Entwurfsatlas Wohnen im Alter: Zweite, überarbeitete Auflage 9783035609882, 9783035608328, 9783035611519

Wohnqualität im Alter A comprehensive guide to designing quality housing for older people Zweite, überarbeitete Aufl

153 48 91MB

German Pages 248 [240] Year 2017

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Table of contents :
Inhalt
Vorwort zur zweiten Auflage
Universal Design: Eine Unabhängigkeitserklärung
GRUNDLAGEN
Das Bett, das Zimmer, das Haus – im Lebensabschnitt Alter
Alte Menschen in den Gesellschaften
Neue Wohnformen für ältere Menschen
Von „Retirement Communities“ zu Sinngemeinschaften
Demenz als Seinsform: Wohnumfeld und Handlungskompetenz
Leben und Sterben: Wohnen im Hospiz
Vom Wesen des Wohnens: Sicherheit – Geborgenheit – Orientierung
Vorsorge in der Grundrissplanung
Innenarchitektur und Produktdesign
Gärten für Senioren – Aspekte einer altersgerechten Freiraumgestaltung
PROZESSE
Die Rolle des Architekten im Planungsmarkt Pflege und Wohnen
Planen und Entwerfen für Menschen mit Demenz
Bedarfsplanung – partizipatorisch planen und bauen als ganzheitlicher Prozess
Betreiber, Träger, Bauherren: Wohnungswirtschaft – Pflegewirtschaft
Projektsteuerung und Kostenmanagement bei Seniorenimmobilien
Qualitätsmanagement und Zufriedenheitsstudien
Einleitung
Mehrgenerationen-Wohnen
Betreutes Wohnen Wohnen mit Service
Zielgruppenorientiertes Wohnen
Wohnen für Menschen mit Demenz
Wohn- und Pflegeheime
Vielfalt im Quartier Wohnen ergänzt Nutzungsmischungen
Anhang
Recommend Papers

Entwurfsatlas Wohnen im Alter: Zweite, überarbeitete Auflage
 9783035609882, 9783035608328, 9783035611519

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E N T W U R F S AT L A S W O H N E N I M A LT E R

E N T W U R F S AT L A S

Wohnen im Alter Zweite, überarbeitete Auflage Eckhard Feddersen Insa Lüdtke

M I T B E I T R ÄG E N VO N

Helmut Braun Stefan Dreßke Maria B. Dwight Dietmar Eberle Angelika Hausenbiegl Bernhard Heiming Matthias Hürlimann Katharina Hürlimann-Siebke Marie-Therese Krings-Heckemeier Yasmine Mahmoudieh Johanna Myllymäki-Neuhoff Beth Tauke Nikolaos Tavridis Rudolf Welter Harms Wulf Evmarie Zell

Birkhäuser Basel

Autor und Verlag danken der IMMAC Holding AG für ihre Beteiligung an diesem Buch.

Layout und Satz 2. Aufl.: Alexandra Zöller Layout, Covergestaltung und Satz 1. Aufl.: Oliver Kleinschmidt Herstellung: Kathleen Bernsdorf Lektorat: Andreas Müller Papier: 150 g/m2 BVS matt weiß Druck: Medialis Offsetdruck GmbH

Library of Congress Cataloging-in-Publication data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen ­Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Ver­ vielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. Dieses Buch ist auch als Hardcover (ISBN 978-3-0356-0832-8) und E-Book (ISBN PDF 978-3-0356-0988-2) sowie in englischer Sprache erschienen (ISBN Hardcover 978-3-0356-0844-1, ISBN Softcover 978-3-0356-0980-6, ISBN PDF 978-3-0356-0976-9). Erste Auflage 2009 (Hardcover) und 2011 (Softcover) Zweite und überarbeitete Auflage 2018 © 2018 Birkhäuser Verlag GmbH, Basel Postfach 44, 4009 Basel, Schweiz Ein Unternehmen der Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Gedruckt auf säurefreiem Papier, hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff. TCF ∞ Printed in Germany ISBN 978-3-0356-1151-9 987654321 www.birkhauser.com

Wohnen im Alter – Grundlagen und Prozesse

8 Eckhard Feddersen, Insa Lüdtke Vorwort zur zweiten Auflage 9 Beth Tauke Universal Design: Eine Unabhängigkeitserklärung

G R U N D L AG E N

PROZESSE

12 Eckhard Feddersen Das Bett, das Zimmer, das Haus – im Lebensabschnitt Alter

54 Eckhard Feddersen Die Rolle des Architekten im Planungsmarkt Pflege und Wohnen

16 Angelika Hausenbiegl Alte Menschen in den Gesellschaften 22 Marie-Therese Krings-Heckemeier Neue Wohnformen für ältere Menschen 26 Maria B. Dwight Von „Retirement Communities“ zu Sinngemeinschaften 30 Johanna Myllymäki-Neuhoff Demenz als Seinsform: Wohnumfeld und Handlungskompetenz 34 Stefan Dreßke Leben und Sterben: Wohnen im Hospiz 38 Insa Lüdtke Vom Wesen des Wohnens: Sicherheit – Geborgenheit – Orientierung 42 Dietmar Eberle Vorsorge in der Grundrissplanung 46 Yasmine Mahmoudieh Innenarchitektur und Produktdesign 50 Harms Wulf Gärten für Senioren – Aspekte einer altersgerechten Freiraumgestaltung

56 Rudolf Welter, Matthias Hürlimann, Katharina Hürlimann-Siebke Planen und Entwerfen für Menschen mit Demenz 64 Evmarie Zell Bedarfsplanung – partizipatorisch planen und bauen als ganzheitlicher Prozess 68 Nikolaos Tavridis Betreiber, Träger, Bauherren: Wohnungswirtschaft – Pflegewirtschaft 72 Bernhard Heiming Projektsteuerung und Kostenmanagement bei Seniorenimmobilien 76 Helmut Braun Qualitätsmanagement und Zufriedenheitsstudien

Wohnen im Alter – Typologien und Projekte 78 E I N L E I T U N G

M E H R G E N E R AT I O N E N - W O H N E N

81 Einleitung 82 Karmelkloster Bonn-Pützchen, Deutschland Fischer – von Kietzell – Architekten

88 „Miss Sargfabrik“ Wien, Österreich MISSARGE/BKK-3/BK 92 Wohnüberbauung Steinacker Zürich-Witikon, Schweiz Hasler Schlatter Partner Architekten

B E T R E U T E S W O H N E N – W O H N E N M I T S E RV I C E

99 Einleitung 100 Cronstetten-Haus Frankfurt am Main, Deutschland Frick.Reichert Architekten 106 Wohn- und Begegnungszentrum Tårnåsen Oppegård bei Oslo, Norwegen KVERNAAS ARKITEKTER 108 Brookside House Knotty Ash, Liverpool, Großbritannien shedkm 110 „Stadtcarré“ Bad Rappenau, Deutschland ASIRarchitekten 116 Komplex für Betreutes Wohnen Emerald, Niederlande KCAP Architects & Planners

WOHN- UND PFLEGEHEIME

171 Einleitung 172 Pensionisten- und Pflegeheim St. Pölten, Österreich Georg W. Reinberg 178 Pflegeheim St. Anna Karlsruhe, Deutschland PIA – Architekten, Prof. A. Löffler, R. Schneider, M. Schmeling, G. Leicht 180 Alten- und Krankenheim „Plaine de Scarpe“ Lallaing, Frankreich Yann Brunel 182 Geriatriezentrum Santa Rita Ciutadella, Menorca, Spanien Manuel Ocaña del Valle

186 Seniorenzentrum St. Michael Berlin, Deutschland GAP Gesellschaft für Architektur und Projektmanagement 190 Residencia Alcázar Juan Hermanitas Ancianos Alcázar de San Juan, Spanien Ignacio Vicens y Hualde, José Antonio Ramos Abengozar 196 Pflegeheim Dornbirn, Österreich ARGE Riepl Riepl Architekten, Johannes Kaufmann Architektur 198 Seniorenresidenz Withus Nezu, Tokio, Japan Kengo Kuma & Associates

200 Altenwohnheim Jezárka Strakonice, Tschechien Libor Monhart, Vladimír Krajíc 202 Vigs Ängar Köpingebro, Schweden Husberg Architects office AB / Lillemor Husberg 204 Tagespflegezentrum Kamigyo Kioto, Japan Toshiaki Kawai (Kawai architects) 206 Seniorenwohnheim Ulrika Eleonora Loviisa, Finnland L&M Sievänen architects / Liisa & Markku Sievänen mit Meiri Siivola

118 Elbschloss Residenz Hamburg, Deutschland Kleffel Köhnholdt Papay Warncke Architekten 124 The Tradition of the Palm Beaches West Palm Beach, Florida, USA Perkins Eastman 128 West View Manor Siedlungsregion der Amischen in Ohio, USA JMM Architects 130 Seniorenresidenz Will Mark Kashiihama Fukuoka-City, Japan KUME SEKKEI

Z I E LG R U P P E N O R I E N T I E RT E S W O H N E N

WOHNEN FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

135 Einleitung

155 Einleitung

136 Brouwersgracht und L.A. Rieshuis Amsterdam, Niederlande mecanoo Architekten 138 Palladiumflat Groningen, Niederlande Johannes Kappler Architekten 140 Seniorenwohnungen Nedregaard Boligområde Ålesund, Norwegen LONGVA ARKITEKTER

142 Wohnfabrik Solinsieme St. Gallen, Schweiz ARCHPLAN AG 144 Beginenhof Berlin, Deutschland PPL Barbara Brakenhoff

156 Kompetenzzentrum für Menschen mit Demenz Nürnberg, Deutschland Feddersen Architekten

212 Altenpflegeheim „Les Artistes de Batignolles“ Paris, Frankreich Atelier du Pont 214 Demenzdorf „De Hogeweyk“ Weesp, Niederlande Molenaar&Bol&VanDillen architecten/ Dementia Village Architects and Advisors 216 Kompetenzzentrum Beraten – Wohnen – Pflegen Forchheim, Deutschland Feddersen Architekten

166 Krankenheim Sonnweid, zweite Erweiterung Wetzikon, Schweiz Bernasconi + Partner Architekten

146 RainbowVision Santa Fe, New Mexico, USA Lloyd & Associates Architects 148 Altenheim Kenyuen Wakayama, Japan Motoyasu Muramatsu

V I E L FA LT I M Q U A RT I E R – W O H N E N E R G Ä N Z T N U T Z U N G S M I S C H U N G E N

211 Einleitung

162 Tagesstätte mit therapeutischem Garten Le Creusot, Frankreich Dehan + Spinga Architekten

ANHANG

218 Gesundheitszentrum und Seniorenresidenz Leszno, Polen NA NO WO Architekci, PIP STANDARD

226 Projektdaten

222 Altenpflegeheim „Antoine de Saint-Exupéry“ Villejuif, Frankreich Elizabeth Naud et Luc Poux, architectes associés

232 Bibliografie

224 St. Joseph’s Senior and Family Housing Oakland, Kalifornien, USA Van Meter Williams Pollack, LLP

230 Autoren

234 Personen- und Ortsregister 235 Fotonachweis 236 Dank 238 Sponsorenprofil

Vorwort zur zweiten Auflage Seit der ersten Auflage sind rund zehn Jahre vergangen. Inzwischen ist Bauen im „Universal Design“ weitaus besser angekommen, als zunächst angenommen. Dennoch hat der Bedarf an stationärer Pflege nicht nachgelassen, wofür es handfeste Gründe gibt. Trotzdem gilt: „Kein Schwein will ins Heim!“ So nutzt heute auch die stationäre Pflege den wachsenden Wettbewerbsdruck durch weiter ausdifferenzierte ambulante wie auch teilstationäre Angebote, sich neu und attraktiver aufzustellen. Wohnungen für Menschen im Alter zu planen, galt bisher nicht als ein Thema für Architekten, das großes öffentliches Ansehen versprach. Dies könnte sich allerdings bei einer Neubewertung gesellschaftlicher Erfordernisse schnell wandeln, wenn sich wieder reale Bedürfnisse in den Vordergrund des Interesses schieben. Dann gibt es plötzlich kein größeres oder drängenderes Aufgabenfeld als das Leben und Wohnen von jungen Menschen, von Familien und von immer älter werdenden Menschen. Für das Glück eines heute geborenen Menschen ist der wichtigste objektive Indikator die Dauer seines Lebens. Diese sagt etwas darüber aus, ob und wie viele Menschen schon kurz nach ihrer Geburt sterben und ob die Nahrungskette ausreicht und ausreichend sauber ist. In der Länge des Lebens spiegeln sich die Hygienebedingungen für Luft und Wasser genauso wie die gesundheitliche Versorgung, das Rentensystem und die Arbeitsbedingungen. Dieser Indikator sagt mehr über den Grund von Millionen Menschen aus, ihr Leben zu riskieren beim Wechsel von Süd nach Nord, als viele kleinteiligere Parameter. Die durchschnittlichen Lebenserwartungen in Mittel- und Nordeuropa sowie in Japan sind die längsten auf der Welt. Entsprechend dieser Realität wurden wir auf der Suche nach guten internationalen Beispielen für das Wohnen im hohen Alter überproportional in der Schweiz und den ihr benachbarten Staaten fündig. Alter ist aber kein territoriales oder gar nationales Thema, sondern ein globales. Die ganze Welt möchte so alt werden können, wie man es in Mitteleuropa heute schon wird. Wir haben es somit auch mit einem Thema zu tun, das in den kommenden Jahrzehnten für viele Regionen außerhalb der hoch entwickelten Staaten eine Rolle spielen könnte, wenn auch nur für begrenzte Teile der Bevölkerung. Bereits heute nimmt auch in China oder Indien die „Dienstleistung“ der und an der Familie im Alter ab und wird auf bezahlte Kräfte verlagert. Die einzige realistische Alternative zu den vielfältigen Formen, Typen und Konzepten von Wohnungen alter Menschen, die wir zeigen, ist der Weg, den die Skandinavier gehen. Sie pflegen ihre hoch betagten Menschen mit ambulanten Leistungen in ihrer eigenen Wohnung und verzichten weitgehend auf den Bau von spezifischen Seniorenhäusern. Der gesellschaftliche Aufwand hierfür ist jedoch ungleich höher und erfordert entsprechende sozialpolitische Entscheidungen. Wohnen heißt einfach „sich wohlfühlen“. Es braucht Hunderte von kleinen Stellschrauben, um jedem Menschen sein individuelles Wohlgefühl zu ermöglichen. Als Architekten sehen wir neben den vielen funktionalen Lösungen insbesondere den ästhetischen Rahmen dieses Wohlgefühls als unsere höchste Leistung an. Dabei müssen wir Architekten bedenken: Im Alter kann man sehr gut beurteilen, was einem behagt und was nicht. Man braucht keinen überflüssigen Tand mehr. Was zählt, ist im besten Falle „Einfachheit“, also tatsächliche Werthaltigkeit, Klarheit des Ausdrucks und Tauglichkeit im Gebrauch. Wir hoffen, nicht zuletzt in diesem Sinne eine Botschaft überbringen zu können. Diese Botschaft wollen wir auch nach einem Jahrzehnt untermauern und erweitern: Seien wir noch mutiger in unseren Gestaltungsmitteln, seien wir noch offener, was die Rahmenbedingen angeht, und seien wir noch bunter, experimentierfreudiger! In der neuen Auflage wurde im Projektteil ein ganzes Kapitel ersetzt: Beispiele dafür, wie sich Wohnen und Pflege verbinden und zu einander ergänzenden Nutzungen hin öffnen – in der sozialen Mischung liegen die gesellschaftlichen und so auch die architektonischen Potenziale! Eckhard Feddersen und Insa Lüdtke Berlin, im Juli 2017

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B E T H TA U K E

Universal Design: Eine Unabhängigkeitserklärung Eine der nachhaltigsten Veränderungen unserer heutigen Welt ist der demografische Wandel. Die Menschen auf der Erde werden älter. Im Jahr 2000 gab es 600 Millionen Bewohner, die 60 Jahre und älter waren. Bis 2025 werden es 1,2 Milliarden sein, 2050 wird die Zahl bei 2 Milliarden liegen.1 Zum ersten Mal in der Geschichte wird dann die Zahl der älteren Menschen die der jungen übertreffen. 2 Die Menschen leben heutzutage aus vielfältigen Gründen länger, vor allem aber dank der Fortschritte in Medizintechnik, Gesundheitsversorgung, Ernährung und Hygiene und durch den technischen Fortschritt allgemein. Die Achtzigjährigen sind die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe in der Welt.3 Der Gesundheitszustand älterer Menschen ist heute im Durchschnitt besser als jemals zuvor. Natürlich hat diese Altersgruppe dennoch mit Veränderungen der Sinne und der kognitiven und körperlichen Fähigkeiten, insbesondere Beweglichkeit und Geschicklichkeit, zu kämpfen. Dies wirft für unser Verständnis der Interaktion zwischen Mensch und Umwelt zahlreiche Fragen auf. Die demografische Verschiebung geht mit weitreichenden gesellschaftlichen Veränderungen einher. Die heutigen älteren Menschen, insbesondere die Jahrgänge der Babyboom-Generation, haben sich meist ihr ganzes Leben lang für soziale Gerechtigkeit und einen progressiven gesellschaftlichen Wandel eingesetzt. Sie initiierten Fortschritte bei der Verankerung von Bürger-, Frauen- und Arbeiterrechten und bei der Anerkennung der Rechte minoritärer Geschlechtsidentitäten und behinderter Menschen. Diese Generation wird auch für die Rechte älterer Menschen eintreten, die als volle Mitglieder der Gesellschaft selbstbestimmt leben wollen. Für die tägliche Praxis bedeutet das einen neuen Umgang mit dem Alterungsprozess. Die Rechte älterer Menschen sind ein wesentlicher Bestandteil sozialer Nachhaltigkeit, die „Programme, Prozesse und Produkte fördert, die der sozialen Kommunikation und kulturellen Diversifizierung dienlich sind.“4 An welchen Orten und unter welchen Bedingungen Menschen leben ist einer der wichtigsten Aspekte sozialer Nachhaltigkeit. Mit der Ausarbeitung der „Grundsätze für ältere Menschen“ (Resolution 46/91) hat die UNO-Generalversammlung der großen Bedeutung der Lebens- und Wohnbedingungen für ältere Menschen Ausdruck verliehen und fünf unabdingbare Kategorien benannt: Unabhängigkeit, Beteiligung, Selbstverwirklichung, Pflege und Würde. Die wichtigsten Grundsätze sind: • Zugang zu angemessener Versorgung mit Nahrung, Wasser, Unterkunft, Bekleidung und gesundheitlicher Betreuung, indem für ein Einkommen gesorgt wird, die Familie und die Gemeinde Hilfestellung leisten sowie durch Hilfe zur Selbsthilfe. • Die Möglichkeit in einem Umfeld leben zu können, das sicher ist und sich den persönlichen Präferenzen und sich ändernden Fähigkeiten anpassen lässt. • Die Möglichkeit, so lange wie möglich zu Hause leben zu können. • Die Möglichkeit zu haben, im erforderlichen Ausmaß die Betreuung durch Institutionen in Anspruch zu nehmen, die in einer menschenwürdigen und sicheren Umgebung für Schutz, Rehabilitation sowie soziale und geistige Anregung sorgen. • Genuss der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Falle einer Unterbringung, Betreuung oder Behandlung in einer Institution, worunter auch die volle Achtung der Menschenwürde, der Anschauungen, Bedürfnisse und der persönlichen Sphäre sowie die Einhaltung des Rechts, über Betreuung und die Qualität des eigenen Lebens selbst zu entscheiden, zu verstehen sind. 5 Diese Grundsätze dienen dem Ziel, ältere Menschen so lange wie möglich selbstständig wohnen und aktiv bleiben zu lassen. Die meisten von ihnen ziehen es aufgrund der Bindungen zur vertrauten Umgebung vor, in den eigenen vier Wänden zu leben. Andere interessieren sich für neue Wohnorte oder -strukturen – oder sind darauf angewiesen, dergleichen zu finden –, weil die klimatischen Bedingungen günstiger sind, sie einen besseren Anschluss an gemeinschaftliche Dienstleistungen haben oder die medizinische Versorgung und Pflege geeigneter ist. Die meisten Wohnbauten sind auf die Bedürfnisse jüngerer Menschen ausgelegt und halten für Menschen mit Einschränkungen der Sinne, der Mobilität und der kognitiven Fähigkeiten viele Hindernisse bereit. In

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Universal Design

den letzten Jahrzehnten sind daher Konzepte für neue, ältere Menschen weniger einengende Wohnformen entstanden. Diese innovativen Ideen sollen das Leben in den eigenen vier Wänden so lange wie möglich gewährleisten (beispielsweise durch generationenübergreifendes Wohnen, Wohngemeinschaften etc.) und betreffen sowohl neue Wohnstrukturen als auch die Umplanung bestehender Gebäude, um sie für ältere Menschen besser nutzbar zu machen. Im Zentrum dieser Bestrebungen stehen die Konzepte des Universal Design, die „einer Vielfalt von Bewohnern leichteren Zugang, mehr Sicherheit und eine verbesserte Gesundheitspflege bieten.“ 6 Universal Design ist für sämtliche Alterswohnkonzepte relevant. Es steht im Einklang mit den UNO-Grundsätzen für ältere Menschen und definiert darüber hinaus die praktischen Eingriffe, die für eine Anpassung der Alltagsumgebung an die spezifischen Bedürfnisse des Alters erforderlich sind. Das umfasst zum einen „das Entwerfen von Produkten, Informationsformen, Umgebungen und Systemen, die möglichst von allen Menschen, unabhängig vom Alter oder einer Behinderung, genutzt werden können“7. Das weiterführende Ziel ist allerdings ein „sozial verantwortlicher Entwurfsprozess, der auf demokratische Werte der Nicht-Diskriminierung, Chancengleichheit und gesellschaftlichen Teilhabe des Einzelnen gegründet ist“ 8. Die politischen Wurzeln des Universal Design liegen in der Bürgerrechtsbewegung 9 und dem Wunsch, „barrierefreie“ und „leicht zugängliche Entwürfe“10 zu fördern. Universal Design umfasst dabei nicht nur Konzepte, die auf rein körperliche Fähigkeiten Bezug nehmen, sondern schließt auch Verbesserungen der mentalen und sensorischen Wahrnehmbarkeit von Produkten, Umgebungen und Systemen ein. Es geht um integrative Lösungen, die sich statt zu stigmatisieren in die gebaute Alltagswelt aller einfügen. Für Edward Steinfeld, Direktor des Center for Inclusive Design and Environmental Access (IDEA) an der State University of New York in Buffalo, „kann Universal Design nicht den Anspruch erheben, jedem in jeder Lebenslage gerecht zu werden. Vielmehr geht es um eine kontinuierliche Annäherung an das Ziel allgemeiner Nutzbarkeit. Der geeignete Ausdruck dafür wäre daher universelles Entwerfen, also ein Verb statt eines Substantivs.“11 Im Sinne des Universal Design zu entwerfen bedeutet die Nutzbarkeit für alle zu einem Grundprinzip der Entwurfsarbeit zu erheben. Auf diese Weise werden im Entwurfsprozess auch in der Regel vernachlässigte Gruppen, wie ältere, kleinwüchsige und gebrechliche Menschen usw., berücksichtigt.12 Wenn selbstständiges Wohnen und Leben das Ziel bezeichnet, ist Universal Design der Weg dorthin. Die sieben Grundprinzipien des Universal Design, wie sie 1997 formuliert wurden,13 weisen den Weg für eine praktische Umsetzung und sind auf jedes Entwurfsprojekt anwendbar, so auch auf das Wohnen älterer Menschen: Erstes Prinzip:14 Breite Nutzbarkeit – Gebäude und Wohnungen sollen für jedermann nutzbar sein und keine Nutzergruppe benachteiligen oder stigmatisieren. Stufenlose Eingänge sind ein Merkmal für breite Nutzbarkeit, insofern sie allen Menschen auf gleiche Weise ermöglichen, in die Wohnung einzutreten. Zweites Prinzip: Flexibilität in der Nutzung – Das Wohn- und Lebensumfeld soll nicht nur eine große Vielfalt an individuellen Lebensformen zulassen, sondern auch den veränderten Fähigkeiten oder Einschränkungen vieler Menschen angepasst sein. Küchentheken unterschiedlicher Höhe ermöglichen es beispielsweise großen und kleinen Menschen oder solchen, die sich in sitzender Position befinden, Mahlzeiten auf bequeme Weise zuzubereiten. Drittes Prinzip: Einfache und intuitive Benutzung – Sämtliche Aspekte der häuslichen Umgebung sollten unabhängig von Erfahrung, Wissen, Sprachkenntnissen oder Konzentrationsfähigkeit des Bewohners leicht verständlich sein. Wasserhähne, deren Handhabung sich selbst erklärt und die Angaben zur Temperatur machen, sind ein Beispiel für Universal Design. Lichtschalter durchgängig in Türnähe und mit einheitlicher An/ Aus-Markierung erleichtern den Nutzern eine intuitive Bedienung. Viertes Prinzip: Sensorisch wahrnehmbare Information – Die Wohnung sollte so ausgestattet sein, dass alle Informationen eindeutig verfügbar sind, unabhängig von den Umgebungsbedingungen und von Unterschieden bei den kognitiven oder sensorischen Fähigkeiten des Nutzers. Technische Einrichtungen, Haushaltsgeräte und Warnvorrichtungen, die akustische und optische Signale aussenden, verhindern, dass durch

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eingeschränkte Seh- oder Hörfähigkeit, durch Lärm in der Umgebung oder durch dunkle oder vernebelte Räumlichkeiten Gefahrensituationen entstehen. Fünftes Prinzip: Fehlertoleranz – Wohnungen und Wohngebäude sollten so entworfen sein, dass Gefahren und negative Folgen unbeabsichtigter Handlungen jeglicher Nutzer minimiert werden. Eingebaute Duschstühle, die dem Ausrutschen oder Fallen vorbeugen, sind ebenso ein Beispiel für Universal Design wie Nischen für Schlüssel oder andere Gegenstände in der Nähe des Eingangs. Letztere helfen dem Nutzer, leicht verlegbare Dinge schneller wiederzufinden. Sechstes Prinzip: Niedriger körperlicher Aufwand – Jedermann sollte seine Wohnräume effizient, bequem und mit geringstmöglicher körperlicher Anstrengung nutzen können. Für Nutzer mit eingeschränkter Mobilität reduziert sich der körperliche Aufwand, wenn alle wichtigen Utensilien des täglichen Lebens auf der Eingangsebene untergebracht sind. Siebtes Prinzip: Größe und Platz für Zugang und Benutzung – Wohnungen und Wohngebäude sollten so dimensioniert sein, dass Zugang, Erreichbarkeit, Bedienung und Nutzung unabhängig von Größe, Körperhaltung und möglichen Einschränkungen des Nutzers gewährleistet sind. Breite Türen und Durchgänge ermöglichen allen Bewohnern, sich ohne Schwierigkeiten in den Räumlichkeiten zu bewegen. Schränke in erreichbarer Höhe oder Position erlauben allen Nutzern den Zugang zu dort untergebrachten Gegenständen. Universal Design stellt den gesunden Menschenverstand und die grundlegenden Bedürfnisse aller Menschen in den Mittelpunkt, das wird hier deutlich. Die Konzepte, Grundsätze und praktischen Lösungen für oftmals komplexe Fragestellungen verbessern nicht nur für Ältere unmittelbar die Lebensqualität, sondern für alle Menschen. Erste Nutznießer aber sind die älteren Menschen. Kaum ein Ansatz bietet mehr Möglichkeiten zur Verbesserung der Wohnsituation von Senioren. Universal Design ist zudem nicht nur zweckmäßig, sondern angesichts des technischen Fortschritts auch ökonomisch machbar, denn maßgeschneiderte Anfertigungen in großer Zahl und digitale Lösungen werden immer öfter möglich. Universal Design verhilft älteren Menschen dazu, länger selbstständig und aktiv zu bleiben, das wird zunehmend wahrgenommen. Denn es schafft Umgebungen, die unterschiedliche Fähigkeiten wesentlich flexibler berücksichtigen. Die Öffentlichkeit erkennt Anmerkungen

1 World Health Organization, „Ageing and the Life Course”, www.who.int/ageing/en/ (Aufruf am 1. Juni 2008). 2 Department of Economic and Social Affairs Population Division – United Nations, World Population Ageing: 1950 -2050, (New York, NY: United Nations Publications, 2002).

mittlerweile das enorme Potential, das diese lange Zeit wenig beachtete Bewegung für den Aufbau einer gerechteren Gesellschaft bereithält, indem sie Gleichberechtigung und Selbstständigkeit im täglichen Leben fördert. Universal Design ist zu einem Teil des gesellschaftlichen Bewusstseins geworden. Dahinter führt kein Weg zurück.

3 Ibid 4 Interface Sustainability, „Social Sustainability”, www.interfacesustainability.com/social.html (Aufruf am 1. Juni 2008). 5 Towards a Society for All Ages: International Year of Older Persons, „The United Nations Principles of Older Persons”, www.un.org/NewLinks/older/99/principles.htm (Aufruf am 15. Juni 2008). Die Grundsätze für ältere Menschen wurden von den Vereinten Nationen 1991 angenommen. 6 E. Steinfeld, „The Nature of Barriers”, Vorlesung in einem Seminar über „Diversity and Design”, University at Buffalo, State University of New York, USA, 15. April 2008. 7 R. Mace, G. Hardie und J. Plaice, „Accessible Environments: Toward Universal Design,” in Design Intervention: Toward a More Humane Architecture, hrsg. von W.F.E. Preiser, J.C. Vischer und E.T. White, New York, NY: Van Nostrand Reinhold, 1991 8 E. Steinfeld, „The Nature of Barriers”, op. cit.

9 P. Welch (Hrsg.), Strategies for Teaching Universal Design, Boston, MA: Adaptive Environments Center, 1995) . 10 S. Keithler, „Selling Points: Universal Design Can Benefit All,” in Multi-Housing News, Nr. 42.8, August 2007. 11 E. Steinfeld, „Introduction: Universal Design Defined,” in Universal Design: New York, hrsg. von G. S. Danford und B. Tauke, New York, NY: Mayor’s Office for People with Disabilities, 2000. 12 Ibid.

National Institute on Disability and Rehabilitation Research (NIDRR), einem dem U.S. Department of Education unterstehenden Institut, gefördert. 14 Piktogramme zu den Grundprinzipien des Universal Design wurden 2000 von Beth Tauke am Center for Inclusive Design and Environmental Access (IDEA) an der State University of New York in Buffalo entwickelt. Tauke verfügt auch über das Copyright. Die Piktogramme wurden in Universal Design: New York, hrsg. von G. S. Danford und B. Tauke (New York, NY: Mayor’s Office for People with Disabilities, 2000) veröffentlicht.

13 B. R. Connell, M. Jones, R. Mace, J. Mueller, A. Mullick, E. Ostroff, J. Sanford, E. Steinfeld, M. Story und G. Vanderheiden, The Principles of Universal Design: Version 2.0, Raleigh, NC: The Center for Universal Design, 1997. Das Projekt wurde vom

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ECKHARD FEDDERSEN

Das Bett, das Zimmer, das Haus – im Lebensabschnitt Alter

Das Bett als Herzstück der Wohnung

Wo sind wir am meisten zu Hause? Vermutlich im Bett. Man kann sein auf der Welt, wo man will, nach einer gewissen Zeit wünscht man sich in sein eigenes Bett zurück. Jeder kennt diesen körperlichen und seelischen Vorgang und akzeptiert ihn. Das eigene Bett ist der innerste Teil der eigenen Wohnung, das „Nest“, aus dem man jeden Tag fliegt und wieder zurückkehrt. Sehnlichster Wunsch der meisten Menschen ist es daher auch, in diesem eigenen Bett sanft und leicht einzuschlafen und den Tod zu erfahren, indem man einfach nicht mehr aufwacht. Diese Gefühle werden auf die gesamte Wohnung übertragen. Und mit ganz wenigen Ausnahmen möchte kein Mensch im Alter seine Wohnung verlassen müssen. Je länger man dort wohnt, desto intensiver ist der Wunsch zu bleiben. Die Wohnung wird zum Halt, zum Schutzraum und zum Sinnstifter. Solange ich sie habe, bin ich der ich immer war, ihr Verlust ist ein Stück Verlust des eigenen Ichs. Das ist so und wird entsprechend der anthropologischen Entwicklung des Menschen wohl ewig so bleiben. Schwierig wird es dann, wenn aus vielfältigen Gründen segregative Formen des Lebens im Alter entstehen. Diese Gründe sind in erster Linie gesundheitlicher Art, können aber ebenso sozialer oder wirtschaftlicher Art sein oder darin liegen, dass das vorhandene Raumangebot nicht mehr genutzt wird. Wohnungen, die „mitwachsen“ und wieder „schrumpfen“ können, stehen kaum zur Verfügung. Sehr oft ist jedoch nicht die Wohnung der Faktor, der einen Wechsel erfordert, sondern die Veränderung des Umfelds. Sicherheit in der nächsten Umgebung spielt für ältere Menschen eine viel größere Rolle als für jüngere. Manche Stadtteile, sogar ganze Städte, durchlaufen diesbezüglich gravierende Veränderungen, die zu Wohnungswechseln zwingen. In den meisten Fällen der Aufgabe der eigenen Wohnung ist eine isoliertere Wohnform die Folge, seien es einzelne Häuser, die Wohnungen speziell für ältere Menschen anbieten, seien es hochwertige „Residenzen“ oder gar ganze „Sun Cities“ wie in den USA. Trotz vieler Vorteile in puncto Sicherheit, Komfort, Akzeptanz oder Angemessenheit bleibt ein gewisses Stigma: die Lebensfülle, der Reichtum der Auswahl wird reduziert. An deren Stelle tritt das Angebot speziell designter Produkte und Lebenswelten. Aus Wohnungen werden Altenwohnungen, aus vielen Kinogängen wird ein Filmabend, aus dem Zusammenleben mit Kindern wird ein gezielter Besuch. Wir stellen fest, dass wir eigentlich das gesamte lebendige Leben um

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uns herum beibehalten wollen, obwohl wir immer weniger Teile davon tatsächlich nutzen, und dass wir uns bei einem Wechsel der Wohnung klar darüber sind, nicht alles erhalten zu können, aber doch möglichst viel und dass wir in keinem Bereich, sei es persönliche Verfügbarkeit, Sicherheit oder soziale Beziehungen, einen Totalverlust erleiden dürfen. Wie transponieren wir nun das „normale“ Leben in ein neues, in gewissem Sinn „künstlerisches“ Leben? Denn das ist die Kunst: Über alle Fragen des Geldes, der Gesundheit und der familiären Bindungen hinaus ist diese Kunst zu leben unsere Lebenskultur, unsere Alltagskultur. Doch sie stellt sich für jeden anders dar. Eine der größten Aufgaben von Architekten, Stadtplanern und Designern ist es, dem Einzelnen seine ihm eigene Alltagskultur zu erhalten, die seinem biografischen Hintergrund weitestgehend entspricht und einen „Ersatz“ oder „Ausschnitt“ des Gelebten mit größter Selbstverständlichkeit auch dort liefert, wo es möglicherweise lächerlich wirkt. Maßstab für das Wohnen im Alter kann einzig und allein das Wohlbefinden des Bewohners sein. Wenn man dieser These glaubt und folgt, ergeben sich daraus viele Handlungsmaximen. Die wesentlichste ist wohl die der Wahlfreiheit innerhalb eines vielfältigen Angebots. Die Differenzierung des gelebten Lebens wird im Alter keineswegs nivelliert, sondern eher noch einmal besonders deutlich. Ein Mensch, der alt wird, weiß präziser als ein junger Mensch, welche Vorlieben er hat; zudem ist er in der Lage dies kompromissloser zu äußern, weil er weniger mit Sanktionen rechnen muss, und er ist in den meisten Fällen realistischer in seiner Selbsteinschätzung. Die Folge davon ist, dass er unter den ihm angebotenen Alternativen sehr gut weiß, was ihm gefällt und was er sich leisten kann. Die neue gesellschaftliche Entwicklung, die derzeit auf der ganzen Welt zu verfolgen ist, dass die Gruppe der Menschen zwischen 60 und 80 im Verhältnis zu anderen die am schnellsten wachsende Gruppe der Menschheit ist, bedeutet, dass wir uns dieser relativ neuen Erkenntnis mit vielen neuen Experimenten nähern können und müssen. Wir dürfen nicht nur probieren, sondern wir müssen probieren. Dabei wird immer das qualitativ Bessere der Feind des billigen Surrogats sein und der im Zusammenhang größere Gedanke den kleineren überflügeln. Größer und besser heißt oft auch simpel: mehr Geld. Wo mehr investiert wird in die Suche nach der richtigen Alltagskultur, können wir mehr lernen, dort wo das Echte vor dem Surrogat steht, fühlen wir uns wahrhaft ernst genommen. Im Gegensatz zu den alten Menschen von heute lassen sich die Bedürfnisse der kommenden Seniorengeneration kaum noch festmachen. Die heute über 50-jährigen befinden sich im Übergang von defensiven hin zu erlebnisorientierten Werten. Wie auch der Rest der Gesellschaft zerfällt diese Zielgruppe – die Sandwich-Generation der 55- bis 65-jährigen – immer mehr in Mikro-Segmente. Noch nie waren die Lebensstile derart komplex und widersprüchlich. Außerdem verschiebt sich das Alter durch bessere medizinische Versorgung immer mehr nach hinten, wodurch sich die Zeitspanne des „aktiven Alters“ vergrößert. Die Trendforscher sprechen vom Phänomen des „Down Aging“: Schon heute fühlen sich ältere Menschen zehn bis 15 Jahre jünger als vor 30 Jahren. So wird die dritte Lebensphase der „jungen Alten“ als eine produktive und erlebnisreiche Zeit empfunden. Erst ab dem 80. Lebensjahr tritt im Allgemeinen die vierte Lebensphase ein: Sie kennzeichnet schwere Krankheit, Demenz und Pflegebedürftigkeit und geht häufig mit Multimorbidität einher. Das Angebot für das Wohnen – gerade für die dritte Lebensphase – wird sich immer mehr als bunte Angebotspalette ausdifferenzieren müssen, um den heterogenen Bedarf zu befriedigen. Neben flexibleren Grundrisskonzeptionen werden auch Produkte der Gebäude- und Informationstechnologie (Steuerung des Raumklimas, Sicherheitssysteme, Internet / Multimedia) wie auch der Ökologie stärker den Haushalt prägen. Darüber hinaus verlangen die jüngeren der alten Bewohner in Zukunft nach mehr Mitbestimmung und Selbstorganisation bei alternativen Wohnprojekten. Auch von Betreiberseite muss daher mit eingerechnet werden, dass solche Konzeptionen eine erhebliche Vorlaufzeit benötigen. Diese kann der Betreiber allerdings wiederum als Element der Kundenbindung nutzen.

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Das Bett, das Zimmer, das Haus – im Lebensabschnitt Alter

Flure mit Orientierungswert | Helle und freundliche Interieurs | Gruppenbezogene Wohnlichkeit

Die Konsumgeneration ist es gewohnt, im Alltag zwischen Markenprodukten und Dienstleistungsangeboten auszuwählen und sich an deren Image zu orientieren. Ähnlich der Ausstattung von Hotels legen auch Altenheimträger immer häufiger Standards – vergleichbar den Sternekategorien – für ihre Häuser fest. Diese bestimmen Grundrisstypen, Ausstattung von Materialien und Technik sowie das Pflege- und Servicekonzept. Auch Wohnungsbauunternehmen könnten sich in Zukunft mit einer in der Architektur, dem Wohnumfeld und der Konzeption ablesbaren Corporate Identity, in Form von „gebauten Atmosphären“, auf dem Markt positionieren und von ihren Mitbewerbern absetzen. Dem Bewohner soll sich durch die Wiedererkennbarkeit des persönlichen Wertekanons ein Gefühl von Zugehörigkeit und Zuhause vermitteln. Ein an Wellness orientierter Lebensstil wird für die „Generation 50 Plus“ – auch aufgrund der wachsenden Bedeutung der Eigenversorgung – immer wichtiger. „Wellbeing“ ist somit das Schlüsselwort auch für den Wohnbereich. Schon heute durchdringen Wellness-Offerten immer stärker unsere Alltagswelt. In Kooperation mit Wellness-Centern, freien Personal Trainern und Ähnlichem könnten Angebote im Wohngebiet oder direkt im Haus – nicht nur ältere – Bewohner anlocken. Zudem werden die neuen Alten immer mobiler. Die globalisierte Arbeitswelt vermittelt die Erfahrung eines Lebens im Transit, als Kurzaufenthalt in Hotel oder Boardinghouse. Wie sich immer mehr Bewohner der „Greying Society“ etwa im Winter für das zeitweise Wohnen im südlichen Ausland entscheiden oder einen Großteil des Jahres auf Reisen verbringen, so wandelt sich auch der Hauptwohnsitz zu einem temporären Zuhause. Wohnungsunternehmen könnten die Bedürfnisse dieser Zielgruppe mit Betreutem Wohnen auf Zeit abdecken, gekoppelt mit dem Serviceangebot (auch in Abwesenheit) benachbarter Hotels oder Seniorenresidenzen. Neue Technologien, wie sie in so genannten Smart Houses eingesetzt werden, Voice Butler und Ähnliches, erleichtern dem „Silver Server“ in Zukunft das Alltags-Management. Sensoren und Sprachsysteme steuern Jalousien oder die Raumtemperatur. „Online-Toiletten“ versenden bereits heute Harnproben- und Fettwerte via E-Mail an das Labor des Hausarztes. Neben dem technischen Boom wächst gleichzeitig das ökologische Bewusstsein gerade der ehemaligen Umweltbewegung und das soziale Gewissen gegenüber nachfolgenden Generationen. Die steigende Nachfrage nach ökologisch vertretbaren Bauweisen wird künftig auch aus rein wirtschaftlichen Gründen erwartet.

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Haus-im-Haus-Prinzip: Ländliche Archetypen | Das Bett in „Kontakt“ mit dem Außenraum

Trotz aller Flexibilität im Alter gibt es gleichzeitig das Bedürfnis nach Verortung und Zugehörigkeit. Laut einer jüngeren Studie des Trendbüros Hamburg wächst neben dem Wunsch nach einer flexiblen Doppelbeheimatung auch die Sehnsucht nach dem „trauten Heim“. Die Auflösung von Familienstrukturen und ein über den Globus verteilter Freundeskreis erfordern einen Familienersatz in informellen Gemeinschaften in der Nachbarschaft. So ist es kein Wunder, wenn die besten Beispiele für das Wohnen im Alter auf der Nordhälfte der Welt, in Westeuropa, in Nordamerika und in Japan zu finden sind. Alles andere wäre eine Überraschung, denn dort, wo das Leben und die Fürsorge im Alter im weitesten Sinne noch in der Familie stattfindet, gibt es keine segregativen neuen Wohnformen, aber auch keine Entscheidungsfreiheit für die selbstbestimmte, individuelle Lebensform. Sehen sich Amerikaner, Schweden und Holländer jedoch um, wo es die besten Beispiele, die lebendigsten Experimente und die präzisesten architektonischen Aussagen gibt, dann schauen sie und wir dorthin, wo zurzeit die Beispiele mit dem höchsten ideellen und pekuniären Einsatz entstehen. Ein solches Land ist beispielsweise die Schweiz. Hier kommen die Sicherheit des Lebens ohne Kriege, die demokratische Selbstverwirklichung in kleinen Kommunen und der über Generationen erworbene Reichtum des ganzen Landes zusammen, um ein Bild vom Leben im Alter zu zeigen, das dem angestrebten „Paradies des Alters“ in allen seinen Formen, bis hin zur demenziellen Erkrankung, schon sehr nahe kommt. Den kulturellen Unterschieden solcher Länder wie Holland, mit einer starken Gemeinschaftsausprägung, oder einem Land wie Schweden, mit einem starken Staatsversorgungsgedanken entsprechend, sind auch die Systeme für das Leben im Alter unterschiedlich geprägt; die einen mehr ambulant wie in Schweden, andere mehr stationär. Überall jedoch scheint sich je nach gesellschaftlichem Reichtum ein Gedanke durchzusetzen: Je mehr wir die alten Menschen ambulant in ihren vertrauten Wohnumgebungen halten, desto besser. Die stationäre Alternative ist kaum mehr als der Nothalt. Aber auch für diese letzte Lebensform gilt: Je wohnlicher, desto besser. Bei aller medizinischen und pflegerischen Qualität muss nicht nur eine Restform des Wohnens, sondern ein Wohnen in möglichst vielen seiner Aspekte erhalten bleiben.

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Alte Menschen in den Gesellschaften

ANGELIKA HAUSENBIEGL

Demografische Alterung als globales Phänomen In allen Gesellschaften bestimmt das Zusammenspiel von Fertilität, Mortalität und internationalen Wanderungen die Bevölkerungsgröße und -struktur. Die jetzige demografische Alterung wird die Strukturen der Bevölkerung nachhaltig und weltweit prägend verändern und damit auch die jeweilige Gesellschaft selbst. Der Wandel in der Bevölkerungsalterung befindet sich in den Industrieländern im bereits fortgeschrittenen Stadium gegenüber den Schwellenländern, wo die Bevölkerung insgesamt zwar jünger ist als in den Industrieländern, aber deutlich älter als in den Entwicklungsländern. Eine Ursache dieser Entwicklung sind die Fortschritte in den ökonomischen und sozialen Lebensverhältnissen. Diese tragen dazu bei, dass in den einzelnen Lebensbereichen eine Veränderung der Altersverteilung zugunsten der älteren Menschen zu verzeichnen ist. Innerhalb dieser Gruppe findet ebenfalls eine Verschiebung der Altersstrukturen statt. Dazu zählen die 80-jährigen und Hochaltrigen. Ihr Bevölkerungsanteil wird von gegenwärtig weltweit 1,3 Prozent auf immerhin 4,3 Prozent im Jahr 2050 steigen. Selbst die Anzahl der Hundertjährigen wird sich in den nächsten 40 Jahren verdreizehnfachen: von 287.000 im Jahr 2006 auf 3,7 Millionen, wie das UN Department of Economic and Social Affairs 2007 veröffentlichte. Japan Italien Deutschland Schweden Griechenland Österreich Bulgarien Belgien Lettland Portugal Schweiz Finnland Kroatien Frankreich Dänemark Estland Großbritannien Spanien Ungarn Slowenien 0

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2050 wird der Anteil Hochaltriger weltweit 4,3 Prozent betragen. Ländervergleich mit Anteil der über 60-Jährigen in Prozent; Erhebung der United Nations 2007, Economic and Social Affairs, Population Division

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Anzahl der Lebendgeburten in Europa in den Jahren 2006 (hellgrau) und 2007 (dunkelgrau); Eurostat

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In der Weltstatistik für 2007, die die Population Division des United Nations Department of Economic and Social Affairs alljährlich herausgibt, gehört Deutschland, knapp gefolgt von Schweden, Griechenland und Österreich, zu den Ländern mit einem sehr hohen prozentualen Anteil Älterer. Nur Italien und Japan weisen noch höhere Anteile an über 60-jährigen auf. Japan nimmt dabei eine Sonderstellung ein. Die hoch entwickelte Industrienation mit dem fortgeschrittensten Alterungsprozess, einer steigenden Langlebigkeit mit über 23.000 Japanern, die älter sind als 100 Jahre, stellt sich bereits seit ungefähr 35 Jahren durch eine Veränderung des Sozialversicherungssystems den Herausforderungen des Wandels. Es entwickelt sich dort ein immer anstrengender werdendes Erwerbsleben, so dass immer weniger die Möglichkeit gegeben ist, die Pflege der Eltern zu übernehmen. Das traditionelle Bild von Japan, in dem die Familie die Alten versorgt und in der Regel das älteste Kind seine Eltern zur Pflege zu sich nimmt, beginnt zu verblassen. Oftmals Kengo Kuma: Withus Nezu, Tokio; Wohn- und Pflegeheim in historischem Stadtviertel

scheint es keinen anderen Ausweg zu geben als ein Altenheim, was gesellschaftlich aber noch als verpönt gilt. Infolge dessen sind irreversible Rückgänge im gemeinschaftlichen Wohnen in der Großfamilie zu beobachten, was zur Vereinzelung vieler alter Menschen führt.

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100+ 95-99 90-94 85-89 80-84 75-79 70-74 65-69 60-64 55-59 50-54 45-49 40-44 35-39 30-34 25-29 20-24 15-19 10-14 5-9 0-4 6

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Prognostizierte Entwicklung der Bevölkerungspyramide in Japan vom Jahr 2000 über 2025 bis 2050; U.S. Census Bureau, International Data Base

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Was tut man in Japan dagegen? In Erkenntnis dieser Situation ermutigte die Regierung den Bau von Pflegeheimen, Tagespflege-Einrichtungen und die Entwicklung von Hauspflegeprogrammen. Laut japanischem Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales lebten im Jahr 2000 rund 26.000 Senioren in 349 privaten Altenheimen. Bis Juli 2004 waren es schon 52.000 Bewohner in 990 betreuten Wohneinrichtungen, Tendenz steigend. Entstanden sind vielfach hotelähnliche Einrichtungen mit luxuriösem Ambiente, wie zum Beispiel „Sun City Ginza East“ in Tokio. In den letzten Jahren baut man jedoch vermehrt moderne barrierefreie Wohnanlagen, wie die im Mai 2008 fertig gestellte „IDU Terrace“, die eine zeitgemäße, ansprechende Architektur aufweist. Die zunehmende Zahl älterer Menschen zieht selbstverständlich einen höheren Bedarf an Pflegekräften nach sich. Dieser Bedarf kann – nach europäischem Verständnis – nur unzureichend gedeckt werden, zumal Kengo Kuma: Withus, Nezu, Tokio; Innenraum mit hotelähnlich gestalteten Gemeinschaftsbereichen

es in Japan nur sehr wenige Immigranten gibt. Um der Hilfebedürftigkeit und der Einsamkeit alter Menschen zu begegnen, werden daher vermehrt technische Hilfen einbezogen. Japan, als das Land mit der weltweit kreativsten Unterhaltungselektronik, setzt zum Beispiel Gesellschaftsroboter wie den „Aibo“, einen Roboter­ hund ein, der den echten Vierbeiner ersetzen soll, oder auch Tiere zum Kuscheln, wie die künstliche Babyrobbe „Paro“, die Senioren im Heim als Haustier begleiten. Kaum ein Monat vergeht, ohne dass neue Gesellschaftsroboter vorgestellt werden: menschenähnliche „Humanoide”, die den Besitzer erkennen und 10.000 Wörter sprechen können. Wohlhabende Berufstätige kaufen solche Roboter gerne, damit er ihre alten Eltern bewegt. Hinzu kommen dienstbare Haushaltsroboter wie der „Wakamaru“. Künftige Robotergenerationen sollen sich sensibel auf alte Menschen einstellen, ihnen beim Essen helfen, an die Einnahme von Medikamenten erinnern, diese verabreichen, Spritzen setzen und einfache Botengänge erledigen. Erliegt Japan hier dem Reiz der technischen Machbarkeit und damit der Gefahr, alte Menschen auszugrenzen, gar zu entmenschlichen? Oder ist die Entwicklung der Roboter eine logische Konsequenz aus der demografischen Entwicklung? Vielleicht geht es tatsächlich darum, den Menschen mehr Selbstständigkeit zu ermöglichen. Ergeben sich nicht nur für den Staat, sondern auch für den Einzelnen erhebliche finanzielle Einsparungen? In jedem Fall ist die Bevölkerung in Japan den sehr kreativen Technologieeinsatz gewohnt, so dass man die Pflegeroboter dort weit weniger ideologisch betrachtet als in Europa.

Muramatsu Architects: Idu Terrace, Shizuoka; 2008 fertig gestellte barrierefreie Wohnanlage

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Alte Menschen in den Gesellschaften

Alternde als gesellschaftliche Herausforderung In Europa würde die Bevölkerungszahl ohne Zuwanderung bis zum Jahr 2050 erheblich abnehmen. Besonders stark betroffen von einer niedrigen Geburtenrate und einer hohen Altersentwicklung sind Deutschland, Spanien, Griechenland und Italien. Doch wer wird die immer älter werdenden Generationen und die Hochaltrigen fachgerecht betreuen? Grundsätzlich ist die Pflege alter Menschen abhängig von verschiedenen Faktoren. Dazu zählen der kulturell-kontextuelle Faktor, die individuellen Merkmale von Eltern und Kindern, familiale Strukturen und wohlfahrtsstaatliche Institutionen. Empirische Analysen1 zeigen auf, dass intergenerationale Pflege insbesondere in den süd- und zentraleuropäischen Ländern stattfindet, wo eine Unterstützung der pflegebedürftigen Eltern durch die Kinder gesetzlich gefordert ist. Zudem fällt in Ländern wie GrieFeddersen Architekten: Kompetenzzentrum für Menschen mit Demenz, Nürnberg; der geschützte Außenbereich lädt zum Verweilen ein

chenland, Italien und Spanien die Pflege traditionell in den Aufgabenbereich der Familie. In den nordeuropäischen Ländern dagegen werden alte Menschen häufiger von ausgebildeten Pflegekräften unterstützt beziehungsweise die professionelle, ambulante häusliche Pflege wird gefördert.2 Um die Lebensqualität der betroffenen Personengruppe zu erhöhen, sollen dort verstärkt quartierbezogene Wohnkonzepte umgesetzt werden. Das heißt kleinräumige Vernetzung mit ambulanten, stationären und informellen Dienstleistungen, gute Infrastruktur, soziale Treffpunkte sowie gute verkehrsmäßige Erschließung und ausreichend vorhandene Einkaufsmöglichkeiten. Wichtig und unabdingbar für den Erfolg solcher Lösungen ist allerdings die Einbeziehung aller agierenden Personen in die Planung. Italien, Platz 2 im internationalen Ranking der älter werdenden Gesellschaften, versucht sich in völlig unterschiedlichen, oftmals regionaltypischen Lösungen. Das Spektrum reicht dabei von der Revitalisierung oberitalienischer Dörfer (zum Beispiel Tiedoli), wo alte Menschen wieder selbstbestimmt mit jüngeren zusammen leben, bis hin zum Wohnen in einem barrierefreien High-Tech-Haus, wie es derzeit in Pesaro entsteht. In der Pflege greift man in Italien häufig auf die Dienste von Einwanderern aus Niedriglohnländern, so genannten „badanti“, zurück.3 Ein Blick auf Griechenland zeigt, dass der Großteil der familiären pflegerischen Aufgaben nicht mehr wie bisher von den Frauen übernommen werden kann, da diese vermehrt am Erwerbsleben teilhaben wollen und

T-STUDIO: Integratives Wohnprojekt, Pesaro; in Planung befindliches barrierefreies High-Tech-Haus

müssen. Zugleich aber sind die alten Menschen auf Pflege und Unterstützung durch die Familienangehörigen angewiesen, da die meisten Pensionsbezieher unterhalb der Armutsgrenze oder knapp darüber leben. Trotz dieser Unvereinbarkeit wird selbst in den Städten an dem Modell des traditionellen Familienverbands festgehalten. In den Wohnhäusern leben deswegen die jungen und alten Generationen vielfach auf mehreren Etagen verteilt zusammen. Dem daraus ableitbaren Bedarf an größeren Wohnungen für mehr als drei bis vier Personen wird jedoch nicht Rechnung getragen. Wie das „Eurasische Magazin“ 2008 meldete, weist Russland seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion durch den Verlust von einem Fünftel seiner Bewohner eine einschneidende demografische Veränderung auf. Die boomenden russischen Großstädte Moskau, Sankt Petersburg und Nischnij Nowgorod ziehen junge Leute aus dem ganzen Land ab, weil die Verdienstmöglichkeiten dort überdurchschnittlich sind. Außerhalb der genannten Großstädte jedoch bleibt die jüngere Generation aufgrund der schlechten finanziellen Lage meist bei der älteren wohnen. Zugleich übernehmen oftmals die Großeltern die Kinderbetreuung, zumal die alten Eltern wegen ihrer sehr niedrigen Pensionen ebenfalls gezwungen sind im Familienverbund zu bleiben. Allerdings leben sie sehr gerne in der Familie, denn ein Leben im Altenheim gilt für sie als das Schlimmste. Da es von staatlicher Seite keinerlei finanzielle Unterstützung für das Engagement pflegender Angehöriger gibt, kommt dem familialen Zusammenhalt weiterhin eine sehr große Bedeutung zu. Wie auch einige andere Länder wird Finnland von einer unausgewogenen regionalen Bevölkerungsvertei-

Kompetenzzentrum für Menschen mit Demenz, Nürnberg; Förderung noch verbliebener Fähigkeiten

lung herausgefordert und gleichzeitig von Überalterung geprägt. Der Norden des Landes ist zunehmend weniger besiedelt, während in den südlichen Provinzen, insbesondere in der Region Helsinki, die Einwohnerzahlen steigen. So stellt sich die Altenversorgung in den ländlichen Regionen deutlich schwieriger dar als in

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den Ballungszentren. Die älteren Menschen in der Peripherie müssen nicht selten viele Kilometer lange Wege zurücklegen, um die erforderlichen Dienstleistungen zu erhalten. Dabei spielt die Familie und die Generation der Kinder eine wichtige Rolle, obwohl für das soziale Wohlergehen traditionell der Staat verantwortlich ist. Absehbar ist, dass Finnland, als ein von moderner Technologie geprägtes Land, das Leben seiner älteren Bürger­in der Zukunft entsprechend beeinflussen wird. Bereits heute wird die Patienten-Hausarzt-Beziehung zum Beispiel bei Blutdruck-, Herz- und Zuckerkontrollen zunehmend durch Internet und Computer ersetzt. In Studien wurde inzwischen festgestellt, dass vier von zehn Senioren über 60 Jahren zeitweise Einsamkeit empfinden und jeder zehnte Senior ständig.4 Um dieser Entwicklung entgegenzusteuern, wurden in Finnland 2001 unter dem Namen „Seniorenhaltestelle“ Gruppentherapie-Angebote gegen die Einsamkeit geschaffen. L&M Lievänen: Ulrika Eleonora, Loviisa; Wohn- und Pflegeheim in Finnland

Der demografische Wandel verläuft in Afrika viel bewegter als in den Industrienationen. Familiäre Unterstützungsnetzwerke, die traditionell für soziale Sicherheit im Alter garantierten, zerklüften. Zum einen, weil die jungen Menschen, um ihre Familien finanziell zu unterstützen, aufgrund der besseren Bildungschancen und der höheren Verdienstmöglichkeiten, in die Städte ziehen. Zum anderen fehlen die Menschen im reproduktiven Alter, insbesondere die jüngeren, weil sie in großer Zahl an Aids erkranken und versterben. Die zurück bleibenden alten Menschen haben dann wesentliche, kaum zu bewältigende Aufgaben zu erfüllen. Die Enkel- und Urenkelkinder sind nicht nur zu versorgen, vielmehr müssen die Älteren nach Beendigung ihrer beruflichen Tätigkeit weiter arbeiten, um die Kosten für den Bedarf ihrer Nachkommenschaft bestreiten zu können. Wenn die alten Menschen selbst erkranken, helfen sie sich zu einem großen Teil gegenseitig. Wie auf den anderen Kontinenten wird sich laut Prognosen die Zahl der über 60-jährigen vervielfachen. Dabei trifft ältere Frauen, die zur Witwe werden, ein noch schlimmeres Schicksal, denn gegenüber Männern haben sie generell eine niedrigere soziale Stellung und verfügen über bedeutend weniger ökonomische Ressourcen. Vor allem das Altern der Bevölkerung im ländlichen Raum wird erhebliche Veränderungen mit sich bringen. Eine große Herausforderung besteht also darin, die landwirtschaftliche Produktion und damit die Ernährung sowie Betreuung und Pflege zu gewährleisten. Aufgrund der besonderen Familienentwicklung ist es in Afrika wichtig, die Verantwortung der Familie und der Gemeinschaft gegenüber den Älteren zu stärken.

Etwa 100 Jahre alte Afrikanerin.

China befürchtete vor etwa 25 Jahren wegen einer zu hohen Geburtenrate zu viele Kinder versorgen zu müssen. Mit der gegensätzlichen Problematik wird das Land heute konfrontiert. China wird durch die erfolgreiche Einkindpolitik rasant vergreisen, wodurch sich in Zukunft gravierende Probleme in der Altenversorgung entwickeln werden. In Peking und Shanghai wohnen bereits mehr Senioren als Kinder unter 15 Jahren.5 Heute sind 144 Millionen Chinesen und damit elf Prozent der Bevölkerung über 60 Jahre alt. Im Jahr 2050 werden es nach Schätzungen der Weltbank bereits 460 Millionen sein. In China stellt das Alter bislang keine abgrenzende Lebensphase dar, welche wie in Europa mit dem Ende der Erwerbstätigkeit einhergehen würde. Die alten Menschen bewegen sich aktiv zwischen Familie und Sicherung ihres Unterhalts und stecken ihre eigenen Interessen zurück. Sie leben selten allein, leisten in der Regel einen erheblichen Beitrag in der Betreuung ihrer Enkel und entlasten auf diese Weise ihre berufstätigen Kinder. Doch der traditionelle Generationenverband, der alten Menschen in China familiale Werte, Ansehen und Entscheidungsmacht sicherte, ist häufig nur noch eine ökonomische Zweckgemeinschaft. Gesellschaftliche Veränderungen machen sich in dem ehemaligen Schwellenland breit, so dass immer mehr Alternativen zur familiären Altenpflege angeboten werden müssen. Die wenigen privaten und staatlich geförderten Altenheime sind allerdings von sehr unterschiedlicher Qualität und für viele alte Menschen und deren Familien zu teuer. Indien, mit 1.129.866.000 Einwohnern im Jahr 2007 und nach China das bevölkerungsreichste Land der Erde, gilt als ausgesprochen „jugendlich“. Die Hälfte der Bevölkerung ist nach 1980 geboren und bildet somit eine überdurchschnittlich große gesellschaftliche Gruppe. Jedes Jahr entstehen in der Folge 15 Millionen neue Arbeitsplätze. Der damit verbundene Wandel der Gesellschaft macht selbstverständlich auch vor dem Schwellenland nicht Halt. Das Versorgungs- und Pflegemodell Familie schwindet kontinuierlich dahin. ZuBetagter Rikscha-Fahrer

gleich gehen Ansehen und Respekt vor der älteren Generation rapide verloren. Ihre Würde und Autorität wird zunehmend unterhöhlt, Lebensweisheiten, Erfahrungen und Traditionen werden gegen Fremdsprachen-

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Alte Menschen in den Gesellschaften

und Computerkenntnisse getauscht. Die junge Generation bekommt immer weniger Kinder, will Karriere machen und übernimmt westliche Lebensweisen. Gehört die Großfamilie bald einer vergangenen Epoche an? Um für alte Menschen dennoch Betreuung und Pflege zu gewährleisten, sorgt „HelpAge India“ – eine nichtstaatliche Hilfsorganisation – für Heime und sonstige Unterstützung. Laut der Geschäftsführung von HelpAge India werden bereits in rund 2.000 Heimen Senioren gepflegt.6 Die Regierung im föderalen Indien will angesichts dieser Situation die derzeit bestehenden, sehr geringen Rentenetats anheben. Alte Menschen mit Migrationshintergrund Die Zahl der älteren und alten Menschen nimmt auch bei den Migranten zu. Dies gilt vor allem für die ersten Einwanderungsgenerationen. Laut Schätzungen gibt es in der jetzigen EU 42 Millionen Migranten.7 Die Mehrzahl der in den 1950er bis 1970er Jahren vorzugsweise nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz eingewanderten Migranten blieb im jeweiligen Zuwanderungsland und ließ Familienangehörige und Partner folgen, so dass nunmehr eine dritte und vierte Migrantengeneration aufwächst. Ihr neu gewähltes Heimatland wurde im Laufe der Zeit zum Mittelpunkt ihres Lebens. Entgegen dem langjährigen Vorhaben, nach der Pensionierung zurück in ihr Herkunftsland zu gehen, zumal sich Fremdheitsgefühle im Alter in der Regel verstärken, entscheiden sich Migranten heute dennoch vermehrt für das Bleiben. Zum einen befinden sie sich nach vielen Jahren im Gastland ohnehin in einem Identifikationskonflikt, zum anderen möchten sie die gesundheitliche Versorgung, insbesondere im Alter, die Nähe zu ihren Kindern, wie auch ihr oftmals mühsam aufgebauEinander kennen lernen, Unterschiede verstehen lernen

tes soziales Netzwerk nicht aufgeben. Generell sind in den stationären Alterseinrichtungen der oben genannten Länder ausländische Bewohner noch wenig vertreten. Dies primär deshalb, weil die Zahl hoch betagter Migranten noch relativ gering ist. Ein Pflegezentrum in der Schweiz zum Beispiel hat eine so genannte mediterrane Abteilung speziell für italienische, spanische und portugiesische Gastarbeiter eingerichtet, die dort in ihrer jeweiligen Muttersprache betreut werden. Gegenwärtig ist zu beobachten, dass sich auch das Personal immer multikultureller entwickelt. In Deutschland wurde 1997 das erste multikulturelle Seniorenzentrum (Haus am Sandberg) in Duisburg eröffnet. Das Pilotprojekt „Ethnischer Schwerpunkt Altenhilfe“ wurde mit der Universität Duisburg und durch

Kompetenzzentrum für Menschen mit Demenz, Nürnberg; regelmäßige Aufenthalte im Freien steigern das körperliche und geistige Wohlbefinden

die Stiftung Wohlfahrtspflege gefördert. In diesem Zentrum wird kultursensible Pflege und Betreuung angeboten und umgesetzt. In Frankfurt-Sossenheim wurde 2007 ein Pflegeheim für türkische und deutsche Senioren eröffnet. Deutschlands erstes Pflegeheim für ausschließlich türkischstämmige Senioren entstand 2007 in Berlin-Kreuzberg. Interkulturell, transkulturell, kultursensibel – es gibt viele Adjektive für das eine Ziel, Altenhilfe und Altenpflege für Migranten zugänglich zu machen. Lange blieb dieser Bereich von Integrationsbemühungen völlig unberührt, da das Problem nicht drängte. Inzwischen aber sind nach einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes bereits 1,3 Millionen Ausländer in Deutschland über 60 Jahre alt, im Jahr 2030 werden es schon 2,8 Millionen sein. Etliche Studien belegen den Handlungsbedarf und weisen ältere Migranten als einen wichtigen Kundenkreis für die Altenhilfe aus. Die meisten Migranten wissen zwar, dass es Altenheime gibt, verbinden damit jedoch vorrangig Einsamkeit und Verwahrlosung. Lange Zeit gab es nur sehr wenige Konzepte, um Pflege-, Wohn- und Altenheime für Migranten zu adaptieren. Ganz langsam beginnt man aber auch in diesen Einrichtungen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass künftig immer mehr ältere Migranten Sozial-, Gesundheits- und Betreuungseinrichtungen benötigen werden. Aufgrund der historisch gewachsenen Trennung zwischen Migrationsarbeit und Altenhilfe gibt es bislang kaum Kenntnisse über Angebote der Seniorenarbeit und Altenhilfe. Eine Verknüpfung zwischen Alterspolitik und Migration sollte daher viel intensiver forciert werden. Des Weiteren mangelt es an Erfahrung mit den kulturspezifischen Anforderungen an eine befriedigende Versorgung alter Migranten. Wünschenswert wäre daher ein systematischer Informationsaustausch auf regionaler Ebene mit Einrichtungen und Projekten, die bereits Erfahrungen mit den speziellen Problemen der älter werdenden Migranten gesammelt haben. Zudem sollte

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Migration fest in der Gesellschaftspolitik verankert sein, um die kommenden Generationen frühzeitig in die bestehende Alterskultur einbinden zu können. In der süddeutschen Stadt Fürth zum Beispiel leben viele Migranten unterschiedlicher Nationen, die teilweise­ nur in ihren eigenen Kulturgruppen und Verbänden engagiert sind. In einem „interkulturellen Garten“ versucht man, dieser Strömung entgegen zu wirken. Eine Uferpromenade der Rednitz übernimmt dabei die wichtige Brückenfunktion. Das Grundstück soll zu einem beliebten Treffpunkt der Kulturen werden.8 Unter Einbeziehung von Senioreneinrichtungen und Generationsspielplätzen könnten Gärten dieser Art das Wohnen im Alter auf konstruktive Weise verändern und bereichern. Ausblick Politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen werden weiterhin Einfluss auf die Entwicklung der Lebenserwartung nehmen, doch der Wandel des Alters ist bereits sichtbar und lässt sich nicht mehr Anmerkungen

ausblenden. Zwar wurde das Thema schon in die Öffentlichkeit getragen, sollte darüber hinaus aber gesamt-

1 Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe.

gesellschaftlich überdacht werden, da neben zahlenmäßigen Faktoren verstärkt Umfeldfaktoren sowie kultu-

2 K. Haberkern, M. Szydlik, Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 2008.

relle, soziale und psychologische Aspekte einbezogen werden müssen. Darüber hinaus gilt es, gesellschaft-

3 Ibid. 4 S. Tschirpke, Gemeinsam statt einsam: Die Seniorenhaltestelle, 2006. (http://gesundineuropa.radio.cz/).

lich zu einer positiven Haltung gegenüber der Generation der Alten zu gelangen, denn allzu oft werden sie als eine Gruppe betrachtet, die vorrangig Kosten verursacht. Es fällt auf, dass man rund um den Globus lediglich in Japan den 15. September als den Tag der „Ehrerbietung vor dem Alter“ feiert.

5 R. Lorenz, Der Spiegel, September 2005. 6 H. Kazim, Spiegel Online, Februar 2008. 7 R. Münz, Migration in Europa: Rückblick auf das 20. Jahrhundert, Ausblick auf das 21. Jahrhundert, Konsequenzen für die politische Integration, 2006. 8 www.iska-nuernberg.de/zab/ (05/2008).

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Neue Wohnformen für ältere Menschen

MARIE-THERESE KRINGS-HECKEMEIER

Neue Herausforderungen durch den demografischen Wandel In allen europäischen Ländern, so auch in Deutschland, wird die Bevölkerung in den nächsten Jahren altern.1 Hinzu kommt, dass die Lebenserwartung und damit die Hochaltrigkeit weiter steigen. Da das Risiko, pflegebedürftig zu werden, mit zunehmendem Alter überproportional ansteigt, wird die Hilfe und Pflege älterer Menschen zukünftig quantitativ und qualitativ Dimensionen der Veränderungen erfahren, die heute generell noch unterschätzt werden. Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verändern sich. In Deutschland wird der größte Anteil aller Pflege- und Hilfeleistungen für Ältere bisher in Familien, zum Teil durch Freunde und Nachbarn, in Kombination mit Dienstleistungen Externer erbracht. In Europa werden in den nächsten Jahren die familialen Unterstützungen zurückgehen, weil es weniger Kinder gibt 2 beziehungsweise diese oftmals berufsbedingt ihren Standort in eine andere Stadt verlagern und die weniger mobilen Älteren zurückbleiben. Hinzu kommt, dass die Erwerbsquote bei den Frauen steigt und somit auch dadurch die Kapazität für informelle Hilfeleistungen abnimmt.

Altenquotient Ist Einwohner Ist

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Variante 1-W1

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Zunahme der Älteren (65-Jährige und Ältere) bis 2030 in Deutschland Quelle: Statistisches Bundesamt, 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung (2006); empirica

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Entwicklung des Altenquotienten in Deutschland Der Altenquotient bildet das Verhältnis der Personen im Alter von 60 Jahren und älter zu 100 Personen im Alter zwischen 20 bis 59 Jahren ab. Auswahl: Deutschland insgesamt (vor 1990 Mittelwert aus DDR und BRD) Quelle: Statistisches Bundesamt, 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, teilweise interpoliert; empirica

Exkurs: 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung Die Statistischen Ämter haben in der aktuellen 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung (2006) zwölf rele-­ vante Prognosevarianten durchgerechnet, die sich in den Annahmen zum langfristigen Außenwanderungssaldo, in den Annahmen zur Geburtenhäufigkeit je Frau und in den Annahmen zur Lebenserwartung unterscheiden. Dargestellt sind die Variante 1-W1 und Variante 2-W1 und damit die mittlere Variante zur Geburtenhäufigkeit (wie bereits in der Vergangenheit konstant bei 1,4 Kinder je Frau) und die 100.000-Variante (W1) zur Außenwanderung. Angesichts der sinkenden und niedrigen Nettozuwanderung in den letzten fünf Jahren (2003 bis 2007 im Durchschnitt rund 74.000 Personen pro Jahr) ist die 200.000-Variante wahrscheinlich zu hoch.

