dass Menschen im höheren Alter daran scheitern, nochmals in der letzten Phase soziale Räume personaler Autonomie zu realisieren. Bevor ich kurz zur Studie komme, sei nochmals erläutert, was ich damit meine, dass die Sinne neu geordnet werden müssen, soll soziale Reform geschehen können. Das Sehen wird nicht nur im Theater50 inszeniert51; aus bildwissenschaftlicher52 Sicht wäre zu argumentieren, dass jede soziale Praxis vermittels der Vergesellschaftung des Sehens soziale Realität produziert. Sozialer Wandel ist demnach nur möglich, wenn sich zugleich die Bilder, die die Menschen sich von der Realität machen, 46
Petrak, Peter (1999): Ethik und Sozialwissenschaft. Regensburg: transfer. Jütte, Robert (2000): Geschichte der Sinne. München: Beck, dort S. 17 ff. 48 Edgerton, Samuel Y. (2002): Die Entdeckung der Perspektive. München: Fink. Vgl. auch Art. „Perspektive“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 566 – 567. 49 Zur gesamten Praxis-Problematik des Sehens im Verhältnis zur Einsicht vgl. auch Schürmann, Eva (2008): Sehen als Praxis. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Ritter, Stefan: (2008): Alle Bilder führen nach Rom. Eine kurze Geschichte des Sehens. Stuttgart: Klett-Cotta. 50 Röttger, Kati/Jackob, Alexander (Hrsg.) (2009): Theater und Bild. Inszenierungen des Sehens. Bielefeld: transcript. Vgl. auch Art. „Theaterwissenschaft“ in Fischer-Lichte, Erika/ Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. StuttgartWeimar: Metzler, S. 351 – 358. 51 Art. „Inszenierung“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 146 – 153 sowie Art. „Inszenierung“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 321 – 322. 52 Schulz, Martin (2009): Ordnungen der Bilder. Eine Einführung in die Bildwissenschaft. 2., überarb. u. erw. Aufl. München: Fink. Vgl. auch Art. „Bild“ in Fischer-Lichte, Erika/ Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. StuttgartWeimar: Metzler, S. 43 – 46; Art. „Bildwissenschaft“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 70 – 72. 47
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wandeln. Dies betrifft die Situationsdiagnostik ebenso wie die Zielentwürfe. Man muss hier „Zeigen“53, Wege zeigen, Perspektiven als Möglichkeitsräume entwerfen und anschaulich (eben konkret) machen, so dass hier Anmutungen entstehen. Finanziert und gefördert von Generali Zukunftsfonds und der Stiftung trias, wobei die Stiftung trias zugleich im Rahmen ihres vielfältigen innovativen Engagements den Zugang zu den Wohnprojekten ermöglichte, hat das Seminar für Sozialpolitik Ende 2010/Frühjahr 2011 eine qualitativ-explorative Studie durchgeführt.54 Befragt wurden BewohnerInnen, Angehörige und das Personal in einer Demenz-Wohngemeinschaft55, einer MS-Wohngemeinschaft und in einem integrierten Mehrgenerationen(wohn)haus in drei Großstädten in Deutschland. Untersucht wurden die sozialen Prozesse des Gebens und Nehmens und die darin eingebetteten Aktivierungspotenziale mit Blick auf die Lebensqualität und das Persönlichkeitswachstum der Menschen. Im inter-disziplinären und multi-thematischen Schnittbereich von Überlegungen (aber eher ausblickshaft) aus der Sicht einer Sozialökonomik der Kosten-Effektivität einerseits und (schwerpunktartig) einer Betrachtung der Versorgungs- und der daraus resultierenden Lebensqualität andererseits zeichnen sich Outcomes-Befunde ab, die auch auf eine attraktive Kosten-Effektivität solcher Wohnsettings im Vergleich zur Heimsituation hinweisen. Und ein (psychodynamischer56) Aspekt bipolaritätspsychologischer Sichtweise57 – das Systole-Diastole-Balance-Problem58 – ist uns, wenngleich nicht vollends überraschend, im Verlauf der Studie überaus deutlich geworden: Die individuell
53 Schmidt, Michael/Stock, Wiebke-Marie/Volbers, Jörg (Hrsg.) (2011): Zeigen. Dimensionen einer Grundtätigkeit. Weilerswist: Velbrück. 54 Schulz-Nieswandt, Frank/Köstler, Ursula/Langenhorst, Francis/Marks, Heike: Neue Wohnformen im Alter. Wohngemeinschaften und Mehrgenerationenhäuser. Stuttgart: Kohlhammer. 55 Zu Demenz-Wohngemeinschaften und zu Institutionalisierungsrisiken von Demenzkranken vgl. in Dapp, Ulrike (2008): Gesundheitsförderung und Prävention selbständig lebender älterer Menschen. Eine medizinisch-geographische Untersuchung. Stuttgart: Kohlhammer, S. 181 ff., 186 ff. 56 Mentzos, Stavros (2010): Lehrbuch der Psychodynamik. 4. überarb. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 57 Anschaulich als Charakterneurosenlehre bei König, Karl (1995): Charakter und Verhalten im Alltag. Göttingen-Zürich: Vandenhoeck & Ruprecht. 58 Vgl. zum Beispiel im Fall von Hermann Hesse (1877 – 1962): Bieliková, Mária (2007): Bipolarität der Gestalten in Hermann Hesses Prosa. Hamburg: Kovac; auch schon behandelt in Schulz-Nieswandt, Frank (2006): Sozialpolitik und Alter. Stuttgart: Kohlhammer, S. 31 f.; auch in Schulz-Nieswandt, Frank (2002): Zwischenwelten. Elias Maya. Archetypische Bilder und Grundthemen menschlicher Existenz in der Malerei von Elias Maya. Koblenz: Garwain, S. 49 ff.
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optimale Wahl der Wohnform hängt biographisch von der personalen Balance zwischen Nähe und Distanz ab.59 Die Studie schließt mit einigen kommunalpolitischen Überlegungen. Genau diese eher politischen Schlussfolgerungen, nun aber stärker theoretisch (post-strukturalistisch60 wie auch61 im Lichte einer philosophischen Anthropologie62) reflektiert, sind jetzt Gegenstand der vorliegenden Abhandlung. Die zentrale Forschungsfragestellung: Ich frage nach den Voraussetzungen und Möglichkeiten neuer (aber sicherlich nicht ganz neuer) Formen gemeinschaftlichen Wohnens im Alter (und im Generationenverbund) im kommunalen Kontext des städtischen oder ländlichen Wohnumfeldes, Quartiers, sozialen Raumes63. Mehr noch: Was sind die geheimen (in der qualitativen Sozialforschung erst ethnographisch aufzudeckenden64) kulturellen Mechanismen, die diesem Problemfeld unterliegen? Wieso bleiben soziale Innovationen blockiert, zumindest gehemmt in ihrer Implementation und Diffusion zunächst im diskursiv-politischen Raum der Projektideen und -diskussion, dann im sozialen Raum der faktisch-kulturellen Umsetzung (vgl. auch Kapitel VI. und VII.)? Gefragt wird nach der kulturellen Grammatik des Geschehens, aber auch nach der Psycho-Logik dieses sozialen Geschehens.65 59
Dazu auch Stöbe, Sylvia (1992): Privatheit – Privater Raum. Über den Wandel vom psychischen zum räumlichen Rückzug und seine Auswirkungen auf die Grundrissgestaltung der Wohnung. Kassel: Kassel University Press. 60 Zu den Schwierigkeiten der Begriffsbildung und zur Unübersichtlichkeit (in der Einteilung und Sortierung) der Positionen vgl. auch Frank, Manfred (1983): Was ist Neostrukturalismus. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 61 Vgl. dazu auch Fischer, Joachim (2008): Strukturalismus, Philosophische Anthropologie und Poststrukturalismus. In: Kauppert, Michael/Funcke, Dorett (Hrsg.): Wirkungen des wilden Denkens. Zur strukturalen Anthropologie von Claude Lévi-Strauss. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 175 – 191. 62 Fischer, Joachim (2009): Philosophische Anthropologie. Freiburg i. Br.: Alber. 63 Michell-Auli, Peter (2011): Ein Kernbaustein der KDA-Quartiershäuser: Der sozialraumorientierte Versorgungsansatz. In: Pro Alter 43 (5), S. 13 – 19. Vgl. auch zu transaktionalen Zusammenhängen von Angeboten und Nutzung Falk, Katrin/Heusinger, Josefine/Kammerer, Kerstin/Khan-Zvornicanin, Meggi/Kümpers, Susanne/Zander, Michael (2011): Arm, alt, pflegebedürftig. Selbstbestimmungs- und Teilhabechancen im benachteiligten Quartier. Berlin: edition sigma. 64 Berg, Eberhard/Fuchs, Martin (Hrsg.) (2009): Kultur, soziale Praxis, Text. Die Krise der ethnographischen Repräsentation. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 65 Ich verweise ganz zentral auf Schulz-Nieswandt, Frank/Sauer, Michael (2010): Qualitative Sozialforschung in der Gerontologie – forschungsstrategische Überlegungen und implizite Anthropologie in der Gegenstandsbestimmung. In: Meyer-Wolters, Hartmut/Breinbauer, Maria Ines u. a. (Hrsg.): Transdisziplinäre Alter(n)sstudien. Gegenstände und Methoden. Würzburg: Königshausen & Neumann, S. 93 – 117. Eine Besonderheit der qualitativen Forschung besteht im Rahmen dieser doppelten Qualifizierung zwischen Engagement und Distanzierung in der Problematik des „zum Sprechen bringen“ der vor- und unbewusst-bleibenden Sprache des Sozialen als Funktion ihrer kulturellen Grammatik. Und somit entdeckt der Ge-
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D. h.: Ich frage nach der Möglichkeit einer kommunalen „Gastfreundschaftskultur“66 für den homo patiens in seinen Formen des chronisch Erkrankten, des Behinderten, des Demenzkranken etc. (vgl. Kapitel III.). Das Kölner Seminar für Sozialpolitik (in Personalunion mit dem Seminar für Genossenschaftswesen, ein Aspekt, der angesichts der gabeanthropologischen, reziprozitätssoziologischen und gratifikationspsychologischen Aspekte der Forschung betont werden darf67) hat also die genannte kleine qualitativ-explorative Studie durchgeführt. Das Thema waren68, wie gesagt, neue Wohnformen im Alter(n), die nicht in die Klassifikationslogik des binären Codes von autonomer privater Häuslichkeit (aus Sicht kritischer Theorie mitunter eine reine Chimäre69)70 einerseits und totaler Institution der stationären Langzeitpflege andererseits passen. In die Publikation gingen Theorien über die objekttheoretische Fragestellung des Wohnens als sozialer Prozess ein; hier nun, in dieser, wenn man so will, Nachfolge- und Vertiefungsstudie, gehen Theorien einer anderen Reflexionsebene ein. Es geht um die Realitätschance neuer Wohnformen, liberaler (aber auch platter) gesprochen: der Pluralisierung und Ausdifferenzierung der Wohnformlandschaften. Binäre Codes zur Konstruktion sozialer Wirklichkeit sind, schaut man sich die Befunde der strukturalen (von mir als post-strukturalistisch71 verstanden und fortgenstand sich selbst in der Artikulation seiner narrativen Identität. Damit ist diese Forschung keine einfache Forschung am Menschen, sondern mit und durch den Menschen. Vgl. auch Bohnsack, Ralf/Marotzki, Winfried/Meuser, Michael (Hrsg.) (2006): Hauptbegriffe Qualitativer Sozialforschung. 2. Aufl., Opladen-Farmington Hills: Barbara Budrich. Vgl. auch Kalthoff, Herbert/Hirschauer, Stefan/Lindemann, Gesa (Hrsg.) (2008): Theoretische Empirie. Zur Relevanz qualitativer Forschung. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 66 Vgl. Art. „Gastfreundschaft“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/ Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 181 – 182. 67 Vgl. auch Schulz-Nieswandt, Frank (2011): Gesundheitsselbsthilfegruppen und ihre Selbsthilfeorganisationen in Deutschland. Der Stand der Forschung im Lichte der Kölner Wissenschaft von der Sozialpolitik und des Genossenschaftswesens. Baden-Baden: Nomos. 68 Dabei knüpfe ich an bereits ältere morphologische Überlegungen an: Schulz-Nieswandt, Frank (2001): Wohnen im Alter. Ein morphologischer Beitrag. In: Jenkis, Helmut W. (Hrsg.): Kompendium der Wohnungswirtschaft. 4. Aufl. München-Wien: Oldenbourg, S. 874 – 886. 69 Eine Chimäre ist an sich ein Mischwesen in der griechischen Mythologie. Heute versteht man darunter auch ein Trugbild oder eine Täuschung. Dieser Sinn ist hier gemeint. Die Figuren der Kathedrale von Notre-Dame in Paris fügen sich noch dem mythologischen Sinn. 70 Vgl. kritisch Bourdieu, Pierre (2002): Der Einzige und sein Eigenheim. Hamburg: VSA: Zur Genealogie der Privatheit vgl. auch Geuss, Raymond (2002): Privatheit. Eine Genealogie. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 71 Weil das Subjekt eben nicht tot ist, aber de-zentriert; und weil das Subjekt zwar das transzendentale Element ist, aber selbst (zum Schrecken aller Kantianer) historisch geprägt, nämlich skript-codiert ist. Vgl. dazu auch Veyne, Paul (1987): Glaubten die Griechen an ihre Mythen? Ein Versuch über die konstitutive Einbildungskraft. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 10. Anders formuliert: Ich positioniere mich nicht im Sinne des nach-strukturalistischen „methodologischen Relationismus“ von Bourdieu und statt dessen spreche ich von „methodologischen Personalismus“, weil ich die symbolisch transformierte neu-kantianische Tran-
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geführt) Kulturwissenschaft an, diachronisch72 wie synchronisch73 geradezu ubiquitär. Mit Blick auf den klassischen Strukturalismus74 kann ich es mir heute leisten75, distanziert, aber mit Blick auf den wissenschaftlichen Ertrag engagiert die strukszendentalphilosophie Cassirers mit dessen Konzept der mythopoetischen Subjektivität für die empirische Sozialforschung nutzbar machen will: Zwar ist das Subjekt de-zentriert, aber dennoch verläuft die kulturelle Grammatik des Sozialen über das Subjekt. Zwar ist das Subjekt im Knotenpunkt sozialer Relationen selbst überhaupt erst konstituiert, aber dennoch sind die sozialen Relationen immer solche der mythopoetischen Akteure. Zwar ist diese Subjektauffassung infolge der fundamentalen Sorgestruktur des Daseins existenzialphilosophisch, aber dennoch folge ich nicht Sartres Einsamkeitsstatus des Subjekts, sondern einer personologischen Perspektive, wonach der Mensch zum Sein, in das er geworfen ist, eine poetische Beziehung der Inszenierung narrativer Identität, kein einfacher Konzept-Begriff, in und durch seine Verstrickung mit den Anderen einnimmt. 72 Art. „Diachron/Diachronie“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 126. 73 Art. „Synchron/Synchronie“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 699. 74 Im Zentrum stand natürlich Claude Lévi-Strauss (1908 – 2009: vgl. dazu Kauppert, Michael [2008]: Claude Lévi-Strauss. Konstanz: UVK sowie Ruijter, Arie de [1991]: Claude Lévi-Strauss. Frankfurt am Main-New York: Campus), aber nicht nur. Schwierig zu überblicken ist auch Roland Barthes (1915 – 1980: vgl. Ette, Ottmar [1998]: Roland Barthes. Eine intellektuelle Biographie. Frankfurt am Main: Suhrkamp), aber auch, die ebenso in der vorliegenden Arbeit auch zum Zuge kommen, Jacques Lacan (1901 – 1981: Roudinesco, Elisabeth [1996]: Jacques Lacan. Bericht über ein Leben, Geschichte eines Denksystems. Köln: Kiepenheuer & Witsch), Louis Althusser (1918 – 1990), Michel Foucault (1926 – 1984) zu nennen. Zu Foucault siehe auch Eribon, Didier (2009): Michel Foucault. Eine Biographie. 3. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Andere, die Gründer (Ferdinand De Saussure [1857 – 1913]: vgl. Jäger, Ludwig [2006]: Ferdinand de Saussure zur Einführung. Hamburg: Junius) etwa, stehen im Hintergrund. Auf den osteuropäischen Strukturalismus (Prager Schule; russischer Formalismus: vgl. etwa Erlich, Victor [1973]: Russischer Formalismus. Frankfurt am Main: Suhrkamp, etc.) sei nur erinnert verwiesen. Vgl. auch Art. „Russischer Formalismus“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. StuttgartWeimar: Metzler, S. 637 – 639 sowie Art. „Prager Schule“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 594 – 595. Weitere Figuren im Geschehen wären anzuführen, etwa Lucien Goldmann (1913 – 1970). Es wäre durchaus darüber nachzudenken, ob und inwieweit der ontologische Strukturalismus, der auf die historisch-kulturelle Aktualisierung von archetypische Strukturen reflektiert, zu verknüpfen wäre mit dem genetischen Strukturalismus, der auf die Produktion sinnhafter Entsprechungsstrukturen von Herausforderungen und Antwortmustern abstellt. Hier wäre nochmals auszuloten, welchen Stellenwert Noam Chomskys (*1928) Theorie der generativen Tiefengrammatik hätte. Vgl. Chomsky, Noam (1995): Thesen zur Theorie der generativen Grammatik. 2. Auflage. Weinheim: Beltz – Frankfurt am Main: Athenäum. Wichtige Positionen sind aber ansatzweise auch die von Cicourel (*1928), Aaron V. (1974): Methode und Messung in der Soziologie. Frankfurt am Main: Suhrkamp, vor allem aber auch die von Mannheim (1893 – 1947), Karl (2003): Strukturen des Denkens. Frankfurt am Main: Suhrkamp; vgl. auch Barboza, Amalia (2009): Karl Mannheim. Konstanz: UVK sowie Hofmann, Wilhelm (1996): Karl Mannheim zur Einführung. Hamburg: Junius. Mannheim differenzierte zwischen objektivem Sinn, Ausdruckssinn und Dokumentensinn. Diese Sicht hat eine implizite Ontologie des Gegenstandes und wird mancher Kritik unterzogen; immerhin ist diese Sicht analog re-
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turalistische Tradition aufzugreifen, da die ganze einerseits modische, andererseits wohl nur im Kontext der damaligen intellektuellen Situation (auch gerade der Linken) in Frankreich zu verstehende Auseinandersetzung um den Strukturalismus heute Geschichte ist.76 Im vorliegenden Kontext erweist sich diese klassifikatorische und dadurch durchaus konstruktive Leistung des menschlichen Denkens und diese zugleich als soziale Praxis der Produktion symbolischer Ausdrucksformen77 mit gerontologischem Blick auf die Möglichkeiten gelingenden Alterns78 und des selbstbestimmten Alterns bis in die Hochaltrigkeit hinein als problematisch. Warum? Das Spektrum der Möglichkeiten des Wohnens wird durch die dichotomisierten Wahrnehmungsschemata und durch die binär codierte Situationsdefinition systematisch verengt. Dies führt zu einem Verlust an Lebensqualität im Alter(n). Eine zentrale Hypothese: Blick-Verengung als prä-regressives Syndrom: Es ist dieses Problem der Blickverengung, das mich beschäftigt. Blickverengung – quasi ein prä-regressives Syndrom (auf sich selbst oder auch auf andere Personen gerichtet) – ist immer mit Freiheitsverlust verbunden. Blick-Offenheit, eine strukturierte kognitive Re-Formulierung der pädagogisch-anthropologischen Welt-Offenheit des Menschen (im Sinne der pädagogischen Anthropologie79), ist zwar keine hinreichende Bedingung für mehr personale Freiheit im Dasein des Menschen, aber wohl eine der notwendigen Voraussetzungen. In temporaler Hinsicht impliziert Blick-Weite als Dimension der Welt-Offenheit auch eine grundlegende Zukunfts-Offenheit als Orientierungsmuster. Selbst im volutionierend geworden in der ikonologischen und ikonographischen Methode bei Panofsky (1892 – 1968); vgl. Panofsky, Erwin (2006): Ikonographie & Ikonologie. Köln: DuMont. Die soziologische Stilanalyse generierte Mannheim gerade im Kontext der Aufarbeitung der damaligen Kunsttheorie: Barboza, Amalia (2005): Kunst und Wissen. Die Stilanalyse in der Soziologie Karl Mannheims. Konstanz: UVK. Und Gerhard Weissers (1898 – 1989) wirtschaftssoziologische Lehre vom dokumentiert-institutionellen und subjektiv gemeinten Sinn des wirtschaftlichen Handelns ist hier wesensähnlich. Schulz-Nieswandt, Frank (2011): Bemerkungen zur gemeinwirtschaftlichen, einschließlich genossenschaftlichen Einzelwirtschaftslehre und Sozialpolitikwissenschaft im System der Wissenschaft von der Gesellschaftsgestaltungspolitik. Werner Wilhelm Engelhardt zum 85. Geburtstag. Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen 34 (1), S. 100 – 109. 75 Foucault zwischen Hermeneutik und Strukturalismus lesend: Rabinow, Paul (2004): Was ist Anthropologie? Frankfurt am Main: Suhrkamp. 76 Das ist gut skizziert bei Schiwy, Günther (1969): Der französische Strukturalismus. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. Umfassend Dosse, Francois (1999): Geschichte des Strukturalismus. 2 Bde. Frankfurt am Main: Fischer. 77 Vgl. auch Kreis, Guido (2009): Cassirer und die Formen des Geistes. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 78 Vgl. dazu Brandtstädter, Jochen (2011): Positive Entwicklung. Zur Psychologie gelingender Lebensführung. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag. 79 Zirfas, Jörg (2004): Pädagogik und Anthropologie. Stuttgart: Kohlhammer; vgl. auch Ng, Chon-Ip (2006): Weltoffenheit und Verborgenheit bei Martin Heidegger. Frankfurt am Main: Lang.
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fortgeschrittenen Alter dekliniert sich dies als Aufgabenorientierung und Sinnhaftigkeit des intentionalen Seins der Person. Eingebettet im nous zeichnet sich eine noetische Existenzform der Person ab. Diese Modalität des personalen Seins darf nicht verwechselt werden mit irgendwie traditionalistisch gedachten Kosmologien eines kulturellen Baldachins80 ; dennoch bleibt auch der Mensch der Moderne, ja auch der vermeintlichen Post-Moderne auf ein vorgängiges Wir und ein Du-orientiertes dialogisches Miteinander angewiesen. Ontologie des sozialen Miteinanders: Ich werde hier weder auf Lacans (1901 – 1981)81 Theorie der „Struk-jektivität“ noch auf Sloterdijks „Konsubjektivität“82 (oder auf die „Falte“ bei Deleuze [1925 – 1995]) eingehen, um (nicht nur ontologisch und philosophisch-anthropologisch, sondern letztendlich auch erziehungsphilosophisch und sozialisationstheoretisch) zu argumentieren83, dass auch das Subjekt der (Post-)Moderne84 immer vergesellschaftlichtes Subjekt bleibt. Dieser gouvernementale Blick scheint mir unhintergehbar zu sein. Der Mensch „verdankt“ sich, theologisch gesprochen, immer der Vorgängigkeit des Wir, dem Anwesensein des Anderen, individualisiert sich als Person-Werdung erst in der Annahme des Rufes85, der Anhörung (ohne dies marxistisch wie bei Althusser [1918 – 1990]86 auf den staatlichen Polizeiapparat zu reduzieren) und ist so immer in der Zeit, diese als Strom wiederum als Ordnung überlappender Knotenpunkte von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft definiert, wie es Theorien der kulturellen Vererbung und des kollektiven 80
Soeffner, Hans-Georg (2000): Gesellschaft ohne Baldachin. Über die Labilität von Ordnungskonstruktionen. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft. 81 Zur Einführung vgl. Pagel, Gerda (2007): Jacques Lacan zur Einführung. 5. Aufl. Hamburg: Junius. 82 Vgl. dazu Sloterdijk, Peter (1998): Sphären I. Blasen. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 83 Dazu umfassend in Schulz-Nieswandt, Frank (2010). Wandel der Medizinkultur? Berlin: Duncker & Humblot. Vertieft wird das in meiner Monographie zum Thema „Habitus-Hermeneutik und ,methodologischer Personalismus’“, die in Vorbereitung ist. 84 Funk, Rainer (2005): Ich und Wir. Psychoanalyse des postmodernen Menschen. 2. Aufl. München: dtv. 85 Hier muss unbedingt verwiesen werden auf das Werk von Jean Luc Marion (*1946). Vgl. auch Marion, Jean L./Wohlmuth, Josef (2000): Ruf und Gabe. Zum Verhältnis von Phänomenologie und Theologie. Alfter: Borengässer; Gabel, Michael/Joas, Hans (Hrsg.) (2007): Von der Ursprünglichkeit der Gabe. Jean-Luc Marions Phänomenologie in der Diskussion. Freiburg i. Br.: Alber. Hinzu ist unbedingt auch die Position von Franz Rosenzweig (1886 – 1929) zu nennen: Rosenzweig, Franz (1988): Der Stern der Erlösung. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Dazu vgl. u. a. Fonti, Diego (2009): Levinas und Rosenzweig. Das Denken, der Andere und die Zeit. Würzburg: Königshausen & Neumann sowie Fricke, Martin (2003): Franz Rosenzweigs Philosophie der Offenbarung. Eine Interpretation des Sterns der Erlösung. Würzburg: Königshausen & Neumann. Zu nennen ist auch unbedingt Marcel (1989 – 1973), Gabriel (1991): Hoffnung in einer zerbrochenen Welt. Paderborn: Schöningh. Emmanuel Levinas lebte 1905/06 bis 1995. 86 Althusser, Louis (2011): Über die Reproduktion: der Überbau. 2. Halbband: Ideologie und ideologische Staatsapparate. Hamburg: VSA. Vgl. auch Charim, Isolde (2002): Der Althusser-Effekt. Entwurf einer Ideologietheorie. Wien: Passagen.
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Gedächtnisses87 seit längerer Zeit darlegen konnten88. Es ist eine doppelte relationale Theorie der konfigurativen89 Existenz des Menschen: Der Mensch ist synchron immer nur chronotopisch90 im Kontext seiner sozialen Figurationen und diachronisch in der Figuration von Geschichte zu verstehen. Der Mensch steht in der Gegenwart, diese ist die noch nicht ganz abgeschlossene Vergangenheit im Übergang zu einer gerade erst begonnenen Zukunft. Die Soziologie ist gut beraten, daher die Persönlichkeit der Menschen einzukalkulieren, und ebenso diese Persönlichkeit als im Horizont der Geschichtlichkeit geprägt zu sehen. Daseinsanalytisch klingt es doch ganz anders, wenn ich nicht von Nutzenmaximierung spreche, sondern das Geschehen des Scheiterns des Menschen in das Zentrum der Betrachtung rücke. Die zu verstehende menschliche Existenz erhält dabei eine andere, vielleicht überhaupt erst einen Anmutungsgehalt. In dieser nun vorliegenden Abhandlung ziehe ich – im Lichte kulturwissenschaftlich eingebetteter psychologischer Sichtweisen – politische Schlussfolgerungen. Viele andere Erfahrungen in längerfristiger wissenschaftlicher Politikbegleitung (sei es im „Gesundheitsnetz 2025“ der Stadt Zürich [vgl. dazu unten Kapitel VII.]91 oder in der wohnumfeldbezogenen „Modernisierung“ der Pflegepolitik und Behindertenhilfe [im Schnittbereich zur politischen Gestaltung der „Gesundheitswirtschaft“] im Land Rheinland-Pfalz92 oder auch die jahrelange Begleitung von Sozialunternehmen des Brüsseler Kreises93) bestätigen die Problematik, dass die
87 Art. „Erinnerung, kulturelle“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 169 – 170 sowie Art. „Gedächtnis, kulturelles“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literaturund Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 239 – 240. 88 Pethes, Nicolas (2008): Kulturwissenschaftliche Gedächtnistheorien. Hamburg: Junius. Vgl. vor allem zu Halbwachs: Wetzel, Dietmar J. (2009): Maurice Halbwachs. Konstanz: UVK. 89 Art. „Figurenkonstellation“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 200 – 201. 90 Dieser Begriff lehnt sich an die Kulturtheorie von Bachtin (1895 – 1975) an: vgl. dazu Soboleva, Maja (2010): Die Philosophie Michail Bachtins. Hildesheim u. a.: Olms; Eilenberger, Wolfram (2009): Das Werden des Menschen im Wort. Eine Studie zur Kulturphilosophie Michail M. Bachtins. Zürich: Chronos. Vor allem auch Sasse, Sylvia (2010): Michail Bachtin zur Einführung. Hamburg: Junius. 91 Schulz-Nieswandt, Frank (2007): Innovationen in der Gesundheitsversorgung in der Stadt Zürich – richtige Fragen stellen, Notwendigkeiten definieren, aber auch die Pfade der Veränderung managen können. In: Sozialmedizin 34 (4), S. 19 – 22; Schulz-Nieswandt, Frank (2008): „Viel Zeit bleibt nicht, weil die Bevölkerung altert“. In: Competence (3), S. 12 – 13. 92 Vgl. auch Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung (Hrsg.) Weidner, Frank/ Brandenburg, Hermann/Schulz-Nieswandt, Frank (2010): Pflege und Unterstützung im Wohnumfeld. Hannover: Schlütersche. 93 Driller, Elke/Alich, Saskia/Karbach, Ute/Pfaff, Holger/Schulz-Nieswandt, Frank (2008): Die INA-Studie. Inanspruchnahme, soziales Netzwerk und Alter am Beispiel von Angeboten der Behindertenhilfe. Freiburg i. Br.: Lambertus; Driller, Elke/Karbach, Ute/Stemmer, Petra/
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Schlüsselfrage in der Überwindung von strukturellen Blockaden räumlich auf der kommunalen Ebene angesiedelt ist. Innerhalb dieser räumlichen Problem- und Problemlösungsansiedelung verorte ich den Brennpunkt des gordischen Knotens94 in den Denkstilen der Menschen, wobei ich dies nicht kognitivistisch verengt sehe: Es geht epistemisch um die leiblich inkorporierten dispositionalen Habitus-Formen95, also um den komplexen intra-personalen (seelisch-geistigen) Apparat des Menschen. Die grundlegenden Forschungsfragedimensionen: Hier ist mit pfadabhängigen Akteurskonstellationen und institutionellen Logiken (von Organisationen) sowie mit kulturellen Skripten96 der Professionen97 zu kämpfen (vgl. auch Kapitel VI.). Damit habe ich die drei Dimensionen der Praxistransformation bereits benannt: – Wie können sich Denk-Modalitäten ändern (Wie ist personale Skript-Transformation möglich)? – Wie kann sich die Logik von Institutionen veränderungsorientiert öffnen (Wie ist eine aufgabenorientierte organisationale Transformation institutionell festgelegter Sinnwelten denkbar)? – Wie kann eine ganze, sozialräumlich vernetzte Akteurskonstellation als lernende Figuration98 entwickelt werden (Wie ist eine Transformation von NetzwerkKulturen machbar)? Die Denkstile der Professionen scheinen dabei insgesamt eine Schlüsselrolle zu haben. Schmidt-Lellek99 hat die inneren Widersprüche, Rollenambiguitäten und Haltungsambivalenzen dargelegt. Die daraus resultierenden Notwendigkeiten, Widersprüche, Polaritäten, Spannungen auszuhalten statt harmonisieren zu wollen, ist die große Herausforderung.
Gaden, Udo/Pfaff, Holger/Schulz-Nieswandt, Frank (2009): Ambient Assisted Living. Technische Assistenz für Menschen mit Behinderung. Freiburg i. Br.: Lambertus. 94 Am Streitwagen von König Gordios von Phrygien war der ursprünglichen Legende nach ein kunstvoll verknotetes Seil durch die Götter angebracht. Damit war der Streitwagen unlösbar stabilisiert (Verbindung Deichsel und Zugjoch). Der Wagen war Zeus geweiht. 95 Krais, Beate/Gebauer, Gunter (2002): Habitus. Bielefeld: transcript. 96 Art. „Skripte, kulturelle“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literaturund Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 660 – 661. 97 Mit Bezug auf die Pflege liegt nun eine Foucaultsche Analyse vor: Kellner, Anne (2011): Von der Selbstlosigkeit zur Selbstsorge. Eine Genealogie der Pflege. Berlin: LIT. Die Ambivalenzen und Rollen-Ambiguitäten werden zunehmend durchaus gesehen, so bei Greving zur Heilpädagogik: Greving, Heinrich (2011): Heilpädagogische Professionalität. Stuttgart: Kohlhammer. Vgl. unbedingt auch Niediek, Imke (2010): Das Subjekt im Hilfesystem. Eine Studie zur individuellen Hilfeplanung im Unterstützten Wohnen für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Wiesbaden: VS. 98 Elias (1897 – 1990), Norbert (2006): Was ist Soziologie? Frankfurt am Main: Suhrkamp. 99 Schmidt-Lellek, Christoph J. (2006): Ressourcen der helfenden Beziehung. BergischGladbach: EHP.
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Real-topographisch und literatur-topographisch spielt sich das Thema in einem komplexen Schnittbereich der Problemkreise „Kommunale Sozialpolitik“100, „Soziale Dienste“101, „Governance“102, „Sozialraum“103 und „Netzwerke“104 ab. Hinzu kommen die Themenkreise Alter und Altern105 sowie der differenzielle sozialmorphologische Blick auf die siedlungsstrukturellen Kontexte von urbanen106 und ruralen107 Räumen. Haben wir uns in der genannten Studie zum Wohnen im Alter vor allem mit internen sozialen Prozessen der (Gabe-anthropologisch interpretierten108) Reziprozität von Geben und Nehmen und mit darin fundierten Potenzialen der Aktivierung mit Blick auf die Lebensqualität und das weitere Persönlichkeitswachstum der Menschen beschäftigt, so geht es mir in der vorliegenden Abhandlung um das Thema einer Gabe-Bereitschaft auf anderer Ebene, um eine Gabe-Bereitschaft, die anders kontextualisiert ist. Die zentrale Hypothese: Ohne eine „Gastfreundschaftskultur“ gibt es keine inkludierende Sozialintegration: Es geht also um eine doppelte, verschachtelte ZweiEbenen-Betrachtung: Einerseits um die Reziprozität auf der Basis von Gabe-Bereitschaft in Kleingruppen des Wohnens und andererseits um die Reziprozität auf der Basis von Gabe-Bereitschaft (hier auf der Basis der Gabe der Gastfreundschaft) auf
100 Dahme, Heinz.-J./Wohlfahrt, Norbert (Hrsg.) (2011): Handbuch Kommunale Sozialpolitik. Wiesbaden: VS. 101 Evers, Adalbert/Heinze, Rolf G./Olk, Thomas (Hrsg.) (2010): Handbuch Soziale Dienste. Wiesbaden: VS. 102 Benz, Arthur/Lütz, Susanne/Schimank, Uwe/Simonis, Georg (Hrsg.) (2007): Handbuch Governance. Wiesbaden: VS. 103 Kessl, Fabian/Reutlinger, Christian/Maurer, Susanne/Frey, Oliver (Hrsg.) (2005): Handbuch Sozialraum. Wiesbaden: VS. 104 Stegbauer, Christian/Häußling, Roger (Hrsg.) (2010): Handbuch Netzwerkforschung. Wiesbaden: VS. 105 Aner, Kirsten/Karl, Ute (Hrsg.) (2010): Handbuch Soziale Arbeit und Alter. Wiesbaden: VS. 106 Baum, Detlef (Hrsg.) (2007): Die Stadt in der Sozialen Arbeit. Ein Handbuch für soziale und planende Berufe. Wiesbaden: VS. 107 Beetz, Stephan/Brauer, Kai/Neu, Claudia (Hrsg.) (2005): Handwörterbuch zur ländlichen Gesellschaft in Deutschland. Wiesbaden: VS. 108 Albert, Anika Christina (2010). Helfen als Gabe und Gegenseitigkeit. Perspektiven einer Theologie des Helfens im interdisziplinären Diskurs. Heidelberg: Winter. Vgl. auch die Darlegung der Diskussion bei Bedorf, Thomas (2010): Verkennende Anerkennung. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 159 ff. sowie in Adloff, Frank (2010): Philanthropisches Handeln. Eine historische Soziologie des Stiftens in Deutschland und den USA. Frankfurt am Main-New York: Campus. Vgl. ferner Wolf, Kurt (2006): Philosophie der Gabe. Stuttgart: Kohlhammer sowie Gondek, Hans-Dieter/Tengelyi, László (2011): Neue Phänomenologie in Frankreich. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
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der kommunalen Ebene, in die die Wohnprojekte sozialräumlich109 eingelassen sind oder ge- bzw. verpflanzt werden. Das „einerseits-andererseits“-Denken ist eigentlich falsch formuliert. Es geht um die interne Verschachtelung beider reziproker Akte, um eine „Faltung“ (einer bildsprachlichen Denk-Figur von Deleuze, auf die ich später nochmals eingehen werde). Es kreist also alles um die Frage nach der Gastfreundschaft gegenüber dem Menschen, der110 als im-perfekte Kreatur111 seine Metamorphosen112 aufweist zwischen Normalität und Abweichung. Dabei geht es theoretisch nicht einfach um Einstellungen (im Sinne der empirischen Sozialforschung113)114, sondern um eine doppelte Grammatik, die aus einer Verschachtelung resultiert: Es geht um die psychogrammatisch tief sitzende kulturelle Grammatik des Sozialen.115 Mein Durkheimianischer116 Standpunkt ist keineswegs ein vermeintlich soziologistischer Standpunkt. Dies ist eines der (nicht wenigen) Rezeptionsmissverständnisse bei Adorno (1903 – 1969)117, der alles (hier Georg Lukács [1885 – 1971]118 nicht unähnlich) unter irrationalem Verdinglichungsverdacht119 gestellt hat. Dabei räumt ein post-strukturalistischer Durkheimianismus nur doch noch (empirisch) besser mit der Chimäre der authentischen Subjekt-Autonomie auf, als es Frankfurter
109 Früchtel, Frank/Cyprian, Gudrun/Budde, Wolfgang (Hrsg.) (2010): Sozialer Raum und Soziale Arbeit. 2. Aufl. Wiesbaden: VS; Reutlinger, Christian/Fritsche, Caroline/Lingg, Eva (Hrsg. (2010): Raumwissenschaftliche Basics. Eine Einführung für die Soziale Arbeit. Wiesbaden: VS. 110 Vgl. Lutz, Petra/Macho, Thomas/Staupe, Gisela/Zirden, Heike (Hrsg.) (2003): Der (im-) perfekte Mensch. Metamorphosen von Normalität und Abweichung. Köln: Böhlau. 111 Assmann, Aleida/Assmann, Jan (Hrsg.) (2010): Vollkommenheit. München: Fink. 112 Assmann, Aleida/Assmann, Jan (Hrsg.) (2006): Verwandlungen. München: Fink. 113 Vgl. dazu auch Diekmann, Andreas (2009): Empirische Sozialforschung. 20. Aufl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt; Schnell, Rainer/Hill, Paul B./Esser, Elke (2008): Methoden der empirischen Sozialforschung. 8. Aufl. München: Oldenbourg. 114 Kreuz, Alexandra (2002): Einstellungen gegenüber Menschen mit einer geistigen Behinderung. Analyse und Weiterentwicklung von Einstellungsinstrumenten. Wien: Facultas. 115 Vgl. auch Fritsch, Irmingard (2007): Dämon – Opfer – Ware. Das Menschenbild in der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen im gesellschaftlichen und historischen Kontext. Berlin: LIT. 116 Vgl. auch Moebius, Stephan (2006): Die Zauberlehrlinge. Soziologiegeschichte des Collège de Sociologie (1937 – 1939). Konstanz: UVK. 117 Adorno, Theodor W. (2011): Einführung. In: Durkheim, Émile: Soziologie und Philosophie. 4. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 118 Lukács, Georg (1962): Die Zerstörung der Vernunft. (1954). Neuwied-Berlin: Luchterhand. Vgl. auch Dannemann, Rüdiger (1997): Georg Lukács zur Einführung. Hamburg: Junius. 119 Jaeggi, Rahel (2005): Entfremdung. Zur Aktualität eines sozialphilosophischen Problems. Frankfurt am Main-New York: Campus.
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Kulturkritiker konnten.120 Das „Soziale immer durch das Soziale“121 zu erklären, schließt weder ein sozialpsychologisch zu modellierendes Scharnier aus noch eine tiefenpsychologische Betrachtung der Verankerung der sozialen Mechanismen. Wenn also das hohe Lied des privaten Wohnens als Ort heiliger Ordnung dekonstruiert122 wird, so kommen Soziologie und Psychologie in anthropologischer Klammer zusammen. Fokussiert mit Blick auf meine konkrete Fragestellung (der deinstitutionalisierten Re-Integration der „Alten, Kranken, Behinderten“123) gesprochen: Dann muss der ethnologische Blick auf die Hygiene-Angst gegenüber dem Fremden aber auch, anders als bei (einem unsystematischen, theorielosen SammelDeskriptivismus) Müller124, theoretisch organisiert werden. Insofern geht es um die Gastfreundschaft der Gemeinde. Und der Blick muss sich auch nicht nur auf körperlich und/oder geistige behinderte Menschen, wo ein Ekel125 (ohne hier z. B. auf die empirische Pflegeforschung126 einzugehen127) beobachtbar ausgebildet sein mag, richten. Das Phänomen der Alzheimer Demenz128 steht vor dem gleichen Problem. Der Umgang mit Demenz ist längst als Frage einer Ethik der Demenz erkannt worden129, eingebettet in eine Ethik des (Altersbilder-gesteuer120 Was nicht bedeutet, dass man die Chimäre selbst als real wirksam nicht ernst nehmen darf: Privatheit und daran geknüpfte Autonomie sind konstitutive Dimensionen zentralster Art der Haltung der Moderne: Reitz, Tilman (2003): Bürgerlichkeit als Haltung. Zur Politik des privaten Weltverhältnisses. München: Fink. 121 Durkheim, Émile (1993): Schriften zur Soziologie der Erkenntnis. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 122 Zima, Peter V. (1994): Die Dekonstruktion. Einführung und Kritik. Tübingen: Francke (UTB). 123 Schott, Heinz/Tölle, Rainer (2006): Geschichte der Psychiatrie. Krankheitslehren, Irrwege, Behandlungsformen. München: Beck. 124 Müller, Klaus E. (1996): Der Krüppel. Ethnologia passionis humanae. München: Beck. Vgl. auch Nolte, Cordula (2009): Homo debilis. Behinderte – Kranke – Versehrte in der Gesellschaft des Mittelalters. Korb: Didymos. 125 Menninghaus, Winfried (2009): Ekel. Theorie und Geschichte einer starken Empfindung. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Kolnai, Aurel (2008): Ekel – Hochmut – Haß. Zur Phänomenologie feindlicher Gefühle. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 126 Bartholomeyczik, Sabine/Linhart, Monika/Mayer, Hanna/Mayer, Herbert (2008): Lexikon der Pflegeforschung. München: Urban & Fischer in Elsevier. Vgl. auch Roper, Janice M./ Shapira, Jill (2004): Ethnographische Pflegeforschung. Bern u. a.: Huber sowie Schaeffer, Doris/Müller-Mundt, Gabriele (Hrsg.) (2002): Qualitative Gesundheits- und Pflegeforschung. Bern u. a.: Huber. 127 Ringel, Dorothee (2003): Ekel in der Pflege. Frankfurt am Main: Mabuse; vgl. ferner Gröning, Katharina (2004): Entweihung und Scham. Grenzsituationen bei der Pflege alter Menschen. 4. Aufl. Frankfurt am Main: Mabuse sowie Duppel, Sabrina (2005): Nähe und Distanz als gesellschaftliche Grundlegung in der ambulanten Pflege. Hannover: Schlütersche. 128 Gutzmann, Hans/Zank, Susanne (2004): Demenzielle Erkrankungen. Stuttgart: Kohlhammer. 129 Wetzstein, Verena (2005): Diagnose Alzheimer. Grundlagen einer Ethik der Demenz. Frankfurt am Main-New York: Campus; Birkenstock, Eva (2008): Angst vor dem Altern? Zwischen Schicksal und Verantwortung. Freiburg i. Br.: Alber.
