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German Pages 117 [120] Year 2009
Fünfzig Jahre Stefan George Stiftung
Stefan Georges Leztwillige Verfügung vom 31. März 1932. Kopie im Stefan-George-Archiv, Stuttgart.
Fünfzig Jahre Stefan George Stiftung Für die Stefan George Stiftung in Verbindung mit Ute Oelmann und Wolfgang Graf Vitzthum herausgegeben von Christoph Perels
Walter de Gruyter Berlin New York •
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∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier, c das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. ISBN 978-3-11-022084-1
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Inhalt Christoph Perels Die Stefan George Stiftung: Geschichte und Gegenwart. . . . . . . . . .
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I Christoph Perels Robert Boehringer, Stefan Georges Erbe und Gründer der Stefan George Stiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Wolfgang Graf Vitzthum Berthold Schenk Graf von Stauffenberg. Von Stefan George eingesetzter Ersatz- und Nacherbe. . . . . . . . . . .
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Ute Oelmann Wilhelm Hoffmann, der schwäbische Weltbürger . . . . . . . . . . . . . .
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Christoph Perels Georg Peter Landmann, der Philologe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II Satzung der Stefan George Stiftung, genehmigt vom Regierungspräsidium Stuttgart am 5. November 2001 . . . . . . . . . . .
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Bestimmung Robert Boehringers über die George-Bestände in seinem Haus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Übertragung der Urheberrechte auf die Stefan George Stiftung . . . .
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Satzung der Stefan George Stiftung, genehmigt vom Kultusministerium in Baden-Württemberg am 30. Juli 1959. . . . . . .
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Inhalt
Letztwillige Verfügung Stefan Georges vom 31.März 1932. . . . . . . .
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Letztwillige Verfügung Stefan Georges vom 15. Juni 1930 . . . . . . . .
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Vertrag zwischen Stefan George und dem Verlag Georg Bondi über die Gesamtausgabe der Werke vom 6. Oktober 1927, mit den Anlagen I, II, und III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III Aus den Sammlungen des Stefan-George-Archivs, Stuttgart . . . . . .
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Die Stefan George Stiftung: Geschichte und Gegenwart Am 30. Juli 1959 genehmigte das Kultusministerium in Baden-Württemberg die Urkunde, mit der die Stefan George Stiftung errichtet wurde, am 10. August desselben Jahres unterzeichnete sie Robert Boehringer. Damit war die Errichtung rechtskräftig geworden, und die Stiftung konnte ihre Arbeit aufnehmen. Die Stefan George Stiftung war nicht die erste, die einen Dichternamen im Titel führte. Seit 1861 gab es die Hebelstiftung in Hausen im Wiesental, seit 1903 die Friedrich-Hebbel-Stiftung, seit 1929 die Hermann-Sudermann-Stiftung, seit 1953 die Klopstock-Stiftung, um nur einige zu nennen. Aber sie ist eine der ersten, die ausschließlich dem Werk eines Dichters und allem, was zu seiner Erhellung dienen mag, gewidmet ist. Die Hebelstiftung unterhält ein Heimatmuseum, die Friedrich-Hebbel-Stiftung vergibt den Hebbel-Preis, die Hermann-Sudermann-Stiftung unterstützt bedürftige Schriftsteller, die Klopstock-Stiftung fördert geistes- und religionswissenschaftliche Studien allgemein. Demgegenüber lautet die Zweckbestimmung der Stefan George Stiftung kurz und bündig: „Die Stiftung soll im Sinne Stefan Georges der Wirkung seines Werkes dienen. Zu diesem Zweck wird das Stefan George-Archiv allgemein denjenigen zugänglich gemacht, die mit dem Werk des Dichters verbunden sind.“ Als Sitz der Stiftung ist Stuttgart bestimmt. Eine länger als dreißig Jahre währende Vorbereitungsphase war damit an ihr Ziel gekommen. Denn schon am 1. November 1926 hatte Ernst Morwitz, ein Freund Georges seit 1905, dem Dichter dringend geraten: „Die Stiftung ist nötig, um die Urheberrechte von Deiner Person zu trennen, so dass sie bei Tod verselbständigt sind und nicht auf die Erben übergehen.“ Stefan George, der schon seit dem Sommer 1915 kränkelte und im Frühjahr 1924 eine vierte Operation hinter sich gebracht hatte, hatte sich zwar recht gut erholt und in den folgenden Jahren wenig Grund zur Klage, aber er selbst wie seine Freunde waren sich bewußt, daß es, obwohl er noch keine sechzig Jahre alt war, mit seiner Gesundheit nicht zum besten bestellt war. So begann er, unterstützt von dem hoch angesehenen Juristen
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Morwitz, sein Haus zu bestellen. Und sein Haus, das war in erster Linie sein literarisches Werk. So wundert es nicht, daß die ersten Überlegungen zur Gründung einer Stiftung im Zusammenhang mit der Planung einer Gesamt-Ausgabe der Werke aufkamen, eines Werkes, das der Dichter um 1927 wohl selbst als abgeschlossen betrachtete. Im Verlagsvertrag mit Georg Bondi – der noch einiges mehr umfasst als die Gesamt-Ausgabe – ist erstmals von einem „literarischen Verwalter“ die Rede, der an Georges Stelle treten könnte, an anderer Stelle wird er als „der von George eingesetzte Verwalter seines literarischen Nachlasses“ bezeichnet. Für die weiteren Überlegungen Georges und seiner Freunde gewinnt schließlich der Artikel 9 „Stiftung“ besonderes Gewicht: „George kann seine Urheberrechte auf eine Stiftung oder eine andere Rechtsperson übertragen, für die Zeit nach seinem Tode auch einen literarischen Verwalter einsetzen. Von einer solchen Übertragung hat er Bondi mit eingeschriebenem Brief Kenntnis zu geben. Bondi verpflichtet sich, die Stiftung bezw. den Rechtsnachfolger oder literarischen Verwalter nach erfolgter Übertragung der Urheberrechte als Vertragsteil anstelle von George anzuerkennen, mit der einzigen Einschränkung, daß diese Rechtspersonen Rechte, die auf Lebzeiten von George begrenzt sind, auch nur zu Lebzeiten von George ausüben dürfen.“ Der Vertrag mit der Genauigkeit seiner Terminologie, seiner Umsicht und Sorgfalt trägt die Handschrift von Ernst Morwitz, der als Kammergerichtsrat am Preußischen Kammergericht in Berlin tätig war; so erklärt es sich auch, daß nach Artikel 11 des Vertrags dem Präsidenten des Kammergerichts im Streitfall eine besondere Rolle zukommt. Ernst Morwitz selbst wird im abschließenden Artikel 12 „Aufgabenkreis von Dr. Morwitz“ ausdrücklich genannt: „Bis auf schriftlichen, Bondi gegenüber abzugebenden Widerruf bestimmt George zu seinem Zustellungsbevollmächtigten Dr. Ernst Morwitz in Berlin. Dr. Ernst Morwitz wird auch von George voraussichtlich durch letztwillige Anordnung zum literarischen Verwalter ernannt werden.“ So weit also waren die Überlegungen zur Gründung einer Stiftung Ende 1927 gediehen. Ein frühes Testament Georges vom 15. Juni 1930 überträgt nicht nur die Autor- und Urheberrechte Georges an eine in der Schweiz zu gründende Stiftung „Das Werk Stefan Georges“, sondern nun des Dichters „gesammtes eigentum“. An die Stelle von Ernst Morwitz ist Robert Boehringer getreten, der zwar deutscher Staatsbürger ist, aber seinen Wohnsitz in der Schweiz hat. Nach Georges Vorstellung sollte er gemeinsam mit Johann Anton und Max Kommerell den Stiftungsrat bilden. Aber dieser Plan scheiterte an der Weigerung Kommerells, eine solche Aufgabe zu über-
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nehmen – er ist bereits im Begriff, sich von Stefan George zu lösen, und scheidet noch im selben Jahr aus dem Freundeskreis um Stefan George aus. Seit 1931 zieht Robert Boehringer seine in Freiburg im Breisgau ansässige Rechtsberaterin Dr. Maria Plum zu den Beratungen hinzu. Dr. Plum, die, als eine der ersten Frauen in diesem Berufsfeld, seit 1928 eine erfolgreiche Anwaltskanzlei führte und eigentlich zu den von George distanziert betrachteten ‚modernen’ Frauen gehörte, engagierte sich früh im Kampf um die Gleichstellung der Frau und war nach dem Zweiten Weltkrieg im Deutschen Juristinnenbund eng mit der Bundestagsabgeordneten der FDP Marie-Elisabeth Lüders verbunden. Das hinderte Boehringer keineswegs, mit dieser politisch doch eher als linksliberal einzuordnenden Juristin viele Jahrzehnte lang erfolgreich zusammen zu arbeiten und sie 1959 in den Stiftungsrat der Stefan George Stiftung zu berufen. Nachdem sich durch Kommerells Absage, aber auch aus steuer- und stiftungsrechtlichen Gründen die Errichtung der geplanten Stiftung in der Schweiz nicht verwirklichen ließ, kam es am 31. März 1932 zur „Leztwilligen Verfügung“ Stefan Georges, die dann bis zu seinem Tod nicht mehr geändert wurde. George setzt Robert Boehringer zum Universalerben und Berthold Graf Stauffenberg zum Ersatzerben ein. Der Stiftungsgedanke lebt aber auch in diesem letztgültigen Testament des Dichters weiter, indem den Erben aufgegeben wird, „die stiftung in der weise wie sie geplant war zu errichten“. Und auch danach gehen die Beratungen über die zweckmäßigen und rechtlich möglichen Lösungen weiter, kommen aber bis zu Georges Tod am 4. Dezember 1933 zu keinem Abschluß. Schon im Januar 1934 legt Berthold Graf Stauffenberg in Abstimmung mit Boehringer die weitere Erbfolge fest: Frank Mehnert, der George in den letzten Jahren seines Lebens besonders nahe stand und der mit Berthold von Stauffenberg seit der gemeinsamen Stuttgarter Schulzeit am Eberhard-Ludwigs-Gymnasium befreundet war, Albrecht von Blumenthal, zwanzig Jahre älter als Mehnert und mit Stefan George schon vor dem Weltkrieg bekannt, 1934 außerordentlicher Professor der Klassischen Philologie in Jena und seit 1928 mit der Besorgung der „Anhänge“ in der GesamtAusgabe der Werke Stefan Georges betraut, und schließlich Claus Graf Stauffenberg, der jüngste der drei Stauffenberg-Brüder. Vor allem Berthold von Stauffenberg und Mehnert bezog Boehringer von Anfang an in seine Entscheidungen mit ein, aber auch Ernst Morwitz, Karl Josef Partsch und Claus von Stauffenberg halfen bei der Sicherung des Nachlasses. Frank Mehnert übernahm es, die Fertigstellung der Gesamt-Ausgabe zu überwachen,
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Morwitz, Partsch und die Brüder Stauffenberg nahmen in die Hand, was in Bezug auf die Nachlaßteile in Bingen in Georges Elternhaus zu tun war, denn Boehringer selbst lehnte es ab, deutschen Boden zu betreten, solange dort die Nationalsozialisten herrschten. Zur Hälfte gehörte das Haus Anna Ottilie George, der Schwester, die dort ein lebenslanges Wohnrecht besaß. Boehringer kaufte ihr vorsorglich die zweite Hälfte ab, und als sie Anfang Dezember 1938 starb, schenkte er das Haus der Stadt Bingen mit der Auflage, hier zu gegebener Zeit in den vom Dichter bewohnten Zimmern historisch getreue Gedenkräume einzurichten; er mißtraute ebenso wie Berthold von Stauffenberg den nationalsozialistisch dominierten Behörden und wollte Tendenzen vorbeugen, den Namen Georges für Propagandazwecke zu mißbrauchen. Schon frühzeitig bat er Morwitz, seine Erinnerungen an Georges Wohnwelt schriftlich und detailgenau festzuhalten. Claus von Stauffenberg und Partsch erhielten 1940 den Auftrag, Inventarlisten aller im Haus befindlichen Gegenstände anzulegen, Handschriftliches wurde überwiegend nach Genf in Boehringers Privathaus gebracht, die Bibliothek Georges aufgeteilt: ein Teil verblieb in Bingen, einen weiteren erhielt Berthold von Stauffenberg, einen dritten nahm Boehringer selbst an sich. Ein weiterer Teil verblieb im Besitz Frank Mehnerts. 1983 kam er aus Überlingen in das Archiv in Stuttgart. Georges Elternhaus ging im Zweiten Weltkrieg zugrunde, die Bingener Teilbibliothek hatte das Löschwasser zwar arg beschädigt, aber sie blieb doch erhalten, und Boehringer ließ sie zu Beginn der sechziger Jahre restaurieren. Seit einem Jahrzehnt befindet sie sich als Eigentum der Stiftung mit den anderen Teilen wieder vereint im Stefan-George-Archiv. Boehringers Teil überstand in der Schweiz die Kriegs- und Nachkriegszeit unbeschädigt, abenteuerliche Schicksale aber widerfuhren dem Teil von Berthold Graf Stauffenberg. Als nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 und der Hinrichtung des Grafen am 10. August desselben Jahres die Gestapo Schloß Lautlingen durchsuchte, fand sie hier den Teilnachlaß Georges, der an Berthold Stauffenberg gegangen war. Die sechs Kisten mit Büchern wurden zunächst nach Berlin gebracht, dann aber in Bunkerräume unter dem Völkerschlacht-Denkmal bei Leipzig ausgelagert. Nach dem Krieg gaben die sowjetischen Behörden sie in die Obhut der Universitätsbibliothek Leipzig. Das hatte Boehringer 1947 herausgefunden, und nun begann ein Kampf um die Herausgabe der Kisten an den rechtmäßigen Erben. Einer der Wege, die Boehringer einschlug, führte zu dem seit 1948 an der Universität Leipzig lehrenden Literaturwissenschaftler Hans Mayer, der während seiner Emigration längere Zeit in Genf gewohnt hatte und sicher von Boehringers Arbeit für das Rote Kreuz wußte, ihn
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vielleicht sogar persönlich kannte. Im Vorstand der Goethe-Gesellschaft in Weimar begegneten sich Hans Mayer und der Direktor des Frankfurter Goethe-Museums Ernst Beutler, und Beutler konnte dem in der sowjetischen Besatzungszone und später der DDR hoch angesehenen Kollegen Boehringers Anliegen nahe bringen. Auch dem Direktor der Leipziger Universitätsbibliothek Johannes Müller war Boehringers Renommé aus der Zeit der Arbeit für die Commission mixte wohlbekannt, und er stand seinem Ansuchen positiv gegenüber. Die Verhandlungen zunächst mit den sächsischen, dann mit den Behörden der DDR zogen sich jahrelang hin, bis schließlich am 18. August 1961 die sechs Kisten in Genf offiziell von Johannes Müller übergeben wurden. Wilhelm Hoffmann von der Landesbibliothek Baden-Württemberg nahm an der Zeremonie teil und konnte später diesen Teil von Georges Bibliothek mit den Beständen des StefanGeorge-Archivs in Stuttgart zusammenführen. Diesen Teil der Bibliothek hat die Stefan George Stiftung erst vor wenigen Jahren wie auch nochmals den ursprünglich Bingener Teil restaurieren und stabilisieren lassen. Robert Boehringer suchte und hielt Verbindungen zu allen Angehörigen des Freundeskreises um Stefan George, bei denen er weitere Nachlaßteile vermuten konnte. Dabei kam ihm zustatten, daß er von der Schweiz aus ohne Gefahr der Zensur sowohl mit im Deutschen Reich verbliebenen als auch mit emigrierten Freunden wie Karl Wolfskehl und später Ernst Kantorowicz und Ernst Morwitz korrespondieren konnte. Bereits in den dreißiger Jahren, lange vor der Errichtung der Stiftung, gelangten Nachlaßteile aus dem Besitz von Friedrich Wolters (gestorben 1930), Ida Coblenz (gestorben durch Freitod 1942) und Hugo von Hofmannsthal (durch die Erben Heinrich Zimmer und Christiane Zimmer geb. von Hofmannsthal, die 1939 emigrierten) in ein im Aufbau befindliches Archiv in Boehringers Genfer Privathaus. Den Briefwechsel zwischen George und Hofmannsthal, der zum Teil von den Hofmannsthal-Erben käuflich erworben worden war, brachte Boehringer 1959 explizit in die Stefan George Stiftung ein „als Grundstock des Stefan George-Archivs“, wie es in der Stiftungsurkunde heißt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatten sich die Aussichten für die Gründung der Stiftung völlig verwandelt und keineswegs verbessert. Die Grafen Stauffenberg waren nicht mehr am Leben, ebenso Frank Mehnert und Albrecht von Blumenthal. Wolfskehl lebte im fernen Neuseeland, Morwitz, Kantorowicz, Georges letzter Arzt Professor Dr. Walter Kempner mit seiner Lebensgefährtin Dr. Clotilde Schlayer, die den Dichter in den letzten Monaten in Minusio umsorgt hatte, hatten in den Vereinigten
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Staaten Zuflucht gefunden. Einzig handlungsfähig war Robert Boehringer geblieben, seit 1942 Schweizer Bürger. Nach dem Ende seiner Tätigkeit für das Rote Kreuz 1946 wandte er sich wieder der Stiftungsfrage zu. Anläßlich einer Deutschlandreise 1946 besuchte er das Kloster Bebenhausen, in dem das noch junge Hölderlin-Archiv der Württembergischen Landesbibliothek vor den Luftangriffen auf Stuttgart 1944 in Sicherheit gebracht worden war. Hier begegnete ihm Wilhelm Hoffmann, seit einem Jahr Direktor der Landesbibliothek. Auch Stuttgart wurde auf dieser Reise besucht, und Boehringer stand vor den Trümmern der im September 1944 zum Teil zerstörten Bibliothek. Zwischen ihm und Hoffmann entstand eine enge Arbeitsbeziehung, die bald auch zur persönlichen Freundschaft führte. Boehringer war klar, daß sein Wohnsitz in Genf in der französischsprachigen Schweiz als Sitz einer sich einem deutschen Dichter widmenden Stiftung denkbar ungeeignet war; in den „Erläuterungen zur Stiftungsurkunde“ heißt es denn auch: „Der Sitz der Stiftung soll tunlich im deutschen Sprachgebiet bleiben“. So wurde Hoffmann in den folgenden Jahren sein Helfer bei der Vorbereitung der Stiftungsgründung. Umgekehrt leistete Boehringer unschätzbare Dienste bei der Beschaffung von Geld und Baumaterial für den Wiederaufbau der Württembergischen Landesbibliothek. Hoffmann begann seinerseits damit, neben dem Hölderlin-Archiv ein George-Archiv aufzubauen. Dabei ergab es sich, daß Boehringer mit seinen Kontakten zu den Überlebenden des George-Kreises und ihren Erben vornehmlich Handschriften und seltene Erstausgaben sammelte, Hoffmann aber eine Forschungsbibliothek zu George, seinem Werk, seinem Leben und seinem Kreis anlegte. Von 1959 an und entscheidend nach Boehringers Tod 1974 wurden dann die Genfer Archivbestände mit den in Stuttgart gesammelten vereinigt und in der Württembergischen Landesbibliothek zusammengeführt. Boehringer hatte auch dafür gesorgt, daß die Stiftung mit einem nicht anzutastenden Grundkapital von DM 8.000,00 und einem Betrag von DM 200.000,00 für die Erfüllung ihrer Aufgaben ausgestattet wurde. Der erste Stiftungsrat, das einzige Organ der Stiftung, setzte sich aus Robert Boehringer als Vorsitzendem sowie Wilhelm Hoffmann und Maria Plum als weiteren Mitgliedern zusammen. Eine der ersten Amtshandlungen des Stiftungsrats war es, mit Beschluß vom 16. September 1959 auf Antrag von Robert Boehringer der Übertragung der Urheberrechte auf die Stiftung zuzustimmen. Deren Verwaltung und Ausübung gehörte von nun an zu den Aufgaben des Stiftungsrats bis 2003, dem Jahr, in dem das Urheberrecht nach 70 Jah-
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ren erlosch. Allerdings ist durch die eigene Publikationstätigkeit der Stiftung auch wieder ein neuer Urheberrechtsschutz erwachsen, der jedoch mit dem ursprünglichen, von George überkommenen nur noch indirekt zu tun hat. Des weiteren gehört es zum Pflichtenkreis des Stiftungsrats, für die Pflege, den Ausbau und die Erschließung der Bestände im Archiv Sorge zu tragen, ferner obliegt ihm die Unterhaltung und Pflege von Stefan Georges Grab in Minusio. In den folgenden Jahren kamen weitere Unternehmungen der Stiftung hinzu. Im wesentlichen auf Boehringers Initiative wurde die Reihe der Stiftungsdrucke begründet, die einerseits dazu diente, wichtige GeorgeTitel wie den mit Wolfskehl erarbeiteten Band drei der Deutschen Dichtung wieder zugänglich zu machen, auch die Aufmerksamkeit auf besondere Bestände des Archivs aus Georges Nachlass zu lenken, andererseits den noch lebenden Mitgliedern des Kreises ein Forum zu eigenen Publikationen zu bieten. Eine weitere große Aufgabe übernahm die Stiftung, als sie beschloß, eine neue Ausgabe der Sämtlichen Werke Stefan Georges herauszubringen. Die Präsenz Georges auf dem Buchmarkt ließ in der Tat zu wünschen übrig, nachdem die Gesamt-Ausgabe nicht mehr greifbar war und die von Boehringer erarbeitete Edition der Werke. Ausgabe in zwei Bänden, zuerst 1958 erschienen und dann mehrfach aufgelegt, strengeren editorischen Ansprüchen nicht mehr genügte. 1974, nach Boehringers Tod, aber auf dessen Wunsch, hatte Georg Peter Landmann den Vorsitz des Stiftungsrats übernommen, an die Stelle von Maria Plum, die 1962 verstarb, war deren Kollegin in der Kanzlei Dr. Tula Huber-Simons getreten, so daß vom ursprünglichen Stiftungsrat einzig Wilhelm Hoffmann noch mitwirkte. Neu in den Stiftungsrat war der Nachfolger Hoffmanns in der Leitung der Württembergischen Landesbibliothek Dr. Hans-Peter Geh eingetreten. Die neue Ausgabe erscheint seit 1982, sie ist auf 19 Bände angelegt. Erschienen sind bislang 15, zuletzt Band XII Shakespeare. Sonette. Umdichtung, 2008, bearbeitet von Ute Oelmann. Für das Projekt mußte ein neuer Verlag gefunden werden. Boehringer arbeitete noch mit dem Verlag Helmut Küpper vormals Georg Bondi, dem ursprünglichen Verlag Georges, zusammen; 1978 wurde er an Klett-Cotta verkauft, und nun wurde dieses traditionsreiche Verlagshaus der Verlag der Werkausgabe. Um die editionswissenschaftliche Kompetenz im Stiftungsrat zu verstärken, wurde zusätzlich Dr. Elisabeth Höpker-Herberg in den Stiftungsrat berufen. Als bewährte Mitarbeiterin an der historisch-kritischen Klopstock-Ausgabe brachte sie Voraussetzungen mit, die auch Georg Peter Landmann als studiertem Altphilologen fehlten. 1986 verstarb mit Wil-
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helm Hoffmann der letzte aus der Gruppe derer, die 1959 die Stefan George Stiftung ins Leben gerufen hatten. Er hatte noch Bernhard Zeller, den Direktor des Schiller-Nationalmuseums/ Deutschen Literaturarchivs Marbach als seinen Nachfolger vorgeschlagen; Zeller war nicht nur mit Hoffmann eng verbunden, er hatte auch zu Boehringer ein gutes Arbeitsverhältnis gehabt und nur mit dessen Hilfe im George-Gedenkjahr 1968 in Marbach den Dichter mit einer großen Ausstellung würdigen können. Der rege Austausch zwischen dem Stefan-George-Archiv in Stuttgart und dem Deutschen Literaturarchiv im nahe gelegenen Marbach findet seine auch institutionelle Bekräftigung darin, daß nach Zellers Tod 2008 sein zweiter Nachfolger in Marbach, Ulrich Raulff, sein Nachfolger auch im Stiftungsrat der Stefan George Stiftung wurde. Landmann hatte noch vor seinem Ausscheiden aus dem Stiftungsrat 1990 Christoph Perels, den Direktor des Freien Deutschen Hochstifts/ Frankfurter Goethe-Museums, als neues Mitglied des Stiftungsrats vorgeschlagen, und man war seinem Vorschlag gefolgt. Dritter Vorsitzender der Stefan George Stiftung wurde für zwölf Jahre, von 1990 bis 2001, Hans-Peter Geh. In der Amtszeit von Geh wurde die von Landmann begonnene bibliographische Arbeit fortgesetzt; während die Bibliographie der Jahre 1976 bis 1997 noch für den Druck konzipiert wurde und im Jahr 2000 als Buch erscheinen konnte, ist sie seitdem in ihrem Gesamtbestand als onlineVersion erfaßt worden und kann im Internet abgefragt werden. Überhaupt hielten in den neunziger Jahren die elektronischen Hilfsmittel des Archivierens auch in das Stefan-George-Archiv Einzug, mehrere Datenbänke erschließen die Bestände und erleichtern die Recherche. Das erwies sich auch als umso nötiger, als seitdem Nachlässe und Teilnachlässe aus dem George-Kreis in das Archiv gelangten, die zum Teil noch der Bearbeitung harren. Personal und Finanzen der Stefan George Stiftung wären überfordert gewesen, wenn nicht von den in die USA emigrierten Freunden Georges und ihrem Kreis Mittel hinzugestiftet worden wären. Insbesondere Walter Kempner, Clotilde Schlayer und ihre engen Freunde stellten nicht nur große Nachlassbestände, sondern auch die Mittel zu ihrer Bearbeitung zur Verfügung. Überdies ist die Stefan George Stiftung der Mommsen Foundation für wiederholte Hilfe von Herzen dankbar und verpflichtet. Michael Stettler und Karl Josef Partsch aus der Gruppe der jüngsten George-Freunde bestimmten auf George bezügliche Teile ihrer Nachlässe für das Stefan-George-Archiv, aus dem Erbe von Friedrich und Erika Wolters gelangten noch spät erhebliche Bestände nach Stuttgart. So wurde
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das Archiv in den vergangenen fünfzehn Jahren zur zentralen Stätte für die Erforschung Georges und seines Kreises. Daß in jüngster Zeit ein Handbuch zu diesem Bereich der deutschen Dichtungs- und Geistesgeschichte in Angriff genommen werden konnte, wäre ohne das Stefan-George-Archiv der Stefan George Stiftung nicht denkbar. Dieser veränderten Situation war schließlich auch die noch auf Robert Boehringer zurückgehende Stiftungssatzung anzupassen. Ihre Neufassung wurde im November 2001 vom Regierungspräsidium Stuttgart genehmigt und bildet seitdem die Arbeitsgrundlage der Stiftung. Von den Persönlichkeiten, die Boehringer 1959 noch als präsumptive Stiftungsratsmitglieder verzeichnet hatte und die sämtlich entweder aus Georges Freundeskreis kamen oder aus Boehringers eigenem Bekanntenkreis stammten, ist keiner mehr unter den Lebenden. Aber der Stiftungszweck blieb unverändert, und das Fundament, das Boehringer und Wilhelm Hoffmann gelegt haben, hat sich als so stabil erwiesen, daß auf ihm der auf fünf bis sieben Mitglieder erweiterte Stiftungsrat und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stefan-George-Archivs kontinuierlich und im Sinne des Stiftungsgründers weiter arbeiten konnten und können: im Sinne Stefan Georges der Wirkung seines Werkes zu dienen.
