Führer durch die Sonderausstellung der prähistorischen Abteilung: Internationaler Kongress für Historische Wissenschaften, August 1908 [Reprint 2019 ed.] 9783111725543, 9783111268637


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Table of contents :
Einleitung
Abkürzungen
I. DIE STEINZEIT
II. DIE BRONZEZEIT
III. ÄLTERER ABSCHNITT DER VORRÖMISCHEN EISENZEIT. HALLSTATT- PERIODE
IV. JÜNGERER ABSCHNITT DER VORRÖMISCHEN EISENZEIT. LA TÈNE-PERIODE
V. DIE RÖMISCHE KAISERZEIT
VI. DIE VÖLKERWANDERUNGSZEIT
VII. DAS FRÜHE MITTELALTER
VIII. DIE SLAVISCHE KULTUR
IX. EINIGE KLEINERE FUNDGRUPPEN DER NACHRÖMISCHEN EPOCHEN
X. EINZELGRUPPEN IM SAAL III (GOLDSAAL)
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Führer durch die Sonderausstellung der prähistorischen Abteilung: Internationaler Kongress für Historische Wissenschaften, August 1908 [Reprint 2019 ed.]
 9783111725543, 9783111268637

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INTERNATIONALER K O N G R E S S FÜR HISTORISCHE WISSENSCHAFTEN BERLIN, AUGUST 1908

KÖNIGLICHES MUSEUM FÜR VÖLKERKUNDE

FÜHRER DURCH DIE

SONDERAUSSTELLUNG DER

PRÄHISTORISCHEN ABTEILUNG

BERLIN DRUCK UND V E R L A G V O N G E O R G REIMER

jgo8.

D

ie

von

der

prähistorischen

Abteilung

der

Kgl.

Museen zu Ehren des internationalen HistorikerKongresses veranstaltete Sonderausstellung soll als ein Versuch gelten, das gesamte Material der Abteilung in historischer Entwicklungsfolge zur musealen Anschauung zu bringen. Die Auswahl daraus ist so getroffen, daß ein Überblick über die vor- und frühgeschichtliche Kulturentwicklung Europas ermöglicht wird oder doch wenigstens erstrebt zu sein scheint. Der Schwerpunkt des Gesamtbestandes der Abteilung beruht naturgemäß auf Sammlungen ost- und nordostbezw. norddeutscher Herkunft. Geringeren Umfang haben die Fundgruppen aus anderen vaterländischen Gebieten. Auch die außerdeutschen Gebiete sind nur lückenhaft vertreten; einzelne Gruppen freilich, z. B. die kaukasischen und ungarischen, sowie die neuerdings erworbenen südrussischen, werden sich auch neben den entsprechenden Sammlungen der Heimatsländer sehen lassen können. Die Möglichkeit, einzelne Lücken in geeigneter Weise auszufüllen, verdanken wir dem freundlichen Entgegenkommen der Direktion des Kgl. Antiquariums, sowie den Erben Rudolf Virchows, aus dessen dem Kgl. Museum geschenkten Sammlung einige wichtige Gruppen in die Entwicklungsreihen eingefügt werden konnten, und schließlich Herrn O. Hauser (Basel), der eine Sammlung paläolithischer Funde aus Frankreich für die Zwecke der Sonderausstellung bereitwilligst zur Verfügung stellte. Allen diesen Gönnern sei an dieser Stelle besonderer Dank ausgesprochen. Die A n o r d n u n g der Funde ist in 2 Sälen so durchgeführt, daß im ersten kleineren die Steinzeit, im zweiten größeren die folgenden Epochen bis zur früh-

Einleitung.

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mittelalterlichen Stufe der germanischen Kulturen und bis zur slavischen Phase der heimischen Entwicklung zur Darstellung gebracht sind. Daran schließen sich im dritten Saale (Goldsaale) die Kostbarkeiten aus verschiedenen Epochen, sowie einzelne Sondergruppen. Im einzelnen sind mehr Probleme der Vorgeschichte aufgerollt, als zur Zufriedenheit gelöst worden. Im ganzen konnte man aber der Hauptaufgabe, mit dem vorhandenen Material ein museales Bild der kulturellen Gesamtentwicklung Europas während der schriftlosen Epochen auszugestalten, nur nach Maßgabe der gegebenen Raumverhältnisse und der museumstechnischen Bedingungen gerecht werden. Begeben wir uns also auf die Wanderung, indem wir mit dem Blick auf die ausgestellten Gegenstände in kurzen Zügen eine Darstellung der einschlägigen Entwicklung, bezw. des Zusammenhanges der einzelnen Fundgruppen zu geben versuchen.

Abkürzungen. S.Schr. M.Schr. P. Sehr. W. Sehr.

= = = =

Seiten-Schrank. Mittel-Schrank. Pult-Schrank. Wand-Schrank.

I. DIE STEINZEIT. Bis ca. 2000 v. Chr. Geb.

A. Die Bodenforschungen der letzten Jahrzehnte haben die Probleme der Ur- oder Vorgeschichte der Menschheit, im besonderen die Frage des Tertiärmenschen in den Vordergrund des allgemeinen Interesses gerückt. Da sich aus den tertiären Schichten der Erdrinde somatische Überreste des Menschen noch nicht gefunden haben, ist die in letzter Zeit besonders durch Rutot (Brüssel) angeregte Diskussion über das genannte Problem an angebliche Manufacte des Menschen aus jener Zeit, an die sogen. „Eolithen", die Erzeugnisse aus der „Morgenröte" aller Steinindustrie, gebunden. Das vorliegende Material dieser Art (M.Schr. I A) entstammt den Rutot'schen (tertiären und diluvialen) Fundplätzen, Belgiens. Die Richtigkeit der geologischen Bestimmungen vorausgesetzt, müssen die Funde von Boncelles aus dem älteren (oligozänen) Tertiär wirklich die ältesten, menschlichen Manufacte repräsentieren. W a s die Bedeutung der Steine betrifft, so ist m. E. ihr Werkzeugcharakter über alle Zweifel erhaben, so daß sie nach Verworn der Stufe der Archäolithen — d e r ä l t e s t e n S t e i n z e i t — zuzuweisen sind. B. Der Sprung von dieser in die folgende Stufe des Paläolithikums, in d i e ä l t e r e S t e i n z e i t , scheint nur deswegen ohne Vermittelung gemacht werden zu müssen, weil man bisher auf die den Haupttypen dieser Epoche parallel laufende »atypische Kleinindustrie des Alt-Paläolithikums« zu wenig oder gar nicht geachtet

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I. D i e Steinzeit.

hat. Die Leitformen dieser Entwicklung, das Handbeil oder der Faustkeil (coup de poing) und der Diskus, beides Universalgeräte, müssen zudem eine' Vorgeschichte gehabt haben. Die vorliegenden aus der Periode des Chelléen (M. Sehr. I B, Fach i) stammen aus dem Dép. Somme und der Dordogne. Die weitere Entwicklung in den Perioden des Acheuléen und Moustérien ist durch die den Ausgrabungen Hausers zu verdankenden Funde aus der klassischen Stätte L e Moustier in der Dordogne (M.Schr. I B, Fach l u. 2) vertreten. Eine eigenartige Unterstufe im jüngeren Acheuléen bilden die schon im Besitze des Kgl. Museums befindlichen Funde von L a Micoque (Dordogne): M.Schr. 1 B, Fach 3. In das jüngere Paläolithikum führt uns der folgende Schrank (2 A , Fach 1 und 2) mit den Funden aus den klassischen Stätten des Vezère-Tals, Les Eyzies Laugerie Haute und Laugerie Basse (Dordogne), in der Hauptsache aus der Periode des Magdalénien, der höchsten Entwicklungsstufe der Stein- und Knochenindustrie. Noch mehr hervorragende Zeugen derselben Zeit enthält die Sammlung de Lastic (M.Schr. 2 A , Fach 3, und 2 B, Fach 1 — 3 ) mit den vom früheren Besitzer selbst ausgegrabenen Funden aus der Grotte des Forges bei Bruniquel (Tarn et Garonne): wir erhalten durch sie eine gute Vorstellung von Industrie, Kunst und Leben der damaligen Renntierjäger. Besonders hervorzuheben sind, z. T. als erstklassig, die skulpierten und gravierten Geweih- und Knochenstücke in der kleinen Vitrine (Nr. 7) an der Schmalseite der Schränke; ebenda auch die Schmucksachen aus Knochen und Tierzähnen und als Unikum eine Lignitperle, während uns die mit »Marken« versehenen Knochen- und Geweihstücke einen Einblick in das intellektuelle Leben ihrer Verfertiger gestatten. Dazu: Vitrine 8 und 10. Im engsten Zusammenhange mit dem französischen Magdalénien stehen die Funde vom Keßlerloch bei Thaingen und vom Schweizersbild, Kanton Schaffhausen (M.Schr. 3 A , Fach 2). Einige Beispiele aus dem öster-