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2000

Für die unterschiedlichen Annahmen zur Lebenserwartung werden beide Varianten (1 bzw. 2) dargestellt. In Variante 1 wird sich die Lebenserwartung neugeborener Jungen im Jahr 2050 auf 83,5 Jahre und die Restlebenserwartung eines 60-Jährigen auf 25,3 Jahre erhöhen.2 Die Lebenserwartung neugeborener Mädchen steigt auf 88,0 Jahre im Jahr 2050 und die Restlebenserwartung einer 60-Jährigen auf 29,1 Jahre. In Variante 2 steigt die Lebenserwartung neugeborener Jungen im Jahr 2050 auf 85,4 Jahre, die Restlebenserwartung der 60-Jährigen auf 27,2 Jahre. Bei den neugeborenen Mädchen erhöht sich die Lebenserwartung im Jahr 2050 auf 89,8 Jahre und die Restlebenserwartung der 60-Jährigen auf 30,9 Jahre.

Es ist absehbar, dass eine Kostenexplosion bei den Dienstleistungen für Ältere eintritt. Hintergrund hierfür ist der steigende Bedarf nach bezahlbaren Hilfs- und Pflegeleistungen unter ungünstigen Rahmenbedingungen. Parallel mit der Alterung gehen die familiären Netzwerke für die Unterstützung im Alter zurück, wodurch ein Widerspruch für die Versorgung entsteht: Die Zahl älterer Menschen, die auf Hilfe und Dienstleistungen verschiedener Art angewiesen sind, wird größer. Gleichzeitig steigen die Preise dieser Dienstleistungen überproportional, da die Angebotsengpässe bei steigender Nachfrage zu Preissteigerungen führen. Die genannten Veränderungen erzwingen im Interesse der älteren Menschen und der öffentlichen Hand, dass innovative Wohnformen für Ältere, die Selbstorganisation und gegenseitige Hilfe integrieren, entwickelt werden. Notwendig ist eine Differenzierung der Angebotsformen, damit Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen jeweils die maßgeschneiderte Lösung finden: möglichst lange Selbstständigkeit und Pflege und Unterstützung nur dort, wo sie unbedingt nötig sind. Wohnformen für Ältere Die überwiegende Mehrheit der Älteren lebt in privaten Haushalten, in Deutschland sind das über 90 Prozent der 65-Jährigen und Älteren. Knapp ein Drittel der Pflegebedürftigen in Deutschland lebt in stationären Pflegeheimen, und knapp die Hälfte wird allein durch Angehörige gepflegt. Neben den stationären Pflegeheimen gibt es verschiedene professionell geführte Wohnangebote in Kombination mit Dienst- und Pflegeleistungen. Betreutes Wohnen / Service-Wohnen Seit einigen Jahren, verstärkt seit Einführung der Pflegeversicherung, gibt es betreute Wohneinrichtungen in Kombination mit ambulanter Pflege. Der Grundgedanke dieser Wohnform ist, dass jeder in seinen „eigenen vier Wänden“ lebt – unabhängig davon, ob als Wohneigentümer oder Mieter – und den Alltag mehr oder weniger allein organisiert. Durch eine im weitesten Sinn altengerechte Gestaltung und Ausstattung der Wohnung, die den möglichen Bewegungseinschränkungen älterer Menschen Rechnung trägt, soll auch für den Fall der Hilfs- und Pflegebedürftigkeit das eigenständige Wohnen gefördert werden. Als Ergänzung werden professionelle Dienstleistungen (zum Teil bis hin zur Pflege) angeboten, die man nach Bedarf abrufen kann und nur bei Inanspruchnahme bezahlen muss. Die ergänzenden Dienstleistungen werden in unterschiedlicher Kombination und in unterschiedlichem Leistungsumfang durch eine so genannte Serviceleistungs- beziehungsweise Betreuungspauschale vergütet. Die Konzeption des Betreuten Wohnens / Service-Wohnens zeichnet sich durch eine große Vielfalt unterschiedlicher Organisationsformen aus: • Wohnanlagen, in denen über Büros externe Dienstleistungen bis hin zur ambulanten Pflege organisiert werden. • Wohnanlagen, in denen hauseigenes Personal die ambulante Pflege erbringt. • Wohnanlagen mit integriertem stationären Pflegebereich. • Wohnanlagen in Kooperation mit einer Pflegeeinrichtung. Wohnstifte / Seniorenresidenzen Wohnstifte und Seniorenresidenzen sind frei finanzierte und überdurchschnittlich gut ausgestattete Wohnanlagen, in denen vornehmlich Appartements, aber auch kleinere Wohnungen angeboten werden. Ambulante Pflege in der Wohnung, teils auch vollstationäre Pflegeleistungen in räumlich abgetrennten Bereichen der Anlage, komplettieren das vergleichsweise exklusive Angebotsspektrum. Wohnstifte und Seniorenresidenzen haben meist einen hotelähnlichen Charakter. Sie verfügen in der Regel über ein hauseigenes Café und/oder Restaurant. Bei den meisten Einrichtungen wird eine Grundversorgung (zum Beispiel Mittagessen, Wohnungsreinigung, allgemeine Betreuungsdienste) vereinbart. Wohnstifte und Seniorenresidenzen verfügen über ein mehr oder weniger großzügiges Angebot an Gemeinschaftsflächen. Darunter fallen zum Beispiel repräsentative Eingangslobbys, Bibliotheken, Schwimmbäder, hochwertig ausgestattete Aufenthaltsräume wie etwa Clubräume oder Kaminzimmer oder Sonnenterrassen. Zusätzlich bie-

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Neue Wohnformen für ältere Menschen

ten sie Freizeit- und sonstige gesellschaftliche Veranstaltungen, von Lesungen über Kurse oder Theaterbesuche bis hin zu Reisen, je nach Angebot gegen gesondertes Entgelt. Übliche Vertragsgrundlage sind Heimverträge, in denen Gesamtpensionspreise vereinbart werden. Wohn-, Haus- und Nachbarschaftsgemeinschaften Neben den selbst organisierten gemeinschaftlichen Wohnformen gibt es zunehmend mehr professionell betriebene Wohnprojekte mit einer gemeinschaftlichen Orientierung. Es ist zu unterscheiden zwischen Gemeinschaften, in denen jeder Bewohner über eine eigenständige Wohnung verfügt und trotzdem mit anderen in räumlicher Nähe lebt, zum Beispiel in der Hausgemeinschaft eines gemeinsamen Hauses oder benachbart in der Nachbarschaftsgemeinschaft, und den Wohngemeinschaften, die über einen persönlichen Wohnbereich, jedoch nicht über eine eigene abgeschlossene Wohnung verfügen. Eine gemeinsame Wohnung teilen sich in der Regel ältere, körperlich oder psychisch stark beeinträchtigte Menschen, beispielsweise als Alternative zur stationären Pflege für Demenzerkrankte. Quartiersansätze: Nachbarschaften für Jung und Alt Zukünftig ist die Entwicklung von Bestands- und Neubauquartieren als generationenübergreifende Nachbarschaften für Jung und Alt und die Förderung gemeinschaftlicher Wohnprojekte von großer Bedeutung. Ohne diese innovativen Lösungen kommen auf die Kommunen viele negative Auswirkungen der demografischen Entwicklungen zu, zum Beispiel durch die Überalterung von Stadtquartieren mit nicht ausreichender Infrastruktur für die Altersversorgung oder auch die finanzielle Belastung durch zunehmende Pflegeleistungen. Eine Studie aus dem Jahr 2006 3 zeigt, dass bei den heute und insbesondere zukünftig Älteren eine hohe Veränderungsbereitschaft im Hinblick auf die Wohnsituation besteht. Es wird über Lebensformen im Alter diskutiert, die neben Dienstleistungen, die auf dem freien Markt gekauft werden müssen, auch informelle Unterstützungsleistungen integrieren. Auf eine nachhaltige Stadtentwicklungspolitik wird insbesondere in Deutschland viel Wert gelegt. Der städtebauliche Bericht der Bundesregierung stellt die Bedeutung der Städte als Lebenswelt aller Generationen in den Vordergrund.4 So sollen wohnungspolitische Maßnahmen mit städtebaulichen verzahnt werden.5 Entsprechend dieser Bundesinitiative gibt es in verschiedenen Kommunen heute neue Quartiersansätze.6 Gefördert wird eine Nachbarschaftsentwicklung, die den Bewohnern die Chance gibt, bis zum Tod in ihren Quartieren wohnen bleiben zu können. Die Quartiere werden so organisiert, dass neben professionellen Dienstleistungen informelle Hilfe initiiert wird. Für die Entwicklung von Nachbarschaften für Jung und Alt sind sowohl bauliche als auch soziale Maßnahmen notwendig. Bei Neubauprojekten und Umstrukturierungen im Bestand sind folgende Prinzipien relevant: • Beim Wohnungsneubau für Ältere beziehungsweise bei durchgreifenden Umstrukturierungen im Bestand sind flexible Lösungen anzustreben, so dass sich die Wohnungen ohne großen Aufwand zu pflegefähigen Wohnungen („Vom Wohnen zur Pflege“) umrüsten lassen. • Da es nicht möglich und nicht sinnvoll ist, den zunehmenden Hilfs- und Pflegebedarf nur von bezahlten Kräften zu decken, ist die Herausbildung und Förderung von Netzwerken gegenseitiger Hilfe erforderlich. Die gegenseitige Unterstützung von Älteren für Ältere muss mobilisiert werden: „Junge Alte“ stellen für zehn bis 20 Jahre ein erhebliches Potenzial an freiwilligen Kräften dar. Gegenseitige Unterstützung funktioniert nur, wenn eine formale und personelle Struktur aufgebaut wird, zum Beispiel durch Initiierung eines Bewohnervereins. • Beim Neubau ist die wohnungsnahe Organisation von Dienstleistungen zu berücksichtigen. Um unnötige Kosten zu vermeiden, sollte nicht in jedes einzelne Objekt eine Dienstleistung mit hohen Vorhaltekosten integriert werden. Die Nachbarschaftsquartiere sind so auszurichten, dass über „bezahlbare Pflegekerne“ eine Tag- und Nachtpräsenz gegeben ist und Dienstleistungen je nach Bedarf, ausgehend von diesem Pflegekern, für das gesamte Nachbarschaftsquartier abgerufen werden können. • Die Mehrgenerationennachbarschaft kann als integrative Konzeption ein Zukunftsmodell sein: Kombination von verschiedenen Wohnangeboten und einem schwellenfreien Wohnumfeld (orientiert am Universal

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Design). Die Wohnquartiere sind so zu organisieren, dass der Austausch von Dienstleistungen zwischen Jungen und Alten mobilisiert wird. • In Wohnquartiere integrierte Wohnanlagen für Ältere können als Kristallisationspunkte dienen. Beispielsweise kann von ihnen die zusätzliche Versorgung pflegebedürftiger Bewohner in der Nachbarschaft ausgehen, ein Mittagstisch für Jung und Alt kann ebenso angeboten werden wie verschiedene Freizeitgestaltungen. Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere in Europa Europäische Fallstudien 7 im Rahmen des Modellvorhabens „Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere“ 8 zeigen quartiersbezogene Ansätze mit dem Fokus auf Jung und Alt in verschiedenen Ländern. In den Niederlanden gibt es seit der Jahrtausendwende Wohnpflegezonen („Woonzorgzone“). Es handelt sich um Quartiere, Siedlungen oder auch Dörfer, in denen optimale Konditionen für Wohnen mit Pflege geschaffen werden. Ziel ist es, dass die Bewohner bis ins hohe Alter, auch wenn sie in der Mobilität sehr eingeschränkt sind, selbstständig wohnen bleiben können. Mit der Realisierung der ersten Wohnpflegezonen haben sich Begriff und Konzeption dieser Wohnform etwas verändert. Man spricht heute eher von Wohnservicesiedlungen beziehungsweise -quartieren („Woonservicewijken“). Bei der neuen Konzeption sind Pflege- und Serviceangebote nicht mehr explizit auf Senioren, sondern vielmehr auf die gesamte Quartiersbevölkerung ausgerichtet. Ein Beispiel für eine solche Siedlung ist Woonzorgzone Moerwijk in Den Haag.9 Auch in Dänemark gibt es eine lange Tradition sozial integrativer Stadt- und Wohnungspolitik mit dem Ziel, dass ältere Menschen überwiegend in normalen Wohnungen leben. Seit 1987 werden in Dänemark daher Wohnquartier für Jung und Alt, Braunschweig

keine Sonderwohnformen für Ältere mehr gebaut. Die Idee, dass ältere Menschen im vertrauten Quartier wohnen, ist gesetzlich zum obersten Prinzip erhoben worden. Altenfreundliche Wohnungen (Barrierefreiheit, Ausstattung mit Alarmsystem und Ähnliches) sind förderfähig und werden in den Bestand eingestreut. In Deutschland werden die oben erwähnten Modellvorhaben auf ihre Übertragbarkeit hin geprüft. So ent-

Anmerkungen

steht gegenwärtig in Braunschweig auf einem ehemaligen Stadtbahndepot in zentraler Lage ein neues Wohnquartier für Jung und Alt.10 Von Anfang an waren die Interessenten durch Veranstaltungen, Befragun-

1 Lebenserwartung neugeborener Jungen im Jahr 2002/2004: 75,9 Jahre; 60-Jährige 20 Jahre.

gen und so weiter in ein mehrphasiges Wettbewerbsverfahren eingebunden. Im Ergebnis wird das Zusam-

2 Lebenserwartung neugeborener Mädchen im Jahr 2002/2004: 81,5 Jahre; 60-Jährige 24,1 Jahre.

wird, in den architektonischen Planungen und Entwürfen besonders berücksichtigt.

3 Repräsentativbefragung bei den Generationen 50+: „Die Generationen über 50 – Wohnsituation, Potenziale und Perspektiven“, empirica-Studie im Auftrag der Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen im Deutschen Sparkassen- und Giroverband, 2006. Download: www.lbs.de/publikationen.

menleben der Generationen gefördert und der Generationenwechsel, der sich mit den Jahren vollziehen

Mithilfe der Erfahrungen und Modellvorhaben in den europäischen Ländern werden neue Wege für eine nachhaltige Stadtentwicklungspolitik aufgezeigt. Städtebauliche Qualitäten und bedarfsgerechte Wohnraum­ angebote können dazu beitragen, das Zusammenleben aller Generationen zu stärken.

4 „Nachhaltige Stadtentwicklung - ein Gemeinschaftswerk“, Städtebaulicher Bericht der Bundesregierung, 2004. 5 „Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere“, ExWoSt-Informationen Nr. 32/1 - 03/2007, Bonn. 6 Modellvorhaben „Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere“, www.stadtquartiere.de. 7 Sondergutachten „Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere – europäische Fallstudien“, betreut von der Universität Stuttgart, Städtebau-Institut, Fachgebiet Grundlagen der Orts- und Regionalplanung, geplant für 2009. 8 Projekt im Forschungsprogramm „Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ (ExWoSt) des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR). 9 www.woonservicewijken.nl, www.moerwijk.nl, www.woonzorgzone.nl, www.moerwijker.nl 10 www.braunschweig.de/stleonhardsgarten/index.html.

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MARIA B. DWIGHT

Von „Retirement Communities“ zu Sinngemeinschaften Einführung Jede Gesellschaft sucht nach eigenen Lösungen, um die Lebensqualität ihrer älteren Mitglieder zu gewährleisten und zu verbessern. Ebenso weist jede Kultur diesbezüglich eigene Nuancen auf und jeder Mensch gewichtet individuell seine Werte und Erwartungen. Doch alle Menschen haben das Bedürfnis nach einer Lebensqualität, die mehr bietet als medizinische Versorgung und Betreuung. Die eine ideale Lösung gibt es nicht, sondern eher eine Vielfalt von geeigneten Modellen, die, klug kombiniert, zur besten Lösung an einem gegebenen Ort und gemäß den Bedingungen der jeweiligen Zeit führen. Das Bevölkerungswachstum in vielen Ländern und der Umstand, dass kommende Generationen in einer zunehmend technisierten und globalisierten Umwelt ins Rentenalter eintreten werden, erfordern Flexibilität gegenüber wechselnden Marktbedingungen. Die Nachfrage der Verbraucher nach weniger kostenintensiven und weniger institutionalisierten Lösungen wird, im öffentlichen wie im privaten Sektor, Innovationen anstoßen. Die herkömmlichen Modelle In den USA haben sich die großen Anbieter von Unterbringung und Pflege für ältere Menschen in den letzten 60 Jahren auf zwei sehr unterschiedliche und gleichermaßen ungeeignete Modelle konzentriert. Die Wohnungswirtschaft orientierte sich mit den „Retirement Communities“ am Modell des Wohnens auf dem Campus oder im Wohnheim. Anbieter von Pflegeheimen, oftmals von den öffentlichen Krankenversicherungssystemen gefördert, übernahmen meist das medizinisch ausgerichtete Modell der Akutversorgung im Krankenhaus. In den eng gesteckten Grenzen dieser Umfelder haben wir Lebens- und Versorgungsformen entwickelt, die historisch gesehen den Umzug vom eigenen Wohnraum in pflegebezogene Räumlichkeiten erforderlich machten, abhängig vom Grad der Gebrechlichkeit. Die Organisationsformen dieser Zeit waren eher hierarchisch und von einer paternalistischen Haltung gegenüber Nutzern und Angehörigen geprägt. Die Bindung an den Betreiber wurde vorausgesetzt und sollte durch Mitgliedschaften aller Art, auch in religiösen und anderen Gemeinschaften, unterstrichen werden. Die strengen Regelwerke und Tagesabläufe galten unbefragt. Der Informationsfluss war eng begrenzt. Es galt die Devise: „Wir kümmern uns um Sie.“ Die neuen Entwicklungen Seit etwa zehn Jahren ist eine Auflösung der beschriebenen Modelle zu beobachten. Erwartungen und Ansprüche älterer Menschen haben sich enorm gewandelt. Gefragt sind Lebensphilosophien und neue praktische Ansätze für ein gesundes Altern. Die Ansicht gilt nicht mehr, dass das Alter eine Krankheit sei. So wie zu Kindheit und Jugend typische Erkrankungen gehören, zeichnen sich auch die späten Lebensjahre und der Alterungsprozess durch spezifische Gebrechen aus. Diese geriatrischen Erkrankungen sind überwiegend chronisch, treten oft in Kombinationen auf und sind meist behandelbar, aber nicht notwendigerweise heilbar. Auch für ältere Menschen wird daher eine bewusste Lebensführung im Hinblick auf Gesundheit und Lebensqualität im Alter immer wichtiger. Sie suchen nach Angeboten, die ihnen helfen, geistig und körperlich aktiv zu bleiben, und nicht nur eine Versorgung im Krankheitsfalle bieten. Ältere Menschen möchten Kontrolle über ihr Leben behalten und die Würde und Autonomie bewahren, die mit selbstständigen Entscheidungen einhergehen. Das trifft auf das gesamte Altersspektrum zu und wird nicht nur künftige Pflegeheime verändern, sondern auch das Betreute Wohnen und die Seniorenresidenzen der Zukunft. Information bedeutet Macht. Ältere Menschen verschaffen sich zunehmend über neue Wege, insbesondere über das Internet, Zugang zu Informationen. Alternative und/oder ergänzende medizinische Angebote sind zahlreicher geworden und ersetzen manchmal die traditionelle „westliche“ Medizin. Die Einnahme von Vitaminen, pflanzlichen Mitteln und Hormonpräparaten ist in der älteren Bevölkerung ebenso

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verbreitet wie die Nachfrage nach therapeutischen Massagen, Anwendungen zur Stressreduzierung und Meditation. Zum Heilen gehört neuerdings neben der Behandlung des Körpers auch die Pflege der Seele. Auch über die Gesundheitsvorsorge hinaus ist der Zugang zu Informationen über die Verfügbarkeit fachgerechter Dienstleistungen, über Kosten, Qualitätsverbesserungen und Kundenzufriedenheit leichter geworden. Unsere Untersuchungen zeigen, dass ältere Menschen vor allem über Serviceleistungen informiert werden wollen, die ihnen helfen, sich selbst zu helfen. Die Suche nach Qualität ersetzt dabei die früheren Bindungen an Institutionen. Die Ausweitung von Informationsangeboten aufgrund der technologischen Entwicklung wirkt sich auch darauf aus, wie und wo Dienstleistungen für ältere Menschen künftig zur Verfügung gestellt werden können. Die meisten alten Menschen möchten in den eigenen vier Wänden leben, bis sie sterben. In der Tat können viele medizinische Anwendungen heutzutage zu Hause erbracht werden. Zahlreiche neue oder weiterentwickelte Technologien, die Wohnungen zu intelligenten Räumen machen, befinden sich bereits in Erprobung. Mit diesen Technologien lassen sich beispielsweise die äußere Sicherheit einer Wohnung und der Gesundheitszustand eines Bewohners unauffällig überwachen. Das Zusammenspiel von veränderten Ansprüchen seitens der Kunden und innovativen Technologien hat zu einer Aufweichung der herkömmlichen Modelle zur Pflege und Betreuung älterer Menschen geführt. Dennoch gibt es weiterhin Heimbetreiber und Dienstleister, die aus Bequemlichkeit am alten Regime festhalten. Erschwerend kommt hinzu, dass die Gesundheitsindustrie bestrebt ist, Kosten durch eine Verringerung der Inanspruchnahme von Leistungen zu reduzieren. Wenn man diese Entwicklungen in den USA geschickt kombiniert, könnte daraus ein neuer, intelligenter Ansatz im Dienst alter Menschen hervorgehen. Die neuen Modelle: Zentren für lebenslanges Wohnen und Lernen Die Anbieter von Wohnungen und Heimen für ältere Menschen können nur mit innovativen Konzepten weiterhin erfolgreich sein. Das Modell homogener Communities hat durchaus Vorzüge, etwa eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten, die Werte und Umgangsformen teilen. Doch während etwa Studenten in einer­ Campus-Community sich den Großteil ihrer Zeit außerhalb des Wohnheims aufhalten, verbringen ältere Menschen dort den Großteil ihrer Zeit. Untersuchungen zeigen, dass unabhängig vom Einkommen Ältere heute eher größere Wohneinheiten (eine Einzimmerwohnung mit einem Rückzugsbereich gilt als akzeptables Minimum) mit eigener Haushaltsausstattung (Waschmaschine/Trockner, Mikrowellengerät, Küche etc.) wünschen anstatt öffentlicher oder gemeinschaftlicher Räumlichkeiten. Diese Tendenz zur Privatsphäre und individuellen Lebensführung wird sich bei den kommenden Generationen noch verstärken. Der interessanteste Aspekt des Campus-Modells (und seine raison d’être), zwischenzeitlich aufgegeben und heute wieder eingeführt, ist der eines horizontal oder vertikal organisierten Zentrums des Wohnens und Lernens. In Kooperation mit Colleges und Universitäten entwirft unser Büro immer häufiger Zentren für lebenslanges Lernen, denn viele Menschen, die sich auch im Alter guter Gesundheit erfreuen, haben ein Bedürfnis nach geistiger Weiterentwicklung. Diesem Trend und der wachsenden Nachfrage nach Angeboten zur Pflege körperlicher und geistiger Gesundheit tragen unsere Entwürfe für den Typ des integrierten Universitäts- und Senioren-Campus Rechnung. Zusätzliche Serviceleistungen wie Wachdienst, Instandhaltungs­arbeiten, Ernährungsberatung, Fahrdienste, Hausreinigung und Gesundheitspflege amortisieren sich, indem sie von jungen wie alten Bewohnern getragen werden. Akademische Seminare, kulturelle und soziale Angebote oder Sportveranstaltungen stehen sämtlichen Bewohnern nach Bedarf offen. Junge Studenten und ältere Lernende profitieren so von einer Lerngemeinschaft. Ein Teil der Seminarräume liegt auf dem Senioren-Campus, ebenso wie die Mensa und gastronomische Einrichtungen. Das Zusammenspiel der beiden Bewohnergruppen ist diesen selbst überlassen, ohne dass dadurch die Privatsphäre des Einzelnen be-einträchtigt würde. Lehrende im Ruhestand werden dieses akademische Umfeld genauso schätzen wie andere ältere Menschen, die auf eine geistig anregende Umgebung Wert legen.

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Von „Retirement Communities“ zu Sinngemeinschaften

Es gibt andere Modelle, in denen die Seniorengemeinschaften in räumlicher Nähe zu Universitäten angesiedelt sind und vor allem Alumni anziehen sollen. Unser Modell beruht auf der Integration der beiden Campus-Varianten und bietet den Vorteil einer besonders innovativen Form des Zusammenlebens verschiedener Generationen. Gleichzeitig ist die effiziente Nutzung menschlicher und finanzieller Ressourcen besonders kostengünstig. Mit der zunehmenden Verbreitung von Fernstudiengängen und virtuellen Universitäten könnte das Campus-Modell auch auf einzelne Seniorengemeinschaften übertragen werden. Ein weiterer Aspekt des Campus-Lebens, ebenfalls aus dem Studentenleben übernommen, ist das gewachsene Interesse an einem gesunden Körper. Der Wellness-Club (als Variation des traditionellen Fitness-Studios) ist mittlerweile zur gefragtesten Einrichtung unter älteren Menschen geworden und hat das Gesundheits- oder Pflegezentrum in der Hierarchie der Bedürfnisse verdrängt. Mit ausgebildetem Fachpersonal, Räumen für Krafttraining und Übungskursen, einem Schwimmbecken etc. ausgestattet, sollte der Schwerpunkt auf der Verbesserung von Gleichgewicht und Beweglichkeit sowie diversen Therapie- und Rehabilitationsmaßnahmen liegen. Auch das Management muss sich auf die veränderten Erwartungen und Ansprüche einstellen. Die Zahl der Männer, die ein hohes Alter erreichen und sich für eine Seniorengemeinschaft entscheiden, nimmt ebenso zu wie die Zahl selbstbewusster Frauen mit eigener Berufserfahrung. Diese Kunden verlangen nicht nur Transparenz, sondern wollen immer mehr an Entscheidungen auf allen Ebenen beteiligt sein. Der Informationsfluss muss verbessert, Zeitpläne müssen an den Bedürfnissen der Kunden ausgerichtet werden. Die Bewohner altern in ihren Wohnungen, und Dienstleistungen kommen häufiger zu ihnen als umgekehrt. Der Wunsch, zu Hause zu sterben, bezieht sich auch auf das Zuhause in einer Seniorenresidenz. Integration von selbstständigem Wohnen, medizinischer Versorgung und Pflege Die Verschiebungen im Servicebereich rufen nach Neuordnung auch anderer Bereiche der Altenpflege. Was früher das Pflegeheim war, ist heute das Betreute Wohnen. Pflegezentren versorgen jene, die entweder­ unheilbar krank sind, medizinisch stark betreut werden müssen, eine stationäre Rehabilitation durchlaufen oder sich im Endstadium einer chronischen Krankheit beziehungsweise Demenz befinden. Doch ist der Trend zu mehr Kundenautonomie und -selbstbestimmung auch bei diesem Kontinuum von Wohn- und Pflegeformen zu beobachten. In Orlando, Florida, hat die vom Walt-Disney-Konzern gebaute Stadt Celebration City ein innovatives, zukunftsweisendes Kooperationsmodell mit dem Adventist Health System entwickelt. Mit dem so genannten HealthCompass können die Kunden ihr eigenes Gesundheitsmanagement organisieren, indem sie für sich selbst und ihre Familie über das Internet eine lebenslange Krankenakte anlegen. Die Kontrolle über diese Krankenakte liegt stets beim Kunden. Er fügt selbst Einträge hinzu und erlaubt gegebenenfalls anderen Dienst­leistern den Zugang zu seiner Krankenakte. Ein weiteres außergewöhnliches Beispiel für derartige neue Konzepte der Versorgung ist das Kameda Medi­cal Center in Japan. John Wocher, der stellvertretende Generaldirektor der Organisation, hat ein technisches System eingeführt, mit dem sich ein nur noch digital dokumentierendes Krankenhaus betreiben lässt, das ganz auf die Bedürfnisse und die Versorgung des Patienten abstellt. Jeder Patient hat einen Computerterminal an seinem Bett, über den er und gegebenenfalls seine Familie Zugang zu sämtlichen Dokumenten der Behandlung haben. Das Pflegepersonal kann hier Informationen über Instruktionen und Präferenzen des Patienten abfragen. Der Patient kann selbst Einträge vornehmen und nimmt seinen Krankenhausbericht bei der Entlassung mit, der dann seiner lebenslangen Krankenakte hinzugefügt wird. Besondere Zielgruppen Modelle für Menschen mit geringen finanziellen Möglichkeiten sind eine besondere Herausforderung. Wir haben eine Reihe von innovativen Projekten betreut, bei denen zwecks Kostenbegrenzung bestehende Gebäude und Infrastrukturen umgenutzt wurden. Ferner haben wir Betriebsmodelle entwickelt, bei denen

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Mirabella

Das Mirabella befindet sich in einer nach den Grundsätzen des New Urbanism entworfenen Siedlung am Willamette River in Portland, Oregon. Es nutzt die umfangreichen Angebote seines Stadtviertels und bietet seinen Bewohnern zugleich hochwertige eigene Serviceleistungen. Der Komplex ist mit der renommierten Oregon Health and Science University assoziiert und liegt unmittelbar an einer Stadtbahnlinie

ein Gesundheits- und Pflegeversorgungspaket in das bestehende Netz von Serviceleistungen eingestellt wird, um Redundanzen zu reduzieren. So lässt sich ein integriertes und gebündeltes Dienstleistungspaket zu überschaubaren Kosten anbieten. Ein Concierge (kein Sozialarbeiter) steuert die Dienstleistungen im Auftrag der Bewohner, beziehungsweise diese erledigen dies selbst über ihren eigenen Computer oder einen­gemeinschaftlichen Terminal. Unter den umgenutzen Bestandsbauten waren ehemalige Militärbasen, Fabrikgebäude aus der Zeit der industriellen Revolution, Schulgebäude, Klöster und Hotels. Fazit Der Übertritt der postindustriellen, posttechnologischen Gesellschaft in das Informationszeitalter, wie er sich in den USA vollzieht, hat tiefgreifende Auswirkungen darauf, wie diese Gesellschaft den Ansprüchen alter Menschen begegnet. Zugleich sehen wir uns einer Generation von alten Menschen gegenüber, die zahlenmäßig größer, höher gebildet, mobiler und wohlhabender ist als alle alten Generationen vor ihr. Aber auch die Kluft zwischen Arm und Reich wächst, und in den großen Städten wie in ländlichen Gemeinden hat sich die Bevölkerung ethnisch und kulturell diversifiziert. Oftmals haben Einwanderer ältere Familienmitglieder mitgebracht. Letztere machen die Erfahrung – und das trifft auch auf ihre einheimischen Altersgenossen in den USA und auf viele Ältere in ihren Heimatländern zu –, dass die alte Ordnung den Anforderungen der neuen Gesellschaft nicht standhält und die jüngeren Familienmitglieder sich oftmals nicht mehr wie früher um die Alten kümmern können. Der Wandel der Zeit erteilt uns stets Lektionen, die uns helfen aus Fehlern und Irrwegen zu lernen. Der Erfahrungshintergrund ist ein dichtes Gewebe aus historischen Gegebenheiten, politischen Entscheidungen, wohlmeinender Gesinnung und Mangel an Wissen. Auch andere Länder und Kulturen, die vom Übergang von einer industriellen oder Agrargesellschaft zu einer neuen Stufe erfasst sind, erleben die Schmerzen des Wandels. Es bleibt zu hoffen, dass sie Fehlentwicklungen, die in den USA gemacht wurden, vermeiden können und von kollektiven Erfahrungen lernen. Als globale Gemeinde stehen wir heute enormen Herausforderungen gegenüber.

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J O H A N N A MY L LYM Ä K I - N E U H O F F

Demenz als Seinsform: Wohnumfeld und Handlungskompetenz Demenz trifft jeden vierten über 65 Jahre alten Menschen und der durchschnittliche Verlauf der Krankheit liegt bei circa zehn Jahren. In wenigen Fällen dauert die Erkrankung sogar doppelt so lange. In dieser Zeit wohnen etwa zwei Drittel der Demenzerkrankten überwiegend zu Hause, versorgt und gepflegt durch die Angehörigen. Medizinisch gesehen ist das Krankheitsbild Demenz relativ schnell beschrieben. Im Gehirn werden durch noch unbekannte Ursachen Proteinablagerungen, so genannte „Plaques“, gebildet, die eine reibungslose Informationsverarbeitung zwischen den Nervenzellen verhindern und sie absterben lassen. Die Erkrankung läuft in der Regel in mehreren Stadien ab und führt schließlich zur völligen Unselbstständigkeit und Hospitalisierung. Betroffene leiden zuerst an Gedächtnisverfall, Orientierungslosigkeit und Erkennungsstörungen; im späteren Verlauf drohen Persönlichkeitsverlust und soziale Isolation. In den letzten Jahren haben sich weltweit zahlreiche Wissenschaftlerteams intensiv mit der Erforschung des entscheidenden Auslösers für diese Krankheit befasst. So geht man heute von der Annahme aus, dass die Entstehung der Plaques von entzündlichen Prozessen begleitet wird. Eine Heilungsmöglichkeit ist noch nicht in Sicht. Die anerkannten Therapien bestehen in dem Bemühen, das Fortschreiten der Krankheitsentwicklung durch pharmakologische und kognitive Therapien zeitlich hinauszuzögern, sowie dem Versuch, die Lebensqualität der Erkrankten zu steigern.

Kompetenzzentrum für Menschen mit Demenz, Nürnberg; der Umgang mit Tieren wie auch das Ausüben alltäglicher Tätigkeiten sind von therapeutischem Nutzen

In jüngster Zeit zeichnet sich in der Forschung die Tendenz ab, Demenz als psychologisches Entwicklungsgeschehen aufzufassen und nicht nur im engen Sinne der Krankheitsverarbeitung damit umzugehen. Diese Sichtweise eröffnet die Möglichkeit, sich den verschiedenen individuellen Seinsformen der Demenz positiv zu nähern, ohne stets die kognitiven Defizite der Betroffenen hervorzuheben. Der Demenzkranke selbst spürt das Entwicklungsgeschehen der Erkrankung sehr früh und vor allem in der sich verändernden Beziehung zu seiner Umgebung. Jede Person hat eine spezifische Beziehung zu ihrem Umfeld, die durch Kongruenz beziehungsweise Passung zwischen eigenen Wünschen und Bedürfnissen und den Gegebenheiten und Anforderungen der Umwelt beeinflusst wird .1 Ein wesentliches Kriterium dieser Passung ist es für eine Person, sich kompetent, autonom und sicher zu fühlen. Schon leicht kognitiv beeinträchtigte Menschen (so genannte MCI-Patienten) weisen Veränderungen in dieser Umweltpassung auf. Ihre kognitiven Einbußen führen zu Fehlleistungen in der Raumerinnerung und zu einer mangelnden Fähigkeit, sich neue Räume und unbekannte Gegebenheiten spontan anzueignen. Die Wahrnehmung der Umwelt wird mehr und mehr fragmentarisch und die frühere spontane Anpassungsfähigkeit wird herabgesetzt. Mit dem Erkennen dieser Veränderungen kommt es zu Scham- und Insuffizienzgefühlen, die durch alltäglich erlebte emotionale Grenzsituationen mit Raumaneignung, Orientierung und Alltagshandeln ausgelöst werden.

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Die Wohnung und die Wohnumgebung eines Demenzkranken können einerseits zum Korsett werden, andererseits aber auch kompensatorische Elemente bereithalten, denn der Mensch wird aus Sicht der ökologischen Psychologie in seinem Erleben, Handeln und Denken durch seine Umwelt und Wohnung beeinflusst.2 Dies bedeutet, dass Menschen und ihre Handlungsmuster untrennbar und wechselseitig mit dem sie umgebenden Wohnumfeld verflochten sind, was für Gesunde und für Beeinträchtigte gleichermaßen gilt. Um das Verhalten von Demenzkranken besser zu verstehen, ihre Wohnumwelten passgenauer auf ihre Bedürfnisse zuzuschneiden und das selbstständige Wohnen zu unterstützen, bedarf es vor allem der Kenntnis über die Auswirkungen der Räume und Wohnumwelten auf ihr komplexes Erleben und Handeln. Mit diesem Wissen stehen wir jedoch erst am Anfang. Das, was wir uns heute an Erkenntnissen aneignen können, ist ökogerontologisches Wissen zu altengerechten Umwelten sowie Beobachtungswissen durch Angehörige und Betreuungspersonen zum Behandeln von Demenzkranken in bestimmten Umwelten. Noch fehlt es uns an handhabbaren Instrumenten zur Bewertung von subjektivem Umgang mit verschiedenen Raumstrukturen und der Beurteilung der Raum- und Umgebungsqualitäten durch den demenziell Erkrankten selbst. Das Vergessen als Bedrohung der Ich-Identität und des Alltags An Demenz Erkrankte leben in ihrer eigenen Welt

Gerade in den ersten Jahren der Demenzerkrankung stehen die Verluste des Erinnerns und der Orientierung im Vordergrund. Insbesondere komplexe Anforderungen des täglichen Lebens, wie das Regeln der Finanzangelegenheiten, die Selbststeuerung und Termineinhaltung, das Finden neuer Orte und das Bewegen im Straßenverkehr, werden zuerst zum Problem. Die Betroffenen sind sich ihrer Situation sehr wohl bewusst und versuchen, die ersten kognitiven Beeinträchtigungen durch Vermeidungsverhalten hinter einer intakten Fassade zu verbergen, um nicht unangenehm aufzufallen. Das Krankheitsbild Demenz ist für die Betroffenen ein Tabuthema und mögliche Interventionen werden mit offensivem Leugnen und trotzigem Festhalten an Bestehendem quittiert. Sie nehmen sich selbst nicht als krank wahr und glauben noch an ihre eigene Problemlösefähigkeit. Immer öfter treten jedoch im Verlauf der Erkrankung Situationen der Überforderung im Alltagshandeln auf, die von Ängsten und Verunsicherung begleitet sind. Diese Unsicherheiten rauben sehr viel Lebensenergie und Selbstvertrauen und leiten schließlich einen inneren und äußeren Rückzug der Person ein. Die genannten Verluste machen es den Betroffenen immer schwerer, sich mit dem Alltag zu arrangieren. Soziale Kontakte zu Freunden und Bekannten bereiten plötzlich weniger Freude, die Kommunikation und die beiderseitigen Beziehungen mit den verschiedenen Umwelten reduzieren sich und werden im weiteren Verlauf gänzlich vermieden. Insgesamt erwächst eine ausgeprägte Rückzugsdynamik durch subjektive Insuffizienzgefühle. Die Kontrolle über das eigene Leben geht Stück für Stück verloren. Häufig geben kognitiv beeinträchtigte Personen ihre lieb gewonnenen Hobbys auf und verzichten allmählich darauf, ihre unmittelbare Wohnumwelt aktiv und emotional mit zu gestalten. In Anlehnung an Albert Bandura

Individuelle Ansprache und Anregung

könnte man die Lebenswelt der Demenzkranken im Frühstadium als Verlust der Selbstwirksamkeitserwartung3 beschreiben. Das Vertrauen in die eigene Kompetenz und Handlungsfähigkeit geht aufgrund der erlebten Schwierigkeiten, die als unkontrollierbar erfahren werden, verloren. Der Zweifel an der eigenen Selbstwirksamkeit führt dazu, dass Stress und Angst übermächtig werden. Die eigene Welt wird immer weniger subjektiv sinnhaft erlebt. Dieser Verlust an Selbstvertrauen und die zunehmende Unfähigkeit zur Alltagsbewältigung stehen meist in enger Beziehung mit dem Rückzug der Person. In dieser Situation wirkt jede Veränderung der Lebenswelt und Umwelt wie eine Bedrohung. Bei dem Erkrankten wächst das Gefühl der Hilflosigkeit und somit die Problematik der Identitätssicherung: Wer bin ich noch, was kann ich noch, was kommt noch? Das Abschiednehmen Belastende Momente zwischen demenziell Erkrankten und ihrem Umfeld nehmen kontinuierlich zu. In ihren Lebensaktivitäten stoßen sie immer häufiger an die Grenzen ihrer physischen Möglichkeiten. Die Umgebungskontrolle gelingt nicht mehr, da komplexe Denkprozesse nicht mehr nachvollzogen werden kön-

Orientierung an der Bedürfniswelt der Bewohner

nen. Diese zunehmenden, ungelösten Alltagsprobleme führen wiederum zu emotionalen und psychischen Stressreaktionen, die von der Umgebung nicht unbemerkt bleiben. Diese subjektive Auseinandersetzung mit den Symptomen der Erkrankung verläuft selten ohne Konflikte mit den Nächsten, mit Partnern, Familie und Angehörigen. Da das Handeln des Erkrankten bei anderen Menschen Unverständnis auslöst, übt gera-

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Demenz als Seinsform: Wohnumfeld und Handlungskompetenz

de das soziale Umfeld großen Einfluss auf dessen Selbstwertgefühl aus. Im Zusammenhang mit den Absichten des Erkrankten und dem beobachteten Verhalten entsteht ein ungeklärtes Vakuum. Die Angehörigen brauchen hier sehr viel krankheitsbezogenes Wissen und konkrete Hilfen, um einen guten Einstieg in die Verständigung zu finden. Für die Familie ist es in dieser Phase schwierig, sich mit der inneren Lebenswelt des Betroffenen und mit seiner Hilflosigkeit zu arrangieren, zumal sein Verhalten nicht logisch zu erklären ist. Es fällt ihnen schwer, das aufkommende Misstrauen, die Aggressionen und auch die Ängstlichkeit zu akzeptieren. Für die Angehörigen steht daher das unvermeidliche Abschiednehmen von den vertrauten Verhaltensweisen der Person im Raum, denn die zentralen Eigenarten der Persönlichkeit lösen sich langsam auf. Somit geht es auch für die Angehörigen um das Tolerieren fremden, ungewöhnlichen Verhaltens.

Förderung der Kognitionsleistung durch Spiele

Regelmäßiges Arbeiten an der eigenen Biografie verzögert den Prozess des Auflösens der Persönlichkeitsstruktur

Das Annehmen Die frühere aktive und selbst gesteuerte Aneignung der persönlichen Umwelten, Räume oder Beziehungen und das Beibehalten der Hobbys, wie zum Beispiel Gartenarbeit, gelingen Demenzkranken mit Fortschreiten der Erkrankung immer weniger. Das Paradoxon dabei ist, je mehr die betroffene Person ihre (Wohn)Identität als aktiv Steuernde und Gestaltende verliert, desto bedeutsamer wird für sie die Unverändertheit der Wohnung und damit die Verstehbarkeit ihrer Umgebung. Die gleich bleibende physische Umwelt vermittelt dem demenziell Erkrankten das Gefühl von Beständigkeit und Sicherheit. Die Umgebung wird in dieser Phase durch das Altgedächtnis erschlossen, während die „bewusst aktiv geplante Jetzt-Zeit“ hinter die Umorientierung zurücktreten muss. Anstelle der Förderung der aktiven Anpassung rückt somit das Aushalten und Annehmen in den Mittelpunkt. Diese Haltung drückt sich inzwischen auch in den Diskussionen um die professionelle Versorgung und den Ausbau demenzgerechter Einrichtungen aus. Nach einem kontroversen Meinungsaustausch in der Vergangenheit besteht heute Einigkeit darüber, welche Eigenschaften gute Einrichtungen für demenziell Erkrankte auszeichnen. Eine „demenzgerechte“ Institution muss vor allem drei Aspekten Rechnung tragen beziehungsweise drei Komponenten bieten: die optimalen baulichen Elemente des Hauses und der Station, die psychosozialen Milieus und die Organisation der Pflege und des Zusammenlebens. In der Altenhilfe diskutiert man gegenwärtig vor allem die milieutherapeutischen Modelle, um die Umwelt für den Erkrankten „angemessen“ und „verträglich“ zu gestalten.4

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Nicht der Betroffene passt sich an, sondern seine Umwelt Demenz setzt der Selbstständigkeit, der Unabhängigkeit und der Umweltaneignung enge Grenzen. Das Wohnen wird dann zum Problem, wenn Wahrnehmung, Kognition und Orientierung derart beeinträchtigt sind, dass die ganze Person-Umwelt-Kongruenz aus der Balance gerät. Die enge Beziehung zwischen Mensch und Umwelt wird durch das Krankheitsbild derart aus ihrer bisher da gewesenen Form entrückt, dass die aktiven auf „coping“ zielenden Attribute der Umweltaneignung den zuvor beschriebenen subjektiven, vermeidenden und annehmenden Attributen der Umweltpassung weichen. Demenzkranke sind nicht mehr fähig, variabel und der Situation angemessen mit ihrer Umwelt und der Realität Kontakt aufzunehmen. Es bleibt ein intuitiv-situatives, emotionales Erleben der Umgebung. Der Betroffene scheint dem zunächst ohne eigene Steuerungsmöglichkeit ausgeliefert zu sein. Daher stellt eine bebaute Umwelt für demenziell Erkrankte eine konstante Reizbedingung dar, die in ihrer Intensität Einfluss auf ihr Wohlbefinden, aber auch auf ihr Stress-Erleben hat. Das Wohlbefinden ist dann am höchsten, wenn die stimulierende, kompensatorische Wirkung der Räume hinsichtlich ihrer Reize durch den Erkrankten stimmig wahrgenommen wird und es weder zu einer Über- noch Unterstimulation kommt. Auch die früher so vertrauten Orte und die individuellen Wohlfühl-Räume können mit Fortschreiten der Erkrankung plötzlich anders wahrgenommen werden und gar zu Un-Räumen mutieren. Neurobiologisch lässt sich das veränderte Erleben damit erklären, dass unsere Beurteilung der unmittelbaren Wahrnehmung nicht in Echtzeit erfolgen muss, sondern die Deutungsmuster des aktuellen Wahrnehmungsbildes auch in der Vergangenheit liegen können. Bei Demenzkranken entsteht somit ein vom „entrückten“ Gehirn kreiertes Wahrnehmungsbild von der Gegenwart. Das menschliche Erleben ist bekanntlich szenisch strukturiert, so auch das der Demenzpatienten. Der Verlust des kurzzeitlichen Gedächtnisses führt dazu, dass demenziell Erkrankte in ihrer Gegenwart nicht zu früher üblichen Anpassungs- und Kompensationsleistungen fähig sind. Beim aktuell erlebten Unwohlsein fällt der Kranke beispielsweise in ein Suchverhalten zurück, in dem er eher seinem augenblicklichen Gefühl zu entfliehen versucht. Dieses Verhalten wird häufig als „Weglauftendenz“ beschrieben, weil die Person besonders unruhig ist und zum Umherwandern neigt. In dem Wunsch, „nach Hause“ gehen zu wollen, ist für den Außenstehenden eher das Signal zu sehen, dass die Person sich im Augenblick verloren vorkommt und einen Ort der Geborgenheit und Sicherheit sucht. Kompetenzzentrum für Menschen mit Demenz, Nürnberg; das Leben in demenzgerechten Milieus führt mitunter zu einer Wiedererlangung von Handlungskompetenz

Die Leitperspektive der bewussten „demenzgerechten“ Milieugestaltung stellt deshalb die alltagsgebundene Bedürfniswelt des Demenzkranken ins Zentrum ihres Tuns und wird zum genauen Beobachter der kontinuierlichen Veränderungen in den Lebenswelten des Erkrankten. Dieser Ausgangspunkt eröffnet der Betreuung und dem Wohnen mit Demenzkranken insofern neue Perspektiven, als dass er die vielschichtigen emotionalen und sozialen Bedürfnisse besser in den Blick nehmen kann und dadurch wiederum mehr positive Wohn- und Alltagserlebnisse für den Erkrankten möglich werden. In einem stimmigen Milieu kann sich der Demenzkranke in der Erwartung seiner Handlungskompetenz wieder steigern und das angeeignete Vermeidungsverhalten und die negativen Erwartungen von Selbstwirksamkeit mehr und mehr auflösen 5.

Anmerkungen 1 R. Lazarus, R. Launier, „Stressbezogene Transaktionen zwischen Person und Umwelt“, in J. Nitsch (Hrsg.), Stress. Theorien, Untersuchungen, Maßnahmen, Bern: Huber, 1981. R. Lazarus, Stress and Emotion – A New Synthesis, New York: Free Association Books, 1999.

4 Ch. Held, D. Ermini-Fünfschilling, Das demenzgerechte Heim, Freiburg: Karger, 2. Auflage 2006. 5 Die Erwartung von Selbstwirksamkeit gehört zu den Kernsätzen kognitiver Theorien, die menschliches Verhalten erklären.

2 H.-J. Harloff, „Grundlegung der Wohnpsychologie. Zuhause/Heim als transaktionales Konzept“, in Report Psychologie, 1989. 3 A. Bandura, „Self-efficacy: Toward Unifying Theory of Behavioral Change”, in Psychological Review, Vol. 84, Nr. 3. A. Bandura: „Self-efficacy mechanism in psychobiological­ functioning”, in R. Schwarzer (Hrsg.), Self-efficacy: Thought Control of Action, New York: Hemisphere, 1992.

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S T E FA N D R E S S K E

Leben und Sterben: Wohnen im Hospiz

Pflegepraktiken wie Handmassagen wirken Identität stiftend

Das Sterbegeschehen verschiebt sich in den so genannten westlichen Gesellschaften mehr und mehr auf das höhere Alter. Gestorben wird zumeist an chronisch degenerativen Krankheiten, das heißt an Erkrankungen, die im Endstadium nicht mehr zu heilen sind und oftmals Pflegebedürftigkeit bedeuten. Trotzdem kann medizinisch noch viel getan werden, um das Fortschreiten solcher Krankheiten zu verlangsamen und um Leiden zu lindern. So dehnt sich die Phase der Pflegebedürftigkeit und des Sterbens zunehmend aus. Die ärztliche Behandlung laviert in diesem Zeitraum zwischen den beiden Polen „Kampf gegen den Tod“ und „Sterbenlassen“, die gegensätzlicher nicht sein könnten.1 Inzwischen haben sich eigenständige Verfahren der palliativen Medizin etabliert, die vorrangig auf Symptomlinderung und psychosoziale Fürsorge ausgerichtet sind, um die Versorgung Sterbender zu verbessern. Diese neue Spezialdisziplin integriert die Bereiche Medizin, Pflege, Sozialarbeit, Theologie sowie ehrenamtliche Tätigkeit und beruht auf der Konzeption des Hospizes. Denn das Hospiz steht sowohl für eine ambulante und stationäre Organisationsform als auch für eine Versorgungsphilosophie, die die Orientierung auf das gute Sterben als positives Ziel durchgesetzt hat. Dieser Wandel der Versorgungsformen und der allgemeinen Einstellungen fand keineswegs im luftleeren Raum statt. Wurde noch bis Mitte der 1980er Jahre über Tabuisierung, Verdrängung oder Verleugnung des Sterbens geklagt, so wird heute die Versorgung Sterbender zunehmend öffentlich thematisiert – allerdings meist im Zusammenhang mit rechtlichen Regelungen, in Folge von Skandalisierungen der Sterbehilfe oder der Vernachlässigung Sterbender. Überall dort, wo vom Sterben die Rede ist, wird dann auch das Hospiz genannt, das wie keine andere Institution für gutes Sterben einsteht. Dass das Hospiz die aus institutioneller Sicht bestmögliche Betreuung in der letzten Lebensphase bietet, wird kaum noch in Frage gestellt; weder von Vertretern der Wohlfahrtsverbände und der Kirchen, die bis in die 1980er Jahre im Hospiz ein „Sterbeghetto“ vermuteten, noch von Ärzten, die fürchteten, dass ihre Patienten „aufgegeben“ würden. Vielmehr sind Hospize, wie ich im Rahmen meiner 2001 und 2002 durchgeführten empirischen Studie immer wieder bemerken konnte, öffentliche und offene Orte.2 Dennoch weiß man wenig darüber, wie sich die Betreuung Sterbender konkret gestaltet. Ein Fallbeispiel aus meiner Beobachtungsstudie soll illustrieren, wie im Hospiz gearbeitet wird, was auf den Patienten zukommt und welche durchaus nicht seltenen Schwierigkeiten und Probleme dort bewältigt werden müssen.

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„Noch einmal Leben vor dem Sterben“ Berichtet werden soll von Herrn Bauer, einem 95-jährigen Leukämiepatienten. Als er im Hospiz aufgenommen wird, geht es ihm noch relativ gut, er hat keine Schmerzen, und er kann sich ohne Hilfe durch das Hospiz bewegen. Er hat allerdings ein anderes Problem, denn eigentlich sollte ihn seine Tochter bei sich aufnehmen, als Gegenleistung dafür, dass er ihr den Hausbau finanziert hat. Die Tochter hat es sich dann jedoch anders überlegt. Nun ist Herr Bauer gezwungenermaßen im Hospiz und wirkt wie ein verbittertes Familienoberhaupt. Nichts kann ihm das Pflegepersonal recht machen. Er beschwert sich beim behandelnden Arzt, lässt sich immer wieder umständlich seine Medikamente erklären und ist stets auf seine Unabhängigkeit bedacht. Trotzdem gehen die Schwestern und Pfleger auf seine „Extrawünsche“ geduldig ein und erkennen in ihm eine, wie sie sagen, „faszinierende Persönlichkeit“. In Gesprächen mit ihm finden sie heraus, dass Herr Bauer ein „begnadeter Tänzer“ und passionierter Schachspieler ist und initiieren daraufhin ein Schachspiel. Einige Tage später ist Herr Bauer jedoch so „nölig, bockig, ganz schwierig“, wie ein Pfleger darstellt, dass der Geduldsfaden reißt und der Patient zurechtgewiesen wird. Am Tag darauf geht es Herrn Bauer plötzlich schlechter, er leidet an Schmerzattacken, ihm ist schwindelig und übel, er ist desorientiert und niedergeschlagen. Nun also „hat er sich nicht mehr geweigert, sich helfen zu lassen“, sagt ein Pfleger bei der Schichtübergabe. Und – so beobachten die Pflegekräfte – Herr Bauer „hat jämmerlich geweint“. Ihm geht es zunehmend schlechter, er wird bettlägerig und es wird seine Tochter gerufen, die sich bisher aus allem herausgehalten hat. Zuerst schaut sie nur distanziert bei den Pflegetätigkeiten zu und verbringt einige Zeit schweigend mit ihrem Vater. Am nächsten Tag wird sie von einer Schwester aufgefordert, ihn während des Waschens festzuhalten. Bei der Schichtübergabe deutet die Schwester dies als eine Umarmung, die auch vom Vater erwidert wurde. Unausgesprochen wird dies als eine „Versöhnung“ verstanden. Immerhin bleibt die Tochter jetzt länger bei ihrem Vater und sie sprechen sogar miteinander. In der darauf folgenden Nacht stirbt Herr Bauer nach einem dreiwöchigen Aufenthalt im Hospiz. Er schläft ganz friedlich in den Armen eines Pflegers ein. Die Arbeit an der Identität von Sterbenden Aus der Perspektive des Hospizes kann die Betreuung von Herrn Bauer als erfolgreich eingeschätzt werden. Doch wie wird der Erfolg erzielt? Ebenso wie in vielen anderen Institutionen werden auch hier systematische Bearbeitungsprogramme angewandt. Dazu gehört, dass das Personal die Biografie des Patienten aktualisiert, indem es unentwegt nach Verweisen auf dessen Vergangenheit sucht. Sehr deutlich wird dies bei Patienten, die aufgrund einer langen Krankenkarriere „hospitalisiert“ sind oder zu Hause einsam gelebt haben. Die Kommunikation schließt das Ermuntern zu Wünschen ein, wobei es immer um das unmittelbare­ Wohlbefinden geht, um gute Erlebnisse, die der Patient jetzt genießen kann. Wünsche zu äußern wird so zu einem Akt der Selbstbestätigung, auch wenn es sich nur um kleine Wünsche handelt, wie etwa das Schachspiel. Aufforderungen zur Teilnahme werden nicht nur verbal gesteuert, vielmehr dominieren Pflegepraktiken, die als „Wellness-Angebote“ die instrumentell verstandene Hygiene deutlich überschreiten. Gemeint ist die umfassende Morgenpflege, Massagen mit Duftölen, Baden, begleitete Spaziergänge durch das Hospiz, gemeinsame Mahlzeiten. Die Pflegepraktiken selbst sind Identität stiftend, da die damit verbundene Gefühlsarbeit nicht im Dienste des instrumentellen Ziels der Sauberkeit steht, sondern einen Wert an sich darstellt. Stigmatisierende Eingriffe werden möglichst vermieden und wenn sie notwendig werden, zum Beispiel der Schnabelbecher oder die Windelhosen, sind ihre die Persönlichkeit verletzenden Wirkungen abgefedert. Die Pflegetätigkeiten erinnern den Patienten ohnehin immer an seine Gebrechlichkeit und fördern somit eine Auseinandersetzung mit dem Sterben. Vom Personal wird das bevorstehende Sterben nur selten direkt und offen angesprochen, obwohl die Patienten vor der Aufnahme in das Hospiz in der Regel von den einweisenden Ärzten über ihre unheilbare Krankheit und ihre begrenzte Lebenserwartung unterrichtet sind. Aber diese Aufklärung ist ein rational-kognitiver Vorgang, der häufig nicht in das „Identitätskostüm“ aufgenommen wird. Patienten haben dann immer noch Hoffnungen und unter Umständen unrealistische Vorstellungen. Das Ziel eines Hospizes besteht jedoch nicht darin, „dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben“, wie Cicely Saunders (1918 -2005), die Begründerin der modernen Hospizbewegung, immer wieder zitiert wird.

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Leben und Sterben: Wohnen im Hospiz

„Sterbekontrolle“ Im Hospiz dominieren also auf den Körper angewandte Praktiken, die als ein konzertiertes Sozialisationsprogramm zu beschreiben sind. Diese Art der Pflege wird durch das medizinische Behandlungsregime unterstützt und erst ermöglicht, wie am Beispiel von Herrn Bauer deutlich wird. Der Patient hat, bevor er im Hospiz aufgenommen wurde, eine Bluttransfusion bekommen, was der Hospizarzt eher skeptisch betrachtet. Er begründet dies damit, dass es dem Patienten unmittelbar nach einer solchen Behandlung zwar besser ginge, aber einige Tage später um so schlechter. Tatsächlich fühlt sich Herr Bauer drei Tage nach Aufnahme nicht mehr gut, was das Personal mit der nachlassenden Wirkung der Transfusion erklärt. Der Verschlechterung des Befindens wird nicht entgegengesteuert, sie wird nicht bekämpft, sondern die Behandlung orientiert sich daran, den Abwärtstrend möglichst komplikationslos zu gestalten. So sollen keine „Hochs“ durch plötzliche „Tiefs“ erkauft werden. Es gilt vielmehr der Plötzlichkeit von Verschlechterungen zuvorzukommen, wobei das unmittelbare Wohlbefinden und die prognostizierte Verschlechterung gegeneinander abgewogen werden. Die Pflegetätigkeiten, die medizinischen Interventionen und die Kommunikation mit dem Patienten zielen nunmehr darauf ab, die zunehmende Verschlechterung des körperlichen und mentalen Zustands zu synchronisieren. Am Ende stirbt der Patient ganz friedlich. Diese Form des Verlaufs ist jedoch immer wieder bedroht, etwa durch Verwirrtheit und Demenzen, durch nicht behandelbare Schmerzen sowie durch nach außen dringende Metastasen. Das Pflegepersonal versucht dann, diese Unwägbarkeiten des Sterbeverlaufs zu beherrschen, und manchmal bleibt nur der Trost, das Bestmögliche getan zu haben. Zwei zentrale Dimensionen bestimmen das Wesen eines Hospizes: die Aktualisierung von biografisch gewachsener Identität und die Kontrolle des Sterbens als ein friedlicher und schmerzfreier Prozess. Gestaltung der Lebensumwelt Wie jede Institution innerhalb des Gesundheits- und Sozialwesens muss das Hospiz seinen Zweck öffentlich repräsentieren, während es gleichzeitig ein sehr privater Ort ist, der Rückzug für Patienten und Angehörige ermöglichen soll. Die architektonische Gestaltung kann unmittelbar dazu beitragen, diese gegensätzlichen Funktionen zu vereinbaren. So ist insbesondere eine gelungene Integration in den städtebaulichen und historischen Kontext für die Akzeptanz in der Bevölkerung besonders wichtig. Die Einbindung in einen Krankenhauskomplex kann auf historische Dimensionen der Krankenfürsorge hinweisen, oder eine großzügige Glasarchitektur kann Offenheit gegenüber der Umgebung symbolisieren. Auch für die Patienten ist die Öffnung nach außen wichtig, um sich nicht ausgeschlossen zu fühlen. Architektonisch lässt sich dies durch großflächige Verglasungen, durch Wintergärten, geschützte Innenhöfe und Terrassen sowie durch bis zum Boden reichende Fenster gewährleisten, die bettlägerigen Menschen eine freie Aussicht bieten. Die Dimension des Öffentlichen lässt sich auch durch flexible Nutzungsmöglichkeiten der Innenräume für Ausstellungen, kleine Konzerte, Lesungen und Ähnliches herstellen. Dabei kann die Gestaltung von Foyer, Flur, Aufenthaltsräumen, Küche, „Wohnzimmer“ und Teamräumen einer „Hierarchie der Öffentlichkeit“ folgen. Rückzugsmöglichkeiten für Patienten und ihre Angehörigen sollten bedacht und dazu intimere Räume integriert werden, die wiederum aber nicht gänzlich abgeschlossen sein sollten. Als Ort weitgehend alltäglicher Lebensführung soll das Hospiz auch bürgerlichen Ansprüchen, das heißt dem Bedürfnis nach häuslicher Privatheit genügen. Sterben bedeutet ein Nebeneinander ganz unterschiedlicher Gefühle. Für Freude und Trauer, Besinnung und Sachlichkeit müssen gleichermaßen Räume gestaltet werden, um sie in diesem Sinne als Alltagskommunikation in die normalen Abläufe einzubetten. Offen gestaltete Wohnräume, Küchen oder Wohnküchen sowie klar definierte Sitzmöglichkeiten auf dem Flur, auf Terrassen oder im Garten bilden Knotenpunkte, an denen Patienten, Angehörige und das Personal zueinander finden können. Die üblichen Tätigkeiten, bei denen immer auch Kontakte gestiftet werden, wie Mahlzeiten einnehmen, Fernsehen, Lesen und Ausruhen, finden in einer halböffentlichen, geschützten Atmosphäre statt. Neben der Alltagskommunikation gibt es Symbolisierungen des momento mori, die auf die Endlichkeit des Lebens und damit auch auf den Zweck des Hospizes hinweisen. Wenngleich das Sterben nicht beständig verbalisiert wird, so ist es doch immer präsent und es finden sich Anlässe zu Besinnung und Einkehr.

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Die Patientenzimmer bilden den Kern der Privatsphäre, die nur noch durch Pflege und Behandlung durchbrochen wird. Neben der funktionalen Ausstattung sollten sie Möglichkeiten für Gestaltungswünsche des Patienten bieten. Möbel, auch Schränke, sollten verrückbar sein, auch sollte es Platz für kleinere eigene Möbelstücke geben. Sideboards sollten vom Bett her einsehbar und zugänglich sein. Dort aufgestellte Familienbilder und Erinnerungsstücke bieten Anknüpfungen für Gespräche und erleichtern es dem Personal, auf die Persönlichkeit des Patienten bezogene Angebote zu unterbreiten. Die Gesamtgestaltung des Hospizes kann durchaus offen sein für völlig unterschiedliche Projektionen, wie dem Zuhause, dem Krankenhaus und Pflegeheim oder auch dem Hotel. In der Regel aber wissen Patienten, dass sie sich letztlich in einer Institution befinden, in der entsprechende Regeln und Normen gelten, wenn diese auch zu ihren Gunsten relativiert sind. Ebenfalls ist zu bedenken, dass die meisten Patienten nicht sehr lange im Hospiz verweilen. Innerhalb von drei Wochen versterben bis zu 70 Prozent der Patienten.3 Übertragbarkeit auf andere Pflegeeinrichtungen Es stellt sich die Frage, inwieweit das Hospiz als Einrichtungstyp und als Versorgungsideologie auch in anderen Einrichtungen, in denen gestorben wird, Fuß fassen kann. Alle institutionellen Vorkehrungen im Hospiz richten sich ausnahmslos und für alle Patienten auf Sterbeverläufe, auch wenn es in der konkreten Arbeit um Wohlbefinden und um Aktualisierung von Identität geht. Zugrunde liegt, dass die Orientierung auf eine Heilung der Krankheit aufgegeben wird zugunsten lindernder Maßnahmen, womit das Hospiz seine Deutungshoheit über den Patienten als einen Sterbenden manifestiert. Obwohl in Alten- und Pflegeheimen eine hohe und immer höher werdende Sterblichkeit unter den Bewohnern besteht, ist dieser Einrichtungstyp nicht vorrangig und in dem Maße wie ein Hospiz auf das Sterben ausgerichtet. Einzelne Elemente der Hospizarbeit, wie die Symptomorientierung der Medizin, die fürsorgliche Haltung in der Pflege, die kommunikativen Angebote und die häufig symbolhafte Ausstattung, lassen sich sicherlich auch in anderen Institutionen umsetzen. Im Unterschied dazu muss jedoch hervorgehoben werden, dass es sich bei einem Hospiz um ein ideologisch gefestigtes Milieu handelt, das eine gemeinsam geteilte Haltung bei Patienten und Professionellen hervorbringt, die auf das Ziel des guten Sterbens verpflichtet. Diese Verpflichtung wirkt daher in anderen Wohnformen nicht so stark. So muss in einem Pflegeheim im Zweifel eine Bettwache bei einem Sterbenden unterbrochen werden, weil bei einem anderen Bewohner ein Notfall vorliegt. Hier dominieren also andere Notwendigkeiten – und nicht zuletzt die Rettung von Leben – gegenüber der Sterbendenversorgung. Was sich allerdings durchaus vom Hospizgedanken übertragen lässt, ist die solidarische und liebevolle Haltung gegenüber Schwerkranken.

Anmerkungen 1 U. Streckeisen, Die Medizin und der Tod, Opladen: Leske & Budrich, 2001. 2 S. Dreßke, Sterben im Hospiz. Der Alltag in einer alternativen Pflegeeinrichtung, Frankfurt a.M.: Campus, 2005. Seite 35, von oben nach unten Ricam Hospiz, Berlin-Neukölln; aufgesetztes Dachgeschoss mit bodentiefen Fenstern und begehbarem Dachgarten | Üppig bepflanzter Außenraum über den Dächern des Stadtquartiers | Den Lebensfluss symbolisierende Kunstinstallation | Raum des Gedenkens an die Verstorbenen | Raum der Stille und Meditation

3 Ch. Pfeffer, „Statistik der Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz für das Jahr 2004.“ Download am 4.6.2008: www.hospiz.net/ themen/statistik.html#Hospizstatistik_2008.

Seite 36, von oben nach unten Ricam Hospiz, Berlin Neukölln; Integration des Hospizes in den städtebaulichen Kontext | Eingangsbereich mit Rezeption und Verwaltung | Wintergarten mit Aufenthaltsqualität | Von außen einsehbare Küche, in der nach Wünschen der Patienten schmackhafte Mahlzeiten frisch zubereitet werden | Kleine Bibliothek auf dem Korridor

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I N S A L Ü DT K E

Vom Wesen des Wohnens: Sicherheit – Geborgenheit – Orientierung

Darsteller des Musicals „Hair“; Fotografie von Will McBride

„Wer am Dasein zweifelt, wird mit dem Wohnen Schwierigkeiten haben.“ Immanuel Kant 1

Mit dem eingängigen Slogan „Wohnst Du noch oder lebst Du schon?“ wirbt eine internationale MöbelhausKette seit Jahren um die deutsche Kundschaft. Dabei arbeitet dieser Claim nicht nur geschickt mit dem Stilmittel der semantischen Reibung und stellt damit eine Konkurrenz zwischen „wohnen“ und „leben“ her. Er suggeriert darüber hinaus mit „noch“ und „schon“ eine Wertung, die im allgemeinen Sprachgebrauch gar nicht existiert. Die englische Sprache zumal nimmt es nicht so genau und vereint mit „to live“ beide Bedeutungen. Die Werbebotschaft verheißt eine Dynamisierung oder zumindest Intensivierung der häuslichen Welt.2 Diese erklärt sich wohl kaum aus dem (für die damalige Zeit, Mitte des 20. Jahrhunderts, so revolutionären) Low-Cost-Konzept eines schwedischen Möbelhändlers, bei dem der Kunde Teil der Produktionskette wird und das Möbel als Selbstbau-Set kauft. Es bleibt also zunächst ein Widerspruch, da gemeinhin gerade dem Wohnen per se die Bedeutung der Sesshaftigkeit innewohnt. Worin also könnte die vermeintliche Opposition zwischen „wohnen“ und „leben“ bestehen? Ohne vorgreifen zu wollen: Das „Wesen des Wohnens“ zeigt sich stets in seiner Ambivalenz.