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ten130) Umgangs des Alters131 und letztendlich eine Ethik des Umgangs der Menschen miteinander im Generationengefüge132. „Warum sollen sie nicht mit uns leben?“ – so muss die Frage lauten.133 Methodische Hypothese: Kulturgeschichtliche Tiefe muss erreicht werden, um die kulturelle Grammatik zu verstehen: Dabei muss man (vgl. auch Kapitel IV.) nicht jeder Facette der Sicht von Dörner134 folgen, um seine Betonung der Nachbarschaft als Dritten Sozialraum einzunehmen. Und der ethnologische Blick auf die Voraussetzungen gelingender Gemeinde-Bildung in ihrer Fähigkeit zur Gastfreundschaft wirft somit Fragen von anthropologischer Weite auf. Schon im Kontext (einer sozialgeschichtlich135 fundierten Lektüre136) des Alten Testaments137 – als Quelle einer erstaunlich aktuellen Anthropologie – können wir beobachten, wie das Thema des Bundes138 zwischen Gott und Mensch (als „Urknall“ ethischer Fragen mit Blick auf Verantwortung, Geschichtlichkeit, Fehlbarkeit und Gerechtigkeit) eine Achsendrehung139 von der (durch [religionsphänomenologisch140 gesehen] Gebet141, Klage-
130 Schulz-Nieswandt, Frank (2008): Alterslast und Sozialpolitik. In: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte, S. 147 – 157. 131 Helmchen, Hanfried/Kanowski, Siegfried/Lauter, Hans (2005): Ethik in der Altersmedizin. Stuttgart: Kohlhammer. 132 Schulz-Nieswandt, Frank/Alich, Saskia/Köstler, Ursula/Mann, Kristina/Sauer, Michael (2009): Generationenbeziehungen. Netzwerke zwischen Gabebereitschaft und Gegenseitigkeitsprinzip. Berlin: LIT. 133 Hahn, Martin T. (Hrsg.) (2004): Warum sollen sie nicht mit uns leben? Stadtteilintegriertes Wohnen von Erwachsenen mit schwerer geistiger Behinderung und ihre Situation in Wohnheimen. Reutlingen: Diakonie-Verlag. 134 Dörner, Klaus (2010): Leben und sterben, wo ich hingehöre. Dritter Sozialraum und neues Hilfesystem. 5. Aufl. Neumünster: Die Brücke. 135 Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus. 136 Kessler, Rainer (2008): Sozialgeschichte des alten Israel. Eine Einführung. 2., durchges. Aufl. Darmstadt: WBG; Grabner-Haider, Anton (Hrsg.) (2007): Kulturgeschichte der Bibel. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 137 Dazu umfassend in Schulz-Nieswandt, Frank (2010): Wandel der Medizinkultur? Berlin: Duncker & Humblot, S. 254 ff. 138 Koch, Christoph (2008): Vertrag, Treueid und Bund. Studien zur Rezeption des altorientalischen Vertragsrechts im Deuteronomium und zur Ausbildung der Bundestheologie im Alten Testament. Berlin-New York: de Gruyter. Vertragstheorien sind keineswegs so modern, wie die ökonomischen Theorien des Kontrakts und spieltheoretischen Rational-choice-Theorien in universalhistorischer Unkenntnis oftmals suggerieren. Vgl. Art. „Bund“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 76 – 79. 139 Vgl. zur Achsenzeit auch Armstrong, Karen (2006): Die Achsenzeit. Vom Ursprung der Weltreligionen. München: Siedler. Vgl. auch Roetz, Heiner (1992): Die chinesische Ethik der Achsenzeit. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
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lied142 und Opferpraxis143 nach dem „do ut des“-Muster144 medialisierten) Vertikalität der Gott-Mensch- bzw. Himmel145-Erde-Beziehung – gemeint ist die vertikale Vektor-Binärik von Himmel dort (oben) – Erde (hier unten) = Gott : Mensch146 – in die (z. B. mahlgemeinschaftlichen147 und somit genossenschaftsartigen) Horizontalität der Mensch-Mensch-Beziehung erfährt. Verantwortung in der Geschichte wird so zum Schuldkontinuum zwischen den Generationen im zeitlichen Strom der Kultur des Zusammenlebens. Das macht die Geschichtlichkeit des Mensch-Seins als personales Erlebnisgeschehen und als inter-personelle Geschehensordnung aus. Und der Umgang mit dem Alter und im inter-generationellen Handlungszusammenhang war damals, im vorchristlich-orientalischen Altertum bereits von Ambivalenz, entgegen auf- oder absteigender Linearentwicklungstheorien, geprägt.
140 Glasenapp, Helmuth von (1960): Glaube und Ritus der Hochkulturen. Frankfurt am Main: Fischer. Eine Reihe von religionsphänomenologischen Überlegungen werden diskutiert in Braun, Hans-Jürg (1993): Elemente des Religiösen. Zürich: Artemis & Winkler. 141 Berner, Ulrich/Bochinger, Christoph/Flasche, Rainer (Hrsg.) (2005): Opfer und Gebet in den Religionen. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus; vgl. vor allem auch klassisch: Ohm, Thomas (1948): Die Gebetsgebärden der Völker und das Christentum. Leiden: E. J. Brill. 142 Ebner, Martin/Fischer, Irmgard/Frey, Jörg (Hrsg.) (2001): Klage. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener. 143 Negel, Joachim (2005): Ambivalentes Opfer. Paderborn: Schöningh. Ferner dazu Janowski, Bernd/Welker, Michael (Hrsg.) (2000): Opfer. Theologische und kulturelle Kontexte. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Vgl. auch Laum (1884 – 1974), Bernhard (2006): Heiliges Geld. Eine historische Untersuchung über den sakralen Ursprung des Geldes. Berlin: Semele, S. 100 ff. zu den Entwicklungsstufen des Opfers und der Opfergaben. Die Opfertheorie von Gunnar Heinsohn ist eigentlich nicht originell. Es handelt sich ähnlich wie bei Freud, Girard etc. um einen Funktionskreis von Sorge und Existenzbewältigung, Schuld, Sühnepraxis und Opfergabe mit anschließender Ritualisierung. Originell bei Heinsohn ist, dass die besagte Sorge sich auf die Existenzbewältigung angesichts großer Naturkatastrophen bezieht. Vgl. Heinsohn, Gunnar (1997): Die Erschaffung der Götter. Das Opfer als Ursprung der Religion. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. 144 Leeuw, Gerardus van der (1920/21): Die do-ut-des-Formel in der Opfertheorie. In: Archiv für Religionswissenschaft 20, S. 241 – 253. Vgl. auch Widengren, Geo (1969): Religionsphänomenologie. Berlin-New York: de Gruyter, S. 284 ff. 145 Ebner, Martin/Fischer, Irmgard/Frey, Jörg (Hrsg.) (2006). Der Himmel. NeukirchenVluyn: Neukirchener. Zum Himmel als Wohnort der Götter umfassend Pettazzoni, Raffaele (1957): Der allwissende Gott. Frankfurt am Main: Fischer. Umfassend sind die ethnologischen Befunde, wonach Menschen eine klare mentale Weltordnung erkennen: Himmel da oben – Erde hier unten, dort die Götter – hier die Menschen. 146 Eliade, Mircea (1978): Geschichte der religiösen Ideen. Bd. 1. Freiburg i. Br. u. a.: Herder, S. 63, S. 85. 147 Vgl: Art. „Essen, gemeinsames“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 116 – 123. Vgl. nun auch Weiß, Wolfgang (Hrsg.) (2011): Der eine Gott und das gemeinschaftliche Mahl. Inklusion und Exklusion biblischer Vorstellungen von Mahl und Gemeinschaft im Kontext antiker Festkultur. NeukirchenVluyn: Neukirchener.
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Die Geschichte der Kindheit über die Epochen hinweg zeigt kein anderes Bild.148 Die Kulturgeschichte des Menschen bleibt hier in einem sozialökologischen Sinne eher kasuistisch zu verstehen als einer Geschichtsphilosophie folgend. Haltung der „Autochthonen“: Betrachte ich die Menschen, die im Rahmen einer De-Institutionalisierung bzw. Ent-Hospitalisierung als Fremde (quasi als MigrantInnen149) wahrgenommen werden: Wie können diese sozial integriert werden in die als Normalitätsmuster konstruierten Lebenswelten der „autochthonen“ Bewohner? Der offizielle (fachliche) Diskurs ist längst der der Inklusion150. Aber haben das die BewohnerInnen schon mitbekommen? Und wenn ja, orientieren sie sich daran? Wenn ja: extrinsisch gebahnt oder auf dem Fundament intrinsischer Haltungen? Hygiene-Angst: Kurzum: Besteht die Disposition zur archetypischen Haltung der Gastfreundschaft? Oder wird dem Fremden mit einer Disposition der Hygiene-Angst (Angst vor Ansteckung151) begegnet? Erscheint der Andere so als Alterität152, dass die eigene Identität als gefährdet interpretiert wird? Eine derart tiefenpsychologisch fundierte Soziologie der Begegnung mit dem Fremden hat in der Literatur längst schon den stillen Funktionalismus des Geschehens erkannt: Die Gesellschaft braucht die Behinderung, den Kranken, das
148 Vgl. aus der Vielzahl neuerer Studien allein mit Blick auf das Altertum Kunz-Lübcke, Andreas/Lux, Rüdiger (Hrsg.) (2006): „Schaffe mir Kinder …“ Beiträge zur Kindheit im alten Israel und in seinen Nachbarkulturen. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt. Vgl. aber auch Kunz-Lübcke, Andreas (2007): Das Kind in den antiken Kulturen des Mittelmeers. Israel, Ägypten, Griechenland. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener; ferner Hermsen, Edmund (2006): Faktor Religion. Geschichte der Kindheit vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Wien u. a.: Böhlau; Cunningham, Hugh (2006): Die Geschichte des Kindes in der Neuzeit. Düsseldorf: Artemis & Winkler; Backe-Dahmen, Annika (2008): Die Welt der Kinder in der Antike. Mainz: Philipp von Zabern; Crelier, Marie-Claire (2008): Kinder in Athen im gesellschaftlichen Wandel des 5. Jahrhunderts v. Chr. Weinstadt: Greiner; Promotionskolleg Kinder und Kindheiten im Spannungsfeld gesellschaftlicher Modernisierung (Hrsg.) (2010): Kindheitsbilder und die Akteure generationaler Arrangements. Wiesbaden: VS; Meier, Frank (2006): Mit Kind und Kegel. Kindheit und Familie im Wandel der Geschichte. Ostfildern: Thorbecke. Vgl. auch Art. „Kinder“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/ Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 293 – 294. 149 Marschke, Britta/Brinkmann, Heinz Ulrich (Hrsg.) (2011): Handbuch Migrationsarbeit. Wiesbaden: VS. 150 Die jedoch auch nicht ambivalenz-frei als „neue Einfachheit“ verstanden werden darf. Vgl. dazu Ahrbeck, Bernd (2011): Der Umgang mit Behinderung. Stuttgart: Kohlhammer. 151 Niedecken, Dietmut (2003): Namenlos. Geistig Behinderte verstehen. 4., überarb. u. erw. Aufl. Weinheim: Beltz. 152 Ich kann hier an neuere Forschungen anknüpfen: vgl. etwa Bossinade, Johanna (2011): Die Stimme des Anderen. Eine Theorie der Alterität. Würzburg: Königshausen & Neumann; Könemann, Sophia/Stähr, Anne (Hrsg.) (2011): Das Geschlecht der Anderen. Figuren der Alterität: Kriminologie, Psychiatrie, Ethnologie und Zoologie. Bielefeld: transcript; Fountoulakis, Evi/Previsic, Boris (Hrsg.) (2011): Der Gast als Fremder. Narrative Alterität in der Literatur. Bielefeld: transcript.
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Hässliche etc.153 – denn daran, hier nun einmal systemtheoretisch154 formulierend gedacht, konstituiert sich die Welt der Insider überhaupt erst: an und in der Ausgrenzung der Outsider.155 Soziologisch hält auch Grieswelle fest, dass „etwas Positives erst durch die Existenz und den Kontrast des Negativen besondere Bedeutung“156 erhält. Homo sacer: Vielleicht ist, an Canetti157 oder Agamben158 mit Blick auf verwandte Analysen anknüpfend, die existenziale Verfügung über die Lebensmöglichkeit des Menschen der Ursprung der politischen Herrschaft in einem ontologischen Sinne?! Dass z. B. das deuteronomische Sozialreformprogramm des nach-exilischen Alten Testaments ein „Fremdensozialrecht“ formuliert159, lebensweltlich (seinen, exegetisch-methodisch im Sinne der religionsgeschichtlichen Schule160 sprechend: „Sitz im Leben“ findend) verankert in den eigenen Erfahrungen von Vertreibung, Exilierung und Rückkehr, alles (entgegen eines Rechts auf Heimat als Recht auf angemessene Immobilität) Formen von unfreiwilligen Migrationen, macht zugleich deutlich, wie kulturgeschichtlich uralt und somit die neuere Geschichte des Menschen stets begleitend der reflexive Diskurs über Inklusion, dem Bedürfnis nach sozialer Integration und der Entstehung einer Ethik der sozialen Hilfe auf der Basis der Anerkennung des Anderen in universaler Perspektive ist.
153 Goebel, Swantje (2002): Gesellschaft braucht Behinderung. Der behinderte menschliche Körper in Prozessen der sozialen Positionierung. Heidelberg: Winter; Graf, Erich O./Pellegrini, Alessandra/Lin, Margrith/Mutter, Karl/Renggli, Cornelia/Weisser, Jan (2006): Die Unausweichlichkeit von Behinderung in der Kultur. Bern: Edition Soziothek. 154 Dazu Zorn, Carsten (2011): Zur Aktualität von Niklas Luhmann. Wiesbaden: VS; Berghaus, Margot (2011): Luhmann leicht gemacht. 3., überarb. u. erg. Aufl. Köln: Böhlau (UTB). 155 Vgl. auch Elias, Norbert/Scotson, John L. (2010): Etablierte und Außenseiter. 6. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 156 Grieswelle, Detlef (1974): Allgemeine Soziologie. Stuttgart: Kohlhammer, S. 31. 157 Natarajan, Arupon (2011): Die Spuren der Andersheit in den Werken von Elias Canetti. Frankfurt am Main: Lang. 158 Agamben, Giorgio (2010): Homo sacer. Die souveräne Macht und das nackte Leben. 8. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 159 Vgl. Otto, Eckart (2002): Gottes Recht als Menschenrecht. Rechts- und literaturhistorische Studien zum Deuteronomium. Wiesbaden: Harrassowitz. Dazu die Spezialuntersuchung von Zehnder, Markus (2005): Umgang mit Fremden in Israel und Assyrien. Ein Beitrag zur Anthropologie des „Fremden“ im Licht antiker Quellen. Stuttgart: Kohlhammer. Vgl. auch zur Hikesie im Kontext des Asyls: Traulsen, Christian (2004): Das sakrale Asyl in der Alten Welt. Tübingen: Mohr Siebeck. Vgl. Art. „Asyl“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 28 – 29. 160 Janßen, Martina/Wehnert, Jürgen/Jones, Stanley F. (Hrsg.) (2011): Frühes Christentum und Religionsgeschichtliche Schule. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
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Ethik der Hochkulturen: Aber auch die Ambivalenz, etwa nicht wissend, wie universalistisch man nun die Nächstenliebe161 meint, als Gruppenmoral oder sogar als „Feindesliebe“162, kennzeichnet nicht nur bereits diese Ausgangssituation der Hochkultur163. Hochkulturen definieren sich über ein Entwicklungseigenschaftssyndrom, das, jungsteinzeitlich164 vor etwa 12.000 Jahren beginnend/ansetzend und bronzezeitlich ausmündend, an die Folgezeiten der neolithischen Revolution165 anknüpfen: Agrarwirtschaft und Überschussproduktion, Handelsbildungen, Urbanisierungsansätze, Schriftlichkeit, segmentäre166 Wirtschaftsformen, die aber (auch rechtsgeschichtlich betrachtet167) alsbald zur politischen Zentralisierung, Elitenbildung etc. tendieren. Diese genannte Ambivalenz ist bleibend bis hinein in die Moderne, egal, ob man sie nun als (noch) unvollendet, als endgültig erledigt und/oder als Vermächtnis postmoderner168 Uneindeutigkeit transportiert. Es ist nicht nur eine (eher falsch dichotomisierende) Frage des Übergangs vom Ethos zur Ethik (ähnlich wie die Dichotomie von Scham- versus Schuldkultur169), sondern eine Dialektik, die auf 161 Vgl. auch Art. „Liebe/Gemeinschaft“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 356 – 357. Ferner Art. „Nächste/Nächster“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 403 – 404. 162 Zur Deutung der Nächstenliebe und der Feindesliebe im Kontext von Jesus im Rahmen eines erweiterten Verständnisses der antiken Praxis von Reziprozität vgl. Stegemann, Wolfgang (2010): Jesus und seine Zeit. Stuttgart: Kohlhammer, S. 290 ff. 163 Auch für mich nebulös: Fischer, Hugo (1981): Die Geburt der Hochkultur in Ägypten und Mesopotamien. Frankfurt am Main u. a.: Ullstein; instruktiver in komparativer Sicht: Coulborn, Rushton (1962): Der Ursprung der Hochkulturen. Stuttgart: Kohlhammer. Neuer ist Brock, Ditmar (2006): Leben in Gesellschaften. Von den Ursprüngen bis zu den alten Hochkulturen. Wiesbaden: VS. 164 Mahlstedt, Ina (2011): Die religiöse Welt der Jungsteinzeit. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 165 Klassiker hierzu ist Childe, Vere Gordon (1959): Der Mensch schafft sich selbst. (1936). Dresden: Verlag der Kunst. Dazu auch Müller-Beck, Hansjürgen (2004): Die Steinzeit. Der Weg der Menschen in die Geschichte. München: Beck. 166 Vgl. Neu, Rainer (1992): Von der Anarchie zum Staat. Entwicklungsgeschichte Israels vom Nomadentum zur Monarchie im Spiegel der Ethnosoziologie. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener; Sigrist, Christian (1994): Segmentäre Gesellschaften. Hamburg: VSA. Vgl. auch Art. „Königtum“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/ Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 301 – 306. 167 Wesel, Uwe (2000): Die Geschichte des Rechts. 2. Aufl. München: Beck, S. 32 ff. 168 Art. „Postmoderne/Postmodernismus“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 589 – 591. 169 Dodds (1883 – 1979), Eric R. (1991): Die Griechen und das Irrationale. Darmstadt: WBG. Dazu auch Schirrmacher, Thomas/Müller, Klaus W. (Hrsg.) (2006): Scham- und
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einer anderen Ebene angesiedelt ist. Es ist das zutiefst ungeklärte Verhältnis des sich selbstbehauptenden Selbst angesichts des Anderen170, der eben nicht (was problemmindernd oder gar problemlösend wäre) als transzendentale Voraussetzung des eigenen Selbst171, sondern als Infragestellung des eigenen Selbst interpretiert wird: Wie eine missglückte pubertäre Abnabelung, als große Erzählung in Freuds (1856 – 1939)172 Vatermord als Ursprung schuldgefühlbasierter Gesellschaft als symbolischer Imaginationszusammenhang dargelegt und in vielen Varianten (wie bei René Girard [*1923]173) neu-gedacht. NOMOS: Und mit Blick auf die Studie von Ahrens174, die quasi als Einführung, Grundlegung und sozialontologisch-anthropologische Propädeutik der Soziologie insgesamt zu lesen ist, wird deutlich, dass der NOMOS-Zusammenhang der Seinsverfassung des Menschen überhaupt einerseits die Freiheit des Menschen ermöglicht, diese jedoch zugleich bindet, also einbindet und andererseits koppelt an eben jener apriorischen Vorgängigkeit des NOMOS (die Autonomie des Subjekts daher eine Chimäre ist), die nicht begreifen lässt, dass sich Sein nur als soziales Dasein des Menschen verstehen lässt. Und anders als ein soziales Dasein kann menschliches Sein nicht sein, es kann sich nur entfalten im transzendental-konstitutiven Kontext von NOMOS, wobei das Gesetz selbst nicht nur als Setzung gesetzt ist, sondern unbedingt da ist, da sonst Gesellschaft als Miteinander erodiert. In diesem Sinne ist nicht Freiheit, sondern das gelingende soziale Miteinander der Bezugspunkt des Rechts (das ich hier aber nicht weiter anthropologisch und sodann rechtsethnologisch bestimmen kann175).
Schuldorientierung in der Diskussion. Nürnberg: VTR-Bonn. VKM sowie Müller, Klaus W. (2010): Das Gewissen in Kultur und Religion. Scham- und Schuldorientierung als empirisches Phänomen des Über-Ich/Ich-Ideal. Nürnberg: VTR. Als klassisch ist zu nennen u. a. Benedict (1887 – 1948), Ruth (2006): Chrysantheme und Schwert. Formen der japanischen Kultur. (1946). Frankfurt am Main: Suhrkamp. 170 Honneth, Axel (2011): Das Ich im Wir. Studien zur Anerkennungstheorie. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 171 Zu nachfolgend genannten Positionen vgl. umfassend in Schulz-Nieswandt, Frank (2010): Wandel der Medizinkultur? Berlin: Duncker & Humblot. 172 Köhler, Thomas (2006): Freuds Schriften zu Kultur, Religion und Gesellschaft. Eine Darstellung und inhaltskritische Bewertung. Gießen: Psychosozial; Haas, Eberhard Th. (2002): … und Freud hat doch Recht. Die Entstehung der Kultur durch Transformation der Gewalt. Psychoanalytische Bausteine einer allgemeinen Kulturtheorie. Gießen: Psychosozial. 173 Girard (*1923), René (2010): Gewalt und Religion. Gespräche mit Wolfgang Palaver. Berlin: Matthes & Seitz. 174 Ahrens, Jörn (2004): Ödipus. Politik des Schicksals. Bielefeld: transcript. 175 Dazu u. a. Wesel, Uwe (1993): Juristische Weltenkunde. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Vertiefend Wesel, Uwe (1985): Frühformen des Rechts in vorstaatlichen Gesellschaften. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
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Der Ödipus-Mythos ist daher (was durchaus so lesbar ist) keine im engeren Sinne psychoanalytisch deutbare Narration des dyadischen oder triadischen tragischen176 Autoritäts- und Loslösungsprozesses der Individuation, sondern hier nun eine einzige Erzählung über die Voraussetzungen des sozialen Miteinander-Seins als Möglichkeit überhaupt. In diesem Sinne interpretiert Trinkaus auch Gabe und Inzest als Prozesse der performativen177 Inszenierung von Gesellschaft, wobei diese Inszenierung damit zugleich einen Text transportiert und selbst textualisiert: „Die ,Funktion’ oder eher die Aufgabe des Ritus besteht folglich darin, die Performanz in den Dienst kultureller Textualisierung zu nehmen.“178 Alterität und Angst: Alterität wird dann nicht (wie bei Bataille [1897 – 1962]179) als souveräne Existenz-Behauptung oder als ekstatische Erweiterung im Zuge des Persönlichkeitswachstums (wie etwa bei Ludwig Binswanger [1881 – 1966]180) verstanden, sondern als Gefahr, als Verlust-Angst, als Bedrohung. Im Prinzip geht dem Menschen mit der angst-besetzten Einstellung gegen die Alterität181 mit der Transzendenzerfahrung auch der Reichtum (die Möglichkeit zur Wahrheitsfindung) seiner eigenen Immanenz als Ort erfüllter Zeit verloren. Die Anrufung durch die (eigene) Alterität wird zum Erlebnis des evolutionären Fressfeindes. Selbstbehauptung bedeutet dann Ausgrenzung oder Tötung des Fremden als Schaffung von Freiraum zum Durchatmen in der imaginierten Blickverengung des Bedrängtseins und der Konfrontation. Hier kommt Canettis (1905 – 1994) Sicht182 auf die kulturhistorische und kulturpsychologische Problematik von Öffnung oder Raumschaffung durch Tötung der Begrenzungen zum Ausdruck. Will ich das Problem der De-Institutionalisierung angemessen verstehen, müssen wir, eine heute kulturtheoretisch gängige, auf Clifford Geertz (1926 – 2006)183 ebenso 176 Art. „Tragik“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 365 – 370. 177 Art. „Performance/Performativität“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 562 – 564. 178 Trinkaus, Stephan (2005): Blank Spaces. Gabe und Inzest als Figuren des Ursprungs von Kultur. Bielefeld: transcript, S. 63. Die Figuren sind „zugleich Hervorbringung als auch Vollzug des Sozialen, seine Performanz und seine Ökonomie, die sich folglich schwerlich trennen lassen.“ (S. 187) 179 Mattheus, Bernd (1984, 1988, 1995): Georges Bataille. Eine Thanatographie. 3 Bde. Berlin: Matthes & Seitz. Vgl. ferner Wiechens, Peter (1995): Bataille zur Einführung. Hamburg: Junius. 180 Schmidt, Michael (2004): Ekstatische Transzendenz. Ludwig Binswangers Phänomenologie der Liebe und die Aufdeckung der sozialontologischen Defizite in Heideggers „Sein und Zeit“. Würzburg: Königshausen & Neumann. 181 Schulz-Nieswandt, Frank (2006): Variationen über Frau-Sein. Anthropologische Studien zu Zeichnungen von Elias Maya. Berlin: LIT. 182 Canetti, Elias (2010): Masse und Macht. 32. Aufl. Frankfurt am Main: Fischer. 183 Geertz, Clifford (2009): Dichte Beschreibung. 11. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Vgl. auch Art. „Dichte Beschreibung“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 129 – 130.
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zurückgreifend wie auf Pierre Bourdieu (1930 – 2002)184, methodische Distanzverschaffung (die dergestalt erst Engagement fundiert185), uns wie als Ethnologen/ Ethnographen in unsere eigene Gesellschaft und ihrer Kultur hinein begeben. Aspekte einer praxeologischen186 Theorie der Choreographie sozialen Wandels: In der vorliegenden Arbeit skizziere ich einige Aspekte einer Theorie der kulturellen Choreographie des sozialen Wandels187 auf der lokalen Ebene komplizierter Akteurskonstellationen. Der Begriff der Choreographie ist durchaus suboptimal. Er hat allerdings zunächst, das bliebe festzuhalten, einen charmanten intellektuellen Vorteil: Er lässt sich konzeptionell in Relation setzen zur Theorie der Tragödie als institutionalisierte politische Pädagogik in der griechischen Antike.188 Oder anders formuliert: „Damit leistet die politische Pädagogik der Tragödie harte Arbeit, um die allzu große Offenheit der Handlungshorizonte in der athenischen Politik zu bewältigen.“189 Er hat auch den konkreten Vorteil, die beabsichtigte Pragmatik190 der Auslösung eines sozialen Wandels als Kulturveranstaltung im Sinne einer (dramatischen191) Inszenierung zu verstehen. Damit verabschiede ich mich von Traditionen192 des mechanischen Change Managements193, die Institutionen als triviale Maschinen verstehen. Dabei wird nämlich naiv davon ausgegangen, dass ein Interventionsinput automatisch in gewünschte Output-Effekte mündet. Die „within- oder through-puts“ der lernenden „black box“ werden so erst gar nicht thematisiert. Aber Systeme absorbieren die Impulse der Umwelt kreativ, sind lernende Reaktionsprozesse. In dem 184
Bourdieu, Pierre/Wacquant, Loic J. D. (2009): Reflexive Anthropologie. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 185 Vgl. dazu Berg, Eberhard/Fuchs, Martin (Hrsg.) (2009): Kultur, soziale Praxis, Text. Die Krise der ethnographischen Repräsentation. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 186 Vgl. etwa die Studie von Beck, Kerstin (2007): Pflegerische Praxis in Hospizen und auf Palliativstationen. Eine qualitative praxeologische Studie zur Strukturierung stationärer Schwerstkranken- und Sterbendenpflege. Hamburg: Kovac. 187 Dazu auch Hochreiter, Gerhard (2006): Choreografien von Veränderungsprozessen. 2., korr. u. überarb. Aufl. Heidelberg: Carl-Auer. 188 Flaig, Egon (1998): Ödipus. Tragischer Vatermord im klassischen Athen. München: Beck, S. 49. 189 Flaig, Egon (1998): Ödipus. Tragischer Vatermord im klassischen Athen. München: Beck, S. 55. 190 Art. „Pragmatik“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 595 – 597. 191 Art. „Drama/Dramentheorie“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 72 – 80; Art. „Dramaturgie“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 80 – 83. Vgl. dazu auch Gunkel, Stefan (Hrsg.) (2009): Psychodrama und Soziometrie. Wiesbaden: VS. 192 Bonazzi, Giuseppe (2007): Geschichte des organisatorischen Denkens. Wiesbaden: VS. 193 Stattdessen vgl. auch Klose, Rainer (2009): Emotionen im Change Management. Eine Analyse emotionalen Verhaltens im organisatorischen Wandel. Hamburg: Kovac.
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Publikationsdschungel zur Organisationsforschung und zum Change Management (auch zur Rolle von Beratung, Supervision und Coaching194) etc. finden sich längst alternative Sichtweisen, die mit höherer Komplexität arbeiten.195 Der Nachteil einer choreographischen Sichtweise besteht aber immer noch darin, zumindest assoziativ die zentralistische Idee eines Regisseurs anzunehmen und damit in einen (mitunter männlichen) Diva-Mythos196 zu verfallen. Und tatsächlich kann die Betonung einer herausragenden Person im Sozialreformprozess relevant sein. In Rückgriffe auf Forschungen zum Status von Pionieren (Gründer-Generation von Projekten) und eines möglichen charismatischen197 Potenzials dieser Personen ist der berühmte „subjektive Faktor“ überhaupt nicht zu vernachlässigen. Und dennoch muss gelingende Sozialreform als Veränderungs-Governance einer kompliziert-komplexen Akteurskonstellation verstanden werden. Meist handelt es sich, analytisch betrachtet, um Mehr-Ebenen-Systeme mit vertikaler und horizontaler Politikverflechtung. Die Akteure sind hierbei in ihrer Habitualisierung skript-gesteuert. Insofern verfahre ich post-strukturalistisch198 und stelle die kulturelle Grammatik des Sozialen und die entsprechenden (durchaus leiblich zu verstehenden) Einschreibungen (Inskriptionen) in die Denkgewohnheiten, Wahrnehmungsmuster und Orientierungsweisen der Menschen in das Zentrum meiner Überlegungen. Zugleich ordne ich das ganze Problem damit in eine Reflexion aus der Sicht philosophischer Anthropologie ein. Haltungsfragen einer choreographischen Tugend: Die (Mit-)Sorge für den Anderen, die sozialpolitisch hier im Lichte des Phänomens der Sympathie199 und des Prinzips der „Liebe“200 (als Antriebskraft der „Mut zum Sein“-Haltung201 angesichts 194 Schützeichel, Rainer/Brüsemeister, Thomas (Hrsg.) (2004): Die beratende Gesellschaft. Wiesbaden: VS. 195 Florian, Michael/Hillebrandt, Frank (Hrsg.) (2004): Adaption und Lernen von und in Organisationen. Wiesbaden: VS; Schmitt, Marco/Florian, Michael/Hillebrandt, Frank (Hrsg.) (2006): Reflexive soziale Mechanismen. Wiesbaden: VS. 196 Grotjahn, Rebecca/Schmidt, Dörte/Seedorf, Thomas (Hrsg.) (201): Diva – Die Inszenierung der übermenschlichen Frau. Schliengen: Edition Argus. 197 Vgl. Art. „Charisma“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 81 – 85. 198 Parallel arbeite ich an einer Monographie zum Thema „Habitus-Hermeneutik und ,methodologischer Personalismus‘“. 199 Scheler (1874 – 1928), Max (2006): Wesen und Formen der Sympathie. 6. Aufl. Bonn: Bouvier. 200 Binswanger, Ludwig (1953): Grundformen und Erkenntnis menschlichen Daseins. 2. Aufl. Zürich: Niehans. 201 Tillich, Paul (1991): Der Mut zum Sein. Berlin-New York: de Gruyter; Tillich, Paul (1991): Liebe – Macht – Gerechtigkeit. Berlin-New York: de Gruyter; vgl. auch Bilstein, Johannes/Uhle, Reinhard (Hrsg.) (2007): Liebe. Zur Anthropologie einer Grundbedingung pädagogischen Handelns. Oberhausen: Athena.
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der Sorgestruktur des menschlichen Daseins202) den Anlass gibt für die Thematik des Wandels der Wohnformen im Alter(n), darf nicht die Perspektive der Selbst-Sorge (als Selbst-Responsitivität) mit Blick auf das soziale Engagement vergessen. Da der soziale Wandel nicht planbar ist, Glück nicht erzwungen werden kann (immer dort, wo dies kollektiv versucht wurde, mündete das Experiment im Totalitarismus), alles also eingebettet bleibt in die Welt des homo patiens mit seiner Fehlbarkeit als Teil seiner (im Sinne einer theologischen Anthropologie gesprochen) Kreatürlichkeit, ist Gelassenheit als Haltungsdimension einer Ethik der Achtsamkeit (vgl. Kapitel IX.) angesagt.203 Dennoch wäre Gleichgültigkeit falsch, eine Verfehlung der Daseinsaufgabe. Diese Haltung ist eigentlich als Fehl-Haltung zu verstehen. Denn, anthropologisch gesehen, bleibt die Fähigkeit des Menschen zur „exzentrischen Positionalität“204 und seine Plastizität im Lebenslauf das Fundament für die Gestaltbarkeit (nicht aber der totalen Verfügbarkeit, an der die Aufklärung in ihrer je eigenen Dialektik gescheitert ist) der sich wandelnden Welt. Nochmals zur impliziten philosophischen Anthropologie der Analyse: Es geht um das (anthropologisch fundamentale205) Prinzip der „Gastfreundschaft“: der Aufnahmebereitschaft des Anderen, des kulturell oftmals als das ganz Fremde206 empfundene im lebensweltlichen Horizont des eigenen Wohnens und Wohnumfeldes. 202
Heidegger, Martin (1977): Sein und Zeit (1927). Frankfurt am Main: Klostermann. Bezugspunkt einer kommunalen Gastfreundschaftskultur, um die es hier geht, ist somit der homo patiens. Den Begriff finden wir in der Medizingeschichte bei Schipperges (Schipperges, Heinrich [1979]: Moderne Medizin im Spiegel der Geschichte. München: dtv) ebenso wie in neueren kulturgeschichtlichen Darstellungen wie die von Stolberg. Vgl. Stolberg, Michael (2003): Homo patiens. Krankheits- und Körpererfahrung in der frühen Neuzeit. Frankfurt am Main-New York: Campus. Anthropologisch fundiert ist er in der Existenzanalyse von Viktor Frankl (1905 – 1997). Vgl. Frankl, Viktor (1975): Der leidende Mensch. Anthropologische Grundlagen der Psychotherapie. Bern: Huber. Vgl. dazu auch Längle, Alfried (2011): Erfüllte Existenz. Entwicklung, Anwendung und Konzepte der Existenzanalyse. Wien: Facultas. 204 Plessner, Helmuth (1975): Die Stufen des Organischen und der Mensch. 3. Aufl. BerlinNew York: de Gruyter. 205 Vgl. nur Bischof, Sascha (2005): Gerechtigkeit – Verantwortung – Gastfreundschaft. Ethik-Ansätze nach Jacques Derrida. Freiburg i. Br.: Herder; Haberer, Hans (1997): Gastfreundschaft – ein Menschheitsproblem. Überlegungen zu einer „Theologie der Gastfreundschaft“. Aachen: Shaker; Liebsch, Burkhard (2010): Für eine Kultur der Gastlichkeit. Freiburg i. Br.: Alber. Historisch-ethnologisch: Hiltbrunner, Otto (2005): Gastfreundschaft in der Antike und im frühen Christentum. Darmstadt: WBG. 206 Dazu tiefenpsychologisch auch Kristeva (*1941), Julia (2010): Fremde sind wir uns selbst. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Wenn der psychoanalytische Blick stimmt, die Angst vor dem Fremden sei die verdrängte Angst vor den Untiefen des eigenen Selbst (ja des Tieres im Menschen, wobei immer erinnert werden muss, dass der Mensch selbst ein höheres Tier ist), dann wird der paläoanthropologische Ansatz von Bilz hoch relevant. Vgl. Bilz, Rudolf (1974): Studien über Angst und Schmerz. Paläoanthropologie Band 1/2. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Für Bilz besteht die Möglichkeit, dass der Mensch im Spiegel einen Dämon sieht (S. 239). Verschiebt sich diese Angst nach außen, dann wird der Fremde ausgegrenzt oder gar getötet. Die Disposition zur ekelhaften Disjunktion ist paläoanthropologisch angelegt 203
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Die Thematik ist eingebettet in die Wahrnehmung höchst ambivalenter Prozesse der De-Institutionalisierung.207 Wie schon in der erwähnten empirischen Studie, so ist es sicherlich nicht falsch, auch hier unsere empirischen Erfahrungen sowie die sozialpolitischen Interpretationen und Bewertungen deutlich vor dem Hintergrund dieser mich leitenden philosophischen Anthropologie offenzulegen. Es geht uns um gelingendes208 PersonSein.209 Person-Sein ist nicht reduzierbar auf einen abstrakten Begriff des Individuums und einer dergestalt trivialen und entleerten Verständnisform von Freiheit. PersonSein ist immer gekoppelt an der dialogischen Existenz mit dem Du, dem unmittelbar Anderen des Mit-Seins im sozialen Dasein. Das Person-Sein verdankt sich diesem sozialen Modus des Mit-Seins und verdankt sich daher sogar vorgängig dem „Wir“, in das die Person geworfen und auf seine weitere Entwicklung hinein gestellt ist. Person-Werdung ist Individualisierung angesichts einer vorgängigen historischen Zeit und angesichts eines vorgängigen kulturellen Raums. Die Selbst-Sorge bleibt an der konkreten, inter-personellen Mit-Sorge und an der Verantwortung im Wir des abstrakteren gesellschaftlichen Miteinanders, ontologisch unhintergehbar, gebunden.
(S. 234 f.). Bilz zeigt (so wie ich an anderer Stelle strukuralistisch über binäre Codes und Polaritäten argumentiert habe: Schulz-Nieswandt, Frank [2000]: Studien zur strukturalen Anthropologie sozialer Hilfeformen und sozialer Risikogemeinschaften. Regensburg: Transfer Verlag), wie die Gleichsetzung von Krankheit und Schuld (Krankheit = Schuld) eine UrDisposition des Menschen ist (S. 178; S. 212), die zu aggressivem Verhalten gegenüber dem andersartigen Anderen führen kann: „Das singuläre Subject ist der Anstoß-Victimisation seitens der Gruppe gewärtig, und genau diese Unheils-Gegenwärtigung, die man auch als Sorge bezeichnen kann, ist mit einer Schuld-Angst verquickt.“ (S. 189) Dann kann der Mensch gegenüber seinem Mit-Menschen sehr grausam sein, „es sei denn, daß wir uns betont neoanthropologisch-christlich verhalten“ (S. 180), wobei man bei diesem Bezug die sehr kritischen Worte von Bilz zum organisierten kirchlichem Christentum beachten muss (vgl. S. 217, S. 226). 207 Bitter, Daniela/Entenfellner, Anna/Matschnig, Teresa/Frottier, Patrick/Frühwald, Stefan (2009). Da-Heim im Heim!? Bedeutete Ent-Hospitalisierung auch Ent-Institutionalisierung? In: Psychiatrische Praxis 36, S. 261 – 269; Riedel-Heller, Steffi G./Luppa, Melanie/König, Hans-Helmut (2010). Institutionalisierung psychisch kranker alter Menschen. In: Psychiatrische Praxis 37 (2), S. 53 – 55; Brachmann, Andreas (2011): Re-Institutionalisierung statt DeInstitutionalisierung in der Behindertenhilfe. Wiesbaden: VS; Glasenapp, Jan (2010): Im Spannungsfeld von Sicherheit und Freiheit. Über Deinstitutionalisieren in der Behindertenhilfe. Berlin: LIT. 208 Binswanger, Ludwig (1956): Drei Formen missglückten Daseins. Tübingen: Max Niemeyer. 209 Glöckner, Konrad (2004): Personsein als Telos der Schöpfung. Eine Darstellung der Theologie Paul Tillichs aus der Perspektive seines Verständnisses des Menschen als Person. Berlin: LIT; dazu auch Schulz-Nieswandt, Frank (2009): Paul Tillichs Onto(theo)logie der Daseinsbewältigung und die Fundierung der Wissenschaft von der Sozialpolitik. In: Danz, Christian/Schüßler, Werner/Sturm, Erdmann (Hrsg.): Religion und Politik. Internationales Jahrbuch für die Tillich-Forschung. Bd. 4. Berlin: LIT, S. 125 – 138.