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Christoph Perels Robert Boehringer, Stefan Georges Erbe und Gründer der Stefan George Stiftung Robert Boehringer war 48 Jahre alt, als ihn Stefan George im Testament vom 31. März 1932 zum Universalerben einsetzte. Der Dichter kannte den Nationalökonomen und Industriellen seit seiner Studentenzeit und hatte seinen Weg 27 Jahre lang begleitet. Vermittelt hatte die Bekanntschaft 1905 der Baseler Zoologieprofessor Rudolf Burckhardt, der wusste, dass der junge Boehringer seit Jahren ein glühender George-Verehrer war, sich bereits mit dem Rezitieren von Gedichten über Basel hinaus einen Namen gemacht und sich mit der Geschichte und Theorie des Rezitierens gründlich befasst hatte. Burckhardt durfte annehmen, dass George an dem jungen Mann, der in der Stadt als ein Sonderling galt, Interesse gewinnen würde, und er hatte recht damit. Der Dichter liess sich von ihm Gedichte aufsagen, und dieser erste Eindruck muss so stark gewesen sein, dass Boehringer fortan im Kreis der George-Freunde als derjenige galt, der Georges Gedichte am besten und am richtigsten zum Klingen brachte. In den ersten Apriltagen 1905 erkundeten beide auf gemeinsamen Spaziergängen die im Frühlingsschimmer liegende Umgebung Basels, und in Georges nächstem Gedichtband Der siebente Ring fand sich Boehringer in zwei an ihn gerichteten Texten in den Kreis der Freunde aufgenommen. Zuvor war das Vorfeld bereinigt worden. Zwar war Boehringer dem von George tief verachteten Richard Dehmel nicht verfallen wie Ida DehmelCoblenz, aber er las ihn doch, bis George ihm das austrieb. Mit Rudolf Borchardt war er durch seinen Förderer und älteren Freund Julius Landmann, auch durch seinen Bruder Rudolf Boehringer in Kontakt gekommen; George verlangte und erreichte einen klaren Trennungsstrich. Von nun an lebte Robert Boehringer in zwei Welten. Mochte er die Nationalökonomie auch als Brotstudium auf Drängen der Industriellenfamilie Boehringer ergriffen haben, so trieb er es doch energisch voran und wurde
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1910 in diesem Fach mit einer zwar sehr speziellen, aber differenzierten und sorgfältigen Arbeit promoviert. Er hatte bei Julius Landmann systematisches Arbeiten gründlich gelernt. Daneben gönnte er sich zwei Fächer, die nichts mit der Volkswirtschaftslehre verband, wohl aber Wege in Georges Welt eröffneten: Literaturgeschichte und Kunstgeschichte. Dass er auch für sie Begabung hatte, sollte sich später erweisen; schon in den frühen Jahren trugen sie ihm die Zuneigung Heinrich Wölfflins ein, eine Verbindung, die bis zu Wölfflins Tod 1945 ungetrübt blieb. Am 13. Mai 1913 notiert Wölfflin im Tagebuch: „Dr. Böhringer (sic) meldet sich telefonisch zum Mittagessen. Es kommt mit ihm im Wagen Stefan George und stud. phil. Thormaelen. Gespräch über München und Berlin. Habe ihn (i. e. George) mir aufrechter, straffer gedacht. Wehende silbrige Mähne, farbloses eingefallenes Gesicht, Kniehosen und schwarze Strümpfe.“ (Joseph Gantner (Hrsg.): Heinrich Wölfflin 1864 – 1945. Autobiographie, Tagebücher und Briefe. Basel und Stuttgart: Schwabe & CO. AG Verlag 1984, S. 273f.) Boehringer also war es, der eine Begegnung zwischen dem Dichter und dem Gelehrten herbeigeführt hat. Während es ihm aus finanziellen Gründen versagt blieb, ausserhalb Basels zu studieren, verliess er gleich nach Abschluss des Studiums die Stadt und ging nach Berlin, nicht zuletzt um des 1901 dorthin berufenen Wölfflin willen. Zwei Jahre durfte er hier seinen geisteswissenschaftlichen Interessen nachgehen; seinen Lebensunterhalt verdiente er sich als Lehrer an privaten Höheren Mädchenschulen, eine Einnahmequelle, die auch Wölfflin und andere Berliner Universitätsprofessoren wie Erich Schmidt und Ulrich von Willamowitz-Moellendorf gern nutzten. Die wichtigsten Anregungen empfing Boehringer allerdings im Kreis der Berliner George-Anhänger Friedrich Wolters, Berthold Vallentin, Kurt Hildebrandt und anderen. Man traf sich regelmäßig zu Lesungen von Gedichten, diskutierte aber auch das im Entstehen begriffene Platon-Buch von Heinrich Friedemann und weitere aus dem Kreis hervorgehende Texte. Boehringers später hervortretender Platonismus empfing in diesen Jahren seine besondere Prägung. Sicher hat er es bedauert und vielleicht auch darunter gelitten, dass er sein Abitur nicht an einem humanistischen Gymnasium hatte ablegen dürfen, sondern an der Oberen Realschule in Basel, so dass er sich sein umfassendes Wissen über die klassische Antike ohne schulisches Fundament erarbeiten musste. Außer von der Platonrezeption waren die Berliner Jahre im Georgekreis aber auch erfüllt von der Entdeckung des späten Hölderlin durch Norbert von Hellingrath, insbesondere der Pindar-Übertragungen: „Nun erst trat uns Hölderlin heraus aus dem Garten Goethes als der Seher
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eines wahrhaftigeren Griechentums, als der Künder einer aus Liebe entstehenden neuen Zeit, die wir anbrechen fühlten“, schreibt Boehringer rückblickend über den Quantensprung im Hölderlin-Verständnis um 1910 (Mein Bild von Stefan George, 2. Aufl. 1967, S.178), etwas von der frühen Begeisterung hat sich den späten Zeilen noch mitgeteilt. Wenn Boehringer das Stefan-George-Archiv der Stiftung in nächster Nähe des HölderlinArchivs angesiedelt wissen wollte, so reicht das Motiv dafür bis in diese Berliner Jahre zurück. Denn George hatte als erster die Bedeutung von Hellingraths Entdeckung erkannt und in Hölderlins Spätwerk das Siegel auf seine eigene dichterische Berufung gesehen. In den Monaten Oktober bis Dezember pflegte George nach Berlin zu kommen, um seine verschiedenen Buchprojekte zu überwachen und voranzutreiben. Er nahm dann an den Abenden bei Vallentins in Charlottenburg oder bei Wolters und Hildebrandt teil. In den drei Wintern vor dem Ersten Weltkrieg hat Boehringer ihn wohl am intensivsten erlebt, später setzten sich dann die Begegnungen bei Landmanns in Basel fort. Im Herbst 1913 ging Boehringers Berliner Zeit zuende. Sie hatte ihm Eindrücke für sein ganzes weiteres Leben vermittelt, mochte er sie auch in bescheidensten materiellen Verhältnissen verlebt haben. Dass sie nicht konfliktfrei verlief, wissen wir aus den Erinnerungen von Kurt Hildebrandt. So sehr George ihn unterstützte, er blieb unter den hochfahrenden Geisteswissenschaftlern immer ein wenig ein Aussenseiter und wollte von dem Kult, den der ‚Kreis’ ausser um George vor allem um sich selbst trieb, nichts wissen. Nun aber musste er dem Ruf der Familie folgen und in die Ingelheimer Firma eintreten. Da er selbst nicht zum Wehrdienst eingezogen wurde, übernahm er anstelle der Vettern Albert und Ernst von 1914 bis Anfang 1919 die Leitung des Pharmazieunternehmens und bewährte sich glänzend. Seine Arbeitskraft und sein ehernes Pflichtgefühl, verbunden mit Entscheidungsfreude und Durchsetzungsvermögen, waren sprichwörtlich, und so steuerte er die Firma sicher durch die Kriegsjahre, bis er sie 1919 in die Hände der Vettern zurücklegte. Danach gönnte er sich eine berufliche Pause, verbrachte viel Zeit bei Julius und Edith Landmann und ihrer Familie in Basel und nutzte die Jahre zu privaten Studien. In diesen Lebensabschnitt Boehringers fällt eine schwere Krise in der Beziehung zu Stefan George. Die Heirat mit Margrit Loeb, einer promovierten Juristin aus Darmstadt, am 15. Mai 1920 hat der Dichter ihm lange nicht verziehen und erst 1925 den Kontakt wieder aufgenommen. Soweit wir wissen, hat er auch danach das junge Paar, das zunächst in Basel, ab Herbst 1932 in Genf wohnte, niemals besucht.
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1921 hatte Boehringer seine Berufstätigkeit wieder aufgenommen und sich bald durch seine Erfolge bei Hoffmann La Roche & Co. in Basel einen Ruf als hervorragender Marktstratege im Bereich der Pharmaindustrie erworben. Die folgenden zehn Jahre brachten ihm so hohe Einnahmen, dass er es sich erlauben konnte, danach erneut, und diesmal für eineinhalb Jahrzehnte, nämlich bis 1946, auf eine feste berufliche Bindung zu verzichten. 1932 wird die Tochter Konstanze geboren. Eine enge Beziehung zum Bruder Erich, dem Archäologen, führt ihn zu eigenen archäologischen Arbeiten. Er publiziert in den folgenden Jahren vier Bände zu den antiken Bildnissen von Platon und Homer, den letzten gemeinsam mit seinem Bruder. Auch erwachte nun wieder der Lyriker in ihm. Schon um 1910 hatte Boehringer Gedichte geschrieben, man findet sie in der 8. bis 10. Folge der Blätter für die Kunst. Dass es nicht bei diesen sechsundzwanzig poetischen Versuchen sein Bewenden hatte, trat aber erst 1944 mit dem umfangreichen Gedichtband Sang der Jahre ans Licht. 1973 und 1974 sammelten zwei weitere Bände, was in Boehringers letzten drei Lebensjahrzehnten entstanden war. Inzwischen aber war ihm eine neue Aufgabe zugewachsen, die seine Lebensarbeit von 1934 an mehr und mehr bestimmte. Am 4. Dezember 1933 verstarb Stefan George. Die Trauerfeier versammelte einen grossen Kreis der telegrafisch benachrichtigten Freunde des Verstorbenen am Sarg des Dichters. Es gelang, offizielle Vertreter der Reichsregierung von der Beisetzung fernzuhalten und eine Überführung des Toten ins Reichsgebiet abzuwenden, Entscheidungen, an denen Robert Boehringer nachhaltig mitgewirkt hatte. Wie es scheint, hat keiner der Freunde des Dichters die von ihm getroffene Erbschaftsregelung angefochten. Die Autorität Georges trug den Erben und den Ersatz- und Nacherben Berthold von Stauffenberg, und beide waren zu klug, als dass sie diesen Bonus verspielt hätten. Wichtig mögen dabei zwei Stimmen gewesen sein. Karl Wolfskehl, der älteste Freund des Dichters, verwies jeden, der mit den Nachlass berührenden Fragen an ihn herantrat, an Robert Boehringer als den Universalerben, und Ernst Morwitz war seit der Mitte der zwanziger Jahre in die Nachlassdiskussionen einbezogen gewesen, so dass er die Intentionen des Verstorbenen wohl am besten kannte. Boehringer bezog von vornherein Berthold von Stauffenberg und Frank Mehnert, der dem Dichter in seinen letzten Jahren am nächsten gewesen war, in die Nachlassregelungen ein; Ernst Morwitz, vor allem aber Claus Graf Stauffenberg, Karl Josef Partsch und Michael Stettler leisteten ihnen dabei wesentliche Dienste. Zuerst galt es, die praktischen
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Fragen zu klären, und dazu bot Robert Boehringers Sitz im abgelegenen Genf keine guten Voraussetzungen, zumal er es ablehnte, deutschen Boden zu betreten, solange die Macht bei den Nationalsozialisten lag. Er war und blieb sein Leben lang ihr entschiedener Gegner. Frank Mehnert übernahm es, den Abschluss der beinahe vollständigen Gesamt-Ausgabe zu überwachen. Berthold und Claus von Stauffenberg sowie Partsch sicherten die Bingener Nachlassteile, und Robert Boehringer selbst führte in Verbindung mit Maria Plum die Verhandlungen mit der unverheirateten Schwester des Dichters Anna Ottilie George so rücksichtsvoll, grosszügig und voller Respekt, dass sie ihn schliesslich auch zu ihrem Universalerben einsetzte. In dem ihm eng befreundeten Berner Kunsthistoriker Michael Stettler hatte Boehringer einen kundigen Helfer in allem, was das bildkünstlerische Erbe Georges betraf, besonders die große Sammlung von Fotografien mit Porträts Georges und seiner Freunde. Robert Boehringer vermied es lange, in den Auseinandersetzungen um die Deutungshoheit über das Georgesche Werk offen Stellung zu beziehen. Stattdessen nutzte er das ihm mit dem Erbe zugefallene Urheberrecht, um sich auf indirekte Weise zu positionieren. Zwar konnte er nicht verhindern, dass allenthalben mehr oder weniger ausführliche, mitunter eindeutig parteigebundene Erinnerungswerke erschienen. Er konnte jedoch untersagen oder durch Maria Plum untersagen lassen, dass Zitate aus Texten und Briefen in tendenziösen Kontexten als Argumente verwendet wurden. Es war eine solche rechtliche Auseinandersetzung, durch die er schliesslich in Verbindung mit Ida Dehmel-Coblenz kam, eine Bekanntschaft, die Georges Jugendfreundin eine beglückende Altersfreundschaft brachte, ehe sie, zermürbt von den rassistischen Verfolgungen durch die Nationalsozialisten, ihrem Leben ein Ende setzte. Vor allem sträubte sich Boehringer, Auswahlausgaben aus dem Werk zuzulassen, und unterband auf diese Weise jede parteigesteuerte Verfälschung. Als ein besonderes Problem erwies sich die Entscheidung darüber, wie man es mit George-Editionen aus dem Nachlass halten sollte. Hier kam es zu ernsthaften Diskussionen zwischen Berthold von Stauffenberg und Mehnert auf der einen, Boehringer auf der anderen Seite. Immerhin erschien 1938 noch der Briefwechsel zwischen George und Hofmannsthal, herausgegeben von Boehringer und mit knappen Erläuterungen versehen von Georg Peter Landmann; vor allem diese Erläuterungen machten Stauffenberg und Mehnert nicht glücklich, nicht so sehr ihres Inhalts oder ihrer Tendenz wegen, sondern weil es sie überhaupt gab. Sehr lange wurde auch über einen Bildband mit George-Porträts korrespondiert, ohne dass
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man sich vor Ausbruch des Krieges hätte verständigen können. Während Stauffenberg und Mehnert während des Krieges kontinuierlich in Verbindung blieben, erlitt die Kommunikation mit Boehringer in Genf starke Unterbrechungen, so dass an gemeinsam abgesprochene Projekte nicht mehr zu denken war. Am Kriegsende stand Boehringer allein da, nachdem Mehnert am 26. Februar 1943 in Russland gefallen, Stauffenberg am 10. August 1944 der Rachejustiz Hitlers nach dem Attentat vom 20. Juli zum Opfer gefallen war. Robert Boehringer stellte sich von 1940 an ehrenamtlich in den Dienst des Roten Kreuzes und organisierte unter hohem persönlichem Einsatz und mit großem Erfolg Hilfssendungen von Medikamenten, Kleidung und Lebensmitteln für die leidende Zivilbevölkerung in ganz Europa. Die mit dieser Tätigkeit verbundene Arbeitsbelastung hinderte ihn vorerst daran, sich so intensiv wie zuvor mit dem Nachlass Georges zu befassen. Erst von 1946 an wandte er sich wieder dieser Aufgabe zu, nachdem er sechs Jahre lang Georges Maximen mit der Tat gedient hatte. Eine erneute berufliche Tätigkeit in der Pharmaindustrie bis 1970, diesmal für die Firma J. A. Geigy AG in Basel, liess ihm genug Zeit, wieder da anzuknüpfen, wo er zu Ende der dreissiger Jahre die Arbeit unterbrochen hatte. Gleichsam als ein Vorspiel brachte er 1945 den platonisierenden Dialog Ewiger Augenblick zum Druck, der das Leben im Kreis um den Dichter noch einmal aufblitzen lässt. Das Gespräch zwischen George und seinen Freunden und Verehrern zeigt den Georgeschen ‚Staat’ und fasst seine Legitimation in wenigen Sätzen zusammen: „Der sinn aber unsres staates ist dieser, dass für eine vielleicht nur kurze zeit ein gebilde da sei, das, aus einer bestimmten gesinnung hervorgegangen, eine gewisse höhe des menschentums gewährleistet. Auch dies ist dann ein ewiger augenblick wie der griechische“ (2. Auflage, 1965, S.33). Bis 1951 arbeitet Robert Boehringer an seinem wichtigsten Beitrag zur George-Forschung, dem Standardwerk Mein Bild von Stefan George, das in zweiter ergänzter Auflage 1967 erneut gedruckt wurde. Sein Wert liegt zum einen in den biographischen Daten zu George und seinem Kreis, zum anderen in den hier zum ersten Mal gedruckten Dokumenten. Sie machen in nicht weniger als 24 „Anhängen“ zum Haupttext ein gutes Viertel des ersten Teilbandes aus, aber auch der Haupttext selbst enthält noch viele zum Teil umfangreiche Zitate aus nur Boehringer damals zugänglichen Quellen. Das Buch lässt erkennen, dass sein Verfasser in den seit Georges Tod vergangenen Jahren am Ausbau seines George-Archivs stetig weiter gearbeitet hat. Wichtig sind ferner die zahlreichen Fotografien Georges, seiner Familie, seiner Bekannten und Freunde im zweiten Teil-
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band, dem Tafelband. Die Darstellung folgt der Biographie des Dichters, Werkanalysen trifft man hier nicht an. Wie Planeten um einen Fixstern kreisen die Freunde in wechselnden Konstellationen um das Zentrum, den Dichter und Lebenslehrer Stefan George. Man erfährt viel über die Rituale, die bei den Freundestreffen herrschten, wobei das Lesen von Gedichten „die Kulthandlung“ der Freunde bleibt. Robert Boehringer hat mit seinem Buch ein vielfältiges Material für die weitere Forschung bereit gestellt. Danach erst wandte sich Boehringer als Herausgeber dem dichterischen Werk Georges zu. Boehringers erstmals 1958 in zwei Bänden erschienene und mehrfach neu aufgelegte Ausgabe der Werke dürfte noch heute die verbreitetste Version der Dichtungen von Stefan George sein. Sie enthält die Texte der Gesamt-Ausgabe vollständig, greift aber normalisierend in deren Orthographie ein, fügt Interpunktionszeichen hinzu und verzichtet auf den Wiederabdruck der „Anhänge“, die jedem Band der Gesamt-Ausgabe beigegeben sind. 1960 liess er dieser Ausgabe eine schmale Gedichtauswahl in Reclams Universalbibliothek folgen. Die letzte Edition schliesslich, die er vollenden konnte, galt am Vorabend des Jubiläumsjahrs 1968 den Blättern für die Kunst. Zu Georges 100. Geburtstag lag der reprografische Nachdruck in sechs Bänden vor, wie alle Editionen Boehringers mit knappsten Angaben zu den Beiträgern und zu den bildkünstlerischen und musikalischen Beilagen versehen. Inzwischen hatte Robert Boehringer gemeinsam mit Wilhelm Hoffmann und Maria Plum die Stefan George Stiftung errichtet, und zwar nicht in der Schweiz und nach schweizerischem Recht, sondern in Stuttgart. Vom 30. Juli 1959 ist die Genehmigung der Stiftungsurkunde durch das Kultusministerium in Baden-Württemberg datiert. Vorsitzender des dreiköpfigen Stiftungsrats, des einzigen Gremiums der Stiftung, ist selbstverständlich Boehringer selbst. Die Zusammensetzung des Stiftungsrats verrät deutlich, dass der Stifter vorläufig nicht gewillt ist, das Heft aus der Hand zu geben. Er hätte durchaus die Möglichkeit gehabt, einen Stiftungsrat mit vier, fünf oder mehr Mitgliedern einzurichten und in ihn weitere Mitglieder des StefanGeorge-Kreises aufzunehmen, von denen auch auf deutschem Boden noch einige, wie Karl Josef Partsch und Alexander von Stauffenberg, lebten. Stattdessen entschied er sich für seine langjährige Rechtsberaterin Dr. Maria Plum, was ohne weiteres einleuchtet, und für den Direktor der Württembergischen Landesbibliothek Dr. Wilhelm Hoffmann. Zu Wilhelm Hoffmann hatte Boehringer nach dem Kriege eine freundschaftliche Beziehung aufgebaut. Er selbst entstammte einer württembergischen Familie und war in Winnenden, nicht weit von Stuttgart, geboren. Auch wenn er schon als
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Kind aus Württemberg weggezogen war, viele Jahre in der Schweiz gelebt hatte und 1942 schließlich Schweizer Bürger geworden war, so hatte er doch seiner Heimat stets große Anhänglichkeit bewahrt. Wichtiger aber war wohl ein anderes Motiv: als Direktor der Landesbibliothek war Hoffmann zugleich auch der oberste Chef des Hölderlin-Archivs. Schon 1946 hatte Boehringer das nach Bebenhausen ausgelagerte Archiv und anschliessend das zum Teil zerstörte Gebäude der Landesbibliothek in Stuttgart besucht. 1948 hatte ihm Hoffmann mit einer kleinen Schrift für seine tätige Hilfe bei dessen Wiederherstellung gedankt, 1957 dann gemeinsam mit Erich Boehringer eine umfangreiche Festschrift für ihn herausgegeben. Seiner intellektuellen Profilierung nach hatte Hoffmann allerdings mit dem George-Kreis nichts zu tun, seine Welt war die der schwäbischen Geistigkeit, in deren Dienst er sich nicht nur als Spiritus Rector der Stuttgarter Hölderlin-Ausgabe, sondern auch lange Jahre als Vorsitzender der Schiller-Gesellschaft und Förderer des Schiller-Museums und des Deutschen Literaturarchivs in Marbach gestellt hatte. Für Boehringer waren das keine Hinderungsgründe, er nahm es in Kauf, dass mit Hoffmann von vornherein ein Element humanistischer Spiritualität in die Stefan George Stiftung Einzug hielt. Auch die drei Brüder Stauffenberg waren ja aus einer schwäbischen Dienstadelsfamilie gekommen, und Frank Mehnert war Schulkamerad der Stauffenbergs am Eberhard-Ludwigs-Gymnasium in Stuttgart gewesen. Und schließlich: für die Verhandlungen mit den Baden-Württembergischen Behörden im Vorfeld der Stiftungsgründung und für die angestrebte enge räumliche Verbindung des Stefan-George-Archivs mit dem HölderlinArchiv konnte kein geeigneterer Mitwirkender gewonnen werden als Wilhelm Hoffmann, er wie Boehringer dachten pragmatisch, obschon es nicht immer leicht gewesen sein mag, die beiderseitigen Interessen zum Ausgleich zu bringen. Hoffmann hat sich denn auch ganz der Lösung der praktischen Fragen im Zusammenhang mit dem Archiv verschrieben und die Publikationstätigkeit der Stiftung zuerst Boehringer und dann Landmann überlassen. Bis in sein Todesjahr 1974 hat Boehringer den Vorsitz im Stiftungsrat geführt, und der größere Teil des von ihm zusammengebrachten Stefan-George-Archivs gelangte erst danach nach Stuttgart. Obwohl als Sitz der Stiftung Stuttgart angegeben war, lud Boehringer doch den Stiftungsrat zu den ordentlichen Sitzungen in der Regel in sein Haus in Genf ein, und wer an die Akten der Blätter für die Kunst oder an den Nachlass Georges heran wollte, musste zuvor bei ihm anklopfen. Keineswegs immer hat er den Zugang gewährt. Das schmälert aber nicht sein Verdienst um die Nachwirkung Stefan Georges, und man hat wohl mit Recht ver-
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mutet, dass nichtdeutsche George-Forscher leichter sein Vertrauen gewannen als die deutsche Literaturwissenschaft: hier dürften die Erfahrungen nach 1933 nachgewirkt haben. Mit der Etablierung des Archivs in der Württembergischen Landesbibliothek und dem Übergang des Stiftungsratsvorsitzes zuerst an Georg Peter Landmann und dann an Hans-Peter Geh änderten sich die Zugangsregularien, und wenn die George-Forschung heute auf festem Grund bauen kann, dann verdankt sie es der Sorgfalt, mit der Robert Boehringer das Erbe des Dichters zusammengehalten hat.
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Berthold Schenk Graf von Stauffenberg. Von Stefan George eingesetzter Ersatz- und Nacherbe Neben „Robert Boehringer z.Z. in Genf“ ist „Berthold Graf Stauffenberg aus Stuttgart z.Z. im Haag“ der einzige Name, der in Stefan Georges letztem Testament, verfasst in Minusio am 31. März 1932, erwähnt wird, und dies in dem nur sieben Sätze umfassenden Dokument gleich zwei Mal: als Ersatz- und als Nacherbe. Da Boehringer, vom Dichter als Erbe eingesetzt, das Erbe antrat, verlor die Designation des Ersatzerben jede Bedeutung. Zudem trat die Bedingung für den Eintritt des Nacherbfalls – der Tod des (Vor-)Erben vor dem des Nacherben – nicht ein, so dass Berthold Schenk Graf von Stauffenberg auch insoweit nicht Rechtsnachfolger Georges wurde: Boehringer lebte bis zum 9. August 1974, während Berthold Stauffenberg drei Wochen nach dem Attentat und Staatsstreichversuch vom 20. Juli 1944 hingerichtet wurde. Insofern realisierten sich, rechtlich gesehen, beide testamentarischen Anwartschaften nicht. Faktisch jedoch, bezogen auf sein Engagement für das Werk und den Freundeskreis des Dichters im Vorfeld der späteren Errichtung der Stefan George Stiftung, nahm Stauffenberg die ihm zugewiesene, auch von Boehringer, dem von George mit der Stiftungsgründung beauftragten Erben, stets bejahte Aufgabe intensiv wahr – als juristisch gebildeter Berater des Dichters und dessen nächster in Deutschland verbliebener Freund. Aus der Vorgeschichte der schließlich im Jahre 1959 errichteten Stiftung ist Stauffenberg insofern nicht wegzudenken. Bei aller Tragik, die sein Leben und Sterben auch umgibt – sein verantwortungsvolles Mitwirken in der Testierphase, seine substantielle Sammlungs- und Orientierungshilfe während der ersten Schritte in Richtung Nachlasssicherung und Stiftungsgründung sowie, eineinhalb Jahrzehnte später dann, die Konstituierung der Stiftung standen, rückblickend, letztlich unter einem glücklichen Stern.