I. D i e S t e i n z e i t .

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reichischen Paläolithikum bringen die Funde von K r e m s a. d. D o n a u (Niederösterreich) und von 2elcQudratitz (Mähren): M.Schr. 3 A , F a c h 1. A u f jüngere, aber schwerer zu bestimmende Entwicklungsstufen weisen die interessanten H ö h l e n f u n d e von Mentone (Südfrankreich) mit eigenartigem Knochenund Steinschmuck (M.Schr. 3 A , Fach 3). C . Klimatische Veränderungen m ö g e n die Hauptursache für das Verschwinden der Kultur der Renntierj ä g e r aus Mitteleuropa gewesen sein. D i e Natur nahm ein Bild an, das dem unserer T a g e ähnlich war; auch der Tierbestand änderte sich; an Stelle des nach Norden abziehenden Rens trat der Hirsch. Gleichzeitig erhielt der bis dahin vereiste Norden seine Bevölkerung. D i e so bedingten Übergangsstufen in der Kulturentwicklung Europas fehlen noch in der Sammlung. D e n Schritt zur jüngeren und jüngsten Steinzeit, vermitteln Parallelformen von Steingeräten aus der D o r d o g n e (M. Sehr. 3 A , F a c h 3), längliche Zweikanter, spitznackige Beile und dicke kurze Spanschaber. D i e Stufe d e r n o r d i s c h e n K j ö k k e n m ö d d i n g e r liegt in den Höhlenwohnungen Belgiens, besonders in denen von Spiennes und Möns u. a., vor (M.Schr. 3B, Fach 1). Einen erweiterten Formenkreis mit den Leitformen dieser Stufe, den zweikantigen Grad- und Querbeilen (spitznackigen Beilen) und den typischen Scheibenspaltern neben anderen Formen (Meißeln, Schabern, Kratzern, Bohrern) b e g e g n e n wir in den Werkstattfunden von Lundakra und Landskrona (Schweden) — ebenda Fach 2 — und in den Funden aus den Kjökkenmöddingern von Kattinge S ö und Meilgaard (Dänemark), sowie von Djernis und Süderballig (Schleswig-Holstein): ebenda Fach 3. Das zweite Kulturmerkmal dieser Stufe, die Keramik, fehlt in der Sammlung. D i e weitere Entwicklung vollzieht sich in stetiger F o l g e durch die V e r v o l l k o m m n u n g der Steinindustrie,

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I. D i e Steinzeit.

in die der Steinschliff und die Steinbohrung eingeführt wird, und durch den Aufschwung der Keramik. Bevor wir diese aber verfolgen, wenden wir uns zur Mitte des folgenden Schranks (M.Schr. 4 A , Fach 2), wo die D. T e c h n i k d e r S t e i n i n d u s t r i e in verschiedenen Stufen ihrer Entwicklung von den „eolithischen" Anfängen bis zur Stufe der Vollendung in der Steinpolitur, Steinbohrung und Steinverzierung zu übersehen ist. Die Belege sind aus verschiedenen Gegenden Nordund Mitteleuropas genommen und sollen auch verschiedene Stadien der Herstellung eines Gerätes illustrieren. E. Die Merkmale der j ü n g s t e n S t e i n z e i t dokumentieren sich bereits am Formenkreise der Kjökkenmöddingerstufe (M.Schr. 4 A , Fach 1 oben). Derselben Übergangsperiode gehört das dünnackige Beil an (ebenda Fach 1 unten). Ihm folgen die Steingeräte aus der Zeit der Steingräber von Schleswig-Holstein in systematischer Ordnung (M.Schr. 4 A , Fach 1 und 3) sowie von der Insel Rügen (M.Schr. 4B, Fach 1—3), während die analogen Funde aus Schweden und Dänemark im W. Sehr. (Fach A — C ) zusammengestellt sind. In anderen Fundgruppen zeigen sich eigenartige Zweige der Steinindustrie, die in Formen und Material ihren Sondercharakter bewahren: in den Rheinlanden (M. Sehr. 5 A, Fach 1 links) die feingearbeiteten Beile aus verschiedenartigem Grünstein (Nephrit? Jadeit?), die wahrscheinlich als Importstücke zu gelten haben, in Mecklenburg-Schwerin (ebenda, Fach 1 rechts) die Funde von einer Feuersteinwerkstätte bei Niehagen, in der Provinz Sachsen (ebenda, Fach 2 links) außer importierten Jadeit- und Nephritbeilchen und Feuersteingeräten nordischer Herkunft die für Mitteldeutschland charakteristischen sogen. Schuhleistenkeile und die facettierten Hämmer, in der Provinz Brandenburg (ebenda, Fach 2 rechts) neben nordischen Importstücken

I. D i e S t e i n z e i t .

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und einem Nephritbeil die Werkstattfunde vom Guschter Holländer. Nach Ostdeutschland (ebenda, Fach 3) folgt Thüringen mit seinem eigenartigen Formenkreise (M.Schr. 5 B, Fach I u. 2), aus dem die nordischen Importstücke augenfällig herausragen, während in Süddeutschland (ebenda, Fach 2 rechts), im besonderen in den Pfahlbauten am Bodensee mit Vorliebe Nephrit in eigenen Formen verarbeitet wird. Aus außerdeutschen Gebieten (Österreich-Ungarn, Südrußland, Italien, Griechenland) sind einige Beispiele der parallelen Entwicklungsstufen in Fach 3 zusammengestellt. F. Die der jüngsten Steinindustrie gleichzeitige K e r a m i k nebst anderen Industriezweigen stammt aus Gräbern und Ansiedlungsplätzen (im großen Wandschrank). Die nordische Feuersteinindustrie wird von einer Keramik begleitet, die sich durch einen streng durchgebildeten Ornamentstil in Tieftechnik mit Horizontalund Vertikalsystemen auszeichnet: von der M e g a l i t h g r ä b e r k e r a m i k aus Dänemark (Fach A), SchleswigHolstein (Fach B), Hannover und Pommern (Fach C oben und D unten). Vgl. die Gräbermodelle an der westlichen Schmalseite des Saales. Hieran schließen sich in den Provinzen Sachsen und Brandenburg (Fach D und E) mehr oder weniger verwandte Gruppen an, deren Dekorationsstil auch untereinander teilweise Ähnlichkeiten aufweist, die aber in technischer und formeller Hinsicht Sondergruppen bilden, wie Bernburger Typus, Kugelamphoren u. a. m. In den sächsisch-thüringischen Ländern ist das Zentrum einer weiter verbreiteten Gruppe neolithischer Topfware: der sogen. S c h n u r k e r a m i k , deren Ornamente durch Eindrücken von Schnüren entstehen, deren Ornamentstil aber das System der Horizontal- und Vertikalmuster vertritt, wie die nordische Megalithgräberkeramik (Fach F). Die sie begleitende Steinform ist der facettierte Hammer (vgl. M.Schr. 5A, 2; B, I. 2) neben allgemein verbreiteten Formen.

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I. Die Steinzeit.

Diese mitteldeutsche Schnurkeramik verbreitet sich nach Süden, Osten und Westen. Beispiele aus Schlesien und Posen (Fach G unten). Eine Sonderstellung nimmt in der Provinz Sachsen der „ R ö s s e n e r T y p u s " ein, der Namen und Bedeutung dem vollständigen Inventar eines Reihengräberfeldes mit liegenden Hockern bei Rössen Kr. Merseburg verdankt (Fach G). Er weist auch zwei neue Erscheinungen auf: Leichenbrand neben Skelettbestattung und das erste Auftreten von Metall, in einem sicheren Falle in Form von zylinderförmigen Kupferröhren. Hockerskelette von Rössen stehen an der östlichen Schmalseite des Saales (Vitrine I i — 1 3 ) . Einen besonderen Kulturkreis bilden in Europa die P f a h l b a u f u n d e , aus denen ein reiches Inventar aus der Schweiz und vom Bodensee zusammengestellt ist (Fach H und I). Die zahlreichen Stein-, Knochenund Tongeräte, die Keramik sowie Reste von Flechtereien, Webereien, Getreide und Früchten geben uns eine Vorstellung vom Leben der steinzeitlichen Pfahlbauer. Die Verbreitung dieser Kultur im Rheingebiete bezeugt der Becher von Urmitz. Die österreichischen Pfahlbauten sind durch die Funde vom Atter-See vertreten (Fach K oben). Eine eigenartige Stilgruppe, bei der neben die weiß inkrustierten Furchen die Kerbschnittechnik tritt, liegt in der Keramik S l a v o n i e n s vor (Fach K , mittlere Bretter), mit der sich die Keramik vom Atter See und aus Troja I (letztere ebenda unten) vergleichen läßt. Sonst sind die unteren Donauländer das Hauptzentrum für die sogen. B a n d k e r a m i k , die in der Sammlung überhaupt sehr lückenhaft vorliegt. Einige der Hauptfundplätze sind vertreten: Tordos am Ufer des Maros in Siebenbürgen (Fach L, obere und mittlere Bretter), Lengyel (ebenda, Brett 5; dazu das Hockerskelett am Fenster) und die Sondergruppe mit der bemalten Keramik vom Altflusse (Brenndorf und Erösd bei Kronstadt, ebenda, untere Bretter).