I. Eine empirische Studie und ihre kulturtheoretische, auf politische Fragen abstellende Reflexion Das Thema Wohnformen (im Wandel) im Alter ist nicht neu. Auf die Differenzierungen ist bereits vielfach eingegangen worden1. Manche Trendanalysen scheinen aber allzu vorschnell, harmonisierend und ohne tiefere Theorie an der Oberfläche zu verharren.2 1. Zentrale Befunde der explorativen Studie Die Studie kann tiefe Einblicke in das alltägliche, lebensweltliche Prozessgeschehen der Wohnprojekte aufzeigen. Unsere Ausgangshypothesen waren zunächst: – H1: Die Möglichkeiten selbständigen und insofern gelingenden Alterns sowie die Förderung von Selbstbefähigungen, Selbstmanagements- und Selbstständigkeitspotenzialen hängt vom Wohnsetting ab. – H2 : Wohnformen unterscheiden sich in der Möglichkeit der aktivierenden Pflege und der allgemeinen Chance der Hilfe zur Selbsthilfe. Solche Aktivierungspotenziale, die wiederum maßgeblichen Einfluss auf die Verlaufsmuster der weiteren Alterung sowie auf die Produktivität der Bewältigung der Hilfe- und Pflegebedürftigkeit haben, sind abhängig von alltäglichen Interaktionsordnungen der gegenseitigen Hilfe (Reziprozitätsprinzip). – H3 : Obwohl auch stationäre Settings Möglichkeiten des Empowerments unter bestimmten Bedingungen der Unternehmensphilosophie und Organisationskultur sowie der Personalaufstellung haben, weisen andere Wohnformen größere Entwicklungspotenziale diesbezüglich auf. – H4 : Vor diesem Hintergrund sind Wohnformen zwischen Privathaushalt und Heim, bezogen auf vergleichbare Pflegebedürftigkeitslagen, nicht billiger, aber kosteneffektiver: Sie bewirken mit gegebenem Input bessere Outcomes (Ergebnisse).
1 Vgl. etwa Höpflinger, Francois (2009): Einblicke und Ausblicke zum Wohnen im Alter. Zürich: Seismo; Planer, Katarina (2010): Haus- und Wohngemeinschaften. Neue Pflegekonzepte für innovative Versorgungsformen. Bern: Huber. 2 Schneiders, Katrin (2010): Vom Altenheim zum Seniorenservice. Institutioneller Wandel und Akteurskonstellationen im sozialen Dienstleistungssektor. Baden-Baden: Nomos.
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Erhebliche Aktivierungspotenziale sind demnach realisierbar im Rahmen der gegenseitigen Hilfe der BewohnerInnen, aber auch zwischen den BewohnerInnen und dem Personal. Dies führt in vor-pflegerischen Phasen des Hineinalterns in das höhere und hohe Alter ebenso wie in bereits eingetretenen und fortgeschrittenen Pflege- und Betreuungssituationen zu positiven Wirkungen auf das Persönlichkeitswachstum und auf die subjektive Lebensqualität der BewohnerInnen. Der günstige Personalschlüssel, der durch die Mietrechtsverhältnisse und die Vertragsbildung mit ambulanten Pflegediensten ermöglicht wird, trägt auch zu einer positiven Arbeitszufriedenheit des Personals3, das so mehr Zeit zum Einbringen fachlicher Kompetenzen hat, bei. Da im Lichte von plausiblen Modellrechnungen davon auszugehen ist, dass bei vergleichbaren Bedarfslagen (Risikostruktur) die Kosten vergleichbar sind zu den Kosten eines stationären Wohn- und Pflegearrangements, hat die Studie wichtige Hinweise geliefert, dass die Wirkungen auf die Lebenszufriedenheit, der erlebten Lebensqualität4 und auf die weiteren Verlaufsformen des Alterns positiver sind als in anderen Wohnsettings. Dies resultiert aus den nur in solchen „interaktionsdichten“ Wohnsettings möglichen gegenseitigen Hilfen (Prinzip der Reziprozität). Dadurch sind vertiefte Aktivierungsprozesse5 möglich. Dieser Befund passt zu den gerontologischen Erkenntnissen, dass Aktivitätsmuster positiv zusammenhängen mit erfolgreichen Alterungsprozessen, diese Aktivitätsmuster aber von Gegenseitigkeitserfahrungen im Alltag geprägt sein müssen und diese wiederum nicht in allen Wohnsettings gleich gut realisiert werden können. Ein sozialökonomischer Befund wird dann evident: Sind die Input-Kosten mehr oder weniger gleich, so spricht einiges systematisch dafür, dass die Outcomes (weiteres Altern, der Gesundheitszustand dieses weiteren Alterns, subjektive Lebensqualität infolge erlebter sozialer Unterstützung und des erlebbaren Persönlichkeitswachstums) in den Wohnformen nicht-stationärer Art relativ höher sind. Damit können gelingende Wohnformen jenseits der üblichen Dichotomie von privater Häuslichkeit und stationärer Unterbringung kosteneffektiver sein.6 Da es sich im vorliegenden Fall nur um eine explorative Studie ohne Anspruch auf Repräsentativität und ohne Anspruch auf Eigenschaften einer kontrollierten längs3
Vgl. etwa Roßrucker, Karl (2008): Arbeitszufriedenheit und ihre Folgen in helfenden Berufen. Berlin: Logos; Coburger, Steffen (2009): Arbeitsbedingungen, Erfolgserfahrungen und Arbeitszufriedenheit bei Pflegekräften der stationären Altenhilfe. Untersucht in einem bayerischen Sozialzentrum. Frankfurt am Main: Lang. Ferner Schmidt, Brinja (2004): Burnout in der Pflege. Stuttgart: Kohlhammer. 4 Vgl. etwa Meier, Denise (1995): Lebensqualität im Alter. Bern: Lang. 5 Zur Bedeutung der Aktivierung in der Pflege vgl. auch Dangel, Bärbel/Kolleck, Bernd/ Korporal, Johannes (2005): Rehabilitation Pflegebedürftiger. München: Urban & Fischer in Elsevier. 6 Kosten-Effektivität (K) ist definiert als Outcomes (O), bezogen auf die Input-OutputEffizienz (o/i) eines Sozialgebildes: K = O/(o/i).
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I. Eine empirische Studie und ihre kulturtheoretische Reflexion
schnittlichen Interventionsstudie handelt, bleibt weiterhin erheblicher Forschungsbedarf zu konstatieren. 2. Ohne Romantik und Dogmatik – die Befunde im konkreten Betrachtungszusammenhang Die Alterungsprozesse in jeder Wohnform können gelingen oder auch misslingen. Institutionalisierungen sind oftmals geprägt von nicht gelingenden Passagen der Heimübersiedlung. Architektur, Personalbestand, aber auch oftmals die stationären Denk- und Handlungskulturen („kulturelle Skripte“) in den Heimsettings (sozusagen die „Drehbücher“ der alltäglichen Ablaufgeschichten) lassen die Realität oftmals weit entfernt sein von den Idealen der aktivierenden Pflege, also einer Pflege, die nicht nur hoffnungslos austherapierte Fälle bis in die Palliativphasen mit Empathie begleitet, sondern wo täglich durch rehabilitativ auf Erhalt und Stärkung der personalen Daseinsführung hin gefördert wird. Dennoch gibt es auch im Heimsektor eine gewisse Varianz in der Erfolgsmessung. Auch private Häuslichkeit kann misslingen. Auch dort kann Vereinsamung oder Verwahrlosung stattfinden. Gewalt in den verschiedenen Erscheinungsformen kann in jedem Setting auftreten. Artenvielfalt fördern: Wenn eine Gesellschaft trotz wissenschaftlicher Forschungseinsichten letztendlich nicht einfache und eindeutige Antworten finden kann und die Forschung eben nicht, wie oft erwartet, in gesellschaftlich ersehnter Einfachheit „die“ absolut beste Wohnform im Alter(n) definieren kann, dann gibt es eine überaus redliche Lösung: Vielfalt anbieten. Politisch bedeutet das: Vielfalt ermöglichen. Aus der Evolution kennen wir die Analogie: Artenvielfalt erhalten erhöht die Fähigkeiten zur Anpassung an Umweltanforderungen und erhöht die Entwicklungschancen insgesamt. Einerseits können sich so in einem längeren sozialen Lern- und politischen Erfahrungsverarbeitungsprozess relativ bessere Lösungen abzeichnen, andererseits, und das sei hier besonders betont, kann die Vielfalt der Wohnformangebote die Möglichkeit geben, dass die Menschen im Lichte ihrer biographisch gewachsenen persönlichen „Strickmuster“ jene Wohnformen auswählen können, die zu ihren jeweiligen psychodynamischen Balancemustern von Nähe und Distanz passen. Denn auch das hat die Studie, in Übereinstimmung mit bekannten psychologischen Befunden, gezeigt: Jede Wohnform ermöglicht unterschiedliche räumliche, interaktive und seelisch erlebte Gleichgewichte zwischen den Bedürfnissen nach Nähe und Distanz. Familialismus: Die Studie zeigt eine gewisse Vielfalt sozialer Milieus und unterschiedliche personale Dispositionen in Hinsicht auf Nähe- und Distanzbedürfnisse. Eine Wohngemeinschaft kann den Bedürfnissen der BewohnerInnen und/oder der Angehörigen nachkommen, familien-ähnliche soziale und seelische Dichte-
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räume zu erzeugen („Familialismus“). Mehrgenerationen(wohn)häuser können dagegen so konstruiert und sodann gelebt werden, dass aus einer stärkeren Distanz heraus eine Kultur der Gegenseitigkeit, des gegenseitigen Helfens, eingebettet in Formen erlebter gemeinschaftlicher Gesellung, möglich werden. Die Studie hat auch gezeigt, warum Wohngemeinschaften oder Mehrgenerationenhäuser scheitern können. Es kommt bereits auf das Gelingen der Gründungsphase an, dabei wiederum kommt es darauf an, gemeinschaftliche Planungen und selbstverwaltete Startphasen zu ermöglichen. Die BewohnerInnen dürfen nicht „topdown“ und fremdgesteuert zusammengesetzt werden. Die Wohnformen müssen sich in ihrer Zusammensetzung selbstbestimmt finden. Und die weitere Zusammensetzung infolge von Auszügen oder infolge des Versterbens von BewohnerInnen bleibt ein nicht einfaches und gemeinhin bereits gelöstes Thema. Auch die Verdichtung der Hilfe- oder gar Pflege- und Betreuungsbedarfslagen im Zuge des weiteren Alterns wirft nicht-einfache Fragen der optimalen Zusammensetzung der BewohnerInnenschaft auf. Große Unterschiede zeigen die Wohnformen hinsichtlich wichtiger Fragen wie die der Öffnung zum bürgerschaftlichen Engagement hin und auch zum Wohnumfeld bzw. im Quartiersbezug. Hier siedeln wir durchaus Schlüsselfragen der Erfolgschancen von Wohnprojekten an7. Ähnliches gilt aber auch für stationäre Settings.
7 Vgl. auch Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung (Hrsg.) Weidner, Frank/ Brandenburg, Hermann/Schulz-Nieswandt, Frank (2010): Pflege und Unterstützung im Wohnumfeld. Hannover: Schlütersche.
II. Politische Schlussfolgerungen Es darf eine zentrale Erkenntnis nochmals zitiert werden: „Wenn eine Gesellschaft trotz wissenschaftlicher Forschungseinsichten letztendlich nicht einfache und eindeutige Antworten finden kann und in oftmals ersehnter Einfachheit ,die‘ absolut beste Wohnformen im Alter(n) definieren kann, dann gibt es eine überaus redliche Lösung: Vielfalt anbieten. Politisch bedeutet das: Vielfalt ermöglichen.“
Obwohl sich in Deutschland einige Bewegungen im Feld des Wohnens im Alter abgezeichnet haben, scheint uns der Stand der Dinge doch noch weit entfernt zu sein von der sozialen Gewährleistung einer Vielfalt an Möglichkeiten. 1. Rechtliche Situation und politischer Wille Die (mietvertrags-)rechtlichen Fragen sind – bei aller Unterschiedlichkeit im Vergleich der Bundesländer – an sich positiv geklärt. Ambulant betreute Wohnformen gemeinschaftlicher Art sind bei Trennung des Mietvertrages vom Beschaffungsvertrag der ambulanten Pflegeanbieter möglich, ohne dem Regime der Heimgesetzgebung1 unterworfen zu werden. Rolle der Wohnungswirtschaft: Damit dürfte eine Hürde in der Bereitschaft der Wohnungswirtschaft, hier zu investieren, genommen worden sein. Dennoch gibt es Probleme im Detail; und insgesamt dürfte es auch noch Informations- und Aufklärungsbedürfnisse geben, die noch nicht transparent befriedigt sind. Gerade in der Wohnungswirtschaft gibt es Beispiele dafür, dass die Macht der gestaltenden Ideen durchaus das Wirtschaftsverhalten lenken kann. Die Wohnungsgenossenschaften stehen oftmals immer noch selbstbewusst und reflektiert in der Tradition der Sozialreform2, verstehen sich als „anders“, charakterisiert durch die Genossenschaftsprinzipien der Selbsthilfe, der Selbstverwaltung und des Demokratieprinzips. Zahlreiche Beispiele zeigen, wie Wohnungsgenossenschaften im Rahmen ihrer Bestandspflege engagiert vernetzt arbeiten: themen- und zielgrup-
1 Scheppke, Stephanie (2008): Betreutes Wohnen für Senioren. Hamburg: Kovac sowie Börner, Karlheinz (2008): „Betreutes Wohnen“ in Abgrenzung zum Heimgesetz. Berlin: LIT. 2 Vgl. die faszinierende Studie von Stumberger, Rudolf (2004): Das Projekt Utopia. Geschichte und Gegenwart des Genossenschafts- und Wohnmodells „Familistère Godin“ in Nordfrankreich. Hamburg: VSA.
II. Politische Schlussfolgerungen
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penorientiert, oftmals inter-generationell, stadtteil-fokussiert, kooperativ – auf soziale Integration und Vitalisierung des Quartiers hin bewegend.3 Auch die private Wohnungswirtschaft muss Gefallen daran finden, bauliche Projekte in durchdachten innovativen sozialen Entwicklungsprojekten organisch zu integrieren. So wie Architekten oftmals die bauliche Seite mit Aspekten des sozialen Lebens zukunftsorientiert verknüpfen, sollte auch die Wohnungswirtschaft sich als kulturgestaltend verstehen. Es bedarf angesichts dieses Befundes einer Kommunikationsoffensive. Rolle der kommunalen Politik: Ort der Projektumsetzung ist jedoch immer der jeweils kommunale Raum, und dort, disaggregiert, der Stadtteil und das Quartier oder vergleichbare lokale Welten in ländlichen Räumen. Und auf dieser Ebene muss der politische Aufbruch stattfinden. Es ist nicht so, dass es nicht Aufbrüche in einigen innovativen Kommunen gibt.4 Aber insgesamt beobachte ich auch viele Stagnationen. Der Aufbruch muss jedoch in den Köpfen beginnen – und wird auch nicht ohne leidenschaftlichen Idealismus, psychologisch gesehen5, gehen. Kommunale Politik muss aufhören, auf die Prognose des demographischen Wandels mit dem Bau stationärer Kapazitäten zu reagieren. Das ist doch eine übersimple Reaktionsweise auf die gesellschaftliche Situationsentwicklung. Sie spiegelt ein Denken in Einfachheit, Sauberkeit, Geordnetsein, formal nachgekommener Verantwortung etc. aus. Traditionelle Formen, die in ihrer Anstaltsförmigkeit6 kulturgeschichtlich von langer Tradition sind7, bleiben jedoch unterkomplexe Antworten auf die differenzierten Anforderungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Vor allem: Was auf dem ersten Blick nur als überholte architekturtypische Antwortform erscheint, erweist sich bei näherer Betrachtung als falsche Form des Denkens, als verkürzte Situationsdefinition und Problemwahrnehmung: Institutionalisierung ist eine verhaltenslenkende Art und Weise des Denkens, ein mentales Modell.
3 König, Barbara (2004): Stadtgemeinschaften. Das Potenzial der Wohnungsgenossenschaften für die soziale Stadtentwicklung. Berlin: edition sigma. 4 Bischof, Christine/Weigl, Barbara (Hrsg.) (2010): Handbuch innovative Kommunalpolitik für ältere Menschen. Berlin: Eigenverlag des DV. 5 Interessant dazu Vollmann, Manja (2007): Soziale Reaktionen auf Optimisten, Pessimisten und Realisten. Hamburg: Kovac. 6 Hof, Axel (2000): Der soziale Ort der Gesundheit. Topographische Bibliographie zur Sozialgeschichte des Fürsorge-, Hospital-, Medizinal- und Wohlfahrtswesens. Regensburg: Pustet; Watzka, Carlos (2005): Vom Hospital zum Krankenhaus. Zum Umgang mit psychisch und somatisch Kranken im frühneuzeitlichen Europa. Köln: Böhlau; Ammerer, Gerhard/ Brunhart, Arthur/Scheutz, Martin/Weiß, Alfred S. (Hrsg.) (2010): Orte der Verwahrung. Die innere Organisation von Gefängnissen, Hospitälern und Klöstern seit dem Spätmittelalter. Leipzig: Leipziger Universitäts-Verlag. 7 Horden, Peregrine (2005). The Earliest Hospitals in Byzantium, Western Europe, and Islam. In: Journal of Interdisciplinary History 35 (3), S. 361 – 389. Vgl. insgesamt auch SchulzNieswandt, Frank (2003): Herrschaft und Genossenschaft. Berlin: Duncker & Humblot.
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II. Politische Schlussfolgerungen
Es bleibt, auch angesichts der oben genannten lebensgeschichtlich differenziert ausgebildeten Präferenzen der Menschen, unsicher, ob eine Abschaffung der Heime im Rahmen einer radikalen De-Institutionalisierung vollständig machbar und wünschenswert ist. Die internationale Forschung zur De-Institutionalisierung hat gezeigt, wie voraussetzungsvoll dieser Prozess ist. Es muss zu hochgradig in das Wohnumfeld hinein vernetzte Alternativstrukturen und -prozesse zur Heimlösung kommen. De-Institutionalisierung ohne Aufbau von „Community care“-Strukturen ist riskant und kann zu neuen individuellen Isolationen und sozialen Desintegrationen führen. Das ist aus der Psychiatriegeschichte ebenso bekannt wie z. B. aus den norwegischen De-Institutionalisierungen in der Behindertenhilfe. Insgesamt gesehen ist zu konstatieren, dass die eigentliche konstitutive Rahmenbedingung die der Organisierung von Kommunität („Community Organizing8“) ist: Eine Beziehungskultur im örtlichen Daseinszusammenhang ist gemeinsam zu organisieren, damit, dergestalt eingebettet, soziale Innovationen möglich werden. Die Erfolgschancen sind aus Forschungen über involvierend-partizipative Projekte der Bewirtung von kollektiven Gütern („Commons“ bzw. Gemeingütern) bekannt.9 Das gilt wohl auch für Fragen intergenerationellen Lernens.10 Damit verweist die ganze Problematik auf analoges Wissen im Themenkreis inter-kultureller Pädagogik.11 Eine zentrale epistemische Einsicht mag sein: „Wer sich selbst versteht, versteht auch andere besser.“12 2. Kulturelle Voraussetzungen Vor allem muss im Wohnumfeld eine kulturelle Akzeptanz geschaffen werden. Das oftmals verbreitete St. Florians-Prinzip muss vermieden werden. Forschungen zu negativen Altersbildern, aber auch zu Hygiene-gesteuerten Bildern (vgl. in Kapitel II.3.), die man sich vom Menschen mit Behinderungen macht, verweisen psychologisch auf tiefsitzende Ängste der Menschen im kulturell misslingenden 8 Baldas, Eugen (Hrsg.) (2010): Community Organizing. Menschen gestalten ihren Sozialraum. Freiburg i. Br.: Lambertus. 9 Ostrom, Elinor (2011): Was mehr wird, wenn wir teilen. Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingüter. München: Oekom; Sennlaub, Angelika (2005): Wohnen mit Commons zwischen Zumutung und Chance. Einflussfaktoren auf die Akzeptanz von Gemeinschaftsbesitz im Wohnalltag. München: Oekom. 10 Antz, Eva-Maria/Franz, Julia/Frieters, Norbert/Scheunpflug, Annette/Tolksdorf, Markus (2009): Generationen lernen gemeinsam. Theorie und Praxis intergenerationeller Bildung. Gütersloh: Bertelsmann. 11 Vgl. dazu Auernheimer, Georg (2010): Einführung in die interkulturelle Pädagogik. 6. Aufl. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft; Gogolin, Ingrid/Krüger-Potratz, Marianne (2010): Einführung in die Interkulturelle Pädagogik. Wiesbaden: VS (UTB); Nohl, Arnd-Michael (2010): Konzepte interkultureller Pädagogik. 2., erw. Aufl. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. 12 Schäfer, Erich/Schack, Stephan/Rahn, Peter/Uhl, Sandra (Hrsg.) (2006): Wer sich selbst versteht, versteht auch andere besser. Eine Längsschnittstudie zu Wirkungen eines Projektes der politischen Jugendbildung zum Demokratie-Lernen. Kevelaer: IKS Garamond.
II. Politische Schlussfolgerungen
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Umgang mit dem vermeintlich Anders-Sein des Anderen, dem Fremden, dürfen aber gesellschaftspolitisch und -pädagogisch nicht hingenommen werden. Rolle der Anwohner: Die kulturelle Arbeit an dem Aufnahmeklima des örtlichen Kontextes, der sozialen Akzeptanz der Inklusionsprozesse infolge des Normalisierungsdenkens in der Fachlichkeit ist eine Bedingung für die Erfolgschancen einer Projektentfaltung im lokalen Kontext. Die erwähnten Rechtsfragen sowie die Anforderungen an praktikable Finanzierungsmodelle solcher Wohnprojekte sind notwendige Voraussetzungen; hinreichende Bedingung ist aber der Wandel der mentalen Modelle und der kulturellen Haltungen der Menschen und der politisch relevanten Akteure. Und hier fehlt es an sozialer Phantasie. Falsche (defizit-orientierte) stereotypische Altersbilder und angstgesteuerte Bilder vom behinderten Menschen lenken und prägen – diskriminierend13 – das Verhalten der Menschen im Umgang mit den Herausforderungen. Zur gelingenden Implementation von neuen Wohnformen gehört daher die vorgängige und projektbiographisch begleitende Arbeit am sozialen Kontext und der kulturellen Akzeptanz. Das ist nicht trivial. Die Denkblockaden und die Haltungsdefizite sitzen tief. Im Rahmen einer solchen kommunalen, quartiers- oder wohnumfeldbezogenen Strategie müssen demnach kritische Schwellenwerte überwunden werden, ab denen eine Kommune als innovativer Kraftraum der Veränderung, des Aufbruchs und der langfristig denkenden Politik zu verstehen ist. In diesem Sinne bedarf es einer Rückkehr zur visionären, Ideen-gesteuerten gestaltenden Politik des örtlichen Daseins der BürgerInnen. Politik muss schöpferisch sein. Zwar ist es zu romantisch (und beruht wahrscheinlich auch auf Fehlrezeptionen von Texten von Hannah Arendt [1906 – 1975] durch sozialdemokratische Politiker), Politik als organisierte Form der Liebe zu verstehen, aber ein Hauch davon wäre als haltungsgebender Impuls gut. Interessen müssen zurückgestellt werden; die Akteure müssen ihre – legitimen – Interessen einbetten und bahnen lassen von Ideen, die neue Korridore der Problemlösung entfalten helfen. Im Prinzip handelte es sich bei dieser Blickweise auf das Problem um eine Rückgewinnung des genuin Politischen: Um das Ringen von Ideen (nicht von materiellen Interessen, die zurückrangiert werden müssen) zur Gestaltung des sozialen Miteinanders im Gemeinwesen.14
13
Rothermund, Klaus/Mayer, Anne-Kathrin (2009): Altersdiskriminierung. Stuttgart: Kohlhammer. 14 Marchart, Oliver (2011): Die politische Differenz. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Bedorf, Thomas/Röttgers, Kurt (Hrsg.) (2010): Das Politische und die Politik. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Bröckling, Ulrich/Feustel, Robert (Hrsg.) (2010): Das Politische denken. Bielefeld: transcript.
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II. Politische Schlussfolgerungen
Stakeholder-orientiert15 sind alle Akteure und Akteursgruppen dabei angesprochen. So die Anwohner mit ihrem Blick auf mögliche Wertverluste ihrer Wohnlage und des Eigentums, so die Wohnungswirtschaft, die ihr Geld auch in sozialreformpolitisch innovativen Projektformen verdienen soll, und so auch die kommunale Politik, die endlich von isolierten stationären Inseln der sozialen Raumausgrenzung des älteren, pflegebedürftigen und/oder behinderten Menschen Abschied nehmen muss. Auch wenn die neuere Forschung zeigt, dass der Heimsektor nicht unkritisch und undifferenziert dem Deutungsmuster einer „totalen Institution“16subsummiert werden kann und darf, so bleibt die soziale Architektur der stationären Einrichtung doch immer nahe an der Gefahr der sozialräumlichen Isolation, der lebensweltlichen Marginalisierung und lässt den Eindruck einer vermeidbaren Praxis des „sozialen Todes“17 aufkommen. Diese Gefahren (wie etwa die Gewalt18) sind aber mit jedem Wohnsetting verbunden, da Vereinsamung bis hin zur Verwahrlosung auch in vermeintlich autonomen Kontexten privat-häuslicher Lebensführung denkbar und auch beobachtbar sind. Und Wohnformen jenseits dieser Dichotomie von autonomer Privatwelt und totaler Institutionalisierung können ebenso misslingen, vor allem, wenn entweder die Gründungsphilosophie und die Pflege der weiteren Projektbegleitung nicht stimmen und die internen sozialen Gruppenprozesse sich nicht entfalten können und/oder wenn die externe Sozialintegration in das lokale Gemeinwesen vernachlässigt wird. Rolle der Einrichtungsträger, einschließlich der Professionen: Die Einrichtungsträger sind daher aufgerufen, ihre ökonomischen Interessen nicht in fataler Blickverengung auf die kurzfristige Bettenkapazitätsauslastung zu konzentrieren. Auch hier ist soziale Phantasie (schöpferische Praxis) im Interesse der Menschen gefordert. Wo immer möglich, sollten Empowerment-orientiert auch Formen gemeinschaftlichen Wohnens in stationären Architekturen eingefügt werden. Wird man sich manchmal fragen müssen, ob die Phrase „der Kunde sei König“ nicht eine zynisch anmutende Chimäre ist, so wird man sich angesichts der im Feld systematisch angelegten Verweigerung, mehr in die Angebotsdiversität zu investieren, tiefgreifender fragen müssen, wie es um die viel beschworene unternehmensphilosophische, gar kirchlich-weltanschauliche Zentrierung um den Menschen wirklich steht. Holt man mit einer relativ verengten Angebotspalette wirklich den in 15 Ruckh, Mario/Noll, Christian/Bornholdt, Martin (Hrsg.) (2006): Sozialmarketing als Stakeholder-Management. Bern: Haupt Verlag. 16 Klassisch: Goffman (1922 – 1982), Erving (2010): Asyle. 17. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Vgl. auch Täubig, Vicki (2009): Totale Institution Asyl. Weinheim-München: Juventa. Zu Goffman vgl. Raab, Jürgen (2008): Erving Goffman. Konstanz: UVK. 17 Hoffmann, Matthias (2010): „Sterben? Am liebsten plötzlich und unerwartet“. Die Angst vor dem „sozialen Sterben“. Wiesbaden: VS. Vor allem auch Feldmann, Klaus (2004): Tod und Gesellschaft. Sozialwissenschaftliche Thanatologie im Überblick. Wiesbaden: VS, S. 146 ff. 18 Schulz, Peter M. (2006): Gewalterfahrungen in der Pflege. Frankfurt am Main: Mabuse; Seidel, Laura (2008): Gewalt an alten Menschen. Frankfurt am Main: Mabuse.
II. Politische Schlussfolgerungen
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seiner Kreatürlichkeit verletzbaren Menschen im Rahmen einer „organisierten Liebesarbeit“ ab? Einerseits haben wir auf der Mikroebene oftmals von „burn-out“ betroffene Professionelle und Angehörige, die ihre Empathie19-fundierte Sorgearbeit ohne hinreichende Selbstsorge betreiben; andererseits haben wir eine Anbieterlandschaft, die die oftmals fehlende Outcomes-orientierte Organisationskultur im Inneren der betrieblichen Leistungserstellung doppelt mit einer ebenso oftmals beobachtbaren unternehmensstrategischen Leere, wenn es um humane Visionen für die Menschen im höheren und hohen Alter geht. Es handelt sich um einen Sektor, der erstaunliche Defizite in der Entwicklung von Prozess- und Produktinnovationen aufweist, der sich oftmals systematisch nachlässig um sein betriebliches Humanvermögen kümmert und der nicht hinreichend durch externes Qualitäts-bezogenes Regulationsrecht gesteuert werden kann, wenn es zugleich derartige Haltungsmängel in der intrinsischen Motivation für eine humane Kultur der abgeforderten existenziellen Arbeit gibt. So sollte sich die strategische Unternehmensplanung auf de-institutionalisierende Investitionen einrichten.20 Entsprechend muss auch das Personal auf das neue Paradigma des Empowerments der BewohnerInnen hin entwickelt und fortentwickelt werden. Entgegen der symbolischen Welt der fachlichen Diskurse, der Unternehmensphilosophien und der betrieblichen Leitbilder („Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt“) muss einerseits ernst gemacht werden mit der teilhaberechtlich orientierten Idee der Hilfe zur Selbsthilfe der Menschen, der Autonomieförderung, einer Ethik der Achtsamkeit, die gerade dort, wo Asymmetrien und folglich Abhängigkeiten in der Lebensführung entstehen, keine Ent-Personalisierungen in den institutionellen Praktiken des Helfens vorangetrieben werden.21 Andererseits wird mit einer gewissen Berechtigung auch in einem kritischen Diskurs des Diskurses die „neue Einfachheit“ in der eingeforderten neuen Kultur des Umgangs mit Behinderung hinterfragt.22 Die ökonomischen Interessen der Sozialunternehmen, seien diese private oder freie Träger (auch Non-profit-Unternehmen machen und müssen Gewinne machen, müssen diese aber auf die gemeinwirtschaftlichen, bedarfsdeckenden Sachziele hin re-investieren und nicht z. B. an Aktionären ausschütten) müssen willentlich eingebettet werden in soziale Ideen einer verbesserten Wohnsituation im Alter. Rolle der Angehörigen: Auch die Angehörigen23 müssen soziale Phantasie entwickeln und mit Achtsamkeit sich die Frage stellen, welche Wohnform die passende 19 20
LIT. 21
Plüss, Andrea (2010): Empathie und moralische Erziehung. Berlin: LIT. Vgl. dazu auch Schulz-Nieswandt, Frank (2007): Behindertenhilfe im Wandel. Berlin:
Vgl. Horstmann, Martin/Neuhausen, Elke (2010): Mutig mittendrin. Gemeinwesendiakonie in Deutschland. Eine Studie des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD. Berlin: LIT. 22 Ahrbeck, Bernd (2011): Der Umgang mit Behinderung. Stuttgart: Kohlhammer. 23 Meyer, Martha (2006): Pflegende Angehörige in Deutschland. Berlin: LIT; kritisch Dammert, Matthias (2009): Angehörige im Visier der Pflegepolitik. Wiesbaden: VS.
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II. Politische Schlussfolgerungen
ist für den älteren Menschen, gerade dann, wenn dieser seine Bedürfnisse nur noch schwer artikulieren kann. Denn personales Sein ist und bleibt an der Möglichkeit des dialogischen Mit-Seins mit dem Mitmenschen gebunden, bedarf entsprechender sozial integrativer Kommunikationsräume, bedarf des Erlebens von Gegenseitigkeit, bedarf personal jeweils akzentuierter Balancen von Nähe (Intimität) und Distanz, des privaten und des öffentlichen Raumes. Aus der Studie wird auch erkennbar, wie sehr die Angehörigen um die Sicherheit des älteren und/oder chronisch kranken und behinderten Menschen zentriert sind. Ein „gutes Heim“ dann zu finden, wenn die eigenen Kräfte und die gesamte Ressourcensituation eine häusliche Pflege und Betreuung nicht (mehr) zulassen, ist eine verkürzte Problemlösungsstrategie. Es verweist auf defizitreiche Informationsmärkte, aber auch auf eigene Blickverengungen. Auch hier zeichnen sich Mängel in der kommunalen Beratungskultur ab. Die Mitverantwortung des betroffenen Menschen in seiner lebensgeschichtlichen Rechtzeitigkeit: Allerdings, wie angedeutet, reicht eine Beratungsinfrastruktur unter den Aspekten der Verfügbarkeit und Erreichbarkeit nicht aus; der Mensch steht auch mit seinem Nutzungsverhalten in der Mitverantwortung, sei es der Angehörige, sei es der betroffene Mensch selbst, wenn er erkennt, dass er sich im Alterungsprozess selbst frühzeitig orientieren muss. Man wird zwar den Menschen in seinem Zeithorizont in der Lebensverlaufsplanung auch nicht überfordern dürfen. Oftmals steht die Gegenwartszeit im Zentrum des Erlebens24. Im fortgeschrittenen mittleren Erwachsenenalter erweist es sich aber sicherlich nicht als falsch, bereits einmal ein Zwischenfazit zu ziehen und sich auf die verbleibenden Jahre vorausschauend vorzubereiten. Die Entwicklungsanforderung fügt sich in die Erkenntnis der Produktivität sinn- und aufgabenorientierten Alterns – auch wenn sich zu Recht in neuerer Zeit eine diesbezüglich „kritische Gerontologie“25 abzeichnet – gerade für eben dieses weitere Altern. Wer rastet, der rostet. Zum Nicht-Rasten gehört der vorausschauende Blick auf die Zukunft, die in der noch nicht ganz abgeschlossenen Vergangenheit im Moment der immer flüchtigen Gegenwart beginnt. In dem untersuchten Mehrgenerationenhaus haben wir beeindruckende Menschen kennen gelernt, die sehr frühzeitig und mit langer Suchzeit und Geduld an ihrer Wohnprojektidee gearbeitet haben. Man wird sich hier nicht den Blick auf die soziale 24
Dazu Morgenroth, Olaf (2008): Zeit und Handeln. Psychologie der Zeitbewältigung. Stuttgart: Kohlhammer, S. 57. In der ökonomischen Theorie wird der Sachverhalt als Problem der Zeitpräferenzrate abgehandelt. In dem Zusammenhang wird auch von meritorischen Gütern gesprochen, wobei in diesem Fall eine Minderschätzung von Zukunftsgütern das Problem darstellt. 25 Amann, Anton/Ehgartner, Günther/Felder, David (2010): Sozialprodukt des Alters. Über Produktivitätswahn, Alter und Lebensqualität. Wien: Böhlau; Amann, Anton/Kolland, Franz (Hrsg.) (2007): Das erzwungene Paradies des Alters? Fragen an eine Kritische Gerontologie. Wiesbaden: VS.
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Tatsache verstellen dürfen, dass dabei oftmals ein spezifisches Bildungsmilieu26 wirksam ist. Die Menschen des Mehrgenerationenhauses, nicht nur die Gründer als charismatische Pioniere, verstehen ihr Wohnen nach wie vor und weiterhin als „Projekt“, an dem gearbeitet werden muss, soll es doch und dauerhaft gelingen. Die Herausforderung für die gesamte kommunale Akteurskonstellation: Neues Wohnen im Alter im lokalen Kontext – das erfordert hochgradige Vernetzung, die in der Literatur in der Regel wohlfahrtspluralistisch gedacht wird und wofür neuerdings der Begriff der Wohlfahrtsarrangements27 steht. Die Voraussetzung für das Gelingen dieses Vorhabens ist in Deutschland denkbar schlecht. Das ganze System ist fragmentiert. Das System der Sozialgesetzbücher ist gemäß des sozialrechtlichen Kausalprinzips leistungs- bzw. kostenträgerschaftlich versäult und jeweils entsprechend selbstreferentiell (nur mit sich selbst beschäftigt, auf sich selbst bezogen, weitgehend ohne Perspektivenübernahme mit Blick auf die anderen Lebens- und Leistungsbereiche). Die Sektoren (Medizin, Rehabilitation, Pflege, soziale Dienste) sind – trotz neuerer Möglichkeiten der sog. Integrationsversorgung (§ 140a-d SGB V i. V. m. § 92b SGB XI, trotz § 10 (4) SGB V etc.) – ebenso fragmentiert. An den Schnittstellen der Sektoren bleiben die Patientenpfade brüchig. Unbrüchige Versorgungsketten28 wären das Gegenteil davon. Das „Herumirren“ des Menschen ist leider nicht selten keine sozialdramatisch unangemessene Metapher. Auch innerhalb der Sektoren bestehen suboptimal gestaltete Schnittstellen. Die verschiedenen Professionen arbeiten auf der Basis ihrer jeweiligen berufskulturellen Handlungslogiken in der Regel nicht im Sinne der Multi-Professionalität team-orientiert gut zusammen. Das gilt auch für die internen Ablaufprozesse z. B. innerhalb eines Krankenhauses.29 Die Schnittstelle zwischen Professionen/Organisationen und ehrenamtlichen Teilen des bürgerschaftlichen Engagements hat sich – nicht ohne bleibende Konflikte und zumindest Ambivalenzen – deutlich positiv entwickelt. Ohne diese funktionelle Eingliederung des bürgerschaftlichen Engagements innerhalb und durch die Organisationen der formellen Dienstleistungsangebote würde der Versorgungsalltag des deutschen Sozialstaates gar nicht funktionieren.30 Die Zusammenarbeit des (ambulanten wie stationären) Medizinsystems mit den gemeinschaftlichen Formen der 26
Becker, Rolf (Hrsg.) (2010): Lehrbuch der Bildungssoziologie. 2., überarb. Aufl. Wiesbaden: VS; Burzan, Nicole (2011): Soziale Ungleichheit. 4. Aufl. Wiesbaden: VS; Weischer, Christoph (2011): Sozialstrukturanalyse. Wiesbaden: VS. 27 Wendt, Wolf Rainer (2010): Wohlfahrtsarrangements. Neue Wege in der Sozialwirtschaft. Baden-Baden: Nomos. 28 Wagner, Birgit (2004): Geriatrische Versorgung in Deutschland. Versorgungsketten zwischen Krankenhaus, Rehabilitation und Pflege? Hamburg: Kovac. 29 Balz, Hans-Jürgen/Spieß, Erika (2009): Kooperation in sozialen Organisationen. Stuttgart: Kohlhammer. Vgl. dazu insgesamt Schulz-Nieswandt, Frank (2010): Wandel der Medizinkultur? Berlin: Duncker & Humblot. 30 Vgl. dazu insgesamt Schulz-Nieswandt, Frank/Köstler, Ursula (2011): Bürgerschaftliches Engagement im Alter. Stuttgart: Kohlhammer.
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Gesundheitsselbsthilfegruppen31 auf Gegenseitigkeitsbasis lässt immer noch zu wünschen übrig. Immerhin gibt es im Rahmen der öffentlichen Engagementförderpolitik u. a. die Finanzierung gemäß § 20c SGB V. Das bürgerschaftliche Engagement wird entsprechend des wohlfahrtspluralistischen Leitbildes des SGB XI (§ 8 SGB XI: Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe) zunehmend gefördert (vgl. § 45a-d SGB XI). Möglichkeiten der Vernetzung der professionellen Systeme und der Vernetzung dieser mit den bürgerschaftlichen Engagementsressourcen bestehen also. Dennoch tut sich der Prozess äußert schwer. In Deutschland – anders als es die Strukturen in Dänemark32 erlauben – hat die Kommune keine machtvollen Governance-Instrumente, um hier effektiv Vernetzungen zu induzieren. Die Einführung der Pflegestützpunkte33 sind eine Reaktion auf diesen Defizitbefund, erweisen sich aber bislang auch nicht als Integrations-Nukleus. Regionale Pflegekonferenzen34, zum Teil auch regionale Gesundheitskonferenzen35 scheinen zum Teil gut, zum Teil nur schlecht zu funktionieren. Politische Machtkompetenzen fehlen der Kommune aber auch in diesem Orientierungs- und Aushandlungsraum. Die alte Debatte um die effektive Modernisierung der Rolle der öffentlichen Gesundheitsämter wurde nie ergebnisoffen produktiv geführt36. Die moderierende Rolle der Kommune erweist sich somit angesichts der gesamten Integrationsaufgaben im Lichte des fragmentierten, polyzentrischen Raumes horizontaler Politik- und Akteursverflechtung als strukturell systematisch schwach. Und die vertikalen Politikverflechtungen im Rahmen des bundesdeutschen Föderalismus erschweren ebenso die Möglichkeiten der innovativen Policy-Entwicklung.
31 Schulz-Nieswandt, Frank (2011): Gesundheitsselbsthilfegruppen und ihre Selbsthilfeorganisationen in Deutschland. Der Stand der Forschung im Lichte der Kölner Wissenschaft von der Sozialpolitik und des Genossenschaftswesens. Baden-Baden: Nomos. 32 Hansen, Eigil Boll (2002): Häusliche Versorgung für Hilfebedürftige und Schwerkranke in Dänemark. In: Schaeffer, Doris/Ewers, Michael (Hrsg.): Ambulant vor stationär – Perspektiven für eine integrierte ambulante Pflege für Schwerkranker. Bern: Huber, S. 118 – 128; Stuart, Mary/Weinrich, Michael (2000): Home- and Community-Based Long-Term Care: Lessons From Denmark. In: The Gerontologist 41 (4), S. 474 – 480; Stuart, Mary/Weinrich, Michael (2001): Home is where the help is: community-based care in Denmark. In: Journal of Aging & Social Policy 12 (4), S. 81 – 101. 33 Michell-Auli, Peter/Strunk-Richter, Gerlinde/Tebest, Ralf (2010): Was leisten Pflegestützpunkte? Konzeption und Umsetzung. Köln: KDA. 34 Rosendahl, Bernhard (1999): Kommunalisierung und korporative Vernetzung in der Implementation der Pflegeversicherung. Berlin: LIT. 35 Francke, Robert (2000): Kommunale Gesundheitskonferenzen und ortsnahe Koordinierung. Baden-Baden: Nomos. 36 Grunow, Dieter/Grunow-Lutter, Vera (2000): Der öffentliche Gesundheitsdienst im Modernisierungsprozess. Weinheim-München: Juventa.