I. Die junge Historikerin Maria Fehling, eine Mitarbeiterin des Stuttgarter Cotta-Verlags, die im Hause Stauffenberg verkehrte, hatte den Altphilo-
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logen Albrecht von Blumenthal, der mit Stefan George schon vor dem Weltkrieg bekannt war, auf die drei Aristokratensöhne hingewiesen. Durch Blumenthals Vermittlung kam Berthold Stauffenberg, der schon 1921 Georges vorletzten Gedichtband Der Stern des Bundes gelesen hatte, zusammen mit seinem Bruder Claus Ende April 1923 in Marburg zu dem Dichter. Im Juni 1923 folgte Alexander, Bertholds jüngerer Zwillingsbruder. Berthold und Alexander, geboren am 15. März 1905 in Stuttgart, waren damals 18, Claus, am 15. November 1907 in Jettingen bei Günzburg geboren, erst fünfzehneinhalb Jahre alt. Da ihr Vater Oberhofmarschall des letzten Königs von Württemberg war, wohnte die dem schwäbischen Uradel angehörende Familie im weitläufigen Alten Schloss in Stuttgart, der Residenz des Landesfürsten. Die Mutter hatte ihren Söhnen, „schon im jetzigen Ausdruck so vielfach künftige Knaben“ (wie ihr Rilke, dem sie ein Foto geschickt hatte, schrieb), früh Literatur, Musik und Kunst nahe gebracht. Das Stuttgarter Eberhard-Ludwigs-Gymnasium, traditionell die führende Höhere Schule des Landes, akzentuierte auch die alten Sprachen und die Geschichte. In ihrer Neupfadfindergruppe vertieften sich Berthold und Claus Stauffenberg im Jahr 1922 in Gedichte Hölderlins und Georges. Der Bildhauer Ludwig Thormaelen sah mit seinem Künstlerauge Berthold im Jahr 1924 zum ersten Mal. Er beschrieb ihn als die „Verkörperung einer äußerst seltenen, von der Natur und vom Geist bevorzugten Art, mit einer die Atmosphäre um sich wandelnden Strahlung des Blühens. [Berthold könne] kaum als ,Schüler’ [Georges] bezeichnet werden. An ihm war schon beim Augenblick seines Auftretens nichts mehr zu bilden […]. Seinsart und Wesenheit von der Bestimmtheit und naturhaften Echtheit, wie sie sich in [ihm] kundtat, wurde als sui generis, als gleichen Ranges wie die eigene vom Dichter empfunden.“ Der Ausstrahlung der Persönlichkeit von Berthold konnte sich Stefan George nicht entziehen, ganz abgesehen davon, dass der Name Stauffenberg für ihn Mitte der 1920er Jahre geradezu mythische Qualität besaß. In seiner Person vereinte Berthold wohl nahezu all das, was für den Dichter unter den Worten „Anmut“, „Hoheit“, „Schönheit“ begriffen war. Für Stauffenberg seinerseits wurde George zeitlebens wegweisende Instanz und Vorbild. Die Freundschaft des Dichters, die Einbindung in dessen Kreis und das Erleben von Zusammenhängen, seine eigene Herkunft und Erziehung sowie seine umfassende humanistische und historische Bildung waren Berthold Ansporn, an der geistigen Erneuerung Deutschlands mitzuwirken. Der Wille, auf die Dinge des Staates Einfluss zu nehmen, war den Brüdern Stauffenberg schon von der Familientradition her selbstver-
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ständlich. Georges Bilder von einem Gegenreich des Geistes, von der griechisch-römischen Antike, von den kommenden Möglichkeiten, verbunden mit der „schönen“ Gemeinschaft der „Jünger“ mit dem „Meister“ und der Freunde untereinander in strenger Lebensführung und gemeinsamer Begeisterung „bei werk und bei musse“, und nicht zuletzt der Hinweis des Dichters, jenseits allen Buchwissens, auf das Konkrete – das alles, Stefan Georges Lieder und Lehre, wurde in dieser Zeit tiefgreifender politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Umbrüche (1923 war das große Krisenjahr der Weimarer Republik) die Mitte der Existenz von Berthold Stauffenberg. Der Dichter hatte ihm den Übernamen „Adjib“, der Wunderbare (ein Prinz aus Tausendundeine Nacht), gegeben. Nur ihn, nicht auch seine Brüder (Alexander wurde ein Altertumswissenschaftler von poetischdarstellerischem Schwung, Claus ein hochbegabter Generalstabsoffizier), hat George bedichtet, in seinem letzten Gedichtband, Das Neue Reich (1928). Hier findet sich ein Doppelspruch auf Berthold. In ihm wird der Verlust von „hoheit“ und „anmut“ betrauert, der Freund „bestaunt“ und indirekt als „erstanden[er] prinz“ angesprochen. Noch zu Lebzeiten übertrug ihm der Dichter die Verfügungsgewalt über das Signet der Blätter für die Kunst. Die Verleihung dieser von Melchior Lechter gezeichneten Vignette an ein Werk dokumentierte dessen Zugehörigkeit zur Wissenskultur des Kreises.
II. Nach dem Tod Stefan Georges (4. Dezember 1933 in Minusio) beteiligten sich Berthold und Claus Stauffenberg sowie der Bildhauer Frank Mehnert, seit Januar 1931 des Dichters nächster Begleiter, an der Sammlung, Sichtung und Verbreitung von Georges Werk in Deutschland, während sich Robert Boehringer, der Universalerbe (Erbschein vom Amtsgericht Charlottenburg, 03.03.1934), nachdrücklich von der Schweiz aus engagierte – der letzte Band der Gesamt-Ausgabe erschien 1934. Mit Mehnert gab Berthold, noch auf Georges Wunsch, im Jahre 1935 die Dichtungen des verstorbenen Freundes Johann Anton, eines Historikers, Juristen und angehenden Diplomaten heraus; auf dem Band prangt das Blätter-Signet. Seit Anfang der 1940er Jahre arbeitete Berthold mit seinen beiden Brüdern sowie mit Mehnert, dem Germanisten Rudolf Fahrner und Karl Josef Partsch, dem letzten jugendlichen Vertrauten Georges (und späteren Staatsrechtslehrer), an Übertragungen aus Homer und Plutarch. Diese altphilologischen Gemeinschaftsproduktionen erschienen später im Delfinverlag,
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einer Gründung von Mehnert und Fahrner; dieser hatte die Brüder Stauffenberg 1936 kennengelernt. 1944 entschied Berthold im Einvernehmen mit Partsch, dass der schmale Band Agis und Kleomenes, eine „nach dem Plutarch“ erarbeitete, bereits im Frühjahr 1942 abgeschlossene Übersetzung der Biographien zweier herausragender Könige Spartas, unter der Autorschaft des 1943 an der Ostfront gefallenen Frank Mehnert (bzw. unter dessen Künstlernamen Victor Frank) veröffentlicht wurde. Das Gros der Übertragungsarbeit, an der auch Claus Stauffenberg beteiligt war, hatte zwar Partsch geleistet; für eine Publikation unter seinem Namen erschienen aber die Schwierigkeiten mit der Reichsschrifttumskammer – wegen eines jüdischen Großvaters konnte Partsch den gebotenen „Ariernachweis“ nicht erbringen – schier unüberwindlich. Nach Georges Tod schon war Berthold Stauffenberg wann immer möglich um Orientierungshilfe ersucht worden. „Das Wichtigste ist jetzt, dass wir den Glauben nicht verlieren“, hatte er 1934, Halt bietend, dem jungen Partsch geschrieben. Noch am 23. April 1942 bedrängte Mehnert seinen zurückhaltenden, nach innen gewandten Freund brieflich: „Warum kargst du so mit worten? aus deinem mund wären sie besonders spornend • lenkend • wegweisend.“ Das Werk, dessen Sicherung dem designierten Nacherben mitaufgegeben war, war nicht auf die Schriften des Dichters beschränkt. In teilweise auch telefonischem Kontakt mit Boehringer und Mehnert ging es zumal um eine frühzeitig ins Auge gefasste „Ikonografie“ Georges und des Kreises, um das Zusammentragen von Bildern, Photographien und Bildwerken also und das Einholen von Abdruckgenehmigungen. Über Herausgeber und Verlag sollte später entschieden werden. Boehringers in Details zunächst umstrittener Plan einer Publikation des Briefwechsels George-Hofmannsthal realisierte sich bereits 1938. Von September bis Dezember 1939 bezog sich die weiterhin nahezu gleichrangige Zusammenarbeit Boehringer-Stauffenberg-Mehnert vor allem auf die Neuauflage des Stern des Bundes. Erörtert wurde zudem die Frage eines Auswahlbandes, einer „Anthologie“ oder einer „Feldausgabe“ der Werke Georges; Schrifttypen, Ausstattung und Format wurden eingehend beraten. Boehringer bezog, obwohl rechtlich dazu nicht verpflichtet, Berthold und Mehnert in alle wichtigen Entscheidungen mit ein. Mit jener „bildersammlung“, mit dem Zusammentragen von Handschriften, Büchern, Urkunden und Korrespondenzstücken sowie mit dem Schlussband der Gesamt-Ausgabe überaus beschäftigt, beschied Boehringer Stauffenberg freilich (am 03.03.1934): „Die Stiftung kann meines Erachtens ruhig noch warten.“
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Zwischen Berthold Stauffenberg, seinem Bruder Claus sowie Mehnert (er fertigte von seinen beiden Schulfreunden je eine Bronzebürste an) gingen auch während des Krieges, soweit irgend möglich, Briefe, Manuskripte, Bücher und Korrekturen hin und her. Regelmäßig wurde versucht, den mit seinen neuen, großen Aufgaben für das Internationale Rote Kreuz in Genf nun besonders stark belasteten Boehringer einzubinden. Dieser antwortete den Anfragenden jetzt häufig verspätet oder beschied: „Handeln Sie nach eigenem Ermessen“ oder „nach Gutdünken handeln“. Die „rotkreuz-sfinx vom lacus Lemanus zum reden“ zu bringen, schrieb Berthold Mehnert, werde immer schwieriger. „Wenn [Boehringer] diese schweigestrategie für die dauer des krieges fortsetzen will“, antwortete dieser, „dürfte ja alles noch eine gute weile liegen bleiben“ (29.08.1942). Teilweise wurden weitere Freunde (Partsch, Blumenthal sowie der Arzt und Platonforscher Kurt Hildebrandt) in die nachlassbezogenen „staatsgeschäfte“ eingeschaltet. Die kleine, von hohem Arbeitsethos geprägte Gruppe bewährte sich im besonders schwierigen ersten Jahrzehnt nach dem Tod des Dichters. Das Zusammenstehen und Zusammenwirken des durch Emigration, Todesfälle und Auseinander- oder Beiseitetreten stark reduzierten Kreises der Getreuen erfolgte auch im erfahrungsgestützten Bewusststein, dass, so Mehnert brieflich an Berthold (18.07.1942), „viel schönes wichtiges und vielleicht zukunftsträchtiges […] nur aus einer gemeinsamen sfäre erwachsen kann.“
III. Für die Aufgabe, das Werk Stefan Georges zu bewahren und sein geistiges Erbe weiterzugeben, war Berthold Stauffenberg bestens gerüstet. Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Heidelberg, Jena, Tübingen, Berlin, München und erneut Berlin machte er in Tübingen im Mai 1927, gerade 22 Jahre alt, sein Staatsexamen mit Auszeichnung. Die zivilrechtliche Klausuraufgabe handelte von Vor- und Nacherbschaft – eine indirekte Einstimmung in seine spätere Mitverantwortung für das Weiterwirken des Dichters in Deutschland. Anschließend ging Stauffenberg, der Diplomat werden wollte, auf vielmonatige Bildungs- und Sprachreisen, erst nach England und Irland, dann nach Frankreich, wo er auch seiner Leidenschaft, dem Reiten, frönte, und nach Italien. Zudem perfektionierte er seine Russisch-Kenntnisse. 24-jährig promovierte er in Tübingen mit der auch für die Praxis wertvollen Arbeit Die Rechtsstellung der russischen Handelsvertretungen (veröffentlicht 1930). Am 1. März 1929 trat er als Referent
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in das Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Berlin ein. Diese im Dezember 1924 gegründete Einrichtung, später ein Institut der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, sollte die Reichsregierung bei den vielen Schieds- und Gerichtsverfahren im Gefolge des Versailler Vertrages unterstützen. Vom 1. Juli 1931 bis Ende 1933 arbeitete Stauffenberg, vom Berliner Forschungsinstitut abgeordnet, in der Kanzlei des Ständigen Internationalen Gerichtshofs in Den Haag. Über Statut und Verfahrensordnung des Gerichtshofs verfasste er, von persönlichen Bindungen und Anschauungen vorbildlich abstrahierend, den offiziösen, fachwissenschaftlich außerordentlich anerkannten, noch heute benutzten Kommentar – eine Entstehungsgeschichte der einzelnen Bestimmungen, ein Vergleich mit anderen internationalen Prozessordnungen sowie eine Analyse der Praxis des Gerichtshofs, in französischer Sprache (Berlin 1934), Stauffenbergs wissenschaftliches Hauptwerk. Als NS-Deutschland am 14. Oktober 1933 den Genfer Völkerbund brüsk verließ, wollte Berthold, wie er dem dieser Institution (und damit auch dem Haager Gerichtshof) gegenüber ohnehin skeptischen George (am 27.10.1933) schrieb, nicht „weiter ein gehalt vom völkerbund beziehen“. So kehrte er, nun als stellvertretender Abteilungsleiter für Völkerrecht, ans Berliner Institut zurück. Dort konnte man im Dritten Reich politisch überleben. Die Münchner Juristische Fakultät schlug ihn, nach einer Probevorlesung am 16. Februar 1934, zweimal (erfolglos) dem Bayerischen Kultusministerium für einen Lehrstuhl des Völkerrechts vor. Ab 1935 Wissenschaftliches Mitglied des Instituts, statusmäßig also im Rang eines Professors, dazu Leiter der Abteilung für Wehr- und Kriegsrecht und Herausgeber bedeutender völkerrechtlicher Publikationen konnte sich der skeptische Beobachter und unabhängige Denker Stauffenberg zunehmend nicht mehr mit seiner dienstlichen Arbeit identifizieren. Mit seinem Sinn für Gerechtigkeit wusste er sich, eher künstlerisch-literarisch als wissenschaftlich-positivistisch bestimmt (ohne freilich eine narrative Jurisprudenz zu vertreten), Werten verpflichtet, die er als der Rechtsordnung (naturrechtlich) eingeprägt ansah. Immer stärker wurde seine Sorge, eine Politik der verdeckten Aggression, der offen-rassistischen Verbrechen und der ethischen und patriotischen Korrumpierung juristisch bemänteln zu sollen. Mehrfach zu Wehrübungen kommandiert, arbeitete er nun als der bald federführende Experte für Seekriegs- und Prisenrechtsfragen vor allem im „Ausschuss für Kriegsrecht“ mit. In diesem im Jahr 1938 dem Oberkommando der Wehrmacht angegliederten Gremium ging es Stauffenberg um die normative Bändigung des als enthemmt drohenden See-, Luft- und Handelskrieges. Die Prisenordnung
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und die Prisengerichtsordnung, beide am 28. August 1939 in Kraft getreten, sind Zeugnisse dieses präzisen, streng normativen Engagements. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde Stauffenberg in das Oberkommando der Marine, also des am stärksten nationalsozialistisch eingestellten Wehrmachtsteils, abgeordnet, im Rang eines Intendanturrates, bald eines Oberstabsrichters (Korvettenkapitän). Hier trat er vor allem durch Helmuth James Graf von Moltke, mit dem er schon im Kriegsrechtsausschuss zusammengearbeitet hatte, in Verbindung zum Kreisauer Kreis, ohne dann zu dessen engerem Kern zu gehören. Zwischen September 1939 und Januar 1944 sind 17 Begegnungen und Gespräche zwischen Moltke und Berthold, teilweise unter Beteiligung weiterer Personen, dokumentiert. Mochten manche Beratungen jener Widerstandsgruppe dem an der Konkretheit Stefan Georges Geschulten auch zu theoretisch erscheinen, bestärkten sie ihn doch – schließlich ging es um Grundsatzarbeit mit genauen politischen Zielen – in seinem seit 1938/39 manifesten Widerstandswillen. Beide, Stauffenberg wie Moltke, konnten dank ihrer Positionen, zumal der ständigen dienstlichen Beziehung zum Auswärtigen Amt und daher zu den politischen Geschehnissen, immer tiefer hinter die Kulissen des furchtbaren Schauspiels jener Jahre sehen. Sie besaßen freilich keine Weisungsbefugnis. Allein mit der Waffe der Rechtswissenschaft, zumal dem Argument der Reziprozität, kämpften sie, die Rechtsgrenzen und Unrechtsfolgen aufzeigend, gegen inhumane oberste Befehle und mancherlei Machtstreben der militärischen Spitzen – ihre warnenden Kurzgutachten und mutigen Stellungnahmen waren mehr als nur Wassertropfen im Feuer der Unmenschlichkeit. Die Staatsstreichpläne der Gruppe Beck-Goerdeler-von Tresckow, zu der Claus Stauffenberg in der ersten Jahreshälfte 1942 wirkungswillig stieß, unterstützte Berthold rückhaltlos, großen Sinnes auch er. Aufgrund seiner eigenen Erfahrungen und Lagebeurteilungen war er zu den gleichen politischen Schlüssen gekommen. Mit Berthold als erstem besprach Claus im Mai 1943 seinen Plan einer Erhebung. Die staats- und verfassungspolitischen Ziele erörterten sie, Reflexions- und Handlungsbegabung verbindend, im September 1943 auf dem Stauffenbergschen Familiengut in Lautlingen auf der Schwäbischen Alb. Zwischen den beiden Brüdern bestand seit früher Jugend eine besonders enge Beziehung. Der Gedanke an Deutschlands Rettung, an einen Neuanfang beherrschte nun alles. Die Verantwortlichen für die ungeheuren NS-Verbrechen (Ausrottung der Juden, Massenmorde hinter der Front, Verhungernlassen von Kriegsgefangenen, Gräueltaten gegenüber der Zivilbevölkerung, Brutalisierung der Kriegsführung) müssten
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durch die Deutschen selbst, nicht erst durch die Alliierten bestraft werden, verlangte der überzeitlichen Rechtsidee gehorchend Berthold Stauffenberg. Die Neuordnungsvorstellungen der politisch und sozial offenen Verschwörergruppe Beck-Goerdeler-Claus Stauffenberg zielten darauf, das NS-Terrorregime zu beenden, die Gewaltenteilung mit der Unabhängigkeit der Gerichte zu gewährleisten sowie die Herrschaft der Grund- und Menschenrechte und der Völkerrechtsordnung wieder aufzurichten. Die umsturzbezogenen, den Einsatz von Gewalt einschließenden Pläne sowie die politischen Konzepte für die Zeit nach dem Nationalsozialismus legten die Verschwörer in Aufrufen, Verordnungen und Weisungen nieder. Berthold wirkte entscheidend an den Schlüsseltexten mit. Im Oktober 1943 und im März und Juli 1944 unter Billigung durch Claus teilweise handschriftlich entworfen oder einvernehmlich überarbeitet, riefen sie die Deutschen zur Freiheit auf. Das gemeinschaftliche Tun, das vertrauensvolle Zusammenwirken mehrerer, war den Brüdern aus dem George-Kreis vertraut. Ohne Berthold und seine unermüdliche, stille, stärkende Unterstützung hätte der seit April 1943 zudem schwer kriegsverwundete Claus die befreiende Tat kaum vorbereiten können. Seit Juni 1936 verheiratet, Vater zweier Kinder, ohne äußeren Ehrgeiz, verkörperte Berthold Stauffenberg bei aller charakterlichen Festigkeit, ja Unbeugsamkeit auch die Sicherheit und Demut, die aus dem Bewusstsein erwächst, nur ein Glied einer langen Kette zu sein. Sich des Risikos eines Fehlschlags klar bewusst, sah er seine Aufgabe im Selbstopfer für das vom Untergang bedrohte Volk und Vaterland, darum besorgt, dass auch noch den nächsten Generationen würdig zu leben bliebe. „Das Furchtbarste ist, zu wissen“, sagte er kurz vor dem Attentat seiner Frau, „dass es nicht gelingen kann und dass man es dennoch für unser Land und unsere Kinder tun muss“. Anfang Juli 1944, kurz vor dem auf breiter Basis vorbereiteten Umsturz, entwarfen Claus und Berthold Stauffenberg unter Mitwirkung Fahrners einen „Eid“ (oder „Schwur“). An ihn sollte sich der engste Kreis der Verschwörer gebunden fühlen, als Vergewisserung über das gemeinsame Ziel. In Wertvorstellungen wie Worten getragen von Stefan Georges Einstellung zu Menschen, Verhaltensweisen und Normen formulierte der „Eid“ Grundsätze für eine „Zukunft der Deutschen“: „[…] Wir wollen Führende, die […] durch grossen Sinn, Zucht und Opfer den anderen vorangehen. Wir verbinden uns zu einer untrennbaren Gemeinschaft […].“ Die zentrale Rolle von Claus und Berthold Stauffenberg im die alten Lagergrenzen (Monarchisten und Republikaner, Bürgerliche und Adel, Nationalkonservative und Sozialisten, Gewerkschaftler und Unternehmer, Protestanten
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und Katholiken, Militär und Zivilisten) überschreitenden Widerstand gegen die Ungeheuerlichkeiten, die im Dritten Reich geschahen, war kein Zufall. Zu den moralischen und patriotischen Motiven, die sie wie ihre Mitverschworenen zum aktiven Widerstand führten, trat bei ihnen die Inspiration durch den Dichter. Entflammt von der Intensität des Lebens in seiner geistigen Gemeinschaft, vom Glauben an das künftige „Reich“ und von der Idee der Tat, waren sie, coûte que coûte, bereit zum Kampf für – wie es im Eid hieß – eine staatlich-gesellschaftliche „Neue Ordnung, die alle Deutschen zu Trägern des Staates macht und ihnen Recht und Gerechtigkeit verbürgt […].“ Noch in der Nacht vom 4. auf den 5. Juli 1944, mitten in den letzten Umsturzvorbereitungen, unter höchster Nervenanspannung also, besprachen Berthold und Claus eingehend das Gedicht ihres Bruders Alexander Der Tod des Meisters, ein bewegendes Epos auf den Tod Stefan Georges. „In seiner musischen Empfänglichkeit“, charakterisierte Alexander später seinen Bruder Claus (Gleiches hätte er von Berthold, der aus der Dichtung lebte, sich aber nicht selbst dichterisch äußerte, sagen können), „lagen die tiefsten Wurzeln seiner Kraft.“ Am frühen Morgen des 20. Juli begleitete Berthold dann Claus, der den Sprengstoff in seiner Aktentasche trug, zum Flugplatz Berlin-Rangsdorf, zum Abflug in das Führerhauptquartier „Wolfsschanze“ im fernen Ostpreußen; am Mittag führte Claus, 36 Jahre alt, dort den immer wieder versuchten Stoß. Hitler überlebte das Attentat, der Aufstand erstickte in der Nacht desselben Tages. Claus Stauffenberg wurde nach einem kurzen Standgerichtsverfahren erschossen, sein Bruder, in der dunkelblauen Uniform des Marineoffiziers, in das „Hausgefängnis der SS“ in der Prinz-Albrecht-Straße eingeliefert. Nach brutalen Vernehmungen starb Berthold Stauffenberg bald darauf, am 10. August 1944, am Galgen im Hinrichtungsschuppen von Berlin-Plötzensee. Einzig der ungewöhnlich offenherzige Alexander, in die Widerstandsbewegung nicht unmittelbar einbezogen, hat, in „Sippenhaft“ von Lager zu Lager geschleppt, den Sommer 1944 überlebt. Jenem „Eid“ seiner Brüder hat er später, am Schluss seines Dialogs „Vorabend“, dichterischen Ausdruck gegeben.