I. D i e S t e i n z e i t .

D i e s e Kultur der sogen. Bandkeramik, deren am weitesten nach SO. vorgeschobener Posten Butmir bei Serajevo (Bosnien) ist, hat sich westwärts bis in das Rheingebiet weiter verbreitet. A u f diesem W e g e ist sie auch nach B ö h m e n (Funde von Herbitz in Nordböhmen: ebenda Fach K , Brett 5) und den sächsischthüringischen Ländern gelangt (Beispiele aus der Prov. Sachsen: Fach K, Brett 6 links). A u f derartige südöstliche Einflüsse weist auch eine noch zu erwähnende kleine Gruppe neolithischer Gefäße in Schlesien (Brockau bei Breslau): Fach G unten. A m E n d e der neolithischen E p o c h e steht die weitverbreitete Gruppe der G l o c k e n b e c h e r , deren T y p u s westeuropäisch ist. Vortreffliche Beispiele aus der Rheinprovinz, Thüringen und Ungarn sind Fach K , Brett 6 rechts und Brett 7, zusammengestellt.

II. DIE B R O N Z E Z E I T ca. 2 0 0 0 — 5 0 0 v. Chr. G e b .

Das ganze zur musealen Darstellung gekommene Material dieser Epoche teilt sich in 3 G r u p p e n : Einzelfunde, Depots d. h. Gegenstände, die aus verschiedenen Gründen im geschlossenen Zusammenhange in der Erde vergraben wurden, und Grabfunde. Einzelfunde sind zum Teil nach den Formen zusammengestellt worden und sollen die Entwicklung der einzelnen Typen vor Augen führen. Die Depots sind als geschlossene Einzelgruppen in eine chronologische Folge gebracht worden und bieten uns somit die monumentalen Belege für die aufeinanderfolgenden Perioden der Bronzezeit. Die Grabfunde ließen sich auf Grund der Keramik zu größeren Kulturgruppen vereinigen und bilden die Grundlage für die Bildung prähistorischer Kulturprovinzen. Wegen dieser verschiedenen Bedeutung der Fundgruppen empfiehlt es sich, die drei Klassen von Denkmälern gesondert zu betrachten.

II. D i e Bronzezeit.

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A. Das Gräberfeld von Rössen hat gezeigt, daß schon in jüngster, neolithischer Zeit das K u p f e r , wenn auch zunächst nur für Schmucksachen, in Gebrauch kam. Bis zur Einführung der Bronze in Mitteleuropa wird also noch eine geraume Zeit vergangen sein, noch mehr sogar in Nordeuropa. A b e r bevor die Bronzelegierung bekannt wurde, hat man das K u p f e r auch zu W a f f e n und Geräten verarbeitet. A u s solchen Vorkommnissen wurde auf eine besondere K u p f e r z e i t geschlossen, die sich zwischen die Stein- und Bronzezeit vermittelnd einschiebt. Daraus folgt noch nicht, daß j e g l i c h e K u p f e r g e r ä t e einer solchen Zwischenzeit angehören. D e n n nachweislich ist auch während der ältesten Bronzezeit noch reines K u p f e r ohne Zinnzusatz verarbeitet worden. Das für diese P r o b l e m e in Betracht k o m m e n d e Material aus Mittel-, West- und Nordeuropa ist in S.Schr. 2 A, Fach 1 zusammengestellt. B. Einen Überblick über die T e c h n i k d e s B r o n z e g u s s e s gewähren die in S.Schr. 1 A , Brett 5 vereinigten Gußformen, die den Herdguß, den Kastenguß und den Guß in der verlorenen Form veranschaulichen. C. D i e T y p e n r e i h e n (S.Schr. 1 A und B, unten) zeigen uns die Entwicklungsstufen einzelner, bronzezeitlicher F o r m e n , der A x t , des D o l c h e s und des Schwertes. Versuchsweise sind auch einige andere Geräte (Messer, Sicheln) und Schmucknadeln angereiht. D. D i e D e p o t f u n d e (in den kleinen Seitenschränken). D i e ä l t e s t e B r o n z e z e i t (etwa = Montelius-Periode I) bietet einen eng geschlosssenen Formenkreis mit der Randaxt als Leitform in einer Reihe von D e p o t s aus Süd-, Mittel- und Norddeutschland (S.Schr. 2 A , F a c h 1 u. 2; 2 B, F a c h 1 — 3). Besonders interessant ist am Ende der Fund von Rossenthin, Kr. Kolberg, weil er eine jüngere, wahrscheinlich aus dem Süden importierte

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II. D i e Bronzezeit.

Erscheinung birgt: gehämmerte Bleche mit Buckelverzierung, eine Technik, die den nordischen Bronzegießern von Hause aus fremd ist. Diese Blechtechnik leitet zur ä l t e r e n B r o n z e z e i t (etwa = Montelius II und III) über: S.Schr. 4 A und B ; 6 A , Fach 1—3). Zu den Absatz- und mittelständigen Lappenäxten als Leitformen gesellen sich hier Langschwerter verschiedener Form und namentlich Schmucksachen, von denen einzelne, wie die breitkannelierten offenen Armringe, die gekerbten Armbänder, die zweiteilige Spiralscheibenfibel und schließlich die mit großen Spiralscheiben versehenen A r m b e r g e n mehrere D e p o t s als zusammengehörige Fabrikationsgruppen vereinigen. D i e dieser Periode eigenen Spiralverzierungen zeigen Halsbergen und eine Zierscheibe (S.Schr. 4 A , F a c h 3). Für die weitere Entwicklung sind Ä x t e , Fibeln und Schwerter die klassischen Leitformen. D i e j ü n g e r e B r o n z e z e i t (etwa = Montelius-Periode IV) •— S.Schr. 6 B, F a c h 1 und 2 — führt zur Umbildung der Spiralscheibenfibel in die Platten- oder Brillenfibel. Lehrreiche Beispiele von Bergedorf, Kränzlin und Pritzerbe ebenda, Fach 1. A u f die f o l g e n d e Stufe weist schon die schön verzierte Spiralscheibenfibel mit rhombischer Platte von Menzlin, Kr. Greifswald (ebenda, Fach 2). D i e j ü n g s t e B r o n z e z e i t (etwa = Montelius-Periode V u. V I ) verrät sich durch den A u f s c h w u n g der Blechtechnik in Verbindung mit Buckel- und Linienverzierung (S.Schr. 6 B, Fach 3; 8 A und B). A u c h hier ermöglichen einzelne Formen, wie die Halsbergen, die Plattenfibeln, große Zierscheiben mit rückseitigen Ösen, gewisse Hals- und Armringe, den Zusammenschluß ganzer Reihen von Depots zu größeren Industriegruppen. Die jüngeren Schwerttypen werden vertreten durch das Möriger Schwert, das Antennenschwert und durch die Klingen mit Griffdorn (S.Schr. 8 B, Fach 1). T y p i s c h sind auch die Hohl- und oberständigen L a p p e n ä x t e (ebenda, Fach 2). D i e H ö h e der dekorativen Kunst zeigen die schönen Hängegefäße