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Vor dem Hintergrund dieser skizzierten Konstellation erweist sich die Vernetzung des kommunalen Raumes37 systemtheoretisch38 als eine sehr unwahrscheinliche, wenn auch nicht unmögliche Aufgabe39. Bornierte (also kognitiv verengte) ökonomische Interessen der Einrichtungsträger, bornierte Kostenträgerinteressen, Ressortund Budgetpartikularismen in kommunaler Politik und Verwaltung sowie in Landesministerien, in ihren Kompetenz-bezogenen Rollenidentitäten leicht zu kränkende und mit Blick auf ihre Domänen ökonomisch angstbesetzte Professionen (seien es die Hausärzte [vgl. auch in Kapitel VIII.] oder die Care-Professionen im medizin-komplementären Handlungsraum: „Wem gehört der Patient?“: vgl. in Kapitel VII.), kleinbürgerliche40 Weltbilder der AnwohnerInnen in den hier relevanten Nachbarschaftsräumen („Ich will nicht ständig den Krankenwagen oder den Leichenwagen hören und sehen“; „meine Kinder sollen nicht mit den ,Mongos‘ aufwachsen“41; „ich will nicht, dass bei uns diese ganzen Bekloppten ständig frei herumlaufen“ etc.) – all das sind strukturell verwandte Blockaden, menschliche, allzu menschliche Blockaden. Eine integrierte Sozialraumplanung, die mit Blick auf die BürgerInnen partizipativ ist, mit Blick auf wichtige organisierte Akteure (z. B. die Wohlfahrtspflege) involvierend ist, mit Blick auf die kommunale Verwaltung ressortübergreifend ist etc., hat es sich nicht leicht gemacht, sich dieser Aufgabe zu stellen. Bemerkenswert ist die lange Dauer, mit der sich derartige Kulturfragen des modernen Sozialstaates stellen. Schon in der 1950er Jahren hat Walter Auerbach (1905 – 1975)42, u. a. 1969 bis 1972 Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit, dafür geworben, unter dem Titel der „Sozialgemeinde“ die Politikbereiche und folglich auch die Ressortbudgets auf eine bereichsübergreifend-integrative Weise zu vernetzen. Heute stellt sich diese Aufgabe im Lichte des sozio-demographischen Wandels weiterhin, aber auch neu, dringlicher als je zuvor. Was Kommunen benötigen: kommunale Agenturen für Sozialkapitalförderung: Man wird sich die Diskrepanz klarmachen müssen: Ämter für regionale Wirt37
Vgl. auch Düring, Diana (2011): Kooperation als gelebte Praxis. Wiesbaden: VS. Berghaus, Margot (2011): Luhmann leicht gemacht. 3., überarb. u. erg. Aufl. Köln: Böhlau (UTB). 39 In der Studie haben wir uns vor allem bezogen auf Grunow, Dieter/Pamme, Hildegard/ Köhling, Karola/Wißing, Sandra/Lanfer, Jens (2010): Vereinbarte Verbindlichkeit im administrativen Mehrebenensystem. Wiesbaden: VS. 40 Schilling, Heinz (2003): Kleinbürger. Mentalität und Lebensstil. Frankfurt am Main-New York: Campus; Althaus, Thomas (Hrsg.) (2001): Kleinbürger. Zur Kulturgeschichte eines begrenzten Bewußtseins. Tübingen: Attempto. Vgl. ferner Leppert-Fögen, Annette (1974): Die deklassierte Klasse. Studien zur Geschichte und Ideologie des Kleinbürgertums. Frankfurt am Main: Fischer. 41 Dazu auch Baur, Marieluise (2003): Geistige Behinderung und Gesellschaft: Down Syndrom und die gesellschaftliche Praxis in Familie, Ausbildungssituationen, Beruf und Alter. München: UTZ. 42 Auerbach, Walter (1971): Beiträge zur Sozialpolitik. Neuwied-Berlin: Luchterhand. 38
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schaftsförderung gibt es überall; kommunale Agenturen für Sozialkapitalförderung nicht. Und auch Humankapital wird allerorts gefördert. Aber das Sozialkapital wird vergessen. Und damit wird eine der wichtigsten Ressourcen übersehen. Sozialkapital43 ist der Ertrag der Investitionen in soziale Netze, die multiple Funktionen haben: Sozial vernetzte Welten sind Orte der Rollenangebote und somit der Kompetenzentwicklung, -entfaltung und -pflege, sind Orte der sozialen Integration, die für die Lebensqualität der Menschen entscheidend sind und sind Orte der sozialen Unterstützung, ohne die fast alles nicht funktionieren würde44. 3. Altersbilder – Behindertenbilder: Wahrnehmungs-Skripte und kollektive Denkstile Das Thema ist brennend. Es ordnet sich systematisch ein in die Diskurse über die diskursiven und institutionellen Praktiken im Umgang mit dem Alter und den Menschen mit Behinderungen45 etc., wie sie sich in den Altersbilder46 in der Gesellschaft verdichten und dergestalt verhaltenswirksam sind. Vor allem Diskriminierungstatbestände stehen hierbei im Vordergrund der kritischen Sichtung47. Aber die Forschung deckte, um an das Theorem der „erlernten Hilflosigkeit“ von Seligman48 anzuschließen, eine Reihe von Formen „erlernter Anhängigkeit“ im Wirkkontext eines „dependency-support-scripts“ auf. Ich will mich hier nicht an die Ausbreitung dieser kulturellen Praxisformen (Over-protection, verortete Bettlägerigkeit, Baby-Sprache und andere infantilisierende Mechanismen49) begeben. Nur dies sei festgehalten: Es gibt gute Gründe, von kulturgeschichtlich überholten Modellen der Hilfe Abstand zu nehmen. Diese liegen grundsätzlich im Schutz der personalen Würde begründet, aber konkret auch in den negativen Effekten falscher Hilfe-Modalitäten, die Selbsthilfe-Kompetenzen zerstören statt aufzubauen, zu fördern oder zu pflegen. 43
Grimme, Alexander (2009): Vom Reichtum sozialer Beziehungen. Marburg: Tectum. Streif, Simone (2010): „Nicht zur Last fallen wollen“. Die Bedeutung persönlicher Netzwerke zur sozialen Sicherung von SeniorInnen. München: Meidenbauer. 45 Bösl, Elsbeth/Klein, Anne/Waldschmidt, Anne (Hrsg.) (2010): Disability History. Konstruktionen von Behinderung in der Geschichte. Bielefeld: transcript; Bösl, Elsbeth (2009): Politiken der Normalisierung. Zur Geschichte der Behindertenpolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Bielefeld: transcript. 46 BMFSFJ (Hrsg.) (2010): Sechster Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland – Altersbilder in der Gesellschaft. Deutscher Bundestag. 17. Wahlperiode. Drucksache 17/3815 vom 17. 11. 2010. Berlin. 47 Rothermund, Klaus/Mayer, Anne-Kathrin (2009): Altersdiskriminierung. Stuttgart: Kohlhammer. 48 Seligman, Martin E. (2010): Erlernte Hilflosigkeit. Weinheim: Beltz. 49 Schulz-Nieswandt, Frank (2010): Die (psychisch) kranken alten Menschen und die Gesellschaft. In: Stoppe, Gabriela (Hrsg.): Die Versorgung psychisch kranker alter Menschen. Bestandsaufnahme und Herausforderung für die Versorgungsforschung. Köln: Deutscher Ärzteverlag, S. 255 – 261. 44
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Die von Ambivalenzen und Rollen-Ambiguitäten geprägte50 Praxis hinkt in ihrer praktischen Grammatik der normativen Logik des nun vorherrschenden rechtlichen Regimes51 hinterher. Andererseits wird in kritischen Diskussionen auch durchaus vor einer Ideologie der „Neuen Einfachheit“ der neuen Kultur des Umgangs mit Behinderung gewarnt.
50 Niediek, Imke (2010): Das Subjekt im Hilfesystem. Eine Studie zur individuellen Hilfeplanung im Unterstützten Wohnen für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Wiesbaden: VS. 51 Graumann, Sigrid (2011). Assistierte Freiheit. Von einer Behindertenpolitik der Wohltätigkeit zu einer Politik der Menschenrechte. Frankfurt am Main-New York: Campus; Welti, Felix (2005): Behinderung und Rehabilitation im sozialen Rechtsstaat. Tübingen: Mohr Siebeck.
III. Die anthropologische Herausforderung Es geht hier auch nicht um eine nochmalige Neu-Erfindung eines „neuen Menschen“. Manches ist durch intelligente Anreizpolitik zu motivieren, anderes erfordert aber doch eine Veränderung der kulturellen Grammatik des Denkens und Handelns der Menschen, weil menschliches Handeln nicht rattenpsychologisch (das ist eine andere Bezeichnung für Behaviorismus1) aufgeht in eine Logik der geschickten Setzung von Rahmenbedingungen, die von Ökonomen, Juristen oder anderen Sozialingenieuren inszeniert werden. Politik und Tugenden, polis und paideia: Politik gewinnt damit ein Aufgabenprofil zurück, dass in der antiken politischen Philosophie das zentrale Moment gelingenden Mensch-Seins war: Gemeint ist die Arbeit an der eigenen Tugendethik, ohne die das gedeihliche Zusammenleben in der polis nicht gelingen kann. Der „paideia“2 kam daher eine zentrale Bedeutung zu3. Da im Lichte der Anthropologie der Mensch sowohl kulturbedürftig als auch kulturfähig, also sowohl erziehungsbedürftig als auch erziehungsfähig ist, erweist sich das definierte Programm als erfahrungsgemäß sehr schwierig, aber nicht als a priori unmöglich. Es wird nicht um ein Regierungsprogramm der kollektiven Umerziehung gehen können, wohl aber um die Arbeit an dieser Sozialisationsaufgabe. Unmöglich ist das Programm nicht: Der Mensch weist eine erhebliche Plastizität bis ins hohe Alter hinein auf. „Was Hänschen nicht lernt …“, lernt Hans zwar nur noch schwer; aber es wäre falsch zu konstatieren, der älter gewordene Hans könne überhaupt nicht(s) mehr lernen. Gleichwohl ist und bleibt Politik mit Absicht auf Gesellschaftspädagogik und Ideenpolitik im menschlichen Zoo schwierig: Die einzelnen Exemplare der Gattung Mensch haben ihre tief eingravierten Strickmuster, haben ihre lebensgeschichtlichen Inskriptionen4 (Einschreibungen in die [schon in der antiken griechischen Philosophie diskutierten5] „Wachstafel“, die man Persönlichkeit nennt).
1 Bruder, Klaus-Jürgen (1982): Psychologie ohne Bewußtsein. Die Geburt der behavioristischen Sozialtechnologie. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 2 Vgl. auch Langen, Ingo M. (2007): Zur Grundlegung der politischen Paideia – Mythos, Politik und Gesellschaftswerden in der Literatur der klassischen Antike. Berlin: LIT. 3 Klassisch dazu Jaeger, Werner (1989): Paideia. Die Formung des griechischen Menschen. Berlin-New York: de Gruyter. 4 Bachmann-Medick, Doris (2006): Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften. 4. Aufl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. 5 An Platons Dialog theaitetos sei erinnert.
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Dennoch gibt es keine Alternative. Und wir orientieren uns an Camus, der konstatierte, wir müssten uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen!6 Was ist die Realität der Sozialreform? Diese: „Zuweilen mochte ein hellsichtiger Parlamentarier oder Regierungsmitglied diese Erfordernisse aufgreifen und in Gesetzentwürfe kleiden, die dann einen langen, mühevollen Weg gingen und oftmals zum Scheitern verurteilt waren.“7 Es ist keineswegs so, dass die heutige Gesellschaft (zu) wenig für das Alter tut. Die Behauptung des Gegenteils ist einer der modernen politischen Mythen. Die altersbezogene Sozialleistungsquote ist hoch.8 Doch tun wir mit dem vielen Geld auch das Richtige? Ich glaube nicht, dass wir uns schuldig machen durch Mangel an ökonomischem Engagement in der Generationenvertragsfrage. Die Angst vor dieser Schuld scheint archetypisch. Und das ist gut so. Doch hier darf die moralische Selbstreflexion nicht stehen bleiben. Wie intelligent oder phantasiereich verwenden wir das Geld in diesem Handlungsfeld? Zumal die Opportunitätskosten immer mit zu kalkulieren sind, denn andere Bedarfsfelder stehen ebenso an, etwa – um am vorderen Teil der Lebenspanne anzusetzen – die Gestaltung der Umwelten für gelingendes Aufwachsen der Kinder9 (bildungsferner sozialer Herkunft und/oder mit Migrationshintergrund10). Die gesellschaftlichen Antwortmuster folgen dem baulich-mentalen Hospitalwesen seit Ausgang des vorchristlichen Altertums. Motiviert auf der Basis durchaus verantwortungsfundierter Haltungen der Gnade und Barmherzigkeit, verdichtet in Bildsprachen11 der Eltern-Kind-Beziehung im privaten Raum oder der Hirt-HerdeBeziehung12 im öffentlichen Raum, halten wir organisierte Hilfe vor: Orte der verwahrenden Pflege und des Sich-Kümmerns. Dies ist die Bildsprache (der ver-
6 Vgl. Camus, Albert (2008): Der Mythos des Sisyphos. 10. Aufl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 160. 7 Grossi, Paolo (2010): Das Recht in der europäischen Geschichte. München: Beck, S. 184. 8 BMAS (Hrsg.) (2009): Sozialbericht 2009. Berlin. 9 Krüger, Heinz-Hermann/Grunert, Cathleen (Hrsg.) (2009): Handbuch Kindheits- und Jugendforschung. Wiesbaden: VS. 10 Diefenbach, Heike (2010): Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien im deutschen Bildungssystem. 3. Aufl. Wiesbaden: VS. 11 Ich betone hier die epistemische Bedeutung von Metaphern: vgl. auch Haverkamp, Anselm/Mende, Dirk (Hrsg.) (2009): Metaphorologie. Zur Praxis von Theorie. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 12 Zu den altorientalischen, hier alttestamentlichen Wurzeln dieser Bildsprache vgl. Hunziker-Rodewald, Regine (2001): Hirt und Herde. Ein Beitrag zum alttestamentlichen Gottesverständnis. Stuttgart: Kohlhammer. Die Metapher ist ikonologisch dann in der europäischen Geistes- und Kulturgeschichte weiter zu verfolgen: vgl. Taureck, Bernhard H. F. (2004): Metaphern und Gleichnisse in der Philosophie. Versuch einer kritischen Ikonologie der Philosophie. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Vgl. auch Art. „Hirte/Hirtin“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 265 – 266.
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schiedenen Typen13) des sakralen Königtums im alten Orient. Das Christentum hat immer schon zwei Dinge geschätzt: das Prinzip der Liebe und das der Autorität. Sie hat das erste immer nur in der Form des zweiten ausgeübt, wodurch Herrschaft und Herrlichkeit Kuppelprodukte der Kulturgeschichte sind14. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts reicht das kulturell nicht mehr hin. Das Prinzip der Liebe im Christentum: Ermöglichungsbasis menschlicher Zukunft und ihr kirchenpolitischer Anti-Humanismus in der verfehlten Geschichte: Für uns Europäer hat das Christentum die Kraft der Liebe, fundiert im alt-israelitischen Achsenzeitalter, aus dem auch der Islam stammt, formuliert; statt des Erfolges ernte(te)n wir einen autoritären Seelen- und Verhaltenssteuerungsapparat einer Anstaltskirche, die, sich hinter Staats(kirchen)recht versteckend, in vielfach gebrochener Kastraktionsangst immer noch z. B. und u. a. die Frauen als das ewig Weibliche (natürlich subtil) hexenverfolgend und den Humanismus als Gott-vergessend und den Kult des gegenseitigen Miteinanders intellektuell (das argumentative Geschehen verdient den Begriff nicht) angeblich frönend abqualifiziert. Wenn ich über Gegenseitigkeit, Gastfreundschaft, Gabe, ja über Liebe spreche, so geschieht dies nicht auf der Basis dieser abgetakelten Kultur kirchlicher Elitenherrschaft, sondern zutiefst „religiös“ aus dem Glauben am Humanen im menschlichen Miteinander, der keinen autoritären Gott (und dessen stellvertretendes Bodenpersonal sowie der kommunikativen Engel als metaphysische Fledermäuse), dem (denen) kultisch gehuldigt werden muss, bedarf. Nietzsche hatte Recht: Gott ist (nicht einfach) tot; er ist (von uns) getötet worden; und zwar in dem Moment, als Gott nicht als Symbol der Idee der universalen Liebe, an der sich das menschliche Miteinander zu orientieren hat, begriffen wurde, sondern als anstaltliche Organisation der Pastoralmacht, die den Pakt nicht abstrakt mit dem Teufel, sondern konkret mit der weltlichen Begierde der (politischen) Macht geschlossen hat. Das vorliegende Buch speist sich so auch liebevoller Sehnsucht ebenso wie aus tiefer Abneigung gegen Derivationen einer Idee, die nur als Perversion zu verstehen sind. Dennoch resultiert daraus kein neuer heiliger Kreuzzug; Geschichte ist so wie sie ist, Menschen ohnehin ebenso. Die Gesellschaft ist ein Zoo: Es gibt alle Exemplare. Ohne (letztendlich zum Totalitarismus neigenden) neurotischen Eifer wird man geduldig, ich werde noch vielfach auf Sisyphos Bezug nehmen können, an dem Projekt des Humanismus arbeiten müssen, gelassen und verantwortungsethisch und dennoch wahrhaftig. Aufgabe wird es sein, den Planeten der Menschheit als Ort der gegenseitigen Gastfreundschaft zu definieren. Nicht eine neo-romantische neue Einheit, ein Verschmelzen zur neuen Gemeinschaft eines kollektiv geteilten Mutterkuchen ist angesagt, keine Gefühlsduselei des neuen Kuschelns; „Freiheit in Geborgenheit“ im unromantischen psychodynamischen (und letztendlich kultur13 Ahn, Gregor (1992): Religiöse Herrscherlegitimation im achämenidischen Iran. Leiden: Brill-Vouvain: Peeters Press, S. 1 ff. Vgl. auch Widengren, Geo (1969): Religionsphänomenologie. Berlin-New York: de Gruyter, S. 360 ff. 14 Agamben, Giorgio (2010): Herrschaft und Herrlichkeit. Zur theologischen Genealogie von Ökonomie und Regierung. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
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grammatisch fundierten) Gleichgewicht von Selbst-Behauptung und Einbettung im Modus des sozialen Miteinanders ist das Thema der Menschheit, immer schon und heute ungebrochen angesichts der erkennbaren Herausforderungen. Politik und Liebe: Es geht mir bei diesen Einlassungen nicht um eine unkritische Kritik gegenüber jeder Form pädagogischer Autorität.15 Auch Paul Tillich hat das Prinzip der Liebe, sofern man den historisch-kulturellen Raum der geschichtlichen Existenz des Menschen betritt, unvermeidbar in Verbindung mit den Kategorien der Macht und der Gerechtigkeit im Rahmen seiner ontologischen Strukturanalysen als Teil seiner systematischen Theologie diskutiert.16 Und auch der zitierte Alain Badiou (*1937) wurde konfrontiert mit der Frage, ob das Prinzip der Liebe die Politik steuern kann. Er war hier deutlich verneinend, deutete aber doch auch die letzten Fluchtpunkte einer Politik an, die sich an der Ermöglichung von Gesellschaft als Rahmen erfahrbarer Liebe zu orientieren hat. Diese Fragen betreffen die Möglichkeiten einer Ontologie der Politik, betreffen sie doch Reflexionen zum Wesen der Politik (nicht konkreter institutioneller Politikregime) überhaupt. Es geht also um dem homo politicus. Und hier ist es interessant, dass Hannah Arendt (1906 – 1975) immer wieder nachgesagt wird (die Fundstelle bei ihr bleibt dabei aber unklar), Politik sei eine organisierte Form der Liebe als Sorge (o. ä.). In dieser ungebrochenen Weise wird man in der Tat nicht von der Liebe zwischen Menschen auf die Praxis der Politik schlussfolgern können. Inwieweit dies, wie Badiou andeutet, mit dem Status des Feindes in der Politik zu tun hat, ist eine schwierige, aber zentrale Frage. Denn man kommt hiermit in den inneren Kreis der Theorie von Carl Schmitt (1888 – 1985). Der Terror der (Guillotine der) französischen Revolution bringt das Problem auf den Punkt. Ein archetypisches Problem ist der Tyrannenmord. Doch ich beende hier diese längere Einlassung, die vom anstaltsförmigen Christentum als Pastoralmachtregime ihren Ausgangspunkt nahm. Es sei hier aber festgehalten, dass der Idee des Inneren, der (Rechts-)Genossenschaft eine Aporie innewohnt. So demokratisch-integrativ die Genossenschaft (aus der Sicht einer systemtheoretisch gedachten sozialen Dermatologie) nach „innen“ ist, so definiert sie sich doch über ihre Membran nach „außen“. Es scheint das alte Problem von intra-solidarischer Gruppenmoral versus transversale universalistische Liebesethik auf. Das Alte Testament kennt diese schwierige Konfiguration. In der königskritischen Traditionslinie der Bibel gilt als Kontrast zum sündhaft-verkommenen Sakralkönigtum17 immer die dörfliche Siedlungsgenossenschaft der Zeit vor der Herausbildung des sakralen Königtums auf der Grundlage des Stadtadels und der agrarwirtschaftlichen Klassengesellschaft in ihrer Selbstverwaltung und eigenen Ortsgerichtbarkeit. Sozi-
15 Dazu auch Reichenbach, Roland (2011): Pädagogische Autorität. Macht und Vertrauen in der Erziehung. Stuttgart: Kohlhammer. 16 Tillich, Paul (1991): Liebe – Macht – Gerechtigkeit. Berlin-New York: de Gruyter. 17 Vgl. dazu insgesamt auch Dietrich, Walter (1997): Die frühe Königszeit in Israel. 10. Jahrhundert v. Chr. Stuttgart: Kohlhammer; Schoors, Antoon (1998): Die Königreiche Israel und Juda im 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. Die assyrische Krise. Stuttgart: Kohlhammer.
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algeschichtlich stelle ich im Lichte der archäologischen Befundebasis18 die Linie von Saul über David zu Salomon als schlichten Mythos heraus; in der (prophetischen19) Sozialkritik waren die Missstände wohl der sozialen Realität im Nordreich (nach assyrischen Quellen als Omri-Regime benannt) entnommen. Wird demnach die soziale Ungerechtigkeit in der sakralköniglichen Zeit akzentuiert, so gilt die Idylle der vorstaatlichen Zeit der „segmentierte(n) Anarchie“20 dörflicher Siedlungsgemeinschaften als Kontrast. Doch die Aporie bleibt. Die Genossenschaft schließt nicht nur nicht patriarchalische Big Men-Muster aus, sondern verkörpert nur eine interne Gruppenmoral und kennt die Exklusion des „Außen“. Erst wenn eine Welt-Genossenschaft der Weltbürger bestehen würde, wäre die Aporie aufgelöst. Die humanen Wohnformen des Alters in der Zukunft (das gilt aber zugleich für alle Lebensabschnitte im Lebenszyklus) erfordern eine stärkere Öffnung des Privaten in den öffentlichen Nutzungsraum, dem Raum der sozialen Kommunikation hinein und eine stärkere Offenheit der Wohnformen für Rückzüge in private Schutzräume, ohne dass diese personalen Refugien als vermeintlich negative (also auf die kulturelle Praxis des „sozialen Todes“21 abstellende) Disengagement-Praxis ausgelegt werden müssen. Autonomie-Orientierung verbindet sich mit brennenden Fragen nach einer Kultur des Umgangs mit Abhängigkeiten im hohen Alter. In der Findung von ausbalancierenden Pfaden dieser individuellen wie kollektiven Herausforderungen – als „Prüfstein“22 – wird sich zeigen, ob und wie personales Sein im Modus des sozialen Mit-Seins gelingen wird.
18 Finkelstein, Israel/Silberman, Neil A. (2006): David und Salomo. Archäologen entschlüsseln einen Mythos. München: Beck; Finkelstein, Israel/Silberman, Neil A. (2004): Keine Posaunen vor Jericho. Die archäologische Wahrheit über die Bibel. München: dtv. 19 Blenkinsopp, Joseph (1998): Geschichte der Prophetie in Israel. Stuttgart: Kohlhammer. 20 Neu, Rainer (1992): Von der Anarchie zum Staat. Entwicklungsgeschichte Israels vom Nomadentum zur Monarchie im Spiegel der Ethnosoziologie. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener. Sigrist, Christian (1994): Segmentäre Gesellschaften. Hamburg: VSA. 21 Feldmann, Klaus (2004): Tod und Gesellschaft. Sozialwissenschaftliche Thanatologie im Überblick. Wiesbaden: VS, S. 146 ff. 22 Weiß, Hans/Stinkes, Ursula/Fries, Alfred (2010): Prüfstand der Gesellschaft: Behinderung und Benachteiligung als soziale Herausforderung. Würzburg: Freisleben.
IV. Die kulturelle Tiefengrammatik und die Psychogrammatik des Problems: Historische Epistemologie der Alterität Neue Wohnformen im Alter, die die reduktionistische Binärik von privater Häuslichkeit und stationärer Langzeitpflege überwinden, indem sie einen ontischen Raum des Da-Zwischen (was in der Versorgungsforschung als Care-Kontinuum bezeichnet wird) eröffnen, sind deshalb schwer umzusetzen, weil tiefsitzende Ängste gegenüber der Integration der Alterität, des Anders-Seienden, hier der alten, chronisch kranken, vor allem dementen Menschen und den Menschen mit Behinderungen bestehen. Die Tiefe dieser Ängste ist einerseits eine Frage der Psychogrammatik des Menschen, bringt aber andererseits auch eine kulturelle Tiefengrammatik1 der diskursiven und institutionellen Praxis – gegenüber dem „Anormalen“2 – zum Ausdruck. Und auch die Wissenschaftsgeschichte, die sich auf diesen Fragenkreis bezieht, muss in diesem Lichte im Rahmen einer historischen Epistemologie3 verfasst werden. Aus Sicht einer philosophischen Anthropologie schmerzt diese verfehlte Umgangsweise und Begegnung mit dem Anderen sehr, sollte doch die Alterität in die je eigene Verantwortung einbezogen sein.4 Vor dem Hintergrund dieser Geschichte einer schmerzhaften, kulturell verfehlten Praxis ist zu verstehen, dass das Thema der Gastfreundschaft5 oder auch des damit verbundenen Gastmahles6 ein ubiquitäres 1 Art. „Tiefenhermeneutische Ansätze“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 718 sowie Art. „Tiefenstruktur“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 718 – 719. 2 Foucault, Michel (2008): Die Anormalen. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Foucault, Michel/Barbin, Herculine (2004): Über Hermaphrodismus. 3. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Gebhard, Gunther/Geisler, Oliver/Schröter, Steffen (Hrsg.) (2009): Von Monstern und Menschen. Begegnungen der anderen Art in kulturwissenschaftlicher Perspektive. Bielefeld: transcript. 3 Rheinberger, Hans-Jörg (2008): Historische Epistemologie zur Einführung. 2. Aufl. Hamburg: Junius. 4 Bossinade, Johanna (2011): Die Stimme des Anderen. Zur Theorie der Alterität. Würzburg: Königshausen & Neumann. 5 Fountoulakis, Evi/Previsic, Boris (Hrsg.) (2011): Der Gast als Fremder. Narrative Alterität in der Literatur. Bielefeld: transcript; Derrida, Jacques (2007): Von der Gastfreundschaft. 2. Aufl. Wien: Passagen. 6 Wagner-Hasel, Beate (2000): Der Stoff der Gaben. Kultur und Politik des Schenkens und Tauschens im archaischen Griechenland. Frankfurt am Main-New York: Campus; Bettenworth, Anja (2004): Gastmahlszenen in der antiken Epik von Homer bis Claudian. Göttingen: Van-
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Thema war und ist, auch gerade im Deutungshorizont der eigenen jüdisch-christlich geprägten Ethik7 (wobei daran erinnert werden kann, dass das Alte Testament auch der Ausgangspunkt des Islams war8). Gastfreundschaft versus Angst vor dem Dämonischen: Das Phänomen der Gastfreundschaft kann ich hinsichtlich seiner kulturellen Tiefengrammatik, die hier kultursemiotisch anzuführen ist, zurückverfolgen bis hinein in das Altertum des archaischen9 Griechenlands. Dies erscheint mir systematisch wichtig, damit die Analyse nicht sogleich am Christentum klebt und kleben bleibt.10 Der kulturgeschichtliche Rekurs auf das Christentum ist dennoch besonders attraktiv, wird dabei doch sogleich eine gewisse Ambivalenz des Phänomens überaus deutlich. Marcel Detienne (*1935) konnte in seiner Abhandlung über die „wilde Gottheit“ des Dionysos11 (lange bevor Dionysos am Ausgang des 5. Jahrhunderts v. Chr. denhoeck & Ruprecht; Stein-Hölkeskamp, Elke (2011): Das römische Gastmahl. Eine Kulturgeschichte. 2. Aufl. München: Beck; Hellmuth, Leopold (1984): Gastfreundschaft und Gastrecht bei den Germanen. Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften; Peyer, Hans C. (1987): Von der Gastfreundschaft zum Gasthaus. Studien zur Gastlichkeit im Mittelalter. Hannover: Hahnsche. 7 Stein, Hans Joachim (2008): Frühchristliche Mahlfeiern. Tübingen: Mohr Siebeck. 8 Schmitz, Bertram (2009): Von der einen Religion des Alten Israel zu den drei Religionen Judentum, Christentum und Islam. Stuttgart: Kohlhammer. 9 Wobei ich unter der archaischen Epoche auch die gesamte nach-mykenische, keramikarchäologisch gesprochen: also auch protogeometrische und geometrische Epoche verstehe. Vgl. Fischer, Josef (2010): Griechische Frühgeschichte bis 500 v. Chr. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Scheibler, Ingeborg (1995): Griechische Töpferkunst. 2., neubearb. u. erw. Aufl. München: Beck; Mannack, Thomas (2002): Griechische Vasenmalerei. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 10 Dodds konnte zeigen, wie sich das Christentum als geistige und kulturelle Haltung im Kontext kollektiv geteilter Angst entwickeln und ausbreiten konnte. Dodds, Eric R. (1992): Heiden und Christen in einem Zeitalter der Angst. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Ich kann hier nicht nochmals die Forschungsliteratur zur frühchristlichen Gemeinde darlegen. Dort spielen auch moderne Konzepte der Sozialpsychologie (Identität und Statuspassagen) eine Rolle. Vgl. etwa in Schulz-Nieswandt, Frank (2003): Herrschaft und Genossenschaft. Berlin: Duncker & Humblot, S. 102 ff. sowie Schulz-Nieswandt, Frank (2010): Wandel der Medizinkultur? Berlin: Duncker & Humblot, S. 260 ff. Hier will ich auch auf das internationale Schrifttum hinweisen: Lieu, Judith M. (2004): Christian Identity in the Jewish and Graeco-Roman World. Oxford-New York: Oxford University Press; Zetterholm, Magnus (2003): The Formation of Christianity in Antioch. London-New York: Routledge; Clark, Gillian (2004): Christianity and Roman Society. Cambridge/UK-New York: Cambridge University Press. Zur Frage des Statusverzichts im Neuen Testament im Kontext seiner Umwelt vgl. auch die Studie von Guttenberger Ortwein, Gudrun (1999): Status und Statusverzicht im Neuen Testament und seiner Umwelt. Freiburg/ Schweiz: Universitätsverlag Freiburg-Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 11 Wobei sich religionsgeschichtlich die Zusammenhänge mit der Vegetationsreligion kaum übersehen lassen. Vgl. auch Brosse, Jacques (2001): Mythologie der Bäume. Düsseldorf-Zürich: Patmos, S. 92 ff. In neueren Studien kommt die klassische Forschung der frühen Ethnologie und Religionswissenschaft sicherlich in zugespitzer Rezeption zu schlecht weg. Vgl. etwa in Hansen, Svend (2007): Bilder vom Menschen der Steinzeit. Mainz: Verlag Philipp von Zabern.
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parallel zur Intellektualisierung des griechischen Geistes zum Nukleus der Reflexion der Bedingungen des Zusammenlebens in der Polis und dergestalt [im Kontext des antiken Theaters12] zum Gegenstand des dramaturgischen Schaffens wird) zeigen, wie der Fremde und die Gastfreundschaft korrelieren. Ohne innere Ambivalenz ist das ganze Geschehen jedoch nicht. Der Fremde ist hier nicht das kulturell Unbekannte – für das kulturell ganz Andere mag der „Barbar“13 stehen. Bei Dihle kommt die Kategorisierung der Fremden im archaischen, klassischen und hellenistischen Griechenland durch die Griechen tendenziell recht positiv weg; betont wird die Wirkung einer immer schon kosmopolitischen Orientierung, die wohl durch die (wirtschaftlichen) Kulturverbindungen im Mittelmeerraum bedingt war. Aber auch bei ihm wird die Möglichkeit (implizit) erkennbar, dass die ursprüngliche Polarisierung von Menschenwelt einerseits und „Wunderwelt“ (in den Sagen und Mythen) andererseits quasi, so interpretiere ich das, durch eine Achsendrehung zur Dichotomie von eigener und fremder Menschenwelt werden. Der „Kampf der Kulturen (Zivilisationen)“, um an aktuellere Theorien anzuknüpfen, wäre dann vorprogrammiert. Auch im Alten Testament ist der fremde Hebräer (etwa mit Blick auf die Gruppenmoral als Ethos) etwas anderes als der Fremde schlechthin. Demnach galt für die Lebenswelt des archaischen Menschen, somit für das Seelenleben dieser Menschen im Sinne einer Geschehensordnung, dass die Umwelt gefährdend, ja gefährlich ist. Symbole an den Haustüren sollen die bösen Kräfte abwehren. Ähnliches ist auch alt-testamentlich ikonologisch überliefert. Campbell hat ethnologisch zeigen können, wie die abwehrenden Figuren an den Türpfosten der Tempeln und Kathedralen der Abwehr der „Heiden“, der Spielverderber der heiligen Spiele, dienen. Auch der Aussätzige ist Prototyp des Unreinen, der das Spiel der kultischen Insider der Gemeindeordnung stört.14 Im griechischen sozialen Innenleben wurde der Mensch mit, wie heute gedeutet werden kann, psychiatrisch-neurologischen Krankheiten als vom Dämonischen beherrscht angesehen: „Immer ist es ein besonderer Dämon, der in dem epilepti12
Girshausen, Theo (1999): Ursprungszeiten des Theaters. Das Theater der Antike. Berlin: Vorwerk 8. Vgl. auch Seidensticker, Bernd (2010): Das antike Theater. München: Beck. Zu den wilden Ursprüngen des Theaters und sodann zum „gezähmten“ Dionysos der attischen Tragödie vgl. Zimmermann, Bernhard (2000): Europa und die griechische Tragödie. Vom kultischen Spiel zum Theater der Gegenwart. Frankfurt am Main: Fischer, S. 13 ff. sowie S. 24 ff. Dionysos wird am Ausgang des 5. Jahrhunderts v. Chr. parallel zur Intellektualisierung des griechischen Geistes zum Nukleus der Reflexion der Bedingungen des Zusammenlebens in der Polis und dergestalt zum Gegenstand des dramaturgischen Schaffens, argumentiert Bierl, Anton F. Harald (1991): Dionysos und die griechische Tragödie. Tübingen: Narr Francke. 13 Heitz, Christian (2009): Die Guten, die Bösen und die Hässlichen – Nördliche ,Barbaren’ in der römischen Bildkunst. Hamburg: Kovac; Gießauf, Johannes (2006): Barbaren – Monster – Gottesgeißeln. Steppennomaden im europäischen Spiegel der Spätantike und des Mittelalters. Graz: Leykam. 14 Campbell, Joseph (1991): Die Masken Gottes. Bd. 1: Mythologie der Urvölker. München: dtv, S. 39.
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schen, dem irren, dem tobsüchtigen seine Wohnung aufgeschlagen hat und durch die mittel der Beschwörung gebannt und ausgetrieben werden muß.“15 Das war später im Christentum nicht anders. Die Angst vor der Umwelt (im Sinne von Blumenbergs [1920 – 1996] „Absolutismus der Wirklichkeit“)16 bleibt der Korrelation von Fremdheit17 und Gastfreundschaft nicht völlig äußerlich. Die Ambivalenz zeigt sich am Numinosen des Göttlichen. Vor allem Pan18, hier folge ich morphologisch Frazer19, bleibt im Kontext des dionysischen Formenkreises das Schreckhafte, ja sogar Schreckliche eigen. Detienne hat, wie schon bemerkt, seine Abhandlung daher in zentraler Absicht mit „Göttliche Wildheit“ unter-titelt. In der modernen Xenophobie begegnet uns eben genau noch diese Ambivalenz des dionysisch-panischen Formenkreises, einerseits die Begehrung der Transgression (um an Bataille20 anzuschließen), der Liminalität21 (um an V. Turner [1920 – 15
Usener, Hermann (1948): Götternamen. Versuch einer Lehre von der heiligen Begriffsbildung. Frankfurt am Main: G. Schulte-Bulmke, S. 294. Kleinschreibung auch im Original. 16 Blumenberg, Hans (2008): Beschreibung des Menschen. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 17 Fremdheit ist eine Kategorie, die mich ebenso anschlussfähig macht an neuere Diskurse in der Wissenschaft, sei es lebensweltlich-phänomenologisch (Waldenfels, Bernhard [2010]: Grundmotive einer Phänomenologie des Fremden. Frankfurt am Main: Suhrkamp), sei es in anderer Hinsicht. Zentraler Befund ist der, den auch ich hier heraushebe: Die Abgrenzung/ Ausgrenzung vom/des Fremden konstituiert die eigene Identität ex negativo (vgl. Broders, Simone/Gruß, Susanne/Waldow, Stephanie [Hrsg.] [2011]: Fremdheit als Phänomen. Würzburg: Königshausen & Neumann). Dabei wird ein Raumbezug überaus deutlich: Das Fremde nähert sich dem eigenen Raum an, droht in zu betreten, gar territorial vor-rückend. Diese Wahrnehmung ist oftmals von Ängsten und anderen Gestimmtheiten begleitet. Vgl. dazu auch Gimesi, Thomas/Hanselitsch, Werner (Hrsg.) (2007): Das Fremde im Raum. Berlin. LIT. Zweiter zentraler Befund bei mir ist die Interpretation, wonach das Fremde nur das eigene Fremde in uns selbst ist (vor dem das Selbst Angst hat): dazu auch Flatscher, Matthias/Loidolt, Sophie (Hrsg.) (2010): Das Fremde im Selbst – Das Andere im Selben. Transformationen der Phänomenologie. Würzburg: Königshausen & Neumann. Das Thema ist auch ein solches der Bibel-Exegese aus Sicht theologischer Reflexion geworden: Schreiner, Josef/Kampling, Rainer (2000): Der Nächste – der Fremde – der Feind. Die Neue Echter Bibel/Themen. Würzburg: Echter. 18 Herbig, Reinhard (1949): Pan. Der griechische Bocksgott. Versuch einer Monographie. Frankfurt am Main: Klostermann; Walter, Hans (2001): Pans Wiederkehr. Der Gott der griechischen Wildnis. München: dtv. 19 Frazer, James George (1994): Der goldene Zweig. Das Geheimnis von Glauben und Sitten der Völker. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 675. 20 Bataille, Georges (1985): Die Aufhebung der Ökonomie. Berlin: Matthes & Seitz. 21 Art. „Liminalität“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 186 – 188 sowie Art. „Liminalität“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 423 – 424.
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1983]22 und A. v. Gennep [1873 – 1957]23 anzuschließen), die Begeisterung für die Ekstase, für das Fest, für das Rauschhafte (das Fremde ist in diesem Lichte eben das Exotische, das von Interesse ist), andererseits die panische Schreckensangst vor dem Un-Heimlichen, eben dem Nicht-Verstandenen des völlig Fremden. Diese Ambivalenz sitzt anthropologisch tief. De-Konstruktion der Dionysos-Kontroverse in der religionsgeschichtlichen Altertumswissenschaft: Es ist, wissenschaftsgeschichtlich gesehen, kein Zufall, sondern kulturelle Logik, dass es eine heiße Debatte zur sozio-genetischen Geographie des Dionysischen gab. Für den klassischen Humanismus des Ulrich von WilamowitzMoellendorff war Dionysos, was auch Gulian (allgemein) erkannte24 (anders auch Walter F. Otto25, der mehr in der französischen als in der deutschen Forschung Anerkennung fand), ein später Zukömmling aus Asien.26 Von Wilamowitz-Moellendorff irrte; er kannte noch nicht die Entzifferung der Linear-B-Schrift.27 Aber es mag damals in der deutschen gymnasialen Begeisterung für das klassische Hellenentum eine implizite, kryptische Abneigung der kulturellen Inter-Textualität im Dreieck zwischen Moderne, klassischen Griechentum und Kulturaustausch mit dem Orient28 bestanden zu haben: „Ihre mystischen Lehren und ausschweifenden Riten waren der klaren Intelligenz und dem nüchternden Temperament der griechischen Rasse wesensfremd.“, schreibt sogar Frazer.29 22
Turner, Victor (2005): Das Ritual. Struktur und Anti-Struktur. Frankfurt am Main-New York: Campus; Turner, Victor (2009): Vom Ritual zum Theater. Der Ernst des menschlichen Spiels. Frankfurt am Main-New York: Campus. Turner wird auch in der theologischen Anthropologie rezipiert. Vgl. Benzing, Tobias (2007): Ritual und Sakrament. Liminalität bei Victor Turner. Frankfurt am Main: Lang; und vgl. ebenso in der kulturanthropologisch fundierten Analyse paulinischer frühchristlicher Gemeinden: Strecker, Christian (1999): Die liminale Theologie des Paulus. Zugänge zur paulinischen Theologie aus kulturanthropologischer Sicht. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Die Liminalität ist im vorliegenden Kontext allein deshalb wichtig, da auch hier die schwierigen Übergänge zwischen auseinander liegenden Zonen sozialer Idenität reflektiert werden. So werden krisenhafte Statuspassagen ebenso deutlich wie Metamorphosen sozialer und personaler Identität. 23 Gennep, Arnold van (2005): Übergangsriten. Frankfurt am Main-New York: Campus. 24 Gulian, Constantin I. (1981): Mythos und Kultur. Zur Entwicklungsgeschichte des Denkens. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 42 ff. Vgl. auch S. 128 zum verborgenen Primitivismus in uns selbst. 25 Otto, Walter F. (1966): Dionysos. (1933). 6. Aufl. Frankfurt am Main: Klostermann 1966; Kerényi, Karl (1998): Dionysos. Urbild des unzerstörbaren Lebens. 2. Aufl. Stuttgart: KlettCotta. 26 Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von (1959): Der Glaube der Hellenen. Bd. II. 3., durchges. Aufl. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 59 f., S. 154. 27 Ekschmitt, Werner (1969): Die Kontroverse um Linear B. München: Beck; Fischer, Josef (2010): Griechische Frühgeschichte bis 500 v. Chr. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 34 ff. 28 Dazu etwa auch Burkert, Walter (2003): Die Griechen und der Orient. München: Beck. 29 Frazer, James George (1994): Der goldene Zweig. Das Geheimnis von Glauben und Sitten der Völker. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 563.