IV. Schon in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre setzten im Freundeskreis Stefan Georges, mit Billigung des bereits mehrfach erkrankten Dichters und wenn immer möglich in seiner Anwesenheit, Überlegungen ein, wie sein Werk dauerhaft gesichert und sein persönlicher Nachlass vor Zer-
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streuung bewahrt werden könnte. Erwogen wurde zunächst, in der Schweiz, für die der Dichter seit längerem Sympathie hegte, zu seinen Lebzeiten eine Stiftung (zunächst wurde als Name „Verlag der Blätter für die Kunst“ erwogen, später „Das Werk Stefan George’s“) nach schweizerischem Recht zu errichten. Ihr sollte der gesamte Nachlass Georges einschließlich der Urheberrechte und der sich daraus ergebenden Ansprüche zugewendet und dem Dichter im Gegenzug eine Leibrente in Höhe von 5.000 Reichsmark jährlich zugesichert werden. Robert Boehringer, unterstützt von Julius Landmann, legte hierzu am 8. Mai 1926 von Basel aus ein pointiert betriebswirtschaftlich angelegtes (die Stiftung als „Geschäftsbetrieb“) Exposé vor. Es enthielt auch den „selbstverständlich(en)“ Vorschlag der „spätere[n] Übertragung [der Stiftung] nach dem Deutschen Reiche […] nach erfolgtem Abbau der deutschen Steuerlasten auf ein erträgliches Maß“. Dieser erste Ansatz nahm im Jahr 1930 konkretere Formen an. Laut Georges Testament vom 15. Juni 1930, erstellt in Berlin, sollte Boehringer die Stiftung in Basel, wo er und andere Freunde des Dichters damals ihren Lebensmittelpunkt hatten, ins Leben rufen (mit ihm, Johann Anton und dem Germanisten Max Kommerell als Stiftungsrat). Das Vorhaben scheiterte freilich – nicht nur am „Abfall“ Kommerells und an der stark erschwerten Transferierbarkeit von Geld ins Ausland, sondern auch an gesellschaftsund internationalprivatrechtlichen sowie erb- und steuerrechtlichen Problemen. 37 % der Stiftungseinkünfte, hatte es bereits in Anlage 3 des Exposés von 1926 geheißen, würden allein die deutschen Umsatz-, Körperschaft-, Landesgewerbe- und Vermögensteuern aufzehren (die Steuerlast im Kanton Basel-Stadt würde demgegenüber „mässig“ sein). Ähnliche Schwierigkeiten wurden gutachtlich von einem Basler Notar (am 12.12.1931) aufgelistet, vor allem aber von der hochgeschätzten Freiburger Rechtsanwältin Maria Plum, die von Boehringer eingeschaltet worden war. Als Alternative schlug diese vor (21.12.1931), nicht eine juristische, sondern eine natürliche, zweifelsfrei erbfähige Person als Erben einzusetzen und zugleich zwei Ersatzerben zu benennen. Letzterer Begriff sei dahin zu verstehen, erläuterte die Anwältin (19.01.1932), dass der so Benannte nur für den Fall als Erbe eintrete, dass der in erster Linie eingesetzte Erbe zur Zeit des Erbfalls (Tod des Erblassers) nicht mehr lebt oder die Erbschaft ausschlägt (im Übrigen hat die Benennung als Ersatzerbe keine Bedeutung; der Ersatzerbe ist insbesondere nicht etwa wie der Nacherbe später, beim Tod jenes ersten designierten Erben, wenn dieser das Erbe angenommen hat, weiterer Erbe). Unter Umständen könnte, meinte Maria Plum, die Verpflichtung hinzugefügt werden, der Bedachte habe das Ererbte zur Gründung der Stiftung
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zu verwenden. Gegen letztere Auflage äußerte Boehringer George gegenüber Bedenken (22.12.1931) – nicht der Sache, der Konstituierung der Stiftung wegen, die nie in Zweifel gezogen wurde, sondern im Hinblick auf etwaige zusätzliche steuerliche Belastungen, die sich aus einer solchen Zweckbestimmung ergeben könnten. George erwähnte die Stiftungsinstruktion im Testament vom 31. März 1932, das insoweit jenes frühere Testament abänderte, dann auch nur vage („die stiftung in der weise wie sie geplant war zu errichten“). Die konkrete Errichtungserinnerung verbannte er in das „reglement für die erben“ (Mehnert), einen erläuternden Begleitbrief. Dieser zweite Ansatz, die Bestimmung einer einzigen Person als (zur Stiftungserrichtung angehaltener) Erbe, konkret: das Einsetzen des in der Schweiz lebenden deutschen Industriellen Robert Boehringer als Alleinerben, schien als „das einzig sichere“, wie George Boehringer an Silvester 1931 schrieb, bereits allseits konsentiert, als der angesehene Kammergerichtsrat Ernst Morwitz, ein früher Freund des Dichters, den dieser früher schon einmal als Universalerben und Testamentsvollstrecker ins Auge gefasst hatte, und vor allem Mehnert (er hatte vier Semester Jura studiert), also „staatsjuristen“ wie Berthold Stauffenberg und Johann Anton, einen weiteren, dritten Ansatz ins Spiel brachten. Danach sollten drei natürliche Personen als Miterben, also als Berechtigte zur gesamten Hand, eingesetzt werden – aus der „einfache(n) überlegung“, so Mehnert in einem Briefkonzept an Boehringer vom 14. Februar 1932, „dass 3 länger leben als einer von ihnen und kaum gleichzeitig ausscheiden so dass kontinuität gewahrt“. Als zusätzliche Sicherung sollte eine Auseinandersetzung zwischen den Miterben während 30 Jahren nicht stattfinden und im Fall des Todes eines von ihnen sein Anteil den anderen zuwachsen. Am 20. Januar 1932 und erneut fünf Tage später gab Mehnert aus Minusio, dem Idyll bei Locarno, wo der Dichter mit ihm seit Oktober 1931 weilte, im Sinne dieses Ansatzes zu erwägen, neben Boehringer und Berthold Stauffenberg auch Ernst Kantorowicz als Miterben vorzusehen, den Autor des berühmten Kaiser Friedrich der Zweite-Buches (1927), an dessen Redaktion sich seinerzeit Berthold intensiv beteiligt hatte. Zugleich nannte Mehnert als denkbare Ersatzerben den jungen Georg Peter Landmann, Albrecht von Blumenthal und Claus Stauffenberg. Von Den Haag aus, wo er noch am Gerichtshof tätig war, gab der präsumtive Mit-, Ersatz- und/oder Nacherbe Berthold Stauffenberg zu den erbrechtlichen Alternativen mehrfach (zumal am 14. und 23.01.1932) knappe, kompetente, streng sachliche Kommentare ab, ohne eine eigene Position zu beziehen. Die Einsetzung von Ersatzerben solle der Gefahr
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begegnen, erläuterte er, dass die Stiftung „aus irgendeinem grunde die erbschaft nicht antreten“ oder „das in Deutschland befindliche Vermögen nicht erben kann“ (Stellungnahme vom 14.01.1932). Die Ersatzerben könnten auch beauftragt werden (wie etwa beim Vorhandensein von mehreren Testamentvollstreckern gebräuchlich), „die verwaltung des nachlasses gemeinsam zu führen“. Im Falle einer Miterbengemeinschaft könne zudem vorgesehen werden, dass ein Ersatzerbe den Anteil eines verstorbenen Miterben übernähme – dieser Anteil fiele dann den anderen Miterben nicht zu. Treffend wies Maria Plum darauf hin, dass eine Erbengemeinschaft überaus schwerfällig ist. So kennt sie als Gesamthand nur gemeinschaftliches Verfügen über die Nachlassgegenstände. Die Anwältin schlug nicht den rechtlich unproblematischen Weg eines Erbvertrages zwischen Erblasser (George) und Erbe (Boehringer) vor, in welchem dieser seine Nacherben gleich selbst bestimmt hätte. Sie plädierte vielmehr erneut für jenen zweiten Ansatz, also für die Einsetzung eines einzigen Erben unter Befreiung von allen Beschränkungen, nebst Designation mehrerer Ersatzerben, die gegebenenfalls auch als Nacherben bestellt werden könnten (11.02.1932). Letztere sind im Übrigen, anders als bei einem Erbvertrag mit Nacherbenbestimmung, unmittelbare Rechtsnachfolger des Erblassers, nicht etwa des (Vor-)Erben. Die spätere Errichtung einer Stiftung – letztlich lässt sich in der Tat nur auf diesem Wege das Werk Stefan Georges generationenübergreifend sichern – bedürfe dann, erläuterte die Expertin, keiner Zustimmung oder Genehmigung seitens der Nacherben. Es bestünde insofern also, anders als von Mehnert befürchtet, keine Obstruktionsgefahr. Auch dann, wenn Ersatz- und Nacherben testamentarisch benannt würden, sei der (Vor-)Erbe in Wirklichkeit kein bloßer literarischer Verwalter oder Testamentvollstrecker, der eine Stiftung zu errichten hätte, sondern ein „richtiger“, ein vollwertiger, ein alleiniger Erbe. Für diesen zweiten, letztlich dann realisierten Ansatz plädierte auch Boehringer brieflich gegenüber George (21.12.1931). Der Dichter wünschte zusätzlich, dass der designierte Nacherbe – konkret: Berthold Stauffenberg – im Einvernehmen mit dem (befreiten Vor-) Erben, also Robert Boehringer, unverzüglich nach Eintritt des Erbfalles einen potentiellen weiteren Nacherben einsetzt (wäre Stauffenberg bei Vorversterben des Erben Boehringer effektiv Nacherbe geworden, hätte er in der Tat wie jedermann für den Fall seines Todes wiederum Erben und auch Vor- und Nacherben bestimmen können; diese wären dann aber seine – Stauffenbergs – Erben geworden, also nicht mehr unmittelbare Erben Georges, des ersten Erblassers; dessen Wunsch hätte dies nicht entspro-
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chen). Es sollten demnach, so Georges Konzept, immer ein Erbe vorhanden und zwei aufeinander folgende Nacherben bestimmt sein. Zudem sollte die Nacherbenanwartschaft, die im Zweifel vererblich ist, nicht auf gesetzliche Erben übergehen (stirbt der Nacherbe vor Eintritt des Nacherbfalls, fällt die Nacherbschaft in der Tat den – gewöhnlichen – Erben des zunächst designierten Nacherben an; diese – und nicht er, der eingesetzte Nacherbe – würden dann Nacherben des ersten Erblassers, in unserem Fall also Georges; zweckmäßigerweise schließt der Testator insofern die Vererblichkeit der Nacherbenanwartschaft aus). Diese wohldurchdachte, zeitlich und personell weit ausgreifende Konstruktion einer Nacherbenanwartschaft ersetze, schrieb Stauffenberg dem Dichter am 30. Januar 1932, bis zu einem gewissen Grade das ursprünglich römisch-rechtliche Institut des unveräußerlichen und unteilbaren Fideikommisses (das römische Recht kannte keine Vor- und Nacherbenschaft). Im Ergebnis wählte George also, selbstlos beraten, das Surrogat einer Rechtsform, die, durch die Weimarer Reichsverfassung abgeschafft, im Bereich der generationenübergreifenden Sicherung etwa von Familienbesitzen lange Zeit hindurch manche Dienste geleistet hatte. Das komplexe, schwerfällige Rechtsinstitut des Fideikommisses hatte den entsprechenden Grund und Boden zwar dem Rechtsverkehr („dem besseren Wirt“) entzogen, hatte damit also, modisch gesprochen, eine effiziente Allokation von Ressourcen verhindert; Stauffenberg wollte dieser Rechtsfigur mit ihrer Erwähnung aber offenbar keine mystisch überhöhte und von der Sache her nicht gerechtfertigte Dignität zuweisen, sondern lediglich den Aspekt der prinzipiell erreichbaren Langlebigkeit der gewählten Konzeption unterstreichen.
V. Nach siebenjährigen transparenten, konfliktfreien, besonnenen Beratungen wurde so, ein Jahr vor dem Tod Stefan Georges, die für seine Intentionen beste Konstruktion gewählt. Durch Letztwillige Verfügung, getroffen in Minusio am 31. Dezember 1933 (Rechtswahl des deutschen Rechts), setzte Berthold Stauffenberg, dem testamentarischen, rechtlich freilich nicht erzwingbaren Wunsch des soeben verstorbenen Dichters entsprechend, für den Fall seines Ablebens vor dem Tod des Erben einen (Ersatz-)/Nacherben ein: Frank Mehnert. Als dieser 34-jährig, mit griechischen und lateinischen Texten im Tornister, fiel (26.02.1943), verfügte Berthold nach Absprache mit Boehringer, den er dazu in Genf aufgesucht hatte, letztwillig (in Berlin am 16.04.1943), dass ihm gegebenenfalls sein Bruder Claus
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nachfolgen sollte. Dieser sollte dann seinerseits im Einvernehmen mit dem Erben „einen weiteren geeigneten vermächtnisnehmer für die nacherbenanwartschaft bestimmen“ (insofern der designierte Nacherbe über seine Erben testamentarisch bestimmt, kann er in der Tat die Vererbung der Nacherbenanwartschaft steuern; auch nach dem Wunsch von Berthold sollte diese Anwartschaft nicht seinen gesetzlichen Erben zufallen). Weil Claus vor Berthold hingerichtet wurde (weitere an der Verschwörung beteiligte Stauffenberg-Verwandte verloren ebenfalls ihr Leben), realisierte sich die zwischen den beiden Brüdern verabredete Anwartschaft nicht. „Da sie sich selbst zum Opfer brachten, haben sie“, rühmte Boehringer, „für des Dichters Erbe das Grösste getan.“ Wegen der Kriegs- und 20. Juli-Verluste konnte jene testamentarisch abgesicherte Lösung nur partiell wirksam werden. Hinsichtlich der Konstituierung der Stiftung kam es, worauf Boehringer den Dichter freundschaftlich-offen schon am 9. November 1932 hingewiesen hatte, letztlich ohnehin auf den „guten willen“ des Erben an, „was er mit dem erbe tue“. Weder in dieser Hinsicht hatte sich George getäuscht noch bezüglich der Beharrlichkeit und Entschlusskraft Boehringers: Im Jahre 1959 gründete dieser die Stiftung in Stuttgart. Maria Plum, der Leiter der Württembergischen Landesbibliothek Wilhelm Hoffmann und natürlich Robert Boehringer selbst, als Vorsitzender, bildeten den ersten Stiftungsrat. Jenes „Warten“ mit der Stiftungsgründung, vom Erben schon 25 Jahre zuvor dem vorgesehenen Nacherben gegenüber angekündigt, hatte sich als Glücksfall erwiesen. Eine Errichtung der Stiftung während der Nazizeit in Deutschland, wie etwa vom Bingener Bürgermeister im Jahre 1937 mit Nachdruck vorgeschlagen (verbunden mit dem nicht weniger ideologisch motivierten Ansinnen, George „in heimische Erde“ umzubetten), konnte vermieden, den zweimaligen Gestapo-Anfragen im Jahr darauf, den Dichter und seinen Kreis betreffend, mit Hilfe von Claus Stauffenberg begegnet werden. Für das gute Ende entscheidend aber war des Dichters unbegrenztes Vertrauen in die Personen, denen er die Verantwortung für sein Erbe übertrug: in seine sich glücklich ergänzenden Freunde „Robert Boehringer z.Z. in Genf“ und „Berthold Graf Stauffenberg aus Stuttgart z.Z. im Haag“.
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Wilhelm Hoffmann, der schwäbische Weltbürger Vorgeschichte Mitte März 1945 fährt der Stuttgarter Bibliothekar Wilhelm Hoffmann nach Tübingen, um dort Bücher zu kaufen, und dann nach Beuron, um einen Teil des dort gelagerten Bibliotheksguts noch sicherer unterzubringen. Dort erkrankt er zunächst, dann bricht der Verkehr zusammen. Erst am 15. Juni kann er sich zu Fuß nach Stuttgart aufmachen. Die Wochen in Beuron waren eine ruhige Zeit der Besinnung. Genau am 29. April 1945, nach der Besetzung Beurons durch französische Truppen, schrieb Wilhelm Hoffmann die ersten Zeilen jener Rückbesinnung ,auf den ganzen Albtraum der letzten 12 Jahre‘ nieder, die er noch während seines Aufenthaltes im Kloster Beuron weitgehend abschloss. Nach Stuttgart zurückgekehrt, suchte er, von Freunden dazu ermuntert, unter Schwierigkeiten einen Verlag und fand ihn im Wunderlich Verlag von Hermann Leins, Tübingen. Dort erschien im April 1946 Wilhelm Hoffmann: Nach der Katastrophe als gebundenes Buch, ästhetisch ansprechend, wenn auch auf schlechtem Papier gedruckt. Bis Juni 1946 wurden 4 626 Exemplare verkauft, am 9. Juni 1947 ist das Buch vergriffen: 9 696 sind verkauft, der Rest ist Makulatur. Eine zweite Auflage lehnte Wilhelm Hoffmann ab. Sie ist lange Zeit nach seinem Tod dann doch erschienen. Evangelischer Theologe und promovierter Pädagoge, Bibliotheksrat und Leiter der Handschriftenabteilung der Württembergischen Landesbibliothek, 44 Jahre alt, Ehemann und Vater von zwei Söhnen: was treibt Wilhelm Hoffmann dazu, die erzwungene Pause so zu nutzen, diese Betrachtungen niederzuschreiben? Er fühlt sich nicht berufen zum Historiker wie Friedrich Meinecke (Die deutsche Katastrophe), ist nicht Philosoph wie Karl Jaspers (Die Schuldfrage), sein Tun steht in der Tradition protestantisch-pietistischer Selbsterforschung. Er will keine schlüssige Theorie präsentieren, keine geschichtsphilosophische Deutung, erst recht keine gnostisch-esoterische. Er will Erlebtes schildern (Deutschland im Kriege) und vor allem der bedrängenden Frage nachgehen, wie es möglich war,
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dass Deutschland, dass das deutsche Volk unter die Herrschaft der Nationalsozialisten geriet, und – vielleicht noch drängender – nicht zur Selbstbefreiung fähig war (Deutschland unter dem Nationalsozialismus). Notwendig ist ihm auch, die „Gegenbewegungen“ darzustellen, nicht exkulpatorisch, sondern um von ihnen ausgehend, an sie anknüpfend, am „tiefsten Punkt von Not, Elend, Tod und Zerstörung“, am tiefsten Punkte „auch vor allem in seelischer Beziehung“, einen Weg in die Zukunft zu finden, ein „neues Bild des deutschen Menschen“ zu entwerfen! Bedarf es für solches Tun eines Auftrags, einer Befähigung durch Fach und Wissenschaft? Wilhelm Hoffmann bedurfte 1945 keines Auftrags, keiner speziellen Qualifikationen, es war innere Notwendigkeit eines national gesinnten Deutschen, der zwar nicht Täter gewesen, in Karl Jaspers Terminologie nicht „politische“ oder „moralische Schuld“ trug, aber schon durch seine beruflichen Aktivitäten Verstrickter war und – wiederum nach Jaspers – „metaphysische Schuld“ trug. „Erwachen und Selbstdurchleuchtung“ führten dementsprechend auch für Hoffmann zu der Einsicht: „dass in den geistigen Bedingungen des deutschen Lebens die Möglichkeit gegeben war für ein solches Regime, dafür tragen wir alle eine Mitschuld.“ Wilhelm Hoffmann ist sein Tun in den Tagen von Beuron selbstverständlich, an keiner Stelle seiner Betrachtungen versucht er Begründungen oder gar Rechtfertigungen, nur Einschränkungen seiner Diagnose, die sich mit Selbstverständlichkeit aus der Beschränktheit des Blickwinkels und der Nähe zum Geschehen ergeben. Grundgedanke der Schrift ist, dass „stille Einkehr, Prüfung, Selbstprüfung, Umkehr und Neubesinnung“ Voraussetzung für jegliches neuerliche politische Handeln sind: Metanoia, Umkehr und Reinigung sind das Gebot der Stunde – und Buße. Getragen ist dieser zutiefst christliche Gedanke seinerseits vom christlichen Glauben, „daß aus einer Katastrophe gereinigt ein neuer Geist entstehe.“ Am Anfang seiner Betrachtungen steht die Feststellung „krank ist der Deutsche, ebenso bedürftig der Heilung wie der Heiligung.“ Was ist nun die „deutsche Krankheit“, die Voraussetzung für das Entstehen und das Überwältigtwerden durch den Nationalsozialismus war? Hoffmanns Antwort mag überraschen, sie steht aber ganz in Übereinstimmung mit der Kulturkritik der Vorkriegszeit: – da ist der „geistige Materialismus“, den Hoffmann häufig „Naturalismus“ nennt, d.h. „die Anschauung, daß es keine höheren Gesetze, sondern nur die Erfüllung irdischer Zwecke gibt...“ Hoffmann spricht auch und vor allem von der Gottlosigkeit.
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– da sind Technisierung und ‚Vermassung’ und in ihrem Zusammenhang Proletarisierung und Kollektivierung der Menschen. In Deutschland treten sie in der Wirkung verstärkt auf durch das späte Einsetzen der Industrialisierung; sie führt zur Explosion, auch der Bevölkerungszahlen nach 1900. In Zusammenhang damit wiederum nennt Hoffmann Bildungsverluste beim Bürgertum, vor allem das Aufkommen des wurzellosen Kleinbürgertums als zukünftige Trägerschicht des Nationalsozialismus; er geht ausführlich auf den Verfall der Wissenschaften ein, auf Spezialisierung und Verlust humanistischer Fundierung der technischen, aber auch der Geisteswissenschaften. – da ist vor allem der Nationalismus, der in allen europäischen Staaten zu den prägenden Bewegungen des 19. Jahrhunderts gehörte; auch Hoffmann sieht in Deutschland die „verspätete Nation“ und konstatiert eine Übersteigerung des grundsätzlich von ihm äußerst positiv bewerteten, als gottgewollt verstandenen „Nationalgefühl[s]“. Wilhelm Hoffmann dünkt das Nationalgefühl noch 1945 „ursprünglicher als das Freiheitsgefühl“, wenngleich er einen Zug zum Totalitären und Aggressiven als Gefahr benennt. Für ihn muss der „gottgewollte nationale Individualismus“ in Widerspiel und Ausgleich stehen mit einem universalen Weltbürgertum. Schließlich findet er eine Hauptschuld und Entschuldung: die Nationalsozialisten haben das gute Nationalgefühl der Deutschen, ja sie haben ihren verbliebenen Idealismus, der sonst keinen mächtigen Vertreter mehr im Staate hatte, usurpiert und pervertiert. Als diese national Gesinnten die Perversion erkannten, saßen sie schon im Zuchthaus, bewacht von Nachbarn oder Mitarbeitern, und es blieb ihnen Selbstmord oder innerer Rückzug. Der Krise des Geistes und des Glaubens, mit verursacht und immer weiter verschärft durch gesellschaftlichen Wandel, durch Technik und Arbeitsweise, setzt Hoffmann schließlich entgegen: – die Rückgewinnung der Unterscheidungskraft von Gut und Böse – die Wiederentdeckung der Ehrfurcht als menschliche Grundhaltung und das alles durch „Bildung und Religion“: durch Schulen, Universitäten, Bibliotheken, Bildungsvereine und -gesellschaften und durch die Kirchen. Neben den „Einzelnen“ setzt er in sie seine Hoffnungen. Am Ende des Buches steht aber die für die Zukunft entscheidende Frage: warum hat es nicht eine Volksgruppe (Arbeiter, Bauern, Offiziere etc.)
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zum entscheidenden Widerstand gebracht, warum gab es nur jene vielen Einzelnen, die sich in die innere Emigration begaben, sich aktivem Tun für den NS-Staat entzogen, wichtige Bücher schrieben, Predigten hielten, die andere Menschen und sie selbst vor der letzten Verzweiflung schützten, inneren Widerstand möglich machten. Sie waren alle sehr wichtig und wurden vor allem auch im Ausland viel zu wenig beachtet, aber warum entstand keine Bewegung aus ihnen? Hoffmanns Antwort lautet: sie hatten kein wirkliches Gegenkonzept für Deutschland. Auch 1945 schien es die Parteiendemokratie nicht zu sein. Hätte Hoffmann den „Eid“ der Verschwörer des 20. Juli gekannt, vielleicht hätte er 1945 in ihm einen positiven Gegenentwurf gesehen. Wurde seine Hoffnung in die Kirchen und die Universitäten auch enttäuscht, für die neuen demokratischen Formen in Deutschland war er schnell und nachhaltig gewonnen, und in den anderen zuvor genannten Bereichen der Kultur und des Geistes setzte er sich selbst als „Einzelner“, mehr noch im viele Grenzen überschreitenden „bewegenden Austausch“ bis ans Ende seines Lebens ein.
Hauptteil Er soll dem gewidmet sein, was heute hunderte von Akten füllt und – noch – die Erinnerung vieler Menschen: Wilhelm Hoffmanns Wirken nach dem Zweiten Weltkrieg. Dabei möchte ich ein paar Schlaglichter werfen, die Aufmerksamkeit auf einige Aktivitäten richten, die sich für Wilhelm Hoffmann mit zwingender Notwendigkeit aus seiner Analyse von 1945 ergaben. „Unsere Aufgabe [...] kann es jetzt nur sein, im Zeichen der Humanität an der Reinigung und Verinnerlichung unseres seelischen Daseins zu arbeiten. Unsere Häuser sind zerstört, unser Nahrungsraum ist uns verkürzt. Aber an Wohnraum und Nahrung fehlte es im Dritten Reich auch für die deutsche Seele. Diese ihr wieder zu erobern, dürfte mindestens ebenso dringend sein, wie der Aufbau von Häusern und die Erzeugung von Lebensmitteln. Die Orte, wo wir uns seelisch wieder anzusiedeln haben, sind uns gewiesen. Sie heißen Religion und Kultur des Deutschen Geistes.“ Diesen Sätzen Friedrich Meineckes hätte Hoffmann zwar zugestimmt, aber er hätte sie erweitert, erweitert um den „europäischen Geist“. Wollte Meinecke in jeder deutschen Stadt Goethegruppen als Veranstalter von
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Musik und Lesungen installieren, so Hoffmann den Anschluss an die „Weltliteratur“ im Goetheschen Sinne zurückgewinnen, die Isolation Deutschlands und des deutschen Geistes überwinden. Er, der unter widrigsten Umständen während des Krieges die historisch-kritische Neuausgabe von Hölderlins Werken betrieben hatte, den falschen HölderlinEnthusiasmus der Nationalsozialisten skrupellos nutzend (1941 wurde das Archiv gegründet, 1943 die Hölderlin-Gesellschaft und die ersten zwei Bände erschienen bei Cotta), er hatte auch Hölderlin gelesen und bei ihm gelernt, dass der Deutsche in die Fremde gehen muss, ins Ausland, um dort das Eigene in höchster Vollendung zu lernen. Das machte die Grenzüberschreitung notwendig und lustvoll, körperlich-real und virtuell, d.h. schauend und vor allem lesend. Wilhelm Hoffmann war Bibliothekar, und er wurde im Dezember 1945 Direktor der Württembergischen Landesbibliothek. Dass sein Streben vorrangig der Wiedereröffnung dieser Bibliothek galt, deren Bestände er zu retten versucht hatte (500 000 Bände wurden dennoch zerstört), deren Gebäude teilzerstört waren, ist nicht weiter erstaunlich. Erstaunlich, äußerst findig und bis heute nachwirkend sind die Mittel und Wege, die er sich mit Freunden ausdachte. So war er 1945 nicht nur mit der Wiederzulassung der Hölderlingesellschaft durch französische Besatzer und der Fortsetzung der Hölderlin-Ausgabe beschäftigt, sondern im Rückgriff auf eine schon 1938 dem damaligen Bibliotheksdirektor vorgetragene Idee, bemühte er sich – erfolgreich – um die Gründung einer „Gesellschaft der Freunde der Landesbibliothek“. Schon im Dezember 1945 fand eine erste Sitzung des designierten Vorstands statt: Protektor Theodor Heuss, Präsident Carlo Schmid; Mitglieder des Vorstands, dessen Geschäftsführer er selbst war: Theodor Pfizer, Ernst Klett, Paul Binder, Hans Rupp, Felix Schottländer. Am 13.12. 1945 stimmte die amerikanische Militärregierung der Gesellschaftsgründung zu. Hoffmann war es gelungen, die „freie Mitarbeit“ derer zu gewinnen, die sich für Kultur und Wissenschaft verantwortlich fühlten. Neben dem Vorstand war das ein Kuratorium von mehr als vierzig Personen. Hoffmanns großes Talent, Menschen zu förderndem Austausch zusammenzubringen, Atmosphäre für Gespräche zu schaffen, Mediator zu spielen, hat sich bis ans Ende seines Lebens immer wieder als äußerst wirkungsvoll erwiesen. Damals schuf er eine stützende, auch finanziell unterstützende, Öffentlichkeit, die sich seinen Intentionen verband. Im Protokoll der Vorstandssitzung vom 12.12.1945 heißt es: „durch Ausstellungen, Vorträge und Veröffentlichungen [...] geistige Werte einem weiten Kreis von Menschen zugänglich“ zu machen.
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Und die Verwirklichung folgte auf dem Fuße. Gab es seit dem 13.9.1945 die Schweizer Bücherhilfe, mit deren Mitteln die Landesbibliothek allein 9 000 Bände kaufen konnte, Geschenke Schweizer Verleger und Buchhändler, Tausch mit Schweizer Bibliotheken, so zog Hoffmann, seine selbst während des Krieges noch gepflegten guten Schweizer Beziehungen nutzend, im November 1946 die große „Schweizer Buchausstellung“ nach Stuttgart, die die Stadt Schaffhausen als Spende einer großen Zahl von Schweizer Verlegern organisiert hatte. Zwar gingen die 1 800 Bände danach 2 Jahre lang auf Tour durch deutsche Städte, aber sie kehrten in Stuttgarter Bibliotheken zurück, nicht als Magazin-, es war schon eine Leseausstellung gewesen, sondern als Präsenzbestand im eigens dafür eingerichteten „Schweizer Lesesaal“ der Landesbibliothek. Der Bibliothekar Hoffmann blieb sein Leben lang unglücklich über die deutsche Entwicklung zur Magazinbibliothek: So schuf er, gerade nach dem Kriege, um vielen den schnellen Zugriff zu wenigen wichtigen Büchern zu ermöglichen, Sonderlesesäle, u.a. auch den „Lesesaal für Zeitfragen“ mit je einer Sonderabteilung für englische und französische Literatur, dessen Betreuung durch Spenden der Bibliotheksgesellschaft finanziert wurde. Sprechend sind aber auch zwei weitere große Ausstellungen dieser ersten Jahre: die „Internationale Jugendbuchausstellung“ der 1945 als britischer Offizier nach Stuttgart zurückgekehrten Journalistin Jella Leppmann im August/September 1946, für die der Stuttgarter Architekt Volkert das Ambiente gestaltete, und 1949 die weit weniger populäre Ausstellung „Deutsche Bücher 1933-45“, die Literatur der inneren Emigration zeigte, aber auch die ersten beiden Bände der Großen Stuttgarter Hölderlin-Ausgabe. Dass Hoffmann für die Vorträge auch Redner aus dem Ausland, d.h. vorzüglich aus der deutschsprachigen Schweiz, einlud, ist nicht verwunderlich. Ganz dem Programm der geistig-seelischen Aufrüstung entsprechend, waren es Sozialreformer, Nationalökonomen, Religionsphilosophen, Verleger und Literaturwissenschaftler, die eingeladen wurden und große Zuhörerscharen ansprachen. Die Geschichte der Bibliotheksgesellschaft wurde zu ihrem 50. Geburtstag in einer Ausstellung dokumentiert, Wilhelm Hoffmanns Verdienste für die Hölderlin-Gesellschaft und die Ausgabe wurden von ihrem langjährigen Präsidenten Theodor Pfizer gewürdigt; Hoffmanns Nachfolger im Amt, Hans-Peter Geh, verfasste ein Lebensbild und würdigte vielfach Hoffmanns Wirken; Bernhard Zeller tat dies 1986 und öfters für die Schillergesellschaft, deren Präsident Hoffmann von 1954 bis 1979 war, und für das Deutsche Literaturarchiv. Dessen Gründung ging ebenfalls auf Hoffmanns Ideen zurück.