II. D i e Bronzezeit.

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und e l e g a n t e n Z i e r w a f f e n (ebenda, F a c h 3). S c h l i e ß l i c h d r i n g t der Einfluß d e r a u s w ä r t i g e n H a l l s t a t t - K u l t u r d u r c h in d e k o r a t i v e r H i n s i c h t d u r c h d i e A u f n a h m e der k l e i n e n Z i e r v ö g e l c h e n , die a u f die G e r ä t e plastisch a u f g e s e t z t o d e r a u f d e n B l e c h p l a t t e n e i n g e p u n z t w e r d e n ( S . S c h r . 10 A , F a c h 1 u. 2; 10 B , F a c h 2), ferner d u r c h Ü b e r n a h m e e i n z e l n e r H a l l s t a t t f o r m e n , w i e der einteiligen B ü g e l u n d S p i r a l s c h e i b e n f i b e l n , der R i n g e m i t P e r l e n u n d H ä n g e s c h m u c k ( S . S c h r . 1 0 B, F a c h 3), s c h l i e ß l i c h ' d u r c h E i n f ü h r u n g eiserner S c h m u c k n a d e l n mit g e t r i e b e n e m B r o n z e b l e c h b e s c h l a g (ebenda). D e n A u s g a n g der B r o n z e z e i t ( g e g e n 6 0 0 — 5 0 0 v. Chr.) b e z e i c h n e t das A u f t r e t e n v o n e i s e r n e n S i c h e l n u n t e r den E r z e u g n i s s e n d e r alten B r o n z e g u ß t e c h n i k , von d e g e n e r i e r t e n W e n d e l r i n g e n und H o h l r i n g e n v e r s c h i e d e n e r F o r m ( S . S c h r . 13 A , F a c h 3; 13 B, F a c h 1 u n d 2, diese a u f der a n d e r e n Saalseite). K e h r e n wir w i e d e r an den A n f a n g der B r o n z e z e i t zurück, u m an der H a n d der G r ä b e r f u n d e mit i h r e m r e i c h e n k e r a m i s c h e n Inhalt g r ö ß e r e K u l t u r g r u p p e n z u verfolgen. W ä h r e n d die B r o n z e n sich a l l g e m e i n verbreiten u n d g e w i s s e r m a ß e n einen internationalen Charakter h a b e n , p r ä g e n die T o n g e f ä ß e als b o d e n s t ä n d i g e E r z e u g n i s s e den e i n z e l n e n F u n d g r u p p e n einen m e h r lokalen, g e w i s s e r m a ß e n nationalen S t e m p e l auf. Für ihre U n t e r s c h e i d u n g k o m m t a b e r in d e r B r o n z e z e i t — im G e g e n s a t z z u den Sitten d e r S t e i n z e i t — in erster R e i h e ihre f o r m e l l e A u s g e s t a l t u n g in B e t r a c h t , da S c h m u c k l o s i g k e i t ihr g e m e i n s a m e s M e r k m a l ist. E. D i e G r a b f u n d e (in den h o h e n S e i t e n s c h r ä n k e n ) . V g l . die M o d e l l e der v e r s c h i e d e n e n G r a b f o r m e n an d e r w e s t l i c h e n S c h m a l s e i t e d e s Saales. D i e v o n S ü d e n v o r d r i n g e n d e B r o n z e k u l t u r m a c h t sich in den H ü g e l g r ä b e r n v o n M i t t e l d e u t s c h l a n d s c h o n zu einer Z e i t b e m e r k b a r , als hier die s t e i n z e i t l i c h e n F o r m e n n o c h n i c h t ü b e r w u n d e n w a r e n . B e i s p i e l e aus der Prov i n z S a c h s e n : S . S c h r . 1 A , B r e t t 3 u. 4. E s sind hier Einflüsse w i r k s a m , d i e auf die früh-

i6

II. Die Bronzezeit.

bronzezeitliche Kultur Böhmens (den sogen. Aunetitzer Typus) zurückzuführen sind. Die Gefäße dieses Typus aus Provinz Sachsen und Schlesien: ebenda. 1. D i e n o r d d e u t s c h e n H ü g e l g r ä b e r mit Skelettbestattung und Leichenbrand. Einen geschlossenen Formenkreis, an dem man lange Zeit hindurch ohne wesentliche Veränderungen festhielt, bilden die norddeutschen Hügelgräber, die wir von der älteren Bronzezeit bis zur Zeit der Einflüsse der Hallstatt-Kultur (in den Funden von Seddin) verfolgen können (S.Sehr, i B; 3 A und B). 2. Auch in F l a c h g r ä b e r n mit Leichenbrand haben die gleichzeitigen Funde analogen Charakter (S.Schr. 3 A und B). 3. Von diesem Kreise unterscheiden sich die ä l t e r e n H ü g e l g r ä b e r S ü d d e u t s c h l a n d s , sowohl in der Art der Keramik, als nach den bronzeneil Beigaben (Beispiele S.Schr. 3 A, Fach 2 in der Mitte). 4. Der norddeutschen Gruppe laufen naturgemäß die s k a n d i n a v i s c h e n F u n d e parallel (S.Schr. 1 A, Fach 1—3 oben). Vgl. dazu Einzelfunde im P.Schr. 33 am Fenster. An diese Gruppen schließen sich am besten an: 5. H a u s - u n d H ü t t e n u r n e n aus Mittel- und Norddeutschland (in Originalen und Nachbildungen), die teils der jüngeren Bronzezeit, teils schon der Eisenzeit angehören (Sehr. 3 B. Fach 1—3 unten). 6. Der L a u s i t z e r T y p u s , meist aus Flachgräbern mit Leichenbrand. In Ostdeutschland bildet sich unter südöstlichen Einflüssen schon in der älteren Bronzezeit (etwa um die W e n d e der Montelius - Perioden II und III) eine eigenartige Stilgruppe aus, die man Buckelkeramik oder Lausitzer Typus zu nennen pflegt, und bewahrt seine Existenz unter mannigfachen Veränderungen bis in den ersten Abschnitt der Eisenzeit. Seine Untergruppen lassen sich in ihrer zeitlichen Folge übersehen: a) die ä l t e r e G r u p p e mit stark ausgeprägten Buckeln und einem eng geschlossenen Formenkreise, der

II. D i e Bronzezeit.

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auch B e r ü h r u n g e n mit d e m n o r d d e u t s c h e n Kreise aufweist, aus Brandenburg, Schlesien, Posen mit seinen A u s l ä u f e r n in Mitteldeutschland: S.Schr. 5 A—B. b) die j ü n g e r e G r u p p e mit v e r k ü m m e r t e n Buckeln aus denselben G e g e n d e n : Sehr. 5 B. Diese j ü n g e r e G r u p p e wird b e s o n d e r s durch das reiche Inventar von größeren G r ä b e r f e l d e r n veranschaulicht (Leuthen Kr. K o t t b u s , T r e b b u s Kr. Luckau, Schönfließ Kr. Guben, Balkow u n d Aurith, Kr. W e s t s t e r n b e r g ) : S.Schr. 7 A u n d B. Zum Teil b e r ü h r t sie sich mit der j ü n g s t e n G r u p p e (Aurither Typus). Vergleichsweise sind hier 7. W e s t - u n d m i t t e l d e u t s c h e G r a b f u n d e aus der jüngeren Bronzezeit oder der frühhallstättischen P e r i o d e (etwa u m 1000 v. Chr.) e i n g e f ü g t : S.Schr. 5 B, F a c h 2. Sie zeigen, wie gewisse F o r m e n A l l g e m e i n g u t der bronzezeitlichen B e v ö l k e r u n g werden. c) D i e j ü n g s t e G r u p p e des Lausitzer T y p u s steht schon unter d e m Einfluß der das Eisen b r i n g e n d e n Hallstatt-Kultur. Ihre U n t e r g r u p p e n (Göritzer, Billendorfer Typus) zeigen ihre Eigenart in F o r m e n u n d O r n a m e n t i k ebenso, wie in den metallischen Beigaben. S.Schr. 9 A, F a c h 1—3. d) D e r s e l b e Einfluß f ü h r t in Schlesien und P o s e n zu S o n d e r g r u p p e n , die wir als j ü n g s t e U r n e n f e l d e r d e s s c h l e s i s c h e n T y p u s bezeichnen können: S.Schr. 9 B, F a c h 1—3. Diese G r u p p e n zeichnen sich durch importierte Erzeugnisse der HallstattK u l t u r aus, wie e n g g e r i p p t e Bronzezisten, kleine b r o n z e n e H e n k e l s c h a l e n , V o t i v w a g e n mit aufgesetzten Tierfiguren, H a r f e n f i b e l n : ebenda, F a c h 2. Vergl. dazu die D e p o t f u n d e in S.Schr. 10 A u n d B, sowie Beigaben aus d e m Gräberfelde von H e g e r m ü h l e Kr. O b e r b a r n i m : S.Schr. 9 B, F a c h 2 unten. F. P a r a l l e l - u n d V e r g l e i c h s g r u p p e n der Bronzezeit. (Hohe Mittelschränke und Pultschränke.)

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II. D i e Bronzezeit.