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Streng genommen ist „wohnen“, obwohl ein „Tu-Wort“, keine Tätigkeit im engeren Sinn. Es wäre absurd, in der eigenen Wohnung stehend, zu behaupten: „Ich wohne gerade.“ Wer vom Wohnen spricht, tut dies meist sogar in einer Situation, in der er sich außerhalb der eigenen vier Wände aufhält: „Ich wohne direkt am Wald, im dritten Stock, seit zwanzig Jahren allein, zur Untermiete.“3 Wohnen lässt sich wohl nicht als eine eigenständige Aktivität, sehr wohl aber als eine Aneinanderreihung vieler einzelner Handlungen betrachten. Es sind nicht etwa nebensächliche Handlungen, denn ein großer Teil unseres Lebens spielt sich in Form von ritualisierten Abläufen, zum Beispiel als Kochen, Essen, Baden, Schlafen und Aufräumen ab. Die regelmäßige Wiederholung und die Dauerhaftigkeit des immer gleichen Vollzugs bis hin zur körperlichen Verinnerlichung durch wiederkehrende Gesten lassen etwas ohne weiteres Nachdenken „von selbst“ zur Gewohnheit werden. Aufgrund von Repetition und Regelmäßigkeit der Ausübung schafft die Gewohnheit so ein Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und letztlich auch Entlastung davon, sich ständig neu entscheiden zu müssen.4 Deshalb meint, wer wohnt, längst gefunden zu haben. Der Begriff des Wohnens geht zurück auf die Wurzel des Verbs „gewinnen“ sowie „umherziehen“, „streifen“, „nach etwas suchen“. Menschheitsgeschichtlich betrachtet, handelt es sich beim Wohnen allerdings um eine recht junge Erscheinung. Der Aufenthalt in vorvergangenen Zeiten in Höhlen, Hütten oder Zelten hat wenig zu tun mit dem, was wir heute unter „wohnen“ verstehen. Erst im Mittelalter etabliert sich die Bedeutung „sich aufhalten“, „bleiben“, „gewohnt sein“ mit dem Verb „wonen“. Es ist abgeleitet aus dem germanischen Wortstamm „wunian“ und meint so viel wie „Wonne“, „wohlfühlen“, „nach etwas trachten“, „gern haben“, „zufrieden sein“ und beinhaltet mit „umfriedet sein“ auch die Schutz gebende Funktion. Mit „sich aufhalten“ (in einem Gebäude, in Innenräumen) ist die heutige Wortbedeutung allerdings nicht erschöpft. Wenn ich mich in der Wohnung eines Freundes aufhalte, wohne ich dort noch lange nicht. Die „Wohnung“ bildet als die „dritte Haut des Menschen“ den Kristallisationspunkt des Eigenen, des Ichs. Wohnen gehört in die Kategorie „moderne Identität“5 ganz im Sinne eines: „Zeig’ mir Deine Wohnung, und ich sage Dir, wer Du bist.“ Aus dem Prozess der Gewöhnung geht jene Vertrautheit mit einer Umgebung hervor, die man im engeren und im weiteren Sinne Wohnen nennen kann. Das eigene Leben kann sich einrichten, wenn Gewohnheiten die Fremdheit durchbrechen und für Vertrautheit sorgen. Wohnen meint also die innige Verflochtenheit von Gewohnheit und Wohnung. Erst sie qualifiziert den Raum, der bewohnt wird, als Wohnung. Deshalb beinhaltet jeder Wohnungswechsel letztlich viel mehr die Entwöhnung von den alten und das Entwickeln neuer Gewohnheiten, als die vermeintlich schwierige Anpassung an die veränderte räumliche Konfiguration.6 Wer sich – gerade umgezogen – an die ersten Tage und Wochen im neuen Heim erinnert, weiß um die Macht der Gewohnheit(en). Eine unweigerliche und womöglich dem Wohnen ganz und gar immanente Gewohnheit ist die Geste des Öffnens und Schließens. Das Betreten und Verlassen eines Raums wird von dieser Doppelgeste gerahmt. 7 Dabei bildet die Tür mit ihrer Laibung und der Schwelle zu unseren Füßen einen körperlich erlebbaren Übergangsraum sowohl zwischen Hausflur und Wohnung als auch von einem Zimmer zum anderen. Daneben öffnen und schließen wir wohnend auch Gardinen und Jalousien, Schränke und Schubladen, die Schatulle und den Laptop. Dabei geht es zwar vordergründig um das Erreichen beziehungsweise Verlassen der Wohnung oder eines Zimmers, wie auch um die Regulierung des Lichteinfalls oder das Verwahren von Habseligkeiten. In Wahrheit aber geht es um die Frage der Erlebbarkeit räumlicher Grenzen zwischen „der Welt“ und dem Eigenraum, dem Privaten.8 Die private Wohnung für fremde Blicke zu öffnen, bedeutet im Umkehrschluss, Auskunft über die Verfasstheit der eigenen Existenz zu geben und damit aussagekräftigere Informationen über sich zu liefern als durch scheinbar intimere Selbstauskünfte wie „Ich bin Vegetarier“. Wohnen ist ein Vorgang, bei dem sich

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Vom Wesen des Wohnens

das innere Sein etwa in Form des Mobiliars, aber auch der Wahl des Wohnungstyps (Altbau oder Neubau, Reihenhaus oder Penthouse) verräumlicht und damit geradezu nach außen stülpt. Wohnen ist eine Interaktion zwischen Bewohner(n) und Raum. Diese Interdependenz ist unauflöslich, denn indem ich mir einen eigenen Raum gestalte, forme ich mich selbst – und umgekehrt. So verbinden sich für den Philosophen Martin Heidegger auch das Dasein und das Gebaute weit über die „eigenen vier Wände“ hinaus, wenn er ausführt: „Bauen, buan, bhu, beo ist nämlich unser Wort ‚bin‘.“ Damit erweitert der Philosoph den Begriff des Wohnens und dehnt den Radius der Wohnung weit über den einer abgeschlossenen räumlichen Einheit hinaus. „Mensch sein heißt: als Sterblicher auf der Erde sein, heißt: wohnen.“9 Wohnen planen Wie eingangs angedeutet, lässt sich das Wohnen eben nur vordergründig in „Zwei Zimmer, Küche, Bad“ zwängen. Das Wohnen ist etwas sowohl Triviales als auch zutiefst Existentielles. In der Wohnung nimmt das für jeden von uns prägende und Identität stiftende, private Leben seinen Anfang.10 Gleichwohl zeigen sich auch hier gegensätzliche Wesenszüge, sobald es etwa um qualitative Fragen der räumlichen Ausprägung geht. In ihrem vermeintlichen Traumhaus wollen Menschen zwar ihre höchste Zufriedenheit finden können, gleichzeitig „kann man mit einer Wohnung den Menschen ebenso erschlagen wie mit einer Axt!“.11 So haben sich schon Generationen von Architekten mit der Frage beschäftigt, wie der „ideale Grundriss“ aussehen könnte. Herzog & de Meuron: „VitraHaus“ auf dem Vitra-Campus in Weil am Rhein, Entwurf 2006

Ein Ansatz dazu könnte möglicherweise – der Architekt und Mathematiker Christopher Alexander ist davon­ überzeugt – in wesentlich kleineren Raumkonfigurationen liegen. Sein Anliegen ist es, eine humanere­ Archi­tektur zu schaffen, die ihre Basis in elementaren Bedürfnissen („human needs“) der Menschen hat. Alexander plädiert damit für die Auflösung – gewohnter – architektonischer Strukturen. Statt ein Zimmer an das andere zu setzen, beschrieb er 1977 zunächst elementare (Beziehungs)-Muster, aus denen er Entwurfsmuster ableitete. Seine 253 Elemente zählende „Muster-Sprache“ („A Pattern Language“) versteht der Architekturtheoretiker als eine Struktur, wie „Worte in einem Satz“, ohne dabei konkret auf die architektonische Gestalt einzugehen. Ihn interessieren vielmehr archetypische und damit über alle kulturellen Grenzen hinaus gültige räumliche Qualitäten, wie zum Beispiel „die Bank vor dem Haus“.12 Ebenso wenig auf der Struktur eines klassischen Grundrisses basiert das so genannte „Future Evolution House“, das derzeit in Wien entsteht. Wie der Name schon sagt, bezieht es, zusätzlich zu Alexanders Ideen, den Faktor Zeit und damit die Wandelbarkeit mit in das Architekturkonzept ein. Die Bauherren sind passenderweise der Zukunftsforscher Matthias Horx und seine Familie. Während auf dem Bauplan dort, wo er und seine Frau Rückzug finden, nur „Love“ steht, liest man da, wo sich die Kinder zurückziehen können, „Guests“, also Gäste. Das mag Menschen mit traditionellem Familienbild schockieren, doch „tun die so, als ob ihre Kinder nicht mal erwachsen werden und natürlich rausgehen (...). Die meisten Häuslebauer behaupten ja, sie bauten ihr Haus für die Kinder. Das ist völliger Quatsch“, meint Horx und fügt hinzu, dass ein Zuhause nicht fesselt, sondern orientiert beziehungsweise ein Ort sei, von dem aus man sich bewegen kann.13 Spätestens seit den Terroranschlägen des 11. September 2001 wollen Soziologen und Trendforscher jedoch eine wachsende Bedeutung des Wohnens im Sinne eines Verharrens im Privaten erkennen. Sie sprechen neudeutsch von „Cocooning“ und meinen damit sinnbildlich das Einspinnen einer Raupe in einen Kokon. Dieser Vorgang wird gleichgesetzt mit dem Rückzug in die schützenden eigenen vier Wände als Entsprechung für das Grundbedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit. Ganz neu ist die Rückbesinnung auf das Häusliche nicht. Die Pionierin der Trendforschung, die Amerikanerin Faith Popcorn, „entdeckte“ diese Tendenz bereits Anfang der 1980er Jahre. Damals galt Cocooning als Synonym für Gemütlichkeit. „Zur Ruhe kommen, in Ruhe gelassen werden und sich in Ruhe pflegen, deuten auf einen Einstellungswandel hin, der die Wohnung und das Wohnumfeld wieder stärker in das Zentrum der persönlichen Lebensqualität rückt“, so erklärt der Zukunftsforscher Horst W. Opaschowski den neuen Hang zum Heim.14

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Wohnen in Zukunft Doch was ist am Wohnen neu? Tatsächlich gilt Wohnen als ein Phänomen der Neuzeit und ist zunächst eine sehr individuelle Angelegenheit. Gleichzeitig aber handelt es sich um eine kollektive Erfahrung. Wohnvorstellungen sind immer Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse und damit stets im Wandel begriffen. Dieser zeigt sich besonders eindrücklich an der Zunahme der Wohnfläche, die sich nach Angaben des Statistischen Bundesamts in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten deutlich vergrößert hat: Allein zwischen 1968 und 2002 stieg sie um rund 70 Prozent auf mehr als 40 Quadratmeter pro Person. „Der Trend zu mehr Wohnraum wird sich in Zukunft auch noch weiter fortsetzen“, prognostiziert der Trendforscher Harry Gatterer.15 Dabei wird sich die klassische Aufteilung der Wohnräume verändern: Künftig gliedern sich die Räume in Wellness-, Entertainment- und „Work@home-Zonen“, will eine Studie des Zukunftsinstituts wissen.16 „Die klassische Raumaufteilung in drei bis vier Zimmer wird es nicht mehr geben“, erklärt Gatterer, „was einmal trautes Heim war“, werde in Zukunft eher zu einem Ort vielfältiger Anforderungen und Bedürfnisse. Er sieht die Wohnung als Ort des Rückzugs und der Selbstverwirklichung und gleichzeitig Zaha Hadid: „Ideal House Cologne“, ausgestellt auf der Möbelmesse „Imm Cologne“, Köln 2007

als Plattform zur Repräsentation nach außen. Sie wird damit zum Imageträger der eigenen Persönlichkeit. Auch die Küche von morgen lässt sich schon in die Töpfe gucken: Wohn- und Kochbereich verschmelzen optisch immer mehr miteinander, Gemütlichkeit und Wohnlichkeit stehen dabei im Vordergrund. Der Tresen wird zum Treffpunkt für Familie und Freunde. Selbst Menschen mit wenig Kochleidenschaft investierten­ immer häufiger in eine teure Küchenausstattung, da sie zunehmend repräsentative Aufgaben erfüllen muss. Neben dem Bad, das sich bereits heute immer mehr von der Nasszelle zur Wellness-Oase wandelt, wird es

Anmerkungen

weitere Räumlichkeiten geben, in denen sich die Bewohner der Muße und Sinnsuche hingeben können.

1 Nach V. L. Nicolic, Hausleeren, Tübingen, Berlin: Wasmuth, 1998

Das kann auch der eigene Garten oder Balkon beziehungsweise die Loggia sein. Hier können die Men-

2 R. Krause, „Lebst du schon?“, in TAZ-MAG, 03.05.2003.

schen im Kontakt mit der Natur ihre Kreativität ausleben.

3 V. Kern, „Was ist Wohnen? Fünf logische Antworten“, in: TAZ-MAG, 03.05.2003.

Ausgedient hat bald das klassische Arbeitszimmer. Dank drahtloser Datenübertragung kann man schon

4 W. Schmid, Philosophie der Lebenskunst, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2001.

fügt außerdem über eingebaute Sensoren, die für ein noch individuelleres Ambiente und eine höhere Si-

heute mit dem Laptop auf der Terrasse oder am Küchentisch arbeiten. Das „Smart Home“ von morgen ver-

5 V. Kern, ebd.

cherheit sorgen sollen. So lassen sich unterschiedliche Lichtstimmungen nach Belieben über einen Touch-

6 W. Schmid, ebd.

screen einstellen, ein Scanner erkennt den Fingerabdruck und ersetzt den Haustürschlüssel.

7 G. Selle, „Öffnen und Schließen – Über alte und neue Bezüge zum Raum“, in: Gebaute Räume – Zur kulturellen Formung von Architektur und Stadt, 9. Jg., Heft 1, November, München 2004.

Die Sehnsucht nach Sicherheit wirkt sich auch auf Städte und Nachbarschaften aus. So werden sich Menschen mit ähnlichem kulturellen und finanziellen Hintergrund zunehmend in einzelnen Stadtteilen konzen-

8 G. Bachelard, Poetik des Raumes, deutsch von K. Leonhard, München: Hanser, 1975.

trieren. Gated Communities, wie sie für Senioren in den USA üblich sind, erwarten die Experten in Deutsch-

9 M. Heidegger, „Wohnen Bauen Denken“, Vortrag Darmstadt 1951.

wollen ältere Menschen bereits heute selbstbestimmt und sehr individuell wohnen.

10 H. Hilger, „Die dritte Haut des Menschen“, in: Monumente, 07/ 2006.

land allerdings nicht. Neue Wohnformen dagegen haben in jedem Fall Zukunft, denn statt in Altenheimen

Ob im Alter oder als Familie, dem städtischen Wohnen gehört die Zukunft. Neben dem dichten Versor-

11 H. Zille, zitiert in J. Reulecke (Hrsg.), Geschichte des Wohnens, Bd. 3, Stuttgart: DVA, 1997.

gungsnetz sowie kulturellen Angeboten, die das Leben in der Stadt reizvoll machen, kann diese Entwick-

12 Chr. Alexander, A Pattern Language. Towns, Buildings, Construction. New York: Oxford University Press, 1977. Deutsch: ders., Eine Muster-Sprache, Wien: Loecker, 1995.

das Auto verzichten. Aber nicht nur der Verbrauch von Benzin lässt sich so minimieren, auch im Woh-

lung sogar dem Klimaschutz dienen. Durch die kurzen Wege könnten künftig immer mehr Menschen auf nungsbau könnten durch nachhaltige Baumaterialien und Heizkosten sparende Technik noch wesentlich

13 W. Letter, „Der Aufbruch“, in: Brand Eins, Heft 07/2008.

Ressourcen eingespart werden.

14 J. Bölsche, „Wohnen statt Leben“, in: Spiegel Special, Heft 05/1997.

Soweit die Prognosen der Fachleute. Doch sind wir nicht selbst alle Experten der Wohntrendforschung?

15 H. Gatterer, C. Truckenbrodt, Studie „Living in the future“, Kelkheim: Zukunftsinstitut, 2005. 16 ebd. 17 S. Berg, „Schöner Wohnen“, in: Arch+ Zeitschrift für Architektur und Städtebau, 38. Jahrgang (Heft 176/177/ Mai 2006, „Wohnen“), Aachen 2006.

Schließlich oszillieren wir von Kindheit bis ins hohe Alter zwischen Stetigkeit und Wandel und lassen uns – auf kurz oder lang – in irgendeinem Dauer-Provisorium nieder. Für die Schweizer Schriftstellerin Sibylle Berg ist jedenfalls „perfektes Wohnen ein bisschen wie tot sein“.17

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DIETMAR EBERLE

Vorsorge in der Grundrissplanung Planenden Architekten stellt sich heute die Auseinandersetzung mit dem Wohnen und dem Älterwerden in einer Komplexität dar, die sich deutlich von der Moderne abhebt. „Ab ins Heim“ war die Devise einer auch den Menschen selbst betreffenden funktionalen Trennung. Alt sein wurde als statisches Phänomen, als Sonderfall betrachtet, das Prozessuale im Älterwerden weitgehend ignoriert. Höhere Lebenserwartungen, ein gesteigertes Bewusstsein um die eigene Wertigkeit und Entwicklung sowie die volkswirtschaftlich ganz andere Betrachtung des „Faktors Mensch“ eröffnen heute ein Spektrum, das den Handlungsspielraum für Architekten deutlich erweitert und wesentlich interessanter macht. Was vielleicht in den gegenwärtigen Diskussionen zu wenig beachtet wird, ist die Entscheidungsebene, auf der die Interaktion zwischen älteren Menschen, den Auftraggebern und Architekten stattfindet. Heute stellen die einstigen „Planungsbetroffenen“, wie es Ottokar Uhl einmal formuliert hat, ihre eigenen Ansprüche, verstehen sich als relevante Teilnehmer der Marktwirtschaft und reflektieren auch im Bereich des Wohnens ihre Situation. Die humanitäre Fürsorge weicht also immer mehr einer weitgehend selbstbestimmten Vorsorge. Die vertraute Wohnung ist zwar aus vielen Gründen immer noch die beliebteste Form im Zusammenleben, doch die Menschen haben gelernt, vorausschauend ihr eigenes Leben in die Hand zu nehmen. Sie betrachten ihre Lebensperspektive, warten nicht untätig, bis der Pflegefall eintritt, sondern suchen sich Wohnformen, die den Ansprüchen des Älterwerdens besser gerecht werden können als die bisher vertrauten vier Wände. Und das ist gut so – für alle am Bauen Beteiligten. Die Player am Markt haben die Nische des Wohnens für Ältere entdeckt und stellen Produkte vor, die sich in ihrer wirtschaftlichen Konzeption und sozialen Orientierung vom gängigen Wohnungsangebot unterscheiden. „Themenwohnen“ oder genossenschaftlicher „contrat social“ – Diversifizierungen bilden das gesellschaftliche Spektrum ab, zugleich liefern sie Erfahrungswerte für die Vergleichbarkeit der Modelle. Basis für eine solche Vergleichbarkeit ist immer noch das Alter selbst. Welche Phasen lassen sich erkennen, welche Aktivitäten lassen sich von den unterschiedlich alten Menschen erwarten? Herrad Schenk1 hat in ihrem erhellenden Text „Abenteuer Altern: Vom Älterwerden und Jungbleiben“ drei Übergangsschichten geortet. Sie gliedert – hier ganz trefflich auf Englisch charakterisiert – die Menschengruppen in Gogos (55/60 bis 70/75 Jahre), Slowgos (70/75 bis 80/85 Jahre) und die Nogos (jenseits 80/85). Eine solche Unterscheidung trifft – Zufall oder Abbild der Realität? – recht genau jene Menschengruppen, für die das Büro des Autors zum Thema Wohnen im Älterwerden Gebäude für drei mitteleuropäische Auftraggeber entwickelt hat. Die Wohnanlagen in der Wiener Attemsgasse, in Zürich-Affoltern und in der Diakonie Düsseldorf belegen das Wohnen in einander überschneidenden Lebensphasen. Sie variieren deutlich in den Raumkonzeptionen, vor einem gemeinsamen kulturellen Hintergrund. Die Wohnhäuser des Österreichischen Siedlungswerks (ÖSW) in der Attemsgasse stehen unter dem Motto „Generationendialog“ und wurden von Baumschlager Eberle gemeinsam mit der Architektin Elsa Prochazka­ entworfen. Ein Bauteil wurde für die Generation 50+ („senior citizens“) konzipiert, der andere ist für die zunehmende Zahl jener „young urban professionals“ gedacht, die auch zu Hause arbeiten. Ganz wichtig war es für das Team, anstelle starrer Raumzuordnungen (Esszimmer, Schlafzimmer etc.) bauliche Grundlagen zu entwickeln, die individuell anpassungsfähig sind. Konkret kann im Bauteil für die Generation 50 + – falls einmal notwendig – in den großzügigen 2-Zimmerwohnungen durch die Abteilung eines Raums eigens Platz für eine Betreuungsperson geschaffen werden. Die Nutzer treffen also mit der Wahl der Wohnung jetzt schon Vorsorge für ihre eigene Zukunft. Ganz wesentlich für das Planerteam war die Konfiguration von nutzungsneutralen Flächen, die unterschiedlich bespielt beziehungsweise verändert werden können und damit ihren Gebrauchswert langfristig erhalten. Wenn man außerdem bedenkt, dass ältere Menschen einen großen Teil ihrer Zeit in den eigenen vier Wänden verbringen, hat auch die Integration der Loggien in den Wohnungsverband einen besonderen Sinn: Die Schwellenbereiche zwischen Innen und Außen sind fließend, die Privatheit im Freien verfügt über einen höheren Stellenwert. Selbstverständlich wurde auch die Barrierefreiheit berücksichtigt. Alle Ebenen werden von einem behindertengerechten Lift erschlossen, die Verkehrswege verfügen über entsprechende Wenderadien und die Stufen – auch jene zwischen Wohnung

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Schnitt Wohnhausanlage Attemsgasse

Grundriss Regelgeschoss Wohnhausanlage Attemsgasse

Fassadengestaltung Wohnhausanlage Attemsgasse

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Vorsorge in der Grundrissplanung

Siedlung Ruggächern

Grundriss Erdgeschoss Siedlung Ruggächern

und Terrasse – haben eine maximale Höhe von drei Zentimetern. Von der Grundrisskonfiguration bis zur Ergonomie der Details wurden die Wohnungen für Gegenwart und Perspektive des Älterwerdens der Nutzer angelegt. Die Akzeptanz der Anlage lässt nichts zu wünschen übrig: Vor der Übergabe im April 2008 waren alle Einheiten vorvermietet. Beim zweiten Projekt, der Siedlung Ruggächern in Zürich-Affoltern, war die Gewichtung von Privatheit und Gemeinsamkeit eine andere: In der Anlage der Allgemeinen Baugenossenschaft Zürich (ABZ) wurde eigens ein Haus – die Schweizer altern offensichtlich später als die Österreicher – für die Generation 55+ reserviert. Die von der ABZ ausgewählten 50 Bewohner sehen sich ganz klar als „Wohngemeinschaft“ und Genossenschafter, welche auch – verpflichtend – Betreuungsaufgaben innerhalb des Siedlungsverbands übernehmen. Der soziale Anspruch an die älteren Menschen ist ein höherer, das Raumangebot im Vergleich zu Wien ein etwas anderes. Entsprechend dem Selbstverständnis als Wohngemeinschaft wurden Räume im Erdgeschoss eingerichtet, die allen Bewohnern zur Verfügung stehen. Dazu zählen die Bibliothek, der Fitnessraum und ein Pflegezimmer, so dass Gemeinschaftlichkeit und Privatheit in einem Haus gelebt werden können. In der Grundrissplanung der 2,5 – 3,5-Zimmerwohnungen war ebenfalls die Nutzungsneutralität vorrangig, um ein nachhaltiges Wohnen zu ermöglichen. In beiden Wohnmodellen wird im eingeschränkten Maß das „worst case scenario“ des Älterwerdens, der Pflegefall, durch entsprechend geeignete Zimmer oder die Option auf das Zusammenlegen von Räumen berücksichtigt. Ganz auf die intensive Versorgung von Menschen ist das Pflegeheim der Diakonie Düsseldorf ausgerichtet. Hier zeigt sich, dass dabei der Aufwand ungleich höher ist, den Bewohnern ein würdiges und adäquates Ambiente zu bieten. Planerisch stellte sich die Aufgabe, mit dem traditionellen Typus einer „Anstalt“ zu brechen, die immer etwas mit Kaserne und Massenunterkunft zu tun hat. Daher sind die

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Grundriss Regelgeschoss Pflegeheim Diakonie Düsseldorf

insgesamt 90 Einraum-Zimmer U-förmig auf drei Etagen positioniert. Jeweils 15 Zimmer werden in einer Spange untergebracht, im Verbindungstrakt sind die Räume für die spezielle Pflege bereitgestellt. Auf diese Weise entstehen überschaubare Wohngruppen, die jeweils über ihre eigene Küche und ein gemeinsames Wohnzimmer verfügen. Weiterer Vorteil für die Betreuung: Man kommt mit relativ wenig Personal aus, im Ernstfall führen kurze Wege zu den Bewohnern. Auch hier in der Diakonie können sich, wenngleich unter erschwerten körperlichen oder geistigen Bedingungen, die Menschen entscheiden, ob sie am Leben der anderen teilhaben oder sich zurückziehen wollen. Die drei Beispiele zeigen, wie sich im Stadium des Älterwerdens das Wohnen ändert. Mit dem Wegfall der fremdbestimmten (Arbeits-)Zeit entfallen viele soziale Kontakte, mit wachsender physischer Beeinträchtigung ebenfalls. Wohnen als Plattform für Kommunikation und Freizeitgestaltung ist daher den älteren Menschen sehr viel wichtiger, wie auch die viel proklamierte „Stadt der kurzen Wege“ eine elementare Bedeutung hat. Die vorgestellten Beispiele intensivieren auf die eine oder andere Weise die Möglichkeiten, ein im doppelten Wortsinn „gewohntes“ Umfeld aufzubauen. Nachhaltige Wohnungen sind solche, die sich in ihrer Nutzungsneutralität den Veränderungen des Lebens anpassen lassen, mit ergonomischen Benutzeroberflächen ausgestattet sind und mit ihrer Materialität Akzeptanz bei den Bewohnern finden. Selbstverständlich stellt sich die berechtigte Frage: Warum denn nicht alle Wohnungen auf diese Weise bauen? StuAnmerkung 1 H. Schenk, „Abenteuer Altern: Vom Älterwerden und Jungbleiben“, in A. Huber (Hrsg.), Neues Wohnen in der zweiten Lebenshälfte, Basel-Boston-Berlin: Birkhäuser, 2008.

dien in der Schweiz haben gezeigt, dass ein Aufwand von maximal zwei Prozent an Mehrkosten anfallen würde! Die Vorteile lägen auf der Hand: Der Mehrwert für den Staat und die Bauherren wäre ungleich höher. Die Wohnungen könnten wesentlich länger von denselben Menschen genützt werden, bei verringerter­ Unfallgefahr und sinkenden Investitionen für begleitende Infrastrukturen.

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YA S M I N E M A H M O U D I E H

Innenarchitektur und Produktdesign

5+ Sensotel, Willisau; die Sinne ansprechendes Doppelzimmer

Ein Ziel des seniorengerechten Wohnens liegt darin, körperliche Defizite auf das Angenehmste auszugleichen. Einschränkungen, die das Alter mit sich bringt, sind dabei keineswegs identisch mit denen einer Behinderung, gleichwohl stellen beide Themen eine ähnliche Gestaltungsaufgabe. Daher kann hier als Beispiel für seniorengerechtes Wohnen die Suche nach höchstmöglichem Komfort für ältere und behinderte Menschen bei der Gestaltung eines Hotels herangezogen werden. Wenn in vergangenen Jahrhunderten begüterte Menschen im Alter gern im Hotel gewohnt haben, war das reiner Luxus, gleichwohl wird daraus eines deutlich: Ein Hotel soll, vergleichbar mit der Wohnsituation im Alter, eine Welt kreieren, die unverwechselbar und ebenso funktional wie ästhetisch ist. Bei der Gestaltung soll auf nichts verzichtet werden, was der Kultur und dem jeweiligen Lebensstandard angemessen ist, vor allem aber sollen die Bedürfnisse der Menschen befriedigt werden, die darin leben. In Rheinsberg, in herrlicher Umgebung in der Nähe von Berlin, hat die Autorin 2001 das weltweit erste Design-Hotel für Körperbehinderte gestaltet. Inzwischen hat dieses Haus vier internationale Interior-DesignPreise gewonnen, nicht nur für seine Ästhetik, sondern auch, weil es mit einem Stammkundenanteil von 80 Prozent sehr beliebt und wirtschaftlich erfolgreich ist. In der Gestaltung sollte eine mediterrane, sehr warme Lösung gefunden werden, auch deshalb, weil es sich um ein Seegrundstück handelt und das Hotel Rheinsberg eher ein Erholungshotel als ein Stadthotel darstellt. Bewusst wurde zum Beispiel auf den Einsatz von Edelstahl und anderen Metallen verzichtet, um Assoziationen zu Rollstühlen, medizinischen Instrumenten oder einem Krankenhausaufenthalt zu vermeiden.

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Die Rezeption in dem ebenso funktionalen wie einladenden Eingangsbereich ist so konzipiert, dass Gäste im Rollstuhl einen weniger hohen Counter vorfinden, während er für nicht körperbehinderte Menschen Standardhöhe aufweist. Von hier aus gelangt man unmittelbar in das Restaurant, in dessen Mitte sich ein großer, hinterleuchteter Schrank befindet, in dem Rollstühle bequem außer Sichtweite abgestellt werden können. Auf heute gängige, speziell für Körperbehinderte konzipierte Möbel oder Produkte wurde bei der Einrichtung verzichtet, da diese nur selten dem ästhetischen Empfinden genügen, es im Gegenteil oftmals eher verletzen. Statt dessen gibt es beispielsweise in den Bädern schräge, nach unten abgerundete Terrazzo-Flächen, so dass man mit dem Rollstuhl gut fahren kann ohne anzustoßen. Auf diese Weise konnten unter ästhetischen Gesichtspunkten ausgewählte Waschbecken integriert werden. Erst durch Licht werden Farbe und Material deutlich sichtbar; Oberflächen und Strukturen stellen sich durch Licht interessanter dar, dies sollte unabhängig von der Zielgruppe für alle Gestaltungen gelten. Dabei darf das Licht nicht einheitlich sein, denn dann langweilt es das Auge und erzeugt eine gewisse Monotonie, die in Überanstrengung und Müdigkeit mündet. Vielmehr muss ein Wechselspiel zwischen Licht und Schatten entstehen, der Übergang von einem dunkleren in einen helleren Raum muss wahrgenommen werden, um Wohnlichkeit zu erzeugen. Darüber hinaus wurde im dargestellten Beispiel eine Art Leit- und Orientierungssystem mit markanten Farben speziell für Menschen mit Sehbehinderung eingerichtet. Neben der bevorzugten Verwendung von Vollholz, unter anderem als Schutz an den Wänden, damit man sich nicht an ihnen stößt, kommt hier ein spezieller Anstrich aus Italien zum Einsatz, der Kristalle beinhaltet. Man kann bei diesem einfarbigen Anstrich auf Holz später sogar mit einem Schlüssel darüber kratzen und sieht keine Spuren. Er erwies sich als eine gute Alternative für Türen und viele andere Flächen, die es zu schützen galt. Generell stand die Überlegung im Vordergrund, dass alles dafür getan werden müsse, um das Gefühl der Selbstständigkeit zu erhalten únd zu stärken. In den Hotelzimmern wurde zum Beispiel bei den Schränken eine Kleiderstange eingebaut, die sich elektrisch hinunterfahren lässt, so dass ein alter oder behinderter Mensch seine Sachen selber aufhängen kann. Schließlich ist niemand gern bei jeder Kleinigkeit auf Hilfe Haus Rheinsberg Hotel am See; abgesenkte, unterfahrbare Waschtische

angewiesen. Die Wasserbecken im Spa-Bereich und der Pool-Landschaft bieten Eintrittsflächen auf gleicher Ebene, außerdem können die Nutzer auch über eine Rutsche ins Wasser gelangen. Somit wurden hier einige Alternativen zu den in heutigen Seniorenresidenzen üblichen Wegen entwickelt. Die Frage, wie mit dem Raum, der alten Menschen ein neues Zuhause sein soll, umzugehen ist, hat vor allem mit dem Schaffen von Atmosphäre zu tun; einer Atmosphäre, die unvergleichlich ist und dem Bewohner das Gefühl vermittelt, zu Hause angekommen zu sein. Konnte in manchen Hotels der 1980er Jahre noch leicht der Eindruck entstehen, sich an einem unpersönlichen Ort zu befinden, so enthalten heutige Häuser oft ein Potential, das sich durchaus auf das Wohnen im Alter anwenden ließe. Dies gilt für eine Seniorenresidenz, wo man das Gefühl der Gastlichkeit haben möchte, also wie in einem Hotel gut betreut und verpflegt werden möchte, ebenso wie in einer Wohnung, die man kauft oder mietet. In den Wohnungen selbst sollte das Gefühl vorherrschen, dass man Einfluss auf sein Zuhause nehmen kann, während die öffentlichen Bereiche auch hier einem Hotel ähneln sollten. Dass all dies keine Frage der finanziellen Ausstattung sein muss, zeigen einige sehr schön gestaltete Hotels, die in den letzten Jahren als Low Budget-Projekte entstanden sind. Man wird hier weniger mit teuren Materialien arbeiten, aber Farbe und Licht lassen sich immer ohne größeren Aufwand gekonnt einsetzen.

Haus Rheinsberg Hotel am See; Bowlingbahn für Behinderte

Wohnraum für alte Menschen muss in jedem Fall dem Bedürfnis nach Sicherheit, Wohnlichkeit und Identifikation Rechnung tragen. Es gilt daher, eine klare Struktur durch großzügige Räume, Übersichtlichkeit und Transparenz zu schaffen, so dass alle Bereiche eines Gebäudes leicht eingesehen werden können und es keinerlei dunkle Ecken gibt. Licht und Farbe spielen hier wiederum eine entscheidende Rolle. Fluren und Treppen sowie sämtlichen Nebenbereichen kann so der Schrecken genommen werden, vor allem für Personen, die in ihrer Mobilität oder Sehfähigkeit eingeschränkt sind. Schriften und Beschilderungen müssen besonders gut beleuchtet sein, wobei darauf zu achten ist, dass es sich um ein warmes Licht handelt.

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Innenarchitektur und Produktdesign

Wärme und Klimatisierung bilden weitere Grundelemente bei der Planung von Wohnungen für alte Menschen, die in der Regel höhere Temperaturen bevorzugen. Um diese je nach Wohlbefinden rasch ändern zu können, stehen heute leicht bedienbare Touch-Paneele zur Verfügung. Dabei sollten grundsätzlich Symbole anstelle einer kleinen, schlecht lesbaren Schrift verwendet werden. Gestaltung regt immer an. Auch alte Menschen benötigen keineswegs nur Räume der Ruhe, der Meditation oder Räume zum Essen und Beisammensein. In immer stärkerem Maße geht es auch darum, Räume zu schaffen, in denen alte Menschen Bewegung, Kreativität und Interaktivität mit anderen Menschen ausleben oder Inspiration suchen. Bei einem weiteren Projekt, in dessen Verlauf ich viel experimentiert habe, dem 5+ Sensotel in Willisau in der Schweiz, bilden die fünf Sinne des Menschen die Grundlage des Gestaltungsentwurfs. Da zahlreiche Studien belegen, dass alten Menschen Sinnesreize sehr zugute kommen, weil sie die Hirnaktivität insgesamt anregen, könnten die in diesem Zusammenhang gewonnenen Erfahrungen auch auf die Gestaltung von Seniorenimmobilien angewandt werden. Gerade im Bereich Wohnen im Alter muss mehr mit dem menschlichen Empfinden gearbeitet werden, um ein ganzheitliches Gefühl der Zufriedenheit und der Wärme zu kreieren. Das hat mit Licht, Farbe und Materialität zu tun sowie mit den Fragestellungen: Was fasst man wie an, welche haptische Qualität haben die Materialien, fassen sie sich angenehm an? In einer Ausstellung von zehn Innenraumgestaltungen in Los Angeles habe ich nachgewiesen, dass sich allein mit Licht, Farbe und Form Stimmungen beeinflussen lassen, die von fröhlich bis depressiv reichen. Besonders stark ausgeprägt und auch mit technischen Mitteln beeinflussbar ist der Geruchssinn. Da wir in der Lage sind, schöne Ereignisse über bestimmte Gerüche zu erinnern und wieder zu erleben, wird diese Möglichkeit inzwischen gezielt eingesetzt, um das allgemeine Wohlempfinden zu fördern. Darüber hinaus werden Duftmaschinen ebenfalls installiert, um etwaige störende Gerüche zu vertreiben. Dazu habe ich mit Fachleuten ein Gerät entwickelt, das in die Wand oder in Schalter eingebaut, aber auch in eine Steckdose eingesetzt werden kann. Seine auswechselbaren Düfte sind anti-allergisch und wurden in einem New Yorker Labor in Zusammenarbeit mit renommierten Parfumeuren kreiert. Alle Duftnoten sind sehr dezent, zudem sind sie nicht, wie sonst üblich, auf Ölbasis hergestellt. Wenngleich in jedem Projekt hohe Anforderungen an Funktionalität gestellt sind, sollte Funktionalität doch niemals die emotionale Sprache ersetzen. Wir wissen heute, dass unser Gehirn durch gefühlsmäßige Erfahrung weit mehr beeinflusst wird als durch rationale Wahrnehmung, so dass die strenge Lehre des „form fol5+ Sensotel, Willisau; Licht, Farbe und Materialität beeinflussen die Stimmung der Bewohner

lows function“ in einem neuen Licht erscheint. Vieles spricht dafür, beide Seiten einzubeziehen, das heißt, das Generieren einer Form aus der Funktion heraus Hand in Hand gehen zu lassen mit den emotionalen Aspekten eines Gestaltungsentwurfs. Ebenfalls essentiell bei der Planung von Hotels wie auch von Altenheimen sind hygienische Vorschriften. Alle Bereiche müssen leicht zu reinigen sein, es darf keine Staubecken geben, und bei der Materialauswahl gilt es, auch hygienische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Letzteres ist heute leicht zu bewältigen, da der Markt viele schöne Materialien bereithält, die den Anforderungen genügen und Hygiene geradezu ausstrahlen. Angesichts harter Kostenkalkulation sowohl im Pflegesektor als auch in der Wohnungswirtschaft sollten Gestalter jedoch bei jedem Projekt zunächst prüfen, wie das Budget aufgeteilt ist, denn allzu oft steht die Innenarchitektur am Ende der Kette. Dabei darf man gerade hier nicht sparen, denn alte Menschen halten sich weitaus mehr in ihren Wohnungen auf als jüngere Generationen. Bei einem knappen Budget sollte man daher Akzente setzen und sorgfältig entscheiden, in welchen Bereichen hochwertige Materialien unabdingbar sind und welche anderen schlichter ausfallen können. Dass Nachhaltigkeit und ökologische Grundsätze auch im Innenausbau von großer Bedeutung und insbe-

Haus Rheinsberg Hotel am See; Kaminzimmer

sondere bei der Materialauswahl zu berücksichtigen sind, ist keineswegs neu. Doch bedurfte es offenbar der so genannten breiteren Öffentlichkeit und der längst überfälligen Erkenntnis, dass die Ressourcen unserer Umwelt limitiert sind, um international handlungsfähig zu werden. Viele der umweltfreundlichen Materialien, die ich schon seit mehr als zehn Jahren recherchiere, sind allerdings aufgrund der noch geringen

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Haus Rheinsberg Hotel am See; Poollandschaft mit bodengleichen Eintrittsflächen

Nachfrage sehr teuer, etwa vergleichbar mit den ersten ökologischen Nahrungsprodukten, die viel kostspieliger waren als heute, da der Bedarf enorm gestiegen ist. Die gleiche Entwicklung ist mittelfristig für ökologische Materialien zu erwarten, die zu 100 Prozent abbaubar sind. Interessanterweise gibt es darunter immer mehr synthetische Materialien, die sich ebenso verhalten wie Stoffe aus der Natur. Weit verbreitet, wenn es um das Wohnen im Alter geht, sind die Begriffe und Gesetzmäßigkeiten des „Universal Design“ oder des „Design for All“. Ihre gestalterischen Umsetzungen sind im Städtebau und in der Architektur sicher zu begrüßen. Für die Bereiche Innenarchitektur und Produktdesign möchte ich jedoch für einen sinn- und maßvollen beziehungsweise für einen souveränen Umgang mit Universal Design plädieren. Denn selbst in Seniorenresidenzen muss man die Bäder nicht von Anfang an mit allen Armaturen zum Festhalten, Hochziehen und Stützen ausstatten, sondern kann diese Vorrichtungen im Sinne von „Preprocastination“, von aufschiebendem Verhalten, in der Planung berücksichtigen. Überhaupt sollten Innenarchitekten Entwürfe und Ausführungsplanungen so anlegen, dass die Gestaltung mehrere Phasen eines Lebenszyklus abdeckt, so dass sich zum Beispiel ein Wohnraum mit wenig Aufwand umgestalten lässt, um veränderten Bedürfnissen – wie zum Beispiel denen des Alters – zu genügen.

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HARMS WULF

Gärten für Senioren – Aspekte einer altersgerechten Freiraumgestaltung

Seniorenwohnheim, Berlin-Prenzlauer Berg; unterfahrbare Hochbeete erleichtern den sinnlichen Kontakt zu den Pflanzen

Menschen brauchen Bewegung um gesund zu werden und gesund zu bleiben. Dieses Credo gilt für jede Lebensphase, auch für die Altersgruppe der Senioren. Lange Zeit schien für sie dieses grundlegende Bedürfnis von minderer Bedeutung zu sein, sei es aus ökonomischen Erwägungen, sei es aus Unkenntnis. Dass Freiraumplanung sich auch an ältere Menschen zu richten hat, ist denn auch eine entsprechend junge Erkenntnis, die allerdings rapide an Aufmerksamkeit gewinnt angesichts der wachsenden Zahl von Senioren und der daraus resultierenden Diskussion um mehr Lebensqualität im Alter. Wenn Bewegungs- und Reaktionsfähigkeit nachlassen, wenn Hör- und Sehvermögen schwächer werden, wächst die Bedeutung der Wohnqualität, und ein Teil davon ist zweifelsohne die Wohnumgebung. Die Qualität der räumlichen und strukturellen Gegebenheiten des Lebensraums werden zu entscheidenden Faktoren für ein selbstbestimmtes Leben im Alter. Als wichtige Bedingungen für das Wohlbefinden aller, also auch älterer Menschen gelten Mobilität und soziale Teilhabe. Trotz der Zunahme von Hilfebedürftigkeit will die große Mehrheit im Alter im angestammten Umfeld verbleiben. Eine altersgerechte Gestaltung des Wohnumfeldes braucht daher ädaquate Lösungen, um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden und Selbstständigkeit und Selbstbestimmtheit zu fördern. Es gilt heute als erwiesen, dass die Freiraumsituation das Verhalten älterer Menschen entscheidend mitbestimmt. Leiden Senioren an einer Einschränkung ihrer kognitiven Funktionen und der nachlassenden Fähigkeit, Kontakte zu knüpfen, so werden diese Defizite durch eine ungünstige Außenraumgestaltung noch verstärkt. Statt dessen können verbesserte Umweltfaktoren das aktive Verhalten fördern und zum Erhalt der physischen und psychischen Konstitution älterer Menschen beitragen. Besonders in den USA wurde die therapeutische Wirkung des Grüns wissenschaftlich erforscht und belegt. Eine wachsende Zahl älterer Menschen mit eingeschränktem Aktionsradius zieht großen gesundheitlichen Gewinn aus Gartenanlagen und Grünflächen, die sie in der Umgebung ihres Wohnumfeldes vorfinden. Der Garten stellt mit Abstand den beliebtesten Aufenthaltsort außerhalb des eigenen Wohnraums dar. Sorgfältig durchdachte Grünanlagen können die Entscheidung für eine Wohnanlage wesentlich beeinflussen. Der Wechsel in eine Pflegeeinrichtung beispielsweise bringt fast immer einen Verlust an Privatsphäre Kompetenzzentrum für Menschen mit Demenz, Nürnberg; Therapiegarten mit traditionellen Nutzpflanzen

und Trauer um die bislang gewohnten Bezüge zur Umgebung mit sich. Ein grünes Umfeld vermag von den unangenehmen bis schmerzlichen Begleiterscheinungen der Eingewöhnungsphase in eine neue Lebenssituation abzulenken, im besten Fall sogar über sie hinweg zu trösten.

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Eindeutige Funktionalität, ein menschenbezogener Maßstab, Facettenreichtum und eine anregende Farbauswahl bilden die Leitthemen für die Außenraumgestaltung, mit dem Ziel, dem Besucher Unbeschwertheit und Lebensfreude zu vermitteln. Nicht die Größe einer Grünfläche – ob Balkon, Garten, Gartenhof oder Park – ist entscheidend, sondern die Mannigfaltigkeit der angebotenen Erlebnismöglichkeiten. Die Grundlage hierfür bietet ein differenziertes Raumangebot und dessen Ausgestaltung. Unabhängig von der Größe des Geländes sollte der Freiraum eine Vielfalt des räumlichen Erlebens bieten. Die Inszenierung von Weite wird ergänzt durch schützende Abgrenzung. Das Zitieren einzelner typischer Landschaftselemente wie Gehölzrand, Wiese und Gewässer verleiht einem Grünraum Stimmungsreichtum und weckt Assoziationen. Nicht umsonst gehört Spazierengehen zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten älterer Menschen. Bewegung fördert ihre Mobilität und ihr Wohlergehen. Altengerechte Außenanlagen sollten über eine große zusammenhängende Freifläche verfügen, die über einen Spazierpfad in Form eines in sich geschlossenen Wegenetzes erschlossen wird. Da die Bewegungsradien älterer Menschen sehr von einander abweichen, ermöglichen Querverbindungen unterschiedlich lange Wegestrecken. Sitzgelegenheiten, in sichtbaren Abständen aufgereiht, bieten gehschwachen Personen Sicherheit. Der Blick in die Weite, auf eine Lichtung oder Rasenfläche findet Ergänzung in Orten des Rückzugs. So gilt es, in Gärten kleine private Zonen zu schaffen, schattige Banknischen, Lauben oder Pavillons, die der Besinnung und ruhigen Betrachtung gewidmet sind. Das Sitzen und Zuschauen von einem geborgenen Platz aus kommt für alte Menschen einer vollwertigen Teilnahme am öffentlichen Leben gleich und fördert die Bereitschaft sich mit anderen auszutauschen. Freiräume wirken besonders anziehend auf ältere Menschen, wenn sie leicht erreichbar sind und diverse Orientierungshilfen bieten. Dabei setzen Blickverbindungen von innen nach außen besondere Anreize für den Aufenthalt im Freien und verführen dazu den Garten aufzusuchen. Weithin erkennbare Sitzgruppen etwa, kombiniert mit Wasserspielen oder eingebettet in farbintensive Schmuckpflanzungen, spielen die Rolle von Lockvögeln. Ein Grünraum wird zudem gerne besucht, wenn er in seinem täglichen und jahreszeitlichen Wandel ständig erlebbar ist. Aus planerischer und bautechnischer Sicht gilt es, in einem altengerechten Garten zuerst einmal darauf zu achten, dass weder Stufen noch Schwellen den Zugang und den Aufenthalt im Grünen erschweren oder gar verhindern. Menschen jeden Alters wissen es darüber hinaus zu schätzen, sich angstfrei im Garten aufhalten zu können und dort vor Übergriffen, Belästigungen und Unfällen sicher zu sein. Entsprechende Ängste können nämlich – gleich unsichtbarer Barrieren – viele daran hindern, sich ins Freie zu begeben. Auch Obstgehölze bieten sensorische und biografische Anregung

ein Blickkontakt zu Gebäuden und belebten Stadträumen kann Sicherheit vermitteln. Zu beachten ist daher, dass der Garten an seinen Außengrenzen räumlichen Schutz bieten sollte. Dies kann mit natürlich wirkenden Strauchpflanzungen umgesetzt werden, oder deutlich sichtbar in Form von Hecken oder Zäunen. Auch um die Nähe eines WC zu wissen ist nicht nur für ältere Menschen komfortabel. Eine ausreichende Beleuchtung spielt für das Sicherheitsempfinden eine entscheidende Rolle insbesondere dann, wenn die Anlagen von Passanten auch abends und nachts durchquert werden. Überhaupt sind Gartennutzer mit erhöhtem Sicherheitsbedürfnis auf leicht erkennbare Orientierungshilfen angewiesen. Ein einheitlicher Belag des Hauptwegs – beispielsweise als abgestreuter Asphaltbelag – hilft gerade unsicheren Menschen, das gesamte Freigelände optisch und taktil zu erfassen. Auch die ungestörte Blickbeziehung zu einem markanten Punkt im Gelände kann die Orientierung unterstützen, möge es sich dabei um eine charakteristische Baumgruppe, ein Kunstobjekt oder ein auffälliges Element am Gebäude handeln. Solche Gestaltungsmittel wirken als Signale und können gerade Menschen, die unter Wahrneh-

Park-Klinik Weißensee, Berlin-Weißensee; Baumgruppen bilden abwechslungsreiche Erlebnisräume

mungsdefiziten leiden, immer wieder vergegenwärtigen, dass sie sich nicht verirrt haben. Die Sinne sind unsere Brücke zur Welt. Ältere Menschen haben viel Zeit, sich in subtiler Wahrnehmung zu üben oder diese wiederzuentdecken. Schauen, lauschen, riechen, tasten – sich erinnern. Die Bedeutung der Reaktivierung der Sinne kann bei der Planung von Freiflächen für Senioren gar nicht überschätzt werden. Mit zunehmendem Alter leiden viele Menschen unter dem Verlust sensorischer Fähigkeiten. Hörfähig-

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Gärten für Senioren

Kompetenzzentrum für Menschen mit Demenz, Nürnberg; Rundweg, ein einheitlicher Wegebelag fördert die Orientierung | Ebene Wegebeläge werden der zunehmenden Nutzung von Gehhilfen gerecht

Park-Klinik Weißensee, Berlin-Weißensee; Duftdolden (Installation Renate Wiedemann), künstlerische Installationen im Außenraum bieten zusätzliche sinnliche Wahrnehmungen | Ida-Wolff-Geriatriezentrum, Berlin-Neukölln; Therapieweg aus Natursteintrittplatten, Fugen mit Thymian bepflanzt

keit und Sehkraft sind oft als erstes betroffen, später mitunter Geruchs- und Geschmacksschärfe. Auch die Wahrnehmbarkeit bestimmter Reizspektren kann sich ändern: Farben wie Gelb und Rot bleiben präsent, andere verlieren an Leuchtkraft. Ein breites Angebot von Sinnesreizen vermag indes den Verlust einzelner Sinneswahrnehmungen auszugleichen. Die gezielte Verwendung von Pflanzen bietet hierfür die besten Voraussetzungen. Auch Gestaltungselemente aus Holz, Wasser und Stein können zur sinnlichen Vielfalt einer begrünten Freifläche beitragen. Der Kontakt mit Pflanzen regt die Sinne um so mehr an, je näher man ihnen kommen kann. Wenn Pflanzen erreichbar, mit den Hände greifbar sind, können auch ältere Menschen mit Mobilitäts- und Seheinschränkungen zu gärtnerischen Tätigkeiten animiert werden. Erhöhte Pflanzflächen wie Pflanzungen auf Tischhöhe, bepflanzte Mauerkronen, Hochbeete und Pflanzkübel können ihnen den Kontakt ermöglichen und dienen auch dem therapeutischen Einsatz. Einen erhöhten Komfort beim Gärtnern bieten zudem unterfahrbare Hochbeete mit Beinfreiheit. Das Element Wasser bereichert jeden Garten. Brunnen oder Wasserspiele bieten beliebte Attraktionen für Auge und Ohr. Das Geräusch plätschernden Wassers kann unangenehme Umweltgeräusche filtern und übt ebenso wie die Wasserbetrachtung eine beruhigende Wirkung aus. Gärten für Menschen mit demenziellen Erkrankungen zu gestalten, stellt eine besondere Herausforderung dar, denn es geht um mehr als die Kompensation von Defiziten der Wahrnehmung und der Bewegungsfähigkeit. Im Zentrum der Krankheit stehen Gedächtnisverlust, Desorientierung und Verwirrtheit. Begleiterscheinungen können Unruhe, Depressionen, Aggressivität, Bewegungsdrang und Angstzustände sein. Bei der Gestaltung von Gärten in der Demenzbetreuung ist deshalb zunächst darauf zu achten, dass eine beruhigende und beschützende Atmosphäre entsteht. Störende Umwelteinflüsse jedweder Art wie Lärm, Kälte, Hitze und Blendung sind von Dementen schwerer zu ertragen und werden als Überforderung empfunden. Gleichzeitig spielen stimulierende Elemente eine wichtige Rolle. Da die körperlichen Fähigkeiten dementer Menschen nicht zwangsläufig beeinträchtigt sind, benötigen sie Gerontogarten Seniorenwohnheim, Berlin-Prenzlauer Berg; umpflanzte Banknischen steigern die Aufenthaltsqualität von Sitzplätzen | Kompetenzzentrum für Menschen mit Demenz, Nürnberg; das gleichmäßige Rauschen eines Wasserschleiers beruhigt | Seniorenwohnheim, Berlin-Prenzlauer Berg; das Hervorsprudeln kleiner Wasserfontänen belebt

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ein Maximum an Bewegungsfreiheit. Ausreichende Angebote zur Bewegung unter freiem Himmel helfen den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus einzuhalten, der bei vielen Dementen gestört ist. Viel Beachtung erfordert auch das für Demenzkranke typische Wanderverhalten, dessen positive Auswirkungen mittlerweile

erkannt sind: Es stärkt den Kreislauf und trägt zur Verminderung von Stress und zur Stärkung des Autonomiegefühls bei. Aus diesem Grund muss ein Garten für Demenzkranke ausreichend Wandermöglichkeiten in Form eines in sich geschlossenen Wegesystems bieten. Eine weitere Herausforderung besteht darin, das Weglaufverhalten von Bewohnern positiv zu beeinflussen, ohne dabei ein Gefühl des Eingesperrtseins entstehen zu lassen. Begrenzungen können bei Demenzkranken schnell zu Frustration und Aggression führen. Um dies zu vermeiden, ist die Einzäunung des Grundstücks möglichst unsichtbar durch natürliche Strauchpflanzungen und Hecken zu kaschieren. Ein demenzgerechter Garten bedarf zusätzlicher Anregungen für die selbstständige Beschäftigung seiner Nutzer. Traditionelle Pflanzen und gärtnerische Gebrauchsgegenstände sind vielen Menschen aus ihrer aktiven Vergangenheit bekannt. Sie können daher Erinnerungen wachrufen und zur Aufnahme vieler – auch längst vergessener – Tätigkeiten animieren. Das Pflegen von Pflanzen und das Ernten von Früchten fördert die Identifikation mit dem Lebensumfeld und kann durch Assoziationen an die aktive Lebenszeit positive Gefühle entstehen lassen. Auch der Kontakt zu Tieren vermag den Alltag von Demenzkranken zu bereichern. Zwar sind sie oft nicht mehr in der Lage dazu Haustiere zu versorgen, gleichwohl aber fähig mit ihnen emotional zu kommunizieren. Solche Kontakte helfen Dementen, sich von ihrer Situation abzulenken und mit ihrem Umfeld zu identifizieren. In unserer Gesellschaft wächst der Anteil aktiver Senioren, für die sportliche Betätigung zu einem festen Bestandteil der Freizeitgestaltung gehört. Mit einem Platz für Ball- und Bewegungssport, einem Schwimmteich, einer Tischtennisplatte oder altengerechten Fitnessgeräten kann Freiraumgestaltung den Bewegungswünschen dieser „jungen Alten“ gerecht werden. Freiräume für ältere Menschen dürfen nicht als Exklusivlösungen für eine bestimmte Generationsgruppe missverstanden werden. Obwohl die Schaffung einer altengerechten Umwelt für die Lebensqualität der Betroffenen ungemein wichtig ist, birgt sie gleichzeitig – wenn auch unbeabsichtigt – die Gefahr der Stigmatisierung. Dem Gartennutzer könnte der Gedanke kommen nicht mehr dazuzugehören. Es entstünde der Eindruck, sie würden auf komfortablem Niveau weggeschlossen und mithin unsichtbar. Streicheltiere eignen sich zur nonverbalen Kommunikation­ und bewirken bei Menschen mit Demenz eine basale Stimulation

Ältere Menschen suchen den Austausch untereinander genauso wie den mit jüngeren Generationen. Auch sie wollen wahrgenommen und beachtet werden – Gärten bieten hierfür ideale Gelegenheiten. Eine altersgerechte Freiraumplanung muss zwar den spezifischen Bedürfnissen von Senioren gerecht werden, dies kann aber auch bereits dadurch geschehen, dass die Vorgaben des barrierefreien Bauens umgesetzt werden. Mit der Realisierung einer barrierefreien Gestaltung unseres Lebensraums kann sich ein alle Generationen integrierender Ansatz durchsetzen und somit das Bewusstsein, dass die Beseitigung von Hindernissen für alle Mitglieder der Gesellschaft von Nutzen ist. In diesem Zusammenhang spricht man vom „design for all“ oder „universal design“. Dieser Begriff ist in der UN-Charta der Menschenrechte verankert und formuliert den Anspruch jedes Einzelnen auf eine Umgebung von hilfreichen, intuitiv und sicher benutzbaren Dingen und Räumen. Die Prinzipien des Universal Design – umgesetzt in der Freiraumgestaltung – ermöglichen uns allen, Alten und Jungen, Menschen mit und ohne Einschränkungen, jederzeit eine komfortable und selbstbestimmte Nutzung unserer Lebensräume.

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ECKHARD FEDDERSEN

Die Rolle des Architekten im Planungsmarkt Pflege und Wohnen Die Tätigkeitsfelder und damit das Berufsbild des Architekten haben sich in den letzten 20 Jahren gravierend verändert. Ein Wandel hin zu einer Spezialisierung und in diesem Sinn Professionalisierung durch Beschränkung auf bestimmte Leistungen ist unverkennbar. Planungsleistungen werden zunehmend von spezialisierten Büros übernommen: die Krankenhausplaner, die Bürohausplaner, die Industriearchitektur; überall haben sich Spezialfelder mit erhöhten Eintrittsbarrieren für begabte junge Architekten gebildet. Auch die Auswahlverfahren wie Wettbewerbe, Gutachten oder Bewerbungen folgen diesen Regeln. Dementsprechend werden Planungsgebiete tendenziell nur noch als Teil eines Planungsmarktes verstanden. Bauten für Senioren fallen in das Segment Sozialbauten. Unter diesen Umständen weiterhin den Qualitätsanspruch auf eine gesellschaftlich relevante und gute Architektur hochzuhalten, erfordert neue Verhaltensweisen, die auf einem grundlegenden Verständnis der eingetretenen Veränderungen beruhen müssen. Diese Veränderungen der Planungsprozesse, der Planungsbeteiligten und der juristischen Verhältnisse untereinander führen zu neuen Verteilungen von Pflichten und Rechten.

„Wie gut sind Sie gepolstert?“ hieß es in der Ausstellung „Ich wohne, bis ich 100 werde. Neues Wohnen 50+“; ETH Zürich, 2008

Es handelt sich im Prinzip um eine Überlagerung von international üblichen, besonders aber amerikanischen Planungsverfahren mit den bisher in Mitteleuropa gängigen Planungsmethoden. In Europa war das Bauen für Senioren vor 20 Jahren noch davon geprägt, dass es eine Einheit von Besitz der Immobilie und Erbringung der sozialen Dienstleistung gab. In dieser Konstellation, die noch heute im Bereich der Wohlfahrtsverbände normal ist, trat ein souveräner Einzeleigentümer eines Grundstücks mit einer funktionalen Idee für ein Gebäude und einer von ihm organisierten Finanzierung an einen Architekten seiner Wahl heran. In Form staatlicher Förderung kam eine Subventionierung der Investivkosten hinzu durch die von staatlicher Seite konsequent auch ein Mitspracherecht eingefordert wurde. Das Einspruchsrecht des Staates bezog sich vornehmlich auf die Beachtung des Gleichbehandlungsgebots sowohl der Antragsteller als auch der späteren Bewohner. Entsprechende Gesetze untermauerten diese Einwirkungsmöglichkeit. Dieses Verfahren ist auch heute noch in den Ländern Europas üblich, in denen staatliche Beihilfen zum Bau von Häusern für Senioren gesetzlich vorgesehen sind. Aber auch hier entstanden parallel neue Modelle freier, nur vom Markt gesteuerter Finanzierungen, die die alte Förderungskultur zu überlagern und je nach staatlicher Finanzsituation ganz abzulösen beginnen. Am Anfang waren davon nur Häuser für die besser gestellten Schichten der Senioren, also Häuser mit höheren Renditen betroffen, heute ist es so, dass rein auf privatem Kapital und Hypotheken aufgebaute Finanzierungen im Markt überwiegen. Was in den angloamerikanischen Ländern schon lange der Fall ist, wird auch in Europa zur Normalität werden: Der Besitz und die Vermietung oder Verpachtung einer Immobilie trennt sich weitgehend von der Erbringung der pflegerischen Dienstleistung durch ein anderes Unternehmen. Aus dieser Tatsache ergibt sich für die Architektur und den Architekten die Notwendigkeit, seine Planung nach zwei verschiedenen Interessen auszurichten: einerseits der Erstellung eines gut vermietbaren, möglichst flexiblen Hauses mit großer Langlebigkeit zu möglichst geringen Kosten und andererseits, für den Betreiber, ein möglichst hochwertiges, pflege- und betriebskostenminimiertes Gebäude mit hohem Imagewert und sehr guter Funktionalität entsprechend seiner Angaben. Um diese Ziele im wirtschaftlichen wie im qualitativen Rahmen zu erreichen, wird in der Regel ein Projektsteuerer von Seiten der beiden Vertragsschließenden eingesetzt. Und auch die Banken, die bei diesen „Spezialimmobilien“ mehr Spezialwissen brauchen, um die Immobilie zu bewerten, zu finanzieren und die Beachtung des Budgets zu begleiten, bedienen sich ihrerseits wiederum Spezialisten für Beratung und Controlling. Die Verfügbarkeit der Immobilie auch unabhängig vom Betreiber führt zu ihrer Bewertung als Gewerbeimmobilie, deren Miete der Betreiber für mindestens zehn bis 15 Jahre vertraglich zu gewährleisten hat. Dies legt die Bündelung mehrerer Häuser nahe, die dann nicht als Einzelimmobilien, sondern als Teile von Fonds, sowohl offenen wie geschlossenen, interessant werden. Hieraus resultierte eine starke Tendenz im Markt zur Vereinheitlichung aller Pflegeimmobilien, was wiederum auch auf der Betreiberseite zu einer Standardisierung der „Hotelkosten“ und zu einer größeren Vergleichbarkeit führte, als dies jemals vorher der Fall.

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Während dies die Situation bei den Pflegeheimen charakterisiert, splitten sich die Wohnangebote für Senioren immer weiter auf. Die Spanne reicht von nahezu 50,00 EUR pro m2 Monatsmiete bis zu 8,00 EUR pro m2, inklusive eines festgelegten Sicherheitspakets. Der Markt der professionellen Anleger hält sich aus diesem Marktsegment heute wegen seiner Unüberschaubarkeit und seiner geringen Renditen weitgehend heraus. Für den Architekten bedeutet diese Situation, dass er es im Normalfall mit hoch volatilen Projekten zu tun hat, die von stark differierenden Investoreninteressen abhängig sind: vom Einzeleigentümer über Eigentümergemeinschaften bis hin zu geschlossenen und offenen Fonds. Auf der Dienstleistungsseite findet man sämtliche Formen, vom kleinen Familienbetrieb bis hin zur Aktiengesellschaft. Die Finanzierungsarten wechseln ebenfalls vom typischen Eigenkapital über Gesellschaftskapital aller Art bis hin zu geschlossenen und offenen Fonds und Leasingverfahren. In diesen Verfahren ist der Architekt oft genug der einzige ideell an einem guten Gesamtergebnis für alle Beteiligten Interessierte. Häufig werden erst im Lauf des Planungsprozesses die divergierenden Interessen der Fauteuil, Stuhl oder Schemel symbolisieren das Spektrum der finanziellen Möglichkeiten

Beteiligten deutlich. Die Planungsverfahren bedürfen deswegen von Anfang an hoher Koordinationsleistungen und hoher Transparenz. Der Architekt muss die jeweilig am Markt gültigen Parameter für Kosten, Qualität und Funktionalität von Grund auf kennen und sich auch der juristischen Verhältnisse der Beteiligten untereinander in den Grundzügen bewusst sein. Auf der Seite der Betreiber, der Dienstleister im Seniorensektor, zerfällt das Angebot in die Bereiche „ambulant“ und „stationär“. Wenn schon bei den stationären Betreibern eine schwer überschaubare Fülle besteht, so ist der Markt der ambulanten Anbieter gänzlich unüberschaubar. Er reicht von der alten Gemeindeschwester bis hin zu Betreibern mit Tausenden von Pflegehelferinnen in Dutzenden von Städten und ländlichen Kommunen. Allerdings gibt es im ambulanten Sektor, außer bei wenigen kleinen Einrichtungen, keinen nennenswerten Bedarf an Planungsleistungen. Diese Dienste kommen meist in normalen, bereits bestehenden Wohn- und Gewerbeimmobilien unter. Anders verhält es sich im stationären Bereich. Der überschaubare und rentabelste Bereich der Pflegeheime bildet hier den Kern eines Angebots, das sich schätzungsweise auf etwa fünf Prozent der über 65-jährigen bezieht; eine genauere Überprüfung des jeweiligen Platzangebots zeigt, dass die Sättigung der gesellschaftlichen Bedürfnisse bei etwa zwei Prozent der 85-jährigen erreicht ist, Tendenz steigend – wobei das Eintrittsalter ins Pflegeheim heute bereits im Durchschnitt bei 83 Jahren liegt. Die durchschnittliche Verweildauer fällt entsprechend dem Anstieg des Eintrittsalters und liegt zurzeit bei etwa eineinhalb Jahren. In Häusern mit Spezialangeboten für hohe Demenz kann die durchschnittliche Verweildauer aber auch unter einem Jahr betragen. Für Architekten bedeutet das Arbeiten in diesem Sektor, ein hohes Maß an Wissen über heutige Pflegedienstleistungen zu erwerben. Themen wie Betreuung in der Nacht oder Spezialangebote für Menschen nach Schlaganfällen, mit progredierender Demenz oder postoperativen Prozessen nehmen größeren Raum ein als in früheren Jahren, in denen Menschen auch ohne hohen Pflegeaufwand in Pflegeheimen anzutreffen waren. Der Architekt muss gestalterisch den Spagat zwischen medizinisch-hygienischen Forderungen der Heimaufsichten und dem vom Bewohner gewünschten wohnlichen Komfort in einer Weise erfüllen, dass zwischen Pflege und Wohnen kein Widerspruch mehr empfunden wird. Hier bietet sich die Zusammenarbeit mit Farbpsychologen, Einrichtern guter Möbelhäuser und Beleuchtungsberatern an. Ähnlich wie bei dem Bau von Hotels mit ihren unterschiedlichen Sternen setzen sich auch beim Entwerfen von Pflegeheimen Verfahren durch, die Ausstattungsstandards, Materialien und sorgfältig erarbeitete Designvorgaben miteinander zu einem Standardangebot auf unterschiedlicher Höhe vereinen. Das wichtigste Thema beim Entwurf ist und bleibt der Wunsch der Bewohner, in ihrer Lebensnot eine wohnliche Umgebung vorzufinden.

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R . W E LT E R , M . H Ü R L I M A N N , K . H Ü R L I M A N N - S I E B K E

Planen und Entwerfen für Menschen mit Demenz Methodisches Vorgehen und Gestaltungsprinzipien im stationären Bereich In den vergangenen Jahren hat sich das Verständnis für die Bedürfnisse von Menschen mit Demenzerkrankungen grundlegend gewandelt. Standen anfangs medizinische und soziale Faktoren im Zentrum der Betreuung, so wissen wir heute um die Bedeutung einer ganzheitlichen Herangehensweise zur Sicherung von Lebensqualität und Würde der Betroffenen. Die adäquate Gestaltung von räumlichen und organisatorischen Umweltbedingungen ist ein wesentlicher Aspekt dabei. Zur ganzheitlichen Sicht gehört, dass Betreuungsangebote für Menschen mit Demenzerkrankungen stets als integraler Bestandteil eines kommunalen Netzes von Angeboten für älter werdende Menschen zu sehen sind. Betroffene sind keine anderen Menschen als wir alle. Sie sind lediglich mit den Herausforderungen einer besonderen Krankheit konfrontiert. Je näher sie an ihrem angestammten Wohnort leben können und je integrierter das Angebot in einem Quartier ist, desto mehr bleiben ihre individuellen Ressourcen und diejenigen des sozialen Umfelds erhalten. Eine Vielfalt von Wohn- und Betreuungsangeboten ist gefragt, um Wahlmöglichkeiten im Makrobereich (Gemeinden, Nachbarschaften, Institutionen, Wohnformen und so weiter) wie auch im Mikrobereich (Raumstruktur, Gestaltung) bereitzustellen. Eine besondere Herausforderung liegt im Planen und Bauen von stationären Betreuungseinrichtungen für älter werdende Menschen, auch für jene mit Demenz. Unbestritten ist, dass sich klassische Heimstrukturen für die Betreuung von an Demenz Erkrankten nicht eignen, denn auch hier gibt es keinen Unterschied zu anderen älteren Menschen: Wer geht schon freiwillig in ein Pflegeheim? Aus dieser Erfahrung heraus entstand seit den 1980er Jahren in der Schweiz eine große Zahl von dezentralen Pflegewohngruppen. Inzwischen führen auch viele Heime ein solches Wohn- und Betreuungsangebot und decken damit den zunehmenden Bedarf an Pflegeplätzen rasch und mit vergleichsweise geringem Investitionsaufwand ab. Die positiven Erfahrungen mit dieser Wohnform haben dem Modell Pflegewohngruppe bei der Betreuung von Menschen mit Demenzerkrankungen inzwischen zum Durchbruch verholfen: Pflegewohngruppen ermöglichen eine differenziertere architektonische Gestaltung und liegen somit näher am gewohnten Lebensmuster der Bewohner. Es ist bekannt, dass Menschen mit Demenzerkrankungen sensibler auf ihre Umwelt reagieren, weil sie zunehmend die Fähigkeit zu Anpassung und Kompensation verlieren. Da sie mit ihrem Verhalten auch auf Planungs- und Gestaltungsfehler in ihrem Wohnumfeld hinweisen, können wir sie in diesem Sinne als Seismografen für gute oder schlechte Umweltbedingungen sehen. Planer und Gestalter sollten daher gute Beobachter sein, um von Menschen mit Demenzerkrankungen für uns alle nützliche Informationen zu Planungs- und Gestaltungsprinzipien zu erhalten. Die folgenden Ausführungen sollen sowohl für die Planungsphase als auch für die Umsetzung von Projekten Anregungen zum methodischen Vorgehen, Hinweise auf wichtige Entscheidungen im Makrobereich und Beispiele für Wirkungen der räumlichen Gestaltung im Mikrobereich vermitteln. Entscheidungen bezüglich Standortwahl (regional, gemeindenah oder quartiernah), Modelltyp (integriert, Annex, teilautonom oder autonom) und Betreuungsform (gemischt oder spezialisiert), die im Planungsprozess sehr früh fallen müssen, beeinflussen die Lebensqualität der Nutzer schließlich ebenso wie zum Beispiel Grundrissstruktur oder Farbkonzept. An Demenz Erkrankte haben ein ausgeprägteres Bedürfnis nach Orientierung, Sicherheit und Bewegungsfreiraum, als dies Nichtbetroffene haben. Daraus notwendigerweise eine ausschließlich spezialisierte Unterbringung und Betreuung in Sondereinrichtungen abzuleiten wäre jedoch zu kurzsichtig. Vielmehr sind innovative organisatorische und bauliche Lösungen gefragt, damit optimale Umweltbedingungen entstehen, die auch von Demenzerkrankungen Betroffenen ein Leben in unserer Mitte ermöglichen.

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Grundsatzentscheidungen in der Planung (Makrobereich)

- quartiernah - gemeindenah - regional

Bevor über die innere und äußere architektonische Gestaltung von Einrichtungen diskutiert und entschieden wird, sind die Planungsbeteiligten aufgefordert, wichtige Überlegungen im Makrobereich anzustellen. Darunter verstehen wir drei Planungselemente, zu denen Entscheidungen getroffen werden müssen:

Standort u. Einzugsgebiet

• die Wahl des Standorts einer Einrichtung, • die Wahl des Betreuungskonzepts und • die Wahl des Modelltyps. Alle drei Elemente, die sowohl bauliche als auch betriebliche Aspekte beinhalten, haben als Einzelne, aber auch

Betreuungskonzept

Modelltyp

in Verbindung miteinander Auswirkungen für an Demenz Erkrankte, deren Angehörige und das Betreuungspersonal. Die folgende Grafik verdeutlicht die Verknüpfung der drei Planungselemente und der sich daraus ergebenden Kombinationen.