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Wie kam Hoffmann zu George? Wilhelm Hoffmann führte akribisch, tagein tagaus, seine Kalender, in denen er Begegnungen, Reisen, wichtige Geschehnisse in Stichworten aufnahm, häufig nur durch Namen bezeichnet. So findet sich im Kalender von 1945 unter dem 11. Dezember der Eintrag „Dr. Boehringer“. Wann und wie Hoffmann Robert Boehringer kennen lernte, lässt sich heute nicht mit Eindeutigkeit feststellen. Es mag eine Verbindung bestanden haben über die sogenannte „Schweizer Bücherspende“, die am 17.12. 1945 in der WLB eintraf, die Bekanntschaft könnte aber auch über Hoffmanns Jugendfreund Theodor Pfizer vermittelt gewesen sein, der mit den Stauffenbergs in Stuttgart zur Schule gegangen war und befreundet blieb. Jedenfalls wandte sich Hoffmann 1948 an Robert Boehringer, als er finanzielle Unterstützung für das Hölderlin-Archiv benötigte, und wurde umgehend belohnt. Am 23. Oktober 1948 schrieb Boehringer, er habe unter seinen Freunden geworben und sowohl Michael Stettler (Bern) als auch Wilhelm Stein (Bern) seien bereit, ebenfalls einen Betrag für das Archiv zur Verfügung zu stellen. Die Förderung erstreckte sich bis zum Jahr 1950 und betrug insgesamt 3 050 DM. Die Mitarbeiter der Landesbibliothek aber versorgte Boehringer mit Lebensmitteln, es soll ein ganzer Bahnwaggon gewesen sein. Auf jeden Fall war eine Beziehung hergestellt, die im reichen Leben Hoffmanns für Jahrzehnte bestimmend wurde und bald schon den Bruder und Archäologen Erich Boehringer einschloss sowie deren Vetter Ernst Boehringer von der Firma C.H. Boehringer Ingelheim. Noch zu Beginn der 80er Jahre erzählte Hoffmann gerne – mit leisem Erstaunen –, dass er von 1920 bis 1923 in Marburg studiert habe, zu Zeiten, als der Historiker und Georgefreund Friedrich Wolters dort lehrte, George zu Besuch weilte und mit jungen Adepten wie Max Kommerell in der Stadt zu sehen war. Er, der junge Theologe, habe nichts davon gewusst, es habe ihn auch nicht interessiert. Er war mit anderem beschäftigt: mit den kritischen Aufbrüchen der Theologie. Erst der 45jährige fand sich in geistiger Nähe zu den Georgefreunden Robert und Erich Boehringer wieder. Sie verband nach dem Krieg ihre Zeitdiagnose, ihre Kulturkritik und ihre Vorstellungen von Lösungsansätzen. Es verband sie vielleicht auch eine Nähe zum Kreisund Bundkonzept, auch ihr verdeckt wirkendes Schwabentum. R. Boehringer, der Schweizer Staatsbürger, blieb Württemberger aus Überzeugung. Hoffmann und Boehringer verließen sich am liebsten auf Württemberger, auf Absolventen des Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums in Stuttgart wie
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Theodor Pfizer und Eberhard Zeller, den ersten Stauffenberg-Biographen, oder auf die Weizsäckers, denen beide verbunden waren. Wilhelm Hoffmann hat eine gewisse Distanz zu Stefan George, zu dessen Werk und Wirkung nie verloren, aber er wurde zum Gründungsvater von GeorgeStiftung und George-Archiv. Hatte R. Boehringer testamentarisch die Aufgabe zur Einrichtung von Stiftung und Archiv, so war er nach dem Ende des Krieges nicht nur der designierten Nacherben Berthold Graf Stauffenberg und Frank Mehnert beraubt, auch das Elternhaus des Dichters in Bingen war als mögliche Gedenk- und Archivstätte den Bomben zum Opfer gefallen. Ort der Sammlung des verstreuten Nachlasses sowie aller greifbaren Spuren seines Wirkens war über lange Jahre das Haus Boehringers in Genf mit der Adresse „Au bout du monde“ oder „Am Ende der Welt“. Entscheidend für die Wahl des zukünftigen Stiftungssitzes wurde die Begegnung mit Wilhelm Hoffmann und die Tatsache, dass dieser Bibliotheksdirektor ein Hölderlin-Archiv gegründet hatte mit Sitz in Bebenhausen und für dieses zuständig zeichnete. Bevor aber der 45jährige Bibliothekar und der 61jährige Erbe Stiftung und Archiv errichteten, fassten sie einen anderen Plan, dessen Verwirklichung nicht gelang, ein Ausnahmefall sowohl in Hoffmanns wie in R. Boehringers Leben. Es handelt sich um eine Unternehmung, die Hoffmann nach längerer Vorbereitung 1957 unter dem Titel Bebenhausen. Ein Plan zur Wiederbelebung in der Freundesgabe für Robert Boehringer publizierte. Die Aktenlektüre macht deutlich, dass es ein Gemeinschaftsprojekt war, Erich Boehringer Ideen gab, Robert Boehringer ideell und Ernst Boehringer finanziell unterstützte. Allerdings blieben sie in der deutschen Öffentlichkeit im Hintergrund. Es handelt sich um die Idee einer Akademie, eines weltlichen Klosters. Ort: Bebenhausen, Personen: junge Graduierte, in Lehre und Forschung stehende Wissenschaftler, Männer aus Wirtschaft und Politik, Künstler aller Sparten; Zeit: von vier Wochen bis zu mehreren Monaten; Träger: das Land Baden-Württemberg und private Förderer. Wozu brauchen die aufgeführten Personen nun ein „weltliches Kloster“, für welche Inhalte und Vorstellungen steht dieser Widerspruch „weltliches // Kloster“, und warum sollen Staat und Wirtschaft pro Jahr Hunderttausende Deutsche Mark dafür aufbringen? Hoffmanns Begründung könnte aus dem Jahr 2009 stammen: „Die moderne Wissenschaft hat sich durch Spezialisierung, wie die moderne Gesellschaft durch Arbeitsteilung, bis zur Zusammenhanglosigkeit entwickelt. Auf dem Gebiet der Wissenschaft steht dem gegenüber die
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Erfahrung ihrer unlöslichen Verflechtung und der Ruf nach Synthese; auf dem der Gesellschaft das Verlangen nach der Wiederherstellung der Einheit des Menschen. Gerade hier liegt die Not. Der heutige Mensch, innerlich und äußerlich gehetzt durch Streben nach Leistung, Erfolg, Erwerb und Genuss, hat die Möglichkeit, den Raum, die Zeit und die Ruhe, ja den Willen verloren, er selbst zu werden.“ Hoffmann macht einen Vorschlag, der einen radikalen Wechsel, eine fundamentale Umwertung bedeutet: „heute in der Zeit des Nützlichen, des Effektiven, der Spezial- und Einzelforschung brauchen wir Einrichtungen ganz anderer Art. Wir müssen den Mut zu etwas rein Unnützlichem aufbringen, zu Stätten der Muße.“ Den Mut zu etwas rein Unnützlichem! Und im Folgenden beruft er sich auf Georges Duhamel, wenn er die „Stätten der Muße“ umbenennt in „Stätten zum Zeitverlieren“. Da klingt Hoffmanns Sorge von 1945 an um die Deutschen, die der „Rastlosigkeit der Arbeit als Selbstzweck verfallen, keinen Raum für Besinnung und schönes Leben“ finden. Auch die bildungsbürgerliche kulturkritische Haltung gegenüber Wissenschaft und Gesellschaft ist aus den früheren Betrachtungen bekannt. Das Ungeheuerliche an Hoffmanns Entwurf ist, dass er nicht Geisteswissenschaft für Naturwissenschaftler, nicht Kunst und Musik als Psychopharmakon für beide, nicht Ethik und Philosophie für Politiker und Wirtschaftsmenschen empfiehlt, sondern so etwas wie: Leere – Pause – Stille. Die kann, die darf sich dann wieder füllen; dann dürfen die Disziplinen, nebeneinander lebend, auch miteinander reden, darf so etwas wie studium fundamentale oder generale stattfinden – aber erst nach der Reinigung durch Absenz von Denken und Tun. Deswegen ist es nicht weiter schlimm, dass in Bebenhausen die Wege von den wieder zu nutzenden Mönchszellen zum Refektorium und zu den wenigen anderen Gemeinschaftsräumen weit sind. Es ist erwünscht. Wilhelm Hoffmann ging es nicht darum, dass die deutsche Wirtschaft gut funktionierte, wozu sie Führungskräfte brauchte, dass die deutsche Wissenschaft blühte, um im Wettbewerb der Staaten die nationale Industrie optimal fördern zu können. Ihm war es um das Ethos einer deutschen Elite zu tun, die widerständig sein sollte. Hinter ihm lag die Erfahrung des Dritten Reichs, das Versagen der deutschen Eliten in Wissenschaft, Wirtschaft, Beamtentum und Politik. Die Idee Bebenhausen war aus der Analyse der deutschen, der eigenen Vergangenheit und der Analyse der Gegenwart – des beginnenden Wirtschaftswunders und der Verdrängung – geboren.
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Vielleicht auch hatte sie zu tun mit der Lektüre eines Gedichtes, Hölderlins Die Musse von 1797, das beginnt: „Sorglos schlummert die Brust und es ruhen die strengen Gedanken. Auf die Wiese geh ich hinaus, wo das Gras aus der Wurzel Frisch, wie die Quelle mir keimt, wo die liebliche Lippe der Blume Mir sich öffnet und stumm mit süßem Othem mich anhaucht“ Die Idee Bebenhausen hatte aber auch mit den Brüdern Robert und Erich Boehringer und durch sie vermittelt mit Stefan George zu tun. Denn das geistige Zentrum, das sie planten, waren das Hölderlinarchiv und das noch zu errichtende Stefan George-Archiv. Hölderlin und George, ein in der Tradition Georges, Norbert von Hellingraths und Heideggers gelesener und verstandener Hölderlin, waren das Fundament; Personen wie Erich Boehringer oder Alexander von Stauffenberg waren als humanistische „Leiter“ der Institution in Aussicht genommen. Für das Misslingen gab es viele Gründe, vor allem den schnellen Wandel der Zeiten. Ein anderer Plan aber gelang. Unter Mitwirkung von Robert Boehringers langjährig vertrauter Juristin, der Freiburger Rechtsanwältin Dr. Maria Plum (sie war schon bis 1933 für George tätig gewesen), wurde 1958 die Stefan George-Stiftung geplant. Sie sollte ihren Sitz mitsamt dem GeorgeArchiv in Bebenhausen haben, das Archiv sollte Unterabteilung des Hölderlin-Archivs werden, das ja der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart unterstand. Dies andere Dichterarchiv hatte Boehringer schon 1948 gefördert. Nun machten Wilhelm Hoffmanns gute Verbindungen zu Institutionen und einflussreichen Menschen in Politik und Verwaltung eine unkonventionelle Lösung möglich. Hürden gab es dennoch, doch stellten nicht das Land, nicht die Behörden sie auf, sondern Robert Boehringer selbst. Der 74jährige, noch immer leitend und beratend in der Schweizer Industrie tätig, seit 1933 dem Erbe Georges dienend, schrieb den Entwürfen zur Stiftungssatzung Bedingungen ein, die der mit der Überprüfung der Satzung beschäftigte Oberfinanzpräsident Strobel nicht bereit war zu genehmigen. So hieß es in den Ausführungsbestimmungen zum Entwurf vom 2.6.1958: „So lange ich lebe, behalte ich mir vor, Beschlüsse des Stiftungsrates abzuändern.“ Und die Zweckbestimmung lautete: „Bis ich anders bestimme, soll das Archiv bei mir bleiben und von mir weitergeführt werden. Den Mitgliedern des Stiftungsrates steht es offen. Bin ich nicht
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mehr handlungsfähig oder tot, so soll das Archiv dorthin verlegt werden, wo das Hölderlin-Archiv sich befindet oder befinden wird [...,] aber dem Stiftungsrat der Stefan George-Stiftung bleiben die Entscheidungen vorbehalten; insbesondere bestimmt er auch, wem Zutritt zum Stefan George-Archiv gewährt wird.“ Letzteres war für die Gemeinnützigkeitserklärung nicht akzeptabel. Dr. Strobel schlug vor: „Die Stiftung soll im Sinn Stefan Georges der Wirkung seines Werkes dienen. Zu diesem Zweck wird das Stefan GeorgeArchiv allgemein denjenigen zugänglich gemacht, die mit dem Werk des Dichters verbunden sind.“ In den Erläuterungen wurde ergänzt: “Anträge sind an den Stiftungsrat oder seine Beauftragten zu richten.“ Auch auf einer Auflösungsklausel wurde bestanden. Diese gemäßigten Formulierungen gehen auf Wilhelm Hoffmann zurück. Er hatte mit einem Beamten des Ministeriums vorbesprochen, was er dann mit allergrößter Vorsicht am 21.6.1958 versuchte, Robert Boehringer nahezubringen. Die Notwendigkeit der „Zugänglichkeit für die Allgemeinheit“ und Bestimmungen für den „Fall der Auflösung der Stiftung.“ Nur so sei „volle Steuerfreiheit für das gesamte Vermögen der Stiftung selbst wie steuerliche Abzugsfähigkeit für alle Spenden“ gewährt. Die Formulierungsvorschläge stießen auf Boehringers grundsätzliche Ablehnung: „Ihr Brief vom 1. Juli mit Beilagen enttäuscht mich sehr. Die erweiterte Zweckbestimmung kann ich nicht annehmen [...]. Den Brief des Herrn Strobel gebe ich Ihnen zurück, den ergänzten Entwurf behalte ich hier.“ Wie es Wilhelm Hoffmann, Maria Plum und weiteren Beteiligten dennoch gelang, die Stiftung zu begründen, kann hier nicht nachgezeichnet werden. Der Weg war steinig. Denn noch am 24. November hatte Boehringer aufgebracht an Hoffmann geschrieben: „An der Stiftung mühe ich mich ab [...] nun aber scheue ich mich, weil ich mir klar gemacht habe, dass mein Dasein nicht einfacher, sondern komplizierter wird. Zur unaufhörlichen Briefwechselei kommen dann noch mehr Briefe hinzu und die Arbeit muss doch ich machen. Darum schwebt mir nun vor, die Stiftung zu errichten, in Stuttgart, Bebenhausen oder Marbach, dann, wenn es hier zu viel wird oder ich handlungsunfähig werde, die Last auf Sie oder die Landesbibliothek zu überwälzen, bis dahin aber das Notwendige allein zu tun.“ Doch am 30. Juli 1959 erhielt die Rechtsanwältin Maria Plum das Genehmigungsschreiben des Kultusministeriums Baden Württemberg mit „zwei-
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facher Satzung“. Die Stiftung mit Sitz in Stuttgart und ihre Satzung waren genehmigt. Stiftungsräte waren Robert Boehringer (Vorsitzender), Wilhelm Hoffmann und Maria Plum. „Professor Dr. Alexander Schenk Graf von Stauffenberg, Dr. Michael Stettler (Bern) und Dr. Georg Peter Landmann (Basel)“ waren in Absetzung vom Entwurf 25.8.1958 nur noch als Nachfolgekandidaten benannt. Es begann die jahrzehntelange Zusammenarbeit zwischen Robert Boehringer und Wilhelm Hoffmann, die die Verlegung des kleinen George-Archivs zusammen mit dem Hölderlin-Archiv in den Neubau der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart mit einschloss. Auch dies war gegen Boehringers Wunsch – nun schon vom neuen Direktor der WLB, Hans-Peter Geh, 1970 beschlossen. Schwierig waren die letzten Jahre vor Boehringers 90. Geburtstag und seinem bald darauf folgenden Tod für Wilhelm Hoffmann, der, inzwischen in den Ruhestand versetzt, das nun eigenständige Archiv noch 15 Jahre lang betreute. Von Maria Plum, später von ihrer Nachfolgerin Tula Huber-Simons vorsichtig unterstützt, verfolgte er nicht nur den Ausbau des Archivs, sondern auch dessen Öffnung für Forschung und Wissenschaft. Er war es, der als Präsident der Deutschen Schillergesellschaft zusammen mit Bernhard Zeller, dem Direktor des Marbacher Literaturarchivs und Museums, die erste große George-Ausstellung in Marbach betrieb, indem es ihm gelang, Boehringers anfänglichen Widerwillen zu beseitigen und dessen Kooperation als Förderer und Leihgeber zu gewinnen. Mit dieser Ausstellung und ihrem Begleitkatalog knüpften Boehringer, Zeller und Hoffmann an die Publikation von Boehringers George-Monographie von 1951 an: beide stellten eine reiche Dokumentation unveröffentlichter Quellen dar. Nach Boehringers Tod war es dann Aufgabe Wilhelm Hoffmanns, unterstützt von seiner langjährigen Mitarbeiterin Lore Frank, die großen, in Genf verbliebenen Handschriftenbestände nach Stuttgart zu überführen und dort zu verwalten. Es begann in der Zusammenarbeit mit Georg Peter Landmann, den Boehringer kurz vor seinem Tode in den Stiftungsrat geholt hatte, eine neue Ära. Nicht Wilhelm Hoffmann trat den Vorsitz der Stiftung am 12. Dezember 1974 an, sondern Landmann, der George in seiner Kindheit und Jugend noch erlebt hatte. Hoffmann, Netzwerker und Bibliothekar, trat in die zweite Reihe. Zwölf Jahre lang führte ihn sein Weg fast täglich in das Stefan George-Archiv. Er brachte George-Bibliographien ebenso auf den Weg wie eine weitere umfangreiche Ausstellung „Stefan George und der Symbolismus“ in der Württembergischen Landesbibliothek (1983), einen Verlagswechsel von Küpper-Bondi zu Klett-Cotta und eine neue George-Gesamtausgabe in eben diesem Verlag. Vor allem aber
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pflegte er Kontakte. Ihm, seiner Menschlichkeit und Überparteilichkeit gelang es, die verschiedensten, teilweise untereinander verfeindeten Freunde und Freundesfreunde Georges an das Archiv zu binden, ob in Deutschland, der Schweiz, Amerika oder Holland. Einmal sagte er in späten Jahren: „Wäre ich nicht Bibliothekar geworden, dann wäre ich gerne Diplomat oder Diener geworden.“ Er war es: Bibliothekar, Diener und Diplomat zugleich. Robert Boehringer hatte schon 1958 in einem Brief an den Vater, Prälat Hoffmann, über den Sohn, geschrieben: „Es ist möglich, dass wir noch in einer anderen Stiftung zusammen wirken werden: seine noble Gesinnung, seine Umsicht und seine unermüdliche Hilfsbereitschaft haben ihn zum Zentrum der geistig sich Bemühenden werden lassen“ (22.7.1958). Wilhelm Hoffmann war kein Vielleser, eher konservativ war sein Geschmack, und er liebte die Wiederholung, wie sein Freund Pfizer, der jedes Jahr einmal Goethes Faust las. Hoffmann las Schiller, Hölderlin, Mörike, Hesse, auch Walser und Härtling und, ja, auch Goethe. Letzteren mit leisem Misstrauen. Ohne Vorbehalte, da bin ich sicher, las er die „pädagogische Provinz“ im Wilhelm Meister. Erziehung zur Ehrfurcht vor Mitmensch und Natur, darin sah er die Bedingung dafür, dass auch die Menschen in der „dürftigen Zeit“ des 20. und 21. Jahrhunderts „ein Bleiben im Leben, ein Herz“ finden.
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Georg Peter Landmann, der Philologe Als Robert Boehringer im März 1974 die Berufung Georg Peter Landmanns in den Stiftungsrat veranlasste, kannten sich die beiden seit mehr als einem halben Jahrhundert. In keinem Basler Haus hatte Boehringer häufiger verkehrt als in dem von Julius und Edith Landmann und war dort schon früh dem Kind Georg Peter begegnet. Geboren am 11. März 1905, wuchs Landmann in einer hoch intellektuellen Familie auf: der Vater, ein Nationalökonom mit weit gespannten, auch literarischen Interessen, die Mutter promovierte Philosophin, und beide gleichermaßen gesuchte Gesprächspartner Stefan Georges. Landmann war neun Jahre alt, als er dem Dichter zum ersten Mal begegnete. Eine engere Beziehung zu Boehringer bildete sich seit der Mitte der zwanziger Jahre heraus. Von George zum Universalerben eingesetzt, fand Robert Boehringer schon in den dreißiger Jahren in Landmann einen treuen Helfer. Ohne dass es aus dem Band hervorginge, hat der Jüngere schon nach eigener Mitteilung den philologischen Anhang zur Edition des Briefwechsels zwischen George und Hofmannthal, 1938, erarbeitet. 1962 leistete er Boehringer denselben Dienst bei der Edition des Briefwechsels zwischen George und Gundolf, nun unter Nennung seines Namens. Und noch ein drittes Mal wirkte Landmann neben Boehringer als Herausgeber: 1964, bei einem Saladin Schmitt, dem entfernten Verwandten Georges, gewidmeten Stiftungsdruck. Wie groß sein Anteil an Boehringers sonstigen editorischen Unternehmungen – der zweibändigen Ausgabe der Werke Georges, dem Nachdruck der Blätter für die Kunst – sein mag, wird sich kaum mehr im einzelnen eruieren lassen. Gering war er sicher nicht. Dass er sechs der 24 Anhänge zu Boehringers George-Monographie (zweite ergänzte Auflage 1967) beigesteuert hat, hat Boehringer selbst dankbar mitgeteilt. Die wichtigsten dieser Anhänge sind die Briefwechsel Georges mit Mallarmé und Albert Saint-Paul sowie der Anhang über George und Waclaw Lieder. Dass Landmann als der Jüngere in allem, was George betraf, stets das Einverständnis Boehringers einholte, galt allen, die sich zum Kreis zählten oder ihm nahe standen, als ausgemacht. Das betraf nicht zuletzt das Verhältnis
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Landmanns zum Castrum Peregrini, das sich in Boehringers Augen eine Nähe zu George anmaßte, die ihm nicht zukam. Dennoch geschah es mit Boehringers stillschweigendem Einverständnis, dass Landmann der von Hans-Jürgen Seekamp, R. C. Ockenden und Marita Keilson für das Castrum Peregrini erarbeiteten Zeittafel zu Georges Leben und Werk, bis heute einem Grundlagenwerk und seinerzeit von der DFG gefördert, mit so mancher Auskunft zu Hilfe kommen konnte, obwohl sein Name nur an recht versteckter Stelle im Band erscheint (1972). Seiner fachlichen Profilierung nach brachte Landmann gute Voraussetzungen mit. Ohne eigenen Forschungsehrgeiz – 1973 sagte er von sich selbst, er fühle sich „nicht als forscher, sondern als vermittler“ – war er doch ausgebildeter klassischer Philologe, der sich auch in der Indogermanistik auskannte. Nach dem Abitur am Baseler humanistischen Gymnasium 1923 studierte Landmann in Göttingen, Heidelberg, Kiel und Berlin, kehrte aber zwischendurch immer wieder an die Universität seiner Heimatstadt Basel zurück. Hier fand er in Jacob Wackernagel, vor allem aber in dem Altphilologen Peter Von der Mühll die entscheidenden Lehrer. Von ihm wurde er mit einer Arbeit über Thukydides promoviert, legte das Staatsexamen in den Fächern Latein, Griechisch und Deutsch ab und wirkte danach viele Jahrzehnte an dem Gymnasium, an dem er selbst einst die Matura abgelegt hatte. Gleichzeitig nahm er ein Lektorat an der Universität wahr. Als Editor und Übersetzer hat Landmann bis ins hohe Alter die Verbindung zu den klassischen Texten gepflegt, hat Thukydides, Xenophon und große Teile aus Homers Ilias übertragen und schon 1944 eine Edition der Bücher 1 bis 6 der Aeneis des Vergil vorgelegt. Als ihm die Stadt Basel 1973 ihren Wissenschaftspreis verlieh, hat Landmann eine Verbindung zwischen seinen altphilologischen Arbeiten und seinem Wirken für Stefan George hergestellt. Bei Xenophon habe er in dessen Symposion „die atmosphäre um George“ wieder gespürt, bei Thukydides aber wie bei George die Gedrungenheit und harte Fügung als das angemessene sprachliche Korrelat einer auf die wesentlichen Wahrheiten gerichteten Kraft des Ausdrucks bewundert. Landmanns Nachwort zu seiner Übertragung von Xenophons Symposion, das in einigen Wendungen sogar der Gruppensprache des George-Kreises der späten zwanziger Jahre nahe kommt, verrät vielleicht am meisten von der Prägung durch das gesellige Leben im Umfeld des Dichters: die Erweckung Xenophons durch die Begegnung mit Sokrates, das Zerbrechen der Polis durch den maßlosen Demos und die Habgier der Aristokratie als Bild der gesellschaftlichen Verwerfungen analog der Situation in Europa um 1930, die Verherrlichung
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des großen Einzelnen, die ausgewählte Schar derer, die „ganz und heil genug sind, um rein zu erklingen, wenn der Genius sie anrührt“ (1957, S.68). Eine weitere Übertragung aus der antiken Literatur beschäftigte Landmann in seinen späteren Jahren, eine Auswahl aus Homers Ilias, die mit Überleitungen und Anmerkungen 1979 als Druck der Stefan George Stiftung erschien. Noch einmal an eine frühe Arbeit für Stefan George anknüpfend, hat Landmann schließlich eine vollständige Prosa-Version von Dantes Göttlicher Komödie vorgelegt und mit Erläuterungen versehen; sie erschien postum 1997. Noch ehe er in den Stiftungsrat berufen wurde, war Landmann mit eigenen Publikationen zu Stefan George und zum George-Kreis hervorgetreten. Schon 1960 legte er erstmals seine George-Bibliographie vor, ein Grundlagenwerk, das bis heute Ausgangspunkt jeder bibliographischen Arbeit über George geblieben ist. Eine zweite, „ergänzte und nachgeführte“ Auflage erschien 1976, und auf ihr basieren die Stefan-George-Bibliographie 1976 – 1997 aus dem Jahr 2000 sowie deren online-Fortsetzung bis heute. Landmann ist kein gelernter Bibliograph, und die Fachkritik hat seiner Arbeit manche Mängel vorgeworfen, die in der zweiten Auflage zum guten Teil behoben sind; aber sein Buch bietet eine Fülle von Informationen, die über die üblichen bibliographischen Mitteilungen hinausgehen, bis hin zu vereinzelten Erstpublikationen wie dem Brief Georges an Hofmannsthal vom 24. Dezember 1892. Auch mit seiner Textsammlung Der GeorgeKreis von 1965 hatte sich Landmann einen Namen gemacht: die Anthologie erschien in der angesehenen Neuen Wissenschaftlichen Bibliothek, zu deren Herausgebergremium Jürgen Habermas, Eberhard Lämmert und HansUlrich Wehler gehörten; auch dieser Band erlebte 1980 eine erweiterte Neuauflage. Und schließlich seien seine Vorträge über Stefan George, 1974, genannt, seine letzte noch zu Lebzeiten Robert Boehringers erschienene Publikation und diesem gewidmet, zehn Kapitel, in denen sich Landmann weiter, als es sonst seine Art war, in das Feld der Deutung gewagt hat. Am 12. Dezember 1974 tagt der Stiftungsrat auf einer außerordentlichen Sitzung ein letztes Mal im Haus des am 9. August verstorbenen Robert Boehringer in Genf. Auf dieser Sitzung wird Georg Peter Landmann, einem Wunsch Boehringers folgend, einstimmig zum neuen Vorsitzenden gewählt. Seine erste, gemeinsam mit Wilhelm Hoffmann als dem Direktor der Württembergischen Landesbibliothek und von Beginn an Stiftungsratsmitglied angegangene Aufgabe ist die Überführung des Stefan-George-Archivs aus Genf nach Stuttgart. Das geschah in den ersten Monaten des Folgejahrs, nachdem Landmann schon im Sommer und Herbst 1974 in enger
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Abstimmung mit Boehringers Testamentsvollstrecker den für das Archiv vorgesehenen Bestand in Listen erfasst hatte. Die systematische Aufnahme in Stuttgart zog sich dann freilich über mehrere Jahre hin. Ebenso lange dauerte es, bis sich der Stiftungsrat über eine Benutzungsordnung verständigt hatte, wobei das Thomas-Mann-Archiv in Zürich eine gewisse Orientierung bot. Dank der engen Kooperation mit der Württembergischen Landesbibliothek, zunächst unter Wilhelm Hoffmann, dann aber auch unter seinem Nachfolger Hans-Peter Geh konnte nicht nur die Raumfrage gelöst, sondern auch die zwingend gebotene Personalausstattung für das Archiv sichergestellt werden, wobei freilich die Stiftung für letztere die Kosten zu tragen hatte. Um die Unabhängigkeit der Stiftung zu wahren, war das allerdings auch geboten. Bereits eineinhalb Jahre nach Landmanns Amtsantritt stellte sich die Frage nach einem Verlag für das Werk Georges und für wesentliche aus dem Kreis hervorgegangene Titel. Ursula Küpper, die Witwe Helmut Küppers, die seit dem Tod des Verlegers den Verlag, der das Erbe Georg Bondis weiterführte, allein gelenkt hatte und dabei von Boehringer tatkräftig unterstützt worden war, gedachte sich zurückzuziehen. Als Eigentümerin des Urheberrechts an Stefan Georges Werk hatte die Stiftung eine wichtige Entscheidung für die Zukunft zu treffen. Und diese Entscheidung machte man sich nicht leicht; anders als Boehringer, der durchaus einsamen Beschlüssen zuneigte und den Stiftungsrat mehr oder weniger formal behandelte, bezog Landmann die Stiftungsratsmitglieder voll in die notwendigen Überlegungen mit ein und suchte nicht nur den formalen, sondern auch den inhaltlichen Konsens. Unter seinem Vorsitz beschließt der Stiftungsrat am 9. November 1976, Frau Küpper einen Abschluss mit dem Verlag KlettCotta in Stuttgart zu empfehlen. Im April des Folgejahres werden auf einer gemeinsamen Sitzung des Stiftungsrats mit Michael Klett und Hubert Arbogast die Grundzüge der künftigen Zusammenarbeit festgelegt. Die Vertragsverhandlungen gestalteten sich schwierig, da zunächst das Rechtsverhältnis zwischen dem Verlag Helmut Küpper vorm. Georg Bondi und der Stefan George Stiftung zu fixieren war. Mit der Hilfe von Frau Dr. Tula Huber-Simons, dem hoch kompetenten juristischen Mitglied des Stiftungsrats, kam eine Vereinbarung zwischen dem Verlag Helmut Küpper und der Stiftung zustande, und im selben Zug trat die Firma Ernst Klett mit der Verlagsgemeinschaft Klett-Cotta in die Rechte und Pflichten ein, die dem Verlag Helmut Küpper aus ihr erwuchsen. Am 29. März 1978 konnte die Vereinbarung von beiden Seiten unterzeichnet werden und in Kraft treten.