Die bisher betrachteten Fundgruppen stehen im mehr oder weniger engen Zusammenhange mit der allgemeineuropäischen Entwicklung der Bronzezeit, für die bestimmte Kulturzentren in Betracht kommen. Auch in diese soll die Ausstellung einen Einblick gewähren. Zunächst mag uns aber der W e g noch abseits gen Osten führen zu den interessanten Funden von 1. S c h a m i r a m a l t i am Vansee in Armenien: aus einem Erdhügel von 6—7 m Höhe, in dem schichtenweise übereinander Leichen bestattet waren mit Tongefäßen, Knochen- und Obsidiangeräten (Pultschrank 27 am Fenster). Beachtenswert sind im besonderen: ein großes Steinbeil, das in einem Hirschhorn geschäftet ist, einige Bronzegegenstände und das Fragment eines mit mykenischem Firnis bemalten Tongefäßes. Danach scheinen die merkwürdigen Funde in eine Zeit hinab zu reichen, in der man mykenische Tongefäße in Armenien importierte. Der Obsidian ist dort einheimischen Ursprungs. — Aus der Sammlung Rudolf Virchow. Schon die Funde von Schamiramalti beweisen, wie großes Interesse der Mittelmeerkreis beansprucht, der seiner Lage nach zwischen drei Erdteilen mit ganz verschiedenen Entwicklungsbedingungen vermittelt. 2. In S p a n i e n hat man frühzeitig Metalle gefunden und zu verarbeiten verstanden, vor allem Kupfer, Zinn und Silber. Diese frühe Metallzeit (um 2000 v. Chr. und früher, liegt in den Funden von El Argar und El Oiicio (Prov. Granada) vor: M.Sehr. 23, A. 3. In Ä g y p t e n waren die ältesten Stufen der Kultur höher entwickelt. Auf drei verschiedene Perioden vom Beginn des 3. Jahrtausends bis in das erste Jahrtausend v. Chr. hinein weist die ägyptische Keramik, bei der besonders die älteren und jüngeren bemalten Gefäße und jüngere Importstücke auffallen: M.Schr. 23, B. 4. Im ä g ä i s c h e n K r e i s e unterscheiden wir zwei größere Entwicklungsabschnitte etwa von 2500—IOOO v. Chr. Geb.: a) die v o r m y k e n i s c h e n Epochen mit folgenden Gruppen (ebenda, C): 1. Troja II.—V. Ansiedlung

II. Die Bronzezeit.

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mit hand- und scheibengemachter Keramik (aus der Schliemann-Sammlung). — 2. Parallelgruppen aus einer Nekropole von Jortan -Kelembo bei Smyrna (Leihgabe des Kgl. Antiquariums). •— 3. Inselkultur. Grabfund von Syra und Einzelfunde (Leihgaben des Antiquariums). — 4. Cypern. Älteste vormykenische Stufe mit Brettidol und monochromer, weiß inkrustierter Keramik. Jüngere protomykenische Stufe mit bemalter Keramik und Rundidol im Typus der Istar (Leihgaben des Antiquariums). Grab- und Einzelfunde aus der Nekropole von Hagia Paraskevi. — 5. Insel Melos. Topfscherben und Obsidian aus der prähistorischen Ansiedlung von Phylakopi. b) die m y k e n i s c h e n Epochen. — 1. KamaresKultur in Kreta. Nachbildungen von Funden aus dem Palaste von Knosos (besonderer Schrank an der Säule in der Mitte des Saales). — 2. Nachbildungen aus der Zeit der Schacht- und Kuppelgräber: Pultschrank 29 am Fenster. — 3. Mykenische Funde aus Griechenland (aus der SchliemannSammlung): M.Sehr. 23, D. — 4. Mykenische F u n d e aus Kreta (aus der Schliemann-Sammlung): ebenda. — 5. Bronzefigur einer P'rau des altkretischen Typus mit der Gebetgeste (Leihgabe des Antiquariums): ebenda. — 6. Mykenische Vasen des sog. dritten und vierten Stils der Firnismalerei (Leihgaben des Antiquariums): ebenda. — 7. Troja VI: einheimische Keramik (aus der Schliemann-Sammlung): ebenda, obere Bretter. 5. S i z i l i e n und I t a l i e n . a) Erste sikulische Periode der Bronzezeit. Zwei bemalte Gefäße (Leihgabe des Antiquariums): M.Schr. 23, C, unterstes Brett. b) Bronzezeitliche Fundgruppen. Einige Fibeln und Tongefäße aus der letzten Periode dieser Stufe und dem Übergange zur folgenden: M.Schr. 23, E, unterste Bretter.

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II. Die Bronzezeit.

6. S c h w e i z u n d S a v o y e n . Pfahlbaufunde der Bronzezeit: M.Schr. 23, E. Das Modell eines Pfahlbaues an der westlichen Schmalseite des Saales. Die mitteleuropäische Pfahlbauten- und TerramarenGruppe der Bronzezeit läuft im ganzen der mykenischen Kultur des ägäischen Kreises parallel ohne engeren Zusammenhang mit diesem, hat dagegen mannigfache Beziehungen zu den nordwärts der Alpen blühenden Bronzezeit-Kulturen und behält ihren Bestand bis ins erste Jahrtausend hinein. Von diesen letztgenannten sind folgende Gruppen vertreten: 7. die w e s t e u r o p ä i s c h e n aus Irland, England, Frankreich: P.Schr. 28 und 30 (am Fenster). 8. die m i t t e l e u r o p ä i s c h e n aus Ungarn und Böhmen-Mähren: Pultschrank 31 und 32. 9. die n o r d i s c h e n aus Dänemark und Schweden: Pultschrank 33. Vergl. die schon genannte Keramik S.Schr. i A .

III. ÄLTERER ABSCHNITT DER VORRÖMISCHEN EISENZEIT. H A L L S T A T T - PERIODE.

ca. i ooo—500 v. Chr. D i e Einflüsse der Hallstatt-Kultur, die ihren Namen dem reichen Inventar aus dem Gräberfelde von Hallstatt in Ober-Österreich verdankt, haben wir im ostdeutschen Kreise in hervorragendem Maße sowohl an den Depotfunden der jüngeren Bronzezeit, als in den jüngsten Sondergruppen des „Lausitzer T y p u s " in Schlesien und Posen bereits beobachtet. Letztere könnten auch als integrierende T e i l e der Hallstatt-Kultur betrachtet werden. A . A u f vaterländischem Boden ist die eigentliche Halltstatt-Kultur in den j ü n g e r e n G r a b h ü g e l g r u p p e n S ü d d e u t s c h l a n d s (Bayern, Württemberg) mit prächtigen Funden vertreten: typische W a f f e n aus Bronze und Eisen, Schmucksachen mannigfacher F o r m aus verschiedenem Material, charakteristische Pferdegeschirrteile aus Bronze, getriebene Bronzegefäße, reich verzierte, z. T. bunt bemalte Gefäße aus T o n . Seitenschrank 11 A , Fach 1 — 3 und Mittelschrank 24, F a c h E—H.

III. Älterer Abschnitt der vorrömischen

Eisenzeit.

Denselben Hügelgräbern entstammen aber auch jüngere (La Tene-)Typen, ohne daß sie von dem älteren Formenkreise sich trennen ließen. B. A n die Stilstufe des „Göritzer Typus" schließt sich in Norddeutschland das interessante G r ä b e r f e l d v o n P i n n o w Kr. Angermünde an, das bis in die La Tene-Zeit im Gebrauch gewesen sein muß: S.Schr. n B , Fach 3. C. In einen völlig vom Glänze der HallstattKultur abweichenden, ärmlichen Kulturkreis führen uns die gleichzeitigen G r a b h ü g e l m i t L e i c h e n b r a n d aus d e r R h e i n p r o v i n z (S.Schr. 11B, Fach 1.2). Nur geringe Spuren, wie Graphitmalerei, Färbung der Gefäße, Eisenmesser von typischer Hallstattform, Bronzespiralringe, weisen auf die Einflüsse einer höher entwickelten Sphäre. D. Barbarisch im Vergleich zur Üppigkeit und Formvollendung der Hallstatt-Kultur kann auch die eigenartige G r u p p e d e r G e s i c h t s u r n e n bezeichnet werden, die in Posen, Westpreußen, Pommern (mit Ausläufern bis nach Schlesien) in der Regel in Steinkistengräbern mit Leichenbrand gefunden werden: S.Schr. 12B, Fach 1 — 3 ; 12A, Fach 1.2. Sie neigt sich dem Ende der Hallstatt-Kulturperiode zu und reicht zum Teil in die ältere La Tene-Zeit hinein. Zu dem auf den Gesichtsvasen dargestellten Halsschmuckmustern vergl. die bronzenen Halskragen im nebenstehenden S. Schrank 1 3 A , Fach 1. E. D i e w e s t d e u t s c h e H a l l s t a t t - K u l t u r g r u p p e : S.Schr. 13B, Fach 3. Schmucksachen aus Hügelgräbern von Halsenbach Kr. St. Goar und Einzelfunde verschiedener Herkunft. [Die hier vereinigten Fibeln des älteren italischen Typus müssen in bezug auf die Provenienzangabe als unsicher gelten 1 .