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Die Thematisierung dieser religionsgeschichtlichen Kontroversen ist nicht unsinnig in Bezug auf meine zentrale, eher aktuelle, aber eben auch anthropologisch zu begreifende Problematik. Denn die Identitätsfindung durch Distinktion, die Findung von Sicherheit durch Ausgrenzung, mag sie auch paläoanthropologisch disponiert sein, erscheint hier jeweils in einem kulturellen Kontext in der historischen Zeit. Und an anderer Stelle habe ich dargelegt30, wie sich das Thema parallelisiert, aber Ebenen-verschoben, auf der EU-Ebene repliziert: als Problem der mangelnden europäischen Einheitskultur, als Problem der Unbestimmtheit durch Vielfalt und der vergeblichen Versuche, quasi eine echte europäische Identität als funktionalistisches Resultat einer Binnenmarktdynamik zu erwarten, statt das Problem der kulturellen Integration als Sozialintegration überhaupt ernsthaft zu erkennen. Oder: „Sind die Mythen auch so alt wie die in ihnen dargestellten Konflikte, so weist das Verschwinden der antiken Mythenwelt keinesfalls auch darauf, daß die in den Mythen artikulierten phylogenetischen wie ontogenetischen, ökonomischen wie psychischen Konflikte etwa gelöst seien.“31 Aber wie dem auch sei. Zurück zur Befremdlichkeit des Fremden32, wenn man glaubt, in der Position einer sicheren eindeutigen Kultur zu sein. Dionysos war ein originär griechischer Gott. Für den klassischen Humanismus durfte das nicht sein. Denn das „Wilde“ muss in dieser europäischen Rezeptionsgeschichte störend sein oder ver-störend wirken. Eliade (1907 – 1986) und Culianu schreiben über Dionysos, er sei „ein ungewöhnlicher Gott“, und stellt „doch den Fremden in uns selbst dar, eben die furchtbaren gesellschaftsfeindlichen Kräfte, welche durch jene göttliche Raserei entfesselt werden. (…) Und auf solcher Weise widerspricht die Lehre des Dionysos ganz und gar den sozialen Normen.“33 Die wilden Kulte der Dionysos-Feste hat Nilsson uns in wissenschaftsgeschichtlich wohl uneinholbarer Weise beschrieben.34 Nilsson, der sich positiv auf die Kult- und Ritualforschung von Wilhelm Mannhardt (1831 – 1880), James George Frazer (1854 – 1941) und William Robertson Smith (1846 – 1894)35 bezieht, zeigt, wie die Men-
30 Schulz-Nieswandt, Frank (2011): „Europäisierung“ der Sozialpolitik und der sozialen Daseinsvorsorge? Eine kultursoziologische Analyse der Genese einer solidarischen Rechtsgenossenschaft. Berlin: Duncker & Humblot. 31 Kurnitzky, Horst (1994): Der heilige Markt. Kulturhistorische Anmerkungen. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 179. 32 Vernant, Jean-Pierre (1995): Mythos und Religion im alten Griechenland. Frankfurt am Main-New York: Campus, S. 86: „Dionysos, der befremdliche Fremdling“. 33 Eliade, Mircea/Culianu, Ioan P. (1995): Handbuch der Religionen. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 97. 34 Nilsson, Martin P. (1995): Griechische Feste von religiöser Bedeutung mit Ausschluss der Attischen. (1906). 2. Aufl. Stuttgart-Leipzig: Teubner, S. 258 ff. 35 Maier, Bernhard (2009): William Robertson Smith. His Life, his Work and his Times. Tübingen: Mohr Siebeck.
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schen damals in den Festzügen als Satyrn, Silenen, Mänaden (auch Faune und Silvanen) etc. verkleidet sind, oftmals wohl mit Masken.36 Der Begriff Silene verweist auf Mischwesen aus Mensch und Pferd in der griechischen Mythologie; die Mänaden37 sind mythische Begleiterinnen der dionysischen Umzüge. Es handelt sich um geschichtlich belegbare Kultpersonen. Ein Satyr ist ein Dämon im Gefolge des Dionysos. Es sind ebenso Mischwesen.38 Und in einem anderen Kontext „können (wir) uns dem Schluss nicht entziehen, daß Jesus im Dämon sein Gegenstück hat.“39 Ich-Idealisierung beruht demnach auf Ich-Spaltung und Absonderung des kontrastiven Korrelates. Und auch in der Theorie der Religion bei Bataille beginnt dessen Analyse mit der Animalität (vgl. auch Agamben40), nicht mit der bereits gegebenen Kultur des Menschen.41 Apollon dagegen42 verkörpert die Erhabenheit und Würde, den Geist. Pan wird daher bei von Wilamowitz-Moellendorff auch kaum, eher knapp43, ab-gehandelt – anders als heute üblich, ohne auf den aktuellsten Forschungsstand zum Dionysischen hier nun eingehen zu können oder zu müssen. Walter F. Otto sah Pan dagegen so, dass er „sinnverwirrend, erschreckend und bezaubernd zugleich“44 sei. Und dies passte 36 Vgl. auch Art. “Ritual” in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 274 – 278 sowie Art. „Ritual“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 629 – 631. 37 Vgl. auch Bremmer, Jan N. (1984): Greek Maenadism reconsidered. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphic 55, S. 267 – 286. 38 Vgl. Art. „Satyros und Silnenos“ in Roscher, Wilhelm Heinrich (Hrsg.) (1993): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Bd. IV. Nachdruck, Hildesheim u. a.: Olms, S. 444 – 531. Vgl. auch Green, Richard/Handley, Eric (1999): Bilder des griechischen Theaters. Stuttgart: Reclam, S. 22 ff. zum Satyrspiel. 39 Reik, Theodor (1975): Der eigene und der fremde Gott. Zur Psychoanalyse der religiösen Entwicklung. (1923). Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 131. 40 Agamben, Giorgio (2011): Das Offene. Der Mensch und das Tier. 3. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 41 Bataille, Georges (1977): Theorie der Religion. Berlin: Matthes & Seitz, S. 19 ff. 42 Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von (1959): Der Glaube der Hellenen. Bd. II. 3., durchges. Aufl. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 174 f. Vgl. auch Usener, Hermann (1948): Götternamen. Versuch einer Lehre von der heiligen Begriffsbildung. Frankfurt am Main: G. Schulte-Bulmke, S. 312: Apollon wurde als der das Übel abwehrende Gott bewundert. 43 Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von (1959): Der Glaube der Hellenen. Bd. II. 3., durchges. Aufl. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 174 f. vgl. auch Bruit Zaidmann, Louise/Schmitt Pantel, Pauline (1994): Die Religion der Griechen. Kult und Mythos. München: Beck, S. 194 ff. Gegenüber Dionysos, dem strukturalen Gegenpol, ist Apollon die „Lichtgestalt“. Dionysos verkörpert dagegen als Gott das „Fremde“, eben auch das Fremde in uns selbst. 44 Otto, Walter F. (1955): Die Gestalt und das Sein. Gesammelte Abhandlungen über den Mythos und seine Bedeutung für die Menschheit. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 414.
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nicht zum klassischen vernunftszentrierten und ästhetischen Humanismus. Die von Nietzsche (1844 – 1900)45 uns überlieferte (aber ursprünglich von Friedrich Wilhelm Joseph Schelling [1775 – 1854] auf uns gekommene) Dialektik des Apollinischen und Dionysischen46 (von Leo Kofler [1907 – 1995]47 dann im Rahmen seiner marxistischen Anthropologie aufgegriffen, aber auch bei Ruth Benedict [1887 – 1948] findend48) war gerade deshalb ketzerisch, da sie der Moderne ihren Spiegel vorhielt, damit diese ihre ureigenste Archaik entdecken kann. Die Kontroverse um die Verortung des Dionysischen in der Altertumswissenschaft muss hier nicht gänzlich nachgezeichnet werden.49 Lange Zeit hatten einige Kreise der Altertumswissenschaft Probleme damit, die tiefsitzende kulturelle Ambivalenz von Dionysos und Pan mit Blick auf die wilden Ursprünge Europas anzuerkennen und die griechische Religion angemessen zu verstehen. Man hatte Probleme damit, die Ursprünge Europas im ethnologischen Vergleich zu „primitiven“ Kulturen dargelegt zu bekommen (was Walter F. Otto allerdings auch nicht gefiel, was aber andere daseinsphilosophische Gründe hatte50). Stattdessen muss heute gerade in dieser dialektischen Numinosität das Menschlich-Eigentümliche in der Begegnung mit dem Fremden verstanden werden. Damit wird zugleich die Angst als die Kehrseite der Neugierde und der Freude am Anderen überaus deutlich. Das wirklich Fremde fasziniert (und speist die Begierde des Reisens und Entdeckens, damit auch die Begierde des Einverleibens und Eroberns), und wenn es nicht passt, die Neigung zur Abgrenzung, Ausgrenzung, Ausschaltung. Sehnsucht und Ablehnung verbandeln sich zur ambivalenten Einheit eines komplizierten Phänomens. Damit bin ich an der Diagnostik auch des modernen Seelenlebens wieder angelangt. Denn viel anders verhält sich der moderne, aktuelle Mensch auch nicht. Nochmals zur Anthropologie der Gastfreundschaft: Ich komme nochmals zur Gastfreundschaft zurück. Von Willamowitz-Mollendorff hat (ähnlich wie schon Fustel de Coulanges [1830 – 1889]51) zeigen können52, wie Gemeinschaft da und dort 45
Nietzsche, Friedrich (2009): Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Insel. 46 Art. „Apollinisch-dionysisch“ in Ottmann, Henning (Hrsg.) (2011): Nietzsche Handbuch. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 187 – 190. 47 Jakomeit, Uwe/Jünke, Christoph/Zolper, Andreas (Hrsg.) (2011): Begegnungen mit Leo Kofler. Köln: Papyrossa; Jünke, Christoph (2007): Leo Kofler. Leben und Werk (1907 – 1995). Hamburg: VSA. 48 Benedict, Ruth (1955): Urformen der Kultur. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. 49 Vgl. heute Schlesier, Renate (Hrsg.) (2011): A Different God? Dionysos and Ancient Polytheism. Berlin-New York: de Gruyter. 50 Über die uns Karl Kerényi (1897 – 1973) in seinem Nachwort zu Otto, Walter F. (1963): Die Wirklichkeit der Götter. Von der Unzerstörbarkeit griechischer Weltsicht. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt aufklärt. 51 Fustel de Coulanges, Numa Denis (1988): Der antike Staat. München: Klett-Cotta. 52 Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von (1959): Der Glaube der Hellenen. Bd. I. 3., durchges. Aufl. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 152 f.
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ist, wo man um den gemeinsamen Herd sitzt, also im Haushalt53. Und Hestia ist die Göttin des Herdes.54 Ich habe familiensoziologisch bzw. netzwerkethnologisch an anderer Stelle bereits (allerdings im Zusammenhang mit der These, der Geschlechterdualismus55 im Sinne der dualen Geschlechtermerkmalsordnung sei nicht rein frühneuzeitlich konstituiert, sondern wiese bereits antike Wurzeln auf56)57 argumentiert58, dass damit nicht die biologische Verwandtschaft und Familialität den Haushalt definiert, sondern die Gesellung der Mahlgemeinschaft. Diese Zentrierung um den Haushalt hält sich morphologisch ähnlich bis hinein in die Hausgemeinde des Frühchristentums.59 Hestia ist eine alteuropäische Göttin, wohl lange schon, bevor der Kulturraum griechisch wurde infolge der Wanderungen der Indoeuropäer60. Das Alteuropa bestand aus vorgriechischen Menschen, die sich mit Wanderungsgruppen aus Anatolien mischten, die über eine ehemals bestehende Landbrücke über den Bosporus im Donautal entfalteten, wie Haarmann nunmehr rekonstruieren und was wohl auch durch moderne genomanalytische Forschungen fundiert werden kann.61 Die Mahlgemeinschaft des Ur- und Frühchristentums ist eine Analogie, besonders interessant angesichts der Zurückstellung der Familie hinter der christlichen Ek53 Vgl. auch Schmitz, Winfried (2007): Haus und Familie im antiken Griechenland. München-Wien: Oldenbourg sowie Schmitz, Winfried (2004): Nachbarschaft und Dorfgemeinschaft im archaischen und klassischen Griechenland. Berlin: Akademie Verlag. Zum städtischen Mittelalter: Seidel, Kerstin (2009): Freunde und Nachbarn. Soziale Beziehungen in einer mittelalterlichen Stadt. Frankfurt am Main-New York: Campus. 54 Vernant, Jean-Pierre (1996): Der maskierte Dionysos. Berlin: Wagenbach, S. 13 ff. 55 Vgl. auch Schulz-Nieswandt, Frank (2006): Sorgearbeit, Geschlechterordnung und Altenpflegeregime in Europa. Berlin: LIT. 56 Vgl. auch unorthodox: Meillassoux, Claude (1983): „Die wilden Früchte der Frau“. Über häusliche Produktion und kapitalistische Wirtschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 57 Eine These, an der ich festhalte trotz aller sozialgeschichtlichen Differenzierungen, die man sicherlich sehen muss. Vgl. auch Opitz-Belakhal, Claudia (2010): Geschlechtergeschichte. Frankfurt am Main-New York: Campus; Martschukat, Jürgen/Stieglitz, Olaf (2008): Geschichte der Männlichkeiten. Frankfurt am Main-New York: Campus; Scheer, Tanja (2011): Griechische Geschlechtergeschichte. München-Wien: Oldenbourg. Vgl. zum Mittelalter Nolte, Cordula (2011): Frauen und Männer der Gesellschaft im Mittelalter. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 58 Schulz-Nieswandt, Frank (2004): Geschlechterverhältnisse, die Rechte der Kinder und Familienpolitik in der Erwerbsgesellschaft. Berlin: LIT, S. 53 ff.; Stegemann, Wolfgang (2010): Jesus und seine Zeit. Stuttgart: Kohlhammer, S. 241. 59 Gehring, Roger W. (2000): Hausgemeinde und Mission. Die Bedeutung antiker Häuser und Hausgemeinschaften – von Jesus bis Paulus. Gießen: Brunnen sowie Lehmeier, Karin (2006): Oikos und Oikonomia. Antike Konzepte der Haushaltsführung und der Bau der Gemeinde bei Paulus. Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt. Klassisch dazu: Klauck, Hans-Josef (1981): Hausgemeinde und Hauskirche im frühen Christentum. Stuttgart: Kohlhammer. 60 Haarmann, Harald (2010): Die Indoeuropäer. München: Beck. 61 Haarmann, Harald (2011): Das Rätsel der Donauzivilisation. Die Entdeckung der ältesten Hochkultur Europas. München: Beck.
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klesia62 (der griechischen Koinonia nachgebildet) bei Jesus. Auch im antiken Griechenland dürfen (das hat vor allem die französische gegenüber der deutschen Altertumsforschung herausgearbeitet) die Polis-bildenden Sozialeinheiten nicht als Abstammungs- und Verwandtschaftsgebilde, sondern müssen als Vereinswesen kultgenossenschaftlich verstanden werden. Ich habe in meinen Schriften darauf auch gildenhistorisch verwiesen.63 Die Gemeinschaft des Herdes schließt demnach Fremde und Freunde64 – und damit auch die Gastfreundschaft – ein; dennoch bleibt die Welt „draußen“ gefährlich, bedrohlich, wirklich fremd.65 Ich halte fest: Wenn, hier vor allem mit Fokus auf das archaische Griechenland, die Gastfreundschaft zum Prinzip erhoben (erkannt) wird, so darf dies nicht darüber hinweg täuschen, wie sich die tiefsitzende Ambivalenz gestaltet, die hinsichtlich des Anderen besteht. Ich halte ebenso fest: Wir sind noch nie vollständig modern gewesen. Und die sozialgeschichtliche Forschung zeigt die Vielfalt der Formen, aber eben auch die Kontinuität in der Problemanzeige als solcher, dass sich am Fremden immer wieder das Exklusionsproblem aufgetan hat.66 Das Thema beschäftigt auch die aktuelle Soziologie.67 Gemeinde und die universale Liebesethik: Die Angst vor dem Fremden ist eine doppelt generierte: Psychogrammatisch erwächst sie (evolutionspsychologisch plausibel) aus Selbstschutzmechanismen: Angst68 (wenn sie nicht neurotisch wird) ist eine sinnvolle Sorgeeinrichtung im psychischen Apparat. Kulturgrammatisch ist Angst vor dem Fremden ein Mechanismus der systemischen Selbst-Konstituierung: 62 Vgl. Art. „Ekklesia“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 105 – 107. 63 Quellen in Schulz-Nieswandt, Frank (2003): Herrschaft und Genossenschaft. Berlin: Duncker & Humblot. 64 Art. „Freundschaft“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 167 – 170. 65 Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von (1959): Der Glaube der Hellenen. Bd. I. 3., durchges. Aufl. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 174. 66 Riemer, Ulrike/Riemer, Peter (Hrsg.) (2005): Xenophobie – Philoxenie. Vom Umgang mit Fremden in der Antike. Stuttgart: Steiner; Gestrich, Andreas/Raphael, Lutz (Hrsg.) (2007): Inklusion/Exklusion. Studien zu Fremdheit und Armut von der Antike bis zur Gegenwart. Frankfurt am Main: Lang; Raphael, Lutz/Uerlings, Herbert (Hrsg.) (2008): Zwischen Ausschluss und Solidarität. Modi der Inklusion/Exklusion von Fremden und Armen in Europa seit der Spätantike. Frankfurt am Main: Lang. 67 Stichweh, Rudolf (2010): Der Fremde. Studien zu Soziologie und Sozialgeschichte. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Abels, Heinz (2009): Wirklichkeit. Über Wissen und andere Definitionen der Wirklichkeit, über uns und Andere, Fremde und Vorurteile. Wiesbaden: VS. 68 Vgl. auch Faller, Hermann/Lang, Hermann (Hrsg.) (2008): Das Phänomen Angst. Pathologie, Genese und Therapie. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
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Kollektive Identitäten definieren sich grundsätzlich in der Differenz zur Umwelt. Ohne dass diese Sicht in die Dichotomie des Freund-Feind-Dichotomie der Politiktheorie von Carl Schmitt (1888 – 1985)69 abgleiten muss, ist die „Wahrheit“ dieses Befundes anzuerkennen. Erst im Gegenüber zum Anderen kann sich ein Selbst als Selbst konstituieren. Relevant ist dabei aber die Erkenntnis, dass dieses „Angesichts des Anderen“ auch einer Logik der Sympathie70 folgen kann. Es kommt in der Regel auf die Eröffnungskommunikation an. Der Fremde ist und bleibt ein Thema der Soziologie71, die sich hier tiefen- und existenzpsychologisch öffnen muss. Damit bin ich wieder beim konkreten Thema: Wie gestaltet sich die Kommunikation der Implementation der De-Institutionalisierung? Trampelpfade der Anstaltslogik: Ich möchte an diesem Punkt nochmals herausstellen, wie wichtig es ist, traditionelle Konzepte der verwahrenden Sorgearbeit als archaisch zu überwinden. In diesem Prozess wird es dann möglich, personales Wohnen abzukoppeln von den Trampelpfaden der Anstaltslogik. Mein Argument ist dabei jedoch, dass diese Trampelpfade in ihrer langen Kulturgeschichte psychisch tief verankert sind in kulturell vererbten kollektiven Denk- und Sichtweisen. Wir kommen nicht umhin, so meine ich, die autoritären (paternalen) Formen der Pastoralmacht, die ihre Ausdrucksformen in entsprechenden sozialen Interaktionsordnungen und architektonischen Formen gefunden hat, zu erkennen und fallen zu lassen. Im jüdisch-christlichen Kulturzusammenhang hat sich seit der Antike über das Mittelalter bis hinein in die Neuzeit eine Caritas und/oder Diakonie72 entwickelt, die von der Dialektik von Liebe73 und Autoritätsdenken geprägt war. Die Kirche drückt ihre zentrale Fokussierung auf das Prinzip der Liebe in einer ebenso von ihr tief geliebten Form der Autorität aus. Und damit hatte und hat sich die Kirche im Ringen um Anteilnahme an der weltlichen Macht tief in Kriminalgeschichten und kollektiven Gewaltpolitiken verstrickt. Von der Liebe blieb nur der Typus des
69 Mehring, Reinhard (2011): Carl Schmitt zur Einführung. 4., vollständig überarb. Aufl. Hamburg: Junius. Vgl. ferner Gross, Raphael (2000): Carl Schmitt und die Juden. Eine deutsche Rechtslehre. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 70 Scheler, Max (2006): Wesen und Formen der Sympathie. 6. Aufl. Bonn: Bouvier. 71 Vgl. etwa Merz-Benz, Peter-Ulrich/Wagner, Gerhard (Hrsg.) (2002): Der Fremde als sozialer Typus. Konstanz: UVK (UTB); Loycke, Almut (Hrsg.) (1992): „Der Gast, der bleibt“: Dimensionen von Georg Simmels Analyse des Fremdseins. Frankfurt am Main-New York: Campus. 72 Hammann, Gottfried/Wolf, Gerhard P. (2003): Die Geschichte der christlichen Diakonie. Praktizierte Nächstenliebe von der Antike bis zur Reformationszeit. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht; vgl. auch Wolff, Horst-Peter/Wolff, Jutta (2011): Krankenpflege: Einführung in das Studium ihrer Geschichte. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Mabuse. 73 Meisinger, Hubert (1996): Liebesgebot und Altruismusforschung. Ein exegetischer Beitrag zum Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaft. Fribourg: Academic Press; Söding, Thomas (1995): Das Liebesgebot bei Paulus. Die Mahnung zur Agape im Rahmen der paulinischen Ethik. Münster/Westf.: Aschendorff.
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IV. Die kulturelle Tiefengrammatik
„Liebespatriarchalismus“, wie ich in Anlehnung an Ernst Troeltsch sagen möchte.74 Dementsprechend, wie die kulturgeschichtliche Forschung75 (nicht immer kritisch) zeigt, hat sich ein Verständnis der Menschen als „Kinder“ Gottes und der Kirche ergeben. Das prägt die sozialpolitische Praxis ebenso wie das Denken in der theologischen Anthropologie (etwa bei Gustav Siewerth76). Dabei waren die genossenschaftsartigen Wurzeln der reziproken Egalität in der Jerusalemer Urgemeinde77 und in den frühchristlichen Mahlgemeinschaftskulten78, im Lichte des hellenistischen Vereinswesens morphologisch plausibel nachzuvollziehen, noch deutlich.79 Aber bereits die um (die im religionsgeschichtlichen Kontext der Entstehung der Hochkulturen zu verstehenden) Gerechtigkeitsfragen80 kreisenden alttestamentlichen Wurzeln der egalitären Liebesethik81 sind ambivalent, nicht nur mit Blick auf die Universalität (Gruppenmoral versus kosmopolitische Unbegrenztheit), sondern mit Blick auf ihre autoritären Tiefenspuren.
74 Troeltsch, Ernst (1994): Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen 1. (1912). Tübingen: Mohr Siebeck. 75 Lutterbach, Hubertus (2003): Gotteskindschaft. Kultur- und Sozialgeschichte eines christlichen Ideals. Freiburg i. Br. u. a.: Herder. 76 Siewerth, Gustav (1957): Metaphysik der Kindheit. Einsiedeln: Johannes Verlag; vgl. auch Remenyi, Matthias (2003): Die Anthropologie im Werk Gustav Siewerths. Berlin: LIT. 77 Öhler, Markus (2005): Die Jerusalemer Urgemeinde im Spiegel des antiken Vereinswesens. In: New Testament Studies 51 (3), S. 393 – 415. 78 Klinghardt, Matthias (1996): Gemeinschaftsmahl und Mahlgemeinschaft. Soziologie und Liturgie frühchristlicher Mahlfeiern. Tübingen-Basel: Francke. Gleichwohl stehen im zeitgeschichtlichen Wirkkontext bald schon Ämterstrukturen und Führungshierarchien an. Vgl. dazu Schmeller, Thomas/Ebner, Martin/Hoppe, Rudolf (Hrsg.) (2010): Neutestamentliche Ämtermodelle im Kontext. Freiburg i. Br.: Herder. 79 Vgl. meine Studien dazu: Schulz-Nieswandt, Frank (2003): Herrschaft und Genossenschaft. Berlin: Duncker & Humblot. 80 Achenbach, Reinhard/Arneth, Martin (Hrsg.) (2010): „Gerechtigkeit und Recht zu üben“ (Gen 18,19). Studien zur altorientalischen und biblischen Rechtsgeschichte, zur Religionsgeschichte Israels und zur Religionssoziologie. Festschrift für Eckart Otto zum 65. Geburtstag. Wiesbaden: Harrassowitz. 81 Moenikes, Ansgar (2007): Der sozial-egalitäre Impetus der Bibel Jesu und das Liebesgebot als Quintessenz der Tora. Würzburg: Echter. Dabei bleibt die Geschichtlichkeit, die Moenikes als Aussagepotenzial innerhalb der Bibel unterstellt, angesichts der religionsgeschichtlichen Forschungen höchst kontrovers. Vgl. u. a. Gerstenberger, Erhard S. (2001): Theologien im Alten Testament. Pluralität und Synkretismus alttestamentlichen Gottesglaubens. Stuttgart: Kohlhammer; Herrmann, Wolfram (2004): Theologie des Alten Testaments. Geschichte und Bedeutung des israelitisch-jüdischen Glaubens. Stuttgart: Kohlhammer. Vgl. vor allem auch Oswald, Wolfgang (2009): Staatstheorie im Alten Israel. Der politische Diskurs im Pentateuch und in den Geschichtsbüchern des Alten Testaments. Stuttgart: Kohlhammer.
V. Kommunikative Choreographie statt „social engineering“ Das Problem der innovativen Pflanzung neuer Wohnformen in vorgegebenen städtischen oder ländlichen Räume (Stadtteile, Quartiere, dörfliche Siedlungen) besteht nicht darin, im Eigeninteresse der BewohnerInnen deren gegebenen Interessen an Lebensbedingungen durch Vernetzungsarbeit und Sozialraum-Vitalisierung durch partizipative Einbindung in Sozialplanungspolitik zu optimieren1. Es geht beim Thema der neuen (de-institutionalisierten) Wohnformen im Alter(n), mit Blick auf den chronisch Kranken, pflegebedürftigen, demenzkranken und/oder behinderten Menschen, zunächst nur um deren Lebensqualität mittels einer wohnumfeldbezogenen integriert-vernetzten Wohnlebensform durch Integration in die vorgegebenen wohn- und siedlungsstrukturellen Gefüge. Das kann, bei entsprechender Bewusstseinshaltung der vorgängigen Bewohnerschaft, auch neue Formen der Lebensqualität für alle bedeuten, muss als Haltung gegenüber sozial integriertem, mehr-generationellem Wohnen und Leben kulturell aber erst generiert werden. Und darin besteht die Herausforderung. Es geht demnach um die Bereitung einer „Kultur der Gastfreundschaft“.2 Und diese Bereitung ist kein „social engineering“3. Solche politischen Sozialreformmodelle, die steuerungszentral, expertenzentriert, wissenszentriert sind, sind (obwohl i. d. R. gut, sozialreformerisch, gemeint) überholt. Es geht, mit Blick auf die systemische4 Akteursaufstellung des Raumes, um eine kommunikationsintensive Choreographie5, die das Miteinander6 der Akteurskonstellation betont und durch 1 Hammer, Veronika/Lutz, Ronald/Mardorf, Silke/Rund, Mario (Hrsg.) (2010): Gemeinsam leben – gemeinsam gestalten. Zugänge und Perspektiven Integrierter Sozialraumplanung. Frankfurt am Main-New York: Campus. 2 Eindrucksvoll analysiert bei Kal, Doortje (2010): Gastfreundschaft. Das niederländische Konzept Kwartiermaken. Neumünster: Paranus. 3 Etzemüller, Thomas (Hrsg.) (2009): Die Ordnung der Moderne. Social Engineering im 20. Jahrhundert. Bielefeld: transcript. 4 Simon, Fritz B. (2011): Einführung in die systemische Organisationstheorie. 3. Aufl. Heidelberg: Carl-Auer; Königswieser, Roswita/Hillebrand, Martin (2011): Einführung in die systemische Organisationsberatung. 6. Aufl. Heidelberg: Carl-Auer. 5 Vgl. auch Alkemeyer, Thomas/Brümmer, Kristina/Kodalle, Rea/Pille, Thomas (Hrsg.) (2009): Ordnung in Bewegung. Choreographien des Sozialen. Körper in Sport, Tanz, Arbeit und Bildung. Bielefeld: transcript. 6 Moser, Robert/Sieghartsleitner, Karl/Lichtenwörther, Hans (2008): Miteinander Bürger gewinnen. Leitfaden für Bürgeraktivitäten und Projekte. Wien: Manz.
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V. Kommunikative Choreographie statt „social engineering“
gelingende Kommunikation (mit den Blickdimensionen Information, Transparenz und partizipative Involvierung zur Akzeptanzschaffung) Vertrauenskapital7 schafft.8 Mitunter könnte man auch an soziodramatische Inszenierungen auf kommunaler Ebene anknüpfen.9 Logik der „Pflanzung“: Es geht also um kulturelles Change Management sozialer Systeme.10 Das „Management“ ist aber weder „top-down“ möglich noch organisiert nach einem „Arzt-Patienten-Modell“. So würde keine „Pflanzung“ auf fundierte Akzeptanz stoßen und gelingen. Die Begegnung mit neuen Ideen bedarf bei allen Akteuren einer gewissen Überzeugung, die die Umsetzung mitträgt. Psychologisch gesehen beschreibe ich das notwendige Gefühl, das die Akteure im Prozess der Veränderung charakterisieren muss, als Kohärenzgefühl11: Die sich wandelnde soziale Welt muss verstehbar, sinnhaft und handhabbar sein. Ist dies nicht der Fall, kommen Gefühle der Ohnmacht, des Überrolltwerdens und in der Folge eine Haltung der Abneigung auf. Dann ist das Spiel bereits verloren.12 Politiktheoretisch könnte man auch die Positionen einnehmen, denen es um die Gewinnung einer Hegemonie geht. Das Problem bleibt dann allerdings die Fragilität der politischen Situation. Hegemonie sichert zunächst keine nachhaltige normative Akzeptanz. Zwar sollen sich agonal13 Ideen durchsetzen; aber es geht dann auch um die allgemeine Akzeptanz des Ergebnisses des Wettbewerbs. 7
Hartmann, Martin (2011): Die Praxis des Vertrauens. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Vetter, Angelika (Hrsg.) (2008): Erfolgsbedingungen lokaler Bürgerbeteiligung. Wiesbaden: VS; Schwalb, Lilian/Walk, Heike (Hrsg.) (2007): Local Governance – mehr Transparenz und Bürgernähe? Wiesbaden: VS. 9 Wittinger, Thomas (Hrsg.) (2005): Handbuch Soziodrama. Die ganze Welt auf der Bühne. Wiesbaden: VS. 10 Interessant dazu auch Hochuli Freund, Ursula/Stotz, Walter (Hrsg.) (2011): Kooperative Prozessgestaltung in der Sozialen Arbeit. Stuttgart: Kohlhammer. 11 Felbinger, Andrea (2009): Kohärenzorientierte Lernkultur. Wiesbaden: VS. 12 Dabei sehe ich es als vereinbar an, die Gestalten (Gestalt[en]-Werdungen) des personalen Selbst „zwischen Sein und Sollen“ als Kern einer kreativen Performativität zu verstehen. Kulturgeschichtlich erschlossen werden muss dieses Bild vom Menschen über die Geschichte des (tragischen) Theaters (dazu umfassend auch Girshausen, Theo [1999]: Ursprungszeiten des Theaters. Das Theater der Antike. Berlin: Vorwerk 8), der Inszenierung überhaupt. Denn damit wird die Anthropologie, werden die Tiefenschichten des Rollenspiels in gesellschaftlicher wie in individuierender Perspektive erst deutlich, überaus deutlich. Es geht also weniger um Soziologie als Rezeptionsästhetik, sondern um Soziologie als Produktionsästhetik: um Choreographie, Proben, kollektive Kreativität. Das Problem ist sogar noch verwickelter, ohne dies hier entfalten zu müssen. Vgl. auch Jauß, Hans Robert (1991): Ästhetische Erfahrung und literarische Hermeneutik. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Vgl. auch Borsche, Tilman/Kreuzer, Johann/Strub, Christian (Hrsg.) (1998): Blick und Bild im Spannungsfeld von Sehen, Metaphern und Verstehen. München: Fink. 13 Brüggenbrock, Christel (2006): Die Ehre in den Zeiten der Demokratie. Das Verhältnis von athenischer Polis und Ehre in klassischer Zeit. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 8
VI. Vernetzung mit Absicht auf abgestimmte Verbindlichkeit im kommunalen Raum – Eine sehr unwahrscheinliche, aber nicht unmögliche Aufgabe: Die Studie von Grunow u. a. Die empirische longitudinale Studie von Grunow u. a.1 zur Kommunalisierung im hessischen Sozialsektor (ab 2000), die in diesem Kapitel mit jeweiligen Seitenangaben referiert wird, ist für das Problem der vorliegenden Abhandlung sehr aufschlussreich und deckt sich mit anderen theoretischen Grundlagenforschungen. Warum ist die Studie, die ich nachfolgend referiere, von grundlegendem Interesse? „Verminte“ Felder: Alternative Wohnformen jenseits (der binären Denkordnung) von singulärem Privathaushalt und solitärem Pflegeheim benötigen einen rechtlichen Ermöglichungsrahmen in Bund und Länder. Gehe ich davon aus, dieser rechtliche Ermöglichungsrahmen bestünde (die Diskussion der rechtlichen Auslegungsordnungen in Bezug auf die bestehenden Regelungen klammere ich hier also einmal aus). Implementiert werden kann alternatives Wohnen nur im kommunalen Raum. Und hier muss der ethnographisch-ethnologische Blick des Feldforschers angesetzt werden: Der kommunale Sozialsektor ist nicht nur ökonomisch ein komplex etabliert-verschachteltes (zynisch gesprochen: „vermintes“) Feld von Interessen, wobei es um etablierte Angebotskapazitäten geht, die ausgelastet sein wollen und die es gegen Konkurrenzangebote zu verteidigen gilt. Es geht um die Kultur der Kommune (besser gesagt: um die Kultur der Akteure in ihrer kommunalen Konfiguration), sich angesichts der sozio-demographischen Herausforderungen denkkonzeptionell umzustellen, also um die besagten Lernprozesse, sich anders als bisher (gemäß Routinen und Pfaden) aufzustellen. Dabei wird man ein gewissen „Bindungs-Paradox“ (Johannes Rüegg-Stürm2) verstehen lernen müssen: Menschen binden sich, um dadurch Freiheitsräume zu erhalten. Das dürfte nicht verkürzt als Plädoyer für strategische utilitätsgesteuerte „weak ties“ falsch verstanden werden; auch Rollenidentität mag Teil eines solchen Freiheitsraumes sein. Gemeint ist mit diesem Paradox nur, dass Menschen sich ungern in Bindung zwingen lassen, wenn sie nicht sehen, welchen Entfaltungsspielraum (als
1 Grunow, Dieter/Pamme, Hildegard/Köhling, Karola/Wißing, Sandra/Lanfer, Jens (2010): Vereinbarte Verbindlichkeit im administrativen Mehrebenensystem. Wiesbaden: VS. 2 Aus einem Vortrag am 4. 10. 2011 in Zürich.
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VI. Vernetzung mit Absicht auf Verbindlichkeit im kommunalen Raum
aus Sicht konstruktiver Performativität zu verstehender Möglichkeitsraum3) im Sinne des Persönlichkeitswachstums damit verbunden sein kann. Es geht um die Wechselwirkung lernender Kommunen und lernender Akteure in diesem kommunalen Entwicklungsmilieu. Es geht also auch im Fall neuer Wohnformen um die Einbettung von Interessen in Ideen. Natürlich (von Max Weber [1864 – 1920] ausgehend argumentierend4) bestimmen (materielle) Interessen das soziale Handeln; aber es sind die Deutungs- und Orientierungskräfte der Ideen, die die Interessen bahnen. Die „cultural turns“ in den Sozialwissenschaften haben diese Denk- und Argumentationsrichtung methodologisch vorbereitet; jetzt geht es um die soziale Praxis selbst. Wie bringt man nun eine komplizierte Akteurslandschaft zur verbindlichen Abstimmung ihres bislang eher unkoordinierten Handelns? Wie gelingt, wenn es dafür eine relevante Wahrscheinlichkeit geben sollte, eine solche Choreographie? Frames und Denkstile: Die naheliegende Variable wären die Interessensgegensätze, die blockierend wirken. Ja (S. 9), aber nicht nur und vielleicht auch nicht primär. Ich werde mich also nicht auf dieser flachen „Rational-choice“-TheorieEbene bleibend bewegen. Denn es zeigt sich, wie Interessen in wahrnehmungslenkende Kontexte der orientierenden Denkweisen und der Vertrauensbildung (S. 34; 179 f.) eingelassen, ja geradezu eingebettet sind. Und das wiederum ist nicht allein ein Thema kognitiver Filter (Frames5) in individuellen Köpfen. Im Sinne des angeführten Ludwik Fleck (1886 – 1961) handelt es sich um das Zirkulieren von, Durkheimianisch (Émile Durkheim: 1858 – 1917) formuliert, kollektiv geteilten Denkstilen, die also gemeinsam charakterisierend sind für die soziale Figuration insgesamt. Fragen der Akzeptanzerzeugung (S. 12) sind dergestalt kontextualisiert in gelingende Kommunikation innerhalb („Throughput“-bezogen: S. 20) des Implementationsprozesses selbst: „Eine wirksame Implementation kann nur dann gelingen, wenn ein funktionierendes Netzwerk entsteht, das die kommunikative Anschlussfähigkeit für verbindliche Operationen zur kommunalen Aufgabenerledigung im Bereich sozialer Hilfen zwischen den beteiligten Akteuren“ entstehen lässt (S. 13). Es kommt somit darauf an, dass die Organisationen nur verkoppelt werden können, wenn auch die personalen Haltungen dies zulassen (S. 36). Auch hier sei nochmals betont: Der Rekurs auf personale Haltungen ist gekoppelt an der Annahme der von der Figuration kollektiv geteilten Denkstile.
3 Vgl. dazu auch Lechtermann, Christiana/Wagner, Karin/Wenzel, Horst (Hrsg.) (2007): Möglichkeitsräume. Zur Performativität von sensorischer Wahrnehmung. Berlin: Erich Schmidt. Vgl. dazu auch Borsche, Tilman/Kreuzer, Johann/Strub, Christian (Hrsg.) (1998): Blick und Bild im Spannungsfeld von Sehen, Metaphern und Verstehen. München: Fink. 4 Lepsius, M. Rainer (2009): Interessen, Ideen und Institutionen. 2. Aufl. Wiesbaden: VS. 5 Kroneberg, Clemens (2011): Die Erklärung sozialen Handelns. Wiesbaden: VS.
VI. Vernetzung mit Absicht auf Verbindlichkeit im kommunalen Raum
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Pfadabhängigkeit: Insofern stehen Lernfähigkeiten im Zentrum der Betrachtung. Lernfähigkeit verweist jedoch zentral auf Veränderungsfähigkeit. Und hier wirken blockierende Faktoren der Pfadabhängigkeit und der Routinen (S. 51 ff.), aber auch die jeweiligen kompetenz-bezogenen Anfangsbedingungen (S. 90). Pfadabhängigkeit6 ist nun in institutionalistischen Theoriezusammenhängen ein klassisches Argument; trotzdem muss mich gerade die Frage interessieren, wie Pfade verlassen werden können, auch dann, wenn dies eher unwahrscheinlich ist. Es geht also um fördernde und hemmende Faktoren für einen Pfadwechsel (S. 117). Die Studie von Grunow u. a. stellt nun auf sog. „treibende Kräfte“ ab (S. 118). Will man dies profan ausdrücken, so geht es um das Engagement von Menschen (S. 121), die hier den berühmten subjektiven Faktor verkörpern. In der Tradition von Max Weber7 müsste ich auf die Kategorie der charismatischen Persönlichkeit8 abstellen. Allerdings: Ob die treibenden Kräfte auch auf Resonanz stoßen, hängt von der Aufnahmebereitschaft der anderen Akteure, und damit von deren kognitiven verhaltensgenerierende und –bahnende Schemata im psychischen Apparat der Menschen, die in die gesamte Figuration eingelassen sind, ab (S. 118). Treibende Kräfte sind vor allem im Kontext der Bildung von Nachbarschaftlichkeit ganz elementar. Schlüsselfrage ist hierbei die gelingende Kommunikation (S. 122). Ein Issue-Netzwerk arbeitet an gegenseitigen Erwartungsbildungen und Veränderungen der Erwartungszusammenhänge (auch S. 144). Insofern ginge es um das Gelingen einer Transformation des kollektiv geteilten Denkstils der ganzen Figuration. Ob dies gelingt, gilt in der Systemtheorie eher als unwahrscheinlich, aber eben nicht als unmöglich. Der Grund für das Beharren im Status quo liegt in der pfadabhängigen und pfadbegründenden, Routine-bedingten „Logik“ der Organisationen. Arbeit an der Haltung: Dabei spielen Sicherheitsempfindungen der Akteure und Organisationen eine große Rolle (S. 134). Es sind fest installierte Drehbücher, abgelagert in Rollen-Skripte der Akteure, nach denen die Prozesse gesteuert werden. Aufbrechbar scheint der reziproke Autismus der Handlungslogiken nur durch eine Herausbildung von personalem Vertrauen in kommunalen Netzwerken (S. 132). Dies ist eine Arbeit an der Haltung (S. 148). Soll also die Idee (S. 148) der Kommunalisierung und der Vernetzung innerhalb der Kommunalität eine Chance haben, muss sie von den Akteuren der Organisationen kollektiv geteilt werden. Der Begriff der personalen Haltung verweist darauf, dass Vertrauensbildung nicht nur oder gar eine einfache Funktion von Wissensbeständen ist. Diese sind wichtig, geht es doch auch um wissensbasierte Transparenz mit Blick 6
Schäcke, Mirco (2006): Pfadabhängigkeit in Organisationen. Ursache für Widerstände bei Reorganisationsprojekten. Berlin: Duncker & Humblot. 7 Kaesler, Dirk (2011): Max Weber. München: Beck. 8 Bach, Maurizio (Hrsg.) (2011): Charisma. Theorie, Typen und Erscheinungsformen. Wiesbaden: VS.