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Damit war nun auch der Weg gebahnt für ein Vorhaben, das Georg Peter Landmann seit langem bewegte: für den Aufbau einer neuen George-Ausgabe. Die alte Gesamtausgabe war seit Jahrzehnten nicht mehr lieferbar, der Notbehelf, ein verkleinerter Nachdruck 1964 – 1969, konnte sie nicht ersetzen, ebenso wenig die von Robert Boehringer besorgte Ausgabe in zwei Bänden, erste Auflage 1958, die überdies weder die alten Anhänge der Gesamt-Ausgabe noch einen eigenen neuen Erläuterungsteil enthielt. Als dem einzigen Philologen im Stiftungsrat fiel Landmann gerade in der Gründungsphase der Edition die Hauptlast und die Hauptverantwortung zu. Anders als zu Zeiten Robert Boehringers, der in langen Jahrzehnten als Universalerbe und später als Vorsitzender der Stefan George Stiftung in zahlreichen Auseinandersetzungen mit anderen George Nahestehenden an Statur und Autorität gewonnen hatte, hatte Landmann die neue Ausgabe sowohl in den Einzelheiten mit dem Verlag auszuhandeln als auch nach zwei Seiten zu rechtfertigen. Die Freunde der alten Gesamt-Ausgabe der Werke (1928 bis 1934) konnten sich auf George selbst berufen, der diese Form der Präsentation auch für die Zukunft festgelegt hatte. Eine gewichtige Stimme aus diesem Kreis war die von Karl Josef Partsch, der im Januar 1985 hinter so manche Entscheidung Landmanns ein Fragezeichen setzte. Auf der anderen Seite standen die zünftigen Philologen. Landmann hatte sich für die Erarbeitung neuer Anhänge entschieden, die den avanciertesten Ansprüchen der jüngeren Editionsphilologie nicht standhielten, die Landmann aber bewußt restriktiv angelegt wissen wollte. Landmann, hierin mit Klett-Cotta einig, verlor nie aus dem Blick, dass eine Leserschaft für George erst wieder gewonnen werden musste und dass dies durch ältere Konventionen des Kreises eher erschwert als erleichtert wurde. Schon in der Stiftungsratssitzung vom 18. April 1977 hatte er, damals noch auf die George-Deutung bezogen, festgestellt: „Die Zeit der Orthodoxie ist vorbei!“ Diese Maßgabe galt für ihn auch hinsichtlich der neuen Ausgabe. Mit der Berufung von Elisabeth Höpker-Herberg, der ausgewiesenen KlopstockEditorin, in den Stiftungsrat trug er aber dafür Sorge, dass den Bedenken der Philologen entgegen gewirkt wurde. Gemeinsam mit ihr hatte er schon 1983 den Briefwechsel zwischen Stefan George und Ida Coblenz herausgebracht, und sie übernahm im Stiftungsrat die Funktion einer Editionsbeauftragten. Die Vereinbarung zwischen der Stefan George Stiftung und dem Verlag über die neue Edition der Sämtlichen Werke datiert vom 27. Juli/7. August 1981. Sie ist recht detailliert und wird noch weiter ausdifferenziert durch Landmanns Text „Zur neuen Edition von Stefan Georges Sämtlichen Wer-
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ken“, der in den zuerst erschienenen Band IV Das Jahr der Seele 1982 eingelegt wurde. Landmann hat diesen Band wie auch die Bände X/XI, 1988, und XIII/XIV, 1983, selbst bearbeitet. Den Bezugspunkt der neuen Edition bildet nicht eine der jüngeren wissenschaftlichen Ausgaben neuerer deutscher Dichtung, sondern die ältere Georgesche Gesamt-Ausgabe der Werke. Ihr folgt sie in der Bandeinteilung und im Textbestand, in der George eigenen Orthographie und Interpunktion. Hingegen sind das Format und die Stefan-George-Schrift nicht beibehalten. Dazu nimmt Landmann im Beiblatt ausführlich Stellung, wobei er den Charakter der STG-Schrift entschieden historisiert und als „eine Übergangsform zur ‚neuen Sachlichkeit’“ deutet. Auch das von George bevorzugte breite Format wird dem „Zeitgeschmack“ zugeordnet, eine Klassifizierung, über die sich gewiss streiten lässt. Das entscheidende Argument für den Verzicht auf die STGSchrift und ihre Ersetzung durch die Fotosatzschrift Sorbonne dürfte ein finanzielles gewesen sein: die STG-Schrift stand nicht mehr zur Verfügung und hätte neu hergestellt werden müssen. Der „Aufwand hätte weit das Maß dessen überschritten, was George selbst an Aufwand nötig fand“. Disputabel – und von Karl Josef Partsch nicht zu Unrecht angezweifelt – ist auch die Wahl des schlankeren Formats, „wie es die Heutigen eher anspricht“. Dazu Partsch: „Weiss man das wirklich?“ Dass als Einband ein rotes Ganzleinen gewählt wurde und nicht das blaue Buckramleinen mit Goldaufdruck, wie bei der älteren Ausgabe, findet keine Erläuterung, sicher eine Verlagsentscheidung, aber doch eine bemerkenswerte Abweichung vom „traum in blau und gold“ (SW Bd.II, Hymnen. Pilgerfahrten. Algabal, S.8 Aufschrift). Die wichtigste Abweichung gegenüber der Gesamt-Ausgabe betrifft die Anhänge. Im Verlagsvertrag über die Ausgabe ist festgehalten: „Der neue Apparat jeden Bandes soll enthalten: a) ein Verzeichnis der für den betreffenden Band bekannten Handschriften und der frühen Drucke; b) Angaben zur Datierung einzelner Gedichte (soweit möglich); c) ein Variantenverzeichnis. Dabei werden die sich verändernden Gewohnheiten in Rechtschreibung und Interpunktion grundsätzlich nicht unter den Varianten verzeichnet; sie werden dagegen in Band IV an einem Beispiel unter Beifügung von Faksimiles dargelegt. Abweichungen von der Ausgabe der Werke in zwei Bänden (3. Auflage 1976) gegenüber der Gesamt-Ausgabe werden im Apparat verzeichnet. d) Wort- und Sacherläuterungen, aber kein Kommentar.“
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Das Beiblatt zu Band IV ergänzt diese Bestimmungen um die Aufschlüsselung von Initialen, Andeutung persönlicher Bezüge und einiges mehr. Zwar will die neue Edition keine „kritische Ausgabe“ sein; aber sie sollte doch auch wissenschaftlichen Ansprüchen genügen: „George hatte im Anhang zum vierten Band der Gesamtausgabe gesagt: ‚Die aufzählung aller abweichungen aller gedichte konnte weil einem mehr gelehrten als dichterischen zwecke dienend unterbleiben.’ Da aber heute, ein halbes Jahrhundert nach Georges Tod, die unmittelbare Betroffenheit vom Georgeschen Gedicht seltener geworden ist, hielten wir es für erlaubt und angezeigt, auch dem ‚gelehrten zweck’ zu dienen.“ In der Konsequenz werden die Varianten weit vollständiger in die Anhänge aufgenommen, freilich nicht komplett. Mit Wort- und Sacherklärungen geht Landmann sehr sparsam um, er setzt noch einen Bildungshorizont voraus, der um 1980 schon im Schwinden begriffen ist. Es mag aber auch sein, dass er an dieser Stelle ein Einfallstor fürs Kommentieren befürchtete, und gerade das wollte er vermeiden. Schon von 1984 an wirkte Ute Oelmann an der Ausgabe der Sämtlichen Werke mit, die Bände I-III, V-IX, XII und XVII hat sie bearbeitet und ist weiterhin mit der Erarbeitung der noch ausstehenden vier Bände befasst, von denen der über die Bandzahl der Gesamt-Ausgabe hinausgehende als Ergänzungsband geplant ist. Ute Oelmann kam von der Großen Stuttgarter Hölderlin-Ausgabe, deren achten und letzten Band sie, anfangs noch gemeinsam mit Adolf Beck, seit 1981 selbständig erarbeitet und 1985 herausgegeben hat. Wilhelm Hoffmann als Vorsitzender des Verwaltungsausschusses der Stuttgarter Hölderlin-Ausgabe schreibt über ihren Anteil im Nachwort zum abschließenden Band der Edition von ihrer „in Meisterung großer Schwierigkeiten und mühevoller Arbeit“ besorgten Vollendung der umfangreichen Nachträge und Register (Hölderlin, Sämtliche Werke. Achter Band. Stuttgart: Kohlhammer 1985, S. 296). In der Person Wilhelm Hoffmanns, des vormaligen Direktors der Württembergischen Landesbibliothek, verbanden sich schon seit vielen Jahren die Verantwortung für das Hölderlin-Archiv und für das Stefan-George-Archiv, und Ute Oelmann, die sich dank ihres Studiums bei Paul Hoffmann in Tübingen überdies im europäischen Symbolismus um 1900 gut auskannte, brachte die richtigen Voraussetzungen für die Tätigkeit im Stefan-George-Archiv mit, eine Tätigkeit, die bald über die Editionsarbeit hinauswuchs und schließlich in die Funktion einer Archivleiterin mündete. Ihr verdanken wir auch die Neuausgabe der drei Bände Deutsche Dichtung (1989-1995), die Stefan George gemeinsam mit Karl Wolfskehl herausgegeben hatte.
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Georg Peter Landmann, als intellektueller Schweizer seit je mit den Landessprachen seiner Heimat vertraut und durch das Studium der alten Sprachen überdies in der europäischen Bildungsgeschichte zuhaus, brachte der europa- und am Ende weltweiten Verbreitung der Poesie Georges stets großes Interesse entgegen, sicher mit angeregt durch ein ähnliches Interesse Robert Boehringers, der in einer Gedenkrede auf George 1958 Stimmen aus Kabul, Nairobi und den Vereinigten Staaten zitiert (Robert Boehringer: Stefan George. Darmstadt o. J. (1958),S.17f.). Er schuf 1973 das Werk Stefan George in fremden Sprachen. Übersetzungen seiner Gedichte in die europäischen Sprachen außer den slavischen, nahezu 800 Seiten stark, eine beeindruckende Sammelleistung. Sie wird ergänzt durch den einen Vorgängerband von 1968 stark erweiternden Stiftungsdruck, den im Wesentlichen Georg Peter Landmanns Gattin Annette Landmann besorgte und der wenige Jahre nach Landmanns Tod herauskam: Waclaw Rolicz-Lieder, Stefan George: Gedichte, Briefe. Stuttgart 1996. Er stellt alle Zeugnisse des Austausches zwischen dem polnischen und dem deutschen Dichter zusammen. Unter Landmanns Vorsitz ging die Anzahl der Drucke der Stefan George Stiftung zwar spürbar zurück, ein Zeichen, dass Robert Boehringer die bibliophil gestaltete Reihe mit eigenen finanziellen Mitteln entscheidend gestützt hatte. Gleichwohl erschienen substantielle Titel, die wie George im Bildnis. Auswahl bearbeitet von Walter Greischel und Michael Stettler, 1976, zum Teil noch von Robert Boehringer initiiert waren, überwiegend jedoch von Georg Peter Landmann herausgegeben wurden: Stefan George, Phraortes. Graf Bothwell: zwei dramatische Fragmente aus der Schulzeit, 1975; Robert Boehringer, Kleine Schriften,1981; Clotilde Schlayer, Gedichte: eine Auswahl seit 1920, 1981; und nicht zuletzt Maximilian Kronberger, Gedichte. Tagebücher. Briefe, 1987. Nicht alles, was Landmann in seiner Zeit als Vorsitzender der Stiftung unternahm, fand den Beifall der noch lebenden Mitglieder des Kreises. Aber schon zu Lebzeiten des Dichters hatte es unter seinen Freunden gegensätzliche Standpunkte gegeben. Die Autorität Robert Boehringers nahm mancher Kontroverse die Spitze, und als Landmann sein Amt antrat, gab es nicht mehr viele, die auf eine so alte Vertrautheit mit George verweisen konnten wie er. Hatte er doch schon 1963 das Werk seiner Mutter Edith Landmann Gespräche mit Stefan George, von 1913 bis 1933, herausgegeben, das zu den am häufigsten zitierten Lebenszeugnissen von und über George zählt. Er gehörte zu den jüngeren Kreismitgliedern, die in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember 1933 in der Grabkapelle des alten Friedhofs von Minusio
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nach Tessiner Brauch die Totenwache an Georges Sarg hielten. Am 6. Dezember fand die Beisetzung statt. Ein halbes Jahrhundert später hatte er die Umbettung auf den neuen Friedhof zu organisieren, da der alte aufgelassen wurde. Wie bei der ursprünglichen Grabstelle – auf Tafel 183 im Tafelband zu Robert Boehringers Mein Bild von Stefan George ist sie abgebildet – begrenzt auch bei der neuen eine Mauer die Kopfseite, und die ganze Gestaltung des heutigen Grabes lehnt sich auf das Engste an die ältere an. Das Pflicht- und Verpflichtungsbewußtsein Georg Peter Landmanns hat wie mit der neuen Werkausgabe auch hierin vorausschauend für die Stefan George Stiftung gewirkt. Zum Ende des Jahres 1989 legte er den Vorsitz nach 15 Jahren nieder. Mit Hans-Peter Geh, bereits seit vielen Jahren im Stiftungsrat, übernahm erstmals ein Angehöriger einer Generation die Leitung der Stiftung, die keine lebensgeschichtliche Beziehung mehr mit dem Dichter verband.
II.
Satzung der Stefan George Stiftung, genehmigt vom Regierungspräsidium Stuttgart am 5. November 2001 1. Gründer, Rechtsform Die Stefan George Stiftung wurde 1959 von Professor Dr. Robert Boehringer (Genf) gegründet. Sie ist eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts kraft Errichtungsgenehmigung des Kulturministeriums BadenWürttemberg vom 30. Juli 1959. 2. Sitz Der Sitz der Stiftung ist Stuttgart. Der Stiftungsrat kann, wenn nach seinem Ermessen wichtige Gründe vorliegen, den Sitz der Stiftung verlegen. 3. Zweck, Gemeinnützigkeit Die Stiftung verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung. Sie fördert Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, indem sie im Sinne Stefan Georges der Wirkung seines Werkes dient. Zu diesem Zweck unterhält sie das Stefan George-Archiv, das für Wissenschaftler und Interessenten zugänglich ist. Die Stiftung ist selbstlos tätig; sie verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Ihre Mittel dürfen nur für die satzungsgemäßen Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder des Stiftungsrats erhalten keine Zuwendungen aus Mitteln der Stiftung. Es dürfen keine Personen durch Ausgaben, die dem Zweck der Stiftung fremd sind, oder durch unverhältnismässig hohe Vergütungen begünstigt werden. 4. Vermögen Die Stiftung besitzt das Grab Stefan Georges in Minusio, die Urheberrechte an den Werken des Dichters, das Stefan George-Archiv in der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart sowie das Kapitalvermögen.
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Satzung der Stefan George Stiftung (5. November 2001)
Über die Anlage des Vermögens entscheidet der Stiftungsrat nach freiem Ermessen. Die Annahme von Zuwendungen, welche der Stiftung von anderer Seite gemacht werden, ist grundsätzlich gestattet. Das Stiftungsvermögen darf einer anderen Stiftung nicht zugewendet werden. 5. Verwaltung Organ der Stiftung ist der Stiftungsrat. Er vertritt die Stiftung. Er ist berechtigt und verpflichtet, alles zu tun, was ihm zur Erreichung des Stiftungszwecks nötig erscheint. Er besteht aus bis zu 7 Mitgliedern. Neue Mitglieder werden einvernehmlich vom Stiftungsrat auf die Dauer von 4 Jahren berufen. Die Wiederwahl für jeweils 4 Jahre ist zulässig. Der Stiftungsrat wählt aus seiner Mitte eine/n Vorsitzende/n und eine/n stellvertretenden Vorsitzenden, einen Vermögensbeauftragten, einen Editionsbeauftragten sowie einen Archivbeauftragten für die Dauer von 4 Jahren. Beim Vorsitzenden ist eine einmalige, im übrigen eine mehrfache Wiederwahl von je 4 Jahren möglich. Ist – wie anzustreben ist – der Leiter der Württembergischen Landesbibliothek der Archivbeauftragte, so ist er für die Dienstzeit im Hauptamt bestellt. Für einen ausscheidenden Juristen muss immer ein Jurist als Nachfolger kooptiert werden, wenn unter den verbleibenden Mitgliedern kein Jurist ist. Der Leitende Direktor der Württembergischen Landesbibliothek ist Mitglied des Stiftungsrats und sollte während seiner Amtszeit Archivbeauftragter sein. Jedes Mitglied des Stiftungsrats hat eine Stimme. Beschlussfähigkeit ist gegeben, wenn 5 Mitglieder anwesend sind. Ist nur eine gerade Zahl von Mitgliedern vorhanden, so entscheidet bei Stimmengleichheit die Stimme des Stiftungsratsvorsitzenden. Der Stiftungsrat (Vorstand) vertritt die Stiftung gerichtlich und außergerichtlich. Er hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters und handelt durch seinen Vorsitzenden oder dessen Stellvertreter. Die Mitglieder des Stiftungsrats üben ihr Amt ehrenamtlich aus; sie haben Anspruch auf Ersatz der ihnen in Ausübung ihres Amtes erwachsenden Ausgaben. 6. Stefan George-Archiv Das Stefan George-Archiv hat seinen Sitz in der Württembergischen Landesbibliothek in Stuttgart. Es wird von einem Wissenschaftler/in geleitet. Das Personal des Archivs wird von der Stiftung angestellt. Das GeorgeArchiv ist der zentrale Ort für die Georgeforschung und die Erforschung seines Kreises.
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Das Archiv ist Arbeitsstelle für Ausgaben der Werke Stefan Georges und für die bibliographische Erfassung aller Publikationen zu George und seinem Kreis. Seine Aufgabe besteht zusätzlich zu den editorischen Arbeiten in der Ordnung, Sicherung, Verzeichnung und Erschliessung sowie im Ausbau der vorhandenen Bestände. Es betreibt eigene und fördert fremde Forschung. Das Archiv ist zugleich Geschäftsstelle der Stefan George Stiftung. 7. Anschrift Die Anschrift der Stiftung ist die Württembergische Landesbibliothek in Stuttgart. Postadresse: Konrad Adenauerstrasse 8, Postfach 10 54 41, 70047 Stuttgart. 8. Vermögensbindung Bei der Auflösung der Stiftung fällt das Stiftungsvermögen an die Württembergische Landesbibliothek in Stuttgart mit der Auflage, dass diese es unmittelbar und ausschliesslich den in Ziffer 3. und Ziffer 6. genannten gemeinnützigen Zwecken zuführt. Diese Fassung der Satzung ist beschlossen worden in den Sitzungen des Stiftungsrats am 19.5.2000 und am 19.01.2001. Unterschriften
Bestimmung Robert Boehringers über die George-Bestände in seinem Genfer Haus Robert Boehringer
Genf. 6. chemin Edouard Tavan Haus am End der Welt
Separate Verfügung Alles, was sich im sogenannten Archivzimmer und im Sekretariat im I. und II. Stock meines Hauses befindet und mit Stefan George zusammenhängt, soll von den Herren G. P. Landmann und/oder Michael Stettler begutachtet werden. Diese Herren sollen aussuchen, was sich für das Archiv der Stefan George Stiftung in der Württ. Landesbibliothek in Stuttgart eignet und es ihr zukommen lassen. Bei dieser Arbeit können Frau H. Correvon, Frau E. Lachenal und Frau G. Perrotta befragt werden. Im Vorstand der Stefan George Stiftung sind: Frau Dr. Tula Huber-Simons Herr Prof. Dr. Wilhelm Hoffmann Herr Dr. Hans-Peter Geh die in Abwesenheit der erstgenannten Herren G. P. Landmann und/oder Michael Stettler befragt werden können. Ich behalte mir zu Lebzeiten vor, in diesen Sachen selbst zu entscheiden. Diesem Auftrag zufolge gehen diese für die Stefan George Stiftung in der Württ. Landesbibliothek Stuttgart bestimmten, Stefan George betreffenden Stücke nicht an Franziska Märki. Genf den 20. Dezember 1973 Robert Boehringer
Übertragung der Urheberrechte auf die Stefan George Stiftung Schriftlicher Beschluss des Stiftungsrats der Stefan George Stiftung Herr Dr. Robert Boehringer, Genf, hat in seiner Eigenschaft als Erbe von Stefan George die Urheberrechte, die zum Nachlass von Stefan George gehören, soweit sie Vereinbarungen mit dem Verlag Bondi (Küppers) betreffen, auf die Stefan George Stiftung übertragen. Diese, vertreten durch die gemeinsam unterzeichnungsberechtigten weiteren Mitglieder des Stiftungsrats, nehmen die Übertragung an die Stiftung hiermit an. Stuttgart, den Freiburg i. Br., den 16. September 1959
gez. Dr. Plum
Satzung der Stefan George Stiftung, genehmigt vom Kultusministerium in Baden-Württemberg am 30. Juli 1959 In Ausführung des mir vom Dichter durch letztwillige Verfügung erteilten Auftrages errichte ich eine Stefan George-Stiftung. 1. Sitz Der Sitz der Stiftung ist in Stuttgart. Der Stiftungsrat kann, wenn nach seinem besten Ermessen wichtige Gründe vorliegen, den Sitz der Stiftung verlegen. 2. Zweck Die Stiftung soll im Sinne Stefan Georges der Wirkung seines Werkes dienen. Zu diesem Zweck wird das Stefan George-Archiv allgemein denjenigen zugänglich gemacht, die mit dem Werk des Dichters verbunden sind. 3. Vermögen Der Stiftung überlasse ich das Grab von Stefan George und die als Zugang erworbene Grabstelle in Minusio, die Urheberrechte, den Briefwechsel George – Hofmannsthal in Urschrift gemäss Aufstellung als Grundstock des Stefan George-Archivs und einen Barbetrag von 200.000 DM. Davon bilden 8000 DM den Grundstock des Stiftungsvermögens, der nicht angetastet werden darf. Erträge aus dem Kapital und sonstige Einnahmen fallen in das Vermögen der Stiftung und können für die Zwecke der Stiftung verwendet werden. Über die Anlage des Vermögens entscheidet der Stiftungsrat nach freiem Ermessen. Er ist an die gesetzlichen Vorschriften über mündelsichere Anlage von Stiftungsgeldern nicht gebunden. Die Annahme von Zuwendungen, welche der Stiftung von anderer Seite gemacht werden, ist grundsätzlich gestattet. Über die Annahme entscheidet in
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jedem einzelnen Falle der Stiftungsrat. Das Stiftungsvermögen darf einer anderen Stiftung nicht zugewendet werden. 4. Verwaltung Organ der Stiftung ist der Stiftungsrat (Vorstand). Er vertritt die Stiftung. Er ist berechtigt und verpflichtet, alles zu tun, was ihm zur Erreichung des Stiftungszweckes nötig erscheint. Dabei soll er die vom Stifter gegebenen Erläuterungen zur Stiftungsurkunde beachten. Der Stiftungsrat besteht aus 1 – 5 Mitgliedern. Er wählt einen Vorsitzenden. Die Mitglieder des Stiftungsrats sind zeichnungsberechtigt. Wenn zwei oder mehr Mitglieder vorhanden sind, so ist die Unterschrift des Vorsitzenden und eines andern Mitglieds zur verbindlichen Zeichnung für die Stiftung erforderlich. Ist der Vorsitzende durch Krankheit, längere Abwesenheit oder in ähnlicher Weise verhindert, so bestimmt er einen Stellvertreter und überträgt diesem seine Vollmachten. Im übrigen ist gegenseitige Bevollmächtigung nicht zulässig. Jedes Mitglied des Stiftungsrats hat eine Stimme. Ist nur eine gerade Anzahl von Mitgliedern vorhanden, so entscheidet bei Meinungsverschiedenheiten die Stimme des Dienst-Älteren. Bei drei oder fünf Mitgliedern entscheidet die Mehrheit, doch soll jeder Gelegenheit haben, sich zu einem Vorschlag zu äussern. Solange der Stifter lebt, handlungsfähig und Mitglied des Stiftungsrats ist, kann kein Beschluss gegen seine Stimme gefasst werden. Der Stiftungsrat wird folgendermassen gebildet: a) dem Stiftungsrat gehören zunächst an: 1.) Robert Boehringer, Genf; 2.) Dr. Wilhelm Hoffmann, Direktor der Landesbibliothek, Stuttgart; 3.) Dr. Maria Plum, Rechtsanwalt in Freiburg/Brsg. Robert Boehringer ist berechtigt, weitere Mitglieder zu ernennen.
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b) Ist Robert Boehringer nicht mehr in der Lage oder nicht mehr bereit, dem Stiftungsrat anzugehören, und hat er von seinem Recht der Ernennung weiterer Mitglieder keinen Gebrauch gemacht, so sollen dem Stiftungsrat die weiteren Personen angehören: 1. Dr. Georg Peter Landmann, Basel, Biascastrasse 14; 2. Professor Alexander Graf Schenk von Stauffenberg; 3. Dr. Michael Stettler, Direktor des Bernischen Historischen Museums, Steffisburg. Robert Boehringer ist jederzeit berechtigt, diese Liste durch Mitteilung an die Aufsichtsbehörde zu ändern oder zu ergänzen. Sind nicht alle genannten Personen in der Lage und bereit, dem Stiftungsrat anzugehören, sind diese Voraussetzungen aber bei einem oder mehreren von ihnen gegeben, so haben diese das Recht, weitere Mitglieder zu benennen. Dabei ist eine Mitgliederzahl von 3 oder 5 anzustreben. c) Die Mitglieder des Stiftungsrats sind auf Lebensdauer bestellt. Jedes Mitglied schlägt bei Antritt seines Amtes einen Nachfolger vor. Über den Vorschlag befindet der Stiftungsrat, indem er durch Mehrheitsbeschluss den Nachfolger wählt. Bis der Nachfolger sein Amt angetreten hat, ist ein solcher Beschluss jederzeit durch den Stiftungsrat widerrufbar. Wenn ein Mitglied sein Amt nicht mehr ausübt, niederlegt, nicht mehr ausüben kann oder stirbt, so tritt der gewählte Nachfolger an seine Stelle. War ein solcher noch nicht vorgeschlagen, so wird er durch die andern Mitglieder gewählt. d) Solange mindestens drei Mitglieder verbleiben, hat der Stiftungsrat jederzeit, wenn ein Mitglied aus irgend einem Grunde fortgefallen ist, das Recht, zu beschliessen, dass zur Vereinfachung ein Nachfolger für das ausgeschiedene Mitglied nicht eintreten soll. Für einen ausgeschiedenen Juristen muss immer ein Jurist als Nachfolger eintreten, wenn unter den verbliebenen Mitgliedern kein Jurist ist. e) Die Mitglieder des Stiftungsrats beschliessen untereinander, wer die Verantwortung für die Kassenführung, die finanzielle Durchführung der beschlossenen Aufgaben, die Buchhaltung und Rechnungslegung übernimmt.