III. Älterer Abschnitt der vorrömischen Eisenzeit.

Einige Schmuckformen derselben späten Stufe aus der Rheinprovinz auch in S.Schr. 15 A, Fach 1, mit solchen der La Tene-Zeit vereinigt. F. Dem Ende derHallstattzeit oder einer noch späteren Übergangsperiode gehören die Funde von R e h n i t z u n d W e r b l i t z Kr. S o l d i n an: S.Schr. 15A, Fach 2. G. Die P a r a l l e l g r u p p e n in außerdeutschen Gebieten. Eine eigenartige Zwischenstellung nehmen ein die 1. k a u k a s i s c h e n F u n d e , ein ganz exzeptionelles Material, das der Sammlung Rudolf Virchow entnommen ist: M. Sehr. 23, Fach F — H . — Auch hier sind ältere und jüngere Gruppen zu unterscheiden, Noch ganz im Formenkreise der mitteleuropäischen Bronzezeit bewegen sich die Funde von O b e r - K o b a n am Nordabhange des Kaukasus (Ausgrabungen von Rudolf Virchow) aus Skelettgräbern mit liegenden Hockern — (von einigen jüngeren Stücken auf den Tafeln ist abzusehen) —, während in dekorativer Hinsicht die Gürtelschlußplatten mit Emaileinlagen auf fremde Einflüsse weisen. Eine jüngere Stufe stellen die prächtigen Funde aus Skelettgräbern bei K e d a b e g südlich von Tiflis, im Antikaukasus (nach Ausgrabungen von Dr. W. Belck) dar. Auffallend sind die feinen Obsidian-Pfeilspitzen, die aus kaukasischem Material (vgl. Schamiramalti, Pultschrank 27) gearbeitet sind. Zu diesen Gräberfeldern gehört auch die eigenartige Keramik in Fach G u. H, sowie die fein verzierten Gürtelbleche im Pultschrank 36 (in der Mitte des Saales). Varianten zu diesem Formenkreise stammen aus verschiedenen Fundorten des Kreises Tjersk (Fach H, untere Bretter). Dahin gehört auch ein gegossenes Bronzegefäß mit schrägen Rippen, die in der Keramik des Lausitzer Typus wiederkehren. 2. Noch weiter ab führt uns eine Reihe von ungefähr gleichzeitigen Tongefäßen aus der Nähe von U r m i a am V a n s e e (Armenien), die ebenfalls der Sammlung Rudolf Virchow angehören: ebenda, Fach F oben. 3. Der mitteleuropäischen Hallstatt-Kultur läuft in

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III. Älterer Abschnitt der vorrömischen Eisenzeit.

Italien die V i l l a n o v a - K u l t u r parallel: M.Schr. 24 A. Neben der Villanova-Urne stehen mittelitalische Buccherogefäße. Dazu kommen Fibeln verschiedener Entwicklungsstufen und sonstige Schmucksachen; eine kleine Bronzeschale, Menschen- und Tierfiguren, darunter eine jüngere, unteritalisch - griechische Pferdeprotome aus Tarent. Oben Nachbildungen von Hausurnen aus der Übergangsstufe. Große Fibeln, z. T. mit gewaltig großen Bernsteinstücken im nebenstehenden Pultschrank 37. 4. Der o s t m i t t e l l ä n d i s c h e K r e i s unter orientalischem Einflüsse: ebenda, unten. Großer Bronzevotivwagen mit mykenisierenden Wappendarstellungen und Keramik verschiedener Stilarten und Technik aus gräco-phönikischer Zeit, alles aus Cypern. Monochromes Henkelgefäß auf Füßen mit liegenden Tieren auf der Schulter aus Jortan-Kelembo bei Smyrna (Leihgaben des Antiquariums). — Korinthischer Aryballos aus Kertsch. 5. D o n a u l ä n d i s c h e F u n d e in 2 gleichzeitigen Gruppen: a) Funde aus reich ausgestatteten Gräbern mit Skelettbestattung und Leichenbrand von Szeremle, Kom. Pest. Zierliche weiß inkrustierte Keramik des sogen, pannonischen Typus; große Urne als Abkömmling des Villanova-Typus.: M.Schr. 24 B. b) Grabfunde von Kis-Köszeg Kom. Baranya sowie von Dalja und Debelo Brdo in Slavonien: M.Schr. 24 C. Die Keramik schließt sich an die österreichischen Hallstattkultur-Gruppen an. Schmuck6. E n g e r e r H a l l s t a t t - K u l t u r k r e i s . sachen und Geräte verschiedener Herkunft; ebenda, mittleres Brett. — Grabfunde aus einem Hügelgrabe bei St. Veit (Krain): M.Schr. 24 D. — Keramik von einem Gräberfelde von Watsch (Krain) ebenda, oben. — Bronzehelm von Enns, Ober-Österreich: Fach C, oben. — Nachbildung des Votivwagens von Strettweg bei Judenburg (Steiermark): Vitrine neben Sehr. 8. 7. Einzelfunde aus F r a n k r e i c h . Pultschrank 34 und 35 A mit Geräten und Schmucksachen.

IV. J Ü N G E R E R ABSCHNITT D E R VORRÖMISCHEN E I S E N Z E I T . L A TE NE-PERIODE. ca. 500 v. Chr. bis Chr. Geb. und wenig später.

Der L a Tene-Periode, die ihren Namen den spätzeitlichen Funden aus einer Fundstelle L a Tene ( = Untiefe) im Neuenburger See in der Schweiz verdankt, der Zeit der Gallierzüge, ihrer Herrschaft und Überwindung, sind wir schon bei den bayerischen Hügelgräbern der Hallstatt-Kultur begegnet. V o n anderen einheimischen Funden sind zu nennen: A. Aus N o r d d e u t s c h l a n d schließen sich an die schon genannte Gruppe der Gesichtsurnen an: 1. Flachgräber mit und ohne Steinkisten aus Pommern und Westpreußen: S.Schr. 1 2 A , Fach 1 u. 2. 2. Flachgräber von Seddin, Kreis Westpriegnitz (Brandenburg): ebenda Fach 2 unten. 3. Hügelgräber von Nienburg a. d. Weser und Ostereistedt, Kreis Zeven (Hannover): ebenda Fach 3.

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I V . J ü n g e r e r Abschnitt der vorrömischen

Eisenzeit.

B. Aus W e s t d e u t s c h l a n d : 1. Grabfunde von Klein-Mittersdorf, B. A. Parsberg: S.Schr. 1 4 A , Fach 2. Der Gürtelhaken mit Maske veranschaulicht gut die Stilstufe des 5. Jahrhunderts. 2. Grabfund von Besseringen Kr. Merzig (ebenda) mit der bronzenen Schnabelkanne und dem zugehörigen Golddiademe (im Goldsaale), der den strengen L a TeneStil vertritt. 3. Grabhügelfunde von Bell Kr. Simmern: ebenda, oben. 4. Gute Repräsentanten des 4. Jahrhunderts sind die Grabfunde von Braubach, Rheingaukreis (Hessen-Nassau): Keramik in S.Schr. 1 4 B, Fach 2, Brett 3 und Metallbeigaben S.Schr. 1 5 A . Fach 1 unten. C. A u s M i t t e l d e u t s c h l a n d ist ein Hauptfundplatz die Wallburg auf dem kleinen Gleichberge bei Römhild (Sachsen-Meiningen): S.Schr. 1 4 B, Fach 2 unten. Hauptsächlich eiserne Schmucksachen der mittleren und späteren Stufe. D. Gräberfunde aus dem E l b e - u n d O d e r g e b i e t e repräsentieren im ganzen die jüngeren Entwicklungsstufen (3.— 1. Jahrh. v. Chr.): schmuck- und formlose Tongefäße neben schwarzer, glänzender Keramik; in letzterer als ständiger Typus aus dem Ende der Periode die Situlaform; daneben als Leitformen Fibeln, Gürtelhaken und Segelohrringe; dann importierte Bronzegefäße: etwa vom 2. Jahrhundert v. Chr. Geb. an Kannen, Kasserollen und Eimer mit Delphinattachen, deren Ursprung wahrscheinlich in Unteritalien (Capua) zu suche® ist (vgl. S.Schr. 1 4 B, Fach 2 ; 16 A , Fach 2); auch eingeführte Scheibenkeramik, wie von Meisdorf (S.Schr. 16 A , Fach 2, Brett 5). Das einschlägige Material stammt hauptsächlich aus den Provinzen Sachsen und Brandenburg: S.Schr. 14 A u. B ; 1 6 A , Fach 1 oben, Fach 2, Fach 3 oben. M. Sehr. 25, Fach D. Einzelfunde in S.Schr. 15 A , Fach 1 — 3 . E. Eine deutschen

b e s o n d e r e G r u p p e bilden im n o r d K r e i s e die an die Bornholmer Brand-

IV. Jüngerer Abschnitt der vorrömischen Eisenzeit.

27

gruben sich anschließenden Gräberfelder von Kulm, Kr. Kulm, und Rondsen, Kr. Graudenz (Westpreußen): S.Schr. 16A, Fach I u. 3 unten. Das Inventar füllt eine längere Periode aus von der mittleren La Tene-Zeit bis in die römische Kaiserzeit. F. Von D e p o t f u n d e n ist nur zu nennen der von Manching-Ingolstadt (Ober-Bayern): S.Schr. 15B, Fach 1 mit charakteristischen Typen der Spät-La Tene-Zeit, darunter die Fragmente eines Bronzestiers. G. P a r a l l e l g r u p p e n in außerdeutschen Gebieten: 1. Skelettgräberfelder im KantonTessin (Süd-Schweiz): M.Schr. 25, F—H. Italische, ältere Schmuck- und Gerätformen berühren sich mit den La Tene-Formen. Aus Giubiasco geschlossene Grabfunde. Die späteren Brandgräber (S. Pietro) zeigen in der Keramik bereits römische Einflüsse. 2. La Tene im Neuenburger See: eiserne Waffen, Geräte und Schmucksachen im Formenkreise der mittleren und späten La Tene-Zeit: ebenda, unten. 3. Frankreich: Schmucksachen und Geräte (M.Schr. 25 E, Brett 2). Ebendahin gehört die fein verzierte, bronzene Schwertscheide mit Eisenklinge u. a. m.: P.Schr. 39 am Fenster. 4. Österreich, Ungarn, Slavonien: (M.Schr. 25 E, Brett 3—7): interessante Schmucksachen, Bronzegefäße und Eisenwaffen. 5. Italien (ebenda, Brett 5 u. 6): Schnabelkanne und Kasserolle (Leihgaben des Antiquariums); Gürtelhaken und Tongefäß mit Bronzeknöpfen. 6. Südrußland: griechische Importware aus Kertsch (ebenda, Brett 5) und skythische Funde (Pultschrank 39 am Fenster). 7. Sibirien: Waffen und Geräte aus Bronze und Eisen (Pultschrank 38).