- gemischt - spezialisiert

- i ntegriert - Annex - teilautonom - autonom

Die drei Planungselemente und ihre Verknüpfungen

Den Autoren begegnen in ihrer Beratungstätigkeit verschiedenartige Kombinationen zwischen den drei Elementen. Dazu einige Beispiele: Beispiel 1 Standort regional: Deckt ein größeres Einzugsgebiet ab. Modelltyp autonom: Es handelt sich um größere, baulich und betrieblich selbstständige Einrichtungen. Betreuungskonzept spezialisiert: Es werden nur Demenzerkrankte betreut. Beispiel 2 Standort regional: Beispielsweise ein ländliches, alpines Einzugsgebiet. Modelltyp integriert: Wohngruppen sind in einem Heimbau zusammengefasst. Betreuungskonzept gemischt: Nicht Demenzerkrankte und Demenzerkrankte werden zusammen in Wohngruppen betreut. Beispiel 3 Standort gemeindenah: Die Einrichtung deckt den Bedarf einer Gemeinde ab. Modelltyp integriert: Wohngruppen mit Demenzerkrankten werden in einem bestehenden Heim geführt. Betreuungskonzept spezialisiert. Beispiel 4 Standort quartiernah: Die Einrichtung befindet sich in einem Quartier eines Stadtteils. Modelltyp autonom: Die Einrichtung ist keiner Institution angegliedert. Betreuungskonzept spezialisiert. Beispiel 5 Standort gemeindenah: Modelltyp Annex: Ein Heim führt zwei Wohngruppen für Demenzerkrankte beispielsweise in einer Villa oder in einem Mehrfamilienhaus in der Nähe des Heimareals. Betreuungskonzept spezialisiert.

Beispiel 4

Beispiel 3 Beispiel 5

Beispiel 1 Beispiel 2

Standort

quartiernah

gemeindenah

regional

Einzugsgebiet

Quartier

Gemeinde/ Stadt

Region

integriert

Annex

teilautonom

gemischt

spezialisiert

Modelltyp

Schematische Darstellung der Kombinationen von Planungselementen

Betreuungskonzept

autonom

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Planen und Entwerfen für Menschen mit Demenz

Die Planungselemente Standort und Betreuungskonzept Aufgrund von Studien und Beratungstätigkeiten der Autoren werden in den folgenden Übersichten die Auswirkungen von Standortwahl und Wahl der Betreuungsform beispielhaft zusammengefasst.

Wirkung für…

dezentral

regional

Wirkung auf…

Betroffene

• Verbleib im gewohnten räumlichen und sozialen Umfeld • näher an der Normalität

• Umziehen • Heim-/Hotelcharakter • größere Zusatzangebote • anonymer • Gefahr der Stigmatisierung

Lebensqualität von an Demenz Erkrankten

+ Durchmischung = Normalität + erweiterte soziale Kontakte, Erinnern durch Erleben - Stress durch „Nicht verstanden werden“

Angehörige, Nachbarschaft

• mehr Kontakte • Nachbarschaftshilfe • größere Akzeptanz

• mehr räumliche Distanz • Gefühl des Abschiebens • Entfremdung

+ geschützter sozialer Rahmen + spezialisierte Betreuung - Entscheid über Eintritt - Stigmatisierung - Normalität geht evtl. verloren, Standort weitab vom Zuhause

Lebensqualität nicht von Demenz Betroffener

Gemeinde

• kleinere Einrichtung am Ort • Einfluss größer

• größere Einheiten mit Spezialcharakter • Partner im Verbund

+ langer Verbleib gesichert + neue Aufgaben - Stress und Störungen durch Betroffene

+ kein Stress und keine Störungen - Angst vor eigenem „Versagen“ und Umplatzierung

Tätigkeit der BetreuerInnen

Finanzen

• kleinere Einrichtungen, eventuell weniger effizient • geringeres Investvolumen • spätere Umnutzung möglich

• rationelle Betriebsgrößen • größeres Investvolumen

+ Normalität u. Kontinuität in der Betreuung - zusätzlich: Vermittlerrolle - eventuell personell schlechtere Ausstattung

Räumlich-organisatorisch

• weniger formelle („Heim-“) Auflagen • geringeres Platzangebot

• konkrete Vorgaben • größeres Raumangebot • Zusatzangebote möglich

+ gezieltes Eingehen auf relativ homogene Gruppen + personell bessere Ausstattung - Arbeiten in „Sondereinrichtung“ (Gefahr des Ausbrennens)

• Tagesablauf weniger formell • personell enger besetzt • alltagsnah, braucht stärker den Generalisten

• Tagesablauf strenger organisierbar • flexibler Personaleinsatz • spezialisierte Betreuung und Tätigkeiten

Betreuung

Ausgewählte Beispiele für Auswirkungen der Standortwahl

gemischte Betreuung

Räumliche und organisatorische + sorgfältigere Planung (auch für von Demenz Betroffene) Gestaltung +/- Wohngruppensituation zwingend - größerer Aufwand bei Ausstattung u. Flächen

spezialisierte Betreuung

+ systematische Planung und Schaffung von Kompetenzzentren +/- Wohngruppensituation zwingend - größerer Aufwand bei Ausstattung u. Flächen

Ausgewählte Beispiele für Auswirkungen der Wahl der Betreuungsform

Das Planungselement Modelltyp Die nachfolgende Übersicht der bereits erwähnten vier Modelltypen basiert auf Erfahrungen und Feldstudien der Autoren. Sie soll Planende dazu auffordern, sich mit Optionen zu befassen und eigene Lösungen zu entwickeln.

Typ: Integriert Räumlich integriert, organisatorisch unterschiedlich verknüpft

Demenzgruppe

Typ: Annex Unterschiedliche Distanzen zu und organisatorische Verknüpfungen mit dem Stammhaus

Demenzgruppe

Typ: Teilautonom Räumlich autonom, unterschiedliche organisatorische Verknüpfungen mit anderen Wohnformen

Demenzgruppe

Typ: Autonom Räumlich und organisatorisch autonom

Demenzgruppe

Übersicht von Modelltypen aus räumlicher und organisatorischer Sicht

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Alters- und Pflegeheim

Alters- und Pflegeheim

verschiedene Wohnformen

Potenziale und Grenzen der Modelltypen

Modelltyp integriert | Potenziale

Modelltyp integriert | Grenzen

Mit oft minimalem baulichem und finanziellem Aufwand werden vorhandene Kapazitäten innerhalb einer bestehenden Einrichtung relativ kurzfristig zu einer Demenzwohngruppe „umfunktioniert“.

Die räumlichen und architektonischen Gestaltungsmöglichkeiten sind durch den Bestand beschränkt, zum Beispiel hinsichtlich der Umsetzung des Normalisierungsprinzips, der Bereitstellung von ausreichendem Bewegungsraum oder eines direkten Zugangs zu den Außenräumen.

Der Zugriff auf das Personal, die Infrastruktur und die Servicekapazitäten des „Stammhauses“ ist prinzipiell, vor allem aber in extremen Belastungssituationen, für die spezialisierte Demenzwohngruppe möglich.

Der institutionelle Charakter lässt sich nur schwer aufbrechen.

Die unmittelbare Verknüpfung mit dem „Stammhaus“ ermöglicht Austausch und Synergien.

Je größer die Institution ist, desto mehr besteht die Versuchung, auf Ressourcen des „Stammhauses“ zurückzugreifen und auf für Demenzerkrankte besser geeignete Betriebs- und Betreuungsformen zu verzichten.

Modelltyp Annex | Potenziale

Modelltyp Annex | Grenzen

Mit dem Neu- oder Umbau steigen die Chancen für eine bessere architektonisch-bauliche Qualität, unter anderem bezüglich der Umsetzung des Normalisierungsprinzips, der Bereitstellung von ausreichendem Bewegungsraum oder eines direkten Zugangs zu den Außenräumen. Der institutionelle Charakter lässt sich aufbrechen.

Die Umsetzung dieses Modelltyps macht größere Investitionen notwendig und verlangt dafür genügend Zeit.

Die unmittelbare Verknüpfung mit dem „Stammhaus“ ermöglicht Austausch und Synergien. Es besteht die Option, Betroffene im späten Stadium der Erkrankung in die hauseigene Pflegeabteilung umzusiedeln.

Die größere Kapazität erhöht die Konzentration und erweitert das Einzugsgebiet (weg vom angestammten Wohnort), so dass die Einrichtung sich noch weiter von der „Normalität“ entfernt. Menschen mit Demenzerkrankungen werden ab einer bestimmten Phase ihrer Erkrankung aus dem Alten- und Pflegeheim ausgesondert und in einer internen geschützten Abteilung untergebracht.

Modelltyp teilautonom | Potenziale

Modelltyp teilautonom | Grenzen

Der Einrichtung einer teilautonomen Wohngruppe liegt von vornherein ein bewusster Entscheid für ein Betreuungsmodell oder die Zielgruppe Menschen mit Demenzerkrankungen zugrunde. Dies basiert auf einem Leitbild und einer sorgfältigen Planung.

Teilautonomie hat zur Folge, dass die Trägerschaft bezüglich Aufbau, Finanzierung und Betrieb weitgehend auf sich gestellt ist.

Teilautonome Wohngruppen machen einen Schritt in Richtung Normalisierungsprinzip. Sie sind mehrheitlich in Wohnquartieren integriert oder zumindest quartiernah und haben eine überschaubare Größe.

Kleinere, selbstständige Einheiten haben gegenüber den Modelltypen „Integriert“ und „Annex“ mit einem Stammhaus begrenztere Kapazitäten bezüglich Personal und Infrastruktur. Dies beeinflusst Wirtschaftlichkeit und Flexibilität und schränkt darüber hinaus die Möglichkeiten zum Anbieten externer ambulanter und teilstationärer Dienstleistungen ein.

Alltagstätigkeiten stehen im Zentrum, ein eher familiärer Umgang wird gepflegt. Die Bewohner sind stärker einbezogen. Je nachdem wird auf externe Dienstleistungen verzichtet oder mit einer benachbarten Institution zusammengearbeitet.

Das Personal wird multifunktional eingesetzt. Die dezentrale Struktur setzt eine größere Selbstständigkeit der Mitarbeitenden voraus.

Modelltyp autonom | Potenziale

Modelltyp autonom | Grenzen

Die eigenständige Konzeptentwicklung und Planung ermöglicht sorgfältige räumlich-architektonische Lösungen.

Die Umsetzung dieses Modelltyps macht größere Investitionen notwendig und verlangt dafür genügend Zeit.

Die (Um-)Nutzung vorhandener räumlicher Kapazitäten ist flexibel und meist reversibel.

Je nach Kapazität der Einrichtung müssen Menschen mit Demenzerkrankungen ab einer bestimmten Phase ihrer Erkrankung in einer anderen externen, spezialisierten Sondereinrichtung untergebracht werden.

Mit dem Neu- oder Umbau steigen die Chancen für eine bessere architektonisch-bauliche Qualität, unter anderem bezüglich der Umsetzung des Normalisierungsprinzips, der Bereitstellung von ausreichend Bewegungsraum oder eines direkten Zugangs zu den Außenräumen. Ein institutioneller Charakter lässt sich vermeiden.

In Kombination mit dem Betreuungskonzept „spezialisiert“ besteht eine gewisse Gefahr der Ghettoisierung.

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Planen und Entwerfen für Menschen mit Demenz

Gestaltungsprinzipien (Mikrobereich) Gestaltungsprinzipien betreffen die räumlichen und entwurflichen Rahmenbedingungen. Sie schließen alle baulichen Eigenschaften einer Wohneinrichtung ein, beginnend mit der Erschließungs- und Grundrissstruktur über die Infrastruktur und Ausrüstung bis hin zur Materialisierung, Ausstattung und Belichtung. Diese sind Teil der Umweltbedingungen und bilden wichtige Ressourcen für Bewohner und Personal. Durch eine gezielte Nutzung der vorhandenen Ressourcen lassen sich Krankheitsverlauf, auftretende Symptome und damit letztlich die Lebensqualität der an Demenz Erkrankten beeinflussen. Das Schema nennt, ausgehend von den individuellen Potenzialen eines Menschen mit Demenzerkrankung, die wichtigsten im Wohnumfeld vorhandenen und beeinflussbaren Ressourcen. Es stellt die Summe aller räumlichen, organisatorischen und therapeutischen Strukturen dar, welche die Nutzung der noch vorhandenen Fähigkeiten und die Selbstständigkeit fördern. Im Rahmen dieses Beitrags werden insbesondere die unter den physischen Ressourcen aufgezählten Bereiche Orientierung, Sicherheit und Bewegungsraum näher betrachtet.

Architektonische und technische Bedingungen

Kommunikative Bedingungen

Raumabfolge Raumformen Territorien Wegführung Grenzen Anordnung der Infrastrukturen

Informationspolitik Gesprächskultur Sitzungsgestaltung Definitionsmacht Mediationsfähigkeit Arbeitsstile

Wohnen Pflegen

Ressourcenmodell des Wohnumfeldes von Menschen mit Demenzerkrankungen

Psychosoziale Bedingungen

Organisatorische Bedingungen

Menschenbild Führungsstil Herkunftskulturen Rolle Bewohner Rituale

Teamstrukturen Teamautonomie Aufnahmeprozedere Verantwortlichkeiten Kompetenzen

Weder in der Fachliteratur noch aufgrund unserer Erfahrungen gibt es Hinweise darauf, dass ältere Menschen, auch diejenigen mit einer Demenzerkrankung, wesentlich andere Bedürfnisse an eine Wohneinrichtung haben als die übrigen Bevölkerungsgruppen. Allerdings verbringen ältere Menschen viel mehr Zeit in ihrer Wohnung als berufstätige und jüngere Personen. Zudem können sie auftretende Mängel weniger gut kompensieren, so dass ihre Abhängigkeit von einer guten Wohnqualität um ein Vielfaches höher ist. Die folgenden Gestaltungsempfehlungen beziehen sich auf stationäre Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Demenzerkrankungen, sollen aber keineswegs zur Begründung von Sonderwohnformen für diesen Personenkreis herangezogen werden. Vielmehr sind sie als Kriterien für eine hohe Wohnqualität zu verstehen, die allgemein gelten sollte, denn je besser die Maßnahmen zu einem Raumkonzept führen, das auch im allgemeinen Wohnungsbau umgesetzt werden kann, desto mehr fördern sie die Lebensqualität älterer Bewohner, insbesondere demenziell Erkrankter. Die räumliche Gestaltung schafft konstante und langfristige Rahmenbedingungen. Sie wirkt direkt auf das Befinden der Bewohner und unterstützt zugleich die betreuerischen und therapeutischen Maßnahmen. Die Gestaltungsempfehlungen geben eine Richtung an, sollen aber keineswegs normativ verstanden werden.

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Gestaltungsempfehlungen zur Förderung der Orientierung Raumstruktur: Eine überschaubare und leicht zu erfassende Raumstruktur erleichtert die Orientierung. Die Lichtführung und die Kontraste zwischen Boden und Wänden unterstützen das Bedürfnis des “Sich Zurechtfindens“. Bekannte Raumorganisationen des Wohnungsbaus, wie zum Beispiel Wohnküche, kurzer Korridor zu den einzelnen Zimmern, aber auch vom Zimmer getrennte Sanitärräume, sind prägende Lebenserfahrungen, die die Orientierung fördern. Innen – außen: Die Übergänge von außen in eine Wohngruppe (Wohnungstür) und von dort in den Gemeinschaftsbereich sollten deutlich erkennbar sein. Stationen an Wegen: Merkpunkte entlang eines Weges (innen oder außen), zum Beispiel ein besonderer Sitzplatz, ein einzigartiges Möbelstück oder ein inspirierender Ausblick wecken Erinnerungen, bilden Anreize oder laden zum Verweilen ein. Küchen: Offene Küchen mit Sitzgelegenheiten zum Zuschauen oder zum Mithelfen weisen auf den normalen Tagesablauf hin und vermitteln bekannte Gerüche und vertraute Geräusche. Neben den räumlichen Aspekten beeinflussen auch andere Merkmale die Orientierungsfähigkeit, zum Beispiel ein gewohnter Tagesablauf, ein Speiseplan mit Bezug zu Herkunft und Erinnerungen an die Kindheit, oder auch eine bekannte Musik. Das heißt, betriebliche und betreuerische Maßnahmen beeinflussen ebenfalls die Orientierung. Gestaltungsempfehlungen zur Förderung der Sicherheit Sicherheit und Orientierung gehören eng zusammen und ergänzen einander in der Regel. Trotzdem sind besondere Schutzmaßnahmen zur Sicherheit sowohl der Bewohner als auch des Personals empfehlenswert. Weglaufschutz: Grundsätzlich gilt es, die Grenzen der Wohngruppenräume zu schützen. Im Innern kann dies durch verschlossene Türen und Fenster oder durch Zahlencodes erreicht werden. Raffinierter sind Möglichkeiten zur Kaschierung von Türen mittels Farben oder davor stehender Elemente wie Paravents, Möbel oder Pflanzen. Im Außenraum können zum Beispiel dichtere Bepflanzungen, natürlich wirkende Holzstapel oder Hochbeete als Begrenzung verwendet werden. Darüber hinaus bietet die Technik schon heute immer individuellere Maßnahmen zum Auffinden einer Person an, beispielsweise einen Transponderchip mit einem Alarm. Aber es stehen auch sehr einfache Mittel zur Verfügung, wie ein Gong an der Ausgangstür, welcher das Personal aufmerksam macht, oder ein Tor mit einem mechanischen Riegel, der je nach Krankheitsstand zum Hindernis wird. Gefahrenschutz: Im Innern sichern Schlösser an Küchen- oder Badschränken vor dem unerwünschten Zugriff auf Medikamente oder empfindliche Gegenstände. Dunkle Bodenbeläge und tiefe Raumnischen erzeugen bei demenziell erkrankten Menschen Unsicherheit. Dieses Phänomen kann bewusst genutzt werden, um den Zutritt zu Betriebsräumen zu verhindern. Wichtig sind ausreichende Haltemöglichkeiten in Korridoren und Sanitärräumen und eine zentrale Steuerung des Lichts, um zu vermeiden, dass ein unerwünschtes Ausschalten zu Stürzen führt. Gestaltungsempfehlungen zur Schaffung von Bewegungsraum Demenziell erkrankte Menschen halten sich am Tage kaum im eigenen Zimmer auf. Sie bevorzugen Orte, wo etwas geschieht, also die Wohn- und Essräume, die Küche oder den Garten. Einzelne Betroffene sind zeitweise von Unruhe und Bewegungsdrang erfasst, der als Versuch verstanden werden kann, sich selbst und die Umwelt wahrzunehmen und in Kontakt zu bleiben. Um diesem Bedürfnis nachzukommen, empfehlen wir ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Orten der Ruhe und solchen der Aktivität. Ein verbindender Korridor gibt Raum zu Bewegung und sollte auch die Wahrnehmung anregen durch Ausblicke oder Bilder, durch farbige Ausstattung oder eine besondere Beleuchtung. Ebenso wichtig sind aber, innen wie außen, Orte der Ruhe und der Entspannung am Wege. Lange Korridore und gerade auch große und monotone Rundläufe dagegen können eher eine Steigerung der Unruhe bewirken. Es gibt einfache Maßnahmen zur Auflösung von „Sackgassen“, zum Beispiel eine Sitzecke in einer Korridorerweiterung oder Pflanzen und Möbel, um die herum gelaufen werden kann.

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Planen und Entwerfen für Menschen mit Demenz

Richtschnur für alle gestalterischen Maßnahmen ist es, eine alltägliche Atmosphäre zu schaffen, die der früheren Lebenswelt der Betroffenen so nahe wie möglich kommt. Viele Beispiele sowie unsere Erfahrungen zeigen, dass das Normalitätsprinzip, vom familienähnlichen Grundriss über erlebte haushälterische Tätigkeiten bis hin zu den eigenen Möbeln, am besten die Ressourcen von älteren Menschen, auch demenziell Erkrankter, erhält und fördert. Zur Entwicklung innovativer Lösungen Es sind auch die Verhaltensweisen der Planenden, die zu innovativen Ergebnissen führen oder diese verhindern. Da sich die Fachwelt bis heute nicht einig ist, welches „richtige“ Lösungen sind, ist es wichtig, die im Planungsverlauf vorhandenen Optionen offen zu legen. Aus der Erfahrung mit Beratungsprojekten werden im Folgenden einige Beispiele für förderliches Verhalten aufgezählt, die ein freies, nicht an Ideologien gebundenes Suchen nach ortsgerechten Lösungen unterstützen. Unter „ortsgerecht“ verstehen wir die Nutzung von vorhandenen und zu generierenden Ressourcen, wie kommunale Leitbilder, vorhandene Gebäude, Konzepte zur Betreuung Demenzerkrankter, Verhalten und Einstellung des Personals sowie Fähigkeiten der Bewohnenden und deren Angehörigen. Optionendenken versus „Röhrenblick“ Projektteams müssen sich gleich zu Beginn und im Laufe einer Projektentwicklung immer wieder mit denkbaren­ Optionen auseinandersetzen. Dies betrifft Wahlmöglichkeiten bezüglich der erwähnten drei Planungsebenen wie auch der Gestaltungsprinzipien. Dabei gilt es, einen „Röhrenblick“ zu vermeiden: Nicht die erstbeste oder eine andernorts abgeschaute Lösung sollten ausschließlich verfolgt werden, da dies häufig zu der späten Erkenntnis führt, dass es eigentlich mehrere, noch bessere Lösungsoptionen gegeben hätte. So beginnt, wenn überhaupt, die ganze Projektarbeit von neuem. Die Erfahrung zeigt, dass dadurch Energie und Zeit verloren gehen und nicht mehr alle Beteiligten gleich motiviert sind, nochmals „von vorn“ zu beginnen. Somit besteht die Gefahr, dass mit dem „Röhrenblick-Denken“ lediglich Fremdkopien, also kaum innovative ortsnahe Lösungen umgesetzt werden. Aufträge an Projektgruppen frühzeitig klären Projektgruppen sind in der Regel interdisziplinär zusammengesetzt. Die Teammitglieder bringen verschiedene Arbeitsweisen sowie unterschiedliches Wissen mit, auch haben sie nicht von vornherein die gleichen Erwartungen an die Ziele der Projektarbeit. Es ist daher nützlich, gleich zu Beginn wichtige Fakten in Form einer Projektskizze (keine Planskizze) festzuhalten. Dies betrifft unter anderem die Fragen: • Welches ist der Ausgangspunkt der Projektentwicklung? • Worin besteht der Auftrag der Projektgruppe? • Wer beteiligt sich am Projekt? • Werden Experten für die Projektberatung hinzugezogen? • Wie sehen die Spielregeln der Zusammenarbeit aus? • Mit welchem Zeitaufwand müssen die Beteiligten rechnen? • Sind alle Teammitglieder in der Lage, sich aktiv an der Projektentwicklung zu beteiligen? Die auf diese Weise erarbeitete Projektskizze ist eine Rahmenvereinbarung, an die sich alle Teammitglieder fortan halten. Eigene Wohnbedürfnisse der Planenden nicht auf Demenzerkrankte übertragen Die meisten Projektbeteiligten haben die Lebensphase „Alter“ noch nicht selbst erlebt. Sie müssen sich deshalb in die Situation ihrer „Zielgruppe“ wie auch von Menschen mit Demenzerkrankungen hineindenken. Dabei besteht die Gefahr, dass eigene Wohnvorstellungen übertragen werden, statt die Bedürfnisse der Betroffenen zu verfolgen.

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Als gewinnbringend erweisen sich Besuche in bestehenden Häusern, um den Alltag in stationären Betreuungseinrichtungen und dabei die Bedeutung des baulichen und organisatorischen Umfelds besser zu verstehen. Dies ermöglicht es, selbst die Rolle eines Betroffenen einzunehmen. Besonders hilfreich ist es auch, „versuchsweise“ Wahrnehmungseinschränkungen zu simulieren. Defizite des Hörens, Sehens, Riechens und Tastens, die unsere Orientierung einschränken, lassen sich mit relativ wenig Aufwand 1, aber auch mit speziellen technischen Hilfsmitteln, wie zum Beispiel einem Age Explorer 2 simulieren. Methodische Grundlagen und weitere Beispiele zu Gestaltungsempfehlungen finden sich im 2006 in Zürich erschienenen Arbeitsbuch der Autoren, Gestaltung von Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Demenz­ erkrankungen und unter www.demenzplus.ch.

Grundriss Demenz-Wohngruppe im Quartier

Anmerkungen 1 Vgl. fcs.tamu.edu/families/aging/aging_simulation/index.php und www.allgemeinmedizin.med.uni-goettingen.de/literatur/instant+agingzfa2007.pdf. 2 Vgl. www.mhmc.de/HTML/age_explorer.html.

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EVMARIE ZELL

Bedarfsplanung – partizipatorisch planen und bauen als ganzheitlicher Prozess In Zeiten steigender Lebenserwartungen differenzieren sich gerade im Alter die Nutzeransprüche – vom sogenannten „Best Ager“ bis hin zum hochbetagten Bewohner mit häuslichem oder stationärem Pflegebedarf – immer weiter aus. Entwickler und Betreiber von stationären Pflegeeinrichtungen, wie Bauträger, Wohnungsgesellschaften oder auch selbstorganisierte Baugruppen für generationenübergreifende Wohnkonzepte, müssen ganzheitlich denken, um die Bedürfnisse der unterschiedlichen Nutzergruppen ansprechen zu können – nicht zuletzt wegen immer weiter steigender Bau- und Betriebskosten. Immobilien sind langfristige Vorhaben. Nach ihrer Erstellung werden sie in der Regel über Jahrzehnte ­genutzt. Aber auch das Bauen selbst ist zeitaufwendig: Vom Konzept über die verschiedenen Stadien der Planung bis hin zur Fertigstellung vergehen mehrere Jahre. Von der Lebenszeit einer Immobilie nimmt die Betriebsphase mit 30 bis 50 Jahren den weitaus längsten Zeitraum ein. Für Bauherren und Planer liegt der Fokus dagegen oftmals auf der Planungs- und der Realisierungsphase. Der Lebenszyklus einer Immobilie – bis zum Ende ihrer geplanten Nutzung – umfasst aber insgesamt fünf Phasen: Entwicklungsphase („Leistungsphase 0“), Planungsphase, Realisierungsphase, Dokumentationsphase und Betriebsphase. Ganzheitlich planen und betreiben im Lebenszyklus einer Immobilie Die Entwicklungsphase steht am Anfang jedes Projekts und des Immobilienlebenszyklus. Dabei geht es entweder um die Umstrukturierung von bestehenden Gebäuden oder um einen Neubau oder Ersatzbau. Verschiedene Aspekte werden in dieser ersten Phase beleuchtet, um die Planung vorzubereiten und die Projekt­ idee rechtlich, wirtschaftlich, technisch und organisatorisch auf ihre Machbarkeit hin zu untersuchen. Diese Entwicklungsphase wird oft auch als „Leistungsphase 0“ bezeichnet. Sie umfasst den Zeitraum von der ersten­Projektidee bis zur Konkretisierung der Bauaufgabe. Alle Entscheidungen, die in diesem Zeitraum getroffen werden, haben weitreichende Folgen. Hier werden die Rahmenbedingungen für die spätere Bewirtschaftung geschaffen, und die Einflussmöglichkeiten auf die Nutzungskosten sind hier noch am größten. Gerade in dieser frühen Projektphase ist es wichtig, bereits die entsprechenden fachkompetenten Projektpartner neben dem klassischen Architekten wie etwa Fachanwalt, Finanzierungsexperten, Fachberater für barrierefreies Bauen und Fachplaner für Denkmalschutz oder Smart Home zu beteiligen. Dann gilt es im Rahmen einer Zielplanung, die möglichen konzeptionellen Varianten auszuloten. Das Ergebnis dieser Phase sind detaillierte Machbarkeitsstudien und Zielplanungen, die als vertiefte Entscheidungsgrundlage dienen, um schon früh die entsprechenden Weichen zu stellen. Die Studien müssen die Raum- und Bedarfsprogramme des Nutzers bzw. der unterschiedlichen Nutzer­ gruppen (bei einem Pflegeheim z. B. Bewohner, Angehörige, Mitarbeiter etc.) abbilden, eine Untersuchung zur Wirtschaftlichkeit enthalten, aber natürlich auch Planungsrecht und mögliche Baukörper auf dem Grundstück berücksichtigen. Dabei kann die nähere Untersuchung aufzeigen, ob ein Neubau, eine Bestands­ erweiterung oder -sanierung oder ein Umbau die beste Lösung ist. In der sich anschließenden Planungsphase wird die Projektidee konkretisiert. Sie beinhaltet den Abschluss der Planungs- und Bauverträge, die Entwurfs- und Ausführungsplanung, Bauantrag und Baugenehmigung, die Detaillierung der Kosten (Kostenberechnung und Kostenanschlag), die Ausschreibungen sowie die Finanzierung und Terminierung des Projekts. Die folgende Realisierungsphase reicht vom ersten Spatenstich bis zur Abnahme und Übergabe des fertigen Baus an die Nutzer. Dieser Übergang des Gebäudes von der Erstellung in den Betrieb wird oftmals unterschätzt: Er beinhaltet Abnahmen, Mängelbeseitigungen, den Abschluss von Wartungs- und Serviceverträgen und im Rahmen dieser sogenannten „Pre-Opening-Phase“ auch Vermietung und Vermarktung. Diese Inbetriebnahme muss bei Gebäuden mit einem starken technischen Aspekt (z. B. Pflegeheime, wie auch bei einem Hotel oder Krankenhaus) akribisch geplant werden. Für Entwickler und Planer, wie auch oftmals immer noch für Bauherrn, erscheint dieser Zeitraum dagegen als passive Phase. Aber gerade hier gilt es, das Gebäude aktiv zu managen. Ein aktives Instandhaltungs­ management und die laufende Nutzungskostenanalyse können gewährleisten, dass der Wert des ­Gebäudes erhalten bleibt und eine optimale Nutzung möglich ist.

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Die Bedeutung der „Leistungsphase 0“ In der Immobilienwirtschaft – sowohl in der Projekt- als auch in der Bestandsentwicklung – erhält die „Leistungsphase 0“ im Sinne der Bedarfsplanung zur Optimierung von Kosten und Nutzen eine wachsende Bedeutung. Die zielorientierte Planung und Realisierung soll die Nutzung effizienter machen und damit auch die Planungs- und Erstellungskosten optimieren. Dabei ist die Bezeichnung „Leistungsphase 0“, die Bezug auf die mit laufenden Nummern versehenen Phasen der Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen (HOAI) nimmt, in gewisser Weise irreführend, denn gerade in dieser Phase Null gibt es den größten Gestaltungsspielraum, da zu diesem Zeitpunkt an allen Stellschrauben auch jenseits der architektonischen Konzeption gedreht werden kann – wie etwa den Kosten während der Betriebszeit. Die Frage, was in der Nutzungsphase in den Gebäuden und ihren Räumlichkeiten stattfinden soll und welche räumlichen Anforderungen dafür benötigt werden, auch welcher Grad an Flexibilität erforderlich sein wird, muss bereits zu Beginn eines Projekts im Fokus stehen. Dabei ist es wichtig, Projektziele (u. a. die Herstellkosten, das Raumprogramm und die Termine) und langfristige Ziele (z. B. Nutzungskosten und Flexibilität bezüglich Umbaumöglichkeiten) der einzelnen Immobilienparameter zu definieren. Gleichzeitig kann es Sinn machen, sich am örtlichen Wettbewerb wie auch an konzeptionell vergleichbaren Best-Practice-­ Beispielen zu orientieren. Außerdem ist in der Leistungsphase 0 die Einbindung relevanter Stakeholder wie etwa unterschiedlicher Nutzergruppen, aber auch z. B. der Nachbarschaft eines Gebäudes wichtig. Dies schafft die notwendige Transparenz und damit auch Unterstützung für das Projekt – von Anfang an bis hin zur Umsetzung. Eine aktive Nutzerbeteiligung muss dabei nicht zwangsläufig die Kosten in die Höhe ­treiben – im Gegenteil, sie kann die Einsicht stärken, auch auf bestimmte Optionen zu verzichten, was die Akzeptanz für weitere Entscheidungen erhöhen kann. Häufig scheuen sich Betreiber, die in die Zukunft gerichtete Bedarfsplanung durch Partizipation auf eine breitere Basis zu stellen, da sie befürchten, diese könnte nach kurzer Zeit überholt sein. Hinzu kommt die Befürchtung, dass die Partizipation die Nutzer zu einem „Wunschkonzert“ einladen könnte. Dabei kann ­dieser Prozess durchaus gewinnbringend für alle gestaltet werden, er muss jedoch transparent und moderierend geführt werden. Gerade in Zeiten komplexer werdender Zielgruppen und Nutzerprofile wird es ­immer wichtiger, die unterschiedlichen Nutzeranforderungen (und entsprechende Anpassungsspielräume) frühzeitig in einem partizipatorischen und strukturiert geführten Entscheidungsprozess als Grundlagen in die Planung einzubeziehen. Die Bedarfsplanung ist ein essentiell notwendiger Teil für ein erfolgreiches Immobilienprojekt. Deshalb gilt es, in diesen partizipatorischen Prozess alle notwendigen Zielgruppen zu involvieren. Eine „öffentliche“ bzw. geladene Informationsveranstaltung gibt die Möglichkeit, sehr frühzeitig die Idee und die Herangehensweise für alle transparent darzulegen. Es bietet sich dann an, in einzelnen Arbeitskreisen die Bedarfe zu konkretisieren; dies muss für alle einsehbar dokumentiert werden. Anschließend fließen die einzelnen Ergebnisse dieser Arbeitskreise an zentraler Stelle in erste Konzeptstudien ein, die zunächst innerhalb der Arbeitskreise und dann in großer Runde wieder zurückgespiegelt werden. So entsteht in einem iterativen Prozess eine konkrete Bedarfsplanung, die zu einer konzeptionellen Machbarkeitsstudie führt. In dieser sind die Überlegungen und Abwägungen aller Beteiligten berücksichtigt oder – falls nicht berücksichtigt – wird erklärt, warum einzelne Aspekte nicht beinhaltet sind. Auch Bauträger sollten ihre unterschiedlichen Stakeholder zu einem frühen Zeitpunkt einbinden. Hier bietet es sich an, nach der Informationsveranstaltung eine Befragung von möglichen (auch zukünftigen) Nutzergruppen zu veranlassen. Anforderungen im Wandel – Beispiel Stationäre Pflege Gerade im Bereich der Altenhilfe verschieben sich, durch veränderte gesellschaftliche Parameter, auch die konzeptionellen Ansätze stetig. Dies zeigt sich insbesondere bei einer Rückschau auf die vergangenen 80 Jahre. Die konzeptionellen Ansätze und politischen Rahmenbedingungen haben sich (z. B. durch die Föderalisierung des Heimgesetzes, Wohngruppen-Konzepte, die Einzelzimmer-Debatte etc.) in relativ kurzer

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Bedarfsplanung – partizipatorisch planen und bauen als ganzheitlicher Prozess

Zeit immer weiter entwickelt und werden sich auch in der Zukunft an die gesellschaftlichen Anforderungen anpassen. Dagegen erscheinen Immobilien als träge und, wie das Wort schon sagt (lateinisch immobilis), unbewegliche Masse. So manifestieren sich aktuell geltende gesetzliche Vorgaben für die nächsten 80 bis 100 Jahre – statt Gebäude von vornherein flexibel zu planen und zu bauen, so dass die Immobilie auf die sich stetig wandelnden gesetzlichen Anforderungen reagieren könnte. Welche Konsequenzen etwa die sehr unflexible Schottenbauweise hat, stellen wir immer wieder bei Immobilien gerade aus den 1980er Jahren fest. Umbauten sind hier nur mit erhöhtem Aufwand, der sich oft wirtschaftlich nicht darstellen lässt, möglich. So kommt es, dass selbst vermeintliche „Neubauten“ nach 30 Jahren abgerissen und ersetzt werden müssen. Parameter für künftige Spielräume Spielräume für zukünftige Umstrukturierungen können gewisse Flächenpuffer sein, eine nachhaltige Planung hält diese von Anfang an vor und plant diese ein. Sie können zukünftige Umstrukturierungen verein­ fachen oder überhaupt erst ermöglichen. Ein Komplettabriss und Neubau wird so möglicherweise vermieden, und Umbauten können dadurch vielfach auch im laufenden Betrieb (z. B. geschossweise) durchgeführt werden. Solche Spielräume vermeiden zudem für alle Seiten aufwendige Interimslösungen, beispielsweise in einer stationären Einrichtung damit einhergehende betriebliche Unannehmlichkeiten und wirtschaftliche Herausforderungen, wie etwa wegfallende Pflegeplätze oder den Verlust von Pflegepersonal. Vorüberlegungen für eine zukunftsfähige flexible Immobilie: • Wo liegen die Erschließungskerne mit den zentralen Treppenhäusern und Aufzügen? • Wie ist die Tragstruktur des Gebäudes? • Wie ist die Anordnung des Gebäudes auf dem Grundstück – gibt es Potenziale zur Erweiterung oder ­Teilung? • Wie wird das Gebäude technisch versorgt (z. B. zentrale oder dezentrale Haustechnik)? • Ist eine Entwicklung der Gebäude in Abschnitten (bedarfsorientiert) möglich? Wenn Wohngebäude an eine alternde Bewohnerstruktur oder Pflegeheime an neue Konzepte angepasst werden müssen, gilt es gerade in der „Leistungsphase 0“, zunächst den Bestand detailliert zu untersuchen, um so diesen Punkt auch im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsanalyse angemessen berücksichtigen zu können. Denn wirtschaftlich tragfähig wird es erst, wenn sich Investitionen rechnen, sie also einem zumindest kostendeckenden Erlös gegenübergestellt werden können und auch die laufenden Betriebskosten gedeckt sind. Ob eine Investition wirtschaftlich tragfähig wird, kann also erst ermittelt werden, wenn die Nutzung(en) klar und alle relevanten Kosten ermittelt sind und damit eine Vollkostenrechnung gemacht werden kann. Nachhaltigkeit im Fokus: Umstrukturierungen von Bestandsgebäuden Die Bestandsanalyse ist der erste, grundsätzliche und unerlässliche Schritt für weitere Überlegungen einer Umstrukturierung. Dabei müssen alle relevanten Informationen zur betreffenden Immobilie zusammengetragen und berücksichtigt werden: von den Flächen über zukünftig notwendige Investitionen, Energie- und Nutzungskosten bis hin zu Restbuchwerten und ggf. noch bestehenden Zweckbindungen. Im Rahmen der Flächenanalyse werden Flächenverhältnisse und Abweichungen zum Benchmark auf­ gezeigt, darauf aufbauend auch Nutzungsgrad und Kostendeckung. Von enormer Bedeutung ist es auch, zukünftig notwendige Investitionen aufgrund des Alterungsprozesses der Bestandsimmobilie zu erfassen. Die Bestandsanalyse betrachtet insbesondere auch den Bereich der Nutzungskosten und im besten Fall die kompletten Lebenszykluskosten der Immobilie.

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Dabei werden sowohl die Instandhaltungskosten der einzelnen Bauteile und der Haustechnik berücksichtigt wie auch die weiteren der Immobilie zugewiesenen Kosten. Denn die einzelnen Bauteile und technischen Geräte haben unterschiedliche Instandhaltungszyklen. So werden Oberflächen in den Innenräumen bereits nach wenigen Jahren erneuert bzw. modernisiert, Fenster und Dächer haben dagegen Investitionszyklen zwischen 30 und 50 Jahren. Bei der Haustechnik hat in der Regel eine Abwasseranlage eine Lebensdauer von 40 Jahren, für die Eigenstromversorgungsanlage dagegen sind lediglich 25 Jahre anzusetzen. In Zeiten schneller Veränderungen in Bezug auf demografische, wirtschaftliche und soziale Themen geht es sowohl um Konsolidierung als auch um Wachstum. Die Bestandsanalyse des Immobilienportfolios sollte stets den aktuellen Stand abbilden. Durch dieses Planungsinstrument können Strategien entwickelt, Entscheidungen getroffen und Prozesse beschleunigt werden. So weiß man, welche Investitionen in der Zukunft ohnehin notwendig werden und wie hoch der möglicherweise vorhandene Investitionsrückstau ist. Kosten im Blick Im Hinblick auf die Optimierung der Betriebskosten ist zunächst eine ganzheitliche Betrachtung aller gebäuderelevanten Kosten über den gesamten Lebenszyklus entscheidend. In der Regel wird daran deutlich, dass die Betriebskosten inklusive der Instandsetzungskosten die Investitionskosten bereits nach sieben bis zehn Jahren übersteigen. Das auf die Planung und spätere Nutzung abgestimmte Energiekonzept berücksichtigt das Verhältnis von Raumvolumen zur Außenfläche, die Art der Dämmung, die Haustechnik, die gewählten Materialien bis hin zu den notwendigen Reinigungs- und Instandhaltungsintervallen. Bei Neubauvorhaben lassen sich diese Aspekte von Beginn an einplanen. Bei der Mehrzahl der Bestandsbauten dagegen zeigt sich ein unterschiedlich hohes Maß an Ineffizienz – je nach Struktur und Erstellungszeitraum. Die Optimierung einer Immobilie ist letztlich eine Frage der Bewusstseinsbildung – nicht seitens des Facility Managements, sondern seitens der Unternehmensleitung. Ein Aspekt ist dabei auch die Sensibilisierung der Nutzer für einen ganzheitlichen und langfristigen Fokus. Es geht darum, den tatsächlichen Bedarf zu eruieren, um eine sukzessive und strukturierte Umsetzung anzugehen. Nutzerzufriedenheit als Schlüssel für Qualität und Wertschöpfung Im Zuge einer wachsenden Individualisierung von Nutzerbedürfnissen sowie immer weiter regulierter baulicher Vorgaben und Anforderungen – wie etwa im Bereich energetischen Bauens, barrierefreien Bauens, gesunder Baustoffe sowie steigender Bau- und Betriebskosten – gewinnt die Bedarfsplanung auch im Bereich seniorengerechten sowie generationenübergreifenden Bauens mehr und mehr an Bedeutung. Es geht letztlich um eine multidimensionale Konzeption, ein Denken in Szenarien und Alternativen. Auf Seiten des Bauherrn darf der Prozess der Einbeziehung der Nutzer kein Lippenbekenntnis bleiben. Vielmehr gilt es, diesen Ansatz auf allen Ebenen als integrale Arbeitsweise im Rahmen einer professionellen Abwicklung zum Tragen zu bringen. Auf Nutzerseite muss klar sein, dass nicht alle Entscheidungen von jedem Einzelnen getroffen werden können, sondern dass es sich um einen komplexen Prozess handelt, in dem Entscheidungen entsprechend gebündelt und gefiltert werden. In jedem Fall sind ein professionelles Projektmanagement und Transparenz auf inhaltlicher Ebene wie auch hinsichtlich der Zeitplanung das Gebot der Stunde. So kann es sinnvoll sein, die Kommunikation einem exLiteratur

ternen und damit neutralen Moderator zu überlassen. Die Qualität der Kommunikation und der Grad an

M. Hodulak und U. Schramm, Nutzerorientierte Bedarfs­planung, Prozessqualität für nachhaltige Gebäude, Heidelberg, 2011.

Transparenz – auch intern zwischen Planern und Bauherr – wird letztlich zum Gradmesser für die Zufrie-

A. Steffen, „Suffizienzkriterien in der Architektur – Leistungsphase 0“, in: db deutsche bauzeitung, Heft 08/2013 (http://www.db-bauzeitung.de/ db-empfiehlt/produkte/leistungs­phase-0/).

denheit auf beiden Seiten. Im besten Fall wird das Projekt für Entwickler und Betreiber oder direkt für den Bauherrn sowie für das ganze Quartier zum Imageträger und stiftet auf Nutzerseite nachhaltig Identität.

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Betreiber, Träger, Bauherren: Wohnungswirtschaft – Pflegewirtschaft

N I KO L A O S TAV R I D I S

Eine neue Realität für Investoren und Betreiber Im Jahr 1995 entschied der Gesetzgeber in der Bundesrepublik Deutschland, sich konsequent aus der Seniorenbetreuung zurückzuziehen und das Angebot im Bereich der Pflegewirtschaft nicht länger zu steuern, sondern den Mechanismen des Marktes zu überlassen. Zum ersten Mal brauchten sich Pflegeheime nicht mehr an staatlich koordinierte Bedarfsplanungen und Zulassungsvoraussetzungen zu halten, denn in der Annahme, auf diese Weise langfristig zu einem ausgeglichenen Verhältnis von Angebot und Nachfrage zu gelangen, wurden die Schwellen für die Teilnahme am Pflegemarkt bewusst niedrig angesetzt. Die Kehrseite davon war jedoch, dass Betreiber in kurzer Zeit lernen mussten, mit wirtschaftlichem Risiko zu leben. So kann heute jeder Pflegebetrieb unter Berücksichtigung der gesetzlichen Qualitätsanforderungen sein Angebot beliebig gestalten und am Markt platzieren. Er trägt dafür die Verantwortung und das Risiko – für Gewinne wie für Verluste. Gleichzeitig wurde in den meisten deutschen Bundesländern die staatliche Förderung von Pflegeeinrichtungen abgebaut; zum einen, um eine Verzerrung des Marktes zu verhindern, zum anderen, weil die Etatlage der Bundesländer die Förderung gar nicht mehr zuließ. Der freie Markt führte in der Pflegewirtschaft zu einer weiteren Veränderung, denn die Grundlage der Seniorenbetreuung ist in der Regel eine Immobilie, die entsprechendes Kapital voraussetzt. Seniorenbetreuung kann also nur der anbieten, der über ausreichendes Kapital verfügt. Da der Staat seit 1995 als Finanzierer solcher Immobilien ausschied, spielen nunmehr die institutionellen und privaten Investoren eine maßgebliche Rolle. Die so genannten „institutionellen Investoren“ – ein weiter Begriff, der Finanzierungsinstitute, Banken, Fonds (geschlossen oder offen), Pensionskassen und Versicherungen umfasst – sind auf dem Pflegemarkt von großer Bedeutung. Die Motivation institutioneller Investoren, in Immobilien oder Betriebe von Anbietern der Pflegewirtschaft zu investieren, ist vielfältig und hängt von der jeweiligen Risikoeinstellung ab. Darin können sich institutionelle Investoren deutlich unterscheiden.

RISIKO

WÄCHST

MEHR

Je riskanter die Investition aus Sicht des Kapitalgebers ist, desto höher muss die Risikoprämie, also die Ren-

•Bank •Pensionskassen

dite des Objekts, ausfallen. Weiteren Einfluss auf die Renditeerwartungen der Investoren nehmen die Refinanzierungskonditionen. Denn diese Institute investieren meistens in einer Kombination aus Eigen- und

•Offene Fonds •Geschlossene Fonds

Fremdkapital (Pensionskassen bilden dabei eine Ausnahme). Wenn sich die Konditionen für das Fremdkapital verschlechtern, muss die erwartete Rendite steigen, damit die Rendite auf das Eigenkapital gleich bleibt. Auch für Banken, die zur Renditeermittlung nicht in dieser Form zwischen Eigen- und Fremdkapital unterscheiden, spielen die Refinanzierungsgrundlagen eine Rolle, denn diese definieren den „Einstandspreis“

•Opportunity Fonds •Private Equity

des Bankenkapitals. Je höher die Zinsen, desto höher die Finanzierungskonditionen der Banken. Die Branche ist in Deutschland noch jung, und bezüglich Finanzierung und Zusammenarbeit mit den institutionellen Investoren müssen Erfahrungen erst gesammelt werden. Seit seiner Entstehung 1995 entwickelte­ sich der Pflegemarkt keineswegs konstant. Auf die Phase des Enthusiasmus gleich nach Einführung der Pflegeversicherung folgte die Phase der Ernüchterung Ende der 1990er Jahre mit spektakulären Fällen des Scheiterns und deutlichen Fehlinvestitionen. In den Jahren 2001 bis 2005 kam der Markt mehr oder weniger zum Erliegen. Die institutionellen Investoren waren – trotz attraktiver Renditeprämien – nicht mehr bereit, in den Pflegemarkt einzusteigen, da man sich allzu genau an die Ausfälle der vorausgegangenen Jahre erinnerte. Diese Zurückhaltung löste sich ab Mitte 2005 auf und verkehrte sich ins Gegenteil. 2006 wurde die Pflegewirtschaft gleichsam überschwemmt von einer Flut an Kapital in- und ausländischer institutioneller Investoren. Die Risikoprämie schmolz auf eine bis dato unbekannte Dimension zusammen, und das Investment in Pflegeobjekte war plötzlich in aller Munde.

1,5

Im Zuge der allgemeinen Liquiditätskrise, die die Finanzmärkte seit etwa Mitte 2007 erfasst hat, gingen

1

auch hier die Investitionen erwartungsgemäß zurück. Allerdings ist die Pflegewirtschaft von diesem Rück0,5

gang sehr viel weniger betroffen als andere Immobilienklassen. Der Grund für das massive Engagement ins-

0

2005

2006

2007

Investitionen Institutioneller Investoren (Mrd. ¤)

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2008e

besondere ausländischer institutioneller Investoren war weniger bei der Pflegewirtschaft selbst, sondern vielmehr bei der übermäßigen Liquidität der Finanzmärkte in diesen Jahren zu finden. Die Liquidität hat dafür gesorgt, dass in den primären Immobilienklassen (Wohnungsbau, Bürobau, Einzelhandel) die Renditen

durch massive Kapitalflüsse sehr gering wurden, so dass die sekundären Immobilienklassen, wie beispielsweise Hotels, Logistikimmobilien oder Pflegeimmobilien, an Attraktivität gewannen, da hier die Renditen deutlich höher waren. Nachdem die Kapitalflüsse auch in den sekundären Immobilienklassen – außer in der Pflegewirtschaft – deutlich sanken, sah man die Chance, die Durchschnittsrendite durch Beimischung von Pflegeobjekten in ein Immobilien-Portfolio anzuheben. Für institutionelle Investoren war und ist eine Investition in die Pflegewirtschaft stets ein Investment, das, im Vergleich mit anderen Immobilien, höhere Renditen erzielen muss. DIENSTLEISTUNG IM VORDERGRUND WOHNEN IM VORDERGRUND Wachsende Regulierung und Abhängigkeit vom Staat Seniorengerechtes Wohnen

Betreutes Wohnen

Seniorenresidenzen

Pflegeheime

Bei jeder Immobilie der Pflegewirtschaft handelt es sich um ein Investmentprodukt, das aus zwei „Schichten“ besteht. Deren Gewichtung bestimmt maßgeblich das Risiko und die Gesamteinschätzung des Objekts, inklusive der Renditeerwartungen des Investors. An dem einen Ende des Spektrums sind Objekte anzusiedeln, bei denen die Immobilie der entscheidende Teil des Produkts ist. Dazu gehören zum Beispiel Objekte des seniorengerechten Wohnungsbaus. Es handelt sich im Wesentlichen um Immobilien des klassischen Wohnungsbaus, die um funktionale Aufrüstungen speziell für Senioren (DIN Norm 18025) erweitert sind. Üblicherweise werden keine oder kaum Dienstleistungen angeboten. Die höheren Kosten resultieren aus der Anforderung der DIN Norm, die sich in etwa 10 bis 15 Prozent höheren Mieten niederschlägt. Am entgegengesetzten Ende des Spektrums ist die klassische, vollstationäre Pflegeeinrichtung angesiedelt, bei der die Immobilie lediglich einen der „Hygienefaktoren“ darstellt. Obgleich die Immobilie eine große Bedeutung für das Produkt hat, ist sein maßgeblicher Teil doch die Dienstleistung und somit das Betriebskonzept. Je größer die Rolle der Dienstleistungen ist, desto mehr kommt es auf die „weichen“ Faktoren an, auf Betreiber und Konzept. In der Mitte dieser Typologie gibt es noch andere Formen, wie Betreutes Wohnen oder Residenzen, deren Wertschöpfung aus Immobilie und Dienstleistung unterschiedlich gewichtet ist. In der Regel gilt: Je stärker die Dienstleistung im Vordergrund steht, desto betagter ist in der Regel der Kunde, also der Bewohner, und desto abhängiger ist er von diesen Dienstleistungen. Wegen der damit verbundenen Schutzbedürftigkeit des Bewohners nimmt die gesetzliche Regulierung durch staatliche Stellen hier wiederum zu. Die Pflegeversicherung trägt in großem Maße die finanziellen Aufwendungen für die Unterbringung und Pflege. Die Regulierung durch den Staat und die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Staat sind beachtlich. Seit Einführung der Pflegeversicherung in Deutschland bildet interessanterweise gerade die vollstationäre­ Pflegeeinrichtung mit ihrer hohen Abhängigkeit von der staatlichen Alimentierung den Schwerpunkt der Investitionstätigkeit von institutionellen Kapitalanlegern. Man kann sogar sagen, dass in den letzten Jahren die Tendenz der Investoren zur vollstationären Pflege noch zugenommen hat. Dafür gibt es verschiedene Gründe, die auch unterschiedliche Einschätzungen von institutionellen Investoren aus dem In- und Ausland reflektieren. Grundsätzlich trifft man auf die Einschätzung, dass diese Immobilienklasse durch die staatliche Förderung auf robusteren Füßen steht als andere Objekte der Seniorenwirtschaft, die nicht staatlich alimentiert sind. Viele Investoren meinen außerdem, dass die demografische Entwicklung in erster Linie einen höheren Bedarf an vollstationären Pflegeeinrichtungen bewirkt. Diese Einschätzungen sind durchaus umstritten, doch die Vorzüge von vollstationären Pflegeeinrichtungen (demografischer Faktor, staatliche Alimentierung, hohe Rendite) sind einfach zu erklären und institutionelle Investoren lassen sich gerne damit locken. Wenig Inte-

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Betreiber, Träger, Bauherren

resse fanden in der Vergangenheit dagegen Einrichtungen des seniorengerechten Wohnens, Objekte des betreuten Wohnens sowie Hausgemeinschaften. Aus Sicht der institutionellen Investoren bringt die Pflegeimmobilie folgende Risiken mit sich: 1. Fungibilität, das heißt geringe oder kaum vorhandene Möglichkeiten der Drittverwertung. 2. Eingeschränkte Transparenz der Betreibergesellschaften. 3. Unterschiedliche Nutzungskonzepte. 4. Wenige unabhängige Fachberater (oft betätigen sich Makler als „unabhängige“ Berater mit entsprechenden Interessenkonflikten). Doch trotz der angeführten Risikofaktoren haben sich die Investitionen in den letzten Jahren spektakulär entwickelt. Wie bereits erwähnt, ist für den institutionellen Investor eine angemessene Rendite bei einem möglichst transparenten Risiko wichtig. Daher spielen folgende Eckpunkte einer Pflegeimmobilie eine entscheidende Rolle bei der Investitionsentscheidung. 1. Standort Nach einigen Versuchen in den 1990er Jahren, Pflegeimmobilien „auf der grünen Wiese“ zu realisieren, hat man erkannt, dass isolierte Häuser selten erfolgreich sind. Ob der geeignete Standort eher zentral, an der Peripherie oder eingebettet in ein Wohngebiet liegt, hängt unter anderem davon ab, welches Klientel angesprochen wird. Einrichtungen des seniorengerechten Wohnens oder des Betreuten Wohnens, deren Kunden (Bewohner) noch rüstig und teilweise aktiv sind, müssen ein größeres Freizeitprogramm anbieten als vollstationäre Pflegeeinrichtungen, deren Bewohner in den meisten Fällen kaum mobil sind. In vollstationären Pflegeeinrichtungen ist eher die Nähe zu den Angehörigen bedeutsam, so dass sich die Ansiedlung in Wohngebieten eher anbietet. Anbindungsmöglichkeiten zu anderen Versorgern im Gesundheitswesen, wie Krankenhäuser, Rehabilitationskliniken oder medizinische Versorgungszentren, sind von Vorteil. Der Bedarf am geplanten Standort muss unbedingt realistisch eingeschätzt werden. Hier hat sich in den letzten Jahren einiges verändert. Bis 2005 gingen institutionelle Investoren davon aus, dass der vorhandene Nettobedarf die wichtigste Kennzahl bei der Auswahl des Makrostandortes ist. Inzwischen setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass auch ein Verdrängungswettbewerb Erfolg versprechend sein kann. 2. Der Betreiber Die Betreiberlandschaft in Deutschland ist sehr stark fragmentiert. Marktführer sind frei-gemeinnützige Organisationen, die insgesamt circa 55 Prozent ausmachen, während private Betreiber einen Marktanteil von 37 Prozent haben, mit zunehmender Tendenz. Den Rest des Marktes teilen sich kommunale Betreiber, die zunehmend vom Markt verdrängt werden. Diese Fragmentierung auf Betreiberebene führt dazu, dass kaum ein Betreiber in der Lage ist, eine entsprechend hohe Ausfallssicherheit durch seine Bonität beziehungsweise durch seine unternehmerische Größe zu leisten. Ein Investor muss sich mit der betrieblichen Kompetenz des Betreibers auseinandersetzen und dessen Professionalität beurteilen. Hier spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, wie Qualität des Managements, lokale Anbindung an den Markt, besondere Stärken, Umsetzung eines schlüssigen Betreiberkonzepts sowie Erfahrungswerte aus der Vergangenheit („Track Record“). 3. Der Mietvertrag Der Mietvertrag ist gewissermaßen die Klammer um Immobilie und Betreiber. Er muss für eine klare und transparente Verteilung von Rechten und Pflichten für beide Parteien sorgen. Der Mietvertrag muss außerdem berücksichtigen, dass bei einer Betreiberimmobilie ein wesentlicher Wert der Immobilie in deren Betrieb liegt. Angesichts der hohen Fragmentierung der Betreiberlandschaft muss der Mietvertrag auch einen möglichen Betreiberausfall berücksichtigen und Vorkehrungen treffen, damit durch den Ausfall die Werthaltigkeit der Immobilie möglichst wenig oder gar nicht tangiert wird. Auch dem Sicherheitsbedürfnis des Investors muss hier Rechnung getragen werden.

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Die Immobilienpräferenzen der institutionellen Anleger folgen zurzeit dem Trend zu kleineren Einrichtungen, mit einer Mindestgröße von 60 bis 80 Betten. Größere Einrichtungen mit mehr als 150 Betten haben als Investitionsobjekt in den letzten Jahren deutlich an Attraktivität verloren. Die Investoren legen in der Regel Wert auf einen möglichst hohen Einzelzimmeranteil, wobei die Untergrenze bei 60 Prozent liegt. Auch die Flächen sollten nicht zu knapp bemessen sein. Hier liegt die durchschnittliche Erwartung bei mindestens 40 Quadratmetern Nettogeschossfläche pro Wohneinheit. Hinsichtlich eines Betreiberausfalls ist in den letzten zwei Jahren ebenfalls eine entsprechende Änderung zu beobachten. Von 1996 bis 2005 bevorzugten institutionelle Kapitalanleger eindeutig die wenigen größeren Betreiber. Heute ist die Bereitschaft erkennbar, auch mit kleineren Betreibern, die drei bis fünf Häuser unterhalten, zusammenzuarbeiten. Grund dafür ist, dass der „Seltenheitswert“ größerer Betreiber oft durch schmerzliche Abschläge bei der Rendite und schlechtere Mietvertragsbedingungen teuer erkauft wird. Mit kleineren Betreibern können sowohl eine höhere Rendite, als auch bessere mietvertragliche Bedingungen vereinbart werden. So können aus Sicht der meisten Investoren die Nachteile eines möglichen Betreiberausfalls ausgeglichen werden. 4. Entwicklung der Renditen Nach Einführung der Pflegeversicherung in Deutschland zum Januar 1995 bis Ende 2004 waren die Renditen im Bereich der Pflegeimmobilien erstaunlich homogen und robust. Die durchschnittliche Rendite lag in diesen Jahren bei etwa 8 Prozent, bei einem „Dach und Fach“-Vertrag, der den Vermieter von Kostenübernahmen bezüglich der Instandhaltung und -setzung an Dach und Fach freistellt. Durch den massiven Kapitalfluss hat sich diese Situation ab Ende 2005 schlagartig geändert. Fast über Nacht sanken die Renditen auf 6 bis 7 Prozent, und zwar weitgehend unabhängig von der Qualität der Pflegeimmobilie. Ab Mitte 2007 war hier eine allmähliche Korrektur zu sehen, im Herbst 2008 lagen die Renditen durchschnittlich bei 7,5 Prozent. Aus Sicht der Verkäufer von solchen Objekten ist dabei problematisch, dass die erzielbare Rendite hinsichtlich der Qualität nicht differenziert wird. Nach unseren Kalkulationen beträgt der Renditeunterschied zwischen einem guten und einem schlechten Objekt am Markt meistens nicht mehr als 0,75 Prozent, ein Wert, der im Vergleich zu allen anderen Immobilienklassen außerordentlich gering ist (im Wohnungsbau gibt es Differenzen von 4 bis 5 Prozent). Grund für die mangelnde Unterscheidung im Renditebereich ist die relativ homogene Auffassung der Investoren von der Pflegeimmobilie sowie die mangelnde Akzeptanz einer niedrigen Rendite, da das Engagement in diesem Bereich stets als risikoreich angesehen wird. Ausblick Die Professionalisierung bei Investitionen in Pflegeimmobilien hat zu deutlichen Kapitalflüssen geführt, gleichzeitig aber den Pflegemarkt von den allgemeinen Zyklen am Finanzmarkt abhängig gemacht. Dies wurde in Deutschland seit dem dritten Quartal 2007 immer deutlicher. Die neuen Eckdaten der Pflegeversicherung (Pflegeweiterentwicklungsgesetz) haben bis jetzt die Disposition von Investoren kaum verändert. Vielmehr führt die zunehmende Investitionstätigkeit im Pflegemarkt an vielen Standorten zu einem Verdrängungswettbewerb, wodurch sich die Ausfallrisiken deutlich erhöhen. Der Investor muss sich immer mehr mit dem Kerngeschäft des Betreibers auseinandersetzen; das Investitionsprodukt als solches verkompliziert sich zunehmend. Die künftige Investitionstätigkeit wird auch davon abhängen, wie sich die Renditen in alternativen Immobilienklassen entwickeln, die für die meisten Investoren zugänglicher sind als die Pflegeimmobilien. Daher ist in diesem Investitionsbereich eine entsprechend hohe Volatilität zu erwarten. Die Zurückhaltung der Investoren bei seniorengerechtem und Betreutem Wohnen könnte sich auflösen, sobald für das Investment geeignete Produkte auf dem Markt erscheinen. Voraussetzung dafür ist, dass diese Produkte werthaltig werden und dies auch für den Investor ohne viel Analyseaufwand nachvollziehbar ist, was derzeit leider nicht der Fall ist. Durch die angestrebte „Ambulantisierung“ der Pflegelandschaft wird sicherlich der Bedarf bei diesen Produkten sprunghaft ansteigen und auch für Investoren eine Chance darstellen. Es liegt allerdings an den Projektentwicklern und Betreibern, hieraus Anlageprodukte zu konfektionieren, die sich an den Bedürfnissen der Investoren orientieren.

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BERNHARD HEIMING

Projektsteuerung und Kostenmanagement bei Seniorenimmobilien Seniorenimmobilien sind für die Immobilienwirtschaft längst kein Nischensegment mehr. Im Jahr 2020 werden rund 25 Prozent der Deutschen älter als 65 Jahre sein. Die potenziellen Interessenten für altersgerechte Wohnformen nehmen zu und bilden eine Kundengruppe, auf deren individuelle Bedürfnisse sich die Immobilienbranche in den nächsten Jahren zwingend einstellen muss. Dieser Trend hat bereits vor drei bis vier Jahren mit einer deutlichen Zunahme von Pflegeheim-Projekten begonnen und erweitert sich derzeit auf differenziertere seniorengerechte Wohnformen. In den letzten Jahren wird zunehmend deutlich, dass sich der Beginn der Tätigkeit des Projektsteuerers in einem Bauvorhaben immer weiter nach vorne verschiebt. Den klassischen Bauherrn gibt es vielfach nicht mehr, an seine Stelle tritt immer häufiger ein Zusammenschluss von Finanzinvestor und Projektentwickler. Bei Seniorenimmobilien kommt meistens schon in der Initialphase der Betreiber dazu, der zwar nicht unmittelbar in der Bauherrenfunktion steht, jedoch in erheblichem Maß planerische und bauliche Vorgaben definiert. Gerade diese Konstellation macht es unabdingbar, dass bereits vor einer grundsätzlichen Projektentscheidung professionelle Aussagen zu Kosten, Terminplanung und erkennbaren Risiken getroffen werden, um die Basis des Zusammenwirkens zwischen Investor und Entwickler und in diesem Sonderfall auch dem Betreiber überhaupt erst zu schaffen. Diese Initialtätigkeit des Projektsteuerers wird zwar in vielen Fällen zunächst ohne Vergütung erbracht, sozusagen als Akquisitionsleistung, sie bedarf jedoch dennoch einer hohen Sorgfalt, da bei einem Zustandekommen des Projekts die in der Vorphase ermittelten Parameter meist nahezu unverrückbar festgelegt sind. Der aktive Projektmanager In der Vergangenheit wurden Projektsteuerer vielfach als „Baubuchhalter“ und „Protokollschreiber“ gesehen, wobei die HOAI §31 mit ihren stark vereinfachenden, formalisierenden Definitionen dies noch unterstützt hat. Moderne Projektsteuerung ist dagegen eine aktive Managementaufgabe mit dem Projektsteuerer an der Schnittstelle zwischen Investor, Entwickler, Planungsteam, Bauunternehmer und Nutzer. Die im Folgenden genannten Aspekte gelten allgemein und sind keine Besonderheit für das Projektmanagement bei Seniorenimmobilien; sie sind jedoch für das Gesamtverständnis wichtig. Eine der umfangreichsten Aufgaben des Projektsteuerers ist das Kostenmanagement, dem eine besondere Bedeutung zukommt, zumal die Auswirkungen aus den Leistungsbereichen Termine und Qualitäten letztendlich auch wieder Kostenfolgen nach sich ziehen. Das Kostenmanagement teilt sich auf in drei Bereiche: • Kostenplanung: Festlegen des Budgets auf Basis von Kostenschätzungen. • Kostenkontrolle: Prüfen der Einhaltung des Budgets im Lauf der weiteren Planung und bei der Vergabe. • Kostensteuerung: Erkennen und Bewerten von Kostenrisiken, Eingreifen bei drohenden Kostenüberschreitungen und Veranlassen von Anpassungsmaßnahmen.

Kosten Baubeginn

Fertigstellung

Kostenverlauf

Kostenbeeinflussbarkeit Kosten und deren Beeinflussbarkeit im Laufe eines Bauprojekts

Lph 1 - 3

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Lph 4 - 7

Lph 8

Lph 9

Sunrise Reinbek, April 2004; das Einsetzen von Fertigbädern

Wie das Diagramm zeigt, nimmt die Möglichkeit Kosten zu beeinflussen, im Laufe des Projekts stark ab, so dass dem Kostenmanagement in den frühen Phasen eine große Bedeutung zukommt. Daher gilt es, frühzeitig Risiken zu erkennen, die die Kosten beeinflussen werden, und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um zu einer gesicherten Kalkulation zu gelangen. Zu den klassischen Risiken zählen zum Beispiel: Termine: Die Nichteinhaltung des Terminplans führt zu hohen zusätzlichen Kosten und gefährdet die Budgetierung. Dieses Risiko kann reduziert werden durch: • Professionelle Projektkoordination, klare Aufbau- und Ablauforganisation und Auswahl erfahrener Projektpartner. • Regelmäßige Kommunikation mit allen Projektbeteiligten. Genehmigungsauflagen erfordern: • Frühzeitige Kommunikation mit allen wesentlichen Behörden, die bei der Genehmigung mitwirken. • Rechtzeitiges Herausarbeiten aller Punkte, die Abweichungen vom Bauordnungsrecht darstellen und einer besonderen Zustimmung oder Genehmigung bedürfen, und gegebenenfalls Absichern durch einen Bauvorbescheid. Baukostensteigerungen: Eine Umgehung dieses Risikos ist kaum möglich, kann allerdings reduziert werden durch: • Ausschreiben wesentlicher Gewerke vor Baubeginn. Allein Rohbau, Fassade und Haustechnik decken bei vielen Projekten bereits 65 – 70 Prozent der gesamten Baukosten ab. • Abfragen von Richtpreisen bereits während der Planung bei besonderen Materialien und Bauverfahren, für die keine hinreichenden Erfahrungswerte vorliegen. • Vornehmen von alternativen Materialfestlegungen oder Planungsanpassungen. Unternehmerrisiken: Es besteht vor allem das Problem der Leistungsfähigkeit sowie das Insolvenzrisiko, denen man begegnen muss durch: • Einholen von Informationen zu Größe, Mitarbeiterzahl, Referenzprojekten des anbietenden Unternehmers einschließlich Rücksprache mit anderen Bauherrn des Unternehmers. • Beschaffen von wirtschaftlichen Daten zu den anbietenden Unternehmen, wie Rechtsform, Jahresumsätze, Kapital, Beteiligungen und Bilanzen. Bei größeren Auftragsvolumina sollte anhand der ermittelten DaSunrise Villa Camphausen, Bonn; rückwärtiger Anbau

ten ein „Unternehmerrating“ durchgeführt werden.