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f) Die Mitglieder üben ihr Amt ehrenamtlich aus. Sie haben Anspruch auf Ersatz der ihnen in Ausübung ihres Amtes erwachsenden Auslagen. 5. Anschrift Die Anschrift der Stiftung ist: Württembergische Landesbibliothek, Stuttgart. 6. Vermögensbindung Bei Auflösung der Stiftung fällt das Vermögen an die Landesbibliothek Stuttgart mit der Auflage, dass diese es weiterhin unmittelbar und ausschliesslich den in Ziffer 2 genannten gemeinnützigen Zwecken zuführt.
(Ort, Datum)
(Unterschriften)
Erläuterungen zur Stiftungsurkunde ad 1
Sitz:
Der Sitz der Stiftung soll tunlich im deutschen Sprachgebiet bleiben.
ad 2
Zweck:
Die Stiftung soll a) Das Grab in Minusio pflegen, b) das Stefan George-Archiv der Stiftung verwalten und ergänzen. Meine George-Dokumente in Genf enthalten Handschriften, Bücher und Sachen, die ich geerbt, erworben oder geschenkt bekommen habe. Die an das Stefan George-Archiv der Stiftung übergehenden Stücke werden mit dem hier beigedruckten Stempel versehen.
Bei der Ergänzung denke ich z. B. an Erwerb von Handschriften des Dichters – Gedichte, Briefe, Widmungen usw. – Erwerb von Photographien, Büchern, Bildern, Zeichnungen, Urkunden, Manuskripten von Freunden und anderen, die sich auf Leben oder Werk des Dichters beziehen. Bis ich anderes bestimme, bleiben die nicht übereigneten Stücke mein Eigentum und in meiner Verwaltung. Ich beabsichtige, weitere Teile meiner George-Dokumente der Stiftung zu übereignen und ihr durch letztwillige Verfügung den verbleibenden Bestand zu vermachen. Der Ort des Stefan George-Archivs ist der des Hölderlin-Archivs der Württembergischen Landesbibliothek, das sich zur Zeit in Bebenhausen befindet. Sollte das Hölderlin-Archiv an einen andern Ort verlegt werden, so soll das Stefan George-Archiv ebenfalls an diesen Ort übergehen. Doch muß es von den Archiven anderer Dichter getrennt gehalten werden.
Erläuterungen zur Stiftungsurkunde
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Die Betreuung der von mir übergebenen Stücke soll durch dieselbe Stelle erfolgen, der das Hölderlin-Archiv anvertraut ist. Das ist die Württembergische Landesbibliothek Stuttgart. Sie betreut das Archiv (wie einen eigenen Bestand) im Auftrag, auf Kosten und nach Satzung der Stefan George-Stiftung. Ein etwaiger Übergang in die Verwaltung der Deutschen Schillergesellschaft (Literatur-Archiv) oder einer anderen Institution soll dadurch nicht ausgeschlossen sein, vorausgesetzt dass die Verbindung mit dem Hölderlin-Archiv erhalten bleibt.
ad 3
Vermögen:
c) Die Stiftung kann 1. die Herausgabe der Werke von Stefan George fördern, 2. Arbeiten fördern, welche diese Werke betreffen, und deren Drucklegung unterstützen. Dabei denke ich z. B. an den Kommentar von Ernst Morwitz, an die Bibliographie von G. P. Landmann, an die Erinnerungen von Kurt Hildebrandt, usw. 3. Bildwerke, welche Stefan George oder seine Freunde darstellen, bewahren, erwerben oder aufstellen. Dabei denke ich z. B. an die zur Zeit in Ingelheim (Rhein) (Kommandantur) lagernden Skulpturen aus der Erbschaft von Ludwig Thormaelen (inklusive diejenigen von Victor Frank) oder an die Plastiken von Alexander Zschokke, Basel, Urban Thiersch, Insel Juist (Nordsee), an Bildnisse von Stefan George, usw. 4. Lesungen aus den Werken von Stefan George und Erklärungen der Gedichte in Schulen und auf Hochschulen fördern, etwa wie man in Italien die Göttliche Komödie liest und deutet. Dies sind nur Beispiele. Der Stiftungsrat kann das Vermögen ganz oder teilweise in Aktien, Geschäftsanteilen, Immobilien, Edelmetallen oder Pretiosen, Kunstgegenständen, Sach-
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Erläuterungen zur Stiftungsurkunde
werten irgendwelcher Art im In- oder Ausland anlegen, in Verwahrung geben, treuhänderisch verwalten lassen ohne Rücksicht auf den Sitz der Stiftung oder den Ort ihrer Verwaltung. In der Regel soll der Stiftungsrat nur den Ertrag des Vermögens ausgeben. Er darf aber in einem besonderen Falle auch die Substanz angreifen und bis zur Hälfte verwenden. ad 4
Verwaltung: Dem Stiftungsrat der Stefan George-Stiftung bleiben die Entscheidungen vorbehalten; insbesondere bestimmt er oder der von ihm Beauftragte, wem der Zutritt zu dem Stefan George-Archiv gewährt wird. Anträge zum Zutritt sind an die Anschrift der Stiftung zu richten. Den Mitgliedern des Stiftungsrats steht das Archiv offen. Als in Betracht kommende Nachfolger, aber ohne Verpflichtung, nenne ich folgende Personen: Professor Dr. Erich Boehringer, Berlin Professor Dr. Ernst Boehringer, Ingelheim/Rhein Fräulein Julie Boehringer, Ingelheim/Rhein Frau Assessor Dr. jur. Margrit Boehringer, Genf/ Schweiz Professor Dr. Rudolf Fahrner, Karlsruhe Dr. Walther Greischel, Münster/Westfalen Professor Dr. Kurt Hildebrandt, Kiel Professor Dr. Ernst Kantorowicz, Princeton, N. J., USA Professor Dr. Walter Kempner, Durham, N. C., USA Professor Dr. Friedrich Krauss, München Professor Dr. Ernst Langlotz, Bonn Dr. jur. Jürg Leupold, Reinach (Bld)/Schweiz Dr. Ernst Morwitz, New York, N. Y., USA Professor Dr. jur. Karl Josef Partsch, Kiel Oberbürgermeister Theodor Pfizer, Ulm (Donau) Professor Dr. Edgar Salin, Basel/Schweiz Professor Dr. Karl Schefold, Basel/Schweiz
Erläuterungen zur Stiftungsurkunde
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Dr. Clotilde Schlayer, Durham, N. C., USA Gabriele Gräfin Schwerin-Maltzan, Freiburg i. Br. Professor Dr. Wilhelm Stein, Bern/Schweiz Urban Thiersch, Insel Juist (Nordsee) und München Dr. Eberhard Zeller, Fischbach am Bodensee Professor Alexander Zschokke, Basel/Schweiz Wünschenswert wäre, dass der Direktor der Württembergischen Landesbibliothek dem Stiftungsrat angehörte oder, wenn dies nicht der Fall ist, den Sitzungen ohne Stimmrecht beiwohnte. ________________
Letztwillige Verfügung Stefan Georges vom 31.März 1932 Leztwillige Verfügung Da ich voraussichtlich davon absehen werde die in meiner leztwilligen verfügung vom 15 juni 1930 zum erben eingesezte Stiftung bei lebzeiten zu errichten und zweifel rechtlicher natur sich erhoben haben ob die stiftung nach meinem tod so wie sie geplant war zur entstehung gelangen kann ändere ich diesen teil der leztw. Verfügung vom 15 juni 1930 ab und bestimme: Robert Boehringer z. Z. in Genf ist alleiniger erbe meines gesammten nachlasses einschliesslich der urheberrechte und der sich daraus ergebenden ansprüche. Ersatzerbe ist Berthold Graf Stauffenberg aus Stuttgart z. Z. im Haag. Der erbe ist gehalten falls die verhältnisse es erlauben die stiftung in der weise wie sie geplant war zu errichten und den nachlass auf dieselbe zu übertragen oder wenn die sich als nicht angängig erweist eine andere dauerregelung zu treffen welche die verwaltung des Nachlasses in meinem sinn gewährleistet. Tritt Robert Boehringer die erbschaft an und stirbt er bevor er eine solche regelung getroffen hat so ist Berthold Graf Stauffenberg sein nacherbe. Robert Boehringer soll von allen beschränkungen eines vorerben soweit gesetzlich zulässig befreit sein. Die bestimmungen über die meiner Schwester ausgesezte rente in der leztwilligen verfügung vom 15 juni 1930 bleiben unberührt: statt der Stiftung zahlt sie der Erbe. Minusio 31 märz 1932
Stefan George
Letztwillige Verfügung Stefan Georges vom 15.Juni 1930, nach einer beglaubigten Abschrift vom 1.März 1934. Letztwillige verfügung. Alle meine früheren letztwilligen verfügungen sind aufgehoben. Mein gesammtes eigentum erbt die Stiftung „Das Werk Stefan George’s“ in Basel. Sterbe ich vor errichtung dieser Stiftung, so soll die Stiftung durch Dr. Robert Boehringer, Basel, errichtet werden nach den mir vorgelegten Statuten. R. Boehringer wird bis zur errichtung der Stiftung mein eigentum in obhut nehmen und es sodann auf die Stiftung übertragen. Nach übertragung meines eigentums auf die Stiftung erlischt dieses testamentsvollstreckeramt. In der hoffnung dass mein eigentum als vermögen der Stiftung einen ertrag von monatlich 300 (dreihundert) Goldmark erbringen wird bestimme ich dass meine schwester Anna George durch die Stiftung für ihre lebenszeit monatlich eine rente von 300.- Goldmark erhält, soweit sie ihren lebensunterhalt nicht aus andren mitteln bestreiten kann. Sollten die lebensverhältnisse meiner schwester sich ändern und sollte das Stiftungsvermögen mehr als 300 Goldmark monatlich erbringen, so soll meine Schwester eine entsprechende zusatzrente durch die Stiftung erhalten. Berlin 15 juni 1930
gez: Stefan George
Vertrag zwischen Stefan George und dem Verlag Georg Bondi über die Gesamtausgabe der Werke vom 6. Oktober 1927 mit den Anlagen I, II und III Zwischen Herrn Stefan George, z. Zt. in Berlin, in folgendem kurz George genannt, und dem Verlag Georg Bondi in Berlin, in folgendem kurz Bondi genannt, wird folgender Verlagsvertrag geschlossen: Artikel 1: Gesamtausgabe 1. George überträgt Bondi das Verlagsrecht für alle Auflagen der Gesamtausgabe seiner Werke gemäß der in Anlage I diesem Vertrage beigefügten Aufstellung und der Einzelausgaben. Einzelausgaben sind sowohl George als auch Bondi nur noch nach Maßgabe dieses Vertrages gestattet. 2. Bondi kann seine Rechte aus diesem Vertrage ohne gleichzeitige Übertragung der Firma nicht übertragen. Solange George lebt, dürfen die Werke auf keinen Fall unter einer anderen Verlagsfirma als „Georg Bondi Berlin“ erscheinen. 3. Die Gesamtausgabe ist auf 18 Bände veranschlagt, die in Abständen von längstens 1 Jahr erscheinen sollen. Die Auflage der einzelnen Bände soll im Allgemeinen 5000 Exemplare nicht überschreiten. Als Freiexemplare werden 10% über die Auflage gedruckt, wobei berücksichtigt ist, daß der Buchhandel zur Zeit auf 10 Exemplare ein Freiexemplar bekommt. Die genaue Höhe der Auflage bestimmt der Verleger; sie ist sofort nach Druckauftrag George mitzuteilen. Außer dem Texte des Werkes von George darf die Gesamtausgabe Varianten, Anmerkungen, Vorworte, Notizen, Briefe und Bilder nur insoweit enthalten, als sie von George oder dessen literarischen Verwalter zur Veröffentlichung in der Gesamtausgabe bestimmt sind. 4. Bondi verpflichtet sich, die Gesamtausgabe auch in einzelnen Bänden abzugeben, auch broschiert. Neue Drucke, auch anastatische, der bisherigen Ausgabe sind nach Erscheinen des betreffenden Bandes der Gesamtausgabe unzulässig. Soweit sie in der Zwischenzeit nötig werden sollten, ist die Zustimmung von George erforderlich. Endverkauf der Restbestände ist zulässig, ihre Höhe ist George mitzuteilen. Bei Erscheinen der einzelnen Bände der Gesamtausgabe ist auf die noch vorhandenen Restbestände des betreffenden Werkes Rücksicht zu nehmen.
Vertrag zwischen Stefan George und dem Verlag Georg Bondi
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5. Nach dem Abschluß dieses Vertrages entstehende Werke des George bilden einen Bestandteil der Gesamtausgabe, gleichviel, ob sie in der Aufstellung der Anlage I angeführt sind oder nicht. George ist berechtigt, von solchen neuen Werken zuerst eine Sonderausgabe im Verlag der Blätter für die Kunst erscheinen zu lassen. Spätestens nach Ablauf eines Jahres vom Erscheinen einer solchen Sonderausgabe ab fällt das Werk jedoch in die Gesamtausgabe. Macht George von dem vorbehaltenen Rechte einer Sonderausgabe nicht Gebrauch, so ist Bondi verpflichtet, vor Erscheinen des Werkes in der Gesamtausgabe, außer dem in Artikel 4 vorgesehenen Honorar, ein Sonderhonorar von Goldmark 1000.- für den betreffenden Band zu bezahlen. Das nach Abschluß dieses Vertrages zuerst erscheinende neue Werk von George fällt jedoch ohne Sonderhonorar und ohne das Recht Georges zur Veranstaltung einer Sonderausgabe sogleich in die Gesamtausgabe. Artikel 2: Andere Werke Für die nicht zur Gesamtausgabe gehörende „Auslese aus den Blättern für die Kunst“ behält sich George alle Rechte vor. Artikel 3: Druck, Ausstattung und Ankündigung 1. Da die Wirkung der George’schen Werke zum Teil auf der Art ihres Erscheinens beruht und da der Verfasser daran stets bestimmend Anteil genommen hat, wird vereinbart: 2. Druck und Ausstattung jeder Auflage bedürfen der Zustimmung von George, ebenso etwaige Preisänderungen. Nach dem Tode von George bedarf Bondi zur Preisänderung keiner Zustimmung. 3. Jeder von Bondi verlegte Band der Werke von George muß, wie bisher, auf dem Titelblatt eine von George zu bestimmende Vignette, deren Sinn aus den beiden Briefanlagen (Anlage II u. III des Vertrages) hervorgeht, und die Eigentum von George ist und bleibt, mit der Inschrift „Blätter für die Kunst“ tragen. Auf anderen Werken des Verlages Georg Bondi darf diese Vignette nur mit Zustimmung von George angebracht werden. George verpflichtet sich, die Verwendung der gleichen Vignette außerhalb des Verlages Georg Bondi nicht zuzulassen, auch nicht nach Auflösung dieses Vertrages. 4. Zurzeit ist diese Vignette die von Melchior Lechter gezeichnete; sie ist und bleibt Eigentum des Herrn Stefan George. Für diese gotische Vignette und für die von Melchior Lechter gezeichnete, zuerst auf dem Titelblatt des Gundolf „Goethe“ angewandte Erkennungsmarke, die ebenfalls Eigentum von George ist und bleibt, gelten die in dem Briefwechsel der Herren George und Bondi vom 18. und 31.Dezember 1919 getroffenen Vereinbarungen.
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Vertrag zwischen Stefan George und dem Verlag Georg Bondi
5. Der Verlag Georg Bondi verpflichtet sich, Werke von George in Ankündigungen, Katalogen, Aufzählungen, Angeboten und dergleichen – abgesehen von Ankündigungen im „Buchhändler-Börsenblatt“ – stets völlig gesondert von anderen Werken des Verlages aufzuführen, soweit es sich nicht um Werke handelt, die auch mit den oben bezeichneten Vignetten versehen sind. 6. Der Verlag Georg Bondi verpflichtet sich, die Werke von George nach dessen Tode in Bezug auf Text und Satz unverändert, auch ohne wesentliche Verschlechterung des Papiers, in derjenigen Form erscheinen zu lassen, in der sie zuletzt bei Lebzeiten von George erschienen sind, und zwar bis 2 Jahre vor Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist. Ausnahmen hiervon kann nur der von George eingesetzte Verwalter seines literarischen Nachlasses gestatten. Bondi verpflichtet sich, den Verwalter nach dem Tode George’s von jedem Neudruck eines Werkes zu benachrichtigen. Er hat ihm auch Korrekturbogen zur Prüfung und Erteilung des Imprimatur zu übersenden, soweit es sich nicht um Plattendrucke handelt. Vom Beginn des auf den Todestag von George folgenden 2. Kalenderquartals an hat Bondi ein Drittel der nach Artikel 4 Abs. 1 zu leistenden Abgabe dem Verwalter für seine Tätigkeit auszubezahlen. Ebenso wie George kann jeder eingesetzte Verwalter, dieser jedoch nur zu notariellem Protokoll, einen Nachfolger ernennen, dem dieselben Rechte, wie ihm selber zustehen. 2 Jahre vor Ablauf der Schutzfrist endet die Tätigkeit des Verwalters. Der Verwalter ist verpflichtet, spätestens 4 Wochen nach Amtsantritt Bondi beglaubigte Abschrift der Ernennungsurkunde zu übersenden. 7. Für jeden vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verstoß gegen die Bestimmungen des Absatzes 5 dieses Artikels unterwirft sich der Verlag Georg Bondi einer Vertragsstrafe von Goldmark 100.-, für jeden solchen Verstoß gegen die Bestimmungen des Absatzes 6 Satz 1 dieses Artikels unterwirft er sich einer Vertragsstrafe von Goldmark 1000.-, beide zahlbar an George bezw. den Verwalter des literarischen Nachlasses; der Anspruch auf Unterlassung wird durch Zahlung der Strafen nicht berührt. Bei schwerwiegenden, die gebilligte Anordnung verletzenden Verstößen gegen Absatz 6 Satz 1 kann Vernichtung des unzulässigen Druckes verlangt werden. Die Konventionalstrafbestimmungen selbst, nicht dagegen die Unterlassungsansprüche, treten erst in Kraft, sobald Dr. Georg Bondi nicht mehr ausschlaggebend im Verlag tätig ist.
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Artikel 4: Honorar 1. Bondi zahlt George bezw. seinem Erben oder sonstigen Rechtsnachfolger vom 1.Januar 1928 ab bis zum Ablauf des auf den Todestag folgenden Kalenderquartals 15% der Bruttoeinnahmen aus Einzelausgabe und Gesamtausgabe der Werke George’s, von den jetzt vorhandenen Auflagen von „Tage und Taten“ und „Dante“ jedoch nur 10%. Von da ab vermindert sich diese Abgabe auf 7 ½% einschließlich der Bezüge des Verwalters gemäß Artikel 3 Ziff. 6 hinsichtlich der noch vorhandenen Einzelauflagen von „Tage und Taten“ und „Dante“ auf 5%. 2. Die Bezüge, welche George aus der 15%igen bezw. 10%igen Abgabe erhalten wird, garantiert Bondi ihm bis zum Ablauf des dem Todestag folgenden Kalenderquartals mit jährlich 4.800.- Goldmark. Mit Ablauf des dem Todestag folgenden Kalenderquartals entfällt die Garantiesumme. 3. Die Garantiesumme eines Jahres darf nicht auf Bezüge aus einem andern Jahr aufgerechnet werden. Artikel 5: Abrechnung. 1. Die Bruttoeinnahmen des Verlages Bondi aus Einzelausgaben und Gesamtausgabe der Werke George’s umfassen die sämtlichen Geldeingänge des Verlages dafür, ohne jeden Abzug. 2. Bondi ist verpflichtet, alljährlich Rechnung zu legen. Die Rechnung soll jeweils bis zum 31.März für das abgelaufene Kalenderjahr gelegt sein. Aus ihr soll hervorgehen, wieviel Exemplare jedes einzelnen Bandes, und zwar broschiert und gebunden, getrennt und nach Auflagen gesondert, effektiv im Rechnungsjahr verkauft worden sind. George ist berechtigt, diese Rechnung durch einen Sachverständigen, der nicht im Verlagsgeschäft interessiert sein darf, an Hand der Rechnungen und Geschäftsbücher nachprüfen zu lassen. Können sich die Vertragsteile nicht über den Sachverständigen einigen, so ersuchen sie die Handelskammer Berlin um Bezeichnung einer geeigneten Person. Bondi verpflichtet sich, dem Sachverständigen Einblick in sämtliche zur Nachprüfung erforderlichen Unterlagen zu gewähren. Die Kosten der Nachprüfung trägt George. Dies Prüfungsrecht des George tritt jedoch erst in Kraft, sobald Dr. Georg Bondi nicht mehr ausschlaggebend im Verlag tätig ist. 3. Die Garantiesumme von Goldmark 4.800.- ist in 4 Teilen von je 1.200.Goldmark postnumerando am Letzten jedes Kalendervierteljahres fällig. 4. Ein Überschuß der Jahresrechnung über die Garantiesumme ist jeweils am letzten März fällig.
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Artikel 6: Rücktrittsrecht Da mehr als dies sonst im Verhältnis zwischen Autor und Verleger der Fall ist, nicht nur die geistige, sondern auch die materielle Wirkung des Werkes von Stefan George durch einen ungeeigneten Verleger gefährdet werden kann, so wird vereinbart: 1. Bondi verpflichtet sich, jeden Vertragsabschluß, durch den seine wirtschaftliche Selbständigkeit oder die Selbständigkeit der Verfügungsberechtigung von Herrn Georg Bondi und Frau Dora Hadolovitch im Verlag beeinträchtigt wird, sowie den Eintritt jedes neuen – auch stillen – Teilhabers in den Verlag Georg Bondi Herrn George oder dem von ihm ernannten Zustellungsbevollmächtigten sofort durch eingeschriebenen Brief mitzuteilen. 2. Wenn durch einen Vorgang dieser Art zu Lebzeiten von George der Verlag Georg Bondi eine solche Änderung erfährt, daß nach dem freien Urteil von George das weitere Erscheinen seines Werkes in diesem Verlage nicht mehr wünschenswert ist, so ist George berechtigt, binnen sechs Monaten nach Absendung der Mitteilung diesen Vertrag durch eingeschriebenen Brief zur Auflösung zu bringen. 3. Vom Empfang der Auflösungserklärung an hält Bondi drei Monate lang sämtliche unverkauften Exemplare an Werken George’s, Rohdrucke, Matern, Stereotypplatten usw. Zug um Zug gegen Bezahlung des Rückkaufpreises zur Verfügung des Herrn George. Der Rückkaufpreis beträgt ein Drittel des Ladenpreises von broschierten und gebundenen Exemplaren; die rohen Exemplare kosten so viel wie die broschierten. Für Matern, Stereotypplatten usw. ist der vom Verlag Georg Bondi bezahlte Selbstkostenpreis, nach Abzug der Beträge, die tatsächlich abgeschrieben wurden, oder nach den Grundsätzen einer ordentlichen Geschäftsführung hätten abgeschrieben werden sollen, zu vergüten; über den Umfang der in Abzug zu bringenden Abschreibungen, sowie bei etwaigem Streit über die Preise entscheidet im Streitfalle ein von der Berliner Handelskammer zu bezeichnender Sachverständiger. 4. Mit Bezahlung des in Ziffer 3 vorgesehenen Rückkaufpreises gehen die Verlagsrechte wieder auf George über. Ist der gesamte Rückkaufpreis nicht binnen 3 Monaten nach Zugang der Auflösungserklärung bezahlt, so tritt die Auflösungserklärung außer Kraft. 5. Teilweise Auflösung des Vertragsverhältnisses ist ausgeschlossen. 6. Ein Vorgang der in Ziffer 1 bezeichneten Art berechtigt George und nach seinem Tode den von ihm eingesetzten Verwalter seines literarischen
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Nachlasses zu verfügen, daß die von Melchior Lechter gezeichnete, zuerst auf dem Titelblatt des Gundolf „Goethe“ angewandte Erkennungsmarke nicht mehr verwendet wird. Bondi verpflichtet sich, diese Marke dann nicht mehr anzubringen, die mit der Marke versehenen Restbestände dürfen zu Ende verkauft werden. Artikel 7: Alte Verträge Mit dem 1.Januar 1928 sind sämtliche zwischen George und Bondi getroffenen anderen Vereinbarungen aufgehoben; mit Ausnahme der Vereinbarungen über „Deutsche Dichtung“ und „Kaiser Friedrich II“. Für „Deutsche Dichtung“ gilt jedoch auch das Auflösungsrecht des Artikel 6 dieses Vertrages. Artikel 8: Dauer von Urheber- und Verlagsrecht Die Bondi in diesem Vertrage übertragenen Verlagsrechte sind für die ganze Dauer des Urheberrechtes übergeben. Sollte die Schutzfrist über die jetzt geltende Dauer von 30 Jahren hinaus verlängert werden, so gilt auch die Abtretung der Verlagsrechte für die verlängerte Schutzfrist. Die Urheberrechte über sämtliche Werke bleiben bei George. Artikel 9: Stiftung George kann seine Urheberrechte auf eine Stiftung oder eine andere Rechtsperson übertragen, für die Zeit nach seinem Tode auch einen literarischen Verwalter einsetzen. Von einer solchen Übertragung hat er Bondi mit eingeschriebenem Brief Kenntnis zu geben. Bondi verpflichtet sich, die Stiftung bezw. den Rechtsnachfolger oder literarischen Verwalter nach erfolgter Übertragung der Urheberrechte als Vertragsteil anstelle von George anzuerkennen, mit der einzigen Einschränkung, daß diese Rechtspersonen Rechte, die auf Lebzeiten von George begrenzt sind, auch nur zu Lebzeiten von George ausüben dürfen. Artikel 10: Rechtsnachfolger. Der Verlag Georg Bondi verpflichtet sich, seinen Rechtsnachfolgern ausdrücklich sämtliche Verpflichtungen aus diesem Vertrage aufzuerlegen. Artikel 11: Gerichtsstand Für Streitigkeiten zwischen den Parteien ist das am Sitze des Verlages Georg Bondi oder seines Rechtsnachfolgers befindliche Landgericht ausschließlich zuständig, für Berlin, sowie für den Fall, daß der Sitz des Verlages außerhalb Deutschlands ist, das Landgericht I in Berlin. George behält sich für seine Lebenszeit vor, durch eingeschriebenen Brief von Bondi zu verlangen, daß anstelle der ordentlichen Gerichte ein Schiedsgericht über sämtliche Streitigkeiten zwischen den Parteien entscheiden soll.