V. DIE RÖMISCHE KAISERZEIT. i.—4. Jahrh. n. Chr. Geb.

D i e S a m m l u n g enthält ein reiches Material, das sich aus Einzelfunden, D e p o t s u n d G r ä b e r f u n d e n z u s a m m e n setzt und verschiedene S t u f e n der E n t w i c k l u n g repräsentiert. D i e A u s d e h n u n g der Grenzen des römischen Reiches h a t t e einen lebhaften H a n d e l mit Germanien zur Folge, dessen S p u r e n m a n allenthalben in Importartikeln b e g e g n e t . (S.Schr. 15 B — 1 9 B . ) A b e r auch hier b e r ü h r t sich das N e u e e n g mit d e m traditionell Überkommenen. Im einzelnen ist F o l g e n d e s zu bemerken: 1. F u n d von A s c h h e i m , Ober-Bayern (S.Schr. 15B, F a c h 1 rechts): Ringe und Gürtelhaken mit La T e n e E l e m e n t e n u n d f r ü h r ö m i s c h e Provinzialfibeln. 2. A n E i s e n d e p o t f u n d e n sind zu n e n n e n : aus der f r ü h r ö m i s c h e n Kaiserzeit K ö r n e r Kr. G o t h a , S . - C o b . - G o t h a (ebenda, F a c h 2); aus der Ü b e r g a n g s z e i t z u m 3. J a h r h u n d e r t n. Chr.

V. Die römische Kaiserzeit.

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Hoppenrade Kr. Osthavelland (ebenda, Fach 3); aus der spätrömischen Epoche Prieschka Kr. Liebenwerda (ebenda, Fach 2) und Buckowin Kr. Schweinitz, Pr. Sachsen (ebenda, Fach 3). 3. Für den ä l t e r e n A b s c h n i t t der Epoche, die beiden ersten Jahrhunderte, ist die M ä a n d e r u r n e und ein großer Reichtum an Waffen charakteristisch. Das vorliegende Gräberinventar aus den Provinzen Brandenburg, Posen und Pommern gehört zu einer großen Kulturprovinz, die von Nordböhmen bis nach SchleswigHolstein sich ausdehnt, also das Gebiet bestimmter germanischer Stämme (Markomannen, Hermunduren, Semnonen, Langobarden) umfaßt. Der W e g des römischen Einflusses geht von der Donau aus durch das Elbtal nach Norden. Die Leitformen für die Chronologie sind Fibeln, Rüstungsteile (Sporen, Schildbuckel, Schildfesseln) und importierte Bronzegefäße: S. Sehr. 16B, Fach 2 und 3 (unten), 18 A. 4. Um 200 n. Chr. läßt sich mit dem Auftreten der F i b e l m i t u m g e s c h l a g e n e m F u ß ein Schnitt machen. Es beginnt damit zugleich die Zeit der lebhaften Beziehungen unserer Gegenden zur Kultur am Schwarzen Meere, wo die Goten sich festsetzen. Damit verschiebt sich der große Kulturstrom nach Osten. Der Charakter der Funde ändert sich. Die Behältnisse für den Leichenbrand sind tiefe Schalen, deren Ornamente allein wenigstens teilweise noch den Zusammenhang mit der älteren Keramik offenbaren. D e r Reichtum an Waffen hat abg e n o m m e n : S.Schr. 16B, Fach 1 und 3, oben; 17 A, Fach 2. 5. Von I m p o r t s t ü c k e n sind zu erwähnen: Bronzeeimer mit Gesichtsmaskenattachen, frührömisch, (Bietkow, Gnewikow, Klatzow): S.Schr. 19A, Fach 1; Bronzeeimer desselben Typus, mit figürlichen Darstellungen (aus Schlawe in Pommern): Leihgabe des Antiquariums, in besonderer Vitrine neben dem Schrank; 2 Muschelschalen aus Hannover, 1. Jahrh. n. Chr.: S.Schr. 19 A, Fach 3; Eimer mit gewundenen Kannelüren, 2. Jahrh. n. Chr. (Zerbst Kr. Zerbst und Topollno Kr. Schwetz):

30

V . D i e römische Kaiserzeit.

ebenda, Fach 3. Kasserolle mit Reliefbildern am Griff, 2. Jahrh. n. Chr. (Suckow in Pommern): ebenda, Fach 3 ; Eimer vom Hemmoorer Typus (zusammen mit anderen Typen in Voigtstedt Kr. Sangershausen), 3. Jahrh. n. Chr.: ebenda, Fach 2. Terrasigillataschale von Großneuhausen (Sachsen-Weimar) mit Bronzegefäßen, 3. Jahrh. n. Chr.: ebenda, Fach 3. Goldplattierte Fibeln aus Silber und Glasgefäß von Arnswalde Kr. Arnswalde, 3. Jahrh. n. Chr.: ebenda, Fach 3. Glasbecher von Kossewen Kr. Sensburg (Ostpreußen), letzte Periode der röm. Kaiserzeit: S.Schr. 17 B, Fach 2. Silbertauschiertes Ortband aus Eisen von Reichersdorf Kr. Guben (S.Schr. 1 7 A , Fach 3, als Leihgabe der Stadt Guben mit älteren und jüngeren Funden zusammengestellt). 6. D i e p r o v i n z i a l - r ö m i s c h e K u l t u r im Innern des alten Gallien sowohl, als auch an den Grenzen des römischen Limes im Rhein- und Donaugebiete ist für diese Einflüsse die Quelle gewesen. In mehreren Gruppen ist diese Industrie in der Sammlung vertreten: a) aus F r a n k r e i c h mit verschiedenartigen Kleinsachen (M.Schr. 26 D). b) aus dem R h e i n l a n d e in der Kleinindustrie (S. Sehr. 19 B), in der nach Formen geordneten Keramik (M.Schr. 26, Fach E—H), in den geschlossenen Grabfunden aus dem Stadtgebiete von Köln, meist aus dem 2. und 3. Jahrh. n. Chr. iM.Schr. 25 A). c) aus dem u n t e r e n D o n a u g e b i e t e mit Parallelen zur rheinischen Industrie (ebenda, B). d) aus S ü d r u ß l a n d und dem K a u k a s u s mit römischen Importartikeln neben einheimischen Produkten (ebenda, C, und P. Sehr. 40, am Fenster).

V I . Die Völkerwanderungszeit.

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VI. DIE VÖLKERWANDERUNGSZEIT. ca. 4 . — 5 . Jahrhundert n. Chr. Geb.

Die durch den Einfall der Hunnen in das Gotenreich (375 n. Chr. Geb.) veranlaßte Bewegung von germanischen und slavischen Stämmen rief in Europa mannigfache Veränderungen hervor, die eine ruhige Entwicklung besonders im Osten stören mußten. A. Diese kurze Üebergangsperiode steht im E l b e O d e r - G e b i e t e im engeren Zusammenhange mit der spätrömischen Stufe. Die tiefen Schüsseln werden als Leichenbrandurnen beibehalten. Im ganzen bietet das Inventar der einschlägigen Gräberfelder (Rebenstorf Kr. Lüchow, Borstel Kr. Stendal, Schermen Kr. Jerichow I, Butzow, Fohrde, Garlitz Kr. Westhavelland) wenig Abwechslung und macht einen dürftigen Eindruck: S.Schr. 18B, Fach 1, 2 oben und 3. B. Eine Sondergruppe bilden die B u c k e l g e f ä ß e niedersächsischer Herkunft, die in Formen und Ornamentik durch große Mannigfaltigkeit sich auszeichnen. Sie gehören schon dem Ende der Periode an und greifen darüber hinaus, wie ihre Berührungen mit der Keramik der Merowinger-Zeit deutlich zeigen. Eine gute Auswahl der Typen bietet das Gräberfeld von Wehden Kr. Lehe: S.Schr. 20A, Fach 1. C. Im Kreise der p r o v i n z i a l - r ö m i s c h e n K u l t u r ist die Entwicklung im 4.—5. Jahrhundert eine konstante und schließt sich eng an die vorausgehenden Blüteepochen an, wie das sehr lehrreiche Inventar aus dem Gräberfelde von Folklingen Kr. Forbach (Lothringen) beweist: ebenda, Fach 3. Es ergänzt in geeigneterWeise die Betrachtungen über die provinzialrömische Industrie des vorigen Abschnittes.