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Projektsteuerung und Kostenmanagement

Über die vorgenannten allgemeinen Risiken hinaus kann es bei Projekten spezielle Gefahren geben, die man rechtzeitig erkennen sollte, da hier oft Kosten lauern, die ansonsten gar nicht bedacht sind. Dazu zählen zum Beispiel: Baugrundrisiko: Durch Recherche ist festzustellen, ob eine Bodenverunreinigung vorliegen könnte (Vornutzung) oder eventuell mit Munitionsfunden oder Bodendenkmälern zu rechnen ist. Ein Gutachten zur Tragfähigkeit des Baugrunds sollte auf jeden Fall immer gemacht werden, einschließlich der Feststellung des Grundwasserspiegels. Ver- und Entsorgung des Grundstücks: In manchen Fällen kann ein Anschluss an Ver- und Entsorgungseinrichtungen nicht oder nur mit erhöhtem Aufwand sichergestellt werden. Die Regenwasserentsorgung in einen Kanal kann ausgeschlossen sein, so dass Versickerungsanlagen gebaut werden müssen. Der Wasserversorgungsdruck kann zu niedrig sein, so dass eine Druckerhöhungsanlage berücksichtigt werden muss. Residenz HavelGarten, Berlin-Spandau; Luftaufnahme

Bei der Elektroversorgung könnte ein Transformator erforderlich werden. Nachbarschaft: In einer Reihe von Fällen sind Zustimmungen von Nachbarn erforderlich, ohne die eine Genehmigung nicht wirksam werden kann oder nicht gebaut werden darf. Als Beispiele seien genannt: eine Überschreitung von Abstandsflächen oder eine Rückverankerung von Baugrubensicherungen unterhalb des Nachbargrundstücks. Frühzeitig lässt sich hier viel besser eine Einigung erzielen als unter dem Druck des schon nahen Baubeginns. Für den Investor beziehungsweise den Bauherrn ist es entscheidend, dass ihm der Projektsteuerer in regelmäßigen Abständen eine verständliche, auf die wesentlichen Fakten und Daten beschränkte Übersicht als Report über sein Projekt gibt. Dazu gehört eine sinnvolle Komprimierung der Daten, damit auf einen Blick die entscheidenden Punkte erfassbar sind. Eine Budgetübersicht ist dabei genauso unverzichtbar wie ein Risiko-Register und ein Terminabweichungsdiagramm. Alle Details, die der Bauherr für seine Entscheidungen sowie für seine weitergehenden Verpflichtungen gegenüber Banken, Partnern, Aufsichtsgremien und so weiter benötigt, sollten daraus hervorgehen. Spezifische Anforderungen bei Seniorenimmobilien Für das „Wohnen im Alter“ kommt eine Reihe zusätzlicher Faktoren ins Spiel, die vielfach nur beherrscht werden können, wenn ein Projektsteuerer mit umfangreicher Erfahrung auf diesem Gebiet eingeschaltet wird. Barrierefreiheit: Im Vergleich zum normalen Wohnungsbau entstehen höhere Kosten durch: • Größere Bäder (Bewegungsflächen nach DIN) mit bodengleicher Dusche und zusätzlichen Haltegriffen. • Handläufe in öffentlichen Bereichen, Fluren und so weiter, Türantriebe an Hauseingangstüren. • Größere Aufzüge. • Schwellenfreie Übergänge zu Balkonen und Terrassen. • Oftmals größere Balkone (Bewegungsflächen). • Eventuelle Notrufanlagen. • Höhere Rutschfestigkeitsklassen bei Belägen. Heimrecht: Wenn eine Seniorenimmobilie dem Heimrecht unterliegt, in diesem Sinn damit ein Heim ist, unterscheidet sie sich fundamental von Wohnformen außerhalb der heimrechtlichen Regelungen. Heime haben zum Beispiel umfangreiche Vorgaben zu Fachpersonal, räumlicher Ausstattung, technischer Ausstattung, Hygiene und organisatorischen Strukturen. Sie sind echte Betreiberimmobilien und unterliegen der permanenten Überwachung der Heimaufsichtsbehörde. Die Planung eines Pflegeheims ist intensiv mit den zuständigen Behörden abzustimmen, da, unabhängig von der bauaufsichtlichen Abnahme, mit Fertigstellung eine Zulassung für den Betrieb zu erwirken ist. Diese Form wird man also nur wählen, wenn eine entsprechende pflegerische Betreuung und Versorgung auch vorgesehen ist. Genau an dieser Stelle jedoch besteht ein erhebliches Risiko bei Projekten des Betreuten Wohnens. Nachdem durch die Föderalismus-

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Sunrise Villa Camphausen, Bonn; straßenseitige Fassade im Abendlicht

reform 2006 das Heimrecht auf die Länder übergegangen ist, gelten in allen Bundesländern künftig eigene heimrechtliche Regelungen. Die Abgrenzung, ab wann ein Projekt dem Heimrecht unterliegt, ist völlig unterschiedlich. In manchen Fällen gibt schon das Maß an Serviceleistungen oder deren Art den Ausschlag, ob das Heimgesetz greift, selbst wenn es sich nicht um pflegerische Leistungen handelt. Es ist auf jeden Fall genau zu prüfen und gegebenenfalls mit der Heimaufsichtsbehörde abzustimmen, ob ein Projekt des Betreuten Wohnens tatsächlich auch dauerhaft außerhalb des Heimrechts liegt, da es ansonsten für den geplanten Zweck nicht nutzbar sein könnte und damit die gesamte Investition gefährdet wäre. Brandschutz: Für Pflegeheime gelten spezielle Anforderungen an den Brandschutz. Man ist zwar vor einigen Jahren bereits davon abgerückt, hier die Krankenhausrichtlinien anzuwenden, jedoch geben nach wie vor bestimmte Evakuierungsszenarien in Verbindung mit Meldesystemen und Ähnlichem den Ausschlag für die erforderlichen Brandschutzmaßnahmen. Da keine einheitlichen Vorschriften und Regelungen bestehen, wird dies im Einzelfall bei jedem Projekt abzustimmen sein. Häufig besteht ein Konflikt zwischen modernem Heimkonzept mit möglichst offenen Gemeinschaftsbereichen und den Idealvorstellungen des Brandschutzes, den es zu lösen gilt. Beim Betreuten Wohnen handelt es sich in Bezug auf den Brandschutz um ein Wohnen im klassischen Sinn, so dass im Wesentlichen die dort üblichen Anforderungen zum Tragen kommen. Besonders in gemeinschaftlichen Wohnformen (WGs) werden oft höhere Anforderungen gestellt als in normalen Wohnungen, so sind zum Beispiel Brandmeldeanlagen oder Klassifizierungen bei den Wänden und Türen zu den einzelnen Bewohnerzimmern gefordert. Klare Regelungen dazu gibt es meist nicht, so dass auch hier eine rechtzeitige Abstimmung mit dem vorbeugenden Brandschutz erforderlich ist, um geordnet planen zu können. Stellplatzregelungen: Da für Seniorenwohnungen meistens ein deutlich geringerer Schlüssel angesetzt werden kann, ist es möglich, durch weniger Stellplätze Einsparungen zur Deckung anderweitiger höherer Aufwendungen zu erzielen. Früh erkennen heißt rechtzeitig ausweichen Abschließend bleibt festzuhalten, dass Projektsteuerung nicht nur die Projekt begleitende Organisation von Abläufen und das Festhalten und Dokumentieren von Ergebnissen, sondern insbesondere auch das frühzeitige Erkennen von allgemeinen und speziellen Risiken ist. Verbunden damit ist das schnelle Veranlassen von klärenden Schritten und eine rechtzeitige Darlegung der Auswirkungen insbesondere in finanzieller Hinsicht. Je frühzeitiger diese bekannt sind, um so effizienter kann gegengesteuert und angepasst werden. Der Bauherr muss rechtzeitig in die Lage versetzt werden, konkrete und fundierte Entscheidungen zu treffen, auch wenn dies im Einzelfall sogar den Abbruch des Projekts bedeuten kann. Im Regelfall bedeutet es planerische, bauliche oder terminliche Justierung, um innerhalb der Rahmenbedingungen des Projekts zu bleiben. In jedem Fall gilt: je eher desto besser.

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HELMUT BRAUN

Qualitätsmanagement und Zufriedenheitsstudien Der Bewohner im Mittelpunkt Noch in den 1970er Jahren dominierte in der stationären Altenhilfe das so genannte Drei-Stufen-Heim. Diese damals als modern empfundene Konzeption – Altenwohnheim – Altenheim – Pflegeheim – forderte vom Bewohner einen Umzug je nach Gesundheitszustand, Hilfe- und Pflegebedarf. Der schon früher sozialpolitisch geforderte Grundsatz, den Verbleib in den eigenen vier Wänden nach Möglichkeit zu gewährleisten, wurde auf diese Weise doppelt konterkariert. Bereits sehr früh zeigten Altenwohnstifte, die in der Regel durch bürgerschaftliches Engagement initiiert wurden, in ihrer baulichen und inhaltlichen Konzeption den Einrichtungen der traditionellen stationären Altenhilfe einen Weg in die Zukunft. Statt Zimmer mit Waschbecken gab es dort bereits Apartments mit Bad, Wohn-Schlafzimmer, Küche und Keller. Unterstützung, Hilfe und Pflege wurden dort geleistet, wo der ältere Mensch wohnte. Zwar wurde nach wie vor die Trennung von Wohn- und Pflegebereich aufrecht erhalten, aber für die Betroffenen bot sich nun eine selbst zu wählende Alternative der Versorgung bei sehr hohem Pflegebedarf. Fortschrittliche Wohnkonzepte für ältere Menschen mit und ohne Pflege- und Betreuungsbedarf durchbrechen schon lange die Abgrenzung zwischen ambulantem und stationärem Bereich, indem sie Wohnungen mit Service und verlässlicher Pflege anbieten. Befragt man die Bewohner und Anwärter von Altenwohnstiften, so wird deutlich, dass bei über 89 Prozent gerade die Möglichkeit, bei hoher Pflegebedürftigkeit weiter in seinem Apartment im Wohnstift zu bleiben und dort gepflegt zu werden, ein entscheidender Grund für die Wahl einer Wohnform im Alter ist.1 Der demografische Strukturwandel hat den Markt „Wohnen im Alter“ konzeptionell, von den Bedürfnissen wie von den Bauten her gesehen mit drei entscheidenden Merkmalen beeinflusst: • Hochaltrigkeit • mehr ältere Frauen • mehr ältere Alleinlebende Bei den Hochaltrigen kommen negative Begleiterscheinungen des Alterungsprozesses wie Vereinsamung, Krankheitsanfälligkeit oder Pflegebedürftigkeit wesentlich häufiger vor als bei jüngeren Alten. Mit der steigenden Zahl der über 80-jährigen wachsen deshalb auch die Anforderungen an Wohnformen und Dienst-

Ausstattung Alle Befragungen zeigen zudem, dass die Normalität im Mittelpunkt der Wohnwünsche steht, auch wenn man in einer Wohn- oder Pflegeeinrichtung für ältere Menschen lebt. Dies heißt: Für die Wohnausstattung: • Eigene Türklingel • Eigener Briefkasten • Abstellraum • Anwendung altengerechter DIN-Normen • Altengerechtes Bad • Notrufanlage • Eigene Küche • Besondere sicherheitstechnische Ausstattung Für das Gebäude: • Garten, Park • Gemeinschaftsraum • Wasch- und Trockenräume • Kleine Gruppenräume • Restaurant/Speisesaal • Gymnastik-, Fitnessraum • Möglicherweise Schwimmbad • Möglicherweise Wellnessbereich Es wird deutlich, dass 1-Zimmer-Wohnungen kaum mehr nachgefragt sind, sondern mindestens die 1,5-Zimmer-Wohnung; bevorzugt wird jedoch die 2-Zimmer-Wohnung.

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leistungen für ältere Menschen. Der Anteil älterer Frauen im Vergleich zu den Männern in Wohn- und Pflegeeinrichtungen liegt derzeit bei etwa 80 Prozent. Planungen müssen derartige strukturelle demografische Entwicklungen berücksichtigen. Bevorzugte Wohnformen Das Ergebnis aller Befragungen, wie und wo man im Alter wohnen möchte, zeigt immer die normale, anvertraute Wohnung an erster Stelle. Das Service- oder Betreute Wohnen nimmt die nächste Stelle ein, danach kommt erst die Wohnungsanpassung. Spezielle Wohnformen wie die Seniorenresidenz haben einen geringeren Stellenwert. Auch eine Wohnung im Haus der Kinder liegt nicht auf den vorderen Rängen. Kollektive Wohnformen wie Haus- oder Wohnungsgemeinschaften kommen erst allmählich in die Diskussion. Das klassische Alten- und Altenwohnheim wird kaum mehr akzeptiert. Wenn daher die eigene, vertraute Wohnung am ehesten den Wunsch älterer Menschen für das Wohnen im Alter verkörpert, so muss diese auch Maßstab für alle Wohn- und Sonderwohnformen im Alter sein. Qualitative Merkmale Wichtigster Grund für den Einzug von Bewohnern ist die Sicherheit, das heißt in der Regel die Absicherung bei Betreuungs- und Pflegebedürftigkeit, aber auch die äußere Sicherheit. Weiter möchte man seine Selbstständigkeit und Unabhängigkeit bewahren, eine schöne Umgebung haben, alltägliche Belastungen vermeiden, soziale Kontakte, Kommunikation und Gesundheitsangebote wahrnehmen, gutes Essen genießen und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bei Service- und Dienstleistungen garantiert bekommen.

Serviceleistungen Welches Paket an Dienst- und Serviceleistungen sollte wählbar sein? • Beratungs- und Umzugsplanung • Tag und Nacht besetzte Rezeption • Qualifizierte Mitarbeiter auf den Etagen und in der Verwaltung • Sicherheitskonzepte • Mittagsmenü oder Abendessen • Wöchentliche Unterhaltsreinigung der Wohnung • Notruf, mit dem Tag und Nacht Mitarbeiter des Hauses erreicht werden können • Serviceparken • Kulturelle Angebote und Freizeitgestaltung • Vermittlung hochwertiger Dienstleistungen • Betreuung bei akuter Erkrankung • Zusätzliche hauswirtschaftliche Leistungen • Hausmeisterleistungen

Pflege Ambulante Dienste müssen verlässliche Hilfe und Pflege in den Wohnungen anbieten. Auch mit Pflegestufe III können Bewohner in der eigenen Wohnung gepflegt werden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass dies bei guter Planung und Organisation möglich ist, ein Umzug in eine stationäre Pflegeeinrichtung also nur auf Wunsch des betroffenen Bewohners organisiert wird. Für Bewohner, die psychischen Betreuungsbedarf aufweisen, sollte es in der Einrichtung eine Form der Tagesbetreuung geben, in der qualifizierte Mitarbeiter Betreuung und Pflege leisten. Wohnen und Pflege schließen einander nicht aus, die Grenzen zwischen ambulant und stationär verwischen. Zunehmend werden individueller Service und persönliche Wahlfreiheit gewährleistet. In allen Wohnformen im Alter, vom Privathaushalt bis zur stationären Alteneinrichtung, kann und muss diese Form der neuen Flexibilität auf unterschiedlichem Niveau geleistet werden. Die strikte Trennung zwischen Wohnen und Pflege muss immer mehr flexiblen Formen des Wohnens und der Pflege weichen. Dass dies möglich ist, beweisen die Altenwohnstifte, die auch in dieser Hinsicht eine Vorreiterrolle spielen werden. Ausblick Drei Marktsegmente werden in naher und weiterer Zukunft das Wohnen im Alter bestimmen: • Privathaushalte, die durch ambulante Leistungen gestützt werden (können). • Der stationäre Pflegebereich, dessen Leistungen und Standards in der Regel durch Kostenträger (Pflegekassen, Sozialhilfeträger) bestimmt werden, der aber auch konzeptionell und qualitativ weiter entwickelt werden muss. • Ein breites Spektrum an Wohnformen mit der Option, Dienstleistungen in Auftrag zu geben und zu beziehen. Mieter und Bewohner aller drei Segmente verbindet eines: Sie wollen in Sicherheit, individuell, selbstständig und selbstbestimmt leben, auch im Falle von Betreuungs- und Pflegebedürftigkeit. Dies fordert von allen Beteiligten, wie Architekten, Dienstleistern, Trägern, Wohnungswirtschaft, aber auch den politischen Entscheidungsebenen vernetzte Konzepte, deren Leitbild die Wünsche und Bedürfnisse der Betroffenen sein müssen. Dass bauliche und betriebliche Konzepte, die dies nicht berücksichtigen, scheitern, haben einige Fehlplanungen der Vergangenheit bereits deutlich gezeigt. Zufriedenheit herrscht nur da, wo die Bedürfnisse und Wünsche der diskutierten Zielgruppe in der Planung und in der Konzeption umgesetzt werden. Es rückt heute eine Generation der Alten nach, die es gewohnt ist, ihre Bedürfnisse klar und deutlich zu artikulieren und die damit klare Forderungen an Wohn- und Pflegeeinrichtungen stellt. Dies wird schneller, als manchem lieb ist, die „Spreu vom Weizen“ trennen, und zwar sowohl im Bestand als auch bei neuen Projekten. Alle am Planungs- und Konzeptionsprozess Beteiligten müssen sich ganz klar vor Augen halten: Alles was wir heute bauen, bauen wir für uns selbst.

Anmerkung 1 Zum Vergleich mit den USA siehe eine Studie über die Nutzerzufriedenheit in circa 40 Wohneinrichtungen, die im Design for Aging Review des American Institute of Architects (AIA) publiziert worden ist: American Institute of Architects Design for Aging Center, Design for Aging Post-Occupancy Evaluations (Wiley Series in Healthcare and Senior Living Design), Hoboken: Wiley, 2007.

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Neben den im ersten Teil dargelegten sozio-demografischen, kulturellen und organisatorischen Veränderungen im Bereich des Wohnens im Alter hat sich gerade in den letzten zehn Jahren auch das inhaltliche Angebot erweitert und aufgefächert. Noch nie in der Geschichte war es Menschen in großer Zahl möglich, mit ihrem Renteneintritt noch einmal eine Zeitspanne von rund 15 bis 30 Jahren selbstbestimmt zu gestalten – die Zeitspanne einer ganzen Generation. Gerade auch im Alter zeigt sich die zunehmende Individualisierung der Lebensstile. Sowohl die Pflege- als auch die Wohnungswirtschaft erkennen das Wohnen im Alter mehr und mehr als ernst zu nehmendes Marktsegment, sie sehen den wachsenden Bedarf an Vielfalt und entwickeln ganz unterschiedliche Betreiberkonzepte. Dabei bewegen sich Wohn- und Pflegekonzepte von beiden Seiten in Form verschiedenster Nutzungsmischungen aufeinander zu. Die im Folgenden thematisch gegliederten Projektgruppen zeigen jeweils wiederum Spielarten dieser Durchmischungstendenzen. Für uns lassen sich sechs Themenbereiche erkennen, die jeweils gestalterisch und formal besondere Anforderungen stellen, die aber auch Querbezüge aufweisen: Mehrgenerationen-Wohnen, Betreutes Wohnen beziehungsweise Wohnen mit Service, Zielgruppenorientiertes Wohnen, Wohnen für Menschen mit Demenz, Wohn- und Pflegeheime und Integratives Wohnen mit quartiernahen Angeboten.

Lag vor zehn Jahren noch ein Problem darin, den Begriff „Altenheim“ klar zu definieren und vom „Altenpflegeheim“ abzugrenzen, so sind in den letzten Jahren Pflegewohnen, Servicewohnen, Wohnpflege in Gruppen, Hausgemeinschaften etc. hinzu gekommen. Diese Palette macht deutlich, dass sich das Angebotsfeld stetig erweitert und differenziert. Diese Vielfalt sucht auch ihren ästhetischen Ausdruck in der gebauten Architektur und bringt darüber hinaus neuen Schwung in eine kulturelle Auseinandersetzung über die Frage einer städtebauliche Ausprägung und Darstellung des Alters in der Stadt. Entsprechend werden Aussagen getätigt wie „das Alter ist bunt und vielfältig“, als müssten es auch die Gebäude sein. Aber ist das so? Solange es sich um dem Alter angepasste bestehende Bausubstanz handelt, wird diese in der Regel die Qualität einer städtebaulichen Integration oder eines Angebots von etwas Bekanntem annehmen. Aber was ist mit dem Neubau in einem städtebaulich eindeutig festgelegten Umfeld – soll er sich herausheben oder soll er weitestgehend eingepasst bleiben? Die Beispiele der letzten Jahre zeigen hier deutlich mehr Mut zur Individualisierung, als das noch vor zwei Jahrzehnten der Fall war. Solange die architektonische Qualität in sich stimmig ist, ist heute von einer klassizistischen Adaption bis zur radikalen Moderne alles möglich und die Wahl einzig und allein vom Wunsch der Bauherren und ihrem Budget abhängig. Ein Hang zum Konservativismus ist dem Alter und dem ästhetischen Ausdruck des Alters eigen, aber keineswegs zwingend. Beispiele aus der Schweiz machen in ihrer ästhetischen Vielfalt auch bei Bauten für Senioren deutlich, dass sie für die lokale ebenso wie für die internationale Architektur offen geblieben sind und dass für jeden Geschmack eine entsprechende Option geboten wird. Nationale

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Wohnen im Alter Typologien und Projekte

Eigenheiten wie der Massenwohnungsbau in Holland finden ebenso ihre Entsprechung wie der Typus des Eigenheims auf der Etage in der Schweiz. Am Beispiel der in den letzten Jahren in Deutschland eröffneten (und bereits teilweise wieder geschlossenen) Residenzen des anglo-amerikanischen Unternehmens Sunrise lässt sich umgekehrt zeigen, dass eine einfache Adaption amerikanischer Wohnformen und des „Laura Ashley-Stils“ etwa in Deutschland keineswegs den gewünschten Effekt hatte, offensichtlich weil sie das Prinzip des biografischen Hintergrunds ignorierte. Das sorgfältige Studium der regional vorhandenen Archi tektursprache und deren analytische Weiterverarbeitung können ein Weg sein kann, Menschen im Alter mit angemessenen Wohnangeboten zu versorgen.

Immer noch funktionieren die Beginenhöfe, immer noch funktionieren die überschaubaren städtebaulichen Ensembles und Quartiere mit ihrer Dimension von Straße vorn und privatem Hof hinten; immer noch funktionieren die Gründerzeithäuser mit ihrer vertikalen Gliederung aus Geschäften im Erdgeschoss und Wohnen in den Etagen am besten. Die europäische Stadt als ein städtebaulicher Typus, der vielleicht auch für andere Kontinente interessant sein kann, braucht nicht unbedingt ein Auto, das der Mensch im Alter vielleicht nicht mehr benutzen kann. Schauen wir uns deswegen noch sorgfältiger als vorher an, was sich viele Jahrhunderte bereits bewährt hat. Nehmen wir diese Bausteine und versuchen wir damit die wachsende Vielfalt des Alters architektonisch neu zu fassen.

Das interessanteste Bild des Bauens für alten Menschen entsteht allerdings in den integrierten Projekten. Trotzen sie der Bewegung der wachsenden Individualisierung? Häuser für das Wohnen von Senioren, seien sie reich oder arm, sollen und wollen nicht mehr als Solitäre, sondern in allen Arten städtebaulicher und funktionaler Mischungen entstehen: mit Kindergarten, neben Schulen, über Einkaufszentren, neben Schwimmbädern oder Gesundheitszentren. In diesen Mischungen bieten sich mehr gestalterische Möglichkeiten – ob diese dann in Form einer größeren städtebaulichen Einheit oder in stärkerer Vielfalt genutzt werden, bleibt den Beteiligten überlassen, aber es ist genau dieser Weg, der auch im ästhetischen Kontext letztlich zu jenem Phänomen des nachbarschaftlichen Verhaltens führt, das wir nun gesellschaftlich nutzen wollen. Das Feld spannt sich auf von der Rückkehr in die kleine überschaubare Stadt bis hin zur expressiven, skulptural einzigartigen Großform und weg von jedweder Kasernierung oder dumpfer Gleichmacherei, aber auch ohne die Willkür der gewollten Andersartigkeit.

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Mehrgenerationen-Wohnen Viele ältere Menschen wünschen sich in der Nähe ihrer Kinder und Enkelkinder, in der Nähe junger oder jüngerer Menschen zu leben, im Sinne eines Zusammenlebens mit „Nähe auf Distanz“. Ob als geschichtlich älteste Form des Wohnens im Alter, nämlich im Generationenverbund, oder als wieder aufkommende Sehnsucht nach der Einbettung des Einzelnen in die Großfamilie oder heutzutage meist eher Wahlfamilie, lässt das Mehrgenerationen-Wohnen viel Spielraum für individuelle Wohnwünsche. Hier handelt es sich um ein flexibles, den sich im Laufe des Lebens ändernden Wohnbedürfnissen entsprechendes Wohnungsangebot, das ein Zusammenleben mehrerer Generationen in unterschiedlicher Weise ermöglicht. Diese Konzeption lebt jedoch häufig vom persönlichen Engagement des Einzelnen und dem Zusammenspiel der Akteure. Neben den unterschiedlich großen und verschieden geschnittenen Wohneinheiten sowie einer­ flexiblen Grundrissdisposition bedarf es darüber hinaus Angeboten, die – je nach Konzept – dem Miteinander Raum geben: von Gemeinschaftsräumen beispielsweise für Feste oder Sport bis hin zum Kindergarten.

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Grundriss Erdgeschoss, Riegelbebauung

Altbau und Innenhofgestaltung | Gesamtanlage von Norden

Karmelkloster Bonn-Pützchen, Deutschland

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M E H R G E N E R AT I O N E N - W O H N E N

Architekt

Fischer – von Kietzell – Architekten BDA Partnerschaftsgesellschaft

Bauherr

gwk neubau gmbh

Fertigstellung

2000 Altbau / 2003 Neubau

Nutzfläche

6.864 m2

WE / Plätze

Altbau: 31 Wohneinheiten, Neubau: 16 Reihenhäuser, Mehrfamilienhaus: 21 Wohneinheiten

Der Gedanke des gemeinschaftlichen Wohnens steht in dem ehemaligen Karmeliterkloster, das ein Mehrgenerationen-Wohnobjekt beherbergt, im Vordergrund des gesamten Nutzungskonzeptes. Dieser Zusammenhalt knüpft an die Tradition des gemeinschaftlichen Lebens in Klöstern, aber auch an „Dorfgemeinschaften“ an. Ein 6.000 m 2 großer Garten umgibt die Klosteranlage aus dem Jahr 1706. Gemeinsam mit dem benachbarten Klostergrundstück des Sacré-Cœur-Ordens bilden sie in dem traditionsreichen Wallfahrtsort eine grüne Oase von etwa 15 ha.

Grundriss Dachgeschoss, Riegelbebauung

Vollständig erhaltener Kreuzgang | Dachgeschosswohnung | Historisches Mauerwerk mit zeitgenössischer Eingangstür

Im Rahmen der Sanierung und Umnutzung des ehemaligen Karmelklosters entstanden in dem denkmalgeschützten Gebäude – mit vollständig erhaltenem Kreuzgang – 31 Eigentumswohnungen mit Wohnflächen zwischen 50 und 98 m 2. Des Weiteren wurden parallel zur Klostermauer 16 2,5-geschossige Reihenhäuser mit 134 bis 148 m2 großen Wohneinheiten und jeweils 30 m2 großen Atriumhöfen errichtet. Diese privaten Bereiche werden durch Dachterrassen ergänzt. Eingebettet zwischen dem Klostergarten und der Immunitätsmauer erhalten die klaren kubischen Baukörper eine unverwechselbare Qualität. Beide Objekte werden überwiegend von kinderlosen

Paaren, Alleinerziehenden oder Singles bewohnt. Die 3,5-geschossige Riegelbebauung, die den Reihenhäusern gegenüberliegt und den ehemaligen Klostergarten nach Osten hin abschließt, ist als Mehrfamilienhaus mit 21 Wohneinheiten entstanden. Dort wohnen hauptsächlich Familien mit ein oder zwei Kindern. Sowohl die Grundrisse als auch die Größen der Wohnungen mit 58 bis 134 m 2 sind sehr unterschiedlich. Die Wohnungsvielfalt trägt der Gegebenheit Rechnung, dass junge und alte Menschen von unterschiedlichen Wohnungstypen angesprochen werden. Maisonnettewohnungen mit Dachgärten, Etagenwohnungen, mehrgeschossige Atriumwoh-

nungen und familiengerechte Wohnungen mit eigener Eingangstreppe fügen sich in den homogenen Gebäuderiegel. Die Identifikation der Bewohner mit ihrer Wohneinheit erfolgt durch individuelle Elemente, wie beispielsweise den separaten Eingang. Eine gemeinsame Tiefgarage mit 69 Stellplätzen, die sich unter dem Klostergarten befindet, hält die gesamte Anlage weitestgehend autofrei. Die Geschosswohnungen im Alt- und Neubau sind überwiegend barrierefrei zugänglich, alle weiteren Wohnungen sind altengerecht ausgestattet. Durch die unmittelbare Nähe zum Alten-

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Schnitt Riegelbebauung mit Tiefgarage

Kapelle in Verlängerung der Riegelbebauung | Kapelle, Innenraum nach Nordosten | Kubische Reihenhäuser, Westseite | Geschützte Eingangsbereiche

pflegeheim kann dort im Bedarfsfall zusätzliche Hilfe in Anspruch genommen werden.

te, die von den Bewohnern für Mitbewohner und Nachbarschaft offeriert werden.

gangsbereichen in Form von halbprivaten Höfen geboten.

Inhalte und Aufgaben des Wohnprojekts basieren auf dem Konzept des gemeinschaftlichen Wohnens für Jung und Alt. Einrichtungen wie der Bewohnerverein, der Gemeinschaftsraum, ein Gästeraum, das Klostercafé sowie die gemeinsame – ebenso gemeinschaftlich gepflegte – Gartenanlage verschmelzen zu einer „Dorfgemeinschaft“ innerhalb des Stadtteils Bonn-Pützchen. Sie stellen eine Verbindung zu den Anwohnern und dem Ortsteil Pützchen her. Ergänzt werden diese durch semiprofessionelle Freizeitangebo-

Der Klostergarten besteht aus verschiedenen Bereichen, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Bewohner gerecht zu werden und unterschiedliche Aktivitäten zu ermöglichen. Dieser Garten gliedert sich in den Landschaftspark mit Teichanlage, die Fläche mit Spielhaus und Spielplatz sowie die Freiflächen rund um die Reihenhäuser und die Riegelbebauung. Daneben werden unterschiedliche Nutzungsqualitäten durch Räume der privaten Nutzung (im Atriumhof und auf den Dachterrassen) sowie in den Über-

Sämtliche sich auf dem Gelände befindlichen Neubauten fügen sich sensibel in die Gartenanlage ein und treten den Klostergebäuden mit Respekt gegenüber. Bestehende Sichtbeziehungen auf das ehemalige Kloster und den Park waren sehr bedeutsam bei der Planung. Die Flucht der Klosteranlage entlang der Straße wird mit dem Mehrfamilienhaus aufgenommen, die weiteren Neubauten befinden sich im rückwärtigen Teil des Klostergartens entlang der „Immunitätsmauer“.

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Schnitt Reihenhaus

Durch ein vielfältiges Angebot an Wohnungstypen und -ausstattungen werden alle Altersstufen angesprochen und damit die Integration der Generationen ermöglicht und baulich unterstützt. Durch den gelungenen Umbau sowie die Nachverdichtung im Klostergarten bildet die gesamte Anlage städtebaulich und architektonisch eine aufeinander bezogene Einheit. Hier wird in eindrucksvoller Weise die vorhandene historische Bausubstanz mit moderner Architektur verknüpft und gezeigt, dass moderne Wohnansprüche ebenso in alter Bausubstanz befriedigt werden können.

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Nordwestlicher Abschluss der Reihenhausbebauung | Einbettung der Neubauten in den alten Gartenbestand | Fassade und äußerer Eingangsbereich, Riegelbebauung | Eingangs- und Erschließungsraum, Riegelbebauung 86

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Erdgeschoss

Staffelgeschoss

Untergeschoss

Obergeschoss

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Ansicht von Norden

Kompaktes Gebäude mit unregelmäßigem Fassadenraster | Lage an der Missindorfstraße

„Miss Sargfabrik“ Wien, Österreich

Architekt

MISSARGE / BKK-3 / BK

Bauherr / Betreiber

Verein für integrative Lebensgestaltung

Fertigstellung

2000

Nutzfläche

2.820 m2

WE / Plätze

39 Wohneinheiten

Das orangefarbene Gebäude in Wien-Penzing verdankt seinen seltsamen, provokanten Namen zum einen der Lage an der Missindorfstraße, zum anderen der Zugehörigkeit zu der bestehenden Wohnanlage namens „Sargfabrik“. Damit wiederum ist dieser Erweiterungsbau Teil des heute größten selbst initiierten und selbst verwalteten Wohn-, Kultur- und Integrationsprojekts in Österreich. Der von den Architekten BKK-3 errichtete Neubau versteht sich in allen Planungs- und Nutzungsaspekten als eine konsequente Weiterführung der 1996 bezogenen „Sargfabrik“, deren Konzept

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Schnitt

Schnitt

Wohnungszuschnitte, 3. Obergeschoss und Erdgeschoss

auf soziale Durchmischung setzt. In diesem Sinne handelt es sich um eine Wohn- und Begegnungsstätte für Menschen unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Lebensform und Kultur, die gleichermaßen offen ist für Kinder, Jugendliche, Ruheständler, Flüchtlinge, Behinderte, Männer und Frauen. Alle die Wohnanlage betreffen den zentralen Entscheidungen werden von der Generalversammlung des Vereins für Integrative Lebensgestaltung getroffen, der auch als Eigentümer firmiert. Für die Nutzer beider Häuser bedeutet dies, dass die zur Verfügung stehenden Flächen niemandem und dennoch allen gehören.

Das außen schwer und kompakt wirkende Eckhaus beeindruckt im Inneren mit einer Vielzahl von Wohnungstypen, die die Planer gemäß ihrem Leitgedanken einer „Landschaft im Haus“ übereinander und ineinander schachtelten. Einer strengen Rasterung wurde dabei gezielt entgegengesteuert, beispielsweise durch vertikalgeknickte Wohnungswände, verschiedenartige Grundrisse und wechselnde Raumhöhen mit fließenden Übergängen von 2,26 bis 3,12 m. Im Erdgeschoss erreichen die 2- und 3-geschossigen Wohneinheiten mit Ateliercharakter sogar Raumhöhen bis zu 4,10 m. Durch zusätzliche direkte Zugänge von der Straße aus eignet sich dieser Ty-

pus auch als Home Office. Die durchschnittliche Wohnungsgröße in der „Miss“ beträgt, bei einem Schwerpunkt auf kleinen Einheiten, 50 m 2, wobei unterschiedlichsten Bedürfnissen der Bewohner Rechnung getragen wird. So gibt es „offene“ Wohnungstypen mit vielen großen Fensterfronten ebenso wie Raumangebote mit weniger Fenstern und mehr Wandflächen. Zur Erschließung dienen offene Laubengänge mit bis zu 3 m breiten „Terrassen“ und zwei bewitterte Treppenhäuser an den Enden. Das Wohnungsangebot ergänzen diverse kommunikative Räume zur gemeinschaftlichen Nut-

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Innenausbau Maisonettewohnungen | Bis zu 3 m breite Laubengänge zur Erschließung der Wohnungen

zung: ein Clubraum (insbesondere für Jugendliche), ein einer begehbaren Rauminstallation ähnelnder Bibliotheks-, Lese- und Medienraum sowie eine Gemeinschaftsküche mit Essplatz und eine Waschküche. Ebenfalls zur Verfügung stehen die gemeinschaftlichen Einrichtungen der „Sargfabrik“, wie Kindergarten, Schwimmbad, Seminarräume, Veranstaltungssaal, Café-Restaurant und Gästewohnung. Hinzu kommen sämtliche Freiräume der bestehenden Wohnanlage: der Dachgarten mit Sonnenterrasse, Grillplatz, Steingarten, Gemüsebeeten, Beerensträuchern und Obstbäumen, die Kinderspielflächen, die begrünten Innenhöfe und nicht zuletzt der große Teich.

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Bei der Realisierung der „Miss“ wie auch der „Sargfabrik“ wurden zahlreiche Grundsätze der Bau- und Wohnökologie beachtet und nach Möglichkeit umgesetzt. So sorgen ein diffusionsoffenes Außenwandsystem (Steinwolle und mineralischer Dickputz) sowie die hochwertige Ausführung der Wände und Glasflächen für Wärmeeffizienz und hohe Behaglichkeit. Im Innenausbau kamen ausschließlich baubiologisch geprüfte und gesundheitlich unbedenkliche Materialien zum Einsatz. Auf PVC wurde selbst bei den Abflussrohren weitgehend verzichtet zugunsten von Mehrschichtrohren oder geschweißten PP-/PE-Rohren.

Seit ihrem Bezug im Jahr 2000 hat sich die zunächst beargwöhnte „orangene Hütt’n“ bewährt und gilt auch überregional als Beispiel für ein hohes Maß an Lebensqualität. Einst aus unterschiedlichen politischen und sozialen Bewegungen der 1980er Jahre entstanden, bleibt der Verein bis heute seinen Grundsätzen treu. Zugleich bemüht er sich auf professionelle Weise, Nachwachsende einzubeziehen und junge Leute für das Projekt zu interessieren.

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss 7. Obergeschoss

Grundriss 4. Obergeschoss

Grundriss Erdgeschoss

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Lageplan

Wohnüberbauung Steinacker Zürich-Witikon, Schweiz

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Architekt

Hasler Schlatter Partner Architekten AG

Bauherr /Betreiber

ASIG Baugenossenschaft und Wohnund Siedlungsgenossenschaft Zürich

Fertigstellung

2004

Nutzfläche

8.754 m2

WE / Plätze

73 Wohneinheiten, 1 Pflegewohnung, Kindergarten (zwei Gruppen)

Im Jahr 2000 führte die Stadt Zürich als Landeigentümerin im Auftrag der am Baurecht interessierten Genossenschaften einen Projektwettbewerb durch. Ziel war es, auf dem an der Peripherie der Stadt gelegenen, 1,15 ha großen Areal mit Blick auf den Zürichsee eine Bebauung mit hochwertigen Wohnungen und Außenräumen zu entwerfen, die den veränderten Gesellschaftsstrukturen Rechnung tragen sollten. Maßgabe war, das Grundstück maximal auszunutzen, um die geforderte hohe Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Der Siegerentwurf sah fünf frei stehende Gebäude im Sinne von modernen „Stadtvillen“ vor. Die 5-geschossigen Baukörper wurden so ins

Grundrisse Erdgeschoss

Gesamtanlage aus fünf quadratischen Baukörpern, Blick von Südwesten | Zugänge, Abstellräume, Waschküchen und Hobbyräume in den Erdgeschossen | Beispiel Küchengestaltung

Gelände gesetzt, dass sich durch die raumhohen Fensterbänder vielfältige Durchblicke und Raumbezüge sowohl zwischen den Gebäuden als auch zwischen innen und außen ergeben. Die Gestaltung der Tragstruktur mit auskragenden Geschossdecken und umlaufenden Balkonbrüstungen verleihen den quadratischen Baukörpern eine Dynamisierung. Diese Wirkung der scheinbar vom Terrain abhebenden Kuben sollen die mit Doppelglaselementen verkleideten opaken Sockel noch steigern. Auf einem typischen Geschoss sind vier Wohnungen um das zentrale Treppenhaus angeordnet.

Die im Stützenraster angelegten Zimmer orientieren sich mit ihren raumhohen Fensterfronten nach außen, die Bäder hingegen liegen als Versorgungsschiene innen zum Treppenhaus. Jeweils über Eck befindet sich ein großer Raum, so dass aus dieser Anordnung für jede der 73 3,5- bis 5,5-Zimmer-Wohneinheiten eine Orientierung in unterschiedliche Himmelsrichtungen entsteht. In der Planungsphase ermöglichten die Grundrissdisposition und die Anlage der Zimmer entsprechend dem Stützenraster der Tragstruktur vielfältige Anpassungen an die individuellen Bedürfnisse der Bewohner. Je nach Lebenslage

lassen sich die Wohneinheiten später auch zu Großwohnungen zusammenlegen. Die Wohnanlage bietet Angebote für den gesamten Lebenszyklus: Familien mit Kindern, Paaren, Singles und Betagten. Alle Wohnungen sind schwellenlos erschlossen; der Weg von der Tiefgarage bis ins oberste Geschoss ist rollstuhlgängig. Von unten führt ein direkter Zugang über einen Lift in jedes einzelne Haus und Stockwerk, hier sind die Tableaus mit den Bedienungsknöpfen bewusst niedriger als im Wohnungsbau üblich gesetzt, so dass beispielsweise Rollstuhlfahrer, aber auch Kinder sie leicht bedienen können.

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Grundrisse Dachgeschoss

Die Haustüren öffnen sich elektrisch und haben auch für die Nutzer eines Rollators oder eines Rollstuhls eine ausreichende Durchgangsbreite von einem Meter. Trotz dieser besonderen Eigenschaften handelt es sich bei den Wohnungen nicht um spezielle Wohnungen für Senioren, sondern lediglich um großzügige, helle Wohnungen, die zwar nicht extra für ältere Menschen ausgewiesen sind, sie eben aber auch nicht ausschließen sollen. Ältere Menschen möchten so lange wie möglich eigenständig in ihrer vertrauten Umgebung wohnen bleiben und diesem Wunsch soll die Siedlung

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Steinacker entsprechen. Auf eine Durchmischung der Generationen wurde auch bei der Vermietung sehr geachtet.

Gemeinschaftszimmer und eine geräumige Küche. Dort wird täglich zusammen mit den Betreuern gekocht, gesungen und gebastelt.

So ist die schwellenfreie Architektur auch hilfreich für Eltern mit Kinderwagen, für den in jedem Haus ein Platz in einem Abstellraum vorgesehen ist. In einem der Gebäude befindet sich ein Kindergarten mit zwei Gruppen, und im Freien gibt es viele Flächen zum Toben. In einem weiteren der fünf Häuser ist eine Pflegewohngruppe für bis zu sechs ältere, pflegebedürftige Menschen untergebracht. In dieser Gruppe hat jeder der Bewohner sein eigenes Zimmer, außerdem gibt es ein großes

Die Wohnüberbauung Steinacker wurde mit dem „Age Award 2005“ der Schweizer Age Stiftung ausgezeichnet. Mit dem Preis prämiert die Age Stiftung ein innovatives Projekt und stellt dieses einer breiten Öffentlichkeit vor. Ziel ist es, durch gute Beispiele neue Projekte und Entwicklungen anregen zu können. Das Generationenkonzept „Wohnen im Lebenszirkel“, wie es in der Wohnüberbauung Steinacker angewendet wird, hat die Jury überzeugt.

Schnitt und Ansicht

Gemeinschaftsbereich in der Pflegewohngruppe | Oberlichter in den Fluren sorgen für natürlichen Lichteinfall | Kindergartenraum | Barrierefreie Wohnungen und Zugänge bieten jungen Familien und Senioren gleichermaßen ein ihren Bedürfnissen entsprechendes Umfeld

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Grundriss 1. Obergeschoss Haus 1 mit Kindergarten

Grundriss Dachgeschoss Haus 4

Grundriss Erdgeschoss Haus 4

Grundriss 1. Obergeschoss Haus 2 mit Pflegewohngruppe

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Grundriss 1. Obergeschoss Haus 4

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Betreutes Wohnen Wohnen mit Service Betreutes Wohnen beziehungsweise Wohnen mit Service bietet dem Bewohner eine hotelverwandte Wohnform – Sicherheit und Komfort zum Aufpreis. Hier werden in sehr unterschiedlicher Form altersgerechte Wohnangebote und Betreuungsleistungen miteinander gekoppelt.­ Im Idealfall mietet der Bewohner eine barrierefreie und altengerechte Wohnung, meist in einer speziellen Wohnanlage. Darüber hinaus nimmt er ein Paket von Grundleistungen des Betreuungsservices ab, für die monatlich eine so genannte Betreuungspauschale zu entrichten ist. Diese Grundbetreuung umfasst in der Regel Beratungs- und Informationsleistungen sowie die Notrufsicherung. Zusätzlich werden Wahlleistungen wie Mahlzeiten, Reinigung und Pflege angeboten, die bei Bedarf in Anspruch genommen werden können und zusätzlich bezahlt werden müssen. Die Bewohner schließen einen Miet- und Betreuungsvertrag. Für diese Wohnform, die üblicherweise nicht den heimrechtlichen Bestimmungen unterliegt, werden auch Begriffe wie Service-Wohnen oder Unterstütztes Wohnen verwendet. Die Wohnlichkeit steht bei diesem Typ klar im Mittelpunkt, ergänzt von individuell und nach Bedarf sowie gesundheitlichem Befinden buchbaren Dienstleistungspaketen. Es bietet sich an, zur Beschreibung des konzeptionellen Hintergrunds den Begriff der ästhetischen Biografie heranzuziehen: Er besagt, dass man das um sich haben möchte, worin man sich in seinem ganzen Leben wohl gefühlt hat. Dazu gehören eine Ausstattung mit regionalem und sozialem Bezug sowie ein ähnlich geprägtes soziales Milieu der Bewohnerschaft. Analog zum Hotel halten die Objekte – in unterschiedlicher Größe und Ausstattung je nach Standard – Gemeinschaftsbereiche vor: beispielsweise Foyer mit Empfangstresen, Café und Restaurant, Veranstaltungs- und Clubräume (Bibliothek, Spielzimmer), Wellnessbereich mit Physiotherapie und einen Friseur mit Kosmetik.

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Lageplan

Fassade von Süden | Ost-West-Ausrichtung des Gebäudes zwischen Hafenbecken und Speicherstraße | Zentrale Eingangshalle im Sockelgeschoss | Veranstaltungssaal im Erdgeschoss

Cronstetten-Haus Frankfurt am Main, Deutschland

Architekt

Frick.Reichert Architekten

Bauherr / Betreiber

Cronstett- und Hynspergische Evangelische Stiftung

Fertigstellung

2006

Nutzfläche

8.289 m2 (HNF)

WE / Plätze

75 Wohneinheiten

Das Cronstetten-Haus entstand im Jahr 2006 als ein von Frick.Reichert Architekten konzipierter Neubau für Menschen der Generation 60+. Der Name des Gebäudes ist auf die Cronstett- und Hynspergische Evangelische Stiftung zurückzuführen, eine seit 1753 in Frankfurt am Main ansässige Stiftung zugunsten gemeinnütziger Zwecke, die Investor und Betreiber des Hauses ist. Das Grundstück liegt an einem durch eine Mole vom Main abgetrennten Hafenbecken. Es ist ein Bestandteil der groß angelegten Konversion der Brache des ehemaligen Handelshafens der Stadt Frankfurt aus dem 19.Jahrhundert zu einem mo-

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

Schnitt durch den Gebäudebereich A, Ansicht von Osten, Hofseite

dernen Stadtquartier mit Büros, Wohnungen, Ladengeschäften und Gastronomie. Das Gebäude erstreckt sich in Ost-West-Richtung zwischen dem parallel zum Hafenbecken verlaufenden Ufer-Promenaden-Weg und der Speicherstraße. Städtebaulich wird die 7- bis 8-geschossige Bebauung der Speicherstraße aufgenommen und zum auf der Westseite anschließenden „Zentralen Platz“ eine eindeutige Platzwand definiert. In Richtung Hafenbecken staffelt sich das Gebäude ab und löst sich im südöstlichen Bereich entlang des Ufer-Promenaden-Wegs in eine Punkthausbebauung auf. Der Anschluss an die östliche Nachbarbebauung in der Speicherstraße erfolgt

über das als Zäsur ausgebildete „Fugenhaus“. Mit der dort zurückspringenden Fassade und den durchlaufenden Balkonen davor löst sich das Gebäude aus der geschlossenen Bebauung optisch heraus und betont seine Eigenständigkeit. Der U-förmige Grundriss des Hauses ist in fünf Gebäudebereiche (A – E) gegliedert, denen jeweils ein Erschließungskern zugeordnet ist. Dadurch entsteht eine kleinteilige Struktur, die eine flexible Gestaltung unterschiedlicher Wohnungstypen ermöglicht. Vom gemeinsamen Hauptzugang an der Speicherstraße auf der Nordseite aus gelangen Bewohner und Besucher

durch einen Windfang in die zentrale Eingangshalle, wo sie vom Concierge-Service empfangen werden. Von hier aus erfolgt die Erschließung der Wohnungen am Treppenhaus des Bereichs C. Der Eingangshalle schließt sich ein im Freien liegender umlaufender „Kreuzgang“ mit einem begrünten Innenhof an. Diesem vorgelagert ist ein kleiner Platz, der sich nach Süden zur Uferpromenade hin mit einer Toranlage öffnet. Vom Kreuzgang aus werden die Wohnungen der Bereiche A, B, D und E über vier individuelle Hauseingänge mit den zugehörigen Treppenhäusern erschlossen. Jedes Treppenhaus ist natürlich belichtet und mit einem Aufzug versehen, der den Bewoh-

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Grundriss 2-Zimmer-Apartment

Grundriss 3-Zimmer-Wohnung

nern gegebenenfalls auch mit Rollstuhl oder Gehhilfe einen leichten Zugang zu ihren Wohnungen ermöglicht. Das als Sockelgeschoss ausgebildete Erdgeschoss nimmt als halböffentliche Zone vielfältige Nutzungen auf. Während es zum umgebenden öffentlichen Raum mit hellen Natursteinplatten aus Thüringer Travertin verkleidet ist, wird die Travertinverkleidung im Kreuzgang zwar fortgeführt, aber mit gebrochenem, spaltrauem Material variiert. Neben der Eingangshalle mit dem Conciergeplatz liegen die Büros des Direktors und der Hausverwaltung, ein Pflegestützpunkt sowie

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

Gemeinschaftseinrichtungen wie Veranstaltungssaal, Kunstraum, Gymnastikraum, Umkleideräume und Clubraum. Letztere sind zum Kreuzgang als der „Mitte“ des Gebäudes orientiert. Er ist Treffpunkt und Drehscheibe, er fördert Kontakt, Unterhaltung und Kommunikation zwischen den Bewohnern. Die Gestaltung des durchschreitbaren, begrünten Innenhofs steuert hierzu weitere Aufenthaltsqualität bei. Dagegen orientieren sich die öffentlichen Einrichtungen wie Gastronomie, Ladenlokale für den Einzelhandel und Räume für ergänzende Dienstleistungsangebote zum westlich anschließenden zentralen Platz.

Das Untergeschoß nimmt neben diversen dienenden Räumen die Tiefgarage mit 51 Stellplätzen auf, von denen 28 Stellplätze als Doppelparkeranlagen ausgeführt sind. Durch farbliche Akzentuierungen der Zugänge in die Treppenhäuser von der Tiefgarage aus wird eine Übersichtlichkeit hergestellt, die die leichte Orientierung von Bewohnern und Mitarbeitern des Hauses ermöglicht. Die Obergeschosse (1.– 7. Obergeschoss) nehmen insgesamt 75 2-, 3- und 4-Zimmer-Wohnungen auf, mit Wohnungsgrößen zwischen 70 und 145 m 2. Merkmal jeder Wohneinheit ist

Fassadenstudie mit Sonnenschutz

Hausbibliothek mit gemütlichen Leseecken | Hell und barrierefrei gestaltetes Badezimmer | Penthouse im 7. Obergeschoss mit Dachgarten und großer Freifläche | Innenhof und Kreuzgang, gestaltet als einladende, halböffentliche Bereiche

ein Durchwohnen und die Orientierung zum Innenhof und zum Hafenbecken. Eine großzügige Raumwirkung entsteht durch die Raumhöhen, die im Regelgeschoss circa 2,65 m im Lichten und bis zu 3,25 m im 7. Obergeschoss betragen. Alle Wohnungen wurden barrierefrei realisiert und verfügen jeweils über mindestens einen Balkon oder eine Terrasse. Die Wohnräume sind großzügig verglast und bieten – auch sitzend – gute Ausblicksmöglichkeiten. Ein Wohngebäude für ältere Menschen zu entwerfen bedarf eines sensiblen Umgangs mit Proportion, Maßstäblichkeit und Materialität,

da diese Faktoren das Wohn- und Lebensumfeld älterer Menschen und deren Wohlbefinden entscheidend beeinflussen können. Diese Grundhaltung spiegelt sich sowohl in der getroffenen Material- und Farbwahl – innen wie außen – wider als auch in der Gliederung der Fassaden. Beim Cronstetten-Haus ermöglicht ein individuelles Fassadenbild den Bewohnern ein Wiedererkennen und eine Identifizierung mit dem Gebäude. Zum unverwechselbaren Gesicht des Hauses tragen nicht zuletzt die auskragenden Dachränder bei, die die sich aus dem Gesamtbaukörper herausbildenden Gebäudeteile thematisch übergreifen und zusammenbinden. Besonderes

Augenmerk lag auf der Gestaltung von Details: Abseits von modischen Strömungen wurde hier der Ausdruck von Sinnhaftigkeit und Wertigkeit bei der Fügung und der Auswahl der Materialien angestrebt.

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Die Terrasse im 5. Obergeschoss schafft eine Verbindung zwischen den Gebäudeteilen und dient den Bewohnern als Treffpunkt

Urbane Lage im Frankfurter Hafen in unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

Geschützter Haupteingang von Norden | Hochwertige Materialien kennzeichnen den Eingangsbereich

Grundriss 5. Obergeschoss

Grundriss Erdgeschoss B E T R E U T E S W O H N E N – W O H N E N M I T S E RV I C E

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Schnitt durch Begegnungszentrum und Wohngebäude

Blick von der Straße auf die Wohnbebauung und das Begegnungszentrum im Hintergrund | Gemeinschaftsraum | Laubengang zur Erschließung der Wohnungen | Eingang zum Begegnungszentrum | Fassade mit nach Süden ausgerichteten Balkonen

Wohn- und Begegnungszentrum Tårnåsen Oppegård bei Oslo, Norwegen

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

Architekt

KVERNAAS ARKITEKTER AS

Bauherr

Gemeinde Oppegård

Betreiber

OPAK AS

Fertigstellung

2008

Nutzfläche

3.500 m2

WE / Plätze

26 Wohnungen, 2 1-Zimmer-Wohnungen für Kurzzeitpflege

Mit diesem Projekt sollte eine Wohnanlage für ein weites Spektrum an Bedürfnissen entstehen. In den 26 Einheiten für Betreutes Wohnen leben alte Menschen ebenso wie Bewohner, die vom örtlichen psychiatrischen Gesundheitsdienst und von der Behindertenhilfe betreut werden. Zwei Einheiten sind für Personalräume und für Gemeinschaftsräume vorgesehen. Die Wohnungen haben eine Nettowohnfläche von etwa 56 m 2. Ihre Ausstattung erlaubt ein weitgehend selbstständiges Wohnen. Alle Wohnungen sind für Behinderte zugänglich und haben einen Balkon. Acht Einheiten verfügen zudem über eine behindertengerechte Ausstat-

Grundriss Erdgeschoss

tung, wie höhenverstellbare Küchentheken und -schränke. Diverse Einrichtungen fördern die soziale Interaktion zwischen Bewohnern, Besuchern und Menschen aus der Umgebung. Dazu gehören ein Café, eine große Gemeinschaftsküche, Besprechungs- und Seminarräume, ein Lesezimmer, Übungsräume für verschiedene sportliche Aktivititäten sowie eine Werkstatt.

gestreckte, 3-geschossige Wohngebäude mit farbiger Holzverkleidung der Außenwände bildet einen Kontrast zu dem niedrigeren, geradlinigen Gebäude des Begegnungszentrums mit begrüntem Flachdach, das außen mit hellen Backsteinen verkleidet ist. Das Begegnungszentrum ist dem Wohngebäude räumlich und formal angeschlossen.

Öffentliche und private Funktionen wurden in der Planung miteinander verschränkt und sind doch in sich eigenständig. Dieser Dualismus, der zu zwei separaten Gebäuden innerhalb einer Anlage führte, ist auch in der Formgebung und Materialwahl erkennbar: Das geschwungene, lang

Der Zugang zu den Wohnungen erfolgt über Laubengänge in Massivholzkonstruktion. Der Eingangsbereich jeder Wohnung ist groß genug, um dort einen elektrischen Rollstuhl zu parken und aufzuladen. Eine frei stehende Treppe sowie ein Aufzug bilden den Haupteingang auf der Nord-

seite. Das Wohngebäude teilt das Grundstück in zwei Hälften und legt sich um einen Gemeinschaftsgarten im Süden, den es wiederum von den Parkplätzen auf der nördlichen Eingangsseite abschirmt.

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Zwei Wohntürme, 2-geschossiger Neubau und zentraler, gekurvter Baukörper, Rendering

Zentrales Gemeinschaftsgebäude, Fassadenausschnitt | Neubau, innen liegende Erschließungsstraße | Diverse Lichtquellen und eine Innenraumbepflanzung entlang der Erschließungsstraße sorgen für ein angenehmes Raumklima | Mit Bruchsteinen gefüllte Metallkörbe markieren den Zugangsweg | Gemeinschaftsgebäude, geschützter Eingangsbereich.

Brookside House Knotty Ash, Liverpool, Großbritannien

Architekt

shedkm

Bauherr

Liverpool Housing Action Trust, Housing 21

Fertigstellung

2004

Nutzfläche

5.210 m2

WE / Plätze

42 Wohneinheiten

Das Projekt umfasst den Neubau eines Hauses für Betreutes Wohnen anstelle des alten Wohngebäudes, die Renovierung von zwei Wohntürmen aus den 1960er Jahren sowie den Bau von Gemeinschaftseinrichtungen für Senioren. Die erste der drei Bauphasen mit dem Neubau für Betreutes Wohnen wurde im Januar 2004 abgeschlossen. Die Anlage liegt in Knotty Ash, einem ausgesprochen grünen Wohnviertel am Rande von Liverpool. Der siegreiche Entwurf vereint in der Art eines Dorfes sämtliche Gebäude mit Straßen und einer Grünfläche in der Mitte. Ferner umfasst der Entwurf eine Verbindung der bestehenden Wohntürme mit den

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

Grundriss Erdgeschoss

neuen Apartments für Betreutes Wohnen, die um eine innen liegende Straße herum errichtet wurden. Beide Bauteile kommen in einem zentralen öffentlichen Bereich zusammen. Alle Wohnungen liegen nach Osten oder Westen ausgerichtet und blicken entweder auf die Straße, oder auf die gemeinschaftliche Grünanlage. Das 2-geschossige Gebäude mit integrierten Pflegeeinrichtungen besteht aus zwei Reihen von 1- oder 2-Zimmerwohnungen, die von einer geschützten Straße im Gebäudeinneren aus erschlossen werden. Die beheizte Straße ist als Gemeinschaftsraum konzipiert, wird von großen Dachfenstern

belüftet und bietet Sitzbereiche mit gebäudehohen Pflanzen. Der Entwurfsgedanke, die Grünflächen in die Anlage zu integrieren, wurde im Zuge einer Mieterbefragung auch in der Ausführungsplanung beibehalten. Die grünen Dächer sind nicht nur eine Reaktion auf das Thema Umwelt und verbessern die Heizwerte des Gebäudes, sondern bieten den meisten Bewohnern der 11-geschossigen Wohntürme einen freundlicheren Anblick. Das zentrale Gemeinschaftsgebäude ist aus Sicherheitsgründen der einzige Zugang zu den Wohngebäuden. Die geschwungenen, farbig verputzten Wände sind von allen Teilen der Anlage aus

erkennbar und bieten Orientierungspunkte für die Bewohner mit unterschiedlichen körperlichen und geistigen Einschränkungen. Der Entwurf einer integrierten Anlage, der auch die Anregungen von Mietern berücksichtigt, hat sich bewährt und wurde von den bisherigen Mietern ausdrücklich gutgeheißen. Viele Bewohner ziehen es vor, in nicht-traditionellen Wohngebäuden untergebracht zu sein, und sind neuen Wohnformen gegenüber aufgeschlossen: „Dass wir alt sind, heißt nicht, dass wir in einem Haus leben wollen, das wie ein Altenheim aussieht.“

B E T R E U T E S W O H N E N – W O H N E N M I T S E RV I C E

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Schnitt

Teilansicht Richtung Norden | Blick in den gemeinsamen Innenhof

„Stadtcarré“ Bad Rappenau, Deutschland

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

Architekt

ASIRarchitekten

Bauherr

Kruck + Partner, Wohnbau- und Projektentwicklung GmbH & Co. KG

Betreiber

Evangelische Sozialstation Bad Rappenau-Bad Wimpfen e.V.

Fertigstellung

2007

Nutzfläche

Wohnfläche: 3.562 m2 Bürofläche: 375 m2 Ladenfläche: 1.936 m2

WE / Plätze

36 WE Betreutes Wohnen (Bauabschnitt 1) 15 WE altengerechtes Wohnen (Bauabschnitt 2)

Nach dem Entwurf von ASIRarchitekten entstand im Zentrum von Bad Rappenau ein neuer Gebäudekomplex, der zum einen eine Mischung aus Öffentlichkeit und Privatheit darstellt und zum anderen Verbindungen und Verknüpfungen innerhalb der Stadt wiederherstellt. Der Komplex beinhaltet neben zahlreichen Geschäften und Wohnungen insgesamt 36 Betreute Wohnungen für ältere Menschen. Zentraler Bestandteil ist eine neue öffentliche Passage. Sie ist auf die Stadtkirche als Bezugspunkt ausgerichtet und stellt die wichtige Verbindung zwischen dem Bahnhof und der Innenstadt wieder her.

Schnitt

Haupttreppenhaus | Eingangsnische mit Küchenfenster

Durch die Passage wird das Stadtcarré in zwei Bauteile gegliedert. Im größeren, östlich gelegenen Gebäudeteil wird auf drei Etagen Betreutes Wohnen angeboten. Dort befinden sich unterschiedliche Wohnungsgrößen, 29 2-Zimmerwohnungen zwischen 45 m2 und 60 m2, aber auch sieben 3-Zimmerwohnungen mit bis zu 90 m 2 Wohnfläche. Die Wohnungen entsprechen im Wesentlichen den Anforderungen der DIN 18025 Teil 1 und 2. Sie sind schwellenfrei und mit Türen von 101 cm Durchgangsbreite sowie behindertengerechten Bädern mit bodengleicher Dusche ausgestattet. Teilweise wurde aber auf eine Umsetzung der DIN verzichtet. So ist beispielsweise ein nicht behinder-

tengerechter Abstellraum in Abwägung zwischen dem Komfort und den zusätzlichen Mietkosten durch eine behindertengerechte Dimensionierung realisiert worden. Jede Wohnung verfügt über eine Loggia, die als zusätzliches „Zimmer“ einen wichtigen Bezugspunkt bildet und den Raumeindruck erweitert. An diese schließt sich auf der einen Seite das Schlafzimmer mit großer Schiebetür zum Wohnbereich an. Ein zweiter Zugang erfolgt vom Wohn-/Esszimmer, welches große Fenster mit Übereckverglasung zur Loggia und niedriger Brüstung aufweist, so dass der Ausblick auf die Straße gewährt wird.

Großer Wert wurde auf die Gestaltung der Eingangsnischen der Wohnungen gelegt, die den Senioren einen privaten Vorbereich schaffen. Dem hohen Sicherheitsbedürfnis der Bewohner wird durch eine visuelle Kontrolle dieses Bereichs über die Eckverglasung in der Küche entsprochen. Eine Videokamera als Ergänzung zur Türöffnungsanlage erlaubt den versichernden Blick auf Besucher. Betreut werden die Wohnungen durch die Sozialstation Bad Rappenau, die ihre Räumlichkeiten mit Küche, einem Pflegebad und anderen Pflegeeinrichtungen in der Eingangsebene des Gebäudes hat. Der ebenfalls dort gelegene Gemeinschafts-

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Lageplan

Blick von der Gemeinschaftsterrasse auf den Hauptbezugspunkt des Areals | Laubengänge mit persönlich gestalteten Wohnungseingängen

raum, der mit Blick auf die Kirche das Atrium mit der Stadt verbindet, wird auch als Konferenzraum genutzt. Der Innenhof dient der Erschließung der Wohnungen über Laubengänge, er wird aber auch als Aufenthaltsraum der Bewohner genutzt. Durch die Überdachung mit einem Foliendach wird der Innenhof zu einem Innenraum und daher für Senioren zu einem ganzjährig nutzbaren Treffpunkt. Das Atrium wird über Erdkanäle mit vortemperierter Frischluft versorgt, die im Anschluss in die einzelnen Wohnungen verteilt wird und deren regelmäßige Belüftung gewährleistet. Je nach Jahreszeit können die Lamellen zur Luftzirkulation am Rand des Foliendaches geöffnet oder geschlossen wer-

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

den. Eine weitere Besonderheit des Gebäudes stellt die Betonkerntemperierung des oberen Laubengangs dar, die die Temperaturspitzen im Sommer und Winter senkt. Im Sommer spenden Bäume im Atrium zusätzlich Schatten. Zu einem angenehmen Raumklima und damit der Aufenthaltsqualität tragen insbesondere die an Edelstahlnetzen rankenden Bougainvilleen bei, die große Mengen an Wasser verdunsten. Neben den genannten Vorzügen stellt der gemeinsame und begrünte Innenhof für viele Bewohner ebenso den Ersatz für den eigenen Garten dar.

Im zweiten, westlich der Passage gelegenen Teil des Gebäudekomplexes sind 15 2- bis 5-Zimmerwohnungen angeordnet, die sich zum Stadtpark orientieren. In ihrer Ausstattung ähneln sie den Wohnungen des Betreuten Wohnens, so dass diese überwiegend von älteren Menschen bezogen werden. Aufgrund der in Bad Rappenau gelungenen Bebauung einer innerstädtischen Freifläche und der hohen Akzeptanz durch die Mieter und Anwohner könnte das Stadtcarré ein wegweisendes Beispiel für andere Städte sein.

Grundriss 1. Obergeschoss (Atriumebene)

Zufahrt Tiefgarage

Grundriss Erdgeschoss B E T R E U T E S W O H N E N – W O H N E N M I T S E RV I C E

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linke Seite Blick aus dem Innenhof in den Gemeinschaftsraum | Foliendach, Ausschnitt | Sitzflächen im Innenhof | Blick vom Park Richtung Südosten

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

rechte Seite Öffentliche Passage Richtung Süden | Innenhof mit Lüftungsbauwerk | Fassadenausschnitte | Innenhof im Abendlicht

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Grundrisse Wohnungstypen

Gestaltung der Außenfassade, Ausschnitt | Vertikale Erschließung | Galerieumgang als halbprivater Bereich | Zentrale, von einem Glasdach überspannte Halle | Stadträumlicher Kontext | Innenfassade

Komplex für Betreutes Wohnen Emerald, Niederlande

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

Architekt

KCAP Architects & Planners

Bauherr / Betreiber

Ceres Projects

Fertigstellung

2006

Nutzfläche

7.675 m2

WE / Plätze

105 Wohnungen

Emerald ist ein großes randstädtisches Entwicklungsgebiet, das im „Vinex“-Programm des holländischen Bauministeriums für weitflächige Neubausiedlungen ausgewiesen wurde. Der Wohnkomplex und das angrenzende Einkaufszentrum, in Programm und Funktion klar voneinander unterschieden, heben sich in ihrem Volumen und Erscheinungsbild deutlich von der sie umgebenden urbanen Struktur ab. Im Einkaufszentrum liegen die Läden im Erdgeschoss und darüber die Wohnungen. Ein Teil der Geschäftsräume ist an Pflegedienstleistungen wie Krankengymnastik, Altenpflege und medizinische Einrichtungen vermietet. Das Wohnungen liegen auf sechs Geschossen, die

Schnitt

Ansicht

ein Atrium mit diversen Dienstleistungsbereichen umgeben. Innenseitig teilt sich das Gebäude in vier vertikale Blöcke und öffnet so Blicke nach außen. Der weite, 2-geschossige Eingang holt den Platz vor dem Gebäude ins Innere hinein. Die Wohnungsgrundrisse kommen in der Regel ohne Flur aus. Statt dessen gibt es einen separaten Raum, der sich über eine doppelflügelige Tür zum Atrium öffnet und alle Räume einer Wohnung miteinander verbindet sowie zur Erweiterung der Wohnung dienen kann. Ein davor verlaufender Balkon betont nochmals die Anbindung der Wohnung an das Atrium. Apartments, zu denen der Zugang über

die Galerie erfolgt, verfügen über einen eigenen Wintergarten, der nach Süden und Westen ausgerichtet ist. Eckwohnungen sind nur indirekt mit dem Atrium verbunden, haben dafür aber eine größere Grundfläche. Aufgrund der ungewöhnlichen Form des Gebäudes gibt es bei den Eckwohnungen vier verschiedene Grundrisstypen, die die jeweilige Ecklage für sich nutzen. Im Regelgrundriss verbinden große Fenster das Wohnzimmer mit dem eigenen Wintergarten oder dem der Nachbarwohnung. Der Wintergarten kann über ein aus zwei Scheiben bestehendes Schiebefenster, das in einen robusten Holzrahmen einge-

setzt ist, nach außen geöffnet werden. Von diesen Schiebefenstern gibt es zwei Varianten: Die eine Glasscheibe wird entweder vor die andere oder vor die Backsteinfassade geschoben. Die sich daraus ergebenden, unregelmäßigen und variablen Muster lassen ein lebendiges und dynamisches Fassadenbild entstehen. Die Atmosphäre des Atriums ist durch die Verwendung von Holz für die Innenfassaden geprägt. Die Balustraden der Galerien verweben sich zu einer durchgehenden transparenten Sichtblende mit fensterartigen Öffnungen ins Atrium.

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Querschnitt Wohnhäuser mit Verbindungsgang

Stadtvillen, Ausschnitt aus der Gesamtanlage | Großflächige Verglasungen und geschützte Balkone vermitteln zwischen Innen- und Außenraum

Elbschloss Residenz

Architekt

Kleffel Köhnholdt Papay Warncke Architekten Feddersen Architekten architekten geising + böker

Bauherr

Pensionskasse Hoechst

Betreiber

Elbschloss Residenz GmbH

Fertigstellung

2001

Nutzfläche

21.347 m2, Wellnessbereich 1.147 m2

WE / Plätze

167 Wohneinheiten, 40 Pflegeplätze, 20 Tagespflegeplätze

Hamburg, Deutschland

Wohnen am Wasser hat in Hamburg Tradition. Schon für Heinrich Heine war die Elbchaussee die schönste Straße Europas. Die „Uferstraße“ verbindet Hamburg mit dem im Westen gelegenen vornehmen Villenvorort Blankenese. Ungefähr auf halber Strecke befindet sich, leicht erhöht, die ehemalige Elbschloss-Brauerei. Die Mälzerei prägte als ein großer backsteinerner Riegel mit seinem dominierenden Turm das weitläufige Gelände, mit dem klassizistischen Elbschlösschen unter hohen Bäumen. Mitte der 1990er Jahre sah ein städtebaulicher Realisierungswettbewerb hier zunächst gehobe-

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

Grundriss Regelgeschoss Barrierefreies Wohnen (1. Obergeschoss Haus 2)

Grundriss Staffelgeschoss Barrierefreies Wohnen (Haus 1)

Seniorengerechtes Wellness-Center mit vielfältigen technischen Hilfsangeboten

nen Wohnungsbau vor, der in einer Mischung mit gewerblichen Einrichtungen und unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes für das ehemalige Restaurantgebäude, die Mälzerei und das Elbschlösschen entstehen sollte. Daraus gingen die Architekten mit ihrem Entwurf zwar als erste Preisträger hervor, schließlich kaufte aber ein Projektentwicklungs- und Bauunternehmen das Grundstück und entwickelte für eine Pensionskasse ein luxuriöses Altenwohnprojekt. Neben der veränderten Bauaufgabe rückten damit auch wirtschaftliche Kriterien in den Vordergrund, so dass nur noch der westliche Teil des Grundstücks mit seinen immer noch über 18.000 m2 als Planungs-

aufgabe verblieb. Auch die Senioren-Residenz bietet, ergänzt von einer Pflegestation, primär Wohnungen, die als abgeschlossene, von den betagten Mietern selbstständig geführte Haushalte bewohnt werden. Darüber hinaus können sie weitere Dienstleistungen in Anspruch nehmen. In dem ehemaligen Elbschlossrestaurant befinden sich auch jetzt ein öffentlich zugängliches Restaurant und ein Veranstaltungsraum, vornehmlich aber Wohnungen. Hier begegnen sich alte und neue Bausubstanz: Die beiden kubischen Neubauten, ein mit Glas verkleideter und ein mit Holz verschalter, stützen, halten und erweitern die

verbliebene Altbausubstanz. Der gläserne Neubau „überhöht“ sogar, in doppeltem Wortsinn, den alten Turm. In Reminiszenz an die im neoklassizistischen Stil erbaute Villa des dänischen Architekten Hansen entstanden im Rücken der ehemaligen Mälzerei insgesamt sieben kubische Stadtvillen. Die 4-geschossigen Gebäude, in denen sich die 167 Wohneinheiten und 40 Pflegeplätze befinden, verteilen sich auf dem Gelände: drei parallel am Rand, vier lose zwischen dem alten Baumbestand. Moderner, leichter und durchlässiger sollten die neuen Häuser mit ihren 50 bis 81 m 2 großen Wohnungen

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Tagesraum für Menschen mit Demenz: Wohnbereich mit Kamin | Aquarium im Lesebereich | Angrenzender Raum zur Entspannung | Gemeinschaftlicher Essbereich

Grundriss Erdgeschoss

jedoch sein: So verfügen sie im holzverkleideten Staffelgeschoss über große, umlaufende Terrassen, und in den darunter liegenden Geschossen sind überdachte Balkone in die Kubaturen eingeschnitten. Die Gewölbekeller der ehemaligen Mälzerei wurden abgerissen, ein geschwungen verlaufender unterirdischer Gang verbindet nun die Einrichtungen der Seniorenresidenz miteinander. Vom Foyer gelangen die Bewohner durch die Wohnhäuser und die dort im Untergeschoss untergebrachten Gemeinschaftsräume bis zum Restaurant an der Elbchaussee. So sichert der Gang eine wetterge-

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

schützte, barrierefreie Verbindung. In Teilbereichen öffnet er sich zum Tageslicht, bietet hier Austritte ins Freie und sorgt so darüber hinaus für eine natürliche Belüftung.

die benachbarte Aufbereitungsküche bedient das Restaurant an der Elbchaussee. Die Tiefgarage mit der Zufahrt von der Elbschlossstraße befindet sich unterhalb der Gebäudesockel.