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Ist für einen Rechtsstreit zwischen den Parteien vor Abgabe dieser Erklärung durch George bereits die Rechtshängigkeit vor dem ordentlichen Gericht begründet, so bleibt das ordentliche Gericht zuständig. Bondi stimmt dieser Schiedsgerichtsklausel zu. Das Schiedsgericht besteht aus 3 Mitgliedern; jede Partei ernennt einen Schiedsrichter; diese ernennen einen Obmann. Findet eine Einigung der Schiedsrichter über die Persönlichkeit des Obmanns nicht statt, so ist der Obmann vom Präsidenten des Kammergerichts in Berlin zu ernennen. Artikel 12: Aufgabenkreis von Dr. Morwitz Bis auf schriftlichen, Bondi gegenüber abzugebenden Widerruf bestimmt George zu seinem Zustellungsbevollmächtigten Dr. Ernst Morwitz in Berlin. Dr. Ernst Morwitz wird auch von George voraussichtlich durch letztwillige Anordnung zum literarischen Verwalter ernannt werden. Berlin, den 6.Oktober 1927. Georg Bondi
Stefan George
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Anlage I. Skizzierter Plan der Gesamtausgabe. 1. Band: Die Fibel: die erste Ausgabe vermehrt um einige kleinere Gedichte. Als Anhang: Reproduktion einiger Handschriften. Bild: Medaillon Jugendbildnis. 2. Band: Hymnen. Pilgerfahrten – Algabal: Vermehrt um die Varianten aus der ersten Ausgabe sowie aus den „Blättern für die Kunst“, und als Anhang Probeseite von Titel und Text der Erstausgaben. Vielleicht auch Proben der Handschrift. 3. Band: Die Bücher der Hirten- und Preisgedichte, der Sagen und Sänge und der Hängenden Gärten: In derselben Weise wie 2. Band. 4. Band: Das Jahr der Seele: gleichfalls mit den Varianten sowie als Anhang einige Probeseiten des Manuscripts, und die französ. Fassung eines Gedichts im „Floréal“. Bild nach Übereinkunft. 5. Band: Der Teppich des Lebens und die Lieder von Traum und Tod mit einem Vorspiel: einige Probeseiten des Manuscripts. Bild: Zeichnung Lechters. 6./7. Band: (Doppelband) Der Siebente Ring: wie bei 5. Band, mit Varianten aus den „Blättern für die Kunst“ und dem Gedenkbuch. Bild: nach Übereinkunft. 8. Band: Der Stern des Bundes: mit den Varianten aus den „Blättern für die Kunst“. Als Anhang einige Seiten des Manuscripts. 9./10. Band: (Die neuen Gedichte): ob einfacher oder Doppelband, steht noch nicht fest. 11/12. Band (oder 10/11. Band:) Dante-Übertragung: Reproduktionen aus der autographischen Ausgabe und dem Manuscript. 13. Band (oder 12. Band:) Shakespeare Sonette: vermehrt um einige Stücke aus dem Passionate Pilgrim.
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Vertrag zwischen Stefan George und dem Verlag Georg Bondi
14./15. Band (oder 13./14. Band): (Doppelband) Baudelaire: die Blumen des Bösen: vermehrt um 3 neue Gedichte. Als Anhang: Reproduktion der ersten (autographischen) Ausgabe. 16. Band (oder 15. Band): Zeitgenössische Dichter I: um einige Rosettigedichte vermehrt. 17. Band: (oder 16. Band) Zeitgenössische Dichter II: vermehrt um einige neue Stücke von Verlaine und Mallarmé. 18. Band: (oder 17. Band) Tage und Taten: vermehrt um einige neue Stücke. 19. Band: (oder 18. Band) Szenen aus Manuel und anderes in meist dramatischer Form.
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Anlage II. Berlin, den 18. Dezember 1919. Lieber Georg Bondi, Die zuerst im Gundolf Goethe angewandte, von M. Lechter gezeichnete Erkennungsmarke hatte, wie die Vignette für meine Dichtungen, den Sinn, einige, dem Kreis der Blätter für die Kunst angehörige Werke der Dichtung oder Wissenschaft als zusammengehörig zu kennzeichnen und andern Erzeugnissen gegenüber abzuheben. Ich gelte als Eigentümer dieser Werke, solange ich nicht das damit verknüpfte Recht einem Andern übertragen habe. Einerseits kann diese Marke nur mit meiner Zustimmung einem Werk Ihres Verlages verliehen werden; andererseits bin ich gebunden, sie in keinem anderen als Ihren Verlag zu gebrauchen. Sie soll auch in KatalogAnzeigen und dergleichen nur bei Werken des Kreises angewandt werden, sowie alle mit der Marke ausgezeichneten Werke nur unter der besonderen Rubrik Werke aus dem Kreis der Blätter für die Kunst im Verlag Bondi angeführt werden sollen. Bei Anzeigen einzelner Werke wäre diese Überschrift nicht unbedingt erforderlich, obwohl ich es für nützlich hielte. Der Shakespeare in deutscher Sprache gehört wohl streng genommen nicht in die Kategorie der oben angeführten Werke, doch wünschten Sie selbst dafür die Erkennungsmarke zu benützen. Ich habe dagegen nichts einzuwenden, nehme aber dann als selbstverständlich an, daß „Shakespeare in deutscher Sprache“ in Katalog-Anzeigen und dergleichen so gruppiert wird, daß er bei gleichartigen Werken des Kreises zu stehen kommt und von ungleichartigen Werken des Verlages deutlich abgegrenzt wird. Sollten Sie statt der Rubrik „Werke aus dem Kreis usw.“ eine angemessenere Form finden, so erwarte ich gern Ihre Vorschläge. gez. Stefan George.
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Anlage III. Berlin, den 31. Dezember 1919. Lieber Stefan George, Ich erkläre mein Einverständnis mit Ihren Wünschen betreffend Lechters Vignette, die Sie in Ihrem Brief vom 18. Dezember ds. Js. ausgesprochen haben. In mündlicher Verhandlung haben wir uns inzwischen dahin geeinigt, daß die mit dieser Vignette versehene Rubrik in Verlagskatalogen heissen soll „Werke der Wissenschaft aus dem Kreise der Blätter für die Kunst“. (Nur der Shakespeare hat die Vignette ohne die genannte Rubrik). Dementsprechend sollen die dichterischen Werke in Verlagskatalogen die Rubrik haben „Werke der Dichtung aus dem Kreise der Blätter für die Kunst“ (und eventuell noch: allgemeine Ausgaben). gez. Georg Bondi.
III.
Aus den Sammlungen des Stefan-George-Archivs, Stuttgart
I, 1 Stefan George 1928. Aufnahme von Theodor Hilsdorf, München, anlässlich des sechzigsten Geburtstags am 12. Juli.
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Aus den Sammlungen des Stefan-George-Archivs
I, 2 Berthold Graf von Stauffenberg (1905 – 1944). Privataufnahme in Minusio, 1931.
Aus den Sammlungen des Stefan-George-Archivs
I, 3 Robert Boehringer (1884 – 1974). Aufnahme von Julie Boehringer, 1954.
I, 4 Wilhelm Hoffmann (1901 – 1986). Aufnahme von Joachim Siener, undatiert, um 1960.
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Aus den Sammlungen des Stefan-George-Archivs
I, 5 Georg Peter Landmann (1905 – 1994). Aufnahme von U. v. Rose, 1929.
I, 6 Stefan Georges ursprüngliches Grab in Minusio. Aufnahme, wohl von Bernhard von Bothmer, März 1934.
I, 7 Stefan Georges Grab auf dem neuen Friedhof in Minusio. Aufnahme von Georg Peter Landmann, August 1990.
Aus den Sammlungen des Stefan-George-Archivs
I, 8 Stefan Georges Leztwillige Verfügung vom 31. März 1932. Kopie im Stefan-George-Archiv, Stuttgart.
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Aus den Sammlungen des Stefan-George-Archivs
II, 1 Stefan George mit weißgepudertem Haar. Reproduktion vom Juli 1935 nach der Fotografie (Rundbild) von 1894, aufgenommen von J. B. Hilsdorf, Bingen. Auch das Rundbild selbst hat Robert Boehringer 1961 aus dem Nachlass von Leopold von Andrian (verstorben 1951) für das Stefan- George-Archiv erworben. Es hatte Georges Brief an Andrian vom Juli 1894 beigelegen.
II, 2 Stefan George: Das Jahr der Seele. Druckvorlage in Stilschrift aus der ersten Hälfte des Jahres 1897, 25 Blätter, unpaginiert. Aufgeschlagen: Der Beginn des Zyklus Traurige Tänze. (Original-Farbabbildung S. 108)
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Georg Peter Landmann: „Dieses handgeschriebene Buch war ein erstes Beispiel monumentaler Gestaltung, das schon in die Zeit des Teppich vorausweist: feste, senkrechte, unverbundene Schrift, die George später zu noch größerer Vollkommenheit entwickelte.“ Stefan George: Sämtliche Werke Band IV (wie II,7), 1982, S. 121f.
II, 3 Ida Coblenz (1870 – 1942) vor der Rheinlandschaft bei Bingen. Aufnahme undatiert (um 1895?).
II, 4 Stefan George: Das Jahr der Seele. Berlin: Verlag der Blätter für die Kunst 1897. Melchior Lechter gestaltete das Titelblatt für diesen in 206 Exemplaren aufgelegten Privatdruck, den Erstdruck des Buches. Mit ihm begann die Zusammenarbeit von Dichter und Buchkünstler, die zehn Jahre andauern sollte.
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Aus den Sammlungen des Stefan-George-Archivs
II, 5 Stefan George: Brief an Ida Coblenz vom 22. Juni 1892. (OriginalFarbabbildung S. 109 und 110) Aus dem Besitz Robert Boehringers, der seine späten Begegnungen mit Ida Coblenz-Dehmel festgehalten hat. Er schreibt: „Einige Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg ist Frau Isi zu mir gekommen und hat mir in ihrer großen Art alles geschenkt, was von ihm war: Briefe, Gedichte, Bücher, Erinnerungen.“ Robert Boehringer: Mein Bild von Stefan George. Zweite ergänzte Auflage. Düsseldorf und München: Helmut Küpper 1967. Textband, S. 63.
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Der Brief ist abgedruckt in: Stefan George – Ida Coblenz, Briefwechsel. Herausgegeben von Georg Peter Landmann und Elisabeth Höpker-Herberg. Stuttgart: Klett-Cotta 1983, S. 32.
II, 6 Stefan George: Das Jahr der Seele. Handschrift des Dichters. Im Jubiläumsjahr 1968. Düsseldorf und München: Helmut Küpper 1968. Aufgeschlagen: der Beginn des Zyklus Traurige Tänze. Vgl. II, 2.
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Dieser von der Stefan George Stiftung veranstaltete Faksimiledruck sollte durch Georg Peter Landmann um einen Erläuterungsband ergänzt werden, der jedoch
nicht zustande kam. II, 7 Stefan George: Das Jahr der Seele. Stuttgart: Klett-Cotta 1982 (= Stefan George: Sämtliche Werke in 18 Bänden, Band IV). Aufgeschlagen: S. 88-89. In der von der Stefan George Stiftung veranstalteten Ausgabe der Sämtlichen Werke erschien als erster der vierte Band, den Georg Peter Landmann besorgte.
III, 1 Hugo von Hofmannsthal (1874 – 1929). Abzug der von Hofmannsthal für die Dichtertafel in der VII. Folge der Blätter für die Kunst, 1904, zur Verfügung gestellten Fotografie. Die Fotografie stammt aus demjenigen Nachlassteil Georges, der im Besitz Berthold Graf von Stauffenbergs gewesen war und den Robert Boehringer 1961 aus der DDR zurückerhalten und dem StefanGeorge-Archiv übergeben hatte.
III, 2 Hugo von Hofmannsthal: Brief an Stefan George vom 5. Juni 1903. Aufgeschlagen: S. 2 und 3 des Doppelblatts. Der Text lautet insgesamt: „Mein lieber George ich bin sehr glücklich wenn Sie mir gestatten die Ihnen und L. v. Hofmann gegenüber durch mein Verschulden eingetretene unangenehme Situation dadurch einigermaßen gutzumachen daß ich Sie bitte, wenn Ihnen diese Form gefällt, die folgenden 12 meiner Gedichte, sei es handschriftlich, sei es in Druck, ganz nach Ihrem Gutdünken zu vereinigen: 1. Vorfrühling. 2. Erlebnis. 3. Weltgeheimnis (der tiefe Brunnen..) 4. Ballade des äußern Lebens. 5. Terzinen: Über Vergänglichkeit..
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6. Wir sind aus solchem Zeug wie das zu Träumen 7. Die Stunden, wo wir auf das helle Blauen.. 8. Manche freilich müssen drunten sterben.. 9. Der Jüngling in der Landschaft. 10. Dein Antlitz war... 11. Ein Traum von großer Magie 12. Den Erben laß verschwenden.. oder: Ich werde Ihnen thunlichst schnell nach Bingen correcte Abschriften dieser 12 Gedichte zuschicken. Ich war in den letzten Zeiten durch Physisches recht heruntergebracht. Seit ich wieder wohler bin und viel in Garten und Wald, ist mir das ‚Jahr der Seele’ aufgeschlossen wie nie früher und giebt mir unendlich viel Freude. Ihr Hofmannsthal“ Nach: Briefwechsel zwischen George und Hofmannsthal. Zweite ergänzte Auflage. München und Düsseldorf: Helmut Küpper 1953, S. 189f. Die Edition besorgte Robert Boehringer unter Assistenz von Georg Peter Landmann. Die gesamte Korrespondenz beider Dichter, deren fehlende Teile Robert Boehringer durch Kauf erworben hatte, übergab er, wie in der Stiftungsurkunde festgehalten, 1959 der Stefan George Stiftung für das Stefan-George-Archiv.
III, 3 Carl August Klein (1867 – 1952), Friedrich Gundolf (1880 – 1931), Stefan George. Aufnahme von Melchior Lechter, Ende 1902, in Lechters Atelier in Berlin, Kleiststrasse.
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III, 4 Hugo von Hofmannsthal: Ausgewählte Gedichte. / Titelbild, gez. „L. v. H.“ / Berlin: Verlag der Blätter für die Kunst 1903. Auf dem Einband das Urnen-Signet von Melchior Lechter. (Original-Farbabbildung S. 111) Die Gestaltung des Bandes, für dessen Titelzeichnung George ein in seinem Besitz befindliches Blatt von Ludwig von Hofmann (1861 – 1945) verwendete, lag ganz in den Händen Georges. Als Drucktype wählte er die erst jüngst entwickelte von Eugène Grasset (1845 – 1917), die zwar dem Art Nouveau angehört, aber nur
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sehr zurückhaltend vom Formeninventar des Jugendstils Gebrauch macht, bevorzugte einen breiten Satzspiegel mit viel Durchschuss und begann jedes Gedicht neuseitig. Damit schuf George einen neuen Stil der Lyrikpräsentation, der für das ganze Zwanzigste Jahrhundert Vorbildcharakter gewann. Eine zweite, erweiterte Ausgabe der Ausgewählten Gedichte, 1904, verzichtet auf die Titelzeichnung und ist in der Stefan-George-Schrift gedruckt.
III, 5 Stefan George: Brief an Hugo von Hofmannsthal vom 16. Juni 1903
III, 6 Sabine Lepsius (1864 – 1942) mit einer ihrer Töchter. Aufnahme eines unbekannten Künstlers. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gehörte zu Georges Berliner Freunden das Künstlerehepaar Reinhold und Sabine Lepsius. Sabine Lepsius hat 1935 unter anderem über die Lesungen Stefan Georges in ihrem Haus unter dem Titel Stefan George. Geschichte einer Freundschaft berichtet.
III, 7 Gertrud Kantorowicz (1876 – 1945): Eigenhändiges Konvolut des Zyklus Einer Toten..., den Stefan George unter Veränderung des Namens der Verfasserin zu Gert. Pauly 1899 in den 4. Band der 4. Folge der Blätter für die Kunst aufnahm. Aufgeschlagen: das sechste, mittlere Gedicht des elfteiligen Zyklus. Der Text nach dem Druck bei George: Sie trug erfüllung in verklärten händen Die nur in weicher sonne heimisch waren, Sich zagend kaum in schwülen, sternenklaren Mondnächten weideten der strahlenspenden Dann trugen sie wohl lichtbereifte kähne Zu stummen uferfremden wasserwegen, Metalle glühten ihren ruderschlägen, Und lieder rauschten sterbenseliger schwäne. Denn in ihr war ein licht das müden schaaren Gebeugter seelen in verklärten händen Ein wissen brachte tiefer segensspenden Die liebreich sich und lautlos offenbaren.
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III, 8 Gertrud Kantorowicz . Dreiviertelporträt mit auf die Hand gestütztem Kopf. Privataufnahme zu unbekanntem Zeitpunkt.
IV, 1 Paul Verlaine: Sagesse. Nouvelle Édition revue et corrigée. Paris: Léon Vanier 1889. Aufgeschlagen: das Vorsatzblatt mit der Widmung von der Hand Verlaines „à Monsieur George Stephan P. Verlaine“ Aus der Bibliothek Stefan Georges, der zahlreiche Gedichte aus der Sammlung ins Deutsche übertrug.
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IV, 2 Paul Verlaine (1844 – 1896) im Café Francois I am Boulevard St. Michel, Paris. Abzug einer Aufnahme aus dem Besitz von Walter H. Perl, Huntington.
IV, 3 Stéphane Mallarmé (1842 – 1898): Briefkarte an Stefan George vom 3. Februar 1893 (Poststempel), mit Umschlag. Transkription: „Je vous ai un instant attendu vers les Fêtes, mon cher George, comme vous permîtes de l’espérer; et je vous aurais dit mon émerveillement de la transparente traduction de mes poemes dans les Blätter fur Kunst. Le croiriez-vous, en vous déchiffrant mal, à travers une langue ignorée, vos vers Algabal, et les autres, me paraissent tout d’abord familiers, intuitivement. La mélodie au sens secret ne me trahit pas, je la perçois en tant qu’un chant certain et pur, et de qualité lyrique tout en déversant sa multiple et subtile rêverie en des intentions verbales qui m’échappent et que je sens belles. Votre main, je suis avec vous de si loin, un autre parler! Stéphane Mallarmé“
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IV, 4 Stéphane Mallarmé: Vers et Prose. Morceaux choisis. Avec un portrait par James McNeill Whistler. Troisième Édition. Paris: Librairie académique Didier 1893. Titelblatt und Frontispiz.
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Auf dem Vorsatzblatt die Widmung von Mallarmés Hand „À Stefan George son admirateur et ami Stéphan Mallarmé“. Stefan George hat die Broschur mit einem selbstgefertigten Schutzumschlag versehen. Der Band stammt aus seiner Bibliothek.
IV, 5 Albert Saint-Paul: Pétales de Nacre. Poème. Paris: Léon Vanier 1891. Aufgeschlagen: Vorsatzblatt mit der eigenhändigen Widmung „Au très cher ami: Etienne George son bien dévoué Albert Saint-Paul“ Aus der Bibliothek Stefan Georges. George lernte den jungen französischen Dichter (1861 – 1946) gleich zu Beginn seines Paris-Aufenthaltes 1889 durch seinen Darmstädter Französischlehrer Dr. Gustav Lenz kennen. Saint-Paul vermittelte dann die Bekanntschaft mit weiteren Dichtern in Paris; George übertrug drei Texte aus den Pétales de Nacre ins Deutsche.
IV, 6 Albert Saint-Paul: Postkarte an Stefan George vom 23. Mai 1902 (Poststempel). Die Postkarte zeigt eine Fotografie des am Schreibtisch arbeitenden Saint-Paul.
IV, 7 Stefan George: Der Teppich des Lebens und die Lieder von Traum und Tod mit einem Vorspiel. Handschrift des Dichters. Aufgeschlagen: die Doppelseite mit den Gedichten Die Verrufung – Der Thaeter – Schmerzbrüder – Wahrzeichen. Geschenk von Dr. Clotilde Schlayer und Professor Dr. Walter Kempner an die Stefan George Stiftung im Jahr 1998. Das Manuskript wurde seit 1933 von ihnen verwahrt und stand für die Ausgabe der Sämtlichen Werke noch nicht zur Verfügung. Das „handgeschriebene buch“ hatte George wohl ursprünglich als Druckvorlage gedacht, aber als er es im Frühsommer 1899 an Melchior Lechter sandte, war dieser Gedanke schon aufgegeben und das Manuskript in den fortgesetzten Arbeitsprozess am Teppich des Lebens einbezogen.
IV, 8 Elisabeth Höpker-Herberg: Stefan George, Der Teppich des Lebens und die Lieder von Traum und Tod mit einem Vorspiel. Befunde der Handschrift. Für die Stefan George Stiftung herausgegeben von Elisabeth Höpker-Herberg. Stuttgart: Klett-Cotta, Stefan George Stiftung 2003. Aufgeschlagen: S. 52-53. Der Druck der Stefan George Stiftung – Faksimile und Befunde der Handschrift – erschien im Jahr des 70. Todestages von Stefan George am 4. Dezember 2003.
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V, 1 Maximin. Ein Gedenkbuch herausgegeben von Stefan George. Berlin: Blätter für die Kunst 1907. Druckvermerk auf dem Vorsatzblatt verso: „Ausschmückung von Melchior Lechter unter dessen Leitung das Werk bei Otto von Holten in Berlin C im November des Jahres Neunzehnhundertsechs gedruckt wurde. Das Bildnis nach einer Lichtaufnahme von St. G. Zweihundert Abzüge in gleicher Ausstattung mit der laufenden Zahl versehen und ein Abdruck auf Pergament.“ Das ausgestellte Exemplar trägt die Nummer 6. Das Frontispiz zeigt Maximilian Kronberger.
V, 2 Maximilian Kronberger (1888 – 1904): Stefan George. Erinnerungen. München 1904. Aufgeschlagen: Blatt 2 recto. Aufzeichnung vom Februar 1904. Das Oktavheft von der Hand Maximilian Kronbergers aus seinen letzten Lebensmonaten erwarb Robert Boehringer mit dem Nachlass des jung verstorbenen Münchener Gymnasiasten 1953 von Lisa Kronberger und brachte es in das StefanGeorge-Archiv ein.
V, 3 Maximilian Kronberger: Gedichte, Tagebücher, Briefe. Herausgegeben von Georg Peter Landmann. Stuttgart: Klett-Cotta, Stefan George Stiftung 1987 (Drucke der Stefan George Stiftung). Aufgeschlagen: S.112-113.
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V, 4 Stefan George als Dante – Maximilian Kronberger als Florentiner Edelknabe – Unbekannter als Vergil – Karl Wolfskehl als Homer – Unbekannter mit Leyer als Führer des blinden Homer. Aufnahme von Richard Ferdinand Schmitz, München Fasching 1904. Über den Maskenball, der bei Henry von Heiseler stattfand, berichtet Maximilian Kronberger einen Tag darauf, am 15. Februar 1904, an seinen Vetter Oskar Dietrich. Vgl. Maximilian Kronberger: Gedichte, Tagebücher, Briefe (wie V, 3), S. 115.
V, 5 Stefan George: Brief mit Umschlag an Maximilian Kronberger, vermutlich vom (18. ?) Dezember 1903.
V, 6 Maximilian Kronberger im Profil nach rechts, mit Baskenmütze. Aufnahme wohl um 1903.
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VI, 1 Friedrich Hölderlin: Wie wenn am Feiertage. Abschrift des damals noch ungedruckten Gedichts Hölderlins durch Norbert von Hellingrath aus dem Herbst 1909, für Stefan George bestimmt.
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Stefan George nahm das Gedicht in die zweite Ausgabe der Sammlung Deutsche Dichtung. Herausgegeben und eingeleitet von Stefan George und Karl Wolfskehl. Dritter Band: Das Jahrhundert Goethes. Berlin: Georg Bondi 1910, S. 48-50, auf (Erstdruck).
VI, 2 Norbert von Hellingrath (1888 – 1916): Brief an Karl Wolfskehl (1869 – 1948), ohne Ort und Datum, aber wohl vor dem 13. November 1909. Aus dem Teilnachlass Wolfskehl im Stefan-George-Archiv.
VI, 3 Opferschälchen, korinthisch, ca. 6. Jahrhundert v. Chr. Aus Stefan Georges Nachlass.
VI, 4 Hölderlins Pindar-Übertragungen. Herausgegeben von Norbert v. Hellingrath. Berlin: Verlag der Blätter für die Kunst 1910. Melchior Lechters Urnen-Signet auf dem schriftkünstlerisch gestalteten Einband; die Einbandgestaltung aber sonst ohne Teilnahme von Lechter, mit dem George damals schon nicht mehr zusammenarbeitete. – George hielt Hellingraths Fund der Pindar-Übertragungen für so bedeutsam, dass er ihn zum Anlass nahm, ein neues Heft der Blätter für die Kunst herauszubringen.
VI, 5 Stefan George: Hyperion II. Doppelseite einer Handschrift zum Neuen Reich aus den zwanziger Jahren. Die Grundschrift – Stefan-George-Schrift – von Georg Peter Landmann, die Ergänzungen in Bleistift von der Hand Max Kommerells. Zum Gedicht vgl. Ute Oelmann: „Entstanden wohl nach dem Erscheinen von Hellingraths Pindar-Übertragungen von Hölderlin 1911 und vor Oktober 1914 (...) wahrscheinlich nach dem Erscheinen der Sonderausgabe von Hellingraths Bd. IV der Hölderlin-Ausgabe im Frühjahr 1914. Stefan George: Das neue Reich. Stuttgart: Klett-Cotta 2001, Anhang von Ute Oelmann, S. 131.
VI, 6 Kopf einer kleinformatigen Statuette, korinthisch, ca. 4. oder 3. Jahrhundert v. Chr. Aus Stefan Georges Nachlass.
VI, 7 Deutsche Dichtung. Herausgegeben und eingeleitet von Stefan George und Karl Wolfskehl. Dritter Band. Das Jahrhundert Goethes. Nachwort von Ute Oelmann. Stuttgart: Klett-Cotta 1995. Aufgeschlagen: S. 50-51 Hymne (Anfang).
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Neben der von Georg Peter Landmann initiierten Ausgabe der Sämtlichen Werke in 18 Bänden erschienen zwischen 1989 und 1995 die drei von George und Wolfskehl 1900 bis 1902 herausgebrachten Bände Deutsche Dichtung erneut, versehen mit ausführlichen Nachworten von Ute Oelmann. VI, 8 Stefan George: Tage und Taten. Aufzeichnungen und Skizzen. Zweite erweiterte Ausgabe. Berlin: Georg Bondi 1925. Aufgeschlagen: S. 68-69. Die Lobrede auf Hölderlin, deren Anfang aufgeschlagen ist, entstand vermutlich 1914, nach der Entdeckung des späten Hölderlin durch Norbert von Hellingrath. Zuerst gedruckt wurde sie in der XI./XII. Folge der Blätter für die Kunst 1919, S. 11-13.
VI, 9 Der Molino dell’Orso in Minusio. Aufnahme um 1930, Privatfotografie. Am Türpfosten lehnend Robert Boehringer. Nachdem Stefan George erstmals den Winter 1931/1932 in Minusio verbracht hatte, kehrte er gern dorthin zurück. Auch in den letzten Wochen seines Lebens hielt sich der Dichter, umsorgt von Clotilde Schlayer und Frank Mehnert, im Molino auf.
Aus den Sammlungen des Stefan-George-Archivs
VI, 10 Clotilde Schlayer (1900 – 2004) vor dem Freskenhaus in Tenero bei Locarno. Privatfotografie, auf der Rückseite auf 1931 oder 1932 datiert. Vor fünf Jahren verstarb mit Dr. Clotilde Schlayer die letzte Persönlichkeit, die eigenes Erleben mit Stefan George verband. Sie und ihr Lebensgefährte, Georges Arzt Professor Dr. Walter Kempner (1903 – 1997), hielten von Durham, North Carolina, enge Verbindung zu Robert Boehringer, Wilhelm Hoffmann und der Stefan George Stiftung. Ihnen und ihrem Freundeskreis ist es gelungen, in den fernen USA etwas vom Geist des Kreises um den späten George bis an die Schwelle des 21. Jahrhunderts zu tragen.
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II, 2 (vgl. S. 90)
Aus den Sammlungen des Stefan-George-Archivs
Aus den Sammlungen des Stefan-George-Archivs
II, 5, Blatt 1 (vgl. S. 92)
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Aus den Sammlungen des Stefan-George-Archivs
II, 5, Blatt 2 (vgl. S. 93)
Aus den Sammlungen des Stefan-George-Archivs
III, 4 (vgl. S. 96)
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