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VI. Vernetzung mit Absicht auf Verbindlichkeit im kommunalen Raum
auf Entscheidungen und Verhaltensorientierungen. Aber im Zentrum steht die Wahrnehmung der Situation im Wechselspiel zur Bildung von Vertrauenskapital9. Kapitalien: Systemtheoretisch sind nicht einfache lineare Kausalketten hier erkennbar, vielmehr Kreisläufe, die durch Wechselwirkungen (S. 180) erzeugt werden. Sozialkapitalbildung setzt Vertrauen voraus; Vertrauenskapital wird aber in den Netzwerken, deren Ertrag das Sozialkapital10 ist, generiert. Zur Vertrauensbildung benötigt man aber wiederum spezifisches Humankapital, hier die Plastizität, die Veränderbarkeit der Haltungen der Personen, was eine spezifische Kompetenz bezeichnet. Erst so zeichnet sich der entscheidende Punkt der Konvergenz der Zielperspektiven (S. 158) ab: Notwendig ist – als Bedingung wie als Resultante – ein kollektiv geteiltes Set von Normen, Werten und Zielen. Und solche Konvergenzen von Orientierungen sind emotional verlaufende Kommunikationen (S. 160). Dies wäre eine Transformation des figurativen, also von der Akteurskonstellation kollektiv geteilten Denkstiles. Alle müssen sich auf andere Altersbilder und in der Folge auf andere Visionen der Alter(n)ssozialpolitik im Rahmen einer Generationengefügepolitik einigen, wobei auch eine gleichstromartige Abstimmung der querschnittlichen gesellschaftspolitischen Teilbereiche notwendig wäre, also das, was ich eine „Sozialgemeinde“-Orientierung nannte. „Was bedeuten diese Befunde insgesamt? Wenn die Kommunikation in Netzwerken und die damit wahrscheinlichere Anpassung in den cognitive maps der beteiligten Personen auch keine hinreichende Bedingung für eine verbindliche Umsetzung des Zweckprogramms darstellt, so scheint sie dennoch eine notwendige Bedingung zu sein. Ohne Kommunikation scheint eine verbindliche Umsetzung des Zweckprogramms mit Blick auf die Zieldimension Bedarfs- und Ressourcenorientierung ein aussichtloses Unterfangen.“ Und: „Kommunikation nimmt Einfluss auf die Konvergenz von cognitive maps.“ (S. 163)
Gelingende Kommunikation (somit das „Herstellen“ [S. 184] von Verbindlichkeiten) ist also fast alles. Aber nur dann, wenn sich dadurch auch die Haltungen der Personen verändern. Und jetzt wird auch verständlich, warum die Analyse solche Projekte mit Blick auf ihren Erfolg als eher unwahrscheinlich einschätzen. Die Arbeit an Werte-fundierten normativen Orientierungen berühren Fragen des Sozialcharakters11 und ihres Wandels. Und solche Wandlungen kommen technisch nicht dem trivialen Knipsen am Lichtschalter gleich, der einen Wechsel von dunkel zu hell oder auch zurück ermöglicht. So funktionieren nicht Menschen, so sind menschliche Beziehungen 9
Hartmann, Martin (2011): Die Praxis des Vertrauens. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Dazu ausführlich in Schulz-Nieswandt, Frank/Köstler, Ursula (2011): Bürgerschaftliches Engagement im Alter. Stuttgart: Kohlhammer. 11 Dazu auch Frankenberger, Rolf (2007): Gesellschaft – Individuum – Gouvernementalität. Theoretische und empirische Beiträge zur Analyse der Postmoderne. Berlin: LIT. Vgl. auch Art. „Charakter“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 46 – 49; Art. „Charakter und Typ“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 93. 10
VI. Vernetzung mit Absicht auf Verbindlichkeit im kommunalen Raum
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nicht angemessen zu charakterisieren; und daher ist sozialer Wandel auch nicht herbeizu„knipsen“. Es geht vielmehr um höchst anspruchsvolle Prozesse (S. 164). Der Erfolg ist sehr voraussetzungsvoll. Es ist der Komplexität der vorhandenen Arrangements (S. 165) geschuldet (also den komplex verteilten Machtkonfigurationen [formulierbar im Sinne der Soziologie von Norbert Elias12]: S. 180), dass die Veränderungen fraglich sind. Die Einsetzung einer lokalen Steuerungsgruppe reicht nicht (S. 171). Das wäre nur ein Nukleus. Ob dieser auch Veränderungen generiert, ist voraussetzungsvoller. Ein Issue-Netzwerk muss entstehen, das wiederum Lernprozesse auslöst. Sinn: „Sinn“13, als kollektiv geteiltes Problemverständnis, muss erzeugt werden (S. 172). Dabei ist es hinderlich, wenn nicht bereits in der Ausgangslage eine gewisse Kooperationskultur der Akteure/Organisationen besteht. Es sind Prozesse zu erzeugen, die in Analogie zur gängigen Organisationsforschung als „Unfreezing – Freezing“ zu bezeichnen sind (S. 175). „Von oben“ herab sind solche Lernprozesse verwaltungszentral nicht induzierbar (S. 176). „Die empirischen Beobachtungen belegen, dass das Zusammenbringen von Personen noch kein Interaktionssystem konstituiert.“ (S. 176) Und: „Das Kommunalisierungsprojekt lässt sich nicht durch eine machtbasierte Durchsetzungsstrategie verwirklichen.“ (S. 177) Vielmehr gilt, dass „Lernprozesse eine notwendige Voraussetzung für eine zielbezogene Implementation (Erzeugung von Bindewirkungen)“ darstellen (S. 178).
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Elias, Norbert (2006): Was ist Soziologie? Frankfurt am Main: Suhrkamp. Stekeler-Weithofer, Pirmin (2011): Sinn. Berlin-New York: de Gruyter.
VII. Das „Gesundheitsnetz 2025“ der Stadt Zürich Zum „Gesundheitsnetz 2025“ der Stadt Zürich1, das ich (zusammen mit Clarissa Kurscheid) seit 2006 wissenschaftlich und organisationsberatend begleite, gibt es bislang kaum Literatur.2 Meine Erfahrungen mit dieser langfristigen strategischen Politik der Stadt Zürich fügen sich jedoch gut in das vorliegende Thema ein. Zentrales Ziel wird es auch hier sein, die Logik des sozialen Handelns im komplexen Mehr-Ebenen-System des Gesundheits- und Sozialwesens zu begreifen und sich auf eine entsprechende Praxiseinstellung vorzubereiten: Wandel-orientierte Gestaltung komplexer sozialer Systeme ist ein unwahrscheinlicher, aber nicht unmöglicher Fall. Verstanden werden muss die Bedeutung der sozialen Kompetenz, Organisationen nicht als triviale Maschinen zu verstehen, sondern als Mikrokosmos, der von Kultur gesteuert wird: Wandel lässt sich daher nur durch gelingende Kommunikation als Verschiebung von Wahrnehmungsschemata und als Bereitschaft zum Wandel der normativen Orientierungen choreographieren. 1. Strukturelle Hintergründe der Genese Soziale Morphologie im Wandel: Der Agglomerationsraum Zürich, trotz seiner Besonderheiten, teilt grundlegende Eigenschaften vieler sozialer Räume im soziodemographischen Wandel. Die Alterung, auch die Zunahme des höheren Alters oder gar der Hochaltrigkeit3, Wandel der sozialen Netzwerke, der Familien-, Lebens- und Wohnformen, also jener Strukturen und Prozesse, die sozialkapitaltheoretisch mit Blick auf soziale Integration, sozialer Unterstützung und Lebenslaufbewältigung ressourcenorientiert hoch relevant sind, charakterisieren das Geschehen. 1
Zur Situation in der Schweiz vgl. u. a. Kocher, Gerhard /Oggier, Willy (Hrsg.) (2010): Gesundheitswesen Schweiz 2010 – 2012. Bern: Huber; Malk, Rolf/Kampmann, Thorsten/Indra, Peter (Hrsg.) (2006): DRG-Handbuch Schweiz. Bern: Huber; Meyer, Katharina (Hrsg.) (2008): Gesundheit in der Schweiz. Nationaler Gesundheitsbericht 2008. Bern: Huber; Bailly, Antoine/ Bernhardt, Martin/Gabella, Mauro (Hrsg.) (2008): Für eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung in der Schweiz. 2., rev. u. erw. Aufl. Bern: Huber. Zur Wohlfahrtsstaatsentwicklung vgl. auch Moser, Julia (2008): Der Schweizerische Wohlfahrtsstaat. Zum Ausbau des sozialen Sicherungssystems 1975 – 2005. Frankfurt am Main-New York: Campus. 2 Vgl. in Amelung, Volker Eric/Deimel, Dominik/Reuter, Wolfgang/Rooij, Norbert/Weatherly, John (Hrsg.) (2008): Managed Care in Europa. Berlin: MWV. Vgl. nun auch Kurscheid, Clarissa/Schulz-Nieswandt, Frank/Eisenring, Claudia (2011): Das Gesundheitsnetz 2025. Die Stadt Zürich setzt Impulse in der Bewältigung des gesellschaftlichen Wandels. In: Care Management 4 (5), S. 5 – 7. 3 Petzold, Hilarion G./Horn, Erika/Müller, Lotti (Hrsg.) (2010): Hochaltrigkeit. Herausforderung für persönliche Lebensführung und biopsychosoziale Arbeit. Wiesbaden: VS.
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Begleitprozess des sozio-demographischen Wandels ist die „epidemiologische Transition“: der Wandel des Krankheitspanoramas oder weniger medizinzentriert formuliert: die Herausbildung von chronifizierten Erkrankungen4, oftmals im Rahmen des Auftretens von Multi-Morbidität, von funktionellen Alltagsbeeinträchtigungen (Hilfe- und Pflegebedürftigkeiten5), von verschiedenen Formen (meist spät erworbener) Behinderungen, von Formen starker kognitiver Beeinträchtigungen (vor allem die Herausforderungen der Alzheimer Demenz) und von psycho-sozialen Begleitbedarfen. Dabei bilden sich nosologisch komplexe Schnittmengen heraus. Hinzu kommen im Kontext von urbaner Entwicklung Formen sozialer Ungleichheit, in den Ausdrucksformen der klassischen sozialen Schichtung und im Kontext von Migrationshintergründen. In der sozialen Wirklichkeit formen sich derartige komplexe Lebenslagen immer höchst individuell aus. Das Messie-Phänomen6 ist ein bedeutsames Beispiel für diese personale Seite der allgemeinen sozialwissenschaftlichen Diagnose. Blickt man nun auf das System der medizinischen Versorgung, so wird ein Wandelbedarf im Lichte dieser sozio-demographischen und epidemiologischen Transitionen evident. Das Gesundheitswesen ist sektoral (intra- wie trans-sektoral), funktional und professionenbezogen ausgeprägt fragmentiert und wirft an den brüchigen Schnittstellen im Versorgungspfad von Personen mit komplexen Bedarfslagen nicht nur Kostenprobleme, sondern auch Versorgungsqualitätsdefizite auf. Hinzu kommen prognostizierte Probleme wie z. B. ein Mangel hausärztlicher Versorgung und Sog-Effekte in den Hospitalsektor. Ein Grundproblem, das allerdings bereits mit dem Hinweis auf die brüchige trans-sektorale und mangelnde multiprofessionelle Kooperations-, Integrations- und letztlich Versorgungskultur angesprochen ist, ist der verengte medizinische Blick auf die komplexen Lebenslagen, die doch, ohne in Esoterik zu versinken, eher ein ganzheitliches bio-psycho-soziales Verständnis benötigen. Damit ist die Bedeutung einer pflegebezogenen Diagnostik7
4 Günster, Christian/Klose, Joachim/Schmacke, Norbert (Hrsg.) (2010): Versorgungs-Report 2011. Schwerpunkt: Chronische Erkrankungen. Stuttgart-New York: Schattauer; Schaeffer, Doris (Hrsg.) (2009): Bewältigung chronischer Krankheit im Lebenslauf. Bern: Huber. 5 Höpflinger, Francois/Hugentobler, Valérie (2005): Familiale, ambulante und stationäre Pflege im Alter. Perspektiven für die Schweiz. Bern: Huber; insgesamt vgl. Schaeffer, Doris/ Wingenfeld, Klaus (Hrsg.) (2011): Handbuch Pflegewissenschaft. Neuausgabe. WeinheimMünchen: Juventa. 6 Pritz, Alfred/Vykoukal, Elisabeth/Reboly, Katharina/Agdari-Moghadam, Nassim (Hrsg.) (2008): Das Messie-Syndrom. Phänomen, Diagnostik, Therapie und Kulturgeschichte des pathologischen Sammelns. Wien: Springer. 7 Stolte, Karen M. (2011): Pflegediagnosen in der Gesundheitsförderung und Patientenedukation. Bern: Huber.
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und insgesamt eines sozialen und kompetenzbezogenen Assessments8 des lebensweltlich eingebetteten, alltäglich verstrickten personalen Seins des konkreten Menschen notwendig. Diskursentwicklungen: Im Hintergrund kommen drängende normative Diskurse hinzu. Die Empowerment-Orientierung9 in Verbindung mit Community Care-Ideen10 verdeutlichen sozialräumlich den notwendigen Gemeinde-, konkreter den Stadtteil-, Quartiers- und Wohnumfeldbezug der vernetzten Hilfen, die nicht (mehr) nur Behandeln und Versorgen bedeuten, sondern auch fördern und beraten. Es geht, im Lichte des anerkennenden Respekts11 des personalen Gegenübers in der dialogischen Existenz von Ich und Du, um die Orientierung auf „Hilfe zur Selbsthilfe“, auf die Ermöglichung von Persönlichkeitswachstum als Grundlage von individueller Lebensqualität, die als personal erlebtes resilientes und Kohärenz-fundiertes Geschehen von Fähigkeiten des Selbstmanagements, des Erwerbs von Kontroll(kompetenz) erlebnissen, des Selbstwertgefühls und des Selbstbewusstseins, aber auch (und konstitutiv) vom Erleben sozialer Einbettung und sozialer Wertschätzung gekennzeichnet ist. Vor diesem komplexen Wandel der sozialen Morphologie der modernen Gesellschaft und der diskursiven Paradigmenwandlungen im Gesundheits- und Sozialwesen hat sich ein Bewusstsein von der politischen Mit-Verantwortung der Stadt Zürich, hier vor allem des Gesundheits- und Umweltdepartements, entwickelt. Welche Impulse kann die Stadt geben, um die Entwicklung im komplexen Feld des Gesundheitswesen im Lichte der skizzierten drängenden Probleme so zu Innovationen anzutreiben, dass mit einem mittel- bis längerfristigen Blick (Zeithorizont 2025) eine bedürfnis- und bedarfsgerechte und zugleich kosten-effektive Passung von „Versorgungslandschaft“ einerseits und den Herausforderungen der sich wandelnden Alters- und Sozialstruktur andererseits erzielt wird? Die Implementation der DRG-Finanzierung im Hospitalsektor: Die Pauschalvergütung der betrieblichen Krankenhauskosten auf der Basis diagnosebezogener Patientenklassifikationssysteme verkürzt die Verweildauer im Krankenhaus deutlich. Genau dieser ökonomisch erwünschte Effekt wirft kritisch (man darf ruhig 8 Reuschenbach, Bernd/Mahler, Cornelia (Hrsg.) (2011): Pflegebezogene Assessmentinstrumente. Bern: Huber. 9 Herriger, Norbert (2010): Empowerment in der Sozialen Arbeit. Eine Einführung. 4., erw. u. aktual. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer. 10 Aselmeier, Laurenz (2007): Community Care und Menschen mit geistiger Behinderung. Gemeinwesenorientierte Unterstützung in England, Schweden und Deutschland. Wiesbaden: VS; Becker, Thomas/Hoffmann, Holger/Puschner, Bernd/Weinmann, Stefan (2008): Versorgungsmodelle in Psychiatrie und Psychotherapie. Stuttgart: Kohlhammer; Clausen, Jens/Eichenbrenner, Ilse (2010): Soziale Psychiatrie. Grundlagen, Zielgruppen, Hilfeformen. Stuttgart: Kohlhammer. 11 Kleine Schaars, Willem (2010): Begegnen mit Respekt. Wege zwischen Überbehütung und Überforderung in der sozialen Arbeit, in Kliniken, Schulen und Familien. Tübingen: DGVT.
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sagen: mit ethischer Evidenz12) Fragen hinsichtlich der Optimierung der Versorgungspfade und des optimalen Übergangsmanagements an den Schnittstellen der Institutionen und Sektoren auf.13 Integrationsversorgung ist daher die Kehrseite von Pauschalvergütungen und Sektorbudgetierungen. Insbesondere Fragen der Entlassungsqualitätssicherung, der optimalen Überleitung und der Sicherstellung einer lebensweltlich vernetzten Rückkehr „nach Hause“ (also zurück in die häuslichen Situationen) stellen nicht undramatisch wichtige Aufgaben dar. Auch die Praxis des Pendelns demenzkranker alter Menschen zwischen Krankenhaus und Pflegeeinrichtung wird man kaum als gelungen einstufen können.14 Orientierungen an integrierter Versorgung: Es lag nahe, die (international) schon seit Jahren zunehmende Orientierung auf „integrierte Versorgung“15 konzeptionell aufzugreifen, diese aber noch stärker auf die sich wandelnde Alters16- und Sozialstruktur zielgruppenorientiert und dennoch mit Blick auf die allgemeine Versorgungslandschaft für die ganze Population im Agglomerationsraum weiterzudenken. Die aufgekommenen Debatten zentrierten sich um Konzeptbegriffe von Care Management und Managed Care. In der strategischen Orientierung der Stadt Zürich standen nun weniger die versicherungsträgerschaftlichen Interessen an einem Vertragsmanagement mit den (stärker zu vernetzenden) Leistungsanbietern im Vordergrund, sondern vielmehr und unmittelbar die Vernetzung der Strukturen und Prozesse selbst, um aus Sicht der Versorgungsqualität bessere Outcomes zu erwirken. Die Kosten-Effektivitäts-Wirkungen standen dabei nicht außerhalb der Reflexion, aber eben auch nicht im Vordergrund. Formen der Vernetzung: Vernetzung in der „Versorgungslandschaft“ kann nun viele Formen meinen und annehmen. Die Vernetzung kann eher informell oder eher formell Gestalt annehmen. Bereits die Einführung von Konferenzkulturen („Runde 12
Wild, Verina/Pfister, Eliane/Biller-Andorno, Nikola (Hrsg.) (2011): DRG und Ethik. Ethische Auswirkungen von ökonomischen Steuerungselementen im Gesundheitswesen. Muttenz: Schweizerischer Ärzteverlag. 13 Braun, Bernhard/Buhr, Petra/Klinke, Sebastian/Müller, Rolf/Rosenbrock, Rolf (2009): Pauschalpatienten, Kurzlieger und Draufzahler – Auswirkungen der DRGs auf Versorgungsqualität und Arbeitsbedingungen im Krankenhaus. Bern: Huber; Rau, Ferdinand/Roeder, Norbert/Hensen, Peter (Hrsg.) (2009): Auswirkungen der DRG-Einführung in Deutschland. Stuttgart: Kohlhammer. 14 Anderson, Dörte (2010): Demenz und Überleitung zwischen Krankenhaus und Pflegeeinrichtung. Berlin: LIT. 15 Amelung, Volker Eric/Eble, Susanne/Hildebrandt, Helmut (Hrsg.) (2011): Innovatives Versorgungsmanagement. Neue Versorgungsformen auf dem Prüfstand. Berlin: MWV; Hellmann, Wolfgang (Hrsg.) (2011): Handbuch Integrierte Versorgung. 32. Aufl. Loseblattsammlung. Heidelberg: medhochzwei Verlag; Hellmann, Wolfgang/Eble, Susanne (Hrsg.) (2009): Gesundheitsnetzwerke initiieren. Kooperationen erfolgreich planen. Berlin: MWV; Hellmann, Wolfgang/Eble, Susanne (Hrsg.) (2010): Ambulante und Sektoren übergreifende Behandlungspfade. Berlin: MWV; Rekittke, Arnold (2011): „Integrierte Versorgung“. Qualitätsdefizite im Gesundheitssystem. Hamburg: VSA. 16 Mayr, Margit/Lehner, Markus (2009): Herausforderungen der Integrierten Versorgung im Alter. Probleme und Perspektiven. Gelnhausen: Wagner.
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Tische“17) kann eine erste Stufe der Vernetzung zum Ausdruck bringen. So können Kommunikationsräume eröffnet werden, die kollektiv geteilte Situationsdiagnosen und gemeinsam anvisierte Orientierungspfade des feldgestaltenden Handelns generieren und strukturell bahnen können. Die Betonung liegt auf „können“, denn diese Prozesse sind höchst voraussetzungsvoll und, systemtheoretisch gesprochen, unwahrscheinlich, aber eben nicht unmöglich. Vernetzung kann aber auch Teil eines strategischen Vertragsmanagements werden, kann aber auch bedeuten, in trägerschaftlicher Eigenregie sein Geschäftsmodell der Versorgung und Behandlung auszudehnen. Dies kann intra-sektoral (z. B. innerhalb des ambulanten Sektors) oder auch trans-sektoral (Schnittstelle zwischen dem ambulanten und dem stationären Medizinsektor) verlaufen. Trans-Sektoralität kann auch den Medizinsektor übersteigen und Leistungsprozesse des Pflege- und Sozialwesens, die medizinkomplementär, aber von eigenständiger und wesentlicher Bedeutung sind, integrieren. Vernetzung kann aber auch bedeuten, dass sich neue Betriebsformen (wie die MVZ18) herausbilden, die in sich bereits multi-professionell sind und somit auf Deckung komplexer Bedarfe funktional abstellen. Vernetzung kann sich, z. B. mit Blick auf klinische Behandlungspfade, auch auf einzelne komplexe Einrichtungen (wie ein Krankenhaus), also intra-institutionell, beziehen19. An dem Punkt der Krankenhausentlassung20 oder der Rehabilitationsüberleitung kristallisiert sich aber sofort eine trans-sektorale Schnittstelle, die optimiert werden muss (entweder intern durch die haus-eigene Sozialarbeit21 oder extern oder eben auch im multi-zentrischen Zusammenspiel interner wie externer Fallsteuerungen).22 Letztendlich dreht sich alles um die Multi-Disziplinarität im Zusammenarbeiten angesichts der Komplexität der Pfade und Bedarfe der Patienten.23 17
Vgl. dazu Thomsen, Kristina/Steets, Julia/Nashat, Bidjan (2010): Runde Tische erfolgreich durchführen. Bonn: Stiftung Mitarbeit. 18 Wigge, Peter/Leoprechting, Gunter von (Hrsg.) (2010): Handbuch Medizinische Versorgungszentren. Stuttgart: Kohlhammer. 19 Kahla-Witzsch, Heike A./Geisinger, Thomas (2004): Clinical Pathways in der Krankenhauspraxis. Ein Leitfaden. Stuttgart: Kohlhammer. 20 Wiedenhöfer, Dirk/Eckl, Barbara/Heller, Regula/Frick, Ulrich (Hrsg.) (2010): Entlassungsmanagement. Versorgungsbrüche vermeiden, Schnittstellen optimieren. Bern: Huber; Wingenfeld, Klaus (2005): Die Entlassung aus dem Krankenhaus. Bern: Huber. 21 Greuèl, Marius/Mennemann, Hugo (2006): Soziale Arbeit in der Integrierten Versorgung. München: Reinhardt (UTB). 22 Büchner, Julia (2008): Integriert versorgen – kooperativ (be)handeln. Netzwerke der Integrierten Versorgung aus der Perspektive eines Krankenhauses. Marburg: Tectum; Bühler, Ernst (Hrsg.) (2011): Überleitungsmanagement und Integrierte Versorgung. Brücke zwischen Krankenhaus und nachstationärer Versorgung. 2., überarb. u. erw. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer. 23 Dykes, Patricia C./Wheeler, Kathleen (Hrsg.) (2002): Critical Pathways – Interdisziplinäre Versorgungspfade. Bern: Huber.
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2. Die Konturen der Politik der Impulse zur Veränderung des Feldes Die Innovationsstrategie der Stadt Zürich: Die Impulse der Stadt Zürich haben sich hier vor dem Hintergrund dieser Vielfalt der Möglichkeiten in verschiedener Ausdrucksform entwickelt. Mit der Kommunikationsplattform und der erfolgten Vereinsbildung wurde einerseits auf zunächst informelle, dann etwas stärker institutionalisierte Formen der Etablierung eines Kommunikationsraumes gesetzt. Man wird hier nüchtern bleiben müssen: Es geht zunächst um Mikropolitik der Aushandlung von Pareto-Veränderungsräumen, in denen sich keiner schlechter stellen kann, wenn sich einige dabei besser stellen. Oder umgekehrt: Es darf sich nur solange eine Person verbessern, bis sich dadurch keine andere Person verschlechtert. Andererseits hat die Stadt in verschiedenen Konstellationen von Finanzierung und trägerschaftlicher Anbindung und Organisation auch „Pilotprojekte“, einschließlich wissenschaftlicher Begleitforschung, konzipiert und in die Wege geleitet. Die Pilot-Projekte selbst und ihre Begleitforschungen wurden wiederum wissenschaftlich begleitet und dabei wurde der Austausch zwischen den Piloten sowie die Rückbindung zur Idee des ganzen „Gesundheitsnetz(es) 2025“ gefördert und gepflegt. Der Austausch bezog sich auf Erfahrungen zur Projekt- und Projektorganisationsentwicklung, tauschte also Erkenntnisse aus den jeweiligen Pilotbiographien aus, bezog sich aber auch auf den wissenschaftlichen Austausch im Lichte der Begleitforschungen, und diese wiederum befunde- wie methodenorientiert. Ein wichtiges Ergebnis war z. B. die erfolgreiche Optimierung der Nutzer-Triage zwischen den Piloten. Die Trennschärfe der Projekte schloss somit nicht aus, dass in der Schnittmenge der Erstkontaktaufnahme oder bei der Zuweisung von Nutzern in kooperativer Kultur im Interesse der Nutzer eine optimale Triage erfolgte. Dies setzt Vertrauen, aber auch gemeinsame Identifikation mit den auf das gesamte Problemfeld bezogenen Zielsetzungen voraus. Die Piloten haben ganz verschiedene aufgabenorientierte Konstruktionen und verorten sich in der Situationsanalyse des Gesundheitswesens auch an jeweils anderer Stelle. Das Waid-Projekt zentriert sich um die Frage der Optimierung der Patientenströme in der Notfallversorgung zwischen ambulantem und stationärem Sektor. Dazu ist zur Realisierung der Filterfunktion eine eigene Notfallversorgunsgbetriebsform entwickelt und am Waid-Spital angekoppelt worden. Die vorgängigen Aushandlungsprozesse mit den niedergelassenen Ärzten und ihren Organisationen waren schwierig, letztlich aber erfolgreich. Die anderen Piloten, und dies ist nun aus der Sicht der oben knapp skizzierten Hintergrundsentwicklung von Care Management-Ideen bedeutsam, sind Varianten von Case Management-Projekten, die aber immer zugleich an Schnittstellenproblemen der Sektoren, der Institutionen und der Professionen anknüpfen. Selbstverständlich ist diese Mischung von Care- und Case-Orientierungen nicht. Lange Zeit verstand man mitunter unter Case Management in der Tradition der Methodenlehre sozialer Arbeit die bedürfnisbezogen höchst individualisierte „Hil-
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feplanung“ und auf dieser Grundlage die Vernetzung der Hilfeangebote.24 Care Management ist, zunächst abstrahierend vom Einzelfall, die vertragliche oder eigentumsrechtliche Vernetzung von etablierten Anbietern, ihrer Einrichtungen, Diensten, Professionen und „Produkten“ (eventuell gerade unter dem selektivvertraglichen „Einkaufs“-Regime der Versicherungen25). Es zeichnet sich hier nun aber ab, wie zutiefst komplementär die Care- und die Case-Orientierung aufgestellt sind. Die Überwindung, denkt man die Versorgungsprozesse kaskadenartig oder episodisch, brüchiger Patientenversorgung kann sowohl von der Anbieter- als auch von der Nachfrager-Seite angegangen werden. Das individuelle Case Management hat es jedoch viel einfacher, wenn das System nicht mehr so fragmentiert ist. Vor allem kann das Case Management im Rahmen neuer Betriebsformen ja selbst integriert sein in neuen Formen integrierter Versorgung. Umgekehrt bedarf jedes populationsund damit auf den Sozialraum insgesamt bezogene System der Gewährleistung integrierter Versorgung (vgl. das Versorgungsmodell Gesundes Kinzigtal: www.gesundes-kinzigtal.de) den Blick auf den lebenslagenbiographisch je personal eigenen Fall. Die Case Management-Projekte sind trennscharf definiert, was, so die gemachte Erfahrung, nicht ausschließt, dass man offensive soziale Marketingkampagnen26 realisieren muss, wobei die Gesamtaufstellung der Pilotprojekte einschließlich der Profilunterschiede transparent transportiert werden müssen. Vor allem die schwierige Beziehung zu den Überweisern oder Fall-Zuweisern hängt vom Gelingen dieser Transparenz ab. Denn es geht hier um Akzeptanz als Voraussetzung der Kooperationskultur. Es sei aber auch bereits angedeutet, dass die Kooperationskultur nicht nur eine Frage rationaler Informiertheit ist. Interessens- und vor allem ökonomisch bedingte Ängste spielen ebenso eine Rolle wie professionenspezifische Wahrnehmungsschemata. Derartige kulturelle Skripte sind ungleich schwerer aufzubrechen als die Befriedigung von Informationsbedürfnissen zu sichern ist. Die Projekte sind trennscharf, weil sie sich um unterschiedliche Zielgruppen und Aufgabenschwerpunkte zentrieren.
24 Ewers, Michael/Schaeffer, Doris (Hrsg.) (2005): Case Management in Theorie und Praxis. 2., erg. Aufl. Bern: Huber; Klie, Thomas/Monzer, Michael/Roccor, Bettina (2011): Case Management und Pflege. Heidelberg: medhochzwei Verlag; Wendt, Wolf Rainer (2010): Case Management im Sozial- und Gesundheitswesen. Eine Einführung. 5., aktual. Aufl. Freiburg i. Br.: Lambertus. 25 Paquet, Robert (2011): Vertragswettbewerb in der GKV und die Rolle der Selektivverträge. Nutzen und Informationsbedarf aus der Patientenperspektive. Expertise im Auftrag der Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung. WISO Diskurs. Gesprächskreis Sozialpolitik. Friedrich Ebert Stiftung. Bonn. 26 Sen, Akin (2006): Strategisches Sozialmarketing am Beispiel der stationären Altenpflege. Berlin: LIT.
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LEILA: Das Projekt LEILA konzentriert sich auf das Programm einer Patientenedukation27 chronisch kranker Menschen28 unter Einbezug von ANP-Kompetenzen29. Allein die Medikamentennutzung ist im Alltag der Menschen ein oftmals großes Problem.30 Wer hier vereinfacht von einem „Compliance“-Problem31 spricht, verkennt die Kommunikationsproblematik und reduziert das (ökonomisch durchaus nicht unwichtige) Thema auf einen Bruch in den Autoritätsbeziehungen im ArztPatienten-Verhältnis32. Ich möchte einige Aspekte zu LEILA vertiefen, da die dort gemachten Erfahrungen zur inter-professionellen Kooperationskulturbildung allzu typisch sind. Es handelt sich einerseits um Erfahrungen zur optimalen betriebsmorphologischen Einbettung von LEILA, zum anderen handelt es sich um Fragen der berufsprofessionellen Selbstaufstellung von LEILA. Die Erfahrungen machen deutlich, wie wichtig es ist, dass ANP organisch in die medizinische Behandlungspraxis (Gruppenpraxis) eingebunden sind (was als vertikale Integration zu verstehen ist) und nicht platziert ist als davon getrennte Kaskade, zu der man über-leitet. Damit würde in der Tat nur eine erneute Fragmentierungslinie (Schnittstelle) eröffnet, die die Brüchigkeit der Patientenpfade erhöht und so auch personal erlebbar werden würde. ANP muss organisch integrierter Teil des medizinischen Geschehens sein. Genau an diesem Punkt wird auch tiefgreifend reflexiv die Notwendigkeit, aber auch die Chancen eines Kulturwandels der Medizin deutlich, die sich hierbei als multi-disziplinärer als üblich entwickeln könnte. ANP muss endogener Teil der Medizin sein, die dadurch auch ihren medizinkulturellen Charakter wandeln kann. Bereits ein Blick in die konzeptionsbezogenen Forschungsliteratur würde überaus deutlich machen, wie anspruchsvoll die professionellen Rollenbeschreibungen für ANP sind. So lässt sich nun deutlich erkennen, dass sich nicht-triviale, sondern 27 Gossens, Johanna (2009): Wie Pflegekräfte Patienten und ihre Familien unterstützen können. Praxisbeispiele aus der Patienten- und Familienedukation. Hannover: Schlütersche; Klug Redman, Barbara (2008): Selbstmanagement chronisch Kranker. Chronisch Kranke gekonnt einschätzen, informieren, beraten und befähigen. Bern: Huber; Klug Redman, Barbara (2009): Patientenedukation. Kurzlehrbuch für Pflege- und Gesundheitsberufe. 2., vollst. überarb. Aufl. Bern: Huber; London, Fran (2010): Informieren, Schulen, Beraten. Praxishandbuch für Patientenedukation. 2., durchges. u. erg. Aufl. Bern: Huber. 28 Fitzgerald Miller, Judith (2003): Coping fördern – Machtlosigkeit überwinden. Hilfen zur Bewältigung chronischen Krankseins. Bern: Huber. 29 Schober, Madrean/Affara, Fadwa (2008): Advanced Nursing Practice (ANP). Bern: Huber. 30 Haslbeck, Jörg (2010): Medikamente und chronische Krankheit. Selbstmanagementerfordernisse im Krankheitsverlauf aus Sicht der Erkrankten. Bern: Huber. 31 Braun, Bernard/Marstedt, Gerd (2011): „Non-Compliance“ bei der Arzneimitteltherapie: Bessere Patienteninformationen sind überfällig. In: Gesundheitsmonitor. Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der Barmer GEK. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung. 32 Veit, Iris (2010): Praxis der Psychosomatischen Grundversorgung. Die Beziehung zwischen Arzt und Patient. Stuttgart: Kohlhammer.
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außerordentlich komplexe und schwierige Fragen hinsichtlich der professionellen Rollenidentitätsfindung ergeben. Der Eindruck kann sich ergeben, LEILA in diesem Lichte nicht nur versorgungspolitisch als wirkungsorientiertes Pilotprojekt im Rahmen neuer Leistungsgebilde im Kontext vernetzter Versorgungslandschaften zu verstehen, sondern als ein überaus spannendes experimentelles Lernfeld zur Definition von Aufgabenprofilen von ANP. Deutlich wird hierbei jedoch auch ein gravierendes Problem. SelbstmanagementSchulung sei mehr als technische Wissensvermittlung; die Arbeit mit psychologisch gesehen zum Teil sehr schwierigen Patienten wirft aber auch Fragen der Machbarkeit auf. Machbarkeit bezieht sich hier auf den Aufwand einer sich abzeichnenden Langzeitbegleitung, aber auch auf die dazu erforderlichen psychologischen Kompetenzen. Das bedeutet, anders ausgedrückt, eine erhebliche Portion an professioneller Unsicherheit und Vorläufigkeit, da sich die Arbeitsprofile wohl erst suchend im Rahmen der Projektbiographie ergeben. Fragen projektübergreifender und auf Verallgemeinerung der Erfahrungen gerichtete Erkenntnisse bleiben davon allerdings zunächst unberührt. Im LEILA-Projekt wird erkennbar, wie schwer es ist, Begrenzungen der eigenen ANP-Arbeits- und Aufgabenprofile zu definieren und faktische Arbeitsgrenzen einzuziehen. Zumindest ist dies nicht einfach. Die Abgrenzung zur fachpsychologischen Arbeit, aber auch zu psychologisch fundierter, aber nicht unbedingt fachpsychologischer Coaching33-Arbeit sind erkennbar. Es zeichnen sich Kompetenzprofile ab, die notwendig sind, aber eventuell auch die pflegefachwissenschaftliche ANP-Qualifikation transzendieren – zumindest stellen sich diese Fragen einer Selbst-Achtsamkeit. Eine antwortsuchende Positionierung mag allerdings nach jetzigem Beurteilungsstand überaus ergebnisoffen sein. Dies folgt aus den dargelegten Selbst-Ansprüchen an individuell angepasste Interventionen. Insofern muss kritisch nachgefragt werden, wie gut die selbst ausformulierte Notwendigkeit funktioniert, PatientInnen weiterzuleiten, wenn LEILA an fachliche Grenzen bei Menschen mit psychischen Problemen stößt. Fallkonferenzen dürften hierbei eine Schlüsselfunktion haben. Derlei Fragen stellen sich organisationsbezogen natürlich als Fragen der optimalen Weiter-Leitung von Patienten, auch zwischen den Case ManagementProjekten LEILA, SIL, SALUTE und KOMPASS. Doch bleibt die Frage der angemessenen Einschätzung, ob und wann weitergeleitet wird, im Einzelfall ein Thema. Der betriebsmorphologische Aspekt verweist darauf, dass auch die Fragen einer Andockung an den stationären Sektor (Krankenhäuser, hier vor allem im Zusam33 Schmidt-Lellek, Christoph J./Schreyögg, Astrid (Hrsg.) (2011): Philosophie, Ethik und Ideologie in Coaching und Supervision. Wiesbaden: VS.
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menhang mit dem Spitalaustritt, da sich hier Fragen der Drehtür-Effekte, aber auch der Nachhaltigkeit insgesamt ergeben) durchaus zu klären sein werden. Der professionenpsychologische Aspekt erfordert eine tiefgreifendere Diskussion, um hier die weiteren Erfahrungen achtsam zu begleiten. Dabei geht es nicht nur um Fragen horizontaler Aufstellung mit Blick auf weitere Professionen wie die medizinischen Praxisassistentinnen; die eigene Profilsituation muss selbstkritisch analysiert werden. SIL: Das Projekt SIL hat sich auf die beratende und schulende Förderung von Angehörigen von Demenzkranken34 im Frühstadium35 fokussiert. KOMPASS: Das Projekt KOMPASS ist konzentriert auf komplexe Lebenslagen von Menschen, die (als „schlechte Risiken“) „aus-triangiert“36 sind, die im medizinischen System austherapiert sind, oftmals psychiatrische Diagnosen aufweisen und schwerwiegende psychosoziale Begleitbedarfe aufweisen.37 Das Messi-Phänomen38 siedelt sich hier an. Gerade hier, im Fall der austherapierten „schlechten Risiken“, dürfte die Rolle des Staates, die Fälle zu übernehmen, im Sinne nicht nur des Marktversagens, sondern des Fehlens eines marktlichen Interesses an der Bereitstellung der Dienstleistung, unstrittig sein. Strittig wird es immer dort, wo die Situation agonal wird, also dort, wo es um die Frage geht: „Wem gehört (ökonomisch) der Patient“?! SALUTE: SALUTE ordnet sich als Projekt in einem breiteren Beratungsspektrum an, hat aber ein besonderes Profil, da es sich um ein Projekt handelt, dass unter dem Dach des Schweizerischen Roten Kreuzes geschultes bürgerschaftliches Engagement in die Beratungsleistungen integriert. Insofern handelt es sich hier um ein besonderes Public-Private-Partnership-Modell mit Bezug zum „Dritten Sektor“.39 34 Seidl, Elisabeth/Labenbacher, Sigrid (Hrsg.) (2007): Pflegende Angehörige im Mittelpunkt. Studien und Konzepte zur Unterstützung pflegender Angehöriger demenzkranker Menschen. Wien: Böhlau; vgl. auch Koppelin, Frauke (2008): Soziale Unterstützung pflegender Angehöriger. Theorien, Methoden, Forschungsbeiträge. Bern: Huber. 35 Moniz-Cook, Esme/Manthorpe, Jill (2010): Frühe Diagnose Demenz. Rechtzeitige evidenzbasierte psychosoziale Interventionen bei Menschen mit Demenz. Bern: Huber. 36 Weber-Halter, Edith (2011): Praxishandbuch Case Management. Professioneller Versorgungsprozess ohne Triage. Bern: Huber. 37 Faulbaum-Decke, Wolfgang/Zechert, Christian (Hrsg.) (2010): Ambulant vor stationär. Psychiatrische Behandlung durch integrierte Versorgung. Bonn: Psychiatrie Verlag. 38 Steins, Gisela (2003): Desorganisationsprobleme: Das Messie-Phänomen. Lengerich: Pabst Science Publishers; Steins, Gisela/Gerger, Heike/Kley, Hann/Nerowski, Rainer/Stahn, Doreen/Todorovski, Monika/Vielhaber, Tobias (2004): Aber Messie bin ich noch! Eine Interventionsfallstudie zum Messie-Phänomen. Lengerich: Pabst Science Publishers. 39 Stadelmann-Steffen, Isabelle/Traunmüller, Richard/Gundelach, Birte/Freitag, Markus (2010): Freiwilligen-Monitor Schweiz 2010. Zürich: Seismo; Helmig, Bernd/Lichtsteiner, Hans/Gmür, Markus (Hrsg.) (2010): Der Dritte Sektor der Schweiz. Bern: Haupt; Vgl. insgesamt Schulz-Nieswandt, Frank/Köstler, Ursula (2011): Bürgerschaftliches Engagement im Alter. Stuttgart: Kohlhammer.