VII. DAS FRÜHE MITTELALTER. Blütezeit der germanischen Kulturen des 5.—8. Jahrhunderts.

Der Charakterzug dieser Zeit ist äußere Pracht, die sich im Anschluß an die Leistungen des klassischantiken und orientalischen Kunstgewerbes auf technische Fertigkeiten in der Bearbeitung und Verwendung von Edelmetallen und Edelsteinen oder Halbedelsteinen gründet, die jedoch in künstlerischer Hinsicht einen barbarischen Geschmack dokumentiert und schließlich in der Anwendung von Surrogaten für die orientalischen farbigen Steine und das echte Gold und Silber gipfelt. Das ganze, über große Teile von Europa verbreitete Kulturgut dieser Epoche ist dabei von so einheitlicher Art, daß es eine besonders schwierige und noch nicht gelöste A u f g a b e ist, die engeren Industriegruppen dieser Erzeugnisse auf dem W e g e der Formenanalyse zusammenzustellen. Die Berliner Sammlung bietet dafür ein schätzenswertes Vergleichsmaterial aus allen Gegenden, in denen germanische Stämme festen Fuß gefaßt haben. A . A u f heimischem Boden bilden die w e s t - u n d s ü d d e u t s c h e n Gruppen einen geschlossenen Formenkreis: S.Schr. 2 0 B , 21 A und B, 22 A. — Ihnen schließt sich aus M i t t e l d e u t s c h l a n d in den Gräberfunden

V I I I . D i e slavische Kultur.

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von W e i m a r eine in technischer und formeller Hinsicht besonders hochstehende Reihe von Schmucksachen und Geräten an, unter denen solche mit Inschriften bemerkenswert sind: S.Schr. 20A, F a c h 2. B. Sehr umfangreich und wertvoll sind die ausl ä n d i s c h e n Gruppen aus Frankreich, England, Skandinavien, Ungarn, Südrußland, Italien und Spanien, die nacheinander in dem Mittelschrank 26, F a c h A — C , in den Pultschränken 40, 43 und nachher im Goldsaäle sich verfolgen lassen.

VIII. DIE SLAVISCHE KULTUR. ca. 6 . — 1 0 . Jahrhundert n. Chr. und später.

Slavische S t ä m m e verließen schon im 5. Jahrhundert n. Chr. ihre Heimatsitze zwischen D n j e p r und Karpathen, rückten allmählich in die entvölkerten Gebiete zwischen Ostsee und D o n a u ein und drangen westwärts bis über die E l b e vor, um hier eine Jahrhunderte dauernde Herrschaft zu begründen. Ihr L e b e n muß im schroffsten Gegensatz zu dem der germanischen S t ä m m e gestanden haben. Ihre dürftigen Hinterlassenschaften, die aus Gräbern und Ansiedlungsplätzen stammen, weisen zwei nationale Kulturmerkmale auf: eine rohe, mit groben Furchen verzierte, aber auf der Töpferscheibe, wenn auch primitiv, gedrehte Keramik und die sogen. Schläfenringe, d. h. offene an einem E n d e mit einer S-förmigen O e s e versehene Ringe, die wahrscheinlich an einem K o p f b a n d e getragen wurden. D i e von ihnen innegehabten W a l l b u r g e n — nach ihnen wird die Keramik „Burgwalltypus" genannt — haben sich in letzter Zeit mehrfach als ältere, ursprünglich von den Germanen angelegte Sitze herausgestellt. A u s o s t - u n d n o r d d e u t s c h e n Provinzen stammt das Fundmaterial in S.Schr. 22B. D a z u vgl. slavische Bildwerke und ihre Nachbildungen im Saale freistehend.

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I X . E i n i g e kleinere Fundgruppen der nachrömischen E p o c h e n .

IX. EINIGE KLEINERE FUNDGRUPPEN DER NACHRÖMISCHEN EPOCHEN. A. Die V i k i n g e r z e i t , die große Epoche der weiten Normannenfahrten, die Periode der nordischen Frühgeschichte (8.—10. Jahrh. n. Chr.) ist nur durch einige Schmucksachen aus Schweden vertreten: M. Sehr. 26 B, Brett 5. B. Derselben Epoche gehört das sogen. H a c k s i l b e r an, d. h. zerstückelte Schmucksachen und Geräte aus Silber, die vielfach zusammen mit orientalischen und anderen Münzen vorkommen. Auch vollständige Stücke, geflochtene und gewundene Halsringe, Ohrringe, Perlen, Nadeln mit Granulier- und Filigranarbeit, nebst Barren aus Silber fehlen nicht. Ihr Verbreitungsgebiet dehnt sich vom mittleren Rußland und Ungarn über Nordost- und Norddeutschland bis an die Elbe, also über das Gebiet der eben genannten Slaven bis nach Skandinavien und Großbritannien aus. Neuerdings ist ein sehr merkwürdiger Fund dieser Art in D r i e s e n Kr. Friedeberg N. M. (Prov. Brandenburg) gemacht worden (P. Sehr. 45 am Ausgange); darunter Täschchen mit phantastischen Tiergestalten, z. T. im Wappenstil, die ihre orientalische Herkunft deutlich verraten. Die dabei gefundene Münze aus der Mitte des 11. Jahrhunderts n. Chr. gibt den Terminus post quem für die Niederlegung der Sachen. Eine stattliche Reihe dieser Silberfunde ist im Goldsaale zusammengestellt. C. In diesen Kreis von späten Funden gehören auch die Überreste der f i n n i s c h - u g r i s c h e n K u l t u r e n am baltischen Meere. Aus Rußland liegen charakteristische Funde aus Skelettgräberfeldern des 8.—10. Jahrhunderts vor: von Ascheraden am Ufer der Düna und anderen Fundstellen der russischen Ostseeprovinzen (P.Schr. 42 und 44).

X. Einzelgruppen im Saal III.

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D. D a r a n schließt sich am besten das reich ausgestattete Skelettgräberfeld von A n d u l n Kr. M e m e l (Ostpreußen) an: Goldsaal, W a n d s c h r ä n k e am F e n s t e r u n d Pultschränke. U n t e r den zahlreichen S c h m u c k sachen fallen d e k a d e n t e Fibeln in m a n n i g f a c h e n Varianten und große k r e u z f ö r m i g e Nadeln mit langen Ketteng e h ä n g e n auf. [In einigen Beispielen sind hier auch die ä l t e r e n (spätrömischen) S t u f e n der ostpreußischen E n t w i c k l u n g vertreten. Dazu g e h ö r t das Gräberfeld von Mingfen Kr. Orteisburg im ersten W a n d s c h r a n k ] ,

X. EINZELGRUPPEN IM SAAL III (GOLDSAAL). A u ß e r den schon genannten, ostpreußischen Altert ü m e r n der spätrömischen u n d n a c h r ö m i s c h e n E p o c h e n verdienen 1. die K o s t b a r k e i t e n aus Gold, Silber und Edelsteinen die größte B e a c h t u n g (Mittelschränke). D e r ältere Bestand an S c h m u c k s a c h e n , Zierwaffen nnd P r u n k g e r ä t e n ist nach E p o c h e n g e o r d n e t (M.Sehr. i). Es folgt die j ü n g s t e r w o r b e n e S a m m l u n g Massonneau mit vielen Seltenheiten aus Südrußland (M.Schr. 2). Ausschließlich frühmittelalterliche S c h m u c k s a c h e n u n d Gläser sind nach der Provenienz g e o r d n e t (M.Schr. 3 und 4 A). Silberfunde, meist aus der Zeit der H a c k s i l b e r f u n d e , bilden den Schluß (M.Schr. 4 B und Pultschrank daneben). B e m e r k e n s w e r t sind a u ß e r d e m : 2. D i e S a m m l u n g P. T r a e g e r (Zehlendorf) mit F u n d e n aus Albanien u n d Mazedonien (großer Wandschrank). 3. F u n d e aus A r m e n i e n , die Ergebnisse der E x p e dition Belck-Lehmann (ebenda). 4. D u b l e t t e n aus den Ergebnissen der E x p e d i t i o n P u m p e l l y 1904 in Russisch-Turkestan: F u n d e aus vier prähistorischen E p o c h e n Zentral-Asiens (Pultschrank am Fenster).