Als nördlichster Baukörper an der Elbschlossstraße liegt die Pflegevilla. Ihr Sockelgeschoss und das des mittleren Altenwohnhauses sowie die beiden eingerückten Verbindungsflügel nehmen das Foyer mit der Vorfahrt zur Elbschlossstraße auf. Hier befinden sich der Empfang, die Verwaltung, Aufenthaltsflächen, ein kleiner Laden und ein Friseursalon, ein Therapieraum sowie Personalräume. Des Weiteren befindet sich dort ein Speiseraum;

Mit einem seniorengerechten Wellness Center – entworfen von den Architekten geising + böker – will die Elbschloss Residenz Vorreiter in Deutschland sein. Das Herzstück der geplanten 630 m 2 umfassenden Anlage ist ein Pool, in den man mittels eines Hebelifts ohne fremde Hilfe gelangen kann. Die Architekten haben zahlreiche Handläufe und Notrufknöpfe integriert; sie sollen dem betagten Nutzer in den Gymnastikeinrichtungen

Grundriss Erdgeschoss Tagesraum für Menschen mit Demenz

mit speziellen Sportgeräten oder der Softsauna mit Massageduschen selbst bei Überanstrengung das nötige Sicherheitsgefühl vermitteln. Ein rund 100 m2 großer Tagesraum für Bewohner mit Demenz, den das Berliner Büro Feddersen Architekten gestaltete, ergänzt das Angebot. Er wurde nach Art eines Wintergartens als Holz-GlasKonstruktion auf einem Teil der Terrasse gebaut. Die Aufteilung seines Grundrisses orientiert sich an einer traditionellen Wohnung mit über eine Diele erschlossenen Bereichen für Kochen, Essen, Wohnen, Schlafen. Sie ordnen sich rund um den zentralen Kern; er beherbergt das Bad, den Ka-

min und die Versorgungsleitungen. Die differenzierte Zonierung ermöglicht den Bewohnern ein abgestuftes Verhältnis von Nähe und Distanz. Die unterschiedliche Möblierung grenzt die Räume optisch voneinander ab. Wer „die Tür hinter sich zumachen will“, kann sich hier mit mobilen Trennwänden Rückzug verschaffen. Der Eingangsbereich erinnert an eine Diele: Zwei Sessel laden zum Verweilen ein, ein Telefon, die Garderobe und das Schlüsselbrett vermitteln ein vertrautes Gefühl von Zuhause. Die Wohnküche ist mit einem großen Fenster und einer Glastür der Terrasse angegliedert. Die Küchenzeile ermöglicht

den Bewohnern die Mithilfe bei alltäglichen Tätigkeiten wie Gemüseputzen, Kochen und Backen. Die Herdplatte ist in eine auskragende Arbeitsfläche eingelassen; an deren „aktiver Seite“ zur Spüle hin hat die Betreuerin den Kochtopf im Blick, an der „passiven“ den Bewohner. Die lange Tafel im Essbereich lädt mit ihren in hellem Leder bezogenen Stühlen nicht nur zum Speisen, sondern auch zum geselligen Beisammensein ein. Im Wohnzimmer unterstützt der in die mit rötlichem Holz vertäfelte Wohnwand eingelassene Kamin die wohnliche Atmosphäre. Lichtvouten am Übergang zur Decke heben den Kubus optisch ab,

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Grundriss Erdgeschoss ehemaliges Brauereigebäude

Kubische Neubauten | Einbeziehung des alten Ziegelbaus in die neue Bausubstanz, im Hintergrund der gläserne Turm als „Landmark“ | Fassadengliederung Stadtvilla

so dass er wie ein eingestelltes Möbelstück wirkt. Eine Sofa-Sitzgruppe vermittelt eine gemütliche und intime Atmosphäre, ein großer Teppich markiert den freien Raum. Am Fenster bietet ein kleiner runder Tisch die Möglichkeit zum Kartenspiel oder Kaffeetrinken in kleiner Runde. Um die Ecke vermittelt die Bücherwand in der Bibliothek Ruhe und Einkehr. In der benachbarten Sitzecke verstärken ein in die Wand eingelassenes Aquarium und eine in frischem Grün gestrichene Wand die Atmosphäre der Entspannung und Stille. Ein Ecksofa lädt zum Kuscheln und zum Nickerchen ein. In die Decke ist ein künstliches Oberlicht eingelassen, das mit einem Baum-

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

kronen-Dekor mit dreidimensionaler Wirkung das Gefühl vermitteln soll, unter einem Baum zu liegen und in den Himmel zu schauen. Das Zusammenspiel von Licht, Farbe und Klang ermöglicht die Simulation von unterschiedlichsten Stimmungen: Frühlingsanfang versprechen gelbes Licht und Vogelgezwitscher; prasselnder Regen und Lichtblitze künden von einem Sommergewitter. Obwohl die verschiedenen Bereiche bewusst mit ihrer unterschiedlichen Raumwirkung kontrastieren, verbindet sie eine ähnliche Farb- und Materialwahl, bei der Holz und Leder sowie erdige Töne vorherrschen.

Ansicht der verschiedenen Gebäudeteile und Materialien

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Grundriss 2. und 3. Obergeschoss Wohneinheit

The Tradition of the Palm Beaches West Palm Beach, Florida, USA

Architekt

Perkins Eastman

Bauherr / Betreiber

The Whiting-Turner Company

Fertigstellung

2004

Nutzfläche

36.700 m2

WE / Plätze

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Die Seniorenwohnanlage The Tradition of the Palm Beaches entwickelte einen neuen Ansatz für das Wohnen im Alter, indem es ein bestehendes Langzeitpflegeheim zu einem integrierten Wohnund Pflege-Campus erweiterte, der zugleich ein unkonventionelles, flexibles Finanzierungsmodell anbietet. Die Nutzer bezahlen nach dem “Pay-asyou-go“-Prinzip für Serviceleistungen und Unterbringung. Dem Bauherren war es wichtig, bestimmte Aspekte, wie das Wohnen in den eigenen vier Wänden, die Berücksichtigung von kognitiven Einschränkungen und die gemeinschaftliche Or-

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

Grundriss 2. und 3. Obergeschoss Gemeinschaftsraum

Großflächige Wanddekoration im Aufenthaltsbereich | Luxuriös anmutender Flur | Speisesaal im Erdgeschoss | Familiär gestaltete Gemeinschaftsküche

ganisation von Programmen und Serviceleistungen in das Projekt zu integrieren. Ziel war dabei, ein Wohn- und Pflegemodell zu entwickeln, das die Wünsche der potentiellen Kunden – Menschen ab 85 Jahre – ohne die Nachteile einer offensichtlichen Heim- oder Krankenhausatmosphäre erfüllen würde. Das geriatrische Servicezentrum bietet unter anderem Ausbildung und Evaluation sowie ambulante Dienstleistungen für Senioren in ihrer eigenen Wohnung außerhalb des Wohnheims an. Das Dienstleistungsnetzwerk auf einer Fläche von ungefähr 2.800 m 2 steht nicht nur den Bewohnern des Campus, sondern einem erweiterten Einzugsbereich zur Verfügung.

Der etwa 11 ha große Campus, auf dem dieses programmatische Konzept umgesetzt wurde, verbindet 102 Einheiten für selbstständiges Wohnen mit 42 Einheiten für Betreutes Wohnen, das gebrechlichen Bewohnern entsprechend umfangreichere Serviceleistungen und Betreuung bietet. Die beiden Flügel des Komplexes haben einen jeweils eigenen Charakter, aber alle Wohneinheiten sind nach den Grundsätzen des Universal Design gestaltet. Die durchdachte Einteilung des Geländes wie des Gebäudes erlaubt das Nebeneinander von unterschiedlichen Nutzergruppen, die alle von der Flexibilität der Dienstleistungsangebote profitieren.

Der Gesamtentwurf des Gebäudes folgt der zeitgenössischen Version einer üppigen GrandHotel-Architektur, die in Südflorida Tradition hat: Stuckbögen, Veranden mit Terracotta-Platten und intime Innenhöfe leiten in Innenräume über, deren vornehme Gastlichkeit und Wohnlichkeit an Hotelpaläste wie The Cloister und The Breakers erinnert, die um die Wende zum 19. Jahrhundert und damit in der Blütezeit Floridas errichtet wurden. Ein prunkvoller Speisesaal, der einen der drei künstlichen Seen überblickt, ist mit einem Wellness- und Sportbereich sowie anderen Einrichtungen für Freizeitaktivitäten verbunden.

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

Grundriss Regelgeschoss

linke Seite Patio mit Speisemöglichkeit im Freien | Gesamtansicht mit molenartiger Aussichtsplattform im Vordergrund | Rückwärtige Fassaden mit Schwimmbad und kleiner Golffläche | Wohnanlage bei Nacht mit künstlich angelegtem See

Der Komplex war innerhalb von drei Monaten vollständig belegt, gegenwärtig erfolgt eine umfassende Erweiterung. Die Begehrtheit der Anlage mag als Indiz für den Erfolg eines Modells gewertet werden, das auf die Bedürfnisse der Kunden mit Flexibilität und Wahlmöglichkeiten reagiert und zudem eine Warmherzigkeit im Erscheinungsbild schafft, wie sie die Tradition der Südstaaten seit langem kennt. Der Entwurf wurde 2006 vom American Institute of Architects für den „Design for Aging Award“ nominiert und lobend erwähnt. Im gleichen Jahr gewann die Anlage den „Best of Seniors Housing Award“ der National Association of Home Buildings 50+

Housing Council für integrierte Seniorenwohnund -pflegegemeinschaften („Continuing Care Retirement Communities“) in der Kategorie kleine und mittelgroße Gemeinschaften.

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Grundriss Gesamtanlage

Grundriss Nachbarschaftsgruppe Betreutes Wohnen

Außenansicht der auf den Gesamtkomplex angewandten traditionellen Wohnhausarchitektur | Die umschlossene Hauptstraße verbindet sämtliche Bereiche der Anlage | Kapelle im Zentrum der „dörflichen Kleinstadt“ | Traditionell, farbenfroh und wohnlich gestalteter Gemeinschaftsraum | An die interne Hauptstraße angrenzender Außenhof

West View Manor Siedlungsregion der Amischen in Ohio, USA

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

Architekt

JMM Architects, Inc.

Bauherr

BCMC Inc.

Betreiber

West View Manor Inc.

Fertigstellung

2004

Nutzfläche

Neubau: 4.642 m2 Umbau: 150 m2

WE /Plätze

51 neue Einheiten

Der Komplex für Betreutes Wohnen erweitert ein Pflegeheim aus den 1960er Jahren. Mit seiner traditionellen Wohnhausarchitektur wird die gesamte Anlage ästhetisch aufgewertet. Zentrale Entwurfsidee des Projekts ist der städtische Platz. Eine umschlossene „Hauptstraße“ fungiert als Dienstleistungszentrum und als neuer Eingang zum gesamten Campus. Die komplett überdachte Straße ist ganz im historisierenden Stil einer dörflichen Kleinstadt zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehalten. Das „Stadtzentrum“ mit zahlreichen Angeboten fungiert als Bindeglied zwischen den Bereichen für Betreutes Wohnen und dem Pflegeheim.„Grandma’s

Grundriss Nachbarschaftsgruppe Demenz

House“, ein Treffpunkt für Begegnungen zwischen den Generationen, lädt zum ungezwungenen Besuch mit Familie und Freunden ein. Der Komplex ist funktional in Gruppen mit jeweils 15 Einheiten (zwölf in der Demenzgruppe) aufgeteilt. Das Personal kann so sämtliche Bereiche im Auge behalten und Notfälle schnell registrieren. Die Aufteilung in Nachbarschaftsgruppen fördert bei den Bewohnern das Gefühl einer vertrauten Umgebung. Zu der Seniorengemeinschaft, der West View Manor Living Community, gehören auch die außerhalb gelegenen The Villas, einstöckige Apartments für selbstständiges Wohnen. Town Square umfasst

die Bewohnergruppe mit eingeschränkten Gedächtnisleistungen und ist in dem Neubau für Betreutes Wohnen untergebracht. Das West View Manor Nursing Center verbindet Betreutes Wohnen mit fachgerechter Pflege. Die Einheiten für Betreutes Wohnen bestehen aus geräumigen 1- oder 2-Zimmer-Apartments. Eine überdachte Hauptstraße verbindet alle Bereiche des Komplexes miteinander, so dass die Bewohner keinen Regen oder Schnee zu fürchten brauchen. Zimmerpflanzen und -bäume sowie ein stets blauer Himmel holen die Natur nach innen. Die zwölf Wohneinheiten umfassende Nachbarschaftsgrup-

pe Bridges bietet spezielle Hilfen zur Förderung des Gedächtnisses. Bridges stützt sich dabei auf die „Snoezelen“-Therapie, ein spezieller Ansatz für Menschen mit kognitiven Einschränkungen, der in den Niederlanden entwickelt wurde (der Name ist eine Kontraktion aus den niederländischen Verben für „schnuppern“ und „schlummern“). Eine multisensorische Atmosphäre aus Klängen, Düften, Farben und anderem mildert Depressionen und Erregungszustände.

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Lageplan

Außenansicht von Norden | Eingangslobby | Raum zur Erholung und Entspannung | Einzelzimmer im Bereich Betreutes Wohnen mit unterfahrbarem Waschtisch | Japanisches Zimmer für Feste und Gäste

Seniorenresidenz Will Mark Kashiihama Fukuoka-City, Japan

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

Architekt

KUME SEKKEI

Bauherr

Fukuoka Jisho Senior Life Co., Ltd.

Betreiber

City Care Service Co., Ltd.

Fertigstellung

2005

Nutzfläche

14.352 m2

WE / Plätze

54 Betreutes Wohnen 105 Standardzimmer

Die Lage in der Bucht von Kashiigata, 20 Busminuten vom Zentrum Fukuokas entfernt, sowie ein an Hotelbetrieben orientiertes Planungskonzept, wie man es in Japan und USA bei Seniorenimmobilien häufig antrifft, bestimmen den Charakter von Will Mark Kashiihama. Für das Konzept dieser Seniorenresidenz steht zum einen das Architekturbüro KUME SEKKEI, ein im Hotelbau sehr erfahrenes Unternehmen (1932 gegründet), zum anderen ein Bauherr, der in der Region sowohl Hotels als auch mehrere Senioreneinrichtungen betreibt.

スクリーン

Grundriss Betreutes Wohnen

Grundrisse Standardzimmer

Der außen funktional und geradlinig wirkende 11-geschossige Stahlbetonbau mit vorgehängter Ziegelfassade – mit auf der Nordseite angegliederten, separaten 3-geschossigen Blöcken, die das Betreute Wohnen aufnehmen – weist im Inneren alle Merkmale eines Hotels gehobener Kategorie auf. Hier findet jeder Mieter abwechslungsreiche Gemeinschaftsareale, seien es die luxuriöse Lounge mit Billardzimmer oder Bibliothek, Veranstaltungssaal, Seminarraum, Friseur- und Kosmetiksalon, Fitnessraum und nicht zuletzt eine Badeabteilung mit beeindruckendem Panoramablick über die Stadt. Das Interieur der genannten Räume weist insgesamt einen

zeitgenössischen, amerikanisch-angelsächsisch beeinflussten Stil auf, ist im Einzelnen jedoch differenziert genug, um in der Aufenthaltsqualität unterschiedlichen Bedürfnissen und Stimmungen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus gibt es ein „Japanisches Zimmer“, das gern für Familienfeste beziehungsweise größere Gästerunden genutzt wird. Die im Hochhaus gelegenen Wohnungen für aktive und mobile ältere Menschen sind mit ihren Fenstern und Balkonen nach Süden ausgerichtet und werden in unterschiedlichen Größen von 48 bis 80 m 2 angeboten. Allen gemeinsam ist eine

offene Raumaufteilung mit voll ausgestatteten Küchen, abtrennbar unter anderem durch „japanische“ Schiebetüren. In ihrer Mobilität eingeschränkten alten Menschen steht Wohnraum in den niedrigen blockartigen Häusern, verbunden mit einem 24-StundenPflegeservice und direktem Anschluss an eine nahe gelegene Klinik, zur Verfügung. In den 24 m2 großen Einzelzimmern sorgen jeweils zwei große, zu unterschiedlichen Himmelsrichtungen angeordnete Fenster für maximalen Lichteinfall und einen Eindruck von Weite. Die Zimmer und Bäder sind barrierefrei und mit diversen techni-

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Hell erleuchteter Eingangsbereich bei Nacht | Badeabteilung mit Panoramablick | Begrünter Innenhof, umschlossen von den Gebäudekuben des Betreuten Wohnens | Lounge mit Billard-Ecke

schen Hilfsmitteln ausgestattet; die horizontalen Flächen teilweise unterfahrbar. Helle Hölzer und Polsterbezüge in zartem Grün lassen sämtliche Bereiche des Betreuten Wohnens heiter und offen wirken. Abwechslungsreich gestaltete Innenhöfe ergänzen die gesamte Anlage und ermöglichen den unmittelbaren Kontakt zum Außenraum. Zugleich fördern sie – wie auch die Gemeinschaftsbereiche im hotelähnlichen Trakt – die Kommunikation zwischen den Bewohnern beider Gebäudeteile.

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BETREUTES WOHNEN – WOHNEN MIT SERVICE

Für die nötige Sicherheit der Mieter und Gäste, selbst bei nächtlicher Heimkehr, sorgt die vollständige Ausleuchtung der Eingangszonen und Parkplätze sowie die stets personell besetzte Rezeption.

Gesamtanlage Grundriss 2. Obergeschoss

Gesamtanlage Grundriss 1. Obergeschoss

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Zielgruppenorientiertes Wohnen Die sich verlängernde Lebenszeit lädt zwar ein, gerade im Alter Neues auszuprobieren, letztlich aber scheint beim Wohnen meist doch die Macht der Gewohnheit die Oberhand zu gewinnen, und die Wohnbiografie wird fortgeschrieben. Trotz oder womöglich eben wegen der wachsenden Individualisierung des Wohnens zeigt sich zunehmend eine „Gleich-und-gleichgesellt-sich-gern“-Mentalität im Sinne zielgruppenorientierter Wohnformen, die sich zudem auch von Seiten der Investoren und Anbieter lukrativer vermarkten lassen. Neben bereits erprobten Mehrgenerationen- oder Frauenprojekten gewinnt in Metropolen bereits heute die Gruppe der schwul-lesbischen Lebensgemeinschaften immer mehr an Bedeutung. Wie schon in der auf sie ausgerichteten Entwicklung von Lifestyle-Produkten erkennbar, zählen sie mehrheitlich zu einer der vergleichsweise solventeren und ästhetisch anspruchsvolleren Bevölkerungsgruppen. Die Vorstellung vieler Homosexueller von Alters- und Pflegeheimen sind in der Regel mit Ängsten vor Ausgrenzung und deshalb eher negativ besetzt. Daher unternehmen immer mehr von ihnen – häufig in Form von selbstinitiierten Gruppen – den Versuch, im Rahmen von Bauherrengemeinschaften ihren eigenen Bedürfnissen für das Wohnen und Leben im Alter bis hin zur Pflegebedürftigkeit Raum zu geben. Die Tendenz hin zu zielgruppenorientierten Konzepten lässt sich auch in anderer Hinsicht erkennen: So ziehen im Alter etwa ehemalige Häuslebauer, die in der Peripherie gewohnt haben, nachdem die Kinder aus dem Haus sind, die zentral gelegene, kompakte Stadtwohnung ihrem Eigenheim vor. Auch Konzepte für Bewohner mit ähnlichem biografischem Hintergrund beispielsweise mit vergleichbaren Berufsfeldern zeigen sich am dem Markt.

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Grundrisse Wohnungstypen Brouwersgracht

Brouwersgracht und L.A. Rieshuis Amsterdam, Niederlande

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ZIELGRUPPENORIENTIERTES WOHNEN

Architekt

mecanoo architecten

Bauherr

Aannemersbedrijf J. Scheurer & Zn.

Fertigstellung

1998

Nutzfläche

Brouwersgracht 848 m2 L.A. Rieshuis 555 m2

WE / Plätze

Brouwersgracht: 7 Apartments, 1 Studio L.A. Rieshuis: 7 Apartments

Die Wohnangebote der Brouwersgracht und des L.A. Rieshuis liegen im Zentrum Amsterdams in unmittelbarer Nähe zueinander und sind Teile eines geschlossenen Gebäudeblocks. In der Brouwersgracht befinden sich sieben kompakte Stadtwohnungen und ein Studio. Die besondere Herausforderung des Entwurfs für diesen Standort bestand in der Anpassung der neuen Fassade an die vorhandene historische, urbane Stadtstruktur mit den Grachtenhäusern. Zudem sind die Häuser aufgrund der vorhandenen Parzellierung der Grundstücke sehr schmal und hoch. Das Resultat ist eine 11 m breite Fassade, die in einen hohen, schmalen

Schnitt Gebäude Vinkenstraat

Innenraum des Hauses in der Brouwersgracht | Schmale, 4 m hohe Eingangshalle mit Treppenaufgang | Einbindung der neuen Fassade in die historische Stadtstruktur | Gebäude in der Vinkenstraat, Hofseite | Blick auf die 11 m breite Fassade in der Brouwersgracht

sowie einen niedrigeren und breiteren Teil untergliedert ist. Durch die Kombination von großen Schiebefenstern mit Holzpaneelen sind in der höheren Fassadenhälfte zusätzliche Außenbereiche in Form von französischen Balkonen entstanden. In der Vinkenstraat haben mecanoo architecten sieben kompakte Apartments, die mit einem Aufzug erschlossen werden, entworfen. Zusammen mit einem Gemeinschaftsraum bilden diese das L.A. Rieshuis: eine von der L.A. Ries-Stiftung initiierte Wohngruppe homosexueller Senioren. Die altengerechten Wohnungen bieten unter anderem Ausblicke auf den hofseitigen Garten sowie das

angrenzende Pflegeheim. Von jeder Etage aus hat man Zugang zu großzügigen, gemeinschaftlich genutzten Balkonen. Die schlichte Fassade des Gebäudes betont die Einheit des gesamten Komplexes und wird nur durch die versetzt angeordneten Fenster unterteilt. Dadurch differiert der Einfall von Tageslicht in den einzelnen Wohnungen. Während sich die straßenseitige Fassade expressiv in rotem Backstein zeigt, ist die hofseitige mit rotem Zedernholz verkleidet. Dort befinden sich schlanke, stählerne Balkone. Diese sind versetzt zueinander angeordnet, um ein Höchstmaß an Lichteinfall und eine leichtere Kom-

munikation zwischen den Bewohnern zu ermöglichen. Im Erdgeschoss des Gebäudes liegt eine große Halle, in der Eintretende auf ein Kunstwerk von Marcel Kronenburg treffen: ein „Gartenhäuschen“ aus Plastik mit gewelltem Dach und künstlichem Grasboden, das als Gemeinschaftsraum dient. Von hier aus haben die Bewohner direkten Zugang zum angrenzenden Pflegeheim. Im Bedarfsfall können die selbstständig wohnenden Mieter des Hauses dort Serviceangebote in Anspruch nehmen.

Z I E LG R U P P E N O R I E N T I E RT E S W O H N E N

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Grundriss Regelgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Palladiumflat Groningen, Niederlande

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ZIELGRUPPENORIENTIERTES WOHNEN

Architekt

Johannes Kappler Architekten

Bauherr / Betreiber

Chr. Woningstichting Patrimonium

Fertigstellung

2006

Nutzfläche

7.890 m2

WE / Plätze

44 Wohneinheiten

Die Palladiumflat ist das erste realisierte Projekt des städtebaulichen Programms „De Intense Stad“ in Groningen und wurde von den Johannes Kappler Architekten aus Deutschland entworfen. Es handelt sich nicht um Betreutes Wohnen im klassischen Sinn, sondern um ein Wohngebäude für die Zielgruppe der über 50-jährigen, die zuvor in einem Einfamilienhaus, zum Teil auch in den Vororten, gewohnt haben und ihre Wohnsituation den durch das Älterwerden bedingten Veränderungen der Lebensumstände anpassen wollen. Ziel des Entwurfs war es, die besonderen Qualitäten eines Einfamilienhauses – Privatheit, großzügige Freiräume – mit dem Wohnen auf der

Querschnitte

Südfassade des extrem schlanken Hochhauses | Abschließbarer Wintergarten an der Südseite | Wechsel der Fensterfronten durch etagenweise gespiegelte Grundrisse | Äußerer, auf Stützen ruhender Eingangsbereich

Etage in einem Mehrfamilienhaus zu verbinden. Zugleich sollte in allen Wohnungen das gleiche Maß an Lichteinfall geboten werden. Es entstand ein elegantes Hochhaus mit zwei Liftkernen, die jeweils zwei Wohneinheiten pro Geschossebene erschließen. Durch die extreme Schlankheit des Gebäudes mit einer Tiefe von 8,70 m sind verschiedene atmosphärische Qualitäten in den Wohnungen erlebbar, denn der zentrale Wohnbereich jeder Mieteinheit orientiert sich sowohl zur belebten Straße im Norden als auch zur ruhigen gemeinschaftlichen Grünfläche im Süden. Anstelle von Balkonen verfügen die

Wohnungen an der Südseite über abschließbare Wintergärten und an der Nordseite über große Glasfronten, die vollständig zu öffnen sind. Alle Wohnungen sind barrierefrei und an die Anforderungen von Bewohnern mit körperlichen Einschränkungen anpassbar. Die Grundrisse der Wohnungen sind von Etage zu Etage gespiegelt, was an den wechselnden Fensterfronten in jedem zweiten Stockwerk zu erkennen ist. Dadurch gelingt es, acht verschiedene Wohnungstypen im Haus zu verteilen. Alle sind stützenfrei gestaltet, was spätere Anpassungen des Wohnungsgrundrisses problemlos

ermöglicht und ein Optimum an Raumnutzung und Lichteinfall zulässt. Seine Stabilität erhält das Gebäude durch tragende Außenwände, die dennoch große, zum Teil übereck verlaufende Fenster zulassen. Im Erdgeschoss befinden sich neben den zwei Eingangsfoyers ein Seniorentreffpunkt für den gesamten Stadtteil und das Büro einer Seniorenorganisation.

Z I E LG R U P P E N O R I E N T I E RT E S W O H N E N

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Lageplan

Schnitt

Ansicht von Südwesten mit vorgelagerten offenen Grünflächen | Westfassade der drei Gebäudevolumen | Erschließungskern mit Aufzug und Treppe | Laubengänge auf der Ostseite zur Erschließung der Wohnungen

Seniorenwohnungen Nedregaard Boligområde Ålesund, Norwegen

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ZIELGRUPPENORIENTIERTES WOHNEN

Architekt

LONGVA ARKITEKTER AS

Bauherr / Betreiber

Daaeskogen Eiendom AS

Fertigstellung

2003

Nutzfläche

7.300 m2

WE / Plätze

45 Wohneinheiten

Ältere Menschen, die aus einem Einfamilienhaus in eine barrierefreie Wohnung umziehen wollten, waren die erklärte Zielgruppe für dieses privat finanzierte Projekt, das auf den wachsenden Bedarf an seniorengerechten Eigentumswohnungen reagiert. Unterstützt wurde das Vorhaben daher von der Staatlichen Norwegischen Wohnungsbau Bank, die günstige öffentliche Kredite für die Käufer der Wohnungen bereit stellte. Für den Entwurf und die Ausführungsplanung der Architekten bedeutete dies, dass in Bezug auf Barrierefreiheit und Baukosten vorrangig die Richtlinien des Geldinstituts einzuhalten waren.

Grundriss 4. Obergeschoss

Grundriss 2. Obergeschoss

Das Grundstück liegt am Rande des Stadtzentrums von Ålesund, nach Westen und Süden zu offenen Grünflächen hin orientiert, so dass die Bewohner von den geschützten Terrassen aus eine attraktive Aussicht auf den Fjord und die angrenzenden Berge haben. Ein Vegetationsgürtel schirmt die Wohnungen nach Osten und Norden gegen eine viel befahrene Straße beziehungsweise ein Einkaufszentrum ab. Die Wohnungen verteilen sich auf drei 4-geschossige Gebäudevolumen, zwischen denen die Gemeinschafts- und Erschließungsflächen mit Treppenhaus und Aufzug liegen. Die 2-, 3- und

4-Zimmerwohnungen von 65 bis 150 m2 werden über 1,80 m breite Laubengänge erschlossen, die zudem als Puffer gegen den Verkehrslärm dienen. Jede Wohneinheit ist durch einen kleinen, außen liegenden Abstellraum abgeschirmt, so dass eine private Zone vor dem Eingang und der Küche entsteht. Unabhängig von ihrer Größe sind alle Wohnungen so ausgerichtet, dass jeweils zwei Räume einen schwellenfreien Zugang zu den großflächigen, überdachten Terrassen bieten. Die damit verbundene Verschattung der Räume wird durch eine größere Deckenhöhe als üblich ausgeglichen.

Um der Forderung nach geringen Baukosten zu entsprechen, wurde ein überaus einfaches, rationelles Konstruktionssystem mit tragenden Betonwänden zwischen jeder Wohnung angewandt. Der Achsabstand von 7,50 m steht in einem optimalen Verhältnis zur Wandstärke und erwies sich zudem bei der Planung der Parkplätze im Kellergeschoss als sinnvoll. Die Außenwände des Wohnhauses bestehen aus einer schlichten Holzkonstruktion mit einer Verkleidung aus dunkel gebeiztem Tannenholz.

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Querschnitt

Die „Höflizone“ fördert die Kommunikation unter den Bewohnern | Dachgeschoss, Beispiel für Ausbau und Inneneinrichtung | Eingangs- und Erschließungsbereich, Neubau | Gemeinschaftlich genutzte Flächen im Erd- und Untergeschoss | Ehemalige Stickereifabrik mit Anbau, Ansicht von oben

Wohnfabrik Solinsieme St. Gallen, Schweiz

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ZIELGRUPPENORIENTIERTES WOHNEN

Architekt

ARCHPLAN AG

Bauherr / Betreiber

Solinsieme – Genossenschaft für neue Wohnform

Fertigstellung

2002

Nutzfläche

1.440 m2 (ohne Verkehrsfläche)

WE / Plätze

17 Wohneinheiten

Die mit dem Age Award 2007 der Schweizer Age Stiftung ausgezeichnete, autonom organisierte und genossenschaftlich finanzierte „Wohnfabrik Solinsieme“ gilt als ein ermutigendes Beispiel für all jene, die sich am Beginn der zweiten Lebenshälfte mit dem Gedanken tragen, individuelles Wohnen mit gemeinschaftlichem Zusammenleben zu verbinden. Der dem Italienischen entlehnte Name, eine Verbindung aus „solo“ (allein) und „insieme“ (zusammen), ist hier Programm. Zur Realisierung einer solchen Wohnform erwarben die vier Initiatorinnen in enger Abstimmung mit den Architekten Bruno Dürr und Armin Oswald im Jahr 2000 die ehemalige Stickereifabrik nahe des Zentrums von St. Gallen.

8

Grundriss Erdgeschoss

In einer dreizehnmonatigen An- und Umbauphase wurde die Substanz des Altbaus von 1880 und die des Anbaus von 1887 im Westen übernommen, während der südlich gelegene Anbau aus dem Jahr 1950 durch einen die Kommunikation fördernden Neubau ersetzt wurde, bestehend aus einer Eingangs- und Erschließungszone, Außenräumen und Terrassen. Entstanden sind 17 Wohnungen in Stockwerkeigentum, einer Schweizer Variante des Wohnungseigentums, sowie zahlreiche Räume zur gemeinschaftlichen Nutzung, die fast 20 Prozent der Gesamtfläche ausmachen. Dies sind insbesondere der U1 genannte zentrale Gemeinschaftsraum mit Küche und Bar, in dem regelmäßig unterschied-

lichste Veranstaltungen stattfinden, sowie zwei Ateliers, ein Gästezimmer und eine allgemein zugängliche Dachterrasse. Als das Herzstück gilt der straßenseitige Erschließungsbereich mit der einladenden Sonnenterrasse. Die hellen, zwischen 56 und 93 m2 großen Wohnungen zeichnen sich durch eine Vielzahl von Grundrisslösungen und ein hohes Maß an Individualität in der Gestaltung und Materialgebung aus, da in den nutzerrelevanten Bereichen ein Mitspracherecht der künftigen Eigentümer bestand. Weil es keine verwinkelten Badezimmer oder Korridore gibt, sondern als Box eingestellte Nassräume sowie

offene Küchen, wirken die Wohnungen insgesamt recht großzügig. Befragungen zufolge sind rund 90 Prozent der Bewohner von Solinsieme mit ihren Wohnungen sehr zufrieden, obwohl ihnen nicht verborgen geblieben ist, dass die von der Motivation her für das Wohnen im Alter bezogene Immobilie einige Defizite hinsichtlich der Barrierefreiheit aufweist. Offenbar vertrauen sie darauf, wenn es nötig werden sollte, gemeinsam entsprechende Lösungen zu finden.

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Grundriss Erdgeschoss

Straßenseitige Fassade mit zentralem Durchgang | Großflächig verglaster Innenraum | Maisonettewohnung im Dachgeschoss | Hofseitiger Laubengang | Begrünter Hofbereich als Rückzugsraum für die Bewohnerinnen | Schlichte, rückwärtige Fassade

Beginenhof Berlin, Deutschland

Architekt

PPL Barbara Brakenhoff

Betreiber

Verein BeginenWerk e.V.

Fertigstellung

2007

Nutzfläche

3.780 m2

WE / Plätze

53 Wohnungen (davon vier Maisonettewohnungen), zwei Gästewohnungen

„Gemeinschaftlichkeit und Individualität, Freiheit und Schutz, Nähe ohne einzuschränken“ lautet das Motto des 2007 fertig gestellten Wohnhauses in der Tradition der Beginen, welche als unabhängige Frauen bereits im 12. Jahrhundert ihr gemeinsames Leben nicht in Klöstern, sondern in relativer Freiheit und Selbstständigkeit in der Gemeinschaft anderer Frauen lebten. In ruhiger und attraktiver Lage nahe dem innerstädtischen Landwehrkanal in Kreuzberg gelegen, befindet sich das von der Architektin Barbara Brakenhoff konzipierte Gebäude in einem lebendigen, städtebaulich und funktional abwechslungsreichen

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ZIELGRUPPENORIENTIERTES WOHNEN

Grundriss 7. Oberschoss

Grundriss 6. Oberschoss

Stadtteil Berlins. Es fügt sich als Blockrandschließung in die bestehende gründerzeitliche Bebauung ein und ist als 7-geschossiges Gebäudepaar mit zwei Erschließungskernen konzipiert. Die Haupterschließung sämtlicher Wohnungen erfolgt über den gebäudemittig liegenden Durchgang, der den öffentlichen vom halbprivaten Raum durch ein Tor trennt und einen Rückzugsraum für die Bewohnerinnen im Hofbereich herstellt. Jeweils vier Wohnungen auf einer Etage werden über den hofseitigen Laubengang von einem Treppenhaus mit Fahrstuhl erschlossen. Im Erdgeschoss befinden sich die Gemeinschaftsräume des Wohnprojekts sowie Gäste- und Privatwohnungen. Insgesamt bietet das

Haus 53 behindertengerecht gestaltete Wohnungen. Die Grundrisstypologie der Wohnungen wurde in drei Größenklassen entwickelt, wobei die Größe der Wohnungen zwischen 56 und 105 m2 variiert. Besondere Ausprägungen bieten Erdgeschosswohnungen mit jeweils einem privaten straßen- und hofseitigen Vorgarten sowie die im Dachgeschoss befindlichen großzügigen Maisonettewohnungen mit ihren großen Terrassen. Die räumliche Struktur des Gebäudes wurde so konzipiert, dass Kommunikation und soziale Beziehungen erleichtert und gefördert werden: Innerhalb eines jeden Geschosses wird je eine Vierergruppe von

Bewohnerinnen durch die Wohnungserschließung über einen Laubengang angeregt, diesen gemeinschaftlich zu gestalten und zu nutzen. Die Balkone, die sich über die gesamte Breite erstrecken, und die Loggien sind einander zugewandt, so dass diese Bereiche auf Wunsch zusammengeschlossen werden können. Den Anforderungen dieses Wohnprojekts gemäß schafft das Haus – entwickelt in einem Prozess intensiver Abstimmung mit den Bewohnerinnen entsprechend ihren unterschiedlichen Wohnbedürfnissen – einen Raum für Geselligkeit und Individualität, Gemeinschaft und Selbstverwirklichung von Frauen.

Z I E LG R U P P E N O R I E N T I E RT E S W O H N E N

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Grundriss Erdgeschoss

Eingangssituation | Reihenbungalows in der Tradition mexikanischer Lehmputzbauten | Hofseite | Gesamtanlage in der Umgebung

RainbowVision Santa Fe, New Mexico, USA

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ZIELGRUPPENORIENTIERTES WOHNEN

Architekt

Lloyd & Associates Architects

Bauherr / Betreiber

RainbowVision Properties

Fertigstellung

2006

Nutzfläche

Gemeinschaftsbereich und Betreutes Wohnen: 4.188 m2 Übriges Wohnen: 11.731 m2

WE / Plätze

Betreutes Wohnen: 26 Übriges Wohnen: 120

RainbowVision Santa Fe ist die erste Seniorenwohnanlage in den USA für schwul-lesbische Bewohner. Die Einrichtung liegt in einer kulturellen Oase in der Hochwüste und gilt als besonders attraktiv. Der Traum von schwul-lesbischen Seniorengemeinschaften ist nach Aussagen politischer Vertreter dieser Gruppen so alt wie die Lesben- und Schwulenbewegung selbst, die 1969 nach den StonewallUnruhen im New York entstand, als es bei einer Razzia in einer Bar zu Zusammenstößen zwischen Polizei und schwulem Publikum kam. Erst in jüngster Zeit wurden erste Projekte dieser Art verwirklicht: Gesamtlösungen wie RainbowVision, kon-

Grundriss Erdgeschoss, Ausschnitt

ventionelle Anbieter, die Häuser, Wohnungen und Grundstücke speziell an schwul-lesbische Kunden vertreiben, gemeinnützige städtische Projekte zur Bereitstellung erschwinglichen Wohnraums sowie Mischformen dieser drei Varianten. Nach Angaben der American Society on Aging haben einige Initiativen Grundstücke erworben, beispielsweise in Pecos, New Mexico, und Zionville, North Carolina, oder innerstädtische Wohnungen gekauft oder gemietet, so in Boston und Los Angeles; im kalifornischen Santa Rosa gibt es eine Anlage, die Einzel- und Reihenhäuser und Pflegeeinheiten umfasst. RainbowVision besteht aus 146

Eigentums- und Mietwohnungen auf einem ca. 2 ha großen Gelände. Das Gemeinschaftsgebäude El Centro umfasst eine Cafeteria, Ateliers, Seminarräume, eine Lounge und Veranstaltungssaal sowie ein Fitness- und Wellness-Studio. Für gebrechliche Bewohner stehen im obersten Geschoss Apartments für Betreutes Wohnen zur Verfügung. RainbowVision zieht vor allem mittelständische Senioren aus den gesamten USA an. Der Markt für homosexuelle Senioren ist groß, ohne dass es genaue Zahlen gäbe, da bei Volkszählungen nicht nach der sexuellen Orientierung gefragt wird. Schwul-lesbische Seniorengemeinschaften stehen auch Hete-

rosexuellen offen. Laut Angaben von SAGE, einer gemeinnützigen Organisation für homosexuelle Senioren in New York, gibt es in den USA 2,9 Millionen schwule Männer und lesbische Frauen über 55. Wie heterosexuelle Senioren wollen laut Studien auch homosexuelle Menschen zu Hause alt werden. Projekte wie die von RainbowVision sind daher nur für etwa 10 bis 20 Prozent dieser Gruppe interessant. Ungeachtet dessen altern homosexuelle Senioren unter anderen Bedingungen: SAGE schätzt, dass 90 Prozent von ihnen keine Kinder und fast 80 Prozent keinen Partner beziehungsweise keine Partnerin haben.

Z I E LG R U P P E N O R I E N T I E RT E S W O H N E N

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Querschnitt

Längsschnitt

Altenheim Kenyuen Wakayama, Japan

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ZIELGRUPPENORIENTIERTES WOHNEN

Architekt

Motoyasu Muramatsu

Bauherr

Tobishima corporation

Betreiber

Health care corporation KENYU-KAI

Fertigstellung

2001

Nutzfläche

Gebäude 4.973 m2, Außenraum 15.490 m2

WE / Plätze

20 Wohnungen, 75 Pflegeplätze (62 Einzel-, 13 Doppelzimmer)

Am südlichsten Punkt des japanischen Festlands, im Naturpark der Präfektur Wakayama, befindet sich auf den Klippen über dem Pazifischen Ozean ein Wohnund Pflegeheim, das Menschen vorbehalten ist, die einen Großteil ihres Lebens in unmittelbarer Nähe zu den Zyklen der Natur beziehungsweise im Rhythmus des Meeres verbracht haben, deren Berufswelt die Landwirtschaft oder Fischerei war. Mit Blick auf diese Personengruppe hat Motoyasu Muramatsu ein Haus entworfen, das seinen Bewohnern einen „Lebensabend zwischen Ozean und Himmel“ ermöglichen soll und zugleich der einzigartigen Topografie des Ortes gerecht wird. Letztere

Grundriss Erdgeschoss, Ausschnitt

Integration des Gebäudes in die raue Felslandschaft | Großflächige Verglasungen bieten stets einen freien Bick auf den Ozean | Bodentiefe Fenster mit abgesenkten Brüstungen in den Fluren und Pflegezimmern | 2-geschossiger Speiseraum mit in den Luftraum eingestellter Galerie

kennzeichnet eine raue Felslandschaft, dunkle, von schwarzen Johannisbeeren überwachsene Klippen und eine atemberaubende Präsenz des Ozeans. Die elegante, reduzierte Gebäudeform bildet hier einen Kontrast zu der urwüchsigen Küstenlandschaft und lässt das Bauwerk ebenso zurückhaltend wie skulptural erscheinen. Das ausgedehnte Z-förmige Gebäude aus dunkel gefärbtem Sichtbeton erstreckt sich, direkt an einer der Hauptverkehrsstraßen des Landes gelegen, auf der Nord-Süd-Achse zwischen Gebirge und Meer. Seine drei Geschosse sind der Gesteinsformation der Landschaft entsprechend in einer horizontalen Schich-

tung angeordnet, was zugleich die Weitläufigkeit der Anlage betont. Großflächige Verglasungen und die sehr schmale Form führen zu einer maximalen Durchdringung von Innen- und Außenraum, wobei der Natur, insbesondere dem einfallenden Tageslicht, baulich scheinbar nichts entgegengesetzt wird. Um so leichter fällt es den Bewohnern, sich jederzeit und überall im Haus ihrer Affinität zum Meer sowie der Weite der Natur zu vergewissern. Verbunden mit vielfältigen pflegerischen Angeboten, die das körperliche Wohlbehagen fördern – Wellness-Leistungen zum Beispiel sind in Japan selbstverständlich – erhofft man sich davon eine Stärkung des Bewusst-

seins für die eigene Biografie und die Identifikation mit der ländlichen Umgebung. Mitunter wirkt der Aufenthalt dort auch im Sinne einer Rehabilitation, mit deren Hilfe ein älterer Mensch in sein „normales“ Leben zurückkehren kann. Des Weiteren sollen die reizvolle Lage und die gute Erreichbarkeit dazu beitragen, dass Angehörige, die zumeist in der Stadt leben und arbeiten, ihre Angehörigen im Kenyuen Altenheim gern und regelmäßig besuchen. Dazu dient unter anderem der im Mitteltrakt angeordnete Gemeinschaftsbereich, der als Besuchsraum eine öffentliche Funktion übernimmt.

Z I E LG R U P P E N O R I E N T I E RT E S W O H N E N

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Schnitte

Lichtdurchfluteter Korridor | Therapieraum

Bei aller nach außen vermittelten Offenheit trägt die Raumorganisation im Inneren dennoch dem Bedürfnis alter Menschen nach Ruhe, Sicherheit und Stabilität – vor allem aber dem Wunsch, in Würde alt zu werden – Rechnung. Letzteres ist keineswegs selbstverständlich, da hilfe- und pflegebedürftige alte Menschen ständig mit Verletzungen ihrer Privatsphäre konfrontiert sind und ihre körperlichen Einschränkungen gern zu verbergen suchen. Dem Architekten war es daher besonders wichtig, Räume zu schaffen, die die Bewohner ihre Lebenssituation weitgehend vergessen lassen zugunsten größtmöglicher Ungezwungenheit. Alle Einzelzimmer bieten individuelle Gestaltungsmöglichkeiten, wobei das Bett, als zen-

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ZIELGRUPPENORIENTIERTES WOHNEN

trales Raumelement, so ausgerichtet ist, dass jeder Bewohner im morgendlichen Sonnenlicht erwacht. Dank der aus der Z-Form resultierenden Weitläufigkeit des Bauvolumens war es möglich, eine Vielzahl unterschiedlich dimensionierter und definierter, sowohl intimer als auch öffentlicher Räume anzulegen. So steht den zahlreich vorhandenen sehr privaten Rückzugsmöglichkeiten ein hierarchisch geordnetes System von Gemeinschaftsbereichen gegenüber, so dass die Bewohner wie in einem dörflichen Gefüge ihre Eigenständigkeit beibehalten und „Lieblingsplätze“ bestimmen können. Öffentlichkeit findet im nahezu vollständig verglasten Mitteltrakt des

Gebäudes statt, wo in einer zwei Geschosse hohen Halle der Speiseraum mit Galerie untergebracht ist. Hinzu kommen eine ausgedehnte Terrasse sowie die Empfangshalle im 1. Obergeschoss. Die an den Mitteltrakt angrenzenden Bereiche beherbergen verschiedene Therapieeinrichtungen, wie Gymnastikraum, Schwimmbecken und die in Japan besonders geschätzten Badezimmer. Mit Kenyuen wurde eine beinahe poetisch zu nennende Entwurfsidee in ein Architektur- und Pflegekonzept umgesetzt, das letztlich als ein Plädoyer für die Kraft und Schönheit der Natur verstanden werden kann.

Grundriss 2. Obergeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss Erdgeschoss

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linke Seite Lageplan und Topografie | Fassadengliederung, Ausschnitt | Therapieschwimmbad, 2. Obergeschoss rechte Seite Zufahrt von Norden | Dunkel gefärbter Sichtbeton und Glasfassaden bilden auch bei Nacht einen interessanten Kontrast | Die schmale Z-Form unterstreicht die Weitläufigkeit der Anlage

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ZIELGRUPPENORIENTIERTES WOHNEN

Z I E LG R U P P E N O R I E N T I E RT E S W O H N E N

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Wohnen für Menschen mit Demenz Bereits heute stellt die Diagnose Demenz für Pflegeheime – über 70 Prozent ihrer Bewohner sind davon betroffen – eine große Herausforderung dar. In Anbetracht der wachsenden Zahl von Menschen mit Demenz und deren besonders großem Bedürfnis nach Geborgenheit hat sich in den letzten Jahren eine bauliche Differenzierung im stationären Bereich in so genannte „Hausgemeinschaften“ entwickelt. Diese kleinteiligen Strukturen setzen sich – einer Wohnung ähnlich – aus großzügigen Gemeinschaftsbereichen und individuellen Rückzugsbereichen der Bewohnerzimmer zusammen. Vor allem Orte, an denen Kontakte entstehen können, wie etwa der Wohnflur, die gute Stube oder die Wohnküche stehen beim Typus der „Hausgemeinschaft“ im Mittelpunkt. Erfahrungen damit bestätigen bisher, dass sich der Tagesablauf in der Gruppe, der von gemeinschaftlichen Aktivitäten bestimmt ist, für die Bewohner sowohl anregend als auch Angst reduzierend auswirkt. Der Alltag ist am gewohnten Leben in der Familie ausgerichtet. Die sich daraus ergebenden Organisationsformen des Grundrisses und die Ausdrucksformen des Ambientes orientieren sich somit an einer traditionellen Wohnung. Das Bedürfnis nach Ruhe und Rückzug ist in der Empfindung von Menschen mit Demenz zwar nur noch rudimentär vorhanden, dennoch sollten unterschiedliche räumliche Angebote – wie das Bewohnerzimmer und Nischen im Gemeinschaftsbereich – auch hierfür einen geeigneten architektonischen Ausdruck finden. Das Verhältnis von Privatheit und Gemeinschaft – also von Distanz und Nähe – müssen sorgsam aufeinander abgestimmt sein. Idealerweise ordnen sich die Bewohnerzimmer um einen Mittelpunkt mit Wohn- und Speiseraum an, in dessen Nähe sich auch die Räume für die zentralen Funktionen des Pflegebetriebs befinden. Reine Verkehrswege reduzieren sich damit auch aus ökonomischer Sicht auf ein Minimum.

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Grundriss und Umgebungsplan

Kopfbau mit zur Straße verglaster Fassade | Fassade von Süden

Kompetenzzentrum für Menschen mit Demenz

Architekt

Feddersen Architekten

Bauherr / Betreiber

Evangelisch-Lutherisches Diakoniewerk Neuendettelsau

Fertigstellung

2006

Nutzfläche

3.513 m2

WE / Plätze

96 Plätze in 8 Hausgemeinschaften (inklusive Kurzzeitpflege) 12 Plätze in Tagespflege

Nürnberg, Deutschland

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WOHNEN FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

Erstmalig in Deutschland schafft das zukunftsweisende Modell des Kompetenzzentrums Demenz eine Vernetzung zwischen Fachleuten aus Medizin und Pflege mit Angehörigen und der Öffentlichkeit. In dem 2006 eröffneten Haus werden Aspekte der Aufklärung, Beratung und Prävention mit der Praxis von Pflege und Therapie zusammengebracht. In einem vom Träger ausgeschriebenen Wettbewerb setzte sich das Berliner Büro Feddersen Architekten mit einem Entwurf durch, dessen 5-geschossiger Kopfbau ein prägnantes städtebauliches Zeichen darstellt. Mit seiner zur Straße verglasten Fassade steht er als Sinnbild für die Öffnung des

Schnitt Haus A und C, Ansicht Haus B

Patio, 1. Obergeschoss | Wohnlicher, zum Aufenthalt einladender Flur

Themas Demenz. Hier befinden sich eine Apotheke und ein Bäcker sowie darüber Räume für Beratung, Pflegeschule und Veranstaltungen. Im ruhigen, abgeschirmten Hintergrund des Gebäudes liegt der 3-geschossige Komplex mit den Wohngruppen für insgesamt 96 Bewohner. Es handelt sich dabei um eine mittlere, für deutsche Städte typische Größenordnung, die häufig im Sinne eines Mutterhauses mit kleineren Filialen andernorts konzipiert ist. Drei zueinander verschobene Pavillon-Bauten bilden einen Vorplatz. Ein weit auskragendes Vordach markiert den mittig angeordneten Eingang zur Lobby. Wie eines der benachbarten Apartmenthäuser

des kurz zuvor entstandenen Wohngebiets „Tillypark“ passt sich das Nürnberger Haus mit seinen weiß verputzten Fassaden und lichten Fensterfronten der gebauten Umgebung an. Die nach außen schlicht wirkenden Wohnkuben, von vollständig verglasten Treppenhäusern miteinander zu einem Komplex verbunden, verfügen über ein differenziertes Innenleben mit jeweils ganz unterschiedlichen Atmosphären: Der „Patio-Typ“ hat einen lichten und modern gestalteten Innenhof, der „Janus-Typ“ gibt sich als dunkle, geborgene Wohnhöhle und der „Typ Bauernstube“ interpretiert eine traditionelle, ländliche Wohnsituation. In Variati-

onen deklinieren sich diese drei Wohnbautypen nochmals in den drei Geschossen durch, so dass durch die Verwendung unterschiedlicher Farben und Materialien eine Vielfalt an Wohnatmosphären und -qualitäten entsteht. Wie in einer großen Wohnung leben zwölf Bewohner in einer so genannten „Wohngruppe“. Acht Einzelzimmer und zwei Doppelzimmer gruppieren sich um eine zentrale Wohnküche mit angrenzender Gemeinschaftsloggia. Je zwei Bewohnerzimmer gehen von einer zurückspringenden Nische ab, die den Eingangsbereich zu den Zimmern und damit den Übergang vom Gemeinschaftsbereich in die

WOHNEN FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

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Grundriss Erdgeschoss

Pflegebad | Andachtsraum

Privatsphäre definiert. Sie lädt zum Sitzen, Klönen oder Beobachten ein. Jede dieser Vorzonen ist mit einer unterschiedlichen Farbe oder Tapete gestaltet, so dass die Orientierung der Bewohner unterstützt wird. Ein hölzernes Bord, neben der Tür in Augenhöhe angebracht, kann vom Bewohner individuell gestaltet werden, etwa mit einem Portraitfoto oder einem ihm liebgewordenen Gegenstand. Das darunter gelegene Fach können Mitbewohner und Betreuer wie einen Briefkasten zur Kommunikation nutzen. Durch den Verzicht auf Flure ermöglicht diese Grundrissstruktur kurze und damit wirtschaftli-

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WOHNEN FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

che Wege und vermeidet zugleich eine heim- oder krankenhausähnliche Erschließungsform. Auch der Einbau von „Klöntüren“, deren Türblätter sich in eine obere und eine untere Hälfte teilen und entsprechend öffnen lassen, ermöglicht Betreuern wie Bewohnern eine akustische Teilhabe am Geschehen und kann darüber hinaus so manchen Gang überflüssig machen. Die verwendeten Materialien und Texturen unterstützen das Entstehen vertrauter Bezüge zwischen Bewohner und Umfeld. Unterschiedliche Materialoberflächen wie gespachtelter Wandputz im „JanusTyp“ oder eine Holzverkleidung im „Typ Bauernstu-

be“ lassen einen Erlebnisweg entstehen. Im Haus „Bauernstube“ ist das Mauerwerk sogar „roh“, also unverputzt, gelassen; die Ziegelsteine wurden lediglich mit Leinöl versiegelt, so dass die Bewohner den rustikalen Geist im wörtlichen Sinn „begreifen“ können. Mit seinem Entwurf für den Außenraum knüpft der Berliner Landschaftsarchitekt Harms Wulf an die Angebote im Innenraum an. Auch der Garten hält vielfältige Möglichkeiten zu Aktion wie auch Kontemplation bereit. Entlang der Pfade bieten sich intime Sitzgelegenheiten zum Ausruhen für Einzelne oder kleine Gruppen. Hochbeete erleichtern den

Grundriss Obergeschoss

„Die persönliche Adresse“ | Eingang Bewohnerzimmer mit aufgeklappter Klöntür

alten Menschen den Kontakt zu den Pflanzen, denn gerade das Anregen der Sinne durch Tasten, Riechen, Sehen und Schmecken ist wünschenswert. Große Fenster verstärken die Verbindung von innen und außen. Selbst auf einer der tiefen Fensterbänke sitzend oder vom Bett aus können die Bewohner den Wandel der Jahreszeiten miterleben.

Landesverband Bayern e.V. eine breite Angebotspalette für die Betroffenen zu schaffen. Begleitende wissenschaftliche Forschungen und erste Evaluierungen bestätigen zudem die Tragfähigkeit des Konzepts, so dass die Diakonie Neuendettelsau inzwischen weitere Häuser nach diesem Modell in München und Oberfranken plant.

Mit der Einrichtung des ersten Kompetenzzentrums für Menschen mit Demenz ist es nicht nur gelungen, in Kooperation mit dem Klinikum Nürnberg, der Angehörigenberatung Nürnberg e.V., dem Institut für Psychogerontologie der Universität Erlangen-Nürnberg und der Alzheimergesellschaft

WOHNEN FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

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Bewohnerzimmer | Wohnküche, 2. Obergeschoss | Gestalteter Außenraum auf der Rückseite der Pavillons | Patio Außenraum | Therapeutischer Garten | Wasserschleier zur akustischen Aufwertung des Umfelds

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WOHNEN FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

Grundriss 1. Obergeschoss Haus B

WOHNEN FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

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Massenplan

Aufgeständerter Anbau Nordfassade | Verbindungsgang mit Aufenthaltsqualität, offene Küche im Vordergrund

Tagesstätte mit therapeutischem Garten Le Creusot, Frankreich

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WOHNEN FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

Architekt

Dehan + Spinga Architekten

Bauherr / Betreiber

Éhpad du Creusot

Fertigstellung

2006

Nutzfläche

350 m2

WE / Plätze

12 Plätze

Die 2006 eröffnete Tagesstätte, als Bestandteil eines in Alter und Baustil gemischten Gebäudeensembles des regionalen Altenpflegeheims, kann in der Art ihres Pflegekonzepts, der architektonischen Lösung und der Realisierung als vorbildlich gelten. Nicht nur, dass die Architekten Philippe Dehan und Benoît Spinga ihre Um- und Anbauplanung des Pavillons von 1950 in enger Zusammenarbeit mit den Pflegekräften und künftigen Nutzern entwickelt haben; die Idee, einen veritablen therapeutischen Garten anzulegen, entstand ebenfalls aus diesem Dialog. Das „Projet de vie du Creusot“ stellt den Versuch dar, sich in der Pflege von Alzheimer-Patienten wieder stär-

Schnitt

Speiseraum mit therapeutischer Küche im Vordergrund | Nach Norden großflächig verglaster Speiseraum mit Zugang zur Terrasse

ker am täglichen, „normalen“ Leben zu orientieren. Das in Frankreich inzwischen klassische, aus dem Cantou-Konzept abgeleitete Modell, eine den Bedürfnissen des an Demenz Erkrankten angepasste Welt zu schaffen, sollte durch neue sowohl räumliche als auch ablaufbezogene Orientierungspunkte aufgelockert beziehungsweise ergänzt werden. Die in diesem Sinne eingerichtete Tagesstätte vermittelt den Bewohnern der umliegenden Pavillons Abwechslung und vielfältige Anregungen, vor allem aber wird ihrem Leben durch den einoder mehrmaligen Besuch pro Woche Rhythmus

zurückgegeben. Neben einer therapeutischen Küche werden dort körperliche Übungen, Spiele sowie kreative, die Sinne und das Gedächtnis stimulierende Aktivitäten angeboten. Darüber hinaus bietet ein Kosmetiksalon seine Dienste an. Dazu haben die Architekten das eingeschossige Wohngebäude am Rande des Areals komplett wiederhergestellt und nach Norden durch einen aufgeständerten Anbau mit Terrasse erweitert. Obgleich es sich um eine Nordfassade handelt, wurden die großzügigen Fensteröffnungen mit Rollos versehen, um zu vermeiden, dass etwa an Grauem Star erkrankte alte Menschen geblendet

werden. Die Nutzungsbereiche sind um einen großen, offenen Raum angeordnet und durch unterschiedliche Deckenhöhen, Farbgebungen der Wände und Dosierungen des Lichteinfalls definiert. So bildet der großzügige, von Tageslicht durchflutete Aufenthaltsraum mit seinen hohen Zimmerdecken einen Kontrast zu dem eher intimen Wohnzimmer mit warmem Farbanstrich und kleineren Fensteröffnungen. In den Büros, den Animationsräumen und dem Schönheitssalon wurde ebenfalls darauf geachtet, den Besuchern des Hauses zum Stressabbau möglichst viel Tageslicht – auch durch eingebrachte Lichtschächte – zukommen zu lassen. Eine Terrasse bietet die

WOHNEN FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

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Verbindung zwischen Anbau und Bestand, Westseite | Therapeutischer Garten, Ausschnitt | Dosierter Lichteinfall und warme Farbgebung im Wohnzimmer | Frühstück auf der Terrasse

Möglichkeit, bei schönem Wetter draußen zu sitzen und beispielsweise dort zu frühstücken. Die Gartenanlage – umschlossen von Holzbarrieren und einer Hagebuchen-Hecke – ist als ein den verschiedenen körperlichen Einschränkungen angepasster Parcours in Form einer Schleife konzipiert. Von der Terrasse aus ist sie sowohl über eine enge Treppe mit Geländer und niedrigen Stufen als auch über einen leicht geneigten Steg erreichbar. Üppiger Bewuchs und immer wieder Bänke fordern die Bewohner geradezu heraus, in die Natur einzutauchen. Zudem ermöglichen mit einem Geflecht aus Kastanienfasern

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WOHNEN FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

bespannte Hochbeete, in denen stark riechende, die Sinne anregende Pflanzen wachsen, ein selbstständiges Gärtnern, ohne sich bücken zu müssen. Das Ende des Gartengeländes markiert eine mit Geißblatt berankte Pergola. Auch in der Realisierung des Projekts wurden neue Wege beschritten. Ein beträchtlicher Teil der Innenraumarbeiten sowie das Anlegen des Gartens hat das Personal in eigener Regie übernommen. Auf diese Weise konnten die Kosten gesenkt und die Wertschätzung durch die Nutzer erhöht werden. Nach den bisherigen Erfahrungen hat sich die Mühe gelohnt, denn seit der Einrich-

tung der Tagesstätte haben sich aggressive oder von Angst geprägte Verhaltensweisen unter den Bewohnern deutlich verringert.

Grundriss Anbau und Bestand mit den Rehabilitationsräumen im Süden und der Therapeutischen Küche im Norden

WOHNEN FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

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Grundriss 3. Obergeschoss

Hauptgebäude mit abwechslungsreich gestalteter Außenanlage | Die „Oase“ im Neubau mit gewölbter Decke und heller Möblierung aus Ahornholz | Von Tageslicht durchfluteter Flurbereich | Ältere, weitere Pflegeoase im Haupthaus

Krankenheim Sonnweid, zweite Erweiterung Wetzikon, Schweiz

Architekt

Bernasconi + Partner Architekten AG

Bauherr / Betreiber

Sonnweid AG

Fertigstellung

2001

Nutzfläche

5.010 m2

WE / Plätze

150 Plätze

Das auf privater Basis geführte Krankenheim Sonnweid in Wetzikon, Kanton Zürich, hat 2001 seinen zweiten Erweiterungsbau eröffnet. Das Haus geht in der Betreuung und den Wohnstrukturen erfolgreich neue Wege im Umgang mit Menschen mit Demenz. Diese leben nach ihren eigenen „Normen“ und nehmen unser Wertesystem nicht mehr als für sie gültig und brauchbar wahr. Leitbild sowohl für die Führung als auch für das Architekturkonzept des Hauses ist es daher, die Verwirrtheit als einen immanenten Teil der Bewohner – die bis zu ihrem Tod in der Sonnweid leben dürfen – zu akzeptieren.

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WOHNEN FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

Grundriss 4. Obergeschoss, Pflegeoase

Der Erweiterungsbau ist ein 3-geschossiger, einbündiger Baukörper mit teilweise ausgebautem Dachgeschoss und Terrasse. Wichtiger Bestandteil des Neubaus, der mit einem verglasten Verbindungsgang an das Hauptgebäude aus dem Jahre 1993 angegliedert wurde, ist das Erschließungskonzept. Statt über Treppen ermöglicht ein Rampensystem den Bewohnern, sich gefahrlos zu Fuß von einem Geschoss zum anderen zu bewegen. Dies soll das Verletzungsrisiko vermindern und gleichzeitig die Selbstständigkeit der Bewohner, die nicht auf den Innenraum begrenzt sein soll, erhöhen. Seine Fortsetzung findet das Wegesystem in einem Rundweg im Garten. Aufgrund des ansteigenden

Außengeländes öffnet sich der Neubau in jedem Geschoss mehrfach direkt hinaus ins Grüne. So bilden die Wege draußen und drinnen zusammen genommen eine „unendliche Schlaufe“ von über einem Kilometer Länge, auf der sich die Bewohner frei bewegen können. Übersichtliche Grundrisse mit klarer Wegeführung, Helligkeit und freundlichen Farben bestimmen die Innenräume. Wichtig für die verwirrten Bewohner ist die klare Ablesbarkeit der Gebäudeabläufe. Alle Zimmer sind nach Süden orientiert. Nebenräume wie Etagenküche, Bad und Aktivierungsraum befinden sich an der Nordseite. Durch große Fenster

fällt Licht bis in alle Ecken, so dass es keine dunklen Räume gibt. Runde Oberlichter in den großzügig angelegten Korridoren und über den Rampen erhellen die Verbindungswege, die stets ins Licht führen. Abgehängte Gipslochplatten und Vorhänge schlucken den Lärm. Taktile Elemente wie Holzstämme, Skulpturen, Wasser, Farben und geschwungene Wege schaffen Abwechslung; die Gegenstände aus verschiedenen Materialien regen alle Sinne an. Auch so genannte ferienbiografische Erinnerungen sollen geweckt oder unterstützt werden. So kann das „Arvenstübli“ – bar jeden Chalet-Kitsches – mit einer abstrahierten Holzvertäfelung an Decke und

WOHNEN FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

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Morgen • Geringer Direktanteil • Warmes, orangenes Licht im Indirektanteil Sanftes Aufwachen, wohliger Einstieg in den Tag. Mittag • Hoher Direktanteil • Keine Deckenaufhellung, Indirektanteil je nach Witterung Sonniger Tag, wach und motiviert durch den Tag.

Nachmittag • Gedimmter Direktanteil • Kühles, blaues Licht im Indirektanteil Leichte Aktivierung, Tagesverlauf spürbar machen. Später Abend • Geringer Direktanteil • Blaues Licht im Indirektanteil Ruhe finden, schöne Träume erleben.

Nacht • Geringer Direktanteil • Keine Deckenaufhellung, Indirektanteil ausgeschaltet Hilfe leisten und möglichst wenig stören in der Nacht.

Dem Tages- und Nachtrhythmus angepasste Lichtsteuerung

Wänden bei den Bewohnern entsprechende Assoziationen und Erinnerungen hervorrufen. In der Sonnweid wird jeder Bewohner nach seinen individuellen Bedürfnissen gepflegt. Die Trennung in drei Lebensräume sowie die jeder Phase angepasste Betreuung und Aktivierung der verbliebenen Fähigkeiten sollen helfen, Überforderung, Konflikte und Verhaltensstörungen zu reduzieren: Bewohner im Anfangsstadium der Krankheit sind zwar nicht mehr in der Lage alleine zu Hause zu leben, haben jedoch teilweise noch einen Bezug zu „unserer“ Wirklichkeit und können auch noch verschiedene alltägliche Tätigkeiten verrichten. Diese Bewohner leben in der Sonnweid in kleinen Wohngruppen.

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WOHNEN FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

Im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit, oft auch gekennzeichnet durch großen Bewegungsdrang, wohnen die Betroffenen in einer Pflege- und Betreuungsgruppe. Diese Wohneinheiten werden über einen gemeinsamen Eingang erschlossen. Sie verfügen über zwei 2-Bettzimmer, die von einem Vorflur betreten werden, an dem auch zwei Nasszellen liegen. Das Licht in den Zimmern kann je nach Befindlichkeit in verschiedenen Helligkeitsstufen eingestellt werden. In der „Oase“ im Obergeschoss leben Menschen, die in hohem Maße dement sind und sich im Stadium schwerster Pflegebedürftigkeit befinden. Der

Raum ist als Mehrbettzimmer mit angrenzendem Einzelzimmer angelegt. Die Decke ist gewölbt und mit 1.300 dem Sternenhimmel nachempfundenen Lichtpunkten gestaltet. Ein mobiles Möbelsystem aus Ahorn dient dazu, Nischen und intime Bereiche zu schaffen. Nach Norden, zur Straße, ist der Bau größtenteils verglast, so dass die Bewohner am Leben in der unmittelbaren Umgebung teilnehmen können. Die rhythmisierte, mit gelbem Fertigputz versehene Lochfassade orientiert sich zur Landschaft. Mehrere begrünte Terrassen vermitteln zwischen innen und außen.

Grundriss 2. Obergeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

WOHNEN FÜR MENSCHEN MIT DEMENZ

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Wohn- und Pflegeheime Wohn- und Pflegeheime weisen durch ihre Größe und Organsiationsform in ihren Typologien häufig noch Strukturen auf, die an Krankenhäuser oder ähnliche Institutionen erinnern. Diese brechen jedoch immer mehr ins Wohnliche auf (siehe auch Kapitel Wohnen für Menschen mit Demenz). Bisherige konventionelle Entwurfsansätze für die stationäre Pflege zeigen meist Grundrisse, die sehr rational bleiben und oft Ähnlichkeiten mit kleinen Reihenhäusern haben. Dies liegt an dem 60- bis 70-prozentigen Flächenanteil von Pflegezimmern, die sich in ihren Reihungen ähnlich wie Hotelanlagen oder eben Krankenhäuser zeigen. Grundrisse in dieser Kategorie weisen meist L-, Hoder U-Systeme auf, um die Wege kurz zu halten. Verschlungenere amorphe Formen werden für die Orientierung zu undurchsichtig und für den Betrieb als zu wenig effizient gehalten. Dies mag bei genauer Betrachtung nicht zutreffen, wird aber offensichtlich auch bei Wettbewerbsverfahren immer wieder so gesehen. Auch sind die wirtschaftlichen Anforderungen an stationäre Pflegeheime so groß, dass ihr Nutzcharakter oft von keinerlei Schönheit mehr zeugt. Allenfalls regionale Einflüsse bei der Wahl der Materialien sind die letzten Überbleibsel ästhetischer Bemühungen. Da die Reihung der Zimmer leicht zu eintönigen Monostrukturen führen kann und der Druck auf das Pflegegewerbe besonders am unteren Rand der sozialen Skala erheblich ist, muss man in sehr vielen Entwürfen, die hier keine weitere Betrachtung lohnen, eine entwerferische Armut konstatieren. Im Unterschied zu preiswerten Hotels, die ähnliche Probleme haben, wird bei Pflegeheimen in solchen Fällen dann nicht nach der ästhetischen Einzigartigkeit gesucht, sondern Langeweile oder gar Trostlosigkeit akzeptiert. Mutige künstlerische Aussagen sind im Bereich der stationären Pflege die großen Ausnahmen. Aber es gibt einen unverkennbaren Drang zur Veränderung, der mit dem Begriff des Wohnlichen erfasst werden kann: Auch die Pflege will weg von der kalten, sterilen hin zu einer wohnlichen Aussage, die es ermöglicht, die Individualität des Einzelnen ebenso auszudrücken wie die Zugehörigkeit zu einer Gruppe oder einer besonderen Biografie. Dazu gehört auch die entwerferische Aussage, dass ein Haus sich von den Wohnhäusern der Nachbarschaft nicht unterscheidet und somit eigentlich unsichtbar sein soll – immerhin eine bessere Lösung als die eines von Größe und Maßstab her eindeutigen Fremdkörpers. Gute Beispiele etwa aus Österreich und Deutschland zeigen dabei zunehmend freiere Experimente mit Fensterflächen und Fassadenproportionen, die eher an Wohnhäuser im mediterranen Bereich erinnern. Auch eine konsequente Aufwertung mit guten Materialien wie Ziegelfassaden und Holz oder gar Natursteinwänden ist festzustellen. Während in den 1970er Jahren Pflegeheime noch manchmal Balkone aufwiesen, die einen Wohncharakter vermittelten, zeigten sie sich seit den 1980er Jahren zunehmend ohne diese Elemente, und auch hier ist eine Rückkehr ebenso feststellbar wie verstärkt wünschenswert. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Durchgestaltung der Pflegeheime von außen nach innen. Aber nicht außen hui und innen pfui ist die neue Devise, sondern die erklärte und gezielte Abstimmung aller verwendeten Stilmittel führt zu einem Ergebnis gesellschaftlicher Anerkennung.