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Zur Ausgangslage der schwierigen Strategieimplementation: Es war der Stadt Zürich von Beginn an klar, dass eine impulsgebende Gestaltungsrolle der Politik auf Akzeptanzprobleme stößt. Ordnungspolitisch ist eine aktive Rolle des Staates immer umstritten (Kritik der „Staatsmedizin“). Und insgesamt ist das Feld pfadabhängig40 durchstrukturiert. Die Politische Ökonomie41 der (Einkommens-)Interessen ist auf Erhalt der gewachsenen Strukturen und auf Kapazitätsauslastung gegebener Angebotsstrukturen abgelegt. Hinzu kommen tief verankerte berufsgruppenspezifische Statusinteressen, Interessen an Machtpositionen und Hierarchiearchitekturen auf allen Ebenen und in allen institutionellen Handlungskontexten. Die Entwicklungsblockaden sind kulturell tief verankert in den professionellen Handlungslogiken („kulturelle Skripte“); die Organisationen folgen ihren eigenen Sinnlogiken; das auf Innovationen abstellende Governance der gesamten kommunalen Akteurskonstellation im Lichte von diesen Situationsspezifika ist nicht trivial. Das Feld ist beherrscht von ökonomischen Ängsten (Substitutionsängste) und von kompetenzbezogenen Kränkungserwartungen (Verlust an sozialem Status infolge der funktionalen Autoritätsrolle). Insofern lenkt die kulturelle Grammatik der Barrieren sozialen Wandels den Blick auf eine Psychogrammatik der Ängste und Kränkungen, die erneut auf die Notwendigkeit einer achtsamen Kommunikationspolitik verweist. Es geht darum, Vertrauen und in diesem erarbeiteten Kontext sodann neue, kollektiv geteilte Werte-orientierte normative Handlungsorientierungen zu generieren. Aspekte projektbiographischer Erfahrungen im Feld der komplizierten Akteurskonstellation: Es hat sich in der Projektbegleitung und auch in der Begleitung der Projektbegleitforschung gezeigt, wie wichtig es ist, die „Pflanzung“ von innovativen Pilotprojekten im (ökonomisch wie normativ) vor-strukturierten Feld durch ein vorgängiges soziales Marketing42 kommunikativ zu präparieren. Was sich auf dem ersten Blick oberflächlich als Informationspolitik im Feld erweist, ist auf einem zweiten Blick das Gewinnen der Stakeholder (vor allem als Fall-zuweisende Akteure), ein Problem, das auf tiefsitzende Skepsis der etablierten Feldspieler verweist und Ideen-orientierte kulturelle Überzeugungsarbeit gelingend kommunikativer Art benötigt. Eine allgemeine kommunikative Politik der Transparenz erweist sich als Minimum redlicher Offenheit; eine Arbeit an gemeinsamen Situationsdeutungen und gemeinsam normativ geteilten Vorstellungen über die zukünftig (gemeinsam) zu gehenden Pfade der Fortentwicklung des Feldes muss das eigentliche Ziel gelingender politischer Gestaltung sein. Ohne, als Einsicht in das antike Erbe der politischen Theorie, Tugenden des Interesses am Gelingen des Gemeingutes geht es dabei nicht. Ideenwettbewerb in pädagogischer Absicht bleibt dabei ein Hinweis auf die Eigenschaft der Situation als „kooperativer Wettbewerb“; mit Harmonie in einem traditionalen Weltbildverständnis hat die spannungsreiche Situation des – kulturel40 41
VS. 42
Beyer, Jürgen (2006): Pfadabhängigkeit. Frankfurt am Main-New York: Campus. Dehling, Jochen/Schubert, Klaus (2010): Ökonomische Theorien der Politik. Wiesbaden: Kortendieck, Georg (2011): Marketing im Sozialen Bereich. Augsburg: ZIEL.
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len, durchaus die gewachsenen sozialen Identitäten der Akteure betreffenden – Change Managements nichts zu tun. Nur angedeutet werden kann ferner die Erfahrung, dass Piloten im Zuge ihrer „Pflanzung“ ins Feld nochmals oftmals nicht unbedingt absehbare, ungeplante Entwicklungen – eben eigene Projektbiographien – entwickeln. Insofern geht es bei der Evaluation43 nicht nur um die eingangs anvisierten (gesundheitsökonomischen oder versorgungsqualitätsbezogenen) Outcomes, sondern auch um die betriebsförmige Organisationsentfaltung als Gestaltwerdung der Projekte in ihrer jeweiligen Authentizität selbst. Die Projekte müssen sich in Wechselwirkung zur Umwelt auch endogen erst konkretisieren. Eine automatische Umsetzung von architektonischplanerischen „Blaupausen“ erweist sich als falsche – am sozialreformerischen Mythos des „social engineering“ orientierte – Vorstellung von Implementationen von innovativen Projekten in vor-strukturierten Handlungsfeldern und unterschätzt die Komplexität der Lernprozesse in den Interaktionen von Projekt und Umwelt. Allgemeines Fazit mit Blick auf Theorieaspekte einer Politik der Impulse zur Veränderung von „Versorgungslandschaften“: Die Bearbeitung zahlreicher rechtlicher und ökonomischer Rahmenbedingungen erweist sich als notwendige Voraussetzung des Gelingens von Innovationen in Richtung auf integrierte Versorgungslandschaften. Hinreichende Bedingung des Gelingens ist jedoch die Bahnung eines Kulturwandels des Feldes. Mentale Modelle, habituelle Praktiken, institutionelle Logiken und routine-fixierte Akteursnetzwerke müssen in Bewegung geraten.44 Deshalb erweist sich der Wandel auf kommunaler Ebene als Aufgabe einer Choreographie, als kommunikative Inszenierung eines Wandels der Haltungen, der Denkstile, der Wahrnehmungsschemata, der orientierenden Zukunftsvisionen. Es ist notwendig, diese Pfade in die Zukunft als ökonomische „win-win“-Situationen plausibel darzulegen. Aber wo personale und kollektive Identitäten im Spiel (in Frage gestellt) sind, geht es (ungleich schwieriger) um (viel) mehr. „Sozialer Fortschritt“ ist nicht (zentral) planbar, kann im Rahmen einer imaginierten „Regierungslehre“ nicht „top-down“ verordnet werden. Es geht um lernende Professionen, lernende Organisationen und lernende Versorgungslandschaften. Prinzip des Sisyphos: Die existenzielle Einsicht in das kollektive Scheitern trotz treffsicherer Problemdiagnosen und Situationsanalysen gehört zur conditio humana des politischen Gemeinwesens. Insofern kann man auf Albert Camus (1913 – 1960)45 43 Vgl. Schulz-Nieswandt, Frank (2012): Gesundheitsökonomische Evaluation. In: TeschRömer, Clemens/Ziegelmann, Jochen Philipp/Wahl, Hans-Werner (Hrsg.): Angewandte Gerontologie. 2., vollst. überar. und erw. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer (i. D.). 44 Schulz-Nieswandt, Frank (2010): Wandel der Medizinkultur? Berlin: Duncker & Humblot. 45 Frey, Ulrich (2009): Von solitaire zu solidaire. Albert Camus’ Entwurf einer Ethik. Marburg: Tectum; Oei, Bernd (2010): Camus. Sisyphos zwischen dem Absurden und der Revolte. Berlin: LIT; Lauda, Karl Heinz (2011): Die Entwicklung vom ich- zum gemeinschaftsbezogenen Denken bei Albert Camus. Frankfurt am Main: Lang.
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verweisen, der uns philosophisch angeboten hat, sich Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorzustellen. Paradox? Grotesk? Vielleicht. Aber vielleicht auch schlicht und nüchtern humanistisch und politisch orientierend. Profaner ausgedrückt: Der Zeithorizont auf das Jahr 2025 hin ist symbolisch klug gewählt. Der anvisierte Wandel funktioniert nicht nach der Logik eines Lichtschalters, dessen „Switchen“ von hell auf dunkel und von dunkel auf hell spielerisch und automatisch wechseln lässt. Der berühmte „lange Atem“ ist erforderlich, was wiederum stabile politische Handlungsorientierungen voraussetzt. „Mut“ zu einer solchen Politik ist sicherlich notwendig. Freunde macht man sich so überhaupt erst und eventuell nur langfristig. Das ist die alltägliche Erlebniskehrseite des soziologischen Satzes, der Wandel beruhe auf der politischen Erarbeitung kollektiv geteilter Orientierungen. Eine untheoretisch anmutende Erkenntnis schließt sich an: Alle internationalen Beobachtungen und Entwicklungen helfen letztendlich nicht wirklich weiter. Die Menschen „vor Ort“, in ihrer Kommune, müssen den Boden fruchtbarer Zukunftsentwicklung bearbeiten, müssen ihre je eigenen Ideen pflanzen, heranwachsen lassen, pflegen – erst dann ist eine Ernte angesagt. Der Mensch, als Person wie als Figur(46)ation von vernetzten Akteuren, kann an seinen Daseinsaufgaben scheitern. Das ist seine Fehlbarkeit. Aber genau diese Einsicht sollte zur Verantwortung angesichts der Ideen motivieren.
46 Art. „Figur“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 104 – 197.
VIII. Die Hausärzte – Warum kooperieren sie nicht? Zentral für die alltägliche Versorgung, gerade auch für ältere Menschen, sind die Hausärzte. Längst sind diese nur noch beschränkt Hausbesuchs-Hausärzte. Und sicherlich sind manche Honorierungsanreize mit Blick auf gesellschaftlich erwünschte Tätigkeitsprofile falsch gesetzt. Und der Geriatrisierungsbedarf ist groß.1 Dennoch liegen die Probleme tiefer als anreiztheoretische Analysen nahelegen. Auch hier besteht zunächst der Bedarf einer Arbeit an den ärztlichen Bildern vom Alter(n).2 Das Thema ist das einer berufsständischen, berufsgruppenspezifischen, professionseigenen und somit handlungslogischen Haltung, die habitushermeneutisch (im Sinne des Verstehens eines Programmcodes) zu erfassen ist.3 Die Arzt-Patienten-Beziehung als Gegenstand der Medizinsoziologie insgesamt4 ist hier nicht das Thema. In vielerlei Hinsicht bestehen hier Probleme. Es geht hier nun eher um den ärztlichen Blick5, was nun durchaus epistemisch gemeint ist (so wie
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Stoppe, Gabriela/Mann, Eva (Hrsg.) (2009): Geriatrie für Hausärzte. Bern: Huber; Döhner, Hanneli/Stamm, Thomas (Hrsg.) (2005): Geriatrische Qualifizierung für Hausärzte. Berlin: LIT. 2 Aus der Fülle der Literatur vgl. etwa Walter, Ulla/Flick, Uwe/Neuber, Anke/Fischer, Claudia/Schwartz, Friedrich-Wilhelm (2006): Alt und gesund? Altersbilder und Präventionskonzepte in der ärztlichen und pflegerischen Praxis. Wiesbaden: VS; Dosch, Erna C. (2004): Umgang mit psychisch erkrankten alten Menschen. Wiesbaden: DUV. 3 Professionstheoretisch ist es interessant, wenn die Betrachtung vom Individuum zu den kollektiv geteilten pattern einer Gruppe übergeht. Der alt(modisch)e Begriff des Brauches ist hier nützlich. Es handelt sich um Gruppen-Gewohnheiten, also um Traditionen. Bräuche laufen ab im Rahmen von Zeremonien. Unter Sitte (lat. mos) verstehe ich dagegen die hinter Bräuchen stehenden moralischen Ordnungen. Brauchtum ist ein ganzes System von Bräuchen. Habitustheoretisch ist der Brauch-Begriff nützlich, da er auch regelmäßige Handlungsmuster beschreibt. Ich weiche von einigen Begriffbestimmungen dort ab, wo die Meinung vertreten wird, unter Sitte werden nur äußere Moralordnungen verstanden. Professionspolitisch sind Bräuche, die zugleich moralische Ordnungen spiegeln, inkorporiert, Teil der beruflichen Selbstbilder und rollentheoretisch als identitätsstiftend zu verstehen. Wobei die qualitative Studie von Nicole Witte (Witte, Nicole [2010]: Ärztliches Handeln im Praxisalltag. Eine interaktions- und biographieanalytische Studie. Frankfurt am Main-New York: Campus) zeigen konnte, dass die ärztliche Haltung nicht nur der Berufssozialisation geschuldet ist, sondern auch den je eigenen (frühkindlich geprägten) Biographien. 4 Begenau, Jutta/Schubert, Cornelius/Vogd, Werner (Hrsg.) (2010): Die Arzt-Patient-Beziehung. Stuttgart: Kohlhammer. 5 Schäfer, Daniel (2004): Alter und Krankheit in der Frühen Neuzeit. Der ärztliche Blick auf die letzte Lebensphase. Frankfurt am Main-New York: Campus.
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Foucault vom ärztlichen Blick sprach6): Ob die Profession den ganzen Kranken oder nur Krankheiten im Blick hat und wie er im Lichte seiner Wissenssysteme in selektivkonstruierender Art und Weise des Erkennens, Denkens, Sehens und Tuns das Objekt seiner (eben nicht nur ökonomischen7) Begierde konstituiert. Und in der Folge geht es um die Frage, ob die ärztliche Profession kommunikativ offen ist für Kooperationen mit anderen Professionen im Lichte der Bedarfs- und Lebenslage des ganzen Menschen in seiner Rolle als Kranker. Bei Kooperationsanfragen wird die knappe Zeit angeführt (die Parallele finden wir in der Pflege, wo fehlende Empowerment-Orientierung mit Ressourcenmangel erklärt wird). Doch vielfach fehlt die intrinsische Motivation; der Hausarzt will seine „eigentliche“ Arbeit machen, also eben Medizin. Damit ist die mangelhafte Kooperationsbereitschaft der Hausärzte, wie ich sie in vielen Projekten erlebt habe (in Zürich, ebenso wie bei Modellversuchen zum präventiven Hausbesuch8), Teil eines allgemein zu beobachtenden Phänomens der professionellen Selbst-Referentialität9 und der domänenhaften Abschottung von Kernkompetenzen. Es fehlt die Offenheit für eine bio-psycho-soziale Sicht (was nicht zur Psychosomatik10 verengt werden darf) auf den Kranken, nicht nur auf die Krankheiten. Das war in der Sozialreformtradition eines Rudolf Virchow (1821 – 1902)11 anders: Der Arzt wurde als der „natürliche Anwalt der Armen“ verstanden. Und der medizinische Befund war eingebettet in eine Lebenslagendiagnostik; entsprechend fielen auch die gesundheits- und sozialpolitischen Handlungsempfehlungen aus12. Das übrigens nicht lange anhaltend. Berufsständisch orientierten sich vielfach die Ärzte bis in die Weimarer Zeit hinein eher konservativ.13 Ängste und Kränkungen: Die Forschung vermutet hier angesichts der konstatierten Selbst-Referentialität auch De-Professionalisierungsängste. Aber auch diese 6 Foucault, Michel (1988): Die Geburt der Klinik. Eine Archäologie des ärztlichen Blicks. 8. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 7 Art. „Habgier/Begierde“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/ Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 236 – 237. 8 Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung (Hrsg.) (2008): Beraterhandbuch – Präventive Hausbesuche bei Senioren. Hannover: Schlütersche. 9 Marzinzik, Kordula/Nauerth, Annette/Walkenhorst, Ursula (Hrsg.) (2010): Kompetenz und Kooperation im Gesundheits- und Sozialbereich. Berlin: LIT. 10 Wirsching, Michael (2003): Psychosomatische Medizin. 2. Aufl. München: Beck. 11 Goschler, Constantin (2009): Rudolf Virchow. Mediziner – Anthropologe – Politiker. Köln: Böhlau; Balkhausen, Irmtraud (2007): Der Staat als Patient. Rudolf Virchow und die Erfindung der Sozialmedizin von 1848. Marburg: Tectum. 12 Dazu auch Schulz(-Nieswandt), Frank (1987): Das „Recht auf Gesundheit“. Seine wirtschafts- und sozialpolitischen Voraussetzungen in der Geschichte der sozialmedizinischen Lehrmeinungen. Regensburg: transfer. 13 Moser, Gabriele (2011): Ärzte, Gesundheitswesen und Wohlfahrtsstaat. Zur Sozialgeschichte des ärztlichen Berufsstandes im Kaiserreich und Weimarer Republik. Freiburg i. Br.: Centaurus.
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Hypothese ist von einer doppelten Semantik14 dimensional geprägt: Einerseits kann De-Professionalisierungs-Angst ökonomisch motiviert sein, andererseits kann es um Kränkungen gehen. Diese würden sich dann auf erwartete Kompetenzeinbußen beziehen. Performativitäten: Nochmals anders formuliert: Einrichtungen im Gesundheitsund Pflegewesen sind im Lichte dieser perspektivischen Herangehensweise aus der Performativität der Akteure heraus zu verstehen; die Praxis der Interaktionen sind somit symbolische Formen der Ausdrucksweise.15 Ausgedrückt werden nun aber nicht nur Interessen. Sonst wäre das Zusammenspiel nur eine inszenierte Politische Ökonomie16. Vielmehr wirken Identitäten hinein, Konzepte personaler Identitäten, die aber zugleich über die Grammatik der ganzen Handlungssituation als soziale Rollenidentitäten codiert und normiert sind und insofern einem Programm folgen. Die Interaktionen sind daher nicht nur Formen interdependenter Domänenbewirtschaftung; sie sind auch Praktiken der Anerkennung und der Abgrenzung, der Inklusion und Exklusion von Professionen, im epistemischen Ringen um die Hegemonie (Definitionsmacht) über die lebensweltlichen Existenz- und Organisationsprobleme der Patienten und sonstigen bedürftigen Menschen als Objekte dieser professionellen Begierde. Begierde stellt sich ein, wenn das Objekt der ökonomischen Interessen nicht nur unter der symbolischen Führung des Prinzips des rationalen Tausches organisiert wird, sondern im Lichte einer erotischen Besetzung, die mitunter mit dem Bedürfnis nach Macht gekoppelt ist. Soziogramm und Psychogramm: Insofern fügt sich das Drehbuch, nach dem die Ärzte funktionieren, der Problemsicht einer Choreographie. Denn das Soziogramm (eigentlich definiert als graphische Darstellung17 von Interaktionen in einer Gruppe) der Interaktionen im Feld des Gesundheitswesens im Schnittbereich zum Pflege- und Sozialwesen insgesamt stellt insofern die performative Ebene einer dispositiven psychogrammatischen Ablagerung kultureller Programmcodes dar, die als Skripte jenseits oberflächlicher Interessen die Logik der Einrichtungen und Ablaufprozesse
14 Art. „Bedeutung“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 59 – 60. 15 Mit Austin (1911 – 1960), John L. (1979): Zur Theorie der Sprechakte. Stuttgart: Reclam sowie Searle (*1932), John R. (2004): Ausdruck und Bedeutung. Untersuchungen zur Sprechakttheorie. 5. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp gibt es wichtige sprachtheoretische Begründer performativer Sichtweisen. Sprach- und handlungstheoretisch relevant ist aber auch der Pragmatismus: Schubert, Hans-Joachim/Joas, Hans/Wenzel, Harald (2010): Pragmatismus zur Einführung. Hamburg: Junius. Art. „Sprechakt“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 670 sowie Art. „Sprechakttheorie“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literaturund Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 670 – 762. 16 Vgl. auch Dehling, Jochen/Schubert, Klaus (2010): Ökonomische Theorien der Politik. Wiesbaden: VS. 17 Vgl. Art. „Darstellung“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 55 – 63.
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VIII. Die Hausärzte – Warum kooperieren sie nicht?
fundieren. Dieser strukturale Blick der Analyse macht evident, warum Wandel nicht voluntaristisch zu verstehen ist und daher ein nicht-triviales Problem darstellt. Die Einschätzung der Rolle des niedergelassenen Hausarztes fügt sich demnach in meine allgemeine Einschätzung der Problemsituation. Methodologisch gesprochen: Die Alterung bedeutet für dieses System eine gravierende Herausforderung. Dies vor allem auch deshalb, weil die Re-Integration der autistischen Spezialisierungen und bornierten Domänen und selbst-referentiellen Akteurslogiken nicht nur transaktionskostenintensiv (Organisations[entwicklungs]- und Kommunikationskosten der Re-Integration) ist, sondern weil rechtliche Reformen und ökonomische Anreizsysteme (zur Herbeiführung paretianischer [also ökonomisch optimaler] Win-WinSituationen) zwar notwendige Voraussetzungen, aber keine hinreichenden Bedingungen des Wandels der Sozialstaatskultur darstellen. Unter „Wohlfahrtskultur“ des Sozialstaates verstehe ich nun die Meso-Ebene der Interaktionsordnungen der Mikroebene, also die Verdichtung zu einem symbolischen System geteilter habitualisierter Norm- und Wertorientierungen, sozial konstruiert und dennoch als Struktur symbolischer Ordnung wiederum auf die konkrete Interaktionspraxis wirkend. Nochmals anders formuliert: Letztendlich bedarf es eines Wandels der personalen Haltungen, des Wandels der gelebten Akteursidentitäten, der beruflichen Selbstbilder und professionellen Handlungslogiken, der impliziten Gesellschafts- und Menschenbild-bezogenen Deutungsmuster in der Klientelbeziehung; also insgesamt bedarf es einer neuen Philosophie und Kultur der sozial helfenden Beziehungen im Lichte der Alterung als Herausforderung an die gesellschaftliche Entwicklung. Drehbücher: Das ganze Problem des Wandels ist daher kulturwissenschaftlich zu verstehen und verweist mitunter auf die tiefenpsychologisch zu definierenden Barrieren in der Organisationsentwicklung, weil Akteursidentitäten betroffen sind, Ängste und Kränkungen ausgelöst werden. Damit wird in systemisch-konstruktivistischer Hinsicht der tiefgreifende Bedarf einer Choreographie des Wandels evident. Kulturwissenschaftlich ist das Problem des Wandels deshalb zu verstehen, weil die sozialen Strickmuster und die kulturellen Codes des Systems, also das tiefengrammatische „Drehbuch“18 des Alltags hinterfragt wird. Der Wandel greift tief in die Rollenidentitäten ein; genau deshalb ist dem notwendigen Wandel mit der Herbeiführung angemessener (notwendiger) rechtlicher Rahmenbedingungen und ökonomischer Anreizsituationen allein nicht beizukommen. Und hier zeichnet sich ein Problem der gesamten modernen Medizin ab, und zwar im Lichte der Bedeutung der Altersbilder. Tiefenpsychologisch ist es der Kampf des Menschen mit dem Problem der eigenen Endlichkeit, die unbewältigt bleibt. Für die Medizin ist dieser Kampf besonders schmerzlich, haftet ihr immer noch19 der Mythos 18 Habig, Hubert (2010): Schauspielen. Gestalten des Selbst zwischen Sollen und Sein. Heidelberg: Winter. 19 Angeheftet an den Makeln von Krankheit, Behinderung oder gar des Siechens resultiert die Ehrfurcht des profanen Patienten vor den heiligen Professionen wohl aus dem Gefühl der Unreinheit, die rituell überwunden werden muss. Nur so kann man an den heiligen Stätten
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vom maskulinen Heldentum20 in der Überlistung des Todes an, zumindest die Maschinenbaumetapher, die aber im Bild des demiurgischen Heilers ebenso christologische21 Wurzeln hat. Der Demiurg ist ein „Handwerker“, aber ein solcher, der eine herausragende Aufgabe hat: die Welt als Abbild geistiger Ideen zu gestalten. Er ist also „Künstler“, aber nahe an der göttlichen Kreativität.
eintretend teilhaben, am Kult partizipieren. Dahinter steht zugleich eine moralische Ordnung. Denn Reinheit ist zugleich eine Tugend. Denn der Arzt ist zwar nicht Gott, aber Heros, Grenzgänger zum Göttlichen oder heiliger Repräsentant, halbgöttlich. Von diesem Grenzgänger (Menschen suchten immer Pfade der Verbundenheit zu Gott [etwa als Nabelschnur zwischen der Göttin und dem Jäger in paläolithischen Felszeichnungen], auch wenn er grundsätzlich unerreichbar als abwesende Präsenz gedacht wurde), der Göttliches als Eigenschaft teilt, erwartet der bedürftige Mensch Mana. Mana-Charakter hat auch heute noch der Medikamentenkonsum, wenn der Kranke (als homo patiens) in der betenden Haltung um Hilfe durch die Medizin als sakralisiertes Objekt der Kreatürlichkeit fleht. 20 Vgl. auch Kerényi, Karl (1992): Die Mythologie der Griechen. Bd. 2: Die Helden-Geschichten. München: dtv; Campbell, Joseph (2011): Der Heros in tausend Gestalten. Frankfurt am Main-Leipzig: Insel. Spezieller: Boehringer, David (2001): Heroenkulte in Griechenland von der geometrischen bis zur klassischen Zeit. Attika, Argolis, Messenien. Berlin: Akademie Verlag. 21 Hoping, Helmut (2010): Einführung in die Christologie. 2., durchges. u. aktual. Aufl. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Sehr pointiert: Kügler, Joachim (1999): Der andere König. Religionsgeschichtliche Perspektiven auf die Christologie des Johannesevangeliums. Stuttgart: Katholisches Bibelwerk.
IX. Achtsamkeit und Gelassenheit: Zukunftsdenken zwischen Gemütsruhe und Gleichgültigkeit Die zitierte Haltung von Albert Camus (1913 – 1960) einzunehmen, das bedeutet, existenzialphilosophisch1 zu denken. Und das wiederum bedeutet, nicht ohne Hoffnung, aber mit einem überaus verhaltenen Blick auf die Machbarkeit der Verbesserung der Welt des menschlichen Zusammenlebens zu blicken. Diese Haltung zentriere ich nun um die Kategorie der Gelassenheit, eine Figur, die philosophiegeschichtlich von der antiken Idee der Sophrosyne bis hin zu Martin Heideggers (1889 – 1976) Denken2 prägend war. Aus der Sicht der Person bedeutet diese Haltung vor allem, ein seelisches Gleichgewicht zu bewahren. Insofern ist die Gelassenheit eine tugendliche Dimension des Sozialcharakters. Denn unter Charakter verstehe ich die gestaltartige Disposition gegenüber und angesichts der Welt, der der Mensch begegnet und somit die Art und Weise der Weltbegegnung, eine noetisch (sinnorientiert) strukturierte Modalität der transaktionalen Praxis der Wechselwirkung von Mensch und Welt. Die Denkstile der Professionen scheinen dabei insgesamt eine Schlüsselrolle zu haben. Schmidt-Lellek3 hat die inneren Widersprüche, Rollenambiguitäten und Haltungsambivalenzen dargelegt. Die daraus resultierenden Notwendigkeiten, Widersprüche, Polaritäten, Spannungen auszuhalten statt harmonisieren zu wollen, ist die große Herausforderung. Haltung und Tugendlehre: Es muss an die alte Einsicht4 an die Identität von Tugendhaftigkeit und glücklichem Leben erinnert werden. Das Problem ist ein solches der Haltung. Die Unfähigkeit der Menschen der modernen Kommune, das Fremde und die Gastfreundschaft (als soziale Integration) hinsichtlich der tiefsitzenden Ambivalenz zwar nicht zu harmonisieren (was unmenschlich erscheint), aber zumindest sympathetisch zu „gestalten“, verweist auf einen entfremdeten, daseinsmäßig verfehlten 1 Thurnherr, Urs/Hügli, Anton (Hrsg.) (2007): Lexikon Existenzialismus und Existenzphilosophie. Darmstadt: WBG. 2 Vorlaufer, Johannes (1994): Das Sein-Lassen als Grundvollzug des Daseins. Eine Annäherung an Heideggers Begriff der Gelassenheit. Wien: Passagen. 3 Schmidt-Lellek, Christoph J. (2006): Ressourcen der helfenden Beziehung. BergischGladbach: EHP. 4 Otto, Walter F. (1963): Die Wirklichkeit der Götter. Von der Unzerstörbarkeit griechischer Weltsicht. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 28 f.
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„Gesamtstil ihres Lebens“5. Die Existenz der Personalität des menschlichen Seins kommt so nicht zur Wahrheit, definiert als das erfüllte Sein in der Zeit. Alle Freiheit setzt immer die soziale Geborgenheit voraus. Jenseits der Gastfreundschaft wird dies dem Anderen verweigert; und damit verliert sich der verweigernde Mensch selbst, nämlich sein Sein als erfüllte Zeit. Das muss nicht sein. So kann sich der Mensch, wie es Plessner in seinem Theorem von der „exzentrischen Positionalität“ des Menschen anthropologisch als Fundament zum Ausdruck gebracht hat, entwickeln zum SelbstSein als in der Welt-Sein, sich somit selbst performieren. Gelassenheit: Zentrale Tugend ist die der Gelassenheit. Walter F. Otto sieht diese motorisch verbildlicht im „gemessenen Gehen, in dem die Alten den Ausdruck des inneren Adels erkannten“6. Diese bedeutet nicht Gleichgültigkeit, aber auch nicht neurotischer Eifer. Zur Gelassenheit gehört durchaus der klare Blick. Otto zitiert Friedrich Schillers (1759 – 1805) Wort „Auf den Bergen ist Freiheit“.7 Gelassenheit beruht daher auf der Überwindung einer Blickverengung, von der Otto an anderer Stelle sagt, der reine Verstandesmensch sei wie eine Situation verbundener Augen.8 Diese Haltung muss auch der Sozialreformer einnehmen, wenn er die berühmten „dicken Bretter bohren“ muss. Von daher stammt die sinnige Einsicht, die Welt wäre um vieles einfacher, …. wenn es nicht die (fehlbaren) Menschen gebe. Da diese jedoch gerade nicht abgeschafft werden sollen, geht es doch um die Verbesserung der Lebensqualität der Menschen im personalen Miteinander ihres Daseins, muss geklärt werden, wie unhintergehbar mit ihnen und durch sie ein sozialer Fortschritt erzielbar sein kann. Und man sollte auch nicht die Fehlbarkeit des Menschen diskutieren, ohne seine anthropologische Kehrseite, die Fähigkeit, zu erkennen.9 Und da hilft uns auch nicht die (durchaus gegen die vereinfachte ökonomische Lehre vom homo oeconomicus zu richtenden) Forschungsbefunde der evolutionären Anthropologie weiter, wonach die Menschen entweder von Natur aus altruistisch10 veranlagt sind oder im Evolutionsprozess die strategisch überlegende Logik des kooperativen Verhaltens gelernt haben11. Die Menschen sind auf der Basis der 5
Otto, Walter F. (1955): Die Gestalt und das Sein. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 224. 6 Otto, Walter F. (1955): Die Gestalt und das Sein. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 410. Zum Gehen (in Anlehnung an Michel de Certeau) vgl. auch Lauffer, Ines (2011): Poetik des Privatraums. Der architektonische Wohndiskurs in den Romanen der Neuen Sachlichkeit. Bielefeld: transcript, S. 61. 7 Otto, Walter F. (1955): Die Gestalt und das Sein. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 416. 8 Otto, Walter F. (1963): Die Wirklichkeit der Götter. Von der Unzerstörbarkeit griechischer Weltsicht. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 72. 9 Greisch, Jean (2009): Fehlbarkeit und Fähigkeit. Die philosophische Anthropologie Paul Ricoeurs. Berlin: LIT. 10 Vgl. auch Klein, Stefan (2010): Der Sinn des Gebens. Warum Selbstlosigkeit in der Evolution siegt und wir mit Egoismus nicht weiterkommen. Frankfurt am Main: Fischer. 11 Tomasello, Michael (2010): Warum wir kooperieren. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
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komplexen Spiegelneuronen mit dem Potenzial der Empathie12 ausgerüstet13. Aber diese Fähigkeit, in Übereinstimmung mit dem Sittengesetz bzw. der „goldenen Regel“ sich perspektivisch in die Lebenslage14 anderer Menschen zu versetzen, um so das eigene Verhalten im Lichte der Betroffenheit des Anderen zu reflektieren, muss immer kulturell aktiviert und gefördert werden15. Vor allem die Befunde der entwicklungspsychologischen Bindungsforschung16 haben das gezeigt. Das gelingt in modernen Gesellschaften eben recht unterschiedlich und sehr differenziert. Der bindungspsychologische Blick ist an dieser Stelle auch deshalb relevant, weil, als empirische Analogie, die differentiellen Effekte in der Persönlichkeitsentwicklung zwischen Pflegefamilien- und Heimkindern17 deutlich sind.18 Das Problem ist kulturübergreifend eine Schlüsselfrage gelingender menschlicher Existenzentfaltung. Das wird gerade deutlich, wenn man sich die ältere Studie von Doi zum AmaePhänomen in Japan anschaut.19 Das Amae-Phänomen verweist auf die anthropologische Grundtatsache, dass Freiheit der Person nur im Kontext von zwischenmenschlicher Geborgenheit geschehen kann. Psychoanalytisch zeigt Doi aber insbesondere auch das schwierige Balanceproblem auf: Viele Formen von Amae verweisen auf neurotische Varianten des Misslingens eines Gleichgewichts zwischen Selbstbehauptung und Einbettung. Das sozial verstehende, gelingende Miteinander muss demnach in der chronotopischen20 Ordnung von (historischer) Zeit und (kulturellem) Raum immer wieder neu erarbeitet werden. Und dieses Erarbeiten ist eine weit über das Verbale hinausreichende Kommunikation, der dialogischen und der somit gegenseitigen Identitätsfindung und Verständigung.
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Plüss, Andrea (2010): Empathie und moralische Erziehung. Berlin: LIT. Rizzolatti, Gioacomo/Sinigaglia, Corrado (2010): Empathie und Spiegelneurone. Die biologische Basis des Mitgefühls. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 14 Zum Lebenslagenkonzept vgl. Schulz-Nieswandt, Frank (2006): Sozialpolitik und Alter. Stuttgart: Kohlhammer. 15 Dazu Breithaupt, Fritz (2010): Kulturen der Empathie. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 16 Vöttiner, Andreas (2010): Der Bindungsstil als Determinante individueller Integrationsdefizite. Hamburg: Kovac; Kenngott, Eva-Maria (2011): Perspektivenübernahme. Zwischen Moralphilosophie und Moralpädagogik. Wiesbaden: VS; Hopf, Christel (2005): Frühe Bindungen und Sozialisation. Weinheim-München: Juventa. 17 Hafner, Urs (2011): Heimkinder. Eine Geschichte des Aufwachsens in der Anstalt. Baden: hier+jetzt. 18 Nowacki, Katja (2007): Aufwachsen in Pflegefamilie oder Heim. Hamburg: Kovac. 19 Doi, Takae (1982): Amae. Freiheit in Geborgenheit. Zur Struktur japanischer Psyche. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 20 Bachtin, Michail M. (2011): Chronotopos. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Gemeint sind Metaphern zur Beschreibung von Situationen, in denen sich Zeit und Raum verschachteln. Vgl. Art. „Chronotopos“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 96 – 97. 13
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Innerhalb dieser dialogischen Arbeit21 ist der Mensch vulnerabel, also verletzbar und gefährdet. Das ist der Befund des homo patiens, der philosophische und theologische22 Anthropologie mit Blick auf die Seinsverfassung der menschlichen Existenz eint und auch entlang der Kulturgeschichte mythopoetisch den Menschen in seiner (oftmals bildsprachlichen23) Reflexion begleitet. Der Dialog, in dem sich das Ich überhaupt erst am Du konstituiert und komplexes gesellschaftliches Miteinander erst entsteht, wenn dieser Dialog im Lichte des „Dritten“24, der Verbindlichkeit verallgemeinerungsfähiger bzw. kollektiv geteilter25 kultureller Normen geschieht26, ist nicht harmonisch27 zu denken28. Die Gelassenheit ist nun jene Kategorie, die an diesem Punkt ein Gleichgewicht besorgen soll, d. h., einerseits nicht gleichgültig gegenüber dem Übel und Elend in der Welt zu sein, andererseits aber auch durch die Einnahme einer Gemütsruhe sich selbst zu schützen angesichts der Überforderung, die daraus resultiert, auch die Grenzen der Machbarkeit gerade auch im menschlichen Miteinander, also auch in der Sozialreform der Gestaltung des sozialen Gefüges zu erkennen und zu akzeptieren. Glück ist nicht planbar, weder das eigene noch das kollektive Glück des gemeinsamen Miteinanders der Menschen. Und da das eigene Glück ontologisch zwingend eingebettet ist und bleibt in das gemeinsame Glück der Person(en), denn Person-Sein ist Selbst-Sein im Modus des sozialen Mit-Seins mit den Anderen, muss Gelassenheit das Fundament abgeben für die Sorgearbeit des Menschen im Lebenslauf im Kontext der Zeitgeschichte und vor dem Hintergrund der Horizonte der Kulturgeschichte. 21 Casper, Bernhard (2002): Das dialogische Denken. Franz Rosenzweig, Ferdinand Ebner und Martin Buber. Freiburg i. Br.: Alber; Wojcieszuk, Magdalena (2010): Der Mensch wird am Du zum Ich. Eine Auseinandersetzung mit der Dialogphilosophie des XX. Jahrhunderts. Freiburg i. Br.: Centaurus Verlag & Media. 22 Vgl. etwa Oorschot, Jürgen van (Hrsg.) (2010): Der Mensch als Thema theologischer Anthropologie. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag; Schoberth, Wolfgang (2006): Einführung in die theologische Anthropologie. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 23 Wulf, Christoph/Zirfas, Jörg (Hrsg.) (2005): Ikonologie des Performativen. München: Fink; Sachs-Hombach, Klaus (Hrsg.) (2010): Bildwissenschaft. 3. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Schulz, Martin (2009): Ordnungen der Bilder. Eine Einführung in die Bildwissenschaft. 2., überarb. u. erw. Aufl. München: Fink; klassisch zur Metaphernforschung: Lakoff, George/Johnson, Mark (2011): Leben in Metaphern. 7. Aufl. Heidelberg: Carl-Auer. 24 Delhom, Pascal (2000): Der Dritte. Lévinas Philosophie zwischen Verantwortung und Gerechtigkeit. München: Fink. 25 Womit ich auf die unhintergehbare Position von Durkheim verweise. Durkheim, Émile (2008). Über soziale Arbeitsteilung. 5. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp; Durkheim, Émile (1998): Die elementaren Formen des religiösen Lebens. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 26 Und damit wird der Dialog als symbolische Form „objektiver Geist“ ebenso wie personale Erlebnisgeschehensordnung. Das Scharnier zwischen beiden Qualitäten ist die Hermeneutik der Praxis, dort, wo der Mensch seine eigenen kulturellen Objektivationen versteht und diese sich „einschreiben“ in die Subjektivität der Person. 27 Meir, Ephraim (2011): Differenz und Dialog. Münster: Waxmann. 28 Dazu auch Bedorf, Thomas (2010): Verkennende Anerkennung. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
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So ist der Mensch immer „verstrickt“ in Geschichten29. Seine Identität ist eine narrative30, die aus dem Erzählen, dem Erinnern und dem zukunftsbezogenen Entwerfen von Geschichten entsteht. Er ist in diese Geschichten zutiefst gefaltet31. Er hat seine kulturellen Inskriptionen lebensgeschichtlich erworben – und diese gefertigten Menschen sind es nun, mit denen man an Entwürfen von Formen veränderten Zusammenlebens arbeiten muss. Hierbei haben wir immer davon auszugehen, dass die Wirklichkeitskonstruktionen der Menschen zutiefst gesellschaftlich geprägt sind32. Aber es sind nicht nur, wie aus der Wissenssoziologie33 bekannt, diese standortgebundenen individuellen Formen des Denkens, Wahrnehmens und Interpretierens, die im Zuge der Ideengetragenen Sozialreform des Zusammenlebens sich verändern müssen; es ist, um mit Ludwik Fleck zu argumentieren, das Zirkulieren von Ideen und sozialen Praktiken in der ganzen Akteurskonstellation und die daraus resultierenden unbewussten Konditionierungen der Wahrnehmungsstile, der Denkstile und der Handlungsstile der Akteure34, die die Geschlossenheit – also die fehlende entwicklungsorientierte Offenheit – der Handlungssituation bewirkt. Deshalb hat die Ideenpolitik der Sozialreform des personalen Miteinanders die kollektiven Denkstile im Sinne einer gemeinsamen Wirklichkeitsproduktion und kollektiven Teilung eines Bildes von der Wirklichkeit zum (schwierigen) Gegenstand ihrer Veränderungsabsicht. Wer Zukunft sozialreformerisch denken will und dabei nicht zur Neurose35 des Eiferers (der angesichts der Denkblockaden der Anderen dann das Spiel36, in das ja die soziale Konstruktion der Wirklichkeit eingebunden ist, bereits verloren hat)
29 Schapp, Wilhelm (2004): In Geschichten verstrickt. Zum Sein von Mensch und Ding. 4. Aufl. Frankfurt am Main: Klostermann. 30 Dazu Scharfenberg, Stefan (2011): Narrative Identität im Horizont der Zeitlichkeit. Zu Paul Ricoeurs „Zeit und Erzählung“. Würzburg: Königshausen & Neumann. Ricoeur lebte 1913 – 2005. Vgl. auch Art. „Narration“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 217 – 220 sowie Art. „Narrativität“ in Nünning, Ansgar (Hrsg.) (2008): Metzler Lexikon Literaturund Kulturtheorie. 4., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 528 – 529. 31 Deleuze, Gilles (2009): Die Falte. 4. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 32 Michel, Burkard (2006): Bild und Habitus. Sinnbildungsprozesse bei der Rezeption von Fotografien. Wiesbaden: VS; Breckner, Roswitha (2010): Sozialtheorie des Bildes. Zur interpretativen Analyse von Bildern und Fotografien. Bielefeld: transcript. 33 Schützeichel, Rainer (Hrsg.) (2007): Handbuch Wissenssoziologie und Wissensforschung. Konstanz: UVK. 34 Fleck, Ludwik (2011): Denkstile und Tatsachen. Gesammelte Schriften und Zeugnisse. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 35 Ribi, Alfred (2011): Neurose – an der Grenze zwischen krank und gesund. Eine Ideengeschichte zu den Grundfragen des Menschseins. Berlin: Springer. 36 Huizinga (1872 – 1945), Johan (1987): Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. 22. Aufl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
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neigen will, muss eine Maske37 bewahren. Das Haltungsproblem zeigt sich bei Helmuth Plessner (1892 – 1985)38 als Ethos der Persönlichkeit: Gemeinschaftsbildung muss dabei immer gekoppelt bleiben am Rückzugspotenzial der Person, an der Möglichkeit, das eigene Selbst in der „Faltung“ zum Sozialen und Kulturellen nicht vollends aufgehen zu lassen. Dabei muss man bedenken, dass gerade bei Plessner (ähnlich wie bei Georg Simmel [1858 – 1918]39) das personale Selbst nur im Modus des Rollenspiels40 ontologisch überhaupt gedacht werden kann. Und dennoch ist der Freiheitsraum, den die Maske im sozialen Spiel ermöglicht, wohl existenziell wichtig für die seelische Freiheit des Menschen. Das Spiel der Masken, das Schauspielen, ist und bleibt im Spannungsfeld zwischen (sozialem) Sollen und (Selbst-)Sein angesiedelt41. Es handelt sich um kollektive kulturelle Inszenierungen42, die Pfadabhängigkeiten und Kontinuitäten einerseits ebenso grammatisch generieren wie Wandel, Brüche und Transformationen andererseits. Achtsamkeit: Ich knüpfe hier an meine „Ethik der Achtsamkeit“43 an, ein Thema und eine Perspektive, die zunehmend auch im Feld der Sozialwirtschaft44 auf lokaler Ebene bedeutsam wird45. Schaut man sich diagnostisch die Skalen zur Messung des
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Weihe, Richard (2004): Die Paradoxie der Maske. Geschichte einer Form. München: Fink; vgl. ferner Röttgers, Kurt/Schmitz-Emans, Monika (2009): Masken. Essen: Die Blaue Eule; Olschanski, Reinhard (2001): Maske und Person. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 38 Plessner, Helmuth (2010): Grenzen der Gemeinschaft. Eine Kritik des sozialen Radikalismus. 3. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 39 Simmel, Georg (2010): Soziologie. Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung. 6. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 40 Vgl. zum Überblick auch Fischer, Joachim (2010): Die Rollendebatte – der Streit um den „Homo sociologicus“. In: Kneer, Georg/Moebius, Stephan (Hrsg.): Soziologische Kontroversen. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 79 – 101. 41 Habig, Hubert (2010): Schauspielen. Gestalten des Selbst zwischen Sollen und Sein. Heidelberg: Winter. 42 Kurzenberger, Hajo (2009): Der kollektive Prozess des Theaters. Chorkörper – Probengemeinschaften – theatrale Kreativität. Bielefeld: transcript. Vgl. auch Art. „Chor“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 49 – 52; Art. „Choreographie“ in Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias (Hrsg.) (2005): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart-Weimar: Metzler, S. 52 – 55. 43 Schulz-Nieswandt, Frank (2010): Eine Ethik der Achtsamkeit als Normmodell der dialogischen Hilfe- und Entwicklungsplanung in der Behindertenhilfe. Köln: Josefs-Gesellschaft. 44 Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (Hrsg.) (2010): Sozialwirtschaft – mehr als Wirtschaft? Steuerung – Finanzierung – Vernetzung. Baden-Baden: Nomos; Wendt, Wolf Rainer (Hrsg.) (2010): Sozialwirtschaftliche Leistungen. Augsburg: ZIEL; Bödege-Wolf, Johanna/Schellberg, Klaus (2010): Organisationen der Sozialwirtschaft. 2. Aufl. Baden-Baden: Nomos. 45 Tietze, Andreas (2011): Krisen als Chance – Achtsamkeit – ein ethischer Handlungsrahmen für das Management in der Sozialwirtschaft. Baden-Baden: Nomos.