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Lageplan

Bunte Jalousien an der Westfassade | Gelb verputzte Ostfassade | Teeküche und Speiseraum befinden sich jeweils an den äußeren Enden der Flure | Bewohnerzimmer mit Türen aus hellem Ahorn-Sperrholz, daneben ein schmales, hohes Fenster mit innen liegendem „Fensterladen“

Pensionistenund Pflegeheim

Architekt

Georg W. Reinberg

Bauherr

Pinus in Konzern der niederösterreichischen Hypoleasing; Fachabteilungen der niederösterreichischen Landesregierung: Abt. 2HB2, Abt. 4.HB4, GS7 Nutzer

Betreiber

Landespensionistenheim des Landes Niederösterreich

Fertigstellung

2000

Nutzfläche

5.220 m2

WE / Plätze

121 Plätze, Tagesbetreuung für 15 Personen

St. Pölten, Österreich

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WOHN- UND PFLEGEHEIME

Für einen in der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten bereits bestehenden Heimbetrieb sollte ein Neubau geschaffen werden, der sich durch hohe Benutzerfreundlichkeit, weitgehende Barrierefreiheit, eine funktionelle Raumanordnung und zeitgemäße Technik auszeichnet. Eine einmalige Situation also, um bei der Planung des Gebäudes alle konzeptionellen Kräfte zu bündeln und neben der Heimleitung auch die künftigen Bewohner und ihre Angehörigen in den Prozess einzubeziehen. Nach dem Entwurf des Wiener Architekten Georg W. Reinberg – hervorgegangen aus einem 1996 von der Niederösterreichischen Landesregierung ausgelobten Gut-

Perspektive

Perspektive

achterverfahren – entstand so ein „Sonnenhaus für das Alter“. Von einer geringeren Mobilität der Bewohner ausgehend und dabei in der Entwurfsidee das gängige Bild alter Menschen am Fensterbrett vor Augen, liegt dem Entwurf die Erfahrung des Sehens und Gesehenwerdens zugrunde. Der kompakte Baukörper übernimmt in diesem Sinn eine Vermittlerrolle zwischen der Außenwelt, das heißt den vielfältigen Ausblicken in die öffentlichen Räume der Nachbarschaft, und der in der Innenwelt des Hauses existierenden „Heimöffentlichkeit“. Letztere wird insbesondere erlebbar

durch die über alle Geschosse reichende, tageslichtdurchflutete und kunstvoll begrünte, nach oben offene Eingangs- und Erschließungshalle im Innern des Hauses. Das 5-geschossige, am Ufer der Traisen gelegene Pensionisten- und Pflegeheim befindet sich in fußläufiger Entfernung zur Altstadt, in der Nachbarschaft zum Regierungsviertel und direkt am Naherholungsgebiet der Aulandschaft. Das Gebäude mit seiner geradlinigen gelben Wand im Osten und der gebogenen grauen Fassade im Westen ist als Betonskelett-Ziegel-Konstruktion mit vorgehängter Fassade ausgeführt. Bunte Ja-

lousien, deren Sonnenschutzwirkung sich individuell steuern lässt, lockern die grau verputzte Fassade auf. Die Basis des Baukörpers bildet ein Versorgungsgeschoss mit der gesamten Haustechnik, der Küche und Abstellräumen sowie gemeinschaftlichen Bereichen wie Kapelle und Friseur. Auf diesen Sockel aufgesetzt ist das vom 1. Obergeschoss gebildete Eingangsgeschoss mit Tagesheim, Verwaltung, Café, Therapieräumen und einer kleinen Pflegestation, auf die drei weitere Stationen gestapelt sind. Die 51 Einbett- und 35 Zweibettzimmer liegen mehrheitlich zur Traisen und damit auch zur Stadt im Westen; zusätzliche Individualräume öffnen sich nach Osten. Im

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Schnitt

Über alle Geschosse reichende, kunstvoll begrünte Erschließungshalle mit diagonalen Verbindungsbrücken | Öffentliches Café im 1. Obergeschoss

Mittelteil des Osttraktes sind sämtliche Serviceeinrichtungen, wie Schwesternstützpunkt, Bad, Wäschelager und Ähnliches untergebracht. Das Pensionisten- und Pflegeheim bietet zahlreiche überwiegend barrierefreie Erschließungen (Brücken, Fahrstuhl). Die Haupteingänge im Osten und Westen münden im 1. Obergeschoss in eine „Plattform“, von der aus alle Teile des 2-hüftigen, klar strukturierten Gebäudes einsehbar sind, so dass sich die Bewohner leicht orientieren können. Die beliebte Sonnenterrasse und der vollständig verglaste Wintergarten sowie der Speiseraum mit Teeküche liegen an den äußeren

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südlichen beziehungsweise westlichen Enden, um durch die zurückzulegenden Wege die Mobilität der Bewohner anzuregen. Die diagonal angelegten, schmalen Brücken im Luftraum der Halle dagegen ermöglichen schnellen, direkten Zugang von den Schwesternstützpunkten zu den Bewohnerzimmern. Diese sind nach den Entwürfen des Architekturbüros Reinberg angenehm und hell mit Wandverkleidungen und Möbeln aus Ahorn-Sperrholz und einem Fußbodenbelag aus grünem Linoleum ausgestattet. Neben den Zimmertüren befindet sich jeweils ein schmales, aber hohes Fenster, das mit

einem innen liegenden „Fensterladen“ geöffnet oder geschlossen werden kann. Es erlaubt, wie auch die gläsernen Brüstungen der umlaufenden Gänge, den Ausblick in die „Welt der Alten und der Pflegebedürftigen“. Um deren Öffentlichkeit im schönsten Licht erstrahlen zu lassen, sind die Möbelbezüge auf den einzelnen Etagen in unterschiedlichen Farbnuancen gehalten, so dass sie in Verbindung mit dem Licht im Tagesverlauf für Abwechslung sorgen. Neben der Verwendung umweltfreundlicher Baustoffe und einer hochwertigen Wärmedämmung legte das Architekturbüro Reinberg besonderen

Schnitt

Wert auf Energieeffizienz: Eine mechanische Lüftungsanlage, die auf dem System der kontrollierten Lüftung mit Wärmerückgewinnung aus Abluft beruht, führt nicht nur zu geringerem Energiebedarf und einer Betriebskostenersparnis von etwa 35 Prozent, sondern auch zu einer Verbesserung der Raumluftqualität und dient damit der Behaglichkeit und Gesundheit der Bewohner. Die Luftführung erfolgt vertikal in Fertigteil-Installationsschächten und Rohren, während die horizontale Verteilung innerhalb der untergehängten Decken stattfindet. Die frische Luft gelangt über Ventile in die Räume, wird zuvor gefiltert und im Sommer vorgekühlt. Letzteres geschieht durch 2 m tief in

der stabilen Erdkühle liegende, Wasser führende Schläuche, so genannte Sohle-Erdkollektoren. Darüber hinaus verfügt das Haus über eine eigene Brunnenanlage, die zur Gartenbewässerung und Nutzwasserversorgung dient. Ein Energie sparendes Zweispeichersystem mit Bereitschaftsund Energiespeicher sowie Schichtladeeinrichtung sorgt für die Wassererwärmung. Im Jahr 2000, zur Fertigstellung des Pensionisten- und Pflegeheims, vorgenommene Luftgüteuntersuchungen belegen zudem, dass das Gebäude frei von gesundheitsschädlichen Substanzen ist. All diese Qualitäten haben sich schnell herumgesprochen, so dass das Haus in St. Pölten als eines

der beliebtesten Pflegeheime Österreichs gilt. Derzeit laufen Planungen zur Erweiterung und zur Einrichtung eines Hospizes.

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Ansicht Nord

Ansicht West

Barrierefreier Zugang vom Traisendamm in das 1. Obergeschoss

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Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss Erdgeschoss

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Grundriss Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Straßenseitige Fassade | Gartenseite mit Innenhof | Eingangsund Empfangsbereich | Hauseingang mit Bewohnerbriefkästen

Pflegeheim St. Anna

Architekt

PIA – Architekten, Prof. A. Löffler, R. Schneider, M. Schmeling, G. Leicht

Karlsruhe, Deutschland

Bauherr / Betreiber

Orden der barmherzigen Schwestern vom hl. Vincenz von Paul

Fertigstellung

2005

Nutzfläche

ca. 7.200 m2

WE / Plätze

Pflege 120 Plätze Betreutes Wohnen 47 Wohneinheiten

Mit diesem Gebäudekomplex entlang eines innerstädtischen Grünzugs sollte betagten Bewohnern auf modellhafte Weise ein Zuhause gegeben werden. Da das Pflegeheim in das grüne Umfeld integriert werden sollte, wurden alle großen Bäume erhalten, um den Eindruck zu unterstreichen, das Haus stünde hier bereits seit Jahrzehnten. Auch das vielfarbige Sichtmauerwerk der Fassade wirkt wie eine edel gealterte Haut und verleiht dem Gebäudekomplex eine zeitlose Würde. Während das Gebäude zur breiten Straße 6-geschossig ist, rückt es mit seiner 4-geschossigen Seite zurück, um den Nachbarbauten nicht die

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WOHN- UND PFLEGEHEIME

Grundriss Obergeschoss

Wohnflur, Gestaltungsbeispiel | Wohnflur mit Aufenthaltsqualität | Eingang im Bereich Betreutes Wohnen | Kapelle

Südsonne zu nehmen. Im Kubus, in dem sich der Pflegebereich mit 120 Plätzen um einen Innenhof gruppiert, befinden sich in der fünften Etage zwölf (Betreute) Wohnungen. Die Räume für die Tagesbetreuung liegen im Erdgeschoss. Ein benachbarter Langbau beherbergt 33 weitere Wohneinheiten. Ein Verbindungsbau schafft kurze Wege zwischen Pflege- und Wohnbereich. Damit müssen Betroffene im Pflegefall nicht ihre vertrauten vier Wände verlassen. Der Pflegebereich ist durch den Innenhof und die einhüftige Erschließung mit Glasfronten so gestaltet, dass er dem Bedürfnis vieler Menschen mit Demenz nach Tageslicht und auch dem Bewegungsdrang durch das Angebot eines Rund-

gangs gerecht wird. Die Drehung des rechteckigen Innenhofs aus dem quadratischen Grundriss des Gebäudes heraus ermöglicht an den Ecken große Fluraufweitungen, so dass hier unterschiedliche Aufenthaltsbereiche entstehen. Die Flure sind in der Analogie einer Straßenflucht gestaltet: Bänke stehen vor den Hauseingängen, die durch Rücksprünge markiert werden. Über Eck ausgebildete Fenster betonen die einzelnen „Häuser“. Holzvertäfelungen machen aus dem Innenhof so etwas wie die gute Stube des Hauses und den Mittelpunkt für Bewohner, Besucher und Betreuer. Über die Innenhoftreppe oder den Aufzug können

die verwirrten Menschen – immer im Blickfeld von Betreuern – von den Etagen selbstständig in den Hof und den Garten gelangen. Die großformatigen Holzfenster in den Bewohnerzimmern erlauben selbst vom Bett aus einen Blick in die Baumkronen. Die Kompaktheit des Gebäudes, der geringe Flächenverbrauch, der Erhalt der Bäume und die Beständigkeit der verwendeten Materialien waren Grundlage für eine Konzeption der Nachhaltigkeit. Darüber hinaus wurde in der Entwurfsphase der Wärmebedarf simuliert und konnte im Weiteren optimiert werden.

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Ansicht Westfassade

Ansicht Südfassade

Zwei um 30˚ gedrehte Obergeschosse bestimmen das markante äußere Erscheinungsbild | Großflächige Verglasungen stellen den Bezug zwischen Innen- und Außenraum her | Außergewöhnliche Kupferumkleidung der Terrassen im Südwesten

Alten- und Krankenheim „Plaine de Scarpe“ Lallaing, Frankreich

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WOHN- UND PFLEGEHEIME

Architekt

Yann Brunel

Bauherr / Betreiber

Société de Secours Minière du Nord

Fertigstellung

2006

Nutzfläche

3.978 m2 (Neubau), 7.065 m2 (Bestand)

WE / Plätze

140 Pflegeplätze Geriatrie, 17 Pflegeplätze Alzheimer

Bei der lang gestreckten L-förmigen Anlage, die im Südwesten von einem auffallenden, aus pyramidal geschichteten Gebäudekuben bestehenden Neubau abgeschlossen wird, handelt es sich um das Ergebnis einer Modernisierung und Erweiterung der bestehenden Pflegeeinrichtung Plaine de Scarpe aus den 1970er Jahren, die heutigen Anforderungen in keiner Weise mehr entsprach. Bei dem dazu im Jahr 2000 ausgelobten Wettbewerb galt es daher insbesondere – neben der Schaffung von Barrierefreiheit – die noch vorhandenen Dreibettzimmer durch möglichst vielfältig gestaltete Einzelzimmer zu ersetzen. Zudem sollte ein Neubau mit weiteren 53 Plätzen, inklusive

Grundriss Erdgeschoss, Neubau

Alzheimer-Abteilung und modernen Therapieund Gemeinschaftsräumen entstehen. Der Entwurf von Yann Brunel erfüllt diese Bedingungen in besonderem Maße, zumal es nach Auffassung des Architekten geradezu absurd wäre, für das Wohnen im Alter uniforme, allgemein gültige Lösungen anbieten zu wollen. Sein Bestreben richtet sich vielmehr darauf, unterschiedlichste Räume zu gestalten, um den verschiedenen Nutzercharakteren entgegen zu kommen. Unterschieden werden vier Wohnungstypen: Beim „klassischen Wohnraum“ liegt der gestalterische Schwerpunkt auf dem großzügigen, allen

geriatrischen Belangen genügenden Badezimmer. Den „Terrassentypus“ charakterisiert der direkte Bezug und Zugang zum Außenraum, während die Suite, auch „therapeutisches Studio“ genannt, Paaren vorbehalten ist und beispielsweise durch Schiebetüren ein hohes Maß an Flexibilität ermöglicht. Schließlich der „kommunikative Wohnraum“ für jene, die sich vor allem für andere Menschen und den Austausch mit ihnen interessieren. Doppelte Türen, die man wahlweise offen stehen lassen kann, Vorflure sowie zum Teil in die Gemeinschaftsbereiche hinein aufgeweitete Korridore mit Sitzgelegenheiten sichern jederzeit den Kontakt zu den Nachbarn.

Das solide Ziegelmauerwerk und die hohe Wertigkeit der Materialien vermitteln Wohnlichkeit und Sicherheit. Für ein ausgeprägtes Profil des äußeren Erscheinungsbildes sorgt die 30˚-Drehung der beiden Obergeschosse mit den eingeschobenen Terrassen aus verzinktem Stahl.

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Raumkonzept Bewohnerzimmer Grundriss Bewohnerzimmer

Durch den Ringschluss entsteht ein innen liegender Garten | Groß dimensionierte Erschließungsfläche | Gesamtanlage auf einer aufgefüllten Kiesgrube

Geriatriezentrum Santa Rita Ciutadella, Menorca, Spanien

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WOHN- UND PFLEGEHEIME

Architekt

Manuel Ocaña del Valle

Bauherr /Betreiber

CIME Conseil Insular de Menorca

Fertigstellung

2007

Nutzfläche

5.990 m2 Gebäude, 6.200 m2 Außenflächen

WE / Plätze

70 Plätze, 20 Tagespflege

Neben Unabhängigkeit, Sicherheit, Privatsphäre und Besucherfreundlichkeit, die das Geriatriezentrum Santa Rita alten Menschen in der letzten Phase ihres Lebens bieten soll, ging es den Architekten vor allem darum, in ihrem Entwurf jede Ähnlichkeit mit Krankenhäusern auszuschließen. Dies bedeutet insbesondere die Vermeidung langer, eintöniger Korridore. Stattdessen bestimmen den Entwurf von Manuel Ocaña weitgehende Offenheit, groß dimensionierte Erschließungsflächen, richtungsoffene Wandelgänge und Perspektiven, die die Bewohner stimulieren und auf „Entdeckungsreise“ gehen lassen sollen.

Grundriss Obergeschoss Service-Einheit

Der markante, in Form einer Schleife in die Topografie einer aufgefüllten Kiesgrube eingeschriebene Baukörper entwickelt seinen Grundriss ausgehend von der so genannten Kerneinheit – dem Bewohnerzimmer – nach außen. Dieses ist definiert durch einen großzügigen Zuschnitt, eine helle, moderne Ausstattung und je zwei Zugangsmöglichkeiten. Alle Zimmer wiederum sind wie auf einer Kettenschnur aneinandergereiht und zu einer Schleife gelegt, so dass durch den Ringschluss ein großer innen liegender Garten entsteht, von dem aus man direkt in jedes Zimmer gelangen kann.

Die entstandenen „Zimmerschleifen“ umschließen an den Grundstücksgrenzen orthogonale Fassaden. Die transluzenten Außenwände aus doppelwandigem Polykarbonat werden je nach ihrer geografischen Ausrichtung von verschiedenartigen Verschattungselementen ergänzt. Das kühle Licht an der Nordfassade betonen Kunststoffflächen in Blau- und Grüntönen, während an den Süd- und Westfassaden Gelbtöne für eine Verstärkung des dort wärmeren Sonnenlichts sorgen. Den oberen Deckenabschluss bildet eine Platte aus unverkleidetem Stahlbeton mit aufgezeichneten Orientierungslinien, die die Topografie der ehemaligen Kiesgruben wiedergeben.

Als Orientierungshilfe in den drei „Wohnschleifen“ und den dazu gehörigen Innenhöfen sowie in den einzelnen Therapiebereichen der geriatrischen Einrichtung dienen hauptsächlich Farben. Diese sind, angefangen von den frei stehenden, behindertengerechten Toiletten über die Deckenbemalung bis hin zu der farblich abgestimmten Bepflanzung im Außenraum, konsequent auf die jeweiligen Zonen angewandt. Zwischen den Wohneinheiten und den Außenwänden des Gebäudes verläuft der durchgehende, sich stellenweise stark aufweitende Wandelgang. Er bildet einen fließenden, offenen und zugleich

WOHN- UND PFLEGEHEIME

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Drei richtungsoffene Wandelgänge in den Zonen Grün, Orange und Rot | Schwimmbecken in der blauen Zone der 2-geschossigen Service-Einheit

verbindenden Raum, in dem auch Beschäftigungsprogramme angeboten werden können. Das Gebäude zu durchschreiten, bedeutet hier nicht im herkömmlichen Sinne von einem Raum zum anderen zu gehen, sondern sich in einem Erschließungsraum zu bewegen, in dem man von A nach B gelangen kann, ohne immer dieselbe Strecke zurücklegen zu müssen. Darüber hinaus ist der Wandelgang atmosphärisch sehr unterschiedlich gestaltet und wird so zu einem Raum der Ereignisse, der die Sinne anregt. Die verschiedenen Umgebungen, deren Dichte und Helligkeit wechseln, erlauben den Bewohnern vielerlei spontane Entscheidungsmöglichkeiten, wohin sie – ihren

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WOHN- UND PFLEGEHEIME

körperlichen Fähigkeiten und ihrer persönlichen Gestimmtheit entsprechend – gehen und wo sie sich aufhalten möchten. Da der finanzielle Rahmen des Projekts sehr eng bemessen war – es sollten 6.000 m 2 auf einem Preisniveau von 4.000 m2 errichtet werden – wurde in Fragen der Ausstattung in erster Linie das für eine solche Einrichtung spezifische und unverzichtbare Inventar zusammengestellt. Vieles, insbesondere im Bereich der Haustechnik, blieb unverkleidet, geradezu in einem Rohzustand. Man bemühte sich besonders sparsam zu sein, um von den verbliebenen Mitteln vermeintlich „unnütze”

Dinge kaufen zu können, gemäß einem von den Architekten befolgten Leitgedanken der Dadaisten: „Auf das Unnütze kann man am wenigsten verzichten.“ Ob die 2008 im warmen Menorca eröffnete, ein wenig kühl und futuristisch anmutende Einrichtung tatsächlich Zukunft hat, muss sich noch erweisen.

Konstruktive Parallelverschiebung der Grundfläche des Baukörpers

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-0,02

Ansicht West

Seniorenzentrum St. Michael Berlin, Deutschland

Architekt

GAP Gesellschaft für Architektur und Projektmanagement mbH

Bauherr

St. Hedwig Krankenhaus Anstalt des öffentlichen Rechts

Fertigstellung

2004

Nutzfläche

6.117 m2 (NGF)

WE / Plätze

120 Pflegeplätze 6 2- und 7 1-Zimmer-Apartments Betreutes Wohnen

Am südöstlichen Stadtrand von Berlin, auf einem Grundstück in Hanglage gelegen, nimmt der Entwurf von GAP Architekten das Thema der gestaffelten Höhenentwicklung als städtebauliches Grundmotiv auf. Im Norden grenzt das Areal an einen öffentlichen Landschaftspark, im Süden und Westen an ein Wohngebiet. Zugleich stellt das Seniorenzentrum St. Michael eine funktionale Einheit mit dem im Osten des Geländes befindlichen Krankenhaus dar. In Anlehnung an die Topografie des Geländes ermöglicht die terrassierte Anlage weite Blicke in den Landschaftsraum. Ihren Mittelpunkt bildet

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Ansicht Süd

Offene Gemeinschaftsküche | Café in der Eingangshalle | Kapelle im Erdgeschoss mit orthogonalen Farbflächen in Gelb-, Rot- und Orangetönen an den Wänden | Lichtdurchfluteter umlaufender Flur mit Blickverbindung in den Innenhof

eine gläserne Eingangshalle, die als Ort der Begegnung und Kommunikation dient. Darin sind ein Café, ein flexibel nutzbarer Saal und eine Kapelle untergebracht. Zu beiden Seiten des großzügigen Foyers befinden sich die Pflegebereiche sowie 13 Wohneinheiten für das Betreute Wohnen, die separat erschlossen werden können. Als Kontrast zu den verputzten Außenfassaden, die für den städtischen Raum stehen, gliedern Holz- und Glaselemente die Fassaden der Innenhöfe und damit der privaten Bereiche. Dort wurde das Lärchenholz mit einer grauen Lasur versehen, um einer ungleichmäßigen Alterung entgegenzuwirken. Zudem wurden die vormon-

tierten, jeweils geschosshohen Fassadenelemente aus Holz leicht geneigt angebracht, so dass sie der Witterung nicht direkt ausgesetzt sind. Sie wechseln mit raumhohen Glaselementen und werden in jedem Geschoss durch eine horizontale Blechabdichtung gegliedert. Ebenfalls mit Lärchenholz in horizontaler Lattung wurden die Terrassen verkleidet, die die außen liegenden Putzfassaden unterbrechen. Bei der Gestaltung der Pflegebereiche folgten die Architekten einem Therapiekonzept, demzufolge die Bewohner, entsprechend ihren individuellen Möglichkeiten, zu Bewegung motiviert werden

sollen. Die Umsetzung dieses Leitgedankens beginnt bereits in den Zimmern, mit speziell für diesen Bau entwickelten Fenstern. Niedrige Brüstungshöhen erlauben nicht nur Ausblicke vom Bett in die Landschaft und lassen die Augen wandern; eine in das Fenster integrierte, individuell dekorierbare Ablage regt zudem zur Gestaltung an. Als Schnittstelle zwischen Innenraum und Außenraum hat dieses Fenster für die pflegebedürftigen Bewohner, deren Möglichkeiten der Selbstdarstellung immer mehr abnehmen, eine besondere Funktion. Das Fensterelement eines jeden Bewohnerzimmers ist dessen Mittelpunkt: Es fungiert als „Schaufenster“, als „Blumenfens-

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Grundriss Erdgeschoss, Ausschnitt

Verglaster Eingangsbereich im Süden der Anlage | Holzelemente vor den Balkonen als Sichtschutz | Wechselvolles Fassadenspiel durch offene und geschlossene Flächen sowie individuell steuerbaren Sonnenschutz

ter“ und als „Preziosenplattform“. Damit wirkt es sowohl von außen nach innen als auch von innen nach außen: Passanten und Besucher erkennen darin die individuelle Person, dem pflegebedürftigen Menschen ist es zugleich Identifikationshilfe. Die Flure sind verglaste, von Licht durchflutete Laubengänge, die einen Rundgang um die von den Bewohnern bepflanzten Gartenhöfe ermöglichen und mit verschiedenen Sitzgelegenheiten zum Verweilen einladen. Der Weg führt vorbei am Aufenthaltsraum, der mit einer Kochgelegenheit ausgestattet ist und über einen geschützten

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WOHN- UND PFLEGEHEIME

Balkon mit Blick in die Landschaft verfügt. Holzelemente bieten dort einen Sichtschutz. Die Stützpunkte des Betreuungspersonals sind so platziert, dass die Bewohner diese Wege in deren Sichtweite zurücklegen und sich sicher fühlen können. Selbstverständlich können sie ihre Pflegeetagen auch verlassen, sich im großen Gemeinschaftsbereich in der Eingangshalle treffen oder im sich anschließenden Garten verweilen. Zur besseren Orientierung wurde die den Weg von der Eingangshalle zu den Pflegebereichen begleitende Wand durch ein farblich behandeltes, ungerichtetes Glasfaserflies gestalterisch aufgewertet. Einen weiteren visuell hervorgehobenen Ort bil-

det die Kapelle, die sich mit orthogonalen Farbflächen in Gelb-, Rot- und Orangetönen an den Wänden von den übrigen Räumen des Hauses absetzt. Sie wird überwiegend als Andachts- und Meditationsraum genutzt, in Verbindung mit der anschließenden Halle aber auch für größere Veranstaltungen. Die Konstruktionsweise der Gesamtanlage passt sich der Beschaffenheit des Geländes und der Lage in einem Wasserschutzgebiet an. So wurden die im Pflegebereich überwiegend als Mauerwerksbauten in Massivbauweise erstellten Gebäude nicht unterkellert. Vielmehr liegt unter

Grundriss Erdgeschoss

den Bädern ein vorgefertigter Installationskanal in WU-Beton, der zu Wartungszwecken begangen werden kann. Eine kostenintensive doppelwandige Ausführung eines jeden Abflussrohres unter der Sohle konnte somit vermieden werden. Lediglich die als Stahlbeton-Skelettkonstruktion ausgeführte Eingangshalle ist unterkellert und nimmt im Untergeschoss neben Lagerflächen und Umkleiden die Haustechnikzentralen auf.

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Ansicht West

Residencia Alcázar Juan Hermanitas Ancianos Alcázar de San Juan, Spanien

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WOHN- UND PFLEGEHEIME

Ansicht Ost

Architekt

Ignacio Vicens y Hualde José Antonio Ramos Abengozar

Bauherr / Betreiber

Congregación de las Hermanitas de los Ancianos Desamparados

Fertigstellung

1997

Nutzfläche

15.000 m2

WE / Plätze

150 Plätze

Entwurfsbestimmend für das Erscheinungsbild dieser architektonischen Großform, die in der spanischen Provinz Ciudad Real alten Menschen ein Heim bietet, waren vor allem zwei Faktoren: Zum einen die besonderen Anforderungen an das umfangreiche Raumprogramm im Inneren des Gebäudes, das sich aus den religiösen Ordensregeln der Congregación de las Hermanitas de los Ancianos Desamparados ableitet, die Bauherr und Betreiber des Alten- und Pflegeheims ist. Zum anderen die besondere Lage zwischen Stadt und Landschaft, in einem Areal, in dem sich hauptsächlich Betriebe der Leichtindustrie sowie die Kläranlagen der Stadt befinden. Die Kleinstadt selber, Alcázar de San Juan,

Ansicht Nord

Ansicht Süd

Rostrote Farbgebung durch Eisensulfat-Pigmente im Verputz | Foyer | Tageslichtdurchfluteter Erschließungsgang | Gebäudekuben von Osten | Das lang gestreckte Gebäude von Norden

liegt inmitten der Mancha, einer rauen, eigenwilligen Landschaft, deren weite, mit Weinreben und Olivenbäumen in geometrischem Raster bepflanzte Ebene unvermittelt von Bergen und Tälern durchzogen ist. Im historischen Zentrum der Stadt finden sich barocke Kirchen und Klosteranlagen sowie der Turm des „alcázar“, der maurischen Festung, die der Stadt ihren Namen gab. Der lang gestreckte Baukörper des „Asilo de Ancianos“, im rechten Winkel zum historischen Stadtgefüge angeordnet, markiert städtebaulich eine klare

Grenze: nach Westen hin zur offenen Landschaft, nach Norden zum Industriepark, nach Osten zur Stierkampfarena und zum Krankenhaus sowie nach Süden zu den örtlichen Umgehungsstraßen. Seine einheitliche, rostrote Färbung erhielt das groß dimensionierte Gebäude durch die Beimengung von Eisensulfat-Pigmenten in den Verputz. Durch diese Farbgebung entsteht eine visuelle Verbindung sowohl zum Sandstein, aus dem große Teile der Altstadt bestehen, als auch zu den charakteristischen Farben der Mancha. Nicht zuletzt trägt die auffallende und gleichzeitig in sich geschlossene Erscheinung des Gebäudes dazu bei, dass sich Be-

wohner und Personal gern mit „ihrem“ Haus identifzieren. Um den eingangs genannten Anforderungen zu genügen, haben sich die Architekten Ignacio Vicens und José Antonio Ramos für ein einfaches Schema entschieden: zwei parallel angelegte Riegel mit unterschiedlich gestalteten, eingeschobenen Räumen und Freiflächen. Als verbindendes Element, zwischen den beiden Riegeln wie auch zur östlich gelegenen Stadt, tritt der kubusförmige Gebäudeteil hervor. Er beherbergt die Kapelle, die sowohl den Heimbewohnern als auch der örtlichen Bevölkerung offen steht.

WOHN- UND PFLEGEHEIME

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Schnitt – Ansicht

Fassade, Detail | Versetzt angeordnete parallele Riegelbauten bilden einen Innenhof

Die Regeln des in Spanien und Südamerika streng katholisch geprägten Ordens sehen vor, dass allein stehenden Männern und Frauen sowie Ehepaaren ein jeweils eigener, abgegrenzter Bereich zur Verfügung steht. Dies bedeutet für die innere Struktur des Gebäudes, dass Speisesaal, Aufenthaltsraum und Krankenzimmer nach Geschlechtern getrennt zweifach zu planen sind. Hinzu kommen der separate Trakt für die Ordensschwestern, Therapieräume, Küchen, Wäschereien und sonstige Betriebseinrichtungen. All diese Bereiche sind architektonisch klar definiert, wobei die Planer größten Wert darauf legten, die vielfältigen Funktionen mit dem Außenraum zu verknüpfen. So sind den Wohnbereichen

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WOHN- UND PFLEGEHEIME

und Korridoren offene Hallen von einfacher bis zu dreifacher Geschosshöhe vorgelagert, damit auch in ihrer Mobilität eingeschränkte alte Menschen das Sonnenlicht und die Natur genießen können. Hinzu kommen unterschiedlich große Patios, die aus den Gebäudemassen herausgeschnitten wurden, von Mauern eingefasste, an die Innenräume anschließende Gärten und Terrassen in den Obergeschossen. Auch die Kapelle öffnet sich zu einem kleinen Hof, dessen je nach Jahreszeit wechselnde Vegetation somit den Hintergrund des Altars bildet. Die Verschränkung von innen und außen erstreckt sich auch auf die Farbgebung und die Textur von

Gebäude und Garten, in dem ortstypische Pflanzen vorherrschen. Zypressen und Olivenbäume spenden dort Schatten, während Rosmarin, Thymian und Lavendel mit ihren Düften die Sinne anregen. Im Inneren bilden die Fußböden aus ockerfarbenen Ziegeln einen Kontrast zu den geweißten Wänden, die das im Laufe des Tages wandernde Sonnenlicht reflektieren. Die Linearität der Korridore wird von den seitlichen Ausblicken zu den offenen Vorhallen unterbrochen, während an den gegenüberliegenden Seiten Türen und Täfelungen aus furniertem Birkenholz die Wand gliedern.

Querschnitte durch die Kapelle

Innenraum Kapelle | Andachtsraum

Die Schlichtheit dieser Oberflächen wie auch die homogene Außenhaut des Bauwerks stehen im Gegensatz zu der räumlichen Reichhaltigkeit des Inneren und spiegeln gleichsam den Gedanken klösterlicher Entsagung wider. Um so beeindruckender wirkt die Kapelle, die sich durch eine hochwertige Materialgebung deutlich von ihrer Umgebung abhebt. Die Verwendung von römischem Travertin, venezianischem Stucco lustro und Blattgold innerhalb des streng geometrischen und kubischen Formenkanons ist hier als eine zeitgenössische Interpretation barocker Altarräume zu verstehen. Die Architekten setzten dabei insbesondere auf die Gestaltkraft des Lichts, dessen Präsenz durch das Gold

der Oberflächen noch verstärkt wird. Die plastische Wandgestaltung hinter dem Altar der Kapelle bildet aus Lichtschächten, Vor- und Rücksprüngen eine abstrahierte Kreuzform aus. Ein kleiner Andachtsraum im dritten Geschoss, der nur vom Wohnbereich der Ordensschwestern aus betreten werden kann, ist in das Volumen der Kapelle eingelassen. Dieser Raum scheint über der Galerie zu schweben und gibt das dort über ein in Bodennähe eingelassenes Fensterband einfallende Tageslicht an die Kapelle weiter. Für die Architekten besteht darin eine Folgerichtigkeit, die sich aus dem Auftrag der 1873 gegründeten Ordensgemeinschaft

ableitet, denn so wie die Arbeit der Nonnen ganz dem Wohlbefinden der unter ihrer Obhut lebenden alten Menschen gewidmet ist, kommt selbst der für die Ordensschwestern eingerichtete Andachtsraum am Ende ebenfalls den Heimbewohnern zugute. Wenngleich die Architektur des Hauses beste Voraussetzungen bietet, bleibt dennoch zu fragen, ob eine solche Form der Altenpflege geeignet ist, den Menschen ein wirkliches Zuhause zu geben. Auch stellt sich die Frage, ob das Alter die geeignete Lebensphase dafür ist, sich einem strengen Reglement unterzuordnen, das der bisher gelebten Realität in keiner Weise entspricht.

WOHN- UND PFLEGEHEIME

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Leicht und transparent wirkende Verbindungsstege | Linear angelegter Korridor mit seitlichen Ausblicken | Streng geometrische Fassadengliederung 194

WOHN- UND PFLEGEHEIME

Grundriss Dachaufsicht

Grundriss 2. Obergeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss Erdgeschoss

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Grundriss 2. Obergeschoss

Pflegeheim

Architekt

ARGE Riepl Riepl Architekten Johannes Kaufmann Architektur

Dornbirn, Österreich

Bauherr / Betreiber

Stadt Dornbirn

Fertigstellung

2005

Nutzfläche

7.316 m2

WE / Plätze

108 Plätze

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WOHN- UND PFLEGEHEIME

Neben einem bereits bestehenden Altenheim ließ die Stadt Dornbirn in parkartiger Landschaft ein Pflegeheim errichten, das in seiner architektonischen Gestaltung sowohl Klarheit und Übersichtlichkeit als auch Differenziertheit und Variantenreichtum aufweist. Das einfache, klare Volumen mit bündig in der Fassade liegenden Fensterbändern ist durch den Wechsel der Raumanordnungen und durch hochgezogene Brüstungen im Bereich der Gemeinschaftsterrassen spannungsvoll gestaltet. Deren schmale, scharfkantige Einschnitte bewirken ein lebendiges Licht- und Schattenspiel auf der ansonsten „in sich ruhenden“ Fassade.

Längsschnitt

Großzügige Verwendung von Holz bei der Innenraumausstattung | Fast bis zum Boden reichende Fenster in den Pflegezimmern | Lineare Betonung der großflächigen Eingangshalle | Konstruktiver Holzbau mit bündig in der Fassade liegenden Fensterbändern | Schmale, scharfkantige Einschnitte markieren die Gemeinschaftsterrassen

Bei dem als konstruktiver Holzbau ausgeführten, 4-geschossigen Gebäude wurde auf eine ökologisch einwandfreie Materialauswahl und auf eine gut gedämmte Gebäudehülle geachtet, um ein für Nutzer und Betreiber gleichermaßen effizientes Bauwerk zu schaffen. Ebenfalls wichtig war es den Architekten, größtmögliche Offenheit herzustellen und mittels großflächiger Verglasungen die Trennung zwischen innen und außen weitgehend aufzuheben. So reichen die französischen Fenster in den Pflegezimmern fast bis zum Boden, um auch im Sitzen oder Liegen den Ausblick in den Park zu ermöglichen.

Die drei Obergeschosse des Hauses ruhen auf einem gläsernen, zurückversetzten Sockel, so dass das Gebäude ausgesprochen leicht wirkt. Dabei wird das betont offene und großzügige Erdgeschoss von Freiraum durchdrungen und ermöglicht den Bewohnern, sich auch bei schlechtem Wetter geschützt im Freien zu bewegen und aufzuhalten.

gen sowie den Möbeln aus einer ortsansässigen Tischlerei kommt dem Bedürfnis alter Menschen nach Geborgenheit und Behaglichkeit entgegen. Die einzelnen Wohngruppen sind jeweils um einen zentralen Platz – den „Marktplatz“ – organisiert und mit großformatigen Bildern von bekannten lokalen Plätzen Dornbirns ausgestattet.

Im Inneren sorgen Raum bildende Innenhöfe mit zahlreichen Sichtbeziehungen und ein über alle Obergeschosse reichender Lichthof für Transparenz und Übersicht. Der großzügige Einsatz von Holz bei den Wand- und Deckenverkleidun-

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Grundriss 1. Obergeschoss

Seniorenresidenz Withus Nezu, Tokio, Japan

Architekt

Kengo Kuma & Associates

Bauherr/Betreiber

Kuboco

Fertigstellung

2005

Nutzfläche

2.939 m2

WE / Plätze

47 Einzelzimmer, 4 Doppelzimmer

Das Withus ist eine Seniorenresidenz mit integrierter Pflege. Das Gebäude steht an einer schmalen Seitenstraße in Nezu, einem alten Viertel der Tokioter Innenstadt, in dem man heute noch Reihen traditioneller Holzhäuser findet. Der Entwurf für das Withus evoziert bewusst die besondere Atmosphäre der ehemaligen, ganz aus Holz errichteten Tajima-Residenz aus der Meiji-Zeit (1868 –1912), die hier stand. Das Gebäude gruppiert sich um den früheren Garten der alten Residenz, der in seiner ursprünglichen Form erhalten werden konnte. Die Fassaden zur Straße und zum Garten haben eine Holzlamellenverkleidung. Ein bestehendes Lagerhaus aus Backstein

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WOHN- UND PFLEGEHEIME

Grundriss Dachgeschoss

Historisches Lagerhaus mit Nudelrestaurant im Vordergrund | Speisesaal, Blickrichtung Eingang Baderaum | Üppige Gestaltung des „Japanischen Gartens“

im Nordwesten des Grundstücks wurde in die Ecke verschoben und bildet dort einen zweiten Essbereich auch für Besucher. Auf diese Weise haben die Bewohner Gelegenheit, mit Nachbarn aus der Umgebung zusammenzukommen. Reste der Residenz und erhalten gebliebene Materialien wurden für das neue Gebäude wieder verwendet: Alte Stützen tragen den Dachvorsprung, ShojiWände fungieren als bewegliche Raumteiler. Die Steinplatte des Eingangs wurde zu einer Bank umgewidmet. Durch Integration dieser Elemente gelang es, die einzigartige Atmosphäre eines traditionellen japanischen Hauses entstehen zu lassen.

Das weit ausladende Dach der Tajima-Residenz mit seinem breiten Dachüberstand schützte einst, indem es eine Abfolge von Schatten warf, das Innere vor starkem Sonnenlicht. Auf dieses Entwurfselement wurde auch beim Neubau zurückgegriffen. Gebäudeöffnungen wurden weit dimensioniert. Die Kieselsteine und Wasserelemente des Gartens reflektieren das natürliche Licht tief in den Raum hinein. Ein großes Foyer im 1. Obergeschoss, das dem Garten zugewandt ist – ein weiteres wichtiges Element des traditionellen japanischen Hauses –, dient als Empfang von Besuchern und wird für diverse Veranstaltungen sowie als Speisesaal genutzt. In den

umliegenden Räumen, die mit dem Foyer verbunden sind, wurden Rehabilitationseinrichtungen untergebracht. Der nordseitig zum Foyer gelegene Zugang zum Sanitärbereich, zur Mitglieder-Lounge und zum Friseur ist zum Schutz der Privatsphäre der Bewohner von den anderen Bereichen getrennt. Die Wohnräume sind in zwei Zonen aufgeteilt – eine für Patienten mit kognitiven Einschränkungen sowie eine zweite für alle übrigen Bewohner. Die Patienten genießen einfachen Zugang zu den Gemeinschaftsbereichen und dürfen entsprechend den besonderen Bedürfnissen ihrer Erkrankung selbstständig umhergehen.

WOHN- UND PFLEGEHEIME

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Ansicht Süd

Ansicht Nord

Einander gegenüberliegende Wohnzeilen | Tageslichtdurchfluteter Korridor mit kleinen Nischen vor den Bewohnerzimmern | Kapelle, Innenraum | Gebäuderiegel, an der Nordseite durchdrungen von einem lang gestreckten Querriegel | Gesamtanlage im Sinne eines „weißen Dorfes“ | Einander leicht zugewandte Fassadenseiten

Altenwohnheim Jezárka Strakonice, Tschechien

200

WOHN- UND PFLEGEHEIME

Architekt

Libor Monhart, Vladimír Krajíc

Bauherr

Vojenské Stavby a.s., Protom s.r.o. (Unternehmer für den Bauherrn)

Betreiber

Stadt Strakonice

Fertigstellung

2000

Nutzfläche

6.975 m2

WE / Plätze

120 Plätze

Das kleine, weiße „Dorf“ inmitten der südböhmischen Hügellandschaft, das die Gemeinde Strakonice für ihre älteren Mitbürger errichtete, steht offenkundig für das Bedürfnis nach Ruhe und Zurückgezogenheit, ohne jedoch bei den Bewohnern ein Gefühl der Abgeschiedenheit zu erzeugen. Dafür sorgen nicht nur die Schule, ein Hotel und zahlreiche Einfamilienhäuser in unmittelbarer Nachbarschaft, sondern auch die teilweise öffentlichen Außenanlagen des Altenwohnheims sowie das Café, diverse Gemeinschaftsräume und die einladende Kapelle im Haupttrakt der Einrichtung.

Grundriss 1. Obergeschoss

Die gesamte Anlage besteht aus zwei einander gegenüberliegenden 2-geschossigen Gebäuderiegeln, die sich in vier Segmente gliedern und an der Nordseite durchdrungen werden von einem lang gestreckten Querriegel. Dieser verfügt über eine zentrale Eingangshalle, von der aus man nicht nur die Verwaltung und sämtliche Gemeinschaftsräume erreicht, sondern auch direkt in die beiden Wohnflügel gelangt. Die Wohnungen im Erdgeschoss sind paarweise angeordnet, so dass jeweils zwei Wohnungstüren in einer ruhigen, geschützten Nische liegen. Dem entsprechen in der äußeren Fassadengestaltung die einander zugewandten Frontseiten der Wohnungen.

Das 1. Obergeschoss ist Bewohnern vorbehalten, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind und das Haus nur noch selten verlassen. Leicht zugänglich sind für sie daher die den Einzelzimmern vorgelagerten, großräumigen Terrassen, wo sie unmittelbaren Kontakt zum Außenraum aufnehmen können. Bei längeren Aufenthalten auf der Terrasse wirkt das Weiß der Fassaden keineswegs eintönig, sondern ist als Projektionsfläche für vielerlei Lichtund Schattenspiele konzipiert, hervorgerufen vom Wechsel der offenen und geschlossenen Balustraden, von der vorspringenden Feuertreppe oder auch vom Grün der Rasenflächen, das im Tagesverlauf sanft reflektiert wird.

Auch mit Bezug auf die beachtliche Größenordnung des Altenwohnheims Jezárka weisen dessen Außenanlagen ein überaus dichtes Wegenetz zwischen den Baukörpern und den einzelnen Segmenten der Wohnflügel auf. Den Architekten Libor Monhart und Vladimír Krajíc war dies sehr wichtig, um maximale Zugangsmöglichkeiten zu Grünflächen, Bäumen, Bänken, Fußwegen, kurzum zu all dem zu schaffen, was die Umgebung in nächster Nähe eines Wohnhauses angenehm macht.

WOHN- UND PFLEGEHEIME

201

Lageplan

Schnitt Reihenhaus 0

1

2

3

4

5

Um den Innenhof herum angeordnete gemeinschaftliche Räume | Natürliche Farben und Materialen bestimmen die Inneneinrichtung sämtlicher Bereiche | Offene Atmosphäre durch Aufweitungen der Korridore und großzügige Raumöffnungen | Die Bewohner führen ein selbstbestimmtes, an keinen festen Ablauf gebundenes Leben

Vigs Ängar

Architekt

Husberg Architects office AB / Lillemor Husberg Architect SAR/MSA

Köpingebro, Schweden

Bauherr / Betreiber

Stadt Ystad

Fertigstellung

1995

Nutzfläche

2.700 m2

WE / Plätze

32 Einheiten, 36 Plätze

Das von der Anthroposophie inspirierte Gebäude wurde von den Vereinten Nationen im Jahr 2000 in die Liste der interessantesten gemeinschaftlichen Wohnungsbauten der Welt aufgenommen. Der Entwurf orientiert sich an der anthroposophischen Überzeugung, dass jeder Mensch ein einzigartiges, stets in Entwicklung begriffenes Individuum ist. Der eingeschossige Komplex hat einen weiten Blick auf das Tal des Nybro und umfasst auch zwei umschlossene Außenanlagen. Die Wohnungen gleichen kleinen, im Grünen gelegenen Reihenhäusern. Im Inneren sind sie über einen Korridor miteinander verbunden. Die Wohneinheiten sind in drei Grup-

202

WOHN- UND PFLEGEHEIME

Grundriss Erdgeschoss

pen unterteilt: 16 Einheiten mit 35 m2, 12 Einheiten mit 40 m2 und vier 2-Zimmerwohnungen mit Küche, die 60 m2 haben. Gegenwärtig werden alle Einheiten als Seniorenwohnungen genutzt. Ferner verfügt die Anlage über zwei Aufenthaltsräume mit Kamin, eine Bauernküche und eine Lounge. Zu den gemeinschaftlichen Bereichen, die um einen kleinen Innenhof herum angeordnet sind, gehören auch ein Restaurant-Café und ein Schwimmbad. Beide stehen Besuchern von außen ebenfalls offen. Ferner gibt es einen Raum für Gesprächsrunden und andere kulturelle Veranstaltungen. Dank der breiten Wege der Außenanlagen haben Menschen in Rollstühlen bequemen Zugang zum Gebäude.

Das ökologische Konzept umfasst die Verwendung von Naturbaustoffen und -farben, Energiesparvorrichtungen, eine umweltfreundliche Entsorgung und Klärung von Abwässern sowie eine Fußbodenheizung, die ihre Wärme über einen Wärmetauscher aus dem Grundwasser bezieht. Die Wohnungen sind mit den persönlichen Möbeln und Gegenständen der Bewohner eingerichtet. Ein Gebäudeteil ist für Menschen mit Demenz reserviert. Hier wird der Aufenthaltsraum tatsächlich zum Wohnzimmer, denn diese Bewohnergruppe verbringt dort den Großteil ihrer wachen Stunden.

Die Bewohner entscheiden selbst, wie sie leben möchten: Es gibt keine zeitlichen Vorschriften, so kann beispielsweise jeder morgens aufstehen, wann er möchte. Musik, Bewegung und kreative Tätigkeiten haben einen ebenso hohen Stellenwert wie warme Bäder und Massagen. Alle Mahlzeiten werden mit frischen, möglichst schmackhaften, rückstandsfreien beziehungsweise biologisch-dynamisch angebauten Zutaten zubereitet. Speisen solcher Art sind wichtig, weil sie in der Lage sind, über ihre Aromen Erfahrungen und Erinnerungen wachzurufen. Jedem Bewohner ist ein einzelnes Mitglied des Personals als Betreuer zugeordnet.

WOHN- UND PFLEGEHEIME

203

Querschnitt

Längsschnitt

Weiß verputzter, schräg gestellter Baukörper als Lückenschluss in historischem Bestand | Zentraler Raum mit Blick in den Innenhof | Harte Materialkontraste in den Erschließungsbereichen, 1. Obergeschoss und Erdgeschoss | Japanpapier und Bambusmatten in den Ruhe- und Zeremonieräumen

Tagespflegezentrum Kamigyo Kioto, Japan

204

WOHN- UND PFLEGEHEIME

Architekt

Toshiaki Kawai (Kawai Architects)

Bauherr

Makoto Construction

Betreiber

Mitsuhashi Takashi

Fertigstellung

2000

Nutzfläche

Neubau: 203 m2 Bestand: 380 m2 Gesamt: 583 m2

WE / Plätze

offen, je nach Nachfrage

In den schmalen Gassen von Kamigyo, in einem historischen Stadtviertel von Kioto gelegen, bietet das Tagespflegezentrum eine barrierefreie Anlaufstelle für alte und gebrechliche Menschen. Das Konzept der Einrichtung orientiert sich vorrangig an den Grundbedürfnissen alter Menschen in Japan, das heißt, es wird Hilfe beim Baden, Essen und bei individuellen Rehabilitationsübungen angeboten. Als Lückenschluss innerhalb der engen Bebauung mit traditionellen japanischen Holzhäusern geplant, ist der leuchtend weiß verputzte Neubau leicht zu finden, obgleich er von der Straße aus

Grundriss Erdgeschoss

nur als ein schmaler, schräg gestellter Baukörper in Erscheinung tritt. Um das auffallend schlichte Gebäude dennoch seiner Umgebung anzupassen, setzte der Architekt Toshiaki Kawai auf ein dezentes, aber wirkungsvolles Spiel mit historischen Raumabfolgen und Details sowie auf Materialkontraste. Über einen Vorhof eintretend, treffen die Besucher zunächst auf ein hölzernes Schiebetor, wie man es von alten Teehäusern kennt, und gelangen dann in einen weiteren „Vorhof“. Dieser nach oben offene Raum ist mit großen Kieselsteinen ausgelegt und ermöglicht über eine Rampe den

Eintritt in den zentralen Raum, wo die alten Menschen freundlich aufgenommen und ihren Wünschen entsprechend betreut werden. Von dort aus führt ein Aufzug hinauf in die erste Etage. In den Haupträumen beider Geschosse kontrastieren eine Sichtbetonwand und eine schwarz lackierte Stahltreppe die Holzfußböden und die mit Bambusmatten und Japanpapier abgehängten Decken. Eine 2-geschossige Glasfassade wiederum schafft eine räumliche Verbindung zu einem mit traditionellen Gewächsen begrünten Innenhof.

Während die Häuser ringsum geneigte Ziegeldächer aufweisen, sind auf der Dachfläche des Tagespflegezentrums zwei Teezeremonie-Räume untergebracht, die allerdings nur über eine einläufige Treppe erschlossen werden können. Hier, auf den mit Reisstrohmatten ausgelegten Böden sitzend, genießen die betagten Japaner eine kulturell tradierte Form der Behaglichkeit sowie den Blick über ihre Stadt.

WOHN- UND PFLEGEHEIME

205

Ansicht Fassaden

Ansicht Fassaden

Schnitte

Zwei Eingänge, rechts zum Saunablock und links zu einem der Gruppenhäuser | Türen der Privaträume öffnen zu den gemeinschaftlichen Wohn- und Essbereichen

Seniorenwohnheim Ulrika Eleonora

Architekt

L&M Sievänen architects / Liisa & Markku Sievänen mit Meiri Siivola

Bauherr / Betreiber

Seniorenwohnstiftung der Gemeinde Loviisa

Fertigstellung

2002

Nutzfläche

1.950 m2

WE / Plätze

geplant: Wohnkomplex mit 56 Einheiten, 7 Gruppenhäuser; fertig gestellt: 32 Einheiten

Loviisa, Finnland

206

WOHN- UND PFLEGEHEIME

Diese in einer kleinen Stadt an der Südküste Finnlands, etwa 100 km östlich von Helsinki, gelegene Seniorenwohnanlage besteht aus zusammenhängenden Gruppenhäusern für ältere Menschen, die körperlich eingeschränkt sind oder an Demenz leiden. Jedes Gruppenhaus beherbergt eine Art Familie, mit sieben bis neun Bewohnern pro Einheit. Die „Elternrolle“ wird vom Pflegepersonal übernommen. Die Seniorenwohnstiftung der Gemeinde Loviisa schrieb 1999 zusammen mit der Stadt Loviisa, dem Nationalen Forschungs- und Entwicklungszentrum für Wohlfahrt und Gesundheit STAKES sowie der Zentralen Organisation für Altenpflege einen Archi-

Lageplan

Kleinmaßstäbliche, um den Hof angeordnete Hauseinheiten | Korridor mit Blick auf das alte Ukkola Gebäude | Verbindende Terrasse zwischen zwei Wohnräumen und dem Saunablock

tekturwettbewerb für eine 56 Einheiten umfassende Anlage aus, die an das bereits bestehende Ulrikakoti-Seniorenheim angrenzend gebaut werden sollte. Dieses Heim, ein aus dem 19. Jahrhundert stammender Holzbau, der bereits zweimal erweitert worden war, umfasst ein unter Denkmalschutz stehendes Hauptgebäude und zwei symmetrisch angeschlossene Nebengebäude. Eines davon beherbergt das Ukkola-Wohnheim für Männer und das andere wird für Lagerzwecke genutzt. Architektonische Prämisse des siegreichen Entwurfs war die Fortführung der traditionellen Holzbauweisen, die für Loviisa typisch sind. Ferner fasste der

Entwurf die Gebäudevolumen zusammen, mit der Absicht, den Status des Hauptgebäudes als dominantes Element zu bewahren und die Symmetrie der bestehenden Gebäudeanordnung nicht zu stören. Gleichzeitig sollte die Gebäudemasse jedoch aufgegliedert werden, um den Eindruck einer Heimarchitektur zu vermeiden. Das Gebäude bildet daher eine Art Dorf aus kleinformatigen Wohneinheiten, zu denen „Doppelhaushälften“ und „Reihenhäuser“ und ein „niedriges Apartmenthaus“ (letzteres ist noch nicht realisiert) gehören. Der in seiner Gesamtheit recht große Gebäudekomplex wurde über eine fächerförmige Modellierung

und Terrassierung in das Gelände eingefügt. Büroräumlichkeiten in der Nähe des Eingangs und ein Saunabereich, der auf offene Patios führt, sind innerhalb der Gebäudemasse klar erkennbar. Eine eigene Farbgebung hebt diese Bereiche vom Rest des Gebäudes ab. Die Holzbauweise nimmt unter Verwendung zeitgenössischer Stilmittel Bezug auf den landschaftlichen Kontext und die örtliche Tradition, ohne dabei zu starke Kontraste herzustellen. Merkmale der Fassadenverkleidung, wie die Breite der Lattung, Anstrich, Farben und anderes verweisen auf die lange Bautradition von Loviisa. Auch im Inneren wurde viel Holz

WOHN- UND PFLEGEHEIME

207

Grundriss Apartments

Tür zu den Privaträumen, Detail | Beispiel für eine Wohnzimmermöblierung | Hof mit Übungspfad

verwendet und damit eine warme und farbenfrohe, häusliche Atmosphäre hergestellt. Die Farben der Außenwände werden im Inneren zum Teil wieder aufgenommen; die Eingänge zu den Wohneinheiten sind mittels kräftiger Farben und gefärbter Vertäfelung hervorgehoben. Haushaltsräume und Saunen sind mit Holzpaneelen verkleidet und die Tagesräume mit gefärbten Stützen und Balken ausgestattet. Jeder Bewohner hat ein eigenes Zimmer, das sich in den Gemeinschafts- und Speiseraum seiner Gruppe öffnet. Auf diese Weise sind Pflegepersonal und Bewohner in ständigem Kontakt miteinander. Die Türen der Privaträume öffnen sich nach innen, so dass man

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WOHN- UND PFLEGEHEIME

sie leicht offen stehen lassen kann. Beabsichtigt ist damit die Förderung des Gemeinschaftsgefühls. Darüber hinaus sind die Türen dieser Zimmer verglast und mit Jalousien versehen, so dass die Bewohner bestimmen können, wie viel Sichtbarkeit in beide Richtungen sie zulassen wollen. Die Privatzimmer sollten ähnlich wie die Räumlichkeiten des alten Gebäudes luftig sein und hohe Decken haben. Räume mit schrägen Decken variieren in der Höhe von 2,80 m an der Fensterseite bis zu 3,60 m an der Innenseite. Priorität hatte ebenfalls, eine Verbindung nach draußen über Eckfenster herzustellen. Jeweils zwei Gruppenhäuser teilen sich einen Haushalts- und Saunabereich, der ebenso wie die Tagesräume direkt

mit den Patios verbunden ist. Das Gebäude ist mit einer Fußbodenheizung ausgestattet, die sich wie eine Klimaanlage in jedem Raum individuell regeln lässt. Jedes Privatzimmer verfügt über ein Bad der Marke „Gaius“, ein Produkt, das von den Architekten in Zusammenarbeit mit der Zentralen Organisation für Altenpflege entwickelt wurde: Die Größe entspricht nicht ganz dem finnischen Standard für behinderte Menschen, bietet aber Platz für bis zu zwei Helfer. Alle technischen Lösungen orientieren sich an anerkannten Entwurfsprinzipien, die älteren Menschen ermöglichen sollen, selbstständig zu wohnen und ihr Wohlbefinden zu verbessern.

Grundriss 1. Obergeschoss

WOHN- UND PFLEGEHEIME

209

210

Vielfalt im Quartier Wohnen ergänzt Nutzungsmischungen Die Wohnung wird erst dann zu einem funktionierenden Lebensraum, wenn die Einbindung in vielfältige soziale Beziehungen möglich ist. Dies gilt ganz unabhängig vom Maßstab, ob auf dem Land oder in der Stadt. Von beiden Seiten, den Bewohnern und ihrem Umfeld, ist die Bereitschaft zum Zusammenleben und das Vertrauen in die Thematik immer weiter gewachsen. Die Vielfalt der Nutzungen für das Wohnen in allen Altersstufen gewinnt eine größere Bandbreite; medizinische Angebote treffen auf Soziales, Kultur und Konsum. Mischung erfordert Mut und Balance! Der lokale Bedarf wird von Anbietern wie auch Entscheidern, etwa in der Planung bei Kommunen oder auf der Finanzierungseite, als solides Investment inzwischen ernst genommen – und als Basis neuer Finanzprodukte gar mancherorts zum Zugpferd eines Projekts. Entsprechend zeigt die Architektur deutlich größere Bewegungsfreiheit jenseits von Funktionalität, gerade im Hinblick auf ihren unterschiedlichen Ausdruck – von unaufgeregter Alltäglichkeit bis hin zu einer selbstbewussten, spektakulären und sinnlichen Erscheinung.

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Erdgeschoss

Glasbrüstungen runden das Gebäude ab; die Fassade zieht sich schwungvoll um den Baukörper | Einzelzimmer

Altenpflegeheim „Les Artistes de Batignolles“ Paris, Frankreich

Architekt

Atelier du Pont

Bauherr / Betreiber

Groupe ORPEA

Fertigstellung

2015

Nutzfläche

6.117 m2

WE / Plätze

129 Zimmer

Im 17. Pariser Arrondissement entsteht seit 2002 auf einem 54 ha großen ehemaligen Eisenbahngelände das „Éco-quartier Clichy-Batignolles“. Rund um den neu gestalteten Martin-Luther-King Park entwickelt sich das nachhaltige Viertel mit einer breiten Mischnutzung und sozialer Diversität; so sind 50 Prozent aller Wohnungen für den Sozialen Wohnbau vorgesehen. Der 2015 fertiggestellte Häuserblock am östlichen Ende des neuen Quartiers umfasst neben einem Altenpflegeheim Sozialwohnungen, private Eigentumswohnungen, Geschäftsflächen und eine Kapelle. Den Abschluss des annähernd dreieckigen Grund-

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V I E L FA LT I M Q U A R T I E R

6. Obergeschoss

Aufenthaltsbereich | Wohnlich gestaltetes Restaurant | Die Abtreppung lässt viel Tageslicht in den Innenhof und die umliegenden Räume.

stücks zum Park hin bildet ein formal an ein Bergmassiv erinnernder Baukörper, in dem 86 Eigentumswohnungen und die Kapelle untergebracht sind. Zur Blockrandbebauung hin schließt der Bauteil mit 46 Sozialwohnungen und zwei Geschäften im Erdgeschoss an. Inmitten der beiden Wohngebäude befindet sich das Altenpflegeheim, das mit dem Gebäudevolumen des Sozialen Wohnbaus eine Einheit um einen gemeinsamen Innenhof bildet. Durch die Einbindung in Block und Stadtteil werden ein Zusammenleben im Herzen der Stadt und die Teilnahme an der urbanen Dynamik und Vitalität ermöglicht.

In den Verlauf der Außenfassaden sind dreiecksförmige Balkone in Rot, Orange und Weiß eingeschnitten, die ein abwechslungsreiches und bewegtes Fassadenbild schaffen. Die nach Osten hin abgetreppte Südfassade erlaubt, dass viel Tageslicht in den Innenhof und die umliegenden Räume gelangen kann. Jedes der 129 Zimmer besitzt ein eigenes Bad sowie einen Balkon oder direkten Zugang zur umlaufenden Dachterrasse im 6. Obergeschoss. Im Erdgeschoss befinden sich der Empfangsbereich, ein wohnlich gestaltetes Restaurant und gemeinschaftlich genutzte Aufenthaltsräume. Sowohl in den Zimmern

als auch in den Gemeinschaftsräumen wurde auf hochwertige Ausstattung viel Wert gelegt. Ein abgestimmtes Farbkonzept und der Einsatz direkter und indirekter Beleuchtungsmittel schaffen freundliche und komfortable Innenräume. Eine Wohneinheit mit zwölf Zimmern ist speziell auf die Bedürfnisse von Alzheimer- und Demenzpatienten ausgelegt. Ziel des Pflegekonzepts ist es insgesamt, die Selbstständigkeit der Bewohner so lange wie möglich aufrecht zu erhalten. Durch das Angebot abwechslungsreicher Aktivitäten wird das soziale Leben bereichert, Begegnungen und Kommunikation werden angeregt.

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Erdgeschoss

Demenzdorf „De Hogeweyk“ Weesp, Niederlande

214

V I E L FA LT I M Q U A R T I E R

Architekt

Molenaar&Bol&VanDillen architecten / Dementia Village Architects and Advisors

Bauherr / Betreiber

Vivium Zorggroep

Fertigstellung

2009

Nutzfläche

7.608 m2; 320 m2 pro Haus

WE / Plätze

152 Plätze in 23 Häusern

Das Projekt „De Hogeweyk“ in Weesp, rund 20 km südlich von Amsterdam, stellt als „Demenzdorf“ weltweit das Erste seiner Art dar: ein integratives Betreuungskonzept, das eine intuitiv verstandene Lebensnormalität und einen aktiven Alltag in den Mittelpunkt rückt, findet seine architektonische Umsetzung in einer Anlage, in der sich 23 Häuser um abwechslungsreich gestaltete Innenhöfe gruppieren. Begrünte Plätze, Wege und Gärten mit Wasserflächen dienen 152 an Demenz erkrankten pflegebedürftigen Menschen als geschützter Raum, in dem sie sich zu allen Jahreszeiten wie in einem kleinen Quartier frei bewegen können. Eine differenzierte Gestaltung der ein- bis zweigeschossigen

1. Obergeschoss

Innenhof mit Grünflächen | Lebensstile: „wohlhabend“, „kulturell interessiert“, „häuslich“ | Südfassade, als unterschiedlich mit Klinkern verkleidete Reihenhäuser ausgebildet

Gebäudeteile und der Freiflächen ermöglicht den Bewohnern eine einfache Orientierung. Die Gestaltung schafft prägnante Merkpunkte, so konnte auf jegliches Leitsystem verzichtet werden. Ein zentral gelegener „Boulevard“ bildet den Mittelpunkt des sozialen Lebens mit zahlreichen aus dem früheren Alltag bekannten Einrichtungen. Hier können die Bewohnerinnen und Bewohner in einem Supermarkt einkaufen, den Friseur oder eine Arztpraxis besuchen, ins Restaurant oder Café oder ins Theater gehen. Viele Sitzmöglichkeiten auf dem gesamten Gelände laden zum Verweilen ein und bieten sich für kommunikative Treffen an.

Jede Hauseinheit von ca. 320 m2 bildet eine Wohngruppe, in der sechs bis acht Personen leben, die von jeweils zeitgleich zwei Mitarbeitern rund um die Uhr betreut werden. Die Wohngruppen umfassen neben den Einzelzimmern zwei Bäder und ein großzügiges gemeinsames Wohnzimmer mit Küche. Sie sind nach sieben verschiedenen Lebensstilen individuell gestaltet und ausgestattet. Bei aller baulichen Fokussierung nach innen ist ein wichtiger Bestandteil des Konzepts die Öffnung nach außen. Neben Familienangehörigen und Freunden werden auch die Menschen aus der Umgebung eingeladen, De Hogeweyk zu be-

suchen, da die Bewohner aufgrund ihrer Demenz die Anlage nicht verlassen und in die Nachbarschaft gehen können. Die Zusammenarbeit zwischen Architekten, Bauherrn und Nutzern war besonders eng und führte zu einer Vielzahl von kleinen, äußerst wirksamen Neuerungen. Das betreuende Personal trägt ausschließlich Alltagskleidung. Durch Sondermittel konnte der Personalschlüssel sehr erhöht werden, auch sind die Gruppen kleiner als im Durchschnitt.

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215

Lageplan

Kompetenzzentrum Beraten – Wohnen – Pflegen Forchheim, Deutschland

Architekt

Feddersen Architekten

Bauherr / Betreiber

Diakonie Neuendettelsau

Fertigstellung

2014

Nutzfläche

Bauteil A: 4.950 m2 Bauteil B + C: 3.100 m2

WE / Plätze

95 Plätze (73 Einzel- und 11 Doppelzimmer), 22 Wohnungen, 8 Tagespflegeplätze

Nach der erfolgreichen Umsetzung des Kompetenzzentrums Demenz, das 2006 in Nürnberg eröffnet wurde und das erste Projekt seiner Art in Deutschland darstellt, wurde 2014 nach einem ähnlichen, optimierten Konzept das Kompetenzzentrum Beraten – Wohnen – Pflegen im oberfränkischen Forchheim errichtet. Es vereint in einer Anlage Wohnen, Pflege und Gewerbe und integriert die Altenpflege in ein Wohngebiet nahe der Innenstadt. Den Auftakt des Komplexes bilden straßenseitig zwei Wohn- und Geschäftshäuser, in denen 22 barrierefreie Wohnungen für Senioren, die weitgehend selbstständig leben können, und acht Ge-

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V I E L FA LT I M Q U A R T I E R

Erdgeschoss Pflegewohnheim

Vorplatz des Pflegewohnheims | Die beiden Wohn- und Geschäftshäuser bilden den Auftakt des Komplexes | Aufenthalts- und Essbereich einer Wohngruppe | Wohngruppe im Obergeschoss mit Terrasse | Parkanlage mit reichlich Sitzmöglichkeiten

werbeeinheiten für Läden, Praxen und Beratungsstellen untergebracht sind. Auf hohe Flexibilität ausgerichtete Wohnungsgrundrisse erlauben den jeweiligen Nutzern eine Gestaltung nach eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen. Die weiß verputzten Gebäude mit ziegelgedeckten Satteldächern orientieren sich in ihrem architektonischen Ausdruck an der Bebauung des umliegenden Wohngebiets. Hinter den beiden Wohn- und Geschäftshäusern liegt ein dreigeschossiges stationäres Pflegewohnheim für Menschen mit Demenz. Das Gebäude ist in drei kubische Baukörper gegliedert, die miteinander verbunden um einen Innenhof angeordnet sind. Der

mittlere Pavillon besitzt zusätzlich einen lichtdurchfluteten zentralen „Patio“. Im Pflegewohnheim leben in insgesamt acht familienähnlichen Wohngruppen jeweils zwölf Personen zusammen. Im Erdgeschoss befinden sich zwei beschützte, geschlossene Wohnbereiche mit direktem Zugang zu den beiden geschützten Gärten, die Bewegungsfreiheit und Sicherheit miteinander vereinen. In den Obergeschossen sind jeweils drei Wohngruppen untergebracht, die über großzügige Balkone verfügen. Die Wohngruppen sind speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz ausgerichtet und be-

rücksichtigen die unterschiedlichen Phasen der Erkrankung. Im Zentrum jeder Wohneinheit liegt ein gemeinsamer Wohn- und Essbereich mit offener Küche, der als Aufenthaltsraum und Ort der Kommunikation dient. Es gibt sowohl Einzel- wie auch Doppelzimmer, die mit persönlichen Möbeln und Gegenständen individuell eingerichtet werden können. Jede Wohngruppe ist in einem eigenen Wohnstil mit unterschiedlicher Atmosphäre und Farbgebung gestaltet, um Orientierung und das Gefühl von Vertrautheit zu schaffen. Dabei orientiert sich die Gestaltung an regionalen Themen wie Wald-, Fluss- oder Stadtmotiven aus der Umgebung.

V I E L FA LT I M Q U A RT I E R

217

Längsschnitt

Die Terrasse des Gesundheitszentrums ragt über das ehemalige Stallungsgebäude | Aufenthaltsbereich vor Konferenzraum | Rezeption | Restaurant | Erholungsgarten mit Brunnenanlage

Gesundheitszentrum und Seniorenresidenz Leszno, Polen

218

V I E L FA LT I M Q U A R T I E R

Architekt

NA NO WO Architekci PIP STANDARD

Bauherr / Betreiber

Kombinat 2000

Fertigstellung

2015

Nutzfläche

8.928 m2

WE / Plätze

Residenz: 16 Apartments mit insgesamt 40 Einzel- bzw. Doppelzimmern

Das Gesundheitszentrum mit Seniorenresidenz befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Gutshofs „Leszczynski Antoniny“ in der polnischen Stadt Leszno. Drei historische Gebäude, die früher landwirtschaftlich genutzt wurden, erfuhren eine zeitgemäße Sanierung, Erweiterung und Umnutzung mit Funktionsmix. In der südlichen Verlängerung des ehemaligen Stallungsgebäudes liegt das neue Gesundheitszentrum für Senioren. Es befindet sich in einem aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammenden Getreidespeicher, der grundlegend saniert und um ein Geschoss erweitert wurde. Im

Querschnitt

heute viergeschossigen Gebäude sind ein Rehabilitationszentrum für Menschen mit kardiologischen und orthopädischen Erkrankungen, eine allgemeine Krankenstation, eine Intensiv-Bettenstation und eine spezielle Abteilung zur Betreuung von Alzheimer-Patienten untergebracht. Im Erdgeschoss befindet sich neben Empfang und Verwaltungsräumlichkeiten eine kleine Kapelle. Die Stationen haben direkten Zugang zu diversen Gemeinschaftsräumen und Freiflächen. In den umgebauten Stallungen, die in direkter Verbindung mit dem Gesundheitszentrum stehen, sind heute ein Restaurant mit Veranstaltungsbereich

und ein Hotel mit Konferenzraum untergebracht. Im Kellergeschoss ist die Haustechnik für den gesamten Komplex untergebracht. Das Dach des zweigeschossigen Backsteingebäudes, das auf das späte 19. Jahrhundert zurückgeht, wurde angehoben und ein Fensterband eingezogen, damit die 14 Hotelzimmer im Obergeschoss mehr Tageslicht erhalten. Auf dem neuen Flachdach befindet sich eine mit kleinem Café und Boulodrome ausgestattete begrünte Dachterrasse, die für Senioren und Besucher als Treffpunkt mit Ausblick auf die Stadt dient. Im obersten Geschoss des Gesundheitszentrums ragt eine Terrasse in Richtung Norden über die große Dachterrasse und schafft so eine witterungsgeschützte Außenfläche.

Parallel neben den sanierten historischen Gebäuden wurde eine viergeschossige Seniorenresidenz als Neubau errichtet. In jedem Geschoss liegen jeweils vier möblierte und komplett ausgestattete Apartments, die als Wohngemeinschaften konzipiert sind. Jede Einheit verfügt über einen gemeinsam genutzten Wohn- und Essbereich, dem zwei oder drei Einzel- und Doppelzimmer mit Privatbädern zugeordnet sind. Alle Wohnungen verfügen über weit nach unten gezogene Fenster und großzügige Balkone oder Loggien, die von den Bewohnern selbst bepflanzt werden können.

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1. Obergeschoss

Boulodrome | Als verbindendes Element kommt wiederholt perforiertes, rostfarbenes Metallblech zum Einsatz

Im Erdgeschoss der Seniorenresidenz sind zusätzlich zwei Behandlungsräume untergebracht, in denen den Bewohnerinnen und Bewohnern medizinische Fürsorge und Pflege angeboten wird. Im ersten und zweiten Obergeschoss liegen in der Mitte großzügige Gemeinschaftsräume mit Terrassen, die für gemeinsame Aktivitäten genutzt werden können. Im obersten Gechoss gibt es außerdem eine nach Osten orientierte, gemeinsam nutzbare Dachterrasse, wo unter anderem Yoga- und Gymnastikkurse an der frischen Luft stattfinden. Im Süden des Gebäudes wurde ein Erholungsgarten mit Brunnenanlage angelegt.

220

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Um die Bauten aus mehreren Epochen, die sich hinsichtlich Materialität, Charakter, Höhe und Volumen unterscheiden, gestalterisch zu einem Ganzen zu verbinden, wurde beim Umbau bei allen Gebäuden als wiederkehrendes Element perforiertes, rostfarbenes Metallblech eingesetzt, das sich farblich an die Ziegelfassade der ehemaligen Stallungen annähert. Das Metallblech findet Verwendung bei Geländern und Brüstungen, als Sonnenschutz oder Fassadenelement und in der Innengestaltung.

Das Hauptziel des Projekts ist es, den Senioren ein Umfeld zum Wohlfühlen und Gesunden zu bieten, in dem sich niemand isoliert oder abgeschottet fühlt. Die Integration und Aktivierung der Bewohnerinnen und Bewohner soll einerseits durch die Architektur, andererseits durch das Freizeit- und Kulturangebot erreicht werden. Treffpunkte in den Gebäuden und rund um sie fördern die soziale Interaktion. Restaurant, Café und Hotel sowie kulturelle Veranstaltungen laden neben Familienangehörigen auch Anrainer aus der Umgebung und Touristen aller Altersgruppen ein, den Komplex zu nutzen.

3. Obergeschoss

Erdgeschoss

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221

+

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Lageplan und Raumprogramm

Altenpflegeheim „Antoine de Saint-Exupéry“

Architekt

Elizabeth Naud et Luc Poux, architectes associés

Bauherr / Betreiber

France Habitation/Arpad

Fertigstellung

2014

Nutzfläche

9.200 m2

WE / Plätze:

160 Zimmer (davon 10 Tagespflegeplätze und 24 Zimmer für Demenzkranke)

Villejuif, Frankreich

Das Altenpflegeheim Antoine de Saint-Exupéry befindet sich auf einem Gelände gegenüber des Krankenhauses Paul Brousse in Villejuif, einer Vorstadt südlich von Paris. Der Hauptfokus des Entwurfs liegt darin, den Bewohnerinnen und Bewohnern ein freundliches Lebensumfeld zu bieten und gleichzeitig die Arbeitsbedingungen für die Pflegekräfte zu optimieren. Entlang einer zentralen Achse ist das Gebäude in zwei viergeschossige Baukörper gegliedert, die im Erdgeschoss über einen verglasten Gang verbunden sind. Die beiden Baukörper bestehen jeweils aus fünf Volumen mit unterschiedlichen

222

V I E L FA LT I M Q U A R T I E R

Erdgeschoss

Automatische Läden im gleichen Material wie die Fassade schaffen ein abwechslungsreiches Fassadenbild | Offenes Treppenhaus | Dachterrasse | Verglaste Erschließungsflächen verbinden die einzelnen Häuser mit Sattel- und Flachdächern

Grundrissen, die über dazwischen liegende verglaste Erschließungsflächen sowie Behandlungsund Aufenthaltsräume zusammengeschlossen werden. Kompakt, schlicht und fast spielerisch wirken die aneinandergereihten, leicht gedreht und versetzt angeordneten Häuser mit Sattel- und Flachdächern, jedes in einem anderen Farbton von Weiß-Grau bis Anthrazit. Durch diese Kleinteiligkeit nimmt die Architektur Bezug auf die gewachsene städtebauliche Struktur ihrer Umgebung. Statt an ein Pflegeheim oder Krankenhaus erinnert das Ensemble mit menschlichem Maßstab an eine Wohn- und Geschäftsstraße im (sub)urbanen Kontext.

Jeweils in der Mitte der beiden Gebäudeteile ist ein zentraler Erschließungskern mit Lift und offenem Treppenhaus positioniert, von dem die 160 Einzelzimmer erreicht werden. Jeweils acht bis zwölf Zimmer sind um einen gemeinsamen Speise- und Aufenthaltsraum gruppiert und als eine Wohneinheit organisiert. Die ca. 23 m2 großen Zimmer verfügen über barrierefreie Bäder und besitzen großzügige Fensteröffnungen. Damit sich die Bewohnerinnen und Bewohner wie zu Hause fühlen, können eigene Möbeln und persönliche Gegenstände mitgebracht werden, um die Zimmer zu individualisieren. Vor den Fenstern befinden sich automatische Läden, die aus dem gleichen

Material wie die restliche Fassade sind. Nach oben gefaltet dienen die Blenden als horizontaler Sonnenschutz; in geschlossenem Zustand bieten sie maximale Privatsphäre und Abdunkelung in den Schlafzimmern. Sie können individuell bedient werden, so dass ein abwechslungsreiches Fassadenbild entsteht. Um einen effizienten Ablauf gewährleisten zu können, sind die Dienstleistungs- und Pflegeeinrichtungen entlang der Erschließungswege im gesamten Gebäude verteilt angeordnet.

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Ansicht East 12th Street | Ansicht 26th Avenue

Lageplan

St. Joseph’s Senior and Family Housing Oakland, Kalifornien, USA

224

V I E L FA LT I M Q U A R T I E R

Architekt

Van Meter Williams Pollack, LLP

Bauherr / Betreiber

Bridge Housing Corp.

Fertigstellung

Bauphase I: 2011 / Bauphase II: 2014

Nutzfläche

7.620 m2

WE / Plätze

146 Einheiten (davon 84 Wohnungen für Senioren)

Der Fruitvale District südöstlich des Stadtzentrums von Oakland gilt als Stadtviertel mit dem höchsten Anteil an hispanischer Bevölkerung, deren Geschäfte, Unternehmen, aber auch kulturelle Veranstaltungen die Gegend prägen. An der Hauptverkehrsachse des Viertels, zwischen Gewerbe-, Industrie- und Wohngebiet, befindet sich ein Ensemble von fünf historischen Bauten aus dem Jahr 1912, die in den vergangenen Jahren eine Revitalisierung erfuhren und heute generationsübergreifend jungen Familien und älteren Menschen erschwinglichen Wohnraum bieten.

DW

UNIT J 101

F

STORAGE 148 STAIR 3

KITCHEN 147

DW

F

COMMON ROOM 146

E-1 105

ACCESSIBLE

STAIR 4

ENTRY LOUNGE 145

F

WOMEN 158

UNIT F-1 104

ACCESSIBLE

ELEV 1

ELEV 2

F

F

UNIT C-2 107

MAIL 139 F

COMMERCIAL 159

MACH. RM. 140

UNIT D-2 106

F

MACH. RM. 144 F

FIRE PUMP RM. 155

STAIR 2

UTILITY 142 VESTIBULE 143

UTILITY 141

ENTRY 152

UNIT G-1 103

F

UNIT H-1 102

MEN 157

STAIR 1

TRASH 149

COPY 136 F

OFFICE 1 135

F

ELECTRICAL 154

STORAGE 162 COMMERCIAL 160

STORAGE 134

OFFICE 2 137

UNIT A-1 110

MEN 133

UNIT A-2 109

ACCESSIBLE

UNIT B-1 108

TRASH COLLECTION 150

WORKSHOP 151

CONF. 138 CORRIDOR 161

NICHE 131 ENTRY 130

WOMEN 132

SEE 1/A4.540 FOR FINISH PLAN

STAIR 6

Erdgeschoss Seniorenwohnheim

Luftaufnahme des Geländes | Hohe, lichte Räume prägen das Innere des historischen Gebäudes | Der Neubau bietet Mietwohnungen für einkommensschwache Familien | Die Gärten dienen der Entspannung und der generationsübergreifenden Kommunikation

Das im Neo-Georgianischen Stil als Pflege- und Wohnheim für Senioren errichtete Hauptgebäude musste Ende der 1970er Jahre geschlossen werden, als es nicht mehr den aktuellen medizinischen Standards und Sicherheitsbestimmungen entsprach. Im fünfgeschossigen Backsteingebäude sind heute 84 Wohnungen für Senioren mit niedrigem Einkommen untergebracht. Die Apartments sind von den hohen Räumen, viel Tageslicht und unterschiedlichsten Grundrissen charakterisiert. Das Wohnprojekt ist auf Senioren ausgelegt, die noch selbstständig leben können. Medizinische und soziale Betreuung sowie gemeinsame Aktivitäten werden zusätzlich angeboten. Ausgiebige Gemein-

schaftsflächen und Gärten dienen der Entspannung und Kommunikation. Die übrigen vier historischen Bauten wurden durch einen viergeschossigen, L-förmigen Neubau ergänzt. Die historische Außenmauer, die das gesamte Gelände umgibt, blieb erhalten und wurde in den Neubau integriert, indem sie teilweise den Sockelbereich des Gebäudes bildet. In den 62 Mietwohnungen des Neubaus finden einkommensschwache Familien ein Zuhause. Der Neubau schafft Bezüge zwischen Innen und Außen: Balkone und Fenster sind sowohl auf die

Straße als auch in den Hof ausgerichtet, die Erdgeschosszone wird durch Treppenaufgänge und kleine Patios aktiviert, mehrere Zugänge und Einschnitte machen den Baukörper durchlässig. Es entsteht ein einladendes, freundliches Straßenbild. Die Revitalisierung dieses Komplexes ist ein lebendiges Beispiel für die Aktivierung eines kommerziell und industriell geprägten städtischen Quartiers. Durch Nachverdichtung, Öffnung und Schaffung von neuen Verbindungen gewinnt das Viertel an Lebendigkeit und Sicherheit, und die Qualität des öffentlichen Raums wird erhöht.

V I E L FA LT I M Q U A RT I E R

225

Projektdaten

Altenheim Kenyuen Adresse Esumi, ka mi-mihirami 800, Susami-cho, Nishimuro-gun, Wakayama, Japan Architekt Muramatsu Architects, 4-8-18-504 Kitashinjuku, Shinjuku-ku, Tokio 169-0074, Japan Bauherr Tobishima corporation, 2banch 3banncho, Chiyoda-ku, Tokio 102-8332, Japan Fachplaner Bauleitung, Fassadentechnik, Lichtplanung, Innengestaltung Motoyasu Muramatsu Tragwerksplanung Masato Araya Gebäudetechnik Akio Chiku, Shigeyuki Ishiwata, Yoshihiro Kimura, Seiichi Mukuo

Altenpflegeheim „Les Artistes de Batignolles“

Brookside House

Demenzdorf „De Hogeweyk“

Adresse 5 rue René Blum, F-75017 Paris

Adresse 46 Brookside Avenue, Knotty Ash, GB-Liverpool L14 7LN

Adresse Heemraadweg 1, NL-1382 GV Weesp

Architekt Atelier du Pont, 89 rue de Reuilly, F-75012 Paris

Architekt shedkm, 61a Bold Street,GB-Liverpool L1 4EZ

Bauherr Groupe ORPEA

Bauherr mj gleeson, Integration House, Rye Close, Ancells Business Park, Fleet, GB-Hants, GU51 2QG

Fachplaner Tragwerksplanung Khephren Ingénierie, Paris Haustechnikplanung Alto Ingénierie, Bussy-Saint-Martin Bauökonomie Mazet & Associés, Paris Umwelttechnik Plan 02, Paris Landschaftsarchitektur Atelier Jours, Paris

Außenraumplaner Motoyasu Muramatsu

Fachplaner Dachbegrünung erisco bauder, Bauder Limited, Ipswich Betontechnik Buchan Concrete Solutions, Middlewich Aufzugtechnik Otis Elevator Company, Otis Ltd., London Fenstertechnik velfac ltd, Hildersham Putzarbeiten sto ltd., Glasgow Glasarbeiten reglit glass, Rutherglen

Architekt Molenaar&Bol&VanDillen architecten / Dementia Village Architects and Advisors Taalstraat 112, NL-5261 BH Vught Bauherr / Betreiber Vivium Zorggroep Fachplaner Tragwerksplanung Advies- en Ingenieursbureau Van de Laar, Eindhoven Gebäudetechnik Sweegers en de Bruijn, ‚s-Hertogenbosch Landschaftsarchitektur Niek Roozen, Weesp

Außenraumplaner Brodie McAllister, McAllister Landscape, Bristol

Alten- und Krankenheim „Plaine de Scarpe“ Adresse La Plaine de Scarpe, Rue Jehanne de Lallaing,, BP 9, F-59167 Lallaing Architekt Yann Brunel Architecte, 20 Rue Voltaire, F-93100 Montreuil sous Bois Bauherr Société de Secours Minière du Nord 771 Boulevard Ambroise Croizat F-59287 Saint Guesnain Fachplaner Saunier et Associés, Lens

Altenwohnheim Jezárka

Brouwersgracht und L.A. Rieshuis

Adresse Rybnic`´ní 1282, CZ - 386 01 Strakonice

Adresse Brouwersgracht 280-282, NL-1013 HG Amsterdam; L.A. Rieshuis, Vinkenstraat 175-181, NL-1013 JX Amsterdam

Architekt FACT v.o.s., Podolska 401/50 , CZ-147 00 Praha 4 Unternehmer für den Bauherren Protom s.r.o., Pisecka 290, CZ-386 01 Strakonice Bauausführung Ing. Jiri Treybal TMS Projekt Strakonice Landschaftsplaner Ing. Hajek

Altenpflegeheim „Antoine de Saint-Exupéry“ Adresse 23 Rue Guy Môquet, F-94800 Villejuif Architekt Elizabeth Naud et Luc Poux, architectes associés 81 Rue Albert, F-75013 Paris Bauherr France Habitation Betreiber Arpad Fachplaner Tragwerksplanung Scyna 4, Ivry-sur-Seine Bauökonomie Tohier & Associés, Paris Gebäudetechnik BET Antonelli, Bondy

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Architekt mecanoo architecten, Oude Delft 203, P.O. Box 3277, NL-2601 DG Delft Bauherr Aannemersbedrijf Scheurer BV, Kamerling Onneslaan 40, NL-1097 DH Amsterdam Fachplaner Strackee Bouwadviesbureau b.v.

Beginenhof

Cronstetten-Haus

Adresse BeginenWerk, Erkelenzdamm 51, D-10999 Berlin

Adresse Speicherstraße 39-47, D-60327 Frankfurt am Main

Architekt PPL Barbara Brakenhoff, Chopinstraße 9B, D-04103 Leipzig

Architekt Frick.Reichert Architekten, Lange Straße 31, D-60311 Frankfurt am Main Bauherr Cronstett- und Hynspergische Evangelische Stiftung, Lindenstraße 19, D-60325 Frankfurt am Main Fachplaner Statik Kannemacher + Dr. Sturm, Frankfurt am Main Heizung, Lüftung, Sanitär, Elektroplanung Ingenieurbüro Borchert, Willingshausen Außenraumplaner Ipach und Dreisbusch, Neu-Isenburg

Elbschloss Residenz mit Wellnessbereich und Tagesraum Demenz Adresse Elbschloss Residenz GmbH, Elbchaussee 374, D-22609 Hamburg Architekt Kleffel Köhnholdt Papay Warncke Architekten, Michaelisstraße 22, D-20459 Hamburg Bauherr Pensionskasse Hoechst, Philipp-Reis-Straße 2, D-65795 Hattersheim Fachplaner Tragwerksplanung Manz + Kruse, Buxtehude Technische Gebäudeausrüstung Rodde & Partner, Hamburg Fassadentechnik KKPW Architekten Lichtplanung P. Raasch, Hamburg Außenraumplaner H. O. Dieter Schoppe Landschaftsarchitekt BDLA, Hamburg Wellnessbereich Architekt geising + böker gmbh, Schulterblatt 58B, D-20357 Hamburg Tagesraum Demenz Architekt Feddersen Architekten, Helmholtzstraße 2-9, D-10587 Berlin Außenraumplaner (Terrasse) Harms Wulf Garten- und Landschaftsarchitekten, Berlin

Geriatriezentrum Santa Rita

Kompetenzzentrum Beraten – Wohnen – Pflegen

Komplex für Betreutes Wohnen

Palladiumflat

Adresse c/ Marius Verdaguer s/n Ciutadella de Menorca

Adresse Sattlertorstraße 48b, D-91301 Forchheim

Adresse Laan der zeven Linden 175, NL-Emerald, Delfgauw/Pijnacker

Adresse Siersteenlaan 418-424, NL-9743 ES Groningen

Architekt Manuel Ocaña del Valle, c/Sagasta 23, 7˚ izda E-28004 Madrid

Architekt Feddersen Architekten, Helmholtzstraße 2-9, D-10587 Berlin

Bauherr CIME Conseil Insular de Menorca, Plaza de la Biosfera 5

Bauherr / Betreiber Diakonie Neuendettelsau Wilhelm-Löhe-Straße 16, D-91564 Neuendettelsau

Fachplaner Bauausführung OHL Haustechnik Joan Camps und Julio Grau Außenraumplaner Teresa Gali Izard

Gesundheitszentrum und Seniorenresidenz

Fachplaner Tragwerksplanung Lang Ingenieure GmbH + Co.KG, Ebermannstadt Bauphysik BASIC Gesellschaft für Bauphysik Akustik Sonderingenieurwesen Consultance mbH, Gundelsheim Heizung Wolfschmidt Versorgungssysteme GmbH+Co. KG, Bamberg Lüftung Petry AG, Neumarkt Sanitärtechnik Horst Lochmann, Zeulenroda Außenraumplaner Harms Wulf, Berlin

Adresse ul. Jana Ostroroga 8a, PL-64-100 Leszno Architekt NA NO WO Architekci Krzemieniecka 46b, PL-54-613 Breslau; PIP STANDARD ul. Władysława Jagiełły 32, PL-64-100 Leszno Bauherr / Betreiber Kombinat 2000 Kłoda 137, PL-64-130 Rydzyna Fachplaner Tragwerksplanung Cadin Grzegorz Dmochowski, Jakub Lekki, Breslau Associate Interior Designer VinciDesign, Breslau

Karmelkloster Mehrgenerationen-Wohnprojekt Adresse Karmeliterstraße 1, D-53229 Bonn Architekt Fischer – von Kietzell – Architekten BDA Partnerschaftsgesellschaft (bis 04/2008), Am Karmelkloster 1, D-53229 Bonn Bauherr gwk neubau gmbh, Am Karmelkloster 14, D-53229 Bonn Fachplaner Statik Dipl.-Ing. Büro Abed Isa Außenraumplaner Fischer – von Kietzell – Architekten BDA Partnerschaftsgesellschaft, Architekt: Jürgen von Kietzell

Architekt KCAP Architects & Planners, Piekstraat 27, NL-3071 EL Rotterdam Bauherr Ceres Projects, Rijswijk

Adresse Wallensteinstraße 65, D-90431 Nürnberg Architekt Feddersen Architekten, Helmholtzstraße 2-9, D-10587 Berlin

Fachplaner Tragwerksplanung Ingenieursbureau Dijkhuis, Groningen Gebäudetechnik, Elektrotechnik Zonderman, Groningen Gebäudetechnik, Heizung Feenstra, Groningen

Krankenheim Sonnweid, zweite Erweiterung

Pensionisten- und Pflegeheim St. Pölten

Adresse Sonnweid AG, Bachtelstrasse 68, CH-8620 Wetzikon

Adresse NÖ Landes-Pensionistenheim mit Tagesbetreuungsstation, Hermann-Gmeiner-Gasse 4, A-3100 St. Pölten

Fachplaner Elektrotechnik Jules Häfliger AG, Luzern Heizung, Lüftung, Sanitär Inag-Nievergelt AG, Zürich Gartenbau Beglinger Söhne AG, Mollis

Bauherr Diakonie Neuendettelsau, Wilhelm-Löhe-Straße 16, D-91564 Neuendettelsau Fachplaner Bauleitung Rückert Architekten & Ackermann + Weiss Architekten GmbH, München Tragwerksplanung Pichler Ingenieure GmbH, Beratende Ingenieure VBI, Berlin Heizung, Lüftung, Sanitärtechnik Energieplan GmbH, Augsburg Elektrotechnik Energieplan GmbH, Nördlingen Bodengutachter LGA Bautechnik, Nürnberg Brandschutzgutachter Peter Stanek, Berlin Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator Genesis – Umwelt Consult GmbH & Co KG, Schwabach Farbkonzept Friederike Tebbe, Berlin Außenraumplaner Harms Wulf, Berlin

Bauherr Chr. Woningstichting Patrimonium, Peizerweg 36, NL-9727 AP Groningen

Fachplaner Van Eck, Rijswijk

Architekt Bernasconi + Partner Architekten AG, Langensandstrasse 23, CH-6005 Luzern

Kompetenzzentrum für Menschen mit Demenz

Architekt Johannes Kappler Architekten, Wilhelm-Marx-Straße 9, D-90419 Nürnberg

„Miss Sargfabrik“ Adresse Missindorfstraße 10, A-1140 Wien Architekt MISSARGE / BKK-3 / BK, Missindorfstraße 10, A-1140 Wien

Architekt Dipl.-Ing. Georg W. Reinberg, Lindengasse 39/10, A-1070 Wien Bauherr Pinus in Konzern der niederösterreichischen Hypoleasing; Fachabteilungen der niederösterreichischen Landesregierung: Abt. 2HB2, Abt. 4.HB4, GS7 Nutzer; Neugebäudeplatz 1, A-3101 St. Pölten Fachplaner Statik Dipl.-Ing. Kurt Schuh, Wien Bauphysik Dipl.-Ing. Günter Feit, Klosterneuburg Haustechnik KWI Planungs- und Beratungsgesellschaft mbH & Co. KG, St. Pölten Lichttechnik Lighting Design Austria, Eichgraben Schadstoffkontrolle Innenluft Institut für Baubiologie und Ökologie, Wien Grünraumplaner Dipl.-Ing. Anna Detzlhofer, Wien

Bauherr Verein für integrative Lebensgestaltung, Goldschlagstraße 169, A-1140 Wien Fachplaner Statik ARGE Fröhlich / Lorcher ZT GmbH, Wien; Bauphysik D.I. Walter Prause, Wien Heizung, Lüftung, Sanitär BPS Engineering Brunner & Partner OEG, Wien Außenraumplaner Fa. Traumgarten, Georg Guggenberger, Wien

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Projektdaten

Pflegeheim Dornbirn Adresse Höchsterstraße 30, A-6850 Dornbirn

Residencia Alcázar Juan Hermanitas Ancianos

Seniorenwohnheim Ulrika Eleonora

„Stadtcarré“

Adresse Vanha Viipurintie 7, FIN-07900 Loviisa

Adresse Bahnhofstraße 4-10, D-74906 Bad Rappenau

Architekt Vicens + Ramos, c/ Barquillo N˚ 29, 2˚ IZQ, E-28004 Madrid

Architekt L&M Sievänen, architects / Liisa and Markku Sievänen and assistant architect Meiri Siivola, Länsiportti 1 B - C , FIN-02210 Espoo

Architekt ASIRarchitekten, Prof. I. Roecker, Mittelstraße 10, D-70180 Stuttgart

Bauherr Congregación de las Hermanitas de los Ancianos Desemparados

Bauherr Seniorenstiftung der Gemeinde Loviisa, Kuningattarenkatu 7, FIN-07900 Loviisa

Fachplaner Construcciones LAIN

Baufachleute Construction Office Hinkkanen

Außenraumplaner Vicens + Ramos

Außenraumplaner L&M Sievänen mit Gunilla Törnblom, städtische Gärtnerin von Loviisa

Seniorenresidenz Will Mark Kashiihama

Seniorenwohnungen Nedregaard Boligområde

Außenraumplaner Dipl.-Ing. Barbara Bacher, Linz

Adresse 3-2-1 Kashiihama, Higashi-ku, Fukuoka-city, Präfektur Fukuoka, Japan

Adresse Langelandsveien 40-42, N-6010 Ålesund

Pflegeheim St. Anna

Architekt KUME SEKKEI Co. Ltd., 2-1-22, Shiomi, Kotoku, Tokio 135-8567, Japan

Architekt Riepl Riepl Architekten, OK Platz 1A, A-4020 Linz; Johannes Kaufmann Architektur, Sägerstraße 4, A-6850 Dornbirn Bauherr Stadt Dornbirn, Rathausplatz 2, A-6580 Dornbirn Fachplaner Statik Moosbrugger Ingenieure, Dornbirn Bauphysik Lothar Künz, Hard Holzbau Fussenegger und Rümmele, Dornbirn Haustechnik Ökoplan, Altach Elektroplanung Ing. Peter Hämmerle, Lustenau Lichttechnik Charles Keller, St. Gallen

Adresse Rüppurrer Straße. 29, D-76137 Karlsruhe Architekt PIA – Architekten, Dessauer Straße 3, D-76139 Karlsruhe Bauherr Orden der barmherzigen Schwestern vom hl. Vincenz von Paul, Freiburg, Habsburgerstraße 120, D-79104 Freiburg Fachplaner Heizung, Lüftung, Sanitär Krebser und Freyler, Teningen Tragwerksplanung Hartmann, Jung, Ruck GmbH, Karlsruhe

Adresse Desamparados Provincia, Avd. Teresa Forner, s/n, E-13600 Alcazar Juan Ciudad Real

Bauherr Fukuoka Jisho Senior Life Co., Ltd.; Generalunternehmer Taisei Corporation, 1-25-1, Nishi-Shinjuku, Shinjuku-ku, Tokio 163-0606, Japan Fachplaner Innengestaltung KUME SEKKEI Co., Ltd. + ILYA Co., Ltd. Außenraumplaner KUME SEKKEI Co., Ltd. + Design Network Co., Ltd.

Außenraumplaner Dupper Landschaftsarchitekten, Bad Friedrichshall Innenbegrünung Strohm Innenbegrünungen, Widdern

Bauherr Daaeskogen Eiendom AS, Langelandsveien 17, N-6010 Ålesund Fachplaner Statik Siv.ing. Rolf Olset AS Elektroplanung Karl Kvalsund AS Gebäudetechnik Technoconsult AS Außenraumplaner Longva arkitekter AS

St. Joseph’s Senior and Family Housing Adresse 2647 International Blvd, Oakland, CA 94601, USA Architekt Van Meter Williams Pollack, LLP 333 Bryant Street, Suite 300, San Francisco, CA 94107, USA

RainbowVision

Seniorenresidenz Withus

Seniorenzentrum St. Michael

Adresse 500 Rodeo Road, Santa Fe, NM 87505, USA

Adresse 2-14-18 Nezu, Bunkyo-ku, Tokio

Adresse Höhensteig 1, D-12526 Berlin

Architekt LLOYD & ASSOCIATES ARCHITECTS, 501 Halona St., Santa Fe, NM 87505, USA

Architekt Kengo Kuma & Associates, 2-24-8 Minamiaoyama, Minato-ku, Tokio

Architekt GAP mbH Gesellschaft für Architektur und Projektmanagement, Schöneberger Straße 15, D-10963 Berlin

Bauherr RainbowVision Properties, Joy Silver, President Generalunternehmer Weis Construction, 7645 Lyndale Ave, Minneapolis, MN 55423, USA

Bauherr Kuboco, 1-16-10 Uchikanda, chiyoda-ku, Tokio Außenraumplaner Kengo Kuma & Associates, Kuboco

Bauherr St. Hedwig Krankenhaus, Anstalt des öffentlichen Rechts, Große Hamburger Straße 2-5, D-10115 Berlin Fachplaner Heizung, Lüftung, Sanitär, Elektroplanung Genius Ingenieurbüro GmbH, Berlin Tragwerksplanung GSE Ingenieur-Gesellschaft mbH Saar-Enseleit und Partner, Berlin Außenraumplaner ST raum a Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH, Berlin

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Fachplaner Statik/Tragwerksplanung Schlaich, Bergermann und Partner, Stuttgart; Dipl.-Ing.(FH) Benz GmbH, Geislingen Heizung Lüftung Sanitär TEB GmbH, Vaihingen/Enz; Zeeh, Schreyer und Partner, Ludwigsburg Elektroplanung SIB GmbH & Co. KG, Von-Witzleben-Straße 22, Heilbronn

Architekt Longva arkitekter AS, Rosenborggaten 19, Pb. 5939 Majorstuen, N-0308 Oslo

Außenraumplaner Prof. Kokenge, Dresden

Außenraumplaner David Lovero, Santa Fe, NM, USA

Bauherr Kruck + Partner, Wohnbau- und Projektentwicklung GmbH und Co. KG, Bismarckstraße 107, D-74074 Heilbronn

Bauherr / Betreiber Bridge Housing Corp. 345 Spear Street, Suite 700, San Francisco, CA 94105, USA Fachplaner Historic Consultant Knapp Architects, San Francisco, CA Tragwerksplanung Degenkolb Engineers, San Francisco, CA; OLMM, Oakland, CA Generalunternehmer James E. Roberts-Obayashi Corporation, Danville, CA Landschaftsarchitektur GLS Landscape Architecture, San Francisco, CA

Tagespflegezentrum Kamigyo

Vigs Ängar

Wohn- und Begegnungszentrum Tårnåsen

Adresse 686 Daikoku-cho, Kamitachiuri-agaru, Jouhugu-ji, Kamigyo-ku, Kioto, Japan

Adresse Vigavägen 18, S-27074 Köpingebro

Adresse Valhallaveien 62 / 64, N-1413 Tårnåsen

Architekt Husberg Architects office AB / Lillemor Husberg Architect SAR/MSA, Box 64, S-27222 Simrishamn

Architect KVERNAAS ARKITEKTER AS, Kolbotnveien 7, N-1410 Kolbotn

Bauherr Stadt Ystad

Bauherr Kommune Oppegård, Rosenholmveien 40, N-1414 Trollåsen

Fachplaner Byggteknikgruppen, Malmoe AB, Box 17509, S-20010 Malmö

Baufachleute Dr. Techn. Kristoffer Apeland AS

Außenraumplaner Kerstin Lundén Architect LAR/MSA

Außenraumplanung Multiconsult, avd. 13.3 Landskapsarkitektur / KVERNAAS ARKITEKTER AS

Tagesstätte mit therapeutischem Garten

West View Manor

Wohnüberbauung Steinacker

Adresse Accueil de jour de l’Éhpad départementale du Creusot, 75 rue Jouffroy, F - Le Creusot (71)

Adresse 1715 Mechanicsburg Road, Wooster, OH 44691, USA

Adresse Trichtenhausenstraße 120-128, CH-8053 Zürich-Witikon

Architekt Philippe Dehan Architecte – Urbaniste, 17 rue des Gobelins, F-75013 Paris

Architekt JMM Architects, Inc, 4685 Larwell Drive, Columbus, OH 43220, USA

Architekt Hasler Schlatter Partner, Am Schanzengraben 15, CH-8002 Zürich

Bauherr Éhpad du Creusot, BP 55, F - 71202 Le Creusot

Bauherr BCMC Inc, P.O. Box 422, Wooster, OH 44691, USA

Bauherr ASIG Baugenossenschaft Zürich, Dreispitz 21, CH-8050 Zürich; Wohn- und Siedlungsgenossenschaft Zürich, Dörflistrasse 50, CH-8050 Zürich

Architekt Toshiaki Kawai (Kawai architects), 490 Tateshinmei-cho, Inokuma-dori, Motoseiganji-sagaru, Kamigyo-ku, Kioto, Japan Bauherr Makoto Construction, 2-17-8 Kitahorie, Nishi-ku, Osaka, Japan Fachplaner Takashi Mitsuhashi

Fachplaner Gründung E2F, Lyon Rohbau Vadrot/C3B, Macon Gerüst Pelletier, Paray-le-Monial Holzarbeiten Fassade Pieralu, Chasselay Heizung Quesada, Le Creusot Außenraumplaner Stéphanie Mallier, Dampierre

The Tradition of the Palm Beaches Architekt Perkins Eastman, 115 Fifth Avenue, New York, NY 10003, USA Bauherr The Whiting-Turner Company, 300 East Joppa Road, Baltimore, MD 21286 Fachplaner Technik und Brandschutz Johnson, Levinson, Ragan, Davila, Inc. Bauingenieur Michael B. Schorah & Associates, Inc. Tragwerksplanung Slider Engineering Group Außenraumplaner Cotleur & Hearing

Außenraumplaner JMM Architects, Inc.

Wohnfabrik Solinsieme Adresse Solinsieme, Tschudistrasse 43, CH-9000 St. Gallen Architekt ARCHPLAN AG, Wallstrasse 5, CH-9000 St. Gallen Bauherr Solinsieme – Genossenschaft für neue Wohnform, Tschudistrasse 43, CH-9000 St. Gallen

Fachplaner Tragwerksplanung Ernst Winkler + Partner AG, Effretikon Heizung, Lüftung Müller-Bucher, Zürich Sanitär Ariag A. Rindlisbacher AG, Zürich Elektrotechnik Schneider Engineering + Partner, Zürich Außenraumplaner Zschokke & Gloor, Kempraten Kunst + Bau Pascale Wiedemann, Chur

Fachplaner Statik Bänziger + Köppel Dipl.-Ingenieure ETH, St. Gallen Elektroplanung Ingenieur-Büro Thomas Camenisch, St. Gallen Sanitär Ingenieur-Büro Kurt Staub, St. Gallen Bauphysik Kühn + Blickle Institut für Lärmschutz, Unterägeri Heizung, Lüftung Gallusser + Partner AG, St. Gallen Außenraumplaner Rudolf Lüthi Landschaftsarchitekt HTL BSLA, Wittenbach

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Autoren

Eckhard Feddersen geb. 1946, versteht sich als Mittler. Nach dem Studium der Architektur in Karlsruhe, in den USA und in Berlin war er wissenschaftlicher Assistent am Fachbereich Architektur und Lehrbeauftragter für Entwerfen und Baukonstruktion an der TU Berlin. Seit 1973 baut Eckhard Feddersen im sozialen Bereich für alte Menschen, Menschen mit Behinderungen und Kinder. In diesem Jahr gründete er mit Wolfgang von Herder ein Architekturbüro in Berlin, 2002 dann das Büro Feddersen Architekten und fokussierte sich weiter auf das Thema Sozialimmobilien. 1999 war er Planungsdirektor für die Bauausstellung Berlin, 2003 initiierte er den „Kompetenzkreis Gesundheit Pflege und Behinderung in Berlin“ mit Akteuren aus Politik, Medizin und Wohlfahrtspflege. Gemeinsam mit Insa Lüdtke gründete er 2008 das Unternehmen Cocon Concept Feddersen Lüdtke Beratung GbR mit Schwerpunkt „Wohnen im Wandel“. Hinzu kommen zahlreiche Vorträge und Publikationen. Im Rahmen der Fortsetzung des Austauschs zwischen Eckhard Feddersen und Insa Lüdtke legten beide als Herausgeber in der Zwischenzeit den Band raumverloren – Architektur und Demenz (Basel, 2014) vor. Eckhard Feddersen hat sein Büro 2014 an seine ehemaligen leitenden Mitarbeiter Stefan Drees und Jörg Fischer übergeben. Als freier Mitarbeiter widmet er sich weiterhin den Themen des Alters und des Zusammenlebens der Generationen.

Insa Lüdtke geb. 1972, ist Architektin mit Studium an der TU Darmstadt (Dipl.-Ing.) und als freie Journalistin für diverse Medien im Bereich Architektur und Gesundheit tätig. Als Initiatorin und Mitglied eines Netzwerks von Akteuren engagiert sie sich im Bereich Architektur und Öffentlichkeit. Von 2002 bis 2008 verantwortete sie den Aufbau und die Leitung der Öffentlichkeitsarbeit von Feddersen Architekten. 2006 war sie Mitglied im Beirat des Deutschen Architekturmuseums (DAM) für eine Ausstellung zum „Wohnen in Zukunft“. Sie ist Mitglied im Beirat des Fachmagazins MedAmbiente. Aus der Öffentlichkeitsarbeit des Büros Feddersen Architekten heraus gründete sie 2008 gemeinsam mit Eckhard Feddersen das Unternehmen Cocon Concept Feddersen Lüdtke Beratung GbR mit Schwerpunkt „Wohnen im Wandel“. Seit 2010 führt Insa Lüdtke Cocon Concept eigenverantwortlich weiter. Hinzu kommen zahlreiche Vorträge, Moderationen und Publikationen. Im Rahmen der Fortsetzung des Austauschs zwischen Eckhard Feddersen und Insa Lüdtke legten beide als Herausgeber in der Zwischenzeit den Band raumverloren – Architektur und Demenz (Basel, 2014) vor.

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Dr. Helmut Braun 1948–2014, war Diplom-Sozialpädagoge und Sozialgerontologe. Er promovierte über „Bestimmungsgrößen für den Pflegeplatzbedarf älterer Menschen“ (Kassel 1992). Nach Tätigkeiten in der Planungsabteilung des Sozialreferats, als Leiter der Abteilung Offene Altenhilfe und der Abteilung Altenhilfe der Stadt München war er Geschäftsführer und langjähriger Vorstandsvorsitzender des KWA Kuratorium Wohnen im Alter e. V. (seit 2005 KWA Kuratorium Wohnen im Alter gAG), einem großen Betreiber von Seniorenresidenzen in Deutschland. Von 2008 an war er Aufsichtsratsvorsitzender der ProCurand AG, einem der größten Pflegeheimträger in Deutschland. Ehrenamtlich war Helmut Braun zwischen 1988 bis 1994 Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) und Vorstand der Bundeskonferenz für Qualitätssicherung im Pflege- und Gesundheitswesen (BUKO-QS). Er hat Lehraufträge in München, Kassel, Dortmund und Heidelberg erfüllt und zahlreich im Bereich der Altenhilfe, Sozialpolitik und Altenplanung publiziert.

Dr. Stefan Dreßke ist Soziologe mit Studium in Berlin und London und zur Zeit Lehrbeauftragter am Fachbereich Humanwissenschaften der Universität Kassel. Zu seinen Arbeitsgebieten gehören Untersuchungen in verschiedenen Bereichen des Gesundheitssystems, u. a. Ambulante Pflege, Psychosoziale Betreuung im Krankenhaus, Palliativversorgung, Rehabilitation und Schmerzversorgung.

Maria Dwight war Gründerin und Präsidentin von Gerontological Services, Inc., einem seit 30 Jahren bestehenden Marktforschungsund Beratungsunternehmen. Sie ist heute leitende Beraterin für GSIResearch in Seattle, Washington. In den 48 Jahren ihrer beruflichen Laufbahn initiierte sie das erste geriatrische Zentrum in den USA; neben ihrer Forschungs- und Beratungstätigkeit hält sie Vorträge und Seminare in den USA, Europa und Asien; 26 Jahre lang unterrichtete sie im Rahmen des Sommerprogramms der Harvard Graduate School of Design.

Dietmar Eberle geb. 1952, ist seit 1999 Professor an der ETH Zürich und Leiter des ETH Wohnforum – ETH CASE (Centre for Research on Architecture Society and the Built Environment). Architekturstudium an der TU Wien, Diplom 1978 bei Anton Schweighofer. 1979 war er zusammen mit Markus Koch, Norbert Mittersteiner und Wolfgang Juen Mitbegründer der „Vorarlberger Baukünstler“ (1979–1982). Seit 1983 kontinuierliche Lehrtätigkeit in Hannover, Wien, Linz, Zürich, New York, Darmstadt und Hong Kong. Von 1984 bis 2009 arbeitete er zusammen mit Carlo Baumschlager. Er führt das international renommierte Büro Baumschlager Eberle Architekten mit weltweit zwölf Standorten in acht Ländern.

Angelika Hausenbiegl geb. 1964, Mag., studierte Pflegewissenschaft an der Universität Wien. Thema ihrer Diplomarbeit ist „Heilsames Lachen und Humor in der Geriatrie“. Sie absolvierte die Ausbildung zum akademisch geprüften Krankenhausmanager an der Wirtschaftsuniversität Wien, erwarb das E.D.E. Zertifikat zum Heimleiter und das Zertifikat zur Eden® – Ausgebildeten (Eden Europe, Eden-Alternative TM). Ihre Dissertation in Soziologie an der Universität Wien schreibt sie zum Thema „Wohn- und Lebensbedürfnisse der zukünftigen alternden Gesellschaft“.

Bernhard H. Heiming geb. 1963, ist Diplom-Ingenieur für Bauwesen und seit 30 Jahren in London, Frankfurt und Berlin als Projektleiter, Direktor, Technischer Leiter und Geschäftsführer im Immobilienbereich tätig. Derzeit ist er u. a. als Geschäftsführender Gesellschafter der EG Projekt Baumanagement GmbH, Berlin in Entwicklung, Projektmanagement, Projektsteuerung sowie Bauleitung, Beratung und Vermarktung von Immobilienprojekten deutschlandweit tätig. Er ist Vorsitzender des Arbeitskreises Seniorenimmobilien beim BFW Bundesverband freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen.

Matthias Hürlimann Partner in der Beratungsfirma altervia GmbH in Zürich und Luzern, ist Architekt und Planer nach Abschluss an der ETH Zürich. Er arbeitete 1970/1972 im Büro von Colin St. John Wilson in London, leitete später das Grundlagenprojekt „Gestaltungsplan“ am ORL-Institut der ETH und war Leiter der Nationalfondsstudie „Bauliche Barrieren für Behinderte und Betagte“ am Institut für Hochbauforschung der ETH Zürich. Matthias Hürlimann ist Gründer und Mitinhaber des Architekturbüros archi-NETZ mit Projektschwerpunkten in Wohnungsbau, Gemeinschaftseinrichtungen, Bauten für Behinderte und Betagte sowie Landwirtschaft, ebenso Mitgründer der Schweizerischen Fachstelle für behindertengerechtes Bauen. Zusammen mit Dr. Rudolf Welter führt er Beratungen und Projektbegleitungen bei baulichen und organisatorischen Entwicklungs- und Erneuerungsprojekten im Altersund Behindertenbereich durch. Er ist Fachbuchautor und Lehrbeauftragter bei Weiterbildungskursen.

Katharina Hürlimann-Siebke ist Wirtschaftswissenschaftlerin (TH) und Partnerin des Beraternetzwerks altervia.ch. Nach langjähriger Tätigkeit in der Öffentlichkeitsarbeit für Hochschulen, als Wissenschaftsjournalistin und Kommunikationsfachfrau in Deutschland engagiert sie sich seit 2000 in der Schweiz als Beraterin und Projektbeteiligte im Bereich Lebensräume für älter werdende Menschen. Sie ist Autorin der Projektstudie „Stufenüberwindung in Altbauten – Aktuelle Lösungsansätze und Perspektiven“ (Schweizerische Fachstelle für behindertengerechtes Bauen), war als Redakteurin und Koordinatorin maßgeblich an der Produktion des Arbeitsbuches Gestaltungsempfehlungen für Menschen mit Demenzerkrankungen, am Projekt „Idee a + b – Selbstbestimmtes Wohnen für ältere und behinderte Menschen in der S5-Stadt“ (benabita), am „Werkzeugkasten für die kommunale Alterspolitik“ (alterspolitik.ch), aktuell am Projekt pflegewohnung.ch sowie an Beratungsmandaten zur Umsetzung von Alterskonzepten beteiligt.

Dr. rer. phil. Marie-Therese Krings-Heckemeier ist Vorstandsvorsitzende der empirica ag, Forschung und Beratung, Berlin. Neben dieser Tätigkeit ist sie Mitglied des Zukunftsbeirats Pro Seniore, Mitglied im Bundesverband Baugemeinschaften e.V. und im Netzwerk S – Sozialimmobilien ganzheitlich betrachten sowie Mitglied im DIN Deutsches Institut für Normung e.V. „Betreutes Wohnen“. Seit 1976 beschäftigt sich Marie-Therese Krings-Heckemeier mit Forschungs- und Gutachtertätigkeiten, u. a. für Bundes- und Landesministerien, Kommunen, Wohnungsunternehmen, Investoren, Banken, Lebensversicherungen und Bausparkassen. Die Schwerpunkte hierbei sind Stadt- und Regionalentwicklung, Immobilienmärkte, Spezial- und Auslandsimmobilien, Stadtentwicklungspolitik, Pflege und Wohnen im Alter, Lebensstilforschung, Sozialräumliche Nutzungsanalysen und Projektsteuerung im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“.

Yasmine Mahmoudieh geb. 1961, studierte Kunstgeschichte in Florenz, Architektur in Genf, Innenarchitektur in Belmont und erhielt 1985 an der University of California, Los Angeles (UCLA) ihr Diplom als Bachelor of Arts in Architecture and Design. Nach Bürogründungen in Los Angeles und Berlin ist mahmoudiehdesign seit 1999 in Berlin und London ansässig und in den Bereichen Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel sowie Arbeitswelten von der Konzeption bis zur Realisierung tätig. Auszeichnungen für innenarchitektonische Projekte gewannen u. a. das Intercontinental Berchtesgaden Resort in Obersalzberg, der AON-Hauptsitz in Hamburg, Teile des Coconut Grove Plaza in Miami, ein Bürogebäude für Tishman Speyer und das Radisson SAS in Kopenhagen. Yasmine Mahmoudieh lehrt als Gastdozentin an der École Hôtelière de Lausanne, am Institut Paul Bocuse in Lyon sowie an Universitäten u. a. in London, New York (NYU), Los Angeles (UCLA), Monte Carlo, Shanghai und Moskau.

Johanna Myllymäki-Neuhoff ist Erziehungswissenschaftlerin (Dipl.-Päd.), Gerontologin (Dipl.-Psychogerontol.) und hat Sozialpolitik und Sozialwesen studiert, an den Universitäten Siegen, ErlangenNürnberg sowie Kuopio/Finnland (Lic.SSc. (Fin)). Seit den 1990er Jahren ist sie an Universitäten und Fachhochschulen in Deutschland und Finnland in der Lehre tätig. Nach mehrjähriger wissenschaftlicher Tätigkeit, der Projektleitung eines modellhaften Demenzzentrums sowie als Gerontologin bei einem großen Träger der Wohlfahrtspflege ist Johanna Myllymäki-Neuhoff zur Zeit Gerontologin und Koordinatorin im Zentrum für Altersmedizin, Klinikum Nürnberg. Sie hat mehrere Veröffentlichungen zum Thema publiziert.

Beth Tauke ist Associate Professor für Architektur und ehemalige Dekanin an der School of Architecture and Planning der University at Buffalo – State University of New York. Sie hat eine leitende Tätigkeit in der akademischen Ausbildung am Center for Inclusive Design and Environmental Access (IDEA) und ist Mitherausgebering von Universal Design Education Online. Sie ist ebenfalls Mitherausberin von Diversity and Design: Understanding Hidden Consequences, Routledge, 2016, zusammen mit Dr. Korydon Smith und Dr. Charles Davis sowie von Universal Design: New York, NYC Mayor’s Office, 2001, zusammen mit Dr. G. Scott Danford.

Nikolaos Tavridis geb. 1969, ist Dipl.-Kaufmann und Berater im Bereich Betrieb von Seniorenimmobilien. Nach Tätigkeiten im Management von Pflegeanbietern als Controller, Finanzdirektor und Mitglied der Geschäftsführung bei der Casa Reha Betriebsund Beteiligungsgesellschaft mbH sowie als Geschäftsführer der ProVita Betriebsgesellschaft mbH ist er seit 2001 Geschäftsführender Gesellschafter der axion consult GmbH in Hamburg. Darüber hinaus ist Nikolaos Tavridis als Geschäftsführer der Elbschloss Residenz GmbH, der Elbschloss Residenz Klein Flottbek GmbH sowie weiterer Betriebsgesellschaften auch bundesweit operativ tätig.

Evmarie Zell geb. 1979, ist Betriebswirtin und Immobilienfachwirtin mit Studium an der Fachhochschule Heilbronn. Seit 2006 ist sie bei Kubus360 GmbH in Stuttgart tätig. Seit zehn Jahren verantwortet sie dort die Abteilung Immobilienportfolio-Management als einen von vier Geschäftsbereichen. Seit 2017 ist sie gemeinsam mit Dagmar Hämmerling und Bernd Richmann Geschäftsführerin des Unternehmens. Kubus360 beschäftigt sich ganzheitlich mit Immobilien in allen Phasen des Lebenszyklus. Im Bereich Immobilienportfolio-Management stehen vorwiegend große Gebäudebestände vor allem von Trägern der freien Wohlfahrtspflege im Fokus. Basierend auf einer Bedarfsplanung entstehen hier zukunftsorientierte Masterpläne, um langfristig die Wirtschaftlichkeit zu sichern und die Nutzungsqualität zu optimieren.

Dr. Rudolf Welter Partner in der Beratungsfirma altervia GmbH, mit Sitz in Zürich und Luzern, ist Architekt, Umwelt- und Organisationspsychologe mit Studium an der University of Michigan und der ETH Zürich. Seine Dissertation hatte „Adaptives Bauen für hospitalisierte Langzeitpatienten“ zum Thema. Rudolf Welter entwickelt und erprobt innovative Planungsmethoden und Formen der Beteiligung von Nutzern in sozialen Organisationen und Institutionen des Gesundheitswesens (Spitäler, Kliniken, Heime) sowie in der kommunalen Alterspolitik bei der Gestaltung von Lebens- und Betreuungsformen. Seit 1980 ist er freiberuflicher Projektbegleiter, Supervisor und Coach von Teams, die sich mit baulichen und/oder organisatorischen Entwicklungs- und Erneuerungsprojekten beschäftigen. Er ist Fachbuchautor, war Lehrbeauftragter an Fachhochschulen und führte Fortbildungskurse durch.

Harms Wulf geb. 1958, ist Landschaftsarchitekt. Seit der Bürogründung von Harms Wulf Landschaftsarchitekten 1992 bildet die barrierefreie Freiflächengestaltung für private und öffentliche Gesundheits-, Bildungs- und Senioreneinrichtungen einen Schwerpunkt der Planungsarbeit. In den Jahren 2002 bis 2015 engagierte sich Harms Wulf im Ausschuss „Barrierefreie Stadt- und Gebäudeplanung“ der Architektenkammer Berlin, dessen Vorsitzender er zeitweise war, für die Belange des barrierefreien Bauens.

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Personenregister Alexander, Christopher 40, 41 Ando, Tadao 8 ARCHPLAN AG 142-143, 229 ASIRarchitekten 110-115, 228 Atelier du Pont 212-213, 226 Bachelard, Gaston 39, 41 Bandura, Albert 31, 33 Baumschlager Eberle 42, 230 Berg, Sibylle 41 Bernasconi + Partner Architekten AG 166-169, 227 Bölsche, J. 41 Braun, Helmut 76-77, 230 Brunel, Yann 180-181, 226 Connell, B. R. 11 Danford, G. Scott 11, 231 Dehan, Philippe siehe Dehan & Spinga Architekten Dehan + Spinga Architekten 162-165, 229 Dreßke, Stefan 34-37, 230 Dürr, Bruno 142 Dwight, Maria B. 26-29, 230 Eberle, Dietmar 42-45, 230 FACT 200-201, 226 Feddersen, Eckhard 8, 12-15, 54-55, 230 Feddersen Architekten 18, 118-123, 156-161, 216-217, 226, 227, 230 Fischer-von KietzellArchitekten BDA Partnergesellschaft 82-87, 226 Foster, Sir Norman 8 Frick.Reichert Architekten 100-105, 226 GAP Gesellschaft für Architektur und Projektmanagement mbH 186-189, 229 Gatterer, Harry 41 Gehry, Frank 8 geising & böker 120, 227 Haberkern, K. 21 Hansen 119 Hardie, G. 11 Harloff, H.-J. 33 Hasler Schlatter Partner Architekten AG 92-97, 228 Hausenbiegl, Angelika 16-21, 230 Heidegger, Martin 40, 41 Heiming, Bernhard 72-75, 230 Held, Ch. 33 Herzog & de Meuron 40 Hilger, H. 41 Horx, Matthias 40 Hürlimann, Matthias 56-63, 230 Hürlimann-Siebke, Katharina 56-63, 230 Husberg Architects office AB/ Lillemor Husberg Architect SAR/MSA 202-203, 229 JMM Architects, Inc. 128-129, 229 Jones, M. 11 Kant, Immanuel 38 Johannes Kappler Architekten 138-139, 227 Johannes Kaufmann Architektur 196-197, 228 Kawai, Toshiaki (Kawai architects) 204-205, 229 Kazim, H. 21 KCAP Architects & Planners 116-117, 227 Keithler, Susan 11 Kern, V. 41 Kleffel Köhnholdt Papay Warnke Architekten 118-123, 226 Krajíc, Vladimír siehe FACT Krause, R. 41 Krings-Heckemeier, MarieTherese 22-25, 231 Kronenburg, Marcel 137

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Ortsregister Kengo Kuma & Associates 16, 17, 198-199, 228 Kume Sekkei 130-133, 228 Kvernaas Arkitekter AS 106107, 229 L&M Sievänen architects / Lisa & Markku Sievänen 19, 206-209, 228 Laurier, R. 33 Lazarus, R. 33 Leonhard, Kurt 41 Letter, W. 41 Libeskind, Daniel 8 Lloyd & Associates Architects 146-147, 228 Longva Arkitekter AS 140-141, 228 Lorenz, R. 21 Lüdtke, Insa 8, 38-41, 230 Mace, R. 11 Mahmoudieh, Yasmine 46-49, 231 McBride, Will 38 mecanoo architecten 136-137, 226 MISSARGE / BKK-3 / BK 88-91, 227 Molenaar & Bol & Van Dillen architecten 214-215, 226 Monhart, Libor siehe FACT Mueller, J. 11 Mullick, A. 11 Münz, R. 21 Muramatsu Architects 17, 148-153, 226 Myllymäki-Neuhoff, Johanna 30-33, 231 NA NO WO Architekci 218219, 227 Elizabeth Naud & Luc Poux 222-223, 226 Nicolic, V. L. 41 Ocaña del Valle, Manuel 182185, 227 Opaschowski, Horst W. 40 Ostroff, E. 11 Oswald, Armin 142 Perkins Eastman 124-127, 229 Pfeffer, Ch. 37 PIA-Architekten Prof. A. Löffler, R. Schneider, M. Schmeling, G. Leicht 178179, 228 Plaice, J. 11 Popcorn, Faith 40 PPL Barbara Brakenhoff 144, 226 Preiser, W. F. E. 11 Prochazka, Elsa 42 Ramos Abengozar, José Antonino 190-195 Reinberg, Georg W. 172-177, 227 Reulecke, M. 41 Riepl Riepl Architekten 196-197 Sanford, J. 11 Saunders, Cicely 35 Schenk, Herrad 42 Schmid, W. 41 Selle, G. 41 shedkm 108-109 Siivola, Meiri 206-209 Steinfeld, Edward 10, 11 Story, M. 11 Streckeisen, U. 37 Szydlik, M. 21 Tauke, Beth 9-11, 231 Tavridis, Nikolaos 68-71, 231 Truckenbrodt, C. 41 Tschirpke, Stefan 21 T-Studio 18 Uhl, Ottokar 42 Van Meter Williams Pollack 224-225, 228

Vanderheiden, G. 11 Vicens y Hualde, Ignacio 190195, 228 Welch, P. 11 Welter, Rudolf 56-63, 230, 231 Wulf, Harms 50-53, 158, 226, 227, 231 Zell, Evmarie 64-67, 231 Zille, Heinrich 40, 41

Alcázar de San Juan Residencia Alcázar Juan Hermanitas Ancianos 190-196, 228 Ålesund Seniorenwohnungen Nedregaard Boligområde 140-141, 228 Amsterdam Brouwersgracht 136-137, 226 L.A. Rieshuis 136-137, 226 Bad Rappenau „Stadtcarré“ 110-115, 228 Berlin Beginenhof 144-145, 226 Gerontogarten 52 Ida-Wolff-Geriatriezentrum 52 Park-Klinik Weißensee 51, 52 Residenz HavelGarten 74 Ricam Hospiz 35-37 Seniorenheim St. Michael 186-189, 228 Seniorenwohnheim Prenzlauer Berg 186-189 Bonn Karmelkloster 82-87, 227 Sunrise Villa Camphausen 73, 75 Boston, Massachusetts 147

Groningen Palladiumflat 138-139, 227

Pesaro Integratives Wohnprojekt 18

Hamburg Elbschloss Residenz 118-123, 226

Portland, Oregon Mirabella 29

Helsinki 18

Reinbek Sunrise 73

Karlsruhe Pflegeheim St. Anna 178-179, 228 Kioto Tagespflegezentrum Kamigyo 204-205, 229

Sankt Petersburg 18

Köln Ideal House Cologne 41

Santa Fe, New Mexico RainbowVision 146-147, 228

Köpingebro Vigs Ängar 202-203, 229

Shanghai 19

Lallaing Alten- und Krankenheim „Plaine de Scarpe“ 180-181, 226 Le Creusot Tagesstätte mit therapeutischem Garten 162-165, 229 Leszno Gesundheitszentrum und Seniorenresidenz 218-221, 227 Liverpool, Knotty Ash Brookside House 108-109, 226 Los Angeles, Kalifornien 147

Braunschweig 25

Loviisa Seniorenwohnheim Ulrika Eleonora 19, 206-209, 228

Buffalo, New York 10

Moskau 18

Ciutadella de Menorca Geriatriezentrum Santa Rita 182-185, 227

München 159

Den Haag Woonzorgzone Moerwijk 25 Dornbirn Pflegeheim 196-197, 228 Duisburg Haus am Sandberg 20 Düsseldorf Pflegeheim Diakonie Düsseldorf 44-45 Emerald Komplex für Betreutes Wohnen 116-117, 227 Forchheim Kompetenzzentrum Beraten – Wohnen – Pflegen 216-217, 227 Frankfurt am Main Cronstetten-Haus 100-105, 226 Frankfurt-Sossenheim 20 Fukuoka-City Seniorenresidenz Will Mark Kashiihama 130-133, 228 Fürth Interkultureller Garten 21

Rheinsberg Haus Rheinsberg Hotel am See 46-49

New York 146, 147 Nischnij Nowgorod 18 Nürnberg Kompetenzzentrum für Menschen mit Demenz 18, 20, 30-31, 50, 52, 156-161, 227 Oakland, Kalifornien St. Joseph’s Senior and Family Housing 224-225, 228 Ohio, Siedlungsregion der Amischen West View Manor 128-129, 229 Oppegård Wohn- und Begegnungszentrum Tårnåsen 106-107 Orlando, Florida Celebration City 28 Paris Altenpflegeheim „Les Artistes de Batignolles” 212-213, 226 Pecos 147 Peking 19

Shizuoka IDU Terrace 17 St. Gallen Wohnfabrik Solinsieme 142-143, 229 St. Pölten Pensionisten- und Pflegeheim 172-177, 227 Strakonice Altenwohnheim Jezárka 200-201, 226 Tiedoli 18 Tokio, Nezu Seniorenresidenz Withus 16, 17, 198-199 Tajima-Residenz 198-199 Villejuif Altenpflegeheim „Antoine de Saint-Exupéry” 222-223, 226 Wakayama Altenheim Kenyuen 148-153, 226 Weesp Demenzdorf „De Hogeweyk” 214-215, 226 Weil am Rhein VitraHaus 40 West Palm Beach, Florida The Tradition of the Palm Beaches 124-127, 229 Wetzikon Krankenheim Sonnweid 166-169, 227 Wien Future Evolution House 40 „Miss Sargfabrik“ 88-91, 227 Wohnhausanlage Attemsgasse 42-44 Willisau 5+Sensotel 46, 48 Zionville 147 Zürich Siedlung Ruggächern 44 Wohnüberbauung Steinacker 92-97, 229

Fotonachweis Die Zeichnungen wurden von den beteiligten Büros zur Verfügung gestellt. Umschlag Urs Welter 2 Ronald Grunert-Held

74 Marcus von Amsberg, News & Media

152, 153 Nacasa & Partners Inc.

75 Arne Hofmann

156-160 Ronald Grunert-Held

Typologien und Projekte 82-86 Johannes Marburg

162-164 Olivier Wogenscky

Grundlagen und Prozesse

88-90 Herta Hurnaus

166, 167 Dominique Meienberg

10,11 Diagramme Beth Tauke,

92 Ralph Hut

172-176 Pez Hejduk

12 Hotel Fox, Dänemark

93 groß Ursula Meissen klein Ralph Hut

178, 179 Stephan Baumann

14 oben links, unten rechts Reinhard Görner oben Mitte, rechts Feddersen Architekten unten links, Mitte Theodor Fliedner Stiftung 15 links Joachim Loch rechts Feddersen Architekten 16 oben Angelika Hausenbiegl unten Kengo Kuma & Associates 17 oben Kengo Kuma & Associates unten Toru Waki 18 Ronald Grunert-Held 19 oben Markku Sievänen Mitte Barbara Thieme (www.buero-ix.de)´ unten Annette Lozinski 20 oben Angelika Hausenbiegl unten Ronald Grunert-Held 21 links Angelika Hausenbiegl rechts Ronald Grunert-Held 26 Peter Mason 29 Pacific Retirement Services of Medford Oregon 30, 31 Ronald Grunert-Held 32 links Michael Holz rechts Ronald Grunert-Held 33 oben Vilhelm Lauritzen Architects unten Feddersen Architekten 34 Werner Krüper 35, 36 Michael Radig 38 Will McBride 43,44 ©Eduard Hueber / archphoto.com 46 Linus Lintner 47 mahmoudiehdesign 48 oben Linus Lintner unten mahmoudiehdesign

94 oben Ralph Hut unten Ralph Hut 95 links, großes Foto Ralph Hut klein, oben Ursula Meissen klein, unten Ursula Meissen 100, 101 Foto-Design Waltraud Krase 102 Inge Miczka 103 Foto-Design Waltraud Krase 104 obere Fotos, links Inge Miczka obere Fotos, rechts oben Foto-Design Waltraud Krase obere Fotos, rechts unten Inge Miczka unteres Foto Brand Below

54, 55 ETH Zürich 73 oben Annette Scholz unten Marc Puchert

196, 197 Bruno Klomfar 198, 199 Kengo Kuma & Associates 200, 201 Ester Havlova 202 links Bo Rosander Mitte und rechts Peo Erikson 203 Peo Erikson 204, 205 Hiroyuki Hirai 206 Mikael Anttila 207 links Jussi Tiainen Mitte Mikael Anttila rechts Jussi Tiainen

209 Jussi Tiainen

110, 111 Johannes Vogt

212, 213 Takuji Shimmura

112 links Johannes Vogt rechts ASIRarchitekten

214, 215 Molenaar&Bol&VanDillen architecten / Dementia Village Architects / Madeleine Sars; Insa Lüdtke (215 rechts)

114 Johannes Vogt 115 links oben, links Mitte, unten Johannes Vogt rechts oben ASIRarchitekten 116 KCAP Architects & Planners 117 Rob ‘t Hart 118 Oliver Heissner 119 Aloys Kiefer 120 Michael Holz 122, 123 Oliver Heissner

216, 217 Gunter Hagen 218-220 Maciej Lulko 222, 223 Julien Lanoo 224, 225 Keith Baker, Luftaufnahme: Steve Proehl – Proehl Studios 238 Betreiberfotos 239 oben Achim Reissner unten Simone Scardovelli

124-126 Edward Massery 128, 129 David Emery 130-132 Hiroyuki Kawano 136, 137 Christian Richters

140, 141 Jiri Havran

53 Ronald Grunert-Held

190-194 Eugeni Pons

108, 109 shedkm architects

50 oben Arne Piepereit unten Ronald Grunert-Held

untere Reihe: oben Harms Wulf Mitte Ronald Grunert-Held unten Arne Piepereit

186-188 Peter Kopitz

208 links Mikael Anttila rechts Markku Sievänen

138, 139 Eibe Sönnecken

52 oben links und links Mitte Ronald Grunert-Held rechts Mitte Heike Overberg rechts Arne Piepereit

182-184 Miguel de Guzman

106, 107 Kvernaas Arkitekter

49 mahmoudiehdesign

51 oben Ronald Grunert-Held unten lux Fotografen, Florian Keller

180, 181 Dauid Aidan

142 links U. Meissner rechts Urs Welter 143 kleine Fotos, oben Urs Welter kleine Fotos, unten U. Meissner großes Foto, rechts Urs Welter 144,145 Steffen Großmann 146, 147 Wayne S. Lloyd, AIA 148 links Nacasa & Partners Inc. rechts Shinkentiku-sha 149 links Shinkentiku-sha rechts Nacasa & Partners Inc. 150 links Nacasa & Partners Inc. rechts Shinkentiku-sha

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Dank Viele Menschen haben zur Fertigstellung dieses Buches beigetragen. Wertvolle Hinweise zur inhaltlichen Diskussion im Vorfeld gaben uns Dr. Helmut Braun, ProCurand AG, Berlin; Wilfried Brexel, Seniorenstiftung Prenzlauer Berg, Berlin; Prof. Dr. Klaus Hildemann, Mülheim an der Ruhr; Waltraud Keuser, Keuser Consulting, Mayen; Dr. Marie-Therese Krings-Heckemeier, empirica AG, Berlin; Hans-Peter Winter, Kuratorium Deutsche Altershilfe, Köln; Philipp M. Zemp, Senevita AG, Wabern, Schweiz. Danken möchten wir allen Autoren, die mit Sachverstand aus ihrer Praxis berichten und aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln die Komplexität rund um das Thema Wohnen im Alter verdeutlichen. Wie bunt und lebendig sich diese Vielfalt in der Baupraxis ausprägt, haben Kollegen aus aller Welt unter Beweis gestellt. Auch ihnen gilt unser Dank für die Bereitstellung von Informationen und Dokumentationen ihrer Projekte. Besonders danken möchten wir unserer Lektorin Christel Kapitzki, die uns während des gesamten Arbeitsprozesses mit ihrem reichen Erfahrungsschatz im Büchermachen inhaltlich und operativ beraten und begleitet hat. Für die umfangreiche Recherche und Koordination mit allen Beiträgern und Architekturbüros danken wir unserer Mitarbeiterin Claudia Jäger. Für die fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Birkhäuser Verlag danken wir insbesondere dem Lektor Andreas Müller sowie Oliver Kleinschmidt, der die grafische Gestaltung des Buches übernommen hat. Im Rahmen der zweiten Auflage danken wir darüber hinaus Alexandra Zöller für das Layout der Ergänzungen sowie Julia Ess für ihre Mitarbeit bei der Recherche und Textredaktion. Darüber hinaus gilt unser Dank allen Institutionen und Firmen, die sich wie wir – in ihrem jeweiligen Arbeitsfeld – für das Thema Wohnen im Alter begeistern können.

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Ihr führender Partner für Healthcare-Immobilien IMMAC ist in Europa ein marktführendes Investmentunternehmen für Immobilien im Healthcare-Sektor. IMMAC investiert in spezialisierte Gesundheits- und Pflegeimmobilien, die die aktuellen und zukünftigen Bedürfnisse ihrer Betreiber erfüllen. Die Immobilien werden mit langfristiger Orientierung an Betreiber von Pflegeeinrichtungen, Kliniken und Seniorenwohnanlagen vermietet. Um den wachsenden Bedarf an Sozialimmobilien zu decken, werden neue Einrichtungen gebaut und bestehende Einrichtungen umgebaut oder saniert. Allein die Erstellung dringend notwendiger stationärer Pflegeeinrichtungen wird in den nächsten 40 Jahren Investitionen in Höhe von über 40 Milliarden Euro erforderlich machen, die im Wesentlichen nur von privaten Investoren erbracht werden können. Ihre langjährige Erfahrung in der Immobilien- und Projektentwicklung im Healthcare-Markt zeichnet die IMMAC als „Pionier der Branche“ aus. Wir kennen die spezifischen Besonderheiten von Healthcare-Immobilien und die speziellen Ansprüche ihrer Betreiber. Die Immobilien müssen beispielsweise architektonisch attraktiv gestaltet sein, sämtliche heimrechtlichen Anforderungen erfüllen sowie bedarfs- und kostenträgergerecht kalkuliert werden. Vor allem jedoch sollen sich Bewohner und Mitarbeiter in ihnen wohlfühlen. Langfristige Betreiberpartnerschaften Wenn es um Investitionen in Pflegeheime geht, sollte der Betreiber ein gleichwertiger Partner sein, mit dem es gilt, die gleichgerichteten Ziele gemeinsam zu erreichen und die Partnerschaft über die

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vereinbarte Dauer des Pachtvertrages in bestem Einvernehmen Seite an Seite zu durchleben. IMMAC begleitet Betreiber unterschiedlicher Größe langfristig und nachhaltig bei der Planung und Realisierung ihrer ImmobilienInvestitionen. Dabei stellt IMMAC Immobilien zur Verfügung, die einen erfolgreichen Betrieb ermöglichen. Eine gute und vertrauensvolle Beziehung zu unseren Betreibern ist die Basis unseres Geschäftes. Betreiber in mehr als 150 Healthcare-Einrichtungen vertrauen IMMAC seit 1997 bei der Investition, der Finanzierung und dem Neubau der Immobilien. Nachhaltige und refinanzierbare Mieten Bei der Ermittlung des Pachtzinses kalkuliert IMMAC einen nachhaltigen Sicherheitsabschlag von den Einnahmen des Betreibers aus den Investitionskostenanteilen. Die dadurch entstehende Liquiditätsreserve ermöglicht dem Betreiber eine solide Instandhaltung des Pachtobjektes sowie die laufende Inventarersatzbeschaffung. Dies festigt seine Wettbewerbsposition im Markt, was wiederum eine nachhaltig hohe Belegung der Einrichtung zur Folge hat. Der hohe Qualitätsstandard kommt letztendlich den Bewohnern der Einrichtungen zugute. IMMAC ist Ihr Immobilienpartner für Ihre Expansion. Hierbei werden sowohl Bestandsimmobilien erworben als auch eigene Neubauten geplant und realisiert.

Reha-Zentrum Münster

Ostseeklinik Schönberg-Holm

Seniorenpflegeresidenz Purkersdorf

Seniorenpflegeheim Neu Wulmstorf

Bestandsimmobilien Mittelständischen Familienbetrieben kann IMMAC flexible Lösungsmöglichkeiten auch bei komplexen Eigentümerstrukturen oder Nachfolgelösungen anbieten. Dabei kann in einer Transaktion vom Investor neben der Immobilie auch der Pflegeheimbetrieb gemeinsam mit einem Partner erworben werden. Für den Erhalt und Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit erforderliche Umbauten, Erweiterungen oder Modernisierungsmaßnahmen werden dabei während des laufenden Betriebes mit Rücksicht auf die Bewohner behutsam und mit viel Gefühl für das Detail durchgeführt.

Ihr Investitionspartner Als führendes Investmentunternehmen ist IMMAC seit über 20 Jahren Ihr zuverlässiger und spezialisierter Partner. IMMAC begleitet Sie kompetent und leistungsstark • als Investor Ihrer Pflegeeinrichtung/Healthcare-Immobilie • bei Sale & Lease-Back-Transaktionen • bei Betriebsübernahmen • bei Unternehmens- und Immobilienveräußerung z.B. für Nachfolgeregelungen • bei der Expansion Ihres Unternehmens • bei der Projektentwicklung und dem Bau neuer Seniorenimmobilien/Sozialimmobilien.

Neubau IMMAC verfügt über zwei eigene Bauträgergesellschaften, die einerseits auf die Errichtung von Pflegezentren und Kliniken sowie andererseits auf Seniorenwohnanlagen spezialisiert sind. Für die Realisierung eines Neubauvorhabens entscheidet sich IMMAC in enger Zusammenarbeit mit den Betreibern. In Abhängigkeit von deren Größe bietet IMMAC auch Beratungsleistungen an, die weit über das technische und kaufmännische Projektmanagement hinausgehen. Zusammen mit dem Betreiber können im Rahmen einer Neubaukooperation beispielsweise Expansionsregionen festgelegt werden, in denen gezielt nach geeigneten Grundstücken für die Errichtung einer weiteren Pflegeeinrichtung gesucht wird. Durch die Leistung aus einer Hand entsteht eine baulich qualitativ hochwertige Immobilie, die betrieblich optimiert entwickelt und kosteneffizient hergestellt wird.

IMMAC Holding AG | Große Theaterstraße 31-35 | 20354 Hamburg Telefon: +49 40.34 99 40-0 | [email protected] | www.immac.eu

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