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Konstrukts der Achtsamkeit an46, dann kann man, ohne dass hier bei religionsgeschichtliche Zusammenhänge zum Buddhismus47 aufgegriffen und geklärt werden müssten48, Gelassenheit (auch gerade im Verbund mit Mitgefühl und Mitleid) durchaus als eine konstitutive Haltungsdimension herausfiltern.49 Ich habe dort unterschieden zwischen zwei Richtungen der achtsamen Hermeneutik. Einerseits geht es um die (mäeutische, also die auf Wahrheitsfindung abstellende dialogische) Hermeneutik in der Du-Sorge (also in der helfenden Beziehung), andererseits geht es um die (diätische, also auf Selbstsorge abstellende) Hermeneutik50 in der Selbst-Sorge. Beides ist in- und miteinander verschachtelt. In der Selbst-Sorge, angesichts der hermeneutischen Anforderung im Dialog mit dem personalen Du, die immer zugleich eine ethische Herausforderung ist, ordnet sich das Problem der Gelassenheit ein. Sie ist die Haltungsressource, die angesichts begrenzter Mächtigkeit des Menschen gegenüber den unhaltbaren sozialen Zuständen seiner sozialen Welt notwendig ist, um nicht zugleich an eben diesen Zuständen und dem Gefühl der Mächtigkeitsmängel leidend unterzugehen. Zur Gelassenheit paart sich somit die Weisheit. Diese ist jedoch nicht das teleologische Endstadium in der Ontogenese als vollständiger Lebenszyklus im Sinne von Erikson (1902 – 1994)51. Weisheit korreliert eben nicht mit dem kalendarischen Alter. Zwar benötigt Weisheit Prozesse personalen Erlebnisgeschehens, dass immer auch zu einer chronologischen Ordnung parallel läuft, weil personales Sein immer im Zeitstrom geschieht; aber Weisheit ist das Ergebnis eines transaktionalen Lernprozesses. Indem die Entwicklungsaufgaben der Lebensspanne produktiv bewältigt worden sind, generiert sich Weisheit als reflexiver Ausdruck dieser inkorporierten Lernprozesse.
46 Sauer, Sebastian (2010): Wirkfaktoren von Achtsamkeit. Kröning: Asanger; Lenartz, Norbert (2011): Achtsamkeit, Selbstbestimmung, Gesundheit und Wohlbefinden. Kröning: Asanger. 47 Schmidt, Karsten (2011): Buddhismus als Religion und Philosophie. Stuttgart: Kohlhammer; Schmidt-Glintzer, Helwig (2007): Der Buddhismus. 2., durchges. Aufl. München: Beck. 48 Achtsamkeit fügt sich in der buddhistischen Lehre in eine Hierarchie von edlen Wahrheiten und entsprechenden, europäisch gesprochen: Tugenden ein. Achtsamkeit meint permanente Selbstbeobachtung, wobei hier nun wichtig ist, dass sich diese Selbstbeobachtung auch auf das Verhalten des Selbst zum Anderen und zur Welt insgesamt bezieht. Vgl. auch Antes, Peter (2006): Grundriss der Religionsgeschichte. Von der Prähistorie bis zur Gegenwart. Stuttgart: Kohlhammer, S. 65. 49 Vgl. auch Muth, Cornelia (2007): Achtsamkeit – eine buddhistische Perspektive auf Liebe. In: Bilstein, Johannes/Uhle, Reinhard (Hrsg.): Liebe. Zur Anthropologie einer Grundbedingung pädagogischen Handelns. Oberhausen: Athena, S. 277 – 286. 50 Jung, Matthias (2007): Hermeneutik zur Einführung. 3., unveränd. Aufl. Hamburg: Junius. 51 Erikson, Erik H. (2009): Der vollständige Lebenszyklus. 7. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
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Die Gelassenheit ist die Tugend der Mitte zwischen einerseits der Rigorosität des Moralisten, der letztendlich zur Gewalt neigen muss, und andererseits der Askese.52 Es ist einerseits der Gesinnungsethiker des Sittengesetzes und andererseits der Haltungstyp der gehorchenden Askese53 der Ordensregeln54, der sich unkritisch der Welt entzieht. Passiv zuschauen, das ist nicht die performative Ausdrucksqualität der Gelassenheit. Dies ist eher eine Selbst-Entmündigung, ganz so wie die Passivierung des Menschen im Gottesdienst55 der Moderne56, nicht anders zu verstehen als ein Verlust an Daseinsqualität als Erlebnisqualität des erfüllten zeitlichen Seins. In diesem Sinne hat sich Otto gegen die babylonischen Bußpsalmen (auch im Christentum) gewandt.57 Denn die Passivität, die demokratietheoretisch als politische Apathie definiert wird, ist Merkmal einer autoritären (d. h.: autoritätshörigen) Persönlichkeit58, die uns die kritische Theorie als sozial- wie psychodiagnostische Erbschaft weiterhin gesellschaftlich ungelöst hinterlassen hat.59 Gegen die Ingenieursmentalität der sozialen Reform: In dieser tugendethischen Haltungs-Mitte der Gelassenheit wird erkennbar, dass mit (der technischen Intelligenz der) Ingenieursmentalität60 soziale Probleme durch Wandel nicht zu lösen sind. Die Ingenieursmentalität, quasi der homo faber der sozialen Arbeit, beruht auf einem Prometheus-Traum61, der längst als Dialektik der Aufklärung62 entzaubert worden
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Vgl. auch Schwickert, Eva-Maria (2000): Feminismus und Gerechtigkeit. Berlin: Akademie Verlag, die eine Vermittlung zwischen kantianischer Vernunftethik einerseits und aristotelischer Tugendethik andererseits versucht. Dies würde eine Implementation weiblicher Fürsorgeethik innerhalb eines verantwortungsethisch fundierten Handelns ermöglichen. 53 Gronau, Barbara/Lagaay, Alice (Hrsg.) (2010): Ökonomien der Zurückhaltung. Bielefeld: transcript. 54 Otto, Walter F. (1963): Die Wirklichkeit der Götter. Von der Unzerstörbarkeit griechischer Weltsicht. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 25. 55 Vgl. Art. „Gottesdienst“ in Crüsemann, Frank/Hungar, Kristian/Janssen, Claudia/ Kessler, Rainer/Schottroff, Luise (Hrsg.) (2009): Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, S. 225 – 227. Vgl. ferner Gerhards, Albert/Kranemann, Benedikt (2008): Einführung in die Liturgiewissenschaft. 2., durchges. Aufl. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Vor allem auch Lang, Bernhard (1998): Heiliges Spiel. Eine Geschichte des christlichen Gottesdienstes. München: Beck. Vgl. auch Wick, Peter (2003): Die urchristlichen Gottesdienste. 2. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer. 56 Schildt, Göran (1954): Im Kielwasser des Odysseus. Wiesbaden: Brockhaus, S. 164. 57 Otto, Walter F. (1955): Die Gestalt und das Sein. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, S. 175. 58 Adorno, Theodor W. (2010): Studien zum autoritären Charakter. 7. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 59 Zu den Huldigungsritualen vgl. auch Eibl-Eibesfeldt, Irenäus (1968): Zur Ethologie des menschlichen Grußverhaltens. In: Zeitschrift für Tierpsychologie (25), S. 727 – 744. 60 Schildt, Göran (1954): Im Kielwasser des Odysseus. Wiesbaden: Brockhaus, S. 185. 61 Pankow, Edgar/Peters, Günter (Hrsg.) (1999): Prometheus. Mythos und Kultur. München: Fink; komplex: Kerényi, Karl (1959): Prometheus. Die menschliche Existenz in griechischer Deutung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
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ist63, bei Frederik J. J. Buytendijk (1887 – 1974) aber auch eher daseinshumanistisch formuliert.64 Es ist viel geschrieben worden über den homo faber, oftmals durchaus auch den Ausgangspunkt bei Max Frisch nehmend65, dann aber weite Bögen zum Nachdenken über Rationalitätskonzepte der Moderne und die Differenzen zur Antike (zur techne) ziehend und die Schnittflächen zur Dialektik der Aufklärung suchend. In der Tat geht es im Zentrum um die epistemischen Grenzen eines Denkens (einer Haltung), das menschliche Leben technisch gestalten und die Probleme menschlichen Miteinanders technisch lösen zu wollen. Man wird sequenzlogisch die PrimärGabe des Feuers (und die damit verbundene Schuld) kaum von der Sekundär-Gabe der Büchse der Pandora66 (als Strafe) opfertheoretisch trennen können: Seitdem, so die „Wahrheit des Mythos“, kämpfen die Menschen in der täglichen Sorgearbeit individuell mit der Gestaltung ihres Lebenslaufes und kollektiv mit der der Geschichte im Spannungsfeld von Endlichkeit (Altern) und Sinn, von Schmerz (Krankheit) und Liebe (und Gerechtigkeit), von Arbeit und Fortschritt etc. Und daher auch der tiefsitzende altgriechische Herdfeuerkult.67 Nichts von meinen Ausführungen ist romantisch68 oder auch nur romantisch gedacht. Die Darlegungen und Überlegungen finden ihre moderne wissenschaftlichempirische Evidenz, wie sie etwa dargelegt sind bei Brandstädter. Die Haltung des choreographierenden Sozialreformers muss die des „kritischen Optimisten“69 sein. Es geht um die (durchaus tugendethisch systematisierte70) Gelassenheit71, hinzunehmen, was man nicht ändern kann, aber auch den Mut zur Veränderung zu haben, was man ändern kann.72 62 Horkheimer, Max/Adorno, Theodor W. (1988): Dialektik der Aufklärung. 19. Aufl. Frankfurt am Main: Fischer. 63 Dabei ist zu bedenken, dass der Mensch die ängstigende Umwelt erforschen und sodann verstehen soll. Aber das eigentliche Ziel muss es sein, sich im Sein fallen zu lassen. Otto, Walter F. (1963): Die Wirklichkeit der Götter. Von der Unzerstörbarkeit griechischer Weltsicht. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 20 f. Das ist eine Frage der Lebensführung (S. 23). 64 Buytendijk, Frederik Jacobus Johannes (1958): Mensch und Tier. Ein Beitrag zur vergleichenden Psychologie. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 43 ff. 65 Vgl. auch Schmitz, Walter (Hrsg.) (1983): Frischs Homo faber. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 66 Panofsky (1892 – 1968), Erwin/Panofsky, Dora (1992): Die Büchse der Pandora. Bedeutungswandel eines mythischen Symbols. Frankfurt am Main-New York: Campus. 67 Goudsblom, Johan (2000): Die Entdeckung des Feuers. Frankfurt am Main-Leipzig: Insel, S. 154 f. 68 Schulz, Gerhard (2007): Romantik. Geschichte und Begriff. 3. Aufl. München: Beck. 69 Brandtstädter, Jochen (2011): Positive Entwicklung. Zur Psychologie gelingender Lebensführung. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, S. 71. 70 Brandtstädter, Jochen (2011): Positive Entwicklung. Zur Psychologie gelingender Lebensführung. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, S. 231 ff. 71 Brandtstädter, Jochen (2011): Positive Entwicklung. Zur Psychologie gelingender Lebensführung. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, S. 219 ff. 72 Brandtstädter, Jochen (2011): Positive Entwicklung. Zur Psychologie gelingender Lebensführung. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, S. 217.
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Das ist eine philosophische Anthropologie der gestaltenden Sozialreform. Richtig ist, dass pragmatisch darauf eine Handhabe zur praktischen Dramaturgie der Entwicklungsprozesse73 der Interaktionsordnungen im sozialen Raum aufbauen muss.
73 Miller, Tilly (2006): Dramaturgie von Entwicklungsprozessen. Ein Phasenmodell für professionelle Hilfe im psychosozialen Bereich. Stuttgart: Lucius & Lucius. Vgl. auch Rosenkranz, Doris (2011): Integrierte Sozialraumplanung als Beteiligungsplattform. In: Sozialwirtschaft 21 (4), S. 38 – 39.
Fazit und Ausblick Das Buch behandelte die Probleme der Re-Integration gemeinschaftlicher Wohnformen im Alter für Menschen mit chronischen Erkrankungen, Behinderungen sowie Hilfe- und Pflegebedürftigkeiten in den kommunalen Lebensweltraum. Dabei blieb die Analyse nicht auf der Ebene oberflächlicher interessenzentrierter Stakeholder-Betrachtungen stehen, sondern analysierte die tiefere kulturelle Grammatik von Ein- und Ausgrenzung im sozialen Raum als Problem einer „Gastfreundschaftskultur“ gegenüber dem Anderen und berücksichtigt dabei die psychischen Dispositionen der Akteure. Ausgangspunkt meiner Kulturkritik der politischen Lernsituation im Feld der Wohnformen für das Alter(n) war eine empirische Untersuchung. Meine vorliegende Arbeit basiert auf einer von Generali Zukunftsfonds und der Stiftung trias geförderten qualitativ-explorativen Studie zu Wohnformen des Alter(n)s jenseits der üblichen Dichotomie private Häuslichkeit vs. Pflegeheim. Untersucht wurden in einer Demenz-, einer Multiple Sklerose-Wohngemeinschaft sowie einem integrierten Mehrgenerationenhaus in drei deutschen Großstädten die sozialen Prozesse des Gebens und Nehmens und die darin eingelassenen Aktivierungspotenziale mit Blick auf die Lebensqualität und das weitere Persönlichkeitswachstum der Menschen. Es zeichnen sich (sozialökonomisch noch nicht exakt gesicherte, aber eben plausible) Outcomes-Befunde ab, die auch auf eine attraktive Kosten-Effektivität im Vergleich zur Heimsituation hinweisen. Auch das Personal findet attraktive Arbeitsbedingungen, die zeitlich Platz lassen für fachliche Interventionen und Fördertherapien. Die optimale Wahl der Wohnform durch die BewohnerInnen, so der wichtige psychodynamische Befund, hängt biographisch von der personalen Balance zwischen Nähe und Distanz ab. Die Studie schließt mit einigen kommunalpolitischen Überlegungen. Hier wird vehement für ein Umdenken plädiert. Und auf diesen Punkt fokussierte die vorliegende Abhandlung. Die mentalen Blockaden der Politik, die kulturellen Skripte der Professionen und der Leistungsanbieter sind zu überwinden. Mehr soziale Phantasie und die Bereitschaft zur Akzeptanz neuer Ideen sind aufzubringen.
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Und es ist nicht falsch, hier enge (intentionalistische und funktionalistische1) Rationalitätsmodelle zu sprengen, die auf ökonomischen Nutzen oder auf eine reine sprachliche2 Kunst des Argumentierens setzen. „Man sieht nur mit dem Herzen gut“, um stattdessen Antoine de Saint-Exupéry (1900 – 1944) zu zitieren.3 Oder, um es mit Bachofen (1815 – 1887) auszudrücken: „Wo der Kopf mehr Fortschritte macht als das Herz, da verfällt der Mensch jenen finstern Trieben, die seine Seele auf ihrem untersten Grunde birgt“4. Insofern müssen sich die mentalen Modelle der kommunalen Akteure verändern. Wohnungswirtschaft, Kommunalpolitik und die Träger der Einrichtungen, oftmals die freie Wohlfahrtspflege, müssen ihre Projektionen gelingender Wohnarrangements, die sie in ihren Köpfen haben und auf die geglaubten Wohnpräferenzen der älteren oder älter werdenden Menschen übertragen, verändern. Soziale Phantasie: Es fehlt an sozialer Phantasie. Angesichts demographischer Prognosen nur mit dem Bau stationärer Kapazitäten, wohlmöglich am grünen Stadtrand und nicht wohnumfeld-integriert, zu reagieren, zeugt von mangelnder sozialer Phantasie, von völlig falschen, weil auf Disengagement abstellender Altersbilder und ist in der Regel von den Anbieterinteressen gesteuert. Aber auch die Bewohner des Wohnumfeldes, auf die ich ja insistiere, sind oftmals schwierige Stakeholder. Das St. Florians-Prinzip wirkt nicht selten in diesen Prozessen. „Lebenshilfe“ – ja sicher, aber bitte nicht bei uns. Die Implementation wohnumfeld-integrierter Wohnprojekte im Zuge von De-Institutionalisierung und Ent-Hospitalisierungen gestaltet sich angesichts der pseudo-humanistischen Präferenzen der Anwohner als nicht leicht. Die Angst vor dem ganz Anderen als das Fremdartige sitzt tief und projektiert tiefe Unsicherheiten, an denen die Implementationsbemühungen arbeiten müssen. Politik als Arbeit an der Kultur: Dies meint Kulturarbeit: Arbeit an der Veränderung der kulturellen Mechanismen der Akzeptanz von Veränderungen. Insofern schlussfolgere ich, was ich auch in anderen Kontexten (etwa der Implementation von transsektoraler Integrationsversorgung) als validierte Hypothese festgehalten habe: Rechtliche Rahmenbedingungen und ökonomische Anreize (Finanzierungsmodelle) sind notwendige Voraussetzungen der Ermöglichung solcher Projekte. Hinreichende
1 Wulf, Christoph (2005): Zur Genese des Sozialen. Mimesis, Performativität, Ritual. Bielefeld: transcript; vgl. auch Hempfer, Klaus W./Volbers, Jörg (Hrsg.) (2011): Theorien des Performativen. Sprache – Wissen – Praxis. Eine kritische Bestandsaufnahme. Bielefeld: transcript. 2 Wulf, Christoph/Fischer-Lichte, Erika (Hrsg.) (2010): Gesten. Inszenierung, Aufführung, Praxis. München: Fink; Wulf, Christoph u. a. (2010): Die Geste in Erziehung, Bildung und Sozialisation. Wiesbaden: VS. 3 Saint Exupéry, Antoine de (2009): Man sieht nur mit dem Herzen gut. Freiburg i. Br.: Herder. 4 Bachofen, Johann Jakob (2010). Griechische Reise. (1851). Hannover: Hohesufer, S. 35.
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Bedingung ist aber ein Wandel der Kultur, der mentalen Modelle der Stakeholder5, die hier tiefengrammatisch als verhaltensgenerierend verstanden werden. Wie in der Studie von Grunow u. a. gilt auch für die kommunale Pflanzung neuer Wohnprojekte die Relevanz der komplizierten Ausgangslage der schwierigen Akteurskonstellation. Aber auch die dort betonten Notwendigkeiten von Haltungswandlungen der Akteure, der Überwindung ihrer verengten, selbst-bezüglichen Wahrnehmungsschemata kann ich bestätigen. Erarbeitet werden muss im Klima einer kommunalen Innovationsbereitschaft ein Set kollektiv geteilter Normen und Werte, die das Fundament abgeben für gemeinsame Ziele. Die Politik muss innovativer denken; die sozialwirtschaftlichen/ sozialunternehmerischen Anbieter der Einrichtungen müssen die Möglichkeiten nicht-stationärer Konzepte als Modernisierung ihres nicht nur architektonischwohnkonzeptionellen Designs, sondern auch ihrer normativen Handlungslogik begreifen und willentlich akzeptieren. Die Wohnungswirtschaft schätze ich sachlich-neutraler ein: Ihr muss gezeigt werden, wie, was ja legitim ist, das gleiche Geld auch mit anderen Wohnkonzepten verdient werden kann. Wenn die Wohnungswirtschaft, wie das etwa bei sozial engagierten Wohnbaugenossenschaften im Quartier oftmals der Fall ist, auch „sozialreformerisch“ denken – umso besser. Aufbrechen dispositionaler Zusammenhänge: Dieser Befund mag mager wirken. Doch manchmal ist das Ergebnis langer Forschung einfach: die Kräfte des gesellschaftlichen Seins, dass das Bewusstsein und daher das soziale Handeln der Menschen bestimmt, können wiederum nur verändert werden, wenn sich das Denken der Menschen verändert. Immer schon hat der Überbau die Basis, an die der Überbau geschichtlich gekoppelt ist, bestimmt. Sozialreform, hier der Wandel der Möglichkeiten, unter dem Aspekt der optimalen Passung je nach persönlichkeitsspezifischen, biographie-bedingten Präferenzen im Alter(n) auszuwählen, ist offensichtlich ein Stück „Kulturkampf“: Kampf mit verkrampften Modellen der Weltsicht, der impliziten Menschenbilder (Altersbilder) und der eigenen Rationalität bornierter ökonomischer Interessen. Man kann/ sollte sein Geld auch mit sozial phantasievolleren Projekten verdienen können. Ökonomische Interessen sind einzubetten in die Bahnungen neuer, Lebensqualitäts-gestaltender Ideen. Dass dürfte nicht zu viel verlangt sein, wenn es um die humane Weiterentwicklung des gesellschaftlichen Umgangs mit dem Alter im Generationengefüge geht. Und es wäre zugleich eine Rückgewinnung des genuin Politischen, ein Stück polis auch in der modernen Welt. Sisyphos als glücklicher Mensch: Abschließend sei nochmals für übergreifende sozialcharakterliche Perspektive auf die Dialektik von Sozialreformengagement und 5 Ruckh, Mario/Noll, Christian/Bornholdt, Martin (Hrsg.) (2006): Sozialmarketing als Stakeholder-Management. Bern: Haupt Verlag.
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Selbst-Schutz formuliert: Generiert werden müssen Impulse zur Entwicklung einer Haltung der Gelassenheit als Teildimension einer Ethik der Achtsamkeit, die existenzialphilosophisch fundiert ist und auf das Verstehen und Einnehmen des Postulates von Camus hinausläuft, wonach man sich Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen solle. „Der Mensch ist frei, weil die Freiheit die Innenseite des Schicksals ist.“6
6 Schildt, Göran (1954): Im Kielwasser des Odysseus. Wiesbaden: Brockhaus, S. 137. Oder auch: „Ein Mensch kommt nicht zur Gesellschaft wie ein Gast zur Abendeinladung: aus freien Stücken, fertig gekleidet. Ein Mensch gehört schon zur Gesellschaft, wenn er als kleines Bündel im Arm der Mutter oder des Vaters liegt.“ Thomä, Dieter (2010): Statt einer Einleitung: Stationen einer Geschichte der Vaterlosigkeit von 1700 bis heute. In: ders. (Hrsg.): Vaterlosigkeit. Geschichte und Gegenwart einer fixen Idee. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 11 – 64, hier S. 16.
Schlusswort im Lichte der hermeneutischen Anthropologie von Bollnow Institutionalisierung älterer und alter Menschen und von Menschen mit Behinderungen ist auf dem ersten Blick eine bauliche Frage der Wohnformen; das ist auch richtig; beim zweiten Blick erweist sich Institutionalisierung aber als Denkstil, als mentales Modell des Umgangs mit dem Mitmenschen. Also muss man die Denkgewohnheiten verändern, dann wird es auch eine bunte Vielfalt der Formen im Alter(n) geben! Ich überziehe dabei nicht die Erwartungen an die Erziehung. Aber wenn Angst die eine Form der Grundgestimmtheit des Menschen in seiner Existenz ist (und die Aktualisierung der Angst hat sich in der vorliegenden Arbeit als eine der Hauptbarrieren innovativer Lebenswelten in den Kommunen gezeigt), dann muss, mit Bollnow, die Hoffnung als zweite, eigenständige und zur Angst ebenso gleichursprüngliche Gestimmtheit des Menschen angesehen werden.1 Ein analoges begriffliches Korrespondenzpaar ist das von Ur-Angst und Ur-Vertrauen2. Ich rezipiere Bollnows hermeneutische Anthropologie durchaus bipolaritätspsychologisch: Antinomisch ist die ontologische Struktur des Menschen in seiner Existenz: Gedrückte und gehobenen Stimmungen und Gestimmtheiten strukturieren die menschliche Psyche als Polarität, wobei die Pole aufeinander bezogen sind. Die Ontologie des Getragenseins im geschichtlichen Sein verweist auf das anthropologische Bedürfnis nach Geborgenheit, für die das soziale Leben auch eine entgegenkommende Chance bieten muss. Für Bollnow bleibt dieses Projekt ein Wagnis (auch hier deuten sich theologische Grenzgebiete des Argumentierens an), an dem die Menschen scheitern können. Es geht um die höchst existenziale Frage, wie der Mensch aus der Welt der Feindlichkeit hinüber treten kann in eine Welt des Wohnens. Insofern ist es nicht falsch, mit Lutze
1 Vgl. dazu auch Koerrenz, Ralf (2004): Otto Friedrich Bollnow. Ein pädagogisches Portrait. Weinheim-Basel: Beltz (UTB), S. 62 f. 2 Claessens, Dieter (1979): Familie und Wertesystem. 4. Aufl. Berlin: Duncker & Humblot sowie Erikson, Erik H. (2005): Kindheit und Gesellschaft. (dt. 1957; engl. 1950). 14. Aufl. Stuttgart: Klett-Cotta, S. 241 ff. Vgl. auch Posth, Rüdiger (2009): Vom Urvertrauen zum Selbstvertrauen. Das Bindungskonzept in der emotionalen und psychosozialen Entwicklung des Kindes. Münster: Waxmann.
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argumentierend, Bollnows Anthropologie der Hoffnung und der Wagnis als Reflexion des Verhältnisses des Menschen zum Fremden an sich zu verstehen.3 Damit komme ich tugendethisch4 zurück zur personalen Mitte der Gelassenheit, einer Haltung, die angesiedelt ist zwischen existenzieller Verzweifelung einerseits und gedankenloser Sicherheit andererseits. Das ist der Korridor des Gelingens der Wagnis, strukturanalog zum Argumentieren eines „Mut(es) zum Sein“ bei Paul Tillich (1886 – 1965)5, der ähnlich wie Ludwig Binswanger (1881 – 1966) (für den die Liebe im sozialen Miteinander Weite und Höhe im Blick, ein Gehen und Wandern im Leben, damit auch Sehen und somit Blickweite und letztendlich Zeitlichkeit als Zukunftsmöglichkeit eröffnet6), der dem Existenzial der Sorge das ebenso existenziale Prinzip der Liebe korrespondieren lässt. Die Hoffnung – ein schillerndes Thema zwischen den Positionen von Ernst Bloch (1885 – 1977) und des Ironismus von Friedrich Nietzsche – ist somit der letzte, tragende Grund der Seele des Menschen in der geschichtlichen Wirklichkeit. Hoffen treibt aus sich heraus das Gestalten-Wollen hervor. Das ist der Gegensatz von der Haltung des Einfach-Geschehen-Lassens. Das mag mancher Position nicht radikal genug zu sein. Auch hier irrte Adorno (wie bei Durkheim) in seiner Rezeption. „Martin Bubers (1878 – 1981 – Anm. S.-N.) Ich-Du-Philosophie wird auf diesem Wege übrigens geistesgeschichtlich gleich mit entsorgt“, schreibt Koerrenz.7 In Wahrheit kennt Bollnow das Böse (das Adorno als Objekt Kritischer Theorie kaum für sich gepachtet hat) und deshalb fragt er ontologisch und anthropologisch, auch mit Blick auf die Gestaltungs-Chancen, nach der Möglichkeit des friedvollen, sinnerfüllten Wohnens in dieser Welt. Was die moderne Gesellschaft im Umgang mit dem Anderen, dem xénos, bedarf, ist eine Wiederholung des Mythos um Artemis. Einst als fremde Göttin dem Griechischen fremd und feindlich, gar mit schrecklicher Angst begegnet, wurde sie dem Griechischen einverleibt, organisch integriert: „Sobald die fremde Artemis griechisch wird, schlägt ihre Andersheit um, ihre Funktion verkehrt sich. Sie bezeichnet nicht mehr, wie bei den Skythen, die dem Wilden eigentümliche Unfähigkeit, mit dem Zivilisierten in Berührung zu treten, sondern die zur Kultur gehörige Funktion, das ihr Fremde sich einzuverleiben, den Anderen zu assimilieren, ohne dadurch zu
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Lutze, Katinka (1996): Wagnis Vertrauen. Das Verhältnis des Menschen zum Fremden in der anthropologischen Pädagogik Otto Friedrich Bollnows. Eitorf: gata. 4 Dazu Bollnow, Otto Friedrich (1958): Wesen und Wandel der Tugenden. Frankfurt am Main: Ullstein. 5 Tillich, Paul (1991): Der Mut zum Sein. Berlin-New York: de Gruyter. 6 Vetter, Heinz (1990): Die Konzeption des Psychischen im Werk Ludwig Binswangers. Bern: Lang, S. 113. 7 Koerrenz, Ralf (2004): Otto Friedrich Bollnow. Ein pädagogisches Portrait. WeinheimBasel: Beltz (UTB), S. 123. Vgl. dazu Adorno, Theodor W. (1964): Jargon der Eigentlichkeit. Zur deutschen Ideologie. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 17.
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verwildern.“8 Damit wird Artemis zur polis-Göttin, zur Göttin der Stadtgründung. Und auch Vernant (1914 – 2007) konstatiert, dass es sich um „ein in mancher Hinsicht aktuelles Problem“ handelt.9 Nochmals Vernant: „Wenn die Griechen aus der Göttin der Ränder eine Integrations- und Assimilationskraft machten und wenn sie Dionysos, der im griechischen Pantheon die Figur des Anderen verkörpert, mitten hineinstellten in das gesellschaftliche Dispositiv, mitten auf die Bühne (…), dann erteilten sie uns eine bedeutsame Lehre. Sie fordern uns nicht etwa dazu auf, Polytheisten zu werden, an Artemis und Dionysos zu glauben, sondern dazu, in der Vorstellung von Zivilisation den gebührenden Platz einer Geisteshaltung einzuräumen, die nicht nur einen moralischen und politischen Wert besitzt, sondern auch einen im Grunde intellektuellen Wert, der Toleranz heißt.“10 Ich habe mit Bezug auf ethnologisches und kulturgeschichtliches Material vergleichend andeuten können, wie oft die Angst vor dem „Draußen“11, dem Dämonischen, paläoanthropologisch tief sitzt, aber dennoch nicht deterministisch wirksam ist. Die kulturelle Umgangsweise mit dem Draußen ist eben kulturell überformt und kann auf Metamorphosen der seelischen Handlungsdispositionen hinwirken. Und auch hierfür, für eine freundlichere Umgangsweise mit dem Andersartigen, gibt es Beispiele: „Häufiger hält man in anderen Gebieten Geistesgestörte für von einem übernatürlichen Wesen besessen. Sie stehen dann außerhalb der strengen Gesellschaftsordnung und werden manchmal mit scheuem Respekt behandelt. (…) Eingegriffen wird nur, wenn der Verantwortungslose Dinge begeht, die ihn selbst oder andere in Gefahr bringen (…). Dann nehmen besonnenere Leute auf dies Wesen keinerlei Rücksicht und bringen ihn unter Umständen mit Gewalt in Sicherheit.“12 Dem Anderen wird demnach weitgehend schlicht ihre „Narrenfreiheit“ gelassen.13 *** „Solche Dinge treiben sie einem an der Universität schon aus. Das erste, was sie einem nehmen, ist die Lust an dem Fach, das man studieren will.“ (Harry Mulisch [1927 – 2010]: Die Entdeckung des Himmels, München-Wien 1993, S. 337 f.) 8 Vernant, Jean-Pierre (1988): Tod in den Augen. Figuren des Anderen im griechischen Altertum: Artemis und Gorgo. Frankfurt am Main: Fischer, S. 19. Zu den Skythen vgl. auch Parzinger, Hermann (2010): Die Skythen. 3., überarb. Aufl. München: Beck. 9 Vernant, Jean-Pierre (1988): Tod in den Augen. Figuren des Anderen im griechischen Altertum: Artemis und Gorgo. Frankfurt am Main: Fischer, S. 21. 10 Vernant, Jean-Pierre (1988): Tod in den Augen. Figuren des Anderen im griechischen Altertum: Artemis und Gorgo. Frankfurt am Main: Fischer, S. 21 f. 11 Schmitz, Hermann (2005): Das Göttliche und der Raum. System der Philosophie III. Teil 4. Bonn: Bouvier, S. 228 ff. Hier handelt Schmitz das „Draußen der Umfriedung“ als „Abgründigkeit des Draußen“ ab. 12 Nevermann, Hans/Worms, Ernest A./Petri, Helmut (1968): Die Religionen der Südsee und Australiens. Stuttgart u. a.: Kohlhammer, S. 105. 13 Nevermann, Hans/Worms, Ernest A./Petri, Helmut (1968): Die Religionen der Südsee und Australiens. Stuttgart u. a.: Kohlhammer, S. 106.
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Sachverzeichnis Achtsamkeit 7, 74, 85, 134, 139 Ahnenkult 18, 36 Alterität 16, 17, 67, 71, 97 Altern, gelingendes 58, 76 Altersbilder 51, 64, 82, 83, 90, 114, 132 Ambivalenz 40, 66, 69, 91, 104, 106, 134 Ambivalenzen, seelische 19 Andere 14, 18, 19, 70, 107 Anders-Sein 31 Andersartig 31 Anerkennung 8 Angst 16, 18, 19, 23, 29, 71, 82, 97, 106, 148 – vor dem Tod 35 Animalität 103 Animismus 15, 43 Anormale 35, 45 Anrufung 71 Anstaltsförmigkeit 81 Anstaltslogik 107 Anthropologie – hermeneutische 21, 148 – pädagogische 20, 58 – philosophische 73, 74, 97, 137 – theologische 27, 108, 137 Archaik 49 Artemis 9, 22, 149 Autonomie 52 Barmherzigkeit 30, 93 Behindertenbilder 90 Bindungsforschung 136 Bipolaritätspsychologisch 148 Blick – ärztlicher 129 – ethnographisch-ethnologischer 111 – ethnologischer 31, 64 – gouvernementaler 59 Blick-Verengung 58, 135 Brauchtum 129
Care-Kontinuum 97 Care Management 121 Case Management 121 Change Management 72, 110, 127 Choreographie 72, 109, 127, 131 Christentum 94, 98 chronotopisch 60 Code 26, 40 Codes, binäre 7, 16, 36, 48 Community care 82, 118 Community Organizing 82 Cultural turns 112 Dämon(en) 39, 48, 99 dämonisch 7, 14, 36, 43, 98, 150 Dasein, verfehltes 26, 47 daseinsanalytisch 60 De-Institutionalisierung 7, 15, 30, 67, 71, 75, 82, 107 De-Konstruktion 33 De-Professionalisierungsängste 130 Denkstil 31, 61, 112, 148 Denkstile, kollektive 90 dependency support script 7, 90 Dermatologie, soziale 95 Differenz 44, 107 dionysisch 40, 101, 103 Dionysos 15, 98 Disposition, paläoanthropologische 44 Distanz 55, 78, 86 „do ut des“ 66 Draußen 22, 48, 106, 150 Drehbücher 132 Durkheimianismus, post-strukturalistischer 63 Ekel 29, 42, 64 Ekstase 101 Empathie 9, 136 Empowerment 76, 84, 85, 118 Engagement, bürgerschaftliches 87
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Ent-Hospitalisierung 67 Entwicklungsmilieu, kommunales 112 Epistemologie, historische 97 Ermöglichungsrahmen, rechtlicher 111 Existenz, dialogische 26, 75, 118 Existenzerhellung 52 Existenzform, noetische 59 Exklusion 7, 19, 44 Falte 59 Feld 111, 126 Figuration 60, 112 Form-Inhalts-Metaphysik 23 Formenkreis – depressiv-melancholischer 47 – dionysisch-panischer 100 – dionysischer 100 Frames 112 Fremde 14, 19, 38, 67, 99, 134 Funktionskreis-Theorie 47 Furcht vor dem Dämon 38 Gabe 24, 26, 62, 71 Gabebereitschaft 9 Gastfreundschaft 26, 74, 94, 97, 104, 109, 134 Gastfreundschaftskultur 7, 26, 56, 62 Geborgenheit 148 Gelassenheit 135, 137, 142, 149 Generationengefüge 65, 146 Geographie, soziale 48 Gerontophobie 14, 35 Gestalt 23 Gestalt-Switch 31 Gestaltkreis 47 Gesundheitsselbsthilfegruppen 88 Gnade 22, 93 Governance 126 Grammatik 63 – kulturelle 7, 55, 63, 65, 73, 92, 126 Grammatiken des Sozialen 32 Habitus 25, 61, 129 Haltung 21, 31, 67, 83, 93, 112, 113, 132, 134, 149 Hermeneutik 23, 33, 140 – binärer Mechanismen 50 – kulturtheologische 23
Heros 133 Hilflosigkeit, erlernte 90 Höhlengleichnis 29 Hoffnung 149 homo faber 141 homo oeconomicus 135 homo patiens 18, 56, 74, 137 homo politicus 95 homo sacer 68 homo sociologicus 139 Horizonte, chronotopische 33 Humanismus 94 Hygiene 48 Hygiene-Angst 64, 67 Ideen 83, 110, 112, 126, 146 Ideenpolitik 92, 138 Identität, narrative 56, 57 Ingenieursmentalität 141 Inklusion 7, 15, 19, 67 Innen 48 Inskriptionen 36, 73, 92, 138 Institution, totale 56, 84 Institutionalisierung 7, 78, 81, 148 Issue-Netzwerk 113 Kairos 23 Klassifikation, soziale 46 Klassifiktionsmechanismen, soziale 49 Kohärenzgefühl 110 Kommunalität 23, 24 Kommune 22, 88 Kommunikation, gelingende 114, 116 Kommunion 22 Kultpraxis 39 Kulturgrammatik 15 Kulturgrammatisch 106 Kultursemiotisch 98 Lebenslagendiagnostik 130 Leiblichkeit 14, 43 Lepra-Politik 30 Lernprozesse 111, 115, 127 Lichtmetaphysik 28 Liebe 26, 73, 94, 95, 107, 149 Liebesethik, universale 95, 106 Liebespatriarchalismus 108 Liminalität 100, 101
Sachverzeichnis Magie 17, 38, 43 Mahlgemeinschaft 105 Mahlgemeinschaftskulte 108 Mana 133 Maske 25, 103, 139 Mehr-Ebenen-System 73 Metaphernpraxis 42 Mischwesen 103 Modell, mentales 7, 31, 81, 83, 127, 148 Monotheismus 16, 40 Mut zum Sein 149 Mut zum Sein-Haltung 73 Mythologie 38 Mythopoetik 28, 47 mythopoetisch 27, 137 Mythos 18 Nächstenliebe 69 Nähe 55, 78, 86 NOMOS 70 Numinos 18, 100 Numinosität 104 Odysseus 15 Ödipus-Mythos 71 Ohnmacht 37 Ontologie des sozialen Miteinanders 59 Ontologie des „Zwischen“ 25, 47 Ordnung, binäre 36 Ordnungscode 51 – binärer 45 Over-protection 90 paläoanthropologisch 31, 74, 150 Panisch 101 Panoptikum 29 Pastoralmacht 94, 107 Pathosophie 47 Performanz 71 Performativität 31, 112, 131 Persönlichkeit, charismatische 113 Persönlichkeitswachstum 71, 77, 112, 118 Person 59 Person-Sein 75 Personalisierung 29 Personalismus, methodologischer 56 Personalität 13, 135 pfadabhängig 126
Pfadabhängigkeit 113 Phantasie, soziale 145 Plastizität 32, 74, 92, 114 Politikverflechtung 73, 88 Positionalität, exzentrische 74, 135 poststrukturalistisch 25, 56, 73 Praxis, schöpferische 84 – soziale 27, 53, 58, 112 Privatheit 25, 52 Professionen 61, 87, 89, 131 Psycho-Logik 55 Psychodynamik 15 Psychogrammatik 97, 126 psychogrammatisch 63, 106 Raum 13, 20, 26, 27 Regel, goldene 136 Regime, hygienisches 42 Reinheitspraxis 38 Reise 15 Reziprozität 25, 26, 62 Reziprozitätsprinzip 76 Rollen-Skripte 113 Scham 29, 52 Sein, personales 26, 86, 96, 118 Sisyphos 93, 94, 127 Sisyphos-Arbeit 8 Sittengesetz 136 Skript 73, 131 Skripte, kulturelle 61, 78, 122, 126 Social engineering 109, 127 Sondereinrichtungen 52 Sonderwohnformen 52 Sophrosyne 134 Sorge 38, 73, 149 Sorgeexistenzial 26 Sozialcharakter 134 Sozialforschung, post-strukturale 32 Sozialgemeinde 89, 114 Sozialkapital 90, 114 sozialräumlich 63, 84, 118 Sozialraum 65, 109, 122 Sozialraumplanung 89 Sozialreform 137, 143, 146 Sozialreformer 135 Sozialreformprogramm, deuteronomisches 68
197
198 Sozialreformtradition 130 St. Florians-Prinzip 31, 82 Stakeholder 84, 126 Statuspassagen 101 Struk-jektivität 59 strukturale Analyse 46 Strukturalismus 57 Subjektivität, mythopoetische 57 Systole-Diastole-Balance-Problem 54 Tabu 38, 42, 47 Theorien, hylemorphe 23 Tod 35 – sozialer 84, 96 Todesangst 37 Totenglauben 18 transaktionale Theorie 27 Transaktionalismus 28 Transgression 100 Tugend 21, 92, 126, 134, 135 Unreinheit 30, 132 Unreinheitsproblematik 44
Sachverzeichnis Ur-Angst 148 Ur-Dispositionen 36 Ur-Vertrauen 148 Veränderungs-Governance 73 Vertragskultur 8 vertragstheoretisch 41 Vertrauenskapital 41, 110, 114 Wagnis 149 Wahnsinn 30, 42 Wahrheit des Mythos 142 Wahrnehmungs-Skripte 90 Weiblichkeit 42 Weiblichkeitskonstruktionen 43 Weisheit 140 Weltoffenheit 21, 58 Wohlfahrtsarrangements 87 Wohlfahrtskultur 132 Wohnen 13, 14, 20, 26, 29 Wohnformen 76 Xenophobie 14, 35, 42, 44